Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

10.02.2023

Geschäftszahl

G308 2112485-2

Spruch


G308 2112485-2/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsangehörigkeit: Irak, vertreten durch 1.) die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH (BBU GmbH) und 2.) Rechtsanwalt Dr. Christoph NEUHUBER in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 20.02.2018, Zl. römisch 40 , betreffend die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten sowie die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, zu Recht:

A)           Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

B)           Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 20.08.2018, wurde dem Beschwerdeführer der mit Bescheid vom 22.07.2015, Zahl: römisch 40 , zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 9, Absatz eins, AsylG von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt römisch eins.), ihm die mit Bescheid vom 01.07.2016, Zahl: römisch 40 , erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß Paragraph 9, Absatz 4, AsylG entzogen (Spruchpunkt römisch II.), ihm ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), gegen ihn gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 5, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 4, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.), gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in den Irak gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.) und die Frist zur freiwilligen Ausreise gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt römisch VI.).

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner damaligen bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 06.09.2018, beim Bundesamt am 07.09.2018 einlangend, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen, den angefochtenen Bescheid zur Gänze beheben und aussprechen, dass die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu Unrecht erfolgte sowie dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG für weitere zwei Jahre erteilen; in eventu den angefochtenen Bescheid im Umfang der Spruchpunkte römisch III. bis römisch VI. beheben, feststellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist und dem Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, AsylG erteilen; in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben und das Verfahren an das Bundesamt zurückverweisen.

3. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom Bundesamt vorgelegt und sich am 17.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

4. Mit Schriftsatz vom 03.10.2018 wurde ein Sozialversicherungsdatenauszug des Beschwerdeführers übermittelt. Mit weiterem Schriftsatz vom 30.08.2019 wurde ein Arbeitsvertrag des Beschwerdeführers vorgelegt.

5. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 04.05.2020 wurden dem Beschwerdeführer über seine damalige Rechtsvertretung aktuelle Länderberichte zur Lage im Irak sowie eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Sicherheits- und Menschenrechtslage in Kirkuk zur Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt.

6. Am 28.05.2020 langte eine mit 27.05.2020 datierte Stellungnahme des Beschwerdeführers ein. Darin wurde dem Bundesverwaltungsgericht mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Familie zuletzt im Oktober 2019 telefoniert habe, seitdem keinen Kontakt mehr mit ihr habe und nicht wisse, wo sie sich derzeit aufhalte.

Am 08.06.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht eine Stellungnahme zu den Länderberichten sowie eine Einstellungszusage ein.

7. Am 18.01.2021 fand am Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers sowie seiner Rechtsvertretung statt. Sowohl der Beschwerdeführer als auch dessen Rechtsvertreter blieben der mündlichen Verhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung jeweils unentschuldigt fern. Somit wurde gemäß Paragraph 42, Absatz 4, in Verbindung mit Paragraph 17, VwGVG die Durchführung der Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers angeordnet. Das Bundesamt verzichtete schriftlich auf die Teilnahme an der Verhandlung. Die Verkündung der Entscheidung entfiel gemäß Paragraph 29, Absatz 3, VwGVG.

8. Am 08.02.2021 langte der vom Bundesverwaltungsgericht angeforderte Verwaltungsakt des BFA, Zl. römisch 40 , ein.

9. Mit Verfügung des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.09.2021 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert Integrationsunterlagen binnen einer Woche vorzulegen.

10. Mit Schriftsatz vom 20.09.2021 brachte der Beschwerdeführer durch seine nunmehrige bevollmächtigte Rechtsvertretung Integrationsunterlagen in Vorlage.

11. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2021, Zahl G308 2112485-2/19E, wurde die Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

12. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 29.11.2022, E 91/2022, hob der VfGH das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zur Gänze wegen Verletzung des Beschwerdeführers im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (Art. römisch eins Absatz eins, Bundesverfassungsgesetz Bundesgesetzblatt Nr. 390 aus 1973,) auf.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2021, Zahl G308 2112485-2/19E, wurde die gegen den Bescheid des Bundesamtes erhobene Beschwerde des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht traf in dieser Entscheidung auszugsweise nachfolgende Feststellungen:

„1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die unter Punkt römisch eins. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum), ist irakischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Kurden an und bekennt sich zum moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung. Er ist ledig und hat keine Kinder. Seine Muttersprache ist Kurdisch-Sorani, und er spricht auch Arabisch. vergleiche Erstbefragung vom 10.09.2014, AS 23; Niederschrift Bundesamt vom 02.08.2018, AS 110 f)

Geboren und aufgewachsen ist der Beschwerdeführer in der Provinz Kirkuk, wo er zwölf Jahre die Grund- und Hauptschule besuchte. Die Familie des Beschwerdeführers lebte in einem Mietshaus in Kirkuk. Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Ausreise nicht im gemeinsamen Haushalt mit seiner Familie. Er war bis zu seiner Ausreise als Bauhilfsarbeiter beschäftigt. vergleiche Niederschrift Bundesamt vom 15.07.2015, AS 68 f)

Die Eltern des Beschwerdeführers, seine zwei Brüder und drei Schwestern leben nach wie vor im Irak. Sein Vater ist als Hilfsarbeiter beschäftigt und seine Mutter ist Hausfrau. Der Beschwerdeführer stand mit seiner Familie im regelmäßigen Kontakt übers Telefon und Internet und hatte zuletzt im Oktober 2019 über das Telefon eines Freundes Kontakt mit ihnen. Es konnte nicht festgestellt werden, ob der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt Kontakt zu seinen Familienangehörigen hat vergleiche Niederschrift Bundesamt vom 02.08.2018, AS 110; Stellungnahme vom 27.05.2020).

Der Beschwerdeführer verließ sein Herkunftsland Ende August 2014 und reiste legal auf dem Luftweg von Erbil in die Türkei. Von dort aus reiste er schlepperunterstützt und illegal ins Bundesgebiet, wo der Beschwerdeführer am 09.09.2014 den Antrag auf internationalen Schutz stellte. vergleiche Erstbefragung vom 10.09.2014, AS 29)

Der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 wurde mit Bescheid des BFA vom 27.04.2017, Zl. römisch 40 , rechtskräftig abgewiesen. Dem Beschwerdeführer drohte somit weder zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus dem Irak eine individuelle, konkrete und asylrelevante Bedrohung oder Verfolgung und wurde eine solche individuelle Gefährdung auch im Falle seiner Rückkehr verneint.

Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Asylantragstellung ununterbrochen im Bundesgebiet auf und verfügt im Bundesgebiet – bis auf kurze Unterbrechungen - seit 10.09.2014 über durchgehende Hauptwohnsitzmeldungen. Er ist strafgerichtlich unbescholten vergleiche Auszug aus dem Zentralen Melderegister sowie dem Strafregister jeweils vom 27.10.2021).

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen im Endstadium, die im Irak nicht behandelbar wären. vergleiche Niederschrift Bundesamt vom 02.08.2018, AS 109)

Er steht im Entscheidungszeitpunkt in keinem sozialversicherungspflichtigen Dienstverhältnis und lebte überwiegend von Leistungen aus der Grundversorgung. In den Zeiträumen von 01.04.2018 bis 06.07.2018; von 01.11.2018 bis 16.05.2019; von 01.09.2020 bis 05.09.2021 bezog der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung, sondern Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe oder ging einer Beschäftigung nach. vergleiche Auszug aus den Grundversorgungsdaten vom 27.10.2021; Sozialversicherungsdatenauszug vom 27.10.2021).

Zuletzt war der Beschwerdeführer von 02.11.2020 bis 05.12.2020 als geringfügig beschäftigter Arbeiter bei römisch 40 beschäftigt. Davor war er von 16.08.2019 bis 11.10.2019 bei der römisch 40 GmbH und von 14.09.2018 bis 09.04.2019 bei der römisch 40 GmbH jeweils als Arbeiter tätig. vergleiche Sozialversicherungsdatenauszug vom 27.10.2021)

Der Beschwerdeführer weist nachfolgende Sozialversicherungszeiten auf vergleiche Sozialversicherungsdatenauszug vom 27.10.2021):

10.09.2014 - 27.09.2015 Asylwerber bzw. Flüchtling

01.10.2015 - 18.02.2018 Asylwerber bzw. Flüchtling

19.02.2018 - 29.04.2018 Arbeitslosengeldbezug

03.05.2018 - 07.05.2018 Arbeitslosengeldbezug

09.05.2018 - 06.07.2018 Arbeitslosengeldbezug

07.07.2018 - 13.09.2018 Asylwerber bzw. Flüchtling

14.09.2018 - 09.04.2019 Arbeiter

23.04.2019 - 15.08.2019 Arbeitslosengeldbezug

17.05.2019 - 18.05.2019 Asylwerber bzw. Flüchtling

16.08.2019 - 13.10.2019 Asylwerber bzw. Flüchtling

16.08.2019 - 11.10.2019 Arbeiter

14.10.2019 - 07.11.2019 Arbeitslosengeldbezug

08.11.2019 - 01.12.2019 Asylwerber bzw. Flüchtling

02.12.2019 - 01.02.2021 Notstandshilfe, Überbrückungshilfe

03.02.2020 - 04.02.2020 Asylwerber bzw. Flüchtling

02.11.2020 - 05.12.2020 Asylwerber bzw. Flüchtling

02.11.2020 - 05.12.2020 geringfügig beschäftigter Arbeiter

16.03.2021 - 25.03.2021 Notstandshilfe, Überbrückungshilfe

06.09.2021 - 14.09.2021 Asylwerber bzw. Flüchtling

15.09.2021 - 31.10.2021 Notstandshilfe, Überbrückungshilfe

Der Beschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse und legte die Deutschsprachprüfung auf Sprachniveau B2 ab vergleiche ÖSD-Zertifikat vom 16.05.2018; Niederschrift Bundesamt vom 02.08.2018, AS 111).

Der Beschwerdeführer nahm am Werte- und Orientierungskurs teil und unterzeichnete die Integrationserklärung des Österreichischen Integrationsfonds. Sonstige Kurse oder Ausbildungen hat der Beschwerdeführer bisher in Österreich nicht besucht und ist auch kein Mitglied in einem Verein. Ansonsten verfügt er über einen kurdischen Freundeskreis in Österreich. vergleiche Teilnahmebestätigung des ÖIF und Integrationserklärung des ÖIF vom 08.01.2018; Niederschrift Bundesamt vom 02.08.2018, AS 111)

In Österreich lebt ein Cousin und in Finnland leben zwei Cousins des Beschwerdeführers.

Insgesamt liegen jedoch keine besonders berücksichtigungswürdigen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht vor.

Der Beschwerdeführer wurde ordnungsgemäß über seinen damaligen Vertreter mit Ladung vom 11.12.2020 zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht geladen. Er blieb der mündlichen Verhandlung am 18.01.2021 unentschuldigt fern.

[…]“

1.2. Ergänzend zu den im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2021 bereits getroffenen Feststellungen werden nunmehr nachfolgende Feststellungen getroffen:

Der Beschwerdeführer hält sich seit seiner Asylantragstellung im Jahr 2014 ununterbrochen im Bundesgebiet auf und verfügt hier seit 10.09.2014 über ununterbrochene Hauptwohnsitzmeldungen. Er ist strafgerichtlich unbescholten vergleiche etwa GVS-Auszug und Auszug aus dem Strafregister sowie Auszug aus dem Zentralen Melderegister jeweils vom 08.02.2023).

Er lebt gemeinsam mit römisch 40 , geboren am römisch 40 , irakische Staatsangehörige, und dem gemeinsamen minderjährigen Sohn, römisch 40 , geboren am römisch 40 , ebenfalls irakischer Staatsangehöriger, im gemeinsamen Haushalt. Sowohl der Kindesmutter als auch dem Sohn des Beschwerdeführers kommt in Österreich der Status von subsidiär Schutzberechtigten zu vergleiche Erkenntnis des VfGH vom 29.11.2022, Rn. 19, in Verbindung mit Auszügen aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister und den Grundversorgungsdaten jeweils vom 08.02.2023).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich bereits mehreren sozialversicherten Erwerbstätigkeiten nachgegangen. Seit 29.11.2021 bis zum Entscheidungszeitpunkt ist er vollversichert als Arbeiter beschäftigt. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung vergleiche Sozialversicherungs- und Grundversorgungsdatenauszug jeweils vom 08.02.2023).

1.3. Aus dem aktuellen Länderinformationsblatt zum Irak der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Stand 22.08.2022 (aus dem COI-CMS, Version 6) ergibt sich auszugsweise:

„[…]

Länderspezifische Anmerkungen

Letzte Änderung: 11.08.2022

In der vorliegenden Länderinformation wird für die irakischen Gebiete unter der direkten Kontrolle der Zentralregierung in Bagdad, ohne die Kurdistan Region Irak (KRI) auch der Begriff "föderaler Irak" verwendet, um die Zuordenbarkeit von Informationen, die einerseits den gesamten Irak (inkl. der KRI) und andererseits nur die Gouvernements unter der direkten Kontrolle Bagdads zu verdeutlichen.

In der vorliegenden Länderinformation erfolgt lediglich ein Überblick und keine erschöpfende Berücksichtigung der aktuellen COVID-19-Pandemie, weil die zur Bekämpfung der Krankheit eingeleiteten oder noch einzuleitenden Maßnahmen ständigen Änderungen unterworfen sind. Somit ist, insbesondere was die COVID-19-Maßnahmen anlangt, das Datum der jeweiligen Quelle zu beachten, und nicht nur das Aktualisierungsdatum des Kapitels.

Insbesondere können zum gegenwärtigen Zeitpunkt seriöse Informationen zu den Auswirkungen der Pandemie auf das Gesundheitswesen, auf die Versorgungslage sowie auf die Bewegungs- und Reisefreiheit der Bürgerinnen und Bürger sowie generell zu den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und anderen Folgen nur eingeschränkt zur Verfügung gestellt werden.

Nebst dem separaten Kapitel zur COVID-19-Situation, das eine aktuelle Momentaufnahme bzw. einen Überblick bietet, finden sich darüber hinaus spezifische Informationen zur COVID-19-Lage und deren Auswirkungen in eigenen Abschnitten folgender Kapitel bzw. Unter-Kapitel der vorliegenden Länderinformation:

●             Internet und soziale Medien

●             Meinungs- und Pressefreiheit in der Kurdischen Region im Irak (KRI)

●             Protestbewegung

●             Vereinigungsfreiheit / Opposition in der Kurdischen Region im Irak (KRI)

●             Haftbedingungen

●             Kinder/ Bildungszugang

●             Bewegungsfreiheit

●             Grundversorgung und Wirtschaft

●             Grundversorgung und Wirtschaft in Bagdad und im Südirak

●             Grundversorgung und Wirtschaft im Zentral- und Nordirak

●             Grundversorgung und Wirtschaft in der Kurdischen Region im Irak (KRI)

●             Medizinische Versorgung

●             Rückkehr

Wie in allen Länderinformationen wird bei staatlichen nationalen Institutionen in der Quellenangabe das Land in eckiger Klammer genannt. Aus Gründen der Stringenz geschieht dies auch, wenn aus dem Quellennamen das Land bereits eindeutig hervorgeht.

Im Hinblick auf offizielle Statistiken des Irak wird darauf hingewiesen, dass auch offizielle irakische Stellen bzw. deren zugängliche Veröffentlichungen immer noch veraltetes Zahlenmaterial anführen, da aufgrund der Post-Konflikt-Situation kein neueres empirisches Material generiert wurde. Viele, vor allem wirtschaftliche Zahlen und solche zu humanitären Fragen berufen sich auf Hochrechnungen basierend auf Umfragen sowie empirischen Untersuchungen, deren Ergebnisse je nach angewandter Methodik variieren können.

COVID-19

Letzte Änderung: 24.02.2022

Bezüglich der aktuellen Anzahl der Krankheits- und Todesfälle im Irak empfiehlt die Staatendokumentation bei Interesse/Bedarf folgende Website der WHO: https://www.who.int/countries/irq/, oder der Johns-Hopkins-Universität: https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6 mit täglich aktualisierten Zahlen zu kontaktieren.

Föderal Irak

Auswirkungen auf die Bewegungs- und die Versammlungsfreiheit

Im März und April 2020 verhängte die Regierung in Bagdad Sperren aufgrund von COVID-19, welche die Bewegungsfreiheit zwischen den Provinzen stark einschränkten und zur Schließung der Grenzübergänge führten (FH 3.3.2021). Die im föderalen Irak am 9.6.2021 verhängte Ausgangssperre ist noch aktiv. Ausgangssperren gelten zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr und sind von Freitag bis Sonntag zusätzlich verschärft (IOM 18.6.2021).

Im April und Mai 2020 nutzten die Behörden im Irak die COVID-19-Maßnahmen, um Proteste niederzuschlagen und die Pressefreiheit, das Versammlungsrecht und die Aktivitäten der Opposition stark einzuschränken (FH 3.3.2021). Alle größeren Versammlungen bleiben verboten. Die Behörden halten auch an den vorgeschriebenen sozialen Distanzierungsprotokollen und der Verwendung von Gesichtsmasken in der Öffentlichkeit fest (Garda 4.1.2022).

Nutzer sozialer Medien und Blogger wurden mit Verleumdungsklagen konfrontiert, weil sie die schlechte Reaktion der lokalen Behörden auf die COVID-19-Pandemie kritisierten (FH 3.3.2021).

Auswirkungen auf die Religionsfreiheit

Die Hadsch- und Umrah-Behörde registriert keinen Bürger, der die Umrah- und Hadsch-Pilgerreise antreten möchte, wenn dieser keinen Impfnachweis vorweisen kann (GoI 13.4.2021).

Auswirkungen auf die Wirtschaftslage

Die von den irakischen Behörden und der kurdischen Regionalregierung (KRG) verhängten Abriegelungen verschlimmerten die finanziellen Nöte von Niedriglohnarbeitern und Kleinunternehmern (FH 3.3.2021). Die Erwerbsbeteiligung im Irak war mit 48,7% im Jahr 2019 bereits vor der Ausbreitung des COVID-19-Virus eine der niedrigsten in der Welt. Der wirtschaftliche Abschwung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat die Beschäftigungsmöglichkeiten deutlich verringert und die Löhne gesenkt. Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMUs) wurde aufgrund der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen ab April 2020 ein durchschnittlicher Beschäftigungsrückgang von 40% verzeichnet. Am stärksten betroffen waren KMUs im Baugewerbe und in der verarbeitenden Industrie, mit einem Verlust von 52% der Arbeitsplätze, gefolgt vom Lebensmittel- und Agrarsektor, mit einem Verlust von 45% der Arbeitsplätze (IOM 18.6.2021).

Seit dem Ausbruch der Corona-Krise haben staatliche Angestellte im gesamten Land keine regelmäßige und volle Gehaltsauszahlung erhalten (GIZ 1.2021b). Die irakische Regierung hat Schwierigkeiten, die Löhne und Gehälter der sechs Millionen im öffentlichen Sektor Angestellten zu zahlen. Millionen Menschen, die im privaten und informellen Sektor gearbeitet haben, haben ihren Arbeitsplatz und ihre Lebensgrundlage verloren. Nach Schätzungen von UNICEF und der Weltbankgruppe leben im Jahr 2020 schätzungsweise 4,5 Millionen Iraker unter die Armutsgrenze von 1,90 USD pro Tag (IOM 18.6.2021).

Auswirkungen auf die medizinische Versorgung

Die COVID-19-Pandemie hat das ohnehin schon marode irakische Gesundheitswesen stark in Mitleidenschaft gezogen, das mit der großen Zahl von Menschen, die sich mit dem Virus infiziert haben, nur schwer zurechtkommt (FH 3.3.2021).

Anfang 2020, zu Beginn der COVID-19-Krise, pausierten die Gesundheitseinrichtungen die meisten Dienstleistungen und konzentrierten sich auf die Erforschung des Virus und seine Auswirkungen. Im September 2020 nahm der öffentliche Gesundheitssektor seine Arbeit und seine Dienste wieder auf, mit zusätzlichen Vorschriften wie z. B., dass Krankenhäuser nur nach Terminvereinbarung aufgesucht werden dürfen, strengere Hygienemaßnahmen, und dass medizinisches Personal im Rotationsverfahren eingesetzt wird, was längere Wartezeiten zur Folge hat (IOM 18.6.2021).

Im Jahr 2021 arbeiteten sowohl der öffentliche als auch der private Gesundheitssektor fast wieder auf normalem Niveau, jedoch mit hohen Vorsichtsmaßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19 auf Anweisung des irakischen Gesundheitsministeriums (MoH) (IOM 18.6.2021).

Auswirkungen auf den Bildungszugang

Als Sofortmaßnahme gegen die COVID-19-Pandemie hat das Bundesbildungsministerium Ende Februar 2020 alle Schulen im Irak schließen lassen (UNICEF 20.1.2021). Die Schulen waren von März bis November 2020 geschlossen. Kinder ohne Zugang zu digitalen Lernmöglichkeiten, insbesondere Kinder von Vertriebenen und in Armut lebenden Familien, sind besonders vom Bildungsverlust betroffen. Besonders hart betroffen sind jene Kinder, die bereits vor der Pandemie durch das Leben unter IS-Herrschaft mehrere Jahre an Bildungszugang verloren haben (HRW 13.1.2021). Ende November 2020 wurden die Schulen wieder geöffnet, mit einem Tag Präsenzunterricht pro Woche für jede Klasse (UNICEF 20.2.2021).

Auswirkungen auf die Bewegungs- und die Versammlungsfreiheit

Im April und Mai nutzten die Behörden die COVID-19-Maßnahmen, um Proteste niederzuschlagen und die Pressefreiheit, das Versammlungsrecht und die Aktivitäten der Opposition stark einzuschränken (FH 3.3.2021).

Kurdische Region im Irak (KRI)

Auswirkungen auf die Bewegungs- und die Versammlungsfreiheit

Die in der KRI eingeführten Maßnahmen unterscheiden sich oft von denen im föderalen Irak (IOM 18.6.2021).

Im März und April 2020 verhängte auch die Kurdische Regionalregierung (KRG) aufgrund von COVID-19 Abriegelungen, welche die Bewegungsfreiheit zwischen den Provinzen stark einschränkten und zur Schließung der internationalen Grenzen führten. Die KRG verhängte besonders harte und lange Abriegelungen im Laufe des Jahres 2020: die erste von März bis Mitte Mai, eine weitere Anfang Juni und eine weitere Anfang Juli (FH 3.3.2021).

Alle gesellschaftlichen Versammlungen und Feiern sind seit dem 30.3.2021 bis auf Weiteres verboten (IOM 18.6.2021; vergleiche Garde 4.1.2022). Jede Lokalität, die bei einem Verstoß gegen diese Regeln erwischt wird, wird für zehn Tage geschlossen und der Besitzer muss eine Geldstrafe von 1.000.000 IQD [559,59 Euro] zahlen. Restaurants und Cafés sollen ihre Dienstleistungen im Freien anbieten. Falls kein Platz im Freien zur Verfügung steht, muss die Anzahl der Gäste im Inneren begrenzt werden, Fenster und Türen müssen immer offen gehalten werden, und die Tische sollten in einem sozial sicheren Abstand zueinander stehen (nicht weniger als 2 Meter) (IOM 18.6.2021). Alle öffentlichen Räume, wie z. B. Märkte, Restaurants und Geschäfte, dürfen nicht ohne Masken betreten werden (IOM 18.6.2021; vergleiche Garde 4.1.2022). Für die Einwohner der KRI gilt Maskenpflicht und eine Abstandsregel von 1,5 Metern. Personen, die in öffentlichen Innenräumen keine Maske tragen, droht eine Geldstrafe von 20.000 IQD (Gov.KRD 30.6.2021).

Im April und Mai nutzten die Behörden die COVID-19-Maßnahmen, um Proteste niederzuschlagen, und die Pressefreiheit, das Versammlungsrecht und die Aktivitäten der Opposition stark einzuschränken (FH 3.3.2021).

Jede Bewegung ist innerhalb der KRI möglich und der Handel zwischen den Provinzen und autonomen Verwaltungen der Region geht weiter (IOM 18.6.2021). Der Verkehr zwischen der KRI und dem föderalen Irak KRI ist möglich, bleibt aber eingeschränkt, gemäß den Anweisungen des Gesundheitsministeriums der KRG (Gov.KRD 2021; vergleiche Garda 4.1.2022). Bei der Einreise in die KRI werden an den Grenzübergängen COVID-19-Tests durchgeführt, die einen negativen Befund ergeben müssen. Alle Reisenden, die in die KRI einreisen, müssen entweder einen vollständigen Impfschutz nachweisen oder einen negativen Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist (Gov.KRD 2021; vergleiche Garda 4.1.2022).

Die Flughäfen der KRI sind in Betrieb. Alle abfliegenden und ankommenden Reisenden müssen nachweisen, dass sie längstens 72 Stunden vor Flugantritt negativ auf COVID-19 getestet wurden. Ausreisende Passagiere, die sich dem COVID-19-Test unterziehen wollen, müssen sich mit Reisepass, Gesichtsmaske und mindestens 100.000 IQD bei den von der Regierung bestimmten Kliniken einfinden; die Behörden akzeptieren nur irakische Währung als Zahlungsmittel. Die Testergebnisse liegen innerhalb von 24 bis 48 Stunden vor. Bei Reisenden, die den Test auf dem Flughafen bei der Ausreise machen wollen, kann es zu Verzögerungen kommen. Die Behörden nehmen Beamte, Geschäftsreisende und Touristen mit einem kurzen Aufenthalt aus (Garda 4.1.2022).

Auswirkungen auf die Religionsfreiheit

Moscheen, Kirchen und andere Gebetsstätten sind offen und dürfen unter strengen Richtlinien Pflichtgebete abhalten (Gov.KRD 30.6.2021; vergleiche IOM 18.6.2021). Alle Angestellten müssen sich entweder Impfen lassen oder alle 72 Stunden einen COVID-Test durchführen. Einrichtungen, die sich nicht an die Vorgaben halten, werden geschlossen (Gov.KRD 30.6.2021). Das Freitagsgebet darf längstens eine halbe Stunde dauern und Personen dürfen Moscheen nur mit Maske betreten. Die Führer der Religionsgemeinschaften müssen bei der Verbreitung des Gesundheitsbewusstseins und der Leitlinien des Gesundheitsministeriums mitwirken (Gov.KRD 2021).

Begräbnisfeiern mit Gästen sind verboten (Gov.KRD 2021; vergleiche Garda 4.1.2022). Verstöße werden mit einer Geldstrafe von 2.000.000 IQD geahndet (Gov.KRD 2021). Das Verbot gilt auch für Hochzeitsfeiern (Garda 4.1.2022).

Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit

Das Verbreiten von Desinformation in den sozialen Medien ist gerichtlich strafbar (Gov.KRD 2021).

Auswirkungen auf die medizinische Versorgung

Einer Studie zufolge hatte die Mehrheit der Binnenvertriebenen (IDPs) und Rückkehrer in der KRI im Berichtszeitraum von Juli bis September 2020 Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung (IOM 18.6.2021). In allen Gouvernements der KRI wurden spezielle Gesundheitszentren eingerichtet, die bei der Erkennung und Behandlung von COVID-19-Infektionen helfen und die notwendige Versorgung gewährleisten sollen (Gov.KRD 2021).

Auswirkungen auf den Bildungszugang

In der KRI wurden die Schulen im März 2020 bis zum Ende des Schuljahres geschlossen (HRW 13.1.2021). Eltern konnten bis zum 31.10.2021 entscheiden, ob ihre Kinder physisch anwesend sein sollten, oder online unterrichtet werden sollten (Gov.KRD 2021).

Es besteht eine Impfpflicht für Lehrkräfte, die in den Ministerien für Bildung, für Höhere Bildung und wissenschaftliche Forschung angestellt sind. Ebenso müssen sich Schüler und Studenten ab dem Alter von 18 Jahren impfen lassen. Die Frist dafür war der 1.12.2021. Bei Nichteinhaltung drohen Disziplinarverfahren nach den allgemeinen Gesundheitsgesetzen (Gov.KRD 2021).

In den Universitäten werden Vorlesungen und Studiengänge unter Einhaltung der Gesundheitsrichtlinien fortgesetzt (Gov.KRD 2021).

Quellen:

●             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

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Politische Lage

Letzte Änderung: 11.08.2022

Mit dem gewaltsamen Sturz Saddam Husseins und der Ba'ath-Partei im März 2003 (DFAT 17.8.2020, S.9) wurde die politische Landschaft des Irak enorm verändert (KAS 2.5.2018, S.2; vergleiche Fanack 8.7.2020). 2005 hielt der Irak erstmals demokratische Wahlen ab und führte eine Verfassung ein, die zahlreiche Menschenrechtsbestimmungen enthält. Das Machtvakuum infolge des Regimesturzes und die Misswirtschaft der Besatzungstruppen führten hingegen zu einem langwierigen Aufstand gegen die US-geführten Koalitionstruppen (DFAT 17.8.2020, S.9). Dieses gemischte Bild ist das Ergebnis der intensiven politischen Dynamik, die durch den Aufstieg des Islamischen Staates (IS) auf eine harte Probe gestellt wurde (KAS 2.5.2018, S.2). Beherrschende Themenblöcke der irakischen Innenpolitik sind Sicherheit, Wiederaufbau und Grundversorgung, Korruptionsbekämpfung und Ressourcenverteilung, die systemisch miteinander verknüpft sind (GIZ 1.2021a).

Gemäß der Verfassung von 2005 ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch republikanischer Staat. Der Islam ist Staatsreligion und eine der Hauptquellen der Gesetzgebung (AA 25.10.2021, S.8; vergleiche Fanack 8.7.2020). Das Land ist in 18 Gouvernements (muhafazāt) unterteilt (Fanack 8.7.2020), jedes mit einem gewählten Rat, der einen Gouverneur ernennt (DFAT 17.8.2020; S.17). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (BS 29.4.2020, S.11; vergleiche GIZ 1.2021a, RoI 15.10.2005). An der Spitze der Exekutive steht der Präsident, welcher mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (arab.: majlis al-nuwwāb, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat) für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt, mit denen er den Präsidialrat bildet, welcher einstimmige Entscheidungen trifft (Fanack 8.7.2020). Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und repräsentiert die Souveränität und Einheit des Staates (DFAT 17.8.2020, S.17). Das zweite Organ der Exekutive ist der Premierminister, welcher vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt wird (Fanack 8.7.2020; vergleiche RoI 15.10.2005). Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik und ist zudem Oberbefehlshaber der Streitkräfte (Fanack 8.7.2020; vergleiche DFAT 17.8.2020, S.17). Die Legislative wird durch den Repräsentantenrat, d.h. das Parlament, ausgeübt (Fanack 8.7.2020; vergleiche KAS 2.5.2018, S.2). Er besteht aus 329 Abgeordneten, die für eine Periode von vier Jahren gewählt werden (FH 28.2.2022; vergleiche GIZ 1.2021a). Neun Sitze sind per Gesetz für ethnische und religiöse Minderheiten reserviert (AA 22.1.2021, S.11; vergleiche FH 28.2.2022, USDOS 12.4.2022) - fünf für Christen und je einer für Jesiden, Mandäer-Sabäer, Schabak und für Faili-Kurden aus dem Gouvernement Wassit (AA 22.1.2021, S.11; vergleiche FH 28.2.2022, USDOS 12.4.2022). Die festgeschriebene Mindest-Frauenquote im Parlament liegt bei 25% (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Die Judikative wird vor allem durch den Bundesgerichtshof repräsentiert (KAS 2.5.2018, S.2).

Die Grenzen zwischen Exekutive, Legislative und Judikative sind jedoch häufig fließend (FH 28.2.2022). Die Gewaltenteilung wird durch parallele Rollen vieler Entscheidungsträger beeinträchtigt (BS 23.2.2022, S.12). Unabhängige Institutionen, die stark genug wären, die Einhaltung der Verfassung zu kontrollieren und zu gewährleisten, existieren nicht (GIZ 1.2021a). In Artikel 19 der Verfassung heißt es beispielsweise, dass die Justiz unabhängig ist, und keine Macht über der Justiz steht, außer dem Gesetz selbst (BS 23.2.2022, Sitzung 13). Die Justiz ist jedoch eine der schwächsten Institutionen des Staates, und ihre Unabhängigkeit wird häufig durch die Einmischung politischer Parteien über Patronage-Netzwerke und Klientelismus untergraben (BS 29.4.2020, S.11). [siehe dazu Kapitel "Rechtsschutz / Justizwesen"]

Das politische System des Iraks wird durch das sogenannte Muhasasa-System geprägt. Muhasasa im irakischen Kontext bedeutet die Vergabe von staatlichen Ämtern entlang ethnisch-konfessioneller (Muhasasa Ta’ifiyya) oder parteipolitischer (Muhasasa Hizbiyya) Linien. Der Aufteilung wird ein geschätzter Zensus zu Grunde gelegt, sodass die drei größten Bevölkerungsgruppen (Kurden, Sunniten, Schiiten) ihren Bevölkerungsanteilen gemäß proportional repräsentiert werden. Einige Minderheiten wie Christen und Jesiden sind durch für sie reservierte Sitze repräsentiert. Mit der Vergabe staatlicher Ämter ergibt sich auch ein Zugang zu staatlichen Ressourcen, z.B. durch Zugang zu Budgets von Ministerien oder lokalen Behörden (BAMF 5.2020, S.2f.). Das Muhasasa-System gilt auch für die Staatsführung. So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnit, der Premierminister ist ein Schiit und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018; vergleiche FH 28.2.2022). Das konfessionelle Proporzsystem im Parlament festigt den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindert die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 2.3.2020, S.8). Das seit 2003 etablierte politische Muhasasa-System steht in weiten Teilen der Bevölkerung in der Kritik (BAMF 5.2020, S.30), insbesondere bei säkularen und nationalen Kräften (GIZ 1.2021a). Seit 2015 richten sich die Demonstrationen im Irak zunehmend auch gegen das etablierte Muhasasa-System als solches. Das Muhasasa-System wird für das Scheitern des Staates verantwortlich gemacht (BAMF 5.2020, S.1). Vom Muhasasa-System abgesehen, stehen viele sunnitische Iraker der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber (AA 2.3.2020, S.8).

Für die Durchführung der Wahlen im Irak ist die Unabhängige Hohe Wahlkommission (IHEC) verantwortlich. Sie genießt generell das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft und der irakischen Bevölkerung (FH 28.2.2022). Der Irak hält regelmäßig, kompetitive Wahlen ab. Die verschiedenen parteipolitischen, ethnischen und konfessionellen Gruppen des Landes sind im Allgemeinen im politischen System vertreten. Allerdings wird die demokratische Regierungsführung in der Praxis durch Korruption und Sicherheitsbedrohungen behindert (FH 28.2.2022).

Seit dem 1.10.2019 anhaltende Massenproteste, die sich gegen Korruption, den sinkenden Lebensstandard und den ausländischen Einfluss im Land, insbesondere durch den Iran, aber auch durch die Vereinigten Staaten von Amerika richteten, führten zum Rücktritt des damaligen Premierministers Adel Abdul Mahdi Ende November 2019 (RFE/RL 24.12.2019; vergleiche RFE/RL 6.2.2020; GIZ 1.2021a). Erst im April 2020 einigten sich die großen Blöcke im Parlament und ihre ausländischen Unterstützer auf einen neuen Kandidaten (FH 3.3.2021). Präsident Salih beauftragte am 9.4.2020 den von den schiitischen Blöcken favorisierten Kandidaten Mustafa al-Kadhimi mit der Regierungsbildung (GIZ 1.2021a).

Im Dezember 2019 hat das irakische Parlament eine der Schlüsselforderung der Demonstranten umgesetzt und einem neuen Wahlgesetz zugestimmt (RFE/RL 24.12.2019; vergleiche NYT 24.12.2019, Al Monitor 2.11.2020, FH 28.2.2022). Das neue Wahlgesetz soll unabhängigen Kandidaten, die nicht von großen Parteien unterstützt werden, den Einzug ins Parlament erleichtern (FH 28.2.2022). Kandidaten können überschüssige Stimmen nicht mehr auf andere Kandidaten ihrer Partei übertragen (ICG 16.11.2021). Die achtzehn irakischen Gouvernements wurden in 83 Wahlbezirke unterteilt, auf die die 329 Parlamentssitze verteilt wurden (ICG 16.11.2021; vergleiche FH 28.2.2022). Die Gouvernements werden hierzu in eine Reihe neuer Wahlbezirke unterteilt, in denen für jeweils etwa 100.000 Einwohner ein Abgeordneter gewählt wird (FH 3.3.2021). Unklar ist für diese Einteilung jedoch, wie viele Menschen in den jeweiligen Gebieten leben, da es seit über 20 Jahren keinen Zensus gegeben hat (FH 3.3.2021; vergleiche NYT 24.12.2019). Die Distrikte haben je nach Größe zwischen drei und sechs Sitze (ICG 16.11.2021). Einige politische Parteien befürchteten Wahlbetrug und lehnten die Einteilung der Wahlbezirke ab. Besonders die traditionellen Parteienblöcke befürchteten einen Verlust an Einfluss durch die Aufteilung ihrer Wählerschaft in die neuen, kleineren Wahlbezirke (Al Monitor 2.11.2020).

Im Juli 2020 hat Premierminister al-Kadhimi ein Versprechen an die Protestbewegung erfüllt und die Vorverlegung der Parlamentswahlen auf den 6.6.2021 beschlossen (Reuters 31.7.2020; vergleiche GIZ 1.2021a, Al Monitor 9.12.2020). Auf Vorschlag der IHEC, die um mehr Zeit für die Umsetzung der rechtlichen und logistischen Maßnahmen bat, hat das Kabinett einstimmig entschieden, die Parlamentswahlen auf den 10.10.2021 zu verschieben (Al Jazeera 19.1.2021). Am Vorabend der Parlamentswahlen im Oktober 2021 sahen sich reformorientierte Kandidaten, bei Vorbereitung gegen die etablierten Parteien des Landes anzutreten, zu denen auch bewaffnete Milizen gehören, die das irakische Parlament seit 2018 dominieren, mit beunruhigenden Hindernissen konfrontiert (MEI 22.3.2021).

Am 10.10.2021 fanden Parlamentswahlen statt (HRW 13.1.2022; vergleiche KAS 1.2022), die ersten nach dem neuen Wahlsystem (FH 28.2.2022). Die Wahlbeteiligung war die niedrigste in der Geschichte des Iraks nach 2003 und lag nach der großzügigsten Schätzung bei 43,54 % (KAS 1.2022). Die Bewegung des schiitischen Populistenführers Muqtada as-Sadr, eines Gegners des iranischen und US-amerikanischen Einflusses im Irak, ging als Wahlsieger hervor und erhielt 73 der 329 Parlamentssitze (DW 27.12.2021; vergleiche Al Arabiya 27.12.2021, Al Jazeera 27.12.2021, ICG 16.11.2021, Rudaw 30.11.2021, HRW 13.1.2022, KAS 1.2022). Die Fatah- (Eroberungs-) Allianz, der politische Arm der pro-iranischen Volksmobilisierungskräfte (Popular Mobilization Forces) - PMF, ist von vormals 48 Sitzen auf 17 abgestürzt (DW 27.12.2021; vergleiche Al Arabiya 27.12.2021, ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die Koalition des ehemaligen Premierministers Nouri al-Maliki zählt ebenso zu den Gewinnern der Wahl. Sie hat 33 Parlamentssitze gewonnen (KAS 1.2022).

Von den sunnitischen Parteien errang die Taqqadum Koalition unter der Führung des scheidenden irakischen Parlamentspräsidenten Mohammed al-Halbousi 37 Sitze (Rudaw 30.11.2021; vergleiche ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die ebenfalls sunnitische Partei Azm unter Khamis al-Khanjar erreichte 14 Sitze (ICG 16.11.2021; vergleiche KAS 1.2022).

Von den kurdischen Parteien erhielt die Demokratische Partei Kurdistans (KDP) 31 Sitze, die Patriotische Union Kurdistans (PUK) 17 und die Bewegung "Neue Generation" neun Sitze (Rudaw 30.11.2021; vergleiche ICG 16.11.2021, KAS 1.2022). Die Gorran Bewegung, die bei dieser Wahl auf einer gemeinsamen Liste mit der PUK antrat, hat alle ihre Sitze verloren (ICG 16.11.2021).

Der Anführer der Emtidad-(Fortführungs-) Bewegung, Alaa Al-Rikabi, war einer der wenigen Aktivisten, die aus der Oktoberprotestbewegung als Anführer hervorgingen (KAS 1.2022). Nach dem Endergebnis haben 16 politische Parteien jeweils nur einen Sitz gewonnen (Rudaw 30.11.2021; vergleiche KAS 1.2022). 43 Sitze gingen an unabhängige Kandidaten (KAS 1.2022).

Quelle: (KAS 1.2022)

Vom Iran unterstützte Gruppierungen, darunter mächtige bewaffnete Gruppen, haben Unregelmäßigkeiten beanstandet (Al Jazeera 27.12.2021). Bei der IHEC gingen mehr als 1.300 Einsprüche ein, die vom "schiitischen Kooperationsrahmen" (CF) eingereicht wurden - einer Gruppierung, die sich hauptsächlich aus schiitischen Gruppen zusammensetzt, die bei den Wahlen schlecht abgeschnitten haben. Die meisten dieser Beschwerden wurden wegen fehlender Beweise abgewiesen (Al-Jazeera 5.11.2021). Am 27.12.2021 hat der oberste Gerichtshof das Wahlergebnis ratifiziert (DW 27.12.2021; vergleiche Al Arabiya 27.12.2021). Der CF fordert eine Beteiligung in einer Regierung der nationalen Einheit (Al Monitor 1.2.2022).

Bei der Eröffnungssitzung des neugewählten Parlaments am 9.1.2022 hat as-Sadrs ethnokonfessionelle Allianz mit kurdischen und sunnitischen Parteien ihren sunnitischen Kandidaten für das Amt des Parlamentspräsidenten, Mohammed al-Halbousi, mühelos gewählt. Des Weiteren konnten die Sadristen 17 weitere Abgeordnete für ihren Block gewinnen und umfassen nun 90 Sitze (Al Monitor 1.2.2022)

Die Wahl des Präsidenten, die für den 7.2.2022 geplant war, kam nicht zustande, da das Parlament nicht beschlussfähig war. Wegen vielfacher Sitzungsboykotte waren nur 58 von 329 Abgeordneten anwesend und damit weniger als die erforderliche Zweidrittelmehrheit, die für die Wahl eines neuen Präsidenten erforderlich ist. Zu dem Boykott kam es, da der Oberste Gerichtshof die Präsidentschaftskandidatur des Wunschkandidaten Hoshyar Zebari von der KDP wegen Bestechungsvorwürfen aus seiner Zeit als Finanzminister im Jahr 2016 ausgesetzt hatte. Es steht im Raum, dass das Parlament erst dann zusammentreten wird, wenn eine Einigung erzielt wurde (Reuters 7.2.2022).

Proteste gegen das Wahlergebnis sind in Bagdad in Gewalt umgeschlagen. Demonstranten, die Betrug anprangerten, stießen außerhalb der "Grünen Zone" in Bagdad mit Sicherheitskräften zusammen (Al-Jazeera 5.11.2021). Dabei wurde am 5.11.2021 während des Protests von Anhängern der Asaib Ahl- al-Haq und Kataib Hezbollah ein Anhänger der Asaib Ahl- al-Haq getötet, mehrere Hundert Sicherheitskräfte wurden verletzt. Der Anführer der Gruppe, Qais al-Khazali, machte Premierminister al-Kadhimi für den Toten verantwortlich und versprach, ihn vor Gericht zu stellen (ICG 16.11.2021).

Am 31.10.2021 schlugen drei Raketen in der Nähe des Hauptquartiers des Geheimdienstes in Bagdad ein, einer Einrichtung, die al-Kadhimi leitete und immer noch kontrolliert (ICG 16.11.2021). Bei einem Anschlag am 7.11.2021 versuchten ungenannte bewaffnete Akteure mit drei bewaffneten Drohnen, den Premierminister in seiner Residenz zu ermorden, scheiterten jedoch (HRW 12.1.2022; vergleiche ICG 16.11.2021). Wegen des Einsatzes von Drohnen wird dieser Anschlag häufig pro-iranischen Gruppen zugeschrieben (ICG 16.11.2021). Am 25.1.2022 wurde auch die Residenz des irakischen Parlamentssprechers Mohammed al-Halbousi mit mindestens drei Raketen beschossen. Der Angriff ereignete sich wenige Stunden, nachdem das Bundesgericht die Wiederwahl al-Halbousis als Parlamentssprecher bestätigt hatte. Al-Halbousi wurde wiederholt von mit dem Iran verbundenen Gruppierungen und solchen, die ihnen nahe stehen, bedroht (Al Monitor 26.1.2022).

Nach fast acht Monaten vergeblicher Bemühungen um die Bildung einer Regierung räumte Moqtada as-Sadr am 12.6.2022 ein, dass es ihm nicht möglich ist, die von ihm angestrebte Regierung zu bilden (Soufan Center 23.6.2022; vergleiche Al-Jazeera 15.6.2022). Sein Ziel war die Bildung einer Zwei- Drittel-Mehrheitsregierung (220 Sitze) unter Einbindung von sunnitisch-arabischen und kurdischen Fraktionen (Soufan Center 23.6.2022). Nach irakischem Recht ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl des Präsidenten erforderlich (Al-Jazeera 15.6.2022). As-Sadrs Ziel war auch die Beendigung der Post-Saddam-Regierungsstruktur, in der schiitische Fraktionen unter weitgehender Ausgrenzung nicht-schiitischer Gruppen regierten. Diese Regierungsstruktur habe laut as-Sadr die Voraussetzungen für die Tishreen-Massenproteste vom Oktober 2019 gegen Korruption und Ineffizienz der Regierung geschaffen und den vom Iran unterstützten PMF zu viel Einfluss verliehen (Soufan Center 23.6.2022).

Der Prozess der Regierungsbildung ist zum Teil deshalb ins Stocken geraten, weil die beiden wichtigsten kurdischen Parteien, KDP und PUK, zu gegensätzlichen nationalen Koalitionen übergegangen sind, und ihr früheres Muster, gemeinsame Positionen im Umgang mit den arabischen Führern des Irak zu schmieden, aufgegeben haben. Die PUK die jetzt mit den pro-iranischen Schiiten verbündet ist, hat Barham Salih, den Amtsinhaber, für eine weitere Amtszeit als Präsident nominiert. Die KDP hat mit Rebar Ahmed einen eigenen Kandidaten vorgeschlagen. Er ist derzeit Innenminister der kurdischen Regionalregierung (KRG) (Soufan Center 14.4.2022).

As-Sadr hat die 73 Abgeordneten seines Blocks der Sadristischen Bewegung (Sairoon) im irakischen Parlament aufgefordert geschlossen zurückzutreten (Al-Jazeera 15.6.2022; vergleiche Soufan Center 23.6.2022), was diese auch befolgten (Al-Jazeera 15.6.2022). Laut irakischem Recht rückt bei Freiwerden eines Parlamentssitzes der Kandidat mit den nächst meisten Stimmen nach (Al-Jazeera 15.6.2022; vergleiche Soufan Center 23.6.2022). Auf der Grundlage der von der Hohen Wahlkommission des Irak vorgelegten Ergebnisse dürften schätzungsweise 50 der 73 frei gewordenen Sitze der Sadristen an Mitglieder der CF gehen. Damit sind as-Sadrs Gegner in den PMF und die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Nouri al-Maliki, mit etwa 120 der 329 Parlamentssitze in einer günstigen Position, eine Regierung zu bilden (Soufan Center 23.6.2022).

Nach wiederholten Verzögerungen wurden die ursprünglich für 2017 geplanten Wahlen zu den Provinzräten im November 2019 auf unbestimmte Zeit verschoben (FH 3.3.2021). Das irakische Parlament hatte Ende Oktober 2019 beschlossen, die Provinzräte aufzulösen, mit Ausnahme jener in der Kurdistan Region Irak (KRI). Es beschloss jedoch, die Gouverneure im Amt zu belassen, welche die Aufgaben der Räte übernehmen, aber unter der Kontrolle der Zentralregierung stehen. Das irakische Bundesgericht bestätigte Anfang Juni 2021 nach einer vorausgegangenen Klage die Entscheidung des Parlaments von 2019 (Rudaw 2.6.2021).

Quellen:

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             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021),
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             Al-Jazeera (5.11.2021): Protests against Iraq election results turn violent, https://www.aljazeera.com/news/2021/11/5/iraq-protesters-take-to-the-streets-and-clash-with-police, Zugriff 18.11.2021

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Politische Lage in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 11.08.2022

Die Kurdistan Region Irak (KRI) erhielt bereits 1991 de facto Autonomie (DFAT 17.8.2020, S.18) und ist als territoriale Entität in der irakischen Verfassung anerkannt (DFAT 17.8.2020, S.18; vergleiche Rudaw 20.11.2019). Artikel 141 besagt, dass die in der KRI seit 1992 erlassenen Rechtsvorschriften in Kraft bleiben und dass die von der Kurdischen Regionalregierung (KRG) erlassenen Beschlüsse als gültig betrachtet werden, sofern sie nicht im Widerspruch zur irakischen Verfassung stehen (DFAT 17.8.2020, S.18). Die KRI besteht aus den drei nördlichen Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah (DFAT 17.8.2020, S.18) sowie aus dem im Jahr 2014 durch Ministerratsbeschluss aus Sulaymaniyah herausgelösten Gouvernement Halabja, wobei dieser Beschluss noch nicht in die Praxis umgesetzt wurde (GIZ 1.2021a). Die Gewaltenteilung in der KRI steht auf dem Prüfstand, da die politische Macht eng mit den beiden führenden kurdischen Clans der Barzani (KDP) und der Talabani (PUK) verbunden ist (BS 23.2.2022, S.13).

Die KRI wird von einem Präsidenten mit weitreichenden exekutiven Befugnissen geführt. Der Entwurf der kurdischen Verfassung sieht alle vier Jahre Präsidentschaftswahlen vor und begrenzt die Amtszeit auf zwei Perioden. 2013 wurde jedoch die Amtszeit des vormaligen Präsidenten Masoud Barzani von der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) nach bereits achtjähriger Amtszeit aufgrund einer politischen Vereinbarung mit der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) verlängert (FH 28.2.2022). Der Präsident der KRI vertritt die KRI auf nationaler und internationaler Ebene und ist für die Beziehungen und die Koordinierung zwischen der Regierung der KRI und der Zentralregierung zuständig (DFAT 17.8.2020). Das kurdische Parlament besteht aus 111 Mitgliedern, die alle vier Jahre gewählt werden. Im aktuellen Parlament, das im November 2018 gewählt wurde, sind sechzehn Parteien und Listen vertreten. Insgesamt sind elf Parlamentssitze für ethnische und konfessionelle Minderheiten reserviert. Je fünf der Sitze sind für Turkmenen und Christen reserviert, einer für Armenier. Laut Gesetz müssen mindestens 30% der Sitze von Frauen gehalten werden (KP 2021; vergleiche DFAT 17.8.2020, S.18, FH 28.2.2022). Bei den letzten Wahlen vom September 2018 erzielte die regierende KDP 45 Sitze, die PUK 21, Gorran 12 und mehrere kleinere Parteien und Minderheitenvertreter verteilten sich auf den Rest. Gorran und andere kleinere Parteien lehnten das Wahlergebnis wegen Betrugsvorwürfen und anderer Unregelmäßigkeiten ab (FH 28.2.2022). Religiöse Einmischung in die Politik ist in der KRI weitgehend nicht existent (BS 23.2.2022).

Artikel 140 der irakischen Verfassung aus dem Jahr 2005 sieht eine Lösung der Frage um die sogenannten umstrittenen Gebiete, Regionen in den Gouvernements Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din vor (Rudaw 11.11.2020). Artikel 58 beinhaltet Maßnahmen, die darauf abzielen, die unter der Herrschaft von Saddam Hussein durchgeführte Arabisierungspolitik zu korrigieren (Rudaw 30.7.2019; vergleiche Rudaw 11.11.2020). Die Frage von Artikel 140 hätte bis spätestens 2007 durch ein Referendum geregelt werden sollen, bei dem die Einwohner des Gebietes entscheiden sollten, ob sie sich der Region Kurdistan anschließen oder an die föderale irakische Regierung gebunden bleiben wollten, wurde jedoch nie umgesetzt (Rudaw 11.11.2020). Im Juli 2019 stellt das Oberste Bundesgericht des Irak fest, dass Artikel 140 und Artikel 58 der Übergangsregierung (2005/2006) nach wie vor umzusetzen sind (Rudaw 30.7.2019). In einer Sitzung des Verfassungsausschusses haben einige schiitische Mitglieder die Meinung geäußert, dass Artikel 140 aus der Verfassung gestrichen werden sollte (Rudaw 11.11.2020).

Im Jahr 2017 hat die KRG zu einem Referendum über die Unabhängigkeit Kurdistans aufgerufen, welches vom irakischen Höchstgericht für verfassungswidrig erklärt wurde (GIZ 1.2021a; vergleiche FAZ 18.9.2017). Dieses Unabhängigkeitsreferendum, bei dem sich rund 93 % der Wähler für die Unabhängigkeit aussprachen, war angeblich durch Einschüchterung und Betrug beeinträchtigt (FH 3.3.2021; vergleiche SDZ 27.9.2017). Im Nachgang zum Unabhängigkeitsreferendum hat die irakische Armee die umstrittenen Gebiete, welche nach dem Zurückdrängen des Islamischen Staates (IS) unter kurdischer Kontrolle standen, im Herbst 2017 größtenteils wieder unter ihre Kontrolle gebracht (AA 25.10.2021, S.17-18). Dabei kam es im Oktober 2017 zu teils auch schweren bewaffneten Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten (AA 2.3.2020). Der langjährige Präsident der KRI, Masoud Barzani, der das Referendum mit Nachdruck umgesetzt hatte, trat als Konsequenz zurück (FH 28.2.2022; vergleiche GIZ 1.2021a). Das Präsidentenamt blieb daraufhin bis Mai 2019 vakant (FH 3.3.2021). Die Exekutivgewalt lag währenddessen in den Händen von Premierminister Nechirvan Barzani, seinem Neffen (FH 28.2.2022). Seither ist die Lage in den umstrittenen Gebieten generell angespannt. Es gibt Meldungen von Landbesetzungen und Vertreibung kurdischer Bevölkerungsteile durch Araber einerseits und großen Vorbehalten der dort lebenden Kurden und religiösen Minderheiten gegen die schiitischen PMF-Milizen andererseits (AA 25.10.2021, S.18).

Die Beziehungen zwischen dem Zentralirak und der KRI haben sich während der Amtszeit von Premierminister al-Kadhimi zwar verbessert, bleiben jedoch angespannt. Grund hierfür sind unter anderem die ausbleibenden, ungeklärten Transferleistungen aus dem Zentralirak, welche die finanzielle Lage der Bevölkerung in der KRI verschlechtern (AA 25.10.2021, S.6). Insbesondere die Verabschiedung eines Gesetzes, das die Festschreibung des KRI-Anteils am irakischen Gesamthaushalt an die die Überweisung von Öl- und Zolleinnahmen der KRI an den Zentralirak bindet, bleiben ein Streitpunkt (AA 25.10.2021, S.6). Am 12.11.2020 verabschiedete das irakische Parlament zudem ein Budget-Defizitgesetz in Abwesenheit der Vertreter der KRI, welche die Sitzung boykottierten. Die KRI wird darin aufgefordert ihre gesamten Einnahmen, insbesondere auch jene aus dem Ölsektor, an die Zentralregierung abzugeben, um vom Staatshaushalt zu profitieren (Kurdistan24 12.11.2020). Am 15.2.2022 hat das Oberste Bundesgericht das Öl- und Gasgesetz Nr. 22/2007 der KRG für verfassungswidrig erklärt und beschlossen, dass die KRG verpflichtet sei, die gesamte Ölproduktion aus den Ölfeldern in der KRI und aus anderen Gebieten, aus denen das Ministerium für Naturressourcen der KRG Öl gefördert hat, abzuliefern. Auch habe das irakische Ölministerium das Recht alle mit der KRG abgeschlossenen Ölverträge über den Export und den Verkauf von Öl und Gas zu überprüfen (RoI FSC 16.2.2022). Die KRG erklärte die Entscheidung für verfassungswidrig und hat angekündigt alle verfassungsmäßigen, rechtlichen und gerichtlichen Maßnahmen zu ergreifen, um alle im Öl- und Gassektor geschlossenen Verträge zu schützen und zu wahren (Gov.KRD 15.2.2022).

Dagegen verbesserte sich die Sicherheitskooperation im Kampf gegen den IS leicht (AA 25.10.2021, S.6). Zudem unterzeichneten Bagdad und Erbil im Oktober 2020 eine Übereinkunft zu Sinjar [Shengal], die sich eine rasche Verbesserung der Sicherheitslage und Klärung der Verwaltungsverantwortlichkeiten zum Ziel setzt (AA 22.1.2021, S.6). In Abstimmung mit der UN-Unterstützungsmission für den Irak (UNAMI) hat das Abkommen die föderale Regierung gestärkt und den Weg für den Wiederaufbau im Sinjar-Distrikt geebnet. Allerdings nehmen die Jesiden-Vertreter eine ablehnende Haltung ein, da sie in die Verhandlungen nicht einbezogen wurden. Das Abkommen sieht die Beseitigung der bewaffneten Gruppen in der Region vor, einschließlich der PKK und der PMF-Kräfte (Al Monitor 13.10.2020).

Nachdem die KRI 1991 ihre de-facto-Autonomie vom Irak Saddam Husseins erlangt hatte, hat sie sich zu einem politischen Duopol zurückentwickelt, das insbesondere von den beiden familienzentrierten Parteien, der KDP und der PUK, beherrscht wird (MEI 24.2.2021; vergleiche FH 3.3.2021, France24 22.2.2020). In der Region Kurdistan fehlt den demokratischen Institutionen die Kraft, den Einfluss der langjährigen Machthaber einzudämmen (FH 28.2.2022). Diese beiden Parteien kontrollieren die staatlichen Institutionen auf allen Ebenen, dazu das Militär und die inneren Sicherheitskräfte (MEI 24.2.2021). Beide verfügen auch über bewaffnete Einheiten (Peshmergas), die eigentlich unter dem gemeinsamen Kommando des Peshmerga-Ministeriums der KRG stehen sollten (BS 29.4.2020, S.7f; vergleiche AA 25.10.2021, S.9). Die KDP und die PUK haben die demokratischen Grundsätze der Regierungsbildung häufig untergraben (BS 29.4.2020, S.14), und versuchen, einen echten demokratischen Diskurs zu verhindern, indem sie den freien Zugang zu staatlichen Informationen einschränken, kritische Journalisten und politische Aktivisten verhaften und ihnen nahestehende Medienunternehmen finanzieren. Darüber hinaus beaufsichtigen sie ein weitverbreitetes Klientelsystem, das durch die Ölindustrie der Region und Budgettransfers der irakischen Regierung angeheizt wird, und das Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor an diejenigen vergibt, die als politisch loyal gelten, und Aufträge an parteinahe Unternehmen vergibt (MEI 24.2.2021). Die KDP hat ihr Machtzentrum in Erbil, die PUK ihres in Sulaymaniyah. Beide verfügen einerseits über eine bedeutende Anzahl von Sitzen im irakischen Parlament und gewannen andererseits auch die meisten Sitze bei den Wahlen in der KRI im September 2018 (CRS 3.2.2020). In der KRI ist im Raum Erbil und Dohuk eine Oppositionsbewegung zur KDP kaum existent. In der Region um Sulaymaniyah und Halabja haben sich in den vergangenen Jahren auch Gruppen von der PUK abgewandt, allerdings ohne großen politischen Einfluss gewinnen zu können (AA 25.10.2021, S.10). Trotz Wählerverlustes konnte sich die PUK einflussreiche Ressorts sowohl in der KRG als auch in Bagdad sichern (BS 29.4.2020, S.14). Der Machtkampf zwischen KDP und PUK schwächt einerseits inner-kurdische Reformen und andererseits Erbils Position gegenüber Bagdad (GIZ 1.2021a; vergleiche ICG 27.3.2019). Nebst den beiden dominanten Parteien, KDP und PUK, sind insbesondere Gorran (Wandel), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert (KAS 2.5.2018, S.21; vergleiche WI 8.7.2019), sowie eine Reihe kleinerer islamistischer Parteien präsent (KAS 2.5.2018).

Auch nach dem Rücktritt von Präsident Masoud Barzani teilt sich die Barzani-Familie die Macht. Nechirvan Barzani, langjähriger Premierminister unter seinem Onkel Masoud, beerbte ihn im Amt des Präsidenten der KRI. Masrour Barzani, Sohn Masouds, wurde im Juni 2019 zum neuen Premierminister der KRI ernannt (GIZ 1.2021a; vergleiche FH 28.2.2022) und im Juli 2019 durch das kurdische Parlament bestätigt (CRS 3.2.2020).

Proteste in der KRI gehen auf das Jahr 2003 zurück. Die Hauptforderungen der Demonstranten sind gleichgeblieben und drehen sich einerseits um das Thema Infrastrukturversorgung und staatliche Leistungen (Strom, Wasser, Bildung, Gesundheitswesen, Straßenbau sowie die enormen Einkommensunterschiede) und andererseits um das Thema Regierungsführung (Rechenschaftspflicht, Transparenz und Korruption) (LSE 4.6.2018). Während der Massenproteste in Bagdad und dem Südirak im Herbst 2019 blieb es in der Kurden-Region ruhig. 2017 und 2018 waren zuvor Proteste in der KRI niedergeschlagen worden (BAMF 5.2020, S.10), wobei es sogar, etwa 2017 in Sulaymaniyah, Todesopfer zu beklagen gab (France24, 22.2.2020). Wegen der verschlechterten Wirtschaftslage, hoher Arbeitslosigkeit und des Mangels an Strom- und Wasserversorgung kommt es auch in der KRI zu lokal begrenzten Protesten und Demonstrationen (AA 25.10.2021, S.5). Von Mai bis Oktober 2020 hatten etwa Aktivisten und Lehrer in der Region Dohuk Proteste organisiert, um die von den Behörden verzögerte Auszahlung der Gehälter zu fordern. Es kam auch zu Festnahmen. Infolge verurteilte ein Gericht in der KRI am 16.2.2021 in einem als äußerst fehlerhaft kritisierten Verfahren drei Journalisten und zwei Aktivisten zu sechs Jahren Gefängnis (HRW 22.4.2021). Und im Dezember 2020 wurden bei gewaltsamen Protesten acht Menschen getötet und hunderte verletzt. Anlass waren die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und (wiederum) die Nichtauszahlung von Gehältern im öffentlichen Dienst. In Ortschaften jenseits der größeren Städte und in Sulaymaniyah wurden die Büros diverser Parteien in Brand gesteckt. Die Regierung nahm Organisatoren der Proteste fest und schloss einen Fernsehsender, der über die Demonstrationen berichtete (MEI 24.2.2021; vergleiche Al Jazeera 8.12.2020).

