Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

19.06.2024

Geschäftszahl

L532 2162363-2

Spruch


L532 2162363-2/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WILD-NAHODIL als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. am römisch 40 , Staatsangehörigkeit Irak, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.03.2024, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang

1. Vorverfahren:

1.1. Der Beschwerdeführer („BF“), ein irakischer Staatsangehöriger, stellte nach nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am 17.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz (eingebracht am 18.07.2015).

1.2. Der Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der BF vom IS verfolgt werde, weil er für die irakische Regierung gearbeitet habe. Konkret sei er Angestellter einer höheren Wahlkommission in seinem letzten Aufenthalts- bzw. Wohnort Mossul gewesen. Der IS würde gezielt nach ihm fanden und habe schon sein ganzes Vermögen im Irak beschlagnahmt. Im Rückkehrfall würde er Gefahr laufen, umgebracht zu werden.

1.3. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl („BFA“) vom 31.05.2017, Zl. römisch 40 , bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt und wider ihn gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG in den Irak zulässig sei. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde die Frist für seine freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

1.4. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht („BVwG“) mit Erkenntnis vom 14.04.2021, L503 2162363-1/15E, nach Durchführung einer öffentlich-mündlichen Verhandlung am 01.03.2021 als unbegründet abgewiesen, im Wesentlichen mit der Begründung, dem BF sei die Glaubhaftmachung seiner Fluchtgründe nicht gelungen sowie eine sonstige aktuelle Rückkehrbefürchtung infolge von Widersprüchen und Unplausibilitäten nicht hervorgetreten. Ebenso wenig müsse der BF damit rechnen, dass ihm im Rückkehrfall mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Anhängerschaft bzw. Unterstützung des IS oder ein sonstiges Naheverhältnis zum IS unterstellt werde. Anhaltspunkte für eine generelle Gruppenverfolgung von Sunniten im Irak seien nicht hervorgekommen. Die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage im Irak bzw. in der engeren Heimatregion des BF (Provinz: Ninawa [Distrikt: Mossul]) lasse keine für die Zuerkennung von subsidiärem Schutz relevante Gefährdungssituation erkennen. Ein relevantes, die öffentlichen Interessen übersteigendes Privat- und Familienleben des BF in Österreich würde ebenso wenig vorliegen.

Die Entscheidung erwuchs am 07.10.2021 in Rechtskraft.

1.5. Der BF kam in weiterer Folge der Ausreiseverpflichtung widerrechtlich nicht nach und verblieb nach der Entscheidung des BVwG rechtswidrig im Bundesgebiet.

2. Gegenständliches Verfahren:

2.1. Am 06.11.2023 brachte der BF den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß Paragraph 56, Absatz eins, AsylG beim BFA ein.

Der BF schloss seinem Antrag nachstehende Unterlagen an:

-             VfGH-Beschluss vom 07.10.2021, Zl. E 2127/2021-10, über die Ablehnung der Behandlung der vom BF gegen die Entscheidung des BVwG vom 14.04.2021 (siehe Pkt. 1.4.) erhobenen Beschwerde;

-             Meldeauskunft aus dem ZMR (datiert mit 07.02.2022);

-             Krankenversicherungsbeleg für grundversorgte Personen (datiert mit 03.10.2017);

-             irakischer Zivilregisterauszug (samt beglaubigter Übersetzung aus der arabischen Sprache);

-             Bescheid des AMS vom 17.04.2023 über die Abweisung eines Antrags des BF auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die Tätigkeit als Hilfskraft, Reinigung, Abwascher;

-             Empfehlungsschreiben von römisch 40 und römisch 40 (datiert mit 27.02.2021);

-             Empfehlungsschreiben von römisch 40 (undatiert);

-             Empfehlungsschreiben von römisch 40 (undatiert);

-             Einstellungszusage und „Arbeitsvorvertrag“ der Fa. „ römisch 40 GmbH“ (datiert mit 12.02.2021 und 24.02.2021);

-             A2-ÖSD-Zertifikat (datiert mit 20.03.2021);

-             „Arbeitsvortrag“ der Fa. „ römisch 40 ges. m. b. H. (datiert mit 10.12.2021; vom BF nicht unterschrieben);

-             „Arbeitsvorvertrag“ der Fa. „ römisch 40 e. U.“ (datiert mit 12.12.2021; vom BF nicht unterschrieben);

-             Abrechnungen römisch 40 ;

-             Versicherungsdatenauszug (datiert mit 09.11.2021);

-             Mietvertrag (datiert mit 28.01.2022);

-             Vollmacht für Verfahren nach dem NAG (datiert mit 06.11.2023);

-             irakischer Personalausweis (in Kopie);

-             irakischer Dienstausweis (in Kopie);

-             irakischer Führerschein (in Kopie);

-             irakischer Familienbuchauszug (in Kopie);

-             irakischer Staatsbürgerschaftsnachweis (in Kopie);

-             Datenseite eines am 03.08.2017 abgelaufenen irakischen Reisepasses (in Kopie).

2.2. Mit dem BF nachweislich am 19.01.2024 zugestellten Schreiben vom 11.01.2024 wurde dem BF ein Verbesserungsauftrag erteilt. Konkret wurde der BF seitens des BFA aufgefordert, ein gültiges Reisedokument und eine Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (jeweils im Original und in Kopie) binnen zwei Wochen vorzulegen. Der BF wurde zudem über die Möglichkeit eines Antrages auf Mängelheilung gemäß Paragraph 4, Absatz eins, AsylG-DV sowie gegebenenfalls über die mögliche Zurückweisung seines Antrages mangels Mitwirkung im Verfahren belehrt. Darüber hinaus bemängelte das BFA das Fehlen von Nachweisen bezüglich allgemeiner Erteilungsvoraussetzungen gemäß Paragraph 60, Absatz 2, Ziffer eins, - 3 AsylG für einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 56, Absatz eins, AsylG, namentlich in Bezug auf einen aufrechten Krankenversicherungsschutz und gesicherten Lebensunterhalt des BF in Österreich.

2.3. Mit dem BF am 19.02.2024 zugestellten Schreiben vom 16.02.2024 wurde der BF - nachdem zuvor eine Reaktion bzw. Replik auf den Verbesserungsauftrag des BFA vom 11.01.2024 seinerseits ausgeblieben war - zur Einvernahme vor dem BFA geladen. Dabei wurde er auch darauf hingewiesen, sämtliche, in seinem Besitz befindlichen Personendokumente, insbesondere seinen Reisepass, mitzubringen.

2.4. Am 26.02.2024 wurde der BF vor dem BFA niederschriftlich einvernommen. Die Einvernahme gestaltete sich wie folgt:

„[…]

LA: Der anwesende Dolmetscher ist als Dolmetsch für die Sprache Arabisch bestellt und beeidet worden. Sind Sie dieser Sprache mächtig und damit einverstanden in dieser Sprache einvernommen zu werden?

VP: Ja. Ich kann ihn gut verstehen.

LA: Können wir die Einvernahme in der deutschen Sprache durchführen?

VP: Nein, nur ein bisschen, ich verlange die Durchführung mit dem Dolmetscher. Anmerkung: Die Verfahrenspartei (VP) spricht und versteht marginal Deutsch, daher wird die Einvernahme zur Vermeidung von etwaigen Missverständnissen mit dem Dolmetscher durchgeführt.

Ich werde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ich im Fall von Verständigungsschwierigkeiten jederzeit rückfragen kann. Mir wird eine kurze Darstellung des bisherigen Ablaufs des Verfahrens gegeben und Grund und Ablauf der nunmehrigen Einvernahme mitgeteilt.

LA: Fühlen Sie sich körperlich und geistig in der Lage Angaben zu Ihrem Verfahren

zu machen?

VP: Ja.

LA: Wie geht es Ihnen? Sind Sie gesund? Nehmen Sie Medikamente?

VP: Ich bin gesund und nehme keine Medikamente ein.

LA: Werden Sie im gegenständlichen Verfahren rechtlich vertreten?

VP: Nein.

LA: Ihre vorgelegte Vollmacht entspricht nicht den formalen Voraussetzungen im gegenständlichen Verfahren.

VP: Ich werde nicht vertreten.

Auf die Folgen einer wahrheitswidrigen Aussage und der damit verbundene allenfalls für mich nachteilige Ausgang des laufenden Verfahrens werde ich hingewiesen. Ich werde darüber aufgeklärt, dass von der Behörde der Erstantrag vom 06.11.2023, auf einen Aufenthaltstitel gem. Paragraph 56, AsylG – Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen geprüft wird. Im Falle einer negativen Entscheidung hat das Bundesamt gemäß Paragraph 52, Absatz eins, Ziffer eins, FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

LA: Zur Information, Anträge auf einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraphen 55 bis 57 AsylG begründen kein Aufenthalts- und Bleiberecht im Bundesgebiet, das bedeutet, dass unrechtmäßig aufhältige Personen weithin unrechtmäßig im Bundesgebiet sind.

Haben Sie das gewusst?

VP: Das wusste ich nicht.

LA: Ich weise Sie darauf hin, dass Sie im Zuge Ihres Verfahrens und der Einvernahme zur Wahrheit verpflichtet sind, dass wissentlich falsche Angaben nach Paragraph 120, Absatz 2, Fremdenpolizeigesetz 2005 eine Verwaltungsübertretung bedeuten würden und mit einer Geldstrafe von 1.000,- bis 5.000,- EURO bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit dieser mit einer Freiheitsstrafe zu bestrafen ist. Des Weiteren belehre ich Sie, dass der unrechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet nach Paragraph 120, Absatz eins a, Fremdenpolizeigesetz 2005 eine Verwaltungsübertretung bedeutet und mit einer Geldstrafe von 500 bis 2500 Euro bzw. im Falle der Uneinbringlichkeit dieser mit einer Freiheitsstrafe zu bestrafen ist. Verstehen Sie

das und ist Ihnen das bewusst?

VP: Ja, aber was sollte ich machen.

LA: Wurde Sie schon jemals wegen illegalen Aufenthalts angezeigt?

VP: Nein.

LA: Sie reisten im Juli 2015 illegal ins Bundesgebiet ein uns sind seitdem mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet. Ihr vorangegangenes Asylverfahren wurden vollinhaltlich negativ mit einer Rückkehrentscheidung abgeschlossen, diese Entscheidung wurde nach einer Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und Revision beim Verwaltungsgerichtshof am 07.10.2021 rechtskräftig abgeschlossen. Am 06.11.2023 brachten Sie den gegenständlichen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Paragraph 56, AsylG ein. Nehmen Sie Stellung zu Ihrem bisherigen Aufenthalt in Österreich. Sind meine Ausführungen richtig?

VP: Ja, das stimmt alles.

LA: Warum haben Sie den gegenständlichen Antrag gestellt?

VP: Ich hatte keine andere Möglichkeit. Wenn ich in meine Heimat zurückkehren könnte, hätte ich es gemacht.

LA: Wann sind Sie zuletzt in Österreich eingereist?

VP: Im 7. Monat 2015.

LA: Wollen Sie heute Beweismittel vorlegen, die Sie bis jetzt noch nicht vorgelegt haben?

VP: Nein, ich habe bereits alles was ich habe vorgelegt.

LA: Mit Verbesserungsauftrag vom 11.01.2024 wurden Sie aufgefordert diverse Antragsmängel zu beheben, bis dato haben Sie das nicht vollzogen. Was sagen Sie dazu?

VP: Es wurde mir mitgeteilt, dass ich meinen Reisepass vorlegen soll, dieser befindet sich jedoch in meinem Akt.

LA: Sie müssen für den gegenständlichen ein gültiges Reisedokument und Ihre originale Geburtsurkunde vorlegen?

VP: Das Original meiner Geburtsurkunde habe ich heut dabei.

LA: Das ist ein Auszug aus dem Zivilregister und keine Geburtsurkunde. Was sagen Sie dazu?

VP: Ein anderes Dokument habe ich nicht.

LA: Haben Sie noch Dokumente im Irak?

VP: Nein, alle sind da.

LA: Was haben Sie bisher unternommen, um sich die erforderlichen Dokumente zu beschaffen?

VP: Mein Reisepass befindet sich wie erwähnt im Akt. Ich kann nicht nach Deutschland fahren, um mir einen Reisepass ausstellen zu lassen.

LA: Sie brauchen für diesen Antrag keinen Reisepass, sondern nur ein gültiges Reisedokument, ein solches können Sie bei der irakischen Botschaft in Wien beantragen.

VP: Das weiß ich nicht.

LA: Warum haben Sie sich trotzt jahrelangen Aufenthalt in Österreich nicht vorher um die Beschaffung Ihrer Dokumente bemüht? Aufgrund der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung hätten Sie bereist selbständig an der Besorgung Ihrer Dokumente mitwirken müssen. Nehmen Sie Stellung dazu!

VP: Ich dachte ich hätte eine Geburtsurkunde.

LA: Haben Sie noch Ihre weiße Karte aus dem Asylverfahren?

VP: Nein.

LA: Warum sind Sie Ihren Ausreiseverpflichtung bisher nicht nachgekommen?

VP: Wie bereits erwähnt, würde ich sterben, wie kann ich dann zurückkehren. Ich bin seit 9 Jahren hier und bin illegal. Nachgefragt, handelt es sich um die Gründe, die ich bereits im Asylverfahren vorgebracht habe. Ich will auch keine neuen Gründe für einen Asylantrag vorbringen und nicht lügen.

LA: Welche Ihrer Angehörigen leben jetzt noch im Irak?

VP: Meine Mutter, ein Bruder und zwei Schwestern, alle sind verheiratet und haben eigene Familien.

LA: Wie geht es Ihren Angehörigen im Irak?

VP: Nachdem mein Vater wegen mir verstarb, ging die Familie in die Brüche.

LA: Wovon leben Ihre Angehörigen dort?

VP: Meine Mutter lebt bei meinen Geschwistern und wird von jenen versorgt. Mein Bruder arbeitet bei einer Hühnerfarm. Meine Schwestern werden von deren Ehemänner versorgt.

LA: Wollen Sie zu den aktuellen Länderfeststellungen zum Irak innerhalb einer Frist von 14 Tagen eine schriftliche Stellungnahem einbringen?

VP: Ja, seit 4 Monaten gibt es Kämpfe zwischen den Amerikanern und Milizen dort.

Anmerkung: Das aktuelle Länderinformationsblatt wird übergeben.

LA: Was hat sich in Ihrem Leben seit der letzten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes ab 07.10.2021 verändert? Was haben Sie zur Integration in Österreich unternommen? Erzählen Sie mir davon?

VP: Ich darf keine Kurse besuchen und lerne zuhause die Sprache. Das A2-Niveau habe ich zuhause erlernt und die Prüfung geschafft.

LA: Gibt es sonst Veränderungen?

VP: Nein.

LA: Wie finanzieren Sie Ihr Leben?

VP: Ich bekomme Geld und Essen von der Caritas. Freunde unterstützen mich auch finanziell bei Bedarf.

LA: Sind Sie in Österreich je einer offiziellen Arbeit nachgegangen?

VP: Nein. Ich habe einen Antrag beim AMS gestellt, dieser wurde jedoch abgewiesen.

