Bundesverwaltungsgericht
08.08.2023
W170 2269197-1
W170 2269197-1/10E
W170 2269375-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerden gegen das Disziplinarerkenntnis der Bundesdisziplinarbehörde vom 16.02.2023, 2023-0.133.866, (1.) des Disziplinaranwaltes beim Bundesministerium für Inneres hinsichtlich des Freispruches unter Spruchpunkt römisch II. und (2.) des römisch 40 , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Matthias PRÜCKLER, hinsichtlich des Schuldspruches unter Spruchpunkt römisch eins. Litera b und des Strafausspruches, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A) I. Die Beschwerde des Disziplinaranwaltes gegen den Freispruch unter Spruchpunkt römisch II. wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG abgewiesen.
II. Der Beschwerde des römisch 40 gegen den Schuldspruch unter Spruchpunkt römisch eins. Litera b, wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und römisch 40 vom Verdacht, er habe dadurch, dass er am 06.02.2022 gegen 15.30 Uhr an einer Demonstration in Linz (Schillerpark) teilgenommen und dabei ein Transparent mit der Aufschrift „Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“ trug, schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung gemäß Paragraph 43, Absatz 2, BDG begangen,
freigesprochen.
III. Hingegen wird die Beschwerde des römisch 40 gegen den Strafausspruch gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG abgewiesen.
römisch IV. römisch 40 hat gemäß Paragraphen 117, (in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 137 aus 2022,), 284 Absatz 115, BDG keine Kosten des Verfahrens zu tragen.
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
Das Bundesverwaltungsgericht hat über die rechtzeitige und zulässige Beschwerde erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. römisch 40 (in Folge: Disziplinarbeschuldigter) ist seit 01.10.2006 Exekutivbeamter bei der Landespolizeidirektion Oberösterreich sei, er wird derzeit in der Polizeiinspektion römisch 40 eingesetzt. Der Disziplinarbeschuldigte ist seit 01.10.2012 definitiv gestellt, er hat 2014 und 2019 jeweils eine Geldbelohnung erhalten und ist sowohl straf- als auch disziplinarrechtlich unbescholten.
Dem Disziplinarbeschuldigten stand im Februar 2023, zum Zeitpunkt der Durchführung der Verhandlung vor der Bundesdisziplinarbehörde (in Folge: Behörde), ein Grundbezug von € 2.385,90 und eine Wachdienstzulage von € 111,40, jeweils brutto, zu.
Der Disziplinarbeschuldigte ist verheiratet, er hat zwei unmündige Kinder, für die er sorgepflichtig ist. Dem Disziplinarbeschuldigten kommt als Vermögen ein Einfamilienhaus im Wert von etwa € 300.000 zu, ansonsten hat er kein Vermögen. Hinsichtlich dieses Einfamilienhauses ist eine Kreditrate von € 800 pro Monat zu bedienen, der Gesamtkredit beläuft sich derzeit auf etwa € 70.000. Ansonsten hat der Disziplinarbeschuldigte keine Schulden, Alimente für andere Kinder sind keine zu bezahlen.
Der Disziplinarbeschuldigte übt keine Personalvertreterfunktion aus und hatte eine solche auch nie inne, er ist kein Mitglied eines Wahlausschusses nach dem PVG bzw. war nie ein solches.
1.2. Gegen den Disziplinarbeschuldigten wurde mit Einleitungsbeschluss der Behörde vom 11.08.2022, 2022-0.495.816, ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
Der Spruch dieses Einleitungsbeschlusses lautete:
„Die Bundesdisziplinarbehörde […] hat […] beschlossen, gegen römisch 40 wegen des Verdachtes, er habe am 06.02.2022 gegen 15:30 Uhr an einer Demonstration in Linz (Schillerpark) teilgenommen und dabei
1. gegen die zu diesem Zeitpunkt bestehende COVID-Schutzmaßnahmen verstoßen, indem er keine entsprechende FFP2-Maske trug,
2. er auf seiner Jacke einen deutlich wahrnehmbaren Aufkleber mit der Aufschrift „KRITI-SCHER POLIZIST" trug, und
3. er ein Transparent mit der Aufschrift „Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte" getragen haben soll und dadurch seine Dienstpflicht nach Paragraph 43, Absatz 2, BDG schuldhaft verletzt,
gemäß Paragraph 123, Absatz eins, BDG ein Disziplinarverfahren einzuleiten.“
Der Einleitungsbescheid wurde dem zu diesem Zeitpunkt noch unvertretenen Disziplinarbeschuldigten am 16.08.2022 und dem Disziplinaranwalt am 11.08.2022 zugestellt; Rechtsmittel gegen diesen Einleitungsbeschluss wurden nicht erhoben.