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             Kurdistan24 (12.11.2020): Iraq’s parliament passes deficit law, despite Kurdish objections,https://www.kurdistan24.net/en/story/23479-Iraq%E2%80%99s-parliament-passes-deficit-law,-despite-Kurdish-objections, Zugriff 13.8.2021

             LSE - London School of Economics and Political Science (4.6.2018): Iraq and its regions: The Future of the Kurdistan Region of Iraq after the Referendum, http://eprints.lse.ac.uk/88153/1/Sleiman%20Haidar_Kurdistan_Published_English.pdf, Zugriff 13.8.2021

             MEI - Middle East Institute (24.2.2021): Beyond the elite: Taking protest and public opinion seriously in the Kurdistan Region, https://www.mei.edu/publications/beyond-elite-taking-protest-and-public-opinion-seriously-kurdistan-region, Zugriff 12.8.2021

             RoI FCS - Republic of Iraq Federal Supreme Court [Irak] (16.2.2022): Federal Supreme Court judges that the Kurdistan Regional Government's oil and gas law is unconstitutional and annulled, file:///home/se5279/Downloads/_2022-07-18.html, Zugriff 7.6.2022

             Rudaw (11.11.2020): Iraqi Shiite MPs call to abolish disputed territories resolution article from constitution: MP, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/111120201, Zugriff 13.8.2021

             Rudaw (20.11.2019): Will the Peshmerga reform – or be integrated into the Iraqi Army?, https://www.rudaw.net/english/analysis/201120191, Zugriff 13.8.2021

             Rudaw (30.7.2019): Territories remain disputed, Article 140 can be implemented: Iraqi federal court, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/300720192, Zugriff 13.8.2021

             SDZ - Süddeutsche Zeitung (27.9.2017): 92 Prozent stimmen für Unabhängigkeit Kurdistans, https://www.sueddeutsche.de/politik/amtliches-endergebnis-92-prozent-stimmen-fuer-unabhaengigkeit-kurdistans-1.3683744, Zugriff 13.8.2021

             WI - Washington Institute (8.7.2019): Gorran and the End of Populism in the Kurdistan Region of Iraq, https://www.washingtoninstitute.org/fikraforum/view/gorran-and-the-end-of-populism-in-the-kurdistan-region-of-iraq, Zugriff 13.8.2021

Sicherheitslage

Letzte Änderung: 22.08.2022

Die Sicherheitslage im Irak hat sich seit dem Ende der groß angelegten Kämpfe gegen den Islamischen Staat (IS) erheblich verbessert (FH 3.3.2021). Derzeit ist es jedoch staatlichen Stellen nicht möglich, das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Dies gilt insbesondere für den Zentralirak außerhalb der Hauptstadt (AA 25.10.2021, S.9). Der IS ist zwar offiziell besiegt, stellt aber weiterhin eine Bedrohung dar, und es besteht die ernsthafte Sorge, dass die Gruppe wieder an Stärke gewinnt (DIIS 23.6.2021). Zusätzlich agieren insbesondere schiitische Milizen (Volksmobilisierungskräfte, PMF), aber auch sunnitische Stammesmilizen eigenmächtig (AA 25.10.2021, S.9). Die ursprünglich für den Kampf gegen den IS mobilisierten, zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar (AA 25.10.2021, S.15). Die PMF haben erheblichen Einfluss auf die wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Lage im Irak und nutzen ihre Stellung zum Teil, um unter anderem ungestraft gegen Kritiker vorzugehen. Immer wieder werden Aktivisten ermordet, welche die vom Iran unterstützten PMF öffentlich kritisiert haben (DIIS 23.6.2021). Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten, Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA 25.10.2021, S.15). [Siehe hierzu Kapitel: Volksmobilisierungskräfte (PMF) / al-Hashd ash-Sha‘bi]

Die Überreste des IS zählen zu den primären terroristischen Bedrohungen im Irak. Die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), eine Terrorgruppe mit Sitz in den Bergen des Nordiraks, verübte ebenfalls mehrere Anschläge in der Kurdistan Region Irak (KRI), bei denen auch mehrere Angehörige der kurdischen Sicherheitskräfte getötet wurden. Auch gewisse mit dem Iran verbündete Milizen stellen eine terroristische Bedrohung dar (USDOS 16.12.2021).

Im Jahr 2020 blieb die Sicherheitslage in vielen Gebieten des Irak instabil (USDOS 30.3.2021). Die Gründe dafür liegen in sporadischen Angriffen durch den IS (UNSC 30.3.2021; vergleiche USDOS 30.3.2021), in Kämpfen zwischen den irakischen Sicherheitskräften (ISF) und dem IS in dessen Hochburgen in abgelegenen Gebieten des Irak, in der Präsenz von Milizen, die nicht vollständig unter der Kontrolle der Regierung stehen, einschließlich bestimmter PMF sowie in ethno-konfessioneller und finanziell motivierter Gewalt (USDOS 30.3.2021).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA, die am 3.1.2020 in der gezielten Tötung von Qasem Soleimani, Kommandant des Korps der Islamischen Revolutionsgarden und der Quds Force, und Abu Mahdi al-Muhandis, Gründer der Kataib Hisbollah und de facto Anführer der Volksmobilisierungskräfte, bei einem Militärschlag am Internationalen Flughafen von Bagdad gipfelten, haben einen destabilisierenden Einfluss auf den Irak (DIIS 23.6.2021). Schiitische Milizenführer drohen regelmäßig damit, die von den USA unterstützten Streitkräfte im Irak anzugreifen. Anschläge mit Sprengfallen (IEDs) gegen militärische Versorgungskonvois der USA sind im Irak an der Tagesordnung. Es wird häufig über Anschläge in der südlichen Region des Landes berichtet, darunter in den Gouvernements Babil, Basra, Dhi-Qar, Qadisiyyah und Muthanna. Aber auch aus den zentralen Gouvernements Bagdad, Anbar und Salah ad-Din wurden Anschläge gemeldet. Konvois werden oft auf Autobahnen angegriffen, wobei diese Vorfälle selten Opfer oder größere Schäden zur Folge haben (Garda 15.7.2021). Die Zahl der Angriffe pro-iranischer Milizen hat ihren bisherigen monatlichen Höhepunkt mit 26 im April 2021 erreicht und ist seitdem zurückgegangen. Diese Gruppen versuchen, die US-Präsenz im Irak einzuschränken, was ihr auch gelungen ist, da sich die Amerikaner nun auf den Schutz ihrer Truppen konzentrieren, anstatt mit den irakischen Sicherheitskräften zusammenzuarbeiten (Wing 2.8.2021).

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 25.10.2021, S.16).

Im Nordirak führt die Türkei zum Teil massive militärische Interventionen durch, die laut Ankara gegen die PKK gerichtet sind. Außerdem unterhält die Türkei dort temporäre Militärstützpunkte (GIZ 1.2021a), über 40 davon in der KRI sowie eine Militärbabsis in Bashiqa bei Mossul (BS 23.2.2022). Die Errichtung weiterer Militärstützpunkte ist geplant (Reuters 18.6.2020). Die Türkei hat im Rahmen ihrer gemeinsamen Operationen Claw-Eagle und Claw-Tiger gegen die PKK im Qandil-Gebirge, in Sinjar und Makhmur (beide in Ninewa) irakischen Boden bombardiert. Auch der Iran hat das Qandil-Gebirge bombardiert, ein Angriff, der vermutlich mit der Türkei koordiniert wurde (BS 23.2.2022).

Die Regierungen in Bagdad und Erbil haben im Mai 2021 eine Vereinbarung über den gemeinsamen Einsatz ihrer Sicherheitskräfte (ISF und der Peshmerga) in den Sicherheitslücken zwischen den von ihnen kontrollierten Gebieten getroffen (Rudaw 14.5.2021; vergleiche Rudaw 21.6.2021). Seitdem wurden mehrere "Gemeinsame Koordinationszentren" eingerichtet (Rudaw 21.6.2021). In vier neuen Gemeinsamen Koordinationszentren, in Makhmour, in Diyala, in Kirkuks K1 Militärbasis und in Ninewa, werden kurdische und irakische Kräfte zusammenarbeiten und Informationen austauschen, um den IS in diesen Gebieten zu bekämpfen (Rudaw 25.5.2021). Jene Sicherheitslücken werden vom IS erfolgreich ausgenutzt. In einigen Gebieten ist die Sicherheitslücke bis zu 40 Kilometer breit. Der IS gewinnt dort an Stärke und führt tödliche Angriffe auf kurdische und irakische Kräfte und Zivilisten durch (Rudaw 14.5.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             DIIS - Danish Institute for international Studies (23.6.2021): Security provision and external actors in Iraq, https://www.diis.dk/en/research/security-provision-and-external-actors-in-iraq, Zugriff 25.8.2021

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             Garda World (15.7.2021): Iraq: Improvised explosive device targets convoy carrying military supplies in Dhi Qar Governorate July 15, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/502161/iraq-improvised-explosive-device-targets-convoy-carrying-military-supplies-in-dhi-qar-governorate-july-15, Zugriff 25.8.2021

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             Reuters (18.6.2020): Turkey plans more military bases in north Iraq after offensive: official, https://www.reuters.com/article/us-turkey-security-iraq/turkey-plans-more-military-bases-in-north-iraq-after-offensive-official-idUSKBN23P12U, Zugriff 16.3.2021

             Rudaw (21.6.2021): Coalition ‘very happy’ with Peshmerga reform, Kurdish-Iraqi coordination: colonel, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/210620212, Zugriff 21.6.2021

             Rudaw (25.5.2021): In Makhmour, Iraqi and Kurdish forces collaborate against common enemy ISIS, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/25052021, Zugriff 21.6.2021

             Rudaw (14.5.2021): Erbil, Baghdad agree on joint deployment to combat ISIS threat: Peshmerga ministry, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/14052021, Zugriff 21.6.2021

             UNSC - United Nations Security Council (30.3.2021): Conflict-related sexual violence; Report of the Secretary-General [S/2021/312], https://www.ecoi.net/en/file/local/2049397/S_2021_312_E.pdf, Zugriff 1.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (16.12.2021): Country Report on Terrorism 2020 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2065356.html, Zugriff 22.2.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021

Islamischer Staat (IS)

Letzte Änderung: 22.08.2022

Im Dezember 2017 erklärte der Irak offiziell den Sieg über den Islamischen Staat (IS), nachdem im Monat zuvor mit Rawa im westlichen Anbar, das letzte urbane Zentrum des IS im Irak zurückerobert worden war (Al Monitor 11.7.2021). Der IS stellt nach wie vor eine Bedrohung dar (DIIS 23.6.2021; vergleiche MEE 4.2.2021, Garda 15.4.2021, USDOS 16.12.2021). Er ist als klandestine Terrorgruppe aktiv, deren Fähigkeit zu operieren dadurch verringert ist, dass er weder Territorium noch Zivilbevölkerung beherrscht (FH 3.3.2021). Der IS versucht jedoch vor allem in jenen Gebieten Fuß zu fassen, deren Kontrolle zwischen der kurdischen Regionalregierung und der föderalen Regierung umstritten ist (USDOS 16.12.2021). Laut irakischen Kommandanten ist der IS nicht mehr in der Lage Territorien zu halten (MEE 4.2.2021).

Nur eine Minderheit der IS-Kräfte ist aktiv in Kämpfe verwickelt, besonders in einigen Gebieten im Nord- und Zentralirak. In Gebieten mit sunnitischer Bevölkerungsmehrheit konzentriert sich der IS auf die Doppelstrategie der Einschüchterung und Versöhnung mit den lokalen Gemeinschaften, während er auf ein erneutes Chaos oder den Abzug der internationalen Anti-Terrortruppen wartet (NI 19.5.2020). Der IS unterhält im gesamten West- und Nordirak Zellen, die gut ausgerüstet und äußerst mobil sind. Es wird angenommen, dass sie die Unterstützung aus den marginalisierten sunnitischen Gemeinschaften in der Region erhalten (Garda 15.4.2021). Schätzungen über die Stärke des IS gehen von 2.000 bis zu 10.000 IS-Kämpfer im Irak, dürften aber zu hoch gegriffen sein und sich zur Hälfte aus Unterstützern und Schläfern zusammensetzen (NI 18.5.2021). Auch die Vereinten Nationen schätzen die Stärke des IS im Irak und in Syrien auf etwa 10.000 Kämpfer, wobei es sich dabei um eine Schätzung handelt und die Zahl tatsächlich geringer ausfällt (Wilson Center 10.12.2021).

Eine grundlegende geografische Verteilung der IS-Kämpfer lässt sich aus deren Operationen ableiten, die sie gegen die Sicherheitskräfte und die PMF durchführen. Diese betreffen hauptsächlich Anbar, Bagdad, Babil, Kirkuk, Salah ad-Din, Ninewa und Diyala (NI 18.5.2021). Nach der territorialen Niederlage im Jahr 2017 haben sich Zellen des IS weitgehend im Gebietsdreieck zwischen den Gouvernements Salah ad-Din, Diyala und Kirkuk, einschließlich des Hamrin-Gebirges, im Nordirak neu gruppiert. Das Gebiet liegt zwischen den Zuständigkeiten der irakischen Sicherheitskräfte und denen der Kurdischen Regionalregierung (KRG), den Peshmerga (MEE 4.2.2021). Um die 2.000 der Kämpfer sollen sich in diversen Dreiecksgebieten konzentrieren: Das Gebiet zwischen Nord, West und Süd Bagdad, das Gebiet zwischen den nördlichen Hamreenbergen, Südkirkuk und dem Osten von Salah-ad-Din, das Gebiet zwischen Makhmour, Shirqat und den Khanoukenbergen im nördlichen Salah ad-Din, das Gebiet zwischen Baaj in Ninewa, Rawa im nördlichen Anbar und dem Tharthar See, das Gebiet zwischen Wadi Hauran, Wadi al-Qathf und Wadi al-Abyad in Anbar (NI 19.5.2020). Auch Informationen irakischer Sicherheitsbeamter deuten darauf hin, dass der IS auf abgelegene Stützpunkte tief in der Wüste in Anbar, Ninewa, in Gebirgszügen, Tälern und Obstplantagen in Bagdad, Kirkuk, Salah ad-Din und Diyala zurückgreift, um seine Kämpfer unterzubringen und Überwachungs- und Kontrollpunkte zur Sicherung der Nachschubwege einzurichten. Er nutzt diese Stützpunkte auch, um Kommandozentren und kleine Ausbildungslager einzurichten. In urbanen Gebieten hat der IS seine Kämpfer in kleinen mobilen Untergruppen reorganisiert und seine Aktivitäten in Gebieten in denen er noch Einfluss hat verstärkt, indem er die internen Probleme des Iraks ausnutzt und sich vertrautes geografisches Gebiet zunutze macht (NI 18.5.2021). Im Jänner 2022 erklärte der Leiter der irakischen Sicherheitsmedienzelle, Generalmajor Sa'ad Ma'an, dass der IS weiterhin in den Qarachokh-Bergen, in der Gegend südlich von Makhmur und in Teilen der Gouvernements Kirkuk, Diyala und Salah ad-Din präsent sei (NRT 4.2.2022).

Der verstärkte Einsatz von mobilen IS-Gruppen, die in verschiedenen Gebieten operieren, oft weit entfernt von ihren Stützpunkten oder von Unterkünften wie den Madafat Anmerkung, Grundausbildungslager), die sich in unwegsamem Gelände, Felsenhöhlen oder unterirdischen Tunneln befinden, bedeutet, dass die tatsächliche Präsenz der Gruppe nicht anhand ihrer territorialen Ansprüche oder von Ankündigungen irakischer Behörden beurteilt werden kann (NI 18.5.2021). Der IS verlässt sich bei der Planung und Ausführung seiner Aktivitäten auf geografisches Terrain. Obwohl die Gruppe nicht mehr als Staat agiert, wie es in den Jahren des Kalifats von 2014 bis 2018 der Fall war, beziehen sich ihre Kommuniqués, in denen sie sich zu Anschlägen bekennt, immer noch auf das Wilayat als Teil ihrer PR-Strategie (NI 18.5.2021).

Der IS wählt seine Einsatzgebiete nach strategischen Faktoren aus: Ein Faktor ist die Generierung von Finanzmitteln, an den Handelsrouten zum Iran, zu Syrien und zwischen den irakischen Gouvernements, durch Steuern bzw. Schutzgelder, die Transportunternehmen auferlegt werden, sowie aus dem Schmuggel von Medikamenten, Waffen, Zigaretten, Öl, illegalen Substanzen und Lebensmitteln. Ein anderer Faktor ist die Schaffung strategischer Tiefe und sicherer Häfen. So konzentriert sich der IS auf die Ansiedlung in verlassenen Dörfern im Nord- und Zentralirak, wo natürliche geographische Barrieren und Gelände, wie Täler, Berge, Wüsten und ländliche Gebiete, konventionelle Militäroperationen zu einer Herausforderung machen. Hier nutzt der IS Höhlen, Tunnel und Lager zu Ausbildungszwecken, auch um sich Überwachung, Spionage und feindlichen Operationen zu entziehen. Ein weiterer Faktor ist die direkte Nähe zum Ziel. Der IS konzentriert sich beispielsweise auf Randgebiete um Städte und große Dörfer, die eine große Präsenz von einerseits Stammesmilizen oder lokalen Streitkräften und andererseits von nicht-lokalen loyalistischen PMF-Milizen aufweisen, sowie auf niederrangige Beamte, die mit der Regierung für die Vertreibung des IS zusammengearbeitet haben. Solche Gebiete sind häufig instabil aufgrund von Friktionen zwischen den verschiedenen Kräften. Einheimische, vor allem solche, die durch die anwesenden Kräfte geschädigt wurden, können dem IS gegenüber aufgeschlossener sein (CPG 5.5.2020).

Der IS hat die jüngsten Entwicklungen im Irak, wie die weitreichenden öffentlichen Proteste, den Rücktritt der Regierung und die daraus resultierende politische Stagnation, die Machtkämpfe um die Ermordung des Führers der PMF, Abu Mahdi al-Muhandis, durch die USA und den Abzug von US-Streitkräften aus dem Irak, operativ genutzt und in eher kleinen Gruppen von neun bis elf Männern Anschläge in Diyala, Salah ad-Din, Ninewa, Kirkuk und im Norden Bagdads verübt (CPG 5.5.2020).

Der IS begeht zumeist Angriffe mit Kleinwaffen, Hinterhalte und Bombenanschläge am Straßenrand (IEDs) (Wilson Center 10.12.2021; vergleiche USDOS 16.12.2021). Er greift jedoch auch auf Selbstmordattentate, Attentate, Entführungen und Sabotageakte zurück. Dabei sind Angriffe im kleinen Ausmaß heute am weitesten verbreitet. Die Ziele sind je nach Gebiet unterschiedlich, aber im Allgemeinen handelt es sich um die Sicherheitskräfte der verschiedenen Gebiete, ihre vermeintlichen Unterstützer/Kollaborateure und die breitere Bevölkerung schiitischer und anderer nicht-sunnitischer Muslime, die alle als Ungläubige und Abtrünnige gelten (Wilson Center 10.12.2021).

Seit Sommer 2021 häufen sich Angriffe auf das irakische Stromnetz. Diese Angriffe werden von den Behörden terroristischen Kräften oder dem IS zugeschrieben (AN 14.8.2021). Der IS hat sich zu Dutzenden solcher Anschläge bekannt und bedroht auch andere lebenswichtige Infrastruktur. Es wird angenommen, dass der IS versucht, Panik zu verbreiten, indem er das Elektrizitätsnetz angreift (Rudaw 8.8.2021).

Nach der Tötung des "Kalifen" Abu Bakr al-Baghdadi wurde Abu Ibrahim al-Hashimi al-Qurashi 2019 der neue Anführer des IS. Dieser wurde als Ameer Muhammed Sa'id al-Salbi al-Mawla identifiziert, ein langjähriger Anführer des IS aus Tal'afar im Nordirak (NI 19.5.2020; vergleiche CISAC 2021). Am 4.2.2022 kam al-Qurashi bei einer Militäroperation der USA in Nordsyrien ums Leben (Al Jazeera 4.2.2022; vergleiche Reuters 9.2.2022, GS 11.3.2022). Im März 2022 wurde verkündet, dass Abu al-Hassan al-Hashimi al-Qurayshi die Nachfolge angetreten hat. Hinter diesem nom de guerre verbirgt sich laut irakischen und westlichen Geheimdienstquellen Juma Awad al-Badri, ein Bruder des ersten "Kalifen" (GS 11.3.2022).

Dem "Kalifen" sind zwei fünfköpfige Ausschüsse unterstellt: ein Shura (Beratungs-) Rat und ein Delegiertenausschuss. Jedes Mitglied des Letzteren ist für ein Ressort zuständig (Sicherheit, sichere Unterkünfte, religiöse Angelegenheiten, Medien und Finanzierung). Die verschiedenen Sektoren des IS arbeiten auf lokaler Ebene dezentralisiert, halbautonom und sind finanziell autark (NI 19.5.2020).

Quellen:

             Al Jazeera (4.2.2022): Profile: Who was Abu Ibrahim al-Qurayshi?, https://www.aljazeera.com/news/2022/2/4/abu-ibrahim-al-qurayshi-who-was-isil-killed-in-us-raid, Zugriff 18.2.2022

             Al Monitor (11.7.2021): Islamic State uses hit-and-run tactics in Iraq, https://www.al-monitor.com/originals/2021/07/islamic-state-uses-hit-and-run-tactics-iraq, Zugriff 25.8.2021

             AN - Arab News (14.8.2021): West Baghdad without water after ‘attack’ on power grid, https://www.arabnews.com/node/1911056/middle-east, Zugriff 25.8.2021

             CISAC - Center for International Security and Cooperation (2021): The Islamic State, https://cisac.fsi.stanford.edu/mappingmilitants/profiles/islamic-state#highlight_text_12400, Zugriff 25.8.2021

             CPG - Center for Global Policy (5.5.2020): ISIS in Iraq: From Abandoned Villages to the Cities, https://cgpolicy.org/articles/isis-in-iraq-from-abandoned-villages-to-the-cities/, Zugriff 4.6.2020

             DIIS - Danish Institute for international Studies (23.6.2021): Security provision and external actors in Iraq, https://www.diis.dk/en/research/security-provision-and-external-actors-in-iraq, Zugriff 25.8.2021

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             Garda World (15.4.2021): Iraq: At least five people killed, 21 injured in car bomb explosion in Baghdad April 15 /update 1, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/467636/iraq-at-least-five-people-killed-21-injured-in-car-bomb-explosion-in-baghdad-april-15-update-1, Zugriff 25.8.2021

             GS - Global Security (11.3.2022): Abu al-Hassan al-Hashimi al-Qurayshi, https://www.globalsecurity.org/military/world/para/abu-al-hassan-al-hashimi.htm, Zugriff 6.7.2022

             MEE - Middle East Eye (4.2.2021): Islamic State regrouping in northern Iraq and relying on women operatives, https://www.middleeasteye.net/news/iraq-islamic-state-regrouping-northern-women-operatives, Zugriff 10.4.2021

             NI - Newlines Institute (18.5.2021): ISIS in Iraq: Weakened but Agile, https://newlinesinstitute.org/iraq/isis-in-iraq-weakened-but-agile/?ref=nl, Zugriff 20.5.2021

             NI - Newlines Institute (19.5.2020): ISIS 2020: New Structures and Leaders in Iraq Revealed, https://newlinesinstitute.org/isis/isis-2020-new-structures-and-leaders-in-iraq-revealed/, Zugriff 4.6.2021

             NRT - Nalia Media Corporation (4.2.2022): Three Peshmerga wounded in ISIS attack in Qarachokh Mountains, http://nrttv.com/En/detail6/2461, Zugriff 9.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (16.12.2021): Country Report on Terrorism 2020 - Chapter 1 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2065356.html, Zugriff 22.2.2022)

             Reuters (9.2.2022): Islamic State likely to pick battle-hardened Iraqi as next leader - officials, analysts, https://www.reuters.com/world/middle-east/islamic-state-likely-pick-battle-hardened-iraqi-next-leader-officials-analysts-2022-02-09/, Zugriff 18.2.2022

             Rudaw (8.8.2021): More than 18 attacks on electricity towers thwarted in Iraq in two weeks: military spox, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/080820212, Zugriff 25.8.2021

             Wilson Center (10.12.2021): Explainer: The Islamic State in 2021, https://www.wilsoncenter.org/article/explainer-islamic-state-2021, Zugriff 18.2.2021

Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen

Letzte Änderung: 22.08.2022

Vom Irak-Experten Joel Wing wurden für den gesamten Irak im Lauf des Monats Jänner 2021 77 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 92 Toten (46 Zivilisten) und 176 Verwundeten (125 Zivilisten) verzeichnet. 64 dieser Vorfälle werden dem Islamischen Staat (IS) zugeschrieben und 13 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Bagdad mit 145, gefolgt von 36 in Diyala, 28 in Ninewa und 26 in Salah ad-Din (Wing 4.2.2021). Im Februar 2021 waren es 63 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 39 Toten (elf Zivilisten) und 77 Verwundeten (elf Zivilisten). 47 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 16 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Diyala mit 38, gefolgt von 26 in Kirkuk und 21 in Anbar (Wing 8.3.2021). Im März 2021 waren es 79 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 39 Toten (16 Zivilisten) und 44 Verwundeten (14 Zivilisten). 59 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 20 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Salah ad-Din mit 22, gefolgt von 19 in Diyala und 18 in Kirkuk (Wing 5.4.2021). Im April 2021 waren es 107 Vorfälle mit 54 Toten (19 Zivilisten) und 132 Verwundeten (52 Zivilisten). 80 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 27 pro-iranischen Milizen. Diyala hatte mit 62 die meisten Opfer zu beklagen, gefolgt von 39 in Kirkuk, 30 in Bagdad, 24 in Salah ad-Din und 22 in Ninewa (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 waren es 113 Vorfälle mit 59 Toten (elf Zivilisten) und 100 Verwundeten (24 Zivilisten). 89 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 24 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Kirkuk mit 53, gefolgt von 31 in Salah ad-Din, 26 in Diyala und 19 in Anbar (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden 83 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet. Dabei wurden 36 Menschen (16 Zivilisten) getötet und 87 verwundet (50 Zivilisten). 62 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 17 pro-iranischen Milizen. Vier weitere Vorfälle konnten nicht zugewiesen werden. Die meisten Opfer gab es in Bagdad mit 47, gefolgt von 31 in Diyala und 23 in Kirkuk (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 waren es 107 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 106 Toten (76 Zivilisten) und 164 (114 Zivilisten) Verwundeten. 90 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 17 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Bagdad, wo ein Bombenanschlag 101 Opfer forderte, gefolgt von 65 in Salah ad-Din, 33 in Anbar, 25 in Diyala, 21 in Kirkuk und 20 in Ninewa (Wing 2.8.2021). Im August 2021 wurden schließlich 103 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 54 Toten (15 Zivilisten) und 82 Verwundeten (34 Zivilisten) verzeichnet. 73 der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, 30 pro-iranischen Milizen. Die meisten Opfer gab es in Salah ad-Din mit 48, gefolgt von 23 in Kirkuk, 19 in Bagdad und 18 in Diyala (Wing 6.9.2021).

Im Januar 2022 wurden im Irak insgesamt 84 sicherheitsrelevante Vorfälle gemeldet. Dies ist ein Anstieg gegenüber 78 im Dezember 2021 und 67 im November 2021. Dieser Anstieg ist auf Aktivitäten von mit dem Iran verbundenen Volksmobilisierungskräfte (PMF) zurückzuführen. So gab es im Jänner 2022 31 erfolgreiche Angriffe pro-iranischer Gruppen und neun weitere Vorfälle. Dies ist ein Anstieg gegenüber 21 im Dezember 2021 und die höchste PMF zugeschriebene Vorfallszahl seit Beginn ihrer jüngsten Operationen. Wie üblich konzentrieren sie sich auf IED-Angriffe gegen Versorgungskonvois, die für die USA tätig sind (Wing 7.2.2022).

Es kam auch zu politischer Gewalt durch diese Gruppierungen, um Moqtada as-Sadr und dessen Verbündete unter Druck zu setzen, damit diese den sog. "Koordinationsrahmen" - ein Bündnis aller wichtigen pro-iranischen schiitischen Parteien - in die neue Regierung aufnehmen. Es kam z.B. auch zu Bombenanschlägen auf die Büros der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) in Bagdad und auf das Büro des stellvertretenden Sprechers in Kirkuk, zu Raketenangriffen auf das Haus des Sprechers Mohammed al-Halbousi in Anbar, zu einem Anschlag mit einem Molotow-Cocktail, der auf ein Sadr-Gebäude in Bagdad geworfen wurde, zu einem Mordanschlag auf einen KDP-Funktionär in der Hauptstadt sowie zu Granaten-Anschlägen auf Gebäude der sunnitischen Bündnisse Taqadum und Azm in Bagdad. Auch zwei kurdische Banken in Bagdad wurden bombardiert (Wing 7.2.2022).

Die Zahl der vom IS verübten Anschläge ist in den letzten fünf Monaten zurückgegangen. Im Januar 2022 waren es 46 gegenüber je 55 im Dezember und November 2021, 65 im Oktober 2021 und 70 im September 2021. Es war die niedrigste Zahl von Anschlägen im Irak seit 2003 (Wing 7.2.2022).

Die folgenden Grafiken von Iraq Body Count (IBC) stellen die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer dar. Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. Das erste Diagramm stellt die von IBC dokumentierten zivilen Todesopfer im Irak seit 2003 bis Juli 2022 dar (pro Monat jeweils ein Balken) (IBC 8.2022).

Quelle: IBC 8.2022

Die zweite Tabelle gibt die Zahlen selbst an. Laut Tabelle dokumentierte IBC im Jahr 2021 669 zivile Todesopfer. Im Jahr 2022 wurden bis Juli bisher 371 zivile Todesopfer verzeichnet (IBC 8.2022).

Quelle: IBC 8.2022

Auch laut den vom IS in seinem wöchentlichen Newsletter al Naba veröffentlichten Zahlen ist die Zahl der Anschläge im Irak gesunken. Im Jahr 2020 beanspruchte der IS im Irak durchschnittlich 110 Anschläge und 207 Tote pro Monat. Im Jahr 2021 waren es (Mit Stand Dezember 2021) durchschnittlich 87 Anschläge und 149 Tote pro Monat (Wilson Center 10.12.2021).

Laut ACLED wurden im Jahr 2021 im gesamten Irak 1.187 Vorfälle mit mindestens einem Opfer (tot oder verletzt) verzeichnet. Im Jahr 2022 waren es bis Juni 712 derartige Vorfälle (es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Opfer wird aufgrund der Schwankungsbreite bei ACLED nicht berücksichtigt. Des weiteren weist ACLED auch einige Unschärfen auf, da auch Morde ohne terroristischen Hintergrund inkludiert sind) (ACLED 2022).

Quellen:

             ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2022): 2021-01-01-2022-06-30-Middle_East-Iraq, Zugriff 6.7.2022

             IBC - Iraq Bodycount (8.2022): Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards, https://www.iraqbodycount.org/database/, Zugriff 3.8.2022

             Wilson Center (10.12.2021): Explainer: The Islamic State in 2021, https://www.wilsoncenter.org/article/explainer-islamic-state-2021, Zugriff 18.2.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.2.2022): IS Attacks On 5 Month Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/02/is-attacks-on-5-month-decline-in-iraq.html, Zugriff 9.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.9.2021): Islamic State’s Summer Offensive In Iraq Ends In August, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/09/islamic-states-summer-offensive-in-iraq.html, Zugriff 7.9.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2021): Security In Iraq June 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/07/security-in-iraq-june-2021.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.6.2021): Islamic State’s Offensive Appears Over While Pro-Iran Groups Maintain Campaign In May 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/islamic-states-offensive-appears-over.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (3.5.2021): Islamic State Ramadan Offensive Begins, Pro-Iran Groups Increase Attacks In April 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/05/islamic-state-ramadan-offensive-begins.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (5.4.2021): Violence In Iraq, March 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/04/violence-in-iraq-march-2021.html,Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (8.3.2021): IS Winter Break Continues In Feb While Pro-Iran Groups Picking Up Attacks, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/03/is-winter-break-continues-in-feb-while.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.2.2021): Violence Continues To Decline In Iraq Winter 2020-21, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/02/violence-continues-to-decline-in-iraq.html, Zugriff 25.8.2021

Sicherheitslage Bagdad

Letzte Änderung: 22.08.2022

Das Gouvernement Bagdad ist das kleinste und am dichtesten bevölkerte Gouvernement des Irak mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit des Gouvernements wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, das seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst bezieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).

Entscheidend für das Verständnis der Sicherheitslage Bagdads und der umliegenden Gebiete sind sechs mehrheitlich sunnitische Gebiete (Latifiyah, Taji, al-Mushahada, at-Tarmiyah, Arab Jibor und al-Mada'in), die die Hauptstadt von Norden, Westen und Südwesten umgeben und den sogenannten "Bagdader Gürtel" (Baghdad Belts) bilden (Al Monitor 11.3.2016). Der Bagdader Gürtel besteht aus Wohn-, Agrar- und Industriegebieten sowie einem Netz aus Straßen, Wasserwegen und anderen Verbindungslinien, die in einem Umkreis von etwa 30 bis 50 Kilometern um die Stadt Bagdad liegen und die Hauptstadt mit dem Rest des Irak verbinden. Der Bagdader Gürtel umfasst, beginnend im Norden und im Uhrzeigersinn die Städte: Taji, al-Tarmiyah, Ba'qubah, Buhriz, Besmaja und Nahrwan, Salman Pak, Mahmudiyah, Sadr al-Yusufiyah, Fallujah und Karmah und wird in die Quadranten Nordosten, Südosten, Südwesten und Nordwesten unterteilt (ISW 2008).

Im Ort al-Tarmiyah im nördlichen Teil des Gouvernement Bagdad hat der Islamische Staat (IS) eine Zelle reaktiviert (Wing 2.8.2021). Im August 2021 haben Sicherheitskräfte eine Operation gegen diese IS-Zelle gestartet, nachdem der IS seine Angriffe in den vorangegangenen Monaten verstärkt hatte (Anadolu 23.8.2021). Seit Beginn des Sommers 2021 häufen sich Angriffe auf das irakische Stromnetz, das ohnehin bereits mit schweren Stromengpässen zu kämpfen hat. Mitte August 2021 wurde beispielsweise bei al-Tarmiyah ein Strommast gesprengt, der die dortige Pumpstation mit Strom versorgt. Deren Stillstand hatte den Ausfall der Wasserversorgung für mehrere Millionen Menschen im Westen Bagdads zur Folge. Diese Angriffe werden von den Behörden terroristischen Kräften oder dem IS zugeschrieben (AN 14.8.2021).

Die zunehmenden Spannungen zwischen dem Iran und den USA, die am 3.1.2020 in der gezielten Tötung von Qasem Soleimani, Kommandant des Korps der Islamischen Revolutionsgarden und der Quds Force und Abu Mahdi al-Muhandis, Gründer der Kata'ib Hisbollah und de facto Anführer der Volksmobilisierungskräfte bei einem Militärschlag am Internationalen Flughafen von Bagdad gipfelten, haben einen destabilisierenden Einfluss auf den Irak (DIIS 23.6.2021).

Pro-iranische schiitische Milizenführer drohen regelmäßig damit, die von den USA unterstützten Streitkräfte im Irak anzugreifen. Unter anderem werden auch aus dem Gouvernement Bagdad Anschläge mit Sprengfallen (IEDs) gegen militärische Versorgungskonvois der USA gemeldet. Konvois werden oft auf Autobahnen angegriffen, wobei diese Vorfälle selten Opfer oder größere Schäden zur Folge haben (Garda 15.7.2021). Pro-iranische Milizen werden auch für Raketen- und Drohnenangriffe auf den Internationalen Flughafen Bagdad und auf die sogenannte Grüne Zone Anmerkung, ein geschütztes Areal im Zentrum Bagdads, das irakische Regierungsgebäude und internationale Auslandsvertretungen beherbergt) verantwortlich gemacht. Siehe dazu die folgende Auflistungen der monatlichen sicherheitsrelevanten Vorfälle:

Im Jänner 2021 wurden im Gouvernement Bagdad zehn sicherheitsrelevante Vorfälle mit 34 Toten und 111 Verletzten verzeichnet. 32 der Toten und 110 der Verletzten waren Zivilisten. Sechs dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, vier pro-iranischen Milizen (Wing 4.2.2021). Der IS hat im Jänner 2021 einen doppelten Selbstmordanschlag auf einem Markt am Tayaran-Platz im Zentrum Bagdads ausgeführt, bei dem 32 Menschen getötet und 110 verletzt wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vergleiche BBC 21.1.2021, Wing 4.2.2021). Pro-iranische Milizen zeichneten sich verantwortlich für drei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA und für den Raketenbeschuss des Internationalen Flughafens Bagdad (Wing 4.2.2021). Im Februar 2021 wurden zehn Vorfälle mit vier Toten und drei Verletzten verzeichnet. Je fünf Vorfälle werden dem IS und pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Bei den IS-Vorfällen handelte es sich, bis auf ein Feuergefecht in al-Tarmiyah im Norden Bagdads, um Angriffe von geringem Ausmaß. Bei vier der pro-iranischen Vorfälle handelte es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, beim fünften um einen Raketenbeschuss der Grünen Zone in Bagdad (Wing 8.3.2021). Im März 2021 gab es zehn sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten und sieben Verletzten, davon waren zwei der getöteten und sechs der verwundeten Personen Zivilisten. Acht dieser Vorfälle werden dem IS, zwei weitere pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Die IS-Angriffe umfassten unter anderem ein Feuergefecht, den Einsatz einer Motorradbombe und den Angriff auf das Haus eines Sheikhs mit einem Sprengsatz. Al-Tarmiyah, von dem aus eine IS-Zelle operiert, war hauptsächlich von den IS-Übergriffen betroffen. Bei den pro-iranischen Vorfällen handelte es sich um zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit sieben Toten und 23 Verletzten verzeichnet. Vier dieser Vorfälle werden dem IS, drei pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 3.5.2021). Bei einem der IS-Angriffe handelte es sich um einen Anschlag unter Verwendung einer Autobombe auf einem Markt in Sadr City, bei dem vier Menschen getötet und 20 verwundet wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vergleiche Garda 15.4.2021, Wing 3.5.2021). Bei den pro-iranischen Vorfällen handelte es sich wiederum um zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA sowie um Raketenbeschuss einer Militärbasis (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit 16 Toten verzeichnet, von denen zwei Zivilisten waren. Sieben Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, wobei sich sechs im nördlichen al-Tarmiyah Distrikt ereigneten. Zwei Vorfälle, ein Raketenbeschuss des Internationalen Flughafens Bagdad und ein vereitelter Angriff, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 7.6.2021). Im Mai wurde bei vier Protesten scharfe Munition verwendet, um die Demonstrationen aufzulösen. Bei zwei dieser Vorfälle starben ein, bzw. zwei Demonstranten. Dutzende weitere wurden verletzt. Neun Demonstrationen in dem Monat verliefen friedlich (ACLED 2022). Im Juni 2021 wurden 16 sicherheitsrelevante Vorfälle mit acht Toten und 39 Verletzten verzeichnet. Sieben der Toten und 36 der Verletzten waren zivile Opfer. Zehn der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben. Sechs der sicherheitsrelevanten Vorfälle, unter anderem ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA sowie zwei Drohnenangriffe auf den Internationalen Flughafen Bagdad, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Weitere Angriffe konnten verhindert werden (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 wurden 18 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 42 Toten, davon 38 Zivilisten, und 59 zivile Verletzte verzeichnet. 14 dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben (Wing 2.8.2021). Am 19.7.2021 führte der IS ein Selbstmordattentat in einem Markt in Sadr City aus, bei dem 35 Menschen getötet und 59 verletzt wurden (Al Arabiya 19.7.2021; vergleiche Wing 2.8.2021). Vier Vorfälle, ein IED-Angriff gegen einen Versorgungskonvoi der USA, zwei Raketenbeschüsse der Grünen Zone sowie die Entschärfung einer Rakete, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (WIng 2.8.2021). Im August 2021 wurden zehn Vorfälle, mit acht Toten und elf Verwundeten verzeichnet, wobei zwei der Verwundeten Zivilisten waren. Sechs Angriffe werden dem IS zugeordnet, vier pro-iranischen Milizen. Der IS war im Gouvernement Bagdad neuerlich in al-Tarmiyah am aktivsten, wo unter anderem ein Brigade-Hauptquartier der Volksmobilisierungskräfte (PMF) angegriffen wurde. Bei den vier Vorfällen unter Beteiligung pro-iranischen Milizen handelt es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der US-Streitkräfte (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurde lediglich ein IED-Angriff von PMF auf einen Versorgungskonvoi der US-Streitkräfte verzeichnet (Wing 4.10.2021). Im Oktober 2021 wurden neun Vorfälle mit zwei Toten und vier Verletzten verzeichnet, wobei alle Opfer Zivilisten waren. Sieben Angriffe werden dem IS zugeschrieben, zwei pro-iranischen Milizen. Bei einem dieser Angriffe handelte es sich wiederum um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA (Wing 4.11.2021). Am 31.10.2021 schlugen drei Raketen in der Nähe des Hauptquartiers des Geheimdienstes im Distrikt Mansour ein (ICG 16.11.2021; vergleiche Wing 4.11.2021). Des weiteren wurden im Oktober 2021 15 Proteste verzeichnet, von denen zwölf friedlich verliefen und drei als gewalttätige Demonstrationen deklariert wurden, ohne jedoch Opfer zu fordern (ACLED 2022). Im November 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Verletzten verzeichnet. Ein Vorfall wird mit dem IS in Verbindung gebracht, während der zweite pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.12.2021). Am 7.11.2021 wurde die Residenz von Premierminister al-Kadhimi in Bagdad mit drei bewaffneten Drohnen angriffen, wobei der Premierminister und fünf seiner Leibwachen verletzt wurden (ICG 16.11.2021; vergleiche HRW 13.1.2022, Wing 6.12.2021). Dies geschah, nachdem unter anderem ein Kommandeur der Asa'ib Ahl Al-Haqq-Brigade am 5.11.2021 als Teil eines Mobs getötet wurde, der versuchte, die Grüne Zone zu stürmen (Wing 6.12.2021; vergleiche Garda World 5.11.2021). Mindestens drei Demonstranten wurden getötet und Dutzende weitere verletzt (Garda World 5.11.2021; vergleiche ACLED 2022). Weitere zehn Proteste, die im November in Bagdad stattfanden, verliefen friedlich (ACLED 2022). Im Dezember 2021 wurden drei Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Bei zweien handelte es sich um IED-Angriffe auf US-Versorgungskonvois, bei einem um Raketenbeschuss auf die Grüne Zone (Wing 4.1.2022). Im Dezember wurden acht Proteste verzeichnet, von denen sechs friedlich blieben, während zwei gewalttätig verliefen, ohne jedoch Opfer zu fordern (ACLED 2022).

Im Jänner 2022 wurden 22 sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten und 13 Verletzten verzeichnet. Sechs dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben. Es kam zu Zwischenfällen in al-Tarmiyah und Taji, sowie zu einem Bombenanschlag im südlichen Madain. Für 16 Vorfälle werden pro-iranische Milizen verantwortlich gemacht. Dazu zählten sechs IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, eine weitere IED konnte entschärft werden (Wing 7.2.2022). Mehrere Raketen und Drohnenangriffe im Lauf des Monats werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben: Am 3.1.2022 wurden bewaffnete Drohnen nahe dem Internationalen Flughafen Bagdad abgeschossen (AAA 3.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Am 5.1.2022 wurde die US-Basis Camp Victory nahe dem Internationalen Flughafen Bagdad von Raketen getroffen (AAA 5.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Am 28.1.2022 schlugen Raketen am Internationalen Flughafen Bagdad ein (Al Monitor 28.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Des Weiteren wurden bei Raketenbeschuss der Green Zone, neben dem Gelände der US-Botschaft auch eine Schule getroffen, wobei eine Frau und zwei Kinder verletzt wurden (AN 15.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Es kam auch zu mehreren Vorfällen politischer Gewalt durch pro-iranische Gruppen. Es wird angenommen, dass diese Druck auf Muqtada as-Sadr und seine Verbündeten ausüben, damit der sogenannte Koordinationsrahmen (CF), dem alle wichtigen [pro-iranischen] schiitischen Parteien außer der as-Sadrs angehören, in die neue Regierung aufgenommen werden (Wing 7.2.2022). Es kam zu einem Bombenanschlag auf das Büro der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) in Bagdad (Bas News 13.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022), zu einem Angriff mit einem Molotow-Cocktail auf ein Gebäude von as-Sadrs Partei (Wing 7.2.2022), zu einem Mordanschlag auf einen KDP-Funktionär (Bas News 14.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022), sowie zu Granatenangriffen auf Gebäude der sunnitischen Parteien Taqqadum und Azm in Bagdad (AN 15.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Schließlich wurden auch zwei kurdische Banken in der Hauptstadt bombardiert (Wing 7.2.2022). Proteste, von denen im Jänner 2021 in Bagdad sieben verzeichnet wurden, blieben friedlich (ACLED 2022). Im April 2022 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und vier Verletzten registriert. Vier werden dem IS zugeschrieben, drei pro-iranischen Milizen, darunter ein IED Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA (Wing 11.5.2022). Im Mai 2022 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Verletzten verzeichnet, von denen vier dem IS und einer pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, wobei je einer dem IS und pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Bagdad im Jahr 2021 596 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 227.

Im Distrikt Rusafah wurden im Jahr 2021 52 Vorfälle verzeichnet, 22 davon waren Demonstrationen, von denen 18 friedlich verliefen und vier durch Interventionen verhindert oder beendet wurden. Hervorzuheben ist der Selbmordanschlag vom 21.1.2021 mit Dutzenden Toten und ca. hundert Verletzten. Zivilisten wurden darüber hinaus bei 15 weiteren Vorfällen zu Opfern von Gewalt durch Angriffe, IEDs und Anschläge mit Handgranaten. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 15 Vorfälle verzeichnet, darunter ein Angriff gegen Zivilisten (ACLED 2022).

Im Distrikt Adhamiyah wurden im Jahr 2021 39 Vorfälle verzeichnet, darunter acht Fälle von Gewalt gegen Zivilisten. In sieben weiteren Fällen waren Zivilisten von Gewalt betroffen, insbesondere durch IED-Angriffe. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 18 Vorfälle verzeichnet. Darunter sechs Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten sowie zwei Fälle bei denen Zivilpersonen ebenfalls von Gewalt betroffen waren (ACLED 2022).

Im Distrikt Sadr City (früher Thawra) wurden im Jahr 2021 35 Vorfälle verzeichnet. Den größten Anteil hatten bewaffnete Auseinandersetzungen, von denen 15 verzeichnet wurden, gefolgt von gezielter Gewalt gegen Zivilisten mit acht, sowie weiteren sechs bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren, z.B. durch IEDs oder Angriffen mit Handgranaten. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 29 Vorfälle verzeichnet. Bei zehn handelte es sich um Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten, darunter eine Entführung. Bei zwei weiteren waren Zivilisten ebenfalls betroffen. Es wurde wiederum eine größere Anzahl von bewaffnete Auseinandersetzungen (11) registriert (ACLED 2022).

Im Distrikt 9 Nissan (Neu Bagdad) wurden im Jahr 2021 2021 43 Vorfälle verzeichnet. Hervorzuheben sind hierbei 14 Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten, sowie neun weitere Vorfälle, bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren. Des weiteren wurden neun friedliche Demonstrationen verzeichnet, ein Protest mit Intervention, sowie jeweils eine gewalttätige Demonstration und eine mit exzessiver Gewaltanwendung durch Sicherheitskräfte gegen Demonstranten. Darüber hinaus sind vier bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Stammesmilizen zu erwähnen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni elf Vorfälle verzeichnet, vier davon Fälle von Gewalt gegen Zivilisten (ACLED 2022).

Im Distrikt Karadah wurden im Jahr 2021 33 Vorfälle verzeichnet, darunter sieben Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten und neun weitere Vorkommnisse, bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren. Darunter mehrere IED-Angriffe auf Geschäfte, die Alkohol verkaufen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 21 Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren bei vier dieser Fälle betroffen, darunter ein Mord und drei Angriffe mit Granaten, bzw. IEDs (ACLED 2022).

Im Distrikt Karkh wurden im Jahr 2021 61 Vorfälle verzeichnet. Beim überwiegenden Teil der Vorfälle handelte es sich um friedliche Demonstrationen. Fünf Demonstrationen wurden jedoch als gewalttätig kategorisiert. Es handelte sich dabei um Proteste gegen das Wahlergebnis von Oktober 2021 von PMF-Anhängern vor der Green Zone. Darüber hinaus wurde die Green Zone auch mehrfach mit Raketen beschossen. Zivilisten waren nur bei vier Vorfällen gezielt oder indirekt von Gewalt betroffen. Im Jahr 2022 waren es bis Juni 21 Vorfälle, darunter je vier friedliche und gewalttätige Demonstrationen. Bei drei Vorfällen waren Zivilisten ebenfalls von Gewalt betroffen (ACLED 2022).

Im Distrikt Kadhimiya wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet. Vier davon waren Angriffe auf Zivilisten, bei vier weiteren waren Zivilisten von Sprengsätzen betroffen. Im Jahr 2022 waren es bisher neun Vorfälle, darunter ein Fall von gezielter Gewalt gegen Zivilisten und zwei weitere Vorfälle, bei denen Zivilpersonen ebenfalls betroffen waren (ACLED 2022).

Im Distrikt Mansour wurden im Jahr 2021 21 Vorfälle verzeichnet. Bei zwei dieser Vorfälle handelte es sich um gezielte Gewalt gegen Zivilisten, bei drei weiteren waren Zivilisten ebenfalls betroffen. Des weiteren wurden sechs friedliche Demonstrationen verzeichnet und sechs Vorfälle von bewaffneten Auseinandersetzungen und IED- und Raketenangriffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sechs Vorfälle verzeichnet, wovon bei zwei Zivilisten angegriffen wurden (ACLED 2022).

Im Distrikt ar-Rashid wurden im Jahr 2021 29 Vorfälle verzeichnet. In neun Fällen waren Zivilisten betroffen. Im Jahr 2022 waren es bis Juni elf Vorfälle, wobei es sich bei fünf um Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten handelte (ACLED 2022).

Im Distrikt Abu Ghraib wurden im Jahr 2021 22 Vorfälle verzeichnet. Elf dieser Vorfälle, zumeist Drohnenangriffe und Raketenbeschuss, betrafen den Internationalen Flughafen Bagdad. Weitere Vorfälle umfassten bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen ISF- und PMF-Kräften mit dem IS, sowie IED-Angriffe, die insbesondere gegen Versorgungskonvois der USA gerichtet waren. Des weiteren wurden zwei Fälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten verzeichnet. 2022 wurden bis Juni 14 Vorfälle verzeichnet. Erneut richtete sich die Mehrzahl der Übergriffe, insbesondere Raketenbeschuss, gegen den Internationalen Flughafen Bagdad. Mehrere Angriffe konnten durch Abschüsse von Drohnen vereitelt werden. Zivilisten waren bei zwei Vorfällen ebenfalls betroffen (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Mada'in wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet. Bei fünf dieser Vorfälle handelte es sich um gezielte Gewalt gegen Zivilisten, darunter eine Entführung, sowie weitere fünf Fälle bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren. Im Jahr 2022 wurden bis Juni fünf Vorfälle verzeichnet. Bei einem IED-Angriff waren Zivilisten ebenfalls betroffen (ACLED 2022).

Im Distrikt Mahmudiyah wurden im Jahr 2021 21 Vorfälle verzeichnet. Bei 13 dieser Vorfälle handelte es sich um IED-Angriffe gegen Versorgungskonvois der USA. In zwei weiteren Fällen wurden Zivilisten Ziele von Angriffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zwei Vorfälle verzeichnet, wobei bei einem Zivilisten ebenfalls betroffen waren (ACLED 2022).

Im Distrikt Taji wurden im Jahr 2021 acht Vorfälle verzeichnet, drei davon Angriffe mit IEDs. Im Jahr 2022 waren es bis Juni acht Vorfälle. Bei einem waren Zivilisten ebenfalls betroffen (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Tarmiyah wurden im Jahr 2021 82 Vorfälle verzeichnet, von denen 47 auf den Aufstand des IS und den Kampf gegen diese Gruppe zurückzuführen sind, darunter u.a. bewaffnete Auseinandersetzungen und Luft-/Drohnenangriffe zwischen IS-Kämpfern sowie ISF und PMF-Kräften. Es wurden auch fünf Angriffe des IS auf Zivilisten verzeichnet, bei denen jeweils mindestens eine Person ums Leben kam. Acht weitere Angriffe auf Zivilisten werden unbekannten bewaffneten Gruppen zugeschrieben. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 14 Vorfälle verzeichnet. Zehn dieser Vorfälle gehen auf den Aufstand des IS, bzw. den Kampf gegen ihn zurück. Bei drei Vorfällen wurden Zivilisten entweder direkt angegriffen oder waren von Sprengstoffanschlägen ebenfalls betroffen (ACLED 2022).

2021 waren 113 Fälle nicht verortbar. Es handelt sich dabei zum größten Teil um "strategische Entwicklungen", aber auch bewaffnete Auseinandersetzungen, Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten etc.. Zehn der Fälle betreffen gezielte "Gewalt gegen Zivilisten", zwei davon Entführungen. Im Jahr 2022 waren es bis Juni 41 Vorfälle, von denen acht als gezielte Gewalt gegen Zivilisten klassifiziert sind, darunter drei Entführungen (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

8

39

25 (3)

15 (1)

16 (3)

24 (1)

bewaffnete Auseinandersetzungen

17

30

35

22

32

23

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

42

23

27

10

30

11

Selbstmordanschläge

1

 

 

 

 

 

Artillerie- und Raketenbeschuss

3

7

3

4

4

2

Luft-/Drohnenangriff

1

1

1

1

1

1

Proteste/ friedliche Demonstrationen

27

32

10

31

12

20

Protest mit Intervention

5

1

 

3

1

2

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

4

 

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

1

5

3

7

1

6

strategische Entwicklungen

31

28

60

33

17

23

Vorfälle gesamt

136

170

164

126

114

113

Quelle: ACLED 2022

Anmerkung, Die Kategorie "strategische Entwicklungen" umfasst z.B. Truppenbewegungen, die Etablierung von Checkpoints, Korridoren und Brücken, die Zerstörung von Unterschlupfen von Aufständischen (IS) und Waffenlagern, Entminung und Entschärfungen von Sprengsätzen und Vorfälle von Beschädigung von Eigentum ohne Opfer).

Im Gouvernement Bagdad, unterteilt in die Stadtdistrikte Rusafah, Adhamiyah, Sha'ab, Sadr City (früher Thawra), 9 Nissan (Neu Bagdad), Karrada, az-Za' franiyah, Karkh, Kadhimiyah, Mansour und ar-Rashid, sowie die Vorstadtdistrikte Abu Ghraib, al-Istiqlal, al-Mada'in, Mahmudiyah, Taji und at-Tarmiyah wurden 2021 87 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians"), sowie 88 Vorfälle, bei denen Zivilisten ebenfalls zu den Betroffenen gehörten, z.B. durch IEDs, Luft-/Drohnenangriffe, etc., verzeichnet. 2022 waren es bis Juni 40 Vorfälle, sowie 27 bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann; die Zahl der Opfer wird aufgrund der Schwankungsbreite bei ACLED nicht berücksichtigt. Des Weiteren weist ACLED auch einige Unschärfen auf, da auch Morde ohne terroristischen Hintergrund inkludiert sind).

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Stadtdistrikte:

Rusafah

7

4

4

1

1

1

Adhamiyah

7

7

2

0

4

4

Sadr City (früher Thawra)

2

9

2

1

4 (1)

6

9 Nissan (Neu Bagdad)

5

14

1

3

3

1

Karadah

6

3

4

3

3

1

Karkh

 

3

 

1

3

 

Kadhimiyah

2

3

2

1

 

3

Mansour

3

1

1

 

 

2

ar-Rashid

3

2

2 (1)

2

2

3

Vorstadtdistrikte:

Abu Ghraib

 

2

1

 

1

1

al-Istiqlal

 

 

 

 

 

 

al-Mada'in

3

5

2 (1)

 

1

 

Mahmudiyah

5

3

2

3

1

 

Taji

 

 

 

 

1

 

at-Tarmiyah

4

6

4

6

2

1

nicht verortbar

4

4

7 (1)

5 (1)

3 (2)

5 (1)

Vorfälle gesamt

51

66

34 (3)

26 (1)

29 (3)

28 (1)

Quelle: ACLED 2022

[Anm.: Weiterführende Informationen zu den Demonstrationen können dem Kapitel Protestbewegung entnommen werden.]

Quellen:

             AAA - Asharq Al-Awsat (5.1.2022): Rocket Hits Military Base Near Baghdad Airport, https://english.aawsat.com/home/article/3396591/rocket-hits-military-base-near-baghdad-airport, Zugriff 17.2.2022

             ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2022): 2021-01-01-2022-06-30-Middle_East-Iraq, Zugriff 6.7.2022

             Al Monitor (28.1.2022): Baghdad airport hit with rockets, no one hurt, https://www.al-monitor.com/originals/2022/01/baghdad-airport-hit-rockets-no-one-hurt, Zugriff 17.2.2022

             Al Monitor (11.3.2016): The rise of Islamic State sleeper cells in Baghdad, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2016/03/iraq-baghdad-belts-harbor-islamic-state.html, Zugriff 25.8.2021

             Al Arabiya (19.7.2021): Suicide attack in Iraq's Sadr City kills at least 35, wounds dozens, https://english.alarabiya.net/News/middle-east/2021/07/19/Eight-killed-24-wounded-in-explosion-in-Iraq-s-Sadr-city, Zugriff 25.8.2021

             Anadolu Agency (23.8.2021): Iraq launches security operation against Daesh/ISIS, https://www.aa.com.tr/en/middle-east/iraq-launches-security-operation-against-daesh-isis/2343607, Zugriff 25.8.2021

             AN - Arab News (15.1.2022): Attacks on Iraq political party’s HQ, Green Zone raise security fears, https://www.arabnews.com/node/2004726/middle-east, Zugriff 17.2.2022

             AN - Arab News (14.8.2021): West Baghdad without water after ‘attack’ on power grid, https://www.arabnews.com/node/1911056/middle-east, Zugriff 25.8.2021

             Bas News (14.1.2022): KDP Official Survives Assassination Attempt in Baghdad, https://www.basnews.com/en/babat/734407, Zugriff 17.2.2022

             Bas News (13.1.2022): KDP Office in Baghdad Attacked, https://www.basnews.com/en/babat/734178, Zugriff 17.2.2022

             BBC (21.1.2021): Iraq attack: Twin suicide bombings in central Baghdad kill 32, https://www.bbc.com/news/world-middle-east-55746676, Zugriff 28.5.2021

             DIIS - Danish Institute for International Studies (23.6.2021): Security provision and external actors in Iraq, https://www.diis.dk/en/research/security-provision-and-external-actors-in-iraq, Zugriff 25.8.2021

             Garda World (5.11.2021): Iraq: At least three demonstrators killed, dozens injured amid clashes with security forces near the checkpoint one of Baghdad's Green Zone Nov. 5 /update 1, https://crisis24.garda.com/alerts/2021/11/iraq-at-least-three-demonstrators-killed-dozens-injured-amid-clashes-with-security-forces-near-the-checkpoint-one-of-baghdads-green-zone-nov-5-update-1, Zugriff 17.2.2022

             Garda World (15.7.2021): Iraq: Improvised explosive device targets convoy carrying military supplies in Dhi Qar Governorate July 15, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/502161/iraq-improvised-explosive-device-targets-convoy-carrying-military-supplies-in-dhi-qar-governorate-july-15, Zugriff 25.8.2021

             Garda World (15.4.2021): Iraq: At least five people killed, 21 injured in car bomb explosion in Baghdad April 15 /update 1, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/467636/iraq-at-least-five-people-killed-21-injured-in-car-bomb-explosion-in-baghdad-april-15-update-1, Zugriff 25.8.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022

             ICG - International Crisis Group (16.11.2021): Iraq’s Surprise Election Results, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/iraq/iraqs-surprise-election-results, Zugriff 28.1.2022

             ISW - Institute for the Study of War (2008): Baghdad Belts, http://www.understandingwar.org/region/baghdad-belts, Zugriff 25.8.2021

             OFPRA - Office Français de Protection des Réfugiés et Apatrides [Frankreich] (10.11.2017): The Security situation in Baghdad Governorate, https://www.ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/39_irq_security_situation_in_baghdad.pdf, Zugriff 13.3.2020

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2022): Violence Hits A New Low In Iraq In June 2022, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/07/violence-hits-new-low-in-iraq-in-june.html, Zugriff 8.7.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.6.2022): Violence Drops In Iraq In May After Islamic State Offensive Ends, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/06/violence-drops-in-iraq-in-may-after.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (11.5.2022): Islamic State Returns In Iraq With Ramadan Offensive, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/05/islamic-state-returns-in-iraq-during.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.2.2022): IS Attacks On 5 Month Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/02/is-attacks-on-5-month-decline-in-iraq.html, Zugriff 9.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.1.2022): 2021 Ends Quietly For The Islamic State, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/01/2021-ends-quietly-for-islamic-state.html, Zugriff 10.1.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.12.2021): Violence Continues Its Winter Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/12/violence-continues-its-winter-decline.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.11.2021): Oct Saw Another Drop In Violence In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/11/oct-saw-another-drop-in-violence-in-iraq.html, Zugriff 2.2.2022

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             Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.10.2021): Islamic State Ends römisch eins t Summer Offensive In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/10/islamic-state-ends-it-summer-offensive.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2021): Security In Iraq June 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/07/security-in-iraq-june-2021.html, Zugriff 25.8.202

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.6.2021): Islamic State’s Offensive Appears Over While Pro-Iran Groups Maintain Campaign In May 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/islamic-states-offensive-appears-over.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (3.5.2021): Islamic State Ramadan Offensive Begins, Pro-Iran Groups Increase Attacks In April 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/05/islamic-state-ramadan-offensive-begins.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (5.4.2021): Violence In Iraq, March 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/04/violence-in-iraq-march-2021.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (8.3.2021): IS Winter Break Continues In Feb While Pro-Iran Groups Picking Up Attacks, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/03/is-winter-break-continues-in-feb-while.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.2.2021): Violence Continues To Decline In Iraq Winter 2020-21, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/02/violence-continues-to-decline-in-iraq.html, Zugriff 25.8.2021

Sicherheitslage in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 22.08.2022

In der Kurdistan Region Irak (KRI) üben die kurdischen Kräfte das Monopol auf die Anwendung legitimer Gewalt in städtischen Gebieten aus. Die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) betreibt illegale Kontrollpunkte in den Grenzgebieten innerhalb der KRI, insbesondere im Sinjar-Gebirge, und erhebt Steuern von Einwohnern, einschließlich Landwirten und Viehhaltern (BS 23.2.2022). Die PKK ist in den Qandil Bergen (Erbil) präsent (WKI 11.5.2021). 2007 haben die Türkei und die Zentralregierung in Bagdad eine Vereinbarung getroffen, dass die Türkei Kämpfer der verbotenen PKK über die gebirgige Grenze in den Nordirak verfolgen darf, ohne zuvor die Erlaubnis der irakischen Regierung in Bagdad einholen zu müssen (Reuters 28.9.2007). Die Türkei führt im Nordirak zum Teil massive militärische Operationen gegen die PKK durch (GIZ 1.2021a). Seit 2018 hat die Türkei mehrere Militäroperationen auf KRI-Boden ausgeführt. Von August 2018 bis Mai 2019 fand die "Operation Resolve" statt (Clingendael 3.2022). Von Mai 2019 bis Juni 2020 führten die türkischen Streitkräfte die "Operation Claw" durch (FH 3.3.2021; vergleiche Clingendael 3.2022) und errichteten mehrere temporäre Militärstützpunkte, vorgeblich, um die eigene Grenzsicherheit zu erhöhen (FH 3.3.2021; vergleiche GIZ 1.2021a). Weitere Militäroperationen sind "Claw-Tiger", "Claw-Eagle" und "Claw-Thunder", von Juni 2020 bis heute (Clingendael 3.2022). Die Türkei hat eine etwa 25 km tiefe Sicherheitszone errichtet (WKI 11.5.2021) und verfügt über mindestens 41 Militärstützpunkte in der KRI (WKI 11.5.2021; vergleiche BS 23.2.2022). Die Gründung weiterer Militärstützpunkte ist geplant (Reuters 18.6.2020). Durch die Einrichtung dieses Netzes von Militärstützpunkten soll die Handlungsfreiheit der PKK eingeschränkt werden. Die Stützpunkte dienen auch als Startpunkte für Such- und Zerstörungsoperationen durch mobile Bodentruppen und Lufteinheiten (Clingendael 3.2022). Seit Beginn der jüngsten Militäroperation "Claw Lock" wurden vier weitere Stützpunkte, zwei in Avashin und zwei in Zap, errichtet. Am 16.6.2022 wurde außerdem mit dem Bau eines neuen Stützpunktes auf dem Berg Kurazharo oberhalb von Shiladze begonnen (CPT 30.6.2022).

