Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

16.01.2024

Geschäftszahl

L515 1438461-4

Spruch


1.) Geschäftszahl (GZ):
L515 1438461-4/35E

2.) Geschäftszahl (GZ):
L515 1438462-4/35E

3.) Geschäftszahl (GZ):
L515 1438463-4/28E

4.) Geschäftszahl (GZ):
L515 2010271-3/27E

5.) Geschäftszahl (GZ):
L515 2206749-2/26E

6.) GESCHÄFTSZAHL (GZ):
L515 2237976-2/23E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , am römisch 40 geb., alias römisch 40 , am römisch 40 geb., Identität steht nicht fest, StA der Republik ASERBAIDSCHAN, vertreten durch RA Dr. Christian SCHMAUS, gegen die Spruchpunkte römisch IV - römisch VIII des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.10.2022, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, idgF als unbegründet mit der Maßgabe, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gem. Paragraph 55, FPG 10 Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses beträgt, abgewiesen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch VIII. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots gemäß Paragraph 53, FPG auf 6 Monate herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , am römisch 40 geb., alias römisch 40 , am römisch 40 geb., Identität steht nicht fest, StA der Republik ASERBAIDSCHAN, vertreten durch RA Dr. Christian SCHMAUS gegen die Spruchpunkte IV-VIII des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.10.2022, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, idgF mit der Maßgabe, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gem. Paragraph 55, FPG 10 Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses beträgt als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch VIII. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbots gemäß Paragraph 53, FPG auf 6 Monate herabgesetzt wird.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , am römisch 40 geb., Identität steht nicht fest, StA der Republik Aserbaidschan, vertreten durch die Mutter römisch 40 , am römisch 40 geb., alias römisch 40 , am römisch 40 geb., Identität steht nicht fest, diese wiederum vertreten durch RA Dr. Christian SCHMAUS, gegen die Spruchpunkte römisch IV – römisch VII des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2022, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, idgF mit der Maßgabe, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gem. Paragraph 55, FPG 10 Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses beträgt als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , am römisch 40 geb. StA der Republik Aserbaidschan, Identität steht nicht fest, vertreten durch die Mutter römisch 40 , am römisch 40 geb., alias römisch 40 , am römisch 40 geb., Identität steht nicht fest, diese wiederum vertreten durch RA Dr. Christian SCHMAUS, gegen die Spruchpunkte römisch IV – römisch VII des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2022, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, idgF mit der Maßgabe, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gem. Paragraph 55, FPG 10 Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses beträgt als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , am römisch 40 geb., StA der Republik Aserbaidschan, Identität steht nicht fest, vertreten durch die Mutter römisch 40 , am römisch 40 geb., alias römisch 40 , am römisch 40 geb., Identität steht nicht fest, diese wiederum vertreten durch RA Dr. Christian SCHMAUS, gegen die Spruchpunkte römisch IV – römisch VII des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2022, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, idgF mit der Maßgabe, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gem. Paragraph 55, FPG 10 Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses beträgt als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

6.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , am römisch 40 geb., StA der Republik Aserbaidschan, Identität steht nicht fest, vertreten durch die Mutter römisch 40 , am römisch 40 geb., alias römisch 40 , am römisch 40 geb., Identität steht nicht fest, diese wiederum vertreten durch RA Dr. Christian SCHMAUS, gegen die Spruchpunkte römisch IV – römisch VII des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.11.2022, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, idgF mit der Maßgabe, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gem. Paragraph 55, FPG 10 Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses beträgt als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrenshergang

römisch eins.1. Zu den Vorverfahren

römisch eins.1.1. Die beschwerdeführenden Parteien (in weiterer Folge kurz als „bP“ bzw. entsprechend der Reihenfolge ihrer Nennung im gegenständlichen Erkenntnis folgend als „bP1“ bis „bP6“ bezeichnet), sind Staatsangehörige der Republik Aserbaidschan und brachten nach rechtswidriger Einreise in das Hoheitsgebiet der Europäischen Union und in weiterer Folge nach Österreich (bP1 und bP2) bzw. nach ihrer Geburt im Bundesgebiet (bP3 - bP6) bei der belangten Behörde (in weiterer Folge „bB“) Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die männliche bP1 und bP2 sind Ehegatten und die Eltern der minderjährigen bP3 – bP6.

Anlässlich ihrer erstmaligen Einreise gaben die bP1 und bP2 an, den Namen römisch 40 und römisch 40 zu führen, aus Aserbeidschan zu stammen und am römisch 40 bzw. römisch 40 geboren worden zu sein.

römisch eins.1.2. In Bezug auf das bisherige verfahrensrechtliche Schicksal und das Verhalten der bP aus fremden- und asylrechtlicher Sicht wird Folgendes angeführt:

römisch eins.1.2.1. Die bP1 und bP2 brachten erstmals am 30.10.2012, die minderjährige bP3 im Zuge ihrer gesetzlichen Vertretung erstmals am 29.01.2013, bei den zuständigen Behörden Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die bP1 führte begründend aus, aserischer Schiite zu sein und an „Meetings“ teilgenommen zu haben. Dies hätten die Verwandten von ihr erwartet. Wegen dieser Teilnahme wäre sie behördlichen Repressalien ausgesetzt gewesen. Darüber hinaus stelle sich die allgemeine Lage in ihrer Herkunftsregion als schlecht dar und jeder versuche von dort wegzukommen. Ein konkreter, ausreisekausaler Sachverhalt hätte nicht stattgefunden.

Die bP2 und bP3 beriefen sich auf die selben Gründe bzw. auf den Familienverband.

Die Anträge wurden seitens der bB als unbegründet abgewiesen. In Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerde wurden die bekämpften Bescheide mit Beschlüssen des ho. Gerichts vom 23.01.2014 behoben und die Angelegenheit gem. Paragraph 28, Absatz 3, Satz 2 VwGVG idgF zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die bB zurückverwiesen.

römisch eins.1.2.2. Am 03.07.2014 wurden die Anträge auf internationalen Schutz - nunmehr wurde auch über den zwischenzeitig vorliegenden Antrag der bP4 entschieden - nach Durchführung ergänzender Ermittlungen durch die bB wiederum vollinhaltlich abgewiesen.

römisch eins.1.2.3. Die gegen die angefochtenen Bescheide erhobenen Beschwerden wurden mit ho. Erkenntnis vom 05.08.2015 zu den Zahlen GZ L518 1438461-2/36E, GZ L518 1438462-2/26E, GZ L518 1438463-2/24E, GZ L518 2010271-1/24E abgewiesen. Das ho. Gericht schloss sich der Einschätzung der bB an, dass sich das Vorbringen zu den behauptetermaßen befürchteten Repressalien im Herkunftsstaat als nicht glaubhaft darstellt, die bP in ihrem Herkunftsstaat über eine Existenzgrundlage verfügen und im Rahmen einer Interessensabwägung iSd Artikel 8, Absatz 2, EMRK von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen ist.

römisch eins.1.2.4. Eine dagegen eingebrachte Revision wurde mit 15.10.2015 unter der Gz Ra 2015/20/0218 bis 0221-4 vom Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

Ab diesem Zeitpunkt waren die damals in Österreich aufhältigen bP1- bP4 verpflichtet, das Bundesgebiet von sich aus zu verlassen. Dieser Obliegenheit kamen sie nicht nach, sondern hielten sich in weiterer Folge als rechtswidrig aufhältige Fremde im Bundesgebiet auf.

Der Aufenthalt der bP1 – bP4 ist somit seit Oktober 2015 für diese zweifelsfrei erkennbar rechtswidrig, ungewiss und die Aussicht auf eine Legalisierung aus dem Akteninhalt faktisch aussichtslos.

römisch eins.1.2.5. Am 18.05.2017 - somit nach ca. 1,5-jährigem rechtswidrigen Aufenthalt im Bundes-gebiet - stellten die bP1 – bP4 neuerlich Anträge auf internationalen Schutz. Sie wurden bei der sachlich und örtlich zuständigen LPD am 18.05.2017, einer Erstbefragung unterzogen. Dabei gaben die bP1 und bP2 wiederum an, den Namen römisch 40 und römisch 40 zu führen, aus Aserbaidschan zu stammen und am römisch 40 bzw. römisch 40 geboren worden zu sein.

Die bP1 gab im Wesentlichen an, dass die Probleme, über die sie im früheren Verfahren berichtete, nach wie vor bestünden, jedoch sei ein neuer Grund dazugekommen, da die Familie zum Christentum konvertiert sei. Im Falle einer Rückkehr würde die bP1 von ihrer Familie ausgestoßen und sowohl mit der Bevölkerung als auch mit dem Staat Probleme haben. Außerdem würden die Kinder im Falle einer Rückkehr auch Probleme haben. Sie besäßen keine Dokumente des Heimatstaates. Sie hätten nur Geburtsurkunden aus Österreich.

Die bP2 gab ebenfalls an, dass die Probleme, über die sie im ersten Verfahren berichtet hätten, nach wie vor bestünden, im Falle einer Rückkehr würden jedoch andere Probleme dazukommen. Sie hätten es jetzt erst geschafft, zum Christentum zu konvertieren. Schon in Aserbaidschan seien sie immer wieder heimlich zur Kirche gegangen, und dies würde zu Problemen führen.

Anlässlich dieser Einvernahmen legten die bP eine Bestätigung vor, wonach sie nach Absolvierung eines fünfmonatigen Vorkatechumenates am 13.04.2017 in den Katechumenat der Katholischen Kirche aufgenommen worden seien. Damit besäßen sie die Mitgliedschaft in dieser Kirche und stünden in der Ausbildung und unmittelbaren Vorbereitung auf die Taufe.

Eigene Fluchtgründe wurden für die minderjährigen Kinder (bP3 – bP4) nicht vorgebracht.

römisch eins.1.2.6. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich durch die bB am 14.08.2017 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen und der Status der Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Aserbaidschan nicht zugesprochen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, wurde nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch III). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, bestehe für bP1 bis bP4 keine Frist für die freiwillige Ausreise. Der Beschwerde der bP1 bis bP4 wurde gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 3 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der erwachsenen bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft und führte hierzu zusammengefasst aus, dass die bP ein widersprüchliches und nicht nachvollziehbares Vorbringen erstattet hätten.

In Bezug auf die weiteren bP wurde in sinngemäßer Weise argumentiert.

Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Aserbaidschan traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.

Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Artikel 8, EMRK dar.

Des Weiteren sei den bP kein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 zu erteilen. Schließlich wurde ausgeführt, weshalb gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG in Bezug auf die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Aserbaidschan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei. Letztlich wurde erläutert, weshalb der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Dabei stützte sich die Behörde im Wesentlichen darauf, dass die bP ihre Identität mit erwiesenermaßen falschen Personalangaben vortäuschen und bereits eine rechtkräftige Rückkehrentscheidung aus dem Jahr 2015 bestehe.

Darüber hinaus wurden die bP mittels Verfahrensanordnung darüber informiert, dass sie verpflichtet sind, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

römisch eins.1.2.7. Gegen die genannten Bescheide wurde erneut innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. In dieser wird nach Zusammenfassung der Verfahrensergebnisse im Wesentlichen ausgeführt, dass es die bB verabsäumt hätte, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob den bP im Falle ihrer Rückkehr aufgrund ihrer Konvertierung zum Christentum eine ernsthafte individuelle Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit drohe. In Bezug auf die Minderjährigen wurde auf Artikel 24, Absatz 2, der Grundrechtecharta hingewiesen.

römisch eins.1.2.8. Mit Beschluss vom 08.09.2017 wurde den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

römisch eins.1.2.9. Am 06.03.2018 langte ein Dokument des STATE MIGRATION SERVICE of the Republic of Azerbaijan ein, aus welchem hervorgeht, dass die namentlich angeführten bP nicht als Bürger Aserbaidschans erkannt wurden.

römisch eins.1.2.10. Am 27.07.2018 wurde die bP5 geboren und wurde in weiterer Folge durch die gesetzliche Vertretung am 13.08.2018 ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz eingebracht, welcher mit Bescheid vom 28.08.2018 abgewiesen wurde. Dabei erfolgte keine Feststellung des Nichtbestehens einer Frist für die freiwillige Ausreise bzw. der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde.

römisch eins.1.2.11. Am 25.02.2019 wurde dem ho. Gericht eine elektronische Nachricht eines anonymen Anzeigelegers bzw. einer anonymen Anzeigelegerin übermittelt, in welcher behauptet wird, dass die bP ihre Identität vortäuschen würden und ihre Nachnamen tatsächlich römisch 40 und römisch 40 lauten würden. Sie hätten die Landesregierung nicht über ihren Verzug benachrichtigt und hätten sich ein Jahr lang mit Hilfe zweier namentlich genannter Personen versteckt gehalten. Eine Anfrage, ob der Anzeigeleger bzw. die Anzeigelegerin persönliche Daten angeben wolle und allenfalls als Zeuge bzw. Zeugin im Verfahren auftreten wolle, blieb letztlich unbeantwortet.

römisch eins.1.2.12. Nach Erhalt einer Zustimmungserklärung der bP wurde dem Verbindungsbeamten für Aserbaidschan der Auftrag erteilt, Recherchen darüber anzustellen, ob Personen mit den, dem Gericht genannten Daten in Aserbaidschan verzeichnet sind. Der Antwort des Verbindungs-beamten ist zu entnehmen, dass es nicht möglich ist, Personen, deren persönliche Anforderungen absolut mit den vom Gericht genannten Personalien übereinstimmen, ausfindig zu machen. Zwar hätten Personen mit ähnlich lautenden Namen in den offiziellen Datenbanken Aserbaidschans gefunden werden können, allerdings schienen deren Fotos nicht mit jenen, die vom Gericht übermittelt wurden, übereinzustimmen.

römisch eins.1.2.13. Am 24.09.2020 wurde vor dem ho. Gericht eine mündliche Verhandlung im Beisein der bP durchgeführt. Die bP erschienen zu dieser Verhandlung mit ihrem gewillkürten Vertreter.

Im Verlauf dieser Verhandlung wurde den bP Gelegenheit gegeben, neuerlich ihre Ausreise-motivation darzulegen, vor allem die im bisherigen Verfahren aufgetretenen Widersprüche auszuräumen und Ungereimtheiten aufzuklären. Ferner wurde die aktuelle Lageentwicklung im Herkunftsstaat anhand der im Vorfeld übermittelten Länderdokumentationsunterlagen erörtert. Eine Stellungnahme wurde dazu weder auf schriftlichem Weg noch in der Verhandlung abgegeben.

Im Laufe dieser Verhandlung wurden seitens der bP verschiedene Unterlagen in Bezug auf ihren Gesundheitszustand, sowie ihren sozialen Anknüpfungspunkten vorgelegt.

römisch eins.1.2.14. Mit ho. Erkenntnissen vom 05.10.2020 zu den Zahlen GZ L526 1438461-3/17E, GZ L526 1438462-3/17E, GZ L526 1438463-3/15E, GZ L526 2010271-2/12E wurden die Beschwerden in Bezug auf die bP1 – bP4 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt römisch IV. zu lauten hat: „Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (FPG) beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung“ und Spruchpunkt römisch fünf. ersatzlos behoben wird.

In Bezug auf die bP5 wurde die Beschwerde mit ho. Erkenntnis des selben Tages GZ L526 2206749-1/10E als unbegründet abgewiesen.

Das ho. Gericht ging davon aus, dass es sich bei den bP um im Herkunftsstaat der Mehrheits- und Titularethnie angehörige Aserbaidschaner handelt, welche aus Baku, einem überwiegend von Aserbaidschanern bewohnten Gebiet stammen. Die bP1 – bP4 wurden am 13.4.2017 in Österreich in der Römisch-Katholischen Kirche aufgenommen und im Februar 2018 (BF1 bis BF4) bzw. Dezember 2019 (BF5) getauft. Ob eine innere Konversion erfolgt ist, ist für das ho. Gericht nicht feststellbar.

Die bP verfügen in Aserbaidschan über eine Existenzgrundlage.

Es könne weiters nicht festgestellt werden, dass die bP1 und bP2 den behaupteten Gefährdungen ausgesetzt waren bzw. die bP im Falle einer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen Gefahr ausgesetzt wären. Insbesondere könne nicht festgestellt werden, dass die bP einer wegen ihrer politischen Gesinnung oder wegen ihrer Hinwendung zum Christentum bzw. ihrer Zugehörigkeit zur Römisch-Katholischen Kirche einer individuellen Gefährdung ausgesetzt waren oder ihnen aus diesem Grund im Fall einer Rückkehr nach Aserbaidschan eine solche drohen würde.

Es könne schließlich nicht festgestellt werden, dass die bP1 und bP2 vor ihrer Ausreise aus ihrem Herkunftsstaat einer anderweitigen individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt in ihrem Herkunftsstaat durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt waren oder die bP im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

Auch für die minderjährigen bP seien keine derartigen Gefährdungen aus dem Vorbringen ihrer Eltern ableitbar.

Es könne nicht festgestellt werden, dass den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die Todesstrafe droht. Ebenso könne keine anderweitige individuelle Gefährdung der bP festgestellt werden, insbesondere im Hinblick auf eine im Herkunftsstaat drohende unmenschliche Behandlung, Folter oder Strafe sowie im Hinblick auf kriegerische Ereignisse, extremistische Anschläge oder organisierte kriminelle Handlungen.

Es könne nicht festgestellt werden, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat von einer existentiellen Notlage betroffen waren oder einer solchen im Falle ihrer Rückkehr ausgesetzt sein würden.

Die bP hätten in Österreich keine Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person in Österreich zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist. Sie möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten. Die bP1 und bP2 hielten sich seit dem bereits genannten Zeitpunkt im Bundesgebiet auf. Sie reisten illegal und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein, wären seither Asylwerber und verfügen über keinen anderen Aufenthaltstitel. Die minderjährigen bP wurden, wie auch ihre neugeborene Schwester, im Bundesgebiet geboren.

Die bP bezögen ab der ersten Antragstellung bis Mai 2017 Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Danach wären ihnen keine weiteren Leistungen mehr gewährt worden. Sie würden seither von der Katholischen Kirche oder Funktionsträgern derselbigen unterstützt.

Die bP1 und bP2 hätten Deutschkurse besucht. Die bP1 verfüge über ein Zertifikat über eine absolvierte Integrationsprüfung, aus welchem u.a. hervorgehe, dass sie eine Prüfung für das Sprachniveau 2 bestanden hätte. Die Prüfung für das Sprachniveau B1 hätte sie nicht bestanden. Sie wäre in der mündlichen Verhandlung auch in der Lage gewesen, sich etwa auf dem Niveau A2 in der deutschen Sprache ausdrücken. Die bP2 hätte einen Sprachkurs begonnen, diesen jedoch nicht beendet. Sie könne sich in der deutschen Sprache kaum verständigen und wäre in der mündlichen Verhandlung auch nicht in der Lage, einfache Sätze zu bilden.

Die minderjährigen Kinder können sich entsprechend ihrer Entwicklung in der deutschen Sprache verständigen.

Die bP1 absolvierte einen Kurs zur Erlangung eines Staplerführerscheines.

Die bP hätten sich einen Freundeskreis im Bundesgebiet aufgebaut. Die bP3 und bP4 gingen zur Schule.

Die bP1 hätte im Jahr 2019 insgesamt zwei Monate und zwanzig Tage als Erntehelfer und landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter gearbeitet.

Einstellungszusagen liegen nicht vor. Auch sonst wären keine Bemühungen zum Erhalt der Selbsterhaltungsfähigkeit der bP dokumentiert.

Die bP leisten keine karitative Arbeit und wären nicht Mitglied in einem Verein. Sie spenden hin und wieder kleine Beträge an das Rote Kreuz.

Die bP hätten keinen Eintrag im österreichischen Strafregister, sind strafrechtlich unbescholten. Die bP2 wäre beim „Schwarzfahren“ erwischt worden.

Der Aufenthalt der bP im Bundesgebiet wäre nicht nach Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG 2005 geduldet. Ihr Aufenthalt wäre nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig. Sie wären nicht Opfer von Gewalt im Sinn der Paragraphen 382 b, oder 382e EO.

römisch eins.1.2.15. Nach Eintritt der Rechtskraft dieser Erkenntnisse ignorierten die bP ebenso weiterhin ihre Obliegenheit, das Bundesgebiet zu verlassen.

römisch eins.1.2.16. Nach der Geburt der bP6 am römisch 40 wurde für diese nicht unmittelbar nach deren Geburt ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, sondern hiermit sichtlich bis zum Eintritt der Rechtskraft – und somit des Endes des sich hieraus ergebenden Abschiebeschutzes - unter Punkt römisch eins.1.2.14. genannten Erkenntnisse zugewartet und rund vier Monate später, am 04.11.2020, ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Der oa. Antrag der bP6 wurde mit Bescheid der bB am 13.11.2020 vollinhaltlich abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Ebenso wurde die Abschiebung nach Aserbaidschan für zulässig erklärt. Eine gegen den angefochtenen Bescheid eingebrachte Beschwerde wurde mit ho. Erkenntnis vom 07.01.2021, GZ W233 2237976-1/2E in allen Spruchpunkten abgewiesen.

römisch eins.1.2.17. Nachdem in Bezug auf alle bP rechtskräftig negative Entscheidungen in Bezug auf die gestellten Anträge auf internationalen Schutz, rechtskräftig erlassene Rückkehrent-scheidungen vorlagen und die Abschiebung nach Aserbaidschan für zulässig erklärt wurde, ignorierten die bP weiterhin ihre Obliegenheit, das Bundesgebiet zu verlassen.

römisch eins.1.2.18. Während des zwischenzeitig mehrjährigen Aufenthaltes der bP in Österreich wirkten die volljährigen bP1 und bP2 nicht an der Erlangung von Ersatzreisedokumenten für die Ausreise mit, vielmehr verweigerten sie eine entsprechende Mitwirkung.

römisch eins.2. Zum gegenständlichen Verfahren

römisch eins.2.1. Am 24.02.2021 brachten die bP1 – bP6 neuerlich Anträge auf internationalen Schutz ein.

Die bP verwiesen im Wesentlichen auf ihre Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet, auf den Umstand, dass die bP3 – bP6 in Österreich geboren sind und, dass die bP von den Behörden Aserbaidschans nicht identifiziert wurden, sowie auf ihre sozialen Anknüpfungspunkte in Österreich.

Die bisher beschriebenen Probleme bestünden nach wir vor, insbesondere verweigern die in Aserbaidschan lebenden Angehörigen der bP mit ihnen wegen der bereits beschriebenen Konversion jeglichen Kontakt und würden die bP nicht (mehr) akzeptieren.

Die bP1 gab nunmehr abweichend von ihren bisherigen Angaben zu ihrer Identität erstmals an, römisch 40 zu heißen und am römisch 40 geboren zu sein.

Die bP2 gab nunmehr abweichend von ihren bisherigen Angaben zu ihrer Identität erstmals an, römisch 40 zu heißen und am römisch 40 geboren zu sein.

Es herrsche Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan und die bP1 hätte Angst, im Krieg kämpfen zu müssen bzw. inhaftiert zu werden.

Die weiteren bP verwiesen im Wesentlichen auf die selben Gründe und auf den Familienverband. Darüber hinaus wurde vorgebracht, dass die Kinder in Österreich geboren wurden, die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft nicht besitzen würden und sie deshalb nicht in ihren Herkunftsstaat zurückkehren könnten.

Die Kinder besuchen in Österreich die Schule bzw. den Kindergarten und ist Österreich ihre Heimat. Zu Aserbaidschan hätten sie keinen Bezug.

römisch eins.2.2. Die Anträge der bP auf internationalen Schutz wurden folglich mit im Spruch genannten Bescheiden der bB gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen und der Status eines Asylberechtigten nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch eins.). Gem. Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat der bP nicht zugesprochen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde in Bezug auf die bP eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in die Republik Aserbaidschan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch IV. und römisch fünf.). Eine Frist zur freiwilligen Ausreise wurde gemäß Paragraph 55, FPG nicht gewährt (Spruchpunkt römisch VI.).

römisch eins.2.2.1. In Bezug auf die bP1 – bP3 wurde den Beschwerden in Spruchpunkt römisch VII gem. Paragraph 18, (1) Z „1 und 4“ BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

römisch eins.2.2.2. In Bezug auf die bP4 – bP6 erfolgte im Spruchpunkt römisch VII eine Wiederholung des Spruchpunktes römisch IV, wonach in Bezug auf die bP eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Eine spruchgemäße Absprache in Bezug auf Paragraph 18, (1) BFA-VG erfolgte nicht.

römisch eins.2.2.3. Gem. Paragraph 53, FPG wurde in Bezug auf die bP ein Einreiseverbot für die Dauer von 2 Jahren (in Bezug auf bP4 - bP5 2 „Jahr/Jahren“) erlassen (in Bezug auf die bP1 – bP4 gem. Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, FPG, in Bezug auf die bP5 – bP6 gem. Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, „Ziffer 0“).

römisch eins.2.3. Im Rahmen der Beweiswürdigung erachtete die bB das Vorbringen der bP in Bezug auf die Existenz einer aktuellen Gefahr einer Verfolgung als nicht glaubhaft.

Die bB verwies insbesondere auf den Umstand, dass die bP bereits zum wiederholten Male Anträge auf internationalen Schutz stellten und sich die Behörde bzw. das ho. Gericht bereits in der Vergangenheit mit dem Vorbringen auseinandersetzte. Diese Auseinandersetzung beinhaltet auch eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen, die bP1 hätte Angst davor, im Krieg gegen Armenien eingesetzt zu werden und maß diesem Vorbringen keine maßgebliche Bedeutung zu.

römisch eins.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat der bP traf die belangte Behörde ausführliche und schlüssige Feststellungen.

römisch eins.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Artikel 8, EMRK dar und sei die Abschiebung als zulässig zu werten.

Hinsichtlich sämtlicher bP wurde in Bezug auf das Vorliegen einer Tatbestandsvoraussetzung des Paragraph 18, Absatz eins, BFA-VG festgehalten, dass gegen die bP vor der Stellung der gegenständlichen Anträge eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung vorlag, weshalb die Ziffer 6, leg. cit. vorliege.

Auf sonstige abweichende Ausführungen wird an der gegenständlichen Stelle aus verfahrensökonomischen Erwägungen nicht eingegangen und erlaubt sich das ho. Gericht an dieser Stelle festzuhalten, dass die angefochtenen Bescheide – insbesondere jene in Bezug auf bP3 – bP6 von Fehlern, welche wohl auf ein gewisses Aufmerksamkeitsdefizit des Verfassers zurückzuführen sind - durchwachsen sind.

römisch eins.2.4. Gegen die genannten Bescheide wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben.

Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass die bB rechts- und tatsachenirrig vorging. Das bisherige Vorbringen wurde wiederholt und bekräftigt und kamen die bP nach umfangreichen rechtlichen Ausführungen zum Schluss, dass ihnen internationaler Schutz zu gewähren wäre. Jedenfalls wäre aber festzustellen, dass im Rahmen einer Interessensabwägung im Lichte des Artikel 8, Absatz 2, EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen auszugehen sei. Im Besonderen wurde auf den Umstand, dass die bP3 – bP6 in Österreich geboren sind und auf das Kindeswohl verwiesen.

römisch eins.2.5. Nach Einlangen der Beschwerdeakte wurde im Rahmen einer Prüfung des Vorbringens festgestellt, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen ist und wurde mit ho. Erkenntnis vom 30.12.2022 gem. Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG rechtskräftig festgestellt, dass die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide zu Recht erfolgte. Der Beschwerde gegen die angefochtenen Bescheide wurde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

Gleichzeitig wurde mit verfahrensleitendem Beschluss des ho. Gerichts gem. Paragraph 39, Absatz 3, AVG das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt.

römisch eins.2.6. Mit ho. Erkenntnissen vom 6.2.2023, L515 1438461-4/4E, L515 1438462-4/4E, L515 1438463-4/4E, L515 2010271-3/4E, L515 2206749-2/4E, L515 2237976-2/4E wurden ohne Durchführung einer seitens der bP beantragten Verhandlung die Beschwerden in Bezug auf die bP1 und bP2 in allen Spruchpunkten abgewiesen. In Bezug auf die weiteren bP wurden die Beschwerden mit der Maßgabe abgewiesen, dass die erlassenen Einreiseverbote behoben wurden.

Im Hinblick auf die behaupteten Probleme wegen der Konversion der bP zum röm.-kath. Glauben ging das ho. Gericht davon aus, dass bereits im ho. Erkenntnis vom 05.08.2015, GZ L518 1438461-2/36E ua. (Revisionszurückweisung vom 15.10.2015, Ra 2015/20/2018-0221-4) rechtskräftig abgesprochen und festgestellt wurde, dass die bP keine relevanten Repressalien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben.

Festgestellt wurde weiters, dass auch in Bezug auf die Befürchtung der bP1 militärisch im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien eingesetzt zu werden und im Falle einer Verweigerung inhaftiert zu werden, bereits im ho. Erkenntnis vom 05.10.2020, GZ L526 1438461-3/17E ua. (Seite 81f) rechtskräftig abgesprochen wurde und ebenfalls keine relevante Gefährdung erkannt werden konnte.

Hinsichtlich des behaupteten Kontaktabbruchs zur in Aserbaidschan lebenden Familie der bP könne kein Rückkehrhindernis festgestellt werden, zumal die bP aus Eigenem für den notwendigen Lebensunterhalt sorgen können.

Es sei nach Ansicht des erkennenden Gerichts davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in die Republik Aserbaidschan eine ausreichende Existenzgrundlage vorfinden.

Die minderjährigen bP3 – bP6 hätten durch ihre Eltern bzw. Mutter die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft erworben und es bestünde aus diesem Grund kein Rückkehrhindernis.

Zu vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden der bP in deren Vorverfahren sei ebenfalls bereits rechtskräftig abgesprochen worden. In gegenständlicher Angelegenheit würden keine Krankheiten aufgezeigt, die nicht auch in Aserbaidschan behandelbar wären, darüber hinaus stehe den bP im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan der Zugang zum aserbaidschanischen Gesundheitssystem offen.

Abschließend könne nicht festgestellt werden, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat einer individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt bzw. die bP im Falle einer Rückkehr dorthin einer solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

Das ho. Gericht ging weiters davon aus, dass Familienangehörige nach wie vor in Aserbaidschan leben und sichtlich in der Lage sind, dort ihr Leben zu meistern. Auch wenn man hypothetisch davon ausginge, dass die bP von ihren Familien verstoßen worden wären, wäre festzuhalten, dass die volljährigen bP aus Eigenem für ihr Überleben und den Unterhalt ihrer Kinder sorgen können.

Fest stünde weiters, dass die bP1 und bP2 aserbaidschanische Staatsbürger sind. Es wurde festgestellt, dass gemäß dem Staatsbürgerschaftsgesetz von Aserbaidschan die bP3 – bP6 die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft über ihre Eltern bzw. Mutter erworben haben, unabhängig vom Ort der Geburt vergleiche Artikel 11, Ziffer eins, aserbaidschanisches Staatsbürgerschafts-gesetz).

Die bP möchten offensichtlich ihr künftiges Leben in Österreich gestalten und hielten sich die bereits genannten Zeiträume im Bundesgebiet auf.

Die bP würden über die beschriebenen Deutschkenntnisse verfügen und bestünden die aus dem Verweilzeitraum sich ergebenden soziale Anknüpfungspunkte.

Soweit die minderjährigen bP bereits schulpflichtig wären, besuchen sie die Schule, die bP5 und bP6 besuchen den Kindergarten.

Die minderjährigen, in Österreich geborenen, bP befänden sich in einem Alter erhöhter Anpassungsfähigkeit und beobachtete der erkennende Richter im Rahmen seiner langjährigen Laufbahn, dass minderjährige Fremde, welche in einem vergleichbaren Alter nach Österreich einreisten, sich innerhalb kürzester Zeit in ihr Lebensumfeld umfassend eingliederten und bestehen für das ho. Gericht Hinweise, dass Derartiges nicht auch im hier vorliegenden spiegelbildlichen Fall nach einer Rückkehr nach Aserbaidschan stattfinden würde. Es wäre den minderjährigen bP möglich, sich in die aserbaidschanische Gesellschaft zu integrieren und das dortige Schul- und Ausbildungssystem in Anspruch zu nehmen.

Die bP wären strafrechtlich unbescholten.

Die Identität der bP stünde nicht fest.

Die bP1 und bP2 hätten während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet ihre Angaben zu ihrer Identität ausgewechselt.

Grundsätzlich sei festzuhalten, dass sich im gegenständlichen Fall die Aufenthaltsdauer, je länger sie fortschritt sich aus dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten der bP bzw. den erwachsenen bP (wiederholte Antragstellung, Auftreten unter verschiedenen Identitäten, Vereiteln der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, beharrliches Ignorieren fremdenrechtlicher Bestimmunen) ergeben hätte und stelle sich dieser Umstand in Bezug auf die bP1 – bP3 am ausgeprägtesten dar, zumal der Aufenthalt der bP1 – bP3 bereits vor 7 Jahren beendet worden wäre, falls sie sich rechtskonform verhalten hätten.

Weiters wurde festgehalten, dass es den bP1 und bP2 in ihrem Herkunftsstaat freistünde, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das – wenn auch minder leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

Darüber hinaus sei es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation bzw. an die in Aserbaidschan ansässige IOM (https://azerbaijan.iom.int/, Zugriff am 18.01.2023) zu wenden.

