Disziplinarbehörde

BM für Inneres

Entscheidungsdatum

04.02.2019

Geschäftszahl

44103

Text

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Inneres hat zu Recht erkannt:

Der Polizeibeamte NN ist gemäß Paragraph 126, Absatz 2, BDG schuldig:

1.    Er hat es am 03. Juni 2018, von 04:00 bis ca. 09:00 Uhr, unterlassen seine durch Erkrankung bedingte Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden.

2.    Er hat es am 03. Juni 2018 entgegen ausdrücklicher Weisung unterlassen, die standardisierte Arbeitsunfähigkeitsmeldung (BVA-Formular) vorzulegen, sondern eine nicht den formalen Voraussetzungen entsprechende Krankenbestätigung seines Arztes vorgelegt.

Der Beamte hat Dienstpflichten nach

      Paragraph 44, Absatz eins, BDG, nämlich die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen und

      Paragraph 51, Absatz eins, BDG, nämlich den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich zu melden

gemäß Paragraph 91, BDG schuldhaft verletzt.

Gemäß Paragraph 115, BDG i.V.m. Paragraphen 31 und 40 StGB wird unter Berücksichtigung der im Disziplinarerkenntnis vom 08. Oktober 2018, NN, verhängten Disziplinarstrafe der Geldbuße in der Höhe von € 1.200,- (eintausendzweihundert), von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.

Dem Beschuldigten werden gemäß Paragraph 117, Absatz 2, BDG keine Verfahrenskosten vorgeschrieben. Die eigenen Kosten hat er selbst zu tragen.

BEGRÜNDUNG

Gruppeninspektor NN ist eingeteilter Polizeibeamter der Verwendungsgruppe E2b und bei der Polizeiinspektion NN in Verwendung.

Dienstpflichtverletzung

Der Vorwurf einer Dienstpflichtverletzung ergibt sich aus der Disziplinaranzeige der NN, vom 27. August 2018, samt Beilagen. Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt.

Sachverhalt:

Der DB war am 03. Juni 2018, ab 04:00 Uhr, gemeinsam mit einem weiteren Beamten zum Verkehrsdienst beim Narzissenfest in NN eingeteilt. Er trat seinen Dienst jedoch nicht an und war für den NN auch telefonisch nicht erreichbar (erfolglose Anrufe um 04:45 Uhr und 05:11 Uhr). Um 06:48 Uhr rief der DB zurück und gab gegenüber dem Vorgesetzten an, dass er zum Dienst kommen werde. Von einer Erkrankung erwähnte er – obwohl von NN dazu befragt - nichts.

Der DB trat seinen Dienst jedoch nicht an und hat seinen Vorgesetzten davon auch nicht mehr in Kenntnis gesetzt. Um 08:56 Uhr meldete der PI-Kommandant die Abwesenheit seines Mitarbeiters dem NN. Gegen Mittag kam der DB zur PI und legte eine Krankmeldung vor. Dabei handelte es sich jedoch nicht um das für BVA-Versicherte zu verwendende Formular.

Mit Einleitungsbeschluss der Disziplinarkommission, NN, wurde die mündliche Verhandlung anberaumt und am 04. Februar 2019 durchgeführt.

Angaben des Disziplinarbeschuldigten

Der DB war geständig und räumte ein, dass er sich hätte anders verhalten müssen. Es sei richtig, dass er um 06:58 Uhr angekündigt habe, zum Dienst zu kommen, aber wegen seines schlechten Gesundheitszustandes sei es ihm dann doch nicht möglich gewesen. Noch am selben Tag habe er eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung zur PI NN gebracht. Das Formular der BVA habe er nicht gehabt. Es sei aber in weiterer Folge nachgereicht worden.

Plädoyer des Disziplinaranwaltes

Der Disziplinaranwalt fasste die Ergebnisse des Beweisverfahrens zusammen und stellte fest, dass der DB eine Dienstpflichtverletzung nach Paragraphen 44, Absatz eins und 51 Absatz eins, BDG zu verantworten hat. Er beantragte die Verhängung einer Zusatzstrafe nach Paragraph 92, Absatz eins, Ziffer 2 BDG in der Höhe von € 200,-.

