Bundesverwaltungsgericht
30.01.2024
W104 2265480-1
W104 2265480-1/60E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian Baumgartner als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Katharina David und den Richter Dr. Günther Grassl als Beisitzer über die Beschwerden 1. des römisch 40 , 2. der römisch 40 , römisch 40 , und 3. von römisch 40 , gegen den Genehmigungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 8.11.2022, GZ.: 2179391-2022, mit dem der römisch 40 , die Genehmigung für das „Städtebauvorhaben Nordwestbahnhof“ erteilt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
römisch eins. Der angefochtene Bescheid wird aufgrund der Beschwerden insofern abgeändert, als Nebenbestimmung 3.1 lautet:
„3.1. Die Raumkonditionierung (Beheizung, Kühlung) und Warmwasserbereitung aller Gebäude hat ohne Einsatz von fossilen Energieträgern vor Ort (Fern-/Nahwärme und –kälte, die ganz oder teilweise auf Energie aus erneuerbaren Quellen beruht, Kraft-Wärme-Kopplung, dezentrale Energieversorgungssysteme auf der Grundlage von Energie aus erneuerbaren Quellen, Wärmepumpen) zu erfolgen. Die Planung für die zum Einsatz kommenden Energiesysteme ist gemäß dem Fachkonzept Energieraumplanung der Stadt Wien laufend zu verfeinern und konkretisieren. Spätestens ein Jahr vor Beginn der Hochbauten ist der Behörde ein detailliertes Energiekonzept vorzulegen, das nach dem dann geltenden Stand der Technik folgendes beinhaltet:
- Abschätzung des Bedarfs,
- Analyse der Potentiale für den Einsatz der fortschrittlichsten erneuerbaren Energieträger für Raumkonditionierung, Warmwasserbereitung und Stromerzeugung, einschließlich Außenluft-, Abwärme-, Erdwärme- und Abwassernutzung, Solarenergie thermisch und elektrisch, Bauteilaktivierung,
- Zwischenbilanz zum Deckungsgrad durch erneuerbare Energieträger samt Restbedarf,
- Entwicklung von Versorgungsoptionen entsprechend der Leitlinien,
- Gegenüberstellung von Optionen (Ökologie, Invest-Lebenszyklus),
- Festlegung von Umsetzungsvarianten und Definierung von Planungsvorgaben.“
römisch II. Im Übrigen werden die Beschwerden abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Behördliches Verfahren:
Die Projektwerberin beantragte am 2.3.2021 die Erteilung der Genehmigung gemäß Paragraph 17, i.V.m. Anhang 1 Ziffer 18, Litera b, Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) für das Städtebauvorhaben Nordwestbahnhof.
Mit Edikt vom 21.12.2021 erfolgte gemäß Paragraphen 44 a, ff AVG und Paragraph 9, Absatz 3, UVP-G die öffentliche Bekanntmachung des Vorhabens samt Genehmigungsantrag, Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) und Projektunterlagen im redaktionellen Teil der Tageszeitungen „Kurier“ und „Standard“, durch Anschlag an der Amtstafel des Rathauses sowie auf der Homepage der UVP-Behörde.
Zur Beurteilung des Einreichprojektes beauftragte die Behörde Sachverständige mit der Erstellung von Fachgutachten und der Zusammenfassenden Bewertung gemäß Paragraph 12 a, UVP-G.
Am 1.9.2022 fand die mündliche Verhandlung statt und wurde das Ermittlungsverfahren geschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid erteilte die Behörde der Projektwerberin die Genehmigung für das Vorhaben unter Erlassung von Nebenbestimmungen.
2. Beschwerden:
Gegen diesen Bescheid brachten die im Spruch angeführten Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen rechtzeitig Beschwerden ein, in denen geltend gemacht wurde:
Verfahrensrechtliches:
– Die Behörde habe Kundmachungsvorschriften verletzt, insbesondere hätten die Unterlagen auch im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht werden müssen;
– der Detaillierungsgrad des Vorhabens sei zu gering, es hätte aus unionsrechtlicher Sicht nicht nur eine „Rahmengenehmigung“ erteilt werden dürfen, sondern das gesamte Vorhaben in allen Details unter Anwendung auch aller darauf anwendbaren Materiengesetze genehmigt werden müssen;
– das Vorhaben sei nicht beurteilungsfähig;
– weitere Antragsteller hätten dem Genehmigungsantrag beitreten müssen;
– die Nullvariante sei falsch gewählt worden;
– eine Alternativenprüfung bzw. Darstellung der geprüften Alternativen fehle;
– Maßnahmen, auf die die Sachverständigen ihr Gutachten aufbauten, seien nicht verpflichtend vorgesehen, z.B. die Fassadenbegrünung, die Festlegung geeigneter Baumaterialien und ein Freiraumkonzept;
Themenbereich Klimaschutz:
– Eine Interessenabwägung hätte ergeben müssen, dass das öffentliche Interesse am Klimaschutz überwiegt;
Themenbereich Verkehr:
– Das zu Grunde liegende Verkehrsmodell sei unzureichend;
Themenbereich Belästigungen:
– Es komme zu unzumutbaren Belästigungen, die aber gar nicht beurteilt werden hätten können;
– es seien Auswirkungen auf die Nachbarn aufgrund von Schallimmissionen und Wind zu erwarten, die aber nicht konkret beurteilt worden seien.
Es wurden im Wesentlichen die Anträge gestellt, den Genehmigungsantrag zurück- oder abzuweisen. Weiters wurde die Vorlage von Fragen betreffend den Vorhabenstyp des Städtebauvorhabens an den Europäischen Gerichtshof angeregt.
3. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bis zur mündlichen Verhandlung:
Der Projektwerberin wurde Gelegenheit gegeben, eine Stellungnahme zu den Beschwerden abzugeben. Mit Schreiben vom 1.2.2023 wurde die Beschwerdebeantwortung erstattet. Diese wurde den Beschwerdeführern und Beschwerdeführerinnen zum allfälligen Stellungnahme binnen zwei Wochen übermittelt. Dazu langte am 21.2.2023 eine Stellungnahme des Drittbeschwerdeführers ein.
Mit Schreiben vom 24.2.2023 wurde eine mündliche Verhandlung anberaumt.
Mit Schreiben vom 15.3.2023 übermittelte die Projektwerberin vom Gericht angeforderte Unterlagen zum städtebaulichen Leitbild und den Gründen der Auswahl des Siegerprojektes im städtebaulichen Wettbewerb.
Am 27.3.2023 wurde den Beschwerdeführern und Beschwerdeführerinnen vom Gericht eine Frist gemäß Paragraph 40, Absatz 5, UVP-G 2000 i.d.F. Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 26 aus 2023, von zwei Wochen für allfällige Konkretisierungen der Beschwerden und für sonstige Stellungnahmen und Beweisanträge gesetzt.
Mit Schriftsätzen vom 4.4., 6.4. und 11.4. brachte die Erstbeschwerdeführerin eine Stellungnahme samt Unterlagen ein, in der keine neuen Themenbereiche angesprochen wurden.
Das Bundesverwaltungsgericht führte am 14.4.2023 eine mündliche Verhandlung durch, in der die Beschwerdevorbringen diskutiert wurden. Im Zuge der Verhandlung kam das Gericht zum Schluss, dass die Nullvariante i.S.d. Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 2 und 4 UVP-G 2000 grundsätzlich den auf die Betriebszeit des Vorhabens antizipierten Zustand der Umwelt darzulegen habe, wobei konkret absehbare Entwicklungen zu berücksichtigen seien; im Fall des gegenständlichen Vorhabens liege ein Konsens für einen Frachtenbahnhof vor, es sei jedoch im Einzelnen darzulegen, in wie weit das Erreichen eines bestimmten Betriebszustandes und insbesondere des dadurch verursachten Straßenverkehrs in der Zukunft (z.B. im Jahr 2035), sollte das Städtebauvorhaben nicht verwirklicht werden, realistisch und absehbar ist. Aus diesem Grund werde die Projektwerberin weitere Unterlagen vorzulegen haben, die ein Tatsachensubstrat für die Annahme eines für die Zukunft konkret absehbaren Weiterbetriebs und seiner Auswirkungen bilden können. Die Vorlage solcher Unterlagen innerhalb von drei Monaten kündigte die Projektwerberin an.
Am Schluss der Verhandlung wurde das Ermittlungsverfahren zum Themenbereich Detailgrad und Verbindlichkeit der vorgesehenen Maßnahmen gem. Paragraph 16, Absatz 3, i.V.m. Paragraph 40, Absatz 5, UVP- 2000 geschlossen.
Mit Schriftsatz vom 25.8.2023 übermittelte die Projektwerberin Unterlagen als Grundlage für einen Nullplanfall, der von einem konkret absehbaren Weiterbetrieb des Nordwestbahnhofes ausgeht.
Das Gericht beauftragte dazu zunächst einen eisenbahntechnischen Sachverständigen mit der Beurteilung der von der Projektwerberin vorgelegten Unterlagen zur Nullvariante aus Sicht seines Fachgebietes und aufbauend darauf in der Folge die bereits im behördlichen Verfahren tätigen Sachverständigen aus den Fachbereichen Verkehrstechnik, Schalltechnik und Luftreinhaltetechnik mit der Beurteilung der Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit der von der Projektwerberin vorgelegten Unterlagen zu den Auswirkungen des Projektplanfalls im Vergleich zur nunmehr plausibilisierten Nullvariante.
Diese Gutachten wurden gemeinsam mit der Anberaumung einer weiteren mündlichen Verhandlung den Parteien übermittelt mit der Möglichkeit, innerhalb einer bestimmten Frist dazu schriftlich Stellung zu nehmen. Es langten Stellungnahmen der Beschwerdeführer dazu ein.
Am 18.1.2024 fand eine weitere Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung statt, bei der die ausgearbeitete Nullvariante und die Gutachten dazu erörtert wurden.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen und Beweiswürdigung:
1.1. Zum Vorhaben:
1.1.1. Allgemein ist das Vorhaben wie folgt zu beschreiben:
Das Areal des etwa 45 ha großen Nordwestbahnhofs soll einer städtebaulichen Nutzung zugeführt werden. Diese Fläche wurde durch den im Jahr 2014 im Wiener Gemeinderat beschlossenen Stadtentwicklungsplan (2025) als große innerstädtische Potentialfläche bezeichnet
Das Vorhabensgebiet wird im Nordwesten von der Stromstraße, im Nordosten von der Dresdner Straße, im Südwesten von der Nordwestbahnstraße und im Südosten von der Taborstraße umgeben und grenzt im südöstlichen Eck an das Entwicklungsgebiet Nordbahnhof an.
Durch das Städtebauprojekt soll auf der Fläche des ehemaligen Frachtenbahnhofs Wien Nordwestbahnhof eine multifunktionale Nutzung (innerstädtisches Wohnen, Gewerbetätigkeiten sowie Bildungs- und Freizeitmöglichkeiten) im Ausmaß einer oberirdischen Bruttogeschossfläche von etwa 880.700 m2 ermöglicht werden. Dadurch soll ein Stadtteil für bis zu 15.500 Bewohnerinnen und 4.750 Beschäftigte entstehen.
Im zentralen Bereich soll ein großer Grünraum („grüne Mitte") verwirklicht werden. Die unterirdische Bruttogeschoßfläche im Ausmaß von etwa 302.225 m2 soll der Unterbringung von Tiefgaragen (Pflichtstellplätzen), Kellern, Technikräumen und Fahrradabstellplätzen dienen.
Die Erschließung des Gebietes ist mittels Fuß- und Fahrradverkehr geplant. Als übergeordnete Querverbindung ist im Bereich Traisengasse - Wallensteinstraße eine Fußgängerzone vorgesehen. Diese wird auch eine Durchquerung für die geplante Straßenbahn erlauben. Die motorisierte Erschließung erfolgt vornehmlich durch Stichstraßen in Richtung von Sammelgaragen.
Die Bebauung erfolgt etappenweise und soll im Jahr 2024 im südöstlichen Bereich beginnen. Der zentrale Bereich folgt im Jahr 2026, der südwestliche Bereich im Jahr 2028 und der nördliche Bereich im Jahr 2029. Die gesamte Bebauung soll im Jahr2033 abgeschlossen sein.
Diese Angaben erfließen aus der Vorhabensbeschreibung in Pkt. B der Begründung des angefochtenen Bescheides und wurden von keiner Partei substantiiert bestritten.