LA: Wie kamen Sie zum vorgelegten Arbeitsvertrag?

VP: Ein Freund von mir hat ihn für mich organisiert.

LA: Sind Sie derzeit in Österreich krankenversichert?

VP: Ja, durch die Grundversorgung.

LA: Besitzen Sie eigene Geldmittel?

VP: Nein.

LA: Wo und wie leben Sie derzeit in Österreich?

VP: Ich lebe mit einem Freund zusammen in einer Mietwohnung in römisch 40 . Mein Bekannter ist legal aufhältig, arbeitet und zahlt den Großteil der Kosten.

LA: Haben Sie Angehörige in Österreich?

VP: Nein.

LA: Sind Sie verheiratet, leben Sie in einer partnerschaftlichen Beziehung?

VP: Ich bin ledig und in keiner partnerschaftlichen Beziehung.

LA: Haben Sie sonstige besondere Bindungen zu Österreich?

VP: Nein.

LA: Bestehen Pflegeverhältnisse oder Abhängigkeitsverhältnisse zu Ihrer Person von anderen?

VP: Nein.

LA: Sind Sie Mitglied in einem Verein oder einer Organisation?

VP: Nein. 2016 habe nur Plasma gespendet.

LA: Hatten Sie je Probleme mit der Polizei in Österreich?

VP: Nein.

LA: Wurden Sie im Bundesgebiet je von einem Gericht oder einer Strafbehörde verurteilt?

VP: Nein.

LA: Würden Sie bei einer erneuten negativen Entscheidung freiwillig ausreisen und an Ihrer Außerlandesbringung aktiv mitwirken?

VP: Wenn Sie mich in den Tod schicken wollen, was soll ich machen? Ich würde lieber hier im Gefängnis bleiben als in meine Heimat zurückzukehren.

Anmerkung: Der Antragsteller wird bezüglich einer zwanghaften Abschiebung und den Folgen bei einer Auslandsantragstellung bei einer Vertretungsbehörde im Ausland informiert.

LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzufügen?

VP: Nein, ich habe heute alles gesagt. Ich kenne die Gesetze hier, mein Leben ist in Gefahr.

LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?

VP: Ja.

LA: Verlangen Sie eine schriftliche Ausfertigung der heutigen Niederschrift?

VP: Ja, bitte.

LA: Die Niederschrift wird Ihnen nun vom Dolmetscher wortwörtlich rückübersetzt. Im Zuge dieser Rückübersetzung besteht die Möglichkeit, Berichtigungen oder Ergänzungen vorzunehmen.

VP: In Ordnung.

Anmerkung: Die Niederschrift wird rückübersetzt.

LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?

VP: Ich habe keine Einwände. Es wurde alles richtig protokolliert und mir vollständig übersetzt.

LA: Bestätigen Sie nunmehr durch Ihre Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift, die Übernahme der aktuellen Länderfeststellungen zum Irak aus dem COI-CMS vom 09.10.2023 und die erfolgte Rückübersetzung.

[…]“

2.5. Mit via E-Mail beigebrachter Eingabe vom 29.02.2024 stellte der BF einen Heilungsantrag gemäß Paragraph 4, AsylG-DV. In dem entsprechenden Schriftsatz (datiert mit 27.02.2024) führt der BF im Wesentlichen aus, es sei ihm nicht möglich, ein gültiges Reisedokument oder eine Geburtsurkunde vorzulegen. Die irakische Vertretungsbehörde in Österreich verfüge über kein Passsystem und stelle demgemäß keine Reisedokumente aus. Er müsse sich - um seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nachzukommen - ins Ausland begeben, um bei einer Botschaft vorstellig zu werden, die über die entsprechenden Voraussetzungen zur Ausstellung eines Reisepasses verfügt. Er dürfe Österreich jedoch nicht verlassen, weshalb es ihm nicht möglich sei, die angeführten Dokumente im Verfahren beizubringen.

Gleichzeitig legte er ein Bestätigungsschreiben der irakischen Botschaft in Wien vom 25.09.2023 über die Nichtannahme eines Antrags des BF auf Ausstellung eines irakischen Reisepasses (unter Hinweis auf das nicht vorhandene Reisepassausstellungssystem der irakischen Vertretungsbehörde in Österreich) sowie (in gegenüber der Antragstellung vom 06.11.2023 wiederholender Weise) einen Krankenversicherungsbeleg vom 03.10.2017 vor.

2.6. Mit gegenständlichem, im Spruch näher ersichtlichen Bescheid vom 15.03.2024, wies das BFA den Antrag des BF auf Mängelheilung vom 27.02.2024 gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 8, AsylG-DV ab (Spruchpunkt römisch eins.) und seinen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß Paragraph 56, Absatz eins, AsylG gemäß Paragraph 58, Absatz 11, Ziffer 2, AsylG als unzulässig zurück (Spruchpunkt römisch II.). Gemäß Paragraph 10, Absatz 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde wider den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 3, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt römisch IV.). Gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, Ziffer 3, FPG wurde gegen den BF ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz 4, FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt römisch VI.) und gemäß Paragraph 18, Absatz 2, Ziffer eins, BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch VII.).

Begründend wurde ausgeführt, der BF habe weder ein gültiges Reisedokument noch eine Geburtsurkunde vorgelegt und sei damit seiner Mitwirkungspflicht gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG-DV nicht nachgekommen. Die vom BF vorgelegte Bestätigung der irakischen Botschaft besage lediglich, dass ihm in Österreich kein Reisepass ausgestellt werden könne, impliziere jedoch nicht die Versagung eines aktuell gültigen Ersatzreisedokumentes in Form eines Heimreisezertifikats. Der BF habe weder nachgewiesen noch ausreichend begründet, warum es ihm nicht möglich gewesen wäre, dem BFA ein gültiges Reisedokument und eine originale Geburtsurkunde vorzulegen. Damit sei dem BFA zu keinem Zeitpunkt ein zulässiger Antrag vorgelegen, der eine weitere inhaltliche Bearbeitung möglich gemacht hätte. Eine Interessenabwägung nach Paragraph 9, BFA-VG ergebe ein (deutliches) Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen gegenüber den individuellen Interessen des BF an einem Weiterverbleib in Österreich. Das Einreiseverbot wurde im Wesentlichen mit dem illegalen Verbleib des BF im Bundesgebiet - trotz Bestehens einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung - begründet.

2.6.1. Mit Verfahrensanordnung vom selben Tag wurde dem BF ein Rechtsberater gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG für ein allfälliges Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

2.7. Mit 17.04.2024 erhob der BF, vertreten durch die BBU GmbH, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Im Wesentlichen wurde in der Beschwerde dargelegt, dass im gegenständlichen Fall von keiner mangelnden Mitwirkung des BF ausgegangen werden könne, zumal er sich selbst zur irakischen Botschaft begeben und unter Vorweis zahlreicher Dokumente versucht habe, einen Reisepass zu erlangen. Die den BF treffende Mitwirkungspflicht gehe nicht darüber hinaus, weshalb sein Heilungsantrag nicht hätte abgewiesen werden dürfen. Im Lichte dessen, hätte sein Antrag einer inhaltlichen Prüfung zugeführt werden müssen. Zumal in seinem Fall einerseits die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen gemäß Paragraph 60, AsylG erfüllt seien, andererseits der BF über die erforderliche faktische Aufenthaltsdauer sowie den erforderlichen Grad der Integration im Bundesgebiet verfüge, wäre ihm richtigerweise der begehrte Aufenthaltstitel zu erteilen gewesen. In Bezug auf die Rückkehrentscheidung wurde insbesondere moniert, dass sich die Sicherheits- und Versorgungslage in Bagdad bzw. im Irak mit Blick auf die vorherrschenden innenpolitischen Spannungen und den Einfluss nichtstaatlicher Akteure wesentlich verschlechtert habe, was von der belangten Behörde unzureichend berücksichtigt worden sei. Im Rahmen ihrer Erwägungen zu den für die Verhängung eines Einreiseverbots sprechenden Gründen habe die belangte Behörde keine Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des BF vorgenommen und die von ihm vermeintlich ausgehende Gefährdung nicht im erforderlichen Ausmaß geprüft.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich im Wesentlichen aus dem Verfahrensgang zu Pkt. römisch eins.2. des vorliegenden Erkenntnisses, welcher im oben beschriebenen Umfang zum hier entscheidungswesentlichen Sachverhalt (insbesondere unter Pkt. 1.6.2.) erhoben wird, und stellen die nachstehend getroffenen Feststellungen Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar:

1.1. Die Identität des BF steht fest: er führt den Namen römisch 40 , wurde am römisch 40 in Erbil im gleichnamigen Gouvernement geboren und ist Staatsangehöriger des Irak. Der BF ist Moslem sunnitischer Glaubensprägung, ledig sowie kinderlos und gehört der Volksgruppe der Araber an. Er ist gesund und steht nicht in medizinischer Behandlung.

Der BF lebte bis zur Ausreise im Juli 2015 in Mossul (Provinz: Ninawa). Dort besuchte er zwölf Jahre lang die Schule und erlangte einen Abschluss. Anschließend studierte er vier Jahre lang Geologie an der Universität Mossul und erwarb im Jahr 2007 den akademischen Grad eines Bachelors. Danach versuchte der BF, durch Stellung von insgesamt drei Asylanträgen im Jahr 2008 - konkret in Italien, Deutschland und Finnland - einen Aufenthaltstitel in einem europäischen Staat zu erlangen, um dort seine Ausbildung fortzusetzen. Nach seiner Zurückschiebung aus Finnland nach Italien kehrte der BF nach Mossul zurück. Danach war er zunächst als Inhaber eines Geschäfts (Großhandel für Lebensmittel) sowie ab 2011 als Autohändler tätig. Zuletzt arbeitete der BF als Angestellter bei der höheren Wahlkommission.

1.2. Im Irak halten sich die Mutter, ein Bruder sowie zwei Schwestern des BF auf. Der Vater des BF ist im Jahr 2018 verstorben. Die Mutter des BF erhält finanzielle Unterstützung von seinen im Irak lebenden Geschwistern. Die Geschwister leben mit jeweils angeheirateten Gatten bzw. Gattinnen in eigenen Haushalts- bzw. Familienverbänden.

1.3. Der BF hatte vor seiner Ausreise keine Nachteile aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seines Religionsbekenntnisses, seines politischen Hintergrundes oder seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe zu gewärtigen.

1.4. Vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat war der BF auch keiner individuellen Gefährdung oder psychischen und/oder physischen Gewalt durch staatliche Organe oder Privatpersonen ausgesetzt. Dem BF droht im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat nicht die Todesstrafe. Ihm droht auch keine anderweitige individuelle Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf eine drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie bewaffneten Auseinandersetzungen oder terroristische Anschläge in seiner Herkunftsregion.

Er verließ seinen Herkunftsstaat im Juli 2015 illegal und reiste schlepperunterstützt spätestens am 17.07.2015 in das Bundesgebiet ein.

Der BF wird im Falle einer Rückkehr in seine Herkunftsregion (bzw. einer Rückkehr in den Irak im Allgemeinen) keiner individuellen Gefährdung oder psychischen und/oder physischen Gewalt und auch keiner anderweitigen asylrelevanten Bedrohung ausgesetzt sein. Der BF wurde nicht von Privatpersonen oder staatlichen Organen mit dem Umbringen oder dem Eintreten anderer (schutzrelevanter) Nachteile bedroht. Im Fall einer Rückkehr wird er wiederum in den Familienverband integriert werden. Im Übrigen wird der BF im Stande sein, selbst für seinen Lebensunterhalt Sorge zu tragen.

Die Stadt Mossul ist über den Flughafen Erbil und anschließend die Schnellstraße 2 (via Kalak und Bartella) bzw. über die Ausweichroute Richtung Machmur und die Schnellstraße 80 oder über den Flughafen Bagdad und anschließend die Schnellstraße 1 (via Samarra, Tikrit und Baid-schi) erreichbar.

1.5. Der BF ist in die Gesellschaft seines Herkunftsstaates integriert. Der BF wird im Stande sein, seinen Lebensunterhalt durch Erwerbsarbeit zu finanzieren und dadurch seine grundlegenden Bedürfnisse zu befriedigen.

1.6.1. Am 18.07.2015 stellte der BF im Bundesgebiet einen Antrag auf internationalen Schutz. Das BFA wies diesen Antrag mit Bescheid vom 31.05.2017 ab, erteilte dem BF ferner keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ wider ihn eine Rückkehrentscheidung, erklärte seine Abschiebung in den Irak für zulässig und gewährte eine 14-tägige Frist zur freiwilligen Ausreise.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 01.03.2021 mit Erkenntnis des BVwG vom 14.04.2021, samt (wesentlichen) Nebenaussprüchen, dass wider den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung in den Irak für zulässig erklärt werde, vollinhaltlich abgewiesen. Die Entscheidung des BVwG erwuchs am 07.10.2021 in Rechtskraft.

1.6.2. Der BF entsprach im Folgenden seiner gesetzlichen Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebiets nicht und stellte am 06.11.2023 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen gemäß Paragraph 56, Absatz eins, AsylG.

Ein gültiges Reisedokument sowie eine Geburtsurkunde im Original brachte der BF - ungeachtet mehrmaliger, dahingehender Manuduktion durch die belangte Behörde - nicht in Vorlage. Abgesehen davon, dass der BF persönlich am 25.09.2023 bei der irakischen Botschaft in Wien vorstellig wurde und die Ausstellung eines Reisepasses beantragte, hat der BF keine Bemühungen unternommen, um in den Besitz eines gültigen, irakischen Reisedokumentes, insbesondere in Form eines Ersatzreisedokumentes („Heimreisezertifikat“) oder eines Notreisepasses zu gelangen. Dem Vorbringen des BF sowie der vorgelegten Bestätigung der irakischen Vertretungsbehörde in Österreich ist auch nicht zu entnehmen, dass ihm die Beschaffung eines gültigen (Ersatz-)Reisedokumentes bzw. eines Notreisepasses nicht möglich oder zumutbar (gewesen) wäre. Der BF stellte einen Antrag, die Heilung des beschriebenen Mangels (Nichtvorlage eines gültigen Reisedokuments) zuzulassen.

1.7. Der BF hält sich (spätestens) seit 17.07.2015, sohin rund acht Jahren und zehn Monaten in Österreich auf. Er reiste rechtswidrig in Österreich ein und verfügte - abgesehen von dem vorläufigen Aufenthaltsrecht als Asylwerber bis zum rechtskräftigen Abschluss seines Asylverfahrens zum 07.10.2021 - über keinen (anderen) Aufenthaltstitel. Trotz der ihn aufgrund des Erkenntnisses des BVwG vom 14.04.2021 spätestens seit 22.10.2021 treffenden Ausreiseverpflichtung hat der BF das Bundesgebiet bis dato nicht verlassen.

Der BF war zu keinem Zeitpunkt in Österreich erwerbstätig und bezieht seit seiner Einreise in Österreich im Juli 2015 Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber und verfügt in diesem Rahmen über einen aufrechten Krankversicherungsschutz. Der BF weist (formlos als „Arbeitsvorverträge“ betitelte) Einstellungszusagen vor und bemühte sich (erfolglos) um Beschäftigungsbewilligungen beim AMS. Eine maßgebliche Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt wurde dadurch nicht verwirklicht.

