Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

30.08.2024

Geschäftszahl

I405 2290489-1

Spruch


I405 2291266-1/13E

I405 2290487-1/15E

I405 2290490-1/10E

I405 2290489-1/10E

I405 2292455-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Sirma KAYA als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Demokratische Republik Kongo (BF1), vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2024, Zl. 1340746107/230160550,

2.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Demokratische Republik Kongo (BF2), vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2024, Zl. 1331109804/223415580,

3.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Demokratische Republik Kongo (BF3), gesetzlich vertreten durch ihre Mutter römisch 40 , diese vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2024, Zl. 1331107004/223415665,

4.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Demokratische Republik Kongo (BF4), gesetzlich vertreten durch seine Mutter römisch 40 , diese vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2024, Zl. 1331105805/223415644 und

5.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Demokratische Republik Kongo (BF5), gesetzlich vertreten durch ihre Mutter römisch 40 , diese vertreten durch die BBU Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, Leopold-Moses-Gasse 4, 1020 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.04.2024, Zl. 1392170404/240626688, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.07.2024, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Die Verfahren des Erstbeschwerdeführers (im Folgenden: BF1), der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF2), der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3), des minderjährigen Viertbeschwerdeführers (im Folgenden: BF4) und der minderjährigen Fünftbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF5) werden gemäß Paragraph 34, AsylG 2005 und Paragraph 39, Absatz 2, AVG zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der BF1 und die BF2 sind verheiratet und Eltern der BF3, des BF4 und der BF5. Sie sind Staatsangehörige der Demokratischen Republik Kongo (im Folgenden: DR Kongo).

2. Die BF2 stellte am 27.10.2022 für sich und die minderjährigen BF3 und BF4 Anträge auf internationalen Schutz.

3. Am selben Tag wurde die BF2 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu ihrem Fluchtgrund befragt gab sie an, dass der BF1 in der DR Kongo für den ehemaligen Präsidenten gearbeitet habe und für dessen Sicherheit verantwortlich gewesen sei. Nachdem das Mandat des Präsidenten zu Ende gegangen sei, seien diejenigen, die für den Präsidenten gearbeitet hätten, verfolgt worden und ihre gesamte Familie sei in Gefahr gewesen.

4. Der BF1 stellte am 20.01.2023 einen Antrag auf internationalen Schutz.

5. Am selben Tag wurde der BF1 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes einer Erstbefragung unterzogen. Zu seinem Fluchtgrund befragt gab er an, dass er im Ministerium der Republik im Sicherheitsdienst gearbeitet habe und ihm vorgeworfen worden sei, dass er Geld unterschlagen habe. Er sei mit dem Tod bedroht worden und einige seiner Kollegen seien auch getötet worden. Bei einer Rückkehr drohe ihm und seiner Familie der Tod.

6. In einer niederschriftlichen Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) am 29.11.2023 gab der BF1 an, dass Geld in der Arbeit verloren gegangen und er deswegen verfolgt worden sei. Danach sei ihm ein Haftbefehl zugestellt worden, aber er sei zur Einvernahme nicht erschienen. Die Polizei sei in der Nacht in voller Montur bei ihm zu Hause eingedrungen. Die BF2 sei von den Polizisten vergewaltigt worden. Er sei ins Zentralgefängnis überstellt und gefoltert worden. In der Folge sei er erkrankt und ins Zentralkrankenhaus gekommen, von wo aus ihm die Flucht gelungen sei.

Die BF2 erklärte, dass sie hauptsächlich wegen der Unsicherheit in der DR Kongo geflohen sei. Die Arbeit des BF1 habe es nicht leichter gemacht. Der Staat habe die Macht, da brauche man nicht diskutieren. Man habe keine Chance. Ihre Familie sei in Lebensgefahr.

8. Die BF5 wurde am römisch 40 in Österreich nachgeboren.

7. Mit Bescheiden des BFA vom 21.02.2024 (BF1, BF2, BF3, BF4) und vom 18.04.2024 (BF5) Zl.en 1340746107/230160550, 1331109804/223415580, 1331107004/223415665, 1331105805/223415644 und 1392170404/240626688 wurden die Anträge der BF auf internationalen Schutz (im Folgenden: BF) hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG (Spruchpunkt römisch eins.) sowie des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat DR Kongo (Spruchpunkt römisch II.) als unbegründet abgewiesen. Zugleich wurde den BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Dazu wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und festgestellt, dass ihre Abschiebung in die DR Kongo zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde eine Frist für ihre freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt römisch VI.). Das Vorbringen der BF wurde als nicht glaubhaft und asylrelevant angesehen.

8. Mit Schreiben vom 27.03.2024 (BF2, BF3, BF4), 24.04.2024 (BF1,) und vom 20.05.2024 (BF5) erhoben die BF fristgerecht Beschwerde gegen die Bescheide vom 21.02.2024 (BF1, BF2, BF3, BF4) und vom 18.04.2024 (BF5).

9. Mit Schreiben des BFA vom 16.04.2024 (BF1, BF2, BF3, BF4) und vom 22.05.2024 (BF5) wurden gegenständliche Verfahren dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und langten die Akten am 19.04.2024 (BF1, BF2, BF3, BF4) und am 27.05.2024 (BF5) bei der zuständigen Gerichtsabteilung ein.

10. Am 18.07.2024 langte eine Stellungnahme zu Fluchtgründen und Länderfeststellungen in Bezug auf die mündliche Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht ein.

11. Am 19.07.2024 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit der BF und ihrer Rechtsvertretung abgehalten und hierbei die gegenständliche Beschwerdesache erörtert.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt römisch eins. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person der BF:

Der volljährige BF1 und die volljährige BF2 sind verheiratet und Eltern der minderjährigen BF3, BF4 und BF5. Sie sind Staatsangehörige der DR Kongo. Die Identität der BF1, BF2, BF3 und BF4 steht nicht fest, jene der BF5 steht fest.

Die Muttersprache der BF ist Lingala, sie sprechen aber auch Französisch. Sie bekennen sich zur christlichen Glaubensrichtung. Der BF1 gehört der Volksgruppe der Kongo an, die BF2 der Volksgruppe der Yombe (alle Bantu).

Die BF leiden an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen. Der BF1 leidet an einem kleinen dorsalen Calcaneussporn bzw. Fersensporn links sowie an einem medialen tibialen Stress Syndrom (MTSS) rechts, auf Deutsch oft als „Beinhautentzündung“ bezeichnet. Er war deswegen bis Februar 2023 bei einem Orthopäden in Behandlung und trägt Einlagen für seinen Knick – Platt – Hohlfuß. Außerdem leidet er an einer Posttraumatischen Belastungsstörung und er nimmt Psychopharmaka (Risperidon 1 mg, Sertralin 50mg, Trittico 150mg, Atarax 25mg) ein. Zudem leidet er an Zahnschmerzen. Der BF1 und die BF2 sind arbeitsfähig.

Die BF2 hat in der DR Kongo vier Jahre lang die Grundschule besucht, vier Jahre lang Zöpfe geflochten und auch Waren auf dem Markt verkauft. Auch der BF1 verfügt über Grundschulbildung und hat zudem die Haupt- sowie die Berufsschule besucht und war als Elektriker tätig.

Die Schwester, die beiden Kinder sowie weitere Angehörige des BF1 leben noch in der DR Kongo. Die BF2 hingegen hat noch ihre Mutter, eine Halbschwester, einen Onkel und eine Tochter in der DR Kongo.

Die BF stammen aus Kinshasa, Gemeinde römisch 40 , DR Kongo. Der BF1 und die BF2 haben die DR Kongo 2019 über Brazzaville, Kongo verlassen. Danach waren sie ein paar Monate in der Türkei und zwei Jahre in Griechenland aufhältig, bevor sie über diverse europäische Länder nach Österreich einreisten. Am 27.10.2022 stellte die BF2 für sich und die in der Zwischenzeit geborenen minderjährigen BF3 und BF4 und am 20.01.2023 der BF1 Anträge auf internationalen Schutz. Die BF5 wurde am römisch 40 in Österreich nachgeboren und wurde am 17.04.2024 ein Antrag auf internationalen Schutz für sie eingebracht.

Außerhalb ihres Familienverbundes verfügen die BF über keine maßgeblichen familiären Beziehungen in Österreich.

Die BF beziehen Leistungen von der staatlichen Grundversorgung und sind nicht selbsterhaltungsfähig.

Der BF1 hat einen A1-Deutschkurs besucht, aber keine entsprechende Deutschprüfung abgelegt. Zudem ist er als Schülerlotse tätig und bekommt dafür € 110,-- pro Monat. Die BF2 besuchte bis dato in Österreich einen Alphabetisierungskurs und aktuell macht sie einen A1-Deutschkurs. Deutschprüfung wurde noch keine absolviert. Außerdem verdient sie sich in Österreich durch das Flechten von Haaren ca. € 350,-- pro Monat dazu. Die BF gehen regelmäßig in die Kirche und haben in Österreich Bekanntschaften geschlossen. Die BF3 besucht seit einem Jahr den Kindergarten. Daraus ergeben sich keine maßgeblichen sprachlichen, sozialen, beruflichen und integrativen Verfestigungen.

Der BF1 und die BF2 sind strafrechtlich unbescholten, während die minderjährigen BF3, BF4 und BF5 in Anbetracht ihres Lebensalters noch nicht strafmündig sind.

1.2. Zu den Fluchtgründen der BF:

Der BF1 und die BF2 brachten zusammengefasst im gegenständlichen Verfahren vor, dass sie die DR Kongo verlassen haben, weil der BF1 für den damaligen kongolesischen Präsidenten tätig gewesen und wegen der Unterschlagung von Geldmitteln verfolgt worden sei. Die BF2 hingegen sei aufgrund der Anschuldigungen gegenüber dem BF1 Opfer von schwerer polizeilichen Gewalt und von Vergewaltigung geworden.

Für die BF3, den BF4 und die BF5 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Es kann insgesamt nicht festgestellt werden, dass die BF in Syrien aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurden oder werden würden. Den BF droht im Falle einer Rückkehr in die DR Kongo mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keine Verfolgung wegen eines Konventionsgrundes in asylrelevantem Ausmaß.

Die BF können gemeinsam in die DR Kongo zurückkehren. Im Fall ihrer Rückkehr in die DR Kongo werden sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten asylrelevanten Verfolgung oder sonstigen existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

1.3. Zur allgemeinen Situation in der DR Kongo:

Zur aktuellen Lage in der DR Kongo werden (auf Basis des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation vom 29.06.2022) zudem folgende Feststellungen getroffen:

1.3.1. Politische Lage:

Die am 18.2.2006 verkündete Verfassung etablierte ein semipräsidentielles Regierungssystem nach französischem Muster, in dem die Nationalversammlung auf Vorschlag des Präsidenten den Premierminister wählt (AA 15.1.2021; vergleiche ANPI o.D.). Die Abgeordneten werden in freier und geheimer Wahl vom Volk gewählt. Gleiches gilt auch für Mitglieder der Provinzialversammlungen, die ihrerseits die Mitglieder der ersten Kammer des Senats bestimmen. Durch die Verfassung wurden einige föderale Elemente eingeführt (AA 15.1.2021). Der Präsident wird in direkter Wahl für fünf Jahre gewählt (ANPI o.D.; vergleiche FH 28.2.2022), für maximal zwei Amtszeiten (FH 28.2.2022).

Die DR Kongo ist seit 2015 in 26 Provinzen mit eigenen Parlamenten und Regierungen gegliedert. Das Parlament der DR Kongo besteht aus zwei Kammern: Nationalversammlung und Senat. Der Staatspräsident wird direkt gewählt und hat weitreichende Machtbefugnisse. Durch eine Verfassungsänderung wurde 2011 der zweite Wahlgang bei den Präsidentschaftswahlen abgeschafft. Dabei wurde dem Präsidenten das Recht zur Absetzung der Gouverneure und zur Auflösung der Provinzparlamente eingeräumt (AA 28.8.2019).

In der DR Kongo war Joseph Kabila über das verfassungsgemäße Ende seiner (zweiten und der Verfassung zufolge letzten) Amtszeit am 20.12.2016 im Amt verblieben. Die Präsidentschafts-, Parlaments- und Provinzratwahlen fanden mit über zweijähriger Verspätung am 30.12.2018 statt. Überraschend wurde der aus der politischen Opposition stammende Félix Tshisekedi als Wahlgewinner von der nationalen Wahlkommission CENI ausgerufen. Präsident Tshisekedi wurde am 24.1.2019 im Amt des Präsidenten vereidigt (AA 28.8.2019).

Die Abstimmung wurde aufgrund von Wählerunterdrückung und Wahlbetrug heftig kritisiert. Beobachter der katholischen Kirche und der zivilgesellschaftlichen Koalition "Synergy of Citizen Election Observation Missions" berichteten von massivem Betrug und Unregelmäßigkeiten. Eine unabhängige Auszählung durch die Nationale Bischofskonferenz der römisch-katholischen Kirche im Kongo (CENCO), die von unabhängigen Rechnungsprüfern überprüft wurde, ergab, dass Fayulu, ein weiterer Präsidentschaftskandidat 60% der Stimmen erhalten hatte. Wahlbeobachtern wurde in einigen Fällen der Zugang zu den Wahllokalen verweigert und ausländische Beobachter durften nicht teilnehmen. Darüber hinaus wurden 1,2 Millionen Wähler in drei Oppositionsgebieten - dem Beni-Gebiet und Butembo in der Provinz Nord-Kivu sowie Yumbi in der Provinz Mai-Ndombe - von der Stimmabgabe ausgeschlossen (FH 28.2.2022).