Aufgrund der oa. Ausführungen sei letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Das ho. Gericht schloss sich letztlich insbesondere der Einschätzung der bB an, dass sich das Vorbringen zu den behauptetermaßen befürchteten Repressalien im Herkunftsstaat als nicht glaubhaft darstellen würde, die bP in ihrem Herkunftsstaat über eine Existenzgrundlage verfügen, kein Sachverhalt vorliege, welcher unter Paragraph 57, AsylG zu subsumieren sei und im Rahmen einer Interessensabwägung iSd Artikel 8, Absatz 2, EMRK von einem Überwiegen der öffentlichen Interessen auszugehen sei. In Bezug auf die erlassenen Einreiseverbote schloss sich das ho. Gericht der Einschätzung der bB an, dass ein qualifiziertes fremdenpolizeiliches Interesse an dessen Erlassung in Bezug auf die bP1 und bP2 bestünde, jedoch nicht in Bezug auf die weiteren bP.

Ebenso ging das ho. Gericht davon aus, dass die ho. Erkenntnisse, GZ L526 1438461-3/17E, GZ L526 1438462-3/17E, GZ L526 1438463-3/15E, GZ L526 2010271-2/12E und L526 2206749-1/10E gegenüber den ho. Erkenntnissen L515 1438461-4/4E, L515 1438462-4/4E, L515 1438463-4/4E, L515 2010271-3/4E, L515 2206749-2/4E, L515 2237976-2/4E Rechtskraft entwickeln und daher –auch in Bezug auf die erlassenen Rückkehrentscheidungen- vom Rechtsgrundsatz des ne bis in dem auszugehen sei. Das ho. Gericht ging somit auch in Bezug auf die privaten und familiären Verhältnisse der bP davon aus, dass eine weitergehende meritorische Prüfung nur in jenem Umfang vorzunehmen sei, so weit ein Sachverhalt vorliegt, welcher nicht von der Rechtskraftkraftwirkung der die ho. Erkenntnisse, GZ L526 1438461-3/17E, GZ L526 1438462-3/17E, GZ L526 1438463-3/15E, GZ L526 2010271-2/12E und L526 2206749-1/10 erfasst ist (zu dieser Rechtsansicht vergleiche ho. Erk. vom 13.1.2023, L515 2216088-2, eine hiergegen eingebrachte außerordentliche Revision wurde durch den Beschluss des VwGH vom 6.4.2023, Ra 2023/14/0064 zurückgewiesen).

römisch eins.2.7. Gegen die genannten Erkenntnisse wurde eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Mit Erkenntnis vom 25.10.2023, Ra 2023/20/0125 bis 0130-16 wurde das ho. Erkenntnis in den Aussprüchen über die Erlassung von Rückkehrentscheidungen gegen sämtliche revisionswerbenden Parteien sowie von Einreiseverboten gegen die bP1 und bP2, über die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung der bP nach Aserbaidschan sowie über die gegenüber den revisionswerbenden Parteien erfolgte Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben. Im Übrigen wurde die Revision zurückgewiesen.

Soweit der Revision stattgegeben wurde, begründete dies das Höchstgericht wie folgt:

„…

Soweit sich die revisionswerbenden Parteien gegen die Erlassung von Rückehrentscheidungen - sowie die davon rechtlich abhängenden Aussprüche - wenden, bringen sie vor, das Bundesverwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Es habe dem Umstand keine gebührende Beachtung geschenkt, dass die minderjährigen revisionswerbenden Parteien in Österreich geboren seien und immer hier gelebt hätten. Sie seien hier sozialisiert worden. Zu Aserbaidschan hätten sie keine Beziehung. Der Drittrevisionswerber lebe zudem bereits seit mehr als zehn Jahren in Österreich und sei hier integriert, weshalb schon deshalb grundsätzlich von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet auszugehen sei. Eine auf den jeweiligen Einzelfall abstellende Beurteilung habe das Bundesverwaltungsgericht nicht vorgenommen. Auf das Kindeswohl sei nicht ausreichend Bedacht genommen worden. Das Bundesverwaltungsgericht, das trotz diesbezüglichen Antrags keine Verhandlung durchgeführt habe, habe es - wie zuvor bereits das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl - unterlassen, die Meinung der minderjährigen revisionswerbenden Parteien einzuholen. Es seien weder diese einer Befragung unterzogen worden noch seien die Eltern als gesetzliche Vertreter zu den Lebensumständen der Kinder befragt worden. Da der Drittrevisionswerber zehn und der Viertrevisionswerber neun Jahre alt seien, sei davon auszugehen, dass sie in der Lage seien, sich selbst eine Meinung zu bilden und diese auch kundzutun. Mit dem - in der Begründung für die Zulässigkeit der Revisionen näher dargestellten - Vorbringen in der Beschwerde und dem Wunsch der minderjährigen revisionswerbenden Parteien nach persönlicher Anhörung und Einholung ihrer Meinung habe sich das Bundesverwaltungsgericht in den angefochtenen Entscheidungen, insbesondere im Rahmen der Ausführungen zum Unterbleiben der Verhandlung, nicht auseinandergesetzt. Abgesehen davon, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, liege insoweit eine vom Verwaltungsgerichtshof bislang nicht geklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, als Judikatur zur Frage fehle, ob Minderjährigen in Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ein Recht auf persönliche Anhörung zukomme.
In Bezug auf die Erlassung von Rückehrentscheidungen - sowie die davon rechtlich abhängenden Aussprüche - erweisen sich die Revisionen aufgrund dieses Vorbringens als zulässig. Sie sind auch begründet.

Gemäß Paragraph 9, Absatz eins, BFA-VG ist, wenn durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Die Beurteilung, ob die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen unverhältnismäßigen Eingriff in die nach Artikel 8, EMRK geschützten Rechte eines Fremden darstellt, hat unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles stattzufinden. Dabei muss eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorgenommen werden vergleiche etwa VwGH 25.4.2023, Ra 2022/20/0371, mwN).
Bei der nach Paragraph 9, BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung ist es auch erforderlich, sich mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl auseinanderzusetzen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind bei einer Rückkehrentscheidung, von der Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen der Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat, als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums der Bindungen zum Heimatstaat nach Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 5, BFA-VG dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen und ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden vergleiche VwGH 20.4.2023, Ra 2022/19/0028 bis 0031, mwN).
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen sei, die in Paragraph 138, ABGB genannten Kriterien als Orientierungsmaßstab dienen vergleiche etwa VwGH 9.3.2022, Ra 2022/14/0044, mwN).
Dabei ist allerdings - was vor dem Hintergrund des Vorbringens in den Revisionen klarstellend anzumerken ist - darauf Bedacht zu nehmen, dass die Bestimmungen des Paragraph 138, ABGB in einem anderen Kontext stehen. Es kann daher insbesondere nicht unberücksichtigt bleiben, dass bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht allein auf die privaten und familiären Interessen eines Minderjährigen abzustellen ist, sondern auch den öffentlichen Interessen an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme - insbesondere gegen im Bundesgebiet aufhältige Fremde, denen nach für sie negativem Abschluss von Asylverfahren kein Aufenthaltsrecht mehr zukommt - maßgeblicher Stellenwert zukommt. Es ist daher dem Kindeswohl im Rahmen einer Interessenabwägung nach Paragraph 9, BFA-VG kein absoluter Vorrang beizumessen. Bei Heranziehen der in Paragraph 138, ABGB enthaltenen Kriterien als Orientierungsmaßstab ist auf die Eigenart der im Rahmen verwaltungsrechtlicher Entscheidungen zu treffenden Beurteilung Bedacht zu nehmen. So kann angesichts der im Rahmen der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme vorzunehmenden Prüfung nach Paragraph 9, BFA-VG, die eine Abwägung der widerstreitenden öffentlichen Interessen mit den familiären und privaten Interessen des Fremden erfordert, dem bloßen Wunsch eines Fremden, im Bundesgebiet bleiben zu wollen, keine vorrangige Bedeutung beigemessen werden. Das hat auch in jenem Fall Platz zu greifen, in dem der Fremde noch minderjährig ist, sodass etwa dem in Paragraph 138, Ziffer 5, ABGB zum Ausdruck kommenden und - im Rahmen des Kindschaftsrechts - im Besonderen auf die Bedürfnisse des Kindes in Bezug auf sein Verhältnis zu den Obsorge- und Kontaktberechtigten abstellenden Gedanken bei der Interessenabwägung grundsätzlich kein erhöhter Stellenwert beizulegen ist.
Die Berücksichtigung des Kindeswohls stellt im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar; das Kindeswohl ist daher bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der nach Paragraph 9, BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab vergleiche nochmals VwGH Ra 2022/14/0044, mwN).
Der Besuch einer Bildungseinrichtung in Österreich kann als Aspekt des Privatlebens im Sinn von Artikel 8, EMRK zu jenen Umständen zählen, die bei der Beurteilung, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht unverhältnismäßig ist, zu berücksichtigen sind vergleiche zum Schulbesuch als Indiz der Integration in Österreich etwa VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0224). Zu beachten ist indes, dass der allfällige Umstand, dass Bildungsmöglichkeiten in Österreich mit jenen im Herkunftsland nicht gleichwertig sind, bei der Abwägung nach Artikel 8, EMRK nicht entscheidend ist vergleiche VwGH 2.3.2022, Ra 2021/20/0156, mit Hinweis auf Rechtsprechung des EGMR).
Bei der Beantwortung der Frage, ob einem unrechtmäßig aufhältigen Fremden ein aus Artikel 8, EMRK ableitbares Aufenthaltsrecht zuzugestehen ist, ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes maßgeblich darauf Bedacht zu nehmen, ob sich der Fremde bereits mehr als zehn Jahre im Bundesgebiet aufhält.
Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen.
Allerdings führt auch ein mehr als zehnjähriger Inlandsaufenthalt in Verbindung mit dem Vorliegen integrationsbegründender Aspekte dann nicht zwingend zu einem Überwiegen des persönlichen Interesses, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken oder die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren.
Mit dieser Rechtsprechung wird im Besonderen der gesetzlichen Anordnung des Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 9, BFA-VG Rechnung getragen. Nach dieser Bestimmung ist im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen (regelmäßig im Rahmen von Asylverfahren) begründet ist. Es liegt nämlich in der Verantwortung des Staates, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass - ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass dem Fremden die lange Dauer von Verfahren anzulasten wäre - nicht eine solche übermäßig lange Zeit verstreicht, sodass beim Fremden die Erwartung geweckt werden könnte, dass nicht zwangsläufig mit einer für ihn negativen Entscheidung zu rechnen sei. Eine solche von den Behörden zu verantwortende Situation soll sohin einem Fremden, der (kein sonstiges Fehlverhalten - wie etwa strafbares Verhalten - gesetzt und) die Zeit seines langen Aufenthalts genutzt hat, um Integrationsschritte zu setzen, nicht zum Nachteil gereichen vergleiche etwa zur Maßgeblichkeit des Unterbleibens von effektiven Schritten der Behörde, die einem Fremden auferlegte Ausreiseverpflichtung durchzusetzen, sowie des Umstandes, dass behördliche Verfahren von jahrelangem, nicht vom Fremden verschuldeten Verfahrensstillstand gekennzeichnet sind, VwGH 6.4.2020, Ra 2020/20/0055, mwN). Andererseits wurde in der Rechtsprechung bei maßgeblichem (Fehl-)Verhalten des Fremden, das dazu geführt hatte, dass es der Behörde nicht möglich war, gegen einen unrechtmäßig aufhältigen Fremden eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu erlassen oder zu effektuieren, auch nach einem langen Zeitraum des Aufenthalts im Bundesgebiet die Aufenthaltsbeendigung für zulässig angesehen vergleiche aus der Rechtsprechung etwa VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0197: Täuschungshandlungen durch den Gebrauch einer falschen Identität; VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0183; 22.8.2019, Ra 2019/21/0098; 12.11.2019, Ra 2019/21/0077: sich im Verborgenen halten; VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0340: beharrliches jahrelanges Verletzen einer bereits rechtskräftig auferlegten Ausreiseverpflichtung; VwGH 1.7.2021, Ra 2021/21/0034: absichtliches Verzögern des Asylverfahrens durch Vorgabe psychischer Probleme sowie Gebrauch einer Alias-Identität zur Verhinderung der Abschiebung; vergleiche auch die beispielhafte Darstellung in VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005, Rn. 13, mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung, auch zu anderem, die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung verstärkenden Fehlverhalten).
Weiteres stellen im Besonderen strafrechtliche Verurteilungen derartige Umstände dar, die die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland und eine erfolgte Integration relativieren können, wobei in dem Zusammenhang auch länger zurückliegende Straftaten berücksichtigt werden können. Ebenso bewirkt eine bereits erfolgte Tilgung von Straftaten nicht, dass die Straffälligkeit eines Fremden bei der Abwägung gemäß Artikel 8, EMRK nicht berücksichtigt werden dürfte.
Diese Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof auch für jene Konstellationen als maßgeblich erachtet, in denen sich der Aufenthalt zwar - allenfalls: zum Teil - als rechtmäßig dargestellt hat, jedoch der bisherige Aufenthaltsstatus als unsicher einzustufen war. Das betraf in erster Linie jene Fremden, denen als Asylwerber ein bloß für die Dauer des Asylverfahrens zukommendes, vorübergehendes Aufenthaltsrecht eingeräumt war. Hingegen ist diese Rechtsprechung dann nicht heranzuziehen, wenn sich die Ausgangssituation eines Fremden deutlich von den soeben geschilderten unterscheidet; insbesondere wenn sich der Fremde überwiegend aufgrund ihm erteilter Aufenthaltstitel oder eines Aufenthaltsrechts, das aufgrund der damit vermittelten Rechtsposition inhaltlich als Niederlassung im Sinn des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) einzustufen ist (etwa aufgrund des dem Fremden zuerkannten Status des Asylberechtigten), rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat vergleiche zum Ganzen VwGH 15.12.2021, Ra 2021/20/0372, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 19. November 2015, Ra 2015/20/0082 bis 0087, ausführlich mit der Frage befasst, ob nach dem Gesetz auch in jenem Fall, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wird, diese Entscheidung mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist. Dies wurde insbesondere im Hinblick auf den Inhalt der dort näher angeführten Gesetzesmaterialien bejaht. Demnach war es Ziel des Gesetzgebers, eine „Verschränkung der Prozesse“ zu erreichen, um eine „Entscheidung in Einem“ zu erzielen, den Wegfall von parallelen als auch nachfolgenden Verfahren zu erreichen und ablauforientiert ein einheitliches Gesamtverfahren entstehen zu lassen. Im Sinn der angestrebten Verfahrensökonomie ist der in Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 angeführte Tatbestand dahingehend zu interpretieren, dass er auch Entscheidungen nach Paragraph 68, AVG umfasst. Nur damit wird der angestrebte Zweck der „Entscheidung in Einem“ und Verhinderung nachfolgender Verfahren erreicht. Offenkundig war die Vermeidung paralleler oder nachfolgender Verfahrensführung gewollt vergleiche dazu auch VwGH 23.9.2020, Ra 2020/14/0175).
Weiters ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach (sofern sich aus dem Gesetz nicht anderes ergibt) das Verwaltungsgericht seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat vergleiche etwa VwGH 2.7.2020, Ra 2020/19/0192, mwN).
Das hat im Besonderen auch bei Beurteilung der Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die mit der Zurückweisung eines Antrages auf internationalen Schutz nach Paragraph 68, Absatz eins, AVG einhergeht, zu gelten. Nur dann, wenn sich diese Entscheidung über die Aufenthaltsbeendigung auf die aktuelle Sach- und Rechtslage bezieht, ist nämlich gewährleistet, dass der oben genannte Zweck zur Vermeidung weiterer nachfolgender Verfahren (samt der diesbezüglich in Betracht kommenden Rechtsmittelverfahren) - hier: ein allfälliges weiteres Verfahren zur Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Paragraph 55, AsylG 2005 - erreicht werden kann vergleiche nochmals VwGH Ra 2020/14/0175).
Nichts anderes hat zu gelten, wenn nach bereits erfolgter Erlassung einer Rückkehrentscheidung ein (allenfalls: weiterer) Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird und dieser nicht zurückgewiesen, sondern nach inhaltlicher Behandlung abgewiesen wird und im Gefolge der Antragsabweisung zu prüfen ist, ob (neuerlich) eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass hier ein Fall des Paragraph 59, Absatz 5, FPG, wonach es, wenn gegen einen Drittstaatsangehörigen bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung besteht, bei allen nachfolgenden Verfahrenshandlungen nach dem 7., 8. und 11. Hauptstück oder dem AsylG 2005 keiner neuerlichen Rückkehrentscheidung bedarf, es sei denn, es sind neue Tatsachen gemäß Paragraph 53, Absatz 2 und 3 FPG hervorgekommen, nicht vorliegt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich diese Vorschrift nämlich nur auf solche (bereits bestehende) Rückkehrentscheidungen, die mit einem Einreiseverbot verbunden sind. Nur im Fall der Änderung des für die Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes relevanten Sachverhaltes bedarf es diesfalls einer neuen Rückkehrentscheidung, um allenfalls die Dauer des mit ihr zu verbindenden Einreiseverbotes neu festlegen zu können. Ist die früher erlassene Rückkehrentscheidung allerdings - wie hier - nicht mit einem Einreiseverbot verbunden, fällt sie nicht in den Anwendungsbereich dieser Norm vergleiche VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0082 bis 0087).
Angesichts der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnungen des Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 und des Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG, wonach die Abweisung eines Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich beider Begehren (sowohl jenes auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten) mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung zu verbinden ist (wenn dafür die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen), steht der Erlassung einer solchen auch nicht das ansonsten aus der Rechtskraft einer früheren solchen Entscheidung resultierende Wiederholungsverbot entgegen. Insoweit ist nämlich dem Gesetz ein Abgehen von dem die materielle Rechtskraft kennzeichnenden Umstand der „Unwiederholbarkeit“ zu entnehmen, was auch - aus denselben strukturellen Erwägungen - für den neuerlichen Abspruch nach Paragraph 57, AsylG 2005 gilt vergleiche VwGH 9.4.2021, Ra 2021/22/0006, dort zur Rechtslage, wonach es für die Erlassung eines Einreiseverbotes jedenfalls der Erlassung einer Rückkehrentscheidung bedarf, und zwar auch dann, wenn zuvor eine solche bereits erlassen worden war; vergleiche demgegenüber zu einer Konstellation, in der der Erlassung einer neuerlichen Rückkehrentscheidung die Wirkungen der Rechtskraft einer früher erlassenen Rückkehrentscheidung entgegenstehen, VwGH 29.6.2023, Ra 2021/21/0164, mit Hinweis auf VwGH 23.6.2022, Ra 2021/21/0317, wo aber auch dargelegt wurde, dass eine neuerliche gleichlautende Entscheidung nicht zwingend in jedem Fall dazu führt, dass mit der Erlassung der weiteren Entscheidung eine Verschlechterung der Rechtsposition des Betroffenen einhergeht und daher der Betroffene durch eine solche Entscheidung - je nach Lage des Falles - nicht beschwert sein könnte).
Die vorliegenden, die Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen betreffenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts werden den in der Rechtsprechung aufgestellten Vorgaben nicht gerecht.
Das Bundesverwaltungsgericht gab im Rahmen der Schilderung bisheriger Verfahrensgänge einen Auszug aus den Feststellungen wieder, die es im von ihm erlassenen, die Fünftrevisionswerberin betreffenden Erkenntnis vom 5. Oktober 2020 getroffen hatte. In den hier angefochtenen Erkenntnissen verwies es dann unter der Überschrift „Feststellungen (Sachverhalt)“ auf diese Ausführungen und merkte an, diese „in Bezug auf ihren objektiven Aussagekern zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses“ zu erheben.
Soweit es den entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalt in Bezug auf die aktuellen Lebensverhältnisse der revisionswerbenden Parteien in Österreich betrifft (die zu den Feststellungen getätigten Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts enthalten zudem rechtliche Erwägungen), ist der Begründung lediglich zu entnehmen, dass sich die revisionswerbenden Parteien für „die bereits genannten Zeiträume im Bundesgebiet“ aufhielten sowie über „Deutschkenntnisse und sich aus dem Verweilzeitraum ergebende soziale Anknüpfungspunkte“ verfügten. Soweit die revisionswerbenden Parteien „bereits schulpflichtig sind, besuchen sie die Schule, die bP5 und bP6 besuchen den Kindergarten“. Die Identität der revisionswerbenden Parteien stehe nicht fest. Der Erstrevisionswerber und die Zweitrevisionswerberin hätten während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet ihre Angaben zu ihrer Identität ausgewechselt. Die revisionswerbenden Parteien seien strafrechtlich unbescholten.
Bei der rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass in den vorliegenden Fällen bereits „im Rahmen der letztmaligen meritorischen Erledigung“ das Privat- und Familienleben der revisionswerbenden Parteien ausführlich geprüft und dabei im Zuge der Interessensabwägung „festgestellt“ worden sei, dass die öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen der revisionswerbenden Parteien - ein Eingriff in das Familienleben liege nicht vor, weil gegen alle Familienmitglieder eine Rückkehrentscheidung erlassen werde - deutlich überwögen. Prüfungsmaßstab sei „auch im Lichte des Artikel 8, EMRK nur jener Sachverhalt[,] welcher sich nach dem Eintritt der Rechtskraft der das Erstverfahrens abschließenden Entscheidung neu ereignete bzw. eine wesentliche Änderung eintrat“.
Als Beleg für diese Rechtsansicht zitiert das Bundesverwaltungsgericht diverse Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Sämtliche der vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Entscheidungen betrafen aber in Bezug auf die von ihm vertretene Rechtsauffassung nicht die Erlassung von Rückkehrentscheidungen, sondern Entscheidungen, mit denen zuvor die Behörde Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des Paragraph 58, Absatz 10, erster Satz AsylG 2005 („Anträge gemäß Paragraph 55, sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG ein geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Artikel 8, EMRK erforderlich macht, nicht hervorgeht.“) oder gemäß der früher im NAG enthaltenen entsprechenden Vorgängerbestimmung zurückgewiesen hatte.
Der Sache nach ist dieser Zurückweisungsgrund der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (Paragraph 68, Absatz eins, AVG) nachgebildet. Die zu Paragraph 68, Absatz eins, AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhalts als wesentlich anzusehen ist, können daher auch für die Frage, wann maßgebliche Sachverhaltsänderungen im Sinn der genannten Bestimmung vorliegen, herangezogen werden vergleiche etwa die - vom Bundesverwaltungsgericht zitierten und - zum früheren Paragraph 44 b, Absatz eins, Ziffer eins, NAG ergangenen Erkenntnisse VwGH 19.11.2014, 2012/22/0056; 19.11.2014, 2013/22/0017; 27.1.2015, Ra 2014/22/0108; ferner zu Paragraph 58, Absatz 10, AsylG 2005 VwGH 19.9.2019, Ra 2019/21/0173; 22.8.2019, Ra 2019/21/0102, dort auch mit dem Hinweis, dass der zur Vorgängerregelung des Paragraph 44 b, Absatz eins, NAG ergangenen Judikatur auch für die Anwendung des Paragraph 58, Absatz 10, AsylG 2005 Maßgeblichkeit zukommt).
Die vom Bundesverwaltungsgericht zitierte Rechtsprechung ist daher für die hier im Rahmen der Erlassung von Rückkehrentscheidungen anzustellende Beurteilung nicht einschlägig. Es ist nach der zu Letzterem ergangenen Judikatur vielmehr nicht zulässig, bei der Beurteilung, ob eine Rückkehrentscheidung ergehen darf, jenen Maßstab anzulegen, der bei der Prüfung maßgeblich ist, ob ein Antrag wegen entschiedener Sache oder wegen eines gesetzlich vorgesehenen Grundes, der wiederum selbst dem des Paragraph 68, Absatz eins, AVG (der Sache nach) nachgebildet ist (und bei dessen Anwendung daher auf die Leitlinien für die Anwendung des Paragraph 68, Absatz eins, AVG zurückgegriffen werden kann), zurückzuweisen ist.
Auch wenn bei der im Rahmen der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmenden Interessenabwägung eine früher ergangene Entscheidung einbezogen und auf jene Gründe Rücksicht genommen werden darf, die früher zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, ändert dies nichts daran, dass bei der zeitlich späteren Erlassung einer Rückkehrentscheidung der im Zeitpunkt der Erlassung einer solchen Entscheidung entscheidungsmaßgebliche Sachverhalt vollständig festzustellen und der Beurteilung zugrunde zu legen ist. Diese Beurteilung hat nach dem Gesagten derart zu erfolgen, dass unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist.
Die Gesamtbetrachtung unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles erfordert es daher, dass - anders als das Bundesverwaltungsgericht meint - bei der Beurteilung nicht bloß auf Ereignisse, die sich nach jenem Zeitpunkt ereignet haben, zu dem zuvor eine Rückkehrentscheidung erlassen worden war, abgestellt wird. Es ist vielmehr die Gesamtheit aller im Zeitpunkt der aktuellen Entscheidung maßgeblichen Umstände zu berücksichtigen.
Dem ist das Bundesverwaltungsgericht aber im Besonderen in Bezug auf die minderjährigen revisionswerbenden Parteien, die alle in Österreich geboren sind und seit ihrer Geburt hier leben, nicht nachgekommen. Die revisionswerbenden Parteien weisen zu Recht darauf hin, dass sie bereits in den an das Bundesverwaltungsgericht gerichteten Beschwerden zu den (aktuellen) Lebensverhältnissen aller - vor allem der minderjährigen - revisionswerbenden Parteien in substantiierter Weise ein für die Entscheidungen maßgebliches Vorbringen erstattet hatten. Dem wird der bloße Hinweis des Bundesverwaltungsgerichts, die minderjährigen revisionswerbenden Parteien befänden sich in einem anpassungsfähigen Alter, nicht gerecht. Abgesehen davon, dass dies von den revisionswerbenden Parteien in Bezug auf die im Jänner 2013 und Jänner 2014 geborenen Revisionswerber unter Hinweis auf ihre bisher im Bundesgebiet erfolgte Sozialisierung in Abrede gestellt wird, ist nach der oben dargestellten Rechtsprechung der Umstand, dass sich ein Kind in einem anpassungsfähigen Alter befindet, bloß als einer von mehreren in die Gesamtbetrachtung einzubeziehenden Umständen zu berücksichtigen. Dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung allein schon deswegen, weil sich Kinder in einem anpassungsfähigen Alter befinden, ohne Bedachtnahme auf den Grad der bisher im Einzelfall erlangten Integration und auf die sonstigen fallbezogen zu Gunsten eines Fremden zu berücksichtigenden Umstände als verhältnismäßig anzusehen wäre, steht mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht im Einklang.
Es trifft zu, dass dem Erstrevisionswerber und der Zweitrevisionswerberin der Vorwurf zu machen war, dass die lange Dauer ihres Aufenthalts auf falsche Angaben zu ihrer Identität zurückzuführen war und dies nach der oben dargestellten Rechtslage im Rahmen der sie betreffenden Interessenabwägung in hohem Maß zu ihrem Nachteil zu berücksichtigen war. Demnach musste trotz der langen Dauer ihres Aufenthalts die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen sie nicht schon deswegen als unverhältnismäßig angesehen werden, weil sie Merkmale einer Integration aufweisen.
Dennoch durfte sich das Bundesverwaltungsgericht auch in ihren Fällen nicht darauf zurückziehen, dass den seit der Erlassung der zuletzt ergangenen Rückkehrentscheidungen eingetretenen Umständen keine Bedeutung beizumessen sei. Im Besonderen erscheint fallbezogen aber beachtlich, dass eine allfällige Unverhältnismäßigkeit der Erlassung von Rückkehrentscheidungen gegen die minderjährigen revisionswerbenden Parteien auch dazu führen könnte, dass sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen ihre Eltern als nicht statthaft darstellen könnte. Der den Entscheidungen zugrunde liegenden Prämisse des Bundesverwaltungsgerichts, es läge kein Eingriff in das Familienleben vor, weil gegen alle Familienmitglieder eine Rückkehrentscheidung erlassen werde, wäre nämlich in diesem Fall der Boden entzogen.
Es ist einzuräumen, dass sich das Bundesverwaltungsgericht durchaus mit Fragen - wie etwa dem Kindeswohl sowie dem Ausmaß der Zurechenbarkeit des Fehlverhaltens der Eltern an die minderjährigen revisionswerbenden Parteien vergleiche dazu, dass sich Minderjährige die durch die Eltern als gesetzliche Vertreter gemachten falschen Angaben zur Identität und die dadurch bewirkte Vereitelung der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen in objektiver Weise zurechnen lassen müssen, VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0032, 0033, mwN) - befasst hat, denen nach der oben dargestellten Rechtsprechung Bedeutung zukommt.
Das hat das Bundesverwaltungsgericht aber in Verkennung der Rechtslage auf der Basis eines unzureichend festgestellten Sachverhalts getan, sodass in die Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts nicht hinreichend alle fallbezogen maßgeblichen Umstände einbezogen werden konnten. Zudem stützen sich manche Prämissen des Bundesverwaltungsgerichts nur auf Vermutungen und nicht auf das Ergebnis von Beweisaufnahmen. So wird in den Revisionen zu Recht darauf hingewiesen, dass das Bundesverwaltungsgericht zur Feststellung des entscheidungsmaßgeblichen (aktuellen) Sachverhalts Ermittlungen hätte vornehmen müssen. Dem nicht von vornherein als unmaßgeblich anzusehenden Vorbringen der revisionswerbenden Parteien - etwa wonach entgegen den in der Begründung der angefochtenen Entscheidungen enthaltenen Annahmen des Verwaltungsgerichts danach hätte hervorkommen können, dass die minderjährigen revisionswerbenden Parteien sich primär auf Deutsch verständigten und in ihrer Muttersprache nicht alphabetisiert seien - kann fallbezogen die Relevanz auf den Verfahrensausgang nicht abgesprochen werden.
Entgegen der vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Ansicht hätte es zudem wegen der Notwendigkeit, - nicht zuletzt auch im Hinblick auf das Vorbringen der revisionswerbenden Parteien in ihren Beschwerden - umfassende und aktuelle Feststellungen zu deren Lebensverhältnissen zu treffen, nicht von der Durchführung einer Verhandlung Abstand nehmen dürfen vergleiche zu den Voraussetzungen nach dem - hier maßgeblichen - ersten Tatbestand des Paragraph 21, Absatz 7, erster Satz BFA-VG ausführlich VwGH 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, 0018; vergleiche weiters dazu, dass von einem geklärten Sachverhalt im Sinn der genannten Bestimmung bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden kann, etwa VwGH 17.11.2022, Ra 2020/21/0049, mwN). Auch das wird von den revisionswerbenden Parteien zu Recht geltend gemacht.
Es ist aber an dieser Stelle auch auf die Ausführungen der revisionswerbenden Parteien, es hätten in der (rechtswidrig unterbliebenen) Verhandlung die - im Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Erkenntnisse - neun- und zehnjährigen Dritt- und Viertrevisionswerber vernommen werden müssen, weil Kindern ein Recht auf persönliche Anhörung zukomme und deren Meinung eingeholt werden müsse, einzugehen. Es bedarf insoweit nämlich einer näheren Betrachtung der Rechtslage und darauf Bezug nehmender Leitlinien, die der bisherigen aktuellen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu entnehmen sind.
§ 25 VwGVG sieht (auszugsweise) vor:

„Öffentlichkeit der Verhandlung und Beweisaufnahme

Paragraph 25, (1) ...

...

(6) In der Verhandlung sind die zur Entscheidung der Rechtssache erforderlichen Beweise aufzunehmen.

...

(7) Das Erkenntnis kann nur von denjenigen Mitgliedern des Verwaltungsgerichtes gefällt werden, die an der Verhandlung teilgenommen haben. Ändert sich die Zusammensetzung des Senates oder wurde die Rechtssache einem anderen Richter zugewiesen, ist die Verhandlung zu wiederholen. Bei Fällung des Erkenntnisses ist nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist.

...“
Die - gemäß Paragraph 17, VwGVG auch vom Verwaltungsgericht anzuwendenden - Bestimmungen des Paragraph 46, sowie Paragraph 48 bis Paragraph 51, AVG lauten:

„§ 46. Als Beweismittel kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.

...

Zeugen

Paragraph 48, Als Zeugen dürfen nicht vernommen werden:

1.           Personen, die zur Mitteilung ihrer Wahrnehmungen unfähig sind oder die zur Zeit, auf die sich ihre Aussage beziehen soll, zur Wahrnehmung der zu beweisenden Tatsache unfähig waren;

2.           Geistliche darüber, was ihnen in der Beichte oder sonst unter dem Siegel geistlicher Amtsverschwiegenheit anvertraut wurde;

3.           mit Aufgaben der Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltung betraute Organe sowie Organe anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts, wenn der Gegenstand ihrer Aussage der Amtsverschwiegenheit unterliegt und sie von der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht entbunden worden sind.

Paragraph 49, (1) Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden:

1.           über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, einem seiner Angehörigen (Paragraph 36 a,), einer mit seiner Obsorge betrauten Person, seinem Erwachsenenvertreter, seinem Vorsorgebevollmächtigten nach Wirksamwerden der Vorsorgevollmacht oder der von ihm in einer dieser Eigenschaften vertretenen Person einen unmittelbaren Vermögensnachteil oder die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung zuziehen oder zur Unehre gereichen würde;

2.           über Fragen, die er nicht beantworten könnte, ohne eine ihm obliegende gesetzlich anerkannte Pflicht zur Verschwiegenheit, von der er nicht gültig entbunden wurde, zu verletzen oder ein Kunst-, Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis zu offenbaren;

3.           über Fragen, wie er sein Wahl- oder Stimmrecht ausgeübt hat, wenn dessen Ausübung gesetzlich für geheim erklärt ist.

