Entscheidende Kommission

Gleichbehandlungskommission

Senat

II

Entscheidungsart

Einzelfallprüfungsergebnis

Geschäftszahl

GBK II/310/16

Entscheidungsdatum

21.02.2017

Diskriminierungsgrund

Alter

Diskriminierungstatbestand

Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

Text

SENAT römisch II DER GLEICHBEHANDLUNGSKOMMISSION

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/310/16 gem. Paragraph 12, GBK/GAW-Gesetz

Der Senat römisch II der Gleichbehandlungskommission (GBK) hat über den Antrag von Herrn A (in Folge: Antragsteller) wegen behaupteter Diskriminierung auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß Paragraph 17, Absatz eins, Ziffer eins, GlBG durch den Verein B (in Folge: Antragsgegner) nach Durchführung eines Aktenverfahrens am erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch den Antragsgegner

l i e g t n i c h t v o r.

VORBRINGEN

Im Antrag wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller sich beim Antragsgegner auf eine Stellenausschreibung als „Sportkoordinator“ beworben habe. Auf seine Bewerbung sei ihm unter anderem folgendes E-Mail zugeschickt worden:

„Sehr geehrter Herr A,

die Auswahl für das Hearing erfolgte gemäß dem Anforderungsprofil, das in der Ausschreibung beschrieben war. Die für das Hearing Eingeladenen sind hinsichtlich der Ausbildung (akademisch und sportlich) als auch in Erfahrungen in der Arbeit mit (Nachwuchs-) SportlerInnen von der Kommission höher eingestuft worden. Daher wurden Sie nicht für das Hearing eingeladen.“

Da ihm mit diesem E-Mail eine zu geringe Ausbildung vorgehalten worden sei, habe er den weiteren Bewerbungsverlauf genauer beobachtet und feststellen müssen, dass der "Gewinner" des Hearings in keinem der genannten Punkte in den Anforderungen der Stellenausschreibung höher qualifiziert gewesen sei als er selbst. Der einzige gravierende Unterschied habe in seinem eigenen, deutlich höheren Alter (32 versus 45 Jahren) bestanden. Deshalb sei er der Ansicht, dass bereits in der Auswahl für das Hearing eine deutliche Ungleichbehandlung nur unter dem Aspekt des Alters stattgefunden habe.

Des Weiteren habe ihm die Stellungnahme von B „ ...wesentlicher Teil der Auswahlkriterien...Planung und Durchführung von Trainingseinheiten...Sportverein.... In diesem Bereich konnte aus dem Lebenslauf und den Bewerbungsunterlagen von A keinerlei Erfahrungen herausgelesen werden..." vor Augen geführt, dass seine Bewerbung eventuell gar nicht gelesen worden sei.

Er beantrage daher die Einleitung eines Kommissionsverfahrens um festzustellen, dass er auf Grund des Alters bei der BewerberInnenauswahl vom Antragsgegner diskriminiert worden sei.

In der Stellungnahme des Antragsgegners wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsgegner mittels Stellenausschreibung eine/n Sportkoordinator/in ausgeschrieben habe.

…..

Um den Ablauf transparent und unabhängig durchzuführen, seien vom Antragsgegner externe und unabhängige SpezialistInnen für die Beurteilung der BewerberInnen herangezogen worden.

….

Insgesamt hätten sich 37 Personen für die Stelle beworben. Die Auswahl der Einladung zum Hearing sei im Jänner 2016 durch die bestellte Kommission getroffen worden.

Die endgültige Auswahl sei 3-stufig erfolgt:

1.    Sichtung aller 37 eingelangten Bewerbungsunterlagen

2.    Vorselektion auf 8 geeignete Bewerber, welche zu einem Hearing eingeladen worden seien

3.    nach erfolgtem Hearing, Auswahl und Bestellung des Sportkoordinators durch die ebenfalls unabhängige Hearingkommission

Die antragsgegenständliche Stellenausschreibung habe folgendes Anforderungsprofil beinhaltet:

Aufgrund der überraschend hohen Anzahl von Bewerbungen sei eine Vorselektion erfolgt. Angesichts der Tatsache, dass die BewerberInnen überwiegend die geforderten fachlichen Anforderungen, insbesondere „abgeschlossenes Studium der Sportwissenschaften" als auch „Trainer- und/oder Instruktorenausbildung" ausgewiesen hätten, sei die nächste Selektionsstufe „Erfahrungen" für die Selektion der Kandidaten vorgenommen worden.

Von den 37 BewerberInnen hätten 28 Personen das Anforderungsprofil „abgeschlossenes Studium der Sportwissenschaften" und davon 24 auch die geforderte „Trainer- und/oder Instruktorenausbildung" vorweisen können.

Es seien sohin anhand dieser Anforderungskriterien noch 24 BewerberInnen zur Auswahl gestanden.

Aus der Gruppe der 24 Bewerber/innen sei wiederum eine weitere Selektion im Hinblick auf „Erfahrungen" vorgenommen worden, sodass letztlich 8 Bewerber/innen für das Hearing ausgewählt worden seien.

