Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

01.08.2023

Geschäftszahl

W157 2252057-1

Spruch


W157 2252057-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER als Vorsitzende und die Richterinnen Dr. Susanne PFANNER und Dr. Daniela SABETZER als Beisitzerinnen über die Beschwerde der römisch 40 vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) vom römisch 40 betreffend die Feststellung von Verletzungen des AMD-Gesetzes, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid vom römisch 40 , der der beschwerdeführenden Partei am römisch 40 zugestellt wurde, stellte die belangte Behörde gegenüber der beschwerdeführenden Partei Folgendes fest:

„1. Gemäß Paragraph 61, Abs. l, Paragraph 62, Abs. l und Paragraph 66, Abs. l Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz (AMD-G), BGBI. l Nr. 84/2001 in der Fassung BGBI. l Nr. 190/2021, wird festgestellt, dass die römisch 40 als Mediendiensteanbieterin im Rahmen der im Fernsehprogramm römisch 40 ausgestrahlten Sendungen römisch 40 zu den Ereignissen am Abend bzw. in der Nacht des 02.11.2020 zum 03.11.2020 in der Wiener Innenstadt

a) indem bei den in der Sendung vorkommenden Darstellungen, konkret

i) des Angriffs eines Attentäters mit Schusswaffen auf eine vorbeikommende Person mit tödlichem Ausgang in der römisch 40 ,

ii) eines angeschossenen Exekutivbeamten am römisch 40 ,

iii) einer verletzten, in weiterer Folge verstorbenen, Person beim Lokal ‚ römisch 40 ‘,

iv) verletzter Passanten in der Innenstadt sowie

v) der Leiche eines Attentäters in der Nähe des römisch 40

in ihrer Aufmachung und ihrem Inhalt die Menschenwürde nicht geachtet wurde, Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G, in der Fassung BGBI. Nr. l 86/2015, verletzt hat und

b) indem bei der Berichterstattung entgegen der Aufrufe der Exekutive wiederholt Bilder und Videos von Ereignissen der Tatnacht ausgestrahlt wurden, womit den anerkannten journalistischen Grundsätzen nicht entsprochen und Nachrichten vor ihrer Verbreitung nicht mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft geprüft wurden, Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G, in der Fassung BGBI. Nr. l 86/2015, verletzt hat.

2. Gemäß Paragraph 62, Absatz 4, AMD-G wird festgestellt, dass es sich bei den Rechtsverletzungen gemäß Spruchpunkt 1.a) jeweils um schwerwiegende Rechtsverletzungen handelt.

3. Der römisch 40 wird gemäß Paragraph 62, Absatz 3, AMD-G aufgetragen, Spruchpunkt 1. binnen sechs Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides drei Mal in aufeinanderfolgenden Wochen im Rahmen des von ihr ausgestrahlten Programms römisch 40 jeweils an einem Werktag (Montag bis Freitag) zwischen römisch 40 in folgender Weise durch Verlesung und Einblendung des Textes im Bild zu veröffentlichen:

‚Die Kommunikationsbehörde Austria hat im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht Folgendes festgestellt:

Die römisch 40 hat im Rahmen ihrer Berichterstattung über den Terroranschlag in Wien am Abend des 02.11.2020 in der Sendung ‚ römisch 40 ‘ durch die Darstellung des Angriffs eines Attentäters mit Schusswaffen auf eine vorbeikommende Person mit tödlichem Ausgang in der römisch 40 , eines angeschossenen Exekutivbeamten am römisch 40 , einer verletzten Person, welche in Folge verstarb, beim Lokal ‚ römisch 40 ‘, verletzter Passanten in der Innenstadt sowie der Leiche eines Attentäters in der Nähe des römisch 40 die Menschenwürde nicht geachtet und damit das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz verletzt.

Ebenso hat die römisch 40 entgegen der Aufrufe der Exekutive wiederholt Bilder und Videos von Ereignissen der Tatnacht ausgestrahlt und damit das Gebot der journalistischen Sorgfalt verletzt.‘

Der römisch 40 wird gemäß Paragraph 29, Absatz eins, AMD-G aufgetragen, binnen weiterer zwei Wochen der KommAustria einen Nachweis der Veröffentlichungen gemäß Spruchpunkt 3. in Form von Aufzeichnungen zu übermitteln.“

2. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde der beschwerdeführenden Partei vom römisch 40 , mit welcher beantragt wurde, „[…] das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid in den Spruchpunkten 1.a Litera i, i,, iv und v sowie 1.b und den hierauf bezogenen Passagen der übrigen Spruchpunkte aufheben.“ Die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde nicht beantragt.

3. Die belangte Behörde übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht mit hg. am römisch 40 eingelangter Beschwerdevorlage den gegenständlichen Verwaltungsakt und gab bekannt, dass sie von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen habe. Sie verzichtete ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Mit Stellungnahme vom römisch 40 verzichtete sie neuerlich auf die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die belangte Behörde legte dem angefochtenen Bescheid die folgenden Feststellungen zugrunde vergleiche die Seiten 8 bis 21 des angefochtenen Bescheides):

römisch 40

Zur Berichterstattung am Abend des 02.11.2020

Vorauszuschicken ist, dass im Vorfeld der römisch 40 erstmals beginnenden Berichterstattung im Fernsehprogramm römisch 40 über die Ereignisse in der Wiener Innenstadt am Abend des 02.11.2020 folgende Tweets der Landespolizeidirektion Wien (LPD) ergingen:

Um 20:37 Uhr

Abbildung 1

um 20:56 Uhr

Abbildung 2

um 21:18 Uhr

Abbildung 3

und um 21:41 Uhr


Abbildung 4

Im Fernsehprogramm römisch 40 ‘ wurde um römisch 40 das laufende Programm unterbrochen, um die Sendung ‚ römisch 40 ‘ auszustrahlen, die die Berichterstattung im Zusammenhang mit dem Anschlag in der Wiener Innenstadt zum Gegenstand hatte.

Um römisch 40 werden Live-Aufnahmen eingespielt. Diese zeigen Beamte während des Einsatzes am römisch 40 in der Wiener Innenstadt. Die Einsätze der Polizei, samt Bewaffnung und Transportmittel, werden in Großaufnahme mitgefilmt.

Abbildung 5

Um römisch 40 entwickelt sich nachstehendes Gespräch zwischen dem Moderator römisch 40 (im Folgenden: Moderator) und der Reporterin römisch 40 (im Folgenden: Reporterin):

Moderator: „ römisch 40 , du bist uns jetzt live zugeschaltet. Was weiß man denn bisher. Ist immer noch höchste Alarmstufe, also, dass dieser Terrorakt noch im Gange ist?“

Reporterin: „Ja, die Großfahndung ist hier in der Wiener Innenstadt noch im Gange. Man sieht das hinter mir sehr gut. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot vor Ort. Jede Ecke hier um den römisch 40 , das römisch 40 Wiens, ist abgeriegelt. Also man kommt hier kaum noch durch. Die Polizei, das Innenministerium, hat die Wiener aufgerufen, in ihren Wohnungen, in ihren Häusern zu bleiben und diese Wohnungen nicht zu verlassen, weil die Lage eben noch so ungewiss ist. Es ist eben unklar. Es soll mehrere Täter geben. Einer wurde offenbar gefasst, einer soll sich in die Luft gesprengt haben. Es soll hier bei diesem Terrorakt mehrere Verletzte geben. Einer davon offenbar ein Polizist. Es soll aber noch mehrere Opfer geben, das ist derzeit aber nicht bestätigt …“

Um römisch 40 meldet der Moderator:

„ römisch 40 soeben haben wir die offizielle Stellungnahme bekommen, die dramatische, dass ein Polizist im Einsatz offensichtlich unter den Opfern ist. Also es gibt auch ein Augenzeugenvideo davon, als ein Polizist niedergeschossen wird, und dieser Mann dürfte jetzt seinen schweren Verletzungen erlegen sein, bestätigt das Innenministerium vor Kurzem …“

Um römisch 40 werden patrouillierende Beamte live in Großaufnahme an der römisch 40 gezeigt:

Abbildung 6

Um römisch 40 wird ein Video eingespielt. Auf diesem ist, von oben gefilmt, zu sehen, wie der Täter eine Gasse hinaufläuft, dann innehält und zwei Schüsse abfeuert, bevor er weiterläuft. Die Schussgeräusche sind deutlich hörbar.

Abbildung 7

Abbildung 8

Dies wird vom Moderator wie folgt kommentiert:

„Ich höre gerade, wir haben jetzt erste Bilder von Augenzeugen, die diesen Einsatz. Wir sehen hier zum Beispiel den Blick runter in eine Gasse in der Wiener Innenstadt und hier wird gleich einer der mutmaßlichen Täter auftauchen, mit einer halbautomatischen Waffe und in eine wilde Schießerei verwickelt sein. Wir zeigen dieses Video von Augenzeugen zur Gänze. Über diesen Teppich wird er ins Freie treten. Welches Gebäude das ist und was er da drin getan hat, wissen wir nicht. Das sind auch die Originaltonaufnahmen, selbstverständlich. Das sind unglaubliche Bilder aus Österreich, meine Damen und Herren.“

Das Video wird später wiederholt.

Um römisch 40 wird ein neues Video eingeblendet und mehrfach wiederholt. Auf diesem ist ein Ausgang der U-Bahnstation römisch 40 zu sehen, hinter dem sich zwei Personen zu verstecken versuchen. Währenddessen sind Schussgeräusche deutlich wahrzunehmen. Dazu hört man eine Stimme sagen: „Kopf rein, Kopf rein, Kopf rein. Das hat da Häuser getroffen. Kopf rein, Kopf rein.“

Abbildung 9


Um 22:05 Uhr meldet die APA Folgendes:

Um 22:05 Uhr meldet die APA Folgendes:

Abbildung 10

Um römisch 40 wird ein weiteres Video eingeblendet, wobei offensichtlich aus einem Lokal am römisch 40 heraus gefilmt wird. Dabei ist zu sehen, wie sich zwei Polizisten mit gezogener Waffe einer Person zu nähern versuchen. Diese Person eröffnet das Feuer, wobei die abgegebenen Schüsse gut hörbar sind. Im Zuge des Schusswechsels wird ein Polizist offenkundig getroffen, geht zu Boden und krümmt sich. Folgender Ton ist unter anderem aus dem Video deutlich zu hören: „Oh mein Gott. Die haben ihn erschossen Mann. Bist Du deppad.“

Das Video wird zu einem späteren Zeitpunkt, um römisch 40 , wiederholt.

Abbildung 11

Abbildung 12

Daraufhin wird um römisch 40 ein weiteres Video eingeblendet. Auf diesem sieht man den Außenbereich des Lokals ‚ römisch 40 . Dort sind mehrere Menschen, die eine am Boden liegende Person betreuen sowie eine große Blutlache deutlich sichtbar. Die am Boden liegende Person ist in der Folge aufgrund des Schussattentats verstorben.

Das Video wird später wiederholt.

Abbildung 13

Während der Einblendung dieses Videos kommentiert der Moderator wie folgt:

„Ein Wiener Innenstadt Lokal. Ganz offensichtlich liegt hier ein Getroffener im eigenen Blut. Furchtbar diese Szenen, die wir für Sie hier zusammengesammelt haben von Augenzeugen. Natürlich, meine Damen und Herren, ist das alles ungefiltert. Das sind erste Eindrücke. Es gibt auch keine bestätigten Quellen sozusagen. Wann ist das aufgenommen worden, was genau ist zu sehen. Aber es sind Bilder von heute Abend in Wien, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. Bei diesem Anschlag, Terroranschlag wie es der Innenminister unmissverständlich in einer Stellungnahme vor wenigen Augenblicken genannt hat. […]“

Danach führt der Moderator um römisch 40 Nachstehendes aus:

„Was wir Ihnen zeigen können, ist ein Foto jenes Mannes, der unter Umständen zur Tätergruppe gehören soll. Ich glaube, dass das, was mir die Redaktion gerade gesagt, auch jener Mann ist, auch den wir vorhin auf einem Augenzeugenvideo gesehen haben. Es soll dieser Mann, der offensichtlich dingfest gemacht werden konnte, überwältigt werden konnte, nicht unter den Toten sein, aber zumindest von der Polizei gestoppt werden können und es dürfte einer der Täter sein, die heute Abend in Wien einen Terroranschlag verübt haben. Ob es dieselbe Person ist, die wir vorhin gesehen haben in dem Augenzeugenvideo, ist nicht bestätigt.“

Dazu wird das vom Moderator erwähnte Bild eingeblendet, das eine bäuchlings und mit dem Gesicht am Boden liegende Person, die ganz offensichtlich leblos ist, darstellt.

Abbildung 14

Um römisch 40 weist der Moderator auf eine Meldung der Polizei hin:

„Die Polizei bittet die Menschen in Wien zuhause zu bleiben. Die öffentlichen Verkehrsmittel in Wien stehen, sind derzeit nicht zu benutzen, um diesen Einsatz nach Möglichkeit nicht zu stören oder gar auch sich als Passant in eine gefährliche Situation zu begeben. Weil die Lage sehr, sehr unübersichtlich ist und wir zur Stunde nicht sagen können, wie viele Täter wie schwer bewaffnet noch unterwegs sind.“

Um römisch 40 ergeht vom Twitter-Kanal der LPD Wien folgende Nachricht:

Abbildung 15

Um römisch 40 wird vom Moderator Nachstehendes erklärt:

„Und es gibt auch erste Bilder von möglichen Opfern. Wir haben vorhin Aufnahmen gesehen in einem bekannten Lokal, einem Restaurant. Und auch hier sieht man, dass Menschen offensichtlich schwer verletzt worden sind, die, ähm, getroffen worden sind. Entweder von Projektilen oder von abprallenden Projektilen und es gibt sehr viele Opfer, sagt die Wiener Berufsrettung, mehrere Tote und Schwerverletzte. Über die genaue Zahl können wir auch noch keine bestätigten Informationen Ihnen geben. Wir zeigen diese Bilder ganz bewusst, meine Damen und Herren. Es ist doch in dieser Form in Österreich sehr lang nicht mehr vorgekommen, dass ein Terroranschlag inmitten des Lebens sozusagen, noch dazu am Abend vor dem Lockdown, uns trifft.“

Während dieser Ausführungen werden Aufnahmen eingeblendet, die verletzte Personen und Helfer darstellen, wobei Verletzungen, Blutspuren und teilweise Gesichter erkennbar sind.

Abbildung 16

Abbildung 17

Abbildung 18

Die Sendung ‚ römisch 40 ‘ endet um römisch 40 .

Danach wird die durch sie unterbrochene Sendung ‚ römisch 40 ‘ weitergeführt. Um römisch 40 wird die Sendung ‚ römisch 40 beendet.

Es erfolgt um römisch 40 wiederum die Sendung ‚ römisch 40 ‘.