Der BF pflegt soziale Bekanntschaften in Österreich. Über Angehörige in Österreich und in anderen Mitgliedstaaten der EU verfügt der BF nicht. Er wohnt gemeinsam mit einem in Österreich zum Aufenthalt berechtigten Fremden in einer Mietwohnung in römisch 40 . Abhängigkeitsverhältnisse wurden diesbezüglich seitens des BF nicht vorgebracht. Verfestigte soziale oder freundschaftliche Bindungen zu in Österreich lebenden Personen können nicht festgestellt werden. Der BF legte im Antragsverfahren mehrere Empfehlungsschreiben vor.

Der BF unterstützte in der Vergangenheit einmal wöchentlich eine Einrichtung, in der für Bedürftige gekocht wird. Er beteiligte sich zweimal freiwillig an der Reinigung der römisch 40 und half auch beim Marathon in römisch 40 mit, indem er den Teilnehmern Trinkwasser überreichte. Während der Coronavirus-Pandemie ging er für einige Personen einkaufen. Er verfügt über einen Plasmaspender-Ausweis. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der BF aktuell in einem Verein bzw. einer sonstigen Organisation oder anderweitig ehrenamtlich engagiert.

Der BF hat am 20.03.2021 die Integrationsprüfung des ÖSD bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz (Niveau: A2) und zu Werte- und Orientierungswissen erfolgreich absolviert.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

1.8. Mit Strafverfügung der LPD römisch 40 vom 15.09.2023, Zl. VStV/ römisch 40 /2023, wurde der BF nach Paragraph 120, Absatz eins a, in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz 8, FPG bestraft und über ihn eine Geldstrafe von € 500,00 verhängt.

Der BF ist nicht gewillt, österreichische aufenthalts- und fremdenrechtliche Bestimmungen einzuhalten.

Sein Aufenthalt in Österreich läuft den Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Verhinderung von strafbaren Handlungen (insbesondere im Bereich des Aufenthaltsrechtes) zuwider bzw. stellt eine erhebliche Gefährdung derselben dar.

1.9. Zur Lage im Irak wird auf das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zum Irak (Version 7, Gesamtaktualisierung am 09.10.2023) verwiesen, in welchem eine Vielzahl von Berichten diverser allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt werden. Das LIB der Staatendokumentation zum Irak wurde bereits mit dem Bescheid des BFA vom 15.03.2024 in das Verfahren eingebracht (siehe Bescheid, Sitzung 12ff.). Hinsichtlich der Lage im Irak sind seither keine maßgeblichen Änderungen eingetreten.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des BFA sowie Einholung aktueller Auszüge aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister, dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister und dem Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich. Weiters wurde das Länderinformationsblatt Irak (Version 7, Gesamtaktualisierung am 09.10.2023) herangezogen. Darüber hinaus erfolgte eine Einsichtnahme in den Gerichtsakt des BVwG zur Zl. L503 2162363-1 (asylrechtliches Vorverfahren des BF).

Der BF stellte im Verfahren vor dem BVwG keine über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung hinausgehenden Beweisanträge.

2.2. Die personenbezogenen und die Feststellungen zu den privaten und familiären Verhältnissen des BF, insbesondere zu seinen persönlichen Lebensumständen und zu jenen seiner Familienangehörigen im Irak (zu den Pkt. römisch II.1.1. - römisch II.1.5.) wurden im Wesentlichen dem (rechtskräftigen) Erkenntnis des BVwG vom 14.04.2021, Zl. L503 2162363-1/15E, zum bereits abgeschlossenen Asylverfahren sowie seinen insoweit gleichlautenden niederschriftlichen Angaben in der Einvernahme vor dem BFA am 26.02.2024 im gegenständlichen Verfahren entnommen. Der diesbezügliche Sachverhalt stellt sich im Umfang des in den Feststellungen wiedergegebenen (und dem angeführten Erkenntnis des BVwG Großteils entlehnten) Inhalts als unverändert dar und wurde seitens des BF - soweit Sachverhaltselemente aus dem referenzierten (Vor-)Erkenntnis nach wie vor als gegeben angenommen wurden - zu keinem Zeitpunkt ein entgegenstehendes bzw. darüberhinausgehendes Vorbringen erstattet. Insbesondere brachte er in Bezug auf seine individuelle Lage im Fall der Rückkehr in den Irak - abgesehen von einem nicht weiter substantiierten Rekurs auf die allgemeine Sicherheitslage im Irak, wonach es zu Auseinandersetzungen zwischen amerikanischen Truppen und Milizen komme vergleiche Einvernahme BFA, Sitzung 5; dazu sowie zu den diesbezüglichen Beschwerdeausführungen siehe Pkt. 2.6. der vorliegenden Beweiswürdigung) - keinen Sachverhalt (mehr) vor, der nicht bereits im angeführten (Vor-)Erkenntnis Berücksichtigung gefunden hätte bzw. von dessen Rechtskraftwirkung erfasst wäre.

Die Identität des BF wurde aufgrund der unbestrittenen Ausführungen des bekämpften Bescheides festgestellt.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des BF beruht auf seinen diesbezüglich gleichlautenden Angaben im Administrativverfahren.

2.3.1. Der oben angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen zum äußeren Hergang der Verfahren (Pkt. römisch II.1.6.) samt den Ergebnissen gründen auf den unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalten des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und den dem BVwG von Amts wegen aufliegenden Gerichtsakten zur Person des BF.

2.3.2. Die Feststellungen zu den Mängeln des Antrags des BF (Pkt. römisch II.1.6.2.) ergeben sich aus dem Akteninhalt. Der BF wurde mit Verbesserungsauftrag vom 11.01.2024 zur Vorlage eines gültigen Reisedokumentes und einer Geburtsurkunde (im Original und in Kopie) binnen einer Frist von zwei Wochen aufgefordert. Darüber hinaus wurde der BF auf die Möglichkeit der Antragstellung auf Mängelheilung gemäß Paragraph 4, AsylG-DV sowie auf die Rechtsfolgen einer Nichtbefolgung dieser Aufforderung, nämlich in Form einer zurückweislichen Entscheidung durch das BFA hingewiesen. Der Verbesserungsauftrag wurde dem BF am 19.01.2024 nachweislich zugestellt. Neuerlich wies das BFA in der niederschriftlichen Einvernahme des BF am 26.02.2024 auf die Notwendigkeit der Beibringung eines gültigen Reisedokumentes bzw. einer gültigen Geburtsurkunde hin.

Obwohl der BF bereits ein rechtskräftig abgeschlossenes Asylverfahren durchlief und daher mit dem Grundsatz der Mitwirkung vertraut ist bzw. sein müsste, im gegenständlichen Antrag in der von ihm unterschriebenen Abschlusserklärung auf die Konsequenzen einer Nichtmitwirkung hingewiesen und der BF von der belangten Behörde im Rahmen eines Verbesserungsauftrages explizit darüber belehrt wurde, dass eine Nichtvorlage eines gültigen Reisedokuments bzw. einer gültigen Geburtsurkunde die Zurückweisung seines Antrages zur Folge habe, der BF ferner im hg. Beschwerdeverfahren durch einen rechtskundigen Beistand vertreten ist, ist der BF bis dato der Aufforderung der belangten Behörde zur Vorlage eines gültigen Reisedokumentes bzw. einer gültigen Geburtsurkunde nicht nachgekommen. So wurde zwar ein Antrag auf Heilung der Mängel gemäß Paragraph 4, AsylG-DV gestellt, der dem Antrag beigelegten Bestätigung der irakischen Botschaft vom 25.09.2023 ist jedoch nicht die Unmöglichkeit der Ausstellung eines Reisedokumentes zu entnehmen. Bestätigt die irakische Botschaft zwar in ihrem Schreiben vom 25.09.2023, dass sie über kein Reisepasssystem verfüge, so ist dem Schreiben nicht auch zu entnehmen, dass die Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes („Heimreisezertifikat“) oder Notreisepasses nicht möglich wäre. Wie sich aus der Aktenlage ergibt (der BF äußerte sich im Rahmen eines Rückkehrgesprächs am 21.12.2023 sowie in der Einvernahme am 26.02.2024 nicht rückkehrwillig) ist der BF - trotz bestehender, rechtskräftiger Rückkehrentscheidung - nicht willens, in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren. Der BF kam sohin seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht nicht einmal ansatzweise nach. Zudem darf nicht übersehen werden, dass der BF bereits seit rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens (am 07.10.2021) zum Bemühen um Beschaffung eines gültigen Reisedokumentes verpflichtet gewesen wäre.

Abrundend ist festzuhalten, dass sowohl dem BVwG als auch dem BFA bekannt ist, dass von der irakischen Botschaft in Wien keine Reisepässe ausgestellt werden. Ein Reisepass stellt ein Reisedokument dar, als solches gilt jedoch auch ein Notreisepass. Die Beschaffung dieses Notreisepasses war für den BF weder unmöglich noch unzumutbar und wurde Derartiges auch nicht behauptet. Von der irakischen Botschaft in Wien werden laut deren allgemeinen Auskunftslage nach wie vor, entsprechende Freiwilligkeit des Antragstellers vorausgesetzt, Notreisepässe ausgestellt (siehe: https://mofa.gov.iq/vienna/en/pass-doc/). Die Ausstellung eines Notreisepasses scheiterte einzig daran, dass der BF diese erforderliche Freiwilligkeit sichtlich zu keiner Zeit an den Tag legte, sondern es stattdessen vorzog, rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig zu sein und die ihm mit rechtskräftiger Entscheidung des BVwG auferlegte Ausreiseverpflichtung beharrlich zu ignorieren bzw. diese durch das Stellen des nunmehrigen Antrages zu unterlaufen

Das Vorbringen des BF belegt weder aus Sicht der belangten Behörde, noch des BVwG, dass sich der BF ausreichend bemüht hätte, um an dieses notwendige Dokument zu gelangen. So darf im gegenständlichen Fall in diesem Zusammenhang - wie bereits angemerkt - keineswegs unberücksichtigt bleiben, dass der BF erst im September 2023 (somit rund zwei Jahre nach Zustellung der negativen BVwG-Entscheidung vom 14.04.2021) mit der Vertretung seines Heimatstaates Kontakt aufgenommen hat, obwohl er bereits zu diesem Zeitpunkt wissen musste, dass er an der Feststellung seiner Identität mitwirken und erforderlichenfalls auch bei seiner Vertretungsbehörde um die Ausfolgung entsprechender Dokumente ansuchen musste, um der ihm auferlegten Ausreiseverpflichtung nachkommen zu können. Des Weiteren ist anzumerken, dass die Erlangung eines Notreisepasses nach Ansicht des BVwG mit der ausreichenden Mitwirkung des BF sehr wohl möglich (gewesen) sein muss. So ist der BF im Irak geboren, lebte und arbeitete in seinem Heimatland, spricht die Landessprache und hat familiäre Anknüpfungspunkte im Irak, die noch heute bestehen. Wenn er folglich sein Wissen, seine Erfahrung und Identität unter Nennung von genauen Details sowie unter Vorweis der in seinem Besitz befindlichen Personendokumente (z. B. Personalausweis, Staatsbürgerschaftsnachweis) vor der Vertretungsbehörde des Irak darlegen würde, ist es für das BVwG wahrscheinlich, dass ihm - wie auf der Homepage der irakischen Botschaft ersichtlich - zumindest ein Notreisedokument zur Heimreise ausgestellt werden würde, zumal der BF bereits in seinem Asylverfahren einen (mittlerweile abgelaufenen) Reisepass in Vorlage brachte. Es gehört zu den Kernaufgaben einer Vertretungsbehörde, den im Ausland befindlichen Staatsangehörigen etwa im Fall des Verlusts ihres Reisepasses ein Ersatzdokument auszustellen. Da dem BF schon einmal von den irakischen Behörden ein Reisepass, Personalausweis und ein Staatsbürgerschaftsnachweis ausgestellt wurden, liegen der Vertretungsbehörde alle notwendigen Daten vor. Weshalb gerade im Fall des BF die Ausstellung eines Notreisepasses nicht möglich (gewesen) sein sollte, wurde nicht dargelegt. Dies würde lediglich die ernsthafte Mitwirkung des BF erfordern, welche nicht vorliegt. An dieser Einschätzung vermag auch die vom BF vorgelegte Bestätigung über das Aufsuchen der Botschaft am 25.09.2023 nichts zu ändern. Es lässt sich damit nicht nachweisen, dass er dort weitere notwendige Schritte ernsthaft unternommen hat, um ein (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokument zu erhalten. Da der BF im Verfahren sohin weder eine Bestätigung vorgelegt hat, dass er sich bei der irakischen Botschaft um die Ausstellung eines (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokuments bemüht hat, bzw. nicht nachvollziehbar erklären konnte, warum ihm von der irakischen Botschaft keine Bestätigung diesbezüglich ausgestellt wurde, er zudem zu keinem Zeitpunkt im Verfahren einen Rückkehrwillen bekundete, geht das BVwG begründeter Weise davon aus, dass sich der BF gar nicht um die Ausstellung eines (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokuments ernsthaft bemüht hat. Weder zur mangelnden Möglichkeit noch zur mangelnden Zumutbarkeit hat der BF sohin einen Nachweis erbracht. Entsprechende Schritte wären aber erforderlich gewesen, um in Erwägung ziehen zu können, dass der BF seiner Mitwirkungspflicht zur Erhebung seiner erkennungsdienstlichen Daten nachgekommen wäre.

Auch während des laufenden Beschwerdeverfahrens wurden keine Beweismittel vorgelegt, aus denen sich ergeben könnte, dass die irakische Botschaft dem BF die Ausstellung eines (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokuments tatsächlich verweigern würde bzw. in der Vergangenheit verweigert hätte. Die Verfahrensparteien wären im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten im Verfahren aber auch von sich aus verpflichtet, entsprechende Beweismittel - etwa ein Schreiben der Botschaft - unaufgefordert vorzulegen. Der BF ist somit seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht nachgekommen.

Soweit der BF in der Einvernahme vor dem BFA am 26.02.2024 vorbringt, sein (mittlerweile abgelaufener) Reisepass würde dem BFA vorliegen, stellt sich dieser Einwand angesichts der tatbestandsmäßigen Erforderlichkeit der Gültigkeit des vorzulegenden Reisedokuments gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG-DV als unbeachtlich dar. Es erhellt im Übrigen schon aus der Aktenlage, dass das BFA einen gültigen Reisepass des BF offensichtlich nicht besitzt, da sowohl die Aufforderung zur Vorlage desselbigen durch das BFA als auch der diesbezügliche Mängelheilungsantrag des BF ansonsten obsolet wäre.

2.4. Die Feststellungen zum Privatleben in Österreich und den integrativen Schritten ergeben sich aus dem Antrags- und Beschwerdevorbringen sowie der niederschriftlichen Angaben des BF in der Einvernahme vor dem BFA am 26.02.2024, den vorgelegten Dokumenten, den unbestrittenen Ausführungen im Bescheid der belangten Behörde und dem angeführten (Vor-)Erkenntnis des BVwG vom 14.04.2021.

