Disziplinarbehörde

Landesschulrat Steiermark

Entscheidungsdatum

08.06.2017

Geschäftszahl

DKI P9/0013-DIS/2017

Text

Die Disziplinarkommission für Schulleiter und sonstige Lehrer sowie für Erzieher, die an einer dem Landesschulrat für Steiermark unterstehenden Schule (Schülerheim) verwendet werden, beim Landesschulrat für Steiermark, im folgenden Disziplinarkommission, hat am 8. Juni 2017 unter dem Vorsitz von

HR Mag. Wolfgang ROUBAL,

im Beisein der Senatsmitglieder:

LSrömisch eins Mag. Birgit SCHWARZ,

Mag. Maria SCHÖNEGGER,

des Disziplinaranwaltes:

HR Mag. WIPPEL,

der Schriftführerin:

Mag. Larissa LEITNER,

in Anwesenheit des Beschuldigten XXXX, vertreten durch RA Mag. Andreas BERCHTOLD, Berchtold & Kollerics Rechtsanwaltsgemeinschaft, Raubergasse 16/I, 8010 Graz nach mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

XXXX ist schuldig am XXXX als Lehrer für Bewegung und Sport des XXXX im Rahmen des Unterrichts trotz Warnhinweisen und Absperrung, die XXXX ohne Erlaubnis selbst zur Seite geräumt hat, die Eislauffläche des XXXX mit seiner Schülergruppe der XXXX-Klasse betreten zu haben.

XXXX hat hierdurch Dienstpflichtpflichtverletzungen im Sinne des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979, § 211 BDG 1979 und Paragraph 51, Abs. 3 SchUG begangen.

Es wird deshalb über ihn gemäß Paragraph 92, Absatz eins, Ziffer 2, BDG 1979 als Disziplinarstrafe

eine Geldbuße in der Höhe eines halben Monatsbezuges

ausgesprochen.

Mangels entsprechendem Verfahrensaufwand hat XXXX gem. § 117 Abs. 2 BDG 1979 keine Verfahrenskosten zu ersetzen, allerdings hat er die durch das Beiziehen eines Verteidigers erwachsenen Kosten selbst zu tragen.

Begründung:

Aufgrund der erstatteten Disziplinaranzeige des Landesschulrates für Steiermark vom römisch XXXX, GZ.: römisch XXXX, wurde mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 2. Februar 2017, GZ.: DKrömisch eins P9/0005-DIS/2017, gegen den Beschuldigten das Disziplinarverfahren eingeleitet.

Die Disziplinarkommission wurde jedoch verständigt, dass der Landesschulrat für Steiermark mit Schreiben vom römisch XXXX, GZ.: römisch XXXX, gemäß § 78 StPO Anzeige an die Staatsanwaltschaft Graz erstattet hat, weil das dem Beschuldigten vorgeworfene Verhalten neben dem Verdacht einer Dienstpflichtverletzung auch den Verdacht einer von Amts wegen zu verfolgenden gerichtlich strafbaren Handlung erweckt hat, da der Schüler römisch XXXX beim Eislaufen zu Sturz gekommen war und sich verletzt hatte.

Da die Disziplinarbehörde somit Kenntnis von einem anhängigen Strafverfahren nach der StPO hatte, war das Disziplinarverfahren gemäß Paragraph 114, Abs. 2 BDG 1979 ex lege unterbrochen und wurde nach Einlagen der Mitteilung der Staatsanwaltschaft über die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 190 Z 2 StPO weitergeführt.

In der nach Weiterführung des Disziplinarverfahrens anberaumten und durchgeführten mündlichen Verhandlung am 8. Juni 2017 hat die Disziplinarkommission folgenden Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Beschuldigte unterrichtet im Schuljahr 2016/17 Bewegung und Sport am XXXX.

Am XXXX hat der Beschuldigte als Lehrer für Bewegung und Sport des XXXX im Rahmen des Unterrichts die Eislauffläche des römisch XXXX mit seiner Schülergruppe der XXXX-Klasse betreten.

Der Pächter des Eislaufplatzes hat dem Beschuldigten am XXXX jedoch telefonisch mitgeteilt, dass die Eislauffläche am XXXX aufgrund des laut dem Wetterbericht angekündigten Schneefalls gesperrt sei, da Regen- bzw. Schneefälle die Eisoberfläche beeinträchtigen und einen sicheren Eislaufbetrieb nicht ermöglichen würden.

Der Zugang zur Eisfläche war am XXXX durch ein Gatter und Tische versperrt. Der Beschuldigte räumte diese Absperrungen zur Seite und betrat mit den Schülern die Eislauffläche. Zu diesem Zeitpunkt war noch kein Angestellter vor Ort anwesend.