(2) Die zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugten Personen können die Zeugenaussage auch darüber verweigern, was ihnen in ihrer Eigenschaft als Vertreter einer Partei von dieser anvertraut wurde.

(3) Wegen der Gefahr eines Vermögensnachteils darf die Aussage über Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle der in Absatz eins, Ziffer eins, bezeichneten Personen nicht verweigert werden.

(4) Will ein Zeuge die Aussage verweigern, so hat er die Gründe seiner Weigerung glaubhaft zu machen.

(5) Einem Zeugen, der einer Ladung (Paragraphen 19 und 20) ohne genügende Entschuldigung nicht Folge leistet oder die Aussage ohne Angabe von Gründen verweigert oder auf seiner Weigerung beharrt, obwohl die vorgebrachten Gründe als nicht gerechtfertigt (Absatz eins bis 3) erkannt wurden, kann die Verpflichtung zum Ersatz aller durch seine Säumnis oder Weigerung verursachten Kosten auferlegt werden; im Fall der ungerechtfertigten Aussageverweigerung kann über ihn eine Ordnungsstrafe (Paragraph 34,) verhängt werden.

Paragraph 50, Jeder Zeuge ist zu Beginn seiner Vernehmung über die für die Vernehmung maßgebenden persönlichen Verhältnisse zu befragen und zu ermahnen, die Wahrheit anzugeben und nichts zu verschweigen. Er ist auch auf die gesetzlichen Gründe für die Verweigerung der Aussage, auf die Folgen einer ungerechtfertigten Verweigerung der Aussage und die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage aufmerksam zu machen.

Paragraph 51, Vernehmung von Beteiligten

Die Paragraphen 48 und 49 sind auch auf die Vernehmung von Beteiligten zum Zweck der Beweisführung anzuwenden, doch gilt der Weigerungsgrund des Paragraph 49, Absatz eins, Ziffer eins, wegen Gefahr eines Vermögensnachteils nicht.“
Festzuhalten ist, dass weder das VwGVG noch das AVG ausdrückliche Bestimmungen über die Beweisaufnahme durch Vernehmung von minderjährigen Zeugen oder Beteiligten enthalten.
Personen, die nicht prozessfähig sind, nehmen durch ihren gesetzlichen Vertreter am Verwaltungsverfahren teil. Wer gesetzlicher Vertreter ist, richtet sich gemäß Paragraph 9, AVG primär nach den Verwaltungsvorschriften und subsidiär nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Minderjährige werden grundsätzlich durch ihre Eltern oder den Obsorgebetrauten vertreten vergleiche VwGH 23.9.2014, 2013/01/0179, mwN).
Auch wenn Minderjährigen (in der Regel) keine Prozessfähigkeit zukommt, hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits festgehalten, dass es nach den Bestimmungen des AVG keineswegs unstatthaft sei, Kinder als Zeugen zu vernehmen. Solche Zeugenaussagen müssten aber mit Rücksicht auf die geringere geistige Reife und die bei Kindern manchmal mitspielende lebhafte Phantasie auf ihre Glaubwürdigkeit besonders geprüft werden vergleiche Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze, römisch eins. Band2, AVG, Paragraph 48,, E 4, mit Hinweis auf BGH 9.2.1937, A 501/36, in diesem Fall wurde davon ausgegangen, dass bei dem als Zeugin vernommenen Kind im Alter von zwölf Jahren schon ein höherer Grad von Wahrnehmungsvermögen und Einsicht habe angenommen werden können, und die Aussage dieser Zeugin klar, sachlich und frei von jeglicher Übertreibung gewesen sei, wobei zudem ihre Angaben eine wesentliche Bestätigung in den Angaben anderer Zeugen erfahren hätten).
Das hat Paragraph 51, AVG zufolge auch für die Vernehmung eines Minderjährigen als Beteiligten zu gelten, wobei es nach Paragraph 51, AVG nicht weiter von Belang ist, ob es sich bei dem Beteiligten um eine Partei des Verfahrens oder einen sonstigen Beteiligten im Sinn des Paragraph 8, AVG handelt vergleiche Hengstschläger/Leeb, AVG, Paragraph 51,, Rn. 2, mit Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).

Es ist allerdings in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Vernehmung einer Partei nach Paragraph 51, AVG dem Zweck der Beweisführung dient, also dazu durch freie Schilderung der eigenen Wahrnehmungen sowie gezielte Fragen des Vernehmenden die Richtigkeit oder Unrichtigkeit der (insbesondere von ihr selbst im Antrag oder im Rahmen des Parteiengehörs oder von einer Partei mit gegenteiligen Interessen) behaupteten Tatsachen unter Beweis zu stellen. Die gemäß Paragraph 51, AVG erfolgte Vernehmung einer Partei ist daher (insbesondere) von Verfahrenshandlungen zu unterscheiden, die der Gewährung von Parteiengehör nach Paragraph 45, Absatz 3, AVG dienen, mit dem der Zweck verfolgt wird, der Partei nach Kenntnis vom Ergebnis der Beweisaufnahme zu ermöglichen, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen und ein Vorbringen zu erstatten vergleiche Hengstschläger/Leeb, AVG, Paragraph 51,, Rn. 3, mit diversen Hinweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und weiterführende Literatur). Die Erstattung einer solchen Stellungnahme stellt eine Verfahrenshandlung dar, die in der Regel mangels Prozessfähigkeit eines Minderjährigen nicht von ihm selbst, sondern seinem gesetzlichen Vertreter - sei es schriftlich, sei es mündlich etwa im Rahmen einer Verhandlung - vorzunehmen ist.
In jüngeren Entscheidungen der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts wurde ebenfalls (implizit) davon ausgegangen, dass die Vernehmung Minderjähriger grundsätzlich zulässig sei. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 7. Juli 2023, Ra 2021/18/0301 bis 0303, ausgeführt, dass in der vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Verhandlung der dortige (damals) elfjährige Zweitrevisionswerber, der nach den Behauptungen der revisionswerbenden Parteien der unmittelbare Empfänger von Chatnachrichten seines Vaters gewesen sei, über die genaueren Umstände des behaupteten Nachrichtenaustausches in kindgerechter Weise hätte vernommen werden müssen (aus dem Zusammenhang ergibt sich: im Verfahren über seinen Antrag als Beteiligter sowie im Verfahren über die Anträge seiner Mutter und seiner Schwester als Zeuge). Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2022, E 1487/2022 u.a., dem Bundesverwaltungsgericht zum Vorwurf gemacht, dass dessen Ermittlungen in den dortigen Fällen in Bezug auf die Aspekte des Kindeswohls unzureichend geblieben seien, weil die dortigen minderjährigen (damals zehn- und zwölfjährigen) Beschwerdeführer in der vom Bundesverwaltungsgericht durchgeführten Verhandlung nicht zu ihrer Situation befragt worden seien und auch die Mutter der beiden minderjährigen Beschwerdeführer in der Verhandlung zu diesem Thema nur mangelhaft befragt worden sei.
Von der grundsätzlich gegebenen Zulässigkeit der Vernehmung von Minderjährigen in einem gerichtlichen und behördlichen Verfahren als Zeugen geht, wie sich aus den in diversen Gesetzen dazu enthaltenen Normen ableiten lässt, auch der jeweils zuständige Gesetzgeber aus.
So enthält etwa die ZPO für das zivilgerichtliche Verfahren in ihrem Paragraph 289 b, allgemeine Vorgaben für die Zulässigkeit und die Durchführung der Vernehmung minderjähriger Personen (sowie weitere spezielle Regelungen in Paragraph 289 a, ZPO, wenn diese Opfer einer Straftat waren). Gemäß Paragraph 35, Außerstreitgesetz (AußStrG) sind diese Bestimmungen auch in Verfahren nach diesem Bundesgesetz anzuwenden, soweit nichts anderes angeordnet ist.
Auch die StPO kennt besondere Vorschriften, die sich auf die Vernehmung von minderjährigen Zeugen beziehen (siehe Paragraph 66 a,, Paragraph 165,). Diese zielen allerdings im Besonderen darauf ab, jene minderjährigen Zeugen im Rahmen von Vernehmungen zu schützen, die Opfer einer Straftat waren.
Weiters finden sich vereinzelt auch in verwaltungsrechtliche Angelegenheiten regelnden Gesetzen Vorschriften, die sich auf die Vernehmung von Minderjährigen beziehen (Paragraph 125 b, Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979, Paragraph 33, Heeresdisziplinargesetz 2014, Paragraph 117, Tiroler Landesbeamtengesetz 1998, Paragraph 141, Tiroler Gemeindebeamtengesetz 2022, Paragraph 90, Wiener Dienstordnung 1994).
Dem AVG ist lediglich insoweit ein - sich nicht nur auf Minderjährige beziehendes, aber auch sie erfassendes - Verbot der Vernehmung von Zeugen zu entnehmen, wenn diese Personen betrifft, die zur Mitteilung ihrer Wahrnehmungen unfähig sind oder die zur Zeit, auf die sich ihre Aussage beziehen soll, zur Wahrnehmung der zu beweisenden Tatsache unfähig waren (Paragraph 48, Ziffer eins, AVG; vergleiche etwa auch die insoweit gleichlautenden Bestimmungen des Paragraph 320, Ziffer eins, ZPO, des Paragraph 170, Ziffer eins, BAO sowie des Paragraph 103, Litera a, FinStrG; vergleiche weiters etwa das Vernehmungsverbot des Paragraph 155, Absatz eins, Ziffer 4, StPO in Bezug auf Personen, die wegen einer psychischen Krankheit, wegen einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit oder aus einem anderen Grund unfähig sind, die Wahrheit anzugeben, vergleiche ferner dazu, dass im österreichischen Recht die Zeugnisfähigkeit nicht positiv formuliert ist, sondern grundsätzlich von der Fähigkeit ausgegangen wird, über Wahrnehmungen auszusagen, und in verfahrensrechtlichen Vorschriften nur Tatbestände festgelegt sind, wonach eine Zeugnisunfähigkeit anzunehmen ist, Schneider, Der Minderjährige als Zeuge, in Clavora/Garber [Hrsg.], Die Rechtsstellung von wirtschaftlich, sozial und gesellschaftlich Benachteiligten im Zivilverfahren, S 244, dort konkret bezugnehmend auf die Vorschriften der ZPO).
Den oben erwähnten, sich ausdrücklich auf die Vernehmung Minderjähriger beziehenden Bestimmungen ist gemeinsam, dass sie Vorschriften enthalten, die dem Schutz von Minderjährigen dienen, die in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vernommen werden sollen.
So halten etwa die Erläuterungen zur Einführung des Paragraph 289 b, ZPO mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 40 aus 2009,, ausdrücklich fest, dass mit den (damals in der ZPO neu geschaffenen) Bestimmungen dem besonderen Schutzbedürfnis minderjähriger Personen Rechnung getragen werden soll. Der prozessuale Schutz Minderjähriger vor belastenden Vernehmungssituationen soll immer dann einsetzen, wenn sonst ihr Wohl gefährdet wäre. Bei der Beurteilung der Frage, ob das Kindeswohl im Einzelfall bedroht sein könnte, seien ihre geistige Reife, der Gegenstand der Vernehmung und ihr Naheverhältnis zu den Prozessparteien als maßgebliche Kriterien heranzuziehen vergleiche IA 271/A 24. GP, 30 f).
Zur Erreichung dieses Zweckes legt Paragraph 289 b, ZPO diverse Kriterien fest, unter deren Einhaltung die Vernehmung eines Minderjährigen stattfinden kann, wobei das Gericht auch von der Vernehmung zur Gänze oder zu einzelnen Themenbereichen absehen kann, wenn durch die Vernehmung das Wohl der minderjährigen Person unter Berücksichtigung ihrer geistigen Reife, des Gegenstands der Vernehmung und ihres Naheverhältnisses zu den Prozessparteien gefährdet würde.
Auch die Erläuterungen zur Schaffung des Paragraph 125 b, BDG 1979 mit der Dienstrechts-Novelle 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 80 aus 2005,, sprechen davon, dass damit die besondere Schutzwürdigkeit minderjähriger Zeugen berücksichtigt werden soll. Die Anwendung der darin vorgesehenen Möglichkeiten soll dazu dienen, „ihnen eine gewisse Sicherheit zu geben und die Belastung einer Einvernahme zu reduzieren“ vergleiche Regierungsvorlage 953 BlgNR 22. GP, 4).
Die dem Paragraph 125 b, BDG 1979 vergleichbare Bestimmungen enthaltenden, oben erwähnten dienstrechtlichen Gesetze verfolgen erkennbar denselben Zweck vergleiche etwa die Materialien zur Änderung des Paragraph 33, Heeresdisziplinargesetz 2002 mit dem Verwaltungsgerichts-barkeits-Anpassungsgesetz - Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 181 aus 2013,, in denen ausgeführt wird, dass die in das BDG 1979 eingeführten speziellen Regelungen zum Schutz von minderjährigen Zeugen „materiell auch in das Heeresdisziplinarrecht übernommen werden“ sollen, Regierungsvorlage 2200 BlgNR 24. GP, 15).
Somit gehen sowohl der Bundesgesetzgeber als auch die erwähnten Landesgesetzgeber davon aus, dass jene Situation, in der sich ein Minderjähriger befindet, der in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vernommen werden soll, grundsätzlich als einen Minderjährigen belastend anzusehen ist. Wie die oben erwähnten Vorschriften zeigen, wurde dem nicht nur durch speziell auf den Schutz minderjähriger Opfer in einem Strafverfahren zugeschnittener Vorschriften Rechnung getragen, sondern es wurden auch für andere gerichtliche und verwaltungsbehördliche Verfahren begleitende Regelungen für die Vernehmungen von Minderjährigen als erforderlich angesehen. Dabei wurde in den Erläuterungen zu erkennen gegeben, dass nicht bloß auf das spezifische Verfahren abgestellt wird, in dessen Kontext die jeweilige Regelung geschaffen wurde, sondern allgemein auf die für Minderjährige belastende Situation, in einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vernommen zu werden, Bezug genommen vergleiche in diesem Sinn auch Fucik/Klauser/Kloiber, ZPO13, S 412, wo vom prozessualen Schutz Minderjähriger vor belastenden Vernehmungssituationen gesprochen wird; vergleiche weiters zu Paragraph 289 a und Paragraph 289 b, ZPO, Anzenberger, Vernehmung von Verbrechensopfern und Minderjährigen im Zivilverfahren nach Paragraphen 289 a und 289b ZPO, ÖJZ 217/34, dort auch mit dem Ergebnis der Zulässigkeit der Einschränkung von Beweisaufnahmen durch Vernehmung von Minderjährigen aus der verfassungsrechtlichen Perspektive des Artikel 6, EMRK).
Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Ansicht und geht ebenfalls davon aus, dass immer dann, wenn Minderjährige als Zeugen oder Beteiligte (sei es als Parteien oder sonstige Beteiligte) vernommen werden sollen, darauf Bedacht zu nehmen ist, dass Vernehmungen vor einem Gericht oder einer Behörde grundsätzlich für einen Minderjährigen mit einer besonderen Belastung verbunden sind.
Dass es gerade in Asylverfahren sowie in fremdenrechtlichen Verfahren geboten ist, bei Vernehmungen Minderjähriger auf ihre Vulnerabilität und Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen, ergibt sich zudem auch aus den Vorschriften des BFA-VG, des AsylG 2005 und des FPG, die spezielle Regelungen enthalten, die sich auf die formlose Befragung und die förmliche Vernehmung von Minderjährigen als Partei des Verfahrens (Paragraph 10, Absatz 3 und Absatz 6,, Paragraph 49, Absatz eins, BFA-VG, Paragraph 19, Absatz 5, AsylG 2005), ihre gesetzliche Vertretung (Paragraph 10, BFA-VG; Paragraph 12, FPG) sowie ihre in bestimmten Konstellationen bestehende, aber regelmäßig auf von ihnen zu ihren Gunsten vorgenommene Verfahrenshandlungen eingeschränkte Prozessfähigkeit (Paragraph 10, Absatz 3 und Absatz 6, BFA-VG, Paragraph 58, Absatz 12, AsylG 2005, Paragraph 11, Absatz 8, FPG, Paragraph 12, Absatz 3, FPG, Paragraph 89, FPG) beziehen.
Wie bereits oben erwähnt, dient die Vernehmung von Beteiligten im Sinn des Paragraph 51, AVG, ebenso wie jene von Zeugen, der Beweisaufnahme. Dabei geht es um die Berichte von (physischen) Personen, die mündlich über ihre Wahrnehmungen von einem Vorgang oder einer Tatsache berichten, die sie gemacht haben (siehe in Bezug auf die Beteiligten die oben getätigten Ausführungen; vergleiche weiters zu Zeugen Hengstschläger/Leeb, AVG, Paragraph 48,, Rn. 2, mit weiteren Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur; siehe ferner Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht11, S 221 und 224), nicht aber um die Lösung von Rechtsfragen, Vornahme von Schlussfolgerungen oder die Abgabe von Werturteilen durch diese vergleiche Hengstschläger/Leeb. AVG, Paragraph 48,, Rn. 3 f, sowie Paragraph 51,, Rn. 3). Zu letzteren Themen haben Parteien des Verfahrens die Möglichkeit, sich im Rahmen des ihnen gegebenenfalls zu gewährenden Parteiengehörs gesondert zu äußern (wobei dies auch in zulässiger Weise im Rahmen einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erfolgen kann).
Wenn nun in den Revisionen verlangt wird, dass die Vernehmung der minderjährigen revisionswerbenden Parteien zum Zweck der Einholung „der Meinung von Kindern“ stattzufinden hätte, ist dies daher schon vom Ansatz her verfehlt (siehe im Übrigen zudem die oben getätigten Ausführungen dazu, dass dem bloßen Wunsch eines Fremden, in Österreich bleiben zu wollen, im Rahmen der nach Paragraph 9, BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung keine vorrangige oder gar ausschlaggebende Bedeutung beizumessen ist).
Eine dem Paragraph 105, AußStrG vergleichbare Bestimmung, wonach Minderjährige in bestimmten Verfahren, in denen auch die Meinung des Minderjährigen einzuholen ist, persönlich zu hören sind vergleiche zum Zweck der Bestimmungen des Paragraph 105, AußStrG, wonach die Befragung des Kindes der Gewährung des rechtlichen Gehörs an den Minderjährigen dient, der Minderjährige über den Verfahrensstand in Kenntnis gesetzt werden soll, seine unbeeinflusste Meinung eingeholt und der im Zug des Verfahrens zum Ausdruck gebrachte Kindeswunsch nach Maßgabe seines Alters mitberücksichtigt werden soll, Deixler-Hübner, Kindeswohl und Verfahrensrechte in Fucik/Konecny/Lovrek/Oberhammer [Hrsg], Jahrbuch Zivilverfahrensrecht 2010, S 227; Kloiber, Die Vernehmung Minderjähriger im Zivilverfahren, Zak 2010/594, 343, mit weiteren Hinweisen auf Literatur und Rechtsprechung des OGH), kann weder dem AVG noch den hier maßgeblichen Sonderbestimmungen für asyl- und fremdenrechtliche Verfahren entnommen werden. Auch sämtliche der oben angeführten Bestimmungen stellen auf die (förmliche) Vernehmung des Minderjährigen als Beweismittel ab und betreffen somit die Befragung Minderjähriger zu von ihnen gemachten Wahrnehmungen, nicht aber Äußerungen im Rahmen des rechtlichen Gehörs.
Geht es demnach um Prozesshandlungen selbst nicht prozessfähiger Personen, sind diese - sofern nicht ausnahmsweise gesetzlich anderes angeordnet ist - von deren gesetzlichen Vertretern für sie vorzunehmen. Dazu gehört (unter anderem) auch, im Rahmen des Parteiengehörs erforderlichenfalls für den Minderjährigen eine Stellungnahme abzugeben, die sich auch darauf beziehen darf, welche Ansichten zu bestimmten Themen vertreten werden.
Gemäß Paragraph 39, Absatz 2, AVG hat die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen. Sie kann insbesondere von Amts wegen oder auf Antrag eine mündliche Verhandlung durchführen und mehrere Verwaltungssachen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbinden oder sie wieder trennen. Die Behörde hat sich bei allen diesen Verfahrensanordnungen von Rücksichten auf möglichste Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unterliegt es der einzelfallbezogenen Beurteilung der Behörde und des Verwaltungsgerichts, ob zur Ergründung des entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalts weitere von Amts wegen zu tätigende Erhebungen erforderlich sind vergleiche etwa VwGH 29.6.2023, Ra 2023/19/0064, mwN).
Soweit es Beweisanträge betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass in der Unterlassung einer Beweisaufnahme dann kein Verfahrensmangel gelegen ist, wenn das von der Partei im Beweisantrag genannte Beweisthema unbestimmt ist. Beweisanträge dürfen weiters dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel (ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung) untauglich ist vergleiche etwa VwGH 27.3.2023, Ra 2023/18/0082, mwN).
Wie bereits dargestellt, ist davon auszugehen, dass sich Minderjährige, die als Zeugen, Parteien oder sonstige Beteiligte vernommen werden sollen, grundsätzlich in einer besonderen, für sie belastenden Situation befinden, die durch die Vernehmung vor einem Gericht oder einer Behörde hervorgerufen wird.
Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass im Rahmen jeglicher verfahrensleitender Anordnungen, die der Vernehmung Minderjähriger dienen, darauf Bedacht zu nehmen ist, dass durch die gerichtliche und behördliche Vorgangsweise eine Gefährdung des Kindeswohles hintangehalten wird. Es sind tunlichst aber auch Beeinträchtigungen des Kindeswohls zu vermeiden vergleiche in diesem Sinn VwGH 7.7.2023, Ra 2021/18/0301 bis 0303, wo davon gesprochen wird, dass im dort fortzusetzenden Verfahren das Bundesverwaltungsgericht die Vernehmung des minderjährigen Zeugen „in kindgerechter Weise“ vorzunehmen haben wird). Soweit in Bezug auf Vernehmungen von Minderjährigen nicht ohnedies gesetzliche Vorgaben zu beachten sind, können dabei - wenn dem nicht andere gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen - jene Vorschriften, die der Gesetzgeber bereits zum Schutz von Minderjährigen in anderen Gesetzen in allgemeiner Weise (also ohne damit einen allein für das dortige Verfahren spezifischen Zweck zu verfolgen) für den Fall deren Vernehmung vorgesehen hat, als Orientierungsmaßstab dienen.
Soweit es Beweisanträge auf Vernehmung von Minderjährigen betrifft, ist darin, um der Behörde und dem Gericht die Beurteilung zu ermöglichen, ob die Beweisaufnahme durch Vernehmung eines Minderjährigen zur Beweisführung für die Feststellung bestimmter Tatsachen überhaupt erforderlich ist, präzise anzugeben, welche Tatsachen durch die Vernehmung des Minderjährigen unter Beweis gestellt werden sollen und weshalb sich diese im konkreten Einzelfall als für die Entscheidung - allenfalls im Hinblick auf sonstige bereits unter Beweis gestellte Tatsachen: immer noch - maßgeblich darstellen. Bloß pauschale Ausführungen können dem keinesfalls genügen vergleiche etwa dazu, dass es sich bei einem Vorbringen, zwischen Personen bestehe ein Familienleben, nicht um ein Tatsachenvorbringen handelt, sondern die Frage, ob ein Familienleben besteht, eine Rechtsfrage darstellt, die anhand der den jeweiligen Einzelfall betreffenden konkreten Umstände, die die Existenz eines Familienlebens belegen, zu beurteilen ist, wobei dies auch für die Beurteilung der Intensität eines allenfalls vorhandenen Familienlebens gilt, VwGH 29.6.2022, Ra 2022/20/0125). Es ist auch darzulegen, weshalb trotz des jeweils gegebenen Alters vom Minderjährigen erwartet werden kann, für die Eruierung des Sachverhalts zielführende Angaben zu machen. Dies ist umso mehr zu fordern, je jünger der Minderjährige ist (siehe in diesem Zusammenhang ferner das - gemäß Paragraph 51, AVG auch in Bezug auf Beteiligte geltende, bereits oben erwähnte - Vernehmungsverbot des Paragraph 48, Ziffer eins, AVG, wonach Personen, die zur Mitteilung ihrer Wahrnehmungen unfähig sind oder die zur Zeit, auf die sich ihre Aussage beziehen soll, zur Wahrnehmung der zu beweisenden Tatsache unfähig waren, als Zeugen nicht vernommen werden dürfen). Im Beweisantrag ist auch darauf einzugehen, ob in Bezug auf die zu beweisende Tatsache andere Beweismittel existieren, sodass es gegebenenfalls fallbezogen angezeigt erscheinen kann, von der Vernehmung des Minderjährigen Abstand zu nehmen, falls sich die Behörde oder das Gericht bereits auf anderem Weg von der Richtigkeit des Vorbringens überzeugt sieht (es also die zu beweisenden Tatsachen in seiner Entscheidung als gegeben feststellt) oder sie sonst - etwa (ohne sie als gegeben festzustellen, dennoch) als wahr unterstellt - seiner Entscheidung zugrunde legt. Weiters ist der Behörde oder dem Gericht im Rahmen eines Beweisantrages auf Vernehmung eines Minderjährigen darzulegen, weshalb nach Ansicht desjenigen, der den Beweisantrag stellt, im Fall einer solchen Beweisführung von keiner Gefährdung oder Beeinträchtigung des Kindeswohls auszugehen ist oder weshalb dies fallbezogen im Interesse der Wahrheitsfindung - allenfalls unter Anwendung von der Behörde oder dem Gericht gesetzlich erlaubter (und näher zu konkretisierender) Maßnahmen zur Minimierung der Belastung des Minderjährigen - als unvermeidlich hinzunehmen ist.
Bei der Beurteilung, ob und gegebenenfalls in welcher Art und Weise dem Beweisantrag auf Vernehmung eines Minderjährigen nachgekommen oder von Amts wegen dessen Vernehmung angeordnet wird, ist zur Wahrung des Kindeswohls von der Behörde und dem Gericht unter Bedachtnahme auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ein strenger Maßstab anzulegen.
Sollten sohin die revisionswerbenden Parteien im fortzusetzenden Verfahren weiterhin darauf dringen, dass - zumindest die im Jahr 2013 und 2014 geborenen - minderjährigen Parteien im Rahmen einer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht persönlich - in Bezug auf ihr eigenes Verfahren jeweils als Partei, in Bezug auf die Verfahren der jeweiligen anderen revisionswerbenden Parteien jeweils als Zeuge - vernommen werden, wird der von ihnen zu stellende Beweisantrag den oben dargestellten Anforderungen zu entsprechen haben.
Nach dem oben Gesagten hat das Bundesverwaltungsgericht in Bezug auf seine Entscheidungen, mit denen gegen die revisionswerbenden Parteien Rückkehrentscheidungen erlassen wurden, die Rechtslage verkannt und es infolge dessen auch unterlassen, den entscheidungsmaßgeblichen Sachverhalt umfänglich festzustellen. Diese Entscheidungen waren daher ebenso wie die rechtlich davon abhängenden Aussprüche, die ihre Grundlage verlieren, wegen (vorrangig wahrzunehmender) Rechtswidrigkeit ihres Inhalts gemäß Paragraph 42, Absatz 2, Ziffer eins, VwGG aufzuheben.

…“

römisch eins.2.8. Im fortgesetzten Verfahren wurden die bP mit Schreiben seitens des ho. Gerichts vom 29.11.2023 zum noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Teil des Verfahren eingeladen, eine Stellungnahme - insbesondere im Hinblick auf die mitübermittelten Länderberichte (ua. Rückkehrsituation [soweit diese im gegenständlichen Verfahren noch relevant ist], Versorgungslage, Berufsbildungssystem uvm.) und den privaten und familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet – abzugeben.

Zeitgleich ordnete das ho. Gericht für den 12.12.2023 eine Beschwerdeverhandlung an und wurden die bP mit verfahrensleitender Anordnung eingeladen, durch die Beantwortung eines mitgeschickten Fragenkataloges, welcher sich in Bezug auf die bP, insbesondere auf die Identitätsbescheinigung, die aktuellen Rückkehrhindernisse sowie die privaten und familiären Anknüpfungen im Bundesgebiet bezieht, an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken und allfällige Bescheinigungsmittel vorzulegen bzw. ein allfälliges ergänzendes Vorbringen zu erstatten.

Neben der Aufforderung, Bemühungen anzustreben die Identität und Staatsangehörigkeit bzw. den Herkunftsstaat durch ein unbedenkliches nationales Identitätsdokument (zB durch Reisepass, Personalausweis, etc.) nachzuweisen, wurden folgende Fragen an die bP gerichtet:

„…

1) Wenn aktuell Familienangehörige, Verwandte, Lebensgefährte/in in Österreich leben, geben Sie Vornamen, Familiennamen und Wohnort dieser Person(en) bekannt. Handelt es sich um Fremde, geben Sie deren Aufenthaltsstatus (Art des Aufenthaltsrechtes) an. Gegebenenfalls geben Sie auch an, mit wem davon Sie aktuell im gemeinsamen Haushalt leben und an welcher Wohnanschrift.

2) a) Machen Sie Angaben über von Ihnen in Österreich besuchte Deutschkurse und abgelegte Deutschprüfung(en).

b) Geben Sie bekannt welche sonstigen Kurse/Schulungen Sie in Österreich seit Asylantragstellung besucht haben. Besuch(t)en Sie eine Schule/Lehre, so legen Sie zum Nachweis alle bisher in Österreich erhaltenen Zeugnisse/Schulnachrichten/ Lehrabschlussprüfungszeugnis vor.

c) Geben Sie an, ob sie die Integrationsprüfung ablegten

3) Erlaubte Erwerbstätigkeit für Asylwerber in Österreich:

a) Hat seit Ihrer Asylantragstellung in Österreich ein Unternehmen bzw. Dienstgeber für Sie beim AMS eine Beschäftigungsbewilligung beantragt, weil Sie als Dienstnehmer beschäftigt werden sollten? (zB Arbeiten im Bereich Gastronomie oder Landwirtschaft als Saison-beschäftigung)

b) Haben Sie in Österreich eine Gewerbeberechtigung erlangt, um selbständig gegen Werkvertrag arbeiten zu können?

c) Haben Sie in Österreich Hilfsarbeiten, die im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer Unterbringung stehen, z. B. Reinigung, Küchenbetrieb, Transporte, Instandhaltung oder

gemeinnützige Hilfsarbeiten für Bund, Länder und Gemeinden, z. B. Landschaftspflege und -gestaltung, Betreuung von Park- und Sportanlagen, Verwaltung durchgeführt, wofür Sie auch Geld (Anerkennungsbeitrag) erhalten haben?

4) Waren bzw. sind Sie in Österreich seit der Asylantragstellung ehrenamtlich tätig (zB Rettung, Feuerwehr, sonstige soziale Organisationen etc.)?

5) Wie finanzieren Sie seit der Asylantragstellung Ihr Leben in Österreich?

6) Wie würden Sie Ihr Leben in Österreich finanzieren, wenn Sie einen dauerhaften Aufenthaltstitel erlangen könnten?

7) Bekommen Sie (abgesehen von der staatlichen Grundversorgung) seit der Asylantragstellung finanzielle Zuwendungen von anderen Personen aus dem In- oder Ausland? Wenn ja, geben Sie den Namen und Wohnort bekannt und wie Sie zu dieser Person stehen (zB Familienangehöriger, Freund/in, etc)

8) Mit welchen Aktivitäten verbringen Sie in Österreich Ihre Freizeit?

9) Wurden Sie in Österreich von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht rechtskräftig bestraft? Wenn ja, wann, von welcher Behörde/welchem Gericht, wegen welchem Delikt und zu welcher Strafe.

Wurde eine Straftat, die Sie rechtswidrig und schuldhaft begingen auf andere Art als durch eine Bestrafung beendet (z. B. Schuldspruch ohne Strafe, Diversion, etc.)

10) Haben Sie seit der Asylantragstellung das Bundesgebiet der Republik Österreich einmal verlassen? Wenn ja, geben Sie den Zeitraum an, in welches Land Sie gereist sind und für welche Zwecke.

11) Machen Sie konkrete Angaben über den aktuellen Verbleib Ihres Reisepasses, wenn Sie diesen bisher weder beim Bundesamt noch beim BVwG im Original (keine Kopie) vorgelegt haben.

12) Sonstige Angaben und / oder Nachweise die Sie für die Darlegung Ihrer Integration in Österreich machen / beibringen wollen.

…“

römisch eins.2.9. Die rechtsfreundliche Vertretung der bP äußerte sich dahingehend mit Schriftsatz vom 05.12.2023 (samt einem Konvolut an ua. Beweismitteln im Hinblick auf die Integration der bP) wie folgt:

„…

Vorgelegt werden beiliegend:

Beilage ./A Empfehlungsschreiben römisch 40 , 17.11.2023

Beilage ./B Empfehlungsschreiben römisch 40 , 20.11.2023

Beilage ./C Empfehlungsschreiben römisch 40 ( römisch 40 ), 17.11.2023

Beilage ./D Empfehlungsschreiben römisch 40 (Vermieter), 21.11.2023

Beilage ./E Empfehlungsschreiben römisch 40 , November 2023

Beilage ./F Empfehlungsschreiben römisch 40 , 15.11.2023

Beilage ./G Empfehlungsschreiben römisch 40 , 27.11.2023

Beilage ./H Bestätigung Institut römisch 40 , 16.11.2023

Beilage ./I Schulzeugnisse BF 3 und BF 4

Beilage ./J Urkunde Kinderlandtag BF 3, 15.09.2022

Beilage ./K römisch 40 -Urkunden BF 3 und BF 4

Beilage ./L Einstellungszusage BF 1, 10.11.2023

Beilage ./M Einstellungszusage BF 2, 09.11.2023

Angesichts des Umfanges der vorzulegenden Dokumente müssen diese mit zwei separaten Web-ERV-Eingaben eingebracht werden.