Die Feststellungen zum (durchgehenden) Bezug des BF von Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber ergibt sich aus dem Vorbringen des BF sowie aus einer Einsichtnahme in das GVS und das AJ-Web. Soweit der BF Integrationsbemühungen im Allgemeinen und im Bereich seines Erwerbslebens im Besonderen vorbringt, ist dem einerseits entgegenzuhalten, dass bereits im Vorverfahren Berücksichtigung gefunden hat, dass er gemeinnützig engagiert ist und ihm diesbezüglich gute Charakter- bzw. Verhaltenseigenschaften durch einschlägige Empfehlungsschreiben attestiert werden. Andererseits wurde festgestellt, dass er nicht legal erwerbstätig ist und auch keine bestimmte Erwerbstätigkeit in Aussicht hat. Eine entscheidungswesentliche Änderung hat sich diesbezüglich im gegenständlichen Verfahren jedenfalls nicht ergeben, geht der BF doch bis dato keiner Beschäftigung nach, sondern bezieht stattdessen - fortgesetzt - Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung, sodass eine Selbsthaltungsfähigkeit nach wie vor nicht vorliegend ist. Der einzige im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens des BF hervorgehende geänderte Sachverhalt seit der gegen den BF zuvor erlassenen Rückkehrentscheidung besteht in nunmehr aufliegenden „arbeitsrechtlichen Vorverträgen“ bzw. Einstellungszusagen des BF, namentlich der Fa. „ römisch 40 GmbH“ (datiert mit 12.02.2021 und 24.02.2021); der Fa. „ römisch 40 ges. m. b. H.“ (datiert mit 10.12.2021; vom BF nicht unterschrieben) sowie der Fa. „ römisch 40 e. U.“ (datiert mit 12.12.2021; vom BF nicht unterschrieben). Diesen vorgelegten Einstellungszusagen kann das erkennende Gericht im Ergebnis jedoch keine Relevanz zumessen. Zu den angeführten Arbeitsangeboten ist zum einen anzumerken, dass zumindest jene Arbeitsangebote der Fa. „ römisch 40 GmbH“ bereits am 12.02.2021 und 24.02.2021 ausgestellt wurden und somit schon im Erkenntnis des BVwG vom 14.04.2021 Berücksichtigung fanden. Einstellungszusagen der Firmen „ römisch 40 ges. m. b. H.“ und „ römisch 40 e. U.“ brachte der BF hingegen (damals) nicht in Vorlage. Generell verfügte der BF jedoch auch schon zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt über (zumindest) eine Einstellungszusage und stellt der Umstand weiterer, aktuellerer Einstellungszusagen keine maßgebliche Änderung seines Privatlebens dar. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes muss zum anderen eine Einstellungsbestätigung bzw. eine Einstellungszusage zum Zwecke des Nachweises ausreichend vorhandener Finanzmittel im Sinne des Paragraph 11, Absatz 5, NAG glaubwürdig und ausreichend konkret sein, was bei den gegenständlichen Bestätigungen beides nicht der Fall ist. Dies deshalb, weil - wie bei arbeitsrechtlichen Vorverträgen - auch bei „Einstellungszusagen“ Formerfordernisse zu beachten sind, die einen direkten Einfluss auf die Verbindlichkeit derselben haben. Wie arbeitsrechtliche Vorverträge müssen auch „Einstellungszusagen“ zumindest den Arbeitgeber unwiderruflich binden. Obzwar Optionen, wie Einstellungszusagen, im ABGB nicht geregelt sind, werden die Bestimmungen des Paragraph 936, ABGB über Vorverträge auch auf Optionen angewendet. Das bedeutet, dass auch Einstellungszusagen schon wesentliche Punkte eines Arbeitsvertrages zu enthalten haben. Sollte daher eine „Einstellungszusage“ als tragfähige Grundlage für das Vorliegen notwendiger Unterhaltsmittel herangezogen werden, so hat laut Judikatur des VwGH eine Einstellungszusage, ebenso wie arbeitsrechtliche Vorverträge, zumindest zwei inhaltliche Kriterien - neben der Anführung der Vertragspartner - zu erfüllen:

1. Inhaltliche Bestimmtheit (Art der Beschäftigung, Höhe des Bruttolohnes, Anzahl der Wochenstunden, Sozialversicherung, Arbeitszeit, Dauer der geplanten Beschäftigung) und

2. Zeitbestimmung.

Dabei mangelt es den vorgelegten „Arbeitsvorverträgen“ bzw. Einstellungszusagen schon an grundlegenden Inhalten, wie der Spezifizierung hinsichtlich sozialversicherungsrechtlicher Anmeldungen, der konkreten Arbeitszeitaufteilungen und der zur Anwendung kommenden Kollektivverträge, sodass sie bereits in diesem Lichte als inhaltlich nicht ausreichend bestimmt und sohin nicht bindend bzw. von Rechts wegen effektuierbar anzusehen sind. Daraus ergab sich u. a. auch die Feststellung, dass der BF lediglich formlos als „Arbeitsvorverträge“ betitelte Schreiben vorgelegt hat.

Dass - neben den monierten Form- bzw. Inhaltsmängeln in Bezug auf die angeführten Integrationsbescheinigungen - zuletzt auch keine ernste Absicht des BF bestand, in Zukunft ein Arbeitsverhältnis zu begründen, ging auch insbesondere daraus hervor, dass die neu dargereichten „Arbeitsvorverträge“ vom 10.12.2021 und 12.12.2021 persönlich von ihm gar nicht unterschrieben wurden vergleiche vorliegender Verwaltungsakt [BFA], Sitzung 69 u. 71). Im Übrigen unternahm der BF auch keine sonstigen legalen, ernsthaften und tauglichen Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit in jenen Gebieten des österreichischen Arbeitsmarktes, die auch Asylwerbern ohne nennenswerte administrative Hürden zugänglich wären, etwa im Bereich der saisonalen Tätigkeit in der Landwirtschaft oder im Gastgewerbe, bzw. der selbstständigen Tätigkeit. Eine maßgebliche Integration des BF in den österreichischen Arbeitsmarkt war auf Basis der vorliegenden Faktenlage somit in keiner Weise erkennbar.

Seine strafrechtliche Unbescholtenheit in Österreich ergibt sich aus einem vom BVwG eingeholten aktuellen Strafregisterauszug.

2.5. Die unter Punkt 1.8. getroffenen Feststellungen beruhen einerseits auf die im behördlichen Verwaltungsakt einliegende Strafverfügung der LPD römisch 40 vom 15.09.2023 (siehe vorliegender Verwaltungsakt [BFA], Sitzung 157ff.), andererseits auf den in der rechtlichen Beurteilung (insbesondere dort zu Pkt. 3.4.) näher ausgeführten Erwägungen. Von einer diese rechtliche Beurteilung vorwegnehmenden Erörterung an dieser Stelle wird zur Optimierung der Lesbarkeit der gegenständlichen Entscheidung Abstand genommen.

2.6. Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat des BF stützen sich auf die zitierten Quellen. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation ergeben. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf eine Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Diese Feststellungen wurden vom BF gegenständlich - abgesehen von einer Wiederholung seines grundlegenden Parteienvorbringens vom asylrechtlichen Vorverfahren (das dort zu keinem Zeitpunkt für glaubhaft bzw. maßgeblich wahrscheinlich befunden wurde) während seiner Einvernahme vor dem BFA am 26.02.2024 - im Übrigen weder im Antrags- noch im Beschwerdevorbringen substantiiert bestritten.

Die allgemeine Sicherheitslage im Irak sowie insbesondere in der engeren Heimatregion des BF in Ninawa (Distrikt: Mossul) war im Lichte der herangezogenen Länderfeststellungen nicht dergestalt einzuschätzen, dass schon mit der bloßen Anwesenheit für jeden Zurückkehrenden das reale Risiko verbunden wäre, Opfer eines Terroranschlags oder sonstiger gewaltsamer Auseinandersetzungen zu werden. Daraus ergab sich außerdem, dass in der Herkunftsregion des BF aktuell kein landesweiter bewaffneter Konflikt ausgetragen wird, der eine gravierende Gefährdung des BF im Rückkehrfall indizieren würde. Es ist infolge der militärischen Niederlage des IS allgemein ein gravierender Rückgang der sicherheitsrelevanten Vorfälle und der damit einhergehenden zivilen Opfer im Irak eingetreten. Die vereinzelten terroristischen Aktivitäten des IS im Zentralirak konzentrieren sich auf die Vororte der irakischen Hauptstadt Bagdad (den sogenannten Bagdad-Belt), sie sind vorrangig gegen exponierte Personen wie Stammesführer oder gegen die schiitische Zivilbevölkerung gerichtet. Es mag zwar nicht ausgeschlossen werden, dass die Milizen des IS weiterhin etwa durch Schläfer in den Stadtgebieten bzw. ländlichen Gebieten, vor allem in den Rückzugsgebieten des IS (zwischen Nord, West und Süd Bagdad, zwischen den nördlichen Hamreenbergen, Südkirkuk und dem Osten von Salah-ad-Din, zwischen Makhmour, Shirqat und den Khanoukenbergen im nördlichen Salah ad-Din, das Gebiet zwischen Baaj in Ninawa, Rawa im nördlichen Anbar und dem Tharthar See, das Gebiet zwischen Wadi Hauran, Wadi al-Qathf und Wadi al-Abyad in Anbar) in der Lage sind, Anschläge oder anderweitige terroristische Aktivitäten durchzuführen. Dessen ungeachtet können die Milizen des IS jedenfalls in jenen Gebieten - hier: Mossul - nicht offen operieren, die unter der stabilen Kontrolle von irakischen Sicherheitskräften stehen oder zurückerlangt wurden, sodass dort aus Sicht des BVwG höchstens mit Untergrundaktivitäten von Anhängern des IS zu rechnen ist. Bei den nach wie vor vereinzelt stattfindenden Auseinandersetzungen zwischen verbliebenen Kämpfern des IS und den irakischen Sicherheitskräften handelt es sich ausweislich der Feststellungen um einen asymmetrischen Konflikt und es ist davon auszugehen, dass sich Angriffe von Anhängern oder sogenannten Schläfern hauptsächlich gegen handels- und militärpolitisch bedeutsame Ziele bzw. Infrastruktur richten (ausweislich der Länderfeststellungen werden die Einsatzgebiete des IS nach strategischen Faktoren gewählt). Betrachtet man die Indikatoren nach dem Länderinformationsblatt zur asyl- bzw. abschiebungsrelevanten Lage im Irak lässt sich resümierend festhalten, dass im Gouvernement Ninawa wahllose Gewalt zwar nicht zur Gänze ausgeschlossen werden kann, eine solche aber keineswegs mit einer hohen Wahrscheinlichkeit einhergeht. Dementsprechend ist ein höheres Maß an Einzelelementen erforderlich, um stichhaltige Gründe für die Annahme zu liefern, dass einem in das Hoheitsgebiet des Irak zurückgeführten Zivilisten tatsächlich die Gefahr eines ernsthaften Schadens droht. Derartige Einzelmerkmale bzw. Vulnerabilitätsaspekte sind in Bezug auf die Person des BF - jedenfalls nicht über sein ethnisches und religiöses Grundprofil hinaus, welches im Vorverfahren bereits zu keiner relevanten Gefährdungsannahme für den BF zu führen vermochte - jedoch nicht hervorgekommen.

In der Beschwerde fand sich - wie bereits erwähnt - auch kein entgegenstehendes substantielles Vorbringen. Die geäußerten Bedenken in Bezug auf die persönliche Sicherheitslage des BF fußten sichtlich auf einer vorweggenommenen Annahme, dass dem BF bei Zutreffen seines Fluchtvorbringens wegen der beschriebenen Gruppenverfolgung eine Niederlassung in seiner Herkunftsregion Ninawa nicht zuzumuten wäre. Dieses Vorbringen wurde jedoch im Vorverfahren für nicht glaubhaft bzw. maßgeblich wahrscheinlich befunden. Auch äußerte der BF im gegenständlichen Verfahren keinen - unter diesem spezifischen Gesichtspunkt - beachtlichen Sachverhalt (mehr), welcher nicht bereits in das referenzierte (Vor-)Erkenntnis des BVwG vom 14.04.2021 und in den seinerzeit herangezogenen Länderfeststellungen Eingang gefunden hätte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Zurückweisung des Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 56, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 58, Absatz 11, Ziffer 2, AsylG und Abweisung des Mängelheilungsantrages gemäß Paragraph 4, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 8, AsylG-DV:

3.1.1. Gemäß Paragraph 56, Absatz eins, Asyl kann im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, auch wenn er sich in einem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vor dem Bundesamt befindet, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ erteilt werden, wenn der Drittstaatsangehörige jedenfalls (1.) zum Zeitpunkt der Antragstellung nachweislich seit fünf Jahren durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist, (2.) davon mindestens die Hälfte, jedenfalls aber drei Jahre, seines feststellten durchgängigen Aufenthaltes im Bundesgebiet rechtmäßig aufhältig gewesen ist und (3.) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 9, IntG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Paragraph 5, Absatz 2, ASVG) erreicht wird.

Gemäß Paragraph 56, Absatz 3, AsylG hat die Behörde den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Paragraph 60, Absatz 2, Ziffer eins bis 3 kann auch durch Vorlage einer einzigen Patenschaftserklärung (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 26,) erbracht werden.

Gemäß Paragraph 60, Absatz eins, AsylG dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nicht erteilt werden, wenn

1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß Paragraphen 52, in Verbindung mit 53 Absatz 2, oder 3 FPG besteht, oder

2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht.

Gemäß Paragraph 60, Absatz 2, dürfen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 56, einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn (1.) der Drittstaatsangehörige einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird, (2.) der Drittstaatsangehörige über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist, (3.) der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte und (4.) durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden.

Gemäß Paragraph 60, Absatz 3, dürfen Aufenthaltstitel einem Drittstaatsangehörigen nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen nicht öffentlichen Interessen widerstreitet. Der Aufenthalt eines Drittstaatsangehörigen widerstreitet dem öffentlichen Interesse, wenn

1. dieser ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass dieser durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt oder

2. im Falle der Paragraphen 56 und 57 dessen Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde.

3.1.2. Zweck des Paragraph 56, AsylG 2005 ist es, bei Vorliegen eines besonders hohen Integrationsgrades "Altfälle" mit einer fünf Jahre übersteigenden Aufenthaltsdauer zu "bereinigen". Den betroffenen Drittstaatsangehörigen soll in diesen Fällen die Möglichkeit zur Legalisierung ihres Aufenthalts durch Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben werden, wobei hiervon jene Konstellationen erfasst sein sollen, in denen die Schwelle des Artikel 8, MRK, sodass gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel zu erteilen wäre, noch nicht erreicht wird vergleiche VwGH 29.4.2010, 2009/21/0255). Unabdingbare Voraussetzung (arg.: "jedenfalls") ist allerdings, dass der Aufenthalt in einem Zeitraum, der mindestens die Hälfte der gesamten durchgehenden Aufenthaltsdauer beträgt, rechtmäßig war; bei einem Aufenthalt bis zur Antragstellung zwischen fünf und sechs Jahren muss dessen Rechtmäßigkeit zumindest drei Jahre gegeben gewesen sein. Dem Sinn dieser Bedingung widerspricht es aber, wenn die notwendige Dauer der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts nicht (etwa) durch ein asylrechtliches Aufenthaltsrecht während eines längeren Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz erreicht wird, sondern durch bewusst wahrheitswidrige Identitätsangaben mit dem zugestandenen Ziel, eine Abschiebung zu verhindern (VwGH 26.06.2019, Ra 2019/21/0032).