Zuvor hatte die Türkei im April 2021 eine neuerliche Militäroperation gegen die PKK in den Gebieten von Metina, Avasin und Basyan, im Gouvernement Dohuk eingeleitet (Al Jazeera 16.8.2021; vergleiche FAZ 24.4.2021, Rudaw 24.4.2021). Ein Ziel der Operation war es, eine Militärbasis zu errichten, um die Bewegungen der PKK zwischen der KRI, der Türkei und Syrien zu unterbinden (Rudaw 5.5.2021). Das Gebiet von Metina, wo eine neue türkische Basis entstehen soll, steht im Mittelpunkt der Operation "Claw Lightning", während die "Operation Claw Thunder" auf die Gebiete Avashin und Basyan weiter östlich zielt (IKHRW o.D.). Die jüngste türkische Militärkampagne namens "Claw Lock" hat am 17.4.2022 begonnen. Ziel ist es die vollständige militärische Kontrolle über die gebirgige Grenzregion zu erlangen, die sich etwa 180 km von Osten nach Westen und bis zu 15 km südlich der irakisch-türkischen Grenzlinie erstreckt. Die Kampagne hat mit massiven Luftangriffen und dem Einsatz von Spezialeinheiten bis zu 12-15 km südlich der türkisch-irakischen Grenze in den Gebieten von Zap und Avashin, die zuvor von der Zivilbevölkerung geräumt worden waren, begonnen. Es wurden auch gezielte Drohnenangriffe gegen PKK-Mitglieder bis nach Kalar, 280 km von der irakisch-türkischen Grenze entfernt durchgeführt. Bei zwei Drohnenangriffen kamen Zivilisten ums Leben, darunter ein Kind. Insgesamt sind zwischen 21.5. und 21.6.2022 drei Kinder und zwei erwachsene Zivilisten getötet worden, 15 Zivilisten wurden verletzt (CPT 30.6.2022).

Obwohl die unmittelbar an die türkisch-irakische Grenze angrenzenden Gebiete nur dünn besiedelt sind, wirkt sich die Ausweitung der türkischen Operationen nach Süden zunehmend negativ auf das Leben der irakischen (kurdischen) Bewohner aus. Türkische Drohnen- und Artillerieangriffe fordern immer mehr zivile Opfer, zerstören ziviles Eigentum und Vieh und zwingen die Dorfbewohner, ganze Gebiete zu verlassen (Clingendael 3.2022).

Die folgende Karte zeigt einen Überblick über die militärische Präsenz der Türkei im Nordirak im Januar 2022:

Quelle: Clingendael 3.2022

Nachdem die Bedrohung durch den Islamischen Staat (IS) zurückgegangen war, begannen die Peshmerga-Truppen der kurdischen Regionalregierung (KRG) mit Versuchen, die PKK aus der Region zu vertreiben. Die Spannungen eskalierten nach der Ermordung eines kurdischen Grenzbeamten, angeblich durch die PKK. Inzwischen setzt die PKK ihre Angriffe auf eine wichtige Pipeline und auf Peshmerga-Soldaten fort (BS 23.2.2022).

Der IS greift in der KRI gelegentlich an und sucht nach günstigen Gelegenheiten für Angriffe (Wing 3.5.2021). Der IS hat die Taktik geändert, von groß angelegten zu kleineren und gezielten Angriffen. Dabei hat der IS seine Angriffe auch auf kurdische Sicherheitskräfte verstärkt (VOA 11.5.2021). Der IS teste auch im November und Dezember 2021 die Sicherheit in der KRI mit Angriffen in Sulaymaniyah und Erbil (Wing 4.1.2022).

Die folgende Karte des Amts für Statistik der Kurdistan Region Irak weist die kurdischen Gouvernements und deren Distrikte aus. [Anm.: Hierbei ist zu beachten, dass auch Distrikte inkludiert sind, die zu den umstrittenen Gebieten zählen aber bis zu einem gewissen Grad unter kurdischer Verwaltung stehen. Dazu zählen in Dohuk die Distrikte Akre, Bardarash und Shekhan, in Erbil der Distrikt Makhmour und zum Teil der Distrikt Mergasor, sowie in Sulaymaniyah die Distrikte Khanaqin und Kifri.]

Quelle: Gov.KRD MoP 2022

Gouvernement Erbil

Im Februar 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall (Raketenbeschuss des Flughafen Erbil, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird) mit zwei Toten und acht Verletzten verzeichnet (Wing 8.3.2021). Im April 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall (Drohnenangriff auf den Flughafen Erbil, der ebenfalls pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird) ohne Opfer verzeichnet (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit je einem Toten und Verletzten verzeichnet, der dem IS zugeordnet wird. Beide Opfer waren Peshmerga (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und drei Verletzten verzeichnet. Je ein Vorfall wird pro-iranischen Milizen und dem IS zugeschrieben (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 waren es vier sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Todesfall. Je zwei Vorfälle werden pro-iranischen Milizen und dem IS zugeschrieben (Wing 2.8.2021). Am 6.7.2021 wurde der Luftwaffenstützpunkt am Flughafen in Erbil mit Raketen beschossen (Al Monitor 7.7.2021). Am 24.7.2021 traf ein Drohnenangriff die Al-Harir Militärbasis (Wing 2.8.2021). Im August wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle (Schießereien, Entführungen, und Angriffen auf Kontrollpunkte und auf Dörfer, die dem IS zugeschrieben werden) mit einem Toten und fünf Verletzten im südlich gelegenen Distrikt Makhmour, welcher zu den sogenannten "umstrittenen Gebieten" zählt, verzeichnet (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden sieben Vorfälle mit je neun Toten und Verletzten verzeichnet. Ein Vorfall, eine Drohnenattacke auf den Flughafen in Erbil wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben, bei den übrigen sechs Vorfällen war der IS involviert (Wing 4.10.2021). Im Dezember 2021 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten und sechs Verletzten verzeichnet. Für alle Angriffe wurde der IS verantwortlich gemacht. Bei den Schießereien, zwei davon waren Angriffe auf Dörfer, wurden zwei Zivilisten getötet und fünf verletzt. Die übrigen Opfer waren Angehörige der Peshmerga und ein Angehöriger der Irakischen Sicherheitskräfte (ISF) (Wing 4.1.2022).

Im Februar 2022 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall mit drei Verletzten verzeichnet (Wing 3.3.2022). Drei Peshmerga wurden durch IS-Heckenschützen in der Region des Berges Qarachokh verwundet (NRT 4.2.2022). Auch im März 2022 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall verzeichnet, mit einem Verletzten (Wing 6.4.2022). Die iranischen Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) haben sich zu einem Raketenangriff bekannt, bei dem zwölf Raketen nahe dem US-Konsulat niedergegangen sind. Der Angriff wird als Vergeltung für einen Luftschlag nahe Damaskus in Syrien gesehen, bei dem zwei Angehörige der IRGC getötet wurden (NRT 13.3.2022). Auch im April 2022 wurde nur ein sicherheitsrelevanter Vorfall verzeichnet (Wing 11.5.2022). Es handelte sich dabei um einen Raketenangriff auf eine Ölraffinerie westlich von Erbil, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Rudaw 6.4.2022). Auch im Mai 2022 wurde ein Vorfall ohne Opfer verzeichnet, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 war es ein Vorfall mit drei Verletzten. Auch dieser wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge wurden im Gouvernement Erbil im Jahr 2021 604 Vorfälle verzeichnet, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 202.

Im Distrikt Erbil wurden im Jahr 2021 51 Vorfälle verzeichnet. Davon waren 30 friedliche Demonstrationen, während fünf weitere Demonstrationen durch gewaltlose Intervention von Sicherheitskräften verhindert oder beendet wurden. Bei vier Vorfällen waren die Internationale Koalition gegen Daesh und die USA das Ziel von Drohnenangriffen oder Raketenbeschuss. Es wurden außerdem drei Vorfälle von gezielten Angriffen auf Zivilisten verzeichnet. Bei einem davon handelte es sich um die Ermordung eines Anführers der Partiya Jiyana Azad a Kurdistanê (PJAK). Im Jahr 2022 wurden im Distrikt Erbil 25 Vorfälle verzeichnet. Bei 16 davon handelte es sich um Demonstrationen von denen 14 als friedlich kategorisiert wurden, eine als mit Intervention und eine als Protest mit Einsatz exzessiver Gewalt gegen Demonstranten. Dabei wurde eine Straßenblockade von Händlern unter Einsatz scharfer Munition aufgelöst, ohne dass jedoch Opfer verzeichnet wurden (ACLED 2022).

Im östlichen, an den Iran angrenzenden Distrikt Choman wurden drei Vorfälle verzeichnet, bei denen IEDs und Kriegsrelikte detonierten. Dabei wurden zwei Bauern getötet (ACLED 2022).

Im Distrikt Koya wurden drei Vorfälle verzeichnet, wobei es sich um Kampfhandlungen zwischen der türkischen Armee und der PKK handelte (ACLED 2022).

Im umstrittenen Distrikt Makhmour wurden 2021 61 Vorfälle verzeichnet, von denen 38 mit dem IS zu tun hatten, darunter bewaffnete Auseinandersetzungen und Luftschläge der Internationalen Koalition gegen Daesh, aber auch drei Angriffe auf und zwei Entführungen von Zivilisten durch den IS. Im Jahr 2022 waren es 30 Vorfälle. Bei Elf handelt es sich um Zusammenstöße zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften (ISF), bei fünf um Vorfälle im Zusammenhang mit dem Türkei-PKK-Konflikt und bei 13 um friedliche Proteste (ACLED 2022).

Im nördlichen Distrikt Mergasor wurden im Jahr 2021 264 Vorfälle verzeichnet und im Jahr 2022 24. Bei allen diesen Vorfällen handelt es sich um Kampfhandlungen zwischen der türkischen Armee und der PKK, vereinzelt auch der PJAK. In al-Zibar im Distrikt Mergasor wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet und im Jahr 2022 bislang zwei. Bei allen Vorfällen handelte es sich um Zwischenfälle, vor allem Luft-/Drohnenangriffe und Artillerie- und Raketenbeschuss der türkischen Armee gegen Stellungen der PKK. In al-Zibar im Distrikt Mergasor wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet und im Jahr 2022 bislang einer. Auch hierbei handelte es sich um Kampfhandlungen, insbesondere zwischen der türkischen Armee und der PKK (ACLED 2022).

Im Distrikt Rawanduz wurden im Jahr 2021 189 Vorfälle verzeichnet, von denen 149 im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen der türkischen Armee und der PKK auf irakischem Boden in Verbindung stehen. Bei 16 weiteren Vorfällen handelt es sich um iranische Interventionen (Luft-/Drohnenangriffe, sowie Artillerie- und Raketenbeschuss) gegen Elemente der PJAK im August und September des Jahres. Im Jahr 2022 waren es 116 Vorfälle, von denen 109 durch den Türkei-PKK-Konflikt verursacht wurden (ACLED 2022).

Im Distrikt Shaqlawa wurden 15 Vorfälle verzeichnet. Es handelte sich dabei zumeist um Kampfhandlungen der Internationalen Koalition gegen Daesh gegen den IS (ACLED 2022).

Im Distrikt Soran wurden fünf Vorfälle verzeichnet, wobei es sich bei zweien um Gewalt gegen Zivilisten durch Unbekannte handelte. Beide Male wurden Zivilisten nahe, bzw. vor der Universität von Soran beschossen, wobei eine Person ums Leben kam, drei wurden verwundet (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

1

2 (1)

7 (3)

3

1

2 (1)

bewaffnete Auseinandersetzungen

 

65

78

34

3

15

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

2

12

14

5

2

7

Artillerie- und Raketenbeschuss

7

9

32

9

5

50

Luft-/Drohnenangriff

51

62

71

64

42

35

Proteste/ friedliche Demonstrationen

7

4

14

21

12

16

Protest mit Intervention

 

2

2

2

 

2

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

 

 

1

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

1

 

 

 

1

 

Strategische Entwicklungen

5

10

6

2

3

5

Vorfälle gesamt

74

166

224

140

70

132

Quelle: ACLED 2022

Anmerkung, Die Kategorie "Strategische Entwicklungen" umfasst z.B. Truppenbewegungen, die Etablierung von Checkpoints, Korridoren und Brücken, die Zerstörung von Unterschlupfen von Aufständischen (IS) und Waffenlagern, Entminung und Entschärfungen von Sprengsätzen und Vorfälle von Beschädigung von Eigentum ohne Opfer, etc.).

Im Gouvernement Erbil, unterteilt in die Distrikte Erbil, Choman, Koya, Mergasor, Rawanduz, Shaqlawa und Soran, sowie den umstrittenen Distrikt Makhmour wurden 2021 13 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet, sowie 22 Vorfälle, bei denen Zivilisten zu Betroffenen gehörten, z.B. durch IEDs, Luft-/Drohnenangriffe, etc.. 2022 waren es bis Juni drei Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Erbil

3

1

2

 

 

2

Choman

 

1

 

1

 

1

Dashti Hawler

 

 

 

 

 

 

Khabat

 

 

 

 

 

 

Koya

 

 

 

 

1

 

Makhmour (umstritten)

 

1

8 (3)

1

1

1

Mergasor (teils umstritten)

 

 

 

 

 

 

Rawanduz

1

2 (1)

4

2

 

4 (1)

Shaqlawa

 

 

 

 

 

 

Soran

 

 

 

 

 

1

Vorfälle gesamt

4

5 (1)

14 (3)

4

2

9 (1)

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Dohuk

Für April 2021 hat der Irakexperte Joel Wing einen sicherheitsrelevanten Vorfall mit einem toten türkischen Soldaten und einem verwundeten Zivilisten verzeichnet (Wing 3.5.2021). Ein hochrangiger Sicherheitsbeamter aus Dohuk berichtet, dass im Zuge einer türkischen Militäroperation der Ort Zinare Kesta und nahe gelegene Dörfer in der Region Metina bombardiert wurden (Rudaw 24.4.2021). Das Dorf Zinare Kesta wurde im Mai 2021 aufgrund der schweren türkischen Bombardements vollständig evakuiert (Rudaw 5.5.2021).

Im April 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet (Wing 11.5.2022). Beide Vorfälle, darunter ein Raketenbeschuss eines türkischen Militärlagers, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 11.5.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Dohuk im Jahr 2021 1.543 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 1.408. Nimmt man die umstrittenen Distrikte Akre, Bardarash und Shekhan dazu, kommen 2021 63 und 2022 18 Vorfälle dazu.

Im Distrikt Amediya wurden im Jahr 2021 1.405 Vorfälle verzeichnet. Bei 1.387 dieser Vorfälle handelte es sich um Kampfhandlungen zwischen der türkischen Armee und der PKK, sowie der PJAK und in zwei Fällen der People's United Revolutionary Movement (HBDH). Zwischen Februar und Juni 2021 wurden fünf Vorfälle verzeichnet, die sich auf die Vertreibung von hunderten Zivilisten beziehen, die vor den anhaltenden Bombardements und Kampfhandlungen während der türkischen Operationen Claw-Lightning und Claw-Thunderbolt geflohen sind. Bei sieben weiteren Vorfällen waren Zivilisten von türkischen Luft-/Drohnenangriffen oder Artillerie- und Raketenbeschuss betroffen. Nur ein Vorfall wird mit dem IS in Verbindung gebracht. In Fünf Fällen kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Peshmerga und Angehörigen der PKK. Im Jahr 2022 wurden 1.383 Vorfälle verzeichnet, von denen 1.362 auf den Konflikt zwischen der Türkei und der PKK zurückgehen. Bei vier Vorfällen kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Peshmerga und Angehörigen der PKK. In drei Vorfällen waren Zivilisten indirekt von Kampfhandlungen betroffen, wobei es Todesfälle und Verletzte gab (ACLED 2022).

Im Distrikt Dohuk wurden im Jahr 2021 19 Vorfälle verzeichnet. Sechs der Vorfälle stammen aus dem Türkei-PKK-Konflikt. Bei 13 der verzeichneten Vorfälle handelte es sich um friedliche Demonstrationen. Im Jahr 2022 wurden es fünf Vorfälle verzeichnet, darunter drei Vorfälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten (ACLED 2022).

Im Distrikt Semile wurden im Jahr 2021 zwei Vorfälle verzeichnet, bei denen PKK-Angehörige bei einem IED-Anschlag gegen Sicherheitspersonal in einem IDP-Lager Kinder getötet haben (ACLED 2022).

Im Distrikt Zaxo wurden im Jahr 2021 116 Vorfälle verzeichnet, von denen 113 mit Kampfhandlungen des Türkei-PKK-Konflikts in Zusammenhang stehen. Im Jahr 2022 waren es 20 Vorfälle von denen 18 Kampfhandlungen zwischen der türkischen Armee und der PKK betrafen. Bei einem der Vorfälle beschoss die PKK eine Medienagentur (ACLED 2022).

Im umstritten Distrikt Akre wurden 2021 57 Vorfälle verzeichnet, von denen 55 Luft-/Drohnenangriffe der türkischen Armee gegen die PKK ausmachten. Bei den übrigen beiden handelte es sich um einen IED-Angriff der PKK gegen eine Peshmerga-Patrouille und um einen Vorfall, bei dem die PKk das Haus eines Zivilisten anzündete, der sich weigerte sie aufzunehmen. 2022 wurden 16 Vorfälle verzeichnet, von denen 15 im Zusammenhang mit dem Türkei-PKK-Konflikt stehen (ACLED 2022).

Im umstrittenen Distrikt Bardarash wurden 2021 und 2022 je zwei Vorfälle verzeichnet. Darunter die Ermordung eines Peshmerga außer Dienst und eine friedliche Demonstration (ACLED 2022).

Im umstrittenen Distrikt Shekhan wurden 2021 drei Vorfälle verzeichnet, von denen zwei mit dem Türkei-PKK-Konflikt in Verbindung standen (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

2 (1)

2

 

1

2 (1)

4

bewaffnete Auseinandersetzungen

11

115

155

67

6

371

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

 

17

10

2

1

18

Selbstmordanschläge

 

 

 

 

 

 

Artillerie- und Raketenbeschuss

2

59

105

66

26

195

Luft-/Drohnenangriff

91

286

361

203

171

599

Proteste/ friedliche Demonstrationen

1

3

4

7

 

 

Protest mit Intervention

 

 

 

 

1

 

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

 

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

 

 

 

 

 

 

Strategische Entwicklungen

4

23

4

3

5

27

Vorfälle gesamt

111

505

639

349

212

1214

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Dohuk, unterteilt in die Distrikte Amediya, Dohuk, Semile, Zaxo, Akre (umstritten), Bardarash (umstritten) und Shekhan (umstritten) wurden 2021 vier Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians"), sowie 13 Vorfälle, bei denen Zivilisten zu Betroffenen gehörten, z.B. durch IEDs, Luft-/Drohnenangriffe, etc., verzeichnet. 2022 waren es bis Juni sechs Vorfälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten, sowie drei weitere bei denen Zivilisten betroffen waren (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Amediya

1

3

7

2

3 (1)

3

Dohuk

 

 

 

 

 

3

Semile

 

 

2

 

 

 

Zaxo

1 (1)

1

 

 

 

 

Akre (umstritten)

 

1

 

 

1

 

Bardarash (umstritten)

 

1

 

 

 

 

Shekhan (umstritten)

 

 

 

 

 

 

Vorfälle gesamt

2 (1)

5

9

2

4 (1)

6

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Sulaymaniyah

Im Jänner 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und drei Verletzten verzeichnet. Beide Vorfälle werden dem IS zugeschrieben (Wing 4.2.2021). Im April 2021 wurden neuerlich zwei sicherheitsrelevante Vorfälle, diesmal ohne Opfer, verzeichnet. Je ein Vorfall wird pro-iranischen Milizen und dem IS zugeschrieben (Wing 3.5.2021). Im September 2021 wurde ein Vorfall unter Beteiligung des IS verzeichnet, bei dem zwei Zivilisten starben und vier weitere verletzt wurden (Wing 4.10.2021). Im November 2021 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Toten und sieben Verletzten verzeichnet, die dem IS zugeschrieben werden. Alle Opfer waren Angehörige der Peshmerga (Wing 6.12.2021).

Im April 2022 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall ohne Opfer verzeichnet, der dem IS zugeschrieben wird (Wing 11.5.2022). Ebenso im Mai 2022 (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 wurden drei sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Verletzten Verzeichnet. Anders als in den Vormonaten werden diese Vorfälle pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Es handelte sich dabei um Raketenangriffe auf das Khor-Mor-Erdgasfeld, die als Einschüchterungsversuche gegen die Patriotische Union Kurdistans (PUK) in Hinblick auf die Gespräche zur Regierungsbildung gesehen werden (Wing 6.7.2022).

Zwischen dem 1.10.2021 und dem 31.1.2022 wurden in Sulaymaniyah 85 Demonstrationen verzeichnet, von denen 77 verliefen friedlich, während es bei vieren zu Interventionen der Sicherheitskräfte kam, wobei zweimal auch Tränengas eingesetzt wurde, um die Demonstranten zu zerstreuen. Vier weitere Demonstrationen werden als gewalttätig kategorisiert. Am 23.11.2021 kam es bei einer Studentendemonstration zu einem Zusammenstoß mit der Polizei, die scharfe Munition einsetzte. Die Studenten setzten die Zentralen der Partei der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) und der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) sowie das Gebäude von Rudaw TV in Brand. Am Tag darauf, den 24.11.2021 wurden zwei gewalttätige Proteste in Saidsadiq verzeichnet, wobei brennende Straßensperren errichtet und auch das Hauptquartier der Gorran Bewegung in Brand gesetzt wurde. Auch bei einer weiteren Demonstration in Ziriyan in Halabja wurden brennende Straßensperren errichtet. Es wurden bei den Protesten jedoch keine Todesopfer verzeichnet (ACLED 2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Sulaymaniyah im Jahr 2021 234 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 90.

Die weitaus größte Kategorie an Vorfällen im Jahr 2021 sind "friedliche Demonstrationen", wovon 148 verzeichnet wurden, gefolgt von 26 Luft-/Drohnenangriffe der türkischen Armee gegen Stellungen der PKK. Davon betrafen neun den Distrikt Pshdar, je sechs die Distrikte Penjwen und Ranya, drei den Distrikt Mawat und zwei den Distrikt Sharbazher. Auch im Jahr 2022 waren friedliche Demonstrationen mit 60 der weitaus größte Anteil der verzeichneten Vorfälle. Bei einem Vorfall handelte es sich um einen Luft-/Drohnenangriff der türkischen Armee (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

2 (1)

5

5

2

2

3 (1)

bewaffnete Auseinandersetzungen

3

6

1

4

1

5

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

2

5

 

2

1

3

Artillerie- und Raketenbeschuss

 

1

 

 

 

4

Luft-/Drohnenangriff

2

3

10

12

 

5

Proteste/ friedliche Demonstrationen

24

35

12

77

25

35

Protest mit Intervention

 

 

 

4

1

2

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

 

1

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

2

1

1

4

 

2

Strategische Entwicklungen

3

2

 

3

 

1

Vorfälle gesamt

38

58

29

109

30

60

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Sulaymaniyah, unterteilt in die Distrikte Chamchamal, Darbandokeh, Dokan, Kalar, Mawat, Penjwen, Pshdar, Qaradagh, Ranya, Saidsadiq, Sharazur, Sharbazher und Sulaymaniyah wurden, inklusive Halabja 2021 14 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians"), sowie 15 Vorfälle, bei denen Zivilisten zu Betroffenen gehörten, z.B. durch IEDs, Luft-/Drohnenangriffe, etc., verzeichnet. 2022 waren es bis Juni fünf Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann). [Anm.: Die beiden umstrittenen Distrikte Khanaqin und Kifri werden im Gouvernement Diyala behandelt.]

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Chamchamal

1

2

 

 

 

 

Darbandokeh

 

 

 

 

 

 

Dokan

 

 

 

 

 

 

Kalar

1

2

1

2

1

1 (1)

Khanaqin (umstritten)

 

 

 

 

 

 

Kifri (umstritten)

 

 

 

 

 

 

Mawat

 

1

 

 

 

 

Penjwen

 

1

 

1

 

 

Pshdar

2

1

 

 

 

1

Qaradagh

1

1

 

 

 

 

Ranya

 

 

 

 

1

 

Saidsadiq

 

 

 

 

 

 

Sharazur

 

 

 

 

 

 

Sharbazher

1

 

 

 

 

 

Sulaymaniyah

1 (1)

3

4

 

 

1

Halabja

1

1

 

1

 

 

Vorfälle gesamt

2 (1)

5

5

2

2

3 (1)

Quelle: ACLED 2022

Quellen:

             Al Jazeera (16.8.2021): Three Turkish soldiers killed in explosion in northern Iraq, https://www.aljazeera.com/news/2021/8/16/three-turkish-soldiers-killed-in-explosion-in-northern-iraq, Zugriff 25.8.2021

             Al Monitor (7.7.2021): Militias launch spate of attacks on US positions in Iraq, https://www.al-monitor.com/originals/2021/07/militias-launch-spate-attacks-us-positions-iraq, Zugriff 25.8.2021

             ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2022): 2021-01-01-2022-06-30-Middle_East-Iraq, Zugriff 6.7.2022

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             Clingendael (3.2022): Turkish interventions in its near abroad: The case of the Kurdistan Region of Iraq, https://www.clingendael.org/sites/default/files/2022-03/Policy_brief_Turkish_interventions_Kurdistan_region_of_Iraq_0.pdf, Zugriff 6.7.2022

             CPT - Community Peacemaker Teams (30.6.2022): Press Release: Turkish forces are killing children, wounding farmers and targeting villages under the auspices of 'Claw-Lock' operation, https://static1.squarespace.com/static/59a826c98419c278e3fc88a4/t/62bdcf25d2656d02efeb00e4/1656606505034/Civilian-Casualties-Claw-Lock-Jun2022.pdf, 21.6.2022

             FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (24.4.2021): Türkei startet neue Offensive gegen Kurden im Nordirak, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kampf-gegen-pkk-offensive-der-tuerkei-im-nordirak-17310447.html, Zugriff 25.8.2021

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             Guardian, The (4.4.2021): Kurds in 'mountain prison' cower as Turkey fights PKK with drones in Iraq, https://www.theguardian.com/world/2021/apr/04/iraq-turkey-pkk-drones-kurds-kurdistan, Zugriff 20.4.2021

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             IKHRW - Iranian Kurdistan Human Rights Watch (o.D.): New Turkish base will be opened in Duhok, https://www.ikhrw.com/en/article/new-turkish-base-will-be-opened-in-duhok/, Zugriff 25.8.2021

             Gov.KRD MoP - Ministry of Planning, Kurdistan Region Statistics Office [Irak - KRI] (2022): Kurdistan Region Administration Map, https://krso.gov.krd/en/map, Zugriff 6.7.2022

             NRT - Nalia Radio and Television (13.3.2022): Iran’s IRGC claim responsibility for missile attack on Erbil, http://nrttv.com/En/detail6/2813, Zugriff 9.6.2022

             NRT - Nalia Radio and Television (4.2.2022): Three Peshmerga wounded in ISIS attack in Qarachokh Mountains, http://nrttv.com/En/detail6/2461, Zugriff 9.6.2022

             Reuters (18.6.2020): Turkey plans more military bases in north Iraq after offensive: official, https://www.reuters.com/article/us-turkey-security-iraq/turkey-plans-more-military-bases-in-north-iraq-after-offensive-official-idUSKBN23P12U, Zugriff 16.3.2021

             Reuters (28.9.2007): Turkey, Iraq sign terrorism deal amid border row, https://www.reuters.com/article/us-turkey-iraq-idUSL2874027620070928, Zugriff 25.8.2021

             Rudaw (5.5.2021): Duhok’s Kesta village completely evacuated overnight due to Turkish bombardments, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/05052021, Zugriff 25.8.2021

             Rudaw (24.4.2021): Turkey attacks PKK, rappels troops into Duhok: PKK media, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/24042021, Zugriff 25.8.2021

             VOA (11.5.2021): Islamic State Increases Attacks on Iraqi and Kurdish Forces, https://www.voanews.com/a/extremism-watch_islamic-state-increases-attacks-iraqi-and-kurdish-forces/6205698.html, Zugriff 25.8.2021

             WKI - Washington Kurdish Institute (11.5.2021): Turkey has the largest presence in Iraq and is occupying more lands, https://dckurd.org/2021/05/11/turkey-presence-in-iraq/, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2022): Violence Hits A New Low In Iraq In June 2022, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/07/violence-hits-new-low-in-iraq-in-june.html, Zugriff 8.7.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.6.2022): Violence Drops In Iraq In May After Islamic State Offensive Ends, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/06/violence-drops-in-iraq-in-may-after.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (11.5.2022): Islamic State Returns In Iraq With Ramadan Offensive, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/05/islamic-state-returns-in-iraq-during.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.4.2022): Islamic State Continues To Fade Away In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/04/islamic-state-continues-to-fade-away-in.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (3.3.2022): Security Incidents In Iraq Hit A New Low In February 2022, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/03/security-in-iraq-hits-new-low-in.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.1.2022): 2021 Ends Quietly For The Islamic State, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/01/2021-ends-quietly-for-islamic-state.html, Zugriff 10.1.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.12.2021): Violence Continues Its Winter Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/12/violence-continues-its-winter-decline.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.10.2021): Islamic State Ends römisch eins t Summer Offensive In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/10/islamic-state-ends-it-summer-offensive.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.9.2021): Islamic State’s Summer Offensive In Iraq Ends In August, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/09/islamic-states-summer-offensive-in-iraq.html, Zugriff 7.9.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2021): Security In Iraq June 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/07/security-in-iraq-june-2021.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.6.2021): Islamic State’s Offensive Appears Over While Pro-Iran Groups Maintain Campaign In May 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/islamic-states-offensive-appears-over.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (3.5.2021): Islamic State Ramadan Offensive Begins, Pro-Iran Groups Increase Attacks In April 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/05/islamic-state-ramadan-offensive-begins.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (8.3.2021): IS Winter Break Continues In Feb While Pro-Iran Groups Picking Up Attacks, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/03/is-winter-break-continues-in-feb-while.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.2.2021): Violence Continues To Decline In Iraq Winter 2020-21, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/02/violence-continues-to-decline-in-iraq.html, Zugriff 25.8.2021

Sicherheitslage Nord- und Zentralirak

Letzte Änderung: 22.08.2022

Die Aktivitäten des Islamischen Staates (IS) nehmen in vielen Gebieten der Gouvernements Salah ad-Din, Kirkuk, Anbar und Ninewa zu, vor allem in abgelegenen Gegenden der zwischen der kurdischen Regionalregierung (KRG) und der irakischen Bundesregierung "umstrittenen Gebiete". IS-Kämpfer wenden "Hit-and-Run"-Taktiken an und verüben Entführungen und Erschießungen in diesen Gebieten (K24 3.7.2021). Der IS infiltriert bereits seit Jahren die Sicherheitslücken, die sich zwischen den irakischen und kurdischen Sicherheitskräften in den umstrittenen Gebieten gebildet haben (JP 1.5.2021). Bei vielen IS-Vorfällen handelt es sich zumeist um Verteidigungsoperationen, um die Bevölkerung und die Regierung aus gewissen Gebieten fernzuhalten, z.B. von den Schmuggelrouten in West-Anbar, den Distrikten al-Muqdadiyah und Khanaqin in Zentral- und Nordost-Diyala, dem Hamrin-Gebirge an der Grenze zwischen Diyala und Salah ad-Din und dem Süden von Kirkuk (Wing 11.5.2022).

Die Gouvernements Anbar und Salah ad-Din sind, ebenso wie viele südirakische Gouvernements von Anschlägen mit Sprengfallen (IEDs) durch schiitische Milizen (PMF) betroffen, die gegen militärische Versorgungskonvois der USA gerichtet sind. Die Konvois werden oft auf Autobahnen angegriffen, wobei diese Vorfälle selten Opfer oder größere Schäden zur Folge haben (Garda 15.7.2021).

In den umstrittenen Gebieten gibt es große Sicherheitslücken zwischen den Sicherheitskräften Bagdads und Erbils, die in den nördlichen Gebieten bis zu 60 km und in Diyala um die 40 km breit sind. Diese territorialen Sicherheitslücken haben sich zu sicheren Zufluchtsorten für den IS entwickelt, von wo aus die Kämpfer Anschläge gegen irakische Streitkräfte und kurdische Peshmerga in den Gebieten von Ninewa, Salah ad-Din, Diyala und Kirkuk verüben (EPC 13.7.2021).

Bei den zwischen Bagdad und Erbil umstrittenen Gebieten handelt es sich um einen breiten territorialen Gürtel, der zwischen dem arabischen und kurdischen Teil des Irak liegt, und sich von der iranischen Grenze im mittleren Osten bis zur syrischen Grenze im Nordwesten erstreckt (ICG 14.12.2018). Die umstrittenen Gebiete umfassen Territorien in den Gouvernements Ninewa, Salah ad-Din, Kirkuk und Diyala. Dies sind die Distrikte Sinjar (Shingal), Tal'afar, Tilkaef, Sheikhan, Hamdaniya und Makhmour, sowie die Subdistrikte Qahtaniya und Bashiqa in Ninewa, der Distrikt Tuz Khurmatu in Salah ad-Din, das gesamte Gouvernement Kirkuk und die Distrikte Khanaqin und Kifri, sowie der Subdistrikt Mandali in Diyala (USIP 2011). Die Bevölkerung der umstrittenen Gebiete ist sehr heterogen und umfasst auch eine Vielzahl unterschiedlicher ethnischer und religiöser Minderheiten, wie Turkmenen, Jesiden, Shabak, Chaldäer, Assyrer und andere. Kurdische Peshmerga eroberten Teile dieser umstrittenen Gebiete vom IS zurück und verteidigten sie bzw. stießen in das durch den Zerfall der irakischen Armee entstandene Vakuum vor. Als Reaktion auf das kurdische Unabhängigkeitsreferendum im Jahr 2017, das auch die umstrittenen Gebiete umfasste, haben die irakischen Streitkräfte diese wieder der kurdischen Kontrolle entzogen (ICG 14.12.2018).

In dem Bemühen, die zunehmenden Aktivitäten des IS in den Sicherheitslücken einzudämmen, richten die KRG und die irakische Bundesregierung gemeinsame Koordinationszentren ein (Al Monitor 26.5.2021). Ein Abkommen zwischen Bagdad und Erbil soll die Wiederherstellung der gemeinsamen militärischen Verwaltung dieser Gebiete und die Rückkehr der kurdischen Peschmerga in diese Gebiete, insbesondere in Kirkuk und einigen Teilen von Diyala, mit sich bringen (EPC 13.7.2021).

Gouvernement Anbar

Das Gouvernement Anbar wird vom IS hauptsächlich als Drehscheibe benutzt, was üblicherweise eine geringe Zahl an Angriffen vor Ort zur Folge hat (Wing 5.4.2021).

Im Jänner 2021 wurden in Anbar zehn sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Toten und zwölf Verletzten verzeichnet. Je ein Toter und ein Verletzter waren Zivilisten. Alle Vorfälle werden dem IS zugeschrieben (Wing 4.2.2021). Im Februar 2021 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit sieben Toten und 14 Verletzten verzeichnet, jedoch ohne zivile Opfer. Alle Vorfälle werden dem IS zugeschrieben (Wing 8.3.2021). Im März 2021 wurden fünf Vorfälle mit fünf Verletzten verzeichnet. Bei einem der Opfer handelt es sich um einen Zivilisten. Drei der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, zwei pro-iranischen Milizen, darunter ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, und ein Raketenbeschuss der 'Ain Al-Assad Militärbasis (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden elf Vorfälle mit vier Toten und einem Verletzten verzeichnet. Bei zwei der Toten handelt es sich um Zivilisten. Vier der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, während sieben der Vorfälle - fünf IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, ein Raketenbeschuss der 'Ain Al-Assad Militärbasis sowie ein Schusswechsel an einem Kontrollpunkt an der saudiarabischen Grenze - pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden 13 sicherheitsrelevante Vorfälle mit vier Toten und 15 Verletzten verzeichnet. Sechs der Vorfälle werden dem IS und sieben - drei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA sowie zwei Raketen und ein Drohnenangriff auf 'Ain Al-Assad Militärbasis - pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden fünf Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Zwei der Vorfälle werden dem IS und drei - ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA sowie Raketenbeschüsse der 'Ain Al-Assad Militärbasis an unterschiedlichen Tagen - pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 wurden 16 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 14 Toten und 19 Verletzten verzeichnet. Bei neun der Toten und acht der Verwundeten handelte es sich um Zivilisten. Zwölf der Vorfälle werden dem IS und vier - zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA sowie Raketenbeschüsse der 'Ain Al-Assad Militärbasis an unterschiedlichen Tagen - werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 2.8.2021). Im August 2021 wurden in Anbar sechs sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und drei Verletzten verzeichnet. Bei einem der Toten und zwei Verwundeten handelte es sich um Zivilisten. Fünf Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.9.2021). Der schwerwiegendste Vorfall im August ereignete sich am Grenzübergang Akashat. Ein Grenzpolizist wurde getötet, ein weiterer verletzt und ein dritter entführt und später vom IS enthauptet. Es wird vermutet, dass dies als Einschüchterung gesehen wird, Schmuggelaktionen des IS zu ermöglichen (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden vier Vorfälle mit einem Toten und sechs Verletzten verzeichnet. Beim Toten handelte es sich um einen Angehörigen der ISF, einer Grenzwache, die entführt und enthauptet wurde, während die Verletzten Angehörige einer PMF-Einheit waren (Wing 4.10.2021). Im Oktober 2021 wurden lediglich zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet (Wing 4.11.2021). Am 14.10.2021 setzten Randalierer das Parteibüro der Fortschrittspartei im Distrikt Ar Rutba in Brand. Acht Randalierer wurden festgenommen, es gab keine Verletzten (ACLED 2022). Im November 2021 wurden drei Vorfälle mit vier verletzten ISF verzeichnet (Wing 6.12.2021). Im Dezember 2021 wurden drei Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Es handelte es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA (Wing 4.1.2022).

Im Jänner 2022 wurden sechs sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und sechs Verletzten verzeichnet. Drei der verletzten Opfer waren Zivilisten. Drei Vorfälle werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Die 'Ain Al-Assad Militärbasis wurde neuerlich mit Raketen beschossen, während ein Drohnenangrifff vereitelt werden konnte (Wing 7.2.2022). Des weiteren wurde am 25.1.2022 das Haus des Parlamentssprechers Mohammed al-Halbousi mit einem Molotow-Cocktail angegriffen (Al Monitor 26.1.2022; vergleiche Wing 7.2.2022). Im Februar 2022 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit acht Toten verzeichnet. Drei der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, zwei pro-iranischen Milizen, darunter ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, sowie ein Vorfall politischer Gewalt (Wing 3.3.2022). Ein Büro der sunnitischen Taqqadum Partei des Parlamentssprechers al-Halbousi in Heet wurde mit Handgranaten angegriffen (Wing 3.3.2022; vergleiche Bas News 19.2.2022). Im April 2022 wurden 14 sicherheitsrelevante Vorfälle mit acht Toten und 19 Verwundeten verzeichnet. Bei zwei der Verletzten handelte es sich um Zivilisten. Die übrigen Opfer waren ISF- und PMF-Angehörige. Elf dieser Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, die übrigen drei pro-iranischen Milizen (Wing 11.5.2022). Der IS hat unter anderem einen Armeestützpunkt (Wing 11.5.2022; vergleiche Xinhua 9.4.2022) sowie einen Kontrollpunkt im Heet Distrikt angegriffen (Wing 11.5.2022; vergleiche Xinhua 26.4.2022). Pro-iranische Milizen werden einerseits für zwei Raketeneinschläge nahe der 'Ain Al-Assad Militärbasis verantwortlich gemacht (Wing 11.5.2022; vergleiche Al Arabiya 1.5.2022), andererseits wird ihnen vorgeworfen hinter einer Drohne zu stecken, die über der Basis abgeschossen werden konnte (Wing 11.5.2022). Im Mai 2022 wurden drei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, von denen zwei dem IS, der dritte pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.6.2022). Pro-iranische Milizen waren neuerlich für Raketenbschuss der 'Ain Al-Assad Militärbasis verantwortlich (Wing 6.6.2022; vergleiche NRT 31.5.2022). Im Juni 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und zwei Verletzten verzeichnet. Beide Vorfälle, Angriffe mit IEDs, werden dem IS zugeschrieben (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Anbar im Jahr 2021 325 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 105.

Im Distrikt Anah wurden im Jahr 2021 20 Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren bei zwei dieser Vorfälle, einem Angriff auf Fischer durch den IS und einem Vorfall mit einer IED, betroffen. Im Jahr 2022 wurde bis Juni ein Vorfall verzeichnet, bei dem es sich um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA handelte (ACLED 2022).

Im Distrikt Fallujah wurden im Jahr 2021 66 Vorfälle verzeichnet, darunter befanden sich 13 Vorfälle bei denen Zivilisten direkt Angegriffen, oder Opfer von Sprengsätzen wurden. Es wurden zwölf bewaffnete Auseinandersetzungen, hauptsächlich mit dem IS verzeichnet, sowie 13 Angriffe mit IEDs und ein Raketenbeschuss. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zehn Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren in vier Fällen durch gezielte Angriffe oder Raketenbeschuss betroffen (ACLED 2022).

Im Distrikt Haditha wurden im Jahr 2021 36 Vorfälle verzeichnet. Bei neun dieser Vorfälle waren Zivilpersonen betroffen durch Angriffe, IEDs oder Zerstörung von Infrastruktur, wie der Zerstörung von mehreren Strommasten in drei Fällen. Es wurden darüber hinaus drei bewaffnete Auseinandersetzungen und sieben Vorfälle in Verbindung mit IEDs oder auch Kriegsrelikten registriert. Im Jahr 2022 wurden bis Juni neun Vorfälle verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Heet wurden im Jahr 2021 56 Vorfälle verzeichnet. Bei zwei dieser Vorfälle waren Zivilisten Ziele von IS-Attacken. Es wurden acht bewaffnete Auseinandersetzungen, hauptsächlich Schusswechsel und Kämpfe zwischen dem IS und Sicherheitskräften registriert, sowie zwölf Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss, wovon neun gegen die 'Ain Al-Assad Militärbasis gerichtet waren, ebenso wie ein Selbstmord-Drohnenangriff. Das irakische Militär hat darüber hinaus selbst vier Luft-, Drohnenangriffe gegen Stellungen des IS ausgeführt und diese auch in einem Fall mit Artillerie beschossen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 20 Vorfälle verzeichnet, darunter drei bewaffnete Auseinandersetzungen und zwei Luftschläge, hauptsächlich gegen den IS gerichtet, und drei Raketenbeschüsse, die gegen die US und Koalitionstruppen in der 'Ain Al-Assad Militärbasis gerichtet waren (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Qa'im wurden im Jahr 2021 38 Vorfälle verzeichnet, darunter zwei Fälle von Angriffen des IS gegen Zivilisten. Darüber hinaus wurden fünf bewaffnete Auseinandersetzungen, hauptsächlich Kampfhandlungen zwischen dem IS und Sicherheitskräften und drei Luft-, Drohnenangriffe verzeichnet. Von letzteren waren zwei Luftschläge gegen Positionen von PMF. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zehn Vorfälle verzeichnet, darunter ein IED-Angriff gegen einen PMF-Konvoi (ACLED 2022).

Im Distrikt Ramadi wurden im Jahr 2021 113 Vorfälle verzeichnet, darunter eine friedliche Demonstration. In 18 Fällen waren Zivilisten betroffen, 15 Mal durch IED-Angriffe gegen Versorgungskonvois der USA. Bei zwölf Vorfällen handelte es sich um bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen irakischen Sicherheitskräften (ISF und PMF) und dem IS. Darüber hinaus wurden elf Luftschläge gegen Stellungen des IS durchgeführt. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 17 Vorfälle verzeichnet, darunter eine friedliche Demonstration. Zivilisten waren in zwei Fällen durch IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA betroffen. Insgesamt wurden fünf IED-Angriffe, zwei bewaffnete Auseinandersetzungen und drei Luft-, Drohnenangriffe gegen den IS verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Rawah wurden im Jahr 2021 keine Vorfälle verzeichnet.

Im Distrikt ar-Rutba wurden im Jahr 2021 100 Vorfälle verzeichnet, darunter eine gewalttätige Demonstration. Bei zehn Vorfällen waren Zivilisten Opfer von Übergriffen des IS, darunter drei Entführungen. Es wurden 34 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften (ISF, PMF und Stammesmilizen) und dem IS verzeichnet, sowie drei Raketenbeschüsse auf den IS durch Sicherheitskräfte. In zehn Fällen wurden ISF und PMF Ziele von IED-Angriffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 39 Vorfälle verzeichnet. Es gab zwei Fälle von Gewalt gegen Zivilsten, darunter eine Entführung. Darüber hinaus wurden unter anderem 15 bewaffnete Auseinandersetzungen hauptsächlich zwischen Sicherheitskräften und dem IS verzeichnet, sowie fünf IED-Angriffe gegen Sicherheitskräfte (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

3

1

7

2 (2)

3

2 (1)

bewaffnete Auseinandersetzungen

14

7

17

14

3

19

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Handgranaten

10

18

18

4

5

8

Artillerie- und Raketenbeschuss

2

6

4

 

2

3

Luft-/Drohnenangriff

5

4

6

2

3

3

Proteste/ friedliche Demonstrationen

 

 

 

 

1

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

 

 

 

2

 

 

Strategische Entwicklungen

44

57

53

25

24

29

Vorfälle gesamt

78

93

105

49

41

64

Quelle: ACLED 2022

Anmerkung, Die Kategorie "Strategische Entwicklungen" umfasst z.B. Truppenbewegungen, die Etablierung von Checkpoints, Korridoren und Brücken, die Zerstörung von Unterschlupfen von Aufständischen (IS) und Waffenlagern, Entminung und Entschärfungen von Sprengsätzen und Vorfälle von Beschädigung von Eigentum ohne Opfer).

Im Gouvernement Ninewa, unterteilt in die Distrikte Anah, Fallujah, Haditha, Heet, al-Qa'im, Ramadi, Rawah und ar-Rutba wurden 2021 13 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni fünf Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Anah

 

 

2

 

 

 

Fallujah

2

3

2

2

3

1

Haditha

3

1

4

 

1

 

Heet

 

 

2

 

 

 

al-Qa'im

 

 

2

 

 

 

Ramadi

2

9

2

2

1

1

Rawah

 

 

 

 

 

 

ar-Rutba

3

1

1

3 (2)

1

1 (1)

Vorfälle gesamt

10

14

15

7 (2)

6

3 (1)

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Diyala

Das Gouvernement Diyala gilt als ein Zentrum des IS im Irak. Hier hat er im zentralen Distrikt al-Muqdadiyah und im nordöstlich gelegenen Khanaqin de facto die Kontrolle über weite ländliche Gebiete und konzentriert sich darauf, Einheimische und Sicherheitskräfte von diesen Gebieten fernzuhalten (Wing 6.7.2021; vergleiche Wing 2.8.2021). Üblicherweise kommt es in den Distrikten al-Muqdadiyah und Khanaqin zu den meisten Zwischenfällen Diyala (Wing 6.7.2021; vergleiche Wing 2.8.2021). Mit dem Ende des Sommervorstoßes 2021 wurde Diyala wieder zum Hauptschwerpunkt des IS. Im September 2021 begann der IS, den Nordwesten entlang der Grenze zu Salah ad-Din anzugreifen, über die der IS häufig Männer und Material bewegt. Es wird angenommen, dass der IS versucht die de facto Kontrolle über das Grenzgebiet zu erlangen (Wing 4.10.2021).

Im Februar 2021 wurden in Diyala 21 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 15 Toten und 23 Verletzten verzeichnet. Bei vier der Toten und zwei der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 8.3.2021). Im März 2021 wurden 21 sicherheitsrelevante Vorfälle mit zehn Toten und neun Verletzten verzeichnet. Bei fünf der Toten und zwei der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden 30 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten und 49 Verletzten verzeichnet. Bei drei der Toten und zehn der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden 31 sicherheitsrelevante Vorfälle mit acht Toten und 18 Verletzten verzeichnet. Bei vier der Toten und sechs der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden 21 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 16 Toten und 15 Verletzten verzeichnet. Bei fünf der Toten und sieben der Verwundeten handelte es sich um Zivilisten. Ein Vorfall wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 wurden 17 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 13 Toten und zwölf Verletzten verzeichnet. Bei zwölf der Toten und sechs der Verwundeten handelte es sich um Zivilisten (Wing 2.8.2021). Im August 2021 wurden 17 sicherheitsrelevante Vorfälle mit je neun Toten und Verletzten verzeichnet. Bei sechs der Toten und acht der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden 30 Vorfälle, mit 24 Toten und 37 Verletzten verzeichnet, die alle dem IS zugeschrieben werden. Bei 15 der Toten und 13 der Verletzten handelte es sich um Zivilisten, während die übrigen Opfer Angehöriger der ISF und PMF waren (Wing 4.10.2021). Im Oktober 2021 wurden 23 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 34 Toten und 45 Verletzten verzeichnet. Alle, bis auf einen Vorfall, werden dem IS zugeschrieben (Wing 4.11.2021). Am 26.10.2021 erfolgte ein IS-Angriff auf das schiitische Dorf Al Rashad im Distrikt al-Miqdadiyah, bei dem 17 Personen getötet und 26 weitere verletzt wurden. Die meisten Opfer, darunter auch Frauen und Kinder, waren Zivilisten (NRT 26.10.2021; vergleiche Wing 4.11.2021, The National 27.10.2021). Stammesangehörige führten daraufhin einen Vergeltungsschlag gegen das benachbarte Dorf Nahr al-Imam durch. Sie töteten sieben Menschen, setzten 57 Häuser in Brand und zerstörten Anbauflächen. 350 Familien flohen vor der Gewalt (Wing 4.11.2021; vergleiche Al Mada Paper 2.11.2021). Im Oktober 2021 wurden drei Demonstrationen verzeichnet. Zwei verliefen friedlich, eine dritte, die von Anhängern der Fatah-Allianz, die gegen den Ausgang der Parlamentswahlen gerichtet war, wurde durch den Einsatz von Spezialeinheiten aufgelöst (ACLED 2022). Im November 2021 wurden 18 Vorfälle mit acht Toten und 19 Verletzten verzeichnet. Zwei der Toten und fünf der Verletzten waren Zivilisten, die übrigen Opfer gehören den ISF und PMF an. Die Angriffe konzentrierten sich wieder auf die Distrikte al-Muqdadiyah und Khanaqin (Wing 6.12.2021). Im Dezember 2021 wurden 27 Vorfälle mit 20 Toten und 31 Verletzten verzeichnet. 14 in den Distrikten al-Muqdadiyah und Khanaqin und sieben an der Grenze zu Salah ad-Din (Wing 4.1.2022). Sowohl im November, als auch im Dezember 2021 wurden je zwei weitere friedliche Proteste verzeichnet (ACLED 2022)

Im Jänner 2022 wurden in Diyala 14 sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, mit 16 Toten und 22 Verletzten. Vier der getöteten Personen waren Zivilisten, ebenso wie eine der verletzten (Wing 7.2.2022). Bei einem der Angriffe handelte es sich um einen der größten IS-Angriffe seit einiger Zeit. Am 21.1.2022, bei einem Angriff auf eine Regimentskommandozentrale im Distrikt al-Khalis im Norden von Diyala wurden elf Soldaten getötet und zehn weitere verwundet (Wing 7.2.2022; vergleiche NRT 21.1.2022).

Im Februar 2022 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und zwölf Verletzten verzeichnet, die alle dem IS zugeschrieben werden (Wing 3.3.2022). Darunter war auch ein Bombenschlag auf ein Jugendcafé in der Nähe des az-Zahraa-Krankenhauses im Distrikt al-Muqdadiyah (Shafaq News 14.2.2022). Im März 2022 wurden zehn Vorfälle mit drei Toten und sechs Verletzten verzeichnet. Die meisten der Vorfälle fanden wieder in den Distrikten Muqdadiyah und Khanaqin statt (Wing 6.4.2022). Im April waren es 23 Vorfälle mit zehn Toten und 32 Verletzten. Bei zwei der Toten und zwölf der Verletzten handelte es sich um Zivilisten, während die übrigen Opfer Angehöriger der ISF und PMF waren (Wing 11.5.2022). Im Mai 2022 wurden 24 Vorfälle mit 24 Toten und 30 Verletzten verzeichnet. Davon waren 16 der getöteten und 17 der verletzten Personen Zivilisten (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 wurden zwölf Vorfälle verzeichnet mit fünf Toten und zwölf Verletzten. Wiederum gab es darunter zivile Opfer, nämlich vier Tote und fünf Verletzte (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Diyala im Jahr 2021 565 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 178.

Im Distrikt Baladruz wurden im Jahr 2021 sieben Vorfälle verzeichnet, darunter eine friedliche Demonstration. Bei vier Vorfällen waren Zivilisten Ziele von IS-Attacken. Darüber hinaus wurden drei bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften (ISF und PMF) und dem IS registriert, sowie eine IED-Attacke. Im Jahr 2022 wurden bis Juni vier Vorfälle verzeichnet, darunter ein Fall von Gewalt gegen Zivilisten und zwei bewaffnete Auseinandersetzungen (ACLED 2022).

Im Distrikt Ba'quba wurden im Jahr 2021 131 Vorfälle verzeichnet, darunter zwölf friedliche Demonstrationen. In 36 Fällen waren Zivilisten Ziele von Angriffen oder anderweitig betroffen, darunter drei Entführungen. Des Weiteren wurden 34 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften (ISF und PMF) und dem IS registriert, sowie sechs Luft-/Drohnenangriffe, 25 IED-Angriffe und elf Vorfälle von Artillerie- und Raketenbeschuss. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 48 Vorfälle verzeichnet, darunter vier friedliche Demonstrationen und eine gewalttätige. Zivilisten waren in sieben Fällen von Gewalt betroffen. Darüber hinaus wurden unter anderem 19 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und dem IS und vier IED-Angriffe verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Khalis wurden im Jahr 2021 96 Vorfälle verzeichnet, darunter drei friedliche Demonstrationen und eine gewalttätige. Zivilisten waren in 26 Fällen Opfer von Angriffen, darunter eine Entführung, oder anderweitig betroffen. Darüber hinaus wurden 38 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften (ISF und PMF) und dem IS registriert, sowie 14 IED-Angriffe und fünf Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 48 Vorfälle verzeichnet, darunter eine gewalttätige Demonstration und zehn Vorfälle, bei denen Zivilisten Ziele von Gewalt wurden, darunter eine Entführung. Des Weiteren wurden unter anderem 19 bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, zwei IED-Angriffe und fünf Luft-/Drohnenangriffe gegen Stellungen des IS verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Khanaqin (umstritten) wurden im Jahr 2021 55 Vorfälle verzeichnet, darunter sieben friedliche Demonstrationen. in 23 Fällen waren Zivilisten Ziele von Angriffen oder anderweitig betroffen, darunter vier Entführungen. Des Weiteren wurden 61 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften (ISF, PMF und Peshmerga) und dem IS registriert, sowie zwölf Luft-/Drohnenangriffe, 16 IED-Angriffe und 18 Vorfälle von Artillerie- und Raketenbeschuss. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 35 Vorfälle verzeichnet. Bei acht dieser Vorfälle waren Zivilisten betroffen. Es wurden zehn bewaffnete Auseinandersetzungen, acht IED-Angriffe, vier Vorfälle von Artillerie- oder Raketenbeschuss, sowie zwei Luft-/Drohnenangriffe verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Kifri (umstritten) wurden im Jahr 2021 25 Vorfälle verzeichnet, wobei bei einem Vorfall Zivilisten betroffen waren. Die übrigen Vorfälle, darunter drei Luft-/Drohnenangriffe gegen Stellungen des IS, neun bewaffnete Auseinandersetzungen, fünf Vorfälle von Sprengstoffanschlägen, bzw. IED-Angriffen und fünf Fälle von Raketenbeschuss, gehen überwiegend auf den Konflikt mit dem IS zurück. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 47 Vorfälle verzeichnet, darunter eine gewalttätige Demonstration und neun Vorfälle, bei denen Zivilisten angegriffen oder anderweitig betroffen waren. Im Jahr 2022 wurden bis Juni acht Vorfälle verzeichnet, wobei bei einem Zivilisten betroffen waren. Insgesamt wurden vier bewaffnete Auseinandersetzungen, drei IED-Angriffe und ein Luft-/Drohnenangriff, verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Muqdadiyah wurden im Jahr 2021 145 Vorfälle verzeichnet, darunter sieben friedliche Demonstrationen. In 39 Fällen waren Zivilisten betroffen, darunter Angriffe, IEDs und zwei Entführungen. Darüber hinaus wurden 49 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften (ISF und PMF) und dem IS registriert, sowie 22 IED-Angriffe und acht Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss. Die meisten der verzeichneten Vorfälle gehen auf den Konflikt mit dem IS zurück. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 35 Vorfälle verzeichnet, darunter eine friedliche Demonstration und neun Vorfälle, bei denen Zivilisten angegriffen wurden. Des Weiteren wurden unter anderem elf bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, zwei IED-Angriffe und ein Luft-/Drohnenangriff gegen eine Stellung des IS verzeichnet (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

16 (2)

17 (3)

22 (4)

16 (1)

8 (1)

15

bewaffnete Auseinandersetzungen

43

51

53

47

23

42

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Handgranaten

16

29

29

13

8

13

Artillerie- und Raketenbeschuss

16

9

9

13

4

5

Luft-/Drohnenangriff

14

3

2

15

6

2

Proteste/ friedliche Demonstrationen

3

7

13

7

 

5

Protest mit Intervention

 

 

 

1

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

 

 

1

 

 

2

Strategische Entwicklungen

17

33

30

19

28

16

Vorfälle gesamt

125

149

159

132

77

101

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Diyala, unterteilt in die Distrikte Baladruz, Ba'quba, al-Khalis, Khanaqin, Kifri und al-Muqdadiyah wurden 2021 71 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni 23 Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Baladruz

1

 

3

 

 

 

Ba'quba

9 (2)

10

12 (1)

5

4

4

al-Khalis

6

7

6

7 (1)

3 (1)

7

Khanaqin

4

9 (1)

8 (2)

2 (1)

3

5

Kifri

2

 

 

 

1

 

al-Muqdadiyah

6

14 (2)

9 (1)

10

2

7

Vorfälle gesamt

28 (2)

40 (3)

38 (4)

24 (1)

13 (1)

23

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Kirkuk

Das Gouvernement Kirkuk zählt auch zu den Schwerpunkten des IS (Wing 2.8.2021). Der IS reorganisiert sich in den umstrittenen Gebieten des Gouvernements Kirkuk. Kleine Gruppen von IS-Kämpfern attackieren Kontrollpunkte von Militär und Polizei, ermorden lokale Anführer und greifen das Elektrizitätsnetz und die Erdöl-Anlagen an. Die hügeligen und gebirgigen Gebiete in Kirkuk bieten dabei einen perfekten Rückzugsort (K24 12.7.2021). Da der Süden Kirkuks nie vollständig von IS-Kämpfern befreit wurde, finden hier auch üblicherweise die meisten Gewalttaten des IS statt (Joel Wing 3.5.2021).

Im Februar 2021 wurden in Kirkuk acht sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Toten und 20 Verletzten verzeichnet. Bei einem der Toten handelt es sich um einen Zivilisten (Wing 8.3.2021). Im März 2021 wurden 21 sicherheitsrelevante Vorfälle mit fünf Toten und 13 Verletzten verzeichnet. Es befanden sich keine Zivilisten unter den Opfern (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden 14 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 15 Toten und 24 Verletzten verzeichnet. Bei einem der Toten handelt es sich um einen Zivilisten (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden 20 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 19 Toten und 34 Verletzten verzeichnet. Zwei der Todesfälle und ein Verletzter waren Zivilisten (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden im Gouvernement Kirkuk 14 sicherheitsrelevante Vorfälle mit zehn Toten und 13 Verletzten verzeichnet. Zwei der Todesfälle waren Zivilisten (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 wurden im Gouvernement Kirkuk 14 sicherheitsrelevante Vorfälle mit neun Toten und zwölf Verletzten verzeichnet. Bei einem der Toten und vier der Verwundeten handelte es sich um Zivilisten (Wing 2.8.2021). Im August 2021 wurden im 20 sicherheitsrelevante Vorfälle mit neun Toten und 14 Verletzten verzeichnet. Bei drei der Toten und neun der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden sieben Vorfälle mit zehn Toten und 19 Verletzten verzeichnet. Acht verletzte waren Zivilisten, während die übrigen Opfer Mitglieder der ISF waren (Wing 4.10.2021). Bei einem der Angriffe, einem Überfall auf ein Dorf im Distrikt Serklan, am 2.9.2021, wurde ein Soldat getötet, sieben weitere wurden verletzt und der Sohn des Dorfvorstehers wurde entführt (NINA 2.9.2021). Im Oktober verzeichnete Kirkuk 13 Vorfälle mit neun Toten und acht Verletzten. Fünf der Toten waren Zivilisten, während die übrigen Opfer den Peshmerga, den ISF und den PMF angehörten (Wing 4.11.2021). Im Oktober 2021 wurden fünf Demonstrationen verzeichnet, von denen drei friedlich verliefen. Am 12.10.2021 kam es jedoch zu Zusammenstößen zwischen ISF und Anhängern der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) im Viertel Shorja in Kirkuk Stadt, wobei 29 Randalierer festgenommen wurden. Bei einem weitern Vorfall am selben Tag, im Viertel Rahimawa, rissen kurdische Randalierer eine irakische Flagge von einem der Polizeifahrzeuge und schossen in die Luft. Bei keinem der Vorfälle gab es Verletzte (ACLED 2022). Im November 2021 wurden acht Vorfälle mit drei Toten und neun Verletzten verzeichnet (Wing 6.12.2021). Zwei Demonstrationen verliefen friedlich (ACLED 2022). Im Dezember 2021 wurden neun Vorfälle mit jeweils zehn Toten und Verletzten verzeichnet. Zwei der Todesfälle und vier der Verletzten waren Zivilisten (Wing 4.1.2022). Des Weiteren gab es eine friedliche Demonstration (ACLED 2022).