Es werden um römisch 40 bereits gezeigte Aufnahmen des Polizeieinsatzes und bereits gezeigte Videos (Abbildungen 6, 7, 8, 9) ausgestrahlt. Währenddessen erklärt der Moderator dazu Folgendes:

„Was Sie hier sehen, meine Damen und Herren, sind Augenzeugenvideos, Handyvideos, die direkt Szenen von heute Abend in Wien zeigen. Hier wird gleich einer der mutmaßlichen Täter zu sehen sein, die auf die Straße stürmen, aus welchem Gebäude ist nicht bekannt, und aus einer Langwaffe heraus das Feuer eröffnen. Wie gesagt, das sind Augenzeugenvideos aber es ist bestätigt, dass sie von heute Abend sind und diese Szenen zeigen, schauen Sie bitte!“

Um römisch 40 erneuert der Moderator den zuvor ( römisch 40 ) kommunizierten Hinweis der Polizei mit folgenden Worten:

„Nach wie vor lautet die Ansage der Polizei, dass die Menschen den ersten Bezirk verlassen sollen, wenn Sie zu Fuß unterwegs sind oder überhaupt gleich im Haus bleiben sollten.“

Um römisch 40 sagt der Moderator Folgendes:

„Wie immer ist in so einer Situation dies eine Gratwanderung, dem Informationsbedürfnis der Fernsehzuseher nachzukommen und sich in wilden Spekulationen zu ergehen. Letzteres wollen wir unbedingt vermeiden.“

Um römisch 40 wird ein Video, das Szenen auf einem Computer-Bildschirm zeigt, welche offenkundig mit dem Handy abgefilmt wurden, ausgestrahlt. Es wird mehrfach, teilweise im Schnelldurchlauf, vor- und zurückgespult und einige Male wiederholt. Das Video zeigt die römisch 40 in Wien, in der der Täter die Gasse mit gezückter Langfeuerwaffe entlangkommt und auf eine an der Seite stehende Person schießt (Abbildung 19). Die getroffene Person sackt daraufhin zu Boden und verharrt dort (Abbildung 20). Danach ist zu sehen, wie der Täter zurückkommt und noch einmal mit einer Handfeuerwaffe auf die am Boden liegende Person schießt (Abbildung 21). Während der Einblendung ist das Schussopfer stets verpixelt, es ist jedoch zu erkennen, dass es zu Boden sackt und dort liegen bleibt. Die angeschossene Person ist in der Folge im Krankenhaus verstorben.

Abbildung 19

Abbildung 20

Abbildung 21

Die Sendung ‚ römisch 40 ‘ endet um römisch 40 .“

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen sind unbestritten und können daher ohne Bedenken der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Gemäß Paragraph 62, Absatz eins, AMD-G besteht die Entscheidung der belangten Behörde in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung dieses Bundesgesetzes verletzt worden ist. Da die Bestimmung eine zeitraumbezogene Komponente aufweist, ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob im Zeitpunkt der inkriminierten Handlung bzw. Unterlassung, also des „Sachverhalts“ iSd Paragraph 62, Absatz eins, AMD-G, das AMD-G verletzt wurde. Die allfällige Feststellung der Rechtsverletzung hat sich daher auf den – regelmäßig in der Vergangenheit liegenden – Zeitpunkt bzw. Zeitraum der Tathandlung zu beziehen (VwGH 24.05.2022, Ra 2022/03/0015).

Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beurteilung im gegenständlichen Fall damit jene Fassung des AMD-G zugrunde zu legen, die zum Zeitpunkt des die Rechtsverletzungen begründenden Sachverhaltes in Geltung stand, demnach die Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 86 aus 2015,.

Paragraph 30, AMD-G in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 86 aus 2015, lautet auszugsweise:

„Allgemeine Anforderungen an audiovisuelle Mediendienste

Paragraph 30, (1) Audiovisuelle Mediendienste müssen im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.

[…]“

Paragraph 41, AMD-G in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 86 aus 2015, lautet auszugsweise:

„Programmgrundsätze

Paragraph 41, […]

(5) Berichterstattung und Informationssendungen haben in allen Fernsehprogrammen den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen. Nachrichten sind vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen.“

3.2. Zu den angefochtenen Spruchpunkten des Bescheids:

3.2.1. Mit den Spruchpunkten 1.a) ii), iv) und v) des angefochtenen Bescheids stellte die belangte Behörde gemäß den Paragraphen 61, Absatz eins,, 62 Absatz eins und 66 Absatz eins, AMD-G fest, dass die beschwerdeführende Partei als Mediendiensteanbieterin im Rahmen der im Fernsehprogramm „ römisch 40 “ am 2.11.2020 ab römisch 40 ausgestrahlten Sendungen „ römisch 40 “ zu den Ereignissen am Abend bzw. in der Nacht des 2.11.2020 zum 3.11.2020 in der Wiener Innenstadt Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G verletzt habe, indem bei den in der Sendung vorkommenden Darstellungen, konkret eines angeschossenen Exekutivbeamten am römisch 40 (Spruchpunkt 1.a) ii)), verletzter Passanten in der Innenstadt (Spruchpunkt 1.a) iv)) sowie der Leiche eines Attentäters in der Nähe des römisch 40 (Spruchpunkt 1.a) v)) in ihrer Aufmachung und ihrem Inhalt die Menschenwürde nicht geachtet worden sei.

Mit Spruchpunkt 1.b) des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde fest, dass die beschwerdeführende Partei im Rahmen derselben Sendungen Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G verletzt habe, indem bei der Berichterstattung entgegen der Aufrufe der Exekutive wiederholt Bilder und Videos von Ereignissen der Tatnacht ausgestrahlt worden seien, womit den anerkannten journalistischen Grundsätzen nicht entsprochen und Nachrichten vor ihrer Verbreitung nicht mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft geprüft worden seien.

Mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde gemäß Paragraph 62, Absatz 4, AMD-G fest, dass es sich bei den Rechtsverletzungen gemäß Spruchpunkt 1.a) jeweils um schwerwiegende Rechtsverletzungen handle.

Mit Spruchpunkt 3. des angefochtenen Bescheides wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß Paragraph 62, Absatz 3, AMD-G die in bestimmter Weise zu erfolgende Veröffentlichung von Spruchpunkt 1. aufgetragen.

Mit Spruchpunkt 4. des angefochtenen Bescheides wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß Paragraph 29, Absatz eins, AMD-G die Übermittlung eines Nachweises der Veröffentlichung gemäß Spruchpunkt 3. aufgetragen.

3.2.2. Begründend führte die belangte Behörde auf das Wesentliche zusammengefasst aus wie folgt:

3.2.2.1. Zur Ausgangslage:

Am Abend des 2.11.2020 habe in der Wiener Innenstadt ein Terroranschlag stattgefunden, wobei der Täter um 20:09 Uhr von der Polizei erschossen worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei nicht klar gewesen, dass es sich um einen einzigen Attentäter gehandelt habe, der Polizeieinsatz habe sich jedenfalls über die ganze Nacht erstreckt. Gewissheit darüber, dass es sich um einen Einzeltäter gehandelt habe, habe erst ab Bekanntgabe durch das Bundesministerium für Inneres am 3.11.2020 im Laufe des Vormittages bestanden. Im Programm „ römisch 40 " seien von römisch 40 Sondersendungen mit Berichterstattung über den Verlauf der Ereignisse ausgestrahlt worden, wobei live kommentiert und dazu wiederholt von Nutzern übermittelte Videos sowie Standbilder gezeigt worden seien. Weiters sei eigenes Filmmaterial von Orten der Ereignisse, zum Teil im Rahmen einer Live-Schaltung mit einer Reporterin vor Ort, gezeigt worden.

Die Ereignisse in der Wiener Innenstadt in dieser Nacht hätten unbestritten ein Ereignis mit hohem Berichterstattungsinteresse dargestellt. Der Ablauf des Abends, der erst sehr spät bzw. in der Nacht noch kaum zu gesicherten Erkenntnissen geführt habe, habe vor allem die live berichterstattenden Medien mit der Herausforderung konfrontiert, dem Zuschauer Informationen über das Geschehen zu vermitteln.

3.2.2.2. Zu den Verletzungen des Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G – Achtung der Menschenwürde:

3.2.2.2.1. Allgemeines:

Es handle sich bei Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G um eine im Bereich der Rundfunkgesetzgebung zentrale Norm, welche gegenüber dem Schutz einzelner Persönlichkeitsrechte ein umfassendes, grundlegenderes Konzept beinhalte, das in jeder Phase der Programmgestaltung zu beachten sei. Die Bestimmung entspreche Paragraph 10, Absatz eins, ORF-G.

Eine Verletzung der Achtung der Menschenwürde sei dann anzunehmen, wenn eine bestimmte Person zum Objekt herabgewürdigt werde; eine solche Beurteilung könne nur im Einzelfall erfolgen.

Die Verletzung der Achtung der Menschenwürde ergebe sich auch aus dem Ergebnis der Sendungsgestaltung, weshalb „menschenverachtende Sendungen“ einen wichtigen Anwendungsfall darstellten bzw. die deutsche Judikatur beschäftigt hätten. Diese gehe davon aus, dass derartige Sendungen trotz Einwilligung der Mitwirkenden gegen die Menschenwürde verstoßen könnten. Daraus sei zu folgern, dass das Prinzip der Achtung der Menschenwürde in jenem Zusammenhang noch viel mehr gefordert sei, wo – wie im vorliegenden Fall – keine Einwilligung der Gezeigten gegeben sei.

An die Erkennbarkeit der Betroffenen sei in diesem Zusammenhang ein sehr strenger Maßstab (zugunsten der Betroffenen) anzulegen; darüber hinaus sei die Erkennbarkeit nicht in jedem Einzelfall Voraussetzung für eine Verletzung der Achtung der Menschenwürde.

Jihadistenanschläge würden, auch wenn der verfahrensgegenständliche den ersten in Österreich dargestellt habe, an der Tagesordnung europäischer Hauptstädte stehen. Aus diesem Titel könne dem verfahrensgegenständlichen Anschlag daher nicht schlechthin ein derart herausragendes – gewissermaßen historisches – Berichterstattungsinteresse, das die Verletzung der Achtung der Menschenwürde rechtfertige, beschieden werden.

Wenn sich die beschwerdeführende Partei auf ihre Rolle als „public watchdog“ berufe, die über ein einmaliges schreckliches Ereignis berichte, so sei kritisch anzumerken, dass auch die Kommentierung die erforderliche Sensibilität für das Gebot der Achtung der Menschenwürde bei der Berichterstattung vermissen habe lassen, wie auszugsweise folgende Wortmeldungen des Moderators belegen würden: „Das sind Bilder, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen“; „Schauen Sie!“; „Ganz offensichtlich liegt hier ein Getroffener im eigenen Blut. Furchtbar diese Szenen, die wir für Sie hier zusammengesammelt haben von Augenzeugen.“; „Und auch hier sieht man, dass Menschen offensichtlich schwer verletzt worden sind, die, ahm, getroffen worden sind. Entweder von Projektilen oder von abprallenden Projektilen.“ oder „Wir zeigen diese Bilder ganz bewusst, meine Damen und Herren.“ Damit sei der Zuseher noch weiter veranlasst worden, sich voyeuristisch die Darstellung von Schock und Leid anzusehen.

3.2.2.2.2. Zur Darstellung eines angeschossenen Exekutivbeamten am römisch 40 (Spruchpunkt 1.a) ii) des angefochtenen Bescheides):

Gegenständliches Video zeige einen Schusswechsel am römisch 40 zwischen dem Täter und zwei Polizisten, von denen einer niedergestreckt werde. Es sei in dieser Sequenz insbesondere auf die spezielle Bedeutung des Audioelements zu verweisen: die gut hörbaren zahlreichen Schüsse, die den Eindruck vom Maschinengewehrsalven vermitteln würden, und die Kommentierung „Oh mein Gott. Die haben ihn erschossen, Mann. Bist du deppad.“, die beim Zuschauer den Eindruck entstehen lassen hätten müssen, dass der Polizist tödlich getroffen worden sei. Im Vorfeld erfolge in der Vorschau auf dieses Video folgende Moderation: „ römisch 40 soeben haben wir die offizielle Stellungnahme bekommen, die dramatische, dass ein Polizist im Einsatz offensichtlich unter den Opfern ist. Also es gibt auch ein Augenzeugenvideo davon, als ein Polizist niedergeschossen wird, und dieser Mann dürfte jetzt seinen schweren Verletzungen erlegen sein, bestätigt das Innenministerium vor kurzem. [...]".

Gezeigt würden Schüsse auf Polizisten und eine schwere Verletzung eines Polizisten im Dienst, wobei die Szene während der Sendungen öfter wiederholt werde. Der Polizist gehe spektakulär zu Boden, damit werde die Wehrlosigkeit, der ein angeschossener Mensch ausgesetzt sei, sowie das Überraschungsmoment, schwer verletzt zu werden, besonders unterstrichen. Der durch die Handyperspektive vermittelte Eindruck, hier handle es sich um eine harmlose, weil oft vorkommende, Szene, trage zum Eindruck der Entpersonalisierung der jedoch in Wirklichkeit getroffenen Person bei, wobei dieses Moment durch die oftmalige Wiederholung unterstrichen werde. Die vor der Ausstrahlung solcher Szenen vorzunehmende Abwägung zwischen einem legitimen Berichterstattungsinteresse und den Rechten der betroffenen Person falle aufgrund der Darstellung der Verletzung und der aus Zuschauersicht erwartbaren, mutmaßlichen Tötung des Polizisten – welche insbesondere durch das im Video deutlich zu hörende Gesprochene in Verbindung mit dem spektakulären Zusammenbruch des Polizisten jedenfalls insinuiert werde – klar zugunsten des Letzteren und seiner zu schützenden Menschenwürde aus. Auch erschließe sich das Erfordernis der Ausstrahlung der Szenen nicht, da eine Berichterstattung über das für die Öffentlichkeit Relevante durch ein „gelinderes Mittel“, nämlich ohne Zeigen des Videos, hätte bedient werden können.

Zusammenfassend sei durch die Ausstrahlung der Szene, die den Schuss auf einen Polizisten am römisch 40 darstelle, die Menschenwürde durch die Darstellung einer angeschossenen Person und – jedenfalls durch den begleitenden Ton aus Zuschauerperspektive erwartbar – des Sterbevorgangs der Person nicht geachtet worden und sei insofern eine Verletzung von Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G festzustellen.

3.2.2.2.3. Zur Darstellung verletzter Passanten in der Innenstadt (Spruchpunkt 1.a) iv) des angefochtenen Bescheides):

Das während der Sendung gezeigte Bildmaterial umfasse unter anderem die Darstellung von Personen, die an diesem Abend zufälligerweise in der Innenstadt anwesend gewesen und gerade verletzt oder versorgt worden seien. Es habe jedenfalls der Eindruck entstehen müssen, dass diese Personen von den Schüssen bzw. den Gewalthandlungen überrascht, dabei in Angst um ihr Leben versetzt, und zum Teil schwer verletzt worden seien.

Es seien am Boden liegende und zum Teil entblößte Personen zu sehen, die gerade medizinisch erstversorgt würden. Auf zwei weiteren Bildern seien Betroffene mit Verletzungen größeren Ausmaßes, die von großem Blutverlust zeugen würden, in Nahaufnahme zusehen.