Eine Interessensabwägung nach Artikel 8, EMRK wird bei der Prüfung der Voraussetzungen hinsichtlich der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 56, AsylG nicht vorgenommen, sondern nur auf die integrationsbegründenden Aspekte in Österreich abgestellt (Gachowetz, Schmidt, Simma, Urban, Asyl- und Fremdenrecht im Rahmen der Zuständigkeit des BFA, S 366).

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zufolge können bei der Prüfung, ob ein besonders berücksichtigungswürdigender Fall vorliegt, auch die in Paragraph 11, Absatz 3, NAG [entspricht nunmehr Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG] genannten, bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinn des Artikel 8, EMRK zu beachtenden Gesichtspunkte in die Beantwortung der Frage einfließen. Dies aber nur in dem Maße, als sie auf den Integrationsgrad des betreffenden Fremden Auswirkungen haben (VwGH 18.03.2014, 2013/22/0191).

3.1.3. Mitwirkungspflicht:

Gemäß Paragraph 58, Absatz 8, AsylG hat das Bundesamt im verfahrensabschließenden Bescheid darüber abzusprechen, wenn ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraphen 55,, 56 oder 57 zurück- oder abgewiesen wird.

Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Asylgesetz-Durchführungsverordnung 2005 (AsylG-DV) sind folgende Urkunden und Nachweise - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den Absatz 2 und 3 leg.cit. - im amtswegigen Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels (Paragraph 3,) beizubringen oder dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels (Paragraph 3,) anzuschließen: gültiges Reisedokument (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 2 und 3 NAG; Ziffer eins,); Geburtsurkunde oder ein dieser gleichzuhaltendes Dokument (Ziffer 2,); Lichtbild des Antragstellers gemäß Paragraph 5, (Ziffer 3,); erforderlichenfalls Heiratsurkunde, Urkunde über die Ehescheidung, Partnerschaftsurkunde, Urkunde über die Auflösung der eingetragenen Partnerschaft, Urkunde über die Annahme an Kindesstatt, Nachweis oder Urkunde über das Verwandtschaftsverhältnis, Sterbeurkunde (Ziffer 4,).

Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG-DV sind zusätzlich zu den in Absatz eins, genannten Urkunden und Nachweisen dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 56, AsylG 2005 weitere Urkunden und Nachweise anzuschließen: Nachweis des Rechtsanspruchs auf eine ortsübliche Unterkunft, insbesondere Miet- oder Untermietverträge, bestandsrechtliche Vorverträge oder Eigentumsnachweise (Ziffer eins,); Nachweis über einen in Österreich leistungspflichtigen und alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz, insbesondere durch eine entsprechende Versicherungspolizze, sofern kein Fall der gesetzlichen Pflichtversicherung bestehen wird oder besteht (Ziffer 2,); Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts, insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung (Ziffer 3,).

Gemäß Paragraph 58, Absatz 11, AsylG ist für den Fall, dass der Drittstaatsangehörige seiner allgemeinen Mitwirkungspflicht im erforderlichen Ausmaß, insbesondere im Hinblick auf die Ermittlung und Überprüfung erkennungsdienstlicher Daten, nicht nachkommt, das Verfahren zur Ausfolgung des von Amts wegen zu erteilenden Aufenthaltstitels (Absatz 4,) ohne weiteres einzustellen (Ziffer eins,) oder der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zurückzuweisen (Ziffer 2,). Über diesen Umstand ist der Drittstaatsangehörige zu belehren.

In der Regierungsvorlage zu Paragraph 58, Absatz 11, AsylG (1803 BlgNR römisch 24 . Gesetzgebungsperiode 48 ff) wurde klargestellt: „Abs. 11 entspricht Paragraph 19, Absatz 4 und 10 NAG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011, und wird in dieser Bestimmung lediglich auf die Mitwirkungspflicht des Fremden verwiesen. Demnach hat der Drittstaatsangehörige sowohl in Verfahren zur amtswegigen Erteilung eines Aufenthaltstitels als auch in einem Verfahren, welches auf Antrag eingeleitet wird, im erforderlichen Ausmaß mitzuwirken. Der Drittstaatsangehörige soll folglich insbesondere nicht von Mitwirkungspflichten befreit sein, die für die Herstellung dieser Aufenthaltstitel in Kartenform (z.B. Erkennungsdienst) notwendig sind, und seine Zustelladresse bekanntzugeben haben. Kommt der Drittstaatsangehörige diesen Mitwirkungspflichten nicht nach, so ist das Verfahren gemäß Ziffer eins, ohne weiteres einzustellen, wenn es sich um eine amtswegige Prüfung handelt, und kann der Antrag zurückgewiesen werden gemäß Ziffer 2,, wenn das Verfahren auf Antrag eingeleitet worden ist. Darüber ist der Drittstaatsangehörige zu belehren. Auch Paragraph 13, BFA-VG bleibt beachtlich.“

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 30.06.2015, Ra 2015/21/0039, ausführlich mit der Auslegung des Paragraph 58, Absatz 11, AsylG 2005 auseinandergesetzt und ist dabei zum Ergebnis gekommen, mit den (mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2014) vom NAG in das AsylG 2005 transferierten Regelungen für „Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen“ sei es insoweit der Sache nach lediglich zu einer Zusammenfassung der Absatz 4,, 6 und 10 des Paragraph 19, NAG gekommen. Von Bedeutung sei allerdings, dass die unterbliebene Vorlage von Identitätsurkunden, wie etwa des Reisepasses, nunmehr einheitlich von Paragraph 58, Absatz 11, AsylG 2005 geregelt werde, sodass diesbezüglich im Antragsverfahren nicht auf Paragraph 13, Absatz 3, AVG zurückgegriffen werden müsse. Im Übrigen beziehe sich aber auch Paragraph 58, Absatz 11, AsylG 2005 (sonst nur) auf Mitwirkungsverpflichtungen im Zusammenhang mit erkennungsdienstlichen Daten und mit der Zustelladresse des Fremden, nicht aber auf solche, die mit der Erhebung von inhaltlichen Erteilungsvoraussetzungen im Zusammenhang stehen vergleiche VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0168).

Nach Paragraph 4, Absatz eins, AsylG-DV 2005 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Heilung (auch) eines Mangels nach Paragraph 8, AsylG-DV 2005 zulassen, und zwar im Fall der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise, wenn deren Beschaffung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war (Ziffer 3,).

3.1.4. Wie Paragraph 58, Absatz 11, AsylG 2005 zum Ausdruck bringt, treffen einen Drittstaatsangehörigen im Antragsverfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „allgemeine Mitwirkungspflichten“, unter welche nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch die in Paragraph 8, Absatz eins, AsylG-DV normierte Vorlage von Identitätsurkunden, wie etwa eines gültigen Reisedokuments sowie einer Geburtsurkunde oder eines dieser gleichzuhaltenden Dokuments, zu subsumieren ist (VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0039).

Der Verwaltungsgerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, dass die Nichtvorlage eines gültigen Reisepasses grundsätzlich, wenn es nicht zu einer Heilung nach Paragraph 4, AsylG-DV zu kommen hat, eine auf Paragraph 58, Absatz 11, Ziffer 2, AsylG 2005 gestützte Zurückweisung rechtfertigt (VwGH 04.03.2020, Ra 2019/21/0214, mwN).

Im gegenständlichen Fall stellte der BF einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 56, Absatz eins, AsylG (Aufenthaltstitel in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen) und einen Mängelheilungsantrag hinsichtlich der Nichtvorlage eines gültigen Reisedokuments bzw. einer gültigen Geburtsurkunde.

Mit Verbesserungsauftrag des BFA vom 11.01.2024 wurde der BF zur Vorlage eines gültigen Reisedokuments und einer Geburtsurkunde binnen einer Frist von zwei Wochen aufgefordert. Darüber hinaus wurde der BF auf die Möglichkeit der Antragstellung auf Mängelheilung gemäß Paragraph 4, AsylG-DV sowie auf die Rechtsfolgen einer Nichtbefolgung dieser Aufforderung, nämlich in Form einer zurückweislichen Entscheidung durch das BFA hingewiesen. Der Verbesserungsauftrag wurde dem BF am 19.01.2024 nachweislich zugestellt. Neuerlich verwies das BFA in der niederschriftlichen Einvernahme des BF am 26.02.2024 auf die Notwendigkeit der Beibringung eines gültigen Reisedokumentes bzw. einer gültigen Geburtsurkunde.

Gerade die Nichtvorlage eines (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokuments, welche für die Ausstellung des beantragten Aufenthaltstitels notwendig gewesen wäre, stellt eine Verletzung der allgemeinen Mitwirkungspflicht des BF dar und rechtfertigt eine auf Paragraph 58, Absatz 11, Ziffer 2, AsylG gestützte zurückweisliche Entscheidung.

Im konkreten Fall kommt auch die Heilung des Mangels der Nichtvorlage eines gültigen (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokuments nach Paragraph 4, Absatz eins, AsylG-DV - entgegen dem Beschwerdevorbringen - nicht in Betracht, weshalb das Bundesamt den Antrag auf Mangelheilung zu Recht abwies.

Der BF wies nicht nach bzw. brachte keine stichhaltigen Gründe vor, dass ihm die Beschaffung eines (Not-)Reisepasses nicht möglich oder nicht zumutbar war. Der BF legte zwar eine Bestätigung der irakischen Botschaft vom 25.09.2023 vor, wonach diese über kein Reisepasssystem verfüge, und brachte daran anknüpfend vor, dass er sich für die Ausstellung persönlich in Botschaften im Ausland einfinden müsse. Allerdings ist dem Schreiben nicht zu entnehmen, dass auch die Ausstellung eines Notreisepasses oder Ersatzreisedokuments („Heimreisezertifikat“) nicht möglich (gewesen) wäre. Der BF konnte nicht nachweisen, dass er bei der irakischen Vertretungsbehörde in Österreich weitere notwendigen Schritte ernsthaft unternommen hat, um ein (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokument zu erhalten. Vielmehr brachte er im Verfahren wiederholt zum Ausdruck, dass er nicht rückkehrwillig sei, was jedenfalls nicht geeignet ist, eine Unmöglichkeit der Beschaffung eines (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokuments zu begründen. Da der BF im Verfahren sohin weder eine Bestätigung vorgelegt hat, dass er sich bei der irakischen Botschaft um die Ausstellung eines (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokuments bemüht hat bzw. nicht nachvollziehbar erklären konnte, warum ihm von der irakischen Botschaft keine Bestätigung diesbezüglich ausgestellt wurde, geht das BVwG davon aus, dass sich der BF gar nicht um die Ausstellung eines (Not- bzw. Ersatz-)Reisedokuments ernsthaft bemüht hat.

Der Antrag des BF auf Heilung des Mangels der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden oder Nachweise war demnach gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, AsylG-DV 2005 abzuweisen, da dem BF deren Beschaffung weder nachweislich unmöglich noch unzumutbar war.

Beim BF handelt es sich weiters um keinen unbegleiteten Minderjährigen und er führt - wie bei der Prüfung über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung noch näher ausgeführt wird - kein schützenswertes Privat und Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK, weswegen auch die übrigen Voraussetzungen der Heilung des Mangels der Nichtvorlage erforderlicher Urkunden gemäß Paragraph 4, Absatz eins, AsylG-DV nicht vorliegen.

3.1.5. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. des angefochtenen Bescheides erweist sich daher als unbegründet und war gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG abzuweisen.

3.1.6. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darf das Verwaltungsgericht in Fällen in denen das BFA den Antrag eines Fremden auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, AsylG nach Paragraph 58, Absatz 11, Ziffer 2, AsylG zurückgewiesen hat, keine inhaltliche Entscheidung treffen. Vielmehr kommt nur die Bestätigung der Zurückweisung oder aber deren ersatzlose Behebung in Betracht vergleiche VwGH 30.04.2020, Ra 2019/21/0134). Dies muss in gleicher Weise auch für eine Zurückweisung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 56, AsylG nach Paragraph 58, Absatz 11, Ziffer 2, AsylG gelten.

3.2. Rückkehrentscheidung:

3.2.1. Gemäß Paragraph 52, Absatz 3, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraphen 55,, 56 oder 57 AsylG zurück- oder abgewiesen wird.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 3, AsylG ist, wenn der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraphen 55,, 56 oder 57 AsylG abgewiesen wurde, diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des Paragraph 58, Absatz 9, Ziffer eins bis 3 AsylG vorliegt.

3.2.2. Beim BF handelt es sich als irakischen Staatsangehörigen um einen Drittstaatsangehörigen. Die belangte Behörde wies zu Recht den Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 58, Absatz 11, Ziffer 2, AsylG zurück. Ein Fall des Paragraph 58, Absatz 9, Ziffer eins bis 3 AsylG liegt gegenständlich nicht vor. Die zurückweisende Entscheidung der belangten Behörde war daher gemäß Paragraph 52, Absatz 3, FPG und Paragraph 10, Absatz 3, AsylG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

3.2.3. Gemäß Paragraph 52, FPG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens in Österreich käme.

Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraph 45, oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre.

Artikel 8, EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens:

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Für die Beurteilung ob ein relevantes Privat- und/oder Familienleben iSd Artikel 8, EMRK vorliegt sind nach der höchstgerichtlichen Judikatur insbesondere nachfolgende Umstände beachtlich:

Privatleben:

Nach der Rechtsprechung des EGMR vergleiche aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Rückkehrentscheidungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen vergleiche dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vergleiche dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Bei der Schutzwürdigkeit des Privatlebens manifestiert sich der Grad der Integration des Fremden insbesondere an intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen vergleiche EGMR 4.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 9.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.6.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554; vergleiche auch VwGH 5.7.2005, 2004/21/0124; 11.10.2005, 2002/21/0124).

Familienleben:

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben.

Eine familiäre Beziehung unter Erwachsenen fällt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) nur dann unter den Schutz des Artikel 8, Absatz eins, EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen vergleiche dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Juni 2006, B 1277/04, unter Hinweis auf die Judikatur des EGMR; des Weiteren auch das Erkenntnis des VwGH vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0423 und die darauf aufbauende Folgejudikatur, etwa die Erkenntnisse vom 26. Jänner 2006, Zl. 2002/20/0235, vom 8. Juni 2006, Zl. 2003/01/0600, vom 22. August 2006, Zl. 2004/01/0220 und vom 29. März 2007, Zl. 2005/20/0040, vom 26. Juni 2007, 2007/01/0479).