Im Jänner 2022 wurden in Kirkuk zwölf sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, mit sechs Toten und zwölf Verletzten. Bei zwei der Verwundeten handelte es sich um Zivilisten (Wing 7.2.2022). Der Angriff auf das Büro des zweiten stellvertretenden Sprechers des irakischen Parlaments in Kirkuk wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 7.2.2022; vergleiche Al Sumaria 19.1.2022). Im Jänner 2021 ist die Polizei gegen protestierende Journalisten vorgegangen, die der Polizei vorwarfen das Telefon eines NRT-Reporters am Vortag zerstört zu haben (ACLED 2022). Im Februar 2022 wurden drei Vorfälle mit fünf Verletzten verzeichnet, die allesamt dem IS zugeschrieben werden (Wing 3.3.2022). Darunter war ein Handgranatenangriff auf das Haus eines Mitglieds der kurdischen Asayish-Sicherheitskräfte in al-Faylaq, in Kirkuk Stadt (Shafaq News 11.2.2022; vergleiche Wing 3.3.2022). Im März 2022 wurden acht sicherheitsrelevante Vorfälle mit fünf Toten und sechs Verletzten verzeichnet (Wing 6.4.2022). Nur einer der Vorfälle, ein Mordversuch an einem KDP-Vertreter, ereignete sich in Kirkuk Stadt (Wing 6.4.2022; vergleiche Bas News 8.3.2022). Im April 2022 ist die Zahl der verzeichneten sicherheitsrelevanten Vorfälle auf 23 angestiegen, mit fünf Toten und 16 Verletzten. Unter den Vorfällen waren unter anderem zwei Angriffe auf Polizeistationen, drei Schießereien mit der Armee und ein Mordanschlag auf den Kommandeur der 5. Division der Bundespolizei in Kirkuk (Wing 11.5.2022). Im Mai 2022 wurden 13 Vorfälle mit 13 Toten und sieben Verletzten verzeichnet (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 war es nur ein Vorfall ohne Opfer (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Kirkuk im Jahr 2021 375 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 107.

Im Distrikt Daquq wurden im Jahr 2021 156 Vorfälle verzeichnet. In zwölf Fällen waren Zivilisten betroffen, davon fünf Entführungen durch den IS. Darüber hinaus wurden unter anderem 65 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und dem IS verzeichnet, sowie 15 IED-Angriffe, sechs Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss, sowie 16 Luft-/Drohnenangriffe auf Stellungen des IS. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 57 Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren in sieben Fällen betroffen, in fünf Fällen durch Entführungen durch den IS. Des Weiteren wurden 28 bewaffnete Auseinandersetzen zwischen Sicherheitskräften und dem IS, sechs IED-Angriffe, drei Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss, sowie sechs Luft-/Drohnenangriffe auf Stellungen des IS verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Dibis wurden im Jahr 2021 156 Vorfälle verzeichnet. In fünf Fällen waren Zivilisten betroffen, davon drei Entführungen. Des Weiteren wurden 13 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und dem IS, acht IED-Angriffe, drei Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss sowie ein Luft-/Drohnenangriff auf eine Stellungen des IS verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zwölf Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren bei drei Vorfällen betroffen, darunter eine Entführung. Darüber hinaus wurden vier bewaffnete Auseinandersetzen zwischen Sicherheitskräften und dem IS verzeichnet, sowie zwei IED- und Handgranatenangriffe, ein Fall von Artilleriebeschuss und zwei Luft-/Drohnenangriffe auf Stellungen des IS (ACLED 2022).

Im Distrikt Hawijah wurden im Jahr 2021 55 Vorfälle verzeichnet. In neun Fällen waren Zivilisten betroffen, davon eine Entführung. Des Weiteren wurden 24 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und dem IS - sieben IED-Angriffe und vier Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss - verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni acht Vorfälle vermeldet. Zivilisten waren bei einem Vorfall betroffen. Darüber hinaus wurden vier bewaffnete Auseinandersetzen zwischen Sicherheitskräften und dem IS - ein IED-Angriff, sowie Angriffe auf Stellungen des IS durch Artilleriebeschuss und ein Luftangriff - registriert (ACLED 2022).

Im Distrikt Kirkuk wurden im Jahr 2021 124 Vorfälle verzeichnet. In 22 Fällen waren Zivilisten betroffen, davon vier Entführungen. Des Weiteren wurden 27 bewaffnete Auseinandersetzen zwischen Sicherheitskräften und dem IS - zwölf IED-Angriffe, zwei Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss, sowie 15 Luft-/Drohnenangriffe auf Stellungen des IS - gezählt. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 30 Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren bei zehn Vorfall betroffen, darunter eine Entführung. Darüber hinaus wurden acht bewaffnete Auseinandersetzen zwischen Sicherheitskräften und dem IS - drei IED- und Handgranatenangriffe, sowie ein Luftangriff auf eine IS-Stellung - vermerkt (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

bewaffnete Auseinandersetzungen

1 (1)

10 (6)

8 (5)

7 (1)

7 (4)

9 (3)

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Handgranaten

20

39

38

33

14

30

Artillerie- und Raketenbeschuss

3

6

3

3

2

3

Luft-/Drohnenangriff

13

6

6

7

6

4

Proteste/ friedliche Demonstrationen

5

6

1

6

 

1

Protest mit Intervention

2

 

 

 

1

 

exzessive Gewalt gegen Demonstranten

1

 

 

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

 

2

1

2

 

 

Strategische Entwicklungen

15

35

37

15

10

8

Vorfälle gesamt

67

118

111

79

47

60

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Kirkuk, unterteilt in die Distrikte Daquq, Dibis, Hawijah und Kirkuk wurden 2021 26 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni 16 Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Daquq

 

8 (4)

1

3 (1)

3 (3)

4 (2)

Dibis

 

3 (1)

2 (2)

 

 

3 (1)

Hawijah

 

5

4 (1)

1

1

 

Kirkuk

2 (1)

6 (1)

7 (2)

7

5 (1)

5

Vorfälle gesamt

2 (1)

22 (6)

14 (5)

11 (1)

9 (4)

12 (3)

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Ninewa

Ninewa ist eine der Regionen, die dem IS als logistische Drehscheibe dienen (Wing 6.7.2021). Sie wird genutzt, um Personal und Material zwischen Syrien und dem Irak zu bewegen (Wing 7.6.2021). Die Region ist daher üblicherweise relativ ruhig. Die Zunahme an sicherheitsrelevanten Vorfällen im August 2021 wird als Zeichen einer Kampagne des IS gesehen. Die Mehrheit der Vorfälle betraf Sabotage an Strommasten und den Einsatz von Sprengsätzen (IEDs) (Wing 6.9.2021). Die KRG und die Zentralregierung in Bagdad haben im Oktober 2020 ein Sicherheitsabkommen für Sinjar geschlossen. Um die PKK-Kämpfer zu vertreiben, will die Zentralregierung eine neue bewaffnete Truppe aufbauen, die sich aus der lokalen Bevölkerung rekrutiert (BS 23.2.2022).

Im Februar 2021 wurden vier sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten verzeichnet. Es handelt sich bei den drei Toten um Zivilisten (Wing 8.3.2021). Im März 2021 wurden fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und vier Verletzten verzeichnet. Bei einem der Toten und bei den vier Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden acht sicherheitsrelevante Vorfälle mit vier Toten und 18 Verletzten verzeichnet. Bei einem der Toten und 13 der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und neun Verletzten verzeichnet. Bei fünf der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden sechs sicherheitsrelevante Vorfälle mit elf Verletzten verzeichnet. Vier davon waren Zivilisten (Wing 6.7.2021). Unter anderem wurden zwei Strommasten im Südosten Mossuls gesprengt (Wing 6.7.2021; vergleiche NINA 13.6.2021). Im Juli 2021 wurden 13 sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei zivilen Toten und 18 Verletzten, davon drei ISF- und acht PMF-Angehörige, verzeichnet (Wing 2.8.2021). Außerdem wurden im Süden Mossuls Strommasten gesprengt (Wing 2.8.2021; vergleiche NINA 1.7.2021). Im August 2021 wurden 14 sicherheitsrelevante Vorfälle mit vier Toten und sieben Verletzten verzeichnet. Bei drei der Toten und sieben der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden elf sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet mit vier Toten und acht Verletzten. Ein Drohnenangriff auf eine türkische Basis wird PMF zugeschrieben und als Warnung an die türkische Präsenz im Nordirak gesehen (Wing 4.10.2021). Im Oktober 2021 wurden zehn Vorfälle mit acht Toten und neun Verletzten verzeichnet, von denen sechs, bzw. fünf Zivilisten waren (Wing 4.11.2021). Fünf Demonstrationen, die im Oktober verzeichnet wurden, verliefen friedlich (ACLED 2022). Im November 2021 wurden elf sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten verzeichnet. Alle Opfer waren Zivilisten. Drei der Vorfälle werden pro-iranischen Milizen zugeordnet. Dabei handelt es sich um einen vereitelten IED-Angriff und Raketenbeschüsse von zwei türkischen Militärbasen (Wing 6.12.2021). Es wurde ein friedlicher Protest verzeichnet (ACLED 2022). Im Dezember 2021 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und fünf Verletzten verzeichnet. Alle Opfer waren Zivilisten. Einer der Angriffe, ein neuerlicher Raketenbeschuss einer türkischen Basis, wird PMF zugeschrieben (Wing 4.1.2022). Im Dezember 2021 wurden drei Proteste verzeichnet, von denen zwei friedlich verliefen, einer jedoch gewaltätig wurde. Am 12.12.2021 protestierten Demonstranten im Distrikt Sinuni gegen türkische Luftangriffe im Irak. Während der Demonstration eröffneten die Demonstranten das Feuer auf irakische Soldaten und setzten mit Molotow-Cocktails ein Militärfahrzeug in Brand. Die Sicherheitskräfte lösten daraufhin die Demonstration auf. Ein Soldat wurde verletzt (ACLED 2022).

Im Jänner 2022 wurden in Ninewa sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Todesopfer verzeichnet. Drei der Vorfälle, Raketenbeschüsse von türkischen Basen, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 7.2.2022). Im Jänner 2022 wurde lediglich eine friedliche Demonstration verzeichnet (ACLED 2022). Im Februar 2022 wurden in Ninewa acht sicherheitsrelevante Vorfälle mit sieben Verletzten verzeichnet. Sieben der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, der achte pro-iranischen Milizen (Wing 3.3.2022). Dabei handelt es sich um Raketenbeschuss der türkischen Zlikan Militärbasis (Bas News 3.2.2022; vergleiche Wing 3.3.2022) als Vergeltung für türkische Luftangriffe in den Distrikten Makhmour und Sinjar (Bas News 3.2.2022). Im März 2022 wurden elf sicherheitsrelevante Vorfälle mit neun Toten und sieben Verletzten gezählt. Zehn der Vorfälle werden dem IS, einer pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.4.2022). Bei letzterem handelte es sich neuerlich um Raketenbeschuss der türkischen Zlikan Militärbasis (NRT 30.3.2022; vergleiche Wing 6.4.2022). Der April 2022 sah elf sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und sechs Verletzten. Sieben der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, vier pro-iranischen Milizen (Wing 11.5.2022). Im Schutz eines Sandsturms haben IS-Kämpfer in den Außenbezirken Mossuls einen Angriff auf Kämpfer der 44. PMF-Brigade (Ansar al-Marja'iya) durchgeführt (Shafaq News 6.4.2022; vergleiche Wing 11.5.2022). Im Mai 2022 wurden elf sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und zwölf Verletzten registriert. Acht der Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, drei pro-iranischen Milizen (Wing 6.6.2022). Juni 2022 sah zehn Vorfälle mit fünf Verletzten, wobei vier dem IS und sechs pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Ninewa im Jahr 2021 376 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 203.

Im Distrikt al-Ba'adj wurden im Jahr 2021 neun Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren in drei Fällen betroffen. Es wurden unter anderem eine bewaffnete Auseinandersetzung, vier IED-Angriffe und ein Luft-/Drohnenangriff der Türkei verzeichnet, bei dem Zivilisten betroffen waren. Im Jahr 2022 wurden bis Juni vier Vorfälle vermerkt. Zivilisten waren in zwei Fällen von Gewalt betroffen. Es wurden je eine bewaffnete Auseinandersetzung, ein IED-Angriff und ein Fall von Artillerie- und Raketenbeschuss verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Hamdaniyah wurden im Jahr 2021 26 Vorfälle verzeichnet, darunter zwei friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren in zehn Fällen betroffen. Es wurden unter anderem drei bewaffnete Auseinandersetzungen, drei IED-Angriffe, sieben Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss sowie drei Luft-/Drohnenangriffe verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sieben Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren in drei Fällen von Gewalt betroffen. Es wurden eine bewaffnete Auseinandersetzung und ein Fall von Artillerie- und Raketenbeschuss verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Hatra wurden im Jahr 2021 13 Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren in zwei Fällen betroffen. Es wurden unter anderem acht bewaffnete Auseinandersetzungen, zwei IED-Angriffe, zwei Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss sowie ein Luft-/Drohnenangriff registriert. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zwölf Vorfälle verzeichnet. Zivilisten waren in drei Fällen von Gewalt betroffen. Des Weiteren wurden fünf bewaffnete Auseinandersetzungen, ein IED-Angriff und drei Luft-/Drohnenangriffe gegen Stellungen des IS gezählt (ACLED 2022).

Im Distrikt Mossul wurden im Jahr 2021 157 Vorfälle verzeichnet, darunter fünf friedliche Demonstrationen und eine gewalttätige. Zivilisten waren in 50 Fällen betroffen, vor allem durch direkte Angriffe und IEDs. Es wurden unter anderem elf bewaffnete Auseinandersetzungen, 54 IED-Angriffe, 15 Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss sowie drei Luft-/Drohnenangriffe registriert. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 66 Vorfälle gezählt, darunter eine friedliche Demonstration. Zivilisten waren in 15 Fällen betroffen. Darüber hinaus wurden acht bewaffnete Auseinandersetzungen, sieben IED-Angriffe, 14 Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss und sieben Luft-/Drohnenangriffe vermerkt, einer davon mutmaßlich durch die türkische Armee gegen ein PMF-Hauptquartier in Jarbuaa (ACLED 2022).

Im Distrikt Sinjar wurden im Jahr 2021 67 Vorfälle gezählt, darunter 27 friedliche und zwei gewalttätige Demonstrationen. in einem weiteren Fall wurde exzessive Gewalt gegen Demonstranten angewandt. Zivilisten waren in 15 Fällen betroffen, darunter drei Entführungen. Es wurden unter anderem sechs bewaffnete Auseinandersetzungen und vier IED-Angriffe verzeichnet. Das Türkische Militär hat acht Luft-/Drohnenangriffe gegen Stellungen der PKK und der Widerstandseinheiten Shingal (YBS) ausgeführt. Dabei wurde in einem Fall ein Krankenhaus getroffen und wurden mehrer Personen verletzt. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 68 Vorfälle gezählt, darunter 13 friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren in zwölf Fällen betroffen, darunter zwei Entführungen. Es wurden außerdem 18 bewaffnete Auseinandersetzungen, je drei IED-Angriffe und Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss, sowie acht Luft-/Drohnenangriffe verzeichnet. Letztere ausgeführt durch die türkische Armee gegen Stellungen der PKK und YBS (ACLED 2022).

Im Distrikt Tala’far wurden im Jahr 2021 33 Vorfälle vermerkt, darunter zwei friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren in neun Fällen betroffen, vor allem durch IEDs. Es wurden unter anderem eine bewaffnete Auseinandersetzung und elf IED-Angriffe verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 20 Vorfälle gezählt. Zivilisten waren in neun Fällen betroffen. Es wurden unter anderem zwei bewaffnete Auseinandersetzungen und fünf IED-Angriffe verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Tilkaif wurden im Jahr 2021 acht Vorfälle aufgeführt. Zivilisten waren in fünf Fällen betroffen. Es wurden unter anderem eine bewaffnete Auseinandersetzung und drei IED-Angriffe verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni ebenso acht Vorfälle verzeichnet. In drei Fällen waren Zivilisten betroffen. Die Registrierten Vorfälle umfassen vier bewaffnete Auseinandersetzungen, zwei IED-Angriffe und Raketenbeschuss (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

2

9 (2)

10 (1)

3

8

14 (2)

bewaffnete Auseinandersetzungen

6

7

11

8

11

28

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Handgranaten

14

24

30

14

12

9

Selbstmordanschläge

 

 

 

 

 

1

Artillerie- und Raketenbeschuss

 

4

9

11

6

14

Luft-/Drohnenangriff

10

11

36

16

19

15

Proteste/ friedliche Demonstrationen

18

12

 

8

5

9

Protest mit Intervention

 

 

 

 

1

1

exzessive Gewalt gegen Demonstranten

1

 

 

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

2

 

 

1

 

 

Strategische Entwicklungen

20

41

22

16

24

26

Vorfälle gesamt

73

108

118

77

86

117

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Ninewa, unterteilt in die Distrikte Akre, al-Ba'adj, al-Hamdaniyah, al-Hatra, Mossul, Shikhan, Sinjar, Tala’far und Tilkaif wurden 2021 24 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni 22 Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Akre (umstritten)

 

 

 

 

 

 

al-Ba'adj

 

 

2

1

 

2

al-Hamdaniyah

 

5

2

3

1

2

al-Hatra

1

 

 

1

2

1

Mossul

9

15

18

8

6

9

Shekhan (umstritten)

 

 

 

 

 

 

Sinjar

 

5 (2)

6 (1)

4

4

8 (2)

Tala’far

1

3

4

1

6

3

Tilkaif

 

1

1

3

1

2

Vorfälle gesamt

11

29 (2)

33 (1)

21

20

27 (2)

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Salah ad-Din

Salah ad-Din zählt ebenfalls zu den Schwerpunkten des IS (Wing 2.8.2021). Der IS hat durch Sprengungen von Strommasten zunehmend Angriffe auf das irakische Stromnetz ausgeführt (Wing 6.9.2021)

Im Februar 2021 wurden vier sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und sieben Verletzten verzeichnet. Bei zwei der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 8.3.2021). Im März 2021 wurden 14 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 16 Toten und sechs Verletzten verzeichnet. Bei acht der Toten und einem der Verletzten handelt es sich um Zivilisten. Drei der Vorfälle, zwei davon IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA und Raketenbeschüsse der Balad Luftwaffenbasis, werden pro-iransichen Milizen zugeschrieben (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden 19 sicherheitsrelevante Vorfälle mit zehn Toten und 14 Verletzten verzeichnet. Bei vier der Toten und sieben der Verletzten handelt es sich um Zivilisten. Drei der Vorfälle, ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA sowie zwei Raketenbeschüsse der Luftwaffenbasis, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurde 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit neun Toten und 22 Verletzten verzeichnet. Bei einem der Toten und zwei der Verletzten handelt es sich um Zivilisten (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden zwölf sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und fünf Verletzten verzeichnet. Bei den Toten handelt es sich um Zivilisten. Drei der Vorfälle, zwei davon IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.7.2021). Im Juli 2021 wurden 15 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 24 Toten und 41 Verletzten verzeichnet. Bei 13 der Toten und 29 der Verwundeten handelte es sich um Zivilisten. Einer der Vorfälle, ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 2.8.2021). Im August 2021 wurden 32 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 17 Toten und 31 Verletzten verzeichnet. Bei zwei der Toten und drei der Verletzten handelt es sich um Zivilisten. Ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden acht Vorfälle mit zwei Toten und vier verletzten verzeichnet, die dem IS zugeschrieben werden. Alle Opfer waren Zivilisten (Wing 4.10.2021). Im Oktober 2021 wurden elf Vorfälle mit acht Toten und 20 Verletzten erfasst. Fünf der verstorbenen und 15 der verwundeten Personen waren Zivilisten (Wing 4.11.2021). Des weiteren wurden vier friedliche Proteste verzeichnet (ACLED 2022). Im November 2021 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit acht Toten und neun Verletzten verzeichnet. Vier, bzw. sieben der Opfer waren Zivilisten. Bei einem größeren Feuergefecht zwischen IS und der 52. PMF-Brigade im Distrikt Amerli wurde auch die irakische Luftwaffe eingesetzt, die das Gebiet bombardierte (Wing 6.12.2021). Im November wurden zwei friedliche Proteste verzeichnet (ACLED 2022). Im Dezember 2021 wurden sieben Vorfälle mit elf Toten und 14 Verletzten verzeichnet. Zwei der Getöteten und vier der Verletzten waren Zivilisten. Einer der Vorfälle, ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 4.1.2022).

Im Jänner 2022 wurden in Salah ad-Din sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit je vier Todesopfern und Verletzten verzeichnet. Dabei handelte es ich bei allen vier Toten und einem der Verwundeten um Zivilisten. Zwei Vorfälle, darunter ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA und ein vereitelter Drohnenangriff auf den Luftwaffenstützpunkt Balad, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 7.2.2022; vergleiche NRT 31.5.2022). Im Februar 2022 wurden sechs sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten gezählt (Wing 3.3.2022). Im März 2022 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten registriert. Vier der Vorfälle werden dem IS und drei pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Letztere werden unter anderem für zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA verantwortlich gemacht (Wing 6.4.2022). Im April 2022 wurden 17 sicherheitsrelevante Vorfälle mit sieben Toten und 18 Verletzten verzeichnet. 15 Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, zwei pro-iranischen Milizen (Wing 11.5.2022). Unter anderem wurden bei einem Angriff auf ein PMF-Lager zwei Milizionäre getötet (Shafaq News 16.4.2022; vergleiche Wing 11.5.2022). Weiters konnten zwei IS-Angriffe auf eine ISF-Militärbasis in Dujail und auf eine PMF-Position in den Hamrin Bergen abgewehrt werden (Xinhua 25.4.2022). Im Mai 2022 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Toten und einem Verletzten vermerkt. Acht der Vorfälle werden dem IS, einer pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 waren es sechs sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und drei Verletzten. Vier der Vorfälle werden dem IS, zwei pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Salah ad-Din im Jahr 2021 308 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 126.

Im Distrikt al-Daur wurden im Jahr 2021 43 Vorfälle gezählt. In einem Fall waren Zivilisten betroffen. Es wurden unter anderem 13 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und dem IS, vier IED-Angriffe sowie 18 Luft-/Drohnenangriffe gegen IS-Stellungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 31 Vorfälle verzeichnet, darunter ein Fall von Gewalt gegen Zivilisten. Des weiteren wurden unter anderem 16 bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, zwei IED-Angriffe und sieben Luft-/Drohnenangriff gegen eine IS-Stellungen registriert (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Faris wurden im Jahr 2021 und bis Juni Jahr 2022 keine Vorfälle verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Shirqat wurden im Jahr 2021 neun Vorfälle registriert, darunter sechs Fälle bei denen Zivilisten betroffen waren. Es wurden unter anderem zwei bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS und ein IED-Angriff gegen Sicherheitskräfte verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zwei Vorfälle verzeichnet, darunter ein IED-Angriff der Zivilisten betroffen hat und eine bewaffnete Auseinandersetzung (ACLED 2022).

Im Distrikt Baiji wurden im Jahr 2021 46 Vorfälle aufgelistet, darunter vier friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren bei neun Fällen betroffen. Darüber hinaus wurden 21 bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, fünf IED-Angriffe gegen Zivilisten und Sicherheitskräfte und sechs Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss gegen Koalitionstruppen und Sicherheitskräfte verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 15 Vorfälle gezählt. Bei zwei dieser Vorfälle waren Zivilisten betroffen. Es wurden des Weiteren acht bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, zwei IED-Angriffe und ein Luft-/Drohnenangriff gegen eine IS-Stellungen registriert (ACLED 2022).

Im Distrikt Balad wurden im Jahr 2021 28 Vorfälle verzeichnet, darunter eine friedliche Demonstration. Zivilisten waren bei fünf Fällen betroffen. Des Weiteren wurden acht bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, fünf IED-Angriffe gegen Zivilisten und Sicherheitskräfte, zwei Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss und drei Luft-/Drohnenangriffe gegen IS-Stellungen vermerkt. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zehn Vorfälle gezählt. Zivilisten waren bei drei Vorfällen betroffen. Es wurde eine bewaffnete Auseinandersetzung, drei IED-Angriffe und zwei Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss registriert (ACLED 2022).

Im Distrikt Samarra wurden im Jahr 2021 57 Vorfälle gezählt, darunter zwei friedliche Demonstrationen. In elf Fällen waren Zivilisten durch direkte Angriffe oder durch IEDs betroffen. Darüber hinaus wurden 17 bewaffnete Auseinandersetzungen, überwiegend mit dem IS verzeichnet, sowie sechs IED-Angriffe, vier Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss und fünf Luft-/Drohnenangriffe gegen IS-Stellungen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 27 Vorfälle gezählt, wobei in zwei Fällen Zivilisten betroffen waren. Es wurden außerdem elf bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, zwei IED-Angriffe und vier Luft-/Drohnenangriffe gegen IS-Stellungen registriert (ACLED 2022).

Im Distrikt Tikrit wurden im Jahr 2021 70 Vorfälle verzeichnet, darunter drei friedliche Demonstrationen und ein Fall von exzessiver Gewalt gegen Demonstranten. Zivilisten waren bei 14 Fällen betroffen. Des Weiteren wurden 16 bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, zwölf IED-Angriffe gegen Zivilisten und Sicherheitskräfte, sowie zwölf Luft-/Drohnenangriffe gegen IS-Stellungen vermerkt. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 28 Vorfälle gezählt. Zivilisten waren in zehn Fällen von Gewalt betroffen, darunter eine Entführung und neun IED-Angriffe. Darüber hinaus wurden fünf bewaffnete Auseinandersetzungen mit dem IS, zwölf IED-Angriffe gegen Sicherheitskräfte und Versorgungskonvois der USA, sowie drei Luft-/Drohnenangriffe gegen Stellungen des IS registriert (ACLED 2022).

Im Distrikt Tuz Khurmatu wurden im Jahr 2021 55 Vorfälle verzeichnet, darunter eine friedliche Demonstration. In elf Fällen waren Zivilisten betroffen, besonders durch IED-Angriffe. Es wurde auch eine Entführung registriert. Unter anderem wurden 15 bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und dem IS, 13 IED-Angriffe, drei Fälle von Artillerie- und Raketenbeschuss und drei Luft-/Drohnenangriffe gegen IS-Stellungen verbucht. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 13 Vorfälle verzeichnet, darunter sechs bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und dem IS und zwei IED-Angriffe (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

4 (1)

5

8

3

2 (1)

2

bewaffnete Auseinandersetzungen

18

25

27

23

23

25

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Handgranaten

12

18

14

3

9

15

Artillerie- und Raketenbeschuss

4

7

3

2

3

1

Luft-/Drohnenangriff

12

14

1

14

11

4

Proteste/ friedliche Demonstrationen

1

4

 

6

 

 

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

 

1

 

 

Strategische Entwicklungen

18

18

30

13

19

12

Vorfälle gesamt

69

91

83

65

67

59

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Salah ad-Din, unterteilt in die Distrikte al-Daur, al-Faris, al-Shirqat, Baiji, Balad, Samarra, Tikrit und Tuz Khurmatu wurden 2021 20 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni vier Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Zivilisten als Ziele oder Opfer von Gewalt (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

al-Daur

 

 

1

 

 

1

al-Faris

 

 

 

 

 

 

al-Shirqat

 

1

5

1

1

 

Baiji

 

3

 

2

 

2

Balad

4

2

2

3

3

1

Samarra

3

5

3

2

2

 

Tikrit

1

4

7

2

4 (1)

6

Tuz Khurmatu

5 (1)

4

1

1

 

 

Vorfälle gesamt

13 (1)

19

19

11

10 (1)

10

Quelle: ACLED 2022

Quellen:

             ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2022): 2021-01-01-2022-06-30-Middle_East-Iraq, Zugriff 6.7.2022

             Al Arabiya (1.5.2022): Two rockets target coalition troops in Iraq, no casualties, https://english.alarabiya.net/News/middle-east/2022/04/30/Missile-lands-near-Iraq-s-Ain-al-Asad-air-base, Zugriff 9.6.2022

             Al Mada Paper (2.11.2021): دعت الحكومة إلى التحرك..وزارة الهجرة: 57 داراً تم حرقها في المقدادية [Die Regierung rief zum Handeln auf. Einwanderungsministerium: In Muqdadiya wurden 57 Häuser niedergebrannt], https://almadapaper.net/view.php?cat=251221, Zugriff 17.2.2022

             Al Monitor (26.1.2022): Iraqi parliament speaker’s home targeted amid power plays, https://www.al-monitor.com/originals/2022/01/iraqi-parliament-speakers-home-targeted-amid-power-plays, Zugriff 17.2.2022

             Al Sumaria (19.1.2022): استهداف مكتب النائب الثاني لرئيس البرلمان في كركوك [Ziel ist das Büro des zweiten stellvertretenden Parlamentspräsidenten in Kirkuk], https://www.alsumaria.tv/news/%D8%A3%D9%85%D9%86/409195/%D8%A7%D8%B3%D8%AA%D9%87%D8%AF%D8%A7%D9%81-%D9%85%D9%83%D8%AA%D8%A8-%D8%A7%D9%84%D9%86%D8%A7%D8%A6%D8%A8-%D8%A7%D9%84%D8%AB%D8%A7%D9%86%D9%8A-%D9%84%D8%B1%D8%A6%D9%8A%D8%B3-%D8%A7%D9%84%D8%A8%D8%B1%D9%84%D9%85%D8%A7%D9%86-%D9%81%D9%8A-%D9%83%D8%B1%D9%83%D9%88%D9%83, Zugriff 17.2.2022

             Bas News (8.3.2022): KDP Official Survives Assassination Attempt in Kirkuk, https://www.basnews.com/en/babat/744189, Zugriff 9.6.2022

             Bas News (3.2.2022): Ahrar Sinjar Claims Responsibility for Rocket Attack on Turkish Base North of Iraq, https://www.basnews.com/en/babat/738149, Zugriff 9.6.2022

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             ICG - International Crisis Group (14.12.2018): Reviving UN Mediation on Iraq’s Disputed Internal Boundaries, https://www.crisisgroup.org/middle-east-north-africa/gulf-and-arabian-peninsula/iraq/194-reviving-un-mediation-iraqs-disputed-internal-boundaries, Zugriff 28.5.2021

             EPC - Emirates Policy Center (13.7.2021): Disputed territories in Iraq: Security Dilemma and geopolitics, https://epc.ae/topic/disputed-territories-in-iraq-security-dilemma-and-geopolitics, Zugriff 25.8.2021

             Garda World (15.7.2021): Iraq: Improvised explosive device targets convoy carrying military supplies in Dhi Qar Governorate July 15, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/502161/iraq-improvised-explosive-device-targets-convoy-carrying-military-supplies-in-dhi-qar-governorate-july-15, Zugriff 25.8.2021

             JP - The Jerusalem Post (1.5.2021): Kurdistan Region calls for unity against ISIS threats, https://www.jpost.com/middle-east/kurdistan-region-calls-for-unity-against-isis-threats-666902, Zugriff 25.8.2021

             K24 - Kurdistan 24 (12.7.2021): ISIS continues to regroup in Iraq's disputed territories: Report, https://www.kurdistan24.net/en/story/25000-ISIS-continues-to-regroup-in-Iraq%27s-disputed-territories:-Report, Zugriff 25.8.2021

             K24 - Kurdistan 24 (3.7.2021): ISIS targets fishing party in horrific massacre in western Anbar, https://www.kurdistan24.net/en/story/24910-ISIS-targets-fishing-party-in-horrific-massacre-in-western-Anbar, Zugriff 25.8.2021

             NINA - National Iraqi News Agency (2.9.2021): An Army Member Martyred And Seven Wounded In An ISIS Attack On A Village In Kirkuk, https://ninanews.com/Website/News/Details?key=925024, Zugriff 17.2.2022

             NINA - National Iraqi News Agency (13.6.2021): Two electric power towers targeted southeast of Mosul, https://ninanews.com/Website/News/Details?key=909663, Zugriff 25.8.2021

             NINA - National Iraqi News Agency (1.7.2021): New Targeting To Energy Towers Near Tulul Al-Baj, South of Mosul, https://ninanews.com/Website/News/Details?key=913184, Zugriff 25.8.2021

             NRT - Nalia Radio and Television (31.5.2022): Two missiles fired at Ain al-Asad base, no casualties reported, http://nrttv.com/En/detail6/3567, Zugriff 9.6.2022

             NRT - Nalia Radio and Television (30.3.2022): Base hosting Turkish troops in Bashiqa comes under rocket attack, http://nrttv.com/En/detail6/2981, Zugriff 9.6.2022

             NRT - Nalia Radio and Television (21.1.2022): Eleven killed in ISIS attack in Diyala, http://nrttv.com/En/detail6/2302, Zugriff 17.2.2022

             NRT - Nalia Radio and Television (26.10.2021): Thirteen killed, at least 30 others wounded in ISIS attack in Diyala, http://nrttv.com/En/detail6/1408, Zugriff 17.2.2022

             Shafaq News (16.4.2022): الحشد الشعبي ينعى اثنين من مقاتليه بهجوم "ارهابي" في صلاح الدين [Al-Hashd al-Shaabi trauert um zwei seiner Kämpfer wegen eines „terroristischen“ Anschlags in Salah al-Din], https://shafaq.com/ar/%D8%A3%D9%85%D9%80%D9%86/%D8%A7%D9%84%D8%AD%D8%B4%D8%AF-%D8%A7%D9%84%D8%B4%D8%B9%D8%A8%D9%8A-%D9%8A%D9%86%D8%B9%D9%89-%D8%A7%D8%AB%D9%86%D9%8A%D9%86-%D9%85%D9%86-%D9%85%D9%82%D8%A7%D8%AA%D9%84%D9%8A%D9%87-%D8%A8%D9%87%D8%AC%D9%88%D9%85-%D8%A7%D8%B1%D9%87%D8%A7%D8%A8%D9%8A-%D9%81%D9%8A-%D8%B5%D9%84%D8%A7%D8%AD-%D8%A7%D9%84%D8%AF%D9%8A%D9%86, Zugriff 9.6.2022

             Shafaq News (6.4.2022): بالتزامن مع عاصفة ترابية.. داعش يهاجم الجيش في الموصل والحشد يدخل الإنذار [In Verbindung mit einem Staubsturm greift der IS die Armee in Mosul an, und die Menge tritt in die Warnung ein], https://shafaq.com/ar/%D8%A3%D9%85%D9%80%D9%86/%D8%A8%D8%A7%D9%84%D8%AA%D8%B2%D8%A7%D9%85%D9%86-%D9%85%D8%B9-%D8%B9%D8%A7%D8%B5%D9%81%D8%A9-%D8%AA%D8%B1%D8%A7%D8%A8%D9%8A%D8%A9-%D8%AF%D8%A7%D8%B9%D8%B4-%D9%8A%D9%87%D8%A7%D8%AC%D9%85-%D8%A7%D9%84%D8%AC%D9%8A%D8%B4-%D9%81%D9%8A-%D8%A7%D9%84%D9%85%D9%88%D8%B5%D9%84-%D9%88%D8%A7%D9%84%D8%AD%D8%B4%D8%AF-%D9%8A%D8%AF%D8%AE%D9%84-%D8%AD%D8%A7%D9%84%D8%A9-%D8%A7%D9%84-%D9%86%D8%B0%D8%A7%D8%B1, Zugriff 9.6.2022

             Shafaq News (14.2.2022): انفجار يستهدف مقهى شبابي في ديالى [Explosion auf ein Jugendcafé in Diyala], https://shafaq.com/ar/%D8%A3%D9%85%D9%80%D9%86/%D8%A7%D9%86%D9%81%D8%AC%D8%A7%D8%B1-%D9%8A%D8%B3%D8%AA%D9%87%D8%AF%D9%81-%D9%85%D9%82%D9%87%D9%89-%D8%B4%D8%A8%D8%A7%D8%A8%D9%8A-%D9%81%D9%8A-%D8%AF%D9%8A%D8%A7%D9%84%D9%89, Zugriff 9.6.2022

             Shafaq News (11.2.2022): مجهولون يهاجمون منزل عنصر في الآسايش بقنبلة يدوية في كركوك [Unbekannte greifen in Kirkuk das Haus eines Asayish-Mitglieds mit einer Granate an], https://shafaq.com/ar/%D8%A3%D9%85%D9%80%D9%86/%D9%85%D8%AC%D9%87%D9%88%D9%84%D9%88%D9%86-%D9%8A%D9%87%D8%A7%D8%AC%D9%85%D9%88%D9%86-%D9%85%D9%86%D8%B2%D9%84-%D8%B9%D9%86%D8%B5%D8%B1-%D9%81%D9%8A-%D8%A7%D9%84-%D8%B3%D8%A7%D9%8A%D8%B4-%D8%A8%D9%82%D9%86%D8%A8%D9%84%D8%A9-%D9%8A%D8%AF%D9%88%D9%8A%D8%A9-%D9%81%D9%8A-%D9%83%D8%B1%D9%83%D9%88%D9%83, Zugriff 9.6.2022

             The National (27.10.2021): ISIS attack fuels sectarian tension in Iraq’s Diyala province, https://www.thenationalnews.com/mena/iraq/2021/10/27/isis-attack-fuels-sectarian-tension-in-iraqs-diyala-province/, Zugriff 17.2.2022

             USIP - United States Institute of Peace (2011): Iraq‘s Disputed Territories, https://www.files.ethz.ch/isn/128591/PW69.pdf, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2022): Violence Hits A New Low In Iraq In June 2022, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/07/violence-hits-new-low-in-iraq-in-june.html, Zugriff 8.7.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.6.2022): Violence Drops In Iraq In May After Islamic State Offensive Ends, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/06/violence-drops-in-iraq-in-may-after.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (11.5.2022): Islamic State Returns In Iraq With Ramadan Offensive, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/05/islamic-state-returns-in-iraq-during.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.4.2022): Islamic State Continues To Fade Away In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/04/islamic-state-continues-to-fade-away-in.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (3.3.2022): Security Incidents In Iraq Hit A New Low In February 2022, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/03/security-in-iraq-hits-new-low-in.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.2.2022): IS Attacks On 5 Month Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/02/is-attacks-on-5-month-decline-in-iraq.html, Zugriff 9.2.2022

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             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.12.2021): Violence Continues Its Winter Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/12/violence-continues-its-winter-decline.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.11.2021): Oct Saw Another Drop In Violence In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/11/oct-saw-another-drop-in-violence-in-iraq.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.10.2021): Islamic State Ends römisch eins t Summer Offensive In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/10/islamic-state-ends-it-summer-offensive.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.9.2021): Islamic State’s Summer Offensive In Iraq Ends In August, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/09/islamic-states-summer-offensive-in-iraq.html, Zugriff 7.9.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2021): Security In Iraq June 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/07/security-in-iraq-june-2021.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.6.2021): Islamic State’s Offensive Appears Over While Pro-Iran Groups Maintain Campaign In May 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/islamic-states-offensive-appears-over.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (3.5.2021): Islamic State Ramadan Offensive Begins, Pro-Iran Groups Increase Attacks In April 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/05/islamic-state-ramadan-offensive-begins.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (5.4.2021): Violence In Iraq, March 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/04/violence-in-iraq-march-2021.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (8.3.2021): IS Winter Break Continues In Feb While Pro-Iran Groups Picking Up Attacks, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/03/is-winter-break-continues-in-feb-while.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.2.2021): Violence Continues To Decline In Iraq Winter 2020-21, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/02/violence-continues-to-decline-in-iraq.html, Zugriff 25.8.2021

             Xinhua (26.4.2022): 3 soldiers, 2 IS militants killed in clashes in Iraq, https://english.news.cn/20220426/13c8394f64ce4537be15308dd331b323/c.html, Zugriff 9.6.2022

             Xinhua (25.4.2022): Iraqi forces thwart 2 IS attacks, kill 2 IS militants, https://english.news.cn/20220425/a9da240a7f274b73bdd1c375516882b7/c.html, Zugriff 9.6.2022

             Xinhua (9.4.2022): 2 soldiers killed in IS attack in western Iraq, https://english.news.cn/20220409/d1f127f9ebcd4105bbccf584c4cb6e10/c.html, Zugriff 9.6.2022

Sicherheitslage Südirak

Letzte Änderung: 22.08.2022

Im Südirak ist Gewalt durch den Islamischen Staat (IS) praktisch kaum präsent (CGRA 20.3.2020). Angriffe des IS werden hauptsächlich in Jurf an-Nasr im Nordwesten des Gouvernements Babil verzeichnet. Dieser Distrikt dient der Kata'ib Hizbollah, einer Miliz der Volksmobilisierungskräfte (PMF), als Basis (Wing 2.8.2021).

Schiitische Milizen werden häufig für Anschläge mit Sprengfallen (IEDs) gegen militärische Versorgungskonvois der USA verantwortlich gemacht, insbesondere in den Gouvernements Babil, Basra, Dhi-Qar, Qadisiyah und Muthanna. Die Konvois werden oft auf Autobahnen angegriffen, wobei diese Vorfälle selten Opfer oder größere Schäden zur Folge haben (Garda 15.7.2021).

Ab Oktober 2019 fanden im Südirak Massenproteste statt, bei denen es in den Jahren 2019 und 2020 zu gewaltsamen Übergriffen und zu Morden gekommen ist (UNAMI 5.2021). [Anm.: Weiterführende Informationen können dem Kapitel Protestbewegung entnommen werden.]

Gouvernement Babil

Babil ist für die Aufständischen des IS ein Nebenschauplatz (Wing 6.12.2021) und ein einfaches Ziel, zu dem sie von Anbar aus leichten Zugang haben. Insbesondere zu Jurf an-Nasr Anmerkung, vormals Jurf al-Sakhr), in dem es keine Zivilisten gibt und der als PMF-Basis dient, ist ein beliebtes Ziel des IS (Joel Wing 9.9.2019; vergleiche Wing 4.10.2021).

Im Jänner 2021 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Verletzten verzeichnet. Sechs der Vorfälle, alles Angriffe im Distrikt Jurf al-Sakh, der als Basis für die PMF Kata'ib Hizbollah dient, werden dem IS zugeschrieben. Drei weitere Vorfälle - IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA - werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 4.2.2021). Im Februar 2021 wurden vier sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem Toten und drei Verletzten verzeichnet. Ein Vorfall, die Ermordung eines PMF-Kommandanten, wird dem IS zugeschrieben. Drei weitere Vorfälle - IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA - werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 8.3.2021). Im März 2021 wurden sechs sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Toten verzeichnet. Ein Vorfall, die Ermordung eines PMF-Kommandanten, wird dem IS zugeschrieben, während fünf Vorfälle - IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA - pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden in Babil acht sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Verletzten verzeichnet. Drei Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, während fünf Vorfälle - IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA - pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden in Babil fünf sicherheitsrelevante Vorfälle mit je einem Toten und einem Verletzten verzeichnet. Drei der Vorfälle werden dem IS-zugeschrieben, zwei - IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA - pro-iranischen Milizen (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall ohne Opfer verzeichnet (Wing 6.7.2021). Zwei bewaffnete Personen wurden durch ihre eigene IED verletzt, als sie versuchten Jurf an-Nasr über die Anbar Wüste zu infiltrieren (NINA 10.6.2021). Im Juni wurden außerdem fünf Mitglieder einer IS-Zelle wegen Terrorismusvorwürfen verhaftet, die gestanden haben, für die Ermordung eines Bürgers und für mehrere Anschläge gegen Sicherheitskräfte verantwortlich gewesen zu sein (Anadolu 26.6.2021). Im Juli 2021 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle mit einem zivilen Toten und zwei Verletzten, davon drei ISF-Angehörige verzeichnet. Bei drei der Vorfälle handelte es sich um Angriffe des Islamischen Staates (IS) auf das nordwestliche Jurf an-Nasr. Drei Vorfälle, darunter zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 2.8.2021). Im August wurden zwölf Vorfälle verzeichnet, mit vier Toten und zwei Verletzten. Bei einem der Toten und zwei der Verletzten handelt es sich um Zivilisten. Drei Vorfälle werden dem IS zugeschrieben, darunter die Ermordung eines PMF-Kommandanten, während neun Vorfälle - IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA - pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden sieben Vorfälle verzeichnet, mit je zwei Toten und Verwundeten. Bei dreien handelte es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 4.10.2021). Oktober 2021 sah einen Vorfall, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird. Eine IED wurde entschärft (Wing 4.11.2021). Im November 2021 wurden fünf Vorfälle mit einem Toten verzeichnet. Zwei der Vorfälle werden pro-iranischen Milizen, drei dem IS zugeschrieben (Wing 6.12.2021). Im Dezember 2021 wurden acht sicherheitsrelevante Vorfälle mit je einem Toten und Verletzten verzeichnet. Sechs opferlose IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA werden den pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Zwei IED-Angriffe des IS in Jurf an-Nasr führten zu den beiden Opfern (Wing 4.1.2022). Im Oktober und November 2021 wurde jeweils ein friedlicher Protest verzeichnet (ACLED 2022).

Im Jänner 2022 wurden neun sicherheitsrelevante Vorfälle mit je zwei Toten und Verletzten verzeichnet. Sechs dieser Vorfälle werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Es gab fünf IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, eine weitere IED konnte entschärft werden. Dem IS werden drei Vorfälle zugeschrieben, darunter ein Angriff auf PMF in Jurf an-Nasr und ein Bombenangriff auf eine Moschee (Wing 7.2.2022). Des Weiteren wurde im Jänner 2022 ein friedlicher Protest verzeichnet (ACLED 2022). Im Februar 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit zwei Verletzten verzeichnet. Je ein Vorfall wird dem IS und pro-iranischen Milizen zugerechnet (Wing 3.3.2022). Der IS wird für einen IED-Angriff in Jurf an-Nasr verantwortlich gemacht, bei dem zwei PMF-Angehörige verwundet wurden (NINA 10.2.2022; vergleiche Wing 3.3.2022), pro-iranische Milizen haben neuerlich einen Versorgungskonvoi der USA mit einer IED angegriffen (Wing 3.3.2022). Im März 2022 gab es einen IED-Angriff des IS gegen den Kata'ib Hizbollah-Stützpunkt, bei dem ein Milizionär verwundet wurde (Wing 6.4.2022). Im April 2022 wurden sechs sicherheitsrelevante Vorfälle mit acht Verwundeten verzeichnet. Fünf, darunter drei Sprengstoffanschläge und eine Schießerei in Jurf an-Nasr werden dem IS zugeschrieben, ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA wird pro-iranischen Milizen zulasten gelegt (Wing 11.5.2022). Auch im Mai 2022 wurde ein Versorgungskonvoi der USA von pro-iranischen Milizen mittels einer IED angegriffen (Wing 6.6.2022). Im Juni 2022 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit sechs Verwundeten PMF-Angehörigen verzeichnet, die dem IS zugeschrieben werden (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Babil im Jahr 2021 116 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 39.

Im Distrikt al-Mahawil wurden im Jahr 2021 sieben Vorfälle verzeichnet. Bei vier dieser Vorfälle waren Zivilisten Opfer von gezielter Gewalt oder durch den Vorfall ebenfalls betroffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni drei Vorfälle verzeichnet. Darunter zwei IED-Angriffe, wobei bei einem Zivilisten betroffen waren (ACLED 2022)

Im Distrikt al-Musayab wurden im Jahr 2021 37 Vorfälle verzeichnet. Bei vier dieser Fälle waren Zivilisten betroffen. Es wurden außerdem 14 Vorfälle mit Beteiligung des IS verzeichnet, darunter acht bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen ISF und PMF mit dem IS in Jurf an-Nasr, sowie 14 IED-Angriffe, die ebenfalls in Jurf an-Nasr stattfanden. Im Jahr 2022 wurden bis Juni neun Vorfälle verzeichnet. Es handelte sich dabei wiederum insbesondere um bewaffnete Auseinandersetzungen und IED-Angriffe in Jurf an-Nasr (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Hashimiyah wurden im Jahr 2021 acht Vorfälle verzeichnet. Bei drei dieser Vorfälle handelte es sich um Gewalt gegen Zivilsten. Bei einem weiteren Vorfall, ein IED-Angriff gegen einen Versorgungskonvoi der USA, waren ebenfalls Zivilisten betroffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zwei Vorfälle verzeichnet. Bei beiden waren Zivilisten betroffen (ACLED 2022).

Im Distrikt Hillah wurden im Jahr 2021 64 Vorfälle verzeichnet. 27 dieser Vorfälle waren IED-Angriffe vor allem gegen Versorgungskonvois der USA. Bei 29 Vorfällen waren Zivilisten betroffen, insbesondere durch IEDs im Zusammenhang mit den Angriffen auf die Versorgungskonvois. Bei einem weiteren Vorfall handelte es sich um einen Fall von gezielter Gewalt gegen Zivilsten. Des Weiteren wurden zwölf friedliche und acht gewalttätige Demonstrationen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 2022 27 Vorfälle registriert. Bei 19 dieser Vorfälle waren Zivilisten ebenfalls betroffen. Es handelte sich dabei überwiegend um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

1

2

3

 

1

2

bewaffnete Auseinandersetzungen

2

3

9

 

2

3

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

13

8

15

9

12

6

Artillerie- und Raketenbeschuss

1

 

 

 

 

 

Proteste/ friedliche Demonstrationen

4

8

 

2

3

 

Protest mit Intervention

 

 

 

 

 

 

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

1

 

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

5

4

 

 

1

1

Strategische Entwicklungen

4

8

10

4

3

5

Vorfälle gesamt

30

34

37

15

22

17

Quelle: ACLED 2022

Anmerkung, Die Kathegorie "Strategische Entwicklungen" umfasst z.B. Truppenbewegungen, die Etablierung von Checkpoints, Korridoren und Brücken, die Zerstörung von Unterschlupfen von Aufständischen (IS) und Waffenlagern, Entminung und Entschärfungen von Sprengsätzen und Vorfälle von Beschädigung von Eigentum ohne Opfer).

Im Gouvernement Babil, unterteilt in die Distrikte al-Mahawil, al-Musayab, al-Hashimiyah und Hillah wurden 2021 sechs Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians"), verzeichnet. 2022 waren es bis Juni drei Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

al-Mahawil

1

1

1

 

1

 

al-Musayab

2

 

2

 

 

 

al-Hashimiyah

1

2

1

 

1

1

Hillah

3

8

4

6

9

10

Vorfälle gesamt

7

11

8

6

11

11

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Basra

Im Februar 2021 wurden in Basra zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Es handelt sich dabei um zwei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 8.3.2021). Im Mai 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall ohne Opfer verzeichnet. Es handelte sich dabei um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurde mit einem IED-Angriff auf einen Versorgungskonvois der USA ein sicherheitsrelevanter Vorfall ohne Opfer verzeichnet, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 6.7.2021). Selbiges geschah im Juli 2021 (Wing 2.8.2021), im August 2021 (Wing 6.9.2021), im Oktober 2021 (Wing 4.11.2021) und im November 2021 (Wing 6.12.2021). Im Dezember 2021 wurden zwei Vorfälle mit je vier Toten und Verletzten verzeichnet (Wing 4.1.2022). Mindestens einer wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 4.1.2022). Bei einem weiteren Angriff handelte es sich um eine Motorradbombe, die in der Nähe des al-Jumhouri Hospitals gezündet wurde, und je vier Tote und Verletzte forderte (Al Jazeera 7.12.2021; vergleiche Wing 4.1.2022). Es hat sich niemand zu diesem Angriff bekannt, er wird jedoch sowohl pro-iranischen Milizen (Wing 4.1.2022) als auch dem IS zugeschrieben (Al Jazeera (7.12.2021). Im Oktober 2021 wurden des weiteren 14 friedliche Proteste verzeichnet, im November 24 und im Dezember 18. Am 12.12.2021 gab es bei einer Demonstration eine Intervention der Sicherheitskräfte, die die Sperre einer Straße zu Ölfeldern aufhob (ACLED 2022).

Im Jänner 2022 sah Basra einen sicherheitsrelevanten Vorfall, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird. Es handelte sich dabei um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA (Wing 7.2.2022). Des weiteren wurden im Jänner 2022 26 friedliche Proteste verzeichnet. Bei einer Demonstration intervenierten die Sicherheitskräfte und hoben die Blockade einer Brücke auf, durch die der Erdöltransport behindert wurde (ALCED 2022). Im März 2022 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall ohne Opfer verzeichnet. Es handelte sich dabei um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA (Wing 6.4.2022). Selbiges wurde im Juni 2022 verzeichnet (Wing 6.7.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Basra im Jahr 2021 440 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 156.

Im Distrikt Abu al-Khaseeb wurden im Jahr 2021 18 Vorfälle verzeichnet, überwiegend friedliche Demonstrationen (11) aber auch drei bewaffnete Auseinandersetzungen und ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, bei dem Zivilisten betroffen waren. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sieben Vorfälle verzeichnet, davon drei friedliche Demonstrationen. Bei zwei Vorfällen waren Zivilisten direkte Ziele von Gewalt oder betroffen (ACLED 2022)

Im Distrikt Basra wurden im Jahr 2021 299 Vorfälle verzeichnet, darunter 186 friedliche Demonstrationen. Es wurden 19 Vorfälle von Gewalt gegen Zivilisten verzeichnet, darunter zwei Entführungen, sowie 29 weitere Vorfälle, bei denen Zivilisten betroffen waren. Es handelte sich dabei insbesondere um Sprengstoffanschläge mit IEDs und Handgranaten. Darüber hinaus wurden 33 bewaffnete Auseinandersetzungen registriert, bei denen überwiegend nicht identifizierte Stammesmilizen beteiligt waren. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 84 Vorfälle verzeichnet, 63 davon waren friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren bei sechs Fällen von Gewalt gegen Zivilisten und vier weiteren Fällen betroffen (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Faw wurden im Jahr 2021 13 Vorfälle verzeichnet, darunter acht friedliche Demonstrationen und drei bewaffnete Auseinandersetzungen. Zivilisten waren bei zwei IED-Angriffen betroffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni fünf Vorfälle verzeichnet, davon vier friedliche Demonstrationen. Bei einem Vorfall, der Explosion einer Landmine, kam ein Zivilist zu Schaden (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Midaina wurden im Jahr 2021 sieben Vorfälle verzeichnet, darunter je drei friedliche Demonstrationen und drei bewaffnete Auseinandersetzungen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni fünf Vorfälle verzeichnet, davon drei friedliche Demonstrationen (ACLES 2022).

Im Distrikt al-Qurna wurden im Jahr 2021 21 Vorfälle verzeichnet, darunter sieben friedliche Demonstrationen. Bei zehn Vorfällen handelte es sich um bewaffnete Auseinandersetzungen. Zivilisten wurden bei drei Vorfällen entweder angegriffen oder waren betroffen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni elf Vorfälle verzeichnet, davon fünf friedliche Demonstrationen und vier bewaffnete Auseinandersetzungen. Bei einem weiteren Vorfall handelte es sich um einen Fall von Gewalt gegen Zivilisten (ACLED 2022).

Im Distrikt Shatt al-Arab wurden im Jahr 2021 13 Vorfälle verzeichnet, darunter sieben friedliche Demonstrationen. Nur bei einem Vorfall mit einem Kriegsrelikt kamen Zivilisten zu Schaden. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sechs Vorfälle verzeichnet, davon vier friedliche Demonstrationen. Bei der Detonation eines Kriegsrelikts aus dem Irak-Iran-Krieg kamen Zivilisten ums Leben (ACLED 2022).

Im Distrikt az-Zubair wurden im Jahr 2021 69 Vorfälle verzeichnet, darunter 37 friedliche Demonstrationen. Es wurden acht Vorfälle von gezielter Gewalt gegen Zivilisten verzeichnet, sowie 17 weitere Vorfälle, bei denen Zivilisten ebenfalls betroffen waren. Es handelte sich dabei insbesondere um Sprengstoffanschläge mit IEDs. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 38 Vorfälle vermeldet, davon 18 friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren bei vier Fällen von Gewalt gegen Zivilisten und elf weiteren Vorkommnissen, insbesondere im Zusammenhang mit IEDs und Minen betroffen (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

9 (1)

10 (1)

5

4

7

5

bewaffnete Auseinandersetzungen

20

22

5

8

4

9

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

24

15

2

8

13

6

Artillerie- und Raketenbeschuss

1

 

1

 

 

 

Proteste/ friedliche Demonstrationen

86

75

43

55

48

51

Protest mit Intervention

1

 

 

1

1

2

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

 

 

1

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

5

5

1

 

 

3

Strategische Entwicklungen

14

8

7

5

4

2

Vorfälle gesamt

160

135

64

81

78

78

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Basra, unterteilt in die Distrikte Abu al-Khaseeb, Basra, al-Faw, al-Midaina, al-Qurna, Shatt al-Arab und al-Zubair wurden 2021 28 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni zwölf Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Abu al-Khaseeb

 

1

 

 

1

1

Basra

23 (1)

14 (1)

5

7

5

5

al-Faw

 

2

 

 

1

 

al-Midaina

 

 

 

 

 

 

al-Qurna

2

 

1

 

 

1

Shatt al-Arab

 

1

 

 

 

1

az-Zubair

11

7

3

4

11

4

Vorfälle gesamt

36 (1)

25 (1)

9

11

18

12

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Dhi-Qar

Im Jänner 2021 wurden in Dhi-Qar drei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Alle drei Vorfälle, IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 4.2.2021). Im Februar 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall ohne Opfer verzeichnet. Es handelt sich dabei um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 8.3.2021). Im März 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Beide Vorfälle - IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA - werden pro-iranischen Milizen zugerechnet (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden drei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer vermeldet. Es handelte sich dabei um IED-Angriffe auf einen Versorgungskonvoi der USA, der pro-iranischen Milizen zugeschrieben wird (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden drei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Es handelte sich dabei um drei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, die pro-iranischen Milizen zugeordnet werden (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden drei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Es handelte sich dabei um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA (Wing 6.7.2021). Im August 2021 wurden vier Vorfälle ohne Opfer registriert. Es handelte sich dabei um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden zwei weitere IED-Angriffe ohne Opfer auf Versorgungskonvois der USA durch pro-iranische Milizen verzeichnet (Wing 4.10.2021). Selbiges geschah im Oktober 2021 (Wing 4.11.2021). Des weiteren wurden im Oktober 2021 16 friedliche Proteste verzeichnet, sowie eine als gewalttätig klassifizierte Demonstration (ACLED 2022). Im November 2021 wurde ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, durch pro-iranische Milizen festgehalten (Wing 6.12.2021). Des weiteren wurden 27 friedliche Proteste verzeichnet, sowie eine als gewalttätig klassifizierte Demonstration (ACLED 2022). Auch im Dezember 2021 wurde ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA durch pro-iranische Milizen verzeichnet (Wing 4.1.2022). Zusätzlich wurden 30 friedliche Proteste und acht als gewalttätig klassifizierte Demonstrationen vermeldet, die sich hauptsächlich gegen schlechte öffentliche Dienstleistungen richteten, die jedoch sämtlich ohne Todesfälle verliefen (ACLED 2022).

Im Jänner 2022 wurden in Dhi-Qar drei sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Es handelte sich dabei um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA, sowie die Entschärfung zweier IEDs (Wing 7.2.2022). Des Weiteren wurden im Jänner 15 friedliche und sieben als gewalttätig klassifizierte Demonstrationen verzeichnet, die jedoch sämtlich ohne Todesfälle verliefen (ACLED 2022). Im Februar 2022 gab es zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer, IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 3.3.2022). Im März waren es vier derartige Vorfälle (Wing 6.4.2022), im April zwei (Wing 11.5.2022) und im Mai 2022 einer (Wing 6.6.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Dhi-Qar im Jahr 2021 600 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 207.

Im Distrikt al-Chibayish wurden im Jahr 2021 15 Vorfälle verzeichnet, darunter vier friedliche und sieben gewalttätige Demonstrationen sowie drei bewaffnete Auseinandersetzungen. Zivilisten waren bei einem Vorfall Ziel von Gewalt. Im Jahr 2022 wurden bis Juni drei Vorfälle verzeichnet, zwei friedlich Demonstrationen und eine gewalttätige (ACLED 2022).

Im Distrikt ar-Rifa'i wurden im Jahr 2021 78 Vorfälle verzeichnet, darunter 27 friedliche und 16 gewalttätige Demonstrationen. Bei 15 Vorfällen waren Zivilisten von Gewalt betroffen, darunter durch gezielte Angriffe, durch IEDs und Handgranaten. Darüber hinaus wurden auch sieben bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 15 Vorfälle verzeichnet, darunter drei friedliche und sieben gewalttätige Demonstrationen. Bei einem IED-Angriff waren Zivilisten ebenfalls betroffen. Darüber hinaus wurden drei bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Nasiriyah wurden im Jahr 2021 430 Vorfälle verzeichnet, darunter 231 friedliche und 74 gewalttätige Demonstrationen. Bei 57 Vorfällen waren Zivilisten von Gewalt betroffen, darunter durch gezielte Angriffe, durch IEDs und Handgranaten. Darüber hinaus wurden auch 13 bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 125 Vorfälle verzeichnet, darunter 67 friedliche und 22 gewalttätige Demonstrationen. Zivilisten waren in 22 Fällen von Gewalt betroffen, durch direkte Angriffe oder durch IED-Angriffe, insbesondere gegen Versorgungskonvois der USA. Darüber hinaus wurden drei Fälle von bewaffneten Auseinandersetzungen verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Shatrah wurden im Jahr 2021 35 Vorfälle verzeichnet, darunter zwei friedliche und 92 gewalttätige Demonstrationen. Bei 19 Vorfällen waren Zivilisten von Gewalt betroffen, darunter durch gezielte Angriffe, durch IEDs und Handgranaten. Darüber hinaus wurden auch zwölf bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 24 Vorfälle verzeichnet, darunter fünf Fälle von Gewalt gegen Zivilisten, davon eine Entführung und zwölf bewaffnete Auseinandersetzungen (ACLED 2022).

Im Distrikt Suq ash-Shuykh wurden im Jahr 2021 42 Vorfälle verzeichnet, darunter elf friedliche und vier gewalttätige Demonstrationen. Bei zwölf Vorfällen waren Zivilisten von Gewalt betroffen, darunter durch gezielte Angriffe, durch IEDs und Handgranaten. Darüber hinaus wurden auch sieben bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 17 Vorfälle verzeichnet, darunter fünf friedliche und vier gewalttätige Demonstrationen. Es gab einen Fall von Gewalt gegen Zivilisten und es wurden vier bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

14

21

2

7

9 (1)

4 (1)

bewaffnete Auseinandersetzungen

7

15

13

8

17

10

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

24

23

17

11

15

8

Artillerie- und Raketenbeschuss

 

1

 

1

 

 

Proteste/ friedliche Demonstrationen

82

86

33

74

45

35

Protest mit Intervention

3

3

2

 

 

1

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

1

 

1

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

38

60

17

14

19

19

Strategische Entwicklungen

10

6

2

5

16

8

Vorfälle gesamt

178

215

87

120

122

85

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Dhi-Qar, unterteilt in die Distrikte al-Chibayish, ar-Rifa'i, Nasiriyah, Shatrah und Suq ash-Shuykh wurden 2021 44 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians"), verzeichnet. 2022 waren es bis Juni 13 Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

al-Chibayish

 

1

 

 

 

 

ar-Rifa'i

6

14

1

1

2

 

Nasiriyah

25

20

9

12

4

9

Shatrah

3

7

 

2

13 (1)

3 (1)

Suq ash-Shuykh

5

6

2

2

2

 

Vorfälle gesamt

39

48

12

17

21 (1)

12 (1)

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Kerbala

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Kerbala im Jahr 2021 54 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 14.