Der Antragsteller habe zwar die Formalvoraussetzungen, „abgeschlossenes Studium der Sportwissenschaften" und „Trainer- und/oder Instruktorenausbildung" erfüllt, jedoch im Bereich „Erfahrungen" anhand der vorliegenden und für die Bewerbungskommission als objektive Kriterien heranzuziehendes Selektionsmerkmal („Erfahrungen") diese nicht im ausreichenden Maße vorweisen können.

Der Antragsteller verweise in seinem Lebenslauf im Hinblick auf seine Erfahrungen im Sport darauf, dass er hauptsächlich im Bereich Vermarktung tätig gewesen sei. So ergebe sich aus seinem Lebenslauf mehr oder weniger ein durchgehender Tätigkeitsbereich im Segment Veranstaltungen, Events und Messen, jedoch nicht die geforderte Erfahrung im Bereich „Planung und Durchführung von Trainingseinheiten, insbesondere im Nachwuchsleistungssport".

Im Hinblick auf die geforderte Anforderung betreffend die Tätigkeit des Sportkoordinators hätten Mitbewerber einen höheren Grad an Erfahrungen in „Planung und Durchführung von Trainingseinheiten, insbesondere im Nachwuchsleistungssport" (wie gefordert) anzubieten gehabt.

Auszugsweise seien hier Qualifikationen der in die engere Wahl gekommenen 24 Bewerber erwähnt:

Der Ordnung halber sei festgehalten, dass dies nur eine Auswahl darstelle und sämtliche Bewerber durchgehend auch Erfahrungen in Planung und Durchführung von Trainingseinheiten vorzuweisen gehabt hätten.

Um der Kommission zu verdeutlichen, welch strenge — rein fachliche — Kriterien in der Auswahl herangezogen worden seien, sei ein Beispiel erwähnt. Es habe sich auch ein bekannter ….., der im Bereich „Erfahrung" eine Tätigkeit als Cheftrainer ….. vorweisen konnte, beworben. Aufgrund des Fehlens des Formalkriteriums „abgeschlossenes Studium der Sportwissenschaften" sei der Bewerber ausgeschieden worden.

Anhand der hohen Qualifikationsdichte sei es schon in dem Vorselektionsstadium (Einladung zum Hearing) für die Auswahlkommission eine Herausforderung gewesen, die fachlich bestgeeigneten 8 Personen auszuwählen. Im Hinblick auf die genannten Qualifikationsmerkmale sei daher bereits in diesem Stadium eine Einladung des Antragstellers — mangels genannter fachlicher Kriterien - für das Hearing nicht in Betracht gekommen.

Es sei wiederholt, dass die Auswahl der Bewerber (sowohl zum Hearing als auch für die Ernennung) nur anhand des vorgenannten Kriterienkataloges vorgenommen worden seien. Das vom Antragsteller ins Treffen geführte Alter sei zu keinem Zeitpunkt, weder ihn noch andere Bewerber betreffend, ein Auswahlkriterium gewesen.

PRÜFUNGSGRUNDLAGEN

Der Senat römisch II der GBK stützt sein Prüfungsergebnis auf die schriftlichen Vorbringen des Antragstellers und des Antragsgegners.

Von einer Befragung von Auskunftspersonen wurde abgesehen, da die vorliegenden Unterlagen zu einer Beurteilung des Sachverhaltes ausgereicht haben (Paragraph 11, Absatz 4,

Gleichbehandlungskommissions-Geschäftsordnung).

BEGRÜNDUNG

Der Senat römisch II der Gleichbehandlungskommission hat erwogen:

Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 66 aus 2004, idgF, lauten:

"Paragraph 17, (1) Auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darf in Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht

1. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in Paragraph 17, genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.“

Vor der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem im Verfahren vor dem erkennenden Senat erhobenen Sachverhalt ist zunächst zu bemerken, dass die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt als eine der wesentlichsten Zielsetzungen des Gleichbehandlungsgesetzes zu betrachten ist. Im Hinblick auf dieses Ziel wird es daher unerlässlich sein, sich mit allenfalls vorhandenen negativen Stereotypisierungen von Personengruppen auseinanderzusetzen.

Zur Frage des Beweismaßes und der Beweislastverteilung im GBK-Verfahren ist anzumerken, dass gemäß Paragraph 26, Absatz 12, GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der Paragraphen 17,, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat. Insoweit genügt daher nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes eine „Bescheinigung“ der behaupteten Tatsachen, wobei jedoch der bei der GBK zu erreichende Überzeugungsgrad gegenüber der beim „Regelbeweis“ geforderten „hohen Wahrscheinlichkeit“ auf eine „überwiegende Wahrscheinlichkeit“ herabgesenkt ist. Vereinfacht gesagt muss mehr für die Darstellung des/r AntragstellerIn sprechen als dagegen vergleiche OGH 9 ObA 144/14p, Arb 13.203 mit weiteren Nachweisen).