1.1.2. Energie- und Wärmeversorgung:
Die Energieversorgung am Vorhabensareal wird möglichst klimaschonend erfolgen. Neben einer Nutzung von Fernwärme soll auch eine Einbindung erneuerbarer Energieträger vor Ort (Nutzung von Sonnenenergie, Nutzung des Untergrunds zu Heiz- und Kühlzwecken etc.) erfolgen. Es werden keine fossilen Energieträger zur Raumkonditionierung am Gelände des Städtebauvorhabens eingesetzt werden. Damit entspricht die Grundkonzeption der dargestellten Energieversorgung den Anforderungen, wie sie für sogenannte “Klimaschutz-Gebiete” gelten, die durch Verordnung von Energieraumplänen gemäß Wiener Bauordnung festgelegt werden. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass in diesen Gebieten zur Beheizung und Warmwasserbereitung von Neubauten nur mehr "hocheffiziente, alternative Systeme" zum Einsatz kommen dürfen und damit die Verwendung von fossilen Energieträgern am Gelände de facto ausgeschlossen ist. Um unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden, werden sowohl für die Bau- als auch für die Betriebsphase geeignete Maßnahmen (Optimierung der Bauabläufe, Einsatz energieeffizienter Baumaschinen, Festlegung von Energieeffizienzstandards für Gebäude, Einsatz von Bauteilaktivierung etc.) skizziert. Um im Zuge des weiteren Entwicklungs-, Planungs- und Realisierungsprozesses des Städtevorhabens die Schaffung eines nachhaltigen und ökologischen Energiesystems zu gewährleisten, wird dafür ein “Programm-Management” eingerichtet. Dabei soll auf Basis des vorgelegten Klima- und Energiekonzepts das Energiesystem für den Nordwestbahnhof gemäß dem Fachkonzept Energieraumplanung weiterentwickelt und konkretisiert werden. Ein diesbezügliches Detailkonzept wird ausgearbeitet und spätestens ein Jahr vor Beginn der Hochbauten vorliegen. Mit dieser Vorgangsweise können über den gesamten Entwicklungs-, Planungs- und Realisierungsprozess die dargelegten Qualitäten eingehalten und ein nachhaltiges Energiesystem umgesetzt werden. Damit kann sichergestellt werden, dass bei der Realisierung des Städtebauvorhabens der Energieverbrauch und damit einhergehende Treibhausgas-Emissionen geringgehalten und die Auswirkungen auf Umwelt und Klima minimiert werden.
Diese Feststellung ergibt sich aus dem im behördlichen Verfahren eingeholten Teilgutachten zum Fachbereich Energietechnik und Energieeffizienz. Die UVE enthält in ihrem Kap. 1.5.6. und in Kap. 6 des Klima- und Energiekonzepts entsprechende Festlegungen, allerdings sind diese dort so formuliert, dass ihre Verbindlichkeit unklar bleibt („In der Nutzungsphase kann eine Minimierung des Energieeinsatzes durch nachfolgende Maßnahmen erreicht werden: Vorgaben der Energieversorgung/Einbindung erneuerbarer Energien vor Ort, …..“). Die vorgesehenen Maßnahmen waren daher durch Umformulierung und Ergänzung der Nebenbestimmung 3.1. so explizit vorzuschreiben, dass an ihrer Verbindlichkeit kein Zweifel besteht.
Aus der Bestätigung des Klima- und Energiekonzepts durch einen Ziviltechniker und der Aussage des behördlichen Gutachters für Energietechnik und Energieeffizienz (Gutachten vom Sitzung 6) ergibt sich, dass diese Maßnahmen dem Stand der Technik entsprechen.
1.1.3. Baumaterialien:
Die zu errichtenden Gebäude erfüllen den Stand der Technik nach OIB Richtlinie 6. Demnach müssen alle neuen Gebäude nach dem 31.12.2020 entsprechend den Anforderungen des „Nationalen Plans“ Niedrigstenergiegebäude im Sinne des Artikel 2, Ziffer 2, der Richtlinie 2010/31/EU sein. Sowohl für Wohngebäude als auch für Nicht- Wohngebäude erfolgt der Nachweis der Erfüllung der Anforderungen für ein Referenzklima.
Diese Feststellung ergibt sich aus dem Klima- und Energiekonzept der UVE, Sitzung 36.
Zu den Darlegungen der Erst-Beschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung Sitzung 11f der Verhandlungsschrift vom 14.4.2023), dass für die Beurteilung des Wärme- und Energiebedarfs die Kenntnis der bauphysikalischen Gebäudequalität erforderlich sei und es wärmetechnische Parameter gebe, die nicht dem Stand der Technik entsprechen, ist auf folgendes hinzuweisen: Einerseits wurde durch dieses Vorbringen nicht konkret bestritten, dass und warum der Standard nach OIB-Richtlinie nicht dem (derzeitigen) Stand der Technik entsprechen sollte; andererseits ist, wie im Fall der Energiebereitstellung vergleiche oben 1.1.2.) auch in Bezug auf den Einsatz von Baumaterialien eine Vorgangsweise vorgesehen, die den Einsatz von Baumaterialien nach dem jeweils geltenden Stand der Technik sicherstellt, indem im Lauf der Realisierung Energieeffizienzstandards für Gebäude nach dem jeweils geltenden Stand der Technik festgelegt werden vergleiche UVE Sitzung 33, wo für die Nutzungsphase die „Festlegung von Energieeffizienstandards für Gebäude nach dem Stand der Technik“ vorgesehen ist).
1.1.4. Verkehr:
Das Areal des Nordwestbahnhofs stellt eine der größten innerstädtischen, mit hochrangigen öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossene Potenzialfläche für die Stadtentwicklung dar. Bei Nicht-Umsetzung des Städtebauvorhabens Wien Nordwestbahnhof würden die Wohnungssuchenden in randliche Lagen der Stadtregion verdrängt werden, wo die Stadt Wien damit Vorsorge für Flächen für den erforderlichen Wohnraum treffen müsste. Diese Gebiete in Stadtrandlage weisen ein weniger gutes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln auf. Bei einer schlechten Erschließung durch öffentliche Verkehrsmittel ist von einem stärkeren Kfz-Anteil in diesen Wohngebieten und auch darüber hinaus auszugehen. Gebiete in Stadtrandlage weisen aufgrund ihres Gebietscharakters in der Regel eine weniger dichte Bebauung auf, weshalb zur Schaffung von Wohnraum für dieselbe Zahl an BewohnerInnen und Beschäftigten eine deutliche größere Fläche in Anspruch genommen werden müsste. Ebenso ist aufgrund der weniger dichten Besiedlung in Stadtrandlage mit einer Erschwernis für den wirtschaftlichen Betrieb von Nahversorgungs- und Infrastruktureinrichtung zu rechnen. Diese geringere Versorgungsdichte würde abermals zu einem erhöhten Kfz-Anteil mit den entsprechenden Emissionsfolgen führen.
Diese Feststellung ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus der UVE Sitzung 143).
Das Vorhaben soll eine hohe Lebensqualität bieten und es wird folgendes Ziel hinsichtlich der Verkehrsmittelwahl (Modal-Split) angestrebt: ca. 40% aller Wege sollen zu Fuß und mit dem Fahrrad, weitere ca. 40% mit dem öffentlichen Verkehr und ca. 20% mit dem Autoverkehr zurückgelegt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurden in der Planung entsprechende strukturelle und gestalterische Rahmenbedingungen und Maßnahmen getroffen. Die wichtigsten sind: Grün- und Freiraum: 10 ha großes Parkgelände - integrierende „Grüne Mitte“; Verkehrliche Erschließung: Kraftfahrzeuge ausschließlich über Stichstraßen, kein Durchzugsverkehr (ausgenommen Straßenbahn Linie 12), Anbindung an die öffentliche Verkehrsinfrastruktur, dichtes Netz an Geh- und Radwegen; Gut erreichbare Versorgungseinrichtungen im Wohn- und Arbeitsumfeld.
Die bereits im Vorhaben angegebenen Maßnahmen zum ÖPNV, Fuß- und Radverkehr sowie zur Reduzierung der LKW-Fahrten (Abtransport über Bahngleise) sind ausreichend.
Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem behördlich eingeholten Teilgutachten Verkehr Sitzung 5, 16).
Diese gutachterlichen Aussagen scheinen dem Gericht auch angesichts der Bereitstellung von nur ca. 6.400 Stellplätzen bei 15.000 Einwohnern und Einwohnerinnen und 4.750 Beschäftigten nachvollziehbar, wohingegen die „Forderung“ der Erst-Beschwerdeführerin nach einem „Stellplatzschlüssel von 0,2 Stellplätze/100 m² Nutzfläche“ diffus und ohne Begründung bleibt.
1.1.5. Dach- und Fassadenbegrünung, Freiraumgestaltung:
Die von der Erst-Beschwerdeführerin monierten Maßnahmen der Dach- und Fassadenbegrünung sowie der Freiraumgestaltung sind verbindlicher Teil des Vorhabens. Diese sind in Pkt. 6.1.1.4. der UVE festgelegt (Maßnahmen TPL-BA-02: Flächenwidmung für naturhafte Parkflächen, TPL-BA-03 bis TPL-BA-06: Verpflichtung zur Erstellung eines Parkleitbildes und Festlegung von dessen Eckpunkten, wie Beschränkung der Flächenversiegelung mit Kriterien dafür, Anlage von extensiv gepflegten, naturnahen vorgezogenen Artenschutzflächen, Schaffung eines Mosaiks aus extensiv gepflegten Wiesen, Gehölzsäumen, Rasenflächen und Gehölzstrukturen, Schaffung hainartiger Baumpflanzungen; TPA-BA-07: Schaffung eines Flächenpools an Ruderalhabitaten als Maßnahmenflächen während des Baubetriebs, TPA-BA-08: Gestaltung vielfältiger Grünanlagen im Bereich der Wohnbauten mit Kriterien dafür, TPL-BA-09: Dachbegrünung als Gräser-Kräuter-Dach im Ausmaß von ca. 30.000 m², mit Festlegung einer Mindestgröße der Teilflächen von 200 m², TPL-BA-10: Definition von Poolflächen für vorgezogene Artenschutz-Flächen) und im Maßnahmenplan zur UVE, ON 402 der Projektunterlagen, verortet. In Nebenbestimmung 2.3. des angefochtenen Bescheides wurden auf sachverständiger Grundlage zusätzlich Kriterien für die Anlage der 30.000 m² an Gräser-Kräuter-Gründächern und detaillierte Anordnungen für das Verfahren der Errichtung und Pflege der Gründächer erlassen.
Dies ergibt sich aus einer Einschau in die angeführten Dokumente.
Die Größe der „grünen Mitte“, in der die Maßnahmen betreffend Freiraumgestaltung großteils umgesetzt werden, ergibt sich aus der festgelegten architektonischen Einreichplanung, ON 201.1 bis 201.3 der Projektunterlagen.
1.2. Zum behördlichen Genehmigungsverfahren:
Aufgrund des Umstandes, dass davon auszugehen war, dass voraussichtlich mehr als 100 Personen am Verfahren beteiligt sein würden, wurden die Großverfahrensbestimmungen des AVG (Paragraphen 44 a, ff AVG) i.V.m. den Bestimmungen des UVP-G 2000 angewendet. Das Vorhaben wurde am 21. Dezember 2021 gemäß Paragraph 9, Absatz 3, UVP-G 2000 im redaktionellen Teil der Tageszeitungen „Kurier" und „Standard" kundgemacht. Die Kundmachung wurde auch an der Amtstafel des Rathauses angebracht und auf der Internetseite der Behörde samt Genehmigungsantrag, Kurzbeschreibung des Vorhabens, Zusammenfassung der Umweltverträglichkeitserklärung, sämtlicher weiteren Projektunterlagen und Zeitplan (alle mit der Möglichkeit eines Downloads) veröffentlicht. In der Kundmachung wurde auf die Einsichtnahmemöglichkeit in die Unterlagen gemäß Paragraph 9, Absatz eins, UVP-G 2000 sowie die Möglichkeit zur Abgabe von schriftlichen Stellungnahmen und zur Erhebung von schriftlichen Einwendungen hingewiesen. Auf die Rechtsfolgen des Paragraph 44 b, Absatz eins, AVG wurde ebenfalls hingewiesen.
Der Genehmigungsantrag, die Projektunterlagen und die UVE lagen vom 21.12.2021 bis einschließlich 15.2.2022 zur öffentlichen Einsichtnahme beim Amt der Wiener Landesregierung, Stadt Wien - Umweltschutz auf. Während der öffentlichen Auflagefrist nahmen zwei Personen Einsicht in die Unterlagen und es konstituierte sich die Bürgerinitiative „ römisch 40 ". Die Umweltorganisation „ römisch 40 ", die Bürgerinitiative „ römisch 40 " sowie vier Nachbarinnen übermittelten schriftliche Einwendungen.
Da aufgrund des Verfahrensstandes nun nicht mehr von zumindest 100 Verfahrensbeteiligten Personen auszugehen war, wurde im weiteren Verfahren von den Großverfahrensbestimmungen abgegangen. Die Zustellung von behördlichen Schriftstücken erfolgte nicht mehr durch Edikt.
Diese Feststellungen ergeben sich aus Pkt. A der Begründung des angefochtenen Bescheides und wurden von keiner Partei bestritten.
1.3. Zur Darstellung der Alternativen:
Im Jahr 2005 begann ein gemeinsamer Planungsprozess der Stadt Wien mit der Projektwerberin mit dem Ziel, der städtebaulichen Entwicklung des Nordwestbahnhof-Areals. Zunächst wurde ein grobes Leitbild entworfen, darauf aufbauend wurde im Rahmen eines Wettbewerbes ein Vorschlag ausgewählt und als Grundlage für das eigentliche Leitbild herangezogen.
Am Wettbewerb zur „Erlangung von Ideen für ein städtebauliches Leitbild Nordwestbahnhof“ nahmen 9 Architekturbüros teil. In einem Vorprüfbericht wurden die jeweiligen Projekte gegenübergestellt und die Unterschiede dargelegt. Die Projekte wurden im Rahmen einer Preisgerichtssitzung geprüft und von einer Jury bewertet. Als Sieger ging das Projekt der Ernst Nikolaus Forsch Architekten aus Zürich hervor, dieses war die Basis für das Leitbild 2008.
Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen wurde das Leitbild 2008 in den Jahren 2015/16 nach vorangegangener Evaluierung des bestehenden Leitbildes 2008 überarbeitet. Dadurch sollte u.a. dem steigenden Wohnraumbedarf, den aktualisierten verkehrlichen Planungen und der fortgeschrittenen Planung im Umfeld des Nordwestbahnhofs Rechnung getragen werden.