Beim Eislaufen verletzte sich der Schüler XXXX und fügte sich durch einen Sturz Schnittwunden am rechten Oberschenkel zu. Es wird jedoch kein Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung des Schülers und der Aufsichtspflichtverletzung gesehen.

Die Feststellungen des Sachverhaltes stützen sich auf das durchgeführte Beweisverfahren, den Personalakt des Beschuldigten und den Erhebungsakt des Landesschulrates für Steiermark.

Aus rechtlicher Sicht hat die Disziplinarkommission erwogen:

Da der Beschuldigte in der Verhandlung die ihm vorgeworfene Verletzung der Dienstpflichten zugegeben hat und der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, wurde eine Einvernahme von Zeugen nicht notwendig.

Die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen im gegenständlichen Fall lauten:

Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, in der geltenden Fassung:

Allgemeine Dienstpflichten

§ 43. (1) Der Beamte ist verpflichtet, seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen.

(2) Der Beamte hat in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt.

Lehramtliche Pflichten

§ 211. Der Lehrer ist zur Erteilung regelmäßigen Unterrichtes (Lehrverpflichtung) sowie zur genauen Erfüllung der sonstigen aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten verpflichtet und hat die vorgeschriebene Unterrichtszeit einzuhalten.

Schulunterrichtsgesetz (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986, in der geltenden Fassung:

Lehrer

§ 51. (3) Der Lehrer hat nach der jeweiligen Diensteinteilung die Schüler in der Schule auch 15 Minuten vor Beginn des Unterrichtes, in den Unterrichtspausen - ausgenommen die zwischen dem Vormittags- und dem Nachmittagsunterricht liegende Zeit - und unmittelbar nach Beendigung des Unterrichtes beim Verlassen der Schule sowie bei allen Schulveranstaltungen und schulbezogenen Veranstaltungen innerhalb und außerhalb des Schulhauses zu beaufsichtigen, soweit dies nach dem Alter und der geistigen Reife der Schüler erforderlich ist. Hiebei hat er insbesondere auf die rperliche Sicherheit und auf die Gesundheit der Schüler zu achten und Gefahren nach Kräften abzuwehren. Dies gilt sinngemäß für den Betreuungsteil an ganztägigen Schulformen, wobei an die Stelle des Unterrichtes der Betreuungsteil tritt.

Nach § 51 Abs. 3 SchUG gehört somit unter anderem auch die Beaufsichtigung der Schüler zu den wesentlichen Dienstpflichten eines Lehrers. Im Rahmen dieser vorgesehenen Aufsichtspflicht hat der Lehrer insbesondere auf die körperliche Sicherheit und auf die Gesundheit der Schüler zu achten und Gefahren nach Kräften abzuwehren. Wie aus dem „Aufsichtserlass“ des Bundeministeriums vom 28. Juli 2005, Zl. BMBWK-10.361/0002-III/3/2005, RS Nr. 15/2005, hervorgeht, ist hinsichtlich der Aufsichtsführung in gefährlichen Situationen wie dem Turnunterricht ein strengerer Maßstab anzulegen als in alltäglichen Situationen des Schulalltages. Hierbei ist auch Bedacht darauf zu nehmen, dass es sich im gegenständlichen Fall bei der betroffenen Schülergruppe um Minderjährige handelt, die eines besonderen Schutzes bedürfen.

Der Beschuldigte hat in der Disziplinarverhandlung zugegeben, dass er die Absperrung des Eislaufplatzes entfernt und die Eislauffläche mit einer Schülergruppe betreten hat. Durch das Betreten der abgesperrten Eislauffläche liegt eine Aufsichtspflichtverletzung vor, da die Schüler hierdurch in eine Gefahrensituation gebracht wurden bzw. nicht ausgeschlossen werden hätte können, dass es zu einer Gefährdung der Schüler kommt. Somit wurde entgegen Paragraph 51, Abs. 3 SchUG nicht in ausreichendem Ausmaß auf die körperliche Sicherheit und Gesundheit der Schüler geachtet bzw. sind Gefahren nicht nach Kräften abgewehrt worden. Zudem steht das Verhalten des Beschuldigten der genauen Erfüllung der sonstigen aus seiner lehramtlichen Stellung sich ergebenden Obliegenheiten sowie der gem. Paragraph 43, Abs. 1 BDG 1979 geforderten gewissenhaften Aufgabenerfüllung entgegen. Das gegenständliche Verhalten stellt somit eine Verletzung von Dienstpflichten im Sinne des Paragraph 43, Abs. 1 BDG 1979, § 211 BDG 1979 und Paragraph 51 Abs. 3 SchUG dar.