Das Argument der beschwerdeführenden Partei, dass das Ereignis in Wien in seiner Gesamtdimension als historisch zu betrachten und daher die Darstellung von Verletzungen, so die Betroffenen in den Szenen unkenntlich gemacht seien, ohne Zweifel unabdingbarer Bestandteil der Berichterstattung sei, gehe ins Leere, weil die Darstellung in das Verhältnis zu ihrem Kontext zu setzen und anhand des Einzelfalls zu beurteilen sei. Die Darstellung von Personen in physischem Schmerz aufgrund von Schussverletzungen, offenkundig in einem physischen und psychischen Ausnahmezustand, stelle keinerlei Mehrwert für die Berichterstattung dar, sondern würde wohl eher Sensationsinteressen bedienen. Die Betroffenen seien in einer vulnerablen, höchstpersönlichen Lage zur Schau gestellt worden, wodurch sich kein Mehr an Information für die Allgemeinheit ergebe. Zweifellos werde durch die Darstellung in ihre Intimsphäre eingegriffen.

Zwar seien die Betroffenen nicht mit ihren Gesichtern erkennbar, es komme jedoch im Hinblick auf die Verletzung der Achtung der Menschenwürde nicht zwingend auf die Erkennbarkeit an. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass die Nahaufnahme der Kleidung der Opfer diese für ihr Umfeld erkennbar machen könne.

Zusammenfassend sei durch die Ausstrahlung von Szenen, die verletzte Passanten in der Innenstadt darstellten, die Menschenwürde nicht geachtet worden und sei insofern eine Verletzung von Paragraph 30, Absatz eins, AM D-G festzustellen.

3.2.2.2.4. Zur Darstellung der Leiche eines Attentäters in der Nähe des römisch 40 (Spruchpunkt 1.a) v) des angefochtenen Bescheides):

Zur Ausstrahlung dieses Bildes habe die beschwerdeführende Partei ausgeführt, dass die Szene mit dem mutmaßlich zu Tode gekommenen Attentäter von großem öffentlichem Interesse und Belang gewesen sei. Sie sei laut der beschwerdeführenden Partei nach einer Nacht des Schreckens der glaubwürdige Beleg für das Ende der akuten Bedrohung durch diesen Mann gewesen und durch eine sehr undeutliche Aufnahme, die das Gesicht der Person nicht zeige, erfolgt.

Die fehlende Erkennbarkeit bei der Darstellung einer Person schließe nicht pauschal eine Verletzung der Achtung der Menschenwürde aus und auch Toten würden postmortale Rechte zukommen vergleiche OGH 22.12.2016, 60b209/16b), zumal im Kommentar darauf hingewiesen worden sei, dass es sich mutmaßlich um jenen Täter handle, der vorher gezeigt worden sei. Die belangte Behörde könne nicht erkennen, dass der Darstellung des leblosen Körpers des Attentäters ein gesonderter Nachrichtenwert beizumessen gewesen wäre, der nicht beispielsweise auch durch die bloße Meldung über seinen Tod bedient werden hätte können. In diesem Zusammenhang habe beispielsweise der Österreichische Presserat erklärt, dass die 2011 im Zuge der Berichterstattung über Muammar al-Gaddafis Tod durch zahlreiche Medien gegangenen Bilder, die ihn sterbend bzw. tot abgebildet hätten, über ihren Zweck – nämlich den Tod al-Gaddafis zu bescheinigen bzw. den Bericht darüber abzurunden – hinausgegangen seien vergleiche Presserat 15.11.2011, 2011/56). Das bedeute, dass es schon einer erheblichen Rechtfertigung bedürfe, um den leblosen/toten Körper eines Menschen zu zeigen. Eine solche Rechtfertigung liege im gegebenen Zusammenhang jedoch nicht vor.

Zusammenfassend sei durch die Ausstrahlung eines Bildes, das die Leiche eines Attentäters in der Nähe des römisch 40 darstelle, die Menschenwürde nicht geachtet worden und insofern eine Verletzung von Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G festzustellen.

3.2.2.3. Zur Verletzung von Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G – Journalistische Sorgfaltsverpflichtung (Spruchpunkt 1.b) des angefochtenen Bescheides):

3.2.2.3.1. Allgemeines:

Hinsichtlich Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G, wo einerseits normiert sei, dass alle Fernsehprogramme den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen hätten, andererseits, dass Nachrichten vor ihrer Verbreitung auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen seien, könne auf die Judikatur zu einer ähnlichen Bestimmung – Paragraph 10, Absatz 5, zweiter Satz ORF-G – zurückgegriffen werden (BKS 25.2.2013, 611.806/0004-BKS/2013). Daraus ergebe sich, dass die Freiheit der Medien, wie sie in Artikel 10, EMRK verankert sei, nicht schrankenlos, sondern verbunden mit rechtlichen und ethischen Verpflichtungen sei, die im Begriff der „journalistischen Sorgfaltsverpflichtung“ gebündelt seien. Zur konkreten Interpretation journalistisch sorgfältigen Handelns könnte der Ehrenkodex des österreichischen Presserats herangezogen werden, welchem als Festschreibung der Branchenusancen (ohne rechtsverbindlichen Charakter) eine für die Interpretation von Normen wie etwa Paragraph 29, MedienG – welcher die Wahrnehmung journalistischer Sorgfalt normiere – wichtige Bedeutung zukomme. Demnach seien Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten und Kommentaren oberste Verpflichtung von Journalisten, habe jeder Mensch Anspruch auf Wahrung der Würde der Person und auf Persönlichkeitsschutz und seien Pauschalverdächtigungen und Pauschalverunglimpfungen von Personen und Personengruppen unter allen Umständen zu vermeiden.

3.2.2.3.2. Grundsätzliches zur Berichterstattung in Zusammenhang mit dem Terroranschlag am 2.11.2020:

Terrorberichterstattung stelle zweifellos einen Grenzgang für Massenmedien, insbesondere im Rahmen einer Live-Berichterstattung, dar und schaffe für diese eine Ausnahmesituation. Nichtsdestotrotz würden alle ausgestrahlten Sendungen eines Mediendienstanbieters den Verpflichtungen aus dem AMD-G unterliegen und sei eine Überprüfung der Berichterstattung am Maßstab von dessen Bestimmungen – auch als Teil der journalistischen Sorgfaltsverpflichtung – laufend vorzunehmen.

In diesem Kontext könne insbesondere von einem Mediendiensteanbieter erwartet werden, dass er sich mit der Möglichkeit von Terror-Vorfällen und den damit in Zusammenhang stehenden redaktionellen und rechtlichen Fragestellungen im Vorfeld auseinandergesetzt habe. Zahlreiche Institutionen hätten Richtlinien dafür ausgearbeitet und hätten sich viele Medien dazu veranlasst gesehen, eigene Verhaltensregeln zu kodifizieren bzw. sich internationale Richtlinien zu eigen zu machen vergleiche etwa Richtlinien einiger österreichischer Sender, des Österreichischen und Deutschen Presserats, der Regulierungsbehörden CSA und CaC oder der OSZE, der UN oder der UNESCO). Allen wohne die primäre Zielsetzung inne, dem Bestreben eines Medienanbieters, Reichweiten zu generieren, in dieser speziellen Situation Einhalt zu gebieten und keine Menschenleben durch fehlgeleitete Berichterstattung zu gefährden. Die UNESCO habe in ihren Richtlinien beispielsweise drei zentrale Regeln bei der Live-Berichterstattung über Terror formuliert: es dürften keine Menschen in Gefahr gebracht, Rettungs- und Sicherheitseinsätze dürften nicht behindert und Terroristen nicht mit Informationen versorgt werden.

Im Kontext derartiger Ereignisse sei insbesondere zu beachten, dass viele Terroristen durch ihre Gewalttaten Angst und Schrecken erzeugen wollten, kostenlose Publicity suchten und dass Sensationsberichterstattung die negativen Auswirkungen des Terrorismus verstärken könne. Im verfahrensgegenständlichen Kontext bedeute dies, dass die Beurteilung der Frage, ob das gesamte verfügbare Bildmaterial gesendet werden habe dürfen sowie inwiefern Ersuchen der Behörden in der Berichterstattung umzusetzen gewesen seien, vor dem Hintergrund von Terrorangriffen anders zu gewichten bzw. zu beurteilen sei.

Durch die gegenständlich im Großen und Ganzen ungefilterte und nicht weiter kontextualisierte Ausstrahlung angsteinflößender und verstörender Inhalte sei darüber hinaus in Kauf genommen worden, dass hinter dem Wiener Terroranschlag stehende Propagandaziele „kostenlose“ Reichweite erhalten hätten.

3.2.2.3.3. Zur Ausstrahlung von Bildern und Videos von Ereignissen der Tatnacht entgegen der Aufrufe der Exekutive:

Nach der Rechtsprechung des EGMR sei es Aufgabe der Medien, im Einklang mit ihren Verpflichtungen und ihrer Verantwortung Nachrichten und Ideen in allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu verbreiten, auch wenn sie insbesondere in Bezug auf den guten Ruf und die Rechte Dritter sowie eine funktionierende Rechtspflege gewisse Grenzen nicht überschreiten dürften. Auf Grund der „Pflichten und Verantwortung“, die der Ausübung der Freiheit der Meinungsäußerung immanent seien, stehe der Schutz, der Journalisten in Bezug auf die Berichterstattung über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse durch Artikel 10, EMRK gewährleistet werde, unter dem Vorbehalt, dass sie im guten Glauben und auf einer richtigen Tatsachengrundlage tätig werden und zuverlässige sowie präzise Informationen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der journalistischen Berufsethik liefern.

Zu berücksichtigen sei, dass es im verfahrensgegenständlichen Zeitraum, also in der Nacht vom 2.11.2020 auf den 3.11.2020, sehr schwer gewesen sei, offizielle bzw. gesicherte Information der Behörden bzw. Informationen über die in der Wiener Innenstadt stattfindenden Ereignisse zu erhalten und es der Situation geschuldet gewesen sei, dass Meldungen immer wieder korrigiert werden hätten müssen.

Spätestens ab 20:37 Uhr des 2.11.2020 sei aufgrund einer Twitter-Meldung der LPD Wien klar gewesen, dass in der Wiener Innenstadt ein größerer Polizeieinsatz am Laufen gewesen sei. Der Tweet habe weiter besagt, dass, sobald es Näheres gäbe, diese Informationen auf ebendiesem Kanal der LPD Wien verfügbar gewesen wären. Es sei insofern von der zuständigen Behörde eine Quelle genannt worden, bei der gesicherte Informationen abgerufen werden hätten können.

Die beschwerdeführende Partei habe die Berichterstattung in ihrer Sondersendung mit offenkundig nicht näher geprüften, jedenfalls nicht weiter kontextualisierten Bildern und Videos von Ereignissen der Tatnacht untermalt. Nähere Angaben zur Herkunft der Videos seien nicht gemacht bzw. die Zusehenden auf die nicht näher bestimmbare Herkunft nicht hingewiesen worden. Dies erscheine umso problematischer, als ein Teil der Berichterstattung durch die wiederholte Wiedergabe dieser Videos, die offenkundig auch nicht redaktionell bearbeitet oder in sonstiger Weise kontextualisiert worden seien, unterlegt worden sei. Unbeschadet der Frage der Provenienz (die allenfalls auch durch das Redaktionsgeheimnis gedeckt gewesen wäre) hätte etwa darauf hingewiesen werden können, dass aufgrund des Live-Charakters der Berichterstattung eine nähere Prüfung der Bilder nicht möglich gewesen wäre, dass die Authentizität nicht bestätigt werden habe können, es sich bei den zugegangenen Videos um keine Live-Aufnahmen gehandelt habe und vieles mehr. Dieser schon dem Grunde nach bestehenden Verpflichtung eines Mediendienstenanbieters, Wahrheit und Herkunft von verwendetem Material zu klären und bei Ausstrahlung zu erklären, wäre in Anbetracht gegenständlicher Berichterstattung besondere Bedeutung zugekommen. Dabei sei nämlich auch erheblich, dass nach insoweit klaren Angaben der Polizei die Gefährdungslage in der ganzen Nacht nicht vorbei gewesen sei und es der beschwerdeführenden Partei bewusst gewesen sein hätte müssen, dass das Zeigen dieser Aufnahmen für Beteiligte unter Umständen lebensbedrohlich sein habe können, vor allem für in der Innenstadt wohnhafte oder anwesende Personen. Weiters hätten die Aufnahmen auch wichtige Anhaltspunkte für den/die Täter dargestellt, und seien geeignet gewesen, den umfassenden Polizeieinsatz zu hintertreiben, was von der Polizei auch im Laufe des Abends mehrmals kommuniziert worden sei.

Hinsichtlich des Einwands der beschwerdeführenden Partei, es habe sich um wahre Geschehnisse gehandelt, sei darauf zu verweisen, dass durch die wiederholte Untermalung der Berichterstattung mit den erwähnten Videos der unrichtige Eindruck vermittelt worden sei, es wären bis in die Nacht Schießereien im Gange, wohingegen der Täter bereits um 20:09 Uhr erschossen worden sei und damit die Schusswechsel tatsächlich beendet gewesen seien. Betreffend den Zeitdruck der Recherche bzw. der Ausstrahlung sei jedenfalls festzuhalten, dass diese in Anbetracht der Tatsache, dass es sich – ausgenommen der selbst hergestellten Videoeinspieler – nicht um Live-Aufnahmen gehandelt habe, jedenfalls nicht so groß gewesen sei, um im Interesse einer raschen Information der Öffentlichkeit weitgehend ungeprüftes Bildmaterial bzw. dessen Ausstrahlung ohne entsprechende, begleitende Hinweise zu rechtfertigen.

Die Polizei habe spätestens ab 20:56 Uhr immer wieder an die Allgemeinheit appeliert, einerseits öffentliche Plätze zu meiden, andererseits, keine Videos zu teilen. Die Moderatoren der Sendung hätten im Laufe des Abends zwar mehrmals auf den Appell der Polizei hingewiesen, man möge zu Hause bleiben bzw. die Wiener Innenstadt meiden, sie hätten jedoch zu keinem Zeitpunkt auf die Warnung der Sicherheitskräfte hingewiesen, man möge keine Videos und Fotos in den sozialen Medien posten, weil man dadurch Einsatzkräfte und Bevölkerung gefährde, wiewohl diese Aufforderung durch die Polizei mehrmals getwittert (20:56 Uhr, 21:18 Uhr, 21:41 Uhr) bzw. über die APA gemeldet worden sei. Vielmehr habe sich die beschwerdeführende Partei selbst den zahlreichen Aufforderungen der Exekutive widersetzt und Videos aus sozialen Medien ausgestrahlt.

Massenmedien hätten eine besondere Verantwortung, da sie per se einen Vertrauensvorsprung und eine im Wesentlichen erhöhte Glaubwürdigkeit – jedenfalls im Verhältnis zu sozialen Medien – beim Publikum genössen. Die Tweets der LPD Wien hätten nur dahingehend verstanden werden können, dass jegliche Verbreitung von Bildern und Videos aus der Tatnacht auch in Fernsehprogrammen, die eine weit höhere Glaubwürdigkeit (und in der Gleichzeitigkeit der Ausstrahlung eine höhere Reichweite) hätten, zu unterlassen sei.