Das verfahrensgegenständliche Disziplinarerkenntnis der Behörde vom 16.02.2023, 2023-0.133.866, wurde dem Disziplinaranwalt am 17.02.2023 und dem im Spruch bezeichneten, inzwischen eingeschrittenem, Vertreter des Disziplinarbeschuldigten am 20.02.2023 zugestellt. Die Beschwerde des Disziplinaranwalts wurde am 25.02.2023 bei der Behörde eingebracht, die Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten am 16.03.2023 zur Post gegeben.
1.3. Der Disziplinarbeschuldigte nahm am 06.02.2022, gegen 15.30 Uhr, bei einer gegen die COVID-19-Maßnahmen gerichtete Demonstration in Linz, Schillerpark teil.
Die Teilnahme erfolgte in seiner Freizeit und in Zivil.
Der Disziplinarbeschuldigte hatte zuvor von einem anderen Demonstranten einen Aufkleber mit der Wortfolge „KRITISCHER POLIZIST“ erhalten und diesen gut sichtbar auf seiner Jacke angebracht. Darüber hinaus trug der Disziplinarbeschuldigte (mit einer anderen Person) ein Transparent mit der Aufschrift „Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“.
Weiters trug der Disziplinarbeschuldigte zu diesem Zeitpunkt keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard.
Die Demonstration, an der der Beschwerdeführer am 06.02.2022, gegen 15.30 Uhr, in Linz, Schillerpark, teilnahm, verlief grundsätzlich friedlich, allerdings trugen während der Demonstration eine größere Anzahl der teilnehmenden Personen keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard.
1.4. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 15.09.2022, BHBR/922040015214/22, wurde der Disziplinarbeschuldigte mit einer Geldstrafe von € 120,- belegt, weil er am 06.02.2022, 15:34 Uhr in 4020 Linz, Schillerplatz, als Teilnehmer an einer Demonstration, welche eine Versammlung nach dem Versammlungsgesetz 1953, Bundesgesetzblatt Nr. 98 aus 1953, darstelle, und somit an einer Zusammenkunft gemäß Paragraph 13, Absatz 6, Ziffer 2, der 4. COVID-19-Maßnahmenverordnung - 4. COVID-19-MV, BGBI. römisch II Nr. 34/2022, zuletzt geändert durch BGBI. römisch II Nr. 46/2022, teilgenommen und dabei keine Atemschutzmaske der Schutzklasse FFP2 (FFP2-Maske) ohne Ausatemventil oder eine Maske mit mindestens gleichwertig genormtem Standard getragen habe, obwohl in der Zeit vom 31.01.2022 bis 09.02.2022 bei Zusammenkünften gemäß Paragraph 13, Absatz 6, Ziffer eins bis 7 leg.cit. in geschlossenen Räumen eine Maske zu tragen gewesen sei, sofern daran mehr als zehn Personen aus unterschiedlichen Haushalten teilgenommen hätten. Bei Zusammenkünften gemäß Ziffer 2, habe dies auch im Freien gegolten. Es sei festgestellt worden, dass der Disziplinarbeschuldigte bei einer Versammlung der politischen Partei MFG mit rund 1000 Teilnehmern keine FFP2 Maske getragen habe.
Das Straferkenntnis ist mit Ablauf des 14.10.2022 in Rechtskraft erwachsen.
1.5. Zur Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten ist festzustellen, dass sich dieser hinsichtlich des Nichttragens der FFP2-Maske geständig zeigt, die Sache tut dem Disziplinarbeschuldigten leid. Er hat glaubhaft gemacht, dass er, würde er wieder in die gleiche Situation kommen, die Maske tragen würde.
Hinsichtlich des Nichttragens der FFP2-Maske hat der Disziplinarbeschuldigte fahrlässig gehandelt.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und den in der mündlichen Verhandlung aufgenommenen Beweisen.
2.2. Die Feststellungen zu 1.1. gründen sich auf die Disziplinaranzeige sowie auf die dieser entsprechenden Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht. Diesen Angaben sind die Parteien nicht entgegengetreten und können diese daher der Entscheidung unterstellt werden.
2.3. Die Feststellungen zu 1.2. gründen sich auf die den Parteien in der mündlichen Verhandlung konkret vorgehaltene Aktenlage, dieser sind die Parteien auch nicht entgegengetreten. Daher kann diese den Feststellungen unterstellt werden.
2.4. Die Feststellungen zu 1.3. gründen sich auf die Disziplinaranzeige zum Vorfall am 06.02.2022 sowie auf die dieser im Wesentlichen entsprechenden Angaben des Beschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht. Der Handlungsablauf des 06.02.2022 – soweit hier relevant – ist in Wahrheit nicht strittig. Daher sind die gegenständlichen Feststellungen zu treffen.
2.5. Die Feststellungen zu 1.4. gründen sich auf das von der Bezirkshauptmannschaft Braunau vorgelegte Straferkenntnis sowie die am 17.04.2023 erfolgte Rechtskraftbestätigung. Diese wurde den Parteien vorgehalten und traten die Parteien dem Straferkenntnis und der Rechtskraftbestätigung nicht entgegen, daher können diese Beweismittel den Feststellungen zu Grunde gelegt werden.