Aus den vorgelegten Urkunden ergibt sich, dass die gesamte Familie in die Gemeinde römisch 40 in sozialer Hinsicht bestens integriert ist, was unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens nach Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 3, BFA-VG im gegenständlichen Verfahren zu berücksichtigen ist.

In besonders engem Kontakt stehen die BF mit ihren Taufpat:innen römisch 40 . Diese beschreiben insbesondere die minderjährigen BF als in ihrem gesellschaftlichen Umfeld sehr gut sozialisierend, lebenslustig und interessiert und loben vor allem die freundschaftlichen Kontakte der Kinder in Schule, Kindergarten, Wohnort und Sportverein sowie deren Deutschkenntnisse. Die minderjährigen BF werden als „in ihrem Lebensumfeld voll integriert“ bezeichnet. Dass die BF in ihrem Wohnort hervorragend integriert und beliebt sind, bestätigen darüber hinaus auch alle weiteren Verfasser der beiliegenden Empfehlungsschreiben.

Der römisch 40 -Trainer der beiden minderjährigen BF 3 und 4 beschreibt seine Schüler als „gut erzogene, positiv-gestimmte, soziale und disziplinierte Burschen“. Im Training seien sie stets hilfsbereit und ausgesprochen respektvoll. Sie seien Vorbilder für die Anfängerschüler und der Trainer rechne damit, dass sie „sehr bald zu unseren wichtigen Nachwuchstrainern gehören werden.“

Der Rektor des Institutes römisch 40 bestätigt in dem als Beilage ./H vorgelegten Schreiben, dass die BF mit seinem Institut in „enger und herzlicher Verbundenheit“ stehen. Die minderjährigen BF würden im Umfeld des Institutes aufwachsen, seien gut erzogen und würden sich in der Gemeinschaft zu Hause fühlen. Seiner Wahrnehmung nach habe die Familie in römisch 40 „eine neue Heimat“ gefunden.

Aus den als Beilage ./I vorgelegten Zeugnissen sind die sehr guten schulischen Leistungen der minderjährigen BF 3 und 4 ersichtlich. Festzuhalten ist diesbezüglich auch, dass der BF 3 die Volksschule bereits erfolgreich abgeschlossen hat und nunmehr die berufsorientierte Mittelschule in römisch 40 besucht. Der BF 3 hat somit seine gesamte schulische Grundbildung in Österreich absolviert und ist nun bereits dabei, sich – auf Basis dieser Grundbildung – auf eine Berufsausbildung vorzubereiten. Dieser Umstand ist für das gegenständliche Verfahren insbesondere dahingehend von Relevanz, als der Besuch von Bildungseinrichtungen in Österreich einen Aspekt des Privatlebens iSd Artikel 8, EMRK darstellen und bei der Beurteilung des Kriteriums nach Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 5, BFA-VG in Hinblick auf Kinder auch die Frage Beachtung zu finden hat, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben vergleiche VwGH 20.04.2023, Ra 2022/19/0028).

Wie den als Beilage ./L und ./M vorgelegten Einstellungszusagen zu entnehmen ist, könnten der BF 1 und die BF 2 bei Erhalt einer Aufenthaltsberechtigung unmittelbar jeweils Erwerbstätigkeiten aufnehmen könnten, sodass ihr Aufenthalt auch zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen wird. Der BF 1 absolvierte bereits mit Erfolg die Integrationsprüfung auf dem Niveau A2, weshalb ihm für den Fall, dass die Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig erklärt werden sollte, eine „Aufenthaltsberechtigung Plus“ nach Paragraph 55, Absatz eins, AsylG erteilt werden kann, mit welcher er freien Arbeitsmarktzugang hätte und die in Aussicht gestellte Tätigkeit auch tatsächlich antreten könnte. Das kollektivvertragliche Gehalt für Hilfskräfte im Baugewerbe beträgt im 1. Jahr € 2.083,00 brutto. Die BF 2 würde – allenfalls durch Beantragung einer Beschäftigungsbewilligung – eine Erwerbstätigkeit als Reinigungskraft in einem Reinigungsunternehmen antreten. Der kollektivvertragliche Stundenlohn beträgt für Reinigungskräfte im Jahr 2023 € 10,98 brutto. Die BF 2 würde eine Tätigkeit von 40 Wochenstunden antreten, was einem monatlichen Bruttogehalt von rund € 1.756,80 entspricht. Die BF wären daher in der Lage, für ihren Lebensunterhalt selbständig aufzukommen und würden keiner Gebietskörperschaft zur Last fallen. Lediglich der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass die BF mit einer „Aufenthaltsberechtigung (Plus)“ auch keinen Anspruch auf Sozialhilfe hätten und somit eine Belastung einer Gebietskörperschaft ohnedies von Vornherein nicht zu erwarten ist.

Schließlich wird als Beilage ./N eine Stellungnahme der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie betreffend den Begriff des anpassungsfähigen Alters in Vorlage gebracht. Aus dieser ergibt sich im Wesentlichen, dass es in der kindlichen Entwicklung „keine allgemein definierbaren altersbezogenen Phasen höherer oder geringerer Anpassungsfähigkeit“ gibt. Die Entscheidung über die Anpassungsfähigkeit auf Basis einer allgemein definierten Altersperiode ist daher zurückzuweisen, da sie „nicht durch empirische Evidenz gestützt“ ist. Der BF 3 wird in weniger als 2 Monaten elf Jahre alt und wäre damit – selbst wenn man von einer allgemein definierten Altersperiode, während welcher eine Anpassungsfähigkeit grundsätzlich gegeben wäre, ausgehen möchte – nicht mehr im anpassungsfähigen Alter. Der BF 4 wird ebenfalls im Jänner 2024 zehn Jahre alt. Beide Kinder verbrachten ihr gesamtes bisheriges Leben ausschließlich in Österreich, wo sie auch ihre gesamte Schullaufbahn absolvierten und wo sich ihr gesamter Freundeskreis und all ihre engen Bezugs- und Vertrauenspersonen (wie beispielsweise Lehrerinnen und ihr römisch 40 -Trainer) befinden.

Die minderjährigen BF 3 und 4 wachsen seit mehr als sieben Jahren in der Gemeinde römisch 40 auf. Es handelt sich bei ihnen um die einzige aserbaidschanische Familie in der Gemeinde. Die minderjährigen BF unterhalten sich miteinander auf Deutsch, all ihre Freund:innen sind deutschsprachig. Alle BF sind zudem Christ:innen und stehen als solche in engem Kontakt mit dem Institut römisch 40 sowie mit ihren Taufpat:innen römisch 40 und römisch 40 . Die minderjährigen BF wuchsen somit in einem österreichischen und christlich geprägten Umfeld auf – somit gänzlich anders als in Aserbaidschan oder beispielsweise in einem islamisch geprägten Umfeld aufwachsende Kinder. Die BF 1 und 2 beantragten u.a. aufgrund der religiösen und kulturellen Gegebenheiten in Aserbaidschan (in Zusammenhang mit ihrer Konversion zum Christentum) internationalen Schutz und ist dies ein weiteres Indiz dafür, dass sie ihre Kinder nicht nach aserbaidschanischen Traditionen erziehen. Die minderjährigen BF haben zu ihrem Herkunftsstaat somit keinerlei Bindungen.

Vor dem Hintergrund der höchstgerichtlichen Rechtsprechung, wonach den Fragen, wo Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache ihres Herkunftsstaates sprechen und ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden, maßgebliche Bedeutung bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung zukommt vergleiche VwGH 25.10.2023, Ra 2023/20/0125), erweisen sich die Rückkehrentscheidungen jedenfalls gegen die minderjährigen BF – und damit auch gegen die BF 1 und 2 – als unzulässig.

Gleichzeitig darf festgehalten werden, dass die BF sich (angesichts des bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung offenen Ermittlungsverfahrens) vorbehalten, im Rahmen der mündlichen Verhandlung zusätzliche Beweismittel in Vorlage zu bringen, wenngleich sie sich selbstverständlich bemüht haben, alle vorhandenen Beweismittel möglichst umfassend schon vorab dem Gericht vorzulegen.

a. Zunächst geben die BF bekannt, dass sie über keine Reisedokumente aus Aserbaidschan verfügen. Die BF 1 und 2 bringen jedoch zum Nachweis ihrer umseits rubrizierten Identitäten beiliegend unter ./O ihre ihre Heiratsurkunde in Vorlage. Das Original wird zur mündlichen Verhandlung mitgenommen und in Vorlage gebracht werden.

b. Die mit der Ladung übermittelten Fragen werden wie folgt beantwortet:

1) Die BF haben keine familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

2) Der BF 1 hat die Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 erfolgreich absolviert (aktenkundig). Am 27.12.2023 wird er die Integrationsprüfung auf dem Niveau B1 antreten. Diese hatte er zuvor bereits abgelegt und in den meisten Kategorien bestanden, einzig in der Kategorie Schreiben fehlte ihm ein Punkt zum erfolgreichen Bestehen der Prüfung (aktenkundig). Der BF 1 machte zudem in Österreich den Staplerführerschein (Beilage ./P).

Die BF 2 hat am 28.11.2023 die Deutschprüfung auf dem Niveau A1 abgelegt, jedoch hier-über noch kein Ergebnis erhalten.

Für die minderjährigen BF 3 und 4 wurden bereits Schulnachrichten in Vorlage gebracht. Un-ter ./I werden sämtliche Zeugnisse gesammelt in Vorlage gebracht.

3) Für den BF 1 wurden in der Vergangenheit zwei Beschäftigungsbewilligungen ausgestellt: am 22.07.2019 für eine Tätigkeit als Erntehelfer sowie am 27.09.2019 für eine Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter (aktenkundig). Er verfügte in der Vergangenheit auch über eine Gewerbeberechtigung (aktenkundig). Remunerationsarbeiten wurden durch die BF keine durchgeführt.

4) Die BF waren nicht ehrenamtlich tätig, stehen jedoch in der Gemeinde römisch 40 und für das Institut römisch 40 stets hilfsbereit für Tätigkeiten zur Verfügung, für welche sie selbstverständlich keine Vergütung erhalten.

5) Die BF bezogen bis Mai 2017 Leistungen aus der Grundversorgung. Seither bestreiten sie ih-ren Lebensunterhalt überwiegend durch Spenden, die ihnen vom Institut römisch 40 zur Ver-fügung gestellt werden. Teilweise trug der BF 1 auch im Rahmen seiner rechtlichen Möglich-keiten zur Bestreitung des Lebensunterhaltes bei (siehe Punkt 3).

6) Diesbezüglich darf auf die Ausführungen unter Punkt römisch eins. in Zusammenschau mit den Beilagen ./L und ./M verwiesen werden.

7) Siehe Punkt 5).

8) Die BF verbringen ihre gemeinsame Zeit mit Familienaktivitäten und unternehmen etwa Ausflüge mit dem Fahrrad. Regelmäßig besuchen sie Freund:innen in römisch 40 . Der BF 3 und der BF 4 betätigen sich im Sport römisch 40 (siehe Beilage ./C und ./K) und verbringen Zeit mit Schulfreund:innen. Die BF 1 und 2 stehen auch in der Gemeinde für ihre Bekannten stets zur Verfügung, sollten diese Hilfe benötigen. In engem Kontakt stehen sie zudem mit dem Institut römisch 40 – wo sie ebenfalls bei Tätigkeiten aller Art aushelfen, etwa bei der Vorbereitung von Messen oder sonstigen Aktivitäten – und ihrem Taufpaten Herrn römisch 40 (siehe Beilagen ./A und ./H).

9) Die BF 2 wurde einmal beim „Schwarzfahren“ erwischt und bezahlte die Strafe. Ansonsten wurde keine:r der BF gerichtlich oder verwaltungsrechtlich bestraft.

Betreffend die BF 1 und 2 geführte Strafverfahren wegen Paragraph 228, Absatz eins, StGB wurde am 16.08.2023 nach Paragraphen 198, in Verbindung mit 203 Absatz eins, StPO von der Verfolgung unter Setzung einer Probe-zeit zurückgetreten. Dieselben Verfahren wurden am selben Tag hinsichtlich Paragraph 119, FPG nach Paragraph 190, StPO eingestellt, weil kein tatsächlicher Grund zur Verfolgung bestand.

Beweis:

- Verständigung vom Rücktritt von der Verfolgung unter Bestimmung einer Probezeit (Beilage ./Q)

- Benachrichtigung von der Einstellung des Verfahrens (Beilage ./R)

Die BF 1 und 2 legten den Umstand, dass sie in Österreich zunächst unrichtige Identitäten angaben, wie aus dem Akteninhalt ersichtlich, aus eigenem offen und bereuen ihr Verhalten aufrichtig.

10) Die BF halten sich seit ihrer Einreise in Österreich durchgehend im Bundesgebiet auf.

11) Die BF 1 und 2 sind nicht in Kenntnis über den Verbleib ihrer Reisepässe. Die minderjährigen BF verfügten nie über Reisepässe.

12) Hierzu darf auf die Ausführungen unter römisch eins. verwiesen werden.

…“

Zeitgleich wurde durch die rechtsfreundliche Vertretung Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung zweier Klassenlehrerinnen (ehemalige Klassenlehrerin der bP3 und aktuelle Klassenlehrerin der bP4) und des Rektors des Institutes römisch 40 gestellt um zu bezeugen, dass die gesamte Familie im Bundesgebiet kulturell, sozial und schulisch herausragend integriert sei und sich die Erlassung einer Rückkehrentscheidung als nicht statthaft erweise.

römisch eins.2.10. Am 12.12.2023 führte das ho. Gericht eine Beschwerdeverhandlung durch. Deren wesentlicher Inhalt wie folgt wiedergegeben wird:

„…

[Anm: Am Beginn der Verhandlung wird der bisherige Verfahrenshergang erörtert]

RI: Sie haben sich bereits beim BFA und auch im Beschwerdeverfahren zu ihren privaten und familiären Verhältnissen haben im Beschwerdeverfahren auch von sich aus entsprechende Unterlagen vorgelegt. Wollen Sie sich hierzu weitergehend äußern bzw. hat sich diesbezüglich etwas geändert?

P1: Es ist so, wie wir es bekanntgegeben haben.

RI: Haben Sie in Österreich oder in anderen Staaten außerhalb Ihres Herkunftsstaates noch weitere Verwandte?

P1: Wir haben niemanden in Österreich. Familienfreunde und Bekannte haben wir, aber keine Verwandte in Österreich. Wir leben seit 11 Jahre hier, deshalb haben wir Bekannte und Freunde.

RI wiederholt Frage.

P1: Ob wir Verwandte in anderen Ländern haben, kann ich nicht sagen. Das weiß ich nicht. Wir haben wenig Kontakt zu Verwandten.

P2: Ob wir in andere Länder Verwandten haben, weiß ich nicht. Ich habe mich in diesen 11 Jahren nur um die Familie gekümmert.

RI: Haben Sie sonst irgendwelche nennenswerten Anknüpfungspunkte außerhalb von Österreich oder Aserbaidschan?

P1: Ich habe ein paar Freunde in anderen Ländern, mit denen ich manchmal telefonischen Kontakt habe.

Regierungsvorlage legt Heiratsurkunde im Original vor.

Einzelne Befragung der P

Befragung der P1

RI: Wollen Sie etwas angeben, was die anderen P nicht wissen sollten?

P: Nein. Ich teile alle meiner Geheimnisse mit meiner Frau.

RI: Sie beantragten in der Beschwerdeschrift die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Zu welchem konkreten Zweck beantragten Sie diese?

P: Der Zweck meiner Antragstellung ist, dass wir hier bleiben können, meine Familie und Kinder glücklich sind. Meine Kinder sind in Österreich geboren. Sie gehen in die Schule, in den Kindergarten. Sie haben die österreichische Kultur und Mentalität bereits erlangt. Seit 11 Jahren bin ich bestrebt, den legalen Aufenthalt in Österreich zu bekommen.

RI: Wie unterscheidet sich Ihrer Ansicht nach die österreichische von der aserbaidschanischen Kultur und Mentalität?

P: Es gibt viele Unterschiede, unter anderem die Religion. In Aserbaidschan ist Islam und hier ist Christentum.

RI: (ohne Dolmetscher) Sprechen Sie Deutsch?

P: Ja.

RI: Stellen Sie sich bitte kurz vor.

P: Ich heiße römisch 40 , ich wohne in römisch 40 , römisch 40 , römisch 40 und wir haben eine kleine Wohnung, 47 Quadratmeter, wir wohnen die ganze Familie in der Wohnung.

RI: (ohne Dolmetscher) Was haben Sie gestern gemacht?

P: Gestern ich war zuhause und in der Früh ich habe aufgestanden, meine Kinder, meine beiden Töchter in den Kindergarten gebracht und zurückgekommen. Zuhause mit meiner Frau geredet, Frühstück gehabt. Nach dem Frühstück ich bin gefahren Institut römisch 40 (Bei Rückübersetzung: es heißt römisch 40 ) und ich habe bisschen mit meinem Taufpaten geredet und gesprochen. Und organisieren wir heute nach Linz gekommen.

RI: Wie sind Sie heute nach Linz gekommen?

P: Wir sind mit Auto gekommen.

(Fortsetzung mit Dolmetscher)

RI: Welche Verwandte/Bekannte leben noch in Aserbaidschan?

P: Meine Tante lebt in Aserbaidschan. Mein Onkel ist bereits verstorben aber seine Kinder leben in Aserbaidschan. Mein Onkel mütterlicherseits und seine Kinder leben dort. Vater, Mutter, die Schwiegereltern wobei der Schwiegervater vor kurzem verstorben ist. Und ich habe noch Schulfreunde.

RI: Mit wem stehen Sie noch in Kontakt in Aserbaidschan?

P: Mit meinen Freunden.

RI: Seitens der belangten Behörde wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und Ihre Abschiebung als zulässig erklärt. Wie treten Sie den Argumenten der belangten Behörde in Bezug auf die erlassene Rückkehrentscheidung, der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und der nicht eingeräumten Frist zur freiwilligen Ausreise entgegen.

P: Ich denke an meine Kinder und meiner Familie. Ich denke an die Zukunft meiner Familie. Meine Kinder sind hier geboren, sie sprechen Deutsch, gehen hier in die Schule und Kindergarten. Sie können nicht richtig aserbaidschanisch sprechen. Ich würde große Probleme erleben, wenn wir nach Aserbaidschan zurückreisen. Es wird uns dort sehr schlecht gehen. Ich will nicht, dass es meinen Kindern schlecht geht. Ich habe sie unter schwierigen Umständen aufgezogen. Wir leben seit 7 Jahren in einer kleinen Wohnung, zu sechst. Ich habe viel Geduld und auch die Hoffnung, dass uns die Beschäftigungsbewilligung erteilt wird. Ich will die Bedürfnisse meiner Familie und der Kinder erfüllen können. Ich muss sie sogar manchmal anlügen, wenn ich ihre Wünsche nicht erfüllen kann. Ich möchte sie nicht mehr anlügen. Ich schäme mich dafür. Meine Kinder gehen manchmal zum Training. Sie gehen jede Woche 5 Tage zum Training. Es gibt Turniere im Ausland, an denen meine Kinder nicht teilnehmen können, weil wir keinen Aufenthaltstitel haben. Sie fragen mich warum sie da nicht teilnehmen können, wenn alle anderen mitfahren können. Sie erleben auch einen Stress dadurch. Sie fragen mich schon wie lange das noch andauern wird, diese Situation. Als Beispiel möchte ich anführen, dass meine Kinder nach deren Sommerferien von ihren Lehrern gefragt werden wo sie waren und wo sie Urlaub gemacht haben. Während die anderen Schülern ihre Urlaubsorte mit Türkei oder Griechenland bekanntgeben, müssen meine Kinder schweigen, weil sie zuhause geblieben sind. Sie fragen mich deshalb immer wieder, wann wir endlich mal ein normales Leben leben werden. Der ältere Sohn fragt mich warum ich immer zuhause bin und nicht arbeite. Ich habe ihm erzählt, dass ich erst nach erlangen des Aufenthaltstitels arbeiten könne. Er weiß natürlich nicht, was ein Aufenthaltstitel ist. Wir haben einen Raum, wo wir zu sechst zuhause schlafen. Der ältere Sohn versteht schon sehr viel. Nachdem er die Kinderzimmer seiner Freunde gesehen hat, hat er mich gefragt, ob er auch einmal ein Kinderzimmer für sich selbst haben werde. Eines möchte ich noch sagen: Ich schäme mich dafür, dass ich das sage: Meine Frau, die jüngere Tochter und die ältere Tochter und ich schlafen in einem Bett, wobei dies seit 5 Jahren mit der älteren Tochter und seit 3 Jahren mit beiden Töchtern stattfindet.

RI: Aus dem erörterten Verfahrensgang ergibt sich, dass sie seit ihrer Einreise nach Österreich wiederholt verpflichtet waren, das Bundesgebiet aufgrund ihres rechtswidrigen Aufenthaltes zu verlassen. Warum kamen Sie dieser Verpflichtung nicht nach?

P: Wir betrachten Österreich als unsere Heimat. Für meine Kinder ist hier die Heimat. Sie haben keinen Kontakt zu Aserbaidschan. Wir sind hier integriert.

RI: Warum gaben sie ursprünglich eine andere Identität im Verfahren an?

P: Der Schlepper hat uns das eingeredet. Er hat uns in die Irre geführt.

RI: Sie gaben anfangs an, sich seit 11 Jahren um einen legalen Aufenthalt zu bemühen. Wie hätten Sie das mit falscher Identität machen wollen?

P: Ich möchte mich dafür entschuldigen. Erst jetzt habe ich es verstanden. Ich habe erfahren, dass man mit Lügen nicht weiterkommt. Irgendwann ist der Weg vor dir gesperrt. Ich denke an die Zukunft meiner Kinder, meiner Familie. Es wird passieren, was passieren muss. Gott weiß es besser.

RI: Warum haben Sie fast 9 Jahre gebraucht, um Ihre Identität zu berichtigen?

P: Wir hatten große Angst und ich auch. Meine Frau hat die größte Angst vor der Rückreise.

RI: Wovor konkret hatten Sie große Angst?

P: Wir haben uns alle an das Leben hier gewöhnt. Auch mit Schwierigkeiten. Sollten wir in ein anderes Land reisen müssen, müssten wir von Null anfangen, und diese Kraft haben wir nicht. Wir sind hier glücklicher.

RI: Welche konkreten Versuche –bitte schildern Sie auch die erfolglosen Versuche- haben Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich unternommen, um Ihre Identität durch ein unbedenkliches nationales Identitätsdokument nachweisen zu können?

P: Ich habe es versucht, aber erfolglos. Ich habe versucht unseren Reisepass hierher zurückzubekommen, aber ohne meiner Anwesenheit geht das nicht. Zuletzt habe ich nur die Heiratsurkunde herbringen können. Ich bin bestrebt danach, aber ich müsste dort anwesend sein. Ich muss persönlich unterschreiben, Fotos machen. Nachdem ich hier bin, ist das nicht möglich.

RI: Was sagen Sie zum Umstand, dass sich Ihr Aufenthalt in Österreich auf weniger als 3 Jahre erstreckt hätte, wenn Sie sich vom Anfang an rechtskonform verhalten hätten?

P: Ich möchte mich noch einmal wegen meiner Lügen entschuldigen. Hätte mich der Schlepper nicht in die Irre geführt, wäre der Verlauf vielleicht ein ganz anderer gewesen. Ich verspreche, dass ich nichts Illegales machen werde, wenn ich hier ein Bleiberecht bekomme. Ich lebe seit 11 Jahren hier, ich hatte nicht einmal ein Raufhandel, ich habe keine Kriminalität begangen.

RI: Warum gehen Sie davon aus, dass ich ihr rechtswidriges Verhalten in Bezug auf unterbliebene Ausreise und die ursprüngliche Antragstellung unter falscher Identität, sowie die wiederholte Antragstellung nunmehr zum Vorteil in dem Sinne gereichen sollen, dass Sie hieraus ein Aufenthaltsrecht lukrieren können?

P: Ich kann mich nur entschuldigen. Wenn ich ein Bleiberecht bekomme, wird so etwas nie mehr passieren.

RI: Was würde Sie in Ihrem Herkunftsstaat konkret erwarten (RI weist darauf hin, dass sich diese Frage auf den Umfang des noch offenen Beschwerdeverfahren bezieht)?

P: Bei einer Rückreise in unserer Heimat würde unser Leben sehr erschütternd sein. Ich habe dort keinen Ort, wo ich mich aufhalten kann. Eines meiner Kinder geht in die Mittelschule, ein anderes Kind wird mit dem Gymnasium beginnen. Sie können ihre Muttersprache aserbaidschanisch nicht und sie müssten sich neuerlich dort integrieren. Die Ausbildung dort ist miserabel. Sie bekommen hier eine sehr gute Ausbildung. Es gibt dort auch in der Schule Schmiergeld, die Kinder werden dort nicht gut behandelt bzw. bekommen keine gute Ausbildung, wenn man den Lehrern kein Geld gibt. Das Bildungssystem ist nicht so wie hier, ohne Schmiergeld geht dort gar nichts. Ich habe in Österreich nie gehört, dass jemand Schmiergeld angenommen hätte. Aserbaidschan ist anders, ohne Schmiergeld geht nichts.

RI: In welcher Sprache kommunizieren Sie im Familienkreis?

P: Mit den Kindern rede ich Deutsch, mit den Töchtern halb Aserbaidschanisch und halb Deutsch. Sie sind noch sehr klein, die Töchter. Sie müssen zuerst einmal lernen.

RI: Wie sprechen Sie mit Ihrer Frau?

P: In beiden Sprachen. Aserbaidschanisch und Deutsch. Ich versuche ihr Deutsch beizubringen. Meine Söhne sprechen perfekt Deutsch. Auch sie reden mit der Mutter immer Deutsch, damit sie ihre Deutschkenntnisse erweitert.

RI: Wie spricht die Mutter mit den Kindern?

P: Gemischt. Aserbaidschanisch und Deutsch. Sie versucht in Deutsch zu antworten und dort wo sie stecken bleibt, wechselt sie auf Aserbaidschanisch.

RI: Haben Sie Zugang zu Medien aus Ihrem Herkunftsstaat?

P: Über Fernseher nicht, aber übers Internet ja. Wir haben 150 Deutsche Kanäle, sonst nichts.

Regierungsvorlage, Auf welche Sprache unterhalten sich Ihre Söhne untereinander?

P: Auf Deutsch.

Regierungsvorlage, Haben Ihre Kinder auch Freunde aus Aserbaidschan, die in Österreich leben?

P: Nein. Dort gibt es keine Aserbaidschaner. Sie habe nur österreichische Freunde.

Regierungsvorlage, keine Fragen.

Befragung der P2

RI: Wollen Sie etwas angeben, was die anderen P nicht wissen sollten?

P: Nein.

RI: Sie beantragten in der Beschwerdeschrift die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Zu welchem konkreten Zweck beantragten Sie diese?

P: Ich halte mich seit 11 Jahren hier auf. Mein Wunsch ist, dass meine Kinder hier aufwachsen. Ich habe sonst niemanden hier, keine Angehörige. Ich habe keine Versicherung. Ich bin an Bronchitis erkrankt, ich will zum Arzt gehen, es geht aber nicht. Wir leben auf engstem Raum und schlafen zu viert in einem Bett. Das müsste man gesehen haben, wir liegen schon übereinander, die Kinder fragen mich schon, warum ich sie überhaupt auf die Welt gebracht habe. Die Kinder ziehen immer wieder in dem Vergleich mit anderen Kindern und fragen warum sie vieles nicht haben, was die anderen haben, wie Versicherung. Wir bekommen keine Unterstützung und versuchen uns selbst zu erhalten. Ich habe schon des Öfteren an den Tod gedacht. Wenn ich nach Aserbaidschan zurückkehren müsste, haben wir dort keine Wohnung, einfach nichts. Ich habe schlaflose Nächte. Dort gibt es zwar auch Schule, aber man muss dort jeden schmieren, man muss auch für die Schule Geld bezahlen. Meine Kinder sind hier voll integriert. Sie sagen sogar, dass ich zurückreisen könne, aber sie wollen hier bleiben. Sie sagen, dass sie hier geboren sind. Mein Vater hat seit 11 Jahren meine Kinder nicht einmal sehen können. Ich habe keine Lust mehr zu leben. Ich weiß nicht was ich tun soll, bitte helfen Sie uns. Seit Tagen habe ich schlaflose Nächte, ich habe so viel Angst. Ich muss normal sein, damit meine Kinder auch normal aufwachsen können. Es ist sehr schwierig für mich. Ich weiß nicht wo ich anfangen soll. Ich habe große Verantwortung gegenüber den Kindern, ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe und gelogen habe. Ich bereue es. Ich habe keinen Kontakt mehr zu meinen Verwandten, ich habe nur hier meine Freunde, mit denen ich in Kontakt bin. In Aserbaidschan gibt es keinerlei Unterstützungen. Wenn die Kinder 18 Jahre alt sind, müssen sie sofort zum Wehrdienst. Beim Wehrdienst werden sie nach Karabakh geschickt und dort sterben viele Soldaten. Es gibt Zeiten wo 2 bis 3 Jahre ruhig ist, aber danach entfacht Unfrieden wieder. Sie machen die Psyche des Menschen so richtig kaputt. Es gibt krasse Unterschiede im sozialen Leben. Es gibt sehr reiche aber auch sehr arme Menschen dort. Wenn das Kind im Wehrdienst stirbt, kriegt man einen kleinen Betrag als Blutabgeltung. Ich bitte Sie, geben Sie meine Kinder die Möglichkeit, hier zu bleiben. Machen Sie mit mir was Sie wollen, auch wenn ich hier sterben muss. Aber ich will, dass meine Kinder hier weiterleben. Pater römisch 40 unterstützt uns, wir bekommen 600 Euro im Monat. Damit müssen wir auskommen. Wie das geht, fragen Sie mich nicht. Ich beziehe seit 8 Jahren keine Unterstützung.

RI: (ohne Dolmetscher) Sprechen Sie Deutsch?

P: Ja.

RI: Stellen Sie sich bitte kurz vor. (Frage wird 2 Mal langsam wiederholt)

P: Nicht verstanden.

RI: (ohne Dolmetscher) Was haben Sie gestern gemacht?

P: Gestern zusammen spazieren gehen bisschen mit Kinder. Alles Kinder, alles zuhause bleiben, Kindergarten abholen. Spazieren gehen, Fahrrad fahren. Zusammen.

RI: Wie sind Sie heute nach Linz gekommen?

P: Ja.

(Fortsetzung mit Dolmetscher)

RI: Welche Verwandte leben noch in Aserbaidschan?

P: Alle.

RI: Haben Sie noch mit irgendwelchen Verwandten oder Bekannten Kontakt?

P: Nein.

RI: Warum nicht?

P: Ich weiß es nicht. Sie haben uns einfach weggestrichen.

RI: Hat Ihr Mann noch zu irgendjemanden in Aserbaidschan Kontakt?

P: Nein. Ich wüsste nicht. Ich kann für m ich sprechen, aber nicht für ihn. Da müssen Sie ihn selbst fragen. Ich kontrolliere ihn nicht.

RI: Seitens der belangten Behörde wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und Ihre Abschiebung als zulässig erklärt. Wie treten Sie den Argumenten der belangten Behörde in Bezug auf die erlassene Rückkehrentscheidung, der Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung und der nicht eingeräumten Frist zur freiwilligen Ausreise entgegen.

P: Ich habe das schon vorhin erklärt. Ich habe diese Kinder unter sehr schwierigen Umständen aufgezogen. Ich habe Ihnen die Situation in Aserbaidschan erklärt. Ich will nicht zurückkehren. Ich würde mir lieber Benzin übergießen und mich anzünden. Es reicht mir. Seit 11 Jahre. Wie lange sollen diese Schwierigkeiten noch andauern? Was habe ich Ihnen angetan. Ich verstehe, dass ich gelogen habe und dass es ein Fehler war. Ich habe immer Respekt gezeigt.

RI: Ist es Ihnen bekannt, dass man sich um sich in einem Land niederzulassen, zuerst die Einreiseniederlassungsbestimmung zu erfüllen hat und nicht, „auf gut Glück“ einreist?

P: Ich habe größten Respekt vor den Gesetzen, aber ich muss sagen, dass wir benachteiligt wurden, uns wurde das Kindergeld aberkannt. Wir sind nicht versichert, bekommen keine Unterstützung. Ich bin schließlich seit 11 Jahren hier, meine Psyche leidet schon sehr darunter. Mein Kopf ist total durcheinander. Ich habe zwar Ihre Fragen gehört, aber konnte mich auf die Frage gar nicht konzentrieren.

RI: Aus dem erörterten Verfahrensgang ergibt sich, dass sie seit ihrer Einreise nach Österreich wiederholt verpflichtet waren, das Bundesgebiet aufgrund ihres rechtswidrigen Aufenthaltes zu verlassen. Warum kamen Sie dieser Verpflichtung nicht nach?