Plädoyer des Verteidigers

Der Verteidiger beantragte unter Hinweis auf die derzeit gute Dienstbeschreibung seines Vorgesetzten in der PI NN und die besonderen Umstände des Falles eine milde Strafe.

Die Disziplinarkommission hat dazu erwogen:

Auf dieses Verfahren ist die Geschäftsordnung der Disziplinarkommission für das Jahr 2018 anzuwenden.

Paragraph 44, Absatz eins, BDG

Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen, und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.

Paragraph 51, Absatz eins, BDG

Der Beamte, der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, hat den Grund seiner Abwesenheit unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden und seine Abwesenheit zu rechtfertigen.

Befehl der NN, vom 06.02.2013

Das Formular für die ärztliche Bescheinigung (Formular als Beilage) ist im Sinne dieses LPD-Befehles vom Beamten so vorzubereiten, dass die persönlichen Daten (Familienname, Vorname, VersNr., Tag, Monat und Jahr der Geburt) die Adresse während des Krankenstandes und das Feld „Dienstgeber – Dienststelle“ vor der Vorlage an den Arzt ausgefüllt werden.

Zur Schuldfrage

Das Beweisverfahren hat zweifelsfrei ergeben, dass der DB seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat.

Dienstpflichtverletzung nach Paragraph 44, Absatz eins, BDG

Gemäß Paragraph 44, Absatz eins, BDG hat der Beamte die Weisungen seiner Vorgesetzten zu befolgen. Das bedeutet, dass er, sowohl die vom Bundesministerium für Inneres verlautbarten Erlässe, sowie auch schriftliche Befehle der zuständigen Landespolizeidirektionen und schriftliche oder mündliche Befehle/Dienstaufträge seiner Vorgesetzten zu befolgen hat. Gerade die Befolgung von Weisungen ist in einer Sicherheitsbehörde Voraussetzung dafür, eine dem gesetzlichen Auftrag entsprechende Erfüllung der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Aufgaben zu garantieren. Wie auch das Bundesverwaltungsgericht schon wiederholt entschieden hat, zählen Verletzungen der Dienstpflicht nach Paragraph 44, Absatz eins, BDG zu den schwereren Verfehlungen gegen die grundlegendsten Pflichten im Rahmen eines jeden Beamtendienstverhältnisses und ist die Befolgung von dienstlichen Anordnungen für den ordnungsgemäßen, sowie effizienten Ablauf des Dienstes von essentieller Bedeutung (57/8-DOK/08 vom 11.11.2008).

Dem Disziplinarbeschuldigten wurde vom PI-Kommandanten und in Entsprechung des oben angeführten Befehls der NN schon mehrfach angeordnet, im Falle von Erkrankungen das dafür vorgesehene Formular zu verwenden. Schon wegen seiner relativ zahlreichen Krankenstände (z.B. 2015: 11 Krankenstände zwischen 1 und 6 Tagen; 2016: 9 zwischen 1 und 4 Tagen; 2017: ebenfalls 7, meist eintägige), müsste ihm dies also jedenfalls bekannt sein. Dies hat er unterlassen, obwohl es ihm leicht möglich gewesen wäre, sich vorab ein solches zu besorgen, bzw. – vor dem Hintergrund seiner vielen Erkrankungen – eines zu Hause in Evidenz zu haben.

Dienstpflichtverletzung nach Paragraph 51, Absatz eins, BDG

Gemäß Paragraph 51, Absatz eins, BDG ist der Beamte verpflichtet seine Abwesenheit vom Dienst unverzüglich seinem Vorgesetzten zu melden. Der Sinn dieser Bestimmung liegt darin, rechtzeitig personelle Maßnahmen treffen zu können. Dies ist insbesondere im Bereich der Sicherheitsexekutive von wesentlicher Bedeutung, geht es in diesem Bereich der Verwaltung doch um die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Die grundsätzliche Notwendigkeit einer sofortigen Meldung war durch die besondere Sicherheits- und Verkehrslage wegen des Narzissenfests noch verschärft. Während dieser Zeit gab es eigens dazu abgestellten Personaleinsatz und waren auch Vorkehrungen für einen reibungslosen sicherheits- und verkehrspolizeilichen Ablauf zu treffen. Zur effektiven Wahrnehmung der Aufgaben einer PI – gerade auch bei Maßnahmen wegen Veranstaltungen - ist es für den Kommandanten unerlässlich möglichst rasch von Personalausfällen zu erfahren. Es liegt nämlich in der Verantwortung des Dienststellenleiters – nach entsprechender Lagebeurteilung - zu entscheiden, ob und in welchem Ausmaß für Ersatz zu sorgen ist, oder ob etwa durch Umgruppierungen der eingeteilten Kräfte der Ausfall kompensiert werden kann.