Die Beziehung der bereits volljährigen Kinder zu den Eltern ist vor allem dann als Familienleben zu qualifizieren, wenn jene auch nach Eintritt der Volljährigkeit im Haushalt der Eltern weiterleben, ohne dass sich ihr Naheverhältnis zu den Eltern wesentlich ändert (Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK, ÖJZ 2007/74, 860 unter Hinweis auf Wiederin in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Artikel 8, EMRK Rz 76).

Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern, die wegen des Fehlens von über die üblichen Bindungen hinausgehenden Merkmalen der Abhängigkeit nicht (mehr) unter den Begriff des Familienlebens fallen, unter den Begriff des ebenfalls von Artikel 8, Absatz eins, EMRK geschützten Privatlebens zu subsumieren (VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093-7 [vgl. dazu die Urteile des EGMR vom 9. Oktober 2003, Slivenko gegen Lettland, Beschwerde Nr. 48321/99, Randnr. 97, vom 15. Juni 2006, Shevanova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 58822/00, Randnr. 67, vom 22. Juni 2006, Kaftailova gegen Lettland, Beschwerde Nr. 59643/00, Randnr. 63, und vom 12. Jänner 2010, A.W. Khan gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 47486/06, Randnr. 31 ff]).

Alle anderen verwandtschaftlichen Beziehungen (zB zwischen Enkel und Großeltern, erwachsenen Geschwistern [vgl. VwGH 22.08.2006, 2004/01/0220, mwN; 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723-8], Cousinen [VwGH 15.01.1999, 97/21/0778; 26.6.2007, 2007/01/0479], Onkeln bzw. Tanten und Neffen bzw. Nichten) sind nur dann als Familienleben geschützt, wenn eine „hinreichend starke Nahebeziehung“ besteht. Nach Ansicht der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist für diese Wertung insbesondere die Intensität und Dauer des Zusammenlebens von Bedeutung vergleiche VfSlg 17.457/2005). Dabei werden vor allem das Zusammenleben und die gegenseitige Unterhaltsgewährung zur Annahme eines Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK führen, soweit nicht besondere Abhängigkeitsverhältnisse, wie die Pflege eines behinderten oder kranken Verwandten, vorliegen.

Der Begriff des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt vergleiche dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Artikel 8 ;, Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vergleiche auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Artikel 8, EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt vergleiche Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

3.2.4. Der BF hat keine Verwandten oder sonstige nahen Angehörigen in Österreich. Die Rückkehrentscheidung bildet daher keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben.

Auf Grund der gegebenen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und der persönlichen Umstände, liegt hier aber jedenfalls ein relevantes Privatleben in Österreich vor, auch wenn diesbezüglich festzuhalten ist, dass sich der BF spätestens seit Oktober 2021 nicht mehr rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

3.2.5. Da die Rückkehrentscheidung somit einen Eingriff in das Recht auf Privat- und Familienleben darstellt, bedarf es diesbezüglich einer Abwägung der persönlichen Interessen mit den öffentlichen Interessen, ob eine Rückkehrentscheidung zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Im vorliegenden Fall ist der Eingriff gesetzlich vorgesehen und verfolgt gem. Artikel 8, Absatz 2, EMRK legitime Ziele, nämlich

- die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, worunter auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist;

- das wirtschaftliche Wohl des Landes;

- zur Verhinderung von strafbaren Handlungen.

Öffentliche Ordnung / Verhinderung von strafbaren Handlungen (insb. im Bereich des Aufenthaltsrechtes):

Der EGMR geht davon aus, dass die Konvention kein Recht auf Aufenthalt in einem bestimmten Staat garantiert. Der EGMR erkennt in stRsp weiters, dass die Konventionsstaaten nach völkerrechtlichen Bestimmungen berechtigt sind, Einreise, Rückkehrentscheidung und Aufenthalt von Fremden ihrer Kontrolle zu unterwerfen, soweit ihre vertraglichen Verpflichtungen dem nicht entgegenstehen vergleiche uva. zB. Urteil Vilvarajah/GB, A/215 Paragraph 102, = NL 92/1/07 und NL 92/1/27f.). Die Schaffung eines Ordnungssystems mit dem die Einreise und der Aufenthalt von Fremden geregelt wird, ist auch im Lichte der Entwicklungen auf europäischer Ebene notwendig. Dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen kommt im Interesse des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Artikel 8, Absatz 2, EMRK) daher ein hoher Stellenwert zu (VfGH 29.9.2007, B 328/07, VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251 uva.). Die öffentliche Ordnung, hier va. das Interesse an einer geordneten Zuwanderung, erfordert es daher, dass Fremde, die nach Österreich einwandern wollen, die dabei zu beachtenden Vorschriften einhalten. Die öffentliche Ordnung wird z. B. schwerwiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Die Rückkehrentscheidung kann in solchen Fällen trotz eines vielleicht damit verbundenen Eingriffs in das Privatleben und Familienleben erforderlich sein, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte (VwGH 21.2.1996, 95/21/1256). Dies insbesondere auch deshalb, weil als allgemein anerkannter Rechtsgrundsatz grundsätzlich gilt, dass aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen. (VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007).

Der VwGH hat weiters festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Rückkehrentscheidung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Aus Artikel 8, EMRK ist zudem kein Recht auf Wahl des Familienwohnsitzes ableitbar (VfGH 13.10.2007, B1462/06 mwN).

Die rechtswidrige Einreise und der rechtswidrige Aufenthalt im Bundesgebiet stellen eine Verwaltungsübertretung dar. Im darin enthaltenen Strafrahmen des FPG lässt der Gesetzgeber das hohe öffentliche Interesse an der Verhinderung bzw. Bekämpfung des nicht rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet erkennen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung stellt daher ein Instrument zur Verhinderung eines derartigen unter Strafe gestellten Verhaltens bzw. Unterlassens dar. Die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass die Mehrzahl der Fremden nach rechtskräftigem Abschluss ihres Asylverfahrens der durch die Rückkehrentscheidung bestehenden auferlegten Ausreiseverpflichtung nicht (freiwillig) nachkommt. Nur für den Fall der Erlassung eines den Aufenthalt des Fremden beendenden Titels besteht (unbeschadet der sonstigen Zuständigkeit der Sicherheitsbehörde für Aufenthaltsbeendigungen von Fremden) für diesen Fremden nach Abschluss seines Asylverfahrens die gesetzliche Verpflichtung Österreich zu verlassen und können Organe des öffentlichen Sicherheitsdienste nur diesfalls im Falle der Weigerung im Auftrage der Sicherheitsbehörde diese im öffentlichen Interesse notwendige Aufenthaltsbeendigung auch mit behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durchführen.

Wirtschaftliches Wohl:

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist auch für das wirtschaftliche Wohl des Landes vergleiche zB EGMR 31.7.2008, Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen) von besonderer Bedeutung, da diese sowohl für den geordneten Arbeitsmarkt als auch für das Sozial- und Gesundheitssystem erhebliche Auswirkung hat.

Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass insbesondere bei nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältigen Fremden, welche daher auch grundsätzlich über keine arbeitsrechtliche Berechtigung verfügen, idR die reale Gefahr besteht, dass sie zur Finanzierung ihres Lebensunterhaltes in die gesellschaftlich unerwünschte, aber doch real vorhandene Schattenwirtschaft ausweichen, was wiederum erhebliche Folgewirkungen auf den offiziellen Arbeitsmarkt, das Sozialsystem und damit auf das wirtschaftliche Wohl des Landes hat vergleiche ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Artikel 8, EMRK, S 857 mwN).

Wenn das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, ist dies bei der Abwägung gegebenenfalls als die persönlichen Interessen mindernd in Betracht zu ziehen (EGMR 24.11.1998, Fall Mitchell, Appl. 40.447/98; 5.9.2000, Fall Solomon, Appl. 44.328/98; 31.1.2006, Fall Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Appl. 50.435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562, Fall Nnyanzi gg. Vereinigtes Königreich, Fall Darren Omoregie u.a. gg. Norwegen).

Privatleben iSd Artikel 8, Absatz eins, EMRK kann grundsätzlich nur im Rahmen eines legalen Aufenthaltes entstehen. Eine während des laufenden Asylverfahrens bloß vorläufige Aufenthaltsberechtigung ist nicht geeignet berechtigterweise schon die Erwartung hervorzurufen, in Österreich bleiben zu dürfen (EGMR in den Sachen Ghiban v. 7.10.04, 33743/03 und Dragan NVwZ 2005, 1043, Nnyanzi gg. Norwegen).

Der Asylwerber kann während seines Asylverfahrens nicht darauf vertrauen, dass ein in dieser Zeit entstehendes Privat- bzw. Familienleben auch nach der Erledigung seines Asylantrages fortgesetzt werden kann. Die Rechte aus der GFK dürfen nicht dazu dienen, die Einwanderungsregeln zu umgehen (ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Artikel 8, EMRK, S 857 mwN).

Verfügt die beschwerdeführende Partei über einen gesicherten Aufenthalt und ist sie nicht straffällig geworden, so bewirken diese Umstände keine relevante Verstärkung ihrer persönlichen Interessen (Hinweis E 24. Juli 2002, 2002/18/0112; 31.10.2002, 2002/18/0190).

Das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration ist weiters dann gemindert, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf einen unberechtigten Asylantrag zurückzuführen ist (VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479 mwN). Beruht der bisherige Aufenthalt auf rechtsmissbräuchlichem Verhalten (insbesondere bei Vortäuschung eines Asylgrundes [vgl VwGH 2.10.1996, 95/21/0169]), relativiert dies die ableitbaren Interessen des Asylwerbers wesentlich [vgl. die Erkenntnisse vom 28. Juni 2007, Zl. 2006/21/0114, und vom 30. August 2007, Zl. 2006/21/0246] (VwGH 20.12.2007, 2006/21/0168).

Bei der Abwägung der Interessen ist auch zu berücksichtigen, dass es der beschwerdeführenden Partei bei der asylrechtlichen Rückkehrentscheidung grundsätzlich nicht verwehrt ist, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG wieder in das Bundesgebiet zurückzukehren vergleiche ÖJZ 2007/74, Peter Chvosta, Die Rückkehrentscheidung von Asylwerbern und Artikel 8, EMRK, S 861, mwN).

3.2.6. Im Einzelnen ergibt sich unter zentraler Beachtung der in Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins -, 9, BFA-VG genannten Determinanten Folgendes:

-             Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:

Der BF hält sich (spätestens) seit 17.07.2015, sohin rund acht Jahren und zehn Monaten in Österreich auf. Die Aufenthaltsdauer ist daher keineswegs als kurz, aber auch nicht als besonders lange zu bewerten. Von der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshof entwickelten Judikatur, die bei einem über zehnjährigen Aufenthalt (sofern diese Dauer nicht durch gewisse Umstände relativiert wird) regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich ausgeht, ist die Länge des Aufenthalts des BF eine nicht bloß unerhebliche Zeitspanne entfernt. Sohin ist die Aufenthaltsdauer von ca. acht Jahren und zehn Monaten nicht als so lange zu bewerten, dass diese das Interesse des BF an einem (Weiter-)Verbleib in Österreich automatisch als überwiegend perpetuieren würde.

Der BF ist seit Juli 2015 in Österreich aufhältig. Er reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnte seinen Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Antrags auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren. Nach Abweisung dieses Antrages und Verfügung einer asylrechtlichen Rückkehrentscheidung durch das BFA wurde die vorläufige Aufenthaltsberechtigung durch Einbringung der Beschwerde beim BVwG für die Dauer des Beschwerdeverfahrens verlängert. Ab Rechtskraft des Erkenntnisses des BVwG vom 14.04.2021 hielt sich der BF somit rechtswidrig in Österreich auf, zumal er entgegen seiner Verpflichtung zur Ausreise Österreich nicht verlassen hat. Abgesehen von der aus der bloßen Asylantragstellung resultierenden vorläufigen Aufenthaltsberechtigung für die Dauer des Verfahrens kam nicht hervor, dass der BF zu irgendeinem Zeitpunkt über einen anderen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet verfügt hätte. Hätte er diesen unbegründeten Antrag nicht gestellt, wäre er seit jeher rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig bzw. wäre davon auszugehen, dass der rechtswidrige Aufenthalt bereits durch entsprechende aufenthaltsbeendende Maßnahmen in der Vergangenheit beendet worden wäre und er sich nicht mehr im Bundesgebiet aufhalten würde. Die Schutzwürdigkeit des Privatlebens des BF ist dadurch als deutlich gemindert anzusehen vergleiche VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180), zumal der Aufenthalt des BF auch nicht geduldet war.

-             das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens:

Wie zuvor ausgeführt, verfügt der BF über kein schützenswertes Familienleben in Österreich.

-             Schutzwürdigkeit des Privatlebens / Die Frage, ob das Privatleben / Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstaates bewusst waren:

Der BF begründete sein Privatleben im Wesentlichen zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Der Aufenthalt des BF war zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt bzw. war ihr Aufenthalt nach Abschluss ihres ersten Asylverfahrens unrechtmäßig und hätte der BF seiner Ausreiseverpflichtung nachkommen müssen.

Einem Asylwerber muss überdies auch (spätestens) nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages - auch wenn er subjektiv Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende haben sollte - im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten weiteren Aufenthalt ausgehen [Hinweis E 25. März 2010, 2010/21/0064 bis 0068] (VwGH 29.4.2010, 2010/21/0085). Weiter kommt hinzu, dass davon auszugehen ist, dass dieser als unbegründet zu erachtende Asylantrag zudem hinsichtlich der Fluchtgründe auf falsche Gegebenheiten gestützt und damit versucht wurde die Asylinstanzen zu täuschen.

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders zu berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall nicht vor.

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einen unbegründeten Antrag fußenden Asylverfahrens bzw. gar nach negativer Entscheidung im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällen bei Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier bei weitem nicht vorliegt vergleiche hier etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

-             Grad der Integration:

Der BF reiste im Juli 2015 in Österreich ein und befindet sich somit seit mehr als acht Jahren in Österreich, was in Bezug auf sein Lebensalter einen untergeordneten Zeitraum darstellt. Aus dem Akteninhalt geht auch nicht hervor, dass der BF (je) selbsterhaltungsfähig (gewesen) wäre bzw. ernsthafte und taugliche Bemühungen zur Herstellung der Selbsterhaltungsfähigkeit unternommen hätte. Der BF bezieht seit seiner Einreise im Juli 2015 durchgehend Leistungen der staatlichen Grundversorgung. Aktuell weist er (formlos als „Arbeitsvorverträge“ betitelte) Einstellungszusagen vor und bemühte sich (erfolglos) um Beschäftigungsbewilligungen beim AMS. Eine maßgebliche Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt wurde dadurch nicht verwirklicht. Der BF pflegt soziale Bekanntschaften in Österreich. Über Angehörige in Österreich und in anderen Mitgliedstaaten der EU verfügt der BF nicht. Er wohnt gemeinsam mit einem in Österreich zum Aufenthalt berechtigten Fremden in einer Mietwohnung in römisch 40 . Abhängigkeitsverhältnisse wurden diesbezüglich seitens des BF nicht vorgebracht. Verfestigte soziale oder freundschaftliche Bindungen zu in Österreich lebenden Personen können nicht festgestellt werden. Der BF legte im Antragsverfahren mehrere Empfehlungsschreiben vor. Der BF unterstützte in der Vergangenheit einmal wöchentlich eine Einrichtung, in der für Bedürftige gekocht wird. Er beteiligte sich zweimal freiwillig an der Reinigung der römisch 40 und half auch beim Marathon in römisch 40 mit, indem er den Teilnehmern Trinkwasser überreichte. Während der Coronavirus-Pandemie ging er für einige Personen einkaufen. Er verfügt über einen Plasmaspender-Ausweis. Es kann nicht festgestellt werden, dass sich der BF aktuell in einem Verein bzw. einer sonstigen Organisation oder anderweitig ehrenamtlich engagiert. Der BF hat am 20.03.2021 die Integrationsprüfung des ÖSD bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz (Niveau: A2) und zu Werte- und Orientierungswissen erfolgreich absolviert. Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

In Anbetracht der Aufenthaltsdauer, einer geringen sozialen Integration und der fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit und insbesondere vor dem Hintergrund, dass der BF während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet im Rahmen der Grundversorgung des Bundes unterstützt wurde, kann von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des BF in die österreichische Gesellschaft nicht ausgegangen werden. Auch der Umstand, dass der BF Einstellungszusagen vorweisen kann, stellt keine besondere berufliche Integration des BF dar.