P: Ich habe mich hier gewöhnt. Meine Kinder noch mehr, sie sind voll integriert. Sie haben einen Freundeskreis hier, ich will sie nicht von hier wegreißen. Sie sind hier geboren, wenn sie mich in ein anderes Land schicken, sei es ein deutsches Land, können Sie uns dort schicken aber schicken sie uns nicht zurück. Meine Kinder sprechen Deutsch und können sich im deutschsprachigen Raum besser integrieren als zuhause.

RI wiederholt die Frage.

P: Es müssten 2 Kinder gewesen sein, als ich das erste Mal ausreisepflichtig war. Meine Kinder sind hier auf die Welt gekommen, nicht in Aserbaidschan. Kinder, die deportiert werden, werden in Aserbaidschan sehr schlecht behandelt. Was kann ich jetzt tun?

RI: Woher wissen Sie, dass abgeschobene Kinder in Aserbaidschan schlecht behandelt werden?

P: Anfangs hatten wir Kontakt mit Bekannten in der Heimat. Diese haben uns über Probleme von zurückgekehrten Kindern erzählt, dass sie zum Bsp. in der Schule nicht aufgenommen werden. Wir würden dort Vorwürfe bekommen, warum wir zum Christentum konvertiert sind, warum wir 4 Kinder im Ausland geboren haben, würde uns vorgeworfen werden und so weiter. Bei uns werden Gesetze nicht respektiert wie hier, man wird dort ohne einen Grund zu haben, inhaftiert. Die Behörden arbeiten dort sehr willkürlich, es gibt ein geringes Einkommen. Ich will ein letztes Mal, das, was sich aufgestaut hat, hier erzählen. Eine weitere Chance werde ich nicht mehr bekommen, das weiß ich. Es ist sehr schwierig für mich. Ich weiß nicht, wie ich Sie überzeugen kann.

RI: Warum gaben sie ursprünglich eine andere Identität im Verfahren an?

P: Ich hatte Angst, ich habe auch jetzt Angst. Ich habe schlaflose Nächte.

RI: Warum haben Sie 9 Jahre gebraucht, um diese Angst abzulegen?

P: Es wurde uns das so eingeredet, sonst würden sie uns innerhalb kurzer Zeit zurückschicken, wurde uns gesagt. Ich wusste die Umstände nicht und ich habe das geglaubt. Ich schäme mich vor mir selbst, weil ich gelogen habe.

RI: Welche konkreten Versuche –bitte schildern Sie auch die erfolglosen Versuche- haben Sie seit Ihrer Einreise nach Österreich unternommen, um Ihre Identität durch ein unbedenkliches nationales Identitätsdokument nachweisen zu können?

P: Wir haben heute Papiere hier abgegeben.

RI: Die Heiratsurkunde ist kein Identitätsdokument.

P: Diese Dokumente sind beim Schlepper geblieben. Der Reisepass ist uns abgenommen worden. Ich weiß nur, dass dieser Reisepass beim Schlepper verblieben ist.

RI: Wie kamen Sie in Österreich im Besitz der Heiratsurkunde?

P: Über Freundesfreunde. Das hat alles mein Mann erledigt, ich weiß darüber keine Einzelheiten. Nachgefragt gebe ich an, dass wir sie im Oktober bekamen.

RI: Was sagen Sie zum Umstand, dass sich Ihr Aufenthalt in Österreich auf weniger als 3 Jahre erstreckt hätte, wenn Sie sich vom Anfang an rechtskonform verhalten hätten?

P: Ich weiß, dass ich Sünden begangen habe. Ich verstehe meine Schuld. Das verstehe ich.

RI: Warum gehen Sie davon aus, dass ich ihr rechtswidriges Verhalten in Bezug auf unterbliebene Ausreise und die ursprüngliche Antragstellung unter falscher Identität, sowie die wiederholte Antragstellung nunmehr zum Vorteil in dem Sinne gereichen sollen, dass Sie hieraus ein Aufenthaltsrecht lukrieren können?

P: Ich will natürlich nicht, dass ich dafür belohnt werde. Ich kann diesbezüglich nichts sagen. Sie werden entscheiden.

Anmerkung Regierungsvorlage, Die minderjährigen Beschwerdeführer setzten zu keinem Zeitpunkt ein Fehlverhalten, sie müssen sich das Verhalten ihrer Eltern zwar bis zu einem gewissen Grad zurechnen lassen, diesem Umstand ist aber nach der Judikatur des VwGH im Vergleich zu den anderen in ihrem Interesse zu wertenden Kriterien weniger Gewicht beizumessen.

RI: Was würde Sie in Ihrem Herkunftsstaat konkret erwarten (RI weist darauf hin, dass sich diese Frage auf den Umfang des noch offenen Beschwerdeverfahren bezieht)?

P: Es erwartet uns nichts Gutes. Wenn die Kinder dort geboren worden wären, dann würden sie dort besser behandelt werden. Wenn sie im Ausland geboren sind, wird gesagt, dass man sich seine Rechte auch im Ausland holen soll. Ich will nicht, dass meine Kinder dort aufwachsen. Es gibt manche Sachen, die ich Ihnen noch erzählen möchte, aber ich würde mich schämen und kann darüber nicht reden. Aber wenn ich meine Kinder von ihren Wurzeln in Österreich entreißen würde, könnte sie sich zuhause nicht integrieren.

RI: In welcher Sprache kommunizieren Sie im Familienkreis?

P: Die Kinder sprechen untereinander Deutsch, sie beherrschen die aserbaidschanische Sprache nur sehr wenig. Sie sind hier in den Kindergarten und in die Schule.

RI: Ihre Deutschkenntnisse stellten sich heute als sehr überschaubar dar. In welche Sprache kommunizieren Sie mit Ihren Kindern?

P: Ich kann mit einer Person viel besser Deutsch sprechen, aber hier hat die Aufregung eine Rolle gespielt.

RI wiederholt die Frage.

P: Ich spreche mit ihnen gemischt, aber die Kinder sprechen vermehrt Deutsch. Ich tue mich beim Lernen ein bisschen schwer. Ich bin bestrebt, hier die Religion kennenzulernen, die Sprache kennenzulernen.

RI: In welcher Sprache unterhalten Sie sich zuhause mit Ihrem Gatten?

P: In der Muttersprache, aber er spricht mit mir manchmal auf Deutsch. Die Kinder untereinander nur Deutsch, weil auch im Freundeskreis sprechen sie Deutsch.

RI: Haben Sie Zugang zu Medien Ihres Herkunftsstaates?

P: Ich schaue mir nichts an, es interessiert mich nicht. Das ist ein Land, wo die Gesetze nicht respektiert werden und jeden Tag gibt es Vorfälle. Ich versuche neue Sachen zu lernen, zum Bsp. die Speisen, die Küche. Ich fühle mich nicht Aserbaidschan zugehörig. Ich habe auch kein Interesse an Medien. Die Medien informieren die Menschen auch falsch.

Regierungsvorlage, keine Fragen.

Befragung der P3 im Beisein der gesetzlichen Vertretung

Der P wird kindgerecht erklärt, was nunmehr auf sie zukommt und sie jedenfalls keine Angst haben muss.

RI: Soll ich siezen oder duzen?

P: Per Du.

RI: Erzähle mir über dein Leben in Österreich.

P: Ich mag es mit Freunden zu sein. Ich gehe öfter ins Training, ich spiele gerne mit den Freunden. Sie gehen in verschiedenen Camps wo ich nicht gehen kann. Ich gehe Fußballspielen, manchmal gehe ich Freunde besuchen. Ich lerne für die Schule, für Tests, Wiederholungen. Ich mag mit Freunden zusammen zu sein, für Schularbeiten lernen, wir machen verschieden Reisen. Wir waren an technischen Museum in Wien. In Winter machen wir eine Schiwoche in der Schule, wir gehen ganz speziell hinaus, wenn es schneit. Das war’s.

RI: Bist du in Österreich schon einmal von einem Ort zum anderen umgezogen?

P: Ja, ich habe mal in römisch 40 gelebt. Jetzt wohne ich in römisch 40 .

RI: Wie alt warst du?

P: Ich war damals 5 oder so.

RI: Hast du schon mal den Kindergarten oder die Schule gewechselt?

P: Nein.

RI: Kennst du Leute –zumindest vom Hörensagen- die in Aserbaidschan leben?

P: Nein.

RI: Habt Ihr noch nie über die Großeltern, Onkel und Tanten gesprochen?

P: Nein.

RI: Hast du noch nie deine Eltern darüber gefragt?

P: Nein.

RI: Was würde sich in deinem Leben ändern, wenn du mit der Familie nach Aserbaidschan gehen würdest?

P: Ich müsste ein neues Leben starten, eine neue Schule suchen und neue Freunde. Es wird schwierig werden. Hier ist es besser.

RI: Was würdest du machen, wenn sich deine Eltern entschließen, dass sie nach Aserbaidschan zurückkehren?

P: Hier ist es besser. Ich kann die Sprache nicht.

RI: In welcher Sprache sprechen deine Eltern mit dir?

P: Auf Deutsch.

RI: Auch die Mutter?

P: Ja. (P2 flüstert wiederholt P3 zu. Diese wird wiederholt gemahnt, dies zu unterlassen)

RI: Seitens des Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wurde ua. eine Rückkehrentscheidung (der Begriff wird erklärt) erlassen und die Abschiebung nach Aserbaidschan für zulässig erklärt. Verstehen du was das bedeutet?

RI: Was sagen Sie dazu?

P: Es wäre schlecht.

RI: Was würde dich nach deiner Einschätzung in deinem Herkunftsstaat konkret erwarten?

P: Ich werde Probleme kriegen und es wird ein schweres Leben. Hier ist es am besten.

RI: Was glauben Sie, dass Sie in Aserbaidschan nicht mehr machen könnten, was du aktuell in Österreich machen kannst?

P: In die Schule gehen, ich muss neue Freunde suchen. Ich müsste die Sprache lernen.

RI: Hast du Zugang zu aserbaidschanischen Medien, zum Beispiel zu aserbaidschanischem Fernsehen?

P: Nein.

Fragen der P1: keine

Fragen der P2: Willst du hier bleiben oder zurück in deiner Heimat? (Frage auf AZ gestellt, Dolmetsch übersetzt).

P3: Ich will hier bleiben.

P gibt an, die Unterhaltung zwischen der P2 und den D nicht verstanden zu haben.

Fragen der Regierungsvorlage, Welche Religion hast du?

P: Römisch-Katholisch.

Regierungsvorlage, Kennst du dich in Islam auch aus? Zum Bsp die Feiertage, wie man in der Moschee betet?

P: Nein.

Regierungsvorlage, In welcher Sprache sprichst du mit deinem Bruder?

P: Deutsch.

Regierungsvorlage, Hast du auch irgendwelche Freunde aus Aserbaidschan?

P: Nein.

Regierungsvorlage, Was für Pläne hast du für die Zukunft?

P: Anwalt.

Regierungsvorlage, Du hast vorher gesagt, du würdest dich in einer Schule in Aserbaidschan sehr schwer tun. Was meinst du damit? Kannst du die Schrift lesen, kennst du die Grammatik?

P: Nein.

Regierungsvorlage, Du bist sehr oft bei den Trainings. Wie ist die Beziehung zu deinem Trainer, ist das eine wichtige Person für dich?

P: Es ist mein Trainer.

Regierungsvorlage, keine Fragen.

Befragung der P4 im Beisein der gesetzlichen Vertretung

Der P wird kindgerecht erklärt, was nunmehr auf sie zukommt und sie jedenfalls keine Angst haben muss.

RI: Soll ich siezen oder duzen?

P: Per Du.

RI: Erzähle mir über dein Leben in Österreich.

P: Es ist in Österreich sehr gut. Was ich gerne mache, ist dass ich mit meiner Schwester spiele und vieles mehr.

RI: Gehst du in die Schule oder in einen Kindergarten?

P: Ich gehe in die Schule. Es gefällt mir dort sehr gut.

RI: Was ist dein Lieblingsgegenstand?

P: Ich habe keinen.

RI: Welches Fach magst du überhaupt nicht?

P: Ich glaube Deutsch, aber Mathematik mag ich am besten.

RI: Kennst du Leute –zumindest vom Hörensagen- die in Aserbaidschan leben?

P: Nein.

RI: Weißt du, dass deine Eltern aus dem Aserbaidschan kommen?

P: Nein.

RI: Deine Eltern kommen aus einem anderen Land. Was würde sich in deinem Leben ändern, wenn du mit deinen Eltern in dieses Land gehen würdest?

P: Ich weiß es nicht.

RI: In welcher Sprachen sprecht ihr zu Hause im Familienkreis?

P: Deutsch.

RI: Auch mit der Mama?

P: Ja.

RI: Sprichst du nur Deutsch mit Ihr?

P: Ja, nur Deutsch.

Fragen der P2: (P2 will auf Aserbaidschanisch fragen, RI fordert sie auf, auf Deutsch zu fragen, zumal sie auf Deutsch zuhause kommunizieren, worauf die P2 auf Aserbaidschanisch meint, die P1 solle die Fragen stellen.)

Fragen der P1: Was willst du in der Zukunft sein?

P: Polizei.

P1: Du hast gesagt du gehst ins Training, welche Medaille hast du?

P: Ich habe den ersten Platz und ich glaube 4 Mal den zweiten Platz.

Die Mutter zeigt verschiedene Pokale und Medaillen vor.

Fragen der Regierungsvorlage, keine Fragen.

Die P3 und P4 wurden ohne die Beiziehung des Dolmetschers befragt. RI führt im Einvernehmen mit der P aus, dass aufgrund des geringen Alters der P5 und P6 deren Befragung unterbleibt.

Weitere gemeinsame Befragung der P1 und P2

RI: Wollen Sie sich zu den Angaben Ihrer Kinder äußern?

P: Meine Kinder machen zum zweiten Mal eine Aussage vor einer Behörde. Sie sind ein bisschen zurückhaltend.

RI: Gem. Artikel 11, des aserbaidschanischen Staatsbürgerschaftsgesetzes gelten die P3 bis P6 ex lege als aserbaidschanische Staatsbürger

P: Aserbaidschan weiß über unsere Kinder, die hier geboren sind nicht Bescheid. Sie sind nicht registriert.

RI: Sie beantragten die zeugenschaftliche Befragung nachfolgender Zeugen:

Dipl.- Päd. römisch 40

römisch 40 , BEd

KsR. römisch 40 , CM

(den P wird der Begriff des Zeugen erklärt) Über welche eigenen Sinneswahrnehmungen aus der Vergangenheit können diese Personen aussagen, welche mir aufgrund der verschiedenen schriftlichen Eingaben noch nicht bekannt sind?

P: Die Frau römisch 40 ist die Lehrerin von meinem älteren Sohn in der Mittelschule. Sie hat ihn 4 Jahre lang unterrichtet. Sie weiß auch über römisch 40 Bescheid. Sie weiß wie er aufgewachsen ist, wie er in der Schule ist, wie er sich gegenüber den Mitschülern verhält. römisch 40 ist die Lehrerin von römisch 40 . Sie hat ihn von der ersten bis vierten Klasse begleitet, sie war seine Lehrerin. Eine sehr kontaktfreudige und gute Lehrerin. Sie ist sehr zufrieden mit römisch 40 , bei so einer Art Elternabend hat sie über römisch 40 gesprochen und nachdem seine Leistung in der Schule sehr gut ist, wird sie ihn in der nächsten Periode ins Gymnasium schicken. Sie sagt, dass er in Mathematik sehr gut ist. Aufgaben die anderen Schüler in 15 Minuten lösen, würde er in 5 Minuten schaffen. Pater römisch 40 und Pater römisch 40 , sie waren beide Missionare und arbeiten 50 Jahren zusammen, sie unterstützen uns. Sie sind die einzigen Personen, die wir am meisten vertrauen. Wir sind unter ihrer Obhut. Sie haben meine Kinder und uns getauft. Die jüngere Tochter ist noch nicht getauft, aber dafür bekommen wir einen Termin.

RI: Ihnen wurden Feststellungen zur Lage in Aserbaidschan zur Kenntnis gebracht. Wollen Sie sich hierzu äußern (RI weist darauf hin, dass sich diese Frage auf den Umfang des noch offenen Beschwerdeverfahren bezieht)?

P: Diese Länderfeststellungen habe ich zuvor schon bekommen und da steht nur Gutes über Aserbaidschan, was aber der Wahrheit nicht entspricht. Es wird dort geschrieben, dass es in Aserbaidschan Demokratie und Menschenrechte bestehen (RI weist die P daraufhin, dass in diesen Feststellungen sehr wohl in kritischer Weise Defizite in der Menschenrechtslage in Aserbaidschan thematisiert werden).

RI: Ihnen wurden auch grundsätzliche Feststellungen zum aserbaidschanischen Bildungs-wesen zur Kenntnis gebracht und ergibt sich hieraus, dass im Falle einer Rückkehr das aserbaidschanische Schulsystem auch Rückkehrern offen steht, bzw. auch für sie Schulpflicht besteht vergleiche hierzu insbesondere das IOM Länderinformationsblatt Aserbaidschan 2022) und wird die Einschulung rückkehrender Kinder auch in der kritischen Berichtslage nicht als relevanter Problempunkt thematisiert.

P2: In den Schulen geht es alles ums Geld.

RI: Ich führte seit über 20 Jahren Asylverfahren und in meiner Laufbahn kamen mir viele Kinder unter, die dem Alter den Ihren entsprachen, welche aus ihren Herkunftsstaaten nach Österreich reisten (auch Kinder aus Aserbaidschan), die bei ihrer Ankunft keine Deutschkenntnisse aufwiesen bzw. ihnen Österreich völlig fremd war und sich innerhalb kurzer Zeit –meistens weitaus schneller als ihre Eltern- in Österreich in ihr Umfeld –auch in ihre schulisches- sprachlich und sozial umfassend einlebten. Warum soll eine solche Integration im spiegelbildlichen Fall im Falle einer Rückkehr Ihrerseits gemeinsam mit Ihren Kindern nicht funktionieren?

P: Meine Kinder befinden sich hier in einer christlichen Gesellschaft. Aserbaidschan ist ein islamisches Land. Sie würden in Aserbaidschan sowohl von den Lehrern als auch von den Mitschülern diskriminiert werden aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit. Sie werden als Menschen zweiter Klasse gesehen werden.

Aserbaidschan ist in religiösen Belangen tolerant und es herrscht der Grundsatz der Trennung von Religion und Staat. Es gibt in Aserbaidschan eine christliche Gemeinde. Auch erscheint die Kultur und Lebensweise jener in Mitteleuropa nicht derartig fremd, dass Kindern und Jugendlichen schon deswegen ein Umzug nach Aserbaidschan nicht möglich wäre und erscheint Ihren Kindern Aserbaidschan sichtlich nicht derartig fremd, als jenen Kindern Österreich, die ich im Vorabsatz beschreib.

P: Es ist aber ein großer Unterschied zwischen Personen die seit Generationen schon Christen sind und Personen die später zum Christentum konvertiert sind. Die werden mit anderen Augen betrachtet.

RI: Konversion ist in Aserbaidschan nicht strafbar.

P: Aber von der Gesellschaft wird man ausgeschlossen. Also einer der von Islam in eine andere Religion übertritt, dann ist man aus Sicht dieser Personen ein Ungläubiger.

RI: Bei der aserbaidschanischen Sprache handelt es sich um indogermanische (Turk-)sprache, welche in der lateinischen Schrift geschrieben wird. Auch dieser Umstand erleichtert eine Eingliederung in Aserbaidschan. Auch erscheint es für das ho. Gericht absolut lebensfremd, dass Eltern nicht auch ihre eigene Muttersprache ihren Kindern näher bringen.

P2: Sie beherrschen ganz wenig die Sprache.

P1: Es gibt auch in der Schule Unterricht für ausländische Kinder, die Ihre Muttersprache nicht in der Schule lernen, zusätzlichen Sprachunterricht. Wir sind bestrebt, dass sie auch die Muttersprache lernen. Ein bisschen sprechen sie schon. Meine Söhne sprechen Deutsch, Englisch und ein bisschen aserbaidschanisch. Je mehr Sprachen man beherrscht, umso besser ist es.

Fragen der Regierungsvorlage, keine Fragen.

Stellungnahme der Regierungsvorlage, Regierungsvorlage verweist auf das bereits schriftlich erstattete Vorbringen.

RI fragt die P, ob sie noch etwas Ergänzendes vorbringen wollen:

P1: Ich will hier bleiben und mit meiner Familie hier leben. Ich möchte meine Familie selbst versorgen können. Ich will, dass wir hier ein neues Leben beginnen. Das wird nur machbar sein, wenn ich eine Beschäftigungsbewilligung habe.

P2: Ich will als Mutter, dass es meinen Kindern gut geht und dass sie hier leben können. Ich will arbeiten können, seit 11 Jahren warte ich darauf und das ist auch eine psychische Belastung für mich, wenn ich immer zuhause bleiben muss. Natürlich gehe ich aus dem Haus, aber ich will arbeiten können. Ich könnte in einem Restaurant arbeiten. Ich bin nicht arbeitsscheu.

RI fragt die P, ob sie den Dolmetscher gut verstanden haben; dies wird bejaht.

Soweit die belangte Behörde an der Verhandlung nicht teilnahm, ist darauf zu verweisen dass sich unentschuldigt bzw. freiwillig Ferngebliebene die Möglichkeit des Gehörs selbst nehmen und ihnen keine Gelegenheit einzuräumen ist, diese nicht genutzte Möglichkeit nachzuholen vergleiche dazu auch VwGH 21.01.2004, 2001/09/0228 sowie VwGH 03.09.2002, 2001/03/0412; Hengstschläger/Leeb, AVG, Paragraph 40, Rz 2 mwN ) und ist das ho. Gericht nicht gehalten, der bB als Verfahrenspartei nach der Verhandlung die Möglichkeit zu einer Stellungnahme zum Verhandlungsergebnis einzuräumen (VwGH 13.12.2000, 2000/03/0212; zu den Folgen der Passivität der Behörde siehe auch EGMR vom 14.6.2017, C-685 EU:C:2017:452)

…“

römisch eins.2.11. In gegenständlicher Beschwerdeverhandlung ordnete der ho. Richter mit verfahrens-leitendem Beschluss an, dass die beantragte zeugenschaftliche Befragung der namhaft genannten Personen nicht stattfindet. Begründend wurde aufgezeigt, dass das im Verfahren genannte Beweisthema in seiner tatsächlichen Hinsicht in Bezug auf den objektiven Tatsachen-kern als wahr unterstellt wird, weshalb es diesbezüglich keines weiteren Beweises bedarf.

Weiters wurde nach der Verhandlung das Ermittlungsverfahren gem. Paragraphen 17, VwGVG, 39 Absatz 3, AVG per verfahrensleitenden Beschluss geschlossen.

römisch eins.2.12. Das Vorbringen in der Verhandlung stellt die letzte Äußerung der bP im Verfahren dar.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.           Feststellungen (Sachverhalt)

römisch II.1.1. In Bezug auf das verfahrensrechtliche Schicksal der bP wird auf die Ausführungen im Verfahrensgang verwiesen, welche zum Inhalt der Feststellungen erhoben werden.

Die bP1 und bP2 sind aserbaidschanische Staatsbürger. Gemäß dem Staatsbürger-schaftsgesetz von Aserbaidschan ist davon auszugehen, dass die bP3 – bP6 die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft über ihre Eltern bzw. Mutter erworben haben, unabhängig vom Ort der Geburt vergleiche Artikel 11, Ziffer eins, aserbaidschanischen Staatsbürger-schaftsgesetzes).

Die bP haben in Österreich keine weiteren Verwandten und leben auch sonst mit keiner nahe stehenden Person in Österreich zusammen, welche nicht zur Kernfamilie zu zählen ist.

Die bP leben in einer kleinen Wohnung auf äußerst beengten und von den bP1 und bP2 in der Verhandlung beschriebenen Wohnverhältnissen.

Die bP wollen ihr künftiges Leben in Österreich gestalten. Die bP1 und bP2 reisten rechtswidrig und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein. Die bP konnten ihren Aufenthalt durch die dreimalige (bP1 bis bP4) bzw. zweimalige (bP5 und bP6) Stellung von (unbegründeten) Anträgen auf internationalen Schutz vorübergehend legalisieren.

Die bP bezogen ab der ersten Antragstellung bis Mai 2017 Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Danach wurden ihnen keine weiteren Leistungen mehr gewährt.

Die bP sind nicht selbsterhaltungsfähig und werden von der Katholischen Kirche oder Funktionsträgern derselbigen unterstützt. Die bP sind aktuell nicht in der ÖKG oder einer anderen Versicherungsanstalt krankenversichert. Die bP leiden an keiner schwerwiegenden, nicht auch im Herkunftsstaat behandelbaren Erkrankung.

Die bP1 absolvierte einen Kurs zur Erlangung eines Staplerführerscheines sowie einen Integrationskurs. Die bP1 arbeitete im Jahr 2019 insgesamt zwei Monate und zwanzig Tage als Erntehelfer und landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter.

Die bP sind zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes auf die Zuwendung Dritter angewiesen. Von Dritten abgegebene Verpflichtungs- bzw. Patenschaftserklärungen sind der Aktenlage nicht entnehmbar.

Die bP1 verfügt so weit über Deutschkenntnisse, dass eine verhältnismäßig gute Verständigung im Alltag möglich ist. Die bP2 verfügt über ausgesprochen eingeschränkte Deutschkenntnisse und ist nicht in der Lage, sich im Alltag in der deutschen Sprache zu verständigen oder einfache Konversationen zu führen bzw. zu verstehen.

Die vier minderjährigen bP3-bP6 wurden im Bundesgebiet geboren.

Die bP3 und bP4 sprechen deutsch auf muttersprachlichem Niveau. Die bP3 geht in die Mittelschule, die bP4 geht in die Volksschule und ist in Absicht später ans Gymnasium zu wechseln.

In Bezug auf die bP5 und bP6 ist ebenfalls davon auszugehen, dass sie die deutsche Sprache auf einem ihrem Alter entsprechenden Niveau beherrschen. Sie besuchen den Kindergarten.

Die bP1 – bP6 beherrschen die aserbaidschanische Sprache.

In Bezug auf die bP1 und bP2 ist davon auszugehen, dass sie diese auf muttersprachlichem Niveau in Wort und Schrift beherrschen. In Bezug auf die bP3 bis bP6 ist davon auszugehen, dass sie diese zumindest im Wort und ihrem Alter entsprechend beherrschen und ist davon auszugehen, dass den bP3 und bP4 diese –in der lateinischen Schrift geschriebene- Sprache auch in der Schriftform nicht gänzlich unbekannt ist.

Die bP sind strafrechtlich unbescholten.

Die Identität der bP steht nicht fest.

Die bP waren mehrmals zu verschiedenen,- im bisher beschriebenen Verfahrensgang näher bezeichneten-, Zeitpunkten verpflichtet, das Bundesgebiet zu verlassen. Die bP kamen dieser Verpflichtung wiederholt nicht nach und verharrten im rechtswidrigen Aufenthalt im Bundesgebiet.

Die bP1 und bP2 wechselten während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet zu dem im Verfahrensgang beschriebenen Zeitpunkt ihre Angaben zu ihrer Identität aus, in der Absicht die Umsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu vereiteln.

Die minderjährigen, in Österreich geborenen bP befinden sich mit 3 ½ (bP6), 5 ½ (bP5), fast 10 (bP4) und fast 11 Jahren (bP3), in einem anpassungsfähigen Alter, weshalb es den minderjährigen bP möglich sein wird, sich in die aserbaidschanische Gesellschaft zu integrieren und das dortige Schul- und Ausbildungssystem in Anspruch zu nehmen.

Festzustellen ist, dass sich im gegenständlichen Fall die Aufenthaltsdauer, je länger sie fortschritt, sich aus dem rechtsmissbräuchlichem Verhalten der erwachsenen bP1 und bP2 (wiederholte unbegründete Antragstellung; Verfahrensverschleppung iSd zum Teil offenbar gezielten Zuwarten mit der Antragstellung der minderjährigen bP bis zum Abschluss des eigenen Asylverfahrens um so jenen Zeitraum zu verlängern [vgl etwas Punkt römisch eins.1.2.16], in dem zumindest ein Teil der Familie unter Abschiebeschutz steht; Auftreten unter verschiedenen Identitäten bzw. die Behauptung einer falschen Identität um hierdurch die Umsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu verunmöglichen; Unterlassene zumutbare Mitwirkung bei der Erlangung eines Ersatzreisedokuments für die Abschiebung; generelles Vereiteln der Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen; beharrliches Ignorieren fremdenrechtlicher Bestimmungen insbesondere in dem Sinne, dass die bP wiederholt ihrer Verpflichtung, das Bundesgebiet von sich aus zu verlassen, nicht nachkamen) ergab und stellt sich dieser Umstand in Bezug auf die bP1 – bP4 am ausgeprägtesten dar, zumal der Aufenthalt der bP1 – bP4 bereits vor ca. 8 Jahren beendet worden wäre, falls sie sich rechtskonform verhalten hätten.

Verwandte und Freunde der bP leben in Aserbaidschan. Die bP1 hat Kontakt zu Freunden nach Aserbaidschan. Ob die bP mit Angehörigen in Verbindung stehen, kann nicht festgestellt werden.

Den minderjährigen bP steht das aserbaidschanische Schul- und Ausbildungssystem, sowie die vorschulischen pädagogischen Einrichtungen offen. Die Schulpflicht beginnt im Alter von 6 Jahren und beträgt elf Jahre. Der Kindergarten beginnt im Alter von 3 Jahren, die Vorschulbildung mit 5 Jahren. Wie in weiterer Folge noch eingehender dargelegt wird, existieren in Aserbaidschan pädagogische Einrichtungen, welche mit den seitens der minderjährigen bP in Österreich besucht werden, vergleichbar sind und sind ihnen diese auch zugänglich.

Ebenso bestehen in Aserbaidschan die Möglichkeit jene Freizeitaktivitäten auszuüben, welchen sie in Österreich nachgehen und deutet nichts darauf hin, dass ihnen diese nicht zugänglich sind.

Auch wenn sich Berufswünsche von Kindern im Alter der bP3 und bP4 noch ändern können, ist ebenfalls festzuhalten, dass jene Berufe, welche von ihnen als Berufswunsch genannt werden, in Aserbaidschan ebenfalls existieren und kann der Berichtslage nicht entnommen werden, dass die bP einer Gesellschaftsschicht angehören, welchen diese Berufe nicht zugänglich sind.

Die bP1 und bP2 sind arbeitswillig und steht es ihnen frei, im Herkunftsstaat eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das – wenn auch minder leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen.

Darüber hinaus ist es den bP unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation bzw. an die in Aserbaidschan ansässige IOM zwecks Beratung und Unterstützung (https://azerbaijan.iom.int; Zugriff am 09.01.2024) zu wenden.

römisch II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat der bP

Zur abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ist in Übereinstimmung mit der belangten Behörde auf Basis des den bP zur Kenntnis gebrachten Länderinformationsblattes der Staatendokumentation der bB davon auszugehen, dass in Aserbaidschan von einer unbedenklichen Sicherheitslage auszugehen ist. Ebenso ist in Bezug auf die Lage der Menschenrechte davon auszugehen, dass sich diese in bestimmten Bereichen als problematisch darstellen, die bP von diesen Problembereichen nicht in relevante Weise betroffen ist. Ebenso ist davon auszugehen, dass im Herkunftsstaat die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, eine soziale Absicherung auf niedrigem Niveau besteht, die medizinische Grundversorgung flächendeckend gewährleistet ist, Rückkehrer mit keinen Repressalien zu rechnen haben und in die Gesellschaft integriert werden.

Der Staat verhält sich gegenüber Katholiken neutral, Konversion ist nicht strafbar. Systematische Repressalien seitens der Bevölkerung gegenüber Katholiken bzw. Konvertiten sind nicht feststellbar und ist in Aserbaidschan in Bezug auf die Religion tendenziell sowohl seitens des Staates als auch von der Gesellschaft von einem Klima der Toleranz auszugehen. Missionierung ist nur Ausländern untersagt. Auf gewisse Hürden im Rahmen der Religions-ausübung treffen allenfalls sog. „neue“ Christliche Kirchen, Katholiken jedoch im Wesentlichen nicht.

Aktuell finden - von sporadischen und in ihrer Zahl stetig abnehmenden Schusswechseln abgesehen - keine bewaffneten Auseinandersetzungen an der Demarkationslinie zu Aserbaidschan bzw. auf aserbaidschanischem Staatsgebiet statt und beteuern beide Seiten ihren Willen zu einem Friedensabkommen. Die kriegerischen Auseinandersetzungen in Berg Karabach können mit dem Sieg Aserbaidschans und dem Verlassen der armenischen Bevölkerung des Gebietes de facto als beendet betrachten werden.

Gemäß Artikel eins, Satz 2 und 3 in Verbindung mit Artikel 11, Absatz eins, des aserbaidschanischen Staatsbürger-schaftsgesetzes wird die Staatsbürgerschaft durch Geburt auf dem aserbaidschanischen Territorium (vorbehaltlich im Gesetz genannten Ausnahmen) oder unabhängig vom Ort der Geburt jedenfalls durch einen aserbaidschanische Mutter erworben.

In Aserbaidschan besteht eine 11jährige allgemeine Schulpflicht, gliedert sich in einen vierjährigen Grundschulunterricht (ibtidai təhsil), einen fünfjährigen Basisschulunterricht (ümumi orta təhsil) und einen zweijährigen Mittelschulunterricht (tam orta təhsil)“ und beginnt im Alter von 6 Jahren. Die staatlichen Schulen stehen den Schulpflichtigen unentgeltlich zur Verfügung. Diese sind auch schulpflichtigen Rückkehrern zugänglich.