Im Distrikt al-Hindiyah wurden im Jahr 2021 zwei Vorfälle verzeichnet, beides friedliche Demonstrationen. Auch im Jahr 2022 wurden bis Juni zwei Vorfälle verzeichnet, darunter eine bewaffnete Auseinandersetzung (ACLED 2022).

Im Distrikt Kerbala wurden im Jahr 2021 52 Vorfälle verzeichnet, darunter 24 friedliche und fünf gewalttätige Demonstrationen. Zivilisten waren bei sechs Vorfällen Ziele von Gewalt, bzw. von Gewalt betroffen. Darüber hinaus wurden drei bewaffnete Auseinandersetzungen und fünf IED-Angriffe verzeichnet, drei davon gegen Strommasten gerichtet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni elf Vorfälle verzeichnet, darunter zwei friedliche Demonstrationen, sowie eine gewalttätige. Zivilisten waren bei drei Vorfällen von Gewalt betroffen. Darüber hinaus wurden zwei bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Ain at-Tamur wurden im Jahr 2021 keine Vorfälle verzeichnet. Im Jahr 2022 war es bis Juni ein Vorfall, eine friedliche Demonstration (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

1

1

2

 

1

1

bewaffnete Auseinandersetzungen

 

1

1

1

1

1

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

 

1

4

 

 

2

Proteste/ friedliche Demonstrationen

7

10

6

3

2

1

Protest mit Intervention

 

 

 

 

 

1

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

1

 

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

1

3

1

 

1

 

Strategische Entwicklungen

1

1

6

2

1

2

Vorfälle gesamt

10

18

20

6

6

8

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Kerbala, unterteilt in die Distrikte Ain at-Tamur, al-Hindiyah und Kerbala wurden 2021 vier Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni zwei Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Ain at-Tamur

 

 

 

 

 

 

al-Hindiyya

 

 

 

 

 

1

Kerbala

1

2

3

 

1

2

Vorfälle gesamt

1

2

3

0

1

3

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Missan

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Missan im Jahr 2021 250 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 127.

Im Distrikt al-Hindiyah wurden im Jahr 2021 zwei Vorfälle verzeichnet, beides friedliche Demonstrationen. Auch im Jahr 2022 wurden bis Juni zwei Vorfälle verzeichnet, darunter eine bewaffnete Auseinandersetzung (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Amara wurden im Jahr 2021 acht Vorfälle verzeichnet, darunter vier friedliche Demonstrationen und eine gewalttätige. Zivilisten waren bei zwei Vorfällen betroffen. Darüber hinaus wurde eine bewaffnete Auseinandersetzung verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni drei Vorfälle verzeichnet, darunter ein Fall von Gewalt gegen Zivilisten und eine bewaffnete Auseinandersetzung (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Kahla' wurden im Jahr 2021 188 Vorfälle verzeichnet, darunter 102 friedliche und 14 gewalttätige Demonstrationen. In 36 Fällen waren Zivilisten von Gewalt betroffen. Das weiteren wurden 16 bewaffnete Auseinandersetzung verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 89 Vorfälle verzeichnet, darunter 38 friedliche und drei gewalttätige Demonstrationen. Zivilisten waren in 28 Fällen von Gewalt betroffen. Es wurden außerdem neun bewaffnete Auseinandersetzung verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Maimounah wurden im Jahr 2021 zwölf Vorfälle verzeichnet, darunter vier friedliche und zwei gewalttätige Demonstrationen. Es gab einen Fall von Gewalt gegen Zivilisten und vier bewaffnete Auseinandersetzungen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sechs Vorfälle verzeichnet, eine friedliche Demonstration und fünf bewaffnete Auseinandersetzung (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Madjar al-kabir wurden im Jahr 2021 14 Vorfälle verzeichnet, darunter je zwei friedliche und gewalttätige Demonstrationen. in zwei Fällen waren Zivilisten Opfer von Angriffen. Des weiteren wurden neun bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 14 Vorfälle verzeichnet, darunter zwei Fälle von Gewalt gegen Zivilisten und zwölf bewaffnete Auseinandersetzungen (ACLED 2022).

Im Distrikt Ali al-Gharbi wurden im Jahr 2021 fünf Vorfälle verzeichnet, darunter vier friedliche Demonstrationen. Darüber hinaus gab es einen Fall von Gewalt gegen Zivilisten. Im Jahr 2022 wurden bis Juni zwei gewalttätige Demonstrationen verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Qal'at Salih wurden im Jahr 2021 acht Vorfälle verzeichnet, darunter eine friedliche Demonstration und ein Fall von exzessive Gewalt gegen Demonstranten. Zivilisten waren in zwei Fällen von Gewalt betroffen. Darüber hinaus wurden vier bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 13 Vorfälle verzeichnet, darunter eine gewalttätige Demonstration. In einem Fall wurden Zivilisten Ziel von Gewalt. Darüber hinaus wurden acht bewaffnete Auseinandersetzung verzeichnet (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

7

7

12

10

15

14 (1)

bewaffnete Auseinandersetzungen

9

8

9

12

21

14

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

3

3

 

4

3

1

Selbstmordanschläge

 

 

 

 

 

 

Artillerie- und Raketenbeschuss

 

 

 

 

 

 

Luft-/Drohnenangriff

 

 

 

 

 

 

Proteste/ friedliche Demonstrationen

27

35

26

34

23

17

Protest mit Intervention

2

1

1

 

 

 

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

2

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

2

9

5

5

1

5

Strategische Entwicklungen

4

3

5

5

7

6

Vorfälle gesamt

 

 

 

 

 

 

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Missan, unterteilt in die Distrikte al-Amara, al-Kahla', al-Maimounah, al-Madjar al-kabir, Ali al-Gharbi und Qal'at Salih wurden 2021 36 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni 29 Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

al-Amara

1

 

1

 

 

1

al-Kahla'

9

8

12

7

15

13 (1)

al-Maimounah

 

1

 

 

 

 

al-Madjar al-kabir

1

 

 

1

1

1

Ali al-Gharbi

 

1

 

 

 

 

Qal'at Salih

 

 

 

2

 

1

Vorfälle gesamt

11

10

13

10

16

16 (1)

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Muthanna

Im Jänner 2021 wurden in Muthanna zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Beide Vorfälle - IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA - werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben (Wing 4.2.2021). Im März 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer vermerkt. Beide Vorfälle, IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, werden pro-iranischen Milizen zugerechnet (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurde ein sicherheitsrelevanter Vorfall ohne Opfer verzeichnet. Es handelte sich dabei um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 3.5.2021). Im Mai 2021 wurden drei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, vermeintlich durch pro-iranischen Milizen, registriert. Hierbei gab es keine Opfer (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 kam es zu einem IED-Angriff auf einen Versorgungskonvois der US-Streitkräfte, jedoch ohne Opfer, der pro-iranischen Milizen zugerechnet wird (Wing 6.7.2021). Selbiges geschah im August 2021 (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurde ein IED-Angriff pro-iranischer Milizen ohne Opfer auf einen Versorgungskonvoi der USA verzeichnet (Wing 4.10.2021). Selbiges geschah im November 2021 (Wing 6.12.2021). Im Oktober 2021 wurden außerdem vier friedliche Proteste verzeichnet. Im November waren es 13 und im Dezember elf (ACLED 2022).

Im Jänner 2022 wurden in Muthanna fünf sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Es handelte sich dabei um vier IED-Angriffe auf US-amerikanische Versorgungskonvois sowie die Vereitelung eines weiteren derartigen Angriffs (Wing 7.2.2022). Es wurden außerdem zehn friedliche Demonstrationen verzeichnet (ACLED 2022). Im Februar waren es vier sicherheitsrelevante Vorfälle, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Bei einem Vorfall handelte es sich um einen IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA. Drei weitere IEDs konnten entschärft werden (Wing 3.3.2022). Auch im März 2022 wurde ein IED-Angriff auf einen Versorgungskonvoi der USA ohne Opfer verzeichnet (Wing 6.4.2022). Jeweils zwei derartige Vorfälle wurden im April 2022 (Wing 11.5.2022) und im Mai 2022 verzeichnet (Wing 6.6.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Muthanna im Jahr 2021 204 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 105.

Im Distrikt al-Khidhir wurden im Jahr 2021 sechs Vorfälle verzeichnet, fünf friedliche Demonstrationen und eine gewalttätige. Im Jahr 2022 wurden bis Juni acht Vorfälle verzeichnet, darunter vier friedliche und zwei gewalttätige Demonstrationen (ACLED 2022).

Im Distrikt ar-Rumaitha wurden im Jahr 2021 25 Vorfälle verzeichnet, darunter 14 friedliche und drei gewalttätige Demonstrationen. In drei Fällen waren Zivilisten von Gewalt betroffen. Es wurden außerdem vier bewaffnete Auseinandersetzungen und zwei IED-Angriffe verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 13 Vorfälle verzeichnet, darunter sieben friedliche Demonstrationen und eine gewalttätige. Zivilisten waren in zwei Fällen betroffen. Darüber hinaus wurden drei bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt as-Salman wurden im Jahr 2021 fünf Vorfälle verzeichnet, darunter zwei friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren in drei Fällen von Gewalt betroffen, darunter zwei IED-Angriffe. Im Jahr 2022 wurden bis Juni vier Vorfälle verzeichnet, bei denen Zivilisten betroffen waren. Es handelte sich dabei um IED-Angriffe (ACLED 2022).

Im Distrikt as-Samawa wurden im Jahr 2021 168 Vorfälle verzeichnet, darunter 133 friedliche und sieben gewalttätige Demonstrationen. Zivilisten waren in 16 Fällen von Gewalt betroffen, darunter hauptsächlich IED-Angriffe gegen Versorgungskonvois der USA. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 80 Vorfälle verzeichnet, darunter 51 friedliche und fünf gewalttätige Demonstrationen. Zivilisten waren in 14 Fällen von Gewalt betroffen, meistens durch IED-Angriffe gegen Versorgungskonvois der USA. Es wurden außerdem vier bewaffnete Auseinandersetzung verzeichnet (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

 

2 (1)

 

2

 

3

bewaffnete Auseinandersetzungen

1

3

2

1

2

5

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

8

4

2

2

14

2

Artillerie- und Raketenbeschuss

1

 

 

 

 

 

Proteste/ friedliche Demonstrationen

46

50

30

28

39

23

Protest mit Intervention

1

1

2

 

1

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

2

7

3

 

4

4

Strategische Entwicklungen

2

 

2

2

5

3

Vorfälle gesamt

61

67

41

35

65

40

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Muthanna, unterteilt in die Distrikte al-Khidhir, ar-Rumaitha, as-Salman und as-Samawa wurden 2021 vier Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni drei Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

al-Khidhir

 

 

 

 

 

 

ar-Rumaitha

 

 

1

2

1

1

as-Salman

2

 

 

1

4

 

as-Samawa

7

5 (1)

1

2

9

5

Vorfälle gesamt

9

5 (1)

2

5

14

6

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Najaf

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Najaf im Jahr 2021 55 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 23.

Im Distrikt Kufa wurden im Jahr 2021 acht Vorfälle verzeichnet, darunter zwei friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren bei drei Vorfällen betroffen, darunter zwei Angriffe mit Granaten. Es wurden darüber hinaus zwei bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sechs Vorfälle verzeichnet. Bei einem dieser Vorfälle handelte es sich um einen Angriff auf Zivilisten. Des weiteren wurden zwei bewaffnete Auseinandersetzung verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Manathirah wurde im Jahr 2021 ein Vorfall verzeichnet, wobei es sich um eine bewaffnete Auseinandersetzung handelte. Auch im Jahr 2022 wurde bis Juni ein Vorfall verzeichnet, wobei es sich um einen Angriff auf Zivilisten handelte (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Meshkhab wurden weder 2021 noch 2022 Vorfälle registriert (ACLED 2022).

Im Distrikt Nadjaf wurden im Jahr 2021 46 Vorfälle verzeichnet, darunter zwölf friedliche und sieben gewalttätige Demonstrationen. Zivilisten waren bei 15 Vorfällen betroffen, darunter waren auch zwei Entführungen. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 16 Vorfälle verzeichnet. Bei elf dieser Vorfälle waren Zivilisten betroffen, darunter waren sieben Angriffe auf Zivilisten und zwei Fälle bei denen Zivilisten durch IEDs betroffen waren. Darüber hinaus wurde auch eine bewaffnete Auseinandersetzung verzeichnet (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

3 (1)

3

2 (1)

 

4

5

bewaffnete Auseinandersetzungen

1

 

1

2

1

2

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

2

1

2

1

3

1

Selbstmordanschläge

 

 

 

 

 

 

Artillerie- und Raketenbeschuss

 

 

2

 

1

 

Luft-/Drohnenangriff

 

 

 

 

 

 

Proteste/ friedliche Demonstrationen

2

6

2

4

 

1

Protest mit Intervention

2

1

 

 

 

 

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

1

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

4

1

1

1

 

 

Strategische Entwicklungen

3

2

2

3

3

2

Vorfälle gesamt

17 (1)

14

13 (1)

11

12

11

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Najaf, unterteilt in die Distrikte Kufa, al-Manathirah, al-Meshkhab und Nadjaf, wurden 2021 acht Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni neun Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

 

 

 

 

 

 

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Kufa

1

2

 

 

1

 

al-Manathirah

 

 

 

 

 

1

al-Meshkhab

 

 

 

 

 

 

Nadjaf

6 (1)

3

5 (1)

1

5

6

Vorfälle gesamt

7 (1)

5

5 (1)

1

6

7

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Qadisiyah

Im Februar 2021 wurde in Qadisiyah drei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Es handelt sich dabei um drei IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 8.3.2021). Im März 2021 wurden vier sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Alle vier Vorfälle werden pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Bei drei handelte es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA, beim vierten um einen vereitelten derartigen Angriff (Wing 5.4.2021). Im April 2021 wurden drei (Wing 3.5.2021) und im Mai 2021 vier IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der US-Streitkräfte, vermeintlich durch pro-iranische Milizen, verzeichnet, ohne dass jemand zu Schaden kam (Wing 7.6.2021). Im Juni 2021 wurden zwei sicherheitsrelevante Vorfälle mit drei Verletzten, einer davon ein Zivilist, ein weiterer ein Ausländer, verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden. Bei zwei der Vorfälle handelte es sich um IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA (Wing 6.7.2021). Im August 2021 wurden acht Vorfälle ohne Opfer verzeichnet. Es handelte sich dabei um IED-Angriffe auf einen Versorgungskonvois der USA, welche pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.9.2021). Im September 2021 wurden zwei IED-Angriffe auf einen Versorgungskonvois der USA ohne Opfer verzeichnet (Wing 4.10.2021). Im Oktober 2021 wurden zwei Demonstrationen verzeichnet. Eine als gewalttätig klassifizierte Demonstration richtete sich gegen den Ausgang der Parlamentswahlen vom 10.10.2021, eine weitere Demonstration wurde durch einen Polizeieinsatz aufgelöst. Bei einer weiteren Demonstration wurden Demonstranten vor der Universität in Diwaniyah von Leibwächtern des Dekans attackiert (ACLED 2022). Im November 2021 wurden drei sicherheitsrelevante Vorfälle ohne Opfer verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 6.12.2021). Es wurden auch drei friedliche Proteste verzeichnet (ACLED 2022). Im Dezember 2021 wurden sieben sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, die pro-iranischen Milizen zugeschrieben werden (Wing 4.1.2022). Des Weiteren wurden im Dezember zwei gewalttätige Demonstrationen verzeichnet (ACLED 2022).

Im Jänner 2022 konnte ein IED-Angriff pro-iranischer Milizen vereitelt werden, indem der Sprengsatz entschärft wurde (Wing 7.2.2022). Im Februar 2022 wurden zwei IED-Angriffe auf US-amerikanische Versorgungskonvois ohne Opfer verzeichnet (Wing 3.3.2022). Ebenso wurden jeweils zwei derartige Vorfälle in den Monaten März 2022 (Wing 6.4.2022), April 2022 (Wing 11.5.2022) und Mai 2022 verzeichnet (Wing 6.6.2022).

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Qadisiyah im Jahr 2021 177 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 20.

Im Distrikt Afak wurden im Jahr 2021 sieben Vorfälle verzeichnet, darunter vier friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren bei zwei Vorfällen, IED-Angriffen auf Versorgungskonvois der USA, betroffen (ACLED 2022).

Im Distrikt Diwaniyah wurden im Jahr 2021 150 Vorfälle verzeichnet, darunter 80 friedliche und 16 gewalttätige Demonstrationen. Bei einer Demonstration kam es zum Einsatz exzessiver Gewalt gegen Demonstranten durch Sicherheitskräfte. Zivilisten waren bei 37 Vorfällen betroffen, darunter 32 mal durch IED-Angriffe auf Versorgungskonvois der USA und einmal durch eine Entführung. Es wurden außerdem vier bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt Hamza wurden im Jahr 2021 sechs Vorfälle verzeichnet, darunter zwei friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren bei drei Vorfällen betroffen, darunter zwei Angriffe mit Granaten. Es wurden darüber hinaus zwei bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sechs Vorfälle verzeichnet, darunter ein firedliche Demonstration und drei bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Stammesmilizen (ACLED 2022).

Im Distrikt Shamiyah wurden im Jahr 2021 14 Vorfälle verzeichnet, darunter zwei friedliche Demonstrationen. Zivilisten waren bei drei Vorfällen betroffen, darunter zwei Angriffe mit Granaten. Es wurden darüber hinaus zwei bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet. Im Jahr 2022 wurden bis Juni 14 Vorfälle verzeichnet, wovon 13 friedliche Demonstrationen waren. Bei einem Vorfall handelte sich um einen Fall von Gewalt gegen Zivilisten (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

1 (1)

1

2

 

 

3

bewaffnete Auseinandersetzungen

2

2

1

2

 

 

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

10

11

7

8

5

5

Proteste/ friedliche Demonstrationen

54

40

1

3

 

 

Protest mit Intervention

 

 

 

1

 

 

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

 

1

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

10

3

 

3

1

3

Strategische Entwicklungen

5

3

4

2

2

1

Vorfälle gesamt

82 (1)

60

16

19

8

12

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Qadisiyah, unterteilt in die Distrikte Afak, Diwaniyah, Hamza und Shamiyah wurden 2021 vier Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni drei Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Afak

 

2

 

 

 

 

Diwaniyah

11 (1)

9

8

8

5

6

Hamza

 

 

 

 

 

1

Shamiyah

 

1

 

 

 

1

Vorfälle gesamt

11 (1)

12

8

8

5

8

Quelle: ACLED 2022

Gouvernement Wasit

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Wasit im Jahr 2021 127 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 46.

Im Distrikt Badra wurden im Jahr 2021 ein Vorfall verzeichnet. Ein iranischer Zivilist wurde durch eine Landmine, ein Kriegsrelikt verwundet. Im Jahr 2022 wurde bis Juni ein Vorfall verzeichnet, bei dem ein Zivilist durch eine Landmine, ein Kriegsrelikt aus dem Irak-Iran-Krieg, getötet wurde (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Aziziyah wurden im Jahr 2021 und bis in den Juni 2022 keine Vorfälle verzeichnet.

Im Distrikt al-Hayy wurden im Jahr 2021 ein Vorfall verzeichnet, wobei es sich um einen Fall von Gewalt gegen Zivilisten handelte. Auch im Jahr 2022 wurde bis Juni ein Fall von Gewalt gegen Zivilisten verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt al-Kut wurden im Jahr 2021 113 Vorfälle verzeichnet, darunter 78 friedliche und 15 gewalttätige Demonstrationen. Zivilisten waren bei neun Fällen betroffen, sechs Mal durch direkte Angriffe. Im Jahr 2022 wurde bis Juni 34 Vorfälle verzeichnet, darunter 24 friedliche und zwei gewalttätige Demonstrationen. Zivilisten waren in drei Fällen von Gewalt betroffen. Darüber hinaus wurde eine bewaffnete Auseinandersetzung verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt an-Na'maniyah wurden im Jahr 2021 zwei Vorfälle verzeichnet, bei denen es sich um friedliche Demonstrationen handelte. Im Jahr 2022 wurden bis Juni sechs Vorfälle verzeichnet, darunter zwei friedliche Demonstration. Bei zwei Vorfall handelt es sich um Fälle von Gewalt gegen Zivilisten. Darüber hinaus wurden zwei bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet (ACLED 2022).

Im Distrikt as-Suwaira wurden im Jahr 2021 zehn Vorfälle verzeichnet, fünf davon friedliche und zwei gewalttätige Demonstrationen. In einem weiteren Fall setzten Sicherheitskräfte exzessive Gewalt gegen Demonstranten ein. Im Jahr 2022 wurden bis Juni vier Vorfälle verzeichnet, darunter eine gewalttätige Demonstration. Bei einem Vorfall handelt es sich um einen Fall von Gewalt gegen Zivilisten. Darüber hinaus wurden zwei bewaffnete Auseinandersetzungen verzeichnet (ACLED 2022).

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen)

1

3

2

1

2

5

bewaffnete Auseinandersetzungen

1

 

 

 

1

3

Sprengstoffanschläge, Landminen, IEDs, Granaten

 

1

1

 

 

 

Proteste/ friedliche Demonstrationen

30

31

8

16

15

11

Protest mit Intervention

2

2

 

1

1

1

Proteste/ exzessive Gewalt gegen Demonstranten

 

2

 

 

 

 

gewalttätige Demonstrationen/ Aufstände/ Mobgewalt

12

2

2

1

2

1

Strategische Entwicklungen

2

1

3

2

2

2

Vorfälle gesamt

48

42

16

21

23

23

Quelle: ACLED 2022

Im Gouvernement Wasit, unterteilt in die Distrikte Badra, al-Aziziyah, al-Hayy, al-Kut, an-Na'maniyah und as-Suwaira wurden 2021 sieben Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni sieben Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Gewalt gegen Zivilisten (davon Entführungen):

 

1.-3.2021

4.-6.2021

7.-9.2021

10.-12.2021

1.-3.2022

4.-6.2022

Badra

 

 

1

 

 

1

al-Aziziyah

 

 

 

 

 

 

al-Hayy

 

1

 

 

 

1

al-Kut

2

3

3

1

1

2

an-Na'maniyah

 

 

 

 

1

1

as-Suwaira

 

 

 

 

 

1

Vorfälle gesamt

2

4

4

1

2

6

Quelle: ACLED 2022

Quellen:

             ACLED - Armed Conflict Location & Event Data Project (2022): 2021-01-01-2022-06-30-Middle_East-Iraq, Zugriff 6.7.2022

             Al Jazeera (7.12.2021): Basra explosion: Several killed as blast rocks Iraqi city, https://www.aljazeera.com/news/2021/12/7/explosion-in-iraqs-southern-city-of-basra-kills-4-wounds-20, Zugriff 17.2.2021

             Anadolu Agency (26.6.2021): Iraq dismantles Daesh/ISIS sleeper cell in Babel, https://www.aa.com.tr/en/middle-east/iraq-dismantles-daesh-isis-sleeper-cell-in-babel/2286358, Zugriff 28.5.2021

             CGRA - Commissariat général aux réfugiés et aux apatrides [Belgien] (20.3.2020): Security Situation in Central and Southern Iraq, https://www.cgra.be/fr/infos-pays/security-situation-central-and-southern-iraq, Zugriff 25.8.2021

             Garda World (15.7.2021): Iraq: Improvised explosive device targets convoy carrying military supplies in Dhi Qar Governorate July 15, https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/502161/iraq-improvised-explosive-device-targets-convoy-carrying-military-supplies-in-dhi-qar-governorate-july-15, Zugriff 25.8.2021

             NINA - National Iraqi News Agency (10.2.2022): Two members of the Popular Mobilization were injured in an explosive device explosion north of Babylon, https://ninanews.com/Website/News/Details?key=955918, Zugriff 9.6.2022

             NINA - National Iraqi News Agency (10.6.2021): An IED Explodes On Two Armed Men While Trying To Infiltrate Jurf Al-Nasr District, North Of Babylon, https://ninanews.com/Website/News/Details?key=909238, Zugriff 25.8.2021

             UNAMI - UN Assistance Mission for Iraq (5.2021): Update on Demonstrations in Iraq, Accountability for Human Rights Violations and Abuses by Unidentified Armed Elements, https://www.ecoi.net/en/file/local/2054109/UNAMI_Report_Accountability_for_Human_Rights_Violations_and_Abuses_300521.pdf, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2022): Violence Hits A New Low In Iraq In June 2022, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/07/violence-hits-new-low-in-iraq-in-june.html, Zugriff 8.7.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.6.2022): Violence Drops In Iraq In May After Islamic State Offensive Ends, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/06/violence-drops-in-iraq-in-may-after.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (11.5.2022): Islamic State Returns In Iraq With Ramadan Offensive, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/05/islamic-state-returns-in-iraq-during.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.4.2022): Islamic State Continues To Fade Away In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/04/islamic-state-continues-to-fade-away-in.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (3.3.2022): Security Incidents In Iraq Hit A New Low In February 2022, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/03/security-in-iraq-hits-new-low-in.html, Zugriff 9.6.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.2.2022): IS Attacks On 5 Month Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/02/is-attacks-on-5-month-decline-in-iraq.html, Zugriff 9.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.1.2022): 2021 Ends Quietly For The Islamic State, http://musingsoniraq.blogspot.com/2022/01/2021-ends-quietly-for-islamic-state.html, Zugriff 10.1.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.12.2021): Violence Continues Its Winter Decline In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/12/violence-continues-its-winter-decline.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.11.2021): Oct Saw Another Drop In Violence In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/11/oct-saw-another-drop-in-violence-in-iraq.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.10.2021): Islamic State Ends römisch eins t Summer Offensive In Iraq, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/10/islamic-state-ends-it-summer-offensive.html, Zugriff 2.2.2022

             Wing, Joel, Musings on Iraq (9.9.2019): Islamic State’s New Game Plan In Iraq, https://musingsoniraq.blogspot.com/2019/09/islamic-states-new-game-plan-in-iraq.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.9.2021): Islamic State’s Summer Offensive In Iraq Ends In August, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/09/islamic-states-summer-offensive-in-iraq.html, Zugriff 7.9.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (2.8.2021): Violence Picks Up Again In Iraq In July 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/08/violence-picks-up-again-in-iraq-in-july.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.7.2021): Security In Iraq June 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/07/security-in-iraq-june-2021.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (7.6.2021): Islamic State’s Offensive Appears Over While Pro-Iran Groups Maintain Campaign In May 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/islamic-states-offensive-appears-over.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (3.5.2021): Islamic State Ramadan Offensive Begins, Pro-Iran Groups Increase Attacks In April 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/05/islamic-state-ramadan-offensive-begins.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (5.4.2021): Violence In Iraq, March 2021, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/04/violence-in-iraq-march-2021.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (8.3.2021): IS Winter Break Continues In Feb While Pro-Iran Groups Picking Up Attacks, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/03/is-winter-break-continues-in-feb-while.html, Zugriff 25.8.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (4.2.2021): Violence Continues To Decline In Iraq Winter 2020-21, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/02/violence-continues-to-decline-in-iraq.html, Zugriff 25.8.2021

Rechtsschutz / Justizwesen

Rechtsschutz / Justizwesen im Föderal Irak

Letzte Änderung: 11.08.2022

Die irakische Gerichtsbarkeit ist in drei Bereiche unterteilt:

1.           Die ordentliche Justiz, bestehend aus dem Obersten Justizrat, dem Kassationsgerichtshof, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Kassationsgerichtshofs, der Staatsanwaltschaft, der Justizaufsichtsbehörde und dem Berufungsgericht (BS 23.2.2022, S.13; vergleiche Fanack 8.7.2020).

2.           die Verfassungsgerichtsbarkeit, welche durch das oberste Bundesgericht erfüllt wird (BS 23.2.2022, S.13; vergleiche AA 25.10.2021, Sitzung 8).

3.           eine Verwaltungsgerichtsbarkeit, welche die Militärgerichtsbarkeit, Gerichte der inneren Sicherheitskräfte und die Gerichte des Obersten Justizrats umfasst (BS 23.2.2022, S.13).

Das Rechtssystem basiert auf einer Mischung aus zivilem und islamischem Recht (Fanack 8.7.2020).

Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (Stanford 2013; vergleiche AA 25.10.2021, S.8, USDOS 12.4.2022, GIZ 1.2021a, BS 23.2.2022, S.13), jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein (USDOS 12.4.2022). Die Justiz wird von mächtigen politischen Eliten und Parteien politisiert (BS 23.2.2022, S.13; vergleiche FH 28.2.2022). Sie ist von Korruption, politischem Druck, Stammeskräften und religiösen Interessen beeinflusst. Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang zu diesen wenden sich viele Iraker an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt (FH 28.2.2022).

Premierminister al-Kadhimi hat die Justiz erfolgreich entpolitisiert, indem er sich nicht in ihre Angelegenheiten eingemischt hat und auch anderen politischen Parteien nicht erlaubt, dies zu tun (BS 23.2.2022, S.13).

Die Verfassung garantiert das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess für alle Bürger (USDOS 12.4.2022) und das Recht auf Rechtsbeistand für alle verhafteten Personen (CEDAW 30.9.2019; vergleiche HRW 13.1.2022). Dennoch verabsäumen es Beamte routinemäßig, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. In zahlreichen Fällen dienen erzwungene Geständnisse als primäre Beweisquelle. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen (USDOS 12.4.2022).

Korruption oder Einschüchterung beeinflussen Berichten zufolge einige Richter in Strafsachen auf der Prozessebene und bei der Berufung vor dem Kassationsgericht. Zahlreiche Drohungen und Morde durch konfessionelle, extremistische und kriminelle Elemente oder Stämme beeinträchtigten die Unabhängigkeit der Justiz. Richter, Anwälte und ihre Familienangehörigen sind häufig mit Morddrohungen und Angriffen konfrontiert (USDOS 12.4.2022).

Eine Verfolgung von Straftaten findet nur unzureichend statt. Es mangelt an ausgebildeten, unbelasteten Richtern (AA 25.10.2021, S.12). Strafverfahren sind zutiefst mangelhaft. Willkürliche Verhaftungen, einschließlich Verhaftungen ohne Haftbefehl, sind üblich (FH 28.2.2022). Eine rechtsstaatliche Tradition gibt es nicht. Häufig werden übermäßig hohe Strafen verhängt (AA 25.10.2021, S.22). Obwohl nach irakischem Strafprozessrecht Untersuchungshäftlinge binnen 24 Stunden einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden müssen, wird diese Frist nicht immer respektiert und zuweilen erheblich ausgedehnt (AA 25.10.2021, S.22; vergleiche HRW 13.1.2022). Es gibt häufig Fälle überlanger Untersuchungshaft, ohne dass die Betroffenen, wie vom irakischen Gesetz vorgesehen, einem Richter oder Staatsanwalt vorgeführt würden (AA 25.10.2021, S.22). Freilassungen erfolgen mitunter nur gegen Bestechungszahlungen. Insbesondere Sunniten beschweren sich über "schiitische Siegerjustiz" und einseitige Anwendung der bestehenden Gesetze zu ihren Lasten (AA 25.10.2021, S.12). Das seit 2004 geltende Notstandsgesetz ermöglicht der Regierung Festnahmen und Durchsuchungen unter erleichterten Bedingungen (AA 25.10.2021, S.22).

Die Behörden verletzen systematisch die Verfahrensrechte von Personen, die verdächtigt werden, dem sogenannten Islamischen Staat (IS) anzugehören (FH 28.2.2022; vergleiche HRW 13.1.2022). Menschenrechtsgruppen kritisierten, insbesondere in Terrorismusverfahren, die systematische Verweigerung des Zugangs der Angeklagten zu einem Rechtsbeistand und die kurzen, summarischen Gerichtsverfahren mit wenigen Beweismitteln für spezifische Verbrechen, abgesehen von vermeintlichen Verbindungen der Angeklagten zum IS (HRW 13.1.2022; vergleiche CEDAW 30.9.2019). Rechtsanwälte beklagen einen häufig unzureichenden Zugang zu ihren Mandanten, wodurch eine angemessene Beratung erschwert wird. Viele Angeklagte treffen ihre Anwälte zum ersten Mal während der ersten Anhörung und haben nur begrenzten Zugang zu Rechtsbeistand während der Untersuchungshaft. Dies gilt insbesondere für die Anti-Terror-Gerichte, wo Justizbeamte Berichten zufolge versuchen, Schuldsprüche und Urteilsverkündungen für Tausende von verdächtigen IS-Mitgliedern in kurzer Zeit abzuschließen (USDOS 12.4.2022). 2018 dauerten einige Prozesse, die ein Todesurteil zur Folge hatten, nur etwa 20 Minuten und Hunderte von Familienangehörigen mutmaßlicher IS-Kämpfer wurden willkürlich inhaftiert (FH 28.2.2022). Anwälte, die Familien mit vermeintlicher IS-Zugehörigkeit unterstützen, berichten bedroht zu werden (USDOS 30.3.2021).

In den von Bagdad kontrollierten Gebieten können Kinder ab dem Alter von neun Jahren strafrechtlich verfolgt werden, was gegen internationale Standards verstößt (HRW 13.1.2022). Ein Komitee in Mossul verbesserte den Umgang mit der strafrechtlichen Verfolgung von Kindern, die verdächtigt werden, dem IS anzugehören (HRW 13.1.2021).

Nach Ansicht der Regierung gibt es im Irak keine politischen Gefangenen. Alle inhaftierten Personen haben demnach gegen Strafgesetze verstoßen. Politische Gegner der Regierung behaupteten jedoch, diese habe Personen wegen politischer Aktivitäten oder Überzeugungen unter dem Vorwand von Korruption, Terrorismus und Mord inhaftiert oder zu inhaftieren versucht. Eine Beurteilung ist kaum möglich, aufgrund mangelnder Transparenz seitens der Regierung, Korruption während der Verfahren und wegen des eingeschränkten Zugangs zu Gefangenen, insbesondere solchen, die in Einrichtungen der Terrorismusbekämpfung, der Geheimdienste und des Militärs inhaftiert sind (USDOS 12.4.2022).

Am 28.3.2018 kündigte das irakische Justizministerium die Bildung einer Gruppe von 47 Stammesführern an, genannt al-Awaref, die sich als Schiedsrichter mit der Schlichtung von Stammeskonflikten beschäftigen soll. Die Einrichtung dieses Stammesgerichts wird durch Personen der Zivilgesellschaft als ein Untergraben der staatlichen Institution angesehen (Al Monitor 12.4.2018; vergleiche UK Home Office 2.2020). Das informelle irakische Stammesjustizsystem überschneidet und koordiniert sich mit dem formellen Justizsystem (TCF 7.11.2019).

In Ermangelung von Recht und Ordnung - oder zumindest des Vertrauens in das Rechtssystem - greifen immer mehr Iraker auf die Stammesjustiz zurück (AW 29.6.2019; vergleiche FH 28.2.2022, UK Home Office 3.2021). Stammesgerichte beschäftigen sich mit kommerziellen und kriminellen Angelegenheiten, Diebstahl, bewaffneten Konflikten, Körperverletzung und Mord sowie deren Beilegung durch Entschädigungszahlungen (Blutgeld oder diya), den Austausch von Frauen und Mädchen, Heirat und Vergeltung (UK Home Office 3.2021).

Im südirakischen Basra berichten Einwohner über sogenannte "degga ashairiya" (Stammeswarnungen). Bei diesem alten Brauch zur Beilegung von Streitigkeiten versammeln sich bewaffnete Angehörige eines Stammes vor dem Haus eines Angehörigen eines gegnerischen Stammes und beschießen dieses, bis sich dieser bereit erklärt, herauszukommen und einen Streit durch Verhandlungen beizulegen. Wenn er sich weigert zu verhandeln oder keine Einigung erzielt wird, kann dies zu mehr Gewalt und manchmal auch zu Todesopfern führen (AW 29.6.2019).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             Al Monitor (12.4.2018): Will Iraq's new 'tribal court' undermine rule of law?, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/04/iraq-tribalism-sheikhs-justice-law.html, Zugriff 2.2.2021

             AW - The Arab Weekly (29.6.2019): Tribal feuds pushing many Iraqis to leave Basra, https://thearabweekly.com/tribal-feuds-pushing-many-iraqis-leave-basra, Zugriff 28.1.2021

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             CEDAW - UN Committee on the Elimination of Discrimination Against Women (30.9.2019): The Compliance of Iraq with Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women; Alternative Report about the Death Penalty, https://tbinternet.ohchr.org/Treaties/CEDAW/Shared Documents/IRQ/INT_CEDAW_CSS_IRQ_37410_E.DOCX, Zugriff 28.1.2021

             Fanack (8.7.2020): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 28.1.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 28.1.2021

             Stanford - Stanford Law School (2013): Constitutional Law of Iraq, https://law.stanford.edu/wp-content/uploads/2018/04/ILEI-Constitutional-Law-2013.pdf, Zugriff 28.1.2021

             TCF - The Century Foundation (7.11.2019): Tribal Justice in a Fragile Iraq, https://tcf.org/content/report/tribal-justice-fragile-iraq/?agreed=1, Zugriff 2.2.2021

             UK Home Office [UK] (3.2021): Country Policy and Information Note Iraq: ‘Honour’ crimes, https://www.ecoi.net/en/file/local/2048206/Iraq_-_Honour_Crimes_-_CPIN_-_v2.0_-_March_2021_-_EXT.pdf , Zugriff 1.4.2021

             UK Home Office [UK] (2.2020): Country Policy and Information Note Iraq: Blood feuds, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025236/Iraq_-_Blood_Feuds_-_CPIN_v2.0_-_Feb_2020_-_EXT__004_.pdf, Zugriff 2.2.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Rechtsschutz / Justizwesen in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 11.08.2022

Auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) gibt es Defizite der rechtsstaatlichen Praxis, wenngleich das Justizsystem grundsätzlich funktional ist (AA 25.10.2021, S.12). Der Kurdische Justizrat ist rechtlich, finanziell und administrativ unabhängig vom Justizministerium der Kurdischen Regionalregierung (KRG), die Exekutive beeinflusst jedoch politisch sensible Fälle. Ebenso nehmen die regional stärksten Parteien Einfluss auf Ernennungen von Richtern und auf Urteile (USDOS 12.4.2022).

Beamte der KRI berichten, dass Staatsanwälte und Verteidiger bei der Durchführung ihrer Arbeit häufig auf Hindernisse stoßen, und dass Prozesse aus administrativen Gründen unnötig verzögert werden (USDOS 12.4.2022). COVID-19-Präventivmaßnahmen und Schließungen stellten im Jahr 2020 zusätzliche Hindernisse für die Abwicklung von Gerichtsverfahren dar (USDOS 30.3.2021). Nach Angaben der Unabhängigen Menschenrechtskommission der KRI (IHRCKR) bleiben Häftlinge auch nach gerichtlicher Anordnung ihrer Freilassung für längere Zeit in den Einrichtungen des internen Sicherheitsdienstes der KRI (USDOS 12.4.2022).

Es gibt Berichte darüber, dass Männern und Buben, insbesondere solchen, denen vorgeworfen wurde mit dem Islamischen Staat (IS) in Verbindung zu stehen, ihr Recht auf eine angemessene Verteidigung verweigert wurde. Personen, die des Kurdischen nicht mächtig sind, wurde kein Dolmetscherdienst zur Verfügung gestellt, bereitgestellte Anwälte sprachen erst am Tag der Verhandlung mit ihren Mandanten, und Gerichtsverhandlungen wurden in Schnellverfahren geführt, wobei keine Untersuchungen über Behauptungen von Folter und anderen Misshandlungen eingeleitet wurden (AI 11.2020).

In der KRI können Kinder ab dem Alter von elf Jahren strafrechtlich verfolgt werden, was gegen internationale Standards verstößt (HRW 13.1.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AI - Amnesty International (11.2020): Marked for Life - Displaced Iraqis in Cycle of Abuse and Stigmatization [MDE 14/3318/2020], https://www.ecoi.net/en/file/local/2041230/MDE1433182020ENGLISH.pdf, Zugriff 2.2.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Sicherheitskräfte und Milizen

Letzte Änderung: 11.08.2022

Im Mai 2003, nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein, demontierte die Koalitions-Übergangsverwaltung das irakische Militär und schickte dessen Personal nach Hause. Statt des Bisherigen war ein politisch neutrales Militär vorgesehen. Das aufgelöste Militär bildete einen großen Pool für Aufständische (Fanack 8.7.2020).

Der Irak verfügt über mehrere Sicherheitskräfte, die im ganzen Land operieren: die irakischen Sicherheitskräfte (ISF) unter dem Innen- und Verteidigungsministerium, die dem Innenministerium unterstellten Strafverfolgungseinheiten der Bundes- und Provinzpolizei, der Dienst zum Schutz von Einrichtungen, Zivil- und Grenzschutzeinheiten, die dem Öl-Ministerium unterstellte Energiepolizei zum Schutz der Erdöl-Infrastruktur sowie die dem Premierminister unterstellten Anti-Terroreinheiten und der Nachrichtendienst des Nationalen Sicherheitsdienstes (NSS).

Militäreinheiten verschiedener Zweige der irakischen Sicherheitskräfte und der Volksmobilisierungskräfte (PMF), einschließlich Stammeseinheiten, aus mehreren Provinzen, nehmen gemeinsam an Sicherheitsoperationen gegen den sog IS teil, unterstützt durch Luftstreitkräfte der irakischen Armee und der internationalen Koalition (NI 18.5.2021). Seit Anfang 2021 gibt es ein Koordinationsabkommen zwischen den ISF und den Peschmerga der Kurdischen Regionalregierung (KRG). Die Zusammenarbeit soll sich auf die Koordinierung und das Sammeln von Informationen zur Bekämpfung des IS in den sogenannten "umstrittenen Gebieten" beschränken und die Lücken zwischen den Sicherheitskräften schließen, die bisher vom IS ausgenutzt werden konnten. Es gibt auch Stimmen, die für die Bildung einer gemeinsamen Truppe einstehen (Rudaw 23.5.2021).

Neben den staatlichen Sicherheitskräften gibt es das Volksmobilisierungskomitee, eine staatlich geförderte militärische Dachorganisation, der etwa 60 Milizen angehören, die als Volksmobilisierungskräfte (PMF) bekannt sind. PMF operieren im ganzen Land. Obwohl sie Teil der irakischen Sicherheitskräfte sind und Mittel aus dem Verteidigungshaushalt der Regierung erhalten, operieren sie oft außerhalb der Kontrolle der Regierung und in Opposition zur Regierungspolitik (USDOS 12.4.2022).

Zivile Behörden haben über einen Teil der Sicherheitskräfte keine wirksame Kontrolle (USDOS 12.4.2022; vergleiche BS 23.2.2022), insbesondere über bestimmte, mit dem Iran verbündete Einheiten der Volksmobilisierungskräfte (PMF) und das Popular Mobilization Committee (USDOS 12.4.2022). Außerdem wird die staatliche Kontrolle über das gesamte irakische Territorium durch die Dominanz der PMF, durch verbliebene IS-Kämpfer, durch die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), eine Reihe von Stämmen, Clans und andere Milizen und schließlich durch die militärischen Interventionen regionaler Mächte, insbesondere des Iran, Israels und der Türkei, beeinträchtigt (BS 23.2.2022).

Quellen:

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             Fanack (8.7.2020): Governance & Politics of Iraq, https://fanack.com/iraq/governance-and-politics-of-iraq/, Zugriff 28.1.2021

             NI - Newlines Institute (18.5.2021): ISIS in Iraq: Weakened but Agile, https://newlinesinstitute.org/iraq/isis-in-iraq-weakened-but-agile/?ref=nl, Zugriff 20.5.2021

             Rudaw (23.5.2021): Peshmerga-Iraq cooperation will ‘close that gap,’ cut off ISIS: Coalition, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/230520212, Zugriff 3.6.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF)

Letzte Änderung: 11.08.2022

Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Einheiten, die vom Innen- und Verteidigungsministerium, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF), und dem Counter-Terrorism Service (CTS) verwaltet werden. Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig. Es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Erdöl-Infrastruktur verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der CTS ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören (USDOS 12.4.2022).

Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 150.000 bis 185.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen. Die Anwendung bestehender Gesetze ist nicht gesichert. Es gibt kein Polizeigesetz, die individuellen Befugnisse einzelner Polizisten sind sehr weitreichend (AA 25.10.2021, S.9).

Straffreiheit für Angehörige der Sicherheitskräfte ist ein Problem. Es gibt Berichte über Folter und Misshandlungen im ganzen Land in Einrichtungen des Innen- und Verteidigungsministeriums, sowie über extra-legale Tötungen (USDOS 12.4.2022). Den Sicherheitskräften werden zahlreiche Fälle von Verschwindenlassen zur Last gelegt: Im Zuge von Antiterror-Operationen, aber auch an Checkpoints, wurden nach 2014 junge, vorwiegend sunnitische Männer gefangen genommen (AA 25.10.2021, S.9).

Nach der Rückkehr der Zentralregierung nach Kirkuk Ende 2017 klagten mehrere Gemeinschaften ethnischer und religiöser Minderheiten über Diskriminierung, Vertreibung und gelegentliche Gewalt auch durch Sicherheitskräfte der Regierung (DFAT 17.8.2020, S.20).

Die irakischen Sicherheitskräfte, Armee, Bundes- und lokale Polizei werden bei ihrer Professionalisierung durch internationale Militär-und Polizeiausbildung unterstützt (AA 25.10.2021, S.9).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 23.8.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Volksmobilisierungskräfte (PMF) / al-Hashd ash-Sha‘bi

Letzte Änderung: 11.08.2022

Der Name "Volksmobilisierungskräfte" (arab: al-Hashd ash-Sha‘bi, engl.: Popular Mobilization Forces - PMF oder auch Popular Mobilization Units - PMU) bezeichnet eine Dachorganisation, ein loses Bündnis von etwa 40 bis 70 Milizen (USDOS 12.4.2022; vergleiche FPRI 19.8.2019, Clingendael 6.2018, S.1f, Wilson Center 27.4.2018), die, je nach Quelle, zwischen 45.000 und 142.000 Kämpfer umfassen (ICG 30.7.2018). Die PMF formierten sich 2014 infolge eines Rechtsgutachtens, einer sogenannten Fatwa, durch Ayatollah Ali as-Sistani, welcher darin zum Kampf gegen den vorrückenden Islamischen Staat (IS) aufrief (SWP 8.2016, S.2-4; vergleiche TCF 5.3.20218, S.2, EPIC 5.2020). Die irakische Regierung bemühte sich hernach, die Kontrolle über diese zu bewahren, indem sie am 15.6.2014 eine Kommission (auch Komitee genannt) der Volksmobilisierung bildete, das formal dem Ministerpräsidenten untersteht (SWP 8.2016, S.4). Alle PMF sind offiziell dem Vorsitzenden des Ausschusses für Volksmobilisierung und somit letztlich dem Premierminister unterstellt. In der Praxis unterstehen mehrere Einheiten auch dem Iran und seinem Korps der Islamischen Revolutionsgarden (USDOS 12.4.2022).

Die PMF sind keine einheitliche Organisation, sondern bestehen aus einer Reihe von Netzwerken, die sich in ihrer Struktur und ihren Verbindungen zueinander und zu anderen Akteuren im Staat unterscheiden (CH 2.2021, S.9). Sie haben unterschiedliche Organisationsformen, Einfluss und Haltungen zum irakischen Staat (Clingendael 6.2018, S.3f). Die PMF weisen ein breites Spektrum auf, sowohl organisatorisch und ideologisch als auch in Bezug auf die religiöse Zusammensetzung der einzelnen Formationen. Die PMF bestehen aus Einheiten mit unterschiedlicher Geschichte, Zugehörigkeit und Loyalität (TCF 5.3.2018, S.3). Die PMF haben nach dem erfolgreichen Kampf gegen den IS, der israelisch-iranischen Eskalation und dem Rückzug der USA aus dem Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan (JCPOA, "Atomabkommen") mit dem Iran im Jahr 2018 enorm an Einfluss gewonnen (BS 23.2.2022, Sitzung 7).

Die PMF werden grob in drei Gruppen eingeteilt: Erstens die pro-iranischen schiitischen Milizen und zweitens die nationalistisch-schiitischen Milizen, die den iranischen Einfluss ablehnen. Letztere nehmen eine positivere Haltung gegenüber der irakischen Regierung ein und sprechen sich für die Auflösung der PMF und die Eingliederung ihrer Mitglieder in die irakische Armee bzw. Polizei aus. Und drittens gibt es die heterogene Gruppe der nicht-schiitischen Milizen, die üblicherweise nicht auf einem nationalen Level operieren, sondern lokal aktiv sind. Zu Letzteren zählen beispielsweise die mehrheitlich sunnitischen Stammesmilizen und die kurdisch-jesidischen "Sinjar Widerstandseinheiten". Letztere haben Verbindungen zur Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) in der Türkei und zu den Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Syrien (Clingendael 6.2018, S.3f). Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist somit schiitisch, was auch die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere "Minderheiten-Einheiten" der PMF sind im Allgemeinen in oder in der Nähe ihrer Heimatregionen tätig (USDOS 12.4.2022).

Die PMF wurden im Dezember 2016 (erstmals) formell in die irakischen Streitkräfte integriert (AA 22.1.2021, S.16; vergleiche FPRI 19.8.2019). Allerdings hat die gewählte offizielle Formulierung, welche die PMF als Teil der Sicherheitskräfte des Landes bezeichnet und sie gleichzeitig als "unabhängig" definiert, viel Raum für Interpretationen gelassen (ICSR 1.11.2018, S.5). Seit 2017 unterstehen die PMF formell dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten, dessen tatsächliche Einflussmöglichkeiten aber weiterhin als begrenzt gelten (AA 25.10.2021, S.15; vergleiche FPRI 19.8.2019). Am 8.3.2018 brachte der damalige irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi eine Proklamation ein, mit der die Mitglieder der PMF in die irakischen Sicherheitskräfte eingegliedert wurden, wobei sie dasselbe Gehalt wie die Angehörigen des Militärs erhalten, denselben Gesetzen unterworfen werden und Zugang zu Militärschulen und Militärinstituten erhalten sollten (EPIC 5.2020). Am 1.7.2018 folgte ein dementsprechendes Dekret, wonach der Regierungschef als Oberkommandierender der PMF deren Vorsitzenden ernennt. Bewaffneten Gruppen, die offen oder verdeckt außerhalb der Bestimmungen des Dekrets arbeiten, gelten demnach als illegal und werden entsprechend verfolgt (1000 IT 11.7.2019). Trotz dieser und weiterer Versuche der Regierung, die PMF zu regulieren und zu kontrollieren, operieren viele der mächtigsten Gruppierungen der PMF weiterhin außerhalb der formalen Befehlskette und führen illegale, politische, wirtschaftliche und sicherheitsrelevante Aktivitäten durch (EPIC 5.2020). Verschiedene PMF-Einheiten haben sogar Militärindustrien im Irak aufgebaut, von simpler Ausrüstung und Munition bis mutmaßlich zur Produktion von Artilleriegranaten (WI 23.3.2020, S.70f). Die begrenzten Einflussmöglichkeiten des Premierministers haben es den PMF erlaubt, Parallelstrukturen im Zentralirak und im Süden des Landes aufzubauen (AA 25.10.2021, S.16).

Die PMF-Netzwerke stehen in einer symbiotischen Beziehung zu den irakischen Sicherheitsdiensten, den politischen Parteien und der Wirtschaft. Zu ihren Mitgliedern gehören nicht nur Kämpfer, sondern auch Parlamentarier, Kabinettsminister, lokale Gouverneure, Mitglieder von Provinzräten, Geschäftsleute in öffentlichen und privaten Unternehmen, hohe Beamte, humanitäre Organisationen und Zivilisten. Politische Entscheidungsträger, die die PMF reformieren oder einschränken wollen, haben sich auf eine Reihe von Optionen verlassen: die einzelnen Gruppen gegeneinander ausspielen, alternative Sicherheitsinstitutionen aufbauen, Sanktionen gegen Einzelpersonen verhängen oder mit militärischer Gewalt vorgehen. Diese Optionen haben jedoch weder zu einer Reform der PMF-Netzwerke noch zu einer Reform des irakischen Staates geführt (CH 2.2021, S.2).

Viele PMF-Brigaden nehmen Befehle von bestimmten Parteien oder konkurrierenden Regierungsbeamten entgegen (FPRI 19.8.2019). In diesem Zusammenhang kommt vor allem der Badr-Organisation eine große Bedeutung zu: Die Milizen werden zwar von der irakischen Regierung in großem Umfang mit finanziellen Mitteln und Waffen unterstützt, unterstehen aber formal dem von der Badr-Organisation dominierten Innenministerium, wodurch keine Rede von umfassender staatlicher Kontrolle sein kann (Süß 21.8.2017). Die Kontrolle der Badr-Organisation über das Innenministerium verstärkte deren Einfluss auf die Zuteilung der staatlichen Mittel und deren Weitergabe an die einzelnen PMF-Milizen (Clingendael 6.2018, S.6).

Insbesondere mit dem Iran verbündete Einheiten operieren im ganzen Land oft außerhalb der Kontrolle der Regierung oder gar in Opposition zur Regierungspolitik (USDOS 12.4.2022). Selbiges gilt auch für die (offizielle) PMF-Kommission (USDOS 12.4.2022), welche wiederum tendenziell pro-iranische Gruppen bevorzugt hat (ICG 30.7.2018). In der Praxis sind etliche Einheiten auch dem Iran und dessen Korps der Islamischen Revolutionsgarden unterstellt (USDOS 12.4.2022). Überdies haben einige bewaffnete Gruppen, wie die der pro-iranischen Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Hezbollah und Harakat Hezbollah an-Nujaba sowohl Kämpfer innerhalb als auch außerhalb der PMF. Diejenigen, die sich außerhalb der Truppe befinden, beteiligen sich an Aktivitäten, wie zum Beispiel Kämpfen in Syrien, die nicht zum Auftrag der Volksmobilisierungskräfte gehören (WoR 11.11.2019), denn das Wirken der PMF ist laut Gesetz auf Einsätze im Irak beschränkt. Die irakische Regierung erkennt diese Kämpfer nicht als Mitglieder der PMF an, obwohl ihre Organisationen Teile der PMF sind (USDOS 13.3.2019). Die Präsenz pro-iranischer PMF-Milizen, namentlich der Kata'ib Hezbollah und der Kata'ib Sayyid ash-Shuhada, in Syrien nahe oder an der Grenze zum Irak belegen Berichte über Angriffe auf Einrichtungen der US-Armee und Vergeltungsmaßnahmen seitens der US-Streitkräfte im Verlaufe des Jahres 2021 (RFE/RL 27.6.2021; vlg. BBC 28.6.2021).

Die PMF sind vor allem Sicherheitsakteure. Ihr Beitrag im Kampf gegen den IS und beim Halten von Gebieten nach der Vertreibung des IS sind wichtige Faktoren für ihren aktuellen, mächtigen Status. Als staatlich anerkannte Sicherheitskräfte kontrollieren ihre Mitglieder ein bedeutendes Territorium und strategische Gebiete im Irak, größtenteils in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Sicherheitsbehörden. Manchmal nützen die PMF jedoch ihre Position bei der Kontrolle lokaler Gebiete aus, um ihre eigenen Interessen, auch in finanzieller Hinsicht, durchzusetzen. Sie agieren als Lückenbüßer, wenn sich die staatlichen Stellen als unzureichend in ihrem Handeln im Bereich der Sicherheit erweisen. In einigen Gebieten sind die PMF der wichtigste Sicherheitsakteur, an den sich die Einheimischen wenden, wenn sie Schutz oder einen Fürsprecher bei Streitigkeiten oder bei der Strafverfolgung benötigen (CH 2.2021, Sitzung 18f).

Die wirtschaftliche/finanzielle Macht der einzelnen PMF-Gruppen setzt sich zusammen aus: ihrem Anteil an staatlich zugewiesenen Mitteln, autonomen einkommengenerierenden Aktivitäten und externer Finanzierung (vor allem durch den Iran). Autonome einkommenschaffende Aktivitäten erfolgen in der Regel in Form von religiösen Steuern, Einnahmen aus Heiligtümern und Unterstützung durch religiöse Wohltätigkeitsorganisationen. Diese Mittel sind jedoch relativ bescheiden (Clingendael 6.2018, S.7f). Den Löwenanteil machen die offiziellen Zuwendungen aus. 2020 betrugen die Budgetmittel der PMF-Kommission 2,6 Mrd. US-Dollar (CH 2.2021, S.19). - Darüberhinaus aquirieren PMF-Milizen Einnahmen aus halb-legalen Quellen und in krimineller Weise (FPRI 19.8.2019). Die Einkünfte kommen hauptsächlich aus dem großangelegten Ölschmuggel, Schutzgelderpressungen, Amtsmissbrauch, Entführungen, Waffen- und Menschenhandel, Antiquitäten- und Drogenschmuggel. Entführungen sind und waren ein wichtiges Geschäft aller Gruppen, dessen hauptsächliche Opfer zahlungsfähige Iraker sind (Posch 8.2017). Neben diesen illegalen Methoden erwerben die PMF beispielsweise im ganzen Land Grundstücke, was ihnen ermöglicht, Unternehmen anzusiedeln und von diesen dann Abgaben zu lukrieren. Einnahmen werden, auch in Kooperation mit anderen Sicherheitskräften, an Grenzübergängen und Checkpoints an wichtigen Verkehrsverbindungen generiert (CH 2.2021, S.29-31). Außer durch die Finanzierung durch den irakischen sowie den iranischen Staat bringen die Milizen einen wichtigen Teil der Finanzmittel selbst auf – mithilfe der Organisierten Kriminalität. Ein Naheverhältnis zu dieser war den Milizen quasi von Beginn an in die Wiege gelegt. Vor allem bei Stammesmilizen waren Schmuggel und Mafiatum weit verbreitet. Die Milizen kooperierten zwangsläufig mit den Mafiabanden ihrer Stadtviertel. Kriminelle Elemente wurden aber nicht nur kooptiert, die Milizen sind selbst in einem so hohen Ausmaß in kriminelle Aktivitäten verwickelt, dass manche Experten sie nicht mehr von der Organisierten Kriminalität unterscheiden, sondern von Warlords sprechen, die in ihren Organisationen Politik und Sozialwesen für ihre Klientel und Milizentum vereinen – oft noch in Kombination mit offiziellen Positionen im irakischen Sicherheitsapparat (Posch 8.2017).

Trotz des Schutzes, den die PMF bieten, sind sie aufgrund ihrer strategischen Kontrolle und ihrer sich wandelnden Rolle weiterhin eine Quelle lokaler Auseinandersetzungen und Polarisierungen. Es wurden in den letzten Jahren mehrere Berichte von Anwohnern, Menschenrechtsbeobachtern und internationalen Organisationen über das Fehlverhalten der PMF laut (Clingendael 5.2021, S.17). So klagten nach der Rückkehr der Zentralregierung nach Kirkuk Ende 2017 mehrere Gemeinschaften ethnischer und religiöser Minderheiten über Diskriminierung, Vertreibung und gelegentliche Gewalt durch PMF-Gruppen (DFAT 17.8.2020, S.20). Einige PMF gehen auch gegen ethnische und religiöse Minderheiten vor (USDOS 12.4.2022). Die Medien meldeten zahlreiche Vorfälle, bei denen schiitische PMF in die Häuser ethnischer und religiöser Minderheiten im gesamten Gouvernement Kirkuk eindrangen, sie plünderten und niederbrannten (DFAT 17.8.2020, S.20, 26, 32). In Ninewa, beispielsweise, nahmen mit dem Iran verbündete PMF willkürlich bzw. unrechtmäßig Kurden, Turkmenen, Christen und Angehörige anderer Minderheiten fest. Es gab zahlreiche Berichte über die Beteiligung der 30. und 50. PMF-Brigaden an Erpressungen, illegalen Verhaftungen, Entführungen und Festnahmen von Personen ohne Haftbefehl. Glaubwürdige Informationen der Strafverfolgungsbehörden wiesen darauf hin, dass die 30. PMF-Brigade an mehreren Orten in der Provinz Ninewa geheime Gefängnisse unterhielt, in denen 1.000 Gefangene untergebracht waren, die unter Vorspiegelung falscher Tatsachen aus konfessionellen Gründen festgenommen wurden. Die Anführer der 30. PMF-Brigade sollen die Familien der Inhaftierten gezwungen haben, im Gegenzug für die Freilassung ihrer Angehörigen hohe Geldbeträge zu zahlen (USDOS 12.4.2022). Jesiden und Christen sowie lokale und internationale NGOs berichteten von anhaltenden verbalen und körperlichen Übergriffen durch Mitglieder der PMF, welche auch für etliche Angriffe auf, und Vertreibungen von Sunniten, angeblich aus Rache für Verbrechen seitens des IS an Schiiten, verantwortlich gemacht werden (USDOS 2.6.2022).

Einige PMF-Einheiten in den südlichen Gouvernements Najaf und al-Qadisiya sollen Kinder rekrutiert und militärische Ausbildungslager für Schüler unter 18 Jahren gesponsert haben. Einige mit dem Iran verbündete PMF-Gruppen, insbesondere Asa'ib Ahl al-Haqq (AAH) und Harakat Hizbollah an-Nujaba (HHN), rekrutierten weiterhin Burschen unter 18 Jahren für den Kampf in Syrien und im Jemen (DFAT 17.8.2020, S.47).

Mehrere Quellen geben an, dass zu den PMF gehörende Kräfte, oft von Iran unterstützte Milizen, 2019 für viele der tödlichen Angriffe auf Demonstranten, auch durch Scharfschützen, verantwortlich waren (EASO 10.2020, S.31; vergleiche WI 23.3.2020, S.91), namentlich die pro-iranischen Saraya Talia al-Khorasani, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada, Asa'ib Ahl al-Haqq und die Badr-Organisation. Die PMF wurden international auch für illegale Massenverhaftungen und Folter, Einschüchterungsversuche gegen Demonstranten und Journalisten, Attentate, Bombenanschläge und Plünderungen von Fernsehsendern kritisiert. Nach Angaben des irakischen Hochkommissariats für Menschenrechte wurden über 500 Menschen getötet und über 23.500 verwundet (Stand März 2020). Im Januar 2020 waren auch Kämpfer von Saraya as-Salam an Angriffen auf Demonstranten und an der Erstürmung von Proteststätten durch die Badr-Milizen beteiligt, die die Zeltlager der Demonstranten niederbrannten (WI 23.3.2020, S.91). Im Laufe des Jahres 2020 haben Mitglieder der PMF Aktivisten ermordet oder entführt und mindestens 30 Menschen in Bagdad, Nasriyah und Basra getötet. Auf mehr als 30 weitere wurden Mordanschläge verübt, sie kamen mit Verletzungen davon. Bis zum Ende des Jahres wurden 56 Aktivisten gewaltsam zum Verschwinden gebracht. Diejenigen, die während der Proteste 2019 gewaltsam verschwunden sind, werden weiterhin vermisst (AI 7.4.2021). Anfang Jänner 2021 belegten die USA den Vorsitzenden der PMF-Kommission, Faleh al-Fayyadh, mit Sanktionen, da dieser für die Anordnung und Ausführung der Ermordung friedlicher Demonstranten und der Durchführung einer gewaltsamen Aktion gegen die irakische Demokratie verantwortlich sei (Al Monitor 8.1.2021).

