Gericht

OGH

Rechtssatznummer

RS0094959

Entscheidungsdatum

23.04.1992

Geschäftszahl

15Os11/92; 14Os144/93; 14Os188/93; 15Os15/95; 14Os83/97 (14Os84/97); 11Os101/99; 11Os70/02; 11Os80/02; 14Os42/03; 13Os7/04; 11Os91/11h; 13Os54/13k; 11Os134/13k; 12Os86/21w

Norm

StGB §201

Rechtssatz

Eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung liegt sowohl im Falle des heterosexuellen als auch im Falle des homosexuellen Mißbrauchs jedenfalls bei der sexualbezogenen geschlechtsaktsähnlichen Berührung der primären Geschlechtsorgane des Opfers oder des Täters, sohin der sexualspezifischen Körperpartien auch nur einer der in die betreffende Tat involvierten Personen vor, sofern es hiedurch zu einer oralen, analen oder vaginalen Penetration gekommen ist oder nach dem Tätervorsatz kommen soll. Mehrfaches Einführen eines Fingers in die Scheide des Opfers ist als vaginale Penetration tatbestandsmäßig.

Entscheidungstexte

TE OGH 1992-04-23 15 Os 11/92

Veröff: EvBl 1992/180 S 766 = JBl 1992,729 (ablehnend Schwaighofer)

TE OGH 1993-10-05 14 Os 144/93

Vgl auch; Beisatz: Da ein Eindringen mit dem männlichen Glied in die Scheide einer Frau ohnedies als Beischlaf tatbildlich ist, ist zu folgern, dass der Gesetzgeber mit der beispielhaften Anführung auch einer vaginalen Penetration als einer dem Beischlaf gleichzusetzenden Handlung andere Formen des Eindringens in die Scheide einer Frau als tatbestandsmäßig erfassen wollte. (T1)

TE OGH 1994-03-01 14 Os 188/93

Vgl aber; Beisatz: In der analen Penetration des Tatopfers mit dem Finger kann (im Anlassfall) eine einem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung (noch) nicht erblickt werden (auf die von der GP betonte fehlende "Beteiligung" eines primären Geschlechtsorgans wurde in der Entscheidungsbegründung nicht ausdrücklich eingegangen). (T2)

TE OGH 1995-05-11 15 Os 15/95

Beisatz: Auch das (fallbezogen nur) einmalige Einführen des Fingers des Täters in die Scheide des (minderjährigen) Opfers ist unter den hier aktuellen Tatmodalitäten als eine dem Beischlaf gleichzusetzende Form der geschlechtlichen Betätigung zu werten. (T3)

TE OGH 1997-08-05 14 Os 83/97

Vgl; nur: Mehrfaches Einführen eines Fingers in die Scheide des Opfers ist als vaginale Penetration tatbestandsmäßig. (T4)

Beisatz: Für den Strafaufhebungsgrund des Paragraph 16, Absatz eins, StGB bleibt kein Raum, weil die Tat mit dieser Penetration bereits vollendet war, sodaß für den Angeklagten aus seinem Verzicht auf die vollständige Realisierung seines Tatvorhabens (Oralverkehr) nichts zu gewinnen ist. (T5)

TE OGH 1999-09-21 11 Os 101/99

Beis wie T3

TE OGH 2002-09-02 11 Os 70/02

Auch; nur: Eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung liegt vor, sofern es zu einer oralen, analen oder vaginalen Penetration gekommen ist oder nach dem Tätervorsatz kommen soll. Mehrfaches Einführen eines Fingers in die Scheide des Opfers ist als vaginale Penetration tatbestandsmäßig. (T6); Beis wie T3

Beisatz: Im Hinblick auf die durch Paragraph 202, StGB pönalisierten, ebenfalls durch den Einsatz von Gewalt oder gefährliche Drohung gekennzeichneten geschlechtlichen, in der Regel auf Geschlechtsorgane ausgerichteten Handlungen, unter denen Küsse, Umarmungen, bloße Zudringlichkeiten, kurze Berührungen und dergleichen von vornherein nicht zu verstehen sind, muss die "digitale Vaginalpenetration" über den dort erfassten Unwertsgehalt hinausgehen. Ohne die geschlechtsspezifische Handlung aggravierende Begleitumstände vermag somit eine digitale Vaginalpenetration die geforderte, einem Beischlaf vergleichbare Tatintensität nicht zu bewirken. (T7)

Beisatz: Hier: Ein "nicht bloß kurzfristiges und teilweises Eindringen" mit dem Finger in die Vagina des Tatopfers sagt über Intensität und Dauer des Sexualangriffes nichts aus, sodass nach Lage des Falles eine (auch zur Abgrenzung vom Delikt der geschlechtlichen Nötigung nach Paragraph 202, StGB erforderliche) Beurteilung des Schweregrades der Rechtsgutbeeinträchtigung nicht möglich ist. (T8)

TE OGH 2002-10-01 11 Os 80/02

Vgl; Beis ähnlich wie T3

TE OGH 2003-06-24 14 Os 42/03

Vgl; Beis wie T1; Beisatz: Die digitale Penetration ist eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung im Sinne des Paragraph 201, StGB, unabhängig von der Dauer des Eingriffs und der Tiefe des Eindringens (abweichend von T7). (T9)

TE OGH 2004-04-07 13 Os 7/04

Auch; Beisatz: Hier: Das Reiben des Penis des Angeklagten am Penis des Kindes- mag es auch in Form intensiver Kopulationsbewegungen geschehen sein - ist nach Lage des Falles auch unter Berücksichtigung des Alters des Tatopfers dem Beischlaf nicht gleichzusetzen, fehlt doch der inkriminierten Handlung das für eine Gleichstellung mit einem Geschlechtsverkehr wesentliche Penetrationselement. (T10)

TE OGH 2011-08-25 11 Os 91/11h

Vgl; Beisatz: Weder der Beischlaf noch eine dem Beischlaf gleichzusetzende Handlung iSd Paragraphen 201 und 206 StGB setzen ein Eindringen des Penis in das Opfer voraus. (T11)

Beisatz: Hier: In‑den‑Mund‑Nehmen des Gliedes des (unmündigen) Opfers. (T12)

TE OGH 2013-08-29 13 Os 54/13k

Vgl auch

TE OGH 2013-11-12 11 Os 134/13k

Auch; Beisatz: Die Aufforderung an das Tatopfer im Rahmen eines Internetkontakts via Skype, sich vor der Internetkamera einen Finger in die Scheide bzw in den After einzuführen, stellt eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung dar. (T13)

TE OGH 2021-09-16 12 Os 86/21w

Vgl

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:1992:RS0094959