Erschwerend komme hinzu, dass Polizeieinsätze gezeigt worden seien, deren Lokalisierung entweder über das Bildmaterial oder die Moderation leicht möglich gewesen sei. Die Preisgabe von Details über einen Polizeieinsatz, insbesondere, wenn er tatsächlich am Laufen und von einer derartigen Dimension sei, sei geeignet, letzteren zu hintertreiben bzw. zu behindern und insbesondere dem/den Täter/Tätern Informationen zur Verfügung zu stellen, die ihm/ihnen wesentliche Vorteile verschaffen könnten. In diesem Kontext sei schließlich zu berücksichtigen, dass laut APA der damalige Bundesminister für Inneres jedenfalls um 23:21 Uhr bzw. 23:31 Uhr noch von einem laufenden Terroranschlag gesprochen habe und auch betont habe, „es gebe in Wien keine regionale Eingrenzung der Gefahr".

Es gehe beim Vorhalt der belangten Behörde, die beschwerdeführende Partei hätte die gezeigten Videos nicht bzw. nicht in dieser Form zeigen sollen, nicht um eine Verhaltenspflicht, polizeiliche Anordnungen zu befolgen. Vielmehr gehe es darum, dass sich aus der journalistischen Verantwortung ergebe, dass an jenem Abend nicht verifiziertes und/oder verunsicherndes Bild- und Videomaterial, das entweder von Nutzern oder anderen Fernsehveranstaltern übermittelt worden sei, nicht bzw. nicht in dieser Weise ausgestrahlt werden hätte dürfen. Somit sei die Verhaltensmaßnahme, in einer Situation wie jener des Terroranschlags am 2.11.2020 die Ersuchen der Polizei inhaltlich vollständig zu kommunizieren, Ausfluss einer Gebotsnorm bzw. der Verantwortung dessen, der ein Massenmedium betreibe.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die beschwerdeführende Partei durch die entgegen der Aufrufe der Exekutive erfolgte Ausstrahlung von Bildern und Videos von Ereignissen der Tatnacht nicht den anerkannten journalistischen Grundsätzen entsprochen habe. Es sei daher eine Verletzung des Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G festzustellen.

3.2.2.4. Zum Ausspruch gemäß Paragraph 62, Absatz 4, AMD-G (Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß Paragraph 62, Absatz 4, AMD-G habe die Regulierungsbehörde in ihren Bescheid im Falle der Feststellung einer Rechtsverletzung einen Ausspruch aufzunehmen, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung einer Bestimmung dieses Bundesgesetzes handle. Beim Tatbestandsmerkmal der schwerwiegenden Rechtsverletzung sei der Regulierungsbehörde insoweit Ermessen eingeräumt, als sie nach den Umständen des Einzelfalls eine Wertung vorzunehmen habe.

Vor dem Hintergrund der gebotenen Einzelfallbetrachtung sei in Bezug auf die festgestellten Verletzungen der Achtung der Menschenwürde festzuhalten, dass es sich bei den inkriminierten Darstellungen um schwerwiegende Verletzungen des Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G handle, zumal Bilder und Videos von Menschen während des Terrorangriffs am 2.11.2020 in einem physischen und psychischen Ausnahmezustand – teilweise im Todeskampf – gezeigt worden seien.

Demgegenüber gehe die belangte Behörde im Hinblick auf die festgestellte Verletzung des Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G im gegenständlichen Einzelfall nicht von einer schwerwiegenden Verletzung aus.

3.2.2.5. Zu den aufgetragenen Veröffentlichungen (Spruchpunkte 3. und 4. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß Paragraph 62, Absatz 3, AMD-G könne die Regulierungsbehörde auf Veröffentlichung ihrer Entscheidung erkennen und dem Mediendiensteanbieter auftragen, wann, in welcher Form und in welchem Programm oder Mediendienst diese Veröffentlichung zu erfolgen habe. Eine Veröffentlichung nach Absatz 3, leg. cit. sei jedenfalls bei der Feststellung einer Rechtsverletzung durch den Mediendiensteanbieter als Medium erforderlich. Dies betreffe vor allem Fälle gesetzwidriger Programminhalte.

Der Verwaltungsgerichtshof habe das Interesse der Öffentlichkeit, über Rechtsverletzungen eines Rundfunkveranstalters informiert zu werden, unterschiedslos auch im privaten Rundfunk angenommen, zumal die Veröffentlichung jedenfalls auch dem Informationsbedürfnis der Marktteilnehmer diene vergleiche VwGH 14.11.2007, 2005/04/0180). In der Regel werde die angemessene Unterrichtung der Öffentlichkeit über eine verurteilende Entscheidung der Behörde stets erforderlich sein. Nur in jenem verhältnismäßig schmalen Bereich, in dem die Entscheidung für die Öffentlichkeit ohne jedes Interesse sei, könne eine Veröffentlichung unterbleiben.

Hinsichtlich des Zeitpunktes der Veröffentlichung sei davon auszugeben, dass die Veröffentlichung als öffentlicher „contrarius actus“ zu einem vergleichbaren Zeitpunkt aufzutragen sei, um „tunlichst den gleichen Veröffentlichungswert“ zu erzielen. Nicht zwingend (aber naheliegend) sei daher eine Veröffentlichung, welche durch die Wahl der Sendezeit ein vergleichbares Publikum erreiche. Dabei seien auch mehrfache Veröffentlichungen denkbar.

Es seien daher die Veröffentlichungen im gleichen audiovisuellen Mediendienst, in der die Rechtsverletzung stattgefunden habe, anzuordnen gewesen.

Die Vorlage der Aufzeichnungen diene der Überprüfung der Erfüllung des Auftrags zur Veröffentlichung und stütze sich auf Paragraph 29, Absatz eins, AMD-G.

3.3. Zur vorliegenden Beschwerde:

3.3.1. Zum Vorwurf der Verletzung des Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G:

3.3.1.1. Allgemeines:

Es sei nicht in Abrede zu stellen, dass die Menschenwürde einen zentralen und integralen Bestandteil der gesamten Rechtsordnung bilde. Allerdings werde auch der Medien- und Rundfunkfreiheit des Artikel 10, EMRK nach gefestigter Rechtsprechung eine zentrale Rolle zugeschrieben. Sie sei unter dem Vorbehalt des Artikel 10, Absatz 2, EMRK nicht nur auf „Nachrichten“ und „Ideen“ anwendbar, die positiv aufgenommen oder als harmlose oder gleichgültige Angelegenheiten betrachtet werden würden, sondern auch auf solche, die verletzen, schockieren oder beunruhigen würden. Sofern die beiden hier relevanten Rechtspositionen in einen Konflikt gerieten, bedürfe es daher einer Güterabwägung. Eine solche lasse auch Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G zu, sei doch anerkannt, dass es sich bei dieser Norm um eine weitgehend programmatische Bestimmung handle. Die Bestimmung schütze nicht nur die Grundrechte jener Personen, die „Subjekt der Sendung“ seien, sondern auch jene der Medienkonsumenten.

3.3.1.2. Menschenwürde des Berichtssubjekts und Erkennbarkeit:

Es komme bezogen auf die Menschenwürde und die Grundrechte des Betroffenen auf dessen Erkennbarkeit an. Nur dann sei es überhaupt denkbar, dass durch die Sendung eine Herabwürdigung [eines Menschen] zum Objekt eintrete bzw. der dem Wesen des Menschen entspringende Achtungsanspruch negiert werde. Dem Grundsatz, als abgebildeter Sterbender bzw. Toter nicht identifizierbar zu sein, werde in der Praxis der Bildberichterstattung regelmäßig dadurch Rechnung getragen, dass das Gesicht des Toten nicht zu sehen oder jedenfalls unkenntlich gemacht sei.

Eine Verletzung der Persönlichkeitssphäre ohne Betroffenheit (= Erkennbarkeit) sei ausgeschlossen. Daraus folge, dass jedenfalls hinsichtlich des Exekutivbeamten (Spruchpunkt 1.a) ii)), der verletzten Passanten in der Innenstadt, soweit sie nicht erkennbar seien (Spruchpunkt 1.a) iv)), und des Attentäters (Spruchpunkt 1.a) v)) eine Verletzung von Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G jedenfalls nicht mit dem Schutz der Menschenwürde der in den Berichtssequenzen vorkommenden Personen begründet werden könne.

3.3.1.3. Menschenwürde der Rezipienten:

Hinsichtlich der ebenso zu beachtenden Menschenwürde des Rezipienten komme es nicht zwingend auf die Erkennbarkeit an. Zur deutschen Parallelbestimmung sei anerkannt, dass für die Annahme eines unzulässigen Eingriffs eine besondere Intensität zu fordern sei, zumal dem Rezipienten, um dessen Schutz es gehe, die Möglichkeit des Wegschaltens und damit zur Selbstbestimmung (autonome Disposition über die eigene Würde) eröffnet sei. Tatbestandsmäßig sei daher unter dem Aspekt des allgemeinen Gewaltschutzes nur eine Darstellung, die in ihrer Wirkung verrohend wirke.

3.3.1.4. Berichtsinteressen:

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes seien bei der Auslegung der hier in Rede stehenden Bestimmungen nicht nur die durch sie positiv geschützten Grundrechte bzw. Rechtssphären zu beachten. Denn durch diese Bestimmungen werde – auf einfachgesetzlicher Ebene – gleichsam eine Drittwirkung der Grundrechte mit Bezug auf alle Sendungen statuiert und die Achtung der Menschenwürde postuliert. Dies könne allerdings auch zu einer Begrenzung der Freiheit der Meinungsäußerung bei der medialen Berichterstattung führen, weshalb auch im gegebenen Zusammenhang die Vorgaben des Artikel 10, Absatz 2, EMRK zu beachten seien.

Eine Verletzung der gesetzlichen Vorgaben sei nicht bereits dann gegeben, wenn mit den inkriminierten Darstellungen die Menschenwürde tangiert werde. Sei dies der Fall, müsse in einer Gesamtbewertung, welche auch die Berichtsinteressen und damit die Meinungsäußerungs- und Medienfreiheit berücksichtige, beurteilt werden, ob eine Verletzung der Menschenwürde und damit eine Verletzung von Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G vorliege.

Ein Abwägungsvorgang zwischen den Interessen der Betroffenen einerseits und der Berichterstattungs- und Informationsfreiheit der Öffentlichkeit andererseits sei notwendig, wobei letzteres überwiege, wenn die (drastische) Darstellung zur Verständlichmachung der menschlichen Dimension des Ereignisses unverzichtbar erscheine.

Die Ansicht der belangten Behörde, dass im gegenständlichen Zusammenhang kein besonders hoch zu wertendes Berichtsinteresse bestünde, weil „[…] Terroranschläge dieser Form […] an der Tagesordnung europäischer Hauptstädte [stünden]“, sei unzutreffend und strikt abzulehnen. Zwar hätte insbesondere zwischen 2015 bis 2017 eine abstoßende Häufung konstatiert werden müssen, Vorfälle mit einer derartigen Intensität seien in Westeuropa aber glücklicherweise die Ausnahme. Österreich habe bis zum 2.11.2020 in diesem Kontext als mehr oder minder sicher gegolten, habe doch der letzte halbwegs vergleichbare Terroranschlag im Dezember 1985 (Flughafen Wien) stattgefunden. Es könne wohl nicht strittig sein, dass das Berichtsinteresse auch vom sozialen Umfeld, in dem sich ein Vorfall ereigne, abhängig sei. Es wäre daher verfehlt, eine Häufung von Terroranschlägen in anderen Ländern als Grundlage dafür zu machen, das Berichtsinteresse geringer zu werten, wenn sich erstmals seit Jahrzehnten ein solcher Vorfall in Österreich ereigne. Maßgeblich müsse vielmehr in objektiver Würdigung sein, in welcher Intensität das friedliche Zusammenleben und die Sozialordnung bedroht erschienen. Daher gehe es keinesfalls an, die Geschehnisse vom 2.11.2020 auch nur in irgendeiner Weise zu relativieren; schließlich wäre im Zeitpunkt der Berichterstattung von einem Terroranschlag durch möglicherweise mehrere Personen im Zentrum der österreichischen Bundeshauptstadt die Rede gewesen.

Hervorzuheben sei, dass es um eine Live-Berichterstattung gehe. Die mit der Berichterstattung betrauten Journalisten hätten die Situation unmittelbar beurteilen müssen und keine Möglichkeit gehabt, die Dimension des Ereignisses ex post zu beurteilen. Dem müsse auch die rechtliche Bewertung folgen, d.h. es könne nur eine ex ante-Sicht relevant sein. Bei einer solchen bleibe, dass es sich am Abend des 2.11.2020 um eine für die österreichische Zivilbevölkerung seit Jahrzehnten nicht mehr gegebene Bedrohungssituation gehandelt habe.

Damit könne kein anderes Fazit bestehen, als dass in der damaligen Situation ein besonders ausgeprägtes Berichtsinteresse bestanden habe. Dies insbesondere auch deshalb, weil in zahllosen sozialen Netzwerken Videos, Berichte oder Behauptungen kursiert seien und sich die Medien gerade in einer solchen Situation ihrer ureigenen Aufgabe nicht entziehen könnten.

3.3.1.5. Zu Spruchpunkt 1.a) ii) (angeschossener Polizist):

Die konkrete Gestaltung des Beitrages entspreche einer wahrheitsgetreuen und journalistisch korrekten Abbildung des Geschehens in der Terror-Nacht und einer angemessenen, zugleich warnenden Berichterstattung über die Ereignisse in Wien, dies selbst wenn man trotz fehlender Erkennbarkeit von einer gewissen Beeinträchtigung der Menschenwürde des angeschossenen Beamten ausgehe. Hörbare Schusswechsel seien intrinsische Bestandteile einer nachrichtlichen Berichterstattung über ein Terror-Ereignis.

Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang meine, der Polizist sei spektakulär zu Boden gegangen, wodurch Wehrlosigkeit und Überraschungsmoment besonders unterstrichen worden seien, so sei auf die Belegfunktion der Medien hinzuweisen. Das visuelle Ausblenden von Bedrohung und ihren Folgen erfülle diesen Auftrag nicht. Die gezeigte Szene entspreche dem Anspruch einer international üblichen Dokumentation eines Terror-Ereignisses.

Demgemäß verfange es auch nicht, wenn die belangte Behörde meine, es hätte über die Ereignisse auch anders – nämlich ohne das Video – berichtet werden können. Das sei schon vom Ansatz her anzuzweifeln, zumal Fernsehen nun einmal ein audio-visuelles Medium sei und Berichte eben durch eine solche Wahrnehmungsform erfolgen würden. Sämtliche Elemente, die das Bedrohungspotential und die Dramatik der damaligen Ereignisse dokumentieren und belegen würden, würden vollständig aus der Berichterstattung entfernt werden, wenn die von den Spruchpunkten 1.a) ii), iv) und v) erfassten Sequenzen nicht gezeigt werden dürften.