Die PMF sollen, aufgrund guter nachrichtendienstlicher Möglichkeiten, die Fähigkeit haben, jede von ihnen gesuchte Person aufspüren zu können. Politische und wirtschaftliche Gegner werden unabhängig von ihrem konfessionellen oder ethnischen Hintergrund ins Visier genommen. Es wird als unwahrscheinlich angesehen, dass die PMF über die Fähigkeit verfügen, in der Kurdistan Region Irak (KRI) zu operieren. Dementsprechend gehen sie nicht gegen Personen in der KRI vor (DIS/Landinfo 5.11.2018, S.23). Anlässlich der sozialen Proteste zeigten die PMF ihre Fähigkeit, Kritiker zu verfolgen. Beispielsweise können kritische Kommentare in sozialen Medien zur Verfolgung seitens Asa‘ib Ahl al-Haqq, Kata’ib Hezbollah oder der Saraya as-Salam führen, welche im Stande sind, die Personen ausfindig zu machen und sie anschließend zu bedrohen und zu attackieren. Namentlich Kata’ib Hizbollah kann jeden ins Visier nehmen und kennt etwa die Namen aller, die über den internationalen Flughafen einreisen (AQ1 27.5.2021).

Präsident der PMF-Kommission ist - auf dem Papier - Faleh al-Fayyadh. Er hat jedoch keinen großen Mitarbeiterstab und unterliegt häufig den Anweisungen der Mittelsmänner im weiteren Netzwerk der PMF (CH 2.2021, S.7). Inoffizieller Spiritus Rector und strategische Kopf der Volksmobilisierung war Jamal Ebrahimi alias Abu Mahdi al-Muhandis, Vize-Kommandeur der PMF (Zenith 3.1.2020) und zugleich Begründer sowie Anführer der pro-iranischen Kata’ib Hizbollah, welche von den USA als Terrororganisation eingestuft ist (Guardian 3.1.2020; vergleiche Wilson Center 27.4.2018). Abu Mahdi Al-Muhandis galt als rechte Hand des iranischen Generalmajors der Revolutionsgarden, Qassem Soleimani. Beide wurden am 3.1.2020 bei einem US-Drohnenangriff in Bagdad getötet (Al Monitor 21.2.2020; vergleiche MEMO 21.2.2020). Infolge dessen kam es innerhalb der PMF zu einem Machtkampf zwischen den Fraktionen, die einerseits dem iranischen Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei, andererseits dem irakischen Großayatollah Ali as-Sistani nahe stehen (MEE 16.2.2020). Der iranische Oberste Führer Ayatollah Ali Khamenei ernannte Brigadegeneral Esmail Ghaani als Nachfolger von Soleimani (Al Monitor 21.2.2020). Am 20.2.2020 wurde Abu Fadak Al-Mohammedawi, Kommandeur der Kata'ib Hizbollah, zum neuen stellvertretenden Kommandeur der PMF ernannt (Al Monitor 21.2.2020; vergleiche MEMO 21.2.2020). Die Ernennung erfolgte einseitig durch die Vertreter des inneren Zirkels innerhalb der Hashd ash-Sha'bi, deren fünf (pro-iranische) Milizen dem sogenannten "Muhandis-Kern" zugeordnet werden (Warsaw Institute 9.7.2020). Die vier PMF-Fraktionen, die dem schiitischen Kleriker Ayatollah Ali as-Sistani nahe stehen, haben sich gegen die Ernennung Mohammadawis ausgesprochen und alle PMF-Fraktionen aufgefordert, sich in die irakischen Streitkräfte unter dem Oberbefehl des Premierministers zu integrieren (Al Monitor 21.2.2020).

Formal wurde der Loslösungsprozess der vier Atabat- bzw. Schrein-Milizen mit einer Entscheidung des scheidenden Regierungschefs Mahdi am 22.4.2020 eingeleitet, wonach diese Einheiten vom PMF-Kommando getrennt werden und von nun an direkt dem Premierminister verantwortlich sind (Warsaw Institute 9.7.2020; vergleiche AAA 23.4.2020, Al Monitor 29.4.2020). Laut Aussagen aus dem Kreis der Schrein-Milizen auf einer Koordinierungskonferenz im Dezember 2020 wollten diese die irakische Regierung unterstützen, sich von Fraktionen und politische Parteien zu trennen, welche die Interessen eines anderen Staates, gemeint ist der Iran, verfolgen (Al Monitor 4.12.2020; vergleiche Diyaruna 22.2.2021). Erklärtes Ziel der vier Schrein-Milizen sei auch die Eingrenzung und Isolation der pro-iranischen PMF (Diyaruna 22.2.2021).

Diese fortschreitende Zersplitterung der PMU lässt sich auf viele Faktoren zurückführen. Einer der Hauptgründe ist das Fehlen eines einheitlichen Ziels, das zuvor der Sieg über den IS darstellte. Ein weiterer Katalysator war der Tod von Abu Mahdi al Muhandis, der in der Lage war, die unterschiedlichen Fraktionen zu einen (AIIA 12.1.2021). Und obwohl der Nachfolger Muhandis, Abu Fadak Al-Mohammedawi, enge Beziehungen zu Iran unterhält, gibt es eine breite Opposition gegen seine Führung in seiner eigenen Miliz, Kata'ib Hizbollah, die ihn als den unrechtmäßigen Chef der PMF betrachtet (Manara 10.3.2021). Die neueste Erscheinung, welche als Zeichen einer weiteren Aufsplitterung der PMF gewertet wird, ist das Auftreten mehrerer kleinerer Splittergruppen im Verlaufe des Jahres 2020, die mit größeren, vom Iran unterstützten Gruppierungen verbunden sind, die sich sowohl durch Gewalt gegen Zivilisten als auch gegen Einrichtungen der US-geführten Militärallianz hervortun (AIIA 12.1.2021).

Innerhalb der schiitischen PMF gibt es Formationen, die mit den religiösen Lehrstätten im Irak bzw. den schiitischen religiösen Autoritäten (Marji'iya) verbunden sind (TCF 5.3.2018, S.4), und deshalb auch gelegentlich als Hashd al-Marji'i bezeichnet werden (TCF 5.3.2018, S.4; vergleiche ICSR 1.11.2018, S.24). Geläufiger sind die Termini "Schrein"-Milizen bzw. Saraya al-'Atabat (kurz: Atabat) (WI 5.2.2021; vergleiche ICSR 1.11.2018, S.24). Prominenter und umstrittener sind die mit dem Iran verbündeten Formationen, die oft als Hashd al-Wala'i bezeichnet werden - wala' ist das arabische Wort für Loyalität - eine Anspielung auf die Loyalität dieser Formationen gegenüber dem iranischen Obersten Führer Ali Khamenei. Die erstgenannten Gruppen sind in der Regel kleiner und wurden nach dem Fall von Mossul im Jahr 2014 als direkte Reaktion auf Sistanis Aufruf zur Massenmobilisierung gegen die Bedrohung durch den IS gebildet. Bei den letztgenannten, stärker auf Iran ausgerichteten Formationen handelt es sich eher um erfahrenere Gruppen mit einer längeren Geschichte paramilitärischer Aktivitäten im Irak und in einigen Fällen auch in Syrien (TCF 5.3.2018, S.3f).

Pro-iranische Milizen: al-Hashd al-Wala'i / al-Muqawama al-Islamiyya

Das Lager, welches u.a. als al-Hashd al-Wala'i bezeichnet wird, umfasst jene PMF-Formationen, die entweder mit dem Iran verbündet sind oder mit ihm zusammenarbeiten, und die innerhalb der PMF sowohl quantitativ als auch qualitativ die Oberhand haben (EUI 6.2020, S.3). Die vom Iran unterstützten irakischen Milizen bezeichnen sich selbst auch als al-Muqawama al-Islamiyya - der islamische Widerstand - Widerstand vor allem gegen die US-geführten Koalitionstruppen, meist in Form von Raketen- und Sprengstoffangriffen (JS 12.4.2021). Jene PMF (bzw. deren Vertreter), welche im Februar 2020 das Wahlkomitee zur Bestimmung eines neuen stellvertretenden Vorsitzenden nach dem Tode Muhandis bildeten, gelten als die wichtigsten Iran-affinen Milizen. Diese sind: Kata'ib Hizbollah, die Badr-Organisation, Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada und Kata'ib Jund al-Imam (WI 23.3.2020, S.23; vergleiche ICG). Hinzu kommen noch Harakat Hizbollah an-Nujaba (Bewegung der Partei Gottes der Noblen) (ICG 30.7.2018, S.3), mit mindestens 1.500 Kämpfern, auch in Syrien aktiv (WI 23.3.2020, S.110, 204) und eine der kampferfahrensten Milizen und stark seitens des Iran gefördert (ITIC 8.1.2020), sowie die Kata’ib Imam Ali (Bataillone des Imam Ali), deren Anführer, Shibl al Zaydi, 2018 von den USA wegen seiner Verbindungen zu den Iranischen Revolutionsgarden als Terrorist eingestuft wurde (LWJ 15.12.2020). Zudem war Kata’ib Imam Ali auch 2021 in Syrien präsent (AAA 22.3.2021). Dazu gesellen sich noch die Saraya Talia al-Khorasani, die auch in Syrien aktiv waren (WI 23.3.2020, S.110, 205; vergleiche ICG 30.7.2018, S.27). Einige der pro-iranischen PMF sicherten sich bei den letzten Wahlen auch ihren Einfluss im Parlament. Innerhalb der 2018 gewonnenen Parlamentssitze des Wahlbündnisses "Fatah" sind 22 Abgeordnete der Badr-Organisation zugehörig und 15 dem politischen Flügel der Asai‘b Ahl al-Haqq, Sadiqoun (CH 2.2021, S.21f; vergleiche EPIC 5.2020).

Die Badr-Organisation, die mächtigste schiitische Miliz, gilt als Irans ältester Stellvertreter im Irak. Sie wurde 1982 im Iran gegründet, um Saddam Hussein zu bekämpfen, und wurde zunächst vom Korps der Iranischen Revolutionsgarden (IRGC) finanziert, ausgebildet, ausgerüstet und geführt (Soufan 20.3.2020; vergleiche Wilson Center 27.4.2018). Nach der US-Invasion im Jahr 2003 kehrte sie in den Irak zurück und wurde in die neue irakische Regierung integriert. Ihre Kräfte wurden zur größten Fraktion innerhalb der staatlichen Sicherheitskräfte, insbesondere der Polizei (Wilson Center 27.4.2018), die wiederum zu einem Instrument der Badr-Organisation erwuchs (SWP 2.7.2021, S.26). Sie nahm an Wahlen teil; ihre Führer wurden in die neue Regierung in Kabinettspositionen aufgenommen. Sie behielt jedoch ihre Miliz bei (Wilson Center 27.4.2018). Sie umfasst rund 20.000 Kämpfer (Soufan 20.3.2020) und unterhält mindestens zehn Brigaden der staatlich finanzierten PMF, möglicherweise sogar 17 (WI 2.9.2021). Die Badr-Organisation wird von Hadi al-Amiri angeführt. Viele Badr-Mitglieder waren oder sind Teil der offiziellen Staatssicherheitsapparate, insbesondere des Innenministeriums und der Bundespolizei (FPRI 19.8.2019). So haben einige Mitglieder der PMF auch Doppelpositionen inne. Abu Dergham al-Maturi, beispielsweise, führte die 5. PMF-Brigade, eine Badr-Brigade, und fungierte gleichzeitig als stellvertretender Kommandeur der Bundespolizei im Innenministerium (CH 2.2021, S.18f). Oder das Badr-Führungsmitglied Qassim al-Araji war Innenminister (2017-2018) und ist nun der nationale Sicherheitsberater. Die Badr ist eine große und komplexe Organisation, die sowohl einen militärischen als auch einen politischen Flügel und viele Unterfraktionen hat. Im Großen und Ganzen hat sich Badr durch seine Wahlerfolge, seine paramilitärische Macht und seine Patronagenetzwerke tief in den irakischen Staat eingebettet. Badr war die Quelle für viele jüngere und radikalere Gruppen, einschließlich Kata'ib Hisbollah. Zwar setzt sich die Badr-Organisation für den Abzug der US-Kampftruppen aus der Region ein, doch hat sie sich im Gegensatz zu den anderen pro-iranischen PMF von Angriffen auf die USA und deren Verbündete öffentlich distanziert. Innerhalb der Muqawama nimmt die Badr-Organisation weiterhin eine wichtige Rolle ein und bleibt gleichzeitig ihren Wurzeln als iranischer Stellvertreter treu, mit weiterhin engen institutionellen und personellen Beziehungen zum IRGC (WI 2.9.2021).

Die Kata’ib Hizbollah (Brigaden der Partei Gottes) umfassen etwa 3.000 bis 7.000 Kämpfer (Al Arabiya 31.5.2020), anderen Schätzungen zufolge sogar 20.000 (Soufan 20.3.2020). Die Kata'ib Hisbollah haben enge konfessionelle, ideologische und finanzielle Bindungen zum Iran (Al Arabiya 31.5.2020). Keine andere Miliz steht den IRGC näher (Soufan 20.3.2020). Sie sind für zahlreiche Angriffe auf die von den USA geführte Militärallianz verantwortlich und riefen u.a. auch zu Terrorattacken gegen Saudi-Arabien auf. Menschenrechtsorganisationen werfen der Miliz schwere Menschenrechtsverletzungen vor, insbesondere gegen Sunniten (Al Arabiya 31.5.2020). Sie arbeiten intensiv mit der Badr-Organisation und der libanesischen Hizbollah zusammen. Die Miliz wird von den USA seit 2009 als Terrororganisation geführt (Süß 21.8.2017).

Die Asa‘ib Ahl al-Haqq (AAH) (Liga der Rechtschaffen) verfügt über etwa 15.000 Kämpfer (Soufan 20.3.2019). Die AAH ist eine mächtige schiitische Muslim-Miliz, die sich 2007 von Sadrs damaligen Mahdi-Armee abgespalten hat (Clingendael 6.2018; vergleiche EPIC 5.2020). Die AAH wurde ursprünglich von den IRGC mit Unterstützung der libanesischen Hisbollah in iranischen Lagern ausgerüstet, finanziert und ausgebildet und war auch in Syrien präsent (Wilson Center 27.4.2018). Die militärische und finanzielle Unterstützung durch die Al-Quds-Einheit der IRGC hält weiterhin an (ITIC 8.1.2020). Sie richtete politische Büros, religiöse Schulen und soziale Dienste ein, vor allem im Süden Iraks und in Bagdad (Wilson Center 27.4.2018). Ihr Anführer, Qais al-Khazali, wurde von den US-Behörden im Irak wegen seiner Rolle bei tödlichen Angriffen auf US-Truppen im Jahr 2007 für fünf Jahre inhaftiert. Er gilt den für die USA als einer der Verantwortlichen für den Anschlag auf die US-Botschaft in Bagdad zu Silvester 2019. Am 3.1.2020 stufte das US-Außenministerium die AAH als terroristische Organisation und Khaz'ali als "Specially Designated Global Terrorist" ein (EPIC 5.2020). Innerhalb der Volksmobilisierung erwarb sich die Organisation den Ruf, politisch-weltanschauliche mit kriminellen Motiven zu verbinden und besonders gewalttätig zu sein. Sie wird für zahlreiche Verbrechen gegen sunnitische Zivilisten verantwortlich gemacht (SWP 2.7.2021, S.25).

Die seit 2020 vermehrt in Erscheinung tretenden pro-iranischen Splittergruppen haben ein zweifelhaftes Maß an Autonomie. Es ist nicht klar, ob es sich bei diesen um unabhängige Gruppen handelt, die von den größeren "Mutter"-Milizen unterstützt werden, oder ob sie lediglich eine Fassade für diese größeren Milizen bilden, um sich den US-Sanktionen durch die Einstufung als terroristische Organisation zu entziehen (AIIA 12.1.2021; vergleiche JS 10.3.2021). Sie werden diesbezüglich insbesondere Kata'ib Hizbollah, Asa'ib Ahl al-Haqq, Kata'ib Sayyid ash-Shuhada und der Harakat Hizbollah an-Nujaba zugeordnet (JS 10.3.2021). Ihre Anzahl ist vage und wird auf 10 bis 20 Gruppen geschätzt (Al Arabiya 18.11.2020). Die neuen Splittergruppen treten durch primär zwei unterschiedliche Handlungsweisen in Erscheinung: Zum einen bewaffnete Milizen, die in der Lage sind, Anschläge auf US-Einrichtungen im Irak zu verüben, und zum anderen Straßenbanden, die eine Art sozialen Krieg auf den Straßen Bagdads führen. Zu den Ersteren gehören Usbat al-Tha'ireen (Liga der Revolutionäre) und Ashab al-Kahf (die Gefährten der Höhle), die sich regelmäßig zu Raketen- oder IED-Angriffen auf US-Ziele bekennen (AIIA 12.1.2021). Usbat al-Tha'ireen übernahm beispielsweise die Verantwortung für den Angriff auf Camp Taji im März 2020, bei dem zwei amerikanische Soldaten und ein britischer Soldat getötet wurden (WI 10.4.2020; vergleiche Al Arabiya 18.11.2020), während Ashab al-Kahf zahlreiche Angriffe auf Konvois sowie einen Raketenangriff auf die US-Botschaft im November 2020 für sich reklamierte (JS 10.3.2021). Zur zweiten Gruppe gehören Raba Allah/Rab'Allah (das Volk Gottes), Jund Soleimani (die Soldaten Soleimanis) und Jabhat Abu Jadahah (eng. People of the Lighter's Front), die, getragen von stark religiösen Anwandlungen, als Sittenpolizei agieren und das liberalere Leben Bagdads unterdrücken, indem sie beispielsweise Massagesalons angriffen oder Bombenanschläge auf Geschäfte verübten, die Alkohol verkauften (AIIA 12.1.2021; vergleiche WI 9.4.2021). Rab'Allah gilt als wichtigste Gruppe. Im Oktober 2020 verübte sie Brandanschläge auf Büros von Fernsehsendern sowie der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP). Weiters führte sie Hetzkampagnen gegen Personen aus Politik und Medien durch und drohte ihnen mit Gewalt. Zudem organisierte sie Proteste vor ausländischen Vertretungen (WI 9.4.2021).

Iran-kritische Milizen: Atabat / Schrein-Milizen / Hashd al-Marji‘i

Bei den "Schrein"- oder Atabat-Milizen (andere Bezeichnungen: Hashd al-Atabat/ Saraya al-Atabat/ al-Atabat al-Muqadasa) oder auch Hashd al-Marji‘i handelt es sich um paramilitärische Gruppen, die mit den schiitischen Heiligtümern in Najaf und Kerbala verbunden sind, deshalb auch die Bezeichnung "Schrein-Milizen" (ICSR 1.11.2018, S.24; vergleiche WI 28.5.2020, Diyaruna 1.3.2021). Liwa Ansar al-Marjaiya, Liwa Ali al-Akbar, Firqat al-Abbas al-Qitaliyah, letztere bekannter unter der Bezeichnung Abbas Kampfdivision (Abbas Combat Division) und Firqat al-Imam Ali al-Qitaliyah haben keine Verbindungen zum Korps der Islamischen Revolutionsgarde (IRGC) des Iran, sondern zu Ayatollah Ali as-Sistani, dem irakischen schiitischen Kleriker, den sie als ihr Vorbild betrachten. Insgesamt verfügen die Atabat über rund 18.000 aktive Soldaten und Zehntausende von Reservisten. Die Abbas Kampfdivision (Firqat al-Abbas) ist die militärisch fähigste der vier Gruppen, gestärkt durch die logistische Ausbildung und die Zusammenarbeit mit dem irakischen Verteidigungsministerium. Mehrere Merkmale unterscheiden die Atabat von den pro-iranischen Einheiten der PMF: Erstens arbeiten sie nur mit nationalen irakischen Institutionen zusammen und dürfen nicht mit IRGC-Kommandeuren oder anderen ausländischen Militärs in Verbindung treten. Zweitens halten sie sich aus der Politik heraus, während die iran-freundlichen Gruppen sogar ihre eigenen politischen Parteien gegründet haben. Drittens betrachten die Atabat-Einheiten die Vereinigten Staaten nicht als Feind, trotz anlassbezogener Verurteilungen von US-Aktionen. Viertens wurden die Atabat nicht der Verletzung von Menschenrechten beschuldigt. Tatsächlich haben sie kein Interesse daran, in den sunnitisch-arabischen Gebieten präsent zu sein, in denen viele solcher Verstöße begangen wurden. Ihr Hauptinteresse gilt den schiitischen heiligen Städten Karbala und Najaf und dem Wüstengebiet, die diese Städte mit Anbar verbindet. Die Atabat wurden auch nicht der Erpressung beschuldigt, im Gegensatz zu den vielen PMF-Gruppen, die solche Taktiken anwenden, um sich selbst zu erhalten, und damit den Unmut der sunnitischen Bevölkerung verschärfen (WI 28.5.2020). Die Schrein-Milizen spielten eine wichtige Rolle bei der Verteilung von Hilfsgütern im Rahmen einer Kampagne von Großayatollah as-Sistani mit dem Namen Maraji'yat al-Takaful (Solidarität der Marji'i) zur wirtschaftlichen Unterstützung der Menschen, die unter der von der Regierung verhängten Ausgangssperre während der COVID-Krise litten (EUI 6.2020, S.3).

Saraya as-Salam / Friedenskompanien

Die Saraya as-Salam mobilisierten sich 2014 aus den Rängen der vormaligen Mahdi-Armee, die dem irakischen Kleriker Muqtada as-Sadr untersteht. Sie verfolgen eine nationalistische Ideologie und eigene politische Ziele (Clingendael 6.2018, S.3). Sadr und seine Anhänger lehnen die pro-Khamenei paramilitärischen Führer und Gruppen entschieden ab. Dennoch bleiben sie Teil der Gesamtstruktur der PMF. Sie sind hinsichtlich einer Integration in die Sicherheitskräfte aufgeschlossen (ICG 30.7.2018, S.3f; vergleiche FPRI 19.8.2019). Quellen sprechen von einer Gruppengröße von 50.000, teilweise sogar 100.000 Mann. Ihre Schlagkraft ist jedoch mangels ausreichender finanzieller Ausstattung und militärischer Ausrüstung begrenzt. Dies liegt darin begründet, dass Sadr politische Distanz zu Teheran wahren will, was in einer nicht ganz so großzügigen Unterstützung Irans resultiert (Süß 21.8.2017). Hinsichtlich der im Herbst 2019 aufflammenden Proteste vollzog Muqtada as-Sadr eine zwiespältige Politik. - Schon in der Anfangsphase der Oktober-Demonstrationen 2019 waren Sadristen aktiv an den Demonstrationen beteiligt, und deren Paramilitärs verteidigten andere Demonstranten vor der Gewalt staatlicher und mit dem Iran verbündeter bewaffneter Kräfte. Im Frühjahr 2020 allerdings, nachdem Sadr die Demonstranten wegen ihres Auftretens gegenüber den religiösen Autoritäten tadelte, ihre "Abweichung" vom "richtigen Weg" kritisierte und parallel die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Saraya as-Salam und der pro-iranischen Asa'ib Ahl al-Haqq eingestellt wurden, gingen die Sadr-Miliz bzw. seine Anhänger in Bagdad und weiteren Städten im Südirak gewaltsam gegen Demonstranten vor und besetzten Protestlager (FPRI, 3.2020, S.2, 17; vergleiche BAMF 5.2020, S.9f, 22).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021),
https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 20.8.2021

             AAA - Asharq Al-Awsat (23.4.2021): Iraq: Four Brigades Break Away from PMF Command, https://english.aawsat.com/home/article/2248386/iraq-four-brigades-break-away-pmf-command, Zugriff 25.8.2021

             AAA - Asharq Al-Awsat (22.3.2021): Iranian Proxy Militia Opens New Recruitment Center in Aleppo, Syria, https://english.aawsat.com/home/article/2874471/iranian-proxy-militia-opens-new-recruitment-center-aleppo-syria, Zugriff 26.8.2021

             AI – Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020,https://www.ecoi.net/de/dokument/2048571.html, Zugriff 23.8.2021

             Al Arabiya (18.11.2020): Shadowy new militias in Iraq targeting US forces as new front for Iran, https://english.alarabiya.net/features/2020/11/18/Iraqi-militias-Shadowy-new-militias-in-Iraq-targeting-US-forces-as-new-front-for-Iran, Zugriff 31.8.2021

             Al Arabiya (31.5.2020): Torture, abduction, murder: Inside Kata’ib Hezbollah, Iran’s terrorist proxy in Iraq, https://english.alarabiya.net/features/2020/05/31/Iran-s-terrorist-proxy-organization-in-Iraq-Kata-ib-Hezbollah-militia, Zugriff 26.8.2021

             AIIA - Atlas Institute for International Affairs [Webster, Tom] (12.1.2021): The Shadow Militias of the Iraqi Popular Mobilization Units, https://www.internationalaffairshouse.org/the-shadows-militias-of-the-iraqi-popular-mobilization-units/, Zugriff 31.8.2021

             Al Monitor (8.1.2021): US sanctions Iraq's PMU chair Falih al-Fayadh, https://www.al-monitor.com/originals/2021/01/iraq-us-sanction-falih-pmu.html, Zugriff 24.8.2021

             Al Monitor (4.12.2020): Shiite factions close to Sistani move to separate from Iran-backed militias, https://www.al-monitor.com/originals/2020/12/iraq-iran-pmu-sistani.html, Zugriff 25.8.2021

             Al Monitor (29.4.2020): Pro-Sistani 'popular mobilization units' break with pro-Iran militias in Iraq Read more, https://www.al-monitor.com/originals/2020/04/iraq-iran-pmu-sistani.html, Zugriff 25.8.2021

             Al Monitor (21.2.2020): Iran struggles to regain control of post-Soleimani PMU, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2020/02/iraq-iran-soleimani-pmu.html, Zugriff 24.8.2021

             AQ1 - Anonyme Quelle 1 (27.5.2021): Bei der Quelle handelt es sich um einen Länderexperten für den Irak

             BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (5.2020): Länderreport 25; Irak; Die Entstehung einer neuen Protestbewegung, Mai 2020
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Kurdische Sicherheitskräfte (Peshmerga) und Nachrichtendienste

Letzte Änderung: 11.08.2022

Die Kurdischen Sicherheitskräfte sind nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert (AA 25.10.2021, S.9). Nach der irakischen Verfassung hat die Kurdische Regionalregierung (KRG) das Recht, ihre eigenen Sicherheitskräfte (Polizei und die militärischen Peshmega) sowie jene des Inlandsgeheimdienstes (Asayish) zu unterhalten (USDOS 12.4.2022). Die beiden wichtigsten kurdischen politischen Parteien, die Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und die Patriotischen Union Kurdistans (PUK), unterhalten jeweils einen unabhängigen Sicherheitsapparat (AA 25.10.2021, S.9; vergleiche USDOS 12.4.2022). Zusätzlich kontrollieren sie auch getrennt voneinander militärische Einheiten der Peshmerga und der Asayish. Nominell unterstehen sie dem Innenministerium der KRG (USDOS 12.4.2022; vergleiche AA 22.1.2021).

Die beiden Einheiten, die den Großteil der Peshmerga-Kräfte ausmachen und über 100.000 Mann stark sind, werden von der KDP und PUK kontrolliert. Die Kräfte der Einheit Nr.70 gehören zur PUK und die Kräfte der Einheit Nr.80 werden von der KDP kontrolliert (Rudaw 21.6.2021). Seit 2005 ist die Vereinigung der KDP und PUK-eigenen Peshmerga-Streitkräfte unter dem Peshmerga-Ministerium ein wichtiges innenpolitisches Thema (Rudaw 3.4.2017; vergleiche GPPi 3.2018). Mit der territorialen Niederlage des Islamischen Staates (IS) Ende 2017 haben auch die internationalen Koalitionspartner im Rahmen eines 2018 begonnenen Reformprogramms auf die Zusammenlegung der kurdischen Kräfte unter dem Peshmerga-Ministerium gedrängt (Rudaw 21.6.2021). Obwohl es bereits gelungen ist, mehrere bestehende Brigaden effektiv zu vereinen, kämpft das Peshmerga-Ministerium noch darum, alle Peshmerga-Einheiten unter sein Kommando zu bringen (Rudaw 3.4.2017; vergleiche GPPi 3.2018). Die KDP und PUK haben seit Ende 2018 Schritte unternommen, um ihre jeweiligen Peshmerga zu vereinigen (BS 23.2.2022, Sitzung 16). Auf Brigade-Ebene werden die Führungspositionen nach einem 50-50-Prinzip verteilt: Brigaden unter der Leitung von KDP-Kommandanten haben PUK-Stellvertreter und umgekehrt. In der Praxis sind die meisten Brigaden jedoch immer noch entlang der Parteigrenzen aufgegliedert (GPPi 3.2018) und die Peshmergaeinheiten auf die jeweiligen politischen Parteien fixiert geblieben (BS 23.2.2022, Sitzung 16).

Im April 2021 wurde die Einrichtung gemeinsamer Koordinationszentren zum Austausch von Informationen zur Bekämpfung des IS zwischen den Irakischen Sicherheitskräften (ISF) und den Peshmerga-Kräften beschlossen. Diese sollen dazu dienen, die Sicherheitslücken, zwischen deren Einsatzgebieten zu schließen, die vom IS ausgenutzt werden. Die Koordinationszentren befinden sich in Diyala, Kirkuk, Makhmour und Ninewa (Rudaw 23.5.2021).

Im Kampf gegen den IS hatten die Peshmerga über die ursprünglichen Grenzen von 2003 der KRI hinaus Gebiete befreit. Aus diesen zwischen Bagdad und Erbil seit jeher umstrittenen Gebieten hat die irakische Armee die Peshmerga nach Abhaltung des Unabhängigkeitsreferendums im September 2017 größtenteils zurückgedrängt. In weiten Teilen haben die Peshmerga sich kampflos zurückgezogen, es gab jedoch auch teils schwere bewaffnete Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten (AA 14.10.2020).

Die Sicherheitsdienste der KRI halten in den von ihnen kontrollierten Gebieten bisweilen Verdächtige ohne Haftbefehl fest, insbesondere auf der Grundlage des Antiterrorismusgesetzes. Die schlecht definierten administrativen Grenzen zwischen den kurdischen Gouvernements sowie dem (nicht-kurdischen) Rest des Landes führen zu anhaltender Verwirrung über die Zuständigkeit der Sicherheitskräfte und der Gerichte. Angehörige der Sicherheitskräfte haben dokumentierte Übergriffe begangen (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (14.10.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2040689/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_14.10.2020.pdf, Zugriff 3.3.2021

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             GPPi - Global Public Policy Institute (3.2018): Iraq after ISIL, Sub-State Actors, Local Forces, and the Micro-Politics of Control, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Gaston_Derzsi-Horvath_2018_Iraq_After_ISIL.pdf, Zugriff 7.6.2022

             Rudaw (21.6.2021): Coalition ‘very happy’ with Peshmerga reform, Kurdish-Iraqi coordination: colonel, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/210620212, Zugriff 21.6.2021

             Rudaw (23.5.2021): Peshmerga-Iraq cooperation will ‘close that gap,’ cut off ISIS: Coalition, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/230520212, Zugriff 25.8.2021

             Rudaw (3.4.2017): Over 150,000 enlisted as Peshmerga troops in Kurdistan Region, official data shows, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/03042017, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Folter und unmenschliche Behandlung

Letzte Änderung: 22.08.2022

Folter und unmenschliche Behandlung sind laut der irakischen Verfassung ausdrücklich verboten (AA 25.10.2021, S.21; vergleiche USDOS 12.4.2022). Im Juli 2011 hat die irakische Regierung die UN-Anti-Folter-Konvention (CAT) unterzeichnet. Folter wird jedoch auch in der jüngsten Zeit von staatlichen Akteuren angewandt, etwa bei Befragungen durch irakische (einschließlich kurdische) Polizei- und andere Sicherheitskräfte (AA 25.10.2021, S.21), oder auch um Geständnisse zu erzwingen (HRW 13.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022, FH 28.2.2022). Gerichte akzeptieren solche Geständnisse als Beweismittel (USDOS 12.4.2022) auch für die Vollstreckung von Todesurteilen. Häftlinge berichten auch über Todesfälle aufgrund von Folter während Verhören (HRW 13.1.2021).

Weiterhin misshandeln und foltern Angehörige der Sicherheitskräfte, darunter Polizeibeamte, Angehörige des Nationalen Sicherheitsdienstes (NSS), der Volksmobilisierungskräfte (PMF) und der kurdischen Asayish, Personen, insbesondere sunnitische Araber, während Verhaftung, Untersuchungshaft und nach einer Verurteilung. Internationale Menschenrechtsorganisationen dokumentierten Fälle von Folter und Misshandlung in Einrichtungen des Innenministeriums und in geringerem Umfang in Haftanstalten des Verteidigungsministeriums. Ehemalige Gefangene, Häftlinge und Menschenrechtsgruppen berichteten von einer Vielzahl von Folterungen und Misshandlungen. Straffreiheit für Angehörige der Sicherheitskräfte ist ein Problem und erzwungene Geständnisse werden von Gerichten in zahlreichen Fällen als primäre Beweisquelle anerkannt (USDOS 12.4.2022).

Seit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 werden irakische Sicherheitsbehörden und Milizen beschuldigt an Entführungen und Folter gegen die Demonstranten involviert zu sein (GIZ 1.2021a; vergleiche UNAMI 23.5.2020). In Basra gingen die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vor, wobei auch einige Kinder bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen wurden. Andere Demonstranten waren Misshandlungen ausgesetzt, die Folter gleichkommen könnten (AI 7.4.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 10.4.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 28.1.2021

             UNAMI - United Nations Assistance Mission for Iraq (23.5.2020): Demonstrations in Iraq: 3rd update, Abductions, torture and enforced disappearancesin the context ofongoing demonstrations in Iraq, https://www.ohchr.org/Documents/Countries/IQ/3pdatemayen_1.pdf, Zugriff 16.3.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Folter und unmenschliche Behandlung in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 11.08.2022

Missbräuchliche Verhöre sollen unter bestimmten Bedingungen in einigen Haftanstalten der internen Sicherheitseinheit der Kurdistan Region Irak (KRI), der Asayish, und der Geheimdienste der großen politischen Parteien, der Parastin der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) und der Zanyari der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) stattfinden (USDOS 11.3.2020). Berichten zufolge kommt es in Gefängnissen der kurdischen Geheimpolizei (Asayish) in der KRI zur Anwendung von Folterpraktiken gegen Terrorverdächtige (AA 25.10.2021, S.21).

Es gibt Berichte, dass Sicherheitskräfte der KRI verschiedene Formen der Misshandlung, einschließlich Schläge, anwenden. Auch gegen Jugendliche und Frauen mit vermeintlichen IS-Verbindungen (USDOS 11.3.2020).

Die Kurdische Regionalregierung (KRG) verfolgt Vorwürfe von Misshandlungen durch Beamte des Innenministeriums oder durch Asayish nicht einheitlich. Die Hilfsmission der Vereinten Nationen für den Irak (UNAMI) berichtete im August und Dezember 2021, dass in einigen Gefängnissen der KRG grundlegende Standards und Verfahrensgarantien nicht eingehalten wurden und dass die bestehenden Mechanismen zur Entgegennahme von Folterbeschwerden nicht wirksam sind (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 2.2.2021

Korruption

Letzte Änderung: 11.08.2022

Korruption ist nach wie vor ein großes Problem im Irak (FH 28.2.2022; vergleiche GIZ 1.2021b). Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Staatsdiener vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht immer wirksam um (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 3.3.2021). Weniger als 5 % der Korruptionsfälle werden angezeigt (GIZ 1.2021b). Das Justizsystem, das selbst durch Politisierung und Korruption behindert wird, bearbeitet nur einen Bruchteil der Fälle, die von der Integritätskommission, einer von drei Antikorruptionsbehörden, untersucht werden (FH 28.2.2022).

Beamte sind häufig ungestraft in korrupte Praktiken verstrickt. Die Untersuchung von Korruption ist nicht frei von politischer Einflussnahme. Die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung wurden durch Mangel an Einigkeit bezüglich der institutionellen Rollen, an politischem Willen und politischem Einfluss, mangelnder Transparenz und durch unklare Rechtsvorschriften und Regulierungsverfahren behindert. Im August 2020 hat Premierminister al-Kadhimi per Verordnung einen ständigen Sonderausschuss zur Untersuchung und strafrechtlichen Verfolgung größerer Korruptionsfälle eingesetzt. Im September 2020 wurden aufgrund der Arbeit des Antikorruptionsausschusses 19 hochrangige Personen verhaftet. Im Oktober 2020 wurden rund 1.000 Beamte entlassen, nachdem sie wegen Vergehen gegen die öffentliche Ordnung, darunter Verschwendung öffentlicher Gelder, Bestechung und Veruntreuung, verurteilt worden waren (USDOS 30.3.2021). Der von Premierminister al-Kadhimi eingesetzte Ständige Sonderausschuss zur Untersuchung von Korruption und bedeutenden Straftaten hat seine Arbeit im Laufe des Jahres 2021 fortgesetzt. Da er von der Antiterroreinheit der Regierung unterstützt wird, welche Haftbefehle und gerichtliche Anordnungen umsetzen kann, werden korrupte Beamte Berichten zufolge unter Druck gesetzt (USDOS 12.4.2022).

Antikorruptions-, Strafverfolgungs- und Justizbeamte sowie Mitglieder der Zivilgesellschaft und der Medien werden wegen ihrer Bemühungen zur Bekämpfung korrupter Praktiken bedroht und eingeschüchtert (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Sie sind sowohl im föderalen Irak, als auch in der KRI mit Verhaftungen, Verleumdungsklagen und Gewalt konfrontiert (FH 28.2.2022). Korruption war einer der Auslöser für die sogenannten Tishreen-Proteste, die 2019 ausgebrochen sind (FH 28.2.2022).

Die Kurdistan Region Irak (KRI) leidet unter ähnlichen Korruptionsproblemen (FH 28.2.2022).

Auf dem Corruption Perceptions Index 2021 von Transparency International wird der Irak mit 23 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt, 100=very clean) und nimmt Rang 157 von 180 Staaten ein (TI 25.1.2022).

Quellen:

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021b): Irak - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/irak/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             TI - Transparency International (25.1.2022): Iraq, https://www.transparency.org/en/cpi/2021/index/irq, Zugriff 2.2.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Menschenrechtsaktivisten

Letzte Änderung: 11.08.2022

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) müssen sich registrieren (FH 28.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022). Mit Stand September 2020 waren laut der irakischen Bundesdirektion für Nichtregierungsorganisationen 4.600 NGOs registriert, darunter 168 Niederlassungen ausländischer Organisationen (USDOS 30.3.2021).

Seit 2010 gibt es ein Gesetz zu NGOs, das die Beschränkungen der Auslandsfinanzierung von NGOs lockert, die Ablehnung von Registrierungsanträgen einschränkt, strafrechtliche Sanktionen beseitigt, unbegründete Überprüfungen und Inspektionen untersagt, sowie gerichtliche Kontrollen für die Suspendierung von NGOs schafft (ICNL 9.4.2021). In Bagdad registrierte NGOs können in der KRI tätig werden, aber NGOs, die nur in der KRI registriert sind, können nicht im Rest des Landes tätig werden (USDOS 12.4.2022).

Im Irak sind über 440 NGOs registriert, die sich im Berich der Menschenrechte engagieren. NGOs, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen, unterliegen in ihrer Registrierung keinen Einschränkungen. Die schwierige Sicherheitslage und bürokratische Hürden erschweren jedoch die Arbeit vieler NGOs. Sie unterliegen der Kontrolle durch die Behörde für Angelegenheiten der Zivilgesellschaft. Zahlreiche NGOs berichten von bürokratischen und intransparenten Registrierungsverfahren, willkürlichem Einfrieren von Bankkonten sowie unangekündigten und einschüchternden Visitationen durch Ministeriumsvertreter (AA 25.10.2021, S.8).

Nationale und internationale NGOs operieren in den meisten Fällen unter geringer staatlicher Einflussnahme. Es gibt jedoch zahlreiche Berichte darüber, dass Mitarbeiter von Hilfsorganisationen schikaniert, bedroht, verhaftet und in einigen Fällen wegen Terrorismusvorwürfen beschuldigt worden sind (USDOS 12.4.2022). Die Internationale Organisation für die Sicherheit von NGOs verzeichnete im Jahre 2020 20 derartige Vorfälle (USDOS 30.3.2021). 2021 waren es bis Oktober 15 Vorfälle (USDOS 12.4.2022). Rund 700 NGOs wurden wegen diverser Verstöße sanktioniert, etwa weil sie als Deckmantel für politische Parteien dienten oder wegen verdächtiger Vorgänge wider das NGO-Gesetz (USDOS 30.3.2021). Vom Iran unterstützte Milizen haben Aktivisten, Journalisten und Anwälte, die mit der 2019 ins Leben gerufenen Tishreen-Protestbewegung in Verbindung stehen, ermordet, entführt und angegriffen (FH 28.2.2022). Im Dezember 2020 stürmten Kämpfer der Asaib Ahl al-Haq ein Gemeindezentrum des Internationalen Rettungskomitees in Mossul und bedrohten die dort beschäftigten Helfer, woraufhin das Zentrum geschlossen wurde (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             ICNL - The International Center for Not-for-Profit Law (9.4.2021): Civic Freedom Monitor: Iraq, https://www.icnl.org/resources/civic-freedom-monitor/iraq, Zugriff 21.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Menschenrechtsaktivisten in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 11.08.2022

In der Kurdistan Region Irak (KRI) müssen sich Nichtregierungsorganisationen (NGOs) registrieren. Diese Registrierungen sind jährlich zu erneuern (FH 28.2.2022).

Seit 2010 gibt es ein Gesetz zu NGOs, das die Beschränkungen der Auslandsfinanzierung von NGOs lockert, die Ablehnung von Registrierungsanträgen einschränkt, strafrechtliche Sanktionen beseitigt, unbegründete Überprüfungen und Inspektionen untersagt, sowie gerichtliche Kontrollen über die Suspendierung von NGOs schafft (ICNL 26.6.2019). In Bagdad registrierte NGOs können in der KRI tätig werden, aber NGOs, die nur in der KRI registriert sind, können nicht im Rest des Landes tätig werden (USDOS 12.4.2022).

Die KRI verfügt über eine aktive Gemeinschaft von meist kurdischen NGOs, viele mit engen Beziehungen zu den politischen Parteien PUK und KDP (USDOS 30.3.2021).

Im Oktober und Dezember 2020 wurden in der KRI Aktivisten verhaftet, weil sie zu Protesten gegen die Regierungsparteien aufgerufen und sich an ihnen beteiligt hatten (FH 3.3.2021).

Quellen:

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             ICNL - The International Center for Not-for-Profit Law (9.4.2021): Civic Freedom Monitor: Iraq, https://www.icnl.org/resources/civic-freedom-monitor/iraq, Zugriff 21.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Wehrdienst, Rekrutierungen und Wehrdienstverweigerung

Letzte Änderung: 11.08.2022

Im Irak besteht keine Wehrpflicht (AA 25.10.2021, S.12). Männer zwischen 18 und 40 Jahren können sich freiwillig zum Militärdienst melden (CIA 18.1.2021). Seit 2003 wurden keine Personen mit Verbindungen zum alten Regime bei den neuen Sicherheitskräften aufgenommen (AA 22.1.2021). Am 31.8.2021 hat die irakische Regierung die Annahme eines Gesetzesentwurfs zur Wiedereinführung der Wehrpflicht beschlossen. Sollte dieses Gesetz auch vom Parlament angenommen werden, könnte der Irak wieder Wehrpflichtige einziehen (AA 25.10.2021, S.12).

Laut Kapitel 5 des irakischen Militärstrafgesetzes von 2007 ist Desertion in Gefechtssituationen mit bis zu sieben Jahren Haft strafbar. Das Überlaufen zum Feind ist mit dem Tode strafbar (MoD 10.2007). Angehörige des irakischen Militärs, die 2014 desertiert sind, können auf der Grundlage eines Beschlusses des Ministerrates vom Juni 2019 wieder der irakischen Armee beitreten und so einer Strafverfolgung auf der Grundlage des Militärstrafgesetzes entgehen. Regierungsangaben zufolge betrifft dies über 52.000 Soldaten und 2.000 Angehörige von Spezialeinheiten (AA 25.10.2021, S.12).

Die Rekrutierung in die Volksmobilisierungskräfte (PMF) erfolgt ausschließlich auf freiwilliger Basis. Viele schließen sich den PMF aus wirtschaftlichen Gründen an. Desertion von Kämpfern niederer Ränge hätte wahrscheinlich keine Konsequenzen oder Vergeltungsmaßnahmen zur Folge (DIS/Landinfo 5.11.2018; vergleiche UK Home Office 1.2021).

Auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) herrscht keine Wehrpflicht (DIS 12.4.2016; vergleiche EASO 1.2021). Kurdische Männer und Frauen können sich freiwillig zu den Peshmerga melden (DIS 12.4.2016). Rekruten für die Peshmerga unterzeichnen einen Vertrag für eine bestimmte Dienstzeit, nach dessen Ablauf die Person freiwillig gehen kann (EASO 1.2021 ).

Mehrere Quellen haben festgestellt, dass es für hochrangige Peshmerga schwieriger sein kann, die Armee zu verlassen und dass dies Konsequenzen haben kann. Nicht aber für Peshmerga niederen Ranges (EASO 1.2021). Die Strafe für Desertion von den Peshmerga kann, je nach den Umständen, von der Auflösung des Vertrages bis zur Verurteilung zum Tode reichen (DIS 12.4.2016; vergleiche EASO 1.2021). Es wurden jedoch weder vor 2015 noch in neueren Berichten derartige Fälle bekannt (EASO 1.2021).

Es gibt keine Berichte darüber, dass das Verteidigungsministerium der Zentralregierung Kinder für den Dienst in den Sicherheitsdiensten einberufen oder rekrutiert hat (USDOS 30.3.2021). Die Regierung und die religiösen schiitischen Führer haben Kindern unter 18 Jahren ausdrücklich verboten, im Kampf zu dienen. 2021 gab es einen verifizierten Bericht über die Rekrutierung und den Einsatz eines Kindersoldaten durch die PMF (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf , Zugriff 3.3.2021

             CIA - Central Intelligence Agency [USA] (18.1.2021): The World Factbook – Iraq, file:///home/co7295/Dokumente/LIB_KI/IRAK/IRAK_LIB_Update_2021/Quellen/CIA%2018.1.2021.html#military-and-security, Zugriff 18.1.2021

             DIS - Danish Immigration Service [Dänemark] (12.4.2016): The Kurdistan Region of Iraq (KRI); Access, Possibility of Protection, Security and Humanitarian Situation; Report from fact finding mission to Erbil, the Kurdistan Region of Iraq (KRI) and Beirut, Lebanon, 26 September to 6 October 2015, https://www.ecoi.net/en/file/local/1302021/1226_1460710389_factfindingreportkurdistanregionofiraq11042016.pdf, Zugriff 1.4.2021

             DIS/Landinfo - Danish Immigration Service [Dänemark]; Norwegian Country of Origin Information Center [Norwegen] (5.11.2018): Northern Iraq: Security situation and the situation for internally displaced persons (IDPs) in the disputed areas, incl. possibility to enter and access the Kurdistan Region of Iraq (KRI), https://www.ecoi.net/en/file/local/1450541/1226_1542182184_iraq-report-security-idps-and-access-nov2018.pdf, Zugriff 1.4.2021

             EASO – European Asylum Support Office (1.2021): Country Guidance: Iraq; Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045437/Country_Guidance_Iraq_2021.pdf, Zugriff 3.3.2021

             MoD - Republic of Iraq, Ministry of Defense [Irak] (10.2007): Military Penal Code No. 19 of 2007, https://ihl-databases.icrc.org/applic/ihl/ihl-nat.nsf/implementingLaws.xsp?documentId=9C60EDC34C397A53C1257C080040F111&action=openDocument&xp_countrySelected=IQ&xp_topicSelected=GVAL-992BUA&from=state, Zugriff 18.1.2021

             UK Home Office [Großbritannien] (1.2021): Country Policy and Information Note Iraq: Sunni Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043500/Iraq_-_Sunni_Arabs_-_CPIN_-_v3.0_-_January_2021_-_ext.pdf, Zugriff 1.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Allgemeine Menschenrechtslage

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die Verfassung vom 15.10.2005 garantiert demokratische Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit (AA 25.10.2021, S.20; vergleiche GIZ 1.2021a), Schutz von Minderheiten und Gleichberechtigung. Der Menschenrechtskatalog umfasst auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte wie das Recht auf Arbeit und das Recht auf Bildung (AA 25.10.2021, S.21). Die Verfassungswirklichkeit weicht jedoch vielfach von diesen Prinzipien ab. Unabhängige Institutionen, die stark genug wären, die Einhaltung der Verfassung zu kontrollieren und zu gewährleisten, existieren nicht (GIZ 1.2021a).

Der Irak hat auch wichtige internationale Abkommen zum Schutz der Menschenrechte ratifiziert. Es kommt jedoch weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen durch Polizei und andere Sicherheitskräfte (AA 25.10.2021, S.20). Der in der Verfassung festgeschriebene Aufbau von Menschenrechtsinstitutionen kommt weiterhin nur schleppend voran. Das Menschenrechtsministerium wurde 2015 abgeschafft, und das Mandat für die unabhängige Menschenrechtskommission ist am 4.8.2021 ausgelaufen, wobei unklar ist, ob es erneuert wird (AA 25.10.2021, S.21). Im Zuge der Proteste seit Oktober 2019 versucht die Kommission sich unabhängig ein Bild von der Lage zu machen und die Zahlen von Toten und Verletzten zu sammeln, zu verifizieren und zu veröffentlichen, da sich die Regierung einer Veröffentlichung verweigert (AA 22.1.2021).

Zu den wesentlichsten Menschenrechtsfragen im Irak zählen unter anderem: Anschuldigungen bezüglich rechtswidriger Tötungen, Verschwindenlassen, Folter, harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen, willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen, willkürliche Eingriffe in die Privatsphäre, Einschränkungen der Meinungsfreiheit, einschließlich der Pressefreiheit, Gewalt gegen Journalisten, weit verbreitete Korruption, gesetzliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Frauen, erzwungene Rückkehr von Binnenvertriebenen (IDPs), Kriminalisierung und Gewalt gegen LGBTIQ-Personen. Es gibt auch Einschränkungen bei den Arbeitnehmerrechten, einschließlich Einschränkungen bei der Gründung unabhängiger Gewerkschaften (USDOS 12.4.2022). Auch Menschenhandel ist ein Problem, wenngleich die Regierungen des Irak und der Kurdistan Region Irak ihre Bemühungen zur Verhinderung des Menschenhandels verstärkt haben. IDPs sind davon besonders gefährdet (FH 28.2.2022). Es fehlt an Rechenschaftspflicht für Gewalt gegen Frauen und Gewaltverbrechen, die sich gegen Angehörige ethnischer Minderheiten richten (USDOS 12.4.2022). Im Irak kam es 2020 zu einer Reihe von Morden an zivilgesellschaftlichen, politischen und Menschenrechtsaktivisten sowie zu vermehrten Drohungen gegen Journalisten (FCO 8.7.2021).

Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten (USDOS 12.4.2022). Tausende IDPs, die aus Gebieten geflohen sind, die unter der Kontrolle des Islamischen Staats (IS) standen, wurden von Irakischen Sicherheitskräften (ISF) und Volksmobilisierungskräften (PMF) willkürlich verhaftet und sind nach wie vor verschwunden (AI 7.4.2021).

Die Verfassung und das Gesetz verbieten Enteignungen, außer diese erfolgen im öffentlichen Interesse, was jedoch nie eindeutig definiert wurde, und gegen eine gerechte Entschädigung (USDOS 12.4.2022; vergleiche BS 23.2.2022, S.24). Seit den Offensiven des IS im Sommer 2014 sind föderalstaatliche und kurdische Sicherheitskräfte sowie paramilitärische bewaffnete Gruppen (IS und schiitische Milizen) für Angriffe auf Zivilisten verantwortlich, einschließlich der Beschlagnahme und Zerstörung von Privateigentum (BS 23.2.2022, S.24). In den vergangenen Jahren wurden Häuser und Eigentum von mutmaßlichen IS-Angehörigen sowie Mitgliedern religiöser und konfessioneller Minderheiten durch Regierungstruppen und PMF-Milizen konfisziert und besetzt, ohne Kompensationen für die Besitzer (USDOS 12.4.2022).

Die Regierung, einschließlich des Büros des Premierministers, untersucht Vorwürfe über Missbräuche und Gräueltaten, die durch die Irakischen Sicherheitskräfte ISF) begangen wurden, bestraft die Verantwortlichen jedoch selten. Viele hochrangige Regierungsbeamte und Angehörige der Sicherheitskräfte, einschließlich der irakischen Sicherheitskräfte, der Bundespolizei, der Volksmobilisierungskräfte (PMF) und Einheiten der Asayish (interne Sicherheitsdienste der kurdischen Regionalregierung), agieren ungestraft (USDOS 12.4.2022).

Der IS begeht weiterhin schwere Gräueltaten, darunter Tötungen durch Selbstmordattentate und improvisierte Sprengsätze (IEDs). Die Behörden untersuchen IS-Handlungen und verfolgen IS-Mitglieder nach dem Anti-Terrorgesetz von 2005 (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021

             AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 10.4.2021

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             FCO - UK Foreign, Commonwealth and Development Office (8.7.2021): Human Rights and Democracy: 2020 Foreign, Commonwealth & Development Office report, https://www.ecoi.net/en/document/2056823.html, Zugriff 14.8.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022

Allgemeine Menschenrechtslage in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 12.08.2022

Es gibt eine unabhängige kurdische Menschenrechtskommission, die sich aber auf die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen beschränkt. Sie kann selten eine volle Aufklärung oder gar Ahndung von Menschenrechtsverletzungen gewährleisten (AA 25.10.2021, S.21).

Sicherheitskräfte der Kurdischen Regionalregierung (KRG) wie Peshmerga und Asayish verstoßen bisweilen gegen die Gesetze (USDOS 12.4.2022).

Kurdischen Sicherheitskräften werden Gewalt, Drohungen und willkürliche Inhaftierung von Journalisten und Medienvertretern vorgeworfen (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022). Es gibt auch Vorwürfe von willkürlichen Verhaftungen, sowie von Missbrauch und Folter von Gefangenen und Häftlingen (USDOS 12.4.2022). Es liegen keine zuverlässigen Statistiken über die Anzahl solcher Vorfälle vor (USDOS 30.3.2021). Peshmerga und Asayish wird vorgeworfen, Vorschriften selektiv umzusetzen, auch aus ethno-konfessionellen Gründen. Die Vorwürfe umfassen auch Erpressung und die Verweigerung einer Rückkehr von Zivilisten in ihre Heimat, insbesondere sunnitischer Araber sowie Angehöriger ethno-konfessioneller Minderheiten (USDOS 12.4.2022).

Es besteht quasi Straffreiheit für Regierungsbeamte und Sicherheitskräfte, einschließlich bestimmter Einheiten der kurdischen Sicherheitsdienste, wie der Asayish (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Meinungs- und Pressefreiheit

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die Verfassung garantiert Meinungs- und Pressefreiheit, solange diese nicht die öffentliche Ordnung und Moral verletzen (AA 25.10.2021, S.10; vergleiche FH 28.2.2022, GIZ 1.2021a, USDOS 12.4.2022). Unterstützung für die verbotene Ba‘ath-Partei sowie das Befürworten einer gewaltsamen Änderung der Grenzen des Landes sind jedoch verboten. Einzelpersonen und Medien betreiben Selbstzensur aufgrund der begründeten Furcht vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionelle Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden. Kontrolle und Zensur der Zentralregierung und der Kurdischen Regionalregierung (KRG) behindern manchmal den Medienbetrieb, was mitunter die Schließung von Medien, Einschränkungen der Berichterstattung und Behinderung von Internetdiensten zur Folge hat. Einzelpersonen können die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, jedoch nicht ohne Angst vor Vergeltung. Sicherheitskräfte haben Demonstranten und Aktivisten, die der Zentralregierung kritisch gegenüberstanden, verhaftet bzw. festgenommen (USDOS 12.4.2022).

Im Irak existiert eine lebendige, aber wenig professionelle, zumeist die ethnisch-religiösen Lagerbildungen nachzeichnende Medienlandschaft, die sich zudem weitgehend in ökonomischer Abhängigkeit von Personen oder Parteien befindet, die regelmäßig direkten Einfluss auf die Berichterstattung nehmen (AA 25.10.2021, S.10; vergleiche FH 3.3.2021). Die meisten der mehreren hundert Printmedien, die im Irak täglich oder wöchentlich erscheinen, sowie dutzende Radio- und Fernsehsender, werden von politischen Parteien stark beeinflusst oder vollständig kontrolliert (USDOS 12.4.2022). Es gibt nur wenige politisch unabhängige Nachrichtenquellen. Journalisten, die sich nicht selbst zensurieren, können mit rechtlichen Konsequenzen oder gewaltsamen Vergeltungsmaßnahmen rechnen (FH 28.2.2022).

Medienorganisationen sehen sich als Reaktion auf ihre Berichterstattung Einschränkungen und Behinderungen ausgesetzt (FH 28.2.2022). Einige Medienorganisationen berichteten über Verhaftungen von und Schikanen gegenüber Journalisten sowie darüber, dass die Regierung sie davon abhielt, politisch heikle Themen zu behandeln, darunter Sicherheitsfragen, Korruption und das Unvermögen der Regierung öffentliche Dienstleistungen sicherzustellen (USDOS 30.3.2021). Das "Gesetz zum Schutz von Journalisten" von 2011 hält unter anderem mehrere Kategorien des Straftatbestands der Verleumdung aufrecht, die in ihrem Strafmaß zum Teil unverhältnismäßig hoch sind. Klagen gegen das Gesetz sind anhängig (AA 25.10.2021, S.10).

Irakische Journalisten riskieren ihr Leben, wenn sie über Proteste berichten oder über Korruption recherchieren. Seit Beginn der Massenproteste im Oktober 2019 hat sich die Lage verschlechtert. Journalisten müssen damit rechnen, von nicht identifizierten Milizen schikaniert, entführt, körperlich angegriffen oder sogar getötet zu werden (RSF 2021). Milizen entführen, foltern und ermorden häufig Journalisten wegen ihrer Arbeit (FH 28.2.2022).

Im Lauf des Jahres 2020 wurden mehrere Journalisten wegen ihrer Tätigkeit verhaftet, entführt oder getötet (FH 28.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022). Berichten zufolge von Milizen oder Sicherheitskräften (USDOS 12.4.2022).

Das Land nimmt im Straflosigkeitsindex (Zeitraum 2011-2021) des "Committee to Protect Journalists" zudem den weltweit dritten Platz in Bezug auf nicht aufgeklärte Journalistenmorde ein (CPJ 28.10.2021).

Auch Lehrer sind im Irak seit Langem mit der Gefahr von Gewalt oder anderen Auswirkungen konfrontiert, wenn sie Themen unterrichten oder besprechen, die mächtige staatliche oder nicht-staatliche Akteure für verwerflich halten. Politischer Aktivismus von Universitätsstudenten kann zu Schikane oder Einschüchterung führen (FH 28.2.2022). Akademische Freiheit wird durch die Regierung eingeschränkt. Sozialer, religiöser und politischer Druck schränken die Entscheidungsfreiheit in akademischen und kulturellen Angelegenheiten ein. In allen Regionen des Landes versuchen verschiedene Gruppen die Ausübung der formalen Bildung und die Vergabe von akademischen Positionen zu kontrollieren (USDOS 12.4.2022).

Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen ist der Irak für Journalisten eines der gefährlichsten Länder der Welt (AA 25.10.2021, S.10). Auf ihrem Index für Pressefreiheit kommt der Irak im Jahr 2021 auf Platz 161 von 180, eine Verschlechterung um einen Platz im Vergleich zum Vorjahr (RSF 2021).

Hinsichtlich des Internetzugangs gibt es offene staatliche Einschränkungen und Berichte (jedoch kein offizielles Eingeständnis), dass die Regierung E-Mail- und Internetkommunikation ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwacht (USDOS 12.4.2022).

Es gibt Fälle von Vergeltungsmaßnahmen aufgrund von Aussagen bzw. Beiträgen in sozialen Medien. Bestimmte Themen, darunter Korruption, und, in etwas geringerem Maße, Kritik am Iran, werden als Tabu angesehen und führten zuweilen zu Verhaftungen, Gehaltskürzungen, Folter oder Strafverfolgung. Nutzer sozialer Medien sowie Blogger wurden wegen Kritik an Behörden mit Verleumdungsklagen konfrontiert (FH 28.2.2022).

Vom Iran unterstützte Milizen haben viele vermeintliche Kritiker bedroht, entführt, gefoltert und ermordet, darunter den bekannten irakischen Analysten Hisham al-Hashimi, der im Juli 2020 erschossen wurde. Mehr als 30 Privatpersonen, die an den Protesten 2019 und 2020 beteiligt waren, darunter mindestens ein Minderjähriger, wurden in den Jahren 2019 und 2020 entführt; ihr Verbleib war zum Jahresende (2020) unbekannt. Viele lautstarke Aktivisten haben das Land verlassen oder sind in die Region Kurdistan umgezogen, da sie um ihr Leben fürchten (FH 3.3.2021). Ahmed Hassan, ein Journalist, der für Al-Forat TV in al-Diwaniya arbeitet, überlebte im Mai 2021 ein Attentat durch maskierte Bewaffnete. Die Journalisten Abbas al-Rifi'i und Ali al-Mikdam wurden im Mai bzw. Juli 2021 von Milizionären entführt, gefoltert, bedroht und dann freigelassen (FH 28.2.2022).

Trotz Einschränkungen nutzen politische Persönlichkeiten und Aktivisten das Internet, um korrupte und ineffektive Politiker zu kritisieren, Demonstranten zu mobilisieren und sich über soziale Medien für Kandidaten zu engagieren bzw. Wahlkampf zu betreiben (USDOS 12.4.2022).