-             Bindungen zum Herkunftsstaat:

Der BF verbrachte den überwiegenden Teil seines Lebens im Irak und wurde dort sozialisiert. Er spricht die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau. Der BF hat im Irak eine mehrjährige Schulbildung genossen, verfügt über einen irakischen Schulabschluss und war im Irak auch beruflich tätig. Auch familiäre Anknüpfungspunkte sind im Irak nach wie vor vorhanden. Dass der BF als vom Irak entwurzelt zu betrachten wäre, kann nicht angenommen werden. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass bei einem etwa acht Jahre dauernden inländischen Aufenthalt ein Fremder dadurch nicht gehindert ist, sich wieder eine existenzielle Grundlage im Herkunftsland aufzubauen (VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162).

-             strafrechtliche Unbescholtenheit:

In der Datenbank des österreichischen Strafregisters scheinen keine Vormerkungen wegen gerichtlicher Verurteilungen auf.

Die Feststellung, wonach der BF strafrechtlich unbescholten ist, relativiert sich durch den - im Vergleich zum Lebensalter des BF - erst verhältnismäßig kurzen Aufenthalt und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420).

-             Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-. Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts:

Der BF reiste nicht rechtmäßig in das Bundesgebiet ein, was grundsätzlich als relevanter Verstoß gegen das Einwanderungsrecht in die Interessensabwägung einzubeziehen ist vergleiche zB. VwGH 25.02.2010, 2009/21/0165; 25.02.2010, 2009/21/0070).

Er legalisierte seinen Aufenthalt erst durch die Stellung des Antrages auf internationalen Schutz.

Nach Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung weigerte er sich, auszureisen und stellte einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 56, Absatz eins, AsylG. Seit der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung im asylrechtlichen Vorverfahren ist der BF illegal im Bundesgebiet aufhältig.

Mit Strafverfügung der LPD römisch 40 vom 15.09.2023, Zl. VStV/ römisch 40 /2023, wurde der BF nach Paragraph 120, Absatz eins a, in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz 8, FPG bestraft und über ihn eine Geldstrafe von € 500,00 verhängt.

-             Mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer:

Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine deutlich raschere Erledigung des Verfahrens, insbesondere des Vorverfahrens, möglich gewesen wäre, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens des BF sowie seines im Bundesgebiet demonstrierten ganzheitlichen Verfahrensverhaltens davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, dergestalt in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Artikel 8, EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen des BF auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden hinsichtlich der Verfahrensdauer vergleiche auch bei Vorliegen von weitaus engeren Bindungen im Sinne des Artikel 8, EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 08.04.2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06). Auch sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die zeitliche Komponente nicht das allein ausschlaggebende Faktum darstellt. Nicht unwesentlich für die Dauer des (Vor-)Verfahrens im Gesamten war insbesondere der Umstand, dass der BF im asylrechtlichen Vorverfahren in Täuschungsabsicht falsche Tatsachen vorbrachte und damit seine Mitwirkungsverpflichtung erheblich verletzte vergleiche Paragraph 15, Absatz eins, AsylG: Ein Asylwerber hat am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.). Auch hat er sich im Anschluss an die ihm mit Erkenntnis des BVwG vom 14.04.2021 rechtskräftig auferlegte Ausreiseverpflichtung über seine kontinuierlich bestehende Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebiets beharrlich hinweggesetzt. Es kann vertretbar davon ausgegangen werden, dass die Verfahren, hätte sich der BF von Anfang an rechtstreu verhalten, in kürzerer Zeit abgeschlossen worden wären.

3.2.7. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse des BF am Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiegt. Die für den Verbleib des BF in Österreich sprechenden Umstände betreffend ihr Privatleben erreichen vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen nicht ein solches Gewicht, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre. Die seit der Antragstellung gesetzten integrationsbergründenden Schritte setzte der BF schließlich auch in einem Zeitraum, in dem er sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste und die erreichte Integration muss deshalb als entsprechend relativiert betrachtet werden (z. B. VwGH 28.03.2019, Ro 2019/01/0003).

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalen Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Artikel 8, (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und vor allem dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva).

Der VwGH hat festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst vergleiche Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung [nunmehr Rückkehrentscheidung] sowie im gegenständlichen Fall unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gemäß der Rechtsprechung des EGMR vergleiche SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die EMRK Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland oder BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vergleiche dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Es deutet auch nichts darauf hin, dass sich der BF nicht erneut in die Gesellschaft im Irak integrieren könnte, zumal er dort sozialisiert wurde, die Landessprache spricht, den Großteil seines Lebens dort verbrachte, die Schule besuchte und auch beruflich dort tätig war. Auch familiäre Anknüpfungspunkte sind im Irak nach wie vor vorhanden. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass bei einem etwa acht Jahre dauernden inländischen Aufenthalt ein Fremder dadurch nicht gehindert ist, sich wieder eine existenzielle Grundlage im Herkunftsland aufzubauen (VwGH 23.11.2017, Ra 2015/22/0162).

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass zuletzt das BVwG in dieser Sache am 14.04.2021 entschied. Das BVwG kam zu dem Ergebnis, dass der BF keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sozialer, beruflicher und sprachlicher Hinsicht aufweise. Seither hat sich keine maßgebliche Änderung des Privat- und Familienlebens des BF in Österreich ergeben. Wie bereits beweiswürdigend dargelegt, vermögen die vom BF vorgelegten „Arbeitsvorverträge“ bzw. Einstellungszusagen neueren Datums, aus denen sich jedoch keine maßgebliche Integration des BF in den österreichischen Arbeitsmarkt ableiten lässt, keine relevante Sachverhaltsänderung darzustellen und hat auch der Verwaltungsgerichtshof zur Aufenthaltsdauer (als fragliche Sachverhaltsänderung) bereits ausgesprochen, dass selbst der Zeitablauf zwischen einer Rückkehrentscheidung und einer nachfolgenden Zurückweisung von Anträgen auf Erteilung von Aufenthaltstiteln von ungefähr fünf Jahren noch keine maßgebliche Sachverhaltsänderung bewirkt vergleiche VwGH 19.04.2023, Ra 2022/17/0226-13, mwN). Ferner gilt es im Hinblick auf den Aufenthalt des BF nochmals festzuhalten, dass der Antrag des BF auf internationalen Schutz vom 18.05.2015 bereits am 31.05.2017 negativ beschieden und gegen den BF zuletzt am 14.04.2021 eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Seiner Ausreiseverpflichtung kam der BF jedoch nicht nach, vielmehr verblieb er unrechtmäßig im Bundesgebiet und stellte am 06.11.2023 den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 56, Absatz eins, AsylG.

Demgemäß ist in Bezug auf die ergänzend dargelegten Integrationsschritte des BF in Betracht zu ziehen, dass er diese allesamt über einen Zeitraum gesetzt hat, in welchem er zur Ausreise aus Österreich verpflichtet war. Diese Schritte erfolgten insofern zur Gänze vor dem Hintergrund seines unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltes und wirkt angesichts dessen auch das im Rahmen der Rückkehrentscheidung im Erkenntnis des BVwG vom 14.04.2021 berücksichtigte öffentliche Interesse an seiner Aufenthaltsbeendigung mit zumindest gleichem Gewicht unverändert fort und steht dem fortgesetzten Ausleben der im Wesentlichen bereits bisher berücksichtigten Interessenslage des BF auch weiterhin entsprechend entgegen, sofern man in Betracht zieht, dass bei der Gewichtung der für den Fremden sprechenden Umstände im Sinn des Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 8, BFA-VG als maßgeblich relativierend einbezogen werden darf, dass er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste vergleiche VwGH 31.01.2022, Ra 2021/20/0486, mwN) und unter dem Gesichtspunkt des Artikel 8, EMRK nicht akzeptiert werden muss, dass ein Fremder mit seinem Verhalten letztlich versucht, die in seiner Sache zur Entscheidung berufenen Behörden bzw. das Gericht in Bezug auf den Aufenthalt in Österreich vor vollendete Tatsachen zu stellen vergleiche VwGH 29.06.2022, Ra 2021/20/0403, mwN).

Auch ein genereller Verweis auf die Sprachkenntnisse des BF bzw. den abgelegten Integrationskurs reicht im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur, wonach selbst die Umstände, dass ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt vergleiche VwGH 06.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029), nicht hin, um eine Neubeurteilung als erforderlich bzw. eine dem Ergebnis nach abweichende Interessenabwägung als indiziert erscheinen zu lassen.

Ausgehend von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen ist und wonach eine Aufenthaltsbeendigung grundsätzlich nur dann für zulässig bzw. verhältnismäßig erachtet werden kann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, ist festzuhalten, dass das BVwG keineswegs verkennt, dass diese zu mehr als zehnjährigen Inlandsaufenthalten entwickelte Judikatur vom VwGH - bei stärkerem Integrationserfolg - auch auf Fälle übertragen wurde, in denen die Aufenthaltsdauer knapp unter zehn Jahren lag vergleiche VwGH vom 17.09.2021, Ra 2020/19/0420, mwN). Diese Rechtsprechungslinie betraf aber nur Konstellationen, in denen der Inlandsaufenthalt bereits über zehn Jahre dauerte und sich aus dem Verhalten des Fremden - abgesehen vom unrechtmäßigen Verbleib in Österreich - sonst keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ergab (VwGH 25.4.2014, Ro 2014/21/0054; 10.11.2015, Ro 2015/19/0001). Im Lichte dessen, ist im gegenständlichen Fall festzuhalten, dass der faktische Aufenthalt des BF im Bundesgebiet (rund acht Jahre und zehn Monate) die vom Höchstgericht gewissermaßen als Integrationsverfestigung postulierte Aufenthaltsdauer von zehn Jahren nicht nur geringfügig unterschreitet und allein aus diesem Grund aus der referenzierten Judikatur des VwGH für den Standpunkt des BF im hiesigen Verfahren nichts gewonnen werden kann. Im Übrigen kam nicht hervor, dass er tiefergehend in die österreichische Gesellschaft integriert wäre. Dadurch besteht jedenfalls noch keine derartige Verdichtung seiner persönlichen Interessen, dass dem BF schon deshalb unter dem Gesichtspunkt des Artikel 8, EMRK ein dauernder Verbleib in Österreich ermöglicht werden müsste.

3.2.8. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA VG ist die belangte Behörde in einer Zusammenschau der oben dargelegten Erwägungen somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet insbesondere unter Berücksichtigung der beharrlichen Weigerung, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, das persönliche Interesse desselben am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Würde sich der BF gegenständlich erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen können, würde dies überdies letztlich auch dazu führen, dass Fremde, die die fremdenrechtlichen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen beachten, schlechter gestellt wären, als Fremde, die ihren Aufenthalt im Bundesgebiet lediglich durch ihre illegale Einreise und durch die Stellung eines unbegründeten oder sogar rechtsmissbräuchlichen Asylantrages erzwingen bzw. dessen ungeachtet beharrlich illegal im Bundesgebiet verbleiben und massiv strafrechtlich relevantes Verhalten setzen. In letzter Konsequenz würde dies zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen (zum allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen, vergleiche VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007; vergleiche dazu auch das Erkenntnis VfSlg 19.086/2010, in dem der Verfassungsgerichtshof auf dieses Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt und in diesem Zusammenhang explizit erklärt, dass "eine andere Auffassung sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen würde.").

Es erfolgte daher zu Recht die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, weshalb Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides zu bestätigen war.

3.3. Zulässigkeit der Abschiebung:

3.3.1. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach Paragraph 50, Absatz eins, FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach Paragraph 50, Absatz 2, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005).

Nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

3.3.2. Im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß Paragraph 52, Absatz 9, in Verbindung mit Paragraph 50, FPG getroffenen Feststellungen sind keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung des BF in den Irak unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht schlüssig dargelegt.

Das BVwG hat sich in der Entscheidung vom 14.04.2021 über den Antrag des BF auf internationalen Schutz umfassend damit auseinandergesetzt, dass seine Gefährdung nicht erkennbar ist. Sämtliche Umstände wurden darin berücksichtigt. Hinsichtlich der Lage im Irak sind keine maßgeblichen Änderungen seit der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG vom 14.04.2021, eingetreten bzw. wurden solche vom BF zu keinem Zeitpunkt im Verfahren substantiiert releviert.

Der BF ist gesund sowie arbeitsfähig und ergibt sich daher auch aus diesem Grund kein Abschiebungshindernis für ihn.

Dass sich der Irak in einem Zustand willkürlicher Gewalt befindet, kann nicht festgestellt werden und ergibt sich dies auch nicht aus der von Gerichts wegen aufliegenden und einsehbaren Länderinformationslage.

Das Gericht sieht sich auch nicht veranlasst, in diesem Zusammenhang weitergehende Prüfungen vorzunehmen bzw. ist ihm dies sogar verwehrt und ist somit die Zulässigkeit der Abschiebung festzustellen vergleiche hierzu auch VwGH 31.08.2017, Ra 2016/21/0367; VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157; VwGH 15. 9 2016, Ra 2016/21/0234).

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch IV. des angefochtenen Bescheides, mit der die Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak bekämpft wurde, wird daher insoweit ebenso abgewiesen.

3.4. Einreiseverbot:

3.4.1. Paragraph 53, FPG:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

Anmerkung, Absatz eins a, aufgehoben durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Absatz eins, ist, vorbehaltlich des Absatz 3,, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1.              wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Paragraph 20, Absatz 2, der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, in Verbindung mit Paragraph 26, Absatz 3, des Führerscheingesetzes (FSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 1997,, gemäß Paragraph 99, Absatz eins,, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß Paragraph 37, Absatz 3, oder 4 FSG, gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den Paragraphen 81, oder 82 des SPG, gemäß den Paragraphen 9, oder 14 in Verbindung mit Paragraph 19, des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2.              wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3.              wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Absatz 3, genannte Übertretung handelt;
4.              wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5.              wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6.              (Anm.: aufgehoben durch VfGH, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 202 aus 2022,)
7.              bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8.              eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK nicht geführt hat oder
9.              an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, Zahl 2011/21/0237, zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014) erwogen, dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen vergleiche ErläutRV, 1078 BlgNR 24. Gesetzgebungsperiode 29 ff und Artikel 11, Absatz 2, Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8, Absatz 2, MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Ziffer eins bis 9 des Paragraph 53, Absatz 2, FrPolG 2005 in der Fassung FrÄG 2011 anzunehmen.

