Entscheidende Kommission

Gleichbehandlungskommission

Senat

II

Entscheidungsart

Einzelfallprüfungsergebnis

Geschäftszahl

GBK II/N-156/12

Entscheidungsdatum

16.01.2014

Diskriminierungsgrund

Ethnische Zugehörigkeit

Diskriminierungstatbestand

Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Text

Anonymisiertes Prüfungsergebnis GBK II/N-156/12

Der Senat römisch II der Gleichbehandlungskommission (GBK) beim Bundeskanzleramt hat über den Antrag von Herrn A (in der Folge: Antragsteller) wegen Diskriminierung auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß Paragraph 17, Absatz eins, Ziffer 7, GlBG durch die Firma B (in der Folge: Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß Paragraph 12, GBK/GAW-Gesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 66 aus 2004, idgF, in Verbindung mit Paragraph 11, Gleichbehandlungskommissions-GO, Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 396 aus 2004, idf Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 102 aus 2011,, erkannt:

Eine Diskriminierung des Antragstellers auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin

l i e g t n i c h t v o r.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Im Antrag wird im Wesentlichen vorgebracht, dass der Antragsteller sich 25.4.2012 bei der Antragsgegnerin als Elektriker beworben habe. Beim Bewerbungsgespräch sei er von Herrn C befragt worden, bei welchen Firmen er bisher gearbeitet habe, am 2.5.2012 habe er telefonisch die Zusage von Herrn C bekommen.

Von 03.05.2012 bis zur Lösung in der Probezeit am 11.05.2012 sei er bei der Antragsgegnerin beschäftigt gewesen. Die Antragsgegnerin sei eine Personaldienstleisterin. Auf der Baustelle im 23. Bezirk seien neben dem Antragsteller noch vier weitere Elektriker eingesetzt gewesen, alle vier seien österreichische Staatsbürger und er selbst staatenlos gewesen.

Am 10.05.2012 – nachdem die Baustelle am nächsten Tag beendet sein sollte – habe Herr C ihm mitgeteilt, dass er ab Montag, 14.05.2012 an einer anderen Baustelle eingesetzt werde.

In der Nacht vom 10. zum 11.05. habe er starke Knieschmerzen bekommen, sodass es ihm nicht möglich gewesen sei, seiner Arbeit am Freitag, 11.05. nachzugehen. Gemäß Paragraph 6, des Arbeitsvertrages sei eine Arbeitsverhinderung unverzüglich bis 08.30 Uhr des gleichen Werktages der Montageleitung der Antragsgegnerin, damit sei Herr C gemeint gewesen, mitzuteilen.

Da die Antragsgegnerin um 8 Uhr zu arbeiten beginne, sei es für ihn ab 8 Uhr möglich gewesen, die Firma unverzüglich zu verständigen - doch ein paar Minuten vor 8 Uhr habe er starke Schmerzen bekommen und sei ins Badezimmer gegangen, um eine Schmerztablette zu nehmen und das Knie mit Salbe einzureiben und zu bandagieren.

Ca. 11 Minuten nach 8 Uhr sei er zurück ins Wohnzimmer gekommen und habe die Antragsgegnerin anrufen wollen, als er den entgangenen Anruf von Herrn C bemerkt habe. Um 8.12 Uhr habe er die Firma angerufen und die Sekretärin um verlässliche Weiterleitung der Krankmeldung an Herrn C ersucht.

Um 8.14 Uhr habe ihm Herrn C mitgeteilt, dass er das Dienstverhältnis lösen werde, da er unzuverlässig sei. Als Begründung habe er angegeben, dass er den Krankenstand nicht rechtzeitig mitgeteilt hätte. Er habe Herrn C darauf hingewiesen, dass er den Krankenstand vor 08.30 Uhr und somit rechtzeitig bekannt gegeben habe.

Er habe sich danach die Mailbox-Ansage des Herrn Cs angehört, der nur erwähnt habe, dass er um 7.30 Uhr nicht auf der Baustelle erschienen sei. Er habe da nicht von einer Kündigung gesprochen, sondern erst, als er vom Krankenstand erfahren habe, das Dienstverhältnis gelöst.

Um 8.31 Uhr habe er nochmals Herrn C angerufen und diesem mitgeteilt, dass er sich aufgrund seiner Herkunft ungleich behandelt fühle.

Im Unterschied zu ihm befänden sich die beiden österreichischen Kollegen weiterhin in einem aufrechten Dienstverhältnis, obwohl auch bei ihnen Arbeitsverhinderungen vorgelegen seien. Herr römisch zehn sei aufgrund eines Behördenweges am Freitag, 11.05. verhindert gewesen. Herr Y habe sich im Zeitraum vom 3.- 8.5. im Krankenstand befunden.