Im Jahr 2019 erfolgte eine Vertiefung des Leitbildes.
Diese Feststellungen ergeben sich aus den von der Projektwerberin auf Ersuchen des Gerichts vorgelegten Unterlagen zur Alternativendarstellung (OZ 9) und wurden von keiner Partei bestritten.
Bei der Erstellung des städtebaulichen Leitbildes wurden Art, Höhe und Dichte der Bebauung, Soziale Infrastruktur, Arten und Situierung der Grünräume und des öffentlichen Raumes, Verkehrsanbindung einschließlich ruhender Verkehr, Verwirklichungsetappen und Flächenbilanz, sowie ökologische Ziele und Energieeffizienz diskutiert und anschließend festgelegt.
Dieser Diskussions- und Planungsprozess ist in den von der Projektwerberin mit OZ 9 (Leitbildprozess Vorbericht), OZ 12 + 13 (Leitbild), OZ 11 (Evaluierung städtebauliches Leitbild) und OZ 12 (Vertiefung städtebauliches Leitbild) vorgelegten Unterlagen umfassend dokumentiert.
Diese Feststellungen ergeben sich aus den genannten Unterlagen und wurden von keiner Partei bestritten.
Andere Standorte für das Städtebauvorhaben wurden nicht untersucht, da das gegenständliche Projektgebiet bereits im Stadtentwicklungsplan 2005 als vorrangiger Bereich der Stadtentwicklung ausgewiesen war, was im Stadtentwicklungsplan 2025 weiterverfolgt wird, und die angestrebte Dichte und städtebauliche Neustrukturierung des Gebiets durch die Umsetzung des Städtebauvorhabens am vorgesehenen Standort erreicht wird.
Dies ergibt sich aus Pkt. 7.2.2. der UVE.
1.4. Zum verwendeten Nullplanfall:
Die Auswirkungsbeurteilung in der UVE der Projektwerberin und in der Folge der fachlichen Beurteilung durch die behördlichen Sachverständigen beruht auf einem Nullplanfall, der von den Emissionen des Frachtenbahnhofs in Vollbetrieb vor dem Beginn der schrittweisen Dämpfung des Betriebs im Jahr 2006 ausgeht. Im Beschwerdeverfahren wurde ein Nullplanfall erarbeitet, der von einer Wiederinbetriebnahme des Frachtenbahnhofs in Vollkapazität ausgeht.
Konkret sind die Gleisanlagen wiederherzustellen und auf einen aktuellen Stand der Technik zu bringen, eine sicherungstechnische Anlage und die Einbindung in den Fernbedienungsverbund für elektronische Stellwerke herzustellen. Es besteht für ein Detailprojekt durchaus noch Optimierungsbedarf in Bezug auf die Zulaufstrecken, die Verladestraßen und –einrichtungen und die Gleis- und Weichenanlagen. Es ist aber davon auszugehen, dass die Infrastruktureinrichtungen trotz Optimierungsbedarf örtlich und funktional im Wesentlichen gleichbleiben werden, was insbesondere für den induzierten Verkehr eine Rolle spielt.
Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Ausführungen des eisenbahntechnischen Gerichtssachverständigen in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift vom 18.1.2024, Sitzung 3).
Für den Fall, dass das ggstd. Städtebauvorhaben Wien Nordwestbahnhof nicht realisiert werden kann, ist die Wiederinbetriebnahme des Frachtenbahnhofs absehbar.
Diese Feststellung ergibt sich aus Folgendem:
1. Der unbegleitete bilaterale kombinierte Verkehr (Umschlag mit Involvierung der Schiene als Verkehrsträger in Österreich) ist seit dem Jahr 2006 von 6 Mio t auf 10 Mio t angestiegen, wobei der Anteil des Nordwestbahnhofes am Gesamtumschlag im Jahr 2006 ca. 15-20% betrug. Es besteht somit grundsätzlich wirtschaftliches Potenzial für eine zukünftige Wiedernutzung des Nordwestbahnhofs. Dies ergibt sich aus der Präsentation der Projektwerberin in der Beschwerdeverhandlung vom 14.4.2023 Sitzung 6 + Beilage 4 der Verhandlungsschrift) und wurde von keiner Partei bestritten.
2. Der Mobilitätsmasterplan des BMK sieht eine Verlagerung wesentlicher Anteile des Güterverkehrs auf die Schiene vor, ebenso das gültige Terminal-Konzept und die Güterverkehrsstrategie (beides ebenfalls Dokumente des BMK), wonach zwar der Güterverkehr insgesamt nur mehr moderat wachsen, aber der Anteil der Schiene bedeutend zunehmen soll. Daraus erfließt, dass die ÖBB bestrebt sind, weitere Umschlagskapazitäten zu schaffen. Würde der Nordwestbahnhof in diese Planung einbezogen werden, so würden in der Ostregion Österreichs große Potentiale für die Verlagerung auf die Schiene geschaffen, sowie am Gelände des Nordwestbahnhofs eine vorhandene Infrastruktur vorgefunden werden, sowie eine aufrechte Genehmigung für den Betrieb eines Güterumschlags. In weiterer Folge würde in detaillierten Planungen abgewogen werden, welche Ausbau- oder Reinvestitionsmaßnahmen an den Standorten Nordwestbahnhof bzw. Wien-Süd betrieblich und betriebswirtschaftlich sinnvoll wären. Dabei würden nicht nur die Güterverkehrsprognosen, Potentiale, sondern auch Ausbaumaßnahmen der Nachbarländer im Bereich Güter-Terminals berücksichtigt werden. Für die Schaffung von Güterumschlags-Kapazitäten würde nicht nur die Gleisinfrastruktur berücksichtigt werden, sondern sind insbesondere auch Ausstattungsmerkmale, wie z.B. Portalkräne etc., Betriebszeiten eines Terminals und organisatorische Maßnahmen. Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Angaben der Projektwerberin in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift vom 18.1.2024, Sitzung 7).
Die Vorbringen der Beschwerdeführer dagegen, dass eine Wiederinbetriebnahme des Frachtenbahnhofs deshalb unrealistisch sei, weil in den mittlerweile errichteten Terminals am Stadtrand ausreichend Kapazitäten vorhanden seien und weder die Projektwerberin noch die Stadt Wien mit einer Wiederinbetriebnahme rechnen würden, ist nicht zielführend: Es ist nachvollziehbar, dass weder die Projektwerberin noch die Stadt Wien mit einer Nichtverwirklichung des Städtebauvorhabens rechnen, arbeiten beide doch seit 2005 auf die Verwirklichung des Städtebauvorhabens hin. Es ist dennoch absehbar, dass die Projektwerberin auf die neue Situation einer Nichtrealisierbarkeit des Vorhabens nach Maßgabe der Bewilligungssituation (aufrechte eisenbahnrechtliche Genehmigung, siehe unten bei der rechtlichen Beurteilung) reagieren würde und müsste.
Zu den vorgelegten Unterlagen wird festgestellt:
- Die von der Projektwerberin mit Schriftsatz vom 25.8.2023 eingereichten Unterlagen (OZ 29) reichen aus, um festzustellen, ob und in welcher Art und Weise eine Wiederinbetriebnahme des Güterbahnhofes Wien Nordwestbahnhof aus betrieblicher und wirtschaftlicher Sicht möglich ist;
- Es ist nachvollziehbar, welcher Ertüchtigungen es gegenüber dem 2006 eingestellten Betrieb des Nordwestbahnhofes bedarf, um diesen in betriebswirtschaftlich sinnvoller Form wieder in Betrieb zu nehmen und welche geänderte räumliche Lage die entsprechenden Anlagen wie Lager, Ver- und Umladeanlagen, Tankstellen usw., ggf. hätten;
- Die seitens der Projektwerberin dokumentierte Planung (Schriftsatz vom 25.8.2023 bzw. Unterlagen gem. OZ 29) umfasst den – für diese Planungsstufe – üblichen Umfang, stellt ein realistisches Planungsszenario dar und lässt eine differentielle Beurteilung des Vorhabens selbst zu, sowie erlaubt eine differentielle Abschätzung möglicher Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt.
Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem eisenbahntechnischen Gutachten zur Beurteilung der von der Projektwerberin vorgelegten Unterlagen zur Nullvariante vom 3.10.2023 (OZ 33).
Die Angaben der Projektwerberin und in der Folge des gerichtlich bestellten eisenbahntechnischen Sachverständigen reichen aus, um den von einem zukünftigen Frachtenbahnhof induzierten hervorgerufenen Verkehr, seine Intensität und örtliche Verteilung, sowie auf dieser Grundlage die von einem zukünftigen Frachtenbahnhof hervorgerufenen Schall- und Luftschadstoffauswirkungen beurteilen zu können.
Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Ausführungen des verkehrstechnischen, des schalltechnischen und des luftreinhaltetechnischen Gerichtssachverständigen in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift vom 18.1.2024, Sitzung 5/6).
Weiters wird festgestellt, dass die Projektwerberin im Dezember 2023 die Einstellung des Eisenbahnbetriebs wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit gem. Paragraph 28, EisbG, nicht jedoch die Auflassung gem. Paragraph 29, EisbG beantragt hat und dieser Antrag noch offen ist.
Dies ergibt sich aus der schlüssigen Aussage der Projektwerberin in der Beschwerdeverhandlung vom 14.4.2023, Sitzung 5 der Verhandlungsschrift bestätigt durch die Aussage der Projektwerberin in der Verhandlungstagsatzung vom 18.1.2024, Sitzung 11 der Verhandlungsschrift.
1.5. Auswirkungsbeurteilung:
1.5.1. Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik:
Emissionen von Schadstoffen im Rahmen des Vorhabens werden nach dem Stand der Technik begrenzt.
Dies ergibt sich zunächst aus den Feststellungen des angefochtenen Bescheides Sitzung 25), wonach dies von den Sachverständigen für den Fachbereich Luft, Abwasser und Kanal, sowie Umweltmeteorologie und Klima, sowie sinngemäß auch vom Sachverständigen für Gewässerschutz, ausgeführt wurde. Dem sind die Beschwerden nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.
Weiters hat das gerichtliche Ermittlungsverfahren aufgrund der Beschwerdevorbringen ergeben, dass das Vorhaben auch in Bezug auf die Beschaffenheit der Energie- und Wärmeversorgung, der Verkehrsanbindung, der Baumaterialien, sowie der Begrünung und Freiraumgestaltung den Stand der Technik erfüllt vergleiche oben Pkt 1.1.2. bis 1.1.5.) und daher auch Emissionen aus diesen Bereichen nach dem Stand der Technik vermieden werden.
1.5.2. Auswirkungen auf die Nachbarn/Nachbarinnen:
Durch das Vorhaben wird es im Vergleich zum Nullplanfall weder durch
- Baulärm, noch durch
- Straßenverkehrslärm,
- Lärm aus haustechnischen Anlagen,
- Erschütterungen,
- Lichtimmissionen,
- Luftschadstoffimmissionen oder
- Klimaveränderungen
zu unzumutbaren Belästigungen oder Gesundheitsgefährdung von Nachbarn oder Nachbarinnen kommen.
Diese Feststellung ergibt sich aus dem im angefochtenen Bescheid auf Sitzung 27-39 zitierten, auf entsprechenden weiteren Fachgutachten zu den Auswirkungsbereichen beruhenden behördlichen Fachgutachten für Humanmedizin i.V.m. den im Beschwerdeverfahren auf Grundlage des neu berechneten Nullplanfalls erstellten Ergänzungsgutachten für Verkehr, Schalltechnik und Luftreinhaltetechnik.
Diese kommen zum Schluss, dass
- aufgrund der Differenzbetrachtung Betriebsfall 2006 zum neuen Nullplanfall eine geringfügig höhere verkehrliche Wirkung angenommen werden kann (verkehrstechnisches Gutachten OZ 42),
- die Änderungen des Nullplanfalls auf die Auswirkungsberechnung der Fachbereiche Schalltechnik und Erschütterungen keinerlei Einfluss haben (schalltechnisches Gutachten OZ 43) und
- sich aufgrund der Differenzbetrachtung keine nachteilige Änderung an der im behördlichen Verfahren angenommenen Wirkung des Vorhabens auf das Schutzgut Luft ergibt (luftreinhaltetechnisches Gutachten, OZ 45).
Diese für das Gericht schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen wurden von den Verfahrensparteien nicht auf gleicher fachlicher Ebene in Frage gestellt.
Auf Grundlage dieser gutachterlichen Aussagen sind die zitierten umweltmedizinischen Schlussfolgerungen, die dem angefochten Bescheid zugrunde liegen, weiterhin gültig.
Weiters wird festgestellt, dass sich das Vorhaben zudem als so ausreichend konkret erwies, dass es den Sachverständigen aus fachlicher Sicht möglich war, die oben angeführten Aussagen zu treffen. Dies ergibt sich u.a. im Überblick aus der (behördlichen) zusammenfassenden Bewertung der Umweltauswirkungen, wo dies bei den Fachbereichen ausdrücklich angeführt ist oder aus der Beurteilung hervorgeht.
Für die Immissionsermittlung in der Betriebsphase wurde ein Strömungsmodell, welches auch ein Gebäudemodell, das auch geplante Hochhäuser, Hochbauten beinhaltet, verwendet. Dadurch ist festzustellen, dass die Auswirkungen veränderter Strömungsverhältnisse bzw. mechanischer Turbulenzen, mitbetrachtet und im Sinne des Bereichs „Luftreinhaltung“ mitbeurteilt wurden.