Als Folge der Wahlen im Dezember 2018 wurde zwar der oppositionelle UDPS-Kandidat Felix Tshisekedi zum Staatspräsidenten ernannt, im Parlament herrscht jedoch eine erdrückende Übermacht der Parteien rund um das ehemalige Regierungsbündnis FCC. Der FCC kommt auf über 300 Sitze, Tshisekedis Plattform Cach auf 48 und das Oppositionsbündnis Lamuka auf 99 Sitze (AA 15.1.2021).

Die oben genannten Machtverhältnisse führten zu hitzigen Gefechten rund um die Ernennung von wichtigen Regierungsposten. Letztendlich gefundene Kompromisse schafften jedoch nicht die erhoffte politische Stabilität, um dringend notwendige Reformen aktiv anzugehen. Vielmehr schafften die Machtkämpfe zwischen den Regierungspartnern eine Blockadehaltung, welche derzeit noch ungelöst ist (AA 15.2.2021). Die Regierung Ilunga Ilunkamba ist seit 2019 eingesetzt, gemäß den Mehrheitsverhältnissen im Parlament nach den Wahlen vom Dezember 2018 (ANPI o.D.).

Das politische System in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) ist in den letzten Jahren durch die Manipulation des Wahlprozesses durch politische Eliten gelähmt worden. Die Bürger sind nicht in der Lage, grundlegende bürgerliche Freiheiten frei auszuüben (FH 28.2.2022).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- AA - Auswärtiges Amt (28.8.2019): Kongo (Demokratische Republik): Politisches Porträt, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/innenpolitik/203252, Zugriff 23.6.2022

- ANPI - Agence Nationale pour la Promotion des Investissements (o.D.): Régime politique du pays, https://www.investindrc.cd/fr/Regime-politique-du-pays, Zugriff 23.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

1.3.2. Sicherheitslage:

In Kinshasa und anderen kongolesischen Städten führten in der Vergangenheit wiederholt, teilweise gewalttätige, Proteste gegen die Regierung zur Verwendung scharfer Munition, Todesopfern und Verletzten, sowie zu zahlreichen Festnahmen. Die Sicherheitslage ist instabil. Versammlungen, Proteste und bestimmte Veranstaltungen können, selbst ohne erkennbaren äußeren Anlass, jederzeit zu unvorhersehbaren sicherheitsrelevanten Ereignissen oder gewalttätigen Ausschreitungen führen und scharfe Gegenmaßnahmen zur Folge haben. Dabei muss auch mit weitreichenden Störungen des öffentlichen Lebens sowie einer hohen Präsenz von bewaffneten Sicherheitskräften gerechnet werden (AA 22.6.2022).

Ein unbewältigtes politisches Problem bleiben die gewalttätigen Auseinandersetzungen im Osten des Landes, insbesondere in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri und Tanganyika, aber auch in den Provinzen Bas-Uélé, Haut-Uélé. Manche Regionen innerhalb dieser Provinzen sind nicht unter der Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte. Die strukturellen Ursachen der Auseinandersetzungen in den Kivu-Provinzen stehen im Zusammenhang mit dem Völkermord in Ruanda und den anschließenden Vertreibungen und Kämpfen auf dem Gebiet der DR Kongo. Bei den nicht abreißenden Konflikten handelt es sich um komplexe soziale Auseinandersetzungen um regionale bzw. lokale Vorherrschaft und den Zugang zu Land und natürlichen Ressourcen, befeuert von inter-ethnischen Spannungen. Neben den staatlichen Streitkräften ist eine Vielzahl von Milizen bzw. paramilitärischen Verbänden in den Krisenprovinzen des Landes aktiv. Allein in den beiden Kivu-Provinzen sind es nach Zählung der Congo Research Group 120 verschiedene bewaffnete Gruppen (AA 15.1.2021).

Es kommt vor allem in der Hauptstadt Kinshasa, aber auch in anderen Ballungsräumen (Matadi, Bukavu, Goma, Kananga etc.), immer wieder zu schweren Ausschreitungen und Zusammenstößen zwischen Opposition und Sicherheitskräften. In den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Orientale, Ituri, Haut-Uele, Tanganyika, Haut-Lomani, Kasai und Maniema finden häufig kriegerische Handlungen zwischen den zahlreichen Rebellengruppen und der Armee sowie der MONUSCO statt (BMEIA 23.5.2022).

In den Provinzen Bas-Uele, Haut-Uele, Tshopo, Ituri, Nord-Kivu, Süd-Kivu, Maniema, Tanganyika, Haut-Lomami, Haut-Katanga (nur nördliche Gebiete), Lomami, Kasai, Kasai-Central und Kasai Oriental kommt es immer wieder zu gewaltsamen Zwischenfällen zwischen den kongolesischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen, insbesondere der Allied Democratic Force (ADF). Von der kongolesischen Armee wird derzeit eine Großoffensive gegen die ADF durchgeführt, welche zu einer weiteren Zunahme an Gefechten und Gewalt führen kann. Seit 6.5.2021 gilt für die Provinzen Nord-Kivu und Ituri das Kriegsrecht, ein sogenannter „État de Siège“, durch den die zivilen Regierungen temporär durch Militär- und Polizeiregierungen ersetzt werden. Die ohnehin angespannte Sicherheitslage könnte sich vor diesem Hintergrund noch verschärfen (AA 22.6.2022).

Der Konflikt zwischen den Streitkräften der Regierung und den mehr als 15 bedeutenden und miteinander in Verbindung stehenden illegalen bewaffneten Gruppen hält in den östlichen Provinzen des Landes an (USDOS 12.4.2022). Als Reaktion darauf verkündete der Präsident - am 6.5.2021 das Kriegsrecht in den Provinzen Ituri und Nord-Kivu, das vom Parlament wiederholt verlängert wurde und bis zum Jahresende 2021 [Anm.: und darüber hinaus] in Kraft blieb. Durch das Kriegsrecht werden Befugnisse von zivilen auf militärische Behörden übertragen, die polizeilichen Befugnisse erweitert, die Zuständigkeit der Militärgerichte auf zivile Straftaten ausgedehnt, bestimmte Grundrechte und -freiheiten eingeschränkt und die Immunität bestimmter gewählter Amtsträger (einschließlich Abgeordneter und Senatoren auf nationaler und Provinzebene) aufgehoben (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Das Kriegsrecht wurde im Laufe des Jahres 2021 verlängert und die Zahl der Gewalttaten und der Vertriebenen, die durch den Konflikt mit den Milizen verursacht wurden, erreichte einen neuen Höchststand (FH 28.2.2022).

Unter Berufung auf das Netzwerk für Menschenrechte (REDHO) berichtete das UN-Informationsradio Okapi, dass die mit Inkraftsetzung des Belagerungszustandes Anfang Mai 2021 zeitweilig vollständig durch die Militärgerichtsbarkeit ersetzte zivile Strafgerichtsbarkeit in der Provinz Nord-Kivu zumindest teilweise wiedereingesetzt wurde (BAMF 13.6.2022).

Die Zivilbevölkerung ist hauptleidtragend. Teile der Bevölkerung werden aufgrund ihrer (angenommenen) Zugehörigkeit zu einer Ethnie (Hutu, Tutsi, Nande, Hunde, und zahlreiche andere) oder einer Sprachfamilie (insbesondere Kinyar-wanda-Sprecher) Opfer von Gewalt. Oftmals sind sie jedoch auch Opfer willkürlicher Gewalttaten. Die Zahl der Binnenvertrieben bleibt auf einem hohen Niveau und Flüchtlinge müssen nicht selten ein- bis zweimal im Monat ihren Aufenthaltsort wechseln und erneut fliehen, weil weitere Plünderungen und Missbrauch drohen. Internationale Bemühungen zur Befriedung der Situation haben bislang noch keine durchschlagende Wirkung erzielen können (AA 15.1.2021).

Die kongolesische Armee, sowie sämtliche Rebellengruppen und Milizen ernähren sich außerdem „aus dem Land“, d.h. sie plündern die Vorräte der Bevölkerung. Nur ein Teil der fliehenden Bevölkerung kann von UN-Organisationen oder NGOs unterstützt werden. Bei Rückkehr in ihre Stammesgebiete droht diesen nicht selten erneute Ausplünderung und physische Gewalt. Insgesamt herrscht in weiten Teilen der Unruheprovinzen des Landes ein Klima der Gewalt und Vertreibung, dem die Zivilbevölkerung weitestgehend schutzlos ausgesetzt ist. Trotz der Bemühungen der Friedensmission der Vereinten Nationen, MONUSCO, bleiben erhebliche Schutzlücken bestehen (AA 15.1.2021).

Laut Medienberichten weist ein am 23.5.2022 vorgestellter parlamentarischer Bericht darauf hin, dass innerhalb von 15 Jahren und nur in den ostkongolesischen Territorien Beni (Provinz Nord- Kivu), Irumu und Mambasa (jeweils Ituri), allesamt Einfluss- und Operationsgebiete der ausländischen, radikal-islamischen bewaffneten Gruppe Forces démocratiques alliées (ADF), mehr als 15.000 Zivilisten getötet wurden. Die Angriffe auf die Zivilbevölkerung zwischen den Jahren 2013 und 2018 hätten zu einer ganz erheblichen Steigerung der zivilen Opferzahlen (über 8.000) im Vergleich zu den Jahren 2008 bis 2012 (150) geführt. In den Jahren 2020 und 2021 hätte die Zahl der zivilen Opfer weiter zugenommen. Während im Jahr 2020 bei insgesamt 989 dokumentierten Angriffen 2.695 zivile Personen getötet worden seien, beziffere sich die Zahl der zivilen Opfer im Jahr 2021 bei insgesamt 1.019 Angriffen auf 4.428. Die ADF habe verschiedene Orte innerhalb eines Jahres mehrfach angegriffen. Laut Presseberichterstattung der letzten Monate verübte allein die ADF in ihren derzeitigen Einfluss - und Operationsgebieten, vor allem in den Territorien Beni (Nord -Kivu) und Irumu (Ituri) aber auch in den Territorien Djugu und Mambasa (jeweils Ituri), Massaker an der Zivilbevölkerung und weitere Angriffe auf Zivilpersonen, die Vertreibungswellen auslösten. Es kam dabei u.a. zu Entführungen, sexualisierten Gewalttaten sowie Rekrutierungen und Einsätzen von Kindern in bewaffneten Konflikten. Berichte über die Präsenz der ADF in der Provinz Süd-Kivu sind bisher nicht (öffentlich) bekannt geworden. Die US - Überwachungsgruppe Kivu Security Tracker dokumentierte im Zeitraum von Jänner 2022 bis einschließlich 25.5.2022 die ADF u.a. als verantwortlich für mehr als 270 zivile Tote (BAMF 30.5.2022).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.6.2022): Demokratische Republik Kongo - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/kongodemokratischerepubliksicherheit/203202, Zugriff 22.6.2022

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (13.6.2022): Briefing Notes, Quelle liegt bei der Staatendokumentation auf

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (30.5.2022): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2022/briefingnotes-kw22-2022.pdf?__blob=publicationFile&v=3, Zugriff 29.6.2022

- BMEIA - Bundesministerium für Europäische und internationale Angelegenheiten (23.5.2022): Reiseinformationen: Kongo - Demokratische Republik, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kongo-dem-rep/, Zugriff 23.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.3. Rechtsschutz/Justizwesen:

Während gesetzlich eine unabhängige Justiz vorgesehen ist (USDOS 12.4.2022), ist die Justiz in der Praxis Korruption und politischer Einflussnahme unterworfen (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Beamte und andere einflussreiche Personen unterwerfen Richter häufig der Nötigung. Richtermangel führt zu langwierigen Gerichtsverfahren, insbesondere in den Provinzen. Behörden missachten regelmäßig Gerichtsurteile. Disziplinarkommissionen beschäftigen sich mit zahlreichen Fällen von Korruption und Amtsmissbrauch, die in Entlassungen und Suspendierungen von Richtern münden (USDOS 12.4.2022).

Eine funktionierende und unabhängige Justiz gibt es auch nach dem Präsidentschaftswechsel nicht. Beschäftigte im Justizdienst werden schlecht und unregelmäßig bezahlt und sind häufig korrupt. Die zivile Justiz ist mit den zu bewältigenden Aufgaben überfordert. Nach Einschätzung von nationalen und internationalen Experten, wird es noch Jahre dauern, bis neu ausgebildetes, motiviertes und angemessen bezahltes Justizpersonal die aktuelle Misere beenden könnte. Bemühungen ausländischer Organisationen, diesen Zustand mit Seminaren, Sachspenden etc. zu bessern, zeigen bisher nur geringen Erfolg. Reformen werden versprochen, dürften jedoch Jahrzehnte in Anspruch nehmen, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen (AA 17.2.2020).