In Aserbaidschan bestehen für Weiterbildungswillige auch eine Reihe von weiterführenden Ausbildungseinrichtungen.

Das aserbaidschanische Hochschulsystem sieht ein vierstufiges System vor: „bakalavr“ – Bachelor nach einer Regelstudienzeit von 4 Jahren (240 ECTS); „magistr“ – Magister, aufbauend auf dem „bakalavr“ nach einer Regelstudienzeit von 2 Jahren (120 ECTS); „fəlsəfə doktoru“ – Doktor der Philosophie und „elmlər doktoru“ – Doktor der Wissenschaften.

Ebenso existieren entsprechende berufspezifische Bildungseinrichtungen.

Ebenso bestehen für die bP5 und bP6 Kindergärten ab dem Alter von 3 Jahren und eine vorschulische Vorbereitung im Alter von 5 Jahren (Details und Regelungsgehalt zum aserbaidschanischen Bildungssystem siehe auch im den bP zur Kenntnis gebrachten aserbaidschanischen Bildungsgesetz aus 2009: https://www.bq-portal.de/sites/default/files/legal_basis/files/az_bildungsgesetz_2009_en.pdf; https://www.azerbaijans.com/content_873_de.html; Zugriff am 09.01.2024).

Im Hinblick auf die Freizeitgestaltung der minderjährigen bP gibt es auch dahingehend entsprechende Möglichkeiten und Vereine in Aserbaidschan, ua. die ‚Azerbaijan römisch 40 Federation‘ (https://www. römisch 40 /content_686_de.html; Zugriff am 15.01.2024).

Ebenso existieren –wie bereits erwähnt- die seitens der bP3 und bP4 genannten Berufe und kann in notorisch bekannter Weise davon ausgegangen werden, dass in Aserbaidschan –insbesondere im städtischen Bereich- von der Existenz vergleichbarer Berufe ausgegangen werden, wie dies in Österreich der Fall ist.

römisch II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem bzw. Rückkehrhindernisse in den Herkunftsstaat

Es steht rechtskräftig fest, dass die bP keiner Gefährdung iSd Spruchpunkte römisch eins und römisch II des angefochtenen Bescheides ausgesetzt sind. Es steht rechtskräftig fest, dass zu Recht kein Aufenthaltsrecht iSd Paragraph 57, AsylG erteilt wurde.

Im Hinblick auf die behaupteten Probleme wegen der Konversion der bP zum röm.-kath. Glauben wurde bereits rechtskräftig abgesprochen und festgestellt, dass die bP keine relevanten Repressalien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu befürchten haben.

Festgestellt wird, dass auch in Bezug auf die Befürchtung der bP1 militärisch im Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien eingesetzt zu werden und im Falle einer Verweigerung inhaftiert zu werden, bereits im ho. Erkenntnis vom 05.10.2020, GZ L526 1438461-3/17E ua. (Seite 81f) rechtskräftig abgesprochen wurde und ebenfalls keine relevante Gefährdung erkannt werden konnte. Ebenso finden in notorisch bekannter Weise aktuell keine militärischen Auseinandersetzungen mit Armenien statt und sind beide Staaten der öffentlich zugänglichen und notorisch bekannten Berichtslage zufolge viel mehr daran interessiert, einen dauerhaften Frieden auszuhandeln.

Hinsichtlich des behaupteten Kontaktabbruchs zur in Aserbaidschan lebenden Familie der bP konnte kein Rückkehrhindernis festgestellt werden, zumal die bP aus Eigenem für den notwendigen Lebensunterhalt sorgen können.

Es steht zwischenzeitig rechtskräftig fest, dass die bP im Falle einer Rückkehr in die Republik Aserbaidschan eine ausreichende Existenzgrundlage vorfinden.

Die minderjährigen bP3 – bP6 haben durch ihre Eltern bzw. Mutter die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft erworben und es besteht aus diesem Grund kein Rückkehrhindernis.

Zu vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden der bP wurde ebenfalls bereits rechtskräftig abgesprochen. In gegenständlicher Angelegenheit wurden keine Krankheiten aufgezeigt, die nicht auch in Aserbaidschan behandelbar wären, darüber hinaus steht den bP im Falle einer Rückkehr nach Aserbaidschan der Zugang zum aserbaidschanischen Gesundheitssystem offen.

Ebenso wurde bereits rechtskräftig festgestellt, dass die bP in ihrem Herkunftsstaat keiner individuellen Gefährdung oder psychischer und/oder physischer Gewalt durch staatliche Organe oder durch Dritte ausgesetzt sind bzw. die bP im Falle einer Rückkehr dorthin keiner solchen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit ausgesetzt wären.

Die bP sind im Falle einer Rückkehr in der Lage, ihre dringendsten Bedürfnisse zu befriedigen und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage zu geraten.

2.           Beweiswürdigung

römisch II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in Verbindung mit den im Beschwerdeverfahren durchgeführten Ermittlungen und den in der Beschwerdeverhandlung erörterten Umständen in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

römisch II.2.2 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden (diese wurden den bP zur Kenntnis gebracht [vgl. etwa das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation der bB, bzw. die in der Verhandlung und im ho. Erkenntnis genannten Quellen]), ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen -sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges- handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu.

Die bP traten den Quellen und deren Kernaussagen nicht konkret und substantiiert entgegen.

Soweit zu den getroffenen Feststellungen keine Quellen genannt werden, geht das ho. Gericht davon aus, dass sich diese für die bB als Spezialbehörde und die bP als aserbaidschanische Staatsbürger als notorisch bekannt darstellen und daher keines eigenen Vorhalts iSd Paragraph 45, Absatz 3, AVG bedürfen.

römisch II.2.3. Mangels Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments und aufgrund von widersprüchlichen Angaben zur Identität steht die Identität der bP1 und bP2 jedenfalls nicht fest und schlägt sich dieser Umstand auch auf die bP3 – bP6 durch. Die bP1 und bP2 legten keine Dokumente vor, welche biometrische Merkmale enthalten und sie so den bP zugeordnet werden können. Die bP wirkten an der Erlangung eines Ersatzreisedokuments nicht mit, bewirkten sichtlich nicht die Ausstellung eines entsprechenden Identitätsdokuments etwa über die Botschaft der Republik Aserbaidschan in Wien und brachten Recherchen vor Ort ebenfalls keine Klarheit. Dem bereit genannten anonymen Schreiben kommt mangels Feststellbarkeit der Urheberin bzw. des Urhebers lediglich untergeordneter Beweiswert zu.

Die Identität der bP3 – bP6 kann ebenfalls nicht als feststehend angenommen werden, weil sich diese von ihren Eltern ableitet und hier bereits festgestellt wurde, dass deren Identität nicht feststeht.

Soweit die bP3 – bP6 über österreichische Dokumente verfügen ist festzuhalten, dass diese offenbar durch falsche Angaben der Eltern zu deren Identität gegenüber den ausstellenden Behörden zu Stande kamen und hierdurch die entsprechenden, dem StGB entnehmbaren Offizialdelikte verwirklicht wurde.

Im Hinblick auf die (über elf Jahre nach der Einreise) vorgelegte Heiratsurkunde der bP1 und bP2 wird festgehalten, dass es sich hierbei um kein Identitätsdokument handelt und mangels biometrischer Merkmale nicht geeignet ist, die eindeutige Identifizierung der bP zu ermöglichen bzw. die nunmehr angegebenen Daten zu bestätigen. Umgekehrt zeigt der Umstand der Vorlage dieses Dokuments, dass die bP bei entsprechendem Willen logistisch sehr wohl in der Lage sind, Dokumente vorzulegen.

Hervorgehoben wird an dieser Stelle nochmals, dass die bP1 und bP2 während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet (zu dem im Verfahrensgang beschriebenen Zeitpunkt) ihre Angaben zu ihrer Identität auswechselten. Die bP täuschten rund neun Jahre sämtliche Einrichtungen im Bundesgebiet in Bezug auf ihre Identität und war dieser Umstand sichtlich dafür kausal, dass eine Abschiebung nach Aserbaidschan nicht durchgeführt werden konnte. Die bP1 und bP2 gaben selbst an, ihre ursprüngliche Identität zu dem Zweck angegeben zu haben, um die Umsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen zu vereiteln.

Das ho. Gericht geht davon aus, dass es den bP1 und bP2 möglich wäre, ihre Identität bei entsprechender Mitwirkung im Verfahren durch die Vorlage von unbedenklichen Unterlagen zu bescheinigen, zumal sie aus einem Staat stammen, welcher die Existenz seiner Bürger dokumentiert und deren Identität durch die Ausstellung entsprechender Dokumente bescheinigt. Ebenso betreibt Aserbaidschan in Wien eine den bP zugängliche Botschaft. Es stünde den bP1 und bP2 auch frei, dort die Geburt der bP3 – bP6 zu melden und die Ausstellung entsprechender Dokumente zu beantragen.

Der Umstand, dass die Identität bis dato nicht festgestellt werden konnte, ist letztlich auf die mangelnde Mitwirkung der bP1 und bP2 an der Identitätsfeststellung zurückzuführen und sind alle daran anknüpfenden Konsequenzen daher von den bP zu vertreten. Auch wenn sich die vier minderjährigen bP diesen Umstand nicht subjektiv vorwerfen lassen müssen, ist er ihnen jedenfalls objektiv zuzurechnen.

römisch II.2.4. In einer Gesamtschau der Ausführungen der bB in Verbindung mit dem Ergebnis des ergänzenden Ermittlungsverfahrens, insbesondere der Beschwerdeverhandlung und den dahingehenden Befragungen der bP1 bis bP4 ist es für das ho. Gericht als erwiesen anzusehen, dass sich das Vorbringen der bP hinsichtlich ihrer Ausreisegründe respektive der behaupteten Rückkehrhindernisse (insbes. Inhaftierung aufgrund Wehrdienstverweigerung, Konversion) als rechtskräftig abgeschlossen darstellt bzw. hierüber rechtskräftig entschieden wurde.

Lediglich als Konkretisierung und Abrundung hält das ho. Gericht fest, dass sich im Hinblick auf die minderjährigen Kinder, die Staatsbürgerschaft der Eltern auf die bP3 - bP6 erstreckt, womit die bP3 - bP6 zweifelsfrei aserbaidschanische Staatsbürger sind. Jener Umstand wurde weder von Seiten der bB bezweifelt, noch von den bP bestritten. Wie in der Beschwerdeschrift als problematisch thematisiert, konnte ein Rückkehrhindernis aus diesem Grund nicht glaubhaft vorgetragen werden. Wenn die bP1 und bP2 einwenden, die bP3 – bP6 wären in Aserbaidschan nicht registriert, ist dem entgegenzuhalten, dass diese ex lege unabhängig von deren Registrierung die aserbaidschanische Staatsbürgerschaft zukommt und es ihnen frei steht, die Geburt der bP3 – bP5 im Ausland zu melden und die Ausstellung von entsprechenden Dokumenten zu beantragen. Dass sie hierbei auf unüberwindbare Hürden stoßen würden, ist der Berichtslage nicht entnehmbar vergleiche auch das den bP zur Kenntnis gebrachte Länderinformationsblatt von IOM, wo auf den Umstand der Registrierung von im Ausland geborenen Kindern eingegangen wird).

In Bezug auf die Rückkehrsituation, speziell der minderjährigen Kinder, darf auf die ua. Interessenabwägung verwiesen werden. Vorauszuschicken ist, sofern die bP auf mangelhafte bzw. nicht vorhandene Sprachkenntnisse der minderjährigen bP in Bezug auf ihren Herkunftsstaat hinweisen, so wird festgehalten, dass die volljährige bP1 mittlerweile über alltagstaugliche Deutschkenntnisse verfügt, allerdings eigenen Angaben zufolge mit den Töchtern und der Ehegattin (bP2) sich teils auf Deutsch, teils auf Aserbaidschanisch unterhält (mündl. Vhdlg Seite 11). Dass die minderjährigen bP – wie behauptet - über keine Aserbaidschanisch Kenntnisse verfügen, erscheint nicht glaubhaft, zumal die bP2 über keine nennenswerten Deutschkenntnisse verfügt („RI: (ohne Dolmetscher) Sprechen Sie Deutsch? P: Ja. RI: Stellen Sie sich bitte kurz vor. (Frage wird 2 Mal langsam wiederholt) P: Nicht verstanden. RI: (ohne Dolmetscher) Was haben Sie gestern gemacht? P: Gestern zusammen spazieren gehen bisschen mit Kinder. Alles Kinder, alles zuhause bleiben, Kindergarten abholen. Spazieren gehen, Fahrrad fahren. Zusammen. RI: Wie sind Sie heute nach Linz gekommen? P: Ja.“) Dass die bP2 mit ihren Angehörigen in der deutschen Sprache kommuniziert, erscheint somit aus Sicht des ho. Gerichts als unmöglich.

Nicht verkannt wird, dass die bP3 und bP4 über Deutschkenntnisse auf muttersprachlichem Niveau verfügen, sich untereinander und außerfamiliär sich sichtlich primär auf Deutsch verständigen und die bP5 und bP6 sich entsprechend ihrer Entwicklung in der deutschen Sprache verständigen können. Dennoch darf davon ausgegangen werden, dass aufgrund der Verhandlung hervorgekommenen im äußerst geringen Umfang vorhandenen Deutsch-kenntnisse der bP2 sowohl in Bezug auf ihren aktiven als auch passiven Wortschatz sich die Familie untereinander überwiegend in der aserbaidschanischen Sprache unterhält, da ansonsten eine Kommunikation zwischen der Mutter und den übrigen Familienmitgliedern nicht möglich wäre und es sich als lebensfremd darstellt, dass innerhalb der Familie keine Kommunikation mit der Mutter stattfindet (es sei auch darauf hingewiesen, dass die bP2 in der Beschwerdeverhandlung Dialogsituationen zwischen ihr und den Kindern schilderte, welche erhebliche Sprachkenntnisse voraussetzen).
Unglaubhaft erscheint, dass die bP3 und bP4 die aserbaidschanische Sprache nicht beherrschen würden aufgrund des Umstandes, dass die bP3 einen Monat nach Ankunft der Eltern in Österreich geboren wurde, die bP4 rund ein Jahr später und davon ausgegangen wird, dass die bP3 und bP4 in ihren ersten Lebensjahren jedenfalls durch ihre Eltern aufgrund der damaligen Sprachkenntnisse die aserbaidschanische Sprache erlernt haben. Zudem erscheint es für das ho. Gericht absolut lebensfremd, dass Eltern nicht auch ihre eigene Muttersprache ihren Kindern näherbringen.

Zwar behaupteten die bP3 und bP4 sich auch mit ihrer Mutter ausschließlich auf Deutsch zu unterhalten, allerdings kann dies nicht der Wahrheit entsprechen, zumal diese Behauptung mit dem Vorbringen der Eltern im Widerspruch steht und die bP2 –wie bereits mehrfach erwähnt- kaum Deutsch spricht und auch auf Aufforderung des Richters in der Beschwerdeverhandlung eine von ihr beabsichtigte Frage im Rahmen der Befragung der minderjährigen bP4 auf Deutsch zu stellen, zumal sie auch zuhause Deutsch sprechen würde, es für die bP2 nicht möglich war und auf Aserbaidschanisch antwortete, die bP1 solle Fragen stellen (mündl. Vhdlg Seite 21). Ebenfalls stellte sie eine spontane Frage an die bP3 im Rahmen dessen Befragung nicht auf Deutsch, sondern auf Aserbaidschanisch. Angesichts der Unmöglichkeit der Kommunikation in der deutschen Sprache zwischen Kindern und der bP2 erscheint es für das ho. Gericht augenscheinlich –und menschlich auch nachvollziehbar-, dass die minderjährigen bP über die Wichtigkeit der deutschen Sprache vorab instruiert wurden und die Aussagen in der beschriebenen Form zu tätigen, oder –ebenfalls menschlich verständlich- die Kinder im Hinblick auf den erhofften Verfahrensausgang von sich aus ihr Vorbringen in der beschriebenen Form gestalteten, wobei gegen die zweite Variante der Umstand spricht, dass diese Angaben von den Eltern nicht korrigiert wurden. Hinzu kommt, dass die bP3 und bP4 zu einem Zeitpunkt geboren wurden, wo sich ihre Eltern erst rund drei Monate (bP3) bzw. ein Jahr und 3 Monate (bP4) im Bundesgebiet befanden und davon ausgegangen wird, dass die bP1 und bP2 erst nach Ankunft im Bundesgebiet mit der deutschen Sprache in Berührung kamen und ihre Kinder jedenfalls auch in ihrer Muttersprache im Familienverband sozialisierten.

Zudem wurde im Erkenntnis vom 05.10.2020 die Feststellung getroffen, dass sich die bP2 in der deutschen Sprache kaum verständigen könne und nicht in der Lage sei, einfache Sätze zu bilden. Zu diesem Zeitpunkt waren die bP3 und bP4 bereits 7 ½ und 6 ½ Jahre und war auch zu diesem Zeitpunkt davon auszugehen, dass die bP2 mit ihren Kindern kommunizierte weshalb einmal mehr davon ausgegangen wird, dass die bP zumindest mit der Mutter auf Aserbaidschanisch kommunizieren und sohin sprachliche Kenntnisse ihres Herkunftsstaates besitzen.

Die in den vorangegangenen Absätzen angeführten Ausführungen in Bezug auf die Konversation zwischen den Eltern und den Kindern in der aserbaidschanischen Sprache gelten sinngemäß auch für die bP1, wenn auch in stärker abgeschwächter Form, weil in bezug auf sie von ausgeprägteren Kenntnissen der deutschen Sprache auszugehen ist und eine zumindest teilweise stattfindende Konversation auf Deutsch entsprechende den Sprachkenntnissen der bP nicht ausgeschlossen werden kann.

Auch ist davon auszugehen, dass den bP3 und bP4, die in der lateinischen Schrift geschriebenen Sprache auch in Schriftform nicht gänzlich unbekannt ist, zumal sie in Österreich die Schule besuchen und ihnen dort die lateinische Schrift vermittelt wird. Die überschaubare Anzahlt von Sonderzeichen in der aserbaidschanischen Version der lateinischen stellen sichtlich kein unüberwindbares Hindernis dar, die aserbaidschanische Schrift innerhalb eines vertretbaren Zeitraums zu verinnerlichen.

Im Hinblick auf die behauptete Kontaktverweigerung der Familie der bP weist das ho. Gericht auf den Umstand hin, dass die bP weder auf die Hilfe der Familie angewiesen sind, noch eine anderweitige Abhängigkeit zur Familie besteht. Das ho. Gericht geht im Einklang mit der bB davon aus, dass es den bP möglich und zumutbar sein wird, neuerlich im Herkunftsstaat - aus Eigenem heraus - Fuß zu fassen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, sich an karitative Organisationen bzw. an IOM zu wenden oder auch Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen um gegebenenfalls anfänglichen Schwierigkeiten entgegen zu wirken.

Hervorgehoben wird, dass - hätten sich die bP von Anbeginn rechtskonform verhalten, der Aufenthalt der bP1 – bP4 bereits vor ca. 8 Jahren beendet worden wäre.

Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit, vom Herkunftsstaat aus - auf rechtskonformen Weg gemäß den österreichischen Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen - die Einreise und den Aufenthalt zu begründen. Dass sich die bP1 – bP3 mittlerweile über 11 Jahre im Bundesgebiet aufhalten und sie sich wiederholt im Verfahren auf internationalen Schutz befinden, ist keinesfalls den dafür zuständigen Behörden (bzw. dem ho. Gericht und dem VwGH) geschuldet – wie in der Beschwerdeschrift angedeutet-, sondern alleine den (erwachsenen) bP zuzurechnen. Auf Vorhalt in der Beschwerdeverhandlung, was die bP1 zum Umstand sagt, dass sich ihr Aufenthalt in Österreich auf weniger als 3 Jahre erstreckt hätte, wenn sie sich von Anfang an (nach rk. Abschluss des ersten Verfahrens) rechtskonform verhalten hätte, brachte die bP1 unsubstantiiert vor, dass sie sich für ihre Lügen entschuldigen wolle, sie vom Schlepper in die Irre geführt worden wäre. Mittlerweile würde sie seit 11 Jahren hier leben und habe nicht einmal einen Raufhandel begangen oder sei kriminell geworden. Diese behaupteten Umstände können jedenfalls nicht für die bP sprechen, zumal rechtskonformes Verhalten vorauszusetzen ist.

Auf Nachfrage hin, weshalb die bP1 davon ausgehe, dass ihr rechtswidriges Verhalten in Bezug auf die unterbliebene Ausreise und die ursprüngliche Antragstellung unter falscher Identität, sowie die wiederholt unbegründete Antragstellung zum Vorteil iSe Aufenthaltsrechts gereichen sollte, brachte die bP1 ebenfalls unsubstantiiert vor, dass im Falle eines Bleiberechts so etwas nie mehr passieren würde und wich somit der Frage letztlich in ihrem Kern aus, ohne diese entsprechend zu beantworten. Ähnliches gilt für die bP2.

Wiederholt darf werden, dass sich im gegenständlichen Fall die Aufenthaltsdauer daraus ergibt, dass die bP die mehrfach ausgesprochenen Verpflichtungen zum Verlassen des Bundesgebiets ignorierten, im Bundesgebiet verharrten und durch die wiederholte Antragstellung die Effektuierung der rechtskräftig erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme rechtsmissbräuchlich zu vereiteln versuchten. Die bP traten in den jeweiligen Verfahren unter verschiedenen Identitäten auf, waren nicht in der Lage Identitätsdokumente vorzulegen bzw. glaubhaft zu machen, weshalb keine Dokumente erlangt werden könnten. Zudem warteten sie zum Teil gezielt mit der Antragstellung der minderjährigen bP bis zum Abschluss des eigenen Asylverfahren zu, um so jenen Zeitraum zu verlängern, in dem zumindest ein Teil der Familie unter Abschiebeschutz steht. Selbst wenn jenes Verhalten der Eltern den minderjährigen bP nicht im vollen Umfang subjektiv vorzuwerfen ist, so ist dieses Verhalten im Rahmen einer objektiven Zurechnung dennoch nicht unbeachtlich und gelten die Ausführungen in Bezug auf die Eltern – wenn auch in abgeschwächter Form - auch für die Kinder.

Die minderjährigen, in Österreich geborenen bP befinden sich mit 3 ½ (bP6), 5 ½ (bP5), fast 10 (bP4) und fast 11 Jahren (bP3), in einem erhöht anpassungsfähigen Alter und beobachtete der erkennende Richter im Rahmen seiner langjährigen Laufbahn, dass minderjährige Fremde, welche in einem vergleichbaren Alter nach Österreich einreisten, sich innerhalb kürzester Zeit in ihr Lebensumfeld umfassend eingliederten und bestehen für das ho. Gericht Hinweise, dass Derartiges nicht auch im hier vorliegenden spiegelbildlichen Fall nach einer Rückkehr nach Aserbaidschan stattfinden würde. Folglich geht das ho. Gericht davon aus, dass es den minderjährigen bP möglich sein wird,- noch dazu ob ihres guten Schulerfolgs in Österreich-, sich in die aserbaidschanische Gesellschaft zu integrieren und das dortige Schul- und Ausbildungssystem in Anspruch zu nehmen. Das ho. Gericht verkennt nicht, dass sich die bP3 und bP4, insbesondere die bP3 sich dem Ende dieses erhöht anpassungsfähigen Alters nähern, es ist jedoch davon auszugehen, dass es sich beim Verlust des erhöhten anpassungsfähigen Alters mit zunehmenden Alter um einen sukzessiv voranschreitenden Prozess handelt, dessen Ende nicht an einem bestimmten Datum festgemacht werden können, sondern es sich letztlich um ungefähre Zeitangaben handelt. Jedenfalls kann notorisch bekannter Weise davon ausgegangen werden, dass die Anpassungsfähigkeit zur Gänze bei einem psychische gesunden Kind bzw. Jugendlichen nicht an einem kalendarisch festgelegten Tat schlagartig ändert, weshalb auch in Bezug auf die bP3 mangels gegenteiliger Hinweise nicht angenommen werden kann, dass ihre Anpassungsfähigkeit mit ihrem Geburtstag am römisch 40 gänzlich abhandenkommt. In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass es als notorisch bekannt angesehen werden kann, dass Migration von älteren Kindern gemeinsam mit ihren Eltern aus verschiedensten Gründen stattfindet und dem erkennenden Richter aufgrund seiner mehr als zwanzigjährigen Berufsverfahrung im Bereich des Asyl- und Fremdenrechts ein Vielzahl von Fällen bekannt sind, in welchen Kinder, welche älter als die bP3 waren, gemeinsam mit ihren Eltern nach Österreich kamen, denen zum Zeitpunkt der Einreise Österreich völlig fremd war und sie es innerhalb kürzester Zeit schafften, sich hierzulande sprachlich und sozial bemerkenswert zu vernetzen.

Auch ist in Bezug auf die bP1 und bP2 anzuführen, dass sie einen größten Teil ihres Lebens in Aserbaidschan verbrachten und dort sozialisiert wurden, weshalb keine Hinweise bestehen, dass ihnen Aserbaidschan fremd wäre und sie sich nicht wieder in die aserbaidschanische Gesellschaft eingliedern könnten.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass es den bP gelingen wird, in Aserbaidschan insbesondere sprachlich, sozial und dort auch wirtschaftlich im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen können und nicht in eine, allfällige Anfangsschwierigkeiten überschreitende, dauerhaft aussichtslose Lage geraten.

Abschließend sei nochmals darauf hingewiesen, dass es einer Befragung der nahmhaft gemachten Zeugen nicht bedurfte, weil sich nach Erkundung des Beweisthemas ergab, dass diese über keine Sinneswahrnehmungen berichten können, welche das ho. Gericht nicht in tatsächlicher Hinsicht als wahr unterstellt wird und es nicht zu den Aufgaben eines Zeugen zählt, sich über solche Sinneswahrnehmungen hinausgehend zu äußern. Der entsprechende Beweisantrag enthielt somit kein relevantes Beweisthema, weshalb ihm nicht zu entsprechen war.

3.           Rechtliche Beurteilung

römisch II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht

römisch II.3.1.1. Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

römisch II.3.1.2. Gemäß Paragraph 6, des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesver-waltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 10 aus 2013, idgF entscheidet im gegenständlichen Fall der Einzelrichter.

römisch II.3.1.3. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz – VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 122 aus 2013,, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft und hat das ho. Gericht im gegenständlichen Fall gem. Paragraph 17, leg. cit das AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Paragraph eins, BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt. Gem. Paragraphen 16, Absatz 6,, 18 Absatz 7, BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

römisch II.3.1.4. Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.

Zu A) (Spruchpunkt römisch eins)

römisch II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

Da keine Behebung der entsprechenden Teile der ho. Erkenntnisse L515 1438461-4/4E, L515 1438462-4/4E, L515 1438463-4/4E, L515 2010271-3/4E, L515 2206749-2/4E, L515 2237976-2/4E durch den VwGH erfolgte, liegt zu diesem Spruchpunkt eine rechtskräftig negative Entscheidung vor.

römisch II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat

Da ebenfalls keine Behebung der entsprechenden Teile der ho. Erkenntnisse L515 1438461-4/4E, L515 1438462-4/4E, L515 1438463-4/4E, L515 2010271-3/4E, L515 2206749-2/4E, L515 2237976-2/4E durch den VwGH erfolgte, liegt zu diesem Spruchpunkt eine rechtskräftig negative Entscheidung vor.

römisch II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung

römisch II.3.4.1. Gesetzliche Grundlagen (auszugsweise):

Paragraph 10, AsylG 2005, Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme:

„§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. …

2. …

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. – 5. …

(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

(3) ...“

Paragraph 57, AsylG 2005, Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz:

Paragraph 9, BFA-VG, Schutz des Privat- und Familienlebens:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) – (6) …“

Paragraph 52, FPG, Rückkehrentscheidung:

„§ 52. (1) …
(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.           …

2.           dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.           – 4. …

und kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) - (11)...“

Paragraph 55, FPG, Frist für die freiwillige Ausreise

„§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) …

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. Paragraph 37, AVG gilt.

(4) – (5) …“

Artikel 8, EMRK, Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.“

römisch II.3.4.2. Die gegenständlichen - nach nicht rechtmäßiger Einreise - in Österreich gestellten Anträge auf internationalen Schutz waren abzuweisen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel des drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fallen die bP nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

Da keine Behebung der ho. Erkenntnisse L515 1438461-4/4E, L515 1438462-4/4E, L515 1438463-4/4E, L515 2010271-3/4E, L515 2206749-2/4E, L515 2237976-2/4E durch den VwGH in Bezug auf die unterlassene Erteilung eines Aufenthaltsrechts gem. Paragraph 57, AsylG erfolgte, liegt zu diesem Spruchpunkt eine rechtskräftig negative Entscheidung vor.

Gemäß Paragraph 10, Absatz 2, AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.

römisch II.3.4.3. Die Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Artikel 8, Absatz eins, EMRK darstellen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991).

römisch II.3.4.4. Basierend auf den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass die Rückkehrentscheidung keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben darstellt, zumal sämtliche Familienangehörigen von der Rückkehrentscheidung betroffen sind, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben.

römisch II.3.4.5. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl bei der bB als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK und ist der Eingriff in Paragraph 10, AsylG gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung der durch Artikel 8, (1) EMRK geschützten Rechte der bP im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Artikel 8, EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Artikel 8, (2) EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

römisch II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der gesetzlichen Determinanten im Lichte der Judikatur Folgendes Anmerkung, zur besseren Lesbarkeit des gegenständlichen Erkenntnisses werden an dieser Stelle Teile der bereits getroffenen Feststellung und Beweiswürdigung wiederholt):

- Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt rechtswidrig war:

Die bP1 und bP2 sind seit rund 11 Jahren und 3 Monaten - die bP3 – bP6 entsprechend ihrer Geburt entsprechend kürzer - in Österreich aufhältig. Auch wenn weder das Gesetz noch die Judikatur eine fixe Aufenthaltsdauer nennen um diese im Lichte des Artikel 8, EMRK relevant erscheinen zu lassen, verkennt das ho. Gericht nicht, dass entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur im Rahmen einer Verweildauer von mehr als 10 Jahren (wie sie in Bezug auf die bP1 – bP3 vorliegt) regelmäßig von einem Überwiegen der privaten Interessen iSd Artikel 8, Absatz 2, EMRK auszugehen ist, doch stellten die Höchstgerichte auch fest, dass es sich hierbei um eine Richtschnur handelt und dann nicht zwingend zu einem Überwiegen der persönlichen Interessen führen kann, wenn dem Umstände entgegenstehen, die das gegen einen Verbleib im Inland sprechende öffentliche Interesse verstärken oder die Länge der Aufenthaltsdauer im Inland relativieren. In gegenständlicher Angelegenheit liegen im Lichte des (Fehl-)Verhaltens der bP, insbesondere der bP1 und bP2, derartige relativierende Umstände (namentlich exemplarisch falsche Angaben zum ursprünglichen Ausreisegrund, wiederholt rechtsmissbräuchliche Antragstellung, unkooperatives Verhalten im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen, widersprüchliche Angaben zur Identität, beharrliches Ignorieren der Verpflichtung zur Ausreise, offensichtliches „Setzen auf Zeit“, Verfahrensverschleppung durch zeitlich verzögerte Antragstellung hinsichtlich der minderjährigen bP6), deren Verhalten sich die minderjährigen bP zum Teil zurechnen lassen müssen, vor, weshalb im gegenständlichen Fall trotz der über 10-jährigen Verweildauer im gegenständlichen Fall im Lichte derer bereits erörterten Rückkehrperspektiven im Falle einer Rückkehr nicht per se von einem Überwiegen der privaten Interessen auszugehen ist vergleiche hierzu auch die zu diesem Themenbereich im bereits genannten und zitierten Erkenntnis des VwGH vom 25.10.2023, Ra 2023/20/0125 angestellten Überlegungen und weiteren Nachweise).

Gegen die bP1 – bP4 wurde erstmals am 15.10.2015 rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung erlassen und waren sie ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, das Bundesgebiet zu verlassen. Dieser Obliegenheit kamen sie nicht nach und waren schließlich bis zur Folgeantragstellung am 18.05.2017, dh ca. 1 ½ Jahre rechtswidrig im Bundesgebiet aufhältig. Die erfolgte Folgeantragstellung wurde mit ho. Erkenntnis abermals rechtskräftig negativ entschieden, weshalb die bP1 – bP5 wiederholt zum Verlassen des Bundesgebiets verpflichtet gewesen wären. Stattdessen stellten sie für ihr jüngstes nachgeborenes Kind (bP6) – zeitlich im Bezug auf den Zeitpunkt der Geburt deutlich verzögert - einen Antrag auf internationalen Schutz. Auch dieser Antrag wurde negativ entschieden und die gesamte Familie zur Ausreise verpflichtet, was wiederum nicht erfolgte.

Schließlich stellten die bP1 und bP2 am 24.02.2021 ihren dritten (unbegründeten) gegenständlichen Antrag ohne zuvor jemals ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebiets nachgekommen zu sein. Die bP waren zu keinem Zeitpunkt – außerhalb des Verfahrens auf internationalen Schutz – aufenthaltsberechtigt. Wären die bP in Vergangenheit ihrer Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebiets nachgekommen, so hätte ihr Aufenthalt vor knapp 8 ½ Jahren geendet und hätten sie über jenen Zeitraum hinweg die Möglichkeit gehabt sich um eine legale Einreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen.