Entgegen der Ansicht der belangten Behörde, dass jedenfalls durch den Ton (d.h. die Reaktion jener Personen, die das Video aufgenommen hätten) die Grenze des Zulässigen überschritten wäre, bringe dieser ganz im Gegenteil die Verunsicherung und Bedrohung für den Seher verständlich zum Ausdruck und sei daher Bestandteil der gerade angesprochenen Aufgabe.

3.3.1.6. Zu Spruchpunkt 1.a) iv) (Verletzte/Verletzungen):

Das Ereignis in Wien sei in seiner Gesamtdimension zweifelsohne als historisch zu betrachten. Ein Attentäter laufe mordend durch Wien und attackiere Passanten sowie Exekutivbeamte. Die Darstellung von Verletzungen, so die Betroffenen in den Szenen unkenntlich gemacht worden seien, sei demnach unabdingbarer Bestandteil der Berichterstattung. Diesbezüglich sei auf – zum Teil deutlich konkretere – Szenen von zum Teil schwereren Verletzungen (u.a. auch von Kindern) in der internationalen und österreichischen Katastrophen- und Kriegsberichterstattung zu verweisen. Eine Differenzierung der maßgeblichen Gestaltungsgrenzen je nachdem, wo sich der zu berichtende Vorfall ereigne, sei keinesfalls begründbar, denn die Menschenwürde sei immer gleich hoch anzusetzen, egal wo sich das Berichtsgeschehen ereigne. Setze sich der von der belangten Behörde eingenommene Beurteilungsansatz durch, würde mit einem Schlag ein großer Teil der Kriegs-, Terror-, Krisen- und Katastrophenberichterstattung unzulässig.

Daran könnten auch die von der belangten Behörde angesprochene Kontextrelevanz sowie der Hinweis auf den Eingriff in die Intimsphäre von Personen nichts ändern. Würde man diesem Ansatz folgen, wäre damit ein völliges Verbot der Bildberichterstattung über Anschläge oder Unfälle unter Einbeziehung der Opfer verbunden. Denn die körperlichen (zB. Gesundheitszustand, Krankenbehandlungen) und geistigen Befindlichkeiten würden zum Kernbereich der Intimsphäre des Menschen zählen und damit zum höchstpersönlichen Lebensbereich, weshalb dieser von der hier relevanten Berichterstattung stets betroffen sei.

3.3.1.7. Zu Spruchpunkt 1.a) v) (toter Attentäter):

Eine Verletzung von Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G scheide schon deshalb aus, weil der Attentäter nicht erkennbar sei und mangels besonderer Bloßstellung oder Missachtung der Rechtssphäre der Angehörigen auch keine sonstige Verletzung der Menschenwürde vorliege.

Hinsichtlich der Abwägung der gegenüberstehenden Interessenpositionen sei zu ergänzen, dass die Szene mit dem mutmaßlich zu Tode gekommenen Attentäter von großem öffentlichem Interesse sei. Sie sei nach einer Nacht des Schreckens der glaubwürdige Beleg für das Ende der akuten Bedrohung durch diesen Mann gewesen.

Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang meine, das Zeigen eines leblosen Körpers bedürfe einer erheblichen Rechtfertigung, werde jedenfalls die in Deutschland etablierte Meinung – in Österreich lägen keine Entscheidungen vor – verlassen und die maßgebliche Differenzierung vernachlässigt. Das Zeigen von anonymen bzw. nicht erkennbaren toten Körpern verstoße nur dann gegen die Menschenwürde, wenn besondere Umstände hinzuträten (Bloßstellung der Betroffenen, Traumatisierung der Angehörigen). Im vorliegenden Fall aber würden die für eine Verletzung der Menschenwürde zusätzlich zu fordernden Elemente völlig fehlen.

3.3.2. Zum Vorwurf der Verletzung des Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G:

3.3.2.1. Mangelhafter Spruch und Widerspruch zwischen Spruch und Begründung:

Gemäß Paragraph 62, Absatz eins, AMD-G bestehe die Entscheidung der Regulierungsbehörde in der Feststellung, ob und durch welchen Sachverhalt eine Bestimmung des AMD-G verletzt worden sei. Mediendiensteanbieter seien verpflichtet, einen der Rechtsansicht der Regulierungsbehörde entsprechenden Zustand herzustellen, sofern die Verletzung im Entscheidungszeitpunkt noch andauere. Aus Paragraph 63, AMD-G könnten weitere Rechtswirkungen der Feststellungsbescheide iSd Paragraph 62, Absatz eins, AMD-G resultieren. Es handle sich also ohne Zweifel um pflichtenbegründende Bescheide.

Den Bestimmtheitserfordernissen pflichtenbegründende Bescheide genüge Spruchpunkt 1.b) jedenfalls dann nicht, wenn man mit der von der belangten Behörde gegebenen Begründung davon ausgehe, dass die vorgeworfene Rechtsverletzung nicht darin bestehe, eine polizeiliche Aufforderung, keine Augenzeugenvideos zu senden, missachtet zu haben (so die Begründung auf Seite 44 erster Absatz des angefochtenen Bescheids). Das stehe allerdings im Spruch. Man müsste daher versuchen, aus der Begründung herauszudestillieren, worin nun genau das nach Ansicht der belangten Behörde Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G verletzende Verhalten liegen soll. Abgesehen davon, dass das auch der Begründung nicht hinreichend deutlich zu entnehmen sei, sei es nicht Aufgabe des Normunterworfenen, durch Analyse der Begründung herauszufinden, worin das pflichtenbegründende Verhalten nach Ansicht der Behörde liegen könnte. Mangels Bestimmtheit und weil Spruch und Begründung einander widersprächen, sei Spruchpunkt 1.b) mit Rechtswidrigkeit belastet.

3.3.2.2. Keine Verletzung der journalistischen Sorgfaltsverpflichtung:

In der rechtlichen Begründung würde die belangte Behörde zunächst ausführen, dass die Berichterstattung in der Sondersendung „mit offenkundig nicht näher geprüften, jedenfalls nicht weiter kontextualisierten Bildern und Videos von Ereignissen der Tatnacht untermalt" worden sei und nähere Angaben zur Herkunft der Videos nicht gemacht bzw. die Zusehenden nicht auf die nicht näher bestimmbare Herkunft hingewiesen worden seien (angefochtener Bescheid Seite 41). Das finde in den Feststellungen keine Grundlage. Denn nach diesen sei schon am Beginn der Sondersendung gesagt worden, dass die Lage ungewiss sei und dass die Informationen über die Opfer nicht bestätigt seien (angefochtener Bescheid Seite 11). Im Zusammenhang mit dem Video, das von oben gefilmt den Attentäter durch eine Gasse laufend zeige, werde informiert, dass es sich um ein Augenzeugenvideo handle (angefochtener Bescheid Seite 13). Zu jenem Video, das die Geschehnisse vor dem „ römisch 40 " wiedergebe, habe der Moderator gesagt: „Natürlich, meine Damen und Herren, ist das alles ungefiltert. Das sind erste Eindrücke. Es gibt auch keine bestätigten Quellen sozusagen. Wann ist das aufgenommen worden, was genau ist zu sehen“ (angefochtener Bescheid Seite 17). Auch in weiterer Folge werde mehrfach die unsichere Quellenlage und die Unübersichtlichkeit der Situation angesprochen vergleiche angefochtener Bescheid Sitzung 17, 18, 19).

Es sei daher jedenfalls der Vorhalt unzutreffend, es sei nicht auf die ungewisse Quellenlage hingewiesen und kein Gesamtkontext hergestellt worden. Vielmehr ergebe sich für den Seher ganz deutlich, dass am Abend des 2.11.2020 in der Wiener Innenstadt ein Terroranschlag verübt worden sei, bei welchem zahlreiche Personen schwer verletzt und möglicherweise sogar getötet worden seien, ein Großeinsatz der Polizei laufe, die Situation sehr unübersichtlich sei und Augenzeugenvideos kursieren würden.

Auch sei es nicht richtig, dass durch die wiederholte Untermalung der Berichterstattung der Eindruck erweckt worden sei, dass der Schusswechsel noch im Gange sei, wohingegen der Täter bereits um 20:09 Uhr erschossen worden sei (Bescheid Seite 41). Es sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den Videos um Augenzeugenvideos handle. Schon daraus werde klar, dass diese Quellen nicht live seien und die Geschehnisse schon einige Zeit zurückgelegen wären. Zudem werde in der Berichterstattung ( römisch 40 ) auch darauf hingewiesen, dass offenbar zumindest ein Täter dingfest gemacht werden habe können. Mit keinem Wort sei in der Berichterstattung ausgesagt worden, dass der Schusswechsel noch im Gang sei. Dass aber der Anschlag um 20:09 Uhr mit dem Tod des Alleintäters beendet worden sei, wisse man heute. Zum Zeitpunkt der Berichterstattung sei das völlig offen gewesen, was auch das Zitat von Innenminister Nehammer in der APA-Aussendung um 22:05 Uhr (Bescheid Seite 15) belege.

Auch die Ausführungen der belangten Behörde, dass die beschwerdeführende Partei sich behördlichen Aufforderungen widersetzt habe, habe keine Grundlage in den Feststellungen, da nach diesen die Sicherheitsbehörden die Öffentlichkeit aufgefordert hätten, nicht in sozialen Medien, sondern nur auf den Twitter-Kanal der Polizei „upzuloaden“. Es gebe hingegen keine Aussendung der Sicherheitsbehörden, wonach institutionalisierte Medien im Rahmen ihrer Berichterstattung kein Bildmaterial zu den Vorfällen zeigen sollten, es gebe keine Grundlage dafür, dass auch Fernsehprogramme gemeint gewesen wären. Es gebe für die elektronischen Medien überhaupt keine andere Alternative, als zumindest Teile der Videos aus sozialen Netzwerken selbst in die Berichterstattung einzubeziehen und eine breite Öffentlichkeit, die sich in den Medien zu informieren und orientieren versuche, aufzunehmen und die Situation in den richtigen Kontext zu setzen. Jede andere journalistische Aufbereitung würde die Bevölkerung geradezu zurück in die sozialen Netzwerke treiben. Ein Geschehen wie jenes am Abend des 2.11.2020 in der Wiener Innenstadt nicht auch durch Bilder zu dokumentieren, die tausendfach schon in diversen Kanälen kursierten, würde für die Medien ein Berichtsverbot bedeuten und sie der Erfüllung ihrer Aufgabe berauben.

Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang meine, es wäre erschwerend, dass Polizeieinsätze gezeigt worden seien, die aufgrund der Bilder leicht lokalisiert werden hätten können, sei das logisch nicht nachvollziehbar. Schließlich verweise die Behörde selbst auf die Aussagen des Innenministers, wonach es in Wien keine regionale Eingrenzung der Gefahr gebe (Bescheid Seite 42). Welche Details in einer solchen Situation preisgegeben würden, wenn eine Momentaufnahme am hohen Markt oder ein Einsatz am römisch 40 gezeigt würden, erschließe sich kaum. Schließlich bedinge die mangelnde Eingrenzbarkeit, dass die Sicherheitsbehörden an zahlreichen Orten ( römisch 40 aktiv seien. Der Seher habe daher nicht mehr erfahren als dass ein Großeinsatz in den Wiener Innenbezirken im Gange sei. Das sei aber aus zahlreichen Quellen – sogar den Verkehrsnachrichten – ohnedies bekannt gewesen.

3.4. Die vorliegende Beschwerde ist rechtzeitig und zulässig. Sie erweist sich aus folgenden Gründen jedoch nicht als berechtigt:

3.4.1. Zum Vorbringen betreffend die Spruchpunkte 1.a) ii), iv) und v) des angefochtenen Bescheids (Verletzung des Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G):

3.4.1.1. Allgemeines:

Der Menschenwürde kommt in der Rechtsordnung grundsätzliche Bedeutung zu. Sie umfasst in ihrer Komplexität zahlreiche zu schützende Aspekte und hat tragende Bedeutung in der Beurteilung von Fallkonstellationen, welche Folter, unmenschliche Behandlung oder Bestrafung (z.B. Todesstrafe, lebenslange Freiheitsstrafen), erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (z.B. Polizeigewalt, Haftbedingungen), Sklaverei, Leibeigenschaft, Menschenhandel, aber auch die Fairness im Verfahren sowie die Achtung des Privatlebens betreffen. Darüber hinaus gewährleistet sie den Würdeschutz vor der Geburt und nach dem Tod sowie im Zusammenhang mit Suizid, Sterbehilfe, sexueller Identität oder Diskriminierung vergleiche dazu wie von der belangten Behörde bereits zitiert Kleber, Die Menschenwürde als Prinzip der EMRK, NLMR 6/2020, 541).

Der Menschenwürde-Schutz besitzt zwei Funktionen: Zum einen dient er als Abwehrrecht gegen verletzende staatliche Maßnahmen, wendet sich also unmittelbar gegen den Staat; zum anderen dient er aber auch dem Schutz gegen Verletzungen durch Dritte, wodurch ein Schutzanspruch durch den Staat gewährt werden soll. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat in seiner Rechtsprechung ausgeführt, dass es den Begriff der Menschenwürde als tragendes Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte versteht vergleiche dazu die von der belangten Behörde zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE 6, 32 [36, 41]; 45, 187 [227]). Mit ihm ist der soziale Wert- und Achtungsanspruch des Menschen verbunden, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt. Menschenwürde in diesem Sinne ist nicht nur die individuelle Würde der jeweiligen Person, sondern die Würde des Menschen als Gattungswesen. Jeder besitzt sie, ohne Rücksicht auf seine Eigenschaften, seine Leistungen und seinen sozialen Status. Sie ist auch dem eigen, der aufgrund seines körperlichen oder geistigen Zustands nicht sinnhaft handeln kann. Selbst durch „unwürdiges" Verhalten geht sie nicht verloren. Sie kann keinem Menschen genommen werden vergleiche dazu die von der belangten Behörde zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE 87, 209 [228]).

Ein Eingriff in den Schutzbereich der Würde des Menschen wird somit angenommen, wenn seine Subjektqualität in Frage gestellt wird vergleiche Fuchs/Segalla unter Bezugnahme auf Calliess in Holubek/Lienbacher (Hrsg.), GRC Kommentar, 26). Aus der Spruchpraxis des EGMR zeigt sich, dass für eine Verletzung der Achtung der Menschenwürde nicht die öffentliche Meinung entscheidend ist, sondern das Würdegefühl des Opfers, sowie dass es auf den Einzelfall ankommt und kein genereller Maßstab festgelegt werden kann vergleiche wie von der belangten Behörde bereits zitiert: von Schwichow, Die Menschenwürde in der EMRK, 189). Eine Verletzung der Achtung der Menschenwürde ist immer dann anzunehmen, wenn eine bestimmte Person zum Objekt herabgewürdigt wird; wenn also dem Betroffenen in menschenverachtender Weise seine Menschqualität abgesprochen und er zum Objekt eines beliebigen Verhaltens degradiert wird. Eine solche Beurteilung kann nur im Einzelfall erfolgen.

Gemäß Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G müssen audiovisuelle Mediendienste im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten. Adressat dieser Bestimmung ist der Mediendiensteanbieter, der im Rahmen seiner redaktionellen Verantwortung die Sicherstellung des Schutzes der Menschenwürde in seinem Angebot zu gewährleisten hat (Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4, Paragraph 30, AMD-G).