Wenn dem/der AntragstellerIn die Glaubhaftmachung von Umständen, die einen Zusammenhang zwischen Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses und dessen/deren Alter indizieren, gelungen ist, obliegt es dem/der AntragsgegnerIn, zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der AntragsgegnerIn glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der Paragraphen 19, Absatz 2, oder 20 GlBG vorliegt.

In einem Verfahren vor einem Senat der Gleichbehandlungskommission soll grundsätzlich nicht das jeweilige Auswahlverfahren wiederholt werden, sondern es soll überprüft werden, ob die Entscheidung, die zur Ablehnung eines Bewerbers oder einer Bewerberin geführt hat, transparent, objektiv und sachlich nachvollziehbar war.

Das Diskriminierungsverbot des Paragraph 17, Absatz eins, Ziffer eins, GlBG begründet keinen Anspruch auf die Begründung eines bestimmten Arbeitsverhältnisses, sondern konkretisiert vorvertragliche Sorgfaltspflichten, die ein anerkanntes Element des arbeitsrechtlichen Schutzprinzips darstellen und bei deren Verletzung als Rechtsfolge Schadenersatzansprüche zugunsten der diskriminierten Person vorgesehen sind. Dieses Diskriminierungsverbot ist dabei extensiv zu interpretieren - alle mit dem Zustandekommen eines Arbeitsvertrages in Zusammenhang stehenden Vorgänge sind hiervon umfasst.

Zum vorliegenden Sachverhalt – der Nicht-Begründung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers durch den Antragsgegner – ist festzuhalten, dass sich auf Grund der Aktenlage für den Senat folgendes Bild ergeben hat:

Generell müssen für eine gesetzeskonforme Glaubhaftmachung einer von einer Person behaupteten Altersdiskriminierung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses bereits ein oder mehrere Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen, die über eine bloße und nicht weiter belegte Vermutung, dass das Alter im Auswahlverfahren eine Rolle spielen könnte, hinausgehen.

Der Antragsteller konnte dem Senat im Sinne der obigen Ausführungen jedoch keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür liefern, dass der Antragsgegner seiner Bewerbung auf Grund seines Alters nicht näher getreten sein soll, zumal er sein Vorbringen nur auf die erfolgte Absage und seine eben daraus gezogene Vermutung, dass diese Absage nur in seinem Alter begründet sein könne, gestützt hat.

Es widerspricht nach Meinung des Senates jedoch nicht der allgemeinen Erfahrung im Personalrecruiting, den Kreis der zu einem Vorstellungsgespräch ausgewählten BewerberInnen zunächst einzuschränken und dabei nach bestimmten Kriterien – die für sich genommen nicht im Sinne des GlBG diskriminierend sein dürfen - eine Auswahl der zu einem Bewerbungsgespräch einzuladenden Personen zu treffen. Keinesfalls kann einem/r ArbeitgeberIn abverlangt werden, alle BewerberInnen zu einem Vorstellungsgespräch oder einem Hearing einzuladen.

Der Antragsgegner konnte dem Senat glaubwürdig, weil – wie oben ausgeführt - detailliert und sachlich nachvollziehbar dargestellt, darlegen, dass das auf Grund der Bewerbungsunterlagen des Antragstellers bei diesem erkennbare Qualifikationsprofil im Vergleich zu anderen Bewerbungen für die zu besetzende Stelle weniger anforderungsspezifisch gewesen war und die Bewerbung des Antragstellers daher nicht für jenen Personenkreis, der nach Durchführung des mehrstufigen Auswahlprozesses zu einem Hearing eingeladen wurde, in Betracht gezogen worden war. Für den Senat haben sich diesfalls keine Hinweise auf intransparentes Auswahlverfahren ergeben.

Dem Senat erscheint daher die Entscheidung der Antragsgegnerin, den aus ihrer Sicht nicht hinreichend speziell qualifizierten Antragsteller nicht zum Hearing einzuladen, im Hinblick auf den tatsächlichen Ablauf von Rekrutierungsprozessen sowohl lebensnah und einer vernünftigen betriebswirtschaftlichen Praxis entsprechend als auch sachlich nachvollziehbar.

Gemäß den Beweismaßregeln des GlBG ist es dem Antragsgegner daher gelungen, den Senat davon zu überzeugen, dass nicht das Alter des Antragstellers das für die Ablehnung der Bewerbung des Antragstellers ausschlaggebende Kriterium gewesen war, sondern die für die ausgeschriebene Stelle passenderen Qualifikationen anderer BewerberInnen.

Der Antragsteller konnte hingegen nicht in ausreichendem Maße glaubhaft machen, dass sein Alter das für die Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses durch den Antragsgegner maßgebliche Motiv war.

Der Senat ist vielmehr zum Ergebnis gekommen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass das vom Antragsgegner glaubhaft gemachte Motiv der besseren – weil eben im Hinblick auf die konkreten Anforderungen des Antragsgegners spezielleren – Qualifikation anderer BewerberInnen für die Nichtbegründung des Arbeitsverhältnisses ausschlaggebend gewesen war.

Deshalb war das Vorliegen einer Diskriminierung des Antragstellers aufgrund des Alters bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses durch den Antragsgegner zu verneinen.