Aus der Formulierung des Paragraph 53, Absatz 2 und 3 FPG ergibt sich, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ nicht abschließend zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen,…" „… hat insbesondere zur gelten …“), weshalb das BFA berechtigt ist, in den in Absatz 2 und Absatz 3, leg. cit expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot zu erlassen.

3.4.2. Das BFA legte daran anknüpfend dar, dass die Aufzählung des Paragraph 53, FPG demonstrativ sei und demnach nicht als enumerativ abschließend anzusehen sei, was auch eindeutig aus dem Gesetzestext hervorgehe, nachdem klar festgestellt werde, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit insbesondere gegeben sei, wenn einer der aufgezählten Tatbestände des Paragraph 53, Absatz 2, FPG vorliege.

Das BFA verhängte gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, Ziffer 3, FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den BF. Begründend legte das BFA im Wesentlichen dar, dass der BF von der LPD römisch 40 mit Strafverfügung vom 15.09.2023 aufgrund eines Verstoßes gegen Paragraph 120, Absatz eins a, in Verbindung mit Paragraph 52, Absatz 8, FPG mit einer Geldstrafe von € 500,00 bestraft wurde. Aufgrund seiner bewussten Missachtung fremdenrechtlicher Normen sei sein weiterer Aufenthalt jedenfalls als Gefährdung der öffentlichen Ordnung zu qualifizieren, zumal weitere Verstöße gegen das Fremdenrecht zu erwarten seien.

Des Weiteren begründete das BFA das erlassene Einreiseverbot zusammengefasst damit, dass der BF die fremdenrechtlichen Bestimmungen iSv Artikel 11, Rückführungs-RL und die Einreisevorschriften übertreten habe. Der BF würde versuchen, durch das Stellen des nunmehrigen, unbegründeten Antrages seinen illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet zu prolongieren.

3.4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein unrechtmäßiger Aufenthalt per se nicht immer auch die Verhängung eines Einreiseverbotes zusätzlich zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung. Liegt aber nicht bloß ein unrechtmäßiger Aufenthalt, sondern eine qualifizierte Verletzung der Ausreiseverpflichtung vor, so kann daraus eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Sinn des Paragraph 53, Absatz 2, FPG abzuleiten sein, die die Verhängung eines Einreiseverbotes erforderlich macht. Dies entspricht auch Artikel 11, Absatz eins, Litera b, der Rückführungsrichtlinie, wonach Rückkehrentscheidungen mit einem Einreiseverbot einhergehen, falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde vergleiche zu alldem VwGH 19.6.2020, Ra 2019/19/0436, Rn. 17, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die bei Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommene Interessenabwägung im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG. Das gilt sinngemäß auch für die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose und für die Bemessung der Dauer eines Einreiseverbotes vergleiche VwGH 18.6.2020, Ra 2020/01/0162, Rn. 11, mwN).

Im gegenständlichen Fall ist unstrittig, dass der BF seiner ihm mit Erkenntnis vom 14.04.2021 rechtskräftig auferlegten Ausreiseverpflichtung bis dato - sohin (von der Rechtskraft der angeführten Entscheidung weggerechnet) über einen Zeitraum von mehr als zweieinhalb Jahren - nicht nachgekommen ist. Sein fortgesetzter Aufenthalt im Bundesgebiet läuft den öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen damit massiv zuwider. Der BF ignorierte nicht nur beharrlich seine Verpflichtung, das Bundesgebiet zu verlassen und in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren (weswegen auch eine Verwaltungsstrafe nach dem FPG gegen ihn verhängt wurde), sondern stellte vielmehr darüberhinaus am 06.11.2023 den gegenständlichen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Paragraph 56, Absatz eins, AsylG, der in weiterer Folge mangels Mitwirkung des BF im Verfahren bei der Erlangung von Identitäts- bzw. Reisedokumenten zurückgewiesen wurde. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich sowohl der Antrag auf internationalen Schutz als auch der gegenständliche Antrag als erfolglos erwiesen. Zudem tritt hinzu, dass der BF in Gefolge seines Aufenthalts in Österreich (konkret im asylrechtlichen Vorverfahren) die zur Entscheidung berufenen Stellen offensichtlich durch Behauptung falscher Tatsachen versuchte, in die Irre zu führen, um unberechtigt einen Aufenthaltstitel über das Asylverfahren zu erlangen und schreckte er sohin auf eindrucksvolle Weise nicht davor zurück, sich gegenüber den Behörden bzw. dem Gericht der Unwahrheit zu bedienen, wenn er sich daraus einen verfahrenstaktischen Vorteil für seinen Standpunkt im Asylverfahren erhoffte. Der BF hat damit während seines gesamten Aufenthalts in Österreich gezeigt, dass er nicht gewillt ist, den Anweisungen der österreichischen Fremdenbehörden Folge zu leisten bzw. die österreichischen asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen anzuerkennen.

Dem BFA ist daher nicht entgegenzutreten, wenn es davon ausgeht, dass der BF eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere im Hinblick auf die Verhinderung unkontrollierter und illegaler Zuwanderung vergleiche dazu auch VwGH 26.06.2014, Ro 014/21/0026, VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237; vergleiche auch VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349) darstellt und hat der BF kein Verhalten an den Tag gelegt, welches eine positive Zukunftsprognose zulässt.

Das bisherige Verhalten des BF lässt den Schluss zu, dass dieser auch künftig nicht gewillt sein würde, jene fremdenrechtlichen Vorschriften zu respektieren, die ihm den Aufenthalt im Bundesgebiet verwehren. Angesichts seines beharrlichen, die Rechtsordnung negierenden Verhaltens erscheint es sehr wahrscheinlich, dass er weiterhin versuchen würde, seinen unrechtmäßigen Aufenthalt durch weitere Antragstellungen und Außerachtlassung von Ausreiseverpflichtungen fortzusetzen.

Aufgrund des zu prognostizierenden künftigen Fehlverhaltens kommt eine Behebung des befristeten Einreiseverbotes nicht in Betracht und kann auch für die Zukunft nicht davon ausgegangen werden, dass der BF sein Verhalten ändern und die fremdenrechtlichen Vorschriften beachten würde.

Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Artikel 8, MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des Paragraph 9, BFA-VG 2014 zu prüfen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in Paragraph 9, Absatz eins, BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd Paragraph 53, FPG 2005, in dessen Absatz 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Artikel 8, MRK angesprochen wird (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).

Eine entsprechende Interessensabwägung im Sinne des Artikel 8, EMRK wurde bereits durchgeführt, ebenso wurde bereits dargelegt, welchen öffentlichen Interessen im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK der Aufenthalt des BF im Bundesgebiet widersprechen. Unstrittig hat der BF die bereits dargelegten privaten Anknüpfungspunkte in Österreich vorzuweisen, welche jedoch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände nicht so stark ausgeprägt sind, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss eines asylrechtlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen würden.

Unter Berücksichtigung aller genannten Umstände sowie in Ansehung des bisherigen Fehlverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des BF kann eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit als gegeben angenommen werden. In Gegenüberstellung zum daraus abzuleitenden persönlichen Interesse an einem Verbleib im Bundesgebiet kam somit der aus dem oben dargestellten Sachverhalt abzuleitenden Gefährdungsprognose zu Lasten des BF ein höheres Gewicht zu, weshalb sich das vom BFA verhängte Einreiseverbot schon dem Grunde nach als rechtskonform erwies.

Im Hinblick auf Artikel 8, EMRK wird ferner darauf hingewiesen, dass das Privat- oder Familienleben eines Drittstaatsangehörigen im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern auch die Situation in den anderen Mitgliedstaaten "in den Blick" zu nehmen ist. Das folgt unzweifelhaft daraus, dass diese aufenthaltsbeendenden Maßnahmen grundsätzlich auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten bezogen sein sollen vergleiche VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237, VwSlg. 18295 A/2011). Familiären Bindungen in einem anderen Mitgliedstaat ist daher dadurch Rechnung zu tragen, dass die bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes zu beantwortende Frage nach einem - zulässigen - Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen nicht allein im Hinblick auf seine Verhältnisse in Österreich beurteilt werden darf, sondern dass auch die Situation in dem anderen "Schengen-Staat" zu berücksichtigen ist vergleiche VwGH 21.1.2021, Ra 2020/21/0349 mwN wie etwa VwGH 20.12.2018, Ra 2018/21/0236; VwGH 3.7.2018, Ro 2018/21/0007).

Derartige Bindungen traten verfahrensgegenständlich allerdings nicht zum Vorschein.

Der BF zeigt in der Beschwerde keinerlei Gründe auf, wonach die Ermessensübung in Bezug auf die Verhängung eines Einreiseverbotes durch das BFA nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre und sind auch dem erkennenden Gericht keine Hinweise hierauf erkennbar, weshalb diese Frage keiner weiteren Prüfung durch das BVwG zugänglich ist vergleiche Artikel 130, Absatz 3, B-VG).

Die Beschwerde wendet sich weder gegen die Dauer des Einreiseverbots, noch legt sie dar, auf Grund welcher Umstände von einem früheren Wegfall der für die Erlassung des Einreiseverbots maßgeblichen Gründe allenfalls auszugehen gewesen wäre.

Die zeitliche Dauer des gegen den BF erlassenen Einreiseverbots gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, Ziffer 3, FPG im Ausmaß von zwei Jahren (die im unteren Bereich der nach Absatz 2, leg. cit. möglichen Höchstdauer von fünf Jahren angesiedelt ist und sich somit bei Gesamtschau der Umstände als ausgesprochen moderat darstellt) erweist sich mit Blick auf die dargelegten Erwägungen als jedenfalls angemessen und erforderlich, um die vom BF ausgehende gegenwärtige Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit abzuwenden.

Die Beschwerde war somit auch hinsichtlich Spruchpunkt römisch fünf. als unbegründet abzuweisen.

3.5. Keine Frist für die freiwillige Ausreise:

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG besteht u. a. eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß Paragraph 18, BFA-VG durchführbar wird. Hierunter fallen neben Verfahren, in denen einer Beschwerde ex lege keine aufschiebende Wirkung zukam, auch die Verfahren, in denen das BFA die aufschiebende Wirkung aberkannt hat und in denen jeweils keine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Bundesverwaltungsgericht gemäß Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG erfolgt ist.

Gemäß Paragraph 55, Absatz 4, FPG hat das Bundesamt von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß Paragraph 18, Absatz 2, BFA-VG aberkannt wurde.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde mit Spruchpunkt römisch VII. einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung - zu Recht, wie in der Folge zu Pkt. 3.6. auszuführen sein wird - aberkannt.

Richtigerweise hat daher das BFA eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes römisch VI. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG abzuweisen war.

3.6. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß Paragraph 18, Absatz 2, Ziffer eins, BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt, weil „die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist“.

Die Voraussetzungen des Paragraph 18, Absatz 2, Ziffer eins, BFA-VG sind im gegenständlichen Fall erfüllt vergleiche dazu die Ausführungen zur Verhängung des Einreiseverbotes unter Punkt 3.4.), da vom BF eine erhebliche Gefährdung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht, sodass das BFA der vorliegenden Beschwerde zu Recht die aufschiebende Wirkung aberkannt hat. Es lag für das BFA auch kein Grund vor, im Rahmen der Ermessensübung von der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung Abstand zu nehmen.

Aus dem Gesagten war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch VII. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.7. Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung:

3.7.1. Gemäß Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist. Da der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte eine mündliche Verhandlung entfallen.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall aber auch gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG unterbleiben, da der Sachverhalt im Hinblick auf die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war.

Gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Im Übrigen gilt Paragraph 24, VwGVG.

Gemäß Paragraph 24, VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach Absatz 4, leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetze nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtslage nicht erwarten lässt, und einem Entfall der mündlichen Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der EMRK noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, (2010, C 83/02) entgegensteht.

Gemäß Artikel 47, Absatz eins, GRC hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge des Absatz 2, leg. cit. hat jede Person das Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Artikel 25, Absatz eins, GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Zur Frage der Verhandlungspflicht brachte der Verfassungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 14.03.2012, U 466/11, u.a. zum Ausdruck, er hege vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Zulässigkeit des Unterbleibens einer mündlichen Verhandlung weder Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des Paragraph 41, Absatz 7, AsylG, noch könne er finden, dass der Asylgerichtshof der Bestimmung durch das Absehen von der Verhandlung einen verfassungswidrigen Inhalt unterstellt habe. Das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheine oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergebe, dass das Vorbringen tatsachenwidrig sei, steht im Einklang mit Artikel 47, Absatz 2, GRC, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden habe, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt worden sei.

Übertragen auf den vorliegenden Beschwerdefall erfordert ein Unterbleiben einer Verhandlung vor dem BVwG somit, dass aus dem Akteninhalt der belangten Behörde die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar ist.

Der VwGH hat zur Frage der Verhandlungspflicht mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 ausgesprochen, dass sich die bisher zu Paragraph 67 d, AVG ergangene Rechtsprechung auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten weitgehend übertragen lässt. Für den Anwendungsbereich der vom BFA-VG 2014 erfassten Verfahren ist primär Paragraph 21, Absatz eins und subsidiär Paragraph 24, Ab. 4 VwGVG als maßgeblich heranzuziehen. Für die Auslegung der Wendung in Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG 2014 "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt scheint", sind nunmehr folgende Kriterien beachtlich: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die, die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende, Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf keine dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, dass gegen das in Paragraph 20, BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

3.7.2. In Zusammenhang mit einer Zurückweisung gemäß Paragraph 58, Absatz 10, AsylG 2005 ist die Bestimmung des Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG 2014 nicht einschlägig, sondern die Frage nach dem zulässigen Unterbleiben einer Verhandlung auf Basis des Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG 2014 zu beurteilen. Demnach kann eine Verhandlung (unter anderem) dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen ist vergleiche VwGH 29.03.2021, Ra 2017/22/0196, siehe auch VwGH 04.03.2020, Ra 2019/21/0214, betreffend die Zurückweisung nach Paragraph 58, Absatz 11, AsylG 2005). Da der verfahrenseinleitende Antrag zurückzuweisen war, konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Paragraph 24, Absatz 2, VwGVG unterbleiben.

Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid auch ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorausgegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt. Insbesondere ist die belangte Behörde ihrer Ermittlungspflicht durch die mündliche Befragung bzw. Einvernahme des BF 26.02.2024 nachgekommen. Es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüberhinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet. Dem BVwG liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit dem mündlich zu erörtern gewesen wäre.

Da der Sachverhalt (auch) aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2024:L532.2162363.2.00