Diese Feststellung erfließt aus der Aussage des luftreinhaltetechnischen Gerichtssachverständigen in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift vom 18.1.2024, Sitzung 9).
1.5.3. (Sonstige) Auswirkungen auf die Umwelt:
Nach den behördlichen Sachverhaltsfeststellungen werden
- alle Immissionen vermieden, die erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen auf das Schutzgut Luft verursachen,
- alle Immissionen vermieden, die geeignet sind, das Schutzgut „Biologische Vielfalt einschließlich Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume" bleibend zu schädigen,
- durch mit Grundwasserhaltungsmaßnahmen einhergehende quantitative Eingriffe keine unzulässigen Belastungen des Grundwasserhaushalts oder bestehender fremder Rechte bewirkt,
- die Niederschlagswässer der fertiggestellten Baukörper in der Betriebsphase im Projektgebiet aus quantitativer Sicht zur Versickerung gebracht und wieder dem natürlichen Wasserkreislauf zugeführt,
- in der Bauphase anfallende verunreinigte Wässer in den öffentlichen Kanal abgeleitet oder einer Reinigung vor der Wiedereinbringung in den Grundwasserkörper unterzogen,
- die Flächenwässer, die in der Betriebsphase über Sickeranlagen entwässert werden sollen, im Hinblick auf die üblichen zu erwartenden Verunreinigungen in der geplanten Art über technische Bauwerke ohne Reinigungsanlagen wieder dem Untergrund zugeleitet,
- Emissionen von Chlorid aus dem Winterdienst minimiert und nur dort toleriert, wo sie aus Gründen der Nutzungsdichte und der Verkehrssicherungspflicht unvermeidlich sind,
- lediglich kombinierte thermische Nutzungen, d.h. sowohl für Heizen als auch Kühlen, errichtet um dabei eine möglichst ausgeglichene Wärmebilanz zwischen Heizen und Kühlen zu erreichen,
- die Veränderung des qualitativen Wasserhaushaltes in der Bauphase durch Emissionen aus den Bautätigkeiten oder Mobilisierungen von Schadstoffen bei Aushubarbeiten im Bereich kontaminierter Zonen durch begleitende Maßnahmen minimiert,
- im gesamten Projektgebiet Untergrundbereiche, die durch die bisherige Nutzung in umweltgefährdender Weise verunreinigt worden sind, entfernt, was eine wesentliche Verbesserung des derzeitigen Zustandes erwarten lässt,
- keine erheblichen Immissionen und Belastungen der Umwelt verursacht, die geeignet sind, den Boden bleibend zu schädigen,
- hinsichtlich des Schutzguts Klima keine erheblichen Belastungen der Umwelt bewirkt
- und somit insgesamt Immissionen vermieden, die erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, weil sie insbesondere dazu geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- und Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen.
Dies ergibt sich aus den Sachverhaltsfeststellungen des angefochtenen Bescheides Sitzung 40-42).
2. Rechtliche Beurteilung:
2.1. Zuständigkeit:
Gemäß Paragraph 40, Absatz eins, UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
2.2. Parteistellung und Zulässigkeit der Beschwerden:
Beschwerde an das Verwaltungsgericht können gemäß Artikel 131, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG nur Personen erheben, die in ihren Rechten verletzt zu sein behaupten. Dies kann nur auf jene Personen zutreffen, die bereits im vorangegangenen Verwaltungsverfahren Parteistellung hatten oder haben hätten müssen, oder denen diese Befugnis aufgrund unionsrechtlicher Bestimmungen zukommt vergleiche hiezu Eberhard/Ranacher/Weinhandl, Rechtsprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 3/2016, 369).
Bei der Erstbeschwerdeführerin handelt es sich um eine gem. Paragraph 19, Absatz 7, UVP-G 2000 anerkannte österreichische Umweltorganisation. Sie hat im UVP-Verfahren Einwendungen erhoben und so gem. Paragraph 19, Absatz 10, UVP-G 2000 im UVP-Verfahren als Partei teilgenommen. Sie ist aufgrund dieser Bestimmung auch berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.
Die Zweitbeschwerdeführerin ist eine Bürgerinitiative, die nach den Bestimmungen des Paragraph 19, Absatz 4, UVP-G 2000 Parteistellung erlangt hat. Sie ist aufgrund dieser Bestimmung auch berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben.
Der Drittbeschwerdeführer ist eine Person, die rechtzeitig Einwendungen erhoben hat und aufgrund seines Wohnortes denkmöglich von den Auswirkungen des Vorhabens betroffen sein kann. Ihm kommt Parteistellung und Beschwerdelegitimation nach Paragraph 19, Absatz eins, UVP-G 2000 i.V.m. Artikel 131, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG zu.
Die Beschwerdelegitimation der angeführten Personen ergibt sich u.a. aus den Ausführungen zur Parteistellung in Pkt. A der Begründung des angefochtenen Bescheides und wurde von keiner Partei bestritten.
Die hier behandelten Beschwerden erfüllen die Inhaltserfordernisse nach Paragraph 9, VwGVG und sind auch rechtzeitig.
2.3. Zu den behaupteten Verfahrensmängeln im behördlichen Verfahren:
Die Erstbeschwerdeführerin bringt vor, die Behörde habe zwingende Kundmachungsvorschriften missachtet, der Öffentlichkeit keine vollwertige Beteiligung ermöglicht und so den Grundsatz des „fair trial“ verletzt. Sie begründet dies damit, dass aufgrund einer Anwendung der Großverfahrensbestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) die Rechtsfolge des Paragraph 44 b, Absatz eins, AVG (Verlust der Parteistellung bei Unterlassung von Einwendungen) nur eintreten könne, wenn in zwei im Bundesland weit verbreiteten Tageszeitungen und im Amtsblatt zur Wiener Zeitung kundgemacht worden sei. Wenn sich die Behörde für das Großverfahren entschieden habe, sei das Vorhaben – völlig losgelöst von den Anforderungen nach Paragraph 9, UVP-G 2000 – gem. Paragraph 44 a, Absatz 3, AVG kundzumachen. Eine Kundmachung des Edikts im Amtsblatt zur Wiener Zeitung sei jedoch verabsäumt worden.
Mit diesem Vorbringen, das im Übrigen keine Angaben darüber enthält, in welchen Vorbringen sie selbst oder konkrete weitere Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit durch diesen vermeintlichen Verfahrensmangel gehindert worden sein sollen, ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht. Sie übersieht nämlich, dass mit der UVP-G-Novelle 2018, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 80 aus 2018,, die Bestimmung des Paragraph 9 a, ins UVP-G 2000 eingefügt wurde, wonach „in Großverfahren nach diesem sowie in Verfahren nach dem 3. und dem 6. Abschnitt“ „für die Auflage der Unterlagen Paragraph 9, Absatz eins, anzuwenden“ ist und „auf die Kundmachung von Edikten (Paragraphen 44 a bis 44f AVG) in Großverfahren nach diesem sowie nach dem 3. und dem 6. Abschnitt Paragraph 9, Absatz 3, anzuwenden“ ist. Damit hat der Gesetzgeber festgelegt, dass im UVP-Verfahren abweichend von der allgemeinen Regelung für Großverfahren in Paragraph 44 a, AVG auf die Kundmachung von Edikten die Regelung des Paragraph 9, Absatz 3, UVP-G 2000 anzuwenden ist, wonach die Behörde das Vorhaben „im Internet auf der Website der Behörde, in einer im Bundesland weitverbreiteten Tageszeitung sowie in einer weiteren, in den betroffenen Gemeinden gemäß Paragraph 19, Absatz 3, verbreiteten periodisch erscheinenden Zeitung kundzumachen“ ist. Eine Kundmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung ist für die angesprochenen Verfahren nicht erforderlich.
Die Gesetzesmaterialien (ErläutRV 275 BlgNR 26. GP, Sitzung 9) zu Paragraph 9 a, UVP-G 2000 führen dabei aus:
„Mit dieser neuen Bestimmung soll auch bei Verfahren, die gemäß Paragraphen 44 a, ff AVG als Großverfahren geführt werden, nach technischer Möglichkeit und Verfügbarkeit keine Auflage in Papierform (Paragraph 44 b, Absatz 2, AVG) erforderlich sein, um die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung entsprechend zu nutzen und dadurch Ressourcen zu schonen. Siehe dazu Ziffer 18, (zu Paragraph 9, Absatz eins,). Weiters soll klargestellt werden, dass Kundmachungen in Verfahren nach dem 2., 3. und 6. Abschnitt, die als Großverfahren geführt werden, immer in der Art zu erfolgen haben, wie dies in Paragraph 9, Absatz 3, als abweichende Regelung zu Paragraph 44 a, Absatz 3, AVG normiert ist. Sämtliche Kundmachungen von Edikten im UVP-Großverfahren sollen damit auf die gleiche Art und Weise erfolgen. Die von Paragraph 44, a Absatz 3, AVG abweichende Regelung über die Art der Kundmachung ändert nichts daran, dass es sich auch hier jeweils um Edikte im Sinn der Großverfahrensbestimmungen des AVG (Paragraphen 44 a bis 44f AVG) handelt und die dort angeordneten Rechtsfolgen auch dann eintreten, wenn die Kundmachung in der abweichend geregelten Art und Weise erfolgt.“
Dass die belangte Behörde die Kundmachung im Internet und in zwei Zeitungen, die den Kriterien an den Verbreitungsgrad entsprachen, vornahm, ist als unstrittig zu erachten und wäre Gegenteiliges auch nicht ersichtlich. Damit kam es aber für die Rechtmäßigkeit der Kundmachung nicht darauf an, dass das Edikt (auch noch) im „Amtsblatt zur Wiener Zeitung“ verlautbart wurde.
Im Übrigen sind der belangten Behörde unterlaufene Begründungs- und Feststellungsmängel des Bescheides im Hinblick auf die Ergänzung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht als saniert zu betrachten vergleiche etwa VwGH vom 27.05.2011, 2008/02/0049).
Die Beschwerdeführerin bekam im Verfahren des Verwaltungsgerichts und der abgehaltenen mündlichen Verhandlung ausreichend die Möglichkeit, sich zu den strittigen Punkten zu äußern, von den ergänzenden Stellungnahmen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Kenntnis zu nehmen und Fragen an die Sachverständigen und die mitbeteiligte Partei zu richten (zum Beschwerdeverfahren siehe weiters gleich unten). Sämtliche weiteren, der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden, Ermittlungsergebnisse wurden den Parteien bei Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Es ist festzuhalten, dass der der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegende Sachverhalt mängelfrei unter Wahrung sämtlicher Parteienrechte ermittelt worden ist.
Die sonstigen in der Beschwerde als Verfahrensrügen vorgebrachten Argumente beziehen sich auf unvollständige Unterlagen und eine unvollständige Prüfung von Umweltauswirkungen bzw. der Genehmigungsvoraussetzungen. Diese werden im Folgenden bei den einzelnen folgenden Themenbereichen behandelt.
2.4. Zu den Vorbringen im Rahmen des Beschwerdeverfahrens:
Im Dezember 2022 wurden die verfahrensgegenständlichen Beschwerden an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Mit 23.3.2023 trat die UVP-G-Novelle 2023, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 26 aus 2023,, in Kraft (zum Inkraftretensdatum vergleiche Baumgartner, Die UVP-G-Novelle 2023, Teil 2, RdU 2023, 141, 146). Durch diese Novelle wurde in Paragraph 40, Absatz 5, UVP-G 2000 folgender Satz eingefügt:
„Das Bundesverwaltungsgericht kann außerdem für Konkretisierungen der Beschwerden und für sonstige Stellungnahmen und Beweisanträge angemessene Fristen setzen mit der Wirkung, dass nach Ablauf dieser Fristen erstattete Vorbringen im weiteren Verfahren nicht zu berücksichtigen sind.“
Die Erläuterungen dazu Regierungsvorlage 1901 Blg NR 27. GP, Sitzung 14) erklären:
„Durch immer wieder neue Ergänzungen der Beschwerde und umfangreiche Eingaben kurz vor einer angesetzten mündlichen Verhandlung oder während dieser Verhandlung werden Beschwerdeverfahren verlängert. Erhält das Bundesverwaltungsgericht die Möglichkeit, eine angemessene Frist für Konkretisierungen von Beschwerden zu setzen, fällt diese Möglichkeit weg und der Verfahrensablauf wird planbar. Ebenso soll die Möglichkeit eingeführt werden, die Fristen für sonstige Stellungnahmen, etwa zur Gewährung von Gehör nach Paragraph 45, Absatz 3, AVG, verbindlich zu machen. Nach dem auch für die Verwaltungsgerichte geltenden allgemeinen Vorschriften für das Verwaltungsverfahren sind sonst grundsätzlich auch noch nach Ablauf der Frist erstattete Äußerungen beachtlich vergleiche etwa VwGH 27.5.2003, 2002/07/0090). So wird die Möglichkeit geschaffen, das Verfahren nach der mündlichen Verhandlung abzuschließen. Wie auch etwa die Erklärung des Schlusses des Ermittlungsverfahrens wird die Setzung der Fristen durch verfahrensleitenden Beschluss (Paragraph 31, Absatz 2, VwGVG) zu erfolgen haben. Die zeitliche Beschränkung für neue Tatsachen- und Beweisvorbringen (also ein innerprozessuales Neuerungsverbot) bedeutet nicht, dass zu den zulässigerweise neu vorgebrachten Tatsachen nicht den übrigen Parteien das Recht auf Gehör und zur Geltendmachung ihrer rechtlichen Interessen dazu einzuräumen ist. Dies betrifft natürlich auch die Ergebnisse des aufgrund solchen Vorbringens neuer Tatsachen oder Beweise vom Verwaltungsgericht ermittelten Sachverhalts (Beweisergebnisse). Werden im Zuge einer so erstatteten Äußerung von einer Partei allerdings wiederum „neue“ Tatsachen und Beweise vorgebracht, so wären diese dann allerdings wieder unbeachtlich. Diese Auffassung wird auch vom Verfassungsgerichtshof gestützt, in dem er ausspricht, dass ein Neuerungsverbot nach Beschwerdeerhebung nicht dem Rechtsstaatsgebot widerspricht und auch nicht Artikel 136, Absatz 2, B-VG entgegensteht vergleiche VfGH v. 14.12.2021, G225/2021). Es ist somit zwischen einem Neuerungsverbot und dem Gehör zu Tatsachen und Beweisen zu differenzieren.“
Mit Beschluss vom 27.3.2023 wurde den Beschwerdeführern und Beschwerdeführerinnen eine Frist gem. Paragraph 40, Absatz 5, UVP-G 2000 von drei Wochen zur allfälligen Konkretisierung der Beschwerden gesetzt, die von der Erst-Beschwerdeführerin zur Beschwerdeergänzung genutzt wurde. Die in den Beschwerden und in der Beschwerdeergänzung enthaltenen Vorbringen wurden der ergänzenden Sachverhaltserhebung durch das Gericht zu Grunde gelegt.