Die Regierung räumt ein, in manchen Gebieten den Internetzugang beschränkt zu haben, angeblich aufgrund von Sicherheitsfragen, wie der Nutzung von Social Media-Plattformen durch den IS (USDOS 30.3.2021). Auch zu Beginn der Demonstrationen im Oktober 2019 wurde der Internetzugang tagelang blockiert. Soziale Medien blieben für mehrere Wochen, bis in den November hinein, gesperrt, bzw. eingeschränkt nutzbar (AA 2.3.2020; vergleiche USDOS 30.3.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (2.3.2020): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: März 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2027997/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_M%C3%A4rz_2020%29%2C_02.03.2020.pdf, Zugriff 3.3.2021

             CPJ - Commitee to Protect Journalists (28.10.2021): Killers of journalists still get away with murder, https://cpj.org/reports/2021/10/killers-of-journalists-still-get-away-with-murder/#index, Zugriff 3.12.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             RSF - Reporters sans frontiers (2021): Iraq, Still dangerous for journalists, https://rsf.org/en/iraq, Zugriff 2.8.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Meinungs und Pressefreiheit in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 12.08.2022

Eine systematische Einschränkung der freien Meinungsäußerung oder Zensur in digitalen Medien ist in der Kurdistan Region Irak (KRI) nicht bekannt. Die meisten Fernsehsender und Radiostationen in der KRI sind parteipolitisch beeinflusst. Gelegentlich werden oppositionelle Medien in ihrer Tätigkeit beeinträchtigt und vereinzelt kommt es auch zu Verhaftungen von kritischen Journalisten (AA 25.10.2021, S.11).

Politische Meinungsäußerung gegen lokale Behörden kann in der KRI auch willkürliche Verhaftung oder andere Repressalien von staatlicher Seite oder durch Partei-Kräfte auslösen (FH 28.2.2022).

Im Jahr 2020 kam es zu einer Verschärfung des Vorgehens der Behörden der Kurdischen Regionalregierung (KRG) gegen Medien und Journalisten, insbesondere gegen solche, die über Proteste gegen die KRG im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Not und Korruption berichteten (FH 3.3.2021). Die Vorwürfe umfassen Schikanen, Schläge, Verhaftungen und Todesdrohungen (USDOS 30.3.2021; vergleiche FH 3.3.2021). So wurden Journalisten, die über die regierungsfeindlichen Proteste in der Region Kurdistan berichteten, von den Behörden behindert, bedroht und gefährdet. Auch Demonstranten und Organisatoren von Protesten, sowie Blogger, die COVID-19-Maßnahmen, Korruption und die Nichtauszahlung von Staatsgehältern kritisiert haben, wurden verhaftet (FH 3.3.2021). In einigen Fällen trugen die Angreifer Militär- oder Polizeiuniformen der KRG (USDOS 12.4.2022).

Seit August 2020 wurden schätzungsweise 76 Journalisten, Aktivisten und Lehrer aus der Region Badinan von Sicherheitskräften festgenommen und in Erbil inhaftiert. Den Badinan-Gefangenen wird vorgeworfen, die nationale Sicherheit gefährdet und Spionage betrieben zu haben, da sie Kontakt zu den Konsulaten der USA, Deutschlands und Frankreichs, der Vertretung der Europäischen Union in Bagdad und der irakischen Bundesregierung aufgenommen hatten. Am 12. und 13.7.2021 fanden Gerichtsverhandlungen zu neun Badinan-Aktivisten statt, nachdem sie etwa ein Jahr lang auf ihren Prozess warten mussten. Die Gerichtsverfahren werden als Teil eines Versuchs der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) gesehen, die Meinungsfreiheit in der KRI zu unterdrücken (CPT 3.8.2021).

Im Jahr 2020 wurden mehrere Büros des Medienunternehmens Nalia Radio und Fernsehen (NRT) geschlossen und durchsucht (FH 3.3.2021). Im Dezember 2020 wurde die Sendelizenz des Senders ausgesetzt (FH 3.3.2021; vergleiche AA 22.1.2021). NRT hat zuvor über Gewalt während regierungsfeindlicher Proteste berichtet (FH 3.3.2021). Im Jahr 2021 hat ein Gericht in Erbil drei Journalisten und zwei Aktivisten zu sechs Jahren Haft verurteilt wegen "Gefährdung der nationalen Sicherheit der KRI" (HRW 13.1.2022; vergleiche MEI 24.2.2021). Vier weitere Aktivisten und Journalisten, die 2020 verhaftet wurden, warteten im Oktober 2021 noch auf ihre Anklagen (HRW 13.1.2022).

Auch im Jahr 2021 haben die kurdischen Behörden die Verfolgung von Journalisten verschärft, die über Misswirtschaft, Korruption und regierungsfeindliche Proteste in der Region berichtet haben (FH 28.2.2022). Die kurdischen Behörden nehmen routinemäßig Journalisten rechtswidrig fest und inhaftieren sie. Rechtsbeistand wird verhindert und Verurteilungen erfolgen aufgrund fadenscheiniger Anschuldigungen ohne rechtmäßige Verfahren. Im Februar 2021 verurteilte ein Gericht im von der KDP kontrollierten Erbil drei Journalisten und zwei Aktivisten zu sechs Jahren Gefängnis, weil sie die Behörden in den sozialen Medien kritisiert hatten. KRG-Premierminister Barzani (ein KDP-Führer) behauptete ohne Beweise in einer Pressekonferenz, dass die Inhaftierten keine Journalisten, sondern Spione seien, was die Entscheidung des Richters, sie wegen "Destabilisierung der Sicherheit" in der Region zu verurteilen, beeinflusst haben könnte. Auch in den Gebieten unter der Kontrolle der PUK, wie Sulaymaniyah, werden Journalisten verfolgt und verhaftet (FH 28.2.2022).

Einige KRG-Gerichte wendeten bei Prozessen gegen Journalisten das strengere irakische Strafgesetzbuch anstelle des Pressegesetzes der KRI an. Letzteres schützt das Recht auf freie Meinungsäußerung stärker und untersagt die Inhaftierung von Journalisten aufgrund ihrer Arbeit (USDOS 12.4.2022). KRG-Behörden wenden z.B. das Gesetz über den Missbrauch elektronischer Geräte anstelle des Pressegesetzes der KRI gegen Journalisten an (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021

             CPT - Community Peacemaker Teams (3.8.2021): Trials of the 9 Badinan Activists, https://cptik.org/reports-1/2021/8/2/trials-of-the-9-badinan-activists, Zugriff 7.6.2022

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022

             MEI - Middle East Institute (24.2.2021): Beyond the elite: Taking protest and public opinion seriously in the Kurdistan Region, https://www.mei.edu/publications/beyond-elite-taking-protest-and-public-opinion-seriously-kurdistan-region, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Versammlungsfreiheit

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die Verfassung sieht das Recht auf Versammlung und friedliche Demonstration nach den Regeln des Gesetzes vor (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022), allerdings nur unter der Vorgabe, dass nicht gegen die öffentliche Ordnung und Moral verstoßen wird (AA 25.10.2021, S.10; vergleiche GIZ 1.2021a). Ein Gesetzesentwurf von 2014 für eine nähere Ausgestaltung der Regelung wurde bislang nicht verabschiedet (AA 25.10.2021, S.10).

Die gesetzlichen Regelungen schreiben vor, dass die Veranstalter sieben Tage vor einer Demonstration um Genehmigung ansuchen und detaillierte Informationen über Veranstalter, Grund des Protests und Teilnehmer einreichen müssen. Die Vorschriften verbieten jegliche Slogans, Schilder, Druckschriften oder Zeichnungen, die Konfessionalismus, Rassismus oder die Segregation der Bürger zum Inhalt haben. Die Vorschriften verbieten auch alles, was gegen die Verfassung oder gegen das Gesetz verstößt; alles, was zu Gewalt, Hass oder Mord ermutigt; und alles, was eine Beleidigung des Islam, der Ehre, der Moral, der Religion, heiliger Gruppen oder irakischer Einrichtungen im Allgemeinen darstellt. Die Behörden erteilen Genehmigungen in der Regel in Übereinstimmung mit diesen Vorschriften. Die Regierung schränkt gelegentlich die friedliche Versammlungsfreiheit ein (USDOS 12.4.2022).

Demonstranten sind der Gefahr von Gewalt oder Verhaftung ausgesetzt (FH 28.2.2022). Als die Demonstrationen ab Oktober 2019 eskalierten, versäumten es die Behörden, die Demonstranten vor Gewalt zu schützen (USDOS 30.3.2021). Sicherheitskräfte gingen teils mit großer Härte gegen Demonstranten vor. Es gibt Berichte über Entführung, Folter und Tötung von Demonstranten, Aktivisten und Journalisten, von denen angenommen wird, dass diese der Einschüchterung der Demonstranten und der Beendigung der Proteste dienen sollten. UNAMI zufolge soll es im Zeitraum 1.10.2019 bis 15.5.2021 zu 81 Tötungsversuchen gegen Protestierende und Aktivisten gekommen sein, davon 32 tatsächliche Tötungen. Seit dem erneuten Ausbruch von Demonstrationen im Sommer 2020 soll es über 150 Fälle von Entführungen und Ermordungen gegeben haben (AA 25.10.2021, S.10).

Im Zuge der sog. Tishreen-Protestbewegung wurden Ausgangssperren und Versammlungsverbote verhängt (FH 28.2.2022; vergleiche GIZ 2021a) und Sicherheitskräfte setzten Tränengas und scharfe Munition gegen Demonstranten ein. Bis Mitte Dezember 2021 wurden Hunderte Menschen im Zusammenhang mit Protesten getötet, Dutzende davon durch gezielte Attentate außerhalb von Protestplätzen. Irakische Sicherheitskräfte und pro-iranische Milizen schossen routinemäßig mit scharfer Munition auf Demonstranten. Irakische Beamte und Journalisten berichteten auch, dass Scharfschützen unter dem Kommando von iranisch unterstützten Milizeinheiten mit scharfer Munition von Dächern aus auf Demonstranten schossen und eine Welle von Entführungen von Protestorganisatoren und Aktivisten durchführten. Iranische und irakische Medien, die mit den vom Iran unterstützten Milizen in Verbindung stehen, verbreiteten falsche Berichte über Aktivisten, um diese Angriffe zu rechtfertigen (FH 3.3.2021).

Auch 2021 haben irakische Sicherheitskräfte auf Demonstranten geschossen, sie verhaftet und gefoltert. Während die meisten Verhafteten aufgrund des öffentlichen Drucks nach einigen Tagen wieder freigelassen werden, wurden einige zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt (FH 28.2.2022).

Im Jänner 2021 griff in Nasiriya, der Hauptstadt des Gouvernements Dhi-Qar, eine Armee-Einheit ein, um Demonstranten vor der Polizei zu schützen. Dabei kam es zu Schusswechseln zwischen den Sicherheitskräften, bei denen ein Polizist getötet wurde (Wing 11.1.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (11.1.2021): Iraqi Army Intervenes To Protect Nasiriya Protesters From Police, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/01/iraqi-army-intervenes-to-protect.html, Zugriff 25.8.2021

Protestbewegung

Letzte Änderung: 02.03.2022

Versorgungsengpässe bei Strom und Wasser sowie die mangelnde Arbeitsbeschaffung und Korruption sind die Gründe für die andauernden Proteste in Iraks großen Städten (GIZ 1.2021a; vergleiche DFAT 17.8.2020, ICG 26.7.2021, AI 7.4.2021). Eine weitere Forderung der Demonstranten ist die Abschaffung des Muhasasa-Systems, d. h. der ethnisch-konfessionellen Postenbesetzung in der Regierung und Verwaltung (ICG 26.7.2021). Sie waren außerdem gegen die Einmischung ausländischer Mächte, insbesondere des Iran gerichtet. Bereits von Juli bis September 2018 kam es im Südirak zu Protesten (DFAT 17.8.2020).

Im Oktober 2019 begannen landesweite Massenproteste (ICG 26.7.021; vergleiche AI 7.4.2021). Diese betrafen vor allem die schiitischen Gebiete des Südirak und Bagdad (DFAT 17.8.2020; vergleiche ICG 26.7.2021, AI 7.4.2021). Diese Proteste wurden auch in den ersten Monaten des Jahres 2020 fortgesetzt, bis sie durch den Ausbruch von COVID-19 vorübergehend unterbrochen wurden. Seit Mai 2020 kommt es wieder zu kleineren Demonstrationen, vor allem in den Städten Bagdad, Basra und Nasriyah (AI 7.4.2021).

Es wurden Ausgangssperren und Versammlungsverbote verhängt (GIZ 1.2021a). Fernsehsender, die über die Proteste berichteten, wurden von bewaffneten Männern überfallen (ICG 27.7.2021). Staatliche Sicherheitskräfte (ISF) und mit dem Iran verbündete Milizen der Volksmobilisierungskräfte (PMF) waren an gewaltsamer Unterdrückung der Proteste beteiligt (DFAT 17.8.2020; vergleiche ICG 26.7.2021). Im Zuge der Proteste kam es seit Ende 2019 bis ins Jahr 2020 hinein zu willkürlichen Verhaftungen, gewaltsamem Verschwindenlassen und außergerichtlichen Tötungen von Demonstranten durch ISF und PMF (HRW 13.1.2021). Dutzende Aktivisten wurden im Zuge der Protestbewegung Ziel von Entführungen, Mordversuchen und Morden (MEE 25.7.2021). Mindestens 560 Demonstranten wurden während der Proteste getötet (HRW 13.1.2022). Andere Quellen sprechen von etwa 600 getöteten Demonstranten und über 20.000 Verletzten in den ersten sechs Monaten der Proteste (ICG 26.7.2021). Diese Vorfälle führten zum Rücktritt der Regierung unter Premierminister Adil Abdul al-Mahdi und zur Ernennung eines neuen Premierministers, Mustafa al-Kadhimi, im Mai 2020 (HRW 13.1.2021; vergleiche ICG 26.7.2021).

Die Demonstranten fordern, dass die Sicherheitskräfte für ihre Übergriffe zur Rechenschaft gezogen werden, einschließlich der Tötung und des gewaltsamen Verschwindenlassens von Demonstranten (AI 7.4.2021). Trotz der anfänglichen, scheinbaren Bereitschaft, einige der gravierendsten Menschenrechtsprobleme des Irak anzugehen, gelang es der Regierung al-Kadhimi nicht, die Übergriffe auf Demonstranten zu beenden (HRW 13.1.2021).

Im Oktober 2019 wurden mehrere hochrangige Militärkommandanten wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen Demonstranten von ihren Posten entfernt (FH 3.3.2021). Es wurden jedoch bislang keine hochrangigen Kommandanten strafrechtlich verfolgt. Nach einer Reihe von Tötungen und versuchten Tötungen von Demonstranten in Basra wurden im August 2020 der Polizeichef von Basra und der Direktor für nationale Sicherheit des Gouvernements entlassen. Es wurde jedoch keine Strafverfolgung eingeleitet (HRW 13.1.2021).

Diese Maßnahmen wurden von vielen Irakern als unzureichend abgelehnt und hatten wenig abschreckende Wirkung auf Mitglieder der Sicherheitskräfte, die im Laufe des Jahres zahlreiche Demonstranten tödlich verletzten. Trotz eines öffentlichen Versprechens von Premierminister al-Kadhimi im August 2020, die Verantwortlichen für das Verschwindenlassen und die Ermordungen zu untersuchen und zu bestrafen, befinden sich die Täter weiterhin auf freiem Fuß (FH 3.3.2021). Auch Verhaftungen von Mitgliedern einer "Todesschwadron" im Februar 2021 und von Sicherheitsbeamten im Juli 2021 sind bis Ende 2021 nicht über die Ermittlungsphase hinausgegangen. Keine der Verhaftungen hat zu einer Anklageerhebung geführt (HRW 13.1.2022).

Ein im Mai 2020 eingerichteter Ausschuss zur Untersuchung der Tötung von Demonstranten hat bis Ende 2021 noch keine Ergebnisse öffentlich bekannt gegeben. Im Juli 2020 kündigte die Regierung al-Kadhimi an, die Familien der bei den Protesten Getöteten zu entschädigen. Bis September 2021 hatten die sechs Familien von getöteten Aktivisten, die von HRW kontaktiert wurden, noch keine Entschädigung erhalten (HRW 13.1.2022).

Quellen:

             AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 10.4.2021

             DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2066472.html, Zugriff 16.1.2022

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021

             ICG - International Crisis Group (26.7.2021): Iraq’s Tishreen Uprising: From Barricades to Ballot Box, https://www.ecoi.net/en/file/local/2056850/223-iraq-tishreen.pdf, Zugriff 2.8.2021

             MEE - Middle East Eye (25.7.2021): Iraq: Son of prominent women's rights activist found shot dead near Basra, https://www.middleeasteye.net/news/iraq-son-prominent-iraqi-rights-activist-shot-dead-near-basra, Zugriff 2.8.2021

Versammlungsfreiheit in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die im Oktober 2019 begonnenen Demonstrationen gegen die zentralirakische Regierung haben in der Kurdistan Region Irak (KRI) keinen Widerhall in der Bevölkerung gefunden. Solidaritätskundgebungen für Kurden in Nord-Ost-Syrien sowie kleine Demonstrationen mit spezifischen Anliegen, wie beispielsweise von Studenten gegen die zentrale Vergabe von Studienplätzen, verliefen friedlich (AA 25.10.2021, S.10).

Im Mai 2020 gingen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten in Dohuk vor, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen, ein Ende der Korruption und die Auszahlung nicht gezahlter Staatsgehälter forderten. Sicherheitskräfte sind gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen und haben einige willkürlich verhaftet (FH 3.3.2021; vergleiche HRW 13.1.2021).

Die Behörden in der KRI nutzten COVID-19-Maßnahmen aus, um Proteste zu verbieten und die Möglichkeiten von Einzelpersonen die Schauplätze von Protesten zu erreichen, einzuschränken (FH 3.3.2021). Unter dem Vorwand, die nationale Sicherheit zu schützen, kam es zu Verhaftungen von Demonstranten und Aktivisten, sowie von Journalisten, die über die Proteste berichteten (AI 15.6.2021).

Die Zahl der Proteste, die teilweise auch gewalttätig waren, haben in Sulaymaniyah, Halabja, aber auch vereinzelt in Dohuk, zugenommen (AA 25.10.2021, S.10). Im Mai 2020 eröffneten Sicherheitskräfte der KRG in Dohuk das Feuer auf Demonstanten und nahmen Demonstranten fest (FH 3.3.2021). Anfang Dezember 2020 wurden bei gewaltsamen Protesten in der KRI, die sich an der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage und der Nichtauszahlung von Gehältern im öffentlichen Dienst durch die Regierung entzündet hatten, mindestens acht Menschen getötet und Hunderte verletzt. Sieben der Todesfälle sich darauf zurückzuführen, dass Sicherheitskräfte das Feuer auf Demonstranten eröffneten (MEI 24.2.2021). Zwischen März 2020 und April 2021 wurden Berichten zufolge allein im Gouvernement Dohuk, insbesondere in der Region Badinan, über 100 Personen festgenommen. Bis auf 30 Personen wurden die meisten kurz darauf wieder freigelassen. Asayish und Parastin wird im Zusammenhang mit den Verhaftungen das Verschwindenlassen von sechs Personen zur Last gelegt (AI 15.6.2021).

Im Jahr 2021 ist die Zahl der Proteste in der KRI deutlich zurückgegangen. Lokale Aktivisten führen dies darauf zurück, dass die Sicherheitskräfte im Jahr 2020 mit einem erhöhten Maß an Gewalt gegen Demonstranten vorgegangen sind. Kurdische Behörden die sowohl mit der KDP als auch mit der PUK verbunden sind, haben weiterhin friedliche Demonstranten und Journalisten, die über die Proteste berichteten, angegriffen und festgenommen (FH 28.2.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AI - Amnesty International (15.6.2021): Kurdistan region of Iraq: Authorities must end protests-related repression [MDE 14/4233/2021], https://www.ecoi.net/en/file/local/2053869/MDE1442332021ENGLISH.pdf, Zugriff 18.8.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022

             MEI - Middle East Institute (24.2.2021): Beyond the elite: Taking protest and public opinion seriously in the Kurdistan Region, https://www.mei.edu/publications/beyond-elite-taking-protest-and-public-opinion-seriously-kurdistan-region, Zugriff 7.6.2022

Vereinigungsfreiheit / Opposition

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die Verfassung garantiert, mit einigen Ausnahmen, das Recht auf Gründung von und Mitgliedschaft in Vereinen und politischen Parteien. Die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Ausnahmen betreffen das gesetzliche Verbot von Gruppen, die Unterstützung für die Ba‘ath-Partei oder für zionistische Prinzipien bekunden (USDOS 12.4.2022). Iraker können generell ohne staatliche Einmischung Parteien gründen oder ihnen beitreten (FH 28.2.2022). Bei den jüngsten Parlamentswahlen vom 10.10.2021 hatten sich 267 Parteien, von denen 126 bei den Wahlen antraten, und 21 Wahlbündnisse registriert (AA 25.10.2021).

Es liegen keine Erkenntnisse über die gezielte Unterdrückung der außerparlamentarischen politischen Opposition durch staatliche Organe vor. Politische Aktivisten berichten jedoch von Einschüchterungen und Gewalt durch staatliche, nicht-staatliche oder paramilitärische Akteure, die abschrecken sollen, neue politische Bewegungen zu etablieren, und die freie Meinungsäußerung teils massiv einschränken (AA 25.10.2021, Sitzung 9f.). Irakische Politiker, die gegen iranische Interessen agieren, werden bedroht (FH 28.2.2022).

Die Arbeitsgesetze garantieren Arbeitnehmern das Recht auf die Bildung von Gewerkschaften, von Kollektivverhandlungen und auf das Abhalten von Streiks, schützen sie aber nicht vor gewerkschaftsfeindlicher Diskriminierung bis hin zu Entlassungen (FH 28.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022). Es ist verboten Gewerkschaften unabhängig vom staatlichen kontrollierten Generalverband der irakischen Arbeiter zu gründen (USDOS 12.4.2022). Angestellten des öffentlichen Sektors ist es nicht gestattet, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Einige Staatsbeamte und private Arbeitgeber entmutigen Gewerkschaftsaktivitäten mit Drohungen, Degradierungen und anderen Abschreckungsmaßnahmen (FH 28.2.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Vereinigungsfreiheit / Opposition in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 12.08.2022

Opposition in der Kurdistan Region Irak (KRI) ist im Raum Erbil und Dohuk kaum existent. Die Kurdische Demokratische Partei (KDP) gilt in weiten Teilen als alternativlos. In der Region um Sulaymaniyah und Halabja haben sich in den vergangenen Jahren zwar Gruppen von der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) abgewandt, ohne jedoch politischen Einfluss erlangen zu können (AA 25.10.2021, Sitzung 10).

In den Jahren 2019 und 2020 gingen die Behörden der Kurdischen Regionalregierung (KRG) gegen die Oppositionspartei "Neue Generation" unter Shaswar Abdul Wahid und das ihr angeschlossene Medienunternehmen Nalia Radio und Fernsehen (NRT) vor (FH 3.3.2021). 2019 wurden 80 Parteimitglieder wegen des Vorwurfs der Verleumdung und Beleidigung eines Staatsangestellten festgenommen. Im August und Dezember 2020 wurden vier NRT-Büros unrechtmäßig geschlossen und durchsucht und es wurde die Sendelizenz ausgesetzt (FH 28.2.2022). NRT hatte das ganze Jahr über Gewalt während regierungsfeindlicher Proteste berichtet (FH 3.3.2021). Im Jahr 2021 setzten die Behörden die Unterdrückung der Aktivitäten der Partei "Neue Generation" und von NRT fort (FH 28.2.2022). Die von der KDP-Polizei in Erbil angeforderte Verhaftung des Shaswar Abdul Wahid durch die (PUK-) Polizei in Sulaymaniyah nicht vorgenommen. Er blieb auf freiem Fuß (FH 28.2.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 16.2.2022

Haftbedingungen

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die Haftbedingungen entsprechen nicht dem internationalen Mindeststandard, wobei die Situation in den Haftanstalten erheblich variiert (AA 25.10.2021, Sitzung 22). In einigen Gefängnissen und Haftanstalten sind die Bedingungen aufgrund von Überbelegung oft hart (FH 28.2.2022; vergleiche USDOS 12.4.2022). Aufgrund von Misshandlung und unzureichendem Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung, werden die Bedingungen bisweilen auch als "lebensbedrohlich" bezeichnet. Die Überbelegung der staatlichen Gefängnisse stellt ein systemisches Problem dar, das durch die Zunahme der Zahl der festgenommenen mutmaßlichen IS-Mitglieder noch verschärft wird. Auch die Gefahr von COVID-19 und anderen übertragbaren Krankheiten wirkt sich negativ auf die Haftbedingungen aus (USDOS 12.4.2022). Im April 2020 gab das Justizministerium bekannt, dass 950 erwachsene Häftlinge und 57 Jugendliche begnadigt wurden, um die Ausbreitung von COVID-19 in den Gefängnissen einzudämmen (USDOS 30.3.2021). Anderen Quellen zufolge wurde die Freilassung von 20.000 Häftlingen verkündet (MEMO 24.4.2020; vergleiche HRW 13.1.2021). Mitte 2020 haben das Justizministerium und das Irakische Hochkommissariat für Menschenrechte (IHCHR) vor einer COVID-19 bedingten Gesundheitskrise wegen der Überbelegung in den Haftanstalten gewarnt. Um dieser Überbelegung weiter entgegenzuwirken, wurde im August 2020 die Eröffnung eines neuen Gefängnisses in Bagdad angekündigt (USDOS 30.3.2021). Im August 2021 wurden 1.300 Häftlinge, darunter 86 Jugendliche, begnadigt und im Oktober 2021 68 Jugendliche im Rahmen einer Sonderamnestie freigelassen, um die Überbelegung weiter zu verringern (USDOS 12.4.2022).

Berichten von Inhaftierten zufolge wurden innerhalb der Haftanstalten keine oder kaum ausreichende Maßnahmen gegen die Verbreitung von Covid-19 ergriffen. Die Hürden für Haftbesuche wurden jedoch deutlich erhöht (AA 25.10.2021, S.23). Im Juni 2021 gab das irakische Justizministerium bekannt, dass es eine COVID-19-Impfkampagne für alle Gefängnisinsassen durchgeführt hat. Ein Ministeriumssprecher bestätigte, dass das Gefängnispersonal geimpft wurde und dass seit Mai 2021 keine positiven Fälle mehr aufgetreten sind (USDOS 12.4.2022).

Es mangelt an Jugendstrafanstalten. Dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zufolge werden jugendliche Häftlinge mittlerweile meist getrennt von erwachsenen Straftätern inhaftiert, ihnen wird aber oft der regelmäßige Kontakt zu ihren Familien verwehrt (AA 25.10.2021, S.13).

Bürokratische Hürden erschweren das Mandat der UN-Mission für den Irak (UNAMI) zum Besuch irakischer Haftanstalten. Das IKRK hat hingegen regelmäßigen und flächendeckenden Zugang (AA 25.10.2021, S.23).

Der nationale Sicherheitsdienst (National Security Service, NSS), ein dem Premierminister unterstellter Geheimdienst, hat im Juli 2018 erstmals eingestanden Personen über einen längeren Zeitraum festzuhalten, beispielsweise in ash-Shurta, im Osten Mossuls. Dies geschieht laut NSS mit der Zustimmung des Hohen Justizrates in Ninewa (HRW 22.7.2018; vergleiche DFAT 17.8.2020). Berichten zufolge betreibt auch die 30. Brigade der Volksmobilisierungskräfte (PMF) mehrere geheime Gefängnisse in Ninewa. Eine unbekannte Anzahl von Personen soll unter falschen Tatsachen und aus ethno-konfessionellen Gründen verhaftet worden sein. Familien solcher Gefangener müssen hohe Lösegeldsummen für die Freilassung ihrer Angehörigen zahlen (USDOS 12.4.2022). Es gibt Berichte über gewaltsames Verschwindenlassen von Häftlingen, besonders von mutmaßlichen IS-Kämpfern (FH 28.2.2022).

Auch in Frauengefängnissen gibt es Überbelegung, und es fehlen oft ausreichende Kinderbetreuungseinrichtungen für die Kinder der Gefangenen, die nach dem Gesetz bis zum Alter von vier Jahren bei ihren Müttern bleiben dürfen (USDOS 11.3.2020).

Es gibt keine psychosoziale Unterstützung für Gefangene mit geistigen Behinderungen (USDOS 12.4.2022).

Die Regierung berichtet, dass sie Maßnahmen ergriffen hat, um den Vorwürfen von Misshandlung in staatlich verwalteten Haftanstalten und Gefängnissen entgegenzuwirken, aber das Ausmaß dieser Maßnahmen ist nicht bekannt (USDOS 12.4.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021

             HRW - Human Rights Watch (22.7.2018): Iraq: Intelligence Agency Admits Holding Hundreds Despite Previous Denials, https://www.hrw.org/news/2018/07/22/iraq-intelligence-agency-admits-holding-hundreds-despite-previous-denials, Zugriff 3.3.2021

             MEMO - Middle East Monitor (24.4.2020): Iraq releases 20,000 prisoners amid fears of spread of coronavirus, https://www.middleeastmonitor.com/20200424-iraq-releases-20000-prisoners-amid-fears-of-spread-of-coronavirus/, Zugriff 1.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 1.4.2021

Haftbedingungen in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die Haftbedingungen in Gefängnissen der kurdischen Geheimpolizei (Asayish) sind insgesamt sehr schlecht (AA 25.10.2021, Sitzung 21), vor allem in vielen kleineren Haftanstalten des Innenministeriums der Kurdistan Region Irak (KRI) (USDOS 30.3.2021). Es herrschen aber etwas bessere Haftbedingungen als in den Haftanstalten unter der Zentralregierung, insbesondere in der neugebauten Modellanstalt Dohuk (AA 25.10.2021, S.23). Die neueren Gefängnisse in den größeren Städten werden gut gewartet (USDOS 30.3.2021). Die Unabhängige Menschenrechtskommission der Kurdischen Region (IHRCKR) berichtet, dass die Justizvollzugsanstalten der KRI unter Überbelegung, unzureichenden Wasser-, Sanitär- und Hygieneeinrichtungen, Gewaltanwendung bei vorläufiger Inhaftierung und einer veralteten Infrastruktur in Frauen- und Jugendstrafanstalten leiden. Die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hat sich auch negativ auf die Gesundheit der Gefangenen ausgewirkt, und mehrere Personen starben in der Haft. Das begrenzt vorhandene medizinische Personal ist nicht in der Lage, alle Gefangenen angemessen medizinisch zu versorgen (USDOS 12.4.2022).

In einigen Haftanstalten der kurdischen Geheimpolizei Asayish und der Polizei halten KRI-Behörden gelegentlich Jugendliche in denselben Zellen wie Erwachsene fest. Einem Bericht der Unabhängigen Menschenrechtskommission der Kurdischen Region (IHRCKR) zufolge waren im September 2020 über 50 Minderjährige gemeinsam mit ihren verurteilten Müttern in der Erziehungsanstalt für Frauen und Kinder in Erbil untergebracht. UNICEF hat einen separaten Anbau an das Gefängnis für diese Minderjährigen finanziert. Diese haben jedoch weiterhin keinen Zugang zu Bildung (USDOS 30.3.2021).

In der gesamten KRI gibt es sechs Justizvollzugsanstalten: drei für männliche Gefangene und drei für weibliche und jugendliche Untersuchungshäftlinge und Gefangene. In den für Frauen und Jugendliche bestimmten Zentren wurden sowohl Untersuchungshäftlinge als auch Strafgefangene untergebracht, während die männlichen Untersuchungshäftlinge in den Haftabteilungen von Polizeistationen untergebracht waren. Die Gesamtzahl der inhaftierten Personen übersteigt die vorgesehene Kapazität der einzelnen Einrichtungen. Die Unabhängige Menschenrechtskommission der Kurdistan Region (Independent Human Rights Commission Kurdistan Region, IHRCKR) berichtete im September 2021, dass beispielsweise im Erbil Correctional Center, das für 900 Gefangene gebaut wurde, 1.875 Insassen inhaftiert waren. In einigen Haftanstalten und in von der Polizei betriebenen Gefängnissen werden gelegentlich Jugendliche in denselben Zellen wie Erwachsene festgehalten (USDOS 12.4.2022).

In Gefängnissen der Asayish werden Folterpraktiken gegen Terrorverdächtige angewendet. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) hat Zugang zu den Gefängnissen in der KRI (AA 25.10.2021, S.21).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

Todesstrafe

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die Todesstrafe ist in Artikel 15 der Verfassung auf Grundlage einer von einer zuständigen Justizbehörde erlassenen Entscheidung erlaubt (DFAT 17.8.2020). Sie ist auch im irakischen Strafrecht vorgesehen, wird verhängt und vollstreckt (AA 25.10.2021, S.22). Der Irak ist eines der Länder mit der höchsten Zahl von verhängten Todesstrafen (HRW 13.1.2021). Die Todesstrafe kann bei 48 verschiedenen Delikten, darunter Mord, terroristische und staatsfeindliche Aktivitäten, Hochverrat, Einsatz von chemischen Waffen und Vergewaltigung verhängt werden (AA 25.10.2021, S.22).

Nach dem Antiterrorismusgesetz (2005) kann die Todesstrafe gegen jeden verhängt werden, der terroristische Handlungen begeht, dazu anstiftet, sie plant, finanziert oder unterstützt (DFAT 17.8.2020). Der Großteil der Hinrichtungen erfolgt wegen Terrorismusvorwürfen (AA 25.10.2021, Sitzung 22; vergleiche DFAT 17.8.2020). Viele Personen werden im Rahmen der Anti-Terror-Gesetzgebung wegen ihrer IS-Angehörigkeit verurteilt (HRW 13.1.2021). Die Todesstrafe stößt in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz (AA 22.1.2021).

Aktuelle Zahlen zu den vollstreckten Hinrichtungen liegen nicht vor (HRW 13.1.2021; vergleiche AA 25.10.2021, S.22). Die Behörden berichten diese nicht mehr regelmäßig an die Vereinten Nationen und machen auch auf Nachfrage keine verlässlichen Angaben (AA 25.10.2021, Sitzung 22). Amnesty International zufolge wurden 2020 mindestens 27 Todesurteile ausgesprochen (AI 4.2021). Mindestens 50 Hinrichtungen wurden vollzogen (AI 7.4.2021). 21 dieser Hinrichtungen fanden während einer Massenexekution am 17.11.2020 statt (AI 4.2021; vergleiche DW 16.11.2020, HRW 13.1.2021). Unter den Verurteilen waren elf Franzosen und ein Belgier. Bis dahin wurde im Irak noch nie ein ausländisches IS-Mitglied hingerichtet (DW 16.11.2020). Im Jahr 2021 wurden bis September 2021 mindestens 19 Hinrichtungen ausgeführt (HRW 13.1.2022).

Bisherige Berichte gingen davon aus, dass Ende 2020/Anfang 2021 um die 8.000 Personen zum Tode verurteilt waren und auf ihre Hinrichtungen warteten (AI 4.2021; vergleiche AA 25.10.2021, Sitzung 22). Vor allem gegen mutmaßliche IS-Kämpfer werden in fragwürdigen Prozessen zunehmend Todesurteile verhängt und vollstreckt (AA 25.10.2021, Sitzung 22). Laut einer Erklärung des Justizministeriums vom September 2021 halten die Behörden fast 50.000 Personen wegen mutmaßlicher Verbindungen zum Terrorismus fest, von denen über die Hälfte zum Tode verurteilt wurde (HRW 13.1.2022; vergleiche BasNews 6.9.2021).

Das irakische Strafgesetzbuch verbietet das Verhängen der Todesstrafe gegen jugendliche Straftäter, d.h. Minderjährige und Personen im Alter von 18 bis 21 Jahren zum Zeitpunkt der Begehung der mutmaßlichen Straftat sowie gegen schwangere Frauen und Frauen bis zu vier Monaten nach einer Geburt. In diesem Fall wird die Todesstrafe in eine lebenslange Haft umgewandelt (HRC 5.6.2018).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AI - Amnesty International (4.2021): Death Sentences and Executions 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2049793/ACT5037602021ENGLISH.PDF, Zugriff 2.5.2021

             AI - Amnesty International (7.4.2021): Amnesty International Report 2020/21; The State of the World's Human Rights; Iraq 2020, https://www.ecoi.net/en/document/2048571.html, Zugriff 10.4.2021

             BasNews (6.9.2021): Nearly 50,000 People in Iraqi Prisons over Suspected Terrorism Links, https://www.basnews.com/en/babat/711221?__cf_chl_jschl_tk__=pmd_9VK9rodKfKZc6zk5EPkVw5XYIukFglG8gsSs5sfG.Lc-1631001194-0-gqNtZGzNAeWjcnBszQi9, Zugriff 21.1.2022

             DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021

             DW - Deutsche Welle (16.11.2020): Irak lässt 21 Todesurteile vollstrecken, https://www.dw.com/de/irak-l%C3%A4sst-21-todesurteile-vollstrecken/a-55619212, Zugriff 13.8.2021

             HRC - Human Rights Council (5.6.2018): Report of the Special Rapporteur on extrajudicial, summary or arbitrary executions on her mission to Iraq, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/A_HRC_38_44_Add.pdf, Zugriff 3.3.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 10.2.2021

Todesstrafe in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 12.08.2022

In der Kurdistan Region Irak (KRI) wurde die Todesstrafe im Jahr 2008 in einem De-facto-Moratorium ausgesetzt, außer für wesentliche Fälle, wie zur Bekämpfung des Terrorismus (HRW 13.1.2022; vergleiche AA 25.10.2021, Sitzung 22). In den Jahren 2015 und 2016 wurde dieses Moratorium zweimal gebrochen, wobei vier Hinrichtungen vorgenommen wurden. Im Jahr 2020 saßen fast 400 zum Tode verurteilte Personen in kurdischen Gefängnissen (AA 25.10.2021, Sitzung 22).

Berichten zufolge hat die Kurdische Regionalregierung (KRG) damit begonnen, Morde an Frauen, einschließlich Ehrenmorde, als Tötungsdelikte zu verfolgen, was bedeutet, dass die Schuldigen mit Strafen bis hin zur Todesstrafe belegt werden können (DFAT 17.8.2020).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 21.1.2022

Religionsfreiheit

Letzte Änderung: 12.08.2022

Anmerkung: Aufgrund der komplexen Verflechtung religiöser und ethnischer Identitäten ist eine strikte Unterscheidung zwischen rein religiösen Minderheiten und rein ethnischen Minderheiten im Irak oft nur schwer möglich. Um eine willkürliche Trennung zu vermeiden, werden alle Minderheiten, einschließlich derer, bei denen das religiöse Element überwiegt, im Abschnitt "Minderheiten" behandelt.

Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche FH 28.2.2022). Gemäß Artikel 2 Absatz 1 ist der Islam Staatsreligion und eine Hauptquelle der Gesetzgebung (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche GIZ 1.2021a). Es darf kein Gesetz erlassen werden, das den "erwiesenen Bestimmungen des Islams" widerspricht (RoI 15.10.2005; vergleiche USDOS 2.6.2022). In Absatz 2 wird das Recht einer jeden Person auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht auf deren Ausübung garantiert (AA 25.10.2021, S.11). Explizit erwähnt werden in diesem Zusammenhang Christen, Jesiden und Mandäer-Sabäer, jedoch nicht Anhänger anderer Religionen oder Atheisten (RoI 15.10.2005; vergleiche USDOS 2.6.2022).

Artikel 3 der Verfassung legt ausdrücklich die multiethnische, multireligiöse und multikonfessionelle Ausrichtung des Irak fest, betont aber auch den arabisch-islamischen Charakter des Landes (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche ROI 15.10.2005). Artikel 43 verpflichtet den Staat zum Schutz der religiösen Stätten (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche ROI 15.10.2005). Die meisten politischen Führer haben sich nach der Niederlage des Islamischen Staats (IS) für religiösen Pluralismus ausgesprochen, und Minderheiten, die in befreiten Gebieten leben, können ihre Religion seitdem weitgehend frei ausüben (FH 28.2.2022).

Die folgenden religiösen Gruppen werden durch das Personenstandsgesetz anerkannt: Muslime, chaldäische Christen, assyrische Christen, assyrisch-katholische Christen, syrisch-orthodoxe Christen, syrisch-katholische Christen, armenisch-apostolische Christen, armenisch-katholische Christen, römisch-orthodoxe Christen, römisch-katholische Christen, lateinisch-dominikanische Christen, nationale Protestanten, Anglikaner, evangelisch-protestantische Assyrer, Adventisten, koptisch-orthodoxe Christen, Jesiden, Mandäer-Sabäer und Juden. Die staatliche Anerkennung ermöglicht es den Gruppen, Rechtsvertreter zu bestellen und Rechtsgeschäfte wie den Kauf und Verkauf von Immobilien durchzuführen. Alle anerkannten religiösen Gruppen haben ihre eigenen Personenstandsgerichte, die für die Behandlung von Ehe-, Scheidungs- und Erbschaftsfragen zuständig sind. Laut der Regierung gibt es jedoch kein Personenstandsgericht für Jesiden (USDOS 2.6.2022).

Das Gesetz verbietet die Ausübung des Bahai-Glaubens und der wahhabitischen Strömung des sunnitischen Islams (USDOS 2.6.2022; vergleiche USCIRF 4.2021).

Mit Einführung eines neuen Personalausweises im Jahr 2015 wurde ein Eintrag, der die Religionszugehörigkeit des Passinhabers deklarierte, dauerhaft abgeschafft (AA 25.10.2021, S.11; vergleiche USDOS 2.6.2022). Es wurde allerdings ein Passus in die Bestimmungen aufgenommen, der religiöse Minderheiten diskriminiert. Artikel 26 besagt, dass Kinder eines zum Islam konvertierenden Elternteils automatisch auch als zum Islam konvertiert geführt werden (AA 25.10.2021, S.11). Der Online-Antrag auf einen Personalausweis verlangt nach wie vor die Deklaration der Religionszugehörigkeit, wobei nur Muslim, Christ, Mandäer-Sabäer, Jeside und Jude zur Auswahl stehen. Dabei wird zwischen den verschiedenen Konfessionen des Islams (Shi‘a-Sunni) bzw. den unterschiedlichen Denominationen des Christentums nicht unterschieden. Personen, die anderen Glaubensrichtungen angehören, können nur dann einen Ausweis erhalten, wenn sie sich selbst als Muslim, Jeside, Mandäer-Sabäer, Jude oder Christ deklarieren. Ohne einen amtlichen Personalausweis kann man keine Eheschließung eintragen lassen, seine Kinder nicht in einer öffentlichen Schule anmelden, keinen Reisepass beantragen und auch einige staatliche Dienstleistungen nicht in Anspruch nehmen (USDOS 2.6.2022).

Die meisten religiös-ethnischen Minderheiten sind im irakischen Parlament vertreten. Grundlage dazu bildet ein Quotensystem bei der Verteilung der Sitze. Fünf Sitze sind für die christliche Minderheit sowie jeweils ein Sitz für Jesiden, Mandäer-Sabäer, Shabak und Faili Kurden reserviert. Das kurdische Regionalparlament sieht jeweils fünf Sitze für Turkmenen, Chaldäer und assyrische Christen sowie einen für Armenier vor (AA 22.1.2021).

Einschränkungen der Religionsfreiheit sowie Gewalt gegen und Belästigung von Minderheitengruppen durch staatliche Sicherheitskräfte (ISF) sind nach Angaben von Religionsführern und NGOs außerhalb der Kurdistan Region Irak (KRI) nach wie vor weit verbreitet. Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten (USDOS 2.6.2022).

Es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass Regierungstruppen, einschließlich der ISF, der Peshmerga und der Volksmobilisierungskräfte (PMF), die Freizügigkeit innerhalb des Landes unter anderem aus ethnisch-konfessionellen Gründen selektiv einschränken, um z.B. die Einreise von Personengruppen in von ihnen kontrollierte Gebiete zu begrenzen (USDOS 12.4.2022).

Die Behörden der Kurdischen Regionalregierung (KRG) diskriminierten weiterhin Minderheiten, darunter Türken, Araber, Yeziden, Shabak und Christen, in Gebieten, die sowohl von der KRG als auch von der Zentralregierung im Norden des Landes beansprucht werden. Diskriminierung von Minderheiten durch Regierungstruppen, insbesondere durch manche PMF-Gruppen, und andere Milizen, sowie das Vorgehen verbliebener aktiver IS-Kämpfer, hat ethnisch-konfessionelle Spannungen in den umstrittenen Gebieten weiter verschärft. Es kommt weiterhin zu Vertreibungen wegen vermeintlicher IS- Zugehörigkeit. Kurden und Turkmenen, sowie Christen und andere Minderheiten im Westen Ninewas und in der Ninewa-Ebene berichten über willkürliche und unrechtmäßige Verhaftungen durch PMF (USDOS 12.4.2022).

Da Religion, Politik und Ethnizität oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig festzustellen, wie viele Vorfälle als ausschließlich auf religiöser Identität beruhend zu kategorisieren sind (USDOS 12.4.2022).

Vertreter religiöser Minderheiten berichten, dass die Zentralregierung im Allgemeinen nicht in die religiösen Bräuche der Mitglieder von Minderheitengruppen eingreift und sogar für die Sicherheit von Gotteshäusern und anderen religiösen Stätten, einschließlich Kirchen, Moscheen, Schreinen, religiösen Pilgerstätten und Pilgerrouten, sorgt. Manche Minderheitenvertreter berichten jedoch über Schikanen und Restriktionen durch lokale Behörden. Sie berichten weiterhin über Druck auf ihre Gemeinschaften Landrechte abzugeben, wenn sie sich nicht stärker an islamische Gebote halten (USDOS 2.6.2022).

In der KRI erhalten Religionsgemeinschaften ihre Anerkennung durch die Registrierung beim Ministerium für Stiftungen und religiöse Angelegenheiten (MERA) der KRG. Um sich registrieren zu können, muss eine Gemeinschaft mindestens 150 Anhänger haben, Unterlagen über die Quellen ihrer finanziellen Unterstützung vorlegen und nachweisen, dass sie nicht "anti-islamisch" ist. Acht Glaubensrichtungen sind anerkannt und bei der KRG-MERA registriert: Islam, Christentum, Jesidentum, Judentum, Mandäer-Sabäismus, Zoroastrismus, Yarsanismus und der Bahai-Glaube (USDOS 2.6.2022).
Es gibt keine Gesetze, die eine Heirat zwischen Schiiten und Sunniten verbieten (DFAT 17.8.2020).

[Anm.: Weiterführende Informationen zur Situation einzelner religiöser Minderheiten können dem Kapitel Minderheiten entnommen werden.]

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (22.1.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Januar 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2057645/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Januar_2021%29%2C_22.01.2021.pdf, Zugriff 3.3.2021

             DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 12.8.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 3.3.2021

             USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watchlist: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052974/Iraq+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 2.2.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Konversion und Apostasie

Letzte Änderung: 16.08.2022

Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z.B. den Abfall vom Islam; auch spezielle, in anderen islamischen Ländern existierende Straftatbestände, wie z.B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht (AA 25.10.2021, S.11). Das irakische Strafgesetzbuch verbietet jedoch die Beleidigung von religiösen Ritualen, Symbolen oder heiligen Personen und Gegenständen. Laut Artikel 372 können Personen, die sich dessen schuldig machen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe von bis zu 300 IQD bestraft werden (EBL 18.6.2020). Die irakische Regierung weigerte sich, die Blasphemie- und Apostasiegesetze abzuschaffen (USCIRF 4.2021).

Das Zivilgesetz sieht einen einfachen Prozess für die Konversion eines Nicht-Muslimen zum Islam vor. Die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion ist jedoch gesetzlich verboten (USDOS 2.6.2022; vergleiche DFAT 17.8.2020, UK Home Office 7.2021). Es liegen keine Berichte über Strafverfolgung von Konvertiten vor (UK Home Office 7.2021).

Minderjährige Kinder von Personen, die zum Islam konvertieren, oder von denen ein Elternteil als Muslim eingetragen ist, werden von den Behörden automatisch auch als Muslime ausgewiesen. Dies gilt sogar dann, wenn das Kind das Ergebnis einer Vergewaltigung ist (USDOS 2.6.2022; vergleiche DFAT 17.8.2020, FH 28.2.2022). Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, können ihre Religionszugehörigkeit nicht in ihrem Personalausweis ändern. Sie bleiben weiterhin als Muslime registriert (EASO 1.2021). Auch ihre Kinder werden daher weiterhin als Muslime registriert (DIS/Landinfo 9.11.2018). Muslimische Männer dürfen eine nicht-muslimische Frau heiraten, muslimische Frauen dürfen jedoch keine Nicht-Muslime heiraten (USDOS 2.6.2022; vergleiche DFAT 17.8.2020, RoI 30.12.1959).

Es gibt keine gemeldeten Fälle von Personen, die in der Kurdistan Region Irak (KRI) wegen eines Religionswechsels vor Gericht gestellt wurden (EASO 1.2021). Eine unbekannte Anzahl von Personen, die vom Islam zu Christentum konvertiert sind, praktizieren ihren Glauben im Geheimen (USDOS 2.6.2022). Ihre Zahl wird in der KRI auf wenige Hundert geschätzt (EASO 1.2021). Personen, die vom Islam zu Christentum konvertieren, sind in der KRI in Gefahr Opfer von (auch tödlicher) Gewalt zu werden (DIS/Landinfo 9.11.2018).

Einige muslimische geistliche Führer sehen die Bahai als Apostaten vom Islam an (DFAT 17.8.2020).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 3.3.2021

             DIS/Landinfo - Danish Immigration Service [Dänemark]; Norwegian Country of Origin Information Center [Norwegen] (9.11.2018): Kurdistan Region of Iraq (KRI): Women and men in honour-related conflicts, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016438/Iraq-KRI-Women-and-men-in-honour-related-conflicts-Udl%C3%A6ndingestyrelsen-og-Landinfo-09112018.pdf, Zugriff 15.5.2021

             EASO – European Asylum Support Office (1.2021): Country Guidance: Iraq; Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045437/Country_Guidance_Iraq_2021.pdf, Zugriff 3.3.2021

             EBL - End Blasphemy Laws (18.6.2020): Iraq, https://end-blasphemy-laws.org/countries/middle-east-and-north-africa/iraq/, Zugriff 25.8.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             RoI - Republic of Iraq [Irak] (30.12.1959): Personal Status Law and Its Amendments (1959) [Iraq], https://www.refworld.org/docid/5c7664947.html, Zugriff 15.5.2021

             UK Home Office [UK] (7.2021): Country Policy and Information NoteIraq: Religious minorities, https://www.ecoi.net/en/file/local/2057419/Iraq_-_Religious_Minorities_CPIN_v3.0__July_2021.pdf, Zugriff 25.8.2021

             USCIRF - US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watchlist: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052974/Iraq+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 25.8.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022

Atheismus, Agnostizismus, Kritik an konfessioneller Politik

Letzte Änderung: 16.08.2022

Die irakische Verfassung sieht die Freiheit des Glaubens und der Religionsausübung für alle Menschen vor und nennt dabei Muslime, Christen, Jesiden und Mandäer/Sabäer. Atheisten, so wie auch andere Religionsgemeinschaften werden dabei nicht ausdrücklich erwähnt (USDOS 2.6.2022). Atheismus ist im Irak nicht illegal (EASO 1.2021). Das irakische Strafgesetzbuch enthält keine Artikel, die eine direkte Bestrafung für Atheismus vorsehen (Al-Monitor 1.4.2018).

Staatliche Akteure setzen Atheismus typischerweise mit Blasphemie gleich (EASO 1.2021). Atheisten wurden Berichten zufolge wegen "Schändung von Religionen" und damit zusammenhängenden Anklagen verfolgt (UNHCR 5.2019; vergleiche Al Monitor 1.4.2018). Im März 2018 wurden in Dhi-Qar Haftbefehle gegen vier Iraker aufgrund von Atheismus-Vorwürfen erlassen (Al-Monitor 1.4.2018 ; vergleiche EASO 1.2021). Ende 2018 wurde ein Buchhändler im südirakischen Gouvernement Nasiriyah verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, Atheismus verbreiten zu wollen (AW 20.7.2019; vergleiche NBC 5.4.2019).

Atheisten im Irak sind eine wachsende Minderheit (AW 20.7.2019). Berichten zufolge gibt es auch eine kleine, wachsende Bewegung von Agnostikern (NBC 5.4.2019). Insbesondere junge Menschen wenden sich zunehmend vom konservativen Islam ab. Dies war bereits nach 2003 und insbesondere während und nach dem Krieg gegen den Islamischen Staat (IS) zu beobachten. Manche wenden sich dem Atheismus zu, andere entscheiden sich für eine liberale Auslegung des Islam, wieder andere konvertieren. Abweichung wird auch durch eine abweichende religiöse Praxis, wie das Ablegen des Kopftuchs gezeigt (Al-Monitor 11.9.2020).

Personen, die gegen die strenge Auslegungen der islamischen Regeln in Bezug auf Kleidung, soziales Verhalten und Berufe verstoßen, einschließlich Atheisten und säkular gesinnte Personen, Frauen und Angehörige religiöser Minderheitsgruppen, sind Berichten zufolge mit Entführungen, Schikanen und körperlichen Angriffen durch verschiedene extremistische bewaffnete Gruppen und Milizen konfrontiert (UNHCR 5.2019). Milizen sollen Mittel haben, um die Personen hinter Social Media-Einträgen ausfindig zu machen. Angeblich werden Atheisten ins Visier genommen (NBC 5.4.2019).

Viele Geistliche, die islamischen politischen Parteien nahe stehen, haben missverständliche Vorstellungen zu dem Thema und bezeichnen z.B. oft den Säkularismus als Atheismus (Al-Monitor 1.4.2018). An den Wahlen von 2018 nahm auch eine Reihe eher säkularer Parteien teil (FH 3.3.2021).

In der Kurdistan Region Irak (KRI) wird Atheismus negativ gesehen, jedoch eher akzeptiert als Apostasie. Kritik an religiösen Führern ist weit verbreitet. Auch Kritik am Islam in den sozialen Medien, insbesondere auf Facebook, war bis vor Kurzem noch inakzeptabel, ist in der KRI aber jüngst zu einer Art Trend geworden. Obwohl die kurdische Regierung säkular ist, ist die Gesellschaft im Allgemeinen, insbesondere in Erbil, konservativ, und es wird allgemein erwartet, dass die Menschen die islamischen Normen respektieren (EASO 1.2021).

Ein öffentliches Bekenntnis als Atheist kann Probleme nach sich ziehen. Berichten zufolge hat es Fälle von körperlicher Bedrohung, Belästigungen und in einigen Fällen von Famlienausschlüssen gegeben. Atheisten, die aufgrund ihres Glaubens belästigt werden, meiden es eher sich an die Polizei zu wenden. In jüngster Zeit sind keine Vorfälle von Strafverfolgung von Atheisten in der KRI bekannt geworden (EASO 1.2021).

Quellen:

             Al-Monitor (1.4.2018): Iraqi courts seeking out atheists for prosecution, https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/03/atheists-iraq-human-rights.html, Zugriff 25.8.2021

             Al-Monitor (11.9.2020): Are Iraqi youths losing their religion?, https://www.al-monitor.com/originals/2020/09/irreligionism-religion-atheism-iraq-secularism.html, Zugriff 25.8.2021

             AW - Arab Weekly, The (20.7.2019): ‘Iraq’s growing community of atheists no longer peripheral’, https://thearabweekly.com/iraqs-growing-community-atheists-no-longer-peripheral, Zugriff 25.8.2021

             EASO – European Asylum Support Office (1.2021): Country Guidance: Iraq; Common analysis and guidance note, https://www.ecoi.net/en/file/local/2045437/Country_Guidance_Iraq_2021.pdf, Zugriff 3.3.2021

             FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 – Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2046520.html, Zugriff 3.3.2021

             NBC News (5.4.2019): Iraq's atheists go underground as Sunni, Shiite hard-liners dominate, https://www.nbcnews.com/news/world/iraq-s-atheists-go-underground-sunni-shiite-hard-liners-dominate-n983076, Zugriff 25.8.2021

             UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (5.2019): International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Republic of Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007789/5cc9b20c4.pdf, Zugriff 25.8.2021

             USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watchlist: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052974/Iraq+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 25.5.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022

Ethnische und religiöse Minderheiten

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die genaue ethno-konfessionelle Zusammensetzung der Bevölkerung des Iraks ist unklar, da die letzten Volkszählungen manipulativ waren und beispielsweise nur die Angaben "Araber" und "Kurde" zuließen. Andere Bevölkerungsgruppen wurden so statistisch marginalisiert. Laut Schätzungen teilen sich die Einwohner Iraks folgendermaßen auf: in etwa 75-80 % Araber, 15-20 % Kurden und etwa 5 %, Tendenz fallend, Minderheiten, zu denen unter anderem Assyrer, Armenier, Mandäer/Sabäer und Turkmenen zählen (GIZ 1.2021c).

Die wichtigsten ethno-konfessionellen Gruppierungen sind (arabische) Schiiten, die 60-65 % der Bevölkerung ausmachen und vor allem den Südosten/Süden des Landes bewohnen, (arabische) Sunniten (17-22 %) mit Schwerpunkt im Zentral- und Westirak und die vor allem im Norden des Landes lebenden, überwiegend sunnitischen Kurden (15-20 %) (AA 25.10.2021).

Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. Religiöse Minderheiten können im Alltag jedoch gesellschaftliche Diskriminierung erfahren. Übergriffe werden selten strafrechtlich geahndet. Offiziell anerkannte Minderheiten, wie chaldäische und assyrische Christen sowie Jesiden, genießen in der Verfassung verbriefte Minderheitenrechte, sind jedoch im täglichen Leben, insbesondere außerhalb der Kurdistan Region Irak (KRI), oft benachteiligt. Trotz der verfassungsrechtlichen Gleichberechtigung leiden religiöse Minderheiten im Zentralirak faktisch unter weitreichender Diskriminierung. Der irakische Staat, unter der Verwaltung von Bagdad, kann den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen (AA 25.10.2021). Mitglieder bestimmter ethnischer oder religiöser Gruppen erleiden in Gebieten, in denen sie eine Minderheit darstellen, häufig Diskriminierung oder Verfolgung, was viele dazu veranlasst, Sicherheit in anderen Stadtteilen oder Gouvernements zu suchen (FH 28.2.2022). Es gibt Berichte über rechtswidrige Verhaftungen, Erpressung und Entführung von Angehörigen von Minderheiten, wie Kurden, Turkmenen, Christen und anderen, durch Volksmobilisierungskräfte (PMF), in den umstrittenen Gebieten, insbesondere im westlichen Ninewa und in der Ninewa-Ebene (USDOS 12.4.2022).

Die Hauptsiedlungsgebiete der meisten religiösen Minderheiten liegen im Nordirak in den Gebieten, die seit Juni 2014 teilweise unter Kontrolle des Islamischen Staates (IS) standen. Hier kam es zu gezielten Verfolgungen von Jesiden, Mandäer/Sabäern, Kaka‘i, Shabak und Christen. Aus dieser Zeit liegen zahlreiche Berichte über Zwangskonversionen, Versklavung und Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung, Folter, Rekrutierung von Kindersoldaten, Massenmord und Massenvertreibungen vor. Auch nach der Befreiung der Gebiete wird die Rückkehr der Bevölkerung durch noch fehlenden Wiederaufbau, eine unzureichende Sicherheitslage, unklare Sicherheitsverantwortlichkeiten sowie durch die Anwesenheit unterschiedlicher Milizen zum Teil erheblich erschwert (AA 25.10.2021).

In der KRI sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt. Hier haben viele Angehörige von Minderheiten Zuflucht gefunden (AA 25.10.2021). Es gibt jedoch Berichte über die Diskriminierung von Minderheiten (Turkmenen, Arabern, Jesiden, Shabak und Christen) durch KRI-Behörden in den sogenannten "umstrittenen Gebieten" (USDOS 2.6.2022). Darüber hinaus empfinden dort Angehörige von Minderheiten seit Oktober 2017 erneute Unsicherheit aufgrund der Präsenz der irakischen Streitkräfte, der Peschmerga und vor allem der schiitischen Milizen und der Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) (AA 25.10.2021).

Im Zusammenhang mit der Rückeroberung von Gebieten aus IS-Hand wurden besonders in den zwischen der Zentralregierung und der KRI "umstrittenen Gebieten" (Gouvernement Kirkuk, sowie Teile von Ninewa, Salah Ad-Din und Diyala) Tendenzen zur gewaltsamen ethnisch-konfessionellen Homogenisierung festgestellt. Die Mission der Vereinten Nationen für den Irak (UNAMI) und Amnesty International haben dokumentiert, wie angestammte Bevölkerungsgruppen vertrieben bzw. Binnenvertriebene an der Rückkehr gehindert wurden. Dabei handelte es sich oft um die sunnitische Bevölkerung, die häufig unter dem Generalverdacht einer Zusammenarbeit mit dem IS steht, aber auch um Angehörige anderer Bevölkerungsgruppen. Beschuldigt werden sowohl kurdische Peshmerga als auch PMF-Milizen und in geringerem Ausmaß auch Armee und Polizei (AA 25.10.2021).

BMI (2016): Atlas - Middle East & North Africa: Religious Groups

BMI (2016): Atlas - Middle East & North Africa: Ethnic Groups

Anmerkung zu beiden Karten:

Die religiös-konfessionelle sowie ethnisch-linguistische Zusammensetzung der irakischen Bevölkerung ist höchst heterogen. Die hier dargebotenen Karten zeigen nur die ungefähre Verteilung der Hauptsiedlungsgebiete religiös-konfessioneller bzw. ethnisch-linguistischer Gruppen und Minderheiten. Insbesondere in Städten kann die Verteilung deutlich von der ländlichen Umgebung abweichen (BMI 2016). Dazu muss hervorgehoben werden, dass ein und dieselbe Gruppe in einer Gegend die Minderheit, in einer anderen jedoch die Mehrheitsbevölkerung stellen kann und umgekehrt (Lattimer EASO 26.4.2017).

Die territoriale Niederlage des sog. IS im Jahr 2017 beendete dessen Kampagne zur Umwälzung der religiösen Demografie des Landes. Dennoch können rund eine Million Iraker, die vom IS vertrieben wurden, nicht in ihre Häuser zurückkehren, sowohl aus Sicherheits- als auch aus wirtschaftlichen Gründen (FH 28.2.2022). Angehörige der PMF verlangen an Kontrollpunkten von IDPs, insbesondere von Angehörigen von religiösen Minderheiten überhöhte Geldbeträge für die Überquerung der Grenze. Alternativ riskieren die Betroffenen in die Lager zurückgeschickt zu werden (USCIRF 4.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             BMI - Bundesministerium für Inneres; BMLVS - Bundesministerium für Landesverteidigung und Sport (2016): Atlas: Middle East & North Africa, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1487770786_2017-02-bfa-mena-atlas.pdf, Zugriff 15.5.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021c): Irak - Gesellschaft, https://www.liportal.de/irak/gesellschaft/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             Lattimer EASO - Lattimer, Mark in EASO - European Asylum Support Office (26.4.2017): Minorities and Vulnerable Groups - EASO COI Meeting Report Iraq: Practical Cooperation Meeting, 25-26 April 2017, Brussels, https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-report.pdf, Zugriff 25.8.2021

             USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watchlist: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052974/Iraq+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 2.2.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Sunnitische Araber

Letzte Änderung: 12.08.2022

Die arabisch-sunnitische Minderheit, die über Jahrhunderte die Führungsschicht des Landes bildete, wurde nach der Entmachtung Saddam Husseins 2003, insbesondere in der Regierungszeit von Ex-Ministerpräsident Al-Maliki (2006 bis 2014), aus öffentlichen Positionen gedrängt (AA 25.10.2021).