Im Lichte des beschriebenen, täuschenden und rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der bP sprechen gravierende Gründe gegen das private Interesse am Verbleib der bP im Bundesgebiet.

Mit negativem Abschluss der jeweiligen Asylverfahren lebte auch die Rechtswidrigkeit des Aufenthalts, zum wiederholten Male wieder auf vergleiche Paragraph 120, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 7, FPG), bzw. kommt die Strafbarkeit gem. Paragraph 120, Absatz eins a, leg. cit. im Falle der unterlassenen Ausreise innerhalb der festgesetzten Frist hinzu. Dieser Umstand stellt einen Sachverhalt mit hohem sozialen Unwert dar, was sich insbesondere auch in den vergleichsweise hohen Strafdrohungen zeigt, woraus abzuleiten ist, dass der Gesetzgeber bereits durch diese generalpräventiv wirkende Strafdrohung die Einhaltung der Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen im Rahmen seines rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes als einen äußerst erstrebenswerten Umstand im Rahmen der öffentlichen Ordnung betrachtet.

Auch wenn im Rahmen dieses Faktums entsprechend der aktuellen Judikatur zu berücksichtigen ist, dass eine Asylantragstellung vom Ausland aus nicht möglich und daher -de facto in den überwiegenden Fällen- eine solche erst nach illegaler Einreise möglich ist, muss auch darauf hingewiesen werden, dass die handlungsfähigen bP die rechtswidrige Einreise sichtlich in Umgehungsabsicht von fremden- und niederlassungsrechtlichen Vorschriften zur Stellung mehrerer sichtlich unbegründeten Anträge auf internationalen Schutz vornahmen und die Behörden wiederholt täuschten, was wiederum sehr wohl fremdenrechtlichen Interessen, im Sinne eines Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung berührt.

- das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens [Privatlebens]

Die bP verfügen über die bereits beschriebenen familiären bzw. privaten Anknüpfungspunkte.

- die Schutzwürdigkeit des Familienlebens [Privatlebens]

Die bP begründeten ihr Privat- bzw. Familienleben an einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde. Auch war der Aufenthalt der bP zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privat- und Familienlebens ungewiss und nicht dauerhaft, sondern auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt. Die Fortsetzung des Aufenthaltes in Österreich erwirkten sie durch die wiederholte unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Antragstellung, des Verschweigens der wahren Identität und des Ignorierens der Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes. Es ist auch festzuhalten, dass die bP nicht gezwungen sind, nach einer Ausreise die bestehenden Bindungen zur Gänze abbrechen zu müssen. So stünde es den bP1 und bP2, bzw. den weiteren bP in eingeschränkter Weise, allenfalls mit Unterstützung der bP1 und bP2 frei, diese durch briefliche, telefonische, elektronische Kontakte oder durch gegenseitige Besuche aufrecht zu erhalten vergleiche Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK“, ÖJZ 2007/74 mwN). Ebenso stünde es den bP –so wie jedem anderen Fremden auch- frei sich um eine legale Wiedereinreise und einen legalen Aufenthalt zu bemühen. Soweit die minderjährigen bP hier aufgrund ihres Alters dazu noch eingeschränkt in der Lage sind, können sie sich der Unterstützung ihrer Eltern bedienen.

Das Vorbringen der bP lässt auch erkennen, dass diese sichtlich hier die Sach- und Rechtslage, wonach ein Aufenthalt in Österreich primär und regelmäßig unter Einhaltung der fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu begründen und fortzusetzen ist, verkennen. Auch ergibt sich hieraus, dass beim Fehlen eines gültigen Aufenthaltstitels den Fremden –von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen abgesehen- die Obliegenheit zukommt, das Bundesgebiet zu verlassen.

Nur beim Vorliegen von außergewöhnlichen, besonders berücksichtigenden Sachverhalten kann sich ergeben, dass den Fremden, welche rechtswidrig in das Bundesgebiet einreisten oder sich rechtswidrig in diesem aufhalten, ihre Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nachgesehen und ein Aufenthaltsrecht erteilt wird. Derartige Umstände liegen im gegenständlichen Fall aufgrund der beschriebenen Umstände nicht vor. Sollte bei den bP die gegenteilige Erwartungshaltung geweckt worden sein, hat das ho. Gericht dennoch im Rahmen der Gesetze (Artikel 18, B-VG) entgegen dieser Erwartungshaltung zu entscheiden.

Keinesfalls entspricht es der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Systematik, dass das Knüpfen von privaten bzw. familiären Anknüpfungspunkten nach rechtswidriger Einreise oder während eines auf einem oder mehreren unbegründeten Anträgen fußenden Asylverfahren im Rahmen eines Automatismus zur Erteilung eines Aufenthaltstitels führen, falls durch diese wiederholte Antragstellung eine bestimmte Zeitspanne überschritten wird. Dies kann nur ausnahmsweise in Einzelfällen, beim Vorliegen eines besonders qualifizierten Sachverhalts der Fall sein, welcher hier in Summe nicht erkannt werden kann vergleiche hier neben der bereits gfenannten Judikatur auch etwa Erk. d. VfGH U 485/2012-15 vom 12.06.2013).

- Grad der Integration

Die minderjährigen bP sind in Österreich geboren, besuchen in Österreich die Pflichtschule (bP3 in die Mittelschule und bP4 in die Volksschule) bzw. besuchen sie den Kindergarten (bP4 und bP5). Der Schul- und Kindergartenbesuch ist jedenfalls als Aspekt des Privatlebens iSd Artikel 8, EMRK zu werten, allerdings ist dahingehend festzuhalten, dass der Schulbesuch und das letzte Kindergartenjahr die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellen, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt vergleiche VwGH 26.9.2007 2006/21/0288 mwN). Zu beachten ist ferner, dass der allfällige Umstand, dass Bildungsmöglichkeiten in Österreich mit jenen im Herkunftsland nicht gleichwertig sind, bei der Abwägung nach Artikel 8, EMRK nicht entscheidend ist vergleiche VwGH 25.10.2023, Ra 2023/20/0125 bis 0130-16; VwGH 2.3.2022, Ra 2021/20/0156, mit Hinweis auf Rechtsprechung des EGMR).

Die minderjährigen bP sprechen die deutsche Sprache – ihrem jeweiligen Alter entsprechend - auf muttersprachlichem Niveau. Die bP1 verfügt über die bereits beschriebenen Deutschkenntnisse, nachweislich auf dem Niveau A2 und konnte diese in der Beschwerdeverhandlung unter Beweis stellen. Die bP2 kann sich nur rudimentär auf Deutsch verständigen und konnte auch keine Zeugnisse/Prüfungszertifikate vorlegen. Weder aktiv noch passiv ist sie der deutschen Sprache mächtig und versteht einfache Fragestellungen: „RI: Stellen Sie sich bitte kurz vor. (Frage wird 2 Mal langsam wiederholt) P: Nicht verstanden; RI: (ohne Dolmetscher) Was haben Sie gestern gemacht? P: Gestern zusammen spazieren gehen bisschen mit Kinder. Alles Kinder, alles zuhause bleiben, Kindergarten abholen. Spazieren gehen, Fahrrad fahren. Zusammen. RI: Wie sind Sie heute nach Linz gekommen? P: Ja.“ Nicht bzw. nur schlecht und ist nicht in der Lage, sich entsprechend zu artikulieren, weshalb es aus Sicht des ho. Gerichts unmöglich erscheint, dass die bP2 – wie behauptet - mit ihrer Familie in der deutschen Sprache kommuniziert.

Die bP3 und bP4 gehen regelmäßig in eine Taekwondo-Schule, haben Wettbewerbe gewonnen und werden von ihrem Trainer als talentierte, sehr gut erzogenen Burschen beschrieben. Außerdem gaben die bP3 und bP4 während der Beschwerdeverhandlung befragt zur Freizeitgestaltung an, dass sie gerne Fußball spielen und sich mit Freunden treffen. Hervorgehoben wird, dass die bP3 und bP4 im Falle der Rückkehr nicht gezwungen sind, ihr Hobbys aufzugeben und es in Aserbaidschan ua. einen römisch 40 -Verband gibt (https:// römisch 40 /content_686_de.html; Zugriff am 15.01.2024). Ebenso handelt es sich bei Fußball um einen Sport, welcher notorisch bekannter Weise auch in Aserbaidschan ausgeübt wird. Ein qualifiziertes Abhängigkeitsverhältnis zu einer in Österreich auf Dauer aufhältigen Person bzw. umgekehrt besteht weder in Bezug auf die minderjährigen bP noch in Bezug auf die bP1 und bP2. Soweit Abhängigkeitsverhältnisse beschrieben werden, beziehen sich diese auf die Unterstützung der bP zur Bestreitung ihres Lebens im Bundesgebiet und wären somit im Falle einer Ausreise hinfällig.

Die bP1 und bP2 sind wohl bemüht, im Bundesgebiet soziale Anknüpfungspunkte aufzubauen, dies belegen die vorgelegten Stellungnahmen ihrer Mitmenschen. Dass die bP Freunde und Bekannte in Österreich haben, stellt sich aufgrund der Verweildauer nicht als ungewöhnlich bzw. außergewöhnlich dar.

Der Rechtsprechung folgend können allfällige Umstände, dass ein Fremder einen großen Freundes- und Bekanntenkreis hat und der deutschen Sprache mächtig ist (was jedenfalls in Bezug auf die bP2 nicht angenommen werden kann), seine persönlichen Interessen an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet nicht maßgeblich verstärken vergleiche VwGH 26.11.2009, 2007/18/0311; 29.06.2020, 2010/18/0226).

Die vorgelegten Empfehlungsschreiben und berichteten Unterstützungsleistungen dokumentieren, dass jene Menschen, welche diese verfassten bzw. die bP unterstützen, sich aus ihrer persönlichen Sicht für einen weiteren Verbleib der bP im Bundesgebiet aussprechen, die bP im Rahmen ihres Aufenthaltes in ihrem unmittelbaren Lebensbereich soziale Kontakte knüpften, bzw. von den dort genannten Personen unterstützt werden, bzw. diese laut ihrem subjektiven Dafürhalten und ihrer persönlichen Sicht ein Verbleiben der bP in Österreich befürworten. Eine außergewöhnliche, rechtlich relevante Integration ist hieraus jedoch nicht entnehmbar.

Die bP sind in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig und bewerkstelligen ihren Lebensunterhalt großteils durch Spenden, die ihnen vom Institut St. Justinus zur Verfügung gestellt werden. Der rechtsfreundlichen Vertretung folgend, bewirkte die bP1 im Jahr 2019 zweimal eine Beschäftigungsbewilligung als Erntehelfer und landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter in der Dauer von insgesamt 2 Monaten und 20 Tage. Auch konnte die bP1 einen Staplerführerschein absolvieren. Dass die bP1 und bP2 grundsätzlich gewillt sind einer Erwerbstätigkeit in Österreich nachzugehen, wird seitens des ho. Gerichts nicht bestritten und wurden hierzu zwei Einstellungszusagen vorgelegt. Die bP1 könnte demnach als Hilfskraft im Baugewerbe, die bP2 als Reinigungskraft am Arbeitsmarkt Fuß fassen.

Festzuhalten ist hinsichtlich der Einstellungszusagen, dass diese lediglich eine einseitige, sichtlich nicht einklagbare Willenserklärung darstellen. Selbst wenn man davon ausginge, dass eine rechtsverbindliche Zusage bestünde, die erwachsenen bP im Falle des Erhalts eines Bleiberechts auf Dauer einzustellen, ist festzuhalten, dass entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes einer bloßen Arbeitsplatzzusage für den hypothetischen Fall eines legalen Aufenthalts in der Zukunft keine entscheidende Bedeutung zukommen kann vergleiche VwGH 21.1.2010, 2009/18/0523; 29.6.2010, 2010/18/0195; 17.12.2010, 2010/18/0385; 22.02.2011, 2010/18/0323).

Zudem geht auch der VwGH davon aus, dass es iSd Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 8, BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte in einem Zeitpunkt gesetzt wurden, in dem sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste (VwGH 30.07.2020, Ra 2020/20/0130).

Die festgestellten sozialen Anknüpfungspunkte und Sprachkenntnisse der bP führen für sich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen. In diesem Zusammenhang sei auch auf die höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach selbst die Umstände, dass ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).

- Bindungen zum Herkunftsstaat

Die bP1 und bP2 verbrachten den überwiegenden Teil ihres Lebens in Aserbaidschan, wurden dort sozialisiert, haben dort Schulbildung genossen, sprechen die dortige Mehrheitssprache auf muttersprachlichem Niveau und gehören der dortigen Mehrheits- und Titularethnie an.

Zu den minderjährigen bP3 - bP6 ist festzustellen, dass schon aufgrund ihrer Geburt außerhalb ihres Herkunftsstaates und der Aufenthaltsdauer in Österreich die Abwägung zwischen den Bindungen zum Herkunftsstaat und den nunmehrigen Bindungen zu Österreich anders zu bewerten sein wird, als im Hinblick auf die Eltern. Hier wird jedenfalls von geringeren Bindungen zum Herkunftsstaat und stärkeren Bindungen zu Österreich auszugehen sein.

Das ho. Gericht geht davon aus, dass die minderjährigen bP in einem erheblichen Umfang in der aserbaidschanischen Sprache im Familienkreis sozialisiert wurden. Diese Annahme wird damit begründet, dass die erwachsenen bP zum Zeitpunkt ihrer Einreise keine Vorkenntnisse der deutschen Sprache hatten und sie diese selbst zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur mäßig beherrschen. Bereits im ho. Erkenntnis vom 05.10.2020 wird festgestellt, dass sich die bP1 etwa auf dem A2 Niveau ausdrücken könne, sich allerdings die bP2 in der deutschen Sprache kaum verständigen könne. Zu diesem Zeitpunkt lebten die bP bereits acht Jahre im Bundesgebiet, die minderjährigen bP waren zu diesem Zeitpunkt 7 Jahre (bP3), 6 Jahre (bP4), 2 Jahre (bP5) und knapp 3 Monate (bP6). Mangels ausreichender Deutschkenntnisse der Eltern wird davon ausgegangen, dass die minderjährigen bP jedenfalls in ihren ersten Lebensjahren (zumindest bis zum Eintritt in den Kindergarten) die aserbaidschanische Sprache erlernten. Nicht verkannt wird, dass sich die minderjährigen bP in eventu untereinander überwiegend in der deutschen Sprache unterhalten, nicht nachvollziehbar konnte aber dargestellt werden, dass sie sich mit ihren Eltern, insbesondere mit der bP2, ausschließlich auf Deutsch unterhalten. Widersprüchliche Angaben und das Verhalten der bP2 während der mündlichen Verhandlung sprachen gegen die Behauptung mit der Mutter ausschließlich auf Deutsch zu kommunizieren („RI: In welcher Sprache sprechen deine Eltern mit dir? P (bP3): Auf Deutsch; RI: Auch die Mutter? P (bP3): Ja. (P2 flüstert wiederholt P3 zu. Diese wird wiederholt gemahnt, dies zu unterlassen; RI: In welcher Sprachen sprecht ihr zu Hause im Familienkreis? P (bP4): Deutsch. RI: Auch mit der Mama? P: Ja.; RI: Sprichst du nur Deutsch mit Ihr? P: Ja, nur Deutsch; Fragen der P2: (P2 will auf Aserbaidschanisch fragen, RI fordert sie auf, auf Deutsch zu fragen, zumal sie auf Deutsch zuhause kommunizieren, worauf die P2 auf Aserbaidschanisch meint, die P1 solle die Fragen stellen.) Nicht nur, dass die Behauptung, mit der Mutter ausschließlich in der deutschen Sprache zu kommunizieren unmöglich scheint, so wurde durch die Angaben der minderjährigen bP auch der Eindruck erweckt, dass sie vorab über die Wichtigkeit der deutschen Sprache instruiert wurden und deshalb auch anführten, nicht Aseri zu sprechen.

Im Lichte der oa. Ausführungen wird davon ausgegangen, dass auch die minderjährigen bP –ihrem Alter entsprechend - der aserbaidschanischen Sprache mächtig sind und, dass den bP3 und bP4 die aserbaidschanische –in der lateinischen Schrift geschriebene- Sprache auch in der Schriftform nicht gänzlich unbekannt ist. Darüber hinaus erschließt sich für das ho. Gericht kein Grund, weshalb die Eltern mit den Kindern nicht in ihrer Muttersprache – gegenständlich in Aseri - kommunizieren sollten.

Auch darf davon ausgegangen werden, dass die minderjährigen bP, als Kinder aserbaidschanischer Staatsbürger, in einem erheblichen Umfang mit Sitten und Gebräuchen der aserbaidschanischen Kultur vertraut gemacht wurden und dies eine Eingliederung in ein Leben und in die Gesellschaft in Aserbaidschan vereinfacht. Auch kann davon ausgegangen werden, dass die aserbaidschanische Kultur und Lebensweise der österreichischen nicht derart fremd ist, dass den bP ein Fortsetzen ihres Lebens in Aserbaidschan nicht möglich und zumutbar ist.

Es ist davon auszugehen, dass die erwachsenen bP in Aserbaidschan über einen gewissen Freundes- bzw. Bekanntenkreises verfügen, da nichts darauf hindeutet, dass die bP vor ihrer Ausreise in ihrem Herkunftsstaat in völliger sozialer Isolation gelebt hätten, zudem die bP1 in der mündlichen Verhandlung ausführte, Kontakt mit Freunden nach Aserbaidschan zu haben. Es deutet daher nichts darauf hin, dass es den bP im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft zu integrieren. Selbst wenn es für die minderjährigen bP schwieriger sind wird, als für die erwachsenen bP, die bereits in Aserbaidschan gelebt haben, so kehren die minderjährigen bP in Obsorge ihrer Eltern in ihre Heimat zurück und ist es Aufgabe der Eltern, ihre Kinder zu unterstützen und den Neuanfang für sie so einfach wie möglich zu machen. Gesamthaft betrachtet sind die bP im Falle einer Rückkehr keiner unbilligen Härte ausgesetzt. Aufgrund der Berichtslage ist auch davon auszugehen, dass die stattgefundene Konversion die bP nicht zu Außenseitern der aserbaidschanischen Gesellschaft macht, mag diese bei religiösen Menschen im Einzelfall auch auf Unverständnis stoßen.

- strafrechtliche Unbescholtenheit

Die Feststellung, wonach die bP strafrechtlich unbescholten sind, relativiert sich in Bezug auf die strafunmündigen bP und stellt darüber hinaus laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten der bP ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht vergleiche Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

- Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl- Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts

Die bP reisten rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und verletzten sie hierdurch das hoch einzuschätzende öffentliche Interesse an einem geordneten Vollzug des Fremden- und Niederlassungsrecht. Auf das Wiederaufleben der Strafbarkeit der seinerzeitigen rechtswidrigen Einreise und die hierzu bereits angestellten Überlegungen wird an dieser Stelle nochmals verweisen.

Im gegenständlichen Fall kommt zusätzlich hinzu, dass die bP mehrmals ihrer Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebiets nicht nachgekommen sind, sie keine Mitwirkung zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments zeigten, über ihre Identität täuschten und sich ihr Aufenthalt alleine auf mehrere (unbegründete) Anträge auf internationalen Schutz stützt. Auf das oa. Fehlverhalten der bP1 und bP2 darf verwiesen werden.

Dass falsche Angaben zur Identität sogar die Beendigung eines langjährigen rechtmäßigen Aufenthalts und die Trennung von Familienangehörigen (auch von minderjährigen Kindern eines Fremden) rechtfertigen können, wurde etwa auch vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geteilt vergleiche EGMR 23.6.2022, Alleleh u.a./Norwegen, 569/20, auszugsweise in deutscher Sprache wiedergegeben in NLMR 3/2022, 253 ff; vergleiche auch VwGH 16.11.2022, Ra 2022/20/0298). In diesem Erkenntnis ging das Gericht davon aus, dass insbesondere auch die minderjährigen bP erhebliche Beeinträchtigungen in Bezug auf ihre privaten und familiären Bindungen hinzunehmen haben, wenn ein Elternteil über die Identität täuschte. Auch wenn diesem Erkenntnis ein etwas andere Sachverhalt zu Grunde lag, so ist der im vorangehenden Satz beschriebene Gedanke auch im gegenständlichen Fall anwendbar.

- die Frage, ob das Privat- und Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren

Den volljährigen bP musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz jeweils nur ein vorübergehender ist und sich dies auch auf ihre Kinder auswirken wird. Ebenso indiziert die rechtswidrige Einreise der Eltern und die wiederholte unbegründete Antragstellung und ihr sonstiges beschriebene Verhalten den Umstand, dass den bP die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass sie in diesem Fall die Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätten.

Im Lichte der oa. Ausführungen zur fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit kann von einer beruflichen und wirtschaftlichen Integration der bP nicht ausgegangen werden. Die bP sind auf Spendengelder angewiesen und können gegenwärtig nicht selbstständig für ihren Lebens-unterhalt aufkommen. Sofern die bP1, als auch die bP2 Einstellungszusagen für jeweils eine unselbstständige Beschäftigung im Umfang von 40 Stunden pro Woche pro futuro vorlegen konnten, so zeigten sich, dass die bP2 bislang am österreichischen Arbeitsmarkt nicht integriert sind. Taugliche Bemühungen, in jenen Teilen des Arbeitsmarktes, die auch Asylwerbern offen stehen für eine nicht nur geringe Dauer Fuß zu fassen, sind nicht dokumentiert.
Die bP beschreiben ihre Wohnverhältnisse auf beengtem Raum und zeigen sich betrübt zu beschreiben, dass sie ihren Kindern nicht das bieten können, wie sie es von Freunden sehen. Außerdem seien sie nicht versichert. Auch aus diesen Schilderungen kann auch von einer wirtschaftlichen Integration nicht ausgegangen werden und zeigt sich auch, dass sie sichtlich nicht über eine ortsübliche Unterkunft verfügen. In Bezug auf die Sprachkenntnisse der bP wird auf die bereits getroffenen Ausführungen verwiesen.

Im Lichte der oa. Ausführungen erscheint im gegenständlichen Fall – selbst nach einem über zehnjährigen Aufenthalt im Inland – eine Aufenthaltsbeendigung als verhältnismäßig. Zwar ist das Verhalten der bP1 und bP2 den minderjährigen bP nicht vorwerfbar, aber in einem gewissen Umfang zurechenbar. In diesem Zusammenhang wird auf die Darstellung zum Kindeswohl weiter unten verwiesen.

- mögliches Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden in Bezug auf die Verfahrensdauer

Gemäß der ständigen Judikatur ist ferner im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen (regelmäßig im Rahmen von Asylverfahren) begründet ist. Es liegt nämlich in der Verantwortung des Staates, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass dem Fremden die lange Dauer von Verfahren anzulasten wäre nicht eine solche übermäßig lange Zeit verstreicht, sodass beim Fremden die Erwartung geweckt werden könnte, dass nicht zwangsläufig mit einer für ihn negativen Entscheidung zu rechnen sei. Eine solche von den Behörden zu verantwortende Situation soll sohin einem Fremden, der (kein sonstiges Fehlverhalten wie etwa strafbares Verhalten gesetzt und) die Zeit seines langen Aufenthalts genutzt hat, um Integrationsschritte zu setzen, nicht zum Nachteil gereichen vergleiche etwa zur Maßgeblichkeit des Unterbleibens von effektiven Schritten der Behörde, die einem Fremden auferlegte Ausreiseverpflichtung durchzusetzen, sowie des Umstandes, dass behördliche Verfahren von jahrelangem, nicht vom Fremden verschuldeten Verfahrensstillstand gekennzeichnet sind, VwGH 6.4.2020, Ra 2020/20/0055, mwN). Andererseits wurde in der Rechtsprechung bei maßgeblichem (Fehl-)Verhalten des Fremden, das dazu geführt hatte, dass es der Behörde nicht möglich war, gegen einen unrechtmäßig aufhältigen Fremden eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zu erlassen oder zu effektuieren, auch nach einem langen Zeitraum des Aufenthalts im Bundesgebiet die Aufenthaltsbeendigung für zulässig angesehen vergleiche aus der Rechtsprechung etwa VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0197: Täuschungshandlungen durch den Gebrauch einer falschen Identität; VwGH 17.11.2016, Ra 2016/21/0183; 22.8.2019, Ra 2019/21/0098; 12.11.2019, Ra 2019/21/0077: sich im Verborgenen halten; VwGH 23.2.2017, Ra 2016/21/0340: beharrliches jahrelanges Verletzen einer bereits rechtskräftig auferlegten Ausreiseverpflichtung; VwGH 1.7.2021, Ra 2021/21/0034: absichtliches Verzögern des Asylverfahrens durch Vorgabe psychischer Probleme sowie Gebrauch einer Alias Identität zur Verhinderung der Abschiebung; vergleiche auch die beispielhafte Darstellung in VwGH 17.10.2016, Ro 2016/22/0005, Rn. 13, mit zahlreichen weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung, auch zu anderem, die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung verstärkenden Fehlverhalten).

Ein Organisationsverschulden durch die handelnden Behörden bzw. dem ho. Gericht kann aus der Aktenlage - unter Verweis auf das Fehlverhalten der erwachsenen bP (Täuschungshandlungen hinsichtlich der Identität; beharrliches jahrelanges Verletzen rechtskräftig auferlegter Ausreiseverpflichtungen; absichtliches Verzögern des Asylverfahrens durch verzögerte Antragstellung in Bezug auf die minderjährigen bP; Gebrauch einer Alias Identität über einen 9-jährigen Zeitraum hinweg; 3. unbegründete Asylantragstellung) - nicht entnommen werden, weshalb unter Zugrundelegung der höchstgerichtlichen Judikatur selbst nach einer gegenständlich über elf Jahre langen Verweildauer im Bundesgebiet die Aufenthaltsbeendigung für zulässig anzusehen ist.

- Auswirkung der allgemeinen Lage in Aserbaidschan auf die bP

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass dem –unter Eingriffsvorbehalt sehenden - Artikel 8, EMRK innewohnenden Recht auf das Privat- und Familienleben auch ein Recht auf körperliche Unversehrtheit abzuleiten ist vergleiche etwa Erk. d. VwGH vom 28.6.2016, Ra 2015/21/0199-8). Vor diesem Hintergrund ist die Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen im Lichte des Artikel 8, EMRK auch vor dem Hintergrund der Lage im Herkunftsstaat, welche die bP im Falle einer Rückkehr vorfindet, zu prüfen, wobei bereits an dieser Stelle Artikel 8, EMRK –anders als Artikel 3, leg. cit.- einen Eingriffsvorbehalt kennt.

Im Rahmen der Beurteilung der allgemeinen Lage in der Republik Aserbaidschan ergaben sich im gegenständlichen Fall keine Hinweise auf einen aus diesem Blickwinkel relevanten Sachverhalt. Wiederholt darf werden, dass die bP1 und bP2 in Aserbaidschan geboren wurden, aufgewachsen sind, sozialisiert wurden und mit der allgemeinen Lage in Aserbaidschan betraut sind und sie dies den minderjährigen bP weitergeben können bzw. diese dadurch Unterstützung finden.

- Zurechenbarkeit des Verhaltens der Eltern, Kindeswohl

Im Rahmen der nach Paragraph 9, BFA-VG vorzunehmenden Interessenabwägung ist es erforderlich, sich mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl auseinanderzusetzen.

Nach der Rechtsprechung des VwGH sind gemäß Paragraph 9, Absatz eins und 2 BFA-VG 2014 bei einer Rückkehrentscheidung, von welcher Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Herkunftsstaat zu berücksichtigen (Hinweis Urteile des EGMR vom 18. Oktober 2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 46410/99, Randnr. 58, und vom 6. Juli 2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Randnr. 146). Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums der Bindungen zum Heimatstaat nach Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 5, BFA-VG 2014 dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden ("adaptable age"; Hinweis Urteile des EGMR vom 31. Juli 2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Randnr. 66, vom 17. Februar 2009, Onur gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 27319/07, Randnr. 60, und vom 24. November 2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Randnr. 46; siehe dazu auch das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2007, Zlen. 2006/01/0216 bis 0219) befinden vergleiche VwGH 20.04.2023, Ra 2022/19/0028 bis 0031, mwN). Weiters ob sich Minderjährige gute Kenntnisse der deutschen Sprache aneignen, ihre Aus- und/oder Weiterbildung entsprechend dem vorhanden Bildungsangebot wahrnehmen und sich mit dem sozialen und kulturellen Leben in Österreich vertraut machen, um - je nach Alter fortschreitend - am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich teilnehmen zu können vergleiche VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0274; 25.04.2019, Ra 2018/22/0251; 13.11.2018, Ra 2018/21/0205, 05.05.21, Ra 2021/18/0050).

Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen sei, die in Paragraph 138, ABGB genannten Kriterien als Orientierungsmaßstab dienen vergleiche etwa VwGH 9.3.2022, Ra 2022/14/0044, mwN). Allerdings ist dem Kindeswohl im Rahmen einer Interessenabwägung nach Paragraph 9, BFA VG kein absoluter Vorrang beizumessen. Die Berücksichtigung des Kindeswohls stellt im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar. vergleiche VwGH 25.10.2023, Ra 2023/20/0125 bis 0130-16). Das Kindeswohl ist daher bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit gegenläufigen Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohles im Rahmen der nach Paragraph 9, BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalles ab (VwGH 2.3.2022, Ra 2021/20/0156-10, Ra 202/20/0358 bis 0361-7; VwGH 8.9.2021, Ra 2021/20/0166 bis 0170 mwN). Somit stellt das Kindeswohl im Kontext der Prüfungsschritte der Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar und ist nicht das einzige ausschlaggebende Kriterium.

Führt die Überprüfung des Kriteriums nach Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 5, BFA-VG 2014 zu dem Ergebnis, dass eine Minderjährige zum Herkunftsstaat keine oder nur mehr äußerst geringe Bindungen aufweist, wird das - vorausgesetzt, sie ist unbescholten und hat in Österreich einen ausreichenden Grad an Integration erreicht - in der Regel dafür sprechen, ihr den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, und zwar jedenfalls dann, wenn nicht - in zumutbarer Weise - erwartet werden kann, dass sie sich im Falle einer Rückführung an die Verhältnisse im Herkunftsstaat, etwa das Erlernen der dortigen Sprache, den Aufbau neuer Kontakte, die Fortsetzung einer begonnenen Ausbildung, usw., wieder anpassen. In einem solchen Fall kommt auch bei einer verhältnismäßig kurzen Aufenthaltsdauer in Österreich den fehlenden Bindungen der Minderjährigen zum Heimatstaat im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung großes Gewicht zu (VwGH 30.08.2017, Ra 2017/18/0070).21.05.2019, Ra 2019/19/0136).

Der VfGH hat unter Hinweis auf Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ausgesprochen, dass für Kinder im Alter von sieben und elf Jahren eine grundsätzliche Anpassungsfähigkeit anzunehmen ist (E VfGH 10. März 2011, VfSlg 19357).

Aus einer Zusammenschau der Erkenntnisse des VfGH vom 12.6.2010 U 614/10, U613/10 und den Beschluss des selben Tages U615/10 ua ergibt sich, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern zurechnen lassen müssen. Obwohl die im do. Erkenntnis genannten minderjährigen Beschwerdeführer auf das Verhalten ihrer 1962 geborenen Mutter und 1992 geborenen Schwester keinerlei Einfluss hatten und ihnen deren Verhalten, insbesondere jenes der Mutter, nicht subjektiv vorgeworfen werden konnte, wurde die Behandlung derer Beschwerden dennoch mit Beschluss U615/10 ua. abgewiesen. Im Lichte der Erk. des VfGH B 950-954/10-08, Sitzung 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10, wo die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführer in Österreich aufgrund den Beschwerdeführern nicht zurechenbarer Dauer der Asylverfahren als wesentliches Argument für eine Interessensabwägung zu Gunsten der Beschwerdeführer herangezogen wurde, ist ableitbar, dass in den in Beschluss U615/10 genannten Fällen trotz fehlender subjektiver Vorwerfbarkeit des Verhaltens der Beschwerdeführer im Hinblick auf die Verfahrensdauer aufgrund deren Minderjährigkeit und des Verhaltens der Mutter gerade dieses Verhalten der Mutter im Rahmen der Interessensabwägung in Bezug auf die minderjährigen Kinder dennoch eine Rolle spielte, sie sich dieses zwar nicht vorwerfen aber in einem gewissen Umfang zurechnen lassen mussten, da ansonsten davon auszugehen gewesen wäre, dass ein mit den in den Erk. des VfGH B 950-954/10-08, Sitzung 19, bzw. v. 10.03.2011, B1565/10 beschriebener Fällen vergleichbarer Fall vorliegen würde und zu einer vergleichbaren Entscheidung geführt hätte.

Im Lichte der beschriebenen Ausführungen verkennt das ho. Gericht zwar nicht, dass sich die Kinder das Verhalten der Eltern im Rahmen der Interessensabwägung gemäß Artikel 8, EMRK nicht im vollen Umfang subjektiv verwerfen lassen müssen, doch ist dieses Verhalten im Rahmen einer objektiven Zurechnung dennoch nicht unbeachtlich und gelten die Ausführungen in Bezug auf die Eltern –wenn auch in abgeschwächter Form- auch für die Kinder.