Die Militärjustiz ist für alle Vorgehen von und gegen Soldaten und Polizisten zuständig, sowohl für im Dienst als auch im Privaten begangene Straftaten. Sie ist überlastet, aber bemüht, ihrer Aufgabe, die Straflosigkeit bei Angehörigen der Sicherheitsdienste (Streitkräfte, Polizei) zu bekämpfen, gerecht zu werden. Ihr Personal ist in der Regel besser ausgebildet als das in der Ziviljustiz (AA 17.2.2020).

Die Verfassung sieht das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren, eine unabhängige Justiz und die Unschuldsvermutung für Angeklagte vor, aber diese Rechte werden nicht immer eingehalten. Die Behörden sind verpflichtet, die Angeklagten unverzüglich und ausführlich über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu unterrichten, erforderlichenfalls mit freier Verdolmetschung, was jedoch nicht immer geschieht. Angeklagte haben das Recht auf eine Verhandlung innerhalb von 15 Tagen nach Anklageerhebung, doch können die Richter diese Frist auf maximal 45 Tage verlängern. Die Behörden halten sich nur gelegentlich an diese Vorschrift. Die Angeklagten haben das Recht, anwesend zu sein und sich von einem Verteidiger vertreten zu lassen, was seitens der Behörden gelegentlich missachtet wird. Die Angeklagten werden nicht gezwungen, auszusagen oder sich schuldig zu bekennen. Die Angeklagten haben das Recht, Berufung einzulegen, außer in Fällen, in denen es um die nationale Sicherheit, bewaffneten Raub und Schmuggel geht, über die in der Regel das Gericht für Staatssicherheit entscheidet (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.4. Sicherheitsbehörden:

Die primäre Verantwortung zur Rechtsdurchsetzung obliegt der kongolesischen Nationalpolizei (Police National Congolaise – PNC). Diese untersteht dem Innenministerium. Die Nationale Geheimdienstagentur (National Intelligence Agency – ANR) untersteht dem Präsidenten. Ihr obliegt die interne und externe geheimdienstliche Informationsbeschaffung. Die Streitkräfte der DR Kongo (FARDC) sowie der militärische Geheimdienst unterstehen dem Verteidigungsministerium. Sie haben primär Verantwortlichkeit in Bezug auf äußere Sicherheit, in der Praxis liegt ihr Fokus primär auf der inneren Sicherheit. Dem Präsidenten unterstehen die republikanischen Garden (Republican Guard – RG). Dem Innenministerium untersteht das Direktorat für Migration, das, gemeinsam mit der Polizei, für die Grenzkontrollen verantwortlich ist (USDOS 12.4.2022).

Die operative Zusammenarbeit zwischen MONUSCO (UN-Friedensmission in der DR Kongo) und der Regierung im Osten wird fortgesetzt. Die MONUSCO Force Intervention Brigade unterstützte die FARDC-Truppen in Nord-Kivu und den südlichen Ituri-Provinzen. MONUSCO-Kräfte führten Patrouillen zum Schutz von Binnenvertriebenen vor Angriffen bewaffneter Gruppen in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu und Ituri durch (USDOS 12.4.2022). Trotz einer Truppenreduzierung stellt die MONUSCO mit über 16.000 Soldaten und über 1.300 Polizisten nach wie vor eine der größten UN-Friedensmissionen weltweit dar (AA 15.1.2021).

Die Militärgerichte waren in erster Linie für die Untersuchung der Frage zuständig, ob die Tötungen durch die Sicherheitskräfte gerechtfertigt waren, und für die Verfolgung der Täter. Obwohl die Militärjustiz einige SSF-Agenten wegen Menschenrechtsverletzungen verurteilte, blieb die Straflosigkeit ein ernstes Problem. Die Regierung unterhielt gemeinsame Menschenrechtsausschüsse mit der MONUSCO und nutzte verfügbare internationale Ressourcen, wie das von den Vereinten Nationen durchgeführte Programm zur technischen und logistischen Unterstützung von Militärstaatsanwälten sowie mobile Anhörungen, die von internationalen Nichtregierungsorganisationen (NGOs) unterstützt wurden (USDOS 12.4.2022).

Die zivilen Behörden üben keine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte aus. Das Militär ist notorisch undiszipliniert. Vorfälle von Informations- sowie Waffenaustausch zwischen kongolesischen Soldaten und Rebellengruppen gab es im Jahr 2021 weiterhin. Soldaten und Polizisten begehen regelmäßig schwerwiegende Menschenrechtsvergehen, wie etwa Vergewaltigung und physische Angriffe. Hochrangige Militärs gehen bei solchen Vergehen oft straffrei aus (FH 28.2.2022).

Laut einem Bericht von GlobalSecurity existiert eine richtige kongolesische Armee, gemessen an modernen Kriterien, gar nicht. Vielmehr gibt der Staat nur vor, eine zu haben. Die FARDC wurde 2003 aus verschiedenen bewaffneten Gruppen unterschiedlicher politischer Gruppierungen geformt, die seitdem kaum als einheitlicher Armeekörper in Erscheinung tritt und durch mangelnde Loyalität, Disziplin und eine kaum vorhandene Befehlskette gekennzeichnet ist. Daneben leidet die Armee unter schlechter Ausbildung und schlechtem Kriegsmaterial, Korruption, schwachen Kommandostrukturen, Versorgungsproblemen und unregelmäßiger Bezahlung, was dazu führt, dass Mitglieder der Armee oft in Plünderungen und Überfällen auf Zivilisten, einhergehend mit massiven Menschenrechtsverletzungen und selbst am ständigen Hin- und Her-Wechsel zwischen den Fronten beteiligt sind. Laut MONUSCO hat die kongolesische Armee bedeutende Schritte zur Hebung der Armeedisziplin durch Verfolgung von durch Soldaten begangenen Menschenrechtsverletzungen unternommen. Trotzdem bleibt Straffreiheit in der Armee weiterhin ein großes Problem (GS o.D.).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- GS - GlobalSecurity.org (o.D.): DR Congo Army, http://www.globalsecurity.org/military/world/congo/army.htm, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.5. Folter und unmenschliche Behandlung:

Das Gesetz kriminalisiert zwar die Anwendung von Folter, dennoch gibt es Berichte, dass die Sicherheitskräfte weiterhin Zivilisten, vor allem Häftlinge, foltern (USDOS 12.4.2022). Gefangene zahlen häufig Bestechungsgelder, um Folter zu vermeiden (FH 28.2.2022).

Viele Beobachter (Menschenrechtsorganisationen, UN-Menschenrechtsbüro, EU-Missionen, NGOs und die Botschaft) gehen davon aus, dass – entgegen dem in Artikel 16, der Verfassung statuierten ausdrücklichen Verbot – Folter in Gefängnissen, Polizeistationen und geheimen Haftanstalten (sogenannte „cachots“) durch Militär und Sicherheitskräfte nach wie vor angewandt wird. Dies betrifft nicht nur die Hauptstadt, sondern auch die Provinzen. Am 20.7.2011 trat ein Gesetz zum Verbot der Folter in Kraft. Kongolesische Menschenrechtsorganisationen begrüßten das Gesetz und mahnten angesichts der fortgesetzten Praxis seine gewissenhafte Umsetzung an (AA 15.1.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.6. Korruption:

Gesetzlich sind Strafen für Korruption durch Beamte zwar vorgesehen, jedoch setzt die Regierung diese Vorgaben nicht effektiv um und korrupte Praktiken sind oft mit Straflosigkeit verbunden. Durch behördliche Korruption auf allen Ebenen sowie in Firmen in Staatsbesitz entgehen der Staatskassa hunderte Millionen US-Dollar pro Jahr (USDOS 12.4.2022).

Korruption ist in der Regierung, den Sicherheitskräften und der Mineralienindustrie weit verbreitet, der öffentliche Dienst und Entwicklungshilfeversuche sind davon unterminiert. Ernennungen zu hochrangigen Positionen in der Regierung sind von Nepotismus geprägt. Rechenschafts-Mechansimen sind schwach, und Straffreiheit ist die Norm (FH 28.2.2022).

Im Jahr 2020 schuf Präsident Tshisekedi die Agentur für die Prävention und Bekämpfung von Korruption (APLC). Als Sonderdienststelle des Präsidialamts ist die APLC für die Koordinierung aller staatlichen Stellen zuständig, die mit der Bekämpfung von Korruption und Geldwäsche betraut sind, für die Durchführung von Ermittlungen mit den vollen Befugnissen der Kriminalpolizei und für die Überwachung der Übergabe von Korruptionsfällen an die zuständigen Justizbehörden. Die Plattform für den Schutz von Informanten in Afrika stellte fest, dass die Bilanz der APLC durchwachsen ist und keine sichtbaren Ergebnisse zeigt (USDOS 12.4.2022). Der politische Wille zur Korruptionsbekämpfung schien jedoch 2021 nachzulassen und zivilgesellschaftliche Gruppen deckten große Korruptionsfälle in der Regierung des ehemaligen Präsidenten Kabila auf (FH 28.2.2022).

Im aktuellen Ranking von Transparency International für 2021 rangiert die DR Kongo an 169. Stelle bei insgesamt 180 gereihten Ländern (TI 2022).

Quellen:

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- TI - Transparency International (2022): Corruption Perceptions Index 2021, https://www.transparency.org/en/cpi/2021, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.7. NGOs und Menschenrechtsaktivisten:

Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen sind aktiv und können grundsätzlich frei agieren. Menschenrechtsorganisationen erfahren auch in der Presse Rückhalt. Im Zuge der Wahlen im Dezember 2018 kam es zu massiven Einschüchterungswellen von Menschenrechtsverteidigern und aktiver Zivilgesellschaft durch staatliche Sicherheitskräfte. Nach Ernennung des neuen Staatspräsidenten Tshisekedi kam es zu ersten Anzeichen einer Entspannung und einem neuen, demokratischeren Umgang mit Menschenrechtsorganisationen. So ordnete der neue Präsident etwa die Entlassung einer Reihe politischer Gefangener an. NGO-Vertretern zufolge geschehen dennoch weiterhin nicht nachvollziehbare Verhaftungen von Aktivisten, insbesondere im, dem Wirkungskreis Kinshasas entzogenen, Osten des Landes. Das Verhältnis zwischen Menschenrechtsorganisationen und insbesondere der nationalen Polizei PNC bleibt weiterhin angespannt (AA 15.1.2021).

Tausende von NGOs sind in der DR Kongo aktiv, aber viele sehen sich Hindernissen bei ihrer Arbeit ausgesetzt. Vor allem nationale Menschenrechtsverteidiger sind Belästigungen, willkürlichen Verhaftungen ausgesetzt (FH 28.2.2022). Mitarbeiter des Justizministeriums treffen sich mit nationalen NGOs und antworten gelegentlich auf Anfragen seitens dieser NGOs. Die Regierung kooperiert zwar mit internationalen NGOs und der UNO, aber diese Kooperation ist nicht konsistent (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.8. Allgemeine Menschenrechtslage:

Die Verfassung enthält in ihrem 2. Abschnitt (Artikel 11 ff.) einen umfassenden Grundrechtskatalog. Die Menschenrechtslage bleibt gleichwohl unbefriedigend. Durch Soldaten der FARDC und durch die Milizen kommt es nach wie vor zu willkürlichen Tötungen, körperlichen Misshandlungen, Plünderungen und Zerstörungen. Menschenrechtsverletzungen durch Angehörige der kongolesischen Armee (FARDC), der Sicherheitsdienste und der Polizei sowie der Rebellengruppen treten nach wie vor insbesondere in den Provinzen Nord-Kivu, Süd-Kivu, Ituri und in Teilen Tanganykas auf. Die Friedensmission der Vereinten Nationen (MONUSCO) und Beobachter aus der Zivilgesellschaft machen die FARDC, die Polizei und den Nachrichtendienst weiterhin für knapp die Hälfte der begangenen Menschenrechtsverletzungen verantwortlich (AA 15.1.2021).

Zu den bedeutenden Menschenrechtsproblemen gehören glaubwürdige Berichte über: rechtswidrige oder willkürliche Tötungen, einschließlich außergerichtlicher Tötungen; erzwungenes Verschwinden; Folter und Fälle von grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Inhaftierung; politische Gefangene oder Häftlinge; ernsthafte Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz; willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre; schwerwiegende Missbräuche in Konflikten, darunter Berichten zufolge rechtswidrige oder weit verbreitete Schädigung der Zivilbevölkerung, gewaltsames Verschwindenlassen oder Entführungen, Folter und körperliche Misshandlungen oder Bestrafungen sowie rechtswidrige Rekrutierung oder Einsatz von Kindersoldaten durch illegale bewaffnete Gruppen; usw. (USDOS 12.4.2022).

Gesetzlich ist Pressefreiheit und Meinungsfreiheit vorgesehen, aber die Regierung respektiert dieses Recht nicht immer. Öffentliche Kritik an der Regierung oder ihren Beamten kann zu Einschüchterungen, Drohungen und Verhaftungen führen (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Journalist in Danger (JED), Human Rights Watch (HRW) und andere zivilgesellschaftliche Organisationen haben eine zunehmende Unterdrückung von Journalisten unter Tshisekedis Amtszeit festgestellt. Im Jahr 2021 wurden drei Journalisten ermordet; mindestens 106 weitere wurden inhaftiert, bedroht, angegriffen und zensiert - ein Anstieg um mehr als das Doppelte gegenüber den gemeldeten Übergriffen im Jahr 2020 (FH 28.2.2022).