Im Schreiben des rechtsfreundlichen Vertreters der Antragsgegnerin werde der einzige Grund für die Auflösung des Dienstverhältnisses darin gesehen, dass er es verabsäumt habe, den Krankenstand unverzüglich mitzuteilen. Laut Arbeitsvertrag müsse er aber nicht seinen Arbeitgeber verständigen, sondern den Montageleiter, und das sei Herr C. Weiters werde ihm im Schreiben des rechtsfreundlichen Vertreters der Antragsgegnerin vorgeworfen, dass er nicht aus freien Stücken angerufen habe, sondern erst, nachdem er den Anruf von Herrn C bemerkt habe.

Er beantrage daher die Einleitung eines Kommissionsverfahrens, um festzustellen, dass er aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses diskriminiert worden sei.

Die Antragsgegnerin gab in ihrer schriftlichen Stellungnahme im Wesentlichen an, dass der Behauptung des Antragstellers entschieden entgegengetreten werde. Richtig sei, dass das Dienstverhältnis am 11.5.2012 in der Probezeit beendet worden sei. Entgegen den Vermutungen des Antragstellers sei die Auflösung in der Probezeit nicht aufgrund eines verwerflichen Motivs bzw. aufgrund einer Diskriminierung im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes erfolgt.

Keinesfalls könne behauptet werden, dass das Dienstverhältnis mit dem Antragsteller lediglich deshalb in der Probezeit aufgelöst wurde, weil dieser ausländischer Herkunft sei. Diesbezüglich sei zunächst anzuführen, dass die Antragsgegnerin zahlreiche Arbeitnehmer ausländischer Herkunft beschäftige.

Grund für die Auflösung des Dienstverhältnisses sei ein Verhalten des Antragstellers gewesen, welches den Eindruck erweckt hätte, dass die Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit in dessen Person nicht gegeben sei.

Am 11.5.2012 sei die Antragsgegnerin von der Firma D darüber informiert worden, dass der Antragsteller unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen sei. Dienstbeginn sei um 7.30 Uhr in der Früh gewesen. Daraufhin habe ein Mitarbeiter versucht, den Antragsteller zu erreichen, was zunächst nicht gelungen sei. Erst kurze Zeit später sei es zu dessen Rückruf gekommen mit der Mitteilung, dass er sich im Krankenstand befinde.

Es sei richtig, dass der Antragsteller seinen Krankenstand noch vor 8.30 Uhr gemeldet habe. Die Bestimmungen des Arbeitsvertrages lauten dahingehend, dass der Arbeitnehmer verpflichtet ist, ohne Verzug (bis 8.30 Uhr des gleichen Werktages) die Arbeitsverhinderung bekanntzugeben.

Aufgrund der Tatsache jedoch, dass Dienstbeginn beim Beschäftigerbetrieb bereits um 7.30 Uhr sei, erachtete die Antragsgegnerin die verspätete Meldung des Krankenstandes durch den Dienstnehmer als Treuepflicht- bzw. Sorgfaltsverletzung. Die Bekanntgabe sei zwar vor 8.30 Uhr, aber nicht unverzüglich erfolgt, wie dies auch im Arbeitsvertrag gefordert sei.

Da der Antragsteller sohin die geforderte Verlässlichkeit vermissen habe lassen, habe man sich in jener Situation entschlossen, das Dienstverhältnis in der Probezeit aufzulösen. Von einer Beendigung des Dienstverhältnisses aufgrund der Herkunft des Antragstellers könne keine Rede sein.

"§ 19. (1) Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund eines in Paragraph 17, genannten Grundes in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

(2) Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer ethnischen Gruppe angehören, oder Personen mit einer bestimmten Religion oder Weltanschauung, eines bestimmten Alters oder mit einer bestimmten sexuellen Orientierung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich.

(3) Eine Diskriminierung liegt auch bei Anweisung einer Person zur Diskriminierung vor.

Vor der rechtlichen Auseinandersetzung mit dem im Verfahren vor dem erkennenden Senat erhobenen Sachverhalt bleibt zunächst zu bemerken, dass die Herstellung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt als eine der wesentlichsten Zielsetzungen des Gleichbehandlungsgesetzes zu betrachten ist.