Vor der Tagsatzung zur Beschwerdeverhandlung am 18.1.2024 wurden im Rahmen der Stellungnahme zu den Gutachten betreffend den Nullplanfall von der Erst-Beschwerdeführerin weitere Vorbringen erhoben. In einer „kurzgutachterlichen juristischen Stellungnahme“ wurden ausdrücklich weitere Punkte vorgebracht, die „bei den bisherigen Einwendungen fehlen“ („Eingriffe bzw. Gefährdungen in die Natur und Biodiversität“, „Eingriffe in den Wasserhaushalt“, „Grünflächen, Bäume und Begrünung der Häuser“, „Eingriffe in die Luftqualität“). Abgesehen von Teilen dieser Themen, die bereits in der Beschwerde enthalten sind und daher auch im Beschwerdeverfahren behandelt wurden, sind die in dieser Stellungnahme vorgebrachten Themen völlig unkonkret und daher schon aus diesem Grund nicht in Verhandlung zu nehmen. Darüber hinaus finden diese keine Deckung in der Beschwerde oder in der fristgerechten Beschwerdeergänzung und waren daher auf Grundlage des Paragraph 40, Absatz 5, UVP-G 2000 nicht zu erörtern.
2.5. Konkretheit und Beurteilungsfähigkeit des Vorhabens:
In den Beschwerden – ausführlich nur in der Beschwerde der Erst-Beschwerdeführerin – wird vorgebracht, die Behörde sei systematisch unrichtig davon ausgegangen, dass eine UVP-Genehmigung für Städtebauvorhaben eine „Rahmengenehmigung“ für weitere Einzelvorhaben sei. Dies sei unrichtig und nicht mit der EU-UVP-Richtlinie vereinbar. Diese stelle auf Einzelvorhaben und nicht auf (unkonkretisierte) „Erschließungsvorhaben“ ab. Eine UVP-Genehmigung sei keine Rahmen-, sondern eine konkrete Projektgenehmigung. Die Kenntnis der konkreten Bebauung von Städtebauprojekten sei daher zwingend notwendig, um die UVP durchzuführen. Städtebauprojekte könnten daher keine Erschließungsvorhaben sein, die UVP-Richtlinie sei unmittelbar anzuwenden.
Durch die unzutreffende Annahme der Behörde, es handle sich nur um ein Erschließungsvorhaben, sei es den Sachverständigen und den Beschwerdeführer/inne/n nicht möglich gewesen, die Umweltauswirkungen des Vorhabens abschließend zu beurteilen.
2.5.1. Der Vorhabenstypus des Städtebauvorhabens im UVP-G 2000:
2.5.1.1. Die im konkreten Fall anzuwendenden Bestimmungen des UVP-G 2000 lauten (soweit im Lichte der Beschwerdevorbringen relevant):
„Begriffsbestimmungen
Paragraph 2, (1) […]
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.“
„Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung
Paragraph 3, (1) […]
(3) Wenn ein Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, sind die nach den bundes- oder landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen sind, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen von der Behörde (Paragraph 39,) in einem konzentrierten Verfahren mit anzuwenden (konzentriertes Genehmigungsverfahren). Ausgenommen davon sind Vorhaben der Ziffer 18, Litera a bis d und f des Anhanges 1“
„Entscheidung
Paragraph 17, (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Absatz 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. […]
(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:
1. Emissionen von Schadstoffen, einschließlich der Treibhausgase Kohlenstoffdioxid (CO2), Methan (CH4), Distickstoffoxid (N2O), teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (H-FKW), perfluorierte Kohlenwasserstoffe (P-FKW), Schwefelhexafluorid (SF6) und Stickstofftrifluorid (NF3), sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des Paragraph 77, Absatz 2, der Gewerbeordnung 1994 führen,
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
(3) […]
(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach Paragraph 10,, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen. Die Überwachungsmaßnahmen sind je nach Art, Standort und Umfang des Vorhabens sowie Ausmaß seiner Auswirkungen auf die Umwelt angemessen festzulegen, die aufgrund der mitanzuwendenden Verwaltungsvorschriften notwendigen Maßnahmen sind hierbei zu berücksichtigen. Soweit dies durch Landesgesetz festgelegt ist, können Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen, die auf Vorratsflächen durchgeführt werden (Flächenpools), angerechnet werden. Die Beauftragung zur Unterhaltung und die rechtliche Sicherung der Flächen sind im Bescheid zu dokumentieren.
(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Bei Vorhaben der Energiewende darf eine Abweisung nicht ausschließlich aufgrund von Beeinträchtigungen des Landschaftsbilds erfolgen, wenn im Rahmen der Energieraumplanung eine strategische Umweltprüfung durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten. Dabei gelten Vorhaben der Energiewende als in hohem öffentlichen Interesse.
(6) […]
(9) Der Genehmigungsbescheid hat dingliche Wirkung. Genehmigungsbescheide betreffend Vorhaben der Ziffer 18, des Anhanges 1 haben bindende Wirkung in Verfahren zur Genehmigung von Ausführungsprojekten nach den darauf anzuwendenden Verwaltungsvorschriften.
(10) Genehmigungsbescheide betreffend Vorhaben der Ziffer 18, des Anhanges 1, ausgenommen der Litera e,, können bis zu deren Ausführung nach den Bestimmungen des Paragraph 18 b, geändert werden. Änderungen im Sinne von Paragraph 18 b, sind betreffend Vorhaben der Ziffer 18, des Anhanges 1, ausgenommen der Litera e,, nur Änderungen der Flächeninanspruchnahme oder der Bruttogeschoßfläche, des Ausmaßes der Versickerungsflächen, der Anzahl und räumlichen Verteilung der KFZ-Stellplätze, der Gebäudehöhen, der Art der Nutzung und der räumlichen Verteilung der Gesamtkontingente (Bruttogeschoßfläche samt prozentueller Anteile der Nutzungsarten), der Energieversorgung, des Verkehrs- und Erschließungssystems sowie des Systems der Abfall- und Abwasserentsorgung, soweit unter Zugrundelegung des Beurteilungsmaßstabes im durchgeführten UVP-Verfahren nachteilige Auswirkungen auf die Schutzgüter zu erwarten sind.“
„Abnahmeprüfung
Paragraph 20, (1) […]
(6) Sofern eine Abnahmeprüfung der Art des Vorhabens nach nicht sinnvoll ist, hat die Behörde bereits im Genehmigungsbescheid festzulegen, bis zu welchem Zeitpunkt (drei bis fünf Jahre nach Genehmigung) die Nachkontrolle durchzuführen ist. Für Vorhaben der Ziffer 18, des Anhanges 1 erfolgt keine Abnahmeprüfung.
Zuständigkeitsübergang
Paragraph 21, (1) Mit Rechtskraft des Abnahmebescheides geht die Zuständigkeit der Behörde auf die nach den Verwaltungsvorschriften zur Vollziehung der für die Genehmigungen nach den Paragraphen 17 bis 18b relevanten Vorschriften zuständigen Behörden über, sofern nicht Absatz 2, anzuwenden ist.
(2) In Fällen des Paragraph 20, Absatz 6, geht die Zuständigkeit mit Rechtskraft des Genehmigungsbescheides auf die nach den Verwaltungsvorschriften zur Vollziehung der für die Genehmigungen nach den Paragraphen 17 bis 18b relevanten Vorschriften zuständigen Behörden über.
[…]
(5) Auf Vorhaben der Ziffer 18, Litera b und d des Anhanges 1 finden die Absätze 1 bis 4 keine Anwendung. Mit Rechtskraft des Genehmigungsbescheides für Vorhaben der Ziffer 18, Litera b und d des Anhanges 1 geht die Zuständigkeit für die Vollziehung und Überwachung des Genehmigungsbescheides auf die Behörden über, die nach den Verwaltungsvorschriften gemäß ihrem Wirkungsbereich für die Genehmigung der Ausführungsprojekte zuständig sind. Für die in Paragraph 17, Absatz 10, genannten Änderungen im Sinne von Paragraph 18 b, bleibt die Behörde nach Paragraph 39, Absatz eins, zuständig.“
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, i.V.m. Anhang 1 Ziffer 18, Litera b, UVP-G 2000 sind bestimmte „Städtebauvorhaben“ UVP-pflichtig. Die bis zur UVP-G-Novelle 2023, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 26 aus 2023, (die am 23.3.2023 in Kraft getreten ist) geltende Fußnote 3a zu Anhang 1 Ziffer 18, definierte Städtebauvorhaben als „Erschließungsvorhaben zur gesamthaften multifunktionalen Bebauung, jedenfalls mit Wohn- und Geschäftsbauten einschließlich der hierfür vorgesehenen Erschließungsstraßen und Versorgungseinrichtungen mit einem über das Gebiet des Vorhabens hinausreichenden Einzugsbereich.“ Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur UVP-G-Novelle 2023 Regierungsvorlage 1901 Blg 27.GP) zu Anhang 1 Ziffer 18, sind nun als Städtebauvorhaben Bauvorhaben einer gewissen Größe (definiert nach Flächeninanspruchnahme und Bruttogeschoßfläche) zu verstehen, die ihrem Wesen nach städtisch sind und daher Wohnbauten, Geschäftsbauten oder Bauten, die Sozial-, Bildungs- und Freizeiteinrichtungen einschließlich der dafür vorgesehenen Infrastruktur beinhalten und oft multifunktional sind. Zur vorgesehenen Infrastruktur zählen neben der Wasser-, Wärme-, Stromversorgung, Abfall- und Abwassersystemen, auch ein entsprechendes Straßen- und Wegenetz sowie Frei- und Grünflächen. Als klassisches Städtebauvorhaben ist daher die Erschließung eines Geländes anzusehen, auf dem es nachfolgend (nach Einholung der dafür erforderlichen Einzelbewilligungen; siehe zum Genehmigungsgegenstand von Städtebauvorhaben zu Paragraph 3, Absatz 3,) zur Errichtung einzelner Gebäude zum überwiegenden Zweck der Stadtentwicklung/Stadterweiterung kommen soll. |
2.5.1.2. Daraus wird deutlich, dass mit der Errichtung des Städtebauvorhabens die Aufschließung des Geländes für die nachfolgende Bebauung erfolgen soll, nicht dagegen die Errichtung konkreter Bauvorhaben vergleiche Hartlieb, Die Genehmigung von Städtebauvorhaben: Besonderheiten des UVP-Verfahrens, RdU 2015, 2).
Der in Ziffer 18, des Anhanges 1 (ausgenommen die Litera e,) zum UVP-G 2000 erfasste Vorhabenstyp – auf dem auch die ggstdl. UVP fußt – nimmt gegenüber den übrigen in Anhang 1 geregelten Vorhabenstypen eine gewisse Sonderstellung ein. Diese Vorhaben weisen teilweise raumplanerische Elemente auf. Details bezüglich der sich künftig anzusiedelnden Betriebe oder zu errichtenden Wohn- oder Bürobauten werden oftmals noch nicht bekannt sein. Solche Vorhaben konzentrieren sich daher auf die Schaffung der infrastrukturellen Rahmenbedingungen (z.B. Verkehrskonzepte, Strom-, Gas-, Wasserver-, und-Entsorgung, soziale Infrastruktur) und der grundsätzlichen Ausgestaltung des Raumes (Versiegelungen und Grünräume, Bebauungsgrundsätze, landschafts- und naturräumliche Begleitplanung, Emissionsobergrenzen). Genehmigungsgegenstand bei diesen Tatbeständen des UVP-G 2000 ist somit nicht der einzelne Betrieb in einem Gewerbepark oder ein einzelnes Gebäude eines Städtebauvorhabens, sondern das gesamte Vorhaben, welches den Rahmen für weitere (gewerbe- und/oder baurechtliche) Einzelvorhaben bildet. Da die Genehmigungspflicht nach UVP-G 2000 nicht auf ein bestimmtes, durch einen konkreten Rechtsakt definiertes Planungsstadium abstellt, ist ein gewisser Spielraum im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung und die Planungstiefe gegeben. Die Genehmigung hat zu einem Zeitpunkt zu erfolgen, an dem die oben angeführten grundsätzlichen Parameter bereits bekannt sind. Für die Einzelbewilligungsverfahren betreffend die Ausführungsvorhaben, die einem UVP-Verfahren gemäß Anhang 1 Ziffer 18, UVP-G 2000 nachfolgen, schafft der UVP-Bescheid einen zusätzlichen Rahmen für den einzelnen Gewerbebetrieb oder ein Wohn- oder Geschäftsgebäude. Er entfaltet für die Genehmigungswerberin und ihre Rechtsnachfolgerin dingliche Wirkung, im UVP-Verfahren kann daher durch im UVP-Bescheid festgelegte Auflagen auf die nachfolgende Nutzung Einfluss genommen werden (Baumgartner/Petek, UVP-G 2000, 394).