Die Versammlungsfreiheit ist zwar per Verfassung garantiert, wird aber eingeschränkt (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022), vor allem in den östlichen Landesteilen. Die Verhängung des Belagerungszustandes seit dem 6.5.2021 in den Provinzen Ituri und Nord-Kivu führte zu weiteren Einschränkungen der Versammlungsfreiheit (USDOS 12.4.2022). Demonstrationen finden regelmäßig statt, aber die Teilnehmer riskieren Verhaftungen, Schläge, und tödliche Gewalt (FH 28.2.2022). Kundgebungen und Demonstrationen der Oppositionsparteien und der Zivilgesellschaft, die als regierungskritisch galten, werden häufig verboten oder gewaltsam unterdrückt (AI 29.3.2022).

Die Verfassung gewährleistet Vereinigungsfreiheit, und dieses Recht wird seitens der Regierung auch üblicherweise respektiert (USDOS 12.4.2022). Bürger haben das Recht, sich in politischen Parteien zu organisieren. Es gibt Hunderte von Parteien, von denen viele nach ethnischen oder regionalen Gesichtspunkten organisiert sind. Den meisten fehlt es jedoch an nationaler Reichweite und ihre Funktionsfähigkeit ist in der Praxis begrenzt. Oppositionsführer und -anhänger werden häufig eingeschüchtert und in ihrer Bewegungsfreiheit sowie in ihrem Recht, Kampagnen durchzuführen oder öffentliche Veranstaltungen zu organisieren, eingeschränkt (FH 28.2.2022).

NGOs, Zivilgesellschaft und Journalisten, die sich kritisch über die Regierung äußern, sind zwar keiner systematischen staatlichen Verfolgung ausgesetzt, können aber in manchen Landesteilen jederzeit willkürlich durch die Sicherheitspolizei oder Armeedienste verfolgt werden. Der politische Betätigungsraum zeichnete sich nach den Präsidentschaftswahlen vom Dezember 2018 jedoch durch erste Entspannungen und Öffnungen aus. Zuletzt kam es jedoch wieder zu einer Zunahme an einschlägigen Menschenrechtsverstößen (AA 15.1.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- AI - Amnesty International (29.3.2022): Amnesty International Report 2021/22; Zur weltweiten Lage der Menschenrechte; Demokratische Republik Kongo 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2070244.html, Zugriff 20.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.9. Haftbedingungen:

Der Zustand der Gefängnisse ist – auch im Vergleich zu anderen Staaten in Afrika – sehr schlecht (AA 15.1.2021). Die Bedingungen in den meisten Gefängnissen sind hart und lebensbedrohlich (USDOS 12.4.2022) und durch Nahrungsmittelmangel, starke Überbelegung, unangemessene sanitäre Einrichtungen und medizinische Versorgung gekennzeichnet (USDOS 12.4.2022; vergleiche AA 15.1.2021). Die Behörden inhaftieren Männer üblicherweise getrennt von Frauen, Jugendliche hingegen werden gemeinsam mit Erwachsenen untergebracht (USDOS 12.4.2022).

Gefangene zahlen häufig Bestechungsgelder, um Folter zu vermeiden oder ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen; Vergewaltigungen unter Häftlingen sind an der Tagesordnung (FH 28.2.2022).

Die UNJHRO berichtete, dass sich die Bedingungen in den Haftanstalten im Laufe des Jahres 2021 verschlechtert haben, insbesondere in den westlichen Provinzen, wo die Zunahme der Gefangenenpopulation und mangelnde Instandhaltung zum Verfall beigetragen haben. Die UNJHRO verzeichnete bis Juni 2021 insgesamt 154 Todesfälle in Haft, das sind 42 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Unterernährung, schlechte Hygiene, fehlender Zugang zu medizinischer Versorgung und Misshandlungen waren die Hauptursachen für diese Todesfälle. Ein Menschenrechtsaktivist führte den Rückgang der Todesfälle auf die verbesserte Ernährung zurück (USDOS 12.4.2022). Üblicherweise erlaubte die Regierung dem Roten Kreuz, der UN-Mission MONUSCO und NGOs den Zugang zu offiziellen Haftanstalten des Innenministeriums, jedoch nicht zu Gefängnissen, die von der Republikanischen Garde und vom Geheimdienst betrieben wurden (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.10. Todesstrafe:

Das Strafgesetzbuch sieht in Artikel 5, die Todesstrafe vor, u.a. bei Mord, Hochverrat und Spionage. Das Militärstrafgesetzbuch sieht ebenfalls in Artikel 26, die Todesstrafe vor. Seit 2004 ist diese jedoch nicht mehr vollstreckt worden. Laut Artikel 16, der Verfassung von 2006 ist die Persönlichkeit des Menschen unverletzlich und der Staat hat die Pflicht, sie zu respektieren und zu schützen (AA 15.1.2021). Die DR Kongo gilt als „Abolitionist de facto“. Die Letzte Exekution fand im Jahr 2003 statt. Auch im Jahr 2021 gab es keine Hinrichtungen (CLS 2022).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- CLS - Cornell Law School (2022): Cornell Database - Democratic Republic of the Congo, https://deathpenaltyworldwide.org/database/#/results/country?id=20, Zugriff 21.6.2022

1.3.11. Religionsfreiheit:

Die Verfassung garantiert Religionsfreiheit und verbietet Diskriminierungen aufgrund der religiösen Einstellung (USDOS 2.6.2022; vergleiche FH 28.2.2022) und die Regierung respektiert dieses Recht üblicherweise auch in der Praxis (FH 28.2.2022). Grundsätzlich ist die Religionsausübung nicht eingeschränkt (AA 15.1.2021).

Obwohl sich religiöse Gruppen bei der Regierung registrieren lassen müssen, um anerkannt zu werden, arbeiten nicht registrierte Gruppen in der Regel ungehindert. Einige religiöse Einrichtungen, Mitarbeiter und Dienste sind von der Gewalt in Konfliktgebieten betroffen. Trotz allgemeiner Toleranz reagierten die Behörden aggressiv auf Protestaktionen der katholischen Kirche und einiger protestantischer Gruppen nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse im Jahr 2019 (FH 28.2.2022). Die Beziehungen zwischen der Regierung und religiösen Organisationen haben sich nach Angaben von Religionsführern und Medienberichten weiter verbessert, auch wenn es im Zusammenhang mit der Rolle religiöser Gruppen bei der Ernennung des Präsidenten der Wahlkommission zu Spannungen kam (USDOS 2.6.2022).

Die bewaffnete Gruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien - Demokratische Republik Kongo (ISIS-DRC), die im März 2021 von den Vereinigten Staaten als terroristische Organisation eingestuft wurde, operierte weiterhin im Land. ISIS-DRC griff in der Regel wahllos Zivilisten, Krankenhäuser und Schulen in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri an, nahm aber gelegentlich auch Kirchen und muslimische Führer ins Visier (USDOS 2.6.2022).

Sowohl in Kinshasa als auch in den Provinzen kommt es immer wieder zu Übergriffen gegen Personen, die der Hexerei beschuldigt werden. Der Hexenglaube ist im Land in allen Bevölkerungsschichten weit verbreitet. Übergriffe geschehen meist durch Privatpersonen und werden von der Polizei nicht geahndet. Opfer sind in der Regel von ihren Eltern wegen des Hexereiverdachts verstoßene Straßenkinder. „Charismatische“ und im Grunde auf Gelderwerb angelegte „freie Kirchen“ im Land – deren Zahl in Kinshasa allein auf 1.500 geschätzt wird – machen sich den Hexenglauben zunutze und befördern ihn noch (AA 15.1.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073974.html, Zugriff 21.6.2022

1.3.12. Ethnische Minderheiten:

Insgesamt leben in der Demokratischen Republik Kongo mehr als 200 afrikanische ethnische Gruppen, von denen die meisten Bantu sind; die vier größten Stämme - Mongo, Luba, Kongo (alle Bantu) und die Mangbetu-Azande (Hamitic) - machen etwa 45 % der Bevölkerung aus (CIA 14.6.2022). 80 % der Menschen in der DR Kongo sind Bantu, aber es gibt mehr als 250 ethnische Gruppen im Lande. Zu den anderen Gruppen gehören die Zentralsudanesen/Ubangier, die Miloten und die Pygmäen (WPR 2022).

Quellen:

- CIA - Central Intelligence Agency [USA] (14.6.2022): The World Factbook, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/congo-democratic-republic-of-the/, Zugriff 20.6.2022

- WPR - World Population Review (2022): DR Congo Population 2022 (Live), https://worldpopulationreview.com/countries/dr-congo-population, Zugriff 21.6.2022

1.3.13. Relevante Bevölkerungsgruppen:

1.3.13.1. Frauen:

Die Verfassung verbietet zwar Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022), Gesetze gewähren Frauen aber nicht die gleichen Rechte wie Männern (USDOS 12.4.2022) bzw. sehen sie sich in der Praxis in fast jedem Aspekt ihres Lebens Diskriminierungen ausgesetzt (FH 28.2.2022).

Gesetzlich ist eine Reihe von Schutzmechanismen für Frauen vorgesehen. Im wirtschaftlichen Bereich dürfen Frauen, ohne die Zustimmung ihrer männlichen Verwandten agieren, Mutterschutz ist vorgesehen, für Diskriminierungen oder Missbrauch von Frauen sind Strafen vorgesehen. Dennoch werden Frauen wirtschaftlich diskriminiert und es gibt gesetzliche Beschränkungen für die Erwerbstätigkeit von Frauen, einschließlich Beschränkungen für als gefährlich geltende Berufe, aber keine Beschränkungen für die Arbeitszeit von Frauen (USDOS 12.4.2022). Das Familienrecht weist den Frauen eine untergeordnete Rolle im Haushalt zu. Junge Frauen suchen zunehmend eine berufliche Tätigkeit außerhalb des Hauses, vor allem in den städtischen Zentren, sind aber mit ungleichen Löhnen und Beförderungen konfrontiert. Wenn die Familien nicht genug Geld haben, um das Schulgeld zu bezahlen, werden Buben oft gegenüber Mädchen bevorzugt, um eine Ausbildung zu erhalten (FH 28.2.2022).

Die Verfassung von 2006 sieht in Artikel 11 und 12 ausdrücklich die Gleichberechtigung der Geschlechter vor. Durch eine Änderung des Familienrechts „Code de la Famille“ wurde 2016 versucht, diesem Verfassungsgrundsatz zu mehr Durchsetzung zu verhelfen. Eine Reihe diskriminierender Pflichten bleiben bestehen, u.a.die Pflicht zum Gehorsam der Ehefrau .BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Seite 21 von 33 gegenüber ihrem Ehemann in Artikel 444 des „Code de la Familie“. Jedoch kam es auch zu begrüßenswerten, wenn auch längst überfälligen, Modernisierungen. So ist die Ehefrau nicht mehr verpflichtet, bei ihrem Ehemann zu leben und ihm überall dahin zu folgen, wo er einen Aufenthalt für angebracht hält. Stattdessen richtet sich diese Anforderung nun an beide Ehepartner (Artikel 454,). Größte Herausforderung ist die Implementierung der gesetzlichen Vorgaben in den Alltag der Betroffenen, gerade in ländlicheren Gebieten die oftmals keine Informationen über die gesetzlichen Bestimmungen haben (AA 15.1.2021).

Vergewaltigung steht unter Strafe, aber Opfer erstatten nicht immer Anzeige und das Gesetz wird somit nicht immer umgesetzt. Innereheliche Vergewaltigung ist nicht als Straftatbestand erfasst (USDOS 12.4.2022). Sexualisierte Gewalt kommt häufig vor und ist keineswegs auf die Ostprovinzen beschränkt. Unter dem Druck von Menschenrechtsorganisationen und internationaler Gemeinschaft werden die Täter seit mehreren Jahren stärker verfolgt, das Problem der Straflosigkeit in diesem Bereich besteht jedoch prinzipiell fort. Zudem werden Vergewaltigungsopfer nicht selten durch die eigene Familie dadurch weiter diskriminiert, dass sie aus der örtlichen Gemeinschaft ausgestoßen, oder zu einer Heirat mit dem Täter gedrängt werden. Daneben sind schätzungsweise 4 bis 10 % der Vergewaltigungsopfer männlichen Geschlechts. Für sie sind die mit sozialer Isolation und Traumatisierung verbundenen Folgen der Tat ebenso schwerwiegend (AA 15.1.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%BCber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_ %28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/ 2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.13.2. Kinder:

Das Gesetz sieht vor, dass die Staatsbürgerschaft durch Geburt im Land oder dadurch erworben werden kann, dass ein Elternteil einer ethnischen Gruppe angehört, die nachweislich 1960 im Land ansässig war. Nach Angaben von UNICEF registrierte die Regierung etwa 25% der Kinder, die in irgendeiner medizinischen Einrichtung geboren wurden, aber nur 14% der Kinder hatten eine Geburtsurkunde (USDOS 12.4.2022).