2.6. Die Feststellungen zu 1.5. gründen sich auf die Verantwortung des Disziplinarbeschuldigten in der mündlichen Verhandlung, die vom erkennenden Richter als nachvollziehbar und glaubwürdig beurteilt wird.
Für diese Beurteilung spricht auch der Umstand, dass der Disziplinarbeschuldigte gegen den diesbezüglichen Schuldspruch keine Beschwerde erhoben hat.
Das Bundesverwaltungsgericht hat während der mündlichen Verhandlung den Eindruck bekommen, dass der Beschwerdeführer während der Demonstration nicht daran gedacht hat, dass er die Maske nicht abnehmen darf. Dies entspricht auch der Begründung des Disziplinarerkenntnisses. Anzumerken ist, dass der (rechtskräftige) Schuldspruch zu römisch eins.a) die ausdrückliche Nennung der Schuldform vermissen lässt, sodass die Schuldform (für die Strafbemessung) festzustellen ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Ausspruch über Schuld und Strafe in einer Disziplinarsache trennbar ist. Hinsichtlich nicht bekämpfter Teile eines als Disziplinarerkenntnisses bezeichneten Bescheides tritt Teilrechtskraft ein. Wird allein der Ausspruch über die Strafe bekämpft, so erwächst der Schuldspruch in Rechtskraft (VwGH 23.02.2000, 97/09/0082; VwGH 18.10.1989, 86/09/0178; VwGH 17.03.1982, 81/09/0103). Dies muss nach auch in die umgekehrte Richtung gelten.
Für das gegenständliche Verfahren bedeutet das, dass der Schuldspruch zu römisch eins.a), mit dem der Disziplinarbeschuldigte schuldig gesprochen wurde, am 06.02.2022, gegen 15.30 Uhr, an einer Demonstration in Linz (Schillerpark) teilgenommen und dabei gegen die zu diesem Zeitpunkt bestehende COVID-Schutzmaßnahmen verstoßen zu haben, indem er keine entsprechende FFP-2 Maske trug, in Rechtskraft erwachsen ist, weil dieser Spruchpunkt weder vom Disziplinarbeschuldigten noch vom Disziplinaranwalt bekämpft wurde.
3.2. Hingegen hat der Disziplinarbeschuldigte den Spruchpunkt römisch eins.b), mit dem ihm vorgeworfen wurde, am 06.02.2022, gegen 15.30 Uhr, an einer Demonstration in Linz (Schillerpark) teilgenommen und dabei ein Transparent mit der Aufschrift „Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“ getragen zu haben und der Disziplinaranwalt den Freispruch römisch II., mit dem der Disziplinarbeschuldigte vom Verdacht, am 06.02.2022, gegen 15.30 Uhr, an einer Demonstration in Linz (Schillerpark) teilgenommen und dabei auf seiner Jacke einen deutlich wahrnehmbaren Aufkleber mit der Aufschrift „KRITISCHER POLIZIST“ getragen zu haben, freigesprochen wurde, jeweils in Beschwerde gezogen.
Über diese Vorwürfe ist daher abzusprechen, es ist dem Disziplinaranwalt zu folgen, dass die unterschiedliche Beurteilung der beiden Sachverhalte nicht angezeigt erscheint.
Bei der Beurteilung des weiteren Sachverhaltes ist darauf hinzuweisen, dass sich der Disziplinarbeschuldigte zwar als Polizist zu erkennen gegeben hat, aber nicht den Eindruck erweckt hat oder erwecken wollte, für die gesamte Institution Bundespolizei zu sprechen. Dies ergibt sich aus dem Inhalt des Aufklebers („Kritischer Polizist“ nicht „Kritische Polizei“ oder „Kritische Bundespolizei“) und des Transparents („Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“ nicht „Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizei (bzw. Bundespolizei) für Grund- und Freiheitsrechte“).
Auch stellt sich gegenständlich – mangels entsprechenden Sachverhalts – nicht die Frage, ob eine Demonstrationsteilnahme in Uniform zulässig wäre oder nicht.
Gemäß Artikel 10, Absatz eins, 1. und 2. Satz EMRK hat jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung, wobei dieses Recht die Freiheit der Meinung und die Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten oder Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden und ohne Rücksicht auf Landesgrenzen einschließt. Gemäß Artikel 10, Absatz 2, EMRK kann sie bestimmten, da die Ausübung dieser Freiheiten Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, vom Gesetz vorgesehenen Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, wie sie in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes oder der Rechte anderer unentbehrlich sind, um die Verbreitung von vertraulichen Nachrichten zu verhindern oder das Ansehen und die Unparteilichkeit der Rechtsprechung zu gewährleisten.