Städtebauvorhaben i.S.d. Anhanges 1 Ziffer 18, UVP-G 2000 umfassen daher gerade nicht die schlussendliche Bebauung eines Gebietes in allen Einzelheiten, wie die Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen meinen. Dies ergibt sich nicht nur aus der oben dargelegten Definition des Städtebauvorhabens im UVP-G 2000, sondern insbesondere auch aus der Bestimmung des Paragraph 21, Absatz 5, UVP-G 2000, wonach mit Rechtskraft des Genehmigungsbescheides die Zuständigkeit für Vollziehung und Überwachung des Genehmigungsbescheides auf die Behörden übergeht, die nach den Verwaltungsvorschriften gemäß ihrem Wirkungsbereich für die Genehmigung der Ausführungsprojekte zuständig sind. Dies ergibt sich weiters aus Paragraph 17, Absatz 9 und 10, wonach Genehmigungsbescheide dingliche Wirkung entfalten und bei Änderung des Vorhabens im Zuge der konkreten Bebauung auf spezifische Weise im Nachhinein geändert werden können, um geänderten Umweltauswirkungen Rechnung zu tragen, die im Zuge der Ausführungsprojekte ans Licht kommen. Sinn dieser Konzeption ist es, den EU-rechtlichen Vorgaben insofern zu genügen, als zu einem frühen Zeitpunkt eine UVP durchgeführt wird, weil nur in diesem Stadium die Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens beurteilt und mögliche problematische Planungsinhalte korrigiert und somit deren Umweltauswirkungen hintangehalten werden können (Baumgartner/Petek, UVP-G 2000, 395).
Eine zu späte Antragstellung würde den Vorteil, in diesem Stadium die Umweltauswirkungen des Gesamtvorhabens zu prüfen, torpedieren (Hartlieb, Die Genehmigung von Städtebauvorhaben: Besonderheiten des UVP-Verfahrens, RdU 2015, 2 [4]).
Wie Paragraph 3, Absatz 3, (Genehmigungskonzentration) für derartige Vorhaben nunmehr ausdrücklich vorsieht, sind jene Materiengesetze, die auf konkrete Ausführungsvorhaben anzuwenden sind, nicht mit anzuwenden, die Ausführungsvorhaben sind eben nicht vom Vorhabensbegriff des Paragraph 2, Absatz 2, für diesen Vorhabenstyp erfasst. Für die Ausführung des Vorhabens erforderlich sind nur die materiellen Genehmigungsbestimmungen des UVP-G 2000. Die auf die konkreten Ausführungsvorhaben anzuwendenden Materiengesetze können zu diesem Zeitpunkt noch nicht angewendet werden, weil keine Details der Ausführungsvorhaben bekannt sind bzw. bekannt sein können; müsste man so lange zuwarten, bis alle Details bekannt sind und dann erst zur Einreichung schreiten, würde das den Sinn und Zweck der gesamthaften Prüfung für diesen Vorhabenstyp vereiteln.
2.5.2. Unionsrechtliche Beurteilung:
2.5.2.1. Die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten i.d.F. der Richtlinie 2014/52/EU (im Folgenden: UVP-Richtlinie) – durch die die Richtlinie 85/337/EWG, in deren Umsetzung das UVP-G erlassen worden ist, „neu kodifiziert“ wurde – räumt bei Projekttypen, die in Anhang römisch II angeführt sind, gem. ihrem Artikel 4, Absatz 2, den Mitgliedstaaten einen Spielraum dahingehend ein, entweder anhand einer Einzelfalluntersuchung oder anhand der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien zu bestimmen, ob das Projekt einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden muss.
„Städtebauprojekte, einschließlich der Errichtung von Einkaufszentren oder Parkplätzen“ sind in Anhang römisch II Ziffer 10, Litera b, der UVP-Richtlinie angeführt.
Wie der Europäische Gerichtshof (EuGH) in seinem Urteil in der Rechtssache C-244/12 Salzburger Flughafen unter Hinweis auf seine Vorjudikatur in Bezug auf die Richtlinie 85/337/EWG ausgeführt hat, räumt diese den Mitgliedstaaten (für Projekte im Sinn des Anhanges römisch II der Richtlinie) einen Wertungsspielraum ein, der durch die in Artikel 2, Absatz eins, der Richtlinie festgelegte Pflicht begrenzt ist, die Projekte, bei denen u.a. auf Grund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standorts mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Untersuchung ihrer Auswirkungen zu unterziehen. Anhand der in Artikel 4, Absatz 2, Litera b, der Richtlinie erwähnten Kriterien und/oder Schwellenwerte soll die Beurteilung der konkreten Merkmale eines Projektes erleichtert werden, damit bestimmt werden kann, ob es der Prüfungspflicht unterliegt; diese Kriterien bzw. Schwellenwerte dienen allerdings nicht dazu, bestimmte Klassen der in Anhang römisch II der Richtlinie aufgeführten, im Gebiet eines Mitgliedstaats in Betracht kommenden Projekte von vornherein insgesamt von dieser Pflicht auszunehmen. In diesem Fall würden nämlich die Grenzen des Spielraumes nach Artikel 2, Absatz eins und Artikel 4, Absatz 2, der Richtlinie überschritten, sofern nicht auf Grund einer pauschalen Beurteilung aller ausgenommenen Projekte davon auszugehen ist, dass bei ihnen nicht mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist.
Der österreichische UVP-Gesetzgeber hat den Tatbestand des „Städtebauprojekts“ in verschiedenen Ziffern des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 berücksichtigt, die sich aus den Umweltauswirkungen, die von derartigen Vorhaben ausgehen, ableiten.
Durch Festlegung von Vorhabenstypen in Anhang 1 betreffend Straßen, Freizeit- und Vergnügungsparks, Sportstadien, Einkaufszentren, Beherbergungsbetriebe und Parkplätze/Parkgaragen sowie die dort vorgesehene Berücksichtigung der Größe und der Lage bei der Anwendung von Schwellenwerten (insbesondere die Berücksichtigung von Schwellenwerten für schutzwürdige Gebiete der Kategorien A und D des Anhanges 2) hat der Bundesgesetzgeber die nach Anhang römisch III der Richtlinie relevanten Auswahlkriterien des Projektstandortes und der geografischen Räume, die durch ein solches Projekt möglicherweise beeinträchtigt werden könnten, wie auch – insbesondere im Hinblick auf das Kriterium der Belastbarkeit der Natur – Gebiete, "in denen die in den Gemeinschaftsvorschriften festgelegten Umweltqualitätsnormen bereits überschritten sind" (Anhang römisch III Ziffer 2, Litera c, der UVP-Richtlinie), berücksichtigt.
Auch in Anhang 1 Ziffer 18, UVP-G 2000 selbst werden nun bestimmte konkrete Bauvorhaben in UNESCO-Schutzgebieten und Erschließungsvorhaben (nunmehr: „Neuerschließung für Städtebauvorhaben“ in der Litera e,) einer UVP-Pflicht unterworfen.
Zu den in Anhang 1 Ziffer 18, Litera b, erfassten großflächigen Städtebauvorhaben führen die Erläuterungen zur UVP-G-Novelle 2023 Regierungsvorlage 1902 Blg NR 27. Gesetzgebungsperiode zu Ziffer 103 und Ziffer 107,) aus:
„Die Prüfung der UVP-Pflicht für Städtebauvorhaben sollte zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erfolgen, d.h. vor den erforderlichen materienrechtlichen Genehmigungen (siehe zu Paragraph 3, Absatz 3,). Ein Gesamtwille zur Ausführung des Städtebauvorhabens muss zu diesem Zeitpunkt erkennbar sein, d.h. das Vorhaben muss hinsichtlich seiner Größe klar abgrenzbar sein und einer gemeinsamen/gesamthaften Planung unterliegen. Die Vorhabensbestandteile müssen sich in vergleichbaren Stadien der Planung bzw. Detaillierung befinden. Hinsichtlich dieses Kriteriums der Vergleichbarkeit wird zu beachten sein, ob die durch die Vorhabensbestandteile zu erwartenden Umweltauswirkungen bereits so konkretisiert und beurteilt werden können, dass eine gemeinsame Beurteilung im UVP-Verfahren möglich ist. Damit die Genehmigungsfähigkeit in einem UVP-Verfahren beurteilt werden kann, sollten umweltrelevante Angaben zur Flächeninanspruchnahme (Bruttogeschoßflächen, Grundflächen, versiegelte Flächen, Grünflächen) und Flächeneffizienz, Stellplatzanzahl, Ver- und Entsorgungskonzept für Energie, Wasser, Abfall, Verkehrskonzept, maximale Bauhöhen, exemplarische Darstellung der Gebäude, Tiefbaumaßnahmen vorliegen. Zur Berechnung der Flächen ist die ÖNORM B 1800 (Ausgabe 2013-08-01) heranzuziehen.“
Der Gesetzgeber lässt damit als Begründung für seine Kriteriensetzung für die Umsetzung der UVP-Richtlinie daher insbesondere die dadurch eröffnete Möglichkeit einer umfassenden UVP in einem frühen Planungsstadium erkennen.
2.5.2.2. Mit dieser Kriteriensetzung entspricht das österreichische UVP-G 2000 dem Ziel der Richtlinie, die Prüfung der Umweltauswirkungen von Projekten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu ermöglichen (EuGH 7.1.2004, C-201/02 Delena Wells, Rz 51; vergleiche auch ausdrücklich für die Öffentlichkeitsbeteiligung Artikel 6, Absatz 4, der Aarhus-Konvention, der von der UVP-Richtlinie mit umgesetzt wird [Erwägungsgründe 18 bis 20 der UVP-Richtlinie]: „Jede Vertragspartei sorgt für eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung zu einem Zeitpunkt, zu dem alle Optionen noch offen sind und eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung stattfinden kann“).
Der EuGH vertritt auch die Ansicht, dass in einem mehrstufigen Genehmigungsverfahren, in dem zunächst eine Grundsatzentscheidung ergeht und sodann eine Ausführungsgenehmigung getroffen wird, die nicht über die in der Grundsatzentscheidung festgelegten Vorgaben hinausgehen darf, die UVP im Verfahren zum Erlass der Grundsatzentscheidung zu erfolgen hat. Nur dann, wenn (und wohl: insoweit) die Auswirkungen erst im Verfahren zum Erlass der Durchführungsentscheidung ermittelt werden können, ist diese erst in diesem Verfahren durchzuführen (EuGH C-201/02, Rz 52 f).
Diesen Anforderungen entspricht das österreichische Recht auch in Bezug auf den Tatbestand der städtebaulichen Erschließungsvorhaben, weil der Genehmigungsbescheid erstens bindend für alle nachfolgenden Einzelgenehmigungsverfahren nach Materienrecht für die Ausführungsvorhaben (z.B für einzelne Bauwerke) ist ( Paragraph 17, Absatz 9, UVP-G 2000) und, zweitens dann, wenn sich herausstellt, dass die Annahmen und Vorgaben des UVP-Verfahrens in den Einzelgenehmigungsverfahren nicht eingehalten werden können, der UVP-Genehmigungsbescheid nach Ergänzung der UVP auch geändert werden kann und muss (Paragraph 17, Absatz 10, UVP-G 2000).
Zweifelhaft könnte allenfalls die Beschränkung der Änderbarkeit des UVP-Bescheides erscheinen, wie sie in Paragraph 17, Absatz 10,, zweiter Satz, vorgesehen ist. Jedenfalls wäre auch eine erhebliche Änderung der Grünraumverteilung zu erfassen und dieser Änderungstatbestand entsprechend richtlinienkonform zu interpretieren.
Das österreichische Recht entspricht damit sowohl der Vorgabe der möglichst frühen Umweltprüfung und Öffentlichkeitsbeteiligung, als auch der Vorgabe der Effektivität der UVP, konkretisiert durch die durchgehende Verpflichtung, die UVP zu ergänzen, sollten im Zuge der – oft jahre- bis jahrzehntelangen – Verwirklichung von Städtebauvorhaben Ergänzungen oder Änderungen des ursprünglichen Bescheids notwendig werden.
Schließlich ist noch daran zu erinnern, dass, sollten im Zuge der Ausführung des Städtebauvorhabens weitere Tatbestände des Anhanges 1 erfüllt werden, sei es der Ziffer 18 b, selbst oder etwa der Ziffer 9,, 17, 19, 20 oder 21, eine gesonderte UVP durchzuführen ist.
Es kann daher nicht erkannt werden, dass die bestehende Regelung, auf Grund derer das ggst. Verfahren geführt wurde, nicht unionskonform wäre bzw. die unionsrechtlich gewährten Rechte der Beschwerdeführer oder der Öffentlichkeit beschneiden würde.