Die Bestimmung des Paragraph 30, AMD-G entspricht Paragraph 10, Absatz eins, ORF-G, wonach alle Sendungen des ORF im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten müssen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich festgehalten, dass mit Paragraph 10, Absatz eins, ORF-G die Achtung der Würde des Menschen, seiner Freiheit und seiner Eigenverantwortlichkeit im Interesse einer keinen Zweifel zulassenden Durchführung des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen, Bundesgesetzblatt Teil 3, Nr. 164 aus 1998,, normiert wird. Der darin zum Ausdruck gebrachte Grundsatz bedeutet insbesondere, dass die Intimsphäre des Einzelnen, etwa bei der Darstellung von Tod, Krankheit, Schmerz und Trauer nicht verletzt werden darf sowie dass bei Interviews und Talkshows die Würde und Intimsphäre des Befragten bzw. des Gesprächspartners gewahrt werden müssen vergleiche ErläutRV 1082 BlgNR römisch XVIII. GP, 6). Durch seinen Verweis auf die Menschenwürde und die Grundrechte anderer legt Paragraph 10, Absatz eins, ORF-G die allgemeinen Menschenrechte und Grundfreiheiten, so wie sie in den in Österreich anzuwendenden Rechtsvorschriften insgesamt – insbesondere in der EMRK und im StGG, die beide in Verfassungsrang stehen – zum Ausdruck kommen, als Maßstab fest, anhand dessen die Rechtskonformität einer Sendung des ORF zu beurteilen ist vergleiche VwGH 18.10.2016, Ra 2016/03/0066).

Bereits aus dem bisher Gesagten ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei irrt, wenn sie ganz allgemein davon ausgeht, dass „eine Verletzung der Persönlichkeitssphäre ohne Betroffenheit (= Erkennbarkeit) völlig unstrittig ausgeschlossen [sei]“ vergleiche Sitzung 5 der Beschwerde), sie also Betroffenheit und Erkennbarkeit gleichsetzt und daraus für den vorliegenden Fall schließt, dass eine Verletzung von Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G „nicht mit dem Schutz der Menschenwürde der in den Berichtssequenzen vorkommenden Personen begründet werden [könne]“ vergleiche Sitzung 5 der Beschwerde).

3.4.1.2. Zu Spruchpunkt 1.a) ii) des angefochtenen Bescheids (angeschossener Polizist):

Im gegenständlichen Video wird ein Schusswechsel am römisch 40 zwischen dem Täter und zwei Polizisten gezeigt vergleiche die Abbildungen 11 und 12 im angefochtenen Bescheid). Einer der Polizisten wird niedergestreckt. Es sind zahlreiche Schüsse und eine Kommentierung hörbar, die beim Zuschauer den Eindruck entstehen lässt, der Polizist sei tödlich getroffen worden. Auch die Anmoderation lässt diesen Schluss zu.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Handyperspektive des fraglichen Videos in diesem Zusammenhang den Eindruck vermittle, es handle sich um eine harmlose, weil oft vorkommende Szene und dass dies zur Entpersonalisierung der in Wirklichkeit getroffenen Person beitrage, wobei dieses Moment durch die oftmalige Wiederholung des Videos unterstrichen werde. Die Abwägung zwischen Berichterstattungsinteresse und Rechten der betroffenen Person fällt für die belangte Behörde aufgrund der Darstellung der Verletzung und der aus Zuschauersicht – wegen der Anmoderation bzw. der Kommentierung des Videos – erwartbaren, mutmaßlichen Tötung des Polizisten zugunsten des Letzteren und seiner zu schützenden Menschenwürde aus. Die für die Öffentlichkeit relevante Berichterstattung hätte ohne Zeigen des Videos bedient werden können.

Die beschwerdeführende Partei sieht in der Gestaltung des Beitrages eine korrekte Abbildung des Geschehens in der Terror-Nacht und eine angemessene, zugleich warnende Berichterstattung über die Ereignisse in Wien. Die gezeigte Szene entspreche dem Anspruch einer international üblichen Dokumentation eines Terror-Ereignisses und erfülle eine Belegfunktion, welche das Bedrohungspotential und die Dramatik der damaligen Ereignisse dokumentiere.

Diese Auffassung der beschwerdeführenden Partei ist für das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht berechtigt:

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im fraglichen Video keine der gezeigten Personen erkennbar ist. Die medienrechtliche Judikatur legt bezüglich der Anforderungen an die Erkennbarkeit im Zusammenhang mit einer möglichen Verletzung der Menschenwürde einen sehr strengen Maßstab zugunsten des Betroffenen an. Danach reicht es für die Erkennbarkeit aus, wenn die betroffene Person für ihr unmittelbares soziales Umfeld erkennbar ist. Dem berichterstattenden Medium ist generell jede Identifizierung eines Menschen zuzurechnen, die eine Erkennbarkeit des Betroffenen in seinem sozialen – über den vorinformierten Familien- und Bekanntenkreis hinausgehenden – Umfeld bewirkt. Die Erkennbarkeit für eine breite Öffentlichkeit ist grundsätzlich nicht Voraussetzung vergleiche OGH 16.03.2011, 150s98/10s).

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Erkennbarkeit als medienrechtliches Kriterium für eine mögliche Verletzung der Menschenwürde im Regelfall für den durchschnittlichen Zuseher im Moment der Ausstrahlung gegeben sein muss. Dies ist hier nicht der Fall. Es ist jedoch aufgrund der besonderen Umstände der „Terrornacht“ in Wien davon auszugehen, dass es ausreicht, wenn das Element der Erkennbarkeit einerseits im Nachhinein und andererseits, der soeben zitierten Judikatur des OGH folgend, für das unmittelbare soziale Umfeld des Betroffenen hinzutritt, um dessen Verletzung in seiner Menschenwürde zu bejahen: Selbst wenn – unbestritten – im Moment der Ausstrahlung der fraglichen Videoszene von einem durchschnittlichen Zuseher das betroffene Exekutivorgan, auf das geschossen wurde, nicht erkannt werden konnte, so musste der beschwerdeführenden Partei dennoch bereits zum Zeitpunkt der Ausstrahlung bewusst sein, dass während der zweifelsohne erwartbaren Aufarbeitung der Ereignisse der „Terrornacht“ zumindest für das unmittelbare soziale Umfeld des niedergestreckten Menschen dieser erkennbar (nicht im Sinne von visuell identifizierbar, sondern im Sinne von zuordenbar) werden konnte. Es kann aber in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem eine Aufarbeitung außergewöhnlicher Ereignisse – nämlich des ersten Terroranschlags in Österreich nach Jahrzehnten – für einen Mediendiensteanbieter voraussehbar ist, für das Kriterium der Erkennbarkeit nicht ausschlaggebend sein, dass diese im Moment der Ausstrahlung für den durchschnittlichen Zuseher vorliegt, sondern muss auch ein späteres „Erkennen“ im Sinne von „Zuordnen können“ für das unmittelbare soziale Umfeld ausreichen, um eine Verletzung der betroffenen Person in ihrer Menschenwürde zu bejahen.

In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die (bereits von der belangten Behörde zitierte) Rechtsprechung des EGMR hinzuweisen, nach der das Veröffentlichen eines Fotos einer ermordeten Person in einer Zeitung einen schweren Eingriff in die Trauer der Angehörigen sowie deren Privatleben darstellt und ein solches Foto die Menschenwürde verletzt. Das Leiden und der Kummer der Angehörigen hätten die publizierenden Journalisten dazu bewegen müssen, Umsicht und Vorsicht walten zu lassen, vor allem auch aufgrund des gewaltsamen Todes der Person. Das Ergebnis der Publikation des Fotos bedeute die Vergrößerung des Traumas der Angehörigen vergleiche Hachette Filipacchi Associés v. France, Nr. 71111/01, Urteil vom 14.6.2007, Paragraphen 48 -, 49,). Journalisten müssen bei der Veröffentlichung ihrer Beiträge mitbedenken, welche Auswirkungen das Bekanntwerden von Tatsachen insbesondere für die Betroffenen haben kann vergleiche wie von der belangten Behörde bereits zitiert: Grabenwarter/Pabel, Europäische Menschenrechtskonvention5, 336 f, mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EGMR; vergleiche auch Holoubek/Kassai/Traimer, Grundzüge des Rechts der Massenmedien4, 49 ff). Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die beschwerdeführende Partei die Auswirkungen der Ausstrahlung des Attentats auf den Polizisten auf dessen unmittelbares soziales Umfeld mitbedenken hätte müssen.

Wenn die beschwerdeführende Partei in der Gestaltung des Beitrages eine korrekte Abbildung des Geschehens in der Terror-Nacht und eine angemessene, zugleich warnende Berichterstattung über die Ereignisse in Wien sieht, welche das Bedrohungspotential und die Dramatik der damaligen Ereignisse dokumentiere und meint, „[…] Sämtliche Elemente, die das Bedrohungspotential und die Dramatik der damaligen Ereignisse dokumentieren und belegen würden, würden vollständig aus der Berichterstattung entfernt werden, wenn die von […] Litera i, i, […] Spruchpunktes römisch eins.a erfassten Sequenzen nicht gezeigt werden dürften.“, so ist ihr entgegenzuhalten, dass auch von einem audiovisuellen Medium wie dem Fernsehen dieses Ziel mit gelinderen, weniger auf das Bedienen der Sensationslust ausgerichteten Mitteln erreicht werden kann, als mit dem Senden eines mit einem Smartphone aufgenommenen Amateurvideos eines Schusswechsels, bei dem eine Person zumindest schwer verletzt wird, inklusive verstörender Kommentierung. Zu diesem Ergebnis hätte auch die beschwerdeführende Partei bei einer Abwägung zwischen legitimem Berichterstattungsinteresse und dem Interesse des durch einen Schuss schwer verletzten, aufgrund der Kommentierung mutmaßlich verstorbenen Polizisten, nicht im Zeitpunkt des Schreckens, Schmerzes und Leides öffentlich gezeigt zu werden, kommen müssen. Daran ändert weder das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, dass es sich bei der „Terrornacht“ um ein historisch herausragendes Ereignis in Österreich gehandelt habe, noch der Verweis auf die Berichterstattung zu anderen Terror- und Katastrophenereignissen etwas.

Für das Bundesverwaltungsgericht steht fest, dass Szenen wie der verfahrensgegenständlichen im Fernsehen kein Raum zu geben ist: Das Gebot der Achtung der Menschenwürde beinhaltet das Verbot des Herabwürdigens eines Menschen zum Objekt vergleiche BVerfGE 87, 209 [228]) und daher auch das Verbot der Behandlung von Menschen als Mittel für fremde Zwecke, seien es auch Zwecke der Warnung oder Dokumentation.

Die belangte Behörde führt daher völlig zu Recht aus vergleiche Sitzung 33 des angefochtenen Bescheids): „Der durch die Handyperspektive vermittelte Eindruck, hier handle es sich um eine harmlose weil oft vorkommende Szene, trägt zum Eindruck der Entpersonalisierung der jedoch in Wirklichkeit getroffenen Person bei, wobei dieses Moment durch die oftmalige Wiederholung unterstrichen wird. Die vor der Ausstrahlung solcher Szenen vorzunehmende Abwägung zwischen einem legitimen Berichterstattungsinteresse und den Rechten der betroffenen Person fällt aufgrund der Darstellung der Verletzung und der aus Zuschauersicht erwartbaren, mutmaßlichen Tötung des Polizisten – welche insbesondere durch das im Video deutlich zu hörende Gesprochene (‚Oh mein Gott. Die haben ihn erschossen, Mann. Bist Du deppad.‘) in Verbindung mit dem spektakulären Zusammenbruch des Polizisten jedenfalls insinuiert wird – klar zugunsten des Letzteren und seiner zu schützenden Menschenwürde aus. Auch erschließt sich das Erfordernis der Ausstrahlung der Szenen nicht, da eine Berichterstattung über das für die Öffentlichkeit Relevante durch ein ‚gelinderes Mittel‘, nämlich ohne Zeigen des Videos hätte bedient werden können.“

Zusammenfassend ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass die beschwerdeführende Partei durch die Ausstrahlung der Szene, die den Schuss auf einen Polizisten am römisch 40 darstellt, die Menschenwürde durch die Darstellung einer angeschossenen Person und – jedenfalls durch den begleitenden Ton aus Zuschauerperspektive erwartbar – des Sterbevorgangs der Person verletzt hat. Sie hat damit gegen Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G verstoßen.

3.4.1.3. Zu Spruchpunkt 1.a) iv) des angefochtenen Bescheids (Verletzte/Verletzungen):

Während der Sendung wurde Bildmaterial gezeigt, auf dem unter anderem Personen, die in der „Terrornacht“ zufälligerweise in der Innenstadt anwesend waren und gerade verletzt oder versorgt wurden, zu sehen sind. Es sind am Boden liegende und zum Teil entblößte Personen zu sehen, die gerade medizinisch erstversorgt werden (Abbildung 16 im angefochtenen Bescheid). Auf zwei weiteren Bildern (Abbildungen 17, 18 im angefochtenen Bescheid) sind Betroffene mit Verletzungen größeren Ausmaßes, die von großem Blutverlust zeugen, in Nahaufnahme zusehen.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Darstellung von Personen in physischem Schmerz aufgrund von Schussverletzungen, offenkundig in einem physischen und psychischen Ausnahmezustand, keinerlei Mehrwert für die Berichterstattung darstellt. Die Betroffenen seien in einer vulnerablen, höchstpersönlichen Lage zur Schau gestellt worden, wodurch sich kein Mehr an Information für die Allgemeinheit ergebe.

Die beschwerdeführende Partei meint, die Darstellung von Verletzungen, so die Betroffenen in den Szenen unkenntlich gemacht worden seien, sei unabdingbarer Bestandteil der Berichterstattung über die als historische Ereignis zu bezeichnende „Terrornacht“ in Wien. Setze sich der von der belangten Behörde eingenommene Beurteilungsansatz durch, würde mit einem Schlag ein großer Teil der Kriegs-, Terror-, Krisen- und Katastrophenberichterstattung unzulässig und wäre damit ein völliges Verbot der Bildberichterstattung über Anschläge oder Unfälle unter Einbeziehung der Opfer verbunden. Denn die körperlichen und geistigen Befindlichkeiten würden zum Kernbereich der Intimsphäre des Menschen zählen, weshalb dieser von der hier relevanten Berichterstattung stets betroffen sei.

Diese Auffassung der beschwerdeführenden Partei ist für das Bundesverwaltungsgericht aus folgenden Gründen nicht berechtigt:

Die Argumentation der beschwerdeführenden Partei, dass die Darstellung von Verletzungen unabdingbarer Bestandteil der Berichterstattung über das historische Ereignis „Terrornacht“ in Wien sei, ist nicht nachvollziehbar, insbesondere, weil es sich um Nahaufnahmen handelt. Zum Teil sind die Bilder nicht verpixelt und die Personen darauf klar zu erkennen vergleiche Abbildung 16 im angefochtenen Bescheid), zum Teil ist die Kleidung zu erkennen (Abbildungen 17 und 18 im angefochtenen Bescheid). Diese Bilder haben für die Zuseher keinen inhaltlichen Mehrwert hinsichtlich Information, Warnung oder Dokumentation, der nicht auch durch eine weniger dramatische Berichterstattung erreicht werden hätte können, sondern sind klar auf das Bedienen der Sensationslust der Zuseher ausgerichtet. Warum sie unabdingbarer Bestandteil der verfahrensgegenständlichen Berichterstattung sein sollen, erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht nicht.