Oft werden Sunniten einzig aufgrund ihrer Glaubensrichtung als IS-Sympathisanten stigmatisiert oder gar strafrechtlich verfolgt. Auch unbeteiligte Familienangehörige tatsächlicher oder vermeintlicher IS-Anhänger sind davon betroffen (AA 25.10.2021). Berichten zufolge halten die Behörden Ehepartner und andere Familienangehörige von flüchtigen Personen, zumeist sunnitische Araber, die wegen Terrorismusvorwürfen gesucht werden, fest, damit diese sich stellen (USDOS 12.4.2022). Unter Anwendung des Anti-Terror-Gesetzes können Personen ohne ordnungsgemäßes Verfahren inhaftiert werden. Die Behörden berufen sich auf dieses Gesetz, wenn sie junge sunnitische Männer festnehmen, die im Verdacht stehen, Verbindungen zum IS zu haben (USDOS 2.6.2022). Wie in den Vorjahren gibt es auch weiterhin glaubwürdige Berichte darüber, dass Regierungskräfte, einschließlich der Bundespolizei, des Nationalen Sicherheitsdienstes (NSS) und der Volksmobilisierungskräfte (PMF), Personen, insbesondere sunnitische Araber, während der Festnahme, in der Untersuchungshaft und nach der Verurteilung misshandeln und foltern (USDOS 12.4.2022). Einige schiitische Milizen, darunter auch solche, die unter dem Dach der PMF operieren, sind für Angriffe auf sunnitische Zivilisten verantwortlich, mutmaßlich als Vergeltung für IS-Verbrechen an Schiiten (USDOS 2.6.2022).

Im Zuge von Anti-Terror-Operationen, aber auch an Kontrollpunkten, wurden seit 2014 junge, vorwiegend sunnitische Männer festgenommen. Den Sicherheitskräften werden dabei zahlreiche Fälle von Verschwindenlassen zur Last gelegt (AA 25.10.2021). Es gibt zahlreiche Berichte über Festnahmen und die vorübergehende Internierung von überwiegend sunnitisch-arabischen IDPs durch Regierungskräfte, den NSS, PMF, Peshmerga und Asayish (USDOS 12.4.2022).

Über eine Million sunnitische Araber sind vertrieben. Viele von ihnen werden verdächtigt den IS zu unterstützen und fürchten Vergeltungsmaßnahmen, wenn sie in ihre Häuser in den früher vom IS-kontrollierten Gebieten zurückkehren (USCIRF 4.2021). Die kurdischen Behörden haben Tausende von Arabern daran gehindert, in ihre Dörfer im Unterbezirk Rabia und im Bezirk Hamdaniya im Gouvernement Ninewa zurückzukehren, Gebiete, aus denen kurdische Einheiten 2014 den IS vertrieben und dort die territoriale Kontrolle übernommen hatten. Gleichzeitig jedoch erlaubte die KRG kurdischen Dorfbewohnern, in diese Gebiete zurückzukehren (HRW 13.1.2021).

Die PMF setzen ihre Unterdrückungspraktiken in sunnitischen Gebieten fort (BS 23.2.2022). Im August 2020 berichtet ein sunnitischer ehemalige Parlamentsabgeordneter aus Bagdad, dass regierungsnahe PMF sunnitische Bewohner des Bezirks al-Madain am Stadtrand von Bagdad gewaltsam vertreiben und versuchen würden, die Demografie des Bezirks zu verändern. Im September 2020 erklärte ein sunnitischer Parlamentarier aus dem Gouvernement Diyala, dass regierungsnahe schiitische Milizen weiterhin Sunniten in seinem Gouvernement gewaltsam vertreiben würden, was zu einem weitreichenden demografischen Wandel entlang der irakisch-iranischen Grenze führt (USDOS 12.5.2021). Auch 2021 gab es Warnungen über demografische Veränderungen durch die Vertreibung von Sunniten und Christen durch PMF-Kräfte aus den Gouvernements Salah ad-Din, Ninewa und Diyala (USDOS 2.6.2022). In Mossul, Ninewa werden sunnitische Zivilisten von Milizionären der "PMF Babylon" und "Shabak Hashd" wahllos schikaniert, eingeschüchtert und verhaftet. Einige PMF-Fraktionen werden auch für die Massaker von Farhatiyah und Khailaniyah im Jahr 2020 in Salah al-Din bzw. Diyala verantwortlich gemacht (BS 23.2.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043505.html, Zugriff 28.1.2021

             USCIRF – US Commission on International Religious Freedom [USA] (4.2021): United States Commission on International Religious Freedom 2021 Annual Report; USCIRF – Recommended for Special Watchlist: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052974/Iraq+Chapter+AR2021.pdf, Zugriff 2.2.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2051589.html, Zugriff 15.5.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Kurden

Letzte Änderung: 12.08.2022

Schätzungen zufolge sind 15-20 % der irakischen Bevölkerung Kurden, die mehrheitlich im Nordosten des Irak leben (GIZ 1.2021c; vergleiche AA 25.10.2021). Die Kurden in der Kurdistan Region Irak (KRI) bekennen sich überwiegend als Sunniten. Aber es gibt unter ihnen auch neuzeitliche Zoroastrier und Jesiden. Die meisten Kurden Bagdads fühlen sich einem schiitischen Religionszweig verbunden: dem des Faili-Schiitentums (GIZ 1.2021c).

Auch Kurden sind von ethnisch-konfessionellen Auseinandersetzungen betroffen, wenn sie außerhalb der KRI leben. Nach dem Unabhängigkeitsreferendum von 2017 hat die zentral-irakische Armee die zwischen der KRI und der Zentralregierung sogenannten "umstrittenen Gebiete" größtenteils wieder unter die Kontrolle Bagdads gebracht. Das Verhältnis zwischen Kurden und Arabern in den Gebieten ist generell angespannt (AA 25.10.2021).

Es gibt Berichte über willkürliche Festnahmen von Kurden, insbesondere in Ninewa, durch mit dem Iran verbündete PMF-Milizen (USDOS 12.4.2022). Kurden beklagen Landraub und Vertreibung (Rudaw 9.12.2020; vergleiche AA 25.10.2021). So gibt es immer wieder Meldungen über Landstreitigkeiten zwischen Kurden und Arabern, insbesondere im Gouvernement Kirkuk (Rudaw 9.12.2020). Im Dezember 2020 wurden beispielsweise die kurdischen Einwohner des Dorfes Palkana im Gouvernement Kirkuk gezwungen ihre Häuser zu verlassen (USDOS 30.3.2021; vergleiche K24 15.12.2020, Rudaw 9.12.2020). Ein Kontingent bestehend aus Angehörigen der Irakischen Armee, der PMF und der Bundespolizei hat das Dorf gestürmt und unter Androhung von Haft und Gewalt von den kurdischen Einwohnern die Räumung ihrer Häuser verlangt (K24 15.12.2020; vergleiche Rudaw 9.12.2020). Personen, die sich weigerten, wurden festgenommen (Rudaw 9.12.2020). Zu Hilfe gerufene lokale Polizei hat nicht eingegriffen (USDOS 30.3.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021c): Irak - Gesellschaft, https://www.liportal.de/irak/gesellschaft/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             K24 - Kurdistan 24 (15.12.2020): Kurdistan Region Parliament warns of continued 'Arabization' in Kirkuk, https://www.kurdistan24.net/en/story/23640-Kurdistan-Region-Parliament-warns-of-continued-%27Arabization%27-in-Kirkuk, Zugriff 1.4.2021

             Rudaw (9.12.2020): Kurds forced out of Kirkuk village: locals, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/09122020, 1.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/en/document/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

Bewegungsfreiheit

Letzte Änderung: 16.08.2022

Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit, Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an. Die Regierung respektiert das Recht auf Bewegungsfreiheit jedoch nicht konsequent. In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von IDPs und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern, ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften, als Reaktion auf Sicherheitsbedrohungen und Angriffe, die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken, Ausgangssperren zu verhängen, Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen (USDOS 12.4.2022).

In vielen Teilen des Landes, die von der Kontrolle durch den Islamischen Staat (IS) befreit wurden, kam es zu Bewegungseinschränkungen für Zivilisten, darunter sunnitische Araber sowie ethnische und religiöse Minderheiten, aufgrund von Kontrollpunkten von Sicherheitskräften (ISF, PMF, Peshmerga) (USDOS 12.4.2022). Checkpoints unterliegen oft undurchschaubaren Regeln verschiedenster Gruppierungen (NYT 2.4.2018). Der IS richtet falsche Checkpoints an Straßen zur Hauptstadt ein, um Zivilisten zu entführen bzw. Angriffe auf Sicherheitskräfte und Zivilisten zu verüben (AI 26.2.2019; vergleiche Zeidel/al-Hashimis 6.2019). Kämpfer des IS haben ihre Entführungsaktivitäten in den zwischen der kurdischen und irakischen Regierung umstrittenen Gebieten verstärkt (Rudaw 1.2.2020). So wurden beispielsweise Anfang 2020 bei zwei Vorfällen in den umstrittenen Gebieten von Diyala und Salah ad-Din, in der Garmiyan Region, mehrere Zivilisten an IS-Checkpoints entführt (Rudaw 1.2.2020; vergleiche K24 31.1.2020, K24 2.2.2020). Die Garmiyan-Verwaltung ist eine inoffizielle Provinz der Kurdistan Region Irak (KRI), die die drei Distrikte Kalar, Kifri und Chamchamal umfasst. Regionale kurdische Peshmerga- und Asayish-Kräfte sind für die Sicherheit in Garmiyan zuständig, während nationale irakische Kräfte die Region im Süden und Westen kontrollieren (K24 2.2.2020).

Der offizielle Wohnort wird durch die Aufenthaltskarte ausgewiesen. Bei einem Umzug muss eine neue Aufenthaltskarte beschafft werden, ebenso bei einer Rückkehr in die Heimatregion, sollte die ursprüngliche Bescheinigung fehlen (FIS 17.6.2019). Es gab zahlreiche Berichte, dass Sicherheitskräfte (ISF, Peshmerga, PMF) aus ethno-konfessionellen Gründen Bestimmungen, welche Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben, selektiv umgesetzt haben, um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken (USDOS 12.4.2022).

Angesichts der massiven Vertreibung von Menschen aufgrund der IS-Expansion und der anschließenden Militäroperationen gegen den IS zwischen 2014 und 2017 führten viele lokale Behörden strenge Einreise- und Aufenthaltsbeschränkungen ein, darunter unter anderem Bürgschafts-Anforderungen und in einigen Gebieten nahezu vollständige Einreiseverbote für Personen, die aus ehemals vom IS kontrollierten oder konfliktbehafteten Gebieten geflohen sind, insbesondere sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren. Die Zugangs- und Aufenthaltsbedingungen sind nicht immer klar definiert und/oder die Umsetzung kann je nach Sicherheitslage variieren oder sich ändern. Bürgschafts-Anforderungen sind in der Regel weder gesetzlich verankert, noch werden sie offiziell bekannt gegeben (UNHCR 11.1.2021). Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich etwas, nachdem die vom sog. IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden (FH 28.2.2022).

Nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie im März 2020 führten die Behörden auf nationaler und regionaler Ebene eine Reihe von Beschränkungen ein, darunter auch für die interne Bewegungsfreiheit (UNHCR 11.1.2021. So war etwa die Bewegungsfreiheit in den großen Städten und zwischen den einzelnen Gouvernements zum Teil stark eingeschränkt (GIZ 1.2021a). Die Vorgehensweise der lokalen Behörden bei der Durchsetzung dieser Beschränkungen war in den einzelnen Gouvernements unterschiedlich. Die meisten Beschränkungen wurden ab August 2020 wieder aufgehoben (UNHCR 11.1.2021).

Die Regierung verlangt von Bürgern unter 18 Jahren, die das Land verlassen wollen, eine Ausreisegenehmigung. Diese Vorschrift wird jedoch nicht konsequent durchgesetzt (USDOS 12.4.2022). Eine Einreise in den Irak ist mit einem gültigen und von der irakischen Regierung anerkannten irakischen nationalen Reisepass möglich. Die irakische Botschaft stellt zudem Passersatzpapiere an irakische Staatsangehörige zur einmaligen Einreise in den Irak aus. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren (AA 25.10.2021).

Der Irak hat fünf internationale Flughäfen: Bagdad, Najaf, Basra, Erbil und Sulaymaniyah (Anadolu 23.7.2020). Der internationale Flughafen von Mossul ist seit 2014 geschlossen, nachdem der IS die Stadt im Juni 2014 eingenommen hatte. Der Flughafen ist beschädigt und muss noch renoviert werden (Kirkuk Now 4.2.2020).

Der Irak verfügt über ein Straßennetz von etwa 45.000 km Länge. Etwa 80 % der Straßen sind asphaltiert. Allerdings ist es schwierig, den Zustand der Straßen zu ermitteln. Explosionen und der Verkehr großer Mengen gepanzerter Fahrzeuge kann diese in Mitleidenschaft gezogen haben (Driver Abroad o.D.).

Die wichtigste Straße im Irak ist die Autobahn (Freeway) 1, die von Basra über Nasiriyah, Al Diwaniyah, Al Hillah, Bagdad, Fallujah, Habbaniyah, Ramadi nach Ar Rutba in Anbar und weiter nach Syrien und Jordanien führt. Andere wichtige Straßen sind:

Fernstraße 1: von Bagdad über Taji, Samarra, Tikrit und Mossul nach Syrien
Fernstraße 2: von Bagdad über Baqubah, Al Khalis, Kirkuk, Erbil, Mossul, Dohuk und Zakhu in die Türkei
Fernstraße 3: von Bagdad über Baqubah und Erbil in den Iran
Fernstraße 4: von Kirkuk über Sulaymaniyah, Darbinadikhan und Jalaulah nach As Sa'Diyah
Fernstraße 5: von Baqubah über Muqdadiyah, As Sa'Diyah und Khanaqin in den Iran
Fernstraße 6: von Bagdad über Al Kut und Al Amarah nach Basra
Fernstraße 7: von Al Kut über Ash Shatrah nach Nasiriyah.
Fernstraße 8: von Bagdad über Al Hillah, Al-Qadisiyyah, As Samawah, Nasiriyah und Basra nach Kuwait.
Fernstraße 9: von Karbala über Al-Najaf nach Al-Qadisiyyah.
Fernstraße 10: von Ar Rutbah nach Jordanien.
Fernstraße 11: von Bagdad über Al Fallujah, Al Ramadi und Ar Rutbah nach Syrien.
Fernstraße 12: von Al Ramadi über Hit, Haditha und Al-Karābilah nach Syrien (Driver Abroad o.D.)

Die Sicherheitslage auf allen Strecken ist unvorhersehbar und kann sich schnell ändern. In den von den Sicherheitskräften kontrollierten Gebieten gibt es zahlreiche Kontrollpunkte. Die Fahrt auf vielen Straßen zwischen den Städten erfordert eine strenge Sicherheitsüberprüfung. In den umstrittenen Gebieten, in denen die Sicherheit nicht gewährleistet ist, dürfen nur Fahrzeuge aus dem jeweiligen Gouvernorat die Straßen befahren. Autos mit Nummernschildern aus einem anderen Gouvernement benötigen eine Sicherheitsgenehmigung (Driver Abroad o.D.).

In der Kurdischen Region im Irak (KRI) ist die Situation im Allgemeinen besser als im Rest des Landes. Im Norden der KRI gab es jedoch auch terroristische Zwischenfälle und Luftangriffe (Driver Abroad o.D.). Die meisten Straßen in der KRI wurden nicht nach modernen Betriebs- und Sicherheitsstandards gebaut und befinden sich aufgrund unzureichender Sicherheitsmaßnahmen häufig in einem schlechten Zustand. Seit Anfang 2014 hat sich die Wirtschaftskrise in der Region auch negativ auf die Straßen ausgewirkt. Die kurdische Regionalregierung (KRG) stoppte fast alle Straßenbau- und Instandhaltungsprojekte. Infolgedessen ist die Zahl der Unfälle gestiegen (Mohammed, Jaff, Schrock 9.2019).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 - Iraq [MDE 14/9901/2019], https://www.ecoi.net/en/file/local/2003674/MDE1499012019ENGLISH.pdf, Zugriff 16.3.2021

             Anadolu Agency (23.7.2020): Iraq resumes international flights after 4 months, https://www.aa.com.tr/en/latest-on-coronavirus-outbreak/iraq-resumes-international-flights-after-4-months/1920149, Zugriff 24.1.2022

             Driver Abroad (o.D.): Iraq; Iraq Car Rental and Driving in Iraq (and Kurdistan), https://driverabroad.com/countries/driving-in-the-middle-east/iraq/, Zugriff 2.2.2022

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FIS - Finnish Migrations Service [Finnland] (17.6.2019): Irak: Tiendonhankintamatka Bagdadiin Helmikuussa 2019 Paluut Kotialueille (Entisille ISIS-Alueille); Ajankohtaista Irakilaisista Asiakirjoista, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Irak+Tiedonhankintamatka+Bagdadiin+helmikuussa+2019+Paluut+kotialueille+%28entisille+ISIS-alueille%29%3B+ajankohtaista+irakilaisista+asiakirjoista.pdf/c5019f7f-e3f7-981b-7cea-3edc1303aa78/Irak+Tiedonhankintamatka+Bagdadiin+helmikuussa+2019+Paluut+kotialueille+%28entisille+ISIS-alueille%29%3B+ajankohtaista+irakilaisista+asiakirjoista.pdf, Zugriff 13.3.2020

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021a): Irak - Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             Mohammed, Hemin, Jaff, Dilshad, Schrock, Steven (9.2019): Transportation Research Interdisciplinary Perspectives, Volume 2; The challenges impeding traffic safety improvements in the Kurdistan Region of Iraq, https://reader.elsevier.com/reader/sd/pii/S2590198219300296?token=8B9F8F6D10BAF3B527B05D08378207F80CD3513ED73540326BD7AFC36FF9CCBAE6810B1B2FA6E9EA8A6113D610064780&originRegion=eu-west-1&originCreation=20220209104814, Zugriff 2.2.2022

             Kirkuk Now (4.2.2020): Mosul International Airport closed for six years, https://kirkuknow.com/en/news/61385, Zugriff 24.1.2022

             K24 - Kurdistan 24 (31.1.2020): ISIS kidnaps 7 civilians at fake checkpoint in Kurdistan’s Garmiyan region, https://www.kurdistan24.net/en/story/21800-ISIS-kidnaps-7-civilians-at-fake-checkpoint-in-Kurdistan%E2%80%99s-Garmiyan-region, Zugriff 16.3.2021

             K24 - Kurdistan 24 (2.2.2020): ISIS abducts two brothers at fake checkpoint in Garmiyan, https://www.kurdistan24.net/en/story/21816-ISIS-abducts-two-brothers-at-fake-checkpoint-in-Garmiyan, Zugriff 16.3.2021

             NYT - New York Times, The (2.4.2018): In Iraq, römisch eins Found Checkpoints as Endless as the Whims of Armed Men, https://www.nytimes.com/2018/04/02/magazine/iraq-sinjar-checkpoints-militias.html, Zugriff 13.3.2020

             Rudaw (1.2.2020): ISIS kidnaps 9 civilians in two nights in disputed areas of Diyala, Saladin provinces, https://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/010220201, Zugriff 16.3.2021

             UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (11.1.2021): Relevant Country of Origin Information to Assist with the Application of UNHCR’s Country Guidance on Iraq; Ability of Persons Originating from Formerly ISIS-Held or Conflict-Affected Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Internal Relocation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043432/5ffc243b4.pdf, Zugriff 1.3.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             Zeidel, Ronan/ al-Hashimis, Hisham in: Terrorism Research Initiative (6.2019): A Phoenix Rising from the Ashes? Daesh after its Territorial Losses in Iraq and Syria, https://www.jstor.org/stable/26681907, Zugriff 3.3.2021

Einreise und Einwanderung in den föderalen Irak

Letzte Änderung: 16.08.2022

Die Regierung in Bagdad verlangt von Bürgern, die das Land verlassen, eine Ausreisegenehmigung. Diese Vorschrift wird jedoch nicht konsequent durchgesetzt (USDOS 12.4.2022). Eine Einreise in den Irak ist mit einem gültigen und von der irakischen Regierung anerkannten irakischen Reisepass möglich. Die irakische Botschaft stellt zudem Passersatzpapiere an irakische Staatsangehörige zur einmaligen Einreise in den Irak aus. Iraker mit gültigem Reisepass genießen Reisefreiheit und können die Landesgrenzen problemlos passieren (AA 25.10.2021).

Es gibt keine Bürgschaftsanforderungen für die (zeitlich befristete) Einreise in die Gouvernements Babil, Bagdad, Basra, Dhi-Qar, Diyala, Kerbala, Kirkuk, Missan, Muthanna, Najaf, Qadisiyah und Wassit. Bürgschaftsanforderungen für die Einreise in die Gouvernements Missan und Muthanna wurden 2020 aufgehoben (UNHCR 11.1.2021). Lokale PMF-Gruppen verhinderten in gewissen Gebieten die Rückkehr von Binnenvertriebenen, beispielsweise nach Salah ad-Din oder von Christen in mehrere Städte in der Ninewa-Ebene, darunter Bartalla und Qaraqosh (USDOS 12.4.2022).

Für die dauerhafte Niederlassung in den verschiedenen Gouvernements existieren für Personen aus den vormals vom IS kontrollierten Gebieten, insbesondere für sunnitische Araber, einschließlich Personen, die aus einem Drittland in den Irak zurückkehren, unterschiedliche Regelungen. Für eine Ansiedlung in Bagdad werden zwei Bürgen aus der Nachbarschaft benötigt, in der die Person wohnen möchte, sowie ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar Anmerkung, etwa Dorf-, Gemeindevorsteher). Für die Ansiedlung in Diyala, sowie in den südlichen Gouvernements Babil, Basra, Dhi-Qar, Kerbala, Missan, Muthanna, Najaf, Qadisiyah und Wassit sind ein Bürge und ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar erforderlich. Ausnahmen stellen der nördliche Bezirks Muqdadiyah, der Unterbezirk Saadiyah im Bezirk Khanaqin, sowie der Norden des Unterbezriks Al-Udhim im Bezirk Khalis dar, in denen Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar, des nationalen Sicherheitsdiensts (National Security Service, NSS) und des Nachrichtendienstes notwendig sind. Für die Ansiedlung in der Stadt Kirkuk wird ein Unterstützungsschreiben des lokalen Mukhtar benötigt (UNHCR 11.1.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (11.1.2021): Relevant Country of Origin Information to Assist with the Application of UNHCR’s Country Guidance on Iraq; Ability of Persons Originating from Formerly ISIS-Held or Conflict-Affected Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Internal Relocation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043432/5ffc243b4.pdf, Zugriff 1.3.2021

Einreise und Einwanderung in die Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 16.08.2022

Die Kurdistan Region Irak (KRI) schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten für Nicht-Einheimische ein (USDOS 12.4.2022). Es wird für die Einreise in die Gouvernements Dohuk, Erbil und Sulaymaniyah, zwecks Aufenthalt von bis zu 30 Tagen, kein Bürge benötigt (UNHCR 11.1.2021). Bürger, die aus dem Zentral- oder Südirak in die KRI einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehören - auch Kurden) müssen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen über sich ergehen lassen. Checkpoints werden manchmal für längere Zeit geschlossen (USDOS 12.4.2022). Beamte hindern Personen, die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten, an der Einreise in die Region. Die Einreise ist für Männer oft schwieriger, insbesondere für arabische Männer, die ohne Familie reisen (USDOS 30.3.2021).

Inner-irakische Migration aus dem föderalen Irak in die KRI ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug (Niederlassung) jedoch kontrolliert (AA 25.10.2021). Wer sich dauerhaft niederlassen möchte, muss sich bei der kurdischen Geheimpolizei (Asayish-Behörde) des jeweiligen Distrikts anmelden (AA 25.10.2021; vergleiche UNHRC 11.1.2021). Eine Sicherheitsfreigabe durch die Asayish ist dabei in allen Regionen der KRI notwendig. Eine zusätzliche Anforderung für alleinstehende arabische und turkmenische Männer ist, dass sie eine feste Anstellung und ein Unterstützungsschreiben ihres Arbeitgebers vorweisen müssen. Nur in Dohuk muss eine Person in Begleitung des Bürgen, der die Einreise ermöglicht, vorstellig werden, um eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Für eine Niederlassung in Erbil oder Sulaymaniyah wird keine Bürgschaft verlangt (UNHCR 11.1.2021). Die Aufenthaltsgenehmigung ist, in der Regel, einjährig erneuerbar, abgesehen von Dohuk, wo die Aufenthaltsgenehmigung nur bis zu sechs Monate gültig ist (UNHCR 11.1.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022). Personen ohne feste Anstellung erhalten jedoch nur eine einmonatige, erneuerbare Genehmigung. Auch alleinstehende arabische und turkmenische Männer erhalten generell nur eine monatlich erneuerbare Aufenthaltsgenehmigung. Unter Vorlage des Nachweises einer regulären Beschäftigung und eines Unterstützungsschreibens ihres Arbeitgebers können sie auch eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung beantragen (UNHCR 11.1.2021). Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht (AA 25.10.2021).

Die kurdischen Behörden wenden Beschränkungen regional unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt (USDOS 30.3.2021). Die kurdischen Behörden haben Tausende von Arabern daran gehindert, in ihre Dörfer im Unterbezirk Rabia und im Bezirk Hamdaniya im Gouvernement Ninewa zurückzukehren, Gebiete, aus denen kurdische Einheiten 2014 den IS vertrieben und die territoriale Kontrolle übernommen hatten. Gleichzeitig jedoch erlaubte die KRG kurdischen Dorfbewohnern, in diese Gebiete zurückzukehren (HRW 13.1.2022).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022

             UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (11.1.2021): Relevant Country of Origin Information to Assist with the Application of UNHCR’s Country Guidance on Iraq; Ability of Persons Originating from Formerly ISIS-Held or Conflict-Affected Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Internal Relocation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043432/5ffc243b4.pdf, Zugriff 1.3.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048100.html, Zugriff 1.4.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 2.2.2021

Grundversorgung und Wirtschaft

Letzte Änderung: 22.08.2022

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten. Einige Städte und Siedlungen sind weitgehend zerstört. Die Stabilisierungsbemühungen und der Wiederaufbau durch die irakische Regierung werden intensiv vom United Nations Development Programme (UNDP) und internationalen Gebern unterstützt (AA 25.10.2021). Wiederaufbauprogramme liefen vor der Corona-Krise vorsichtig an (GIZ 1.2021b).

Nach Angaben der Weltbank (2018) leben 70 % der Iraker in Städten. Die Lebensbedingungen von einem großen Teil der städtischen Bevölkerung ist prekär, ohne ausreichenden Zugang zu grundlegenden öffentlichen Dienstleistungen. Die über Jahrzehnte durch internationale Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig (AA 25.10.2021).

Versorgungsengpässe bei Strom und Wasser sowie die mangelnde Arbeitsbeschaffung sind die Gründe für die andauernden Proteste in Iraks großen Städten (GIZ 1.2021b). Die Versorgungslage für die irakische Wohnbevölkerung stellt sich, je nach Region, sehr unterschiedlich dar. Die Knappheit an Strom und sauberem Trinkwasser hat 2018 zu mehreren, zum Teil gewalttätigen Protesten im Süden geführt (GIZ 1.2021d).

Wirtschaftslage

Der Irak ist eines der am stärksten vom Öl abhängigen Länder der Welt. In den letzten zehn Jahren machten die Öleinnahmen mehr als 99 % der Ausfuhren, 85 % des Staatshaushalts und 42 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus. Diese übermäßige Abhängigkeit vom Öl setzt das Land makroökonomischer Volatilität aus (WB 1.6.2022). Die größtenteils staatlich geführte Wirtschaft Iraks wird vom Ölsektor dominiert (Fanack 5.6.2020). Dieser erwirtschaftet rund 90 % der Staatseinnahmen (AA 25.10.2021; vergleiche GIZ 1.2021b). Abseits des Ölsektors besitzt der Irak kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat (AA 25.10.2021).

Die seit 2020 sinkenden Ölpreise und die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie haben sich negativ auf die Wirtschaftsentwicklung niedergeschlagen, die wirtschaftlichen Probleme des Iraks verstärkt und zwei Jahre der stetigen Erholung zunichte gemacht (WB 5.4.2021; vergleiche GIZ 1.2021b). Der Ölpreis fiel im April 2020 auf einen Tiefststand von 13,8 US-Dollar (Wing 2.6.2021). Im Zuge dessen haben sich auch die bestehenden wirtschaftlichen und sozialen Schwachstellen vertieft und den öffentlichen Unmut, der bereits vor COVID-19 bestand, noch verstärkt. Die Fähigkeit der irakischen Regierung ein Konjunkturpaket für eine Wirtschaft zu schnüren, die in hohem Maße von Ölexporten abhängig ist, um Wachstum und Einnahmen zu erzielen, wird durch den fehlenden fiskalischen Spielraum eingeschränkt. Infolgedessen hat das Land die größte Schrumpfung seiner Wirtschaft seit 2003 erlebt (WB 5.4.2021). Die Prognosen der ökonomischen Entwicklung im Irak sind schlechter denn je (GIZ 1.2021b). Die wirtschaftlichen Aussichten des Irak hängen von der weiteren Entwicklung der COVID-19-Pandemie, den globalen Aussichten am Ölmarkt und von der Umsetzung von Reformen ab (WB 5.4.2021). Die Wirtschaft erholt sich allmählich von den Öl- und COVID-19-Schocks im Jahr 2020. Das reale BIP dürfte 2021 um 1,3 % gestiegen sein, nachdem es 2020 um 11,3 % geschrumpft war. Die Trendwende auf den Ölmärkten hat die mittelfristigen Wirtschaftsaussichten des Irak deutlich verbessert. Für das Jahr 2022 wird nun ein Gesamtwachstum von 8,9 % prognostiziert. Die jüngsten geopolitischen Spannungen im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine machen die Risiken für die irakische Wirtschaft deutlich. Während weitere Ölpreissteigerungen die Haushaltsbilanz des Irak verbessern würden, werden steigende Lebensmittelpreise und Störungen bei den Agrarimporten die bereits bestehenden Armutstrends verschärfen und die Risiken für die Ernährungssicherheit erhöhen. Der Konflikt birgt auch Risiken für die irakische Rohölproduktion, wenn die Tätigkeit russischer Ölgesellschaften im Irak durch die internationalen Sanktionen gegen Russland beeinträchtigt wird (WB 1.6.2022).

Ein wichtiger Faktor für die Landwirtschaft, vor allem im Süden des Irak, sind die Umweltzerstörung und der Klimawandel. Abnehmende Niederschläge, höhere Temperaturen und flussaufwärts gelegene Staudämme in der Türkei und im Iran haben den Wasserfluss im Euphrat und Tigris Becken verringert, in dem die Gouvernements Basra, Dhi Qar und Missan liegen. Die Verringerung des Wasserflusses hat Auswirkungen auf den Zugang zu Wasser, der für den Anbau von Pflanzen entscheidend ist (Altai 14.6.2021).

Die Arbeitslosenquote im Irak stieg von 12,76 % im Jahr 2019 auf 13,74 % im Jahr 2020 (TE 2021). Im Januar 2021 lag die Arbeitslosenquote im Irak um mehr als 10 % über dem Niveau von 12,7 % vor der COVID-19-Pandemie (WB 1.6.2022). Laut Schätzung der Vereinten Nationen beträgt die Arbeitslosenquote 11 %, bei Jugendlichen unter 24 Jahren ist sie doppelt so hoch und liegt bei 22,8 %. Unter den IDPs sind fast 24 % arbeitslos oder unterbeschäftigt (im Vergleich zu 18 % im Landesdurchschnitt) (GIZ 1.2021b). Verschiedene Quellen geben, mit Verweis auf Regierungsquellen, Arbeitslosenquoten im Land zwischen 13,8 % und 40% an (ACCORD 28.9.2021). Darüber hinaus ist fast ein Viertel der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter nicht ausgelastet, also entweder arbeitslos oder unterbeschäftigt. Bei Frauen, die am Arbeitsmarkt teilnehmen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie arbeitslos, unter- oder teilzeitbeschäftigt sind (ILO 2021). Besonders hoch ist die Arbeitslosigkeit bei IDPs, die in Lagern leben, wo 29 % der Haushalte angaben, dass mindestens ein Mitglied arbeitslos ist und aktiv nach Arbeit sucht. Bei IDPs, die außerhalb von Lagern leben, sind es 22 % und 18 % bei Rückkehrern (OCHA 2.2021). Die Arbeitslosigkeit unter Vertriebenen, Rückkehrern, arbeitssuchenden Frauen, Selbstständigen aus der Zeit vor der Pandemie und informell Beschäftigten ist weiterhin hoch (WB 1.6.2022).

Die Arbeitsmarktbeteiligung im Irak war mit 48,7 % im Jahr 2019 bereits vor der Ausbreitung des COVID-19-Virus eine der niedrigsten der Welt (IOM 18.6.2021; vergleiche ILO 2021). Der wirtschaftliche Abschwung im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie hat die Beschäftigungsmöglichkeiten deutlich reduziert und die Löhne gesenkt (IOM 18.6.2021). Die Weltbank schätzt den Anteil der Arbeitssuchenden unter 24-Jährigen auf ca. 32 %. Die Arbeitsmarktbeteiligung der Frauen liegt wesentlich unter dem Durchschnitt der MENA-Region (GIZ 1.2021b). Je nach Quelle liegt sie bei rund 12 % (DFAT 17.8.2020), bzw. wird sie auf rund 20 % geschätzt (ILO 2021). Die Frauenarbeitslosigkeit liegt bei etwa 29,7 % (DFAT 17.8.2020).

Einer Umfrage von 2021 in Bagdad, Basra und Mossul zufolge sind etwa 34 % der Stadtbewohner ständig erwerbstätig, 38 % nur gelegentlich und 25 % sind arbeitslos. 12 % der Männer und 40 % der Frauen geben an, arbeitslos zu sein. Die Arbeitslosigkeit betrifft vor allem die 16- bis 18-Jährigen (48 %). 27 % der Einwohner im Alter von 19 bis 25 Jahren und 17 % im Alter von 26 bis 35 Jahren haben keine Arbeit. Während 30 % der Araber arbeitslos sind, sind es nur 10 % der Kurden. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so sind 19 % der Christen, 25 % der schiitischen und 30 % der sunnitischen Muslime arbeitslos. Während 75 % der kontinuierlich Beschäftigten mehr als 700.000 IQD verdienen, verdienen 62 % der Befragten, die nur gelegentlich arbeiten, weniger als 700.000 IQD (BFA, IRFAD 2021).

26 % der Befragten arbeiten Vollzeit, 30 % Teilzeit, 10 % haben mehrere Teilzeitstellen, 15 % sind Tagelöhner und 12 % Saisonarbeiter. Interessanterweise ist das Geschlechtergefälle bei der Vollzeitbeschäftigung (24 % der Frauen und 28 % der Männer) viel geringer als bei der Teilzeitbeschäftigung (35 % der Männer und 23 % der Frauen). Von den Kurden geben 29 % an, eine Vollzeitbeschäftigung zu haben, 43 % gehen einer Saison- oder Tagelohnarbeit nach. 22 % der Araber haben eine Vollzeitstelle und 45 % eine oder mehrere Teilzeitstellen. Was die Religionsgemeinschaften betrifft, so haben 20 % der sunnitischen Muslime eine Vollzeitstelle, während 50 % eine oder mehrere Teilzeitstellen haben. Von den schiitischen Muslimen geben 29 % an, eine Vollzeitbeschäftigung zu haben, und 20 % sind als Tagelöhner tätig. 33 % der Christen haben eine Vollzeitbeschäftigung, aber auch 20 % gehen einer Tagelöhnertätigkeit nach. 51 % derjenigen, die eine Teilzeitbeschäftigung oder Tagelohnarbeit ausüben, verdienen weniger als 700.000 IQD, während 57 % derjenigen, die Vollzeit arbeiten, mehr als 700.000 IQD verdienen (BFA, IRFAD 2021).

Einer Befragung vom Februar 2021 zufolge liegt das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte im Irak bei 384 USD (~561.180 IQD), das für ungelernte Arbeiter bei 215 USD (~314.200 IQD). Es zeigt sich dabei ein deutlicher Unterschied im Lohnniveau zwischen den vom Islamischen Staat (IS) zurückeroberten Gebieten und jenen, die nicht durch den IS besetzt waren. Für Fachkräfte liegt das Durchschnittsgehalt in den zurückeroberten Gebieten bei 289 USD (~422.350 IQD) und in Gebieten, die nicht vom Konflikt betroffen waren, bei 460 USD (~672.250 IQD). Für ungelernten Arbeitskräften betragen die Durchschnittslöhne in den zurückeroberten Gebieten 158 USD (~230.900 IQD) und in Gebieten die nicht vom Konflikt betroffen waren 263 USD (~384.350 IQD) (BFA, IRFAD 2021).

Die Armutsrate ist infolge der Wirtschaftskrise bis Juli 2020 auf ca. 30 % angestiegen (AA 25.10.2021; vergleiche ILO 2021), Laut Weltbank lag sie Anfang 2021 bei 22,5 % (WB 5.4.2021). Dabei ist die Armutsrate in ländlichen Gebieten deutlich höher als in städtischen (ILO 2021). Aufgrund der COVID-19-Pandemie hatte die irakische Regierung Schwierigkeiten, die Gehälter der sechs Millionen Staatsbediensteten zu zahlen, und Millionen von Menschen, die im privaten und informellen Sektor arbeiten, haben ihre Beschäftigung und ihre Lebensgrundlage verloren. Nach Schätzungen von UNICEF und der Weltbankgruppe fielen im Jahr 2020 schätzungsweise 4,5 Millionen Iraker unter die Armutsgrenze von 1,90 US-Dollar pro Tag (IOM 18.6.2021). Einhergehend mit dem neuerlichen Ansteigen der Ölpreise wird auch eine Reduktion der Armutsrate um 7 bis 14 % erwartet (WB 5.4.2021).

Die Löhne liegen zwischen 200 und 2.500 USD (163,8 und 2.047,45 EUR), je nach Qualifikation und Ausbildung. Für ungelernte Arbeitskräfte liegt das Lohnniveau etwa zwischen 200 und 400 USD (163,8 und327,59 EUR) pro Monat (IOM 18.6.2021). Dem oben zitierten Befragung zufolge verdienen 56 % der Befragten weniger als 600.000 IQD (360 EUR) und nur 5 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD (600 bis 1800 EUR). In der Einkommensgruppe unter IQD 600.000 sind 58 % Frauen und 55 % Männer, in der Gruppe mit einem Einkommen zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD sind 7 % Männer und nur 2 % Frauen. Die regionalen Daten zeigen, dass in Bagdad 54 % weniger als 600.000 IQD verdienen und nur 1,5 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD. In Basra haben 61 % ein Einkommen unter 600.000 IQD und 9 % verdienen zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD. In Mossul verdienen 56 % weniger als 600.000 IQD, während 10 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD liegen. 55 % der arabischen Befragten verdienen weniger als 600.000 IQD, während 5 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD verdienen. Von den kurdischen Befragten verdienen 54 % unter 600.000 IQD und 3 % zwischen 1.000.000 und 3.000.000 IQD. Nach Religionszugehörigkeit verdienen 61 % der Christen, 50 % der schiitischen Muslime und 59 % der sunnitischen Muslime weniger als 600.000 IQD (BFA, IRFAD 2021).

Nahrungsmittelversorgung

Der Irak ist in hohem Maße von Nahrungsmittelimporten (schätzungsweise 50 % des Nahrungsmittelbedarfs) abhängig (FAO 30.6.2020). Grundnahrungsmittel sind in allen Gouvernements verfügbar (IOM 18.6.2021).

Aufgrund von Panikkäufen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie kam es in den letzten beiden Märzwochen 2020 zu einem vorübergehenden Preisanstieg für Lebensmittel. Strenge Preiskontrollmaßnahmen der Regierung führten ab April 2020 zuerst zu einer Stabilisierung der Preise und ab Mai 2020 wieder zu einer Normalisierung (FAO 30.6.2020). Die lokalen Märkte haben sich in allen Gouvernements als widerstandsfähig angesichts der Pandemie bewährt (OCHA 2.2021).

Vor der Covid-19-Krise war eines von fünf Kindern unter fünf Jahren unterernährt. 3,3 Millionen Kinder sind laut UNICEF immer noch auf humanitäre Unterstützung angewiesen (AA 25.10.2021). Etwa 4,1 Millionen Iraker benötigen humanitäre Hilfe (FAO 11.6.2021).

Alle Iraker, die als Familie registriert sind und über ein monatliches Einkommen von höchstens 1.000.000 IQD (558,14 EUR) verfügen, haben Anspruch auf Zugang zum Public Distribution System (PDS) (IOM 18.6.2021; vergleiche USDOS 12.4.2022). Das PDS ist ein universelles Lebensmittelsubventionsprogramm der Regierung, das als Sozialschutzprogramm kostenlose Lebensmittel subventioniert oder verteilt (WB 2.2020). Formal erfordert die Registrierung für das PDS die irakische Staatsbürgerschaft sowie die Anerkennung als "Familie", die durch einen rechtsgültigen Ehevertrag oder eine Verwandtschaft ersten Grades (Eltern, Kinder) erreicht wird. Alleinstehende Rückkehrer können sich bei ihren Verwandten ersten Grades registrieren lassen, z.B. bei ihrer Mutter oder ihrem Vater. Sollten alleinstehende Rückkehrer keine Familienangehörigen haben, bei denen sie sich anmelden können, erhalten sie keine PDS-Unterstützung (IOM 18.6.2021). Die angeschlagene finanzielle Lage des Irak wirkt sich auch auf das PDS aus (WB 5.4.2021), insbesondere der niedrige Ölpreis schränkt die Mittel ein (USDOS 30.3.2021). In den vorangegangenen zwei Jahren hat die Regierung nur Mehl verteilt, aber keine anderen Waren wie Speiseöl oder Zucker. Ein Vorschlag der Regierung, die PDS-Nahrungsmittelverteilung durch Bargeldzahlungen (IQD 17.000, ca. 12 $ pro Person) zu ersetzen, wurde angesichts der anhaltenden Sicherheits- und wirtschaftlichen Instabilitäten noch nicht umgesetzt (BS 23.2.2022, S.26). Der Anteil der Haushalte, der im Rahmen des PDS Überweisungen erhalten hat, ist um etwa 8 % gesunken. Der Verlust von Haushaltseinkommen und Sozialhilfe hat die Anfälligkeit für Ernährungsunsicherheit erhöht (WB 5.4.2021).

Das Programm wird von den Behörden jedoch nur sporadisch und unregelmäßig umgesetzt, mit begrenztem Zugang in den wiedereroberten Gebieten. Die Behörden verteilen nicht jeden Monat alle Waren, und nicht in jedem Gouvernement haben alle Binnenvertriebenen (IDPs) Zugang zum PDS. Es wird berichtet, dass IDPs den Zugang zum PDS verloren haben, aufgrund der Voraussetzung, dass Bürger nur an ihrem registrierten Wohnort PDS-Rationen und andere Dienstleistungen beantragen können (USDOS 12.4.2022).

62 % der Befragten einer Umfrage von 2021 sind in der Lage oder schaffen es gerade noch, sich und ihre Familie ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. 34 % schaffen dies kaum oder gar nicht. 55 % der Frauen geben an, dass sie in der Lage, oder gerade noch in der Lage sind, sich mit Lebensmitteln zu versorgen, im Gegensatz zu 70 % der Männer. Die regionalen Antwortmuster zeigen, dass in Bagdad 59 % in der Lage oder gerade noch in der Lage sind, für Nahrungsmittel zu sorgen, ebenso wie 63 % in Basra und 69 % in Mossul. Insbesondere die 16- bis 18-Jährigen (56 %) geben an, nicht oder kaum in der Lage zu sein, sich selbst mit Lebensmitteln zu versorgen. Die ethnische Zugehörigkeit zeigt, dass 62 % der Araber und 58 % der Kurden nicht oder kaum in der Lage sind, sich selbst oder ihre Familien zu versorgen. Die Religionszugehörigkeit zeigt, dass 63 % der Christen, 62 % der schiitischen Muslime und 66 % der sunnitischen Muslime in der Lage, oder gerade noch in der Lage sind, sich ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. Sogar 73 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, sind in der Lage, sich selbst zu versorgen, oder schaffen es gerade noch (BFA, IRFAD 2021).

54 % der Befragten sind in der Lage oder schaffen es gerade noch, sich mit grundlegenden Konsumgütern zu versorgen, während 42 % dies nicht tun. Während 61 % der Männer angeben, dass sie in der Lage sind, sich und ihre Familie zu versorgen, gelingt dies 49 % der Frauen kaum oder gar nicht. Regional ergibt sich ein unterschiedliches Bild: In Bagdad sind 53 % in der Lage, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, ebenso wie 60 % in Mossul, während 49 % in Basra kaum oder gar nicht dazu in der Lage sind (in Basra schaffen es 32 % überhaupt nicht). Vor allem Jugendliche (71 %) im Alter von 16 bis 18 Jahren geben an, dass sie nicht in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, während die 19- bis 25-Jährigen (56 %) und die Gruppe der 26- bis 35-Jährigen (63 %) es schaffen bzw. gerade noch dazu in der Lage sind. 51 % der Araber geben an, dass sie in der Lage sind, sich mit grundlegenden Konsumgütern zu versorgen, oder es gerade so schaffen, ebenso wie 53 % der Kurden. Was die religiösen Gruppen betrifft, so geben 58 % der Christen, 53 % der schiitischen Muslime und 57 % der sunnitischen Muslime an, dass sie in der Lage sind, für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, oder es gerade noch schaffen. Von denjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, sind 57 % in der Lage, sich mit grundlegenden Konsumgütern zu versorgen, bzw. gerade noch (BFA, IRFAD 2021).

Aufgrund der Dürre kam es 2021 zu Ernteausfällen im Gouvernement Ninewa, sodass das Landwirtschaftsministerium (MoA) im April 2021 den Transport von Weizen und Gerste zwischen der KRI und dem Rest des Landes einschränkte, mit Ausnahme des Transfers in die Lagerhäuser des MoA, um Spekulanten und Schmuggler einzudämmen (FAO 11.6.2021).

Wasserversorgung

Die Hauptwasserquellen des Irak sind der Euphrat und der Tigris, die 98 % des Oberflächenwassers des Landes liefern (AGSIW 27.8.2021). Etwa 70 % des irakischen Wassers haben ihren Ursprung in Gebieten außerhalb des Landes (GRI 24.11.2019). Beide Flüsse entspringen in der Türkei, während der Euphrat durch Syrien fließt und einige Nebenflüsse durch den Iran fließen (AGSIW 27.8.2021). Der Wasserfluss aus diesen Ländern wurde durch Staudammprojekte stark, um etwa 80 % reduziert (GRI 24.11.2019; vergleiche AGSIW 27.8.2021). Das verbleibende Wasser wird zu einem großen Teil für die Landwirtschaft genutzt, die rund 13 der 38 Millionen Einwohner des Landes ernährt (GRI 24.11.2019). 2019 berichtete die Internationale Organisation für Migration der Vereinten Nationen (IOM), dass 21.314 Iraker in den südlichen und zentralen Gouvernements des Irak aufgrund von Trinkwassermangel vertrieben wurden. Spannungen zwischen den Stämmen um Wasser nehmen zu. Der Wassermangel in den südlichen Gouvernements wie Missan und Dhi-Qar und die immer wiederkehrenden Dürreperioden sind bereits die Hauptursache für lokale Konflikte (AGSIW 27.8.2021). Da die Niederschlagsperiode 2020/2021 die zweit niedrigste seit 40 Jahren war, kam es zu einer Verringerung der Wassermenge im Tigris und Euphrat um 29 % bzw. 73 % (UNICEF 29.8.2021).

Trinkwasser ist in allen Gouvernements verfügbar (IOM 18.6.2021). Fast drei von fünf Kindern im Irak haben jedoch keinen Zugang zu einer sicheren Wasserversorgung, und weniger als die Hälfte aller Schulen im Land haben Zugang zu einer grundlegenden Wasserversorgung (UNICEF 29.8.2021). Die Wasserversorgung im Irak wird durch marode und teilweise im Krieg zerstörte Leitungen in Mitleidenschaft gezogen. Dies führt zu hohen Transportverlusten und Seuchengefahr. Im gesamten Land verfügt heute nur etwa die Hälfte der Bevölkerung über Zugang zu sauberem Wasser. (Industrie)abfälle führen zusätzlich zu Verschmutzung (AA 25.10.2021).

Einer Umfrage von 2021 in Bagdad, Basra und Mossul zufolge geben insgesamt 60 % der Befragten an, immer Zugang zu sauberem Trinkwasser zu haben, 27 % manchmal, 12 % selten oder nie. Frauen scheinen weniger Zugang zu haben als Männer: 16 % haben selten oder nie Zugang, im Gegensatz zu 9 % der Männer. Regional gesehen ist der Zugang am niedrigsten in Mossul, wo 23 % selten oder nie Zugang haben, während 12 % in Basra und 7 % in Bagdad Zugang haben. 70 % der Kurden geben an, manchmal oder immer Zugang zu sauberem Trinkwasser zu haben, ebenso wie 57 % der Araber. Was die Religionsgemeinschaften betrifft, so haben 54 % der Christen, 65 % der schiitischen Muslime und 62 % der sunnitischen Muslime immer Zugang zu sauberem Trinkwasser. Auch bei den Einkommensverhältnissen gibt es Unterschiede: 91 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben immer Zugang zu sauberem Trinkwasser, aber nur 59 % derjenigen, die weniger verdienen (BFA, IRFAD 2021).

Stromversorgung

Die Stromversorgung des Irak ist im Vergleich zu der Zeit vor 2003 schlecht (AA 25.10.2021). Die meisten irakischen Städte haben keine 24-Stunden-Stromversorgung (DW 8.7.2021). Die Stromversorgung deckt nur etwa 60 % der Nachfrage ab, wobei etwa 20 % der Bevölkerung überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität haben. Die verfügbare Kapazität variiert je nach Gebiet und Jahreszeit (Fanack 2020). Besonders in den Sommermonaten wird die Versorgungslage strapaziert (DW 8.7.2021). Selbst in Bagdad ist die öffentliche Stromversorgung vor allem in den Sommermonaten häufig unterbrochen (AA 25.10.2021).

Das irakische Stromnetz verliert bei der Stromübertragung zwischen 40 und 50 %. Dieser Verlust hat sowohl technische Gründe, z.B. beschädigte, unzureichend funktionierende oder veraltete Stromübertragungsanlagen, als auch nichttechnische Gründe wie Diebstahl oder Manipulation. So wird zum Beispiel dem IS vorgeworfen Strommasten sabotiert zu haben (DW 8.7.2021). Der IS hat im Jahr 2021 vermehrt das irakische Stromnetz angegriffen, indem er wiederholt Strommasten gesprengt hat (Wing 6.9.2021; vergleiche Anadolu 2.7.2021). Allein im August 2021 wurden Masten in Bagdad, Babil, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din sabotiert (Wing 6.9.2021). Sabotageakte werden in jüngster Zeit zunehmend an Umspannwerken in Städten verübt und zielen auch auf die Trinkwasserversorgung, die Wasseraufbereitung und auf den Krankenhausbetrieb ab (VOA 14.8.2021). Am 2.7.2021 kam es zu einem stundenlangen, landesweiten Stromausfall (Anadolu 2.7.2021; vergleiche BBC 2.7.2021). Nur die KRI war davon nicht betroffen (BBC 2.7.2021). Häufige Stromausfälle führen zu Protesten. Mitte 2021 haben wütende Iraker Kraftwerke in Bagdad und Diyala gestürmt. Ende Juni 2021 ist der irakische Elektrizitätsminister, Majed Mahdi Hantoush, zurückgetreten (DW 8.7.2021)

Einer Umfrage von 2021 in Bagdad, Basra und Mossul zufolge haben 30 % der Befragten immer Strom zur Verfügung, 31 % manchmal, 34 % meistens und 5 % nie. Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben 63 % immer Strom zur Verfügung, während dies nur für 22 % der Wenigerverdienergilt (BFA, IRFAD 2021).

Unterkunft

Einer Umfrage von 2021 in Bagdad, Basra und Mossul zufolge leben 52 % aller Befragten bei ihren Eltern oder Schwiegereltern, während 43 % in einer eigenen Wohnung leben. In Bagdad leben 51 % in einer eigenen Wohnung, während in Basra 55 % und in Mosul 64 % bei ihren Eltern oder Schwiegereltern wohnen. Von den Kurden leben 50 % in einer eigenen Wohnung, während 53 % der Araber bei ihren Eltern oder Schwiegereltern leben. 58 % der Christen leben in einer eigenen Wohnung, während 55 % der schiitischen Muslime und 53 % der sunnitischen Muslime bei ihren Eltern oder Schwiegereltern leben. Interessanterweise hat das Einkommensniveau keinen Einfluss auf die Wohnsituation: Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, leben 52 % in einer eigenen Wohnung, von denen, die weniger verdienen, 51 % (BFA, IRFAD 2021).

Von den Befragten leben 66 % in einem Haus und 29 % in einer Wohnung. In Bagdad leben 67 % in einem Haus, in Basra 61 % und in Mosul 68 %. 65 % der Araber und 60 % der Kurden geben an, in einem Haus zu leben. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so leben 63 % der Christen, 67 % der schiitischen Muslime und 71 % der sunnitischen Muslime in einem Haus. Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, leben 77 % in einem Haus, während 59 % derjenigen, die weniger verdienen, in einem Haus leben (BFA, IRFAD 2021).

Von allen Befragten haben über 70 % ein Dach, Fenster, Türen und einen Fernseher in ihrer Wohnung; über 60 % geben an, fließendes Wasser, eine Toilette mit Wasserspülung und ein Bad/eine Dusche zu haben, und über 50 % verfügen über einen Herd und einen Internetanschluss. Nur 46 % haben einen Kühlschrank und 28 % eine Heizung. Das Einkommen (derjenigen, die mehr als und weniger als 700.000 IQD verdienen) ist ausschlaggebend für den Besitz eines Fernsehers (89 % vs. 71 %), eines Bades/einer Dusche (71 % vs. 61 %), eines Internetanschlusses (79 % vs. 47 %) und einer Heizung (43 % vs. 27 %). 52 % der Befragten gaben an, dass ihre Wohnung/ihr Haus ihnen gehört, während 38 % angaben, dass sie gemietet sind. Der Anteil der Hausbesitzer ist in Mosul mit 67 % am höchsten, gefolgt von 59 % in Basra und 42 % in Bagdad. 53 % der Kurden geben an, eine Wohnung oder ein Haus zu besitzen, ebenso wie 45 % der Araber. Was die Religionszugehörigkeit angeht, so besitzen 60 % der Christen, 54 % der schiitischen Muslime und 48 % der sunnitischen Muslime eine Wohnung oder ein Haus. Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, besitzen 75 % eine Wohnung, während es bei denjenigen, die weniger verdienen, nur 43 % sind. Von allen Befragten zahlen 24 % weniger als 250.000 IQD pro Monat für ihre Wohnung, 25 % zwischen 250.001 und 500.000 IQD, 3 % zwischen 500.001 und 999.999 IQD und 1 % mehr als 1.000.000 IQD. 48 % der Befragten haben auf diese Frage nicht geantwortet. 50 % der Befragten leben in einer Wohnung mit mehr als 100 m², 43 % haben 60-100 m² zur Verfügung und 7 % 20-60 m². In der Einkommensgruppe über 700.000 IQD leben 66 % in einer Wohnung, die größer als 100 m² ist, während 47 % der Befragten, die weniger als diesen Betrag verdienen, in einer Wohnung leben. 56 % teilen ihre Wohnung mit 4-5 Mitbewohnern, während 16 % mit 1-3 Personen und 28 % mit 6-8 Personen zusammenleben (BFA, IRFAD 2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (28.9.2021): Anfragebeantwortung zum Irak: Kirkuk: Arbeitsmarktlage [a-11674-2], https://www.ecoi.net/en/document/2061064.html, Zugriff 1.10.2021

             AGSIW - The Arab Gulf States Institute bin Washington (27.8.2021): Iraq’s Water Crisis: An Existential But Unheeded Threat, https://agsiw.org/iraqs-water-crisis-an-existential-but-unheeded-threat/, Zugriff 1.9.2021

             Altai Consulting (14.6.2021): Economic relief, recovery, and resilience - Assessment for Southern Iraq, https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---arabstates/---ro-beirut/documents/publication/wcms_802486.pdf, Zugriff 25.8.2021

             Anadolu Agency (2.7.2021): العراق.. إعادة تشغيل كامل منظومة الكهرباء بعد توقفها لساعات [Irak.. Neustart des gesamten Stromsystems nach stundenlangem Stillstand], https://www.aa.com.tr/ar/%D8%A7%D9%84%D8%AF%D9%88%D9%84-%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A8%D9%8A%D8%A9/%D8%A7%D9%84%D8%B9%D8%B1%D8%A7%D9%82-%D8%A5%D8%B9%D8%A7%D8%AF%D8%A9-%D8%AA%D8%B4%D8%BA%D9%8A%D9%84-%D9%83%D8%A7%D9%85%D9%84-%D9%85%D9%86%D8%B8%D9%88%D9%85%D8%A9-%D8%A7%D9%84%D9%83%D9%87%D8%B1%D8%A8%D8%A7%D8%A1-%D8%A8%D8%B9%D8%AF-%D8%AA%D9%88%D9%82%D9%81%D9%87%D8%A7-%D9%84%D8%B3%D8%A7%D8%B9%D8%A7%D8%AA/2292230, Zugriff 30.8.2021

             BBC News (2.7.2021): انقطاع الكهرباء في العراق: #ماكو_كهرباء يتصدر وسوم العراق تعبيرا عن معاناة الشعب مع الحر [Stromausfälle im Irak: Mako_ Electricity führt die Schlagzeilen des Irak an und drückt das Leid der Menschen mit der Hitze aus], https://www.bbc.com/arabic/trending-57698908, Zugriff 30.8.2021

             BFA Staatendokumentation (Autor), IRFAD - Iraqi Foundation for Analysis and Development (Autor) (2021): Dossier Iraq; Socio-Economic Survey 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062611/IRAQ+-+Socio-Economic+Survey+2021.pdf, Zugriff 29.11.2021

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (17.8.2020): DFAT Country Information Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036511/country-information-report-iraq.pdf, Zugriff 25.8.2021

             DW - Deutsche Welle (8.7.2021): How to solve Iraq's hellishly hot power crisis, https://www.dw.com/en/why-are-iraqs-electricity-issues-so-hard-to-solve/a-58189500, Zugriff 15.8.2021

             Fanack (2020): Energy file: Iraq, https://fanack.com/fanack-energy/iraq/, Zugriff 15.8.2021

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             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021d): Irak - Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

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             VOA - Voice of America (14.8.2021): Iraqi PM Vows to Target Terrorists Attacking Electricity Grid, https://www.voanews.com/a/middle-east_iraqi-pm-vows-target-terrorists-attacking-electricity-grid/6209584.html, Zugriff 29.9.2021

             WB - World Bank, The (1.6.2022): The World Bank In Iraq, https://www.worldbank.org/en/country/iraq/overview, Zugriff 17.8.2022

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             Wing, Joel, Musings on Iraq (6.9.2021): Islamic State’s Summer Offensive In Iraq Ends In August, http://musingsoniraq.blogspot.com/2021/09/islamic-states-summer-offensive-in-iraq.html, Zugriff 7.9.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (2.6.2021): Iraq’s Oil Revenues Continue To Climb In May 2021, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/iraqs-oil-revenues-continue-to-climb-in.html, Zugriff 6.6.2021

Grundversorgung und Wirtschaft in Bagdad und im Südirak

Letzte Änderung: 22.08.2022

Bagdad

Bagdad ist das Zentrum des irakischen Wirtschafts-, Handels-, Banken- und Finanzsektors. Bagdad ist ebenso ein wichtiges Zentrum für die Erdölindustrie (NCCI 12.2015; vergleiche EASO 9.2020). Bis auf die Schwerindustrie ist ein großer Teil der irakischen Produktion in Bagdad angesiedelt. Die Regierung ist dabei der wichtigste Arbeitgeber in der Stadt (EASO 9.2020). Einige Sektoren waren besonders betroffen von Auswirkungen der COVID-19-Pandemie, darunter das Transportwesen, das Baugewerbe, die Lebensmittelindustrie, das Bildungswesen, der Tourismus, die Geflügel- und Fischzucht, sowie der Einzelhandel, insbesondere für Bekleidung. Die meisten Frauen sind in den Bereichen Nähen, Friseurhandwerk, Unterricht und Einzelhandel tätig, die alle von Auswirkungen der COVID-19- Pandemie negativ beeinflusst wurden (IOM 9.2021a).

Laut einer Befragung im Distrikt Mahmoudiya vom Februar 2021 liegen die derzeitigen Durchschnittsgehälter für Fachkräfte bei 264 USD (~385.813 IQD) und reichen von 170 bis 540 USD (~248.440 bis 789.160 IQD). Etwa die Hälfte der befragten Arbeitgeber gab jedoch an, keine Fachkräfte zu beschäftigen, obwohl dies in der Vergangenheit der Fall war, und zahlten ihnen ein Durchschnittsgehalt von 291 USD (~425.270 IQD) (IOM 9.2021a).

Im Jahr 2016 lag die Arbeitslosenquote in Bagdad zwischen 6 % und 10 %. Für 2017 betrug sie 9,3 %. Unter jungen Menschen im Alter von 15 bis 24 Jahren wird die Arbeitslosigkeit im Jahr 2016 mit 18,6 % und für 2017 mit 5-7 % beziffert (EASO 9.2020). Im Jahr 2018 war über 1 % der Bevölkerung von akuter Armut betroffen und 4 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020; vergleiche EASO 9.2020). Einer Umfrage von 2021 zufolge gehen 28 % der Befragten einer Vollbeschäftigung nach, während 17 % angeben arbeitslos zu sein (BFA, IRFAD 2021).

Etwa 6,39 % der Bevölkerung Bagdads (rund 456.500 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 0,46 % (rund 32.600 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Bagdad im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Bagdad bei 86,9 % (CSO 2018a). 2019 war für etwa 70 % der Einwohner Bagdads ständige Verfügbarkeit von Trinkwasser gegeben, während 30 % nur unregelmäßigen Zugang zu Trinkwasser hatten (WFP 2019). Mitte Juli 2021 wurde die Wasserversorgung in Karkh, im Westen Bagdads durch einen Sabotageakt an Strommasten in Tarmiya, die die Pumpstation versorgen, unterbrochen (Swissinfo 17.7.2021). Auch Mitte August 2021 wurde durch einen Anschlag auf einen Strommasten in Tarmiya, der die dortige Pumpstation mit Energie versorgte, die Trinkwasserversorgung für mehrere Millionen Bewohner im Westen der Stadt Bagdad unterbrochen (AN 14.8.2021).

Die öffentliche Stromversorgung ist in Bagdad vor allem in den Sommermonaten häufig unterbrochen (AA 25.10.2021). Stromausfälle führen häufig zu Protesten. Mitte 2021 haben wütende Iraker Kraftwerke in Bagdad gestürmt (DW 8.7.2021). Seit Beginn des Sommers 2021 häufen sich Angriffe auf das irakische Stromnetz, das ohnehin bereits mit schweren Stromengpässen zu kämpfen