Zur ausreichenden Bestimmtheit des konkreten Vorhabens und damit Beurteilungsfähigkeit im Sinne der obigen Erwägungen siehe unten Pkt. 2.8.2.
2.6. Alternativenprüfung:
Die Erst-Beschwerdeführerin vermisste in ihrer Beschwerde einen wenigstens überblicksartigen Vergleich der von der Projektwerberin geprüften Technologie-, Standort- und weiteren Planungsvarianten und kritisierte, dass diese schlicht auf einen städtebaulichen Wettbewerb verweise, aus welchem das Vorhaben offenbar als Siegerprojekt hervorging, und die Genehmigung durch eine „Stadtentwicklungskommission“.
In seinem Urteil vom 7.11.2018, C-461/17 Holohan hat der EuGH zur Alternativenprüfung in der UVP folgendes ausgeführt:
„63 Im Besonderen schreibt Artikel 5, Absatz 3, Buchst. d der UVP-Richtlinie vor, dass der Projektträger zumindest ‚eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen [von ihm] geprüften Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen‘ vorlegen muss.
64 Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung folgt ausdrücklich, dass es dem Projektträger obliegt, den zuständigen Behörden eine Übersicht über die wichtigsten anderweitigen von ihm geprüften Lösungsmöglichkeiten sowie die Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen vorzulegen.
65 Insoweit ist festzustellen, dass die UVP-Richtlinie keine Definition des in Artikel 5, Absatz 3, Buchst. d verwendeten Begriffs der ‚wichtigsten anderweitigen Lösungsmöglichkeiten‘ enthält. Gleichwohl ist, wie von der Generalanwältin in den Nrn. 94 und 95 ihrer Schlussanträge ausgeführt, davon auszugehen, dass zur Beurteilung der Frage, welche der anderweitigen Lösungsmöglichkeiten als ‚wichtig‘ anzusehen sind, ihre Bedeutung für die Umweltauswirkungen des Projekts bzw. für deren Vermeidung ausschlaggebend ist. Zu welchem Zeitpunkt eine anderweitige Lösung vom Projektträger verworfen wurde, ist insoweit irrelevant.
66 Da nach Artikel 5, Absatz 3, Buchst. d der UVP-Richtlinie nur eine Übersicht über diese Lösungsmöglichkeiten vorzulegen ist, ist sodann davon auszugehen, dass diese Bestimmung nicht verlangt, dass die wichtigsten geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten einer Umweltverträglichkeitsprüfung wie für das ausgewählte Projekt unterzogen werden müssten. Allerdings hat der Projektträger zumindest im Hinblick auf die jeweiligen Umweltauswirkungen seine Auswahlgründe anzugeben. Die Pflicht des Projektträgers zur Skizzierung der wichtigsten anderweitigen Lösungsmöglichkeiten bezweckt nämlich vor allem, seine Auswahl zu begründen. […]
69 Aufgrund dieser Erwägungen ist auf die Fragen 5 bis 7 zu antworten, dass Artikel 5, Absatz 3, Buchst. d der UVP-Richtlinie dahin auszulegen ist, dass der Projektträger Angaben zu den Umweltauswirkungen sowohl der ausgewählten Lösung als auch jeder einzelnen der wichtigsten von ihm geprüften anderweitigen Lösungsmöglichkeiten vorlegen und die Gründe für seine Auswahl zumindest im Hinblick auf ihre Umweltauswirkungen erläutern muss, und dies auch dann, wenn eine solche anderweitige Lösungsmöglichkeit in einem frühen Stadium verworfen wurde.“
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat auf Basis dieses Urteils in seinem Erkenntnis vom 24.5.2022 wiederholt, dass es sich bei der in Paragraph eins, Absatz 2, Ziffer 3 und Ziffer 4, UVP-G 2000 vorgesehenen Darstellung von Alternativen um eine bloß programmatische Bestimmung handelt, die die Aufgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung festlegt und als Interpretationshilfe dient. Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer 3 und Ziffer 4, oder Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 2, UVP-G 2000 verlangen ebenso wie Artikel 5, Absatz eins, Litera d, i.V.m. Anhang römisch IV Ziffer 2, der UVP-Richtlinie nur Angaben über die vom Projektwerber geprüften Standort- oder Trassenvarianten (UVP-G 2000) bzw. Lösungsmöglichkeiten (UVP-Richtlinie). Einer Auslegung, wonach die Projektwerberin auch alternative Bauausführungen zu prüfen habe, steht der klare Wortlaut sowohl des UVP-G 2000 als auch der UVP-Richtlinie entgegen (VwGH 24.5.2022, Ra 2021/03/0167, Rz 71 mit Hinweis auf VwGH 27.9.2018, Ro 2018/06/0006).
Das vorliegende Städtebauvorhaben fußt auf einem Leitbild, das die Projektwerberin gemeinsam mit der Stadt Wien unter Beteiligung der Öffentlichkeit erstellt bzw. angestoßen hat. Der Leitbildprozess, der durch die von der Projektwerberin im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen ausreichend dokumentiert ist, umfasste einen städtebaulichen Wettbewerb, dem eine Prüfung städtebaulicher Alternativen wesensimmanent ist.
Eine Prüfung anderer Alternativen als die Entwicklung eines Städtebauvorhabens erfolgte nicht. Insbesondere wurde auch die Entwicklung einer „Gstätten“, wie von der Erst-Beschwerdeführerin releviert, nicht als Alternative erwogen.
Da das UVP-G 2000 in Übereinstimmung mit der UVP-Richtlinie nur die Darstellung der von der Projektwerberin erwogenen (bzw. geprüften) Alternativen vorschreibt, ist die Darstellung der Alternativen in der vorgelegten Form nicht zu beanstanden.
Die Erst-Beschwerdeführerin argumentiert in ihren Stellungnahmen dazu (Stellungnahme Prof. römisch 40 ), nach der Auswertung des städtebaulichen Wettbewerbs sei von der Stadtentwicklungskommission (STEK) 2008 der Beschluss gefasst worden, ausschließlich das Siegerprojekt weiter zu verfolgen und später seien auf Basis von STEK-Beschlüssen 2016 und 2019 Ergänzungen und Modifikationen am Entwurf vorgenommen worden. Die nunmehr durch STEK-Beschluss vorliegende Letztfassung des Siegerprojekts sei Grundlage für die UVE der Projektwerberin gewesen. Die Dominanz des Einflusses der politischen und administrativen VertreterInnen der Stadt Wien an der Genese des Städtebauvorhabens Wien-Nordwestbahnhof könne dazu verleitet haben, dass sinnvolle Varianten für Teilaspekte des zur Prüfung eingereichten Projektes nicht entwickelt wurden, gerade was z.B. seine klimarelevanten Aspekte anbelangt.
Dieses Vorbringen ist für die gerichtliche Entscheidung im vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht relevant, weil – abgesehen davon, dass sich für die Behauptung, dass aus Gründen der Zusammensetzung der STEK keine, insbesondere aus Klimaschutzgesichtspunkten, sinnvollen Alternativen entwickelt worden sein könnten, im Beschwerdeverfahren keinerlei Anhaltspunkte ergeben haben – es der Projektwerberin obliegt, die von ihr geprüften Alternativen zu dokumentieren. Behörde bzw. Gericht haben nicht die Möglichkeit, der Projektwerberin die Prüfung weiterer, nicht geprüfter Alternativen, aufzutragen.
2.7. Zur angewendeten Nullvariante (Nullplanfall):
In den Beschwerden wird vorgebracht, die zu Grunde gelegte Nullvariante entspreche nicht den Anforderungen des Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 2, UVP-G 2000. Die Nullvariante sei im Prognosezeitpunkt zu beurteilen, der Projektwerber habe bei der Erstellung der Beschreibung der voraussichtlich vom Vorhaben erheblich beeinträchtigten Umwelt von den tatsächlich bestehenden Immissionswerten auszugehen und nicht, wie ggstdl. geschehen, auf die fiktive Wiederinbetriebnahme des Frachtenbahnhofes und damit auf die Immissionssituation vor Einstellung des Betriebes im Jahr 2006 abzustellen.
Der VwGH hat in seinem dbzgl. richtungsweisenden Erkenntnis vom 20.12.2016, Ro 2014/03/0035 Umbau Linz Hbf. Westkopf, ausgeführt:
„67 Die Bestimmung des Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 3, UVP-G 2000 bezieht sich auf die Darstellung des Ist-Zustands ohne die Verwirklichung des Vorhabens. Bei der Auslegung dieser Norm ist zu berücksichtigen, dass die Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung nach Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, UVP-G 2000 ua darin besteht, unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume, auf Boden, Wasser, Luft und Klima, auf die Landschaft sowie auf Sach- und Kulturgüter hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind.
68 Eine solche Feststellung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens besäße wenig Aussagekraft, wenn sie sich bezüglich der als Basis ihrer Prüfung heranzuziehenden Ausgangswerte nicht auf das Ausmaß der tatsächlich bestehenden Immissionen, sondern auf rechtlich vorgeschriebene, praktisch aber nicht verwirklichte Werte stützte. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Sinn bereits ausgesprochen, dass die Behörde bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen und dabei nicht konkret absehbare Entwicklungen außer Betracht zu lassen hat. Nur wenn bereits konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es in absehbarer Zeit zu einer Änderung des Sachverhalts kommen wird, und die Behörde in der Lage ist, sich über die Auswirkungen dieser Änderung ein hinlängliches Bild zu machen, dann ist auf derartige Entwicklungen bei der Entscheidung über die Genehmigung des Vorhabens Bedacht zu nehmen (VwGH vom 27. Mai 1997, 97/04/0026).
69 ii. Der Projektwerber hat daher bei der Beschreibung der voraussichtlich vom Vorhaben erheblich beeinträchtigten Umwelt nach Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 3, UVP-G 2000 von den tatsächlich bestehenden Immissionswerten auszugehen, auch wenn er selbst nach Maßgabe der Rechtsordnung bereits zum Zeitpunkt der Abgabe seiner Umweltverträglichkeitserklärung zur Herstellung einer niedrigeren Immissionssituation verpflichtet gewesen wäre. Folglich kann der belangten Behörde nicht erfolgreich mit dem Argument entgegengetreten werden, dass sie als Ist-Belastung und Nullvariante die (nach Ansicht der Revisionswerberin) zwar rechtskonform herzustellende, tatsächlich aber nicht bestehende Lärmimmissionssituation von 55dB (A) anzusetzen gehabt hätte.“
Wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es in absehbarer Zeit zu einer Änderung des Sachverhalts kommen wird, und die Behörde in der Lage ist, sich über die Auswirkungen dieser Änderung ein hinlängliches Bild zu machen, dann ist also auf absehbare Entwicklungen bei der Entscheidung über die Genehmigung des Vorhabens Bedacht zu nehmen. Den Beschwerdeführern und Beschwerdeführerinnen ist darin Recht zu geben, dass nicht das letzte volle Betriebsjahr des Frachtenbahnhofs (2006) als Nullplanfall zu Grunde zu legen war, sondern ein (Basis-)Szenario, das das Kriterium für eine absehbare zukünftige Entwicklung im Sinn der Judikatur des VwGH erfüllt.
Nach den Ergebnissen des gerichtlichen Ermittlungsverfahrens ist eine andere, alternative Nutzung des Bahnhofsareals als für die Errichtung eines Städtebauvorhabens nicht vorgesehen. Seit dem Jahr 2006 streben, wie auch die Beschwerdeführer und Beschwerdeführerinnen dokumentiert haben, die Projektwerberin und die Stadt Wien systematisch die Auflassung des Bahnhofes und die Verwertung des Bahnhofsgeländes zu städtebaulichen Zwecken an. Ein Brachliegenlassen des Bahnhofsgeländes nach Einstellung des Bahnbetriebes – bei unterstellter Nichtverwirklichung des Städtebauvorhabens – ist nicht konkret absehbar, müsste doch die Projektwerberin als Eisenbahnunternehmen nach Einstellung des Eisenbahnbetriebs die Auflösung der Anlage und deren wirtschaftliche Verwertung betreiben. Dies ergibt sich – insbesondere auch – aus dem gesetzlich festgelegten Unternehmensgegenstand der Projektwerberin: Gemäß Paragraph 31, Absatz eins, Bundesbahngesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 825 aus 1992,, ist Aufgabe der ÖBB-Infrastruktur AG u.a. die eines Eisenbahninfrastrukturunternehmens, in dem eine bedarfsgerechte und sichere Schieneninfrastruktur (einschließlich Hochleistungsstrecken) geplant, gebaut, instandgehalten (d. i. Wartung, Inspektion, Entstörung, Instandsetzung und Reinvestition), bereitgestellt und betrieben wird; weiters können auch Verschubleistungen erbracht werden. Die ÖBB-Infrastruktur AG ist zwar auch zur Planung und zum Bau von sonstigen Infrastrukturvorhaben berechtigt, jedoch nur dann, wenn hiefür die Kostentragung durch Dritte sichergestellt ist. Planung und Bau von „Gstätten“, also unbebauter naturnaher Areale, oder eines gänzlich anderen Städtebauvorhabens wie es den Beschwerdeführern und Beschwerdeführerinnen offenbar als Nullplanfall vorschwebt, wäre also nur im Fall möglich, dass ein Dritter die Kosten dafür trägt.