Daher ist es auch unumgänglich notwendig, den Vorgesetzten in Kenntnis zu setzen. Dies wäre ihm auch relativ leicht gewesen. So gibt er selbst an, wegen starker Schmerzen erst um 03:30 Uhr eingeschlafen zu sein. Bedenkt man nun, dass der Dienstbeginn bereits um 04:00 Uhr gewesen wäre, wäre es also an ihm gelegen, die aufgrund der angegebenen Symptome (starke Magenschmerzen, flüssiger Durchfall) wohl zu erwartende Dienstunfähigkeit noch in der Nacht (vor 03:30 Uhr) zu melden, zumal sich ein pünktlicher Dienstantritt ohnehin nicht mehr ausgehen konnte. Durch seine Unterlassung hat er seine Vorgesetzten im Unklaren gelassen und dadurch rasche Personalverfügungen verhindert. Die Verständigung eines Mitarbeiters – wie der DB angab, getan zu haben – reicht nicht aus. Der DB hat es unterlassen, seine krankheitsbedingte Abwesenheit zu melden und sogar um 06:48 Uhr noch angegeben dass er zum Dienst kommen werde, worauf sich sein Vorgesetzter auch verlassen hat. Dennoch kam er nicht zum Dienst und hat eine weitere Verständigung des PI-Kommandanten wiederum unterlassen.

Strafbemessung - Paragraph 93, BDG

Gemäß Paragraph 93, Absatz eins, BDG 1979 ist das Maß für die Höhe der Strafe die Schwere der Dienstpflichtverletzung; dabei ist jedoch darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Disziplinarbeschuldigten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Zu berücksichtigen sind aber auch die bisherigen dienstlichen Leistungen, sowie sein Verhalten im Dienststand und die Qualität der bisherigen Dienstleistung. Der erkennende Senat hat sich nach der Judikatur des VwGH jedenfalls ein umfassendes Bild des Disziplinarbeschuldigten zu machen und dann eine Prognose zu stellen, inwieweit und in welchem Ausmaße eine Bestrafung notwendig ist. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezial- und generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezialprävention notwendig erscheint vergleiche Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten3, 78 ff und ihr folgend das Erkenntnis des verstärkten Senates des VwGH vom 14.11.2007, 2005/09/0115).

                                                                                                                                                      

Milderungsgründe:

Reumütiges, volles Geständnis

Im gegenständlichen Disziplinarverfahren war zu berücksichtigen, dass die Tatzeit der nunmehrigen Dienstpflichtverletzung (03. Juni 2018) vor der letzten disziplinären Verurteilung (08. Oktober 2018) liegt. Der erkennende Senat hatte daher die Bestimmungen der Paragraphen 31 und 40 StGB bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen und zu beurteilen, ob ergänzend zur damals verhängten Geldbuße in der Höhe von € 1.200,-- eine zusätzliche Strafe zu verfügen ist. Dazu ist auszuführen, dass die DK bei gleichzeitiger Behandlung des nunmehrigen Sachverhaltes mit jenen vom 08. Oktober 2018 die gleiche Disziplinarstrafe – nämlich € 1.200,-- - verhängt hätte. Die nunmehr festgestellten Dienstpflichtverletzungen hätten also auf die Höhe der Disziplinarstrafe keinen Einfluss gehabt, weshalb – unter Anwendung der Bestimmungen der Paragraphen 31,, 40 StGB – die Voraussetzungen für die Verfügung eines Schuldspruchs ohne Strafe gemäß Paragraph 115, BDG vorlagen.