Gemäß Artikel 11, Absatz eins, 1. Fall EMRK haben alle Menschen das Recht, sich friedlich zu versammeln. Gemäß Artikel 11, Absatz 2, EMRK darf die Ausübung dieser Rechte keinen anderen Einschränkungen unterworfen werden als den vom Gesetz vorgesehenen, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser Artikel verbietet nicht, dass die Ausübung dieser Rechte durch Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung gesetzlichen Einschränkungen unterworfen wird. Gemäß Artikel 7, Absatz 4, B-VG ist allerdings den öffentlich Bediensteten, einschließlich der Angehörigen des Bundesheeres, die ungeschmälerte Ausübung ihrer politischen Rechte gewährleistet, Österreich hat also von der von der EMRK eröffneten Möglichkeit, Mitglieder der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung hinsichtlich der Versammlungsfreiheit Beschränkungen aufzuerlegen, keinen Gebrauch gemacht.
Das bedeutet, dass eine Einschränkung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit auch für Polizeibeamte nur soweit zulässig ist, als sie diese vom Gesetz vorgesehenen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen und öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral oder des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Auch dem Beamten sind in seinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis alle Grundrechte (soweit sie in Betracht kommen) gewährleistet (VwGH 28.07.2000, 97/09/0106).
Der Verfassungsgerichtshof hat zur Meinungsfreiheit ausgeführt (zu alledem zusammenfassend VfGH 18.06.2019, E 5004/2018), dass nach Artikel 10, Absatz eins, EMRK jedermann Anspruch auf freie Meinungsäußerung hat. Vom Schutzumfang dieser Bestimmung, die das Recht der Freiheit der Meinung und der Freiheit zum Empfang und zur Mitteilung von Nachrichten und Ideen ohne Eingriffe öffentlicher Behörden einschließt, werden sowohl reine Meinungskundgaben als auch Tatsachenäußerungen sowie Werbemaßnahmen erfasst. Auch die Mitteilung von Tatsachen unterfällt daher dem Schutzbereich des Artikel 10, EMRK (unter Hinweis auf VfSlg 19.091/2010). Die „Mitteilung von Nachrichten oder Ideen“ im Sinne des Artikel 10, Absatz eins, EMRK kann dabei nicht nur sprachlich (auch durch Plakate – unter Hinweis auf VfSlg 18.652/2008 – oder Aufdrucke – unter Hinweis auf VfSlg 19.159/2010), sondern auch durch andere Formen der Kommunikation wie beispielsweise Symbole (unter Hinweis auf EGMR 08.07.2008, Fall Vajnai, Appl 33.629/06; 3.11.2011, Fall Fratanoló, Appl 29.459/10, und VfSlg 1207/1929 sowie VfSlg 19.662/2012), künstlerische Ausdrucksformen (unter Hinweis auf VfSlg 18.893/2009) oder sonstige Verhaltensweisen erfolgen, wenn und insoweit diesen gegenüber Dritten ein kommunikativer Gehalt zukommt (unter Hinweis auf VfSlg 19.662/2012; zu Akten nonverbaler Kommunikation unter Hinweis auf EGMR 23.9.1998, Fall Steel, Appl 24.838/94, Z92). Dass derartige Mitteilungen als belästigend, ja unter Umständen auch als störend oder schockierend empfunden werden, ändert ebenso wenig etwas am grundsätzlichen Schutz derartiger kommunikativer Verhaltensweisen durch Artikel 10, EMRK (unter Hinweis auf EGMR 07.12.1976, Fall Handyside, Appl 5493/72, Z43 ff. und EGMR 24.05.1988, Fall Müller, Appl 10.737/84, Z27 ff. sowie VfSlg 10.700/1985) wie der Umstand, dass diese primär aus finanziellen Antrieben gesetzt werden (unter Hinweis auf EGMR 24.02.1994, Fall Casado Coca, Appl 15.450/89, Z35). Eingriffe in die Meinungsäußerungsfreiheit sind nach Artikel 10, Absatz 2, EMRK zulässig, sie müssen jedoch im Hinblick darauf, dass die Ausübung dieser Freiheit Pflichten und Verantwortung mit sich bringt, gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffentlichen Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Verbrechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung von vertraulichen Nachrichten oder zur Gewährleistung des Ansehens und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung notwendig sein (unter Hinweis auf EGMR 26.4.1979, Fall Sunday Times, Appl 6538/74, EuGRZ 1979, 386 [390] und abermals EGMR 24.02.1994, Fall Casado Coca, Appl 15.450/89, sowie VfSlg 12.886/1991, VfSlg 14.218/1995, VfSlg 14.899/1997 sowie VfSlg 16.555/2002).
Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Meinungsfreiheit (in Bezug auf Dienstpflicht-verletzungen) ausgeführt, dass, ist außerdienstliches Verhalten eines Beamten dahin zu beurteilen, ob die diesem Beamten zurechenbaren inkriminierten Textstellen, die er in Artikeln in einer näher bezeichneten Zeitschrift bzw. Publikation veröffentlichte, das zulässige Maß angemessener Kritik und damit die Schwelle zur disziplinären Erheblichkeit im Grund des Paragraph 43, Absatz 2, BDG überschritten haben, so vermag im Hinblick auf das Grundrecht auf Meinungsfreiheit und die den öffentlichen Bediensteten durch Artikel 7, Absatz 4, B-VG gewährleisteten Rechte ein nur geringes Fehlverhalten die disziplinäre Verfolgung des Beamten nicht zu rechtfertigen. Die disziplinäre Ahndung der Äußerungen des Beamten darf nicht dazu führen, seine Kritik an öffentlichen Einrichtungen oder Institutionen zu unterbinden, bildet die Möglichkeit zur sachlichen, in der gebotenen Form geäußerten Kritik doch ein unverzichtbares, aus der Meinungsäußerungsfreiheit erfließendes, jedermann zustehendes Recht in einem demokratischen Gemeinwesen. Das Disziplinarrecht dient nicht dazu, die sachliche, in gebotener Form vorgetragene Kritik an tatsächlichen oder – aus der Sicht des Kritisierten – vermeintlichen Missständen zu verhindern, gilt das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung doch nicht nur für Nachrichten oder Ideen, die ein positives Echo haben oder die als unschädlich oder gleichgültig angesehen werden, sondern auch für solche, die provozieren, schockieren oder stören. Es ist nicht zu untersuchen, ob die Kritik des Beamten, mag sie von der kritisierten Behörde auch als unrichtig, widerlegbar oder scharf empfunden werden – objektiv richtig oder unrichtig ist, oder ob dem Beamten der Wahrheitsbeweis für seine Meinung gelungen ist, weil Kritik an vermeintlichen Missständen auch zulässig sein muss, ohne dass der Kritiker für die objektive Richtigkeit oder erfolgreiche Beweisführung seiner Meinung disziplinär haftet (VwGH 18.06.2014, 2013/09/0115).
Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es auch Ärzten möglich sein muss, in dieser Eigenschaft an öffentlichen Debatten über gesundheitspolitische Themen (unter Hinweis auf EGMR 16.02.2016, Ärztekammer für Wien und Dorner/Austria, 8895/10) teilzunehmen und Sachkritik zu äußern, zumal diesen eine höhere Expertise zukommt (unter Hinweis auf VfGH 02.03.1994, B 2045/92). Zu betonen ist allerdings, so der Verwaltungsgerichtshof weiter, dass bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Aussagen von Ärztinnen und Ärzten, insbesondere zum Schutz des Vertrauens der allgemeinen Bevölkerung in die Seriosität der Berufsausübung und Fachexpertise, ein – auch im ärztlichen Berufsrecht verankerter – strengerer Maßstab anzulegen ist. Äußerungen, die „gar der Vernunft“ widersprechen, sind von der Meinungsäußerungsfreiheit keinesfalls gedeckt (VwGH 22.03.2023, Ra 2021/09/0269, unter Hinweis auf VwGH 28.10.2021, Ra 2019/09/0140).
Darüber hinaus ist darauf hinzuweisen, dass etwa ein Landeswahlvorschlag nach Paragraph 43, Absatz eins, Ziffer 2, NRWO die Bewerber für die Landes- und Regionalparteiliste unter Angabe des Familiennamens, Vornamens, Geburtsdatums, Geburtsortes, Berufes und der Adresse jedes Bewerbers, zu enthalten hat. Daraus ist zu schließen, dass auch der Beruf ein wesentliches Element der politischen Tätigkeit bzw. eine wesentliche Entscheidungshilfe für den Wähler darstellt, welche Parteiliste er auf Grund der Bewerber und – unter anderem – deren Berufe wählen will.
Es erschließt sich daher aus der oben angeführte Rechtsprechung und etwa auch aus Paragraph 43, NRWO, dass der Beruf einer Person ein wesentliches Element ist, wenn diese ihre Meinung äußert; dies entspricht auch der Lebenserfahrung – so wird die Meinung einer Lehrerin in Bezug auf die Organisation der Schule oder des Unterrichts in einer objektiven Betrachtung mehr Bedeutung zuzumessen sein als der Meinung einer Polizistin während die Meinung der letzteren im Hinblick etwa auf die Kriminalitätsentwicklung in einer objektiven Betrachtung relevanter sein wird als die der Lehrerin. Daher würde es eine Einschränkung der Meinungsfreiheit und somit der politischen Rechte bedeuten, wenn man einem Polizisten, der ohne Uniform und in seiner Freizeit, an einer Demonstration teilnimmt, verbieten würde, auf seinen Beruf hinzuweisen, jedenfalls solange er nicht den Eindruck erweckt, dass die gesamte Bundespolizei seine Meinung teilt.