Eine Nicht-Verwertung oder andere Verwertung des Areals könnte somit zwar erfolgen, aber nicht durch die Projektwerberin. Für eine andere Verwertung durch die Projektwerberin oder einen anderen Rechtsträger gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkt, weder in Form eines anderen Städtebauvorhabens, dessen Merkmale folglich in keiner Weise spezifizierbar sind, noch in Form des Verkaufs oder der Überlassung an einen anderen Rechtsträger, der dann das Gelände brachliegen lassen würde.
Sollte das Vorhaben nicht genehmigt werden, kann daher als absehbare Entwicklung nur ein Szenario angenommen werden, das sich aus der bestehenden Rechtslage ergibt. Auf Grundlage der bestehenden Genehmigung für den Betrieb einer Eisenbahn kommt nur der Weiterbetrieb der Eisenbahn in Frage. Um die Eisenbahn jedoch wirtschaftlich betreiben zu können, müsste der Bahnhof wieder in Betrieb genommen werden, was technisch und wirtschaftlich möglich ist, wie den Feststellungen zu entnehmen ist.
Den Auswirkungsberechnungen wurde daher als Nullvariante die volle Wiederinbetriebnahme des Bahnhofs in der Zukunft zu Grunde gelegt.
2.8. Zu den Auswirkungen des Vorhabens:
Die anzuwendenden Rechtsvorschriften wurden bereits oben unter Pkt. 2.5.1.1. dargestellt.
2.8.1. Zu Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer eins, (Emissionsbegrenzung nach dem Stand der Technik):
Wie in Pkt. 1.5.1. festgestellt, werden Emissionen nach dem Stand der Technik begrenzt. Dieses Genehmigungskriterium ist daher erfüllt.
2.8.2. Zu Paragraph 17, Absatz 2, Litera a und c sowie Ziffer 3, (Gesundheit, Belästigung, Abfälle):
Da sich diesbezüglich im Beschwerdeverfahren keine Änderungen ergeben haben und die im behördlichen Verfahren erteilten Auflagen aufrecht bleiben, bleibt die rechtliche Beurteilung des angefochtenen Bescheides aufrecht, dass durch die Immissionen des Vorhabens das Leben oder die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet werden und auch keine unzumutbare Belästigung der Nachbarn und Nachbarinnen i.S.d. Paragraph 77, Absatz 2, GewO 1994 zu erwarten ist und auch das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn und Nachbarinnen nicht gefährdet werden.
Soweit in den Beschwerden gerügt wird, dass die Auswirkungsbeurteilung durch die Sachverständigen unvollständig geblieben sei, weil das Vorhaben zu unkonkret und noch nicht in allen Details ausgearbeitet sei, ist dem zunächst zu entgegnen, dass nach Beurteilung der Sachverständigen, wie den Feststellungen dieses Erkenntnisses zu entnehmen ist, das Vorhaben ausreichend detailliert ist, um die geforderten Beurteilungen vornehmen zu können. Weiters ist darauf hinzuweisen, dass – den Vorgaben des Unionsrechts folgend – die für die Genehmigung der Ausführungsprojekte (z.B. gemäß Bauordnung, Gewerbeordnung, Wasserrecht, Naturschutzrecht) zuständigen Behörden an den UVP-Bescheid gebunden sind (Paragraph 17, Absatz 9, UVP-G 2000) und im Fall, dass sich die Sachlage im Zuge der Ausführungsplanung wesentlich ändert, auch das Städtebauvorhaben geändert werden muss. Eine solche Änderung kann nur im Zuge eines Verfahrens nach Paragraph 18 b, UVP-G 2000 erfolgen (Paragraph 17, Absatz 10, UVP-G 2000), in dem den von der Änderung betroffenen Beteiligten gem. Paragraph 19, UVP-G 2000 Gelegenheit zu geben ist, ihre Interessen wahrzunehmen.
Auch sind im Beschwerdeverfahren keine Zweifel darüber aufgekommen, dass Abfälle nach dem Stand der Technik vermieden oder verwertet, oder soweit nicht wirtschaftlich vertretbar, ordnungsgemäß entsorgt werden.
2.8.3. Zu Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer 2, Litera b, (Umweltbelastung, Immissionsminimierung):
2.8.3.1. In den Beschwerden wird vorgebracht, Maßnahmen, auf die die Sachverständigen ihr Gutachten aufbauten, seien im Vorhaben (bzw. der Vorhabensbeschreibung) nicht verpflichtend vorgesehen, z.B. die Fassadenbegrünung, die Festlegung geeigneter Baumaterialien und ein Freiraumkonzept.
Dieses Vorbringen ist teilweise berechtigt, da die Ausführungen in der UVE einschl. Klima- und Energiekonzept i.V.m. dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht immer eine klare Verpflichtung der Projektwerberin zur Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen erkennen lassen. Soweit dies der Fall war, wurde in diesem Erkenntnis eine Änderung der Nebenbestimmung 3.1. vorgenommen.
2.8.3.2. Weiters wurde vorgebracht, eine Interessenabwägung hätte ergeben müssen, dass das öffentliche Interesse am Klimaschutz überwiegt. Abgesehen davon, dass eine Interessenabwägung nur im Rahmen der Gesamtbewertung vorgesehen ist (dazu unten Pkt. 2.9.), könnte das Vorbringen auch in Bezug auf das in Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer 2, ausgedrückte Immissionsminimierungsgebot relevant sein.
Zunächst hat die Erst-Beschwerdeführerin ihre Behauptung in der Beschwerde, dass – so dürfte das Vorbringen gemeint sein – bei Berücksichtigung des Klimaschutzes eine Abweisung des Genehmigungsantrages geboten wäre, mit keinen Fakten belegt. In der später eingebrachten Stellungnahme römisch 40 wird angeführt, in der Nutzungsphase würden die Gebäude über Fernwärme versorgt, die von außen kommt. Damit finde zwar kein Einsatz von fossilen Energieträgern am Standort statt, allerdings komme die Fernwärme aus KWK-Anlagen, die zwar hocheffizient seien, auf absehbare Zeit aber (noch) nicht auf erneuerbarer Energie basierten (Fernwärme werde in Wien zu wesentlichen Anteilen aus Erdgas KWK gewonnen). Sich auf eine zukünftige Dekarbonisierung der Wärmeversorgung in Wien zu verlassen, scheine bei so einer umfangreichen Quartierplanung wenig innovativ, ein proaktiver Ansatz wäre bei diesem städtebaulichen Vorhaben doch geboten. Eine Vielzahl neuer innovativer Ansätze würden in Förderprogrammen der FFG zu Gebäuden und Stadtquartieren entwickelt und auch erprobt. Hier wäre beispielsweise eine optimale Kombination von PV und der Nutzung von Überschussstrom mit effizienter Wärmepumpentechnologie in Verbindung mit thermischer Bauteilaktivierung zu nennen, die heute schon (fast) Stand der Technik sei, jedenfalls gebe es einige Erfolgsbeispiele. Es scheine weiters zu wenig, zu hoffen, dass die Umsetzung eines nachhaltigen Energiesystems dann durch ein Programm-Management erfolgen wird. Nur wenn von Beginn an das Programm-Management klare Vorgabe in Richtung erneuerbarer Energieversorgung erhält, könne auch von der Umsetzung eines nachhaltigen und ökologischen Energiesystems durch frühzeitige Einbindung in den Planungsprozess ausgegangen werden. Wenn nicht von Beginn an umfassend die Einbeziehung erneuerbarer Energien geplant wird, entstünden meist Pseudolösungen, die nur zu inkrementellen Verbesserungen mit ein „ein bisschen mehr erneuerbarer Energie“ führten. Ein detailliertes Energiekonzept müsse daher am Beginn der Planungsphase ausgearbeitet werden. Aus den Unterlagen gehe nicht hervor, ob Gebäude im Sinne der Klimaneutralität 2040 im Passivhausstandard errichtet werden. Anzustreben wäre für das Gesamtareal entweder Passivhaus-Standard oder im Sinne eines Vorzeige-Vorhabens Plusenergiehaus-Standard. Auch wenn damit Veränderungen im Nutzverhalten verbunden sein können, ergäben sich klare Vorteile bei den Betriebskosten und auch in der weitgehenden Entkopplung von Energiepreissteigerungen. Beim Neubau von Groß-Wohnanlagen sollte jedenfalls die eigenständige Versorgung im Vordergrund stehen, damit verfügbare (zukünftig dann dekarbonisierte) Fernwärme dem urbanen innerstädtischen Bestand vorbehalten werden könne. Es fehlten Konzepte für die immer wichtiger werdende Warmwasserversorgung. Zentrale Bereitstellungssysteme seien meist mit Ringleitungen verbunden, bei denen aus hygienischen Gründen eine hohe Temperatur aufrechterhalten werden müsse, was mit großen Verlusten im Betrieb verbunden sei.
Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer 2, UVP-G 2000 enthält aber kein generelles, absolutes Immissionsminimierungsgebot, sondern ein Gebot, die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering zu halten. Ein absolutes Gebot enthält diese Bestimmung nur hinsichtlich der Vermeidung der in Litera a bis c leg. cit. genannten Immissionen. Werden aber - wie hier - keine Schutzgüter beeinträchtigt und entspricht das Vorhaben dem Stand der Technik, so kann mit der bloßen Behauptung, es hätten noch strengere Grenzwerte vorgeschrieben werden können, keine Rechtswidrigkeit eines Bescheides i.S.d. Paragraph 17, UVP-G 2000 dargetan werden (VwGH 6.5.2021, Ra 2019/03/0040).
Mit dem dargestellten Vorbringen erhebt die Erst-Beschwerdeführerin allgemeine Forderungen, doch wird damit nicht dargetan, dass entgegen den Schlussfolgerungen der behördlichen Sachverständigen keine Minimierung von Luftschadstoffimmissionen nach dem Stand der Technik und keine Vermeidung von Immissionen erfolgt, die nachhaltige Einwirkungen verursachen (siehe dazu insbesondere auch oben unter 2.8.1.).
Es wird auch nicht – im Sinn des Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 – aufgezeigt, dass es zu schwerwiegenden Umweltbelastungen durch das Vorhaben kommt.
Dem Immissionsminimierungsgebot ist daher entsprochen.
2.9 Gesamtbewertung:
Gemäß Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 ist eine Gesamtbewertung durchzuführen.
Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Unionsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.
Die Gesamtbewertung gem. Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 fordert zunächst eine möglichst vollständige Einbeziehung aller vorhabensbedingten Umweltauswirkungen, die dann in einen Gesamtkontext zu stellen, d.h. in Summe und im Verhältnis zueinander zu beurteilen sind. römisch eins.S. dieses Prüfungsmaßstabs kommen als schwerwiegende Umweltbelastungen einerseits von den Verwaltungsvorschriften und Paragraph 17, Absatz 2, UVP-G 2000 nicht erfasste Arten von Umweltbelastungen in Frage, andererseits Umweltbelastungen, die von den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zwar erfasst werden, nach diesen aber keinen Versagungsgrund bilden, sondern erst aufgrund einer Gesamtbewertung als schwerwiegend eingestuft werden müssen. Es ist zu prüfen, ob durch etwaige zusätzliche Aspekte, wie etwa Synergien, Überlagerungen, Kumulationseffekte, im Rahmen der integrativen Betrachtungsweise gegenüber der isolierten Betrachtung der einzelnen materiengesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen schwerwiegende Umweltbelastungen i.S.d Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 zu erwarten sind (VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 Schigebiet Hochsonnberg, RNr. 73, 74).
Die Behörde hat auf Basis detaillierter Fragestellungen an die Sachverständigen in der zusammenfassenden Bewertung und in den Teilgutachten bereits geprüft, ob derartige schwerwiegende Umweltauswirkungen zu erwarten sind und kommt zum Ergebnis, dass unter der Voraussetzung, dass die in der UVE und in den Projektunterlagen enthaltenen Maßnahmen und die von den Gutachtern und Gutachterinnen als zusätzlich erforderlich erachteten Auflagen bei der Detailplanung, Errichtung und Erhaltung des Vorhabens berücksichtigt werden, die Gesamtbewertung ergebe, dass das Vorhaben umweltverträglich sei, wobei die langfristigen Vorteile die kurzfristigen Nachteile im Zuge der Bauphase überwiegen würden.
In der Bewertung wurden dabei auch die Kumulierung mit anderen neuen Stadtteilen, die Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern und insbesondere die Verkehrsverlagerungen betrachtet.
Das Beschwerdeverfahren hat nicht ergeben, dass von einem anderen Sachverhalt auszugehen wäre (siehe oben römisch II.1. 5.).
Die Schlussfolgerung der Behörde im angefochtenen Bescheid Sitzung 43), dass das Vorhaben durch seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierungen oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen des Umweltschutzes bei weitem keine schwer wiegenden Umweltbelastungen bewirken wird, wurde im Ermittlungsergebnisse – vom Bundesverwaltungsgericht geteilt.
2.10. Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, weil die hier relevanten Rechtsfragen einerseits durch Judikatur des VwGH oder des EuGH geklärt sind. Dies betrifft insbesondere die grundlegende Frage der notwendigen Detailliertheit des Städtebauvorhabens vergleiche die angeführte Judikatur des EuGH), die Alternativenprüfung vergleiche die angeführte Judikatur von VwGH und EuGH), sowie zur relevanten Nullvariante und zum Immissionsminimierungsgebot vergleiche die angeführte Judikatur des VwGH). Andererseits waren die der Lösung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften bereits für sich selbst als ausreichend klar und bestimmt anzusehen und bedarf es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keiner weiteren Klärung durch den VwGH.
ECLI:AT:BVWG:2024:W104.2265480.1.00