Wenn die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang auf Szenen von zum Teil schwereren Verletzungen verweist, die in der Berichterstattung von Kriegsereignissen in Syrien, bei der Katastrophe von Beirut und ähnlichen Vorfällen weltweit üblich seien und damit ihre eigene Darstellung als weniger dramatisch eingestuft wissen möchte, so übersieht sie, dass die gegenständlichen Bilder jedenfalls in das Verhältnis zu ihrem Kontext zu setzen und anhand des Einzelfalls zu beurteilen sind. Darüber hinaus ist das Bestreben, die eigene Berichterstattung durch Vergleiche mit anderen dramatischen (und unter Umständen die Menschenwürde verletzenden) Berichten als weniger schwerwiegend darzustellen, schon per se kein inhaltliches Argument, sondern ein Versuch, die Schwelle, an der die Verletzung der Menschenwürde beginnt, Stück für Stück höher zu setzen. Es gilt auch in diesem Zusammenhang das bereits oben Gesagte: Das Gebot der Achtung der Menschenwürde beinhaltet das Verbot des Herabwürdigens eines Menschen zum Objekt und daher auch das Verbot der Behandlung von Menschen als Mittel für fremde Zwecke, seien es auch Zwecke der Warnung oder Dokumentation (selbst eines historischen Ereignisses).

Zusammenfassend ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht, dass die beschwerdeführende Partei durch die Ausstrahlung von Szenen, die verletzte Personen in der Wiener Innenstadt in der „Terrornacht“ zeigen, die Menschenwürde verletzt hat. Sie hat damit gegen Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G verstoßen.

3.4.1.4. Zu Spruchpunkt 1.a) v) des angefochtenen Bescheids (toter Attentäter):

Die fragliche Ausstrahlung zeigt ein Foto von einer am Boden liegenden, offensichtlich leblosen, nicht erkennbaren Person. Im Kommentar weist der Moderator darauf hin, dass es sich um jenen mutmaßlichen Attentäter handelt, der vorher gezeigt worden sei.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass auch die Darstellung einer Leiche, unbeschadet dessen, ob ihr Gesicht zu sehen sei, eine Verletzung der Achtung der Menschenwürde sein könne. Ein gesonderter Nachrichtenwert sei der Darstellung des leblosen Körpers des Attentäters nicht beizumessen, der nicht beispielsweise auch durch die bloße Meldung über seinen Tod bedient werden hätte können.

Die beschwerdeführende Partei betont, dass der Attentäter nicht erkennbar sei und mangels besonderer Bloßstellung oder Missachtung der Rechtssphäre der Angehörigen auch keine sonstige Verletzung der Menschenwürde vorliege. Die Szene mit dem mutmaßlich zu Tode gekommenen Attentäter sei von großem öffentlichem Interesse. Sie sei nach einer Nacht des Schreckens der glaubwürdige Beleg für das Ende der akuten Bedrohung durch diesen Mann gewesen.

Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei kann nicht gefolgt werden; hinsichtlich der Gründe wird auf die Ausführungen unter 3.4.1.2. (zu Spruchpunkt 1.a) ii), angeschossener Polizist) verwiesen. Dass es sich beim toten Attentäter um jene Person handelt, die für das Terrorattentat sowie den Tod und die Verletzungen mehrerer Personen verantwortlich war, spielt dabei keine Rolle, da die Menschenwürde durch eigenes „unwürdiges“ Verhalten nicht verloren geht. Dem Attentäter steht ebenso wie jeder anderen Person das Recht auf Achtung in seiner Menschenwürde, auch über den Tod hinaus, zu. Des Weiteren gilt auch hier (wie bereits unter 3.4.1.2. hinsichtlich des angeschossenen Polizisten ausgeführt), dass die beschwerdeführende Partei in einer Abwägung zwischen Berichtsinteresse und Interesse der betroffenen Person, nicht in einem hilflosen Zustand der Öffentlichkeit vorgeführt zu werden, zugunsten Letzterer entscheiden und ein anderes, gelinderes Mittel der Berichterstattung als die Ausstrahlung der fraglichen Szene hätte wählen müssen. Die Notwendigkeit der von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführten „Belegfunktion“, die ohne das Bild des toten Attentäters nicht erfüllt werden hätte können, kann vom Bundesverwaltungsgericht nicht erkannt werden, da im Zeitpunkt der Ausstrahlung ja noch nicht bekannt war, ob es sich um einen Einzeltäter gehandelt hat und ob daher die gefährliche Situation sowie der Polizeieinsatz in der Wiener Innenstadt noch andauerten.

Das Bundesverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass die beschwerdeführende Partei durch die Ausstrahlung eines Bildes der Leiche eines Attentäters die Menschenwürde verletzt hat. Sie hat damit gegen Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G verstoßen.

3.4.1.5. Bei diesem Ergebnis hat das Bundesverwaltungsgericht auch die durch Artikel 10, Absatz eins, EMRK geschützte Meinungsäußerungsfreiheit der beschwerdeführenden Partei sowie die „public watchdog“-Funktion der Presse in einer demokratischen Gesellschaft berücksichtigt.

3.4.2. Zum Vorbringen betreffend Spruchpunkt 1.b) des angefochtenen Bescheids (Verletzung des Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G):

3.4.2.1. Allgemeines:

Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G normiert, dass Berichterstattung und Informationssendungen in allen Fernsehprogrammen den anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen haben und dass Nachrichten vor ihrer Verbreitung mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf Wahrheit und Herkunft zu prüfen sind.

Der BKS hat in seiner Rechtsprechung zur Parallelbestimmung des Paragraph 10, Absatz 5, zweiter Satz ORF-G Folgendes festgehalten vergleiche BKS 25.02.2013, 611.806/0004-BKS/2013):

„§ 10 Absatz 5, Satz 2 ORF-G verpflichtet bei Nachrichten und Berichten zur sorgfältigen Überprüfung auf Wahrheit und Herkunft. Hierbei handelt es sich um einen tragenden Grundsatz für die ‚journalistische‘ Tätigkeit nach dem ORF-G. Der Grundsatz findet sich aufgrund seiner Bedeutung auch in Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G und in ähnlicher Textierung auch in Punkt 2.1 im Ehrenkodex für die österreichische Presse […]. Nach der Rechtsprechung des EGMR vergleiche etwa das Urteil vom 10.01.2012, Standard Verlags GmbH gegen Österreich, Appl. Nr. 34702/07), ist es Aufgabe der Medien, im Einklang mit ihren Verpflichtungen und ihrer Verantwortung Nachrichten und Ideen in allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu verbreiten, auch wenn sie insbesondere in Bezug auf den guten Ruf und die Rechte Dritter oder eine funktionierende Rechtspflege gewisse Grenzen nicht überschreiten darf. Auf Grund der ‚Pflichten und Verantwortung‘, die der Ausübung der Freiheit der Meinungsäußerung immanent sind, steht der Schutz, der Journalisten in Bezug auf die Berichterstattung über Angelegenheiten von öffentlichem Interesse durch Artikel 10, EMRK gewährleistet wird, unter dem Vorbehalt, dass sie im guten Glauben und auf einer richtigen Tatsachengrundlage tätig werden und zuverlässige sowie präzise Informationen in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der journalistischen Berufsethik liefern. Nicht nur haben die Medien die Aufgabe, solche ‚Informationen und Ideen‘ zu verbreiten, die Öffentlichkeit hat auch ein Recht, sie zu empfangen. Ansonsten wäre die Presse nicht in der Lage, ihre zentrale Funktion als ‚public watchdog‘ zu erfüllen. Die Freiheit der journalistischen Berufsausübung besteht darin, ‚ausschließlich aufgrund der nach bestem Wissen und Gewissen erhobenen Tatsachenlage zu handeln‘. Diese Freiheit umfasst unter anderem Art und Umfang der Recherche sowie die Beurteilung der erhobenen Tatsachenlage. Es handelt sich insofern um eine ‚gebundene Freiheit‘ als der journalistische Mitarbeiter die Regeln des professionellen, journalistischen Arbeitens zu beachten hat vergleiche Wittmann, Rundfunkfreiheit 224).“

Der Ehrenkodex für die österreichische Presse enthält u.a. folgende Selbstverpflichtungsregeln für die tägliche Arbeit von Journalisten, die die Wahrung der journalistischen Berufsethik sicherstellen sollen:

„[…] 2. Genauigkeit

2.1. Gewissenhaftigkeit und Korrektheit in Recherche und Wiedergabe von Nachrichten und Kommentaren sind oberste Verpflichtung von Journalisten. […]

5. Persönlichkeitsschutz

5.1. Jeder Mensch hat Anspruch auf Wahrung der Würde der Person und auf Persönlichkeitsschutz. […]

5.3. Personen, deren Leben gefährdet ist, dürfen in Medienberichten nicht identifiziert werden, wenn die Berichterstattung die Gefährdung vergrößern kann.

5.4. Auf die Anonymitätsinteressen von Unfall- und Verbrechensopfern ist besonders zu achten. Die Identität eines Opfers kann insbesondere dann preisgegeben werden, wenn dazu eine amtliche Veranlassung vorliegt, wenn das Opfer eine allgemein bekannte Person ist oder das Opfer bzw. nahe Angehörige in die Preisgabe eingewilligt haben.

6. Intimsphäre

6.1. Die Intimsphäre jedes Menschen ist grundsätzlich geschützt. […]

10. Öffentliches Interesse

10.1. In konkreten Fällen, insbesondere bei Personen des öffentlichen Lebens, wird es notwendig sein, das schutzwürdige Interesse der Einzelperson an der Nichtveröffentlichung eines Berichts bzw. Bildes gegen ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Veröffentlichung sorgfältig abzuwägen.

10.2. Öffentliches Interesse im Sinn des Ehrenkodex für die österreichische Presse ist besonders dann gegeben, wenn es um die Aufklärung schwerer Verbrechen, den Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Gesundheit oder um die Verhinderung einer Irreführung der Öffentlichkeit geht. […]“

Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) führt auf seiner Homepage folgende Kriterien der journalistischen Sorgfalt an, bei deren Einhaltung die Strafbarkeit hinsichtlich aller Medieninhaltsdelikte, bei denen der Wahrheitsbeweis zulässig sei, entfalle vergleiche https://voez.at/politik-recht/rechtsinformationen/medienprivilegien/, abgerufen am 22.7.2023):

„[…]

●             Es bestand ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Veröffentlichung: Der Nachrichtenwert muss die Schutzinteressen des durch den Bericht in einem Persönlichkeitsrecht Verletzten abwägen. Es muss sich jedenfalls um eine Information handeln, die objektiv betrachtet „Nachrichtenwert“ hat und nicht bloß der Befriedigung der Sensationslust dient. Dies ist grundsätzlich bei Inhalten gegeben, die im weitesten Sinne der politischen Meinungsbildung zuzurechnen sind;

●             es wurde mit der gebotenen journalistischen Sorgfalt recherchiert; Aufwendung der journalistischen Sorgfalt bedeutet, dass sachgerecht recherchiert wurde und die Recherche folgenden Mindestanforderungen entspricht: Die Zuverlässigkeit von Informationsquellen ist zu prüfen, Basisinformationen sind zu verifizieren. Die ungeprüfte Weitergabe mitgeteilter Gerüchte entspricht nicht der journalistischen Sorgfalt. […];

●             es bestanden hinreichende Gründe, die Behauptung für wahr zu halten; Der verantwortliche Journalist muss überzeugt sein, dass die von ihm publizierte Tatsachenbehauptung wahr ist. Dass er es für wahrscheinlich hält, genügt nicht. Zur Überzeugung der Wahrheit muss er auf Basis seiner der journalistischen Sorgfalt gerecht werdenden Recherchen gelangt sein. […] und

●             es wurde nicht der höchstpersönliche Lebensbereich verletzt.“

Terrorereignisse stellen Medien vor eine Herausforderung, insbesondere, wenn die Berichterstattung live erfolgt. Es geht bei der journalistischen Sorgfaltsverpflichtung in Zusammenhang mit Terrorberichterstattung auch darum, zu verhindern, dass durch die Berichterstattung Menschen in Gefahr gebracht, Rettungs- oder Sicherheitseinsätze behindert und den Terroristen Informationen geliefert und/oder eine zusätzliche Plattform geboten wird. Da Terroristen durch ihre Gewalttaten Angst und Schrecken verbreiten wollen, kann Sensationsberichterstattung die negativen Auswirkungen des Terrorismus verstärken. Es ist der belangten Behörde daher Recht zu geben, wenn sie meint, dass „[…] die Beurteilung der Frage, ob das ganze verfügbare Bildmaterial gesendet werden darf, sowie inwiefern Ersuchen der Behörden in der Berichterstattung umzusetzen sind, vor dem Hintergrund von Terrorangriffen anders zu gewichten bzw. zu beurteilen sein wird.“

3.4.2.2. Zur Ausstrahlung von Bildern und Videos von Ereignissen der „Terrornacht“ entgegen den Aufrufen der Exekutive:

Im vorliegenden Fall war ab 20:37 Uhr des 2.11.2020 aufgrund einer Twitter-Meldung der LPD Wien klar, dass in der Wiener Innenstadt ein großer Polizeieinsatz im Gange war und nähere Informationen von der Polizei bekannt gegeben würden vergleiche die Abbildungen 1 und 2 im angefochtenen Bescheid). Spätestens nach den Twitter-Aufrufen der LPD Wien um 21:18 Uhr und um 21:41 Uhr des 2.11.2020, mit denen ausdrücklich dazu aufgefordert wurde, keine Videos und Fotos im Zusammenhang mit den Ereignissen im 1. Bezirk in sozialen Medien zu posten, um Einsatzkräfte und Zivilbevölkerung nicht zu gefährden vergleiche die Abbildungen 3 und 4 im angefochtenen Bescheid), hätte die beschwerdeführende Partei sich unter Bedachtnahme auf die Parameter der journalistischen Sorgfalt auf eine möglichst sachliche, rein informative Berichterstattung ohne „Sensationsbilder“ beschränken müssen. Dadurch, dass sie stattdessen Bilder und Videos ausgestrahlt hat, welche – ebenso wie gepostetes Material in sozialen Medien – für das Bundesverwaltungsgericht zweifelsfrei (aufgrund der möglichen Lokalisierung des Einsatzes) das Potential hatten, den Polizeieinsatz zu behindern und/oder Personen in der Innenstadt zu gefährden, hat sie die journalistische Sorgfalt verletzt.