In Wahrheit gesteht das auch der Disziplinaranwalt in der Bescheidbeschwerde (siehe Sitzung 8) zu, wenn er in seiner Beschwerde ausführt, dass die Teilnahme des Disziplinarbeschuldigten an der Versammlung die Öffentlichkeit kaum interessiert hätte, hingegen, dass er als Polizeibeamter teilnahm, schon; das sei – so der Disziplinaranwalt weiter – der Sinn und Zweck des öffentlichen Tragens des Stickers mit der Aufschrift „kritischer Polizist“ sowie des Banners gewesen. Der Disziplinaranwalt erkennt also den Wert des Bezugs auf die dienstliche Stellung bei der Meinungsäußerung des Disziplinarbeschuldigten, verkennt nur, dass dieser Bezug daher schon aus diesem Grund von Artikel 10, EMRK gedeckt ist.
Der Disziplinarbeschudigte hat hier aber gerade nicht zu erkennen gegeben, für die gesamte Bundespolizei zu sprechen, dieser hat sich immer nur als Polizist, nicht aber als offizieller Vertreter der Bundespolizei, ausgegeben. Alleine, dass ein Polizist in Uniform auf dem Transparent zu sehen war, erweckt in einer objektiven Betrachtung noch nicht den Eindruck, dass hier für die Bundespolizei gesprochen werden sollte.
Auch hat der Beschwerdeführer die Grenzen der Meinungsfreiheit, die sich im Wesentlichen an der Strafbarkeit der Meinungsäußerung, etwa nach Paragraphen 111,, 115 StGB, dem VerbotsG udgl. zu orientieren hat, nicht überschritten und wäre eine durch das Disziplinarrecht insoweit vorgesehene Beschränkung der Meinungsfreiheit als nicht innerhalb der Grenzen des Artikel 10, Absatz 2, EMRK gelegen zu beurteilen.
Richtig verweist der Disziplinaranwalt auch darauf, dass ein Beamter, der durch sein außerdienstliches Verhalten bei Dritten (der Allgemeinheit) Bedenken auslöst, dass er bei der Vollziehung der ihm obliegenden gesetzlichen Aufgaben aktuell und künftig immer rechtmäßig vorgehen werde und damit eine Glaubwürdigkeit einbüßt, eine Dienstpflichtverletzung begeht bzw. die Grenzen des Artikel 10, EMRK überschreitet (siehe für einen entsprechenden Fall BVwG 07.03.2023, W170 2261302-1/23E sowie den diesbezüglichen, die Revision zurückweisenden Beschluss VwGH 05.05.2023, Ra 2023/09/0059). Dies ist hier aber nicht der Fall, alleine einer in der gebotenen Form – dass eine friedliche Demonstration eine solche Form ist, ergibt sich schon aus Artikel 11, EMRK – vorgebrachten Kritik zu unterstellen, sie würde das Vertrauen der Allgemeinheit in die Gesetzestreue und den rechtmäßigen Vollzug der dem Beamten obliegenden gesetzlichen Aufgaben aktuell und künftig in Frage stellen, würde zu einer Aushöhlung der oben dargestellten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte der Beamten führen. Dieser Auslegung kann das Bundesverwaltungsgericht daher nicht beitreten. Es ist daher auch nicht zu prüfen, ob es für die Ausübung der Meinungsfreiheit erforderlich war, dass der Disziplinarbeschuldigte auf seine dienstliche Stellung hinweist, es ist ihm (dem liberalen Grundgedanken der Bundesverfassung folgend) nicht verboten, also erlaubt.
Das Verhalten des Beschwerdeführers während er am 06.02.2022, gegen 15.30 Uhr, an einer Demonstration in Linz (Schillerpark) teilgenommen und dabei ein Transparent mit der Aufschrift „Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“ getragen und auf seiner Jacke einen deutlich wahrnehmbaren Aufkleber mit der Aufschrift „KRITISCHER POLIZIST“ getragen hat, ist daher jedenfalls von der Meinungsfreiheit nach Artikel 10, Absatz eins und 2 EMRK in Verbindung mit Artikel 7, Absatz 4, B-VG gedeckt.
Daran ändert auch die mediale Berichterstattung nichts, weil es auf eine solche im Nachhinein erfolgende Berichterstattung nicht ankommen kann. Auch ist die deutsche Rechtsprechung für das Bundesverwaltungsgericht nicht erheblich vergleiche VwGH 30.10.2018, Ra 2018/05/0251), zumal diese nicht näher zitiert wurde.
Daher ist die Beschwerde des Disziplinaranwaltes gegen den Freispruch unter Spruchpunkt römisch II. abzuweisen und der Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten gegen den Schuldspruch unter Spruchpunkt römisch eins.b) stattzugeben und dieser vom Verdacht, er habe dadurch, dass er am 06.02.2022 gegen 15.30 Uhr an einer Demonstration in Linz (Schillerpark) teilgenommen und dabei ein Transparent mit der Aufschrift „Es reicht! WIR gemeinsam für EUCH! Polizisten für Grund- und Freiheitsrechte“ getragen habe, schuldhaft eine Dienstpflichtverletzung gemäß Paragraph 43, Absatz 2, BDG begangen, freizusprechen.