Zudem hat der Beschuldigte hierdurch ein Verhalten gesetzt, das geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erschüttern, sodass auch eine Dienstpflichtverletzung iSd § 43 Abs. 2 BDG 1979 vorliegt.

Der Begriff „Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben“ meint die Wertschätzung, die das Beamtentum in der Öffentlichkeit genießt. Dieser soll mit der Verhängung einer Disziplinarstrafe gezeigt werden, dass ein funktionsbeeinträchtigendes Verhalten der Beamten zu missbilligen ist und Beamte, die dienstbezogenen Verpflichtungen zuwiderhandeln, zur Rechenschaft gezogen werden (vgl. VwGH 24. November 1997, GZ.: 95/09/0348).

Für die Erfüllung des Tatbestandes des § 43 Abs. 2 BDG 1979 kommt es somit nur darauf an, ob das vorgeworfene Verhalten seinem objektiven Inhalt nach geeignet ist, das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Beamten in Frage zu stellen. Es kommt weder auf die öffentliche Begehung der Tat, noch darauf an, ob das Verhalten in der Öffentlichkeit bekannt geworden ist (vgl. VwGH vom 24. Februar 2011, GZ.: 2009/09/0184 mit weiteren Nachweisen).

Zudem hat jeder Lehrer sein Verhalten entsprechend seiner – den Schülern gegenüber gebotenen – Stellung so einzurichten, dass er kein schlechtes Beispiel gibt, sondern ihnen gegenüber stets ein Vorbild ist (vgl. VwGH 23. November 1989, GZ.: 89/09/0098; VwGH 23. März 1983, GZ.: 83/09/0013 sowie auch VwGH 06. Juni 2001, GZ.: 97/09/0222).

Insbesondere im Hinblick auf die zweifellos vorliegende Aufsichtspflichtverletzung, die geeignet ist, besonderes Aufsehen in der Öffentlichkeit zu erregen, sowie im Hinblick auf die Vorbildfunktion als Lehrer, ist das von dem Beschuldigten gesetzte Verhalten somit dazu geeignet Bedenken auszulösen, er werde seine dienstlichen Aufgaben als Lehrer nicht in sachlicher Weise erfüllen. Das vom Beschuldigten gesetzte Fehlverhalten stellt somit auch eine Dienstpflichtverletzung im Sinne des § 43 Abs. 2 BDG 1979 dar, da dieser nicht darauf Bedacht genommen hat, dass das Verhalten geeignet ist das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben zu erschüttern.

Die Disziplinarkommission hat daher aufgrund des vorliegenden Sachverhalten die Verletzung der in § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979, § 211 BDG 1979 und § 51 Abs. 3 SchUG normierten Dienstpflichten als erwiesen angenommen.

Als mildernd konnte bei der Festlegung des Strafausmaßes vor allem das Tatsachengeständnis und die Schuldeinsicht gewertet werden. Zudem wurde das Bemühen des Beschuldigten, im Interesse der Schüler eine Möglichkeit zu schaffen, Eislaufen zu gehen, und der fehlende Kausalzusammenhang hinsichtlich der Verletzung des Schülers berücksichtigt.

Als erschwerend wurde hingegen angesehen, dass aufgrund der langjährigen Berufserfahrung des Beschuldigten erwartet werden könnte, dass auch mit einer für die Schüler enttäuschenden Situation besser umgegangen wird und mehr Sorgfalt an den Tag gelegt wird. Zudem wurde die Vorbildwirkung als Lehrer und die größere Anzahl von betroffenen Schülern als erschwerend gewertet.

Als Strafe konnte nach Ansicht der Disziplinarkommission nach Abwägung der mildernden und erschwerenden Umstände mit einer Geldbuße in der Höhe eines halben Monatsbezuges das Auslangen gefunden werden, da davon ausgegangen werden kann, dass diese genügen wird, um den Beschuldigten von weiteren Verfehlungen abzuhalten.

Da keine außertourlichen Verfahrenskosten anerlaufen sind, war der Beschuldigte auch nicht zum Ersatz derselben zu verhalten. Die Kosten für die Beziehung des Rechtsbeistandes hat der Beschuldigte aber gem. Paragraph 117, Abs. 2 BDG 1979 selbst zu tragen.

Da das Disziplinarerkenntnis gemäß Paragraph 126 Abs. 2 BDG 1979 auf Schuldspruch oder auf Freispruch zu lauten hat, war spruchgemäß zu entscheiden.