Im Hinblick auf dieses Ziel wird es daher unerlässlich sein, sich mit allenfalls vorhandenen negativen Stereotypisierungen von Personengruppen auseinanderzusetzen. Zur Frage der Beweislastverteilung ist anzumerken, dass gemäß Paragraph 26, Absatz 12, GlBG eine betroffene Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der Paragraphen 17,, 18 oder 21 beruft, diesen glaubhaft zu machen hat.

Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf Paragraph 17, oder 18 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne der Paragraphen 19, Absatz 2, oder 20 vorliegt.

Gemäß den Beweislastregeln des GlBG obliegt jener Person, die eine Diskriminierung behauptet, die Glaubhaftmachung derselben, wohingegen die Gegenseite den Beweis zu erbringen hat, dass ein anderes als das behauptete Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war.

Im vorliegenden Fall konnte der Antragsteller dem Senat die von ihm behauptete Diskriminierung nicht glaubhaft machen. In seinem Antragsvorbringen bezieht er sich explizit auf seine „Staatenlosigkeit“ und beantragt eine Prüfung, ob er auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Antragsgegnerin diskriminiert wurde. Da es sich beim Kriterium „Staatenlosigkeit“ jedoch um kein vom GlBG geschütztes Merkmal handelt, war bereits aus diesem Grund das Vorliegen einer Diskriminierung nach dem GlBG zu verneinen.

Selbst wenn man in Betracht zieht, dass der nicht rechtsfreundlich vertretene Antragsteller sich in seinem Antrag tatsächlich auf den vom GlBG geschützten Grund der „ethnischen Zugehörigkeit“ beziehen wollte und den vorliegenden Antrag dahingehend interpretiert, kommt der Senat zu keinem anderen Ergebnis.

Der Antragsteller wurde in Kenntnis seiner Staatenlosigkeit von der Antragsgegnerin eingestellt, die nach wenigen Tagen das Arbeitsverhältnis in der Probezeit aufgelöst hat. Hinsichtlich der dem Antrag zugrunde liegenden Vermutung des Antragstellers, dass er auf Grund seiner Krankmeldung im Gegensatz zu anderen „österreichischen“ Arbeitnehmern wegen seiner Staatenlosigkeit gekündigt worden sei, konnten der Vertreter der Antragsgegnerin und Herr C diese Vermutung für den Senat entkräften. Beide konnten glaubhaft darlegen, dass die auf Grund der genauen Umstände der Krankmeldung zu Tage getretene Verhaltensweise des Antragstellers berechtigte Zweifel an dessen Zuverlässigkeit hätten aufkommen lassen, was der Grund für die Lösung des Probearbeitsverhältnisses gewesen sei.

Nun dient der vom Gesetzgeber vorgesehene Probemonat bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses in erster Linie dazu, dass sich Arbeitgeber/in und Arbeitnehmer/in wechselseitig ein Bild von einander machen und das Arbeitsverhältnis bei Bedarf auch wieder leicht auflösen können.

Der Schutzbereich des GlBG gilt auch für den Zeitraum eines Probearbeitsverhältnisses, weshalb eine Lösung im Probemonat nicht aus diskriminierenden Gründen erfolgen darf – wofür es im Fall des Antragstellers allerdings nicht den geringsten Hinweis gegeben hat.

Da die Antragsgegnerin vorgebracht hat, dass rund 44 % ihrer Beschäftigten „Ausländer“ seien – einen Umstand, den der Senat im Hinblick auf seine Erfahrungen mit Personaldienstleister/innen als glaubhaft angesehen hat – war kein Indiz dahingehend erkennbar, dass ausgerechnet beim Antragsteller, der ja in Kenntnis seiner Staatenlosigkeit eingestellt worden war, eine Lösung des Probearbeitsverhältnisses genau aus diesem Grund erfolgt sein soll.

Der Senat geht daher davon aus, dass das Arbeitsverhältnis von der Antragsgegnerin auf Grund der Angaben der angehörten Auskunftspersonen, die in keinem Widerspruch zum Antragsvorbringen stehen, auf Grund von durch das Verhalten des Antragstellers begründet entstandenen Zweifeln an dessen Zuverlässigkeit und ihrem berechtigtem dienstlichen Interesse an zuverlässigen Mitarbeiter/innen gelöst worden ist und nicht wegen dessen ethnischer Zugehörigkeit oder seiner Staatenlosigkeit.

Daher kommt der Senat zur Auffassung, dass auf Grund der im Verfahren zu Tage getretenen Umstände in Bezug auf den zeitlichen Ablauf von Nichterscheinen des Antragstellers am Arbeitsplatz und Verständigung des Arbeitgebers keine diskriminierende Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Antragsgegnerin vorliegt.