3.3. Zur Strafbemessung ist einleitend darauf hinzuweisen, dass der Disziplinarbeschuldigte (nur) schuldig gesprochen wurde, am 16.02.2022 gegen 15:30 Uhr an einer Demonstration in Linz (Schillerpark) teilgenommen und dabei gegen die zu diesem Zeitpunkt bestehenden COVID-Schutzmaßnahmen verstoßen zu haben, indem er keine entsprechende FFP2-Maske trug.
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Paragraph 129, BDG auf Grund einer vom Beschuldigten erhobenen Beschwerde das Disziplinarerkenntnis nicht zu seinen Ungunsten abgeändert werden darf sowie dass – wie schon unter 3.1. ausgeführt –der Ausspruch über Schuld und Strafe in einer Disziplinarsache trennbar ist. Hinsichtlich nicht bekämpfter Teile eines als Disziplinarerkenntnisses bezeichneten Bescheides tritt Teilrechtskraft ein (VwGH 23.02.2000, 97/09/0082; VwGH 18.10.1989, 86/09/0178; VwGH 17.03.1982, 81/09/0103).
Daher kommt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes dem Umstand, dass der Disziplinaranwalt zwar gegen den Freispruch (erfolglos) Beschwerde erhoben hat, aber (ausdrücklich) nicht gegen den Strafausspruch, die Wirkung zu, dass die Strafe mangels einer Beschwerde des Disziplinaranwaltes gegen diese nicht erhöht werden darf, auch wenn es in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine entsprechende Entscheidung noch nicht ergangen ist und der Wortlaut des Paragraph 129, BDG hier nicht eindeutig ist; man könnte die Ansicht vertreten, dass eine Beschwerde des Disziplinaranwaltes, auch wenn sich diese nur gegen einen Schuld- bzw. Freispruch wendet, eine Beschwerde gegen das Disziplinarerkenntnis ist und daher auch der Strafausspruch nicht mehr unter Paragraph 129, BDG fällt. Diese Auslegung findet sich aber nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht im Sinne des Gesetzes wieder.
Das bedeutet, dass im gegenständlichen Strafausspruch auch vom Bundesverwaltungsgericht höchstens eine Geldbuße in der Höhe von € 500 – diese befindet sich jedenfalls im Rahmen des Paragraph 92, Absatz eins, Ziffer 2,, Absatz 2, BDG – verhängt werden darf.
Bei der Bemessung einer Disziplinarstrafe ist – auch – eine Ermessensentscheidung zu treffen. Bei der Entscheidung über ein Disziplinarerkenntnis handelt es sich nicht um eine Verwaltungsstrafsache im Sinne des Artikel 130, Absatz 3, B-VG. Kommt das Verwaltungsgericht zur selben sachverhaltsmäßigen und rechtlichen Beurteilung, darf es vor dem Hintergrund des Artikel 130, Absatz 3, B-VG nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle der Ermessensübung durch die Bundesdisziplinarbehörde setzen. Jedoch ist das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung über die Bemessung einer Disziplinarstrafe nicht von der Verpflichtung zur Beurteilung entbunden, ob die Ermessensübung durch die Disziplinarkommission auf gesetzmäßige Weise erfolgte. Das Verwaltungsgericht hat im Fall einer gesetzwidrigen Entscheidung der Verwaltungsbehörde im Fall des Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG (Artikel 130, Absatz 4, B-VG) in der Sache selbst zu entscheiden und dabei auch eine Ermessensentscheidung zu treffen (VwGH 21.10.2022, Ro 2022/09/0007; VwGH 21.04.2015, Ra 2015/09/0009).
Gegenständlich erweist sich die Ermessensübung der Bundesdisziplinarbehörde schon auf Grund des rechtswidrigen Schuldspruches aber auch mangels der Einordnung der Dienstpflichtverletzung als leichte, mittlere oder schwere als nicht nachvollziehbar und daher als nicht auf gesetzmäßige Weise erfolgt.
Der Disziplinarbeschuldigte hat, wenn auch nur fahrlässig, während er sich aktiv als Polizist zu erkennen gab, in einer in Bezug auf die COVID-Maßnahmen kritischen Personenmenge, in der vielfach gegen die Maskenpflicht verstoßen wurde, gegen Paragraphen 8, Absatz 8, Ziffer 3,, 5 Absatz 4, COVID-19-MG, 13 Absatz 6, 4. COVID-19-MV verstoßen. Dabei handelt es sich um eine Norm, die er als Polizist selbst zu vollziehen hat. Das bedeutet, der Beschwerdeführer hat gegen eine Norm verstoßen, die er als Polizist selbst zu vollziehen hat, während er sich vor einer normenkritischen Personenmenge, in der vielfach gegen diese Norm verstoßen wurde, als Polizist zu erkennen gab. Es handelt sich hierbei objektiv und abstrakt um eine zumindest mittelschwere Dienstpflichtverletzung.