Die Verfassung sieht eine gebührenfreie und obligatorische Grundschulbildung vor. Trotz der von Präsident Tshisekedi verfolgten Politik der kostenlosen Grundschulbildung war die Regierung nicht in der Lage, diese konsequent in allen Provinzen anzubieten. Die öffentlichen Schulen erwarteten im Allgemeinen, dass die Eltern zu den Gehältern der Lehrer beitragen. Diese Kosten in Verbindung mit dem möglichen Verlust des Einkommens aus der Arbeit ihrer Kinder, während diese den Unterricht besuchten, führen dazu, dass viele Eltern nicht in der Lage oder nicht bereit sind, ihre Kinder einzuschreiben. UNICEF berichtet, dass etwa 7,6 Millionen Kinder im Alter von fünf bis 17 Jahren nicht zur Schule gehen. Die Hälfte der Mädchen im Alter von fünf bis 17 Jahren besucht keine Schule (USDOS 12.4.2022).

Obwohl das Gesetz die Zustimmung verlangt und die Heirat von Buben und Mädchen unter 18 Jahren verbietet, wurden viele Ehen mit Minderjährigen geschlossen, was zum Teil auf die anhaltende gesellschaftliche Akzeptanz zurückzuführen ist. Die Verfassung stellt die Zwangsheirat unter Strafe. Gerichte können Eltern, die ein Kind zur Heirat zwingen, zu bis zu 12 Jahren Zwangsarbeit und einer Geldstrafe verurteilen. Die Strafe verdoppelt sich, wenn das Kind jünger als 15 Jahre ist; die Vollstreckung ist jedoch begrenzt (USDOS 12.4.2022).

Über die soziale Lage von Kinshasas zahlreichen Straßenkindern existieren keine verlässlichen Angaben. Es ist aber davon auszugehen, dass ihr Alltag durch Armut, Gewalt, Drogenkonsum und Prostitution ebenso geprägt ist wie durch mangelnde medizinische Versorgung bzw. Bildung. Pädophilie wird als Verbrechen gem. Artikel 169, Absatz 4, des Gesetzes zum Schutz von Kindern verfolgt (AA 15.1.2021).

Die meisten Rebellengruppen rekrutieren insbesondere in den Provinzen Nord-Kivu und Ituri Kindersoldaten. Diese werden vor allem als Köche, Träger, Informanten, zur Verheiratung oder als Sexsklaven eingesetzt. Hauptakteur sind derzeit die Rebellengruppen CODECO und Mai-Mai Mazembe. Überraschend erfolgreich sind Sensibilisierungs- und Aufklärungskampagnen für die bewaffneten Gruppen, dank derer es immer wieder zu freiwilligen Freilassungen von Minderjährigen kommt. In den FARDC befinden sich keine Kindersoldaten mehr, die Streitkräfte und das vorgesetzte Ministerium sind nach Auskunft des persönlichen Beauftragten des Staatspräsidenten für den Kampf gegen Kindersoldaten und sexualisierte Gewalt die am besten kooperierenden Institutionen (AA 15.1.2021).

Kinder sind eindeutig die am meisten gefährdete Bevölkerungsgruppe in der Demokratischen Republik Kongo. Obwohl die internationale Gemeinschaft versucht hat, einzugreifen, werden Kinder von allen beteiligten Parteien systematisch und in großem Umfang für den bewaffneten Konflikt im Land rekrutiert, und die DR Kongo hat eine der größten Zahlen von Kindersoldaten in Afrika. Sie werden zum Töten und Foltern ausgebildet und erleben nie eine echte Kindheit. Tausende von kongolesischen Familien wurden infolge des bewaffneten Konflikts getrennt. Die Demokratische Republik Kongo ist auch ein Herkunfts- und Zielland für Kinder, die zu Zwangsarbeit und kommerzieller Sexarbeit gezwungen werden. Es gibt Berichte über kongolesische Mädchen, die in Zelt- oder Hüttenbordellen zwangsprostituiert werden. Die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren ist mit 199 pro 1.000 Lebendgeburten extrem hoch, und Unterernährung ist eine der Hauptursachen für die hohe Sterblichkeitsrate bei Kindern. Mangelndes Wissen, das schlechte Gesundheitssystem und der Mangel an medizinischem Personal, Infrastruktur und Ausrüstung verschlechtern die Lebensbedingungen weiter. Die körperliche und geistige Entwicklung eines Kindes wird durch chronische Unterernährung oft stark beeinträchtigt. Die SOS-Kinderdörfer unterstützen kongolesische Kinder im Land und wollen ihnen Hoffnung und eine bessere Zukunft bieten (SOS o.D.).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_ %C3%BCber_die_asyl- _und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_ %28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- SOS Children’s Villages (o.D.): General information on the Democratic Republic of the Congo, https://www.sos-childrensvillages.org/where-we-help/africa/democratic-republiccongo, Zugriff 22.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.14. Bewegungsfreiheit:

Gesetzlich sind interne Bewegungsfreiheit Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung gewährleistet. Die Regierung schränkte diese Rechte manchmal ein (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022).

Die Sicherheitskräfte errichten Sperren und Kontrollpunkte auf Straßen, Flughäfen und Märkten, sowohl aus Sicherheitsgründen als auch um die Bewegungen im Zusammenhang mit den Ebola- und COVID-19-Ausbrüchen zu verfolgen. Der Reiseverkehr war 2021 aufgrund von Vorschriften, mit denen die Verbreitung des COVID-19 eingedämmt werden sollte, erheblich eingeschränkt. Die Sicherheitskräfte schikanieren und erpressen routinemäßig Geld von Zivilisten für angebliche Verstöße und halten sie manchmal fest, bis sie oder ein Verwandter zahlten. Die Regierung verlangt von den Reisenden, dass sie sich bei Inlandsreisen sowie bei der Ein- und Ausreise in die bzw. aus der Stadt an Flughäfen und Häfen Kontrollen unterziehen (USDOS 12.4.2022).

Die Bewegungsfreiheit ist gesetzlich gewährleistet, wird in der Praxis aufgrund von bewaffneten Konflikten und anderen Sicherheitsproblemen stark eingeschränkt. Verschiedene bewaffnete Gruppen und Regierungskräfte erlegen Reisenden illegale Zölle bei der Durchreise durch von ihnen kontrolliertes Gebiet auf (FH 28.2.2022).

Quellen:

- FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Democratic Republic of the Congo, https://freedomhouse.org/country/democratic-republic-congo/freedom-world/2022, Zugriff 20.6.2022

- USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): Country Report on Human Right Practices 2021 - Democratic Republic of the Congo, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071135.html, Zugriff 20.6.2022

1.3.15. Grundversorgung und Wirtschaft:

Die Demokratische Republik Kongo ist zwar reich an natürlichen Ressourcen (Bodenschätze, Holz, Wasserkraft, fruchtbare Böden), aber ein armes Land. Bergbauprodukte, insbesondere Kupfer, Diamanten, Gold und Coltan sind die wichtigsten Devisenbringer und die bedeutendste Einnahmequelle des Staates. Die Einwohnerzahl liegt bei 90 Millionen, das BIP pro Kopf bei rund 500 US-Dollar (WKO 2022).

Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Großfamilien gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Stadtbevölkerung in der Millionenstadt Kinshasa ist immer weniger in der Lage, mit städtischer Kleinstlandwirtschaft und Kleinviehhaltung die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln zu sichern (AA 15.1.2021). Die Arbeitslosigkeit bei den 15-64-jährigen beträgt 5,4% (WKO 4.2022).

Vor allem Frauen und Kinder müssen mit Kleinsthandel zum Familienunterhalt beitragen. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in Kinshasa und in den übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch noch keine akute Unterversorgung. Eine Ausnahme bilden die Unruheprovinzen, da die Vertriebenen oft keine Möglichkeit haben, sich neu anzusiedeln und zumindest eine Subsistenzlandwirtschaft zu betreiben. Ferner können sie von internationalen Hilfsorganisationen wegen der Aktivitäten vieler bewaffneter Gruppen immer noch nicht auf dem gesamten Territorium der DR Kongo versorgt werden. MONUSCO sowie der Staat sind bemüht, die staatliche Autorität flächendeckend zu etablieren. Diese Bemühungen haben auch 2020 erhebliche Rückschläge erlitten (AA 15.1.2021).

Das kongolesische Sozialversicherungssystem stützt sich im Wesentlichen auf die Caisse Nationale de Sécurité Sociale (CNSS). Diese deckt nur die Arbeitnehmer des formellen Sektors ab, die in Wirklichkeit weniger als 20% der Arbeitnehmer des Landes ausmachen. Die Mehrheit der Kongolesen verlässt sich stattdessen auf einen Sozialschutz, der auf familiären oder anderen informellen Bindungen beruht. Die Vereinten Nationen schätzten, dass im Jahr 2020 25,6 Millionen Bürger der Demokratischen Republik Kongo auf humanitäre Hilfe angewiesen sein werden (BS 23.2.2022).

Rund 27 Millionen Menschen in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) sind zwischen September und Dezember 2021 von einer hohen akuten Ernährungsunsicherheit (IPC-Phase 3 oder höher) betroffen, davon rund 6,1 Millionen Menschen von einer kritischen akuten Ernährungsunsicherheit (IPC-Phase 4). Das Land hat weltweit die größte Anzahl von Menschen, die von akuter Ernährungsunsicherheit betroffen sind. Diese Ernährungsunsicherheit ist das Ergebnis einer Kombination aus Konflikten, wirtschaftlichem Niedergang, hohen Lebensmittelpreisen und den anhaltenden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Obwohl die jüngste Analyse im Vergleich zu den Zahlen des letzten Jahres (27,3 Millionen) eine leichte Verbesserung darstellt, sind die Zahl und der Schweregrad der Fälle weiterhin unannehmbar hoch. Von den insgesamt 179 analysierten Gebieten wurden fünf Gebiete als Notstandsgebiete (IPC-Phase 4) eingestuft, hauptsächlich Djugu (Provinz Ituri), Kamonia und Luebo (Provinz Kasai) sowie Dibaya und Luiza (Provinz Zentral-Kasai). Im Projektionszeitraum von Jänner bis Juni 2022 werden sich voraussichtlich 25,9 Millionen Menschen oder 25% der untersuchten Bevölkerung in der IPC-Phase 3 oder darüber befinden, darunter 5,4 Millionen in der Notlage (IPC-Phase 4). Die Lage in Irumu (Provinz Ituri) und Gungu (Provinz Kwilu) wird sich wahrscheinlich verschlechtern, sodass diese Gebiete als Notstandsgebiete (IPC-Phase 4) eingestuft werden, in denen 65% bzw. 45% der Bevölkerung von kritischer Ernährungsunsicherheit betroffen sind (IPC 10.11.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Congo, DR, https://bti-project.org/en/reports/country-report/COD, Zugriff 21.6.2022

- IPC - Integrated Food Security Phase Classification (10.11.2021): Democratic Republic of Congo: Acute Food Insecurity and Acute Malnutrition Situation September 2021 - August 2022, https://www.ipcinfo.org/ipc-country-analysis/details-map/en/c/1155280/, Zugriff 21.6.2022

- WKO - Wirtschaftskammer Österreich (4.2022): Länderprofil DR KONGO, https://wko.at/statistik/laenderprofile/lp-dr_kongo.pdf, Zugriff 21.6.2022

- WKO - Wirtschaftskammer Österreich (2022): Demokratische Republik Kongo: Informationen zu Wirtschaft, Recht und Steuern sowie Reisen, https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/demokratische-republik-kongo-wirtschaft-recht-steuern.html, Zugriff 21.6.2022

1.3.16. Medizinische Versorgung:

Die Demokratische Republik Kongo hat eine der höchsten Armutsraten und eines der schlechtesten Gesundheitssysteme in Afrika südlich der Sahara. Der Kampf des Landes mit der Gesundheitsversorgung hängt mit vielen anderen sozioökonomischen Problemen zusammen, mit denen das Land zu kämpfen hat. Die Gesundheitsversorgung im Kongo ist für seine Bürger nicht gewährleistet. Dies ist auf die lang anhaltende Armut und die mangelnde Effizienz des Gesundheitswesens im Lande zurückzuführen. Da es in der DR Kongo keine Krankenhäuser gibt, die eine kostenlose Versorgung anbieten, muss jeder Patient selbst zahlen. Arztrechnungen können zwischen 50 und 100 US-Dollar liegen. Das durchschnittliche Jahresgehalt im Kongo beträgt jedoch nur 400 US-Dollar, was die medizinischen Kosten unerschwinglich macht. Hinzu kommt, dass 71% der Bevölkerung in Armut leben und das Gesetz nicht vorschreibt, dass die Menschen trotz ihrer wirtschaftlichen Lage Zugang zur Gesundheitsversorgung haben (TBG 20.1.2021).