Im gegenständlichen Fall ist festzuhalten, dass die Eltern (bP1, bP2) und die bP3 - bP6 aserbaidschanische Staatsangehörige sind, es sind sämtliche bP im selben Umfang von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen und gehören die sozioökonomischen Lebensverhältnisse der bP1 und bP2 zum von den bP3 – bP6 hinzunehmenden Lebensrisiko, weshalb aus dem Umstand der Beendigung des Aufenthaltes per so noch kein relevanter Eingriff in das Kindeswohl ableitbar ist. Aufgrund ihres Lebensalters ist davon auszugehen, dass sich die erheblichen und bisher prägenden Anknüpfungspunkte überwiegend aus dem Umfeld der Kernfamilie - insbesondere der Eltern ergeben. Die minderjährigen bP befinden sich in einem anpassungsfähigen Alter und beobachtete -wie bereits erwähnt- der erkennende Richter im Rahmen seiner langjährigen Laufbahn, dass minderjährige Fremde, welche in einem vergleichbaren Alter nach Österreich einreisten, sich innerhalb kürzester Zeit in ihr Lebensumfeld umfassend eingliederten und bestehen für das ho. Gericht Hinweise, dass Derartiges nicht auch im hier vorliegenden spiegelbildlichen Fall nach einer Rückkehr nach Aserbaidschan stattfinden würde. Es wäre den minderjährigen bP gemeinsam mit den Eltern jedenfalls möglich, sich in die aserbaidschanische Gesellschaft zu integrieren und das dortige Schul- und Ausbildungssystem in Anspruch zu nehmen.

Hinsichtlich des aus der Judikatur entlehnten Begriffs des ‚anpassungsfähigen Alters‘ der bP ist festzuhalten, dass dabei nicht von einer bestimmten, stets gleichbleibenden Altersgrenze auszugehen sein wird, bis zu deren Erreichen Anpassungsfähigkeit vorliegt, sondern ist auf die individuellen Umstände abzustellen und stellt dies unter Zugrundelegung der Rechtsprechung einen gleitenden Übergang dar. Im Falle der minderjährigen bP befinden sich alle vier Kinder im Alter von 3 ½ (bP6), 5 ½ (bP5), fast 10 (bP4) und fast 11 Jahren (bP3) im anpassungsfähigen Alter. Die bP3–bP6 verbleiben bei einer Rückkehr in ihrem Familienverband, welchem noch die hauptsächliche Bedeutung in ihren Beziehungen zukommt vergleiche EGMR 26.1.1999, Sarumi/Vereinigtes Königreich, 43279/98; EGMR 31.7.2008, Darren Omoregie u.a./Norwegen, 265/07; EGMR 17.2.2009, Onur/Vereinigtes Königreich, 27319/07; EGMR 24.11.2009, Omojudi/Vereinigtes Königreich, 1820/08; VwGH 13.6.2022, Ra 2021/17/0201-0204 mit Verweis auf VwGH 3.5.2018, Ra 2018/18/0195-0199 mwN, sowie ferner VwGH 30.7.2015, Ra 2014/22/0055-0057; VwGH 21.3.2018, Ra 2017/18/0333-0335;).

Wie auch in der Stellungnahme der österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie hinsichtlich des „adoptable age/anpassungsfähiges Alters“ - vorgelegt durch die rechtsfreundliche Vertretung - festgehalten wird, gibt es keine allgemein definierbaren altersbezogenen Phasen höherer oder geringerer Anpassungsfähigkeit in der kindlichen Entwicklung und muss ausschließlich auf individuelle Umstände abgestellt werden. Das ho. Gericht unterscheidet nicht zwischen höherer oder geringerer Anpassungsfähigkeit und stellt auf die individuellen Umstände der bP ab. Verkannt wird nicht, dass die (fachliche) Perspektive der Kinder- und Jugendpsychiatrie gegebenenfalls eine andere sein mag, als die gegenständliche juristische Betrachtungsweise unter Heranziehung der ständigen Rechtsprechung. Darüber hinaus wird auf die bereits getroffenen beweiswürdigenden Ausführungen zu diesem Thema verwiesen.

Hervorgehoben wird, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht allein schon deswegen, weil sich Kinder in einem anpassungsfähigen Alter befinden, ohne Bedachtnahme auf den Grad der bisher im Einzelfall erlangten Integration und auf die sonstigen fallbezogen zu Gunsten eines Fremden zu berücksichtigenden Umstände als verhältnismäßig anzusehen ist. Umgekehrt spielt der Umstand der Anpassungsfähigkeit allerdings auch bei der Beurteilung eine Rolle, ob Minderjährige einen Eingriff in ihr Privatleben durch eine gemeinsame Ausreise mit dem Obsorgeberechtigten hinzunehmen haben, weil dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung des Obsorgeberechtigten eine überragende Bedeutung zukommt vergleiche VwGH 7.3.2019, Ra 2019/21/0044; 25.04.2019, Ra 2018/22/0251).

Zum Schulbesuch der bP3 und bP4 in Österreich ist festzuhalten, dass dies die Erfüllung einer durchsetzbaren gesetzlichen Verpflichtung darstellt, welcher im Rahmen der Interessensabwägung nur sehr untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH v. 26.9.2007 2006/21/0288 mwN). Dies gilt in ähnlicher Form auch für den Besuch des Kindergartens durch die bP5 und bP6. Laut Höchstgericht muss unter dem Kriterium des Kindeswohls vergleiche VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205 bis 0210) mitberücksichtigt werden, dass die Kinder im gegenständlichen Fall in Österreich geboren wurden und die gesamte bisherige Schullaufbahn in der Dauer von mehr als 4 ½ bzw. 3 ½ Jahren in Österreich absolvierten vergleiche VwGH 05.03.2021, Ra 2020/21/0428).

Es bestehen keine Hinweise, dass den bP3 - bP6 das bereits beschriebene aserbaidschanische Schul- und Ausbildungssystem nicht zugänglich wäre. Die bP3 besucht die 1. Klasse Mittelschule. Die bP4 besucht die 4. Klasse Volksschule und steht kurz vor einem Schulwechsel. Auch für österreichische Kinder ist der Wechsel von der Volksschule in einen neuen Schultyp vielfach mit dem Aufbau eines neuen Freundeskreises verbunden und sind Kinder im Alter der bP3 und bP4 typischerweise offen für neue Freundschaften. Demnach spricht kaum etwas dagegen, dass sie bei einer Rückkehr nach Aserbaidschan und den Übertritt in das dortige Schulsystem neue Freundschaften knüpfen können. Konkrete Hinweise dafür, dass ihr der Wechsel ins aserbaidschanische Curriculum nicht gelingen könnte, sind nicht hervorgekommen und auch in der Beschwerdeverhandlung nicht substantiiert behauptet worden.

Zum Einwand das Schulsystem in Aserbaidschan von Schmiergeld getragen wird, ist festzuhalten, dass sich aus der Berichtslage ergibt, dass Korruption in Aserbaidschan ein generelles Problem darstellt, umgekehrt kann der Berichtslage nicht entnommen werden, dass das Schulsystem hiervon überproportional betroffen wäre und brachten die bP auch nicht konkret und substantiiert vor, warum sie von diesem Problem stärker als die anderen Bewohner Aserbaidschans betroffen wären, welche Zugang zum Schulsystem befinden. Eine qualitative Ausgestaltung des Schulsystems, welche hinter dem österreichischen zurückbleibt, ist für sich gesehen jedoch nicht relevant.

Die bP3 und bP4 werden von ihren Klassenlehrern als fleißig, gut erzogen und ehrgeizig beschrieben. Aus Sicht des ho. Gerichts bestehen keine begründeten Zweifel, dass die bP3 und bP4 nicht auch in Aserbaidschan ihre Schulbildung bei Waltung dieses Fleißes fortsetzen, und ihre Fähigkeiten und Eigenschaften ausbauen können. Aus Sicht des ho. Gericht erscheint eine Fortführung ihrer Schullaufbahn im Herkunftsstaat jedenfalls als zumutbar.

Die bP5 und bP6 besuchen aktuell den Kindergarten, ihre Sozialisation hat gerade erst begonnen (VwGH 29.05.2018, Ra 2018/21/0067), weshalb der Bezug zur eigenen Familie noch von eminenter Bedeutung für sie ist. Die bP5 und bP6 sind noch nicht schulpflichtig, was bedeutet, dass sie ihre ganze schulische Karriere in Aserbaidschan absolvieren können – vorausgesetzt ihre Eltern kommen diesmal ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes nach.

Obgleich die bP3 bis bP6 in Österreich geboren wurden, geht das ho. Gericht davon aus, dass sie über ihr Umfeld bzw. ihre Eltern die aserbaidschanische Kultur vermittelt bekommen, über Kenntnisse in Bezug auf die Sprache ihres Herkunftsstaates verfügen und ihnen die aserbaidschanischen Gepflogenheiten nicht gänzlich unbekannt sind. Auch kann aufgrund der Sprachkenntnisse der Eltern davon ausgegangen werden, dass im Familienverband in der Sprache des Herkunftsstaates zumindest noch zum Teil kommuniziert wird.

Allfällige ungünstigere Entwicklungsbedingungen im Ausland begründen für sich allein noch keine Gefährdung des Kindeswohls, vor allem dann nicht, wenn die Familie von dort stammt (OGH 08.07.2003, Zl. 4Ob146/03d unter Verweis auf Coester in Staudinger, BGB13 Paragraph 1666, Rz 82 mwN). Zudem gehören die sozioökonomischen Verhältnisse der Eltern grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes (ebd.). Prekäre oder sonst intolerable Umstände in Aserbaidschan – insbesondere die Kinder betreffend –, die ein anderes Ergebnis nach sich ziehen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Im Lichte der getroffenen Feststellungen ist letztlich davon auszugehen, dass die minderjährigen bP ihren Schul- und Kindergartenbesuch, sowie ihre Freizeitgestaltung in Aserbaidschan in einer vergleichbaren Weise wie bisher fortsetzen können. Ebenso steht es ihnen in Aserbaidschan frei, eine Berufsausbildung zu absolvieren und neue Freund- und Bekanntschaften einzugehen.

Entsprechend der höchstgerichtlichen Judikatur darf bei der Gewichtung der für den Fremden sprechenden Umstände iSd Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 8, BFA-VG 2014 maßgeblich relativierend einbezogen werden, dass sich der Fremde (spätestens nach Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz im Administrativverfahren) seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste vergleiche VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0034; VwGH 22.12.2009, 2009/21/0348). Wenngleich minderjährigen Kindern dieser Vorwurf nicht zu machen ist, muss das Bewusstsein der Eltern über die Unsicherheit ihres Aufenthalts auch auf die Kinder durchschlagen vergleiche VwGH 29.2.2012, 2009/21/0251), wobei diesem Umstand allerdings bei ihnen im Rahmen der Gesamtabwägung im Vergleich zu anderen Kriterien weniger Gewicht zukommt vergleiche VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072; 28.02.2020, Ra 2019/14/0545; 23.10.2019, Ra 2019/19/0405).

Es sei an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass die aktuelle Situation durch das Verhalten der bP1 und bP2 herbeigeführt wurde und es nunmehr an ihnen liegt, die Eingliederung der bP3 – bP6 in die aserbaidschanische Gesellschaft nicht weiterhin durch deren rechtswidriges Verhalten zu verzögern.

Im gegenständlichen Fall ist im Rahmen der Rückkehr der minderjährigen bP3 - bP6 gemeinsam mit den Eltern davon auszugehen, dass die Betreuung, Erziehung und Beaufsichtigung der Minderjährigen sichergestellt ist. Im Verfahren wurde darüber hinaus nie behauptet und ergaben sich auch im Rahmen der amtswegigen Ermittlungen keine Hinweise auf einen Umstand, welcher den Schluss zuließe, dass die Eltern der minderjährigen bP ein Verhalten an den Tag legen würden, welches dem Kindeswohl widerstreiten würde und sie diesem Verhalten in Aserbaidschan schutzlos ausgesetzt wären. Die bP1 und bP2 dürften viel mehr am Wohlergehen ihrer Kinder interessiert sein. Die erwachsenen bP brachten auch keine von Verwandten oder sonstigen Personen im Herkunftsstaat potentiell ausgehenden Gewalttätigkeiten oder sonstige befürchtete Verhaltensweisen, welche dem Kindeswohl widersprechen würden, vor.

Im vorliegenden Fall war für das ho. Gericht festzustellen, dass aufgrund der (Aus-)Bildung und Arbeitsfähigkeit der Eltern von deren Selbsterhaltungsfähigkeit und Bewältigung des Lebensunterhalts der gesamten Familie ausgegangen werden kann. Darüber hinaus herrscht in Aserbaidschan kein generelles Umfeld, welches einer positiven Persönlichkeitsentwicklung der minderjährigen bP entgegenstehen würde. Derartiges kann der Berichtslage nicht entnommen werden.

Ausgehend von den persönlichen Profilen der bP und den Erwägungen zur Lebensgrundlage im Herkunftsstaat geht das ho. Gericht davon aus, dass die minderjährigen bP im Wege der Versorgung durch ihre Eltern, nicht nur eine hinreichende Absicherung im Hinblick auf die Güter des täglichen Bedarfs, sondern insbesondere auch im Hinblick auf ihre altersgerechten Bedürfnisse erfahren werden.

Aus den oa. Ausführungen ergibt sich gegenständlich, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme auch aus der Sicht des Kindeswohles zulässig ist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass das Kindeswohl in einem dermaßen hohen Maße überwiegen würde, dass ihm eine größere Gewichtung zukommt, als dem Fehlverhalten der bP1 und bP2, welches sich die minderjährigen bP im beschriebenen Umfang zurechnen lassen müssen.

- weitere Erwägungen

Der EGMR wiederholt in stRsp, dass es den Vertragsstaaten zukommt, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, insb. in Ausübung ihres Rechts nach anerkanntem internationalem Recht und vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen, die Einreise und den Aufenthalt von Fremden zu regeln. Die Entscheidungen in diesem Bereich müssen insoweit, als sie in ein durch Artikel 8, (1) EMRK geschütztes Recht eingreifen, in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sein, dh. durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und va. dem verfolgten legitimen Ziel gegenüber verhältnismäßig sein.

Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, uva) und stellt beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen dar, was eine Ausweisung [nunmehr „Rückkehrentscheidung“] als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190).

Ebenso wird durch die wirtschaftlichen Interessen an einer geordneten Zuwanderung und das nur für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsrecht, das fremdenpolizeiliche Maßnahmen nach (negativer) Beendigung des Asylverfahrens vorhersehbar erscheinen lässt, die Interessensabwägung anders als in jenen Fällen, in welchen der Fremde aufgrund eines nach den Bestimmungen des NAG erteilten Aufenthaltstitels aufenthaltsberechtigt war, zu Lasten des (abgelehnten) Asylsuchenden beeinflusst vergleiche Feßl/Holzschuster, AsylG 2005, Seite 348).

Es ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Notwendigkeit einer [damals] Ausweisung von Relevanz, ob der Fremde seinen Aufenthalt vom Inland her legalisieren kann. Ist das nicht der Fall, könnte sich der Fremde bei der Abstandnahme von der [damals] Ausweisung [nunmehr Rückkehrentscheidung] so wie im gegenständlichen Fall unter Umgehung der aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen den tatsächlichen (illegalen) Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer verschaffen, was dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenrechts zuwiderlaufen würde.

Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist ein Eingriff in das Grundrecht auf Privat- und/oder Familienleben zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Absatz 2, leg cit genannten Ziele notwendig ist. Die zitierte Vorschrift nennt als solches Ziel u.a. die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, worunter nach der Judikatur des VwGH auch die geschriebene Rechtsordnung zu subsumieren ist. Die für den Aufenthalt von Fremden maßgeblichen Vorschriften finden sich –abgesehen von den spezifischen Regelungen des AsylG- seit 1.1.2006 nunmehr im NAG bzw. FPG.

Die geordnete Zuwanderung von Fremden ist für die Gesellschaft von wesentlicher Bedeutung und diese Wertung des Gesetzgebers geht auch aus dem Inhalt des Fremdenrechtspakets 2005 und den danach folgenden Novellierungen klar hervor. Demnach ist es gemäß den nun geltenden fremdenrechtlichen Bestimmungen für den Beschwerdeführer grundsätzlich nicht mehr möglich, seinen Aufenthalt vom Inland her auf Antrag zu legalisieren, da eine Erstantragsstellung für solche Fremde nur vom Ausland aus möglich ist. Im gegenständlichen Fall ist bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Sachverhalt ersichtlich, welcher die Annahme rechtfertigen würde, dass dem Beschwerdeführer gem. Paragraph 21, (2) und (3) NAG die Legalisierung seines Aufenthaltes vom Inland aus offensteht, sodass ihn mit rechtskräftigen Abschluss des Asylverfahrens eine unbedingte Ausreiseverpflichtung trifft, zu deren Durchsetzung es einer Rückkehrentscheidung bedarf.

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen sei ergänzend das Erkenntnis des VfGH 17. 3. 2005, G 78/04 ua erwähnt, in dem dieser erkennt, dass auch das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den Interessen des Fremden bei der Ausweisung [bzw. nunmehr Rückehrentscheidung] von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen sind.

Wie bereits erwähnt, garantiert die EMRK gemäß der Rechtsprechung des EGMR vergleiche aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) Ausländern kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z. B. eine Ausweisungsentscheidung) aber auch in das nach Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben eines Fremden eingreifen (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland oder BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vergleiche dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

Wenn man – wie die aktuelle Judikaturentwicklung des EGMR auch erkennen lässt – dem Aufenthaltsstatus des Fremden für die Beurteilung des Vorliegens eines Eingriffes in das durch Artikel 8 EMRK geschützte Privatleben keine Relevanz beimisst, so wird die Frage der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts jedenfalls im Rahmen der Schrankenprüfung nach Artikel 8 Absatz 2 EMRK Berücksichtigung zu finden haben.

In seinem Erkenntnis Rodrigues da Silva and Hookkamer v. the Netherlands vom 31. Jänner 2006, Zahl 50435/99 führte der EGMR unter Verweis auf seine Vorjudikatur aus, dass es ua. eine wichtige Überlegung darstellt, ob das Familienleben zu einem Zeitpunkt entstand, an dem sich die betreffenden Personen bewusst waren, dass der Aufenthaltsstatus eines Familienmitgliedes derart war, dass der Fortbestand des Familienlebens im Gastland vom vornherein unsicher war. Er stellte auch fest, dass die Ausweisung eines ausländischen Familienmitgliedes in solchen Fällen nur unter ganz speziellen Umständen eine Verletzung von Artikel 8, EMRK bewirkt.

Der GH führte weiters –wiederum auf seine Vorjudikatur verweisend- aus, dass Personen, welche die Behörden eines Vertragsstaates ohne die geltenden Rechtsvorschriften zu erfüllen, als fait accompli mit ihrem Aufenthalt konfrontieren, grundsätzlich keinerlei Berechtigung haben, mit der Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu rechnen.

römisch II.3.4.7. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrag unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde vergleiche hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Im gegenständlichen Fall ergaben sich keine relevanten privaten bzw. familiären Interessen der bP iSd Artikel 8, EMRK, vielmehr wäre allenfalls davon auszugehen, dass sich die öffentlichen Interessen iSd Artikel 8, Absatz 2, EMRK manifestierten, indem die bP ihre Verpflichtung zum Verlassen aus dem Bundesgebiet weiterhin ignorierten, im Bundesgebiet verharrten und einen weiteren (unbegründeten) Antrag einbrachten.

Nach Ansicht des ho. Gerichts liegt es im Hinblick auf den chronologischen Hergang des Verfahrens auf der Hand, dass die bP durch ihr (Fehl-)Verhalten die Effektuierung der rechtskräftig erlassenen aufenthaltsbeendenden Maßnahme rechtsmissbräuchlich zu vereiteln versuchen. Im Lichte der oa. Ausführungen kann es keinesfalls zielführend sein, dass die bP1 und bP2 aus ihrer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation Vorteile im Sinne einer daraus resultierenden Aufenthaltsberechtigung ziehen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der bP im Bundesgebiet gegenüber dem persönlichen Interesse der bP am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

römisch II.3.4.8. Zulässigkeit der Abschiebung

römisch II.3.4.8.1. Gemäß Paragraph 50, FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre, die bP dort der Gefahr einer Verfolgung aus einem Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GFK bestünde oder eine Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegenstünde.

römisch II.3.4.8.2. Im gegenständlichen Fall sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß Paragraph 52, Absatz 9, in Verbindung mit Paragraph 50, FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung nach Aserbaidschan unzulässig wäre.

Darüber hinaus wurde hinsichtlich des Spruchpunkts römisch eins. (Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten) und des Spruchpunkts römisch II. (Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat) bereits rechtskräftig negativ entschieden und eine Gefährdung der bP dahingehend nicht erkannt.

römisch II.3.4.8.3. Eine im Paragraph 50, Absatz 3, FPG genannte Empfehlung des EGMR liegt ebenfalls nicht vor.

römisch II.3.4.8.4. Aufgrund der oa. Ausführungen ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung davon auszugehen, dass die Abschiebung der bP in ihren Herkunftsstaat zulässig ist.

römisch II.3.4.8.5. Im Rahmen der Umsetzung der Rückkehrentscheidung ist darauf zu achten, dass die Obsorge der minderjährigen bP3 - bP6 nicht verunmöglicht wird, mit der Maßgabe, dass wenn von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen ist, diese lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben eingreift; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR, Cruz Varas and others vs Sweden, 46/1990/237/307, 21.3.1991), weshalb die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen alleine aufgrund des Umstandes, dass einzelne Familienmitglieder sich der Abschiebung entziehen, nicht rechtswidrig wird.

römisch II.3.4.9. Wie bereits erwähnt, erwuchs auch der Spruchpunkt römisch III. hinsichtlich der Prüfung eines Aufenthaltsrechts gem. Paragraph 57, AsylG in Rechtskraft.

römisch II.3.4.10. Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme der Rückkehrentscheidung ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

römisch II.3.4.11. Frist zur freiwilligen Ausreise

Durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde besteht im gegenständlichen Fall eine Frist für die freiwillige Ausreise.

Gemäß Paragraph 55, Absatz 2, FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. Dass besondere Umstände, die die bP bei der Regelung ihrer persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen haben, überwiegen würden, konnte von Seiten des ho. Gerichts insofern festgestellt werden, als dass die bP - als Familie mit vier minderjährigen Kindern - ihre Ausreise entsprechend organisieren und planen müssen.

Im gegenständlichen Fall wird von Seiten des ho. Gerichts aufgrund der persönlichen Umstände der bP, welcher sich aus dem mehrjährigen Aufenthalts in Österreich ergibt, eine Frist von 10 Wochen für die freiwillige Ausreise eingeräumt. Jene Frist erscheint insofern als angemessen und notwendig um der bP den Abbruch ihres Lebensmittelpunkts in Österreich und eine entsprechend gute Vorbereitung für die Übersiedelung nach Aserbaidschan zu ermöglichen.

Die bP sind verpflichtet, das Bundesgebiet nach Eintritt der Rechtskraft der Rückkehr-entscheidung innerhalb der eingeräumten Frist von 10 Wochen für die freiwillige Ausreise, im Falle der Unterlassung bei sonstiger Vollstreckung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Paragraph 3, Absatz 3, BFA-VG), zu verlassen.

römisch II.3.4.12. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung der Rückkehrentscheidung und eine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht, ist die Beschwerde gegen den entsprechenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.

römisch II.4. Familienverfahren

Da in Bezug auf alle bP eine spruchgemäß identische Entscheidung erging, kann auch aus dem Titel des Familienverfahrens im Inland kein anderslautendes Erkenntnis erlassen werden.

römisch II.5. Einreiseverbot

Paragraph 53, FPG lautet:

„Einreiseverbot

Paragraph 53, (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(1a) Anmerkung, aufgehoben durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Absatz eins, ist, vorbehaltlich des Absatz 3,, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Paragraph 20, Absatz 2, der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, in Verbindung mit Paragraph 26, Absatz 3, des Führerscheingesetzes (FSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 1997,, gemäß Paragraph 99, Absatz eins,, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß Paragraph 37, Absatz 3, oder 4 FSG, gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, der Gewerbeordnung 1994 (GewO), Bundesgesetzblatt Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den Paragraphen 81, oder 82 des SPG, gemäß den Paragraphen 9, oder 14 in Verbindung mit Paragraph 19, des Versammlungsgesetzes 1953, Bundesgesetzblatt Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Absatz 3, genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6. [aufgehoben durch den VfGH]

7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK nicht geführt hat oder

9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Absatz eins, ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, […]

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Absatz 3, maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. Paragraph 73, StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Absatz 3, Ziffer eins,, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Der VwGH erwog in seinem Erkenntnis vom 15.12.2011, Zahl 2011/21/0237 zur Rechtslage vor dem FPG idgF (in Kraft seit 01.01.2014), dass bei der Festsetzung der Dauer des Einreiseverbotes nach dem FrÄG 2011 eine Einzelfallprüfung vorzunehmen vergleiche ErläutRV, 1078 BlgNR 24. Gesetzgebungsperiode 29 ff und Artikel 11, Absatz 2, Rückführungs-RL) sei. Dabei hat die Behörde das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen und zu berücksichtigen, ob (bzw. inwieweit über die im unrechtmäßigen Aufenthalt als solchen zu erblickende Störung der öffentlichen Ordnung hinaus) der (weitere) Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8, Absatz 2, MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Eine derartige Gefährdung ist nach der Gesetzessystematik insbesondere in den Fällen der Ziffer eins bis 9 des Paragraph 53, Absatz 2, FrPolG 2005 in der Fassung FrÄG 2011 anzunehmen. In den Fällen des Paragraph 53, Absatz 3, Ziffer eins bis 8 FrPolG 2005 in der Fassung FrÄG 2011 ist das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit indiziert, was dann die Verhängung eines Einreiseverbotes in der Dauer von bis zu zehn Jahren und, liegt eine bestimmte Tatsache im Sinn der Ziffer 5 bis 8 vor, von unbefristeter Dauer ermöglicht.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum früher geltenden Paragraph 63, FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011), der die Festlegung der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltsverbotes regelte, war ein Aufenthaltsverbot für jenen Zeitraum zu erlassen, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet), wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann.

Paragraph 53, Absatz 3, FPG idgF hat im Vergleich zur Rechtslage vor dem 01.01.2014 keine inhaltliche Änderung erfahren. Daraus ist zu schließen, dass auch in Bezug auf die vom VwGH statuierten (obgenannten) Kriterien, die bei der Verhängung des Einreiseverbots und seiner Dauer zur Anwendung gelangen sollen, kein Wandel stattgefunden hat. Aus diesem Grund erachtet das Gericht diese auch nach wie vor als anwendbar.

Aus der Formulierung des Paragraph 53, Absatz 2, FPG ergibt sich, dass die dortige Aufzählung nicht als taxativ, sondern als demonstrativ bzw. enumerativ zu sehen ist ("Dies ist insbesondere dann anzunehmen,"), weshalb die bB in mit den in Ziffer eins, - 9 leg. cit expressis verbis nicht genannten Fällen, welche jedoch in ihrer Interessenslage mit diesen vergleichbar sind, ebenso ein Einreisverbot zu erlassen.

Da die aktuelle Formulierung des Paragraph 53, FPG auch der Umsetzung der Rückführungsrichtlinie, RL 2008/115/EG vom 18.12.2008 dient vergleiche Regierungsvorlage 1078 römisch 24 Gesetzgebungsperiode, "Mit dem vorgeschlagenen Paragraph 53, wird Artikel 11, der RückführungsRL Rechnung getragen") und europarechtlichen Grundsätzen folgend nationale Rechtsvorschriften richtlinienkonform in dem Sinne zu interpretieren sind, "das zur Umsetzung einer Richtlinie erlassene nationale Recht in deren Licht und Zielsetzung auszulegen" ist, (VfSlg. 14.391/1995; zur richtlinienkonformen Interpretation siehe weiters VfSlg. 15.354/1998, 16.737/2002, 18.362/2008; VfGH 5.10.2011, B 1100/09 ua.) sowie dem europarechtlichen Grundsatz des effet utile und des Wortlautes des Artikel 11, der Rückführungsrichtlinie vergleiche Artikel 11, leg. cit., RL 2008/115/EG vom 18.12.2008: "Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher, a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde. In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen."), ist davon auszugehen, dass schon aufgrund des Umstandes, dass im gegenständlichen Fall mehrfach der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde, ein unter Paragraphen 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, FPG zu subsumierender Sachverhalt vorliegt, auch wenn dieser in Absatz 2, leg. cit. nicht expressis verbis aufgezählt wird. Die bB war im gegenständlichen Fall schon aufgrund des Paragraph 53, Absatz eins und 2 FPG im Lichte einer Artikel 11, der Rückführungsrichtlinie berücksichtigenden Interpretation berechtigt, die Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot zu verbinden.

Darüber hinaus ist auf das beschriebene, bisherige Gesamtverhalten der bP1 und bP2, insbesondere in Bezug auf das beharrliche Verweigern das Bundesgebiet zu verlassen; die wiederholten unbegründeten bzw. unzulässigen Antragstellungen; das Ignorieren behördlicher Anordnungen bzw. das Nicht-Mitwirken am EAM-Verfahren; die Täuschung über ihre Identität und das bewusste Hinauszögern der Antragstellung in Bezug auf die bP6, zu verweisen. Eine Gesamtschau der oa. Erwägungen zeigt, dass ein erhebliches öffentliches Interesse iSd Paragraph 53, Absatz eins, FPG besteht, dass die bP1 und bP2 nach dem Verlassen des Bundesgebiets eine zeitlich begrenzte Dauer nicht in dieses zurückkehren.

Die bP zeigen keine Gründe auf, wonach die Ermessensübung in Bezug auf die Verhängung eines Einreiseverbotes durch die belangte Behörde nicht im Sinn des Gesetzes erfolgt wäre und ergeben sich auch seitens des ho. Gerichts keine Hinweise hierauf, weshalb diese Frage keiner weiteren Prüfung durch das ho. Gericht zugänglich ist vergleiche Artikel 130, Absatz 3, B-VG). Abgesehen von den bereits beschriebenen Ausführungen in Bezug auf den fremden- und aufenthaltsrechtlichen Unrechtsgehalt der bP, wird im Hinblick auf das Gesamtverhalten der erwachsenen bP eingehender dargestellt, dass aufgrund der wiederholten Verstößen gegen diverse aufenthaltsrechtliche Normen und Einreisebestimmungen deutlich wird, dass es sich bei den bP1 und bP2 um Menschen handelt, welche es bis dato nicht verstanden haben, dass sie sich an die fremeden-, aufenthatls- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen des Aufenthaltsstaates zu halten haben.

Gegenständliches Verfahren beruht auf der dritten (unbegründeten) Antragstellung auf internationalen Schutz und wurde hinsichtlich der Spruchpunkte römisch eins. - römisch III. bereits rechtskräftig negativ entschieden.

Aus den oa. Umständen ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall in Bezug auf die bP1 und bP2 ein fremdenrechtliches Bedürfnis besteht, welches durch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht befriedigt wird und es der Erlassung eines Einreiseverbotes bedarf, welches es den erwachsenen bP untersagt, einen bestimmten Zeitraum in das Bundesgebiet einzureisen.

In Bezug auf die im Rahmen einer Interessensabwägung berührten privaten Interessen iSd Artikel 8, EMRK wird auf die bereits getroffenen Ausführungen verwiesen, welche hier sinngemäß mit der Maßgabe gelten, dass sich die Erwägungen auf den gesamten Schengenraum beziehen, in dem den bP1 und bP2 aufgrund des gegenständlichen Einreiseverbotes die Einreise verwehrt ist. Soweit im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Einreiseverbotes somit auch private und familiäre Bindungen außerhalb Österreichs zu berücksichtigen sind, ist auf das Ergebnis der Beweiswürdigung durch die bB zu verweisen, woraus sich ergibt, dass derartige Umstände nicht festgestellt werden können. Es zeigte sich in diesem Sinne keine qualifizierte Bindung zu Angehörigen im Schengenraum.

Im Lichte der Gesamtheit der Umstände, vor allem aber, aufgrund dem möglichen Bestreben einer legalen Einreise in absehbarer Zukunft, stellt sich ein zweijähriges Einreiseverbot der bP1 und bP2 im Hinblick auf die minderjährigen bP –in dubio- als zu lange bemessen dar und ist die Dauer des Einreiseverbots aus Sicht des ho. Gerichts im untersten Bereich anzusiedeln, weshalb die Befristung auf 6 Monate herabgesetzt wird, dies insbesondere auch im Hinblick auf den Umstand, dass seitens des ho. Gerichts an einer anderen Stelle festgestellt wurde, dass es den bP frei steht, ihren Aufenthalt vom Ausland aus unter Einhaltung der entsprechenden einreise- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen zu legalisieren.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass die Behebung der Einreiseverbote durch das in Bezug auf die bP3 bis bP6 in Rechtskraft erwuchs.

Abschließend sei auch darauf hingewiesen, dass die gegenständliche Entscheidung im Lichte des zum Zeitpunkt dieser Entscheidung vorliegenden Sach- und Rechtslage erging. Sollten die bP weiterhin die geltenden fremden- und niederlassungsrechtlichen Bestimmungen bzw. die sich aus dem gegenständlichen Erkenntnis ergebenden Verpflichtungen ignorieren, kann sich zukünftig auch ein anderes –wohl eher nachteiligeres- Ergebnis für die bP ergeben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere des durch Artikel 8, EMRK geschützten Rechts auf Privat- und Familienleben - speziell in Bezug auf das Kindeswohl und der verhältnismäßigen langen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet-, sowie hinsichtlich der Dauer des befristeten Einreiseverbots, abgeht.

Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2024:L515.1438461.4.00