Die beschwerdeführende Partei bringt diesbezüglich vor, dass es keine Aussendung der Sicherheitsbehörden gegeben habe, wonach institutionalisierte Medien im Rahmen ihrer Berichterstattung kein Bildmaterial zu den Vorfällen zeigen hätten sollen und dass es für das Fernsehen überhaupt keine andere Alternative gebe, als zumindest Teile der Videos aus sozialen Netzwerken selbst in die Berichterstattung einzubeziehen, da jede andere journalistische Aufbereitung die Bevölkerung geradezu zurück in die sozialen Netzwerke treiben würde. Ein Geschehen wie jenes am Abend des 2.11.2020 in der Wiener Innenstadt nicht auch durch Bilder aus dem Netz zu dokumentieren, würde für die Medien ein Berichtsverbot bedeuten.

Diese Argumente überzeugen nicht: Der beschwerdeführenden Partei als Mediendiensteanbieterin, die dem Anwendungsbereich des AMD-G unterliegt, musste die „Macht von Bildern“ einer „Terrornacht“ bewusst sein und besteht diese unabhängig davon, ob diese Bilder im Netz geteilt oder im Fernsehen gezeigt werden. Dass sich in den letzten Jahren eine Parallelberichterstattung in den sozialen Netzwerken entwickelt hat, befreit die beschwerdeführende Partei daher nicht von ihrer Verpflichtung zur journalistischen Sorgfalt in dem Sinne, dass sie auch ohne explizit ans Fernsehen gerichtete Aufforderung der Polizei, eine sorgfältige Auswahl der für die Ausstrahlung verwendeten Szenen treffen – konkret: die hier fraglichen Szenen nicht ausstrahlen – und veröffentlichte Bilder und Videos entsprechend redaktionell bearbeiten sowie dem Zuseher erklären hätte müssen. Ein „Berichtsverbot“, wie es die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang sehen möchte, ist für das Bundesverwaltungsgericht aus den Anforderungen der journalistischen Sorgfalt an die Berichterstattung in einer Ausnahmesituation wie der „Terrornacht“ keinesfalls ableitbar.

In diesem Zusammenhang ist auch auf die Entscheidung 2020/295 des Österreichischen Presserats zur Berichterstattung in der „Terrornacht“ durch ein österreichisches Online-Medium hinzuweisen, wo es heißt (Hervorhebungen nicht im Original):

„Ein polizeilicher Aufruf, auf die Veröffentlichung von Bild- und Videomaterial zu verzichten, ist für die Medien zwar nicht bindend. Dennoch sollte er Journalistinnen und Journalisten dazu veranlassen, vor der Veröffentlichung eines besonders strenge Abwägung zwischen den Informationsinteressen der Userinnen und User einerseits und den Interessen an der Strafverfolgung und dem Schutz der Bevölkerung vor den Terroristen andererseits vorzunehmen. Unmittelbar nach einer Terrorattacke kann die Offenlegung von Informationen in den Medien – die ja auch gegenüber dem Täter bzw. weiteren Tätern und Komplizen erfolgt oder erfolgen könnte – der Ermittlungsarbeit der Behörden schaden. Außerdem können dadurch auch Einsatzkräfte und unbeteiligte Personen, die sich in der Nähe des Tatorts befinden, gefährdet werden. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist ein bedeutsames Interesse der Allgemeinheit. Dieses Interesse nicht zu beeinträchtigen, kann in die Abwägung zu Lasten der Medien einfließen. Nach Ansicht des Senats spielt es dabei keine Rolle, dass sich die Aufrufe der Polizei zunächst an die Allgemeinheit gerichtet haben, kein Bildmaterial in den sozialen Medien zu posten. Es versteht sich von selbst, dass auch professionelle Medien, die über eine entsprechende große Reichweite verfügen und deren Online-Artikel regelmäßig in den sozialen Medien zitiert und weiterverbreitet werden, diese Aufrufe ernst nehmen und bei ihren redaktionellen Entscheidungen bedenken müssen.“

Das Gebot der journalistischen Sorgfaltspflicht im Sinne des Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G hätte ein Medium also dazu verleiten müssen, aus eigenem den Verhaltensempfehlungen der Polizei Rechnung zu tragen. Es ist kein Grund zu erkennen, warum diese Auffassung nicht auch für das Fernsehen gelten sollte. Die belangte Behörde führt daher ganz zu Recht aus vergleiche Sitzung 40 des angefochtenen Bescheids): „Die Tweets der LPD Wien konnten nur dahingehend verstanden werden, dass jegliche Verbreitung von Bildern und Videos aus der Tatnacht auch in Fernsehprogrammen, die eine weit höhere Glaubwürdigkeit (und in der Gleichzeitigkeit der Ausstrahlung eine höhere Reichweite) haben, zu unterlassen ist.“

Zwar ist der beschwerdeführenden Partei dahingehend Recht zu geben, dass einige Male während der Sendung die gezeigten Bilder und Videos als nicht gesichertes Material kontextualisiert wurden, sodass nicht verschwiegen wurde, dass es sich um eine ungewisse Quellenlage bzw. Material von nicht näher bestimmbarer Herkunft gehandelt hat und die Lage weiterhin sehr unübersichtlich war. Dennoch besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Zweifel daran, dass die Berichterstattung insgesamt für den Zuseher den Eindruck erweckt hat, dass bis spät in die Nacht noch Schusswechsel im Gange gewesen wären, wohingegen der Täter bereits um 20:09 Uhr des 2.11.2020 erschossen wurde und dass die Berichterstattung insgesamt darauf ausgerichtet war, die Sensationslust der Fernsehzuseher zu befriedigen. Wenn die beschwerdeführende Partei dazu meint, man wisse zwar heute, dass der Anschlag mit dem Tod des (offenbar) Alleintäters beendet worden sei, wohingegen dies zum Zeitpunkt der Berichterstattung völlig offen gewesen sei, so mag das zwar zutreffen, jedoch ändert das nichts daran, dass ab dem Zeitpunkt des Todes des Attentäters – entgegen dem von der beschwerdeführenden Partei erweckten Eindruck – keine Gewaltausbrüche von Attentätern mehr stattfanden, sondern sich die Situation langsam beruhigt hat.

Abschließend ist der beschwerdeführenden Partei noch zu widersprechen, wenn sie meint, dass die Zuseher durch das Zeigen der Bilder der Polizeieinsätze nicht mehr erfahren hätten, als dass ein Großeinsatz in den Wiener Innenbezirken im Gange gewesen sei. Die belangte Behörde führt in diesem Zusammenhang zu Recht aus vergleiche S 40 des angefochtenen Bescheids): „Es bedarf keiner weiteren Erörterung, dass die Preisgabe von Details über einen Polizeieinsatz, insbesondere, wenn er tatsächlich am Laufen und von einer derartigen Dimension ist, geeignet ist, letzteren zu hintertreiben bzw. zu behindern und insbesondere dem/den Täter/Tätern Informationen zur Verfügung zu stellen, die ihm/ihnen wesentliche Vorteile verschaffen“.

Das Bundesverwaltungsgericht ist der Ansicht, dass die beschwerdeführende Partei durch die entgegen der Aufrufe der Exekutive erfolgte Ausstrahlung von Bildern und Videos von Ereignissen der „Terrornacht“ nicht den anerkannten journalistischen Grundsätzen entsprochen hat. Sie hat dadurch Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G verletzt.

3.4.3. Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheids (Ausspruch gemäß Paragraph 62, Absatz 4, AMD-G):

Gemäß Paragraph 62, Absatz 4, AMD-G hat die Regulierungsbehörde in ihren Bescheid im Falle der Feststellung einer Rechtsverletzung einen Ausspruch aufzunehmen, ob es sich um eine schwerwiegende Verletzung einer Bestimmung dieses Bundesgesetzes handle. Beim Tatbestandsmerkmal der schwerwiegenden Rechtsverletzung ist der Regulierungsbehörde insoweit Ermessen eingeräumt, als sie nach den Umständen des Einzelfalls eine Wertung vorzunehmen hat (Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4, Paragraph 62, AMD-G).

Vor dem Hintergrund der gebotenen Einzelfallbetrachtung sieht die belangte Behörde in Bezug auf die festgestellten Verletzungen der Achtung der Menschenwürde in den inkriminierten Darstellungen schwerwiegende Verletzungen des Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G, zumal Bilder und Videos von Menschen während des Terrorangriffs am 2.11.2020 in einem physischen und psychischen Ausnahmezustand – teilweise im Todeskampf – gezeigt worden seien.

Die beschwerdeführende Partei begehrt die Aufhebung von Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides (bezogen auf die Spruchpunkte 1.a) ii), iv) und v)) ohne weiteres Vorbringen.

Das Bundesverwaltungsgericht kann in der Feststellung der schwerwiegenden Verletzung bezüglich Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G weder eine Ermessensüberschreitung noch einen Ermessensmissbrauch erkennen, da die belangte Behörde ihr Vorgehen im Bescheid nachvollziehbar begründet hat („Bilder und Videos von Menschen während des Terrorangriffs am 2.11.2020 in einem physischen und psychischen Ausnahmezustand – teilweise im Todeskampf – gezeigt“). Diese Wertung steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfGH 23.06.2022, E2977/2022, wonach die Qualifizierung von Verstößen gegen die in Paragraph 31, Absatz 3, Ziffer 2, AMD-G genannten Diskriminierungsverbote als „schwerwiegende Verletzung“ dieses Gesetzes keinen Bedenken begegnet).

Der Ausspruch, dass es sich bei den – in den hier angefochtenen Spruchpunkten 1.a) ii), iv) und v) – festgestellten Rechtsverletzungen jeweils um eine schwerwiegende Verletzung von Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G handelt, ist daher zu Recht erfolgt.

3.4.4. Zu den Spruchpunkten 3. und 4. des angefochtenen Bescheids (aufgetragene Veröffentlichungen):

Gemäß Paragraph 62, Absatz 3, AMD-G kann die Regulierungsbehörde auf Veröffentlichung ihrer Entscheidung erkennen und dem Mediendiensteanbieter auftragen, wann, in welcher Form und in welchem Programm oder Mediendienst diese Veröffentlichung zu erfolgen hat.

Eine Veröffentlichung gemäß leg. cit. ist jedenfalls bei der Feststellung einer Rechtsverletzung durch den Mediendiensteanbieter als Medium erforderlich. Dies betrifft vor allem die Fälle gesetzwidriger Programminhalte. Nur in jenem verhältnismäßig schmalen Bereich, in dem die Entscheidung für die Öffentlichkeit ohne jedes Interesse ist, wird eine Veröffentlichung unterbleiben können. Die Ermessensausübung der Regulierungsbehörde beschränkt sich in der Regel auf eine Überprüfung dahingehend, ob eine Veröffentlichung unterbleiben kann. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Veröffentlichung ist davon auszugeben, dass die Veröffentlichung als öffentlicher „contrarius actus“ zu einem vergleichbaren Zeitpunkt aufzutragen ist, um „tunlichst den gleichen Veröffentlichungswert“ zu erzielen. Nicht zwingend (aber naheliegend) ist daher eine Veröffentlichung, welche durch die Wahl der Sendezeit ein vergleichbares Publikum erreicht. Auch mehrfache Veröffentlichungen sind denkbar vergleiche Kogler/Traimer/Truppe, Österreichische Rundfunkgesetze4, Paragraph 62, AMD-G).

Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Veröffentlichung ihrer Entscheidung in der gleichen Sendung, in der die Rechtsverletzung stattgefunden hat, angeordnet. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass sich die beschwerdeführende Partei ohne jegliches Vorbringen gegen die aufgetragene Veröffentlichung wendet.

Ebenso zu Recht hat die belangte Behörde die Vorlage der Aufzeichnungen verlangt, die der Überprüfung der Erfüllung des Auftrags zur Veröffentlichung dient und sich auf Paragraph 29, Absatz eins, AMD-G stützt.

3.5. Ergebnis:

Aus den genannten Gründen war die Beschwerde gegen die Spruchpunkte 1.a) ii), iv) und v) sowie die Spruchpunkte 1.b), 2., 3. und 4. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Die Spruchpunkte 1.a) i) und iii) des angefochtenen Bescheides wurden von der beschwerdeführenden Partei nicht bekämpft und bleiben daher von diesem Erkenntnis unberührt.

3.6. Zum Absehen von einer Verhandlung:

3.6.1. Im Beschwerdefall beantragte weder die beschwerdeführende Partei noch die belangte Behörde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Gemäß Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich zu Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG insbesondere Folgendes (VwGH 12.04.2021, Ra 2021/03/0016):

„§ 24 Absatz 4, VwGVG 2014 weist Ähnlichkeiten zu Paragraph 39, Absatz 2, Ziffer 6, VwGG auf, wonach eine mündliche Verhandlung vor dem VwGH dann entfallen kann, wenn ‚die Schriftsätze der Parteien und die Akten des Verfahrens vor dem VwG erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt‘. Der VwGH hat in diesem Zusammenhang auf das Urteil vom 19. Februar 1998, im Fall Jacobsson gegen Schweden (Nr. 2), 8/1997/792/993, par. 49, (ÖJZ 1998, 4), hingewiesen, in welchem der Entfall einer mündlichen Verhandlung als gerechtfertigt angesehen wurde, weil angesichts der Beweislage vor dem Gerichtshof und angesichts der Beschränktheit der zu entscheidenden Fragen ‚das Vorbringen des Bf nicht geeignet war, irgendeine Tatsachen- oder Rechtsfrage aufzuwerfen, die eine mündliche Verhandlung erforderlich machte‘. Der VwGH hat in solchen Fällen eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und die Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung beantwortet sind und in der Beschwerde keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen wurden, deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte vergleiche E 23. Februar 2006, 2003/16/0079; E 28. Februar 2011, 2007/17/0193).“

Mit Beschluss vom 02.04.2021, Ra 2018/07/0358, hielt der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung fest, dass Artikel 6, Absatz eins, MRK und Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dem Absehen von einer Verhandlung von Seiten des Verwaltungsgerichtes (Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG) nur dann nicht entgegenstehen, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können, sodass eine Verhandlung nicht notwendig ist.

3.6.2. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist im Beschwerdefall geklärt und wurde in der Beschwerde nicht bestritten. Somit stand für das Bundesverwaltungsgericht der relevante Sachverhalt fest, weshalb diesbezüglich weder Fragen seiner Ergänzung noch Fragen der Beweiswürdigung auftreten konnten vergleiche VwGH 28.01.2021, Ra 2020/03/0138).

Die Voraussetzungen des Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG für das Absehen von einer Verhandlung lagen gegenständlich daher vor.

Zu B)

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.

Die Zulässigkeit ergibt sich für das Bundesverwaltungsgericht daraus, dass Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den im Beschwerdefall konkret relevanten Fragen fehlt, ob 1. die Ausstrahlung von Szenen und Bildern wie den verfahrensgegenständlichen im Zuge einer live-Berichterstattung im Fernsehen über ein Terrorereignis die Menschenwürde und damit Paragraph 30, Absatz eins, AMD-G (schwerwiegend) verletzt und 2. die Ausstrahlung von Bildern und Videos eines Terrorereignisses im Fernsehen entgegen der Aufrufe der Exekutive, keine Bilder und Videos in sozialen Netzwerken zu posten, den anerkannten journalistischen Grundsätzen widerspricht und damit die Regelung des Paragraph 41, Absatz 5, AMD-G verletzt.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2023:W157.2252057.1.00