Der bewaffnete Konflikt hat die Fähigkeit des Landes, die Gesundheitsversorgung zu verbessern, über Jahrzehnte hinweg immer wieder beeinträchtigt. Der mit dem Konflikt verbundene Mangel an Stabilität hat die Situation noch verschlimmert. Auf 10.000 Einwohner kommen 0,28 Ärzte und 1,91 Krankenschwestern und Hebammen im Land. Im Kongo haben sich das Personal im Gesundheitswesen und das Niveau der Versorgung verschlechtert. Es gibt keine Koordinierungsstruktur, die es den Ausbildungseinrichtungen für Gesundheitspersonal ermöglicht, den aktuellen Bedürfnissen des Gesundheitssystems Rechnung zu tragen. In den Ausbildungsstätten fehlt es an materiellen und finanziellen Ressourcen. Die Patienten müssen einen Termin bei ihrem Arzt vereinbaren, um untersucht zu werden. In den meisten Fällen haben die Ärzte nur an bestimmten Tagen in der Woche Sprechstunden. Da es nur wenige Gesundheitszentren mit Ärzten gibt, müssen die Patienten lange warten, bis sie behandelt werden können. Derzeit gibt es im Kongo 401 Krankenhäuser. Darüber hinaus ist der Zugang zur medizinischen Grundversorgung in den Kleinstädten begrenzt, sodass viele Einwohner weiterhin Schwierigkeiten haben, eine angemessene medizinische Versorgung zu erhalten. Diese Krankenhäuser verfügen auch nicht über die notwendigen Geräte und Materialien, um die meisten gesundheitlichen Probleme der Patienten zu lösen. Unter anderem wegen des bewaffneten Konflikts gehen den Krankenhäusern oft wichtige Rezepte und Materialien für verschiedene Leistungen aus (TBG 20.1.2021).

Der Großteil der Bevölkerung kann nicht hinreichend medizinisch versorgt werden. In den entlegenen Landesteilen haben große Teile der Bevölkerung de facto überhaupt keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Der UNHCR bezeichnet die Gesundheitsversorgung im ganzen Land als katastrophal. Ein funktionierendes Krankenversicherungssystem für die Bevölkerungsmehrheit existiert nicht. Nur im formellen Sektor (ca. 1,5 Mio. Beschäftigte, darunter der öffentliche Dienst) gibt es eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung mit einem sehr eingeschränkten Leistungsspektrum. In der Regel zahlen Arbeitgeber die Behandlungskosten ihrer Beschäftigten. Nur wenn der Patient über die notwendigen Geldmittel verfügt, können die meisten vorkommenden Krankheiten überhaupt diagnostiziert und – mit Einschränkungen – fachgerecht behandelt werden. Für zahlungskräftige Patienten stehen in den großen Städten, vor allem in Kinshasa und Lubumbashi, hinreichend ausgestattete private Krankenhäuser und fachkundige Ärztinnen bzw. Ärzte zur Verfügung. Ebenso gibt es in Kinshasa mehrere Apotheken, die gegen Bezahlung binnen weniger Tage so gut wie alle auf dem europäischen Markt zur Verfügung stehenden Medikamente liefern können (AA 15.1.2021).

Die medizinische Versorgung im Land ist mit der in Europa nicht zu vergleichen, sie ist vielfach technisch und apparativ problematisch, die hygienischen Standards sind oft unzureichend, im unzugänglichen Landesinneren ist eine medizinische Versorgung oft gar nicht verfügbar. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente erhältlich, aber sehr teuer - vorübergehende Engpässe können nie ausgeschlossen werden. In Kinshasa und anderen Städten des Landes sind private Arztpraxen und Kliniken verfügbar (AA 22.6.2022).

In der Demokratischen Republik Kongo kommt es immer wieder zu lokalen Ebola-Fieber-Ausbrüchen vor allem im Osten, seltener im Norden / Nordwesten des Landes. Zuletzt wurden im April 2022 Fälle in der Provinz Equateur gemeldet (AA 22.6.2022).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (22.6.2022): Demokratische Republik Kongo - Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kongodemokratischerepublik-node/kongodemokratischerepubliksicherheit/203202, Zugriff 22.6.2022

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- TBG - The Borgen Project (20.1.2021): Examining the Healthcare System in the Congo, https://borgenproject.org/healthcare-in-the-congo/, Zugriff 22.6.2022

1.3.17. Rückkehr:

Es liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass allein ein Asylantrag zu staatlichen Verfolgungsmaßnahmen gegen kongolesische Staatsangehörige nach deren Rückkehr geführt habe (AA 15.1.2021).

Abgelehnte und in die DR Kongo zurückgeführte Asylbewerber sowie Kongolesen mit deutschen und anderen ausländischen Pässen werden bei Ankunft am internationalen Flughafen N’Djili/Kinshasa grundsätzlich von Beamten der Einwanderungsbehörde, „Direction Générale de Migration“(DGM), befragt. Ebenfalls werden ankommende Passagiere, die nur mit einem Passersatzpapier einreisen oder als zurückgeführte Personen angekündigt sind, in die Büros der DGM neben der Abflughalle im Flughafengebäude begleitet, wo ihre Personalien aufgenommen werden und ein Einreiseprotokoll erstellt wird. Geprüft wird dabei vornehmlich die Staatsangehörigkeit. Daneben werden die aufliegenden Fahndungslisten abgeglichen. Bei begründeten Zweifeln an der kongolesischen Staatsangehörigkeit oder der Echtheit des ausländischen Passes wird die Einreise verweigert (AA 15.1.2021).

Nach bisherigen Erfahrungen bleiben die betroffenen Personen unbehelligt und können nach der Überprüfung durch die DGM, den Zoll und die Gesundheitsbehörden sowie in besonderen Fällen auch durch den ANR („Agence Nationale de Renseignement“, ziviler Nachrichtendienst) zu ihren Familienangehörigen weiterreisen. Staatliche Repressionen gegen diese Personen wurden dabei bislang in keinem Fall festgestellt. Diese Situation könnte sich jedoch ändern, soweit Rückkehrer sich in der DR Kongo politisch betätigen wollen (AA 15.1.2021).

OFII, die Organisation Française de l’Immigration et de l’Intégration, ist eine staatliche Einrichtung Frankreichs. Diese betreibt in vielen (vorwiegend frankophonen afrikanischen) Staaten Büros zur Reintegrationen von Rückkehrenden aus Frankreich. In die DR Kongo Rückkehrende aus Österreich können die französischen Reintegrationsbüros nutzen (BMI o.D.).

Rückkehrer sind zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf Unterstützung aus dem Familienkreis bzw. durch NGOs (international oder national) oder kirchliche Institutionen angewiesen. Staatliche Hilfe (Aufnahmeeinrichtung, Wohnraum, Sozialhilfe) steht nicht, oder nur sehr begrenzt zur Verfügung. Das Land ist zudem durch nicht abreißende IDP-Bewegungen geprägt, langfristige Rückkehr gibt es insbesondere im Ostkongo nur selten (AA 15.1.2021).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

- BMI - Bundesministerium für Inneres [Österreich] (o.D.): Demokratische Republik Kongo - So funktioniert die Rückreise in Ihre Heimat, https://www.returnfromaustria.at/kongo_drc/kongo_drc_deutsch.html, Zugriff 22.6.2022

1.3.18. Dokumente:

Angesichts der weit verbreiteten Korruption der Justiz- und Verwaltungsbehörden kann eine Vielzahl an Dokumenten (Reisepass, Personalausweis, Heirats- und Geburtsurkunde, Ledigkeitsbescheinigung, Scheidungsurteil, Haftbefehl, offizielle Bestätigungsschreiben jeglicher Art) mit vom Besteller vorgegebenem Inhalt von der formal zuständigen Stelle käuflich erworben werden. Zudem werden viele Personenstandsfälle nicht ordnungsgemäß bei den Standesämtern registriert, selbst wenn die Registrierung erfolgt ist, sind ältere Personenstandsregister oft zerstört, da insbesondere während der Plünderungen Anfang der 90er Jahre die Register vieler Standesämter vernichtet wurden (AA 15.1.2021).

Seit Jänner 2016 werden im Kongo neue, biometrische Reisepässe ausgestellt. Diese kosten zwischen 200 und 300 Dollar, abhängig davon, wie schnell der Pass ausgestellt werden soll und wie gut die Verbindungen des jeweiligen Antragstellers ins Außenministeriums sind. Reisepässe sind kein zuverlässiger Nachweis der Identität, da sie entweder mit einem bestimmten Inhalt gekauft werden oder schon die bei ihrer Ausstellung vorzuweisenden Dokumente gefälscht oder inhaltlich unrichtig (z.B. aufgrund einer ohne weitere Nachprüfung ausgestellten „attestation de naissance“) sein können (AA 15.1.2021).

Quelle:

- AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (15.1.2021): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043855/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Demokratischen_Republik_Kongo_%28Stand_November_2020%29%2C_15.01.2021.pdf, Zugriff 20.6.2022

2. Beweiswürdigung:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in die Akten des BFA, in die bekämpften Bescheide sowie in den Beschwerdeschriftsatz.

Auskünfte aus dem Strafregister, dem zentralen Melderegister, dem Informationsverbund zentrales Fremdenregister und dem Hauptverband österreichischen Sozialversicherungsträger wurden ergänzend zum vorliegenden Verwaltungsakt eingeholt.

Überdies wurde Beweis aufgenommen durch die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 19.07.2024 in Anwesenheit der BF und ihrer Rechtsvertretung.

Der unter Punkt römisch eins. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Zur Person der BF:

Die Feststellungen zur Volljährigkeit des BF1 sowie der BF2 und der Minderjährigkeit der BF3, des BF4 sowie der BF5 ergeben sich aus den Akten und sind augenscheinlich. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und christlichen Glaubensrichtung gründen sich auf die diesbezüglichen glaubhaften Angaben des BF1 sowie der BF2.

Da die BF entweder nicht im Stande oder nicht Willens waren, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht ihre Identität nicht fest. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität der BF5 getroffen wurden, beruhen diese auf der Geburtsurkunde der BF5.

Es wurden keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorgebracht, welche nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnten; dies ergibt sich zuletzt aus den Angaben der BF in der mündlichen Verhandlung und den vorgelegten Unterlagen betreffend den BF1. Daher ist auch von der Arbeitsfähigkeit des BF1 sowie der BF2 auszugehen.

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes wird nicht verkannt, dass die gesundheitliche Versorgung in der DR Kongo nicht mit europäischen Standards zu vergleichen ist und auch nicht flächendeckend zur Verfügung steht. In der Hauptstadt Kinshasa sind die meisten Medikamente jedoch erhältlich und sind private Arztpraxen und Kliniken verfügbar. Der BF1 stammt aus Kinshasa und dürfte folglich dort ein entsprechendes Behandlungsangebot vorfinden.

Zur Posttraumatischen Belastungsstörung des BF1 gilt es zunächst anzuführen, dass er sich diesbezüglich seit seiner Einreise im Jänner 2023 nicht in Behandlung befand und erst in Anbetracht der Anberaumung der mündlichen Verhandlung am 03.07.2024 einen einzigen Termin bei römisch 40 , einem interkulturellen Beratungs- und Therapiezentrum in Anspruch nahm. Er befand sich deswegen bis dato allerdings weder in ambulanter noch stationärer psychiatrischer Betreuung. Aus dem Bericht von römisch 40 vom 03.07.2024 ergibt sich auch, dass es keinen Hinweis auf fremd- oder selbstgefährdendes Verhalten gebe. Es wurden lediglich Medikamente und ein Kontrolltermin im Oktober 2024 empfohlen, was gegen eine lebensbedrohliche Erkrankung und Notwendigkeit einer Behandlung in Österreich spricht. Außerdem dürfte der BF1, wie oben angeführt, auch in der DR Kongo entsprechende Behandlungsmöglichkeiten vorfinden.

Die Feststellungen zur Schul- und Berufserfahrung der BF und zu den Sprachkenntnissen sowie den familiären Anknüpfungspunkten der BF in der DR Republik Kongo ergeben sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben.

Die Feststellungen zur regionalen Herkunft sowie Ausreise der BF nach Europa ergeben sich aus ihren diesbezüglich glaubhaften Angaben im Verfahren.

Der bisherige Aufenthalt der BF leitet sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten und der Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister ab.

Die Feststellungen zu den fehlenden familiären Anknüpfungspunkten der BF in Österreich außerhalb ihrer Kernfamilie und der geringen Integration der BF in Österreich beruhen ebenfalls auf den Aussagen des BF1 und der BF2 in der mündlichen Verhandlung sowie den vorgelegten Bestätigungen und dem seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholten Versicherungsdatenauszügen.

Die Feststellung, dass die BF Leistungen von der Grundversorgung beziehen, ist durch aktuelle Auszüge des Betreuungsinformationssystems belegt.

Die Unbescholtenheit des BF1 und der BF2 leitet sich aus einer aktuellen Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich ab.

2.3. Zu den Fluchtgründen der BF:

Der BF1 und die BF2 brachten zusammengefasst im gegenständlichen Verfahren vor, dass sie die DR Kongo verlassen haben, weil der BF1 für den ehemaligen kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila tätig gewesen und wegen der Unterschlagung von Geldmitteln verfolgt worden sei. Die BF2 hingegen sei aufgrund der Anschuldigungen gegenüber dem BF1 Opfer von schwerer polizeilichen Gewalt und von Vergewaltigung geworden.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt auf Grundlage der ergänzenden Ermittlungen zum Ergebnis, dass dieses Vorbringen zu den Fluchtgründen nicht glaubhaft ist. Die BF machten im Zuge ihrer Befragungen vor dem BFA und vor dem Bundesverwaltungsgericht vage, unplausible und widersprüchliche Angaben, sodass - wie darzulegen sein wird - von der Konstruiertheit ihres gesamten Fluchtvorbringens auszugehen und ihnen die Glaubwürdigkeit zu versagen war.

Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde bzw. das Gericht muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.

Das Vorbringen der BF entspricht diesen Anforderungen nicht und ist somit nicht glaubhaft.

Zunächst unterscheiden sich die Vorbringen des BF1 und der BF2 bereits in ihrer Erstbefragung. Die BF2, welche einige Monate vor dem BF2 nach Österreich einreiste und einen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte, erklärte nämlich allgemein, dass der BF1 für den ehemaligen kongolesischen Präsidenten gearbeitet habe und nachdem dessen Amtszeit zu Ende gegangen sei, so wie alle seine Kollegen, verfolgt worden sei. Von einer dem BF1 zur Last gelegten Geldunterschlagung, seiner Verhaftung und Folterung war allerdings keine Rede (S 7 Protokoll Erstbefragung BF2).

In den weiteren Einvernahmen des BF1 und auch der BF2 wurde das Vorbringen bzgl. Beschuldigungen einer Geldunterschlagung jedoch das zentrale Fluchtvorbringen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubhaft anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261).

Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar wiederholt Bedenken gegen die unreflektierte Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung erhoben, weil sich diese Einvernahme nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat. Gleichwohl ist es aber nicht generell unzulässig, sich auf eine Steigerung des Fluchtvorbringens zwischen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und der weiteren Einvernahme eines Asylwerbers zu stützen (VwGH, 23.06.2020, Ra 2020/20/0188). Im Sinne dieser Rechtsprechung ist der Umstand, dass die BF1 bei der Erstbefragung gar nicht erwähnte, dass ihre Familie Verfolgung wegen einer dem BF1 zur Last gelegten Geldunterschlagung zu befürchten habe, als ein erstes Indiz zu werten, dass es sich dabei um ein gesteigertes Vorbringen handelt, von dem sich die BF bessere Chancen auf die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus erhofften.

Auch in den Einvernahmen des BF1 und der BF2 beim BFA schilderte der BF1 zu seinen Fluchtgründen befragt unverzüglich Verfolgungshandlungen aufgrund der unterstellten Geldunterschlagung (S 7 BFA-Einvernahmeprotokoll BF1). Die BF2 hingegen erklärte zunächst, die DR Kongo hauptsächlich wegen der Unsicherheit im Land verlassen zu haben, die Arbeit des BF1 habe die Situation zudem nicht leichter gemacht. Erst nach wiederholtem Nachfragen seitens des BFA, erwähnte die BF2 dann die Geldunterschlagung (S 5f BFA-Einvernahmeprotokoll BF2).

In der weiteren Folge waren die Vorbringen des BF1 und der BF2 dann durchaus ähnlich, blieben aber oberflächlich und wurden immer wieder dieselben Informationen wiederholt. Dies erweckte den Anschein, dass sie versuchten, sich an die abgesprochenen Inhalte zu halten. Auf weiterführende Fragen kamen dann ausweichende und detailarme Antworten, wie sich bspw. aus der Einvernahme des BF1 in der mündlichen Verhandlung ergibt:

„RI: Wo waren die Kinder, als sie ins Haus eingedrungen sind?

BF1: Als die Männer ins Haus kamen, sind natürlich auch die Kinder aufgewacht. Wir hatten zum betreffenden Zeitpunkt zwei Zimmer. Ich wurde verprügelt und die Kinder waren nicht mehr dort.“ (S 12 Verhandlungsprotokoll).

Ein weiteres Beispiel für die ausweichenden Antworten des BF1 findet sich in folgender Textpassage:

„RI: Sie haben gesagt, dass Sie der Ladung nicht gefolgt sind. Was meinen Sie damit und wie ist das mit dem Haftbefehl zu verstehen?

BF1: Ich bin ja kein Politiker, dass ich die Zusammenhänge verstehen könnte. Ich weiß nur, dass es ein Haftbefehl war.

RI: Wie kommen Sie dann auf „Ladung“? Sie haben gesagt: „Ich bin der Ladung nicht gefolgt“. Hätten Sie irgendwo hingehen sollen? Wie soll ich das verstehen?

BF1: Ich weiß nicht, ob Sie mich verstehen. Wenn man bei uns einen Haftbefehl erhält, muss man vorstellig werden.

RI: Was stand dann in dem Haftbefehl? Sie haben gesagt, dass Ihnen Diebstahl vorgeworfen worden ist. Stand da drinnen auch, dass sie vorstellig werden sollen? Wie soll ich das verstehen?

BF1: Bei uns ist das so. Wenn man einen Haftbefehl bekommt, muss man sich der Behörde stellen.

RI: Und was stand in dem Haftbefehl? Bei welcher Behörde hätten Sie sich stellen sollen?

BF1: Soweit ich mich erinnere, wäre das beim Staatsanwalt gewesen.

RI: Bei welcher Staatsanwaltschaft, in welchem Ort?

BF1: In römisch 40 . Das ist eine der 24. Gemeinden von Kinshasa.“ ( S 12f Verhandlungsprotokoll).

Diesbezüglich ergibt sich auch ein Widerspruch in den Angaben des BF1 und der BF2 betreffend den zeitlichen Ablauf. So gab der BF1 an, dass er die Ladung am 08.07.2019 erhalten habe und am 10.07.2029 die Soldaten gekommen seien (S 9 Verhandlungsprotokoll). Die BF2 hingegen führte aus, dass zwischen der Ladung und der Verhaftung drei Tage gelegen haben (S 20 Verhandlungsprotokoll).

Auch erklärte der BF1, dass er Anfang Juli, ca. am 04.07.2019 über einen Kollegen vom verschwundenem Geld erfahren habe (S 10 Verhandlungsprotokoll). Im Widerspruch dazu führte die BF2 an, dass der BF1 sich erst nach Erhalt der Ladung darüber informiert habe, ob das Problem tatsächlich bestand und von einem Kollegen erfahren habe, dass Geld verschwunden sei (S 22 Verhandlungsprotokoll).

Schließlich erschließt sich für das Bundesverwaltungsgericht auch nicht, warum die BF nach Erhalt der Ladung nicht unverzüglich die Flucht ergriffen haben. Der BF1 antwortete darauf lediglich unsubstantiiert, dass er nicht gewusst habe, wohin er flüchten hätte sollen, was jedoch angesichts seiner letztendlich gelungenen Flucht nicht plausibel ist.

In weiterer Folge gestalten sich auch die Angaben zum Krankenhausaufenthalt des BF1 detailarm:

„RI: Wie kann ich mir das vorstellen, dass Sie als Gefangener im öffentlichen Krankenhaus waren? Hatte das Gefängnis kein eigenes Krankenhaus?

BF1: Mein Fall war besonders gravierend, deshalb wurde ich überstellt.

RI: Warum war Ihr Fall gravierend?

BF1: Aufgrund der Folter, der ich ausgesetzt war. Sie legten mich in Ketten, sodass ich nicht gehen konnte. Meine Beine waren komplett angeschwollen. Auch hatten sie mir mit einer Zange die Zehen gebrochen und gaben mir Nägel zu essen.

RI: Wegen welchen Verletzungen wurden Sie im Krankenhaus behandelt?

BF1: Aufgrund aller Verletzungen.

RI: Welche Verletzungen wurden Ihnen im Krankenhaus diagnostiziert und wegen welchen wurden Sie behandelt?

BF1: Ich hatte Probleme mit Beinen und Zähnen und auch Probleme aufgrund der Schläge.

RI: „Probleme mit Beinen und Zähnen“ – Was meinen Sie damit? Was für Verletzungen hatten Sie?

BF1: Sie müssen sich vorstellen, wenn man Nägel essen muss, dann stecken die Nägel zwischen den Zähnen und dann ist der ganze Mund geschwollen.

RI: Wenn Sie Nägel essen, dann schlucken Sie diese auch.

BF1: Ich musste Sie nicht schlucken, ich habe sie kauen müssen.“ (S 13f Verhandlungsprotokoll).

Diesbezüglich ist auch nicht plausibel, dass der BF1 zum einen anführt, dass er aufgrund der schwere seiner Verletzungen ins öffentliche Krankenhaus gekommen sei, dann aber keine genauen Diagnosen anführen konnte und allgemein von Problemen mit Beinen und Zähnen sprach, die wohl auch im Gefängniskrankenhaus in den Griff zu kriegen gewesen sein müssten.

Ebenso oberflächlich gestalteten sich dann die Schilderungen des BF1 zu seiner Flucht, welche ihm aufgrund der großen Auswirkungen auf sein weiteres Leben wohl eindrücklich in Erinnerung geblieben sein müsste:

„Rl: Wie ist lhnen die Flucht aus dem Krankenhaus gelungen?

BF1: lch habe dem Arzt von meinem Problem erzählt und er fragte mich, ob ich Kontakt zu

meiner Familie oder einem Freund haben würde. lch gab dem Arzt daraufhin die Nummer von

einem Freund und so wurde meine Flucht aus dem Krankenhaus organsiert.

Rl: Wie wurde lhre Flucht organisiert?

BF1: Das weiß ich nicht

Rl: Sie sind ja geflüchtet, also müssen Sie auch wissen, wie Sie geflüchtet sind. Wie flüchtet

man aus einem Krankenhaus?

BF1: Sie brachten mich heimlich aus dem Krankenhaus und haben mich geschminkt, damit

mich niemand erkennt.

Rl: Wer ist,,sie"? Wohin hat man sie gebracht und wo hat man sie geschminkt?

BF1: Der Arzt hat mich im Krankenzimmer geschminkt. Er hatte auch organisiert, wie ich das

Krankenhaus verlassen kann und so habe ich es dann auch verlassen. Mein Freund war dort

und hat mich mitgenommen.

Rl: Wo war lhr Freund?

BF1: Draußen.

Rl: Wie soll ich mir die Schminke vorstellen?

BF1: Sie haben mich geschminkt wie eine Frau.“ (S 14f Verhandlungsprotokoll).

Schlussendlich ist auch nicht nachvollziehbar, dass der BF1 und die BF2 in solch einer Situation, auch nach der Flucht aus dem Krankenhaus, sich zu keinem Zeitpunkt betreffend das Schicksal ihrer Kinder informiert hätten (S 15f Verhandlungsprotokoll). Die BF2 gab zum Schicksal ihrer vier und fünf Jahre alten Kinder nur an: „lch war ja im Krankenhaus und dachte, dass wir sie eines Tages wiederfinden würden. Wir haben sie jedoch nicht mehr wiedergefunden.“ (S 25 Verhandlungsprotokoll).

Der Vollständigkeit halber wird noch darauf hingewiesen, dass sich die fluchtauslösenden Ereignisse laut Angaben des BF1 und der BF2 im Juli 2019 zugetragen haben sollen und zwar noch unter dem ehemaligen Präsidenten der DR Kongo, Joseph Kabila, welcher jedoch seit Jänner 2019 schon nicht mehr im Amt ist.

Für die BF3, BF4 und BF5 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher zu dem Schluss, dass es den BF nicht gelungen ist, eine konkrete, gegen ihre Person gerichtete Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, der auch Asylrelevanz zukommt.

2.4. Zu den Länderfeststellungen:

Zur Plausibilität und Seriosität der herangezogenen Länderinformationen zur Lage im Die unter Punkt 1.3. getroffenen Feststellungen zur Lage in der DR Kongo basieren auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 29.06.2022; zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die BF traten diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland in der mündlichen Verhandlung auch nicht substantiiert entgegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt römisch eins. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Absch. A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.

Im Sinne des Artikel eins, Absch. A Ziffer 2, GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furch nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie in der Beweiswürdigung ausführlich dargestellt, konnten die BF keine Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Absch. A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) glaubhaft machen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl sind daher nicht gegeben. Aus diesem Grund waren die Beschwerden gegen Spruchpunkt römisch eins. der angefochtenen Bescheide gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt römisch II. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Artikel 3, EMRK verstoßenden Behandlung droht vergleiche VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3, EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Artikel 3, EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen vergleiche VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Den BF droht in der DR Kongo - wie oben bereits dargelegt wurde - keine asylrelevante Verfolgung.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass eine Rückkehr in gewisse Landesteile (z.B. Nord und Süd-Kivu) zu einer lebensbedrohlichen Situation führen kann, da einige Provinzen des Landes unter gewalttätigen Auseinandersetzungen zu leiden haben; dies gilt aber nicht für Kinshasa, den Heimatort der BF.