Es besteht ein großes generalpräventives Bedürfnis, dass Polizisten sich an Normen halten, die sie selbst zu vollziehen haben, insbesondere, wenn sie sich in der Freizeit aus eigenem als Polizist zu erkennen geben und insbesondere, wenn sie sich in einer normenkritischen Personengruppe befinden, in der es gerade zu vielfachen Verstößen gegen diese Normen kommt.
Hingegen ist das spezialpräventive Bedürfnis einer Bestrafung eher gering. Der bisher unbescholtene Disziplinarbeschuldigte hat angegeben, in Zukunft nicht mehr so (unüberlegt) zu handeln und ist das im Lichte seiner bisher tadellosen Vorgeschichte glaubhaft.
Daher ist der Strafrahmen für die am Beginn von 3.3. dargestellte Dienstpflichtverletzung jedenfalls mit einer Geldbuße im oberen Bereich (zwischen 90 und 100% eines Monatsbezuges) oder einer Geldstrafe im unteren Bereich (bis zu 1 ½ Monatsbezügen) festzusetzen.
Mildernd kommt das bisherige ordentliche Verhalten und das reumütige Geständnis des Disziplinarbeschuldigten in Betracht, erschwerend kein Umstand.
Daher überwiegen die Milderungsgründe die Erschwernisgründe erheblich und könnte mit einer Geldbuße in der Höhe eines halben Monatsbezuges, bestehend aus Grundbezug in der Höhe von € 2.385,90 und der Wachdienstzulage in der Höhe von € 111,40, das wären etwa € 1250,-, das Auslangen gefunden werden.
Gemäß Paragraph 129, BDG (siehe oben) kann im gegenständlichen Strafausspruch vom Bundesverwaltungsgericht jedoch höchstens eine Geldbuße in der Höhe von € 500 verhängt werden, daher ist die Beschwerde des Disziplinarbeschuldigten gegen die Strafhöhe lediglich abzuweisen.
3.4. Gemäß Paragraph 284, Absatz 115, 3. Satz BDG 1979 Bundesgesetzblatt Nr. 333 aus 1979, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 205 aus 2022,) ist Paragraph 117, Absatz 2, BDG 1979 auf Disziplinarverfahren, die von der Disziplinarbehörde bis zum Ablauf des 31.12.2022 eingeleitet werden (bzw. worden sind), weiterhin in der bis dahin geltenden Fassung anzuwenden.
Das gegenständliche Disziplinarverfahren wurde mit Einleitungsbeschluss der Behörde vom 11.08.2022, 2022-0.495.816, erlassen am 11.08.2022 bzw. 16.08.2022, eingeleitet, also war dieses bereits bis zum Ablauf des 31.12.2022 eingeleitet. Es ist daher Paragraph 117, Absatz 2, BDG 1979 in der bis zum Ablauf des 31.12.2022 geltenden Fassung anzuwenden, also in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 137 aus 2022,.
Paragraph 117, Absatz 2, BDG 1979, Bundesgesetzblatt Nr. 333 aus 1979, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 137 aus 2022,, lautete:
„§ 117 (1) …
(2) Wird über den Beamten von der Bundesdisziplinarbehörde eine Disziplinarstrafe verhängt, so ist im Erkenntnis auszusprechen, ob und inwieweit er mit Rücksicht auf den von ihm verursachten Verfahrensaufwand, seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit die Kosten des Verfahrens zu ersetzen hat; dasselbe gilt, wenn im Schuldspruch von der Verhängung einer Disziplinarstrafe abgesehen wird. Die aus der Beiziehung eines Verteidigers erwachsenden Kosten hat in allen Fällen der Beamte zu tragen.
(3) …“
Der Beschwerdeführer hat keine wesentlichen Kosten verursacht, es wird daher auf einen Kostenersatz verzichtet.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist schon alleine wegen der Rechtsfrage, ob eine Beschwerde des Disziplinaranwaltes gegen den Schuldspruch die Bindung des Bundesverwaltungsgerichtes an die maximale Höhe des Strafausspruches gemäß Paragraph 129, BDG beseitigt oder nicht, zulässig, da hier keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorzufinden ist.
Im Gegensatz zum entsprechenden Antrag des Disziplinaranwaltes vermeint das Bundesverwaltungsgericht hingegen, dass sich hinsichtlich der Frage, ob Polizisten bei der privaten Teilnahme an einer Demonstration auf ihren Berufsstand verweisen dürfen, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung findet, da sich im Lichte der Ausführungen unter 3.2. ergibt, dass eine Demonstration eine Ausübung der Meinungsfreiheit darstellt und bei einer solchen insbesondere auch der Berufsstand genannt werden darf.
ECLI:AT:BVWG:2023:W170.2269197.1.00