Dafür, dass den BF im Falle einer Rückkehr in die DR Kongo die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3, EMRK überschritten wäre, gibt es im vorliegenden Beschwerdefall zudem keinen Anhaltspunkt. Der BF1 und die BF2 sind arbeitsfähig. Sie verfügen über Schulbildung sowie Berufserfahrung. Es ist davon auszugehen, dass die BF dazu in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt in der DR Kongo durch eigene Arbeitsleistung erneut sicherzustellen. Auch verfügen die BF noch über Familienangehörige und somit über ein familiäres Netz. Selbst wenn aktuell kein Kontakt besteht, könnte dieser eventuell bei einer Rückkehr reaktiviert werden und könnten sie gegebenenfalls Unterstützung finden. Sollte sie widererwartend nicht auf ein familiäres Netzwerk zurückgreifen können, dann ergibt sich aus dem Länderinformationsblatt, dass die OFII, die Organisation Française de l’Immigration et de l’Intégration, eine staatliche Einrichtung Frankreichs in vielen (vorwiegend frankophonen afrikanischen) Staaten, wie der DR Kongo, Büros zur Reintegration von Rückkehrenden aus Frankreich betreibt. Seit September 2018 können französische Reintegrationsbüros auch für Rückkehrende aus Österreich mitgenutzt werden. Daneben bieten auch karitative Einrichtungen Hilfe an und steht es ihm frei, gegebenenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen.

Damit sind die BF durch die Abschiebung in die DR Kongo nicht in ihrem Recht gemäß Artikel 3, EMRK verletzt, weil die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz im konkreten Fall gedeckt werden können. Dass sie allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in der DR Kongo besser gestellt sind, genügt nicht für die Annahme, sie würden in der DR Kongo keine Lebensgrundlage vorfinden und somit ihre Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Ganz allgemein besteht in der DR Kongo derzeit keine solche Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPEMRK) ausgesetzt wäre. Es kann festgestellt werden, dass auch eine in die DR Kongo zurückgeführte Person, die in keinem privaten Verband soziale Sicherheit findet, keiner lebensbedrohlichen Situation überantwortet wird. Sie kann ihre existenziellen Grundbedürfnisse aus selbstständiger Arbeit sichern, insbesondere dann, wenn Rückkehrhilfe angeboten wird. Im Verfahren sind auch keine Umstände bekannt geworden und ergeben sich auch nicht aus dem amtliches Wissen darstellenden Länderinformationsblatt für die DR Kongo, die nahelegen würden, dass bezogen auf den BF ein reales Risiko einer gegen Artikel 2, oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

In Bezug auf die seitens des BF1 im Verfahren geltend gemachte Gesundheitsbeeinträchtigung in Gestalt von Fuß- und Zahnproblemen sowie einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist zu betonen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch im Hinblick auf eine mögliche Verletzung von Artikel 3, EMRK ein Fremder im Allgemeinen kein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und der Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Artikel 3, EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt vergleiche VwGH 15.06.2021, Ra 2021/19/0071, mwN und unter Hinweis auf EGMR 13.12.2016, Paposhvili/Belgien, 41738/10).

Hinsichtlich schwerer Erkrankungen hat der EGMR jüngst im Urteil (der Großen Kammer) vom 07.12.2021, Savran/Dänemark, 57467/15, neuerlich (unter Hinweis auf EGMR [Große Kammer] 13.12.2016, Paposhvili/Belgien, 41738/10) betont, dass es Sache des Fremden ist, Beweise vorzulegen, die zeigen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, er würde im Fall der Durchführung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einem realen Risiko einer gegen Artikel 3, EMRK verstoßenden Behandlung unterzogen. Erst wenn solche Beweise erbracht werden, ist es Sache der Behörden des ausweisenden Staats, im Zuge der innerstaatlichen Verfahren jeden dadurch aufgeworfenen Zweifel zu zerstreuen und die behauptete Gefahr einer genauen Prüfung zu unterziehen, im Zuge derer die Behörden im ausweisenden Staat die vorhersehbaren Konsequenzen der Ausweisung auf die betroffene Person im Empfangsstaat im Lichte der dort herrschenden allgemeinen Lage und der persönlichen Umstände des Betroffenen erwägen müssen. Die Verpflichtungen des ausweisenden Staats zur näheren Prüfung werden somit erst dann ausgelöst, wenn die oben genannte (hohe) Schwelle überwunden wurde und infolge dessen der Anwendungsbereich des Artikel 3, EMRK eröffnet ist (Rn. 135; vom EGMR in der Rn. 140 auch als "Schwellentest" ["threshold test"] bezeichnet, der bestanden werden muss, damit die weiteren Fragen, wie etwa nach der Verfügbarkeit und Zugänglichkeit einer angemessenen Behandlung, Relevanz erlangen) vergleiche VwGH 06.05.2022, Ra 2022/20/0108, mwN).

Umstände, welche die Annahme rechtfertigen würden, dass im Falle einer Rückkehr des BF1 in die DR Kongo in Anbetracht seiner Fuß- und Zahnproblemen sowie einer Posttraumatischen Belastungsstörung die (hohe) Eingriffsschwelle, bei deren Überschreitung im Lichte der Judikatur des EGMR von einer Verletzung des Artikel 3, EMRK ausgegangen werden kann, fallgegenständlich überschritten wäre (zur "Schwelle" des Artikel 3, EMRK vergleiche VwGH 16.07.2003, 2003/01/0059), wurden zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens substantiiert dargelegt und sind auch nicht hervorgekommen. Die medizinische Grundversorgung ist insbesondere in Kinshasa, dem Herkunftsort des BF1 gewährleistet und wurden im Verfahren auch keine substantiierten Gründe dargelegt, weswegen der BF1 dort künftig keinen Zugang zu etwaiger notwendiger Behandlung vorfinden wird können, wobei im Hinblick auf eine mögliche Verletzung von Artikel 3, EMRK ein Fremder im Allgemeinen auch kein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, sofern der Betroffene Zugang zur notwendigen Behandlung hat vergleiche VwGH 15.06.2021, Ra 2021/19/0071, mwN und unter Hinweis auf EGMR 13.12.2016, Paposhvili/Belgien, 41738/10).

Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes römisch II. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG abzuweisen waren.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch III. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß Paragraph 58, Absatz eins, AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird (Ziffer 2,). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8, EMRK) von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird. Das Bundesamt hat über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraphen 55 und 57 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen (Paragraph 58, Absatz 3, AsylG 2005). Auch wenn der Gesetzgeber das Bundesamt im Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung zur Prüfung und spruchmäßigen Erledigung der Voraussetzungen der Paragraphen 55 und 57 AsylG 2005 von Amts wegen, dh auch ohne dahingehenden Antrag des BF, verpflichtet, ist die Frage der Erteilung eines solchen Titels auch ohne vorhergehenden Antrag im Beschwerdeverfahren gegen den negativen Bescheid durchsetzbar und daher Gegenstand der Sachentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vergleiche VwGH 28.01.2015, Ra 2014/20/0121).

Indizien dafür, dass die BF einen Sachverhalt verwirklicht haben, bei dem ihnen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt der BF seit mindestens einem Jahr im Sinne des Paragraph 46, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer eins a, FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch sind die BF Opfer von Gewalt im Sinne des Paragraph 57, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerden waren daher auch hinsichtlich des Spruchpunktes römisch III. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 57, AsylG abzuweisen.

3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz (dem AsylG) mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird.

Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Gemäß Paragraph 9, Absatz eins, BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere die in Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich das BFA zutreffend auf Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG gestützt.

Zu prüfen ist daher, ob die vom BFA verfügten Rückkehrentscheidungen mit Artikel 8, EMRK vereinbar sind, weil sie nur dann zulässig wären und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach Paragraph 55, AsylG überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Artikel 8, EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben:

Die vorliegenden Asylverfahren erreichten, gerechnet von der Antragstellung am 27.10.2022 bzw. 20.01.2023 zwar eine gewisse, auch auf Verzögerungen zurückgehende Dauer. Der fast zwei Jahre andauernde Aufenthalt der BF beruhte dessen ungeachtet auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb diese während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich ohnehin nicht darauf vertrauen durfte, dass sie sich in Österreich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen können.

Wie bereits unter den Feststellungen konstatiert wurde, haben die BF, abgesehen von einander, keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen in Österreich. Sie sind alle fünf von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen unzulässigen Eingriff in das Recht der BF auf Schutz des Familienlebens.

Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben der BF. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt vergleiche dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Unter Berücksichtigung der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche etwa Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479 zu einem dreijährigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder auch Erkenntnis vom 15.12.2015, Ra 2015/19/0247 zu einem zweijährigem Aufenthalt in Verbindung mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war), des Verfassungsgerichtshofes (29.11.2007, B 1958/07-9, wonach im Fall eines sich seit zwei Jahren im Bundesgebiet aufhältigen Berufungswerbers die Behandlung der Beschwerde wegen Verletzung des Artikel 8, EMRK abgelehnt wurde; ebenso 26.04.2010, U 493/10-5 im Falle eines fünfjährigen Aufenthaltes) und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (siehe etwa EGMR, 08.04.2008, Nnyanzi v. UK, 21878/06) muss angesichts der kurzen Dauer des Inlandsaufenthaltes von zwei Jahren davon ausgegangen werden, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthaltes der BF das Interesse an der Achtung ihres Privatlebens überwiegt. Es wird nicht verkannt, dass der BF1 und die BF2 Deutschkurse besucht sowie Bekanntschaften geschlossen haben, der BF1 als Schülerlotse tätig ist und die BF3 den Kindergarten besucht, eine nachhaltige Aufenthaltsverfestigung ist angesichts der Aufenthaltsdauer aber nicht gegeben und haben die BF bis dato keine Deutschprüfung positiv bestanden oder sich beruflich integriert.

Angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer der BF, ihrer fehlenden Integration sowie des Umstandes, dass sie in Österreich, abgesehen von jenem untereinander, kein iSd Artikel 8, EMRK geschütztes Familienleben führen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihre privaten Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen.

Es sind - unter der Schwelle des Artikel 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach Paragraph 9, BFA-VG miteinzubeziehen vergleiche dazu VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt jedoch im Fall der BF nicht vor.

Da die BF gemeinsam von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind, ist eine gemeinsame Rückkehr in die DR Kongo und die gegenseitige Unterstützung, vor allem der minderjährigen BF3, BF4 und BF5 möglich. Darüber hinaus wird es den BF möglich sein, auf ihre familiären Anknüpfungspunkte in der DR Kongo zurückzugreifen und dabei die erforderliche Unterstützung zur Reintegration zu erhalten.

Was die minderjährige BF3, BF4 und BF5 betrifft, ist anzumerken, dass sie für diese der Übergang zu einem Leben im Herkunftsstaat nicht mit unzumutbaren Härten verbunden wäre, zumal sie noch sehr jung und seitens des BF1 und der BF2 und eventuell deren Familie bei einer Rückkehr Unterstützung erfahren würden.

In Anbetracht der gemeinsamen Rückkehr im Familienverband kann auch davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Anwesenheit sämtlicher Bezugspersonen und aufgrund der noch begrenzen Einsichtsfähigkeit als Kleinkind keine das Kindeswohl beeinträchtigende Entwurzelung eintritt (VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162). Die BF3, BF4 und BF5 würden gemeinsam mit ihren einzigen Bezugspersonen, dem BF1 und der BF2 in die DR Republik zurückkehren.

Dem allenfalls bestehenden Interesse der BF an einem Verbleib in Österreich (bzw. Europa) stehen öffentliche Interessen gegenüber. Ihnen steht das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass das geltende Migrationsrecht auch vollzogen wird, indem Personen, die ohne Aufenthaltstitel aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Bei einer Gesamtbetrachtung wiegt unter diesen Umständen das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Artikel 8, Absatz 2, EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt vergleiche zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086), schwerer als die privaten Interessen der BF am Verbleib in Österreich.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung kann daher nicht im Sinne von Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG als unzulässig angesehen werden, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Paragraph 55, AsylG nicht in Betracht kommt.

Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG und Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (z.B. vorübergehend nach Artikel 8, EMRK, vergleiche Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Die BF verfügen auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht.

Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes römisch III. der angefochtenen Bescheide gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG und Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG abzuweisen waren.

3.5. Zum Ausspruch, dass die Abschiebung in die DR Kongo zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf. der angefochtenen Bescheide):

Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß Paragraph 50, Absatz eins, FPG unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 EMRK oder deren 6. Bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß Paragraph 50, Absatz 2, FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß Paragraph 50, Absatz eins, FPG unzulässig wäre.

Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach Paragraph 8, Absatz eins, AsylG (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach Paragraph 52, Absatz 9, FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach Paragraph 52, Absatz 9, FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen vergleiche dazu etwa VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119 und auch die Beschlüsse VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005, 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 - 0062, und 06.11.2018, Ra 2018/01/0106).

Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des Paragraph 50, Absatz 2, FPG, da den BF keine Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen.

Die in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen der Zulässigkeit der Abschiebung in die DR Kongo erfolgte daher zu Recht. Die Beschwerden erweisen sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes römisch fünf. der angefochtenen Bescheide gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz 9, FPG abzuweisen waren.

3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt römisch VI. der angefochtenen Bescheide):

Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Die BF führten weder im Verfahren vor dem BFA noch im Beschwerdeverfahren besondere Umstände im Hinblick auf einen Regelungsbedarf ihrer persönlichen Verhältnisse ins Treffen, die dem Ausspruch einer Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides entgegenstünden. Solche sind auch amtswegig nicht hervorgetreten. Es ist daher für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen festzulegen. Insofern waren die Beschwerden auch gegen Spruchpunkt römisch VI. als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), Bundesgesetzblatt Nr. 10 aus 1985, idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2024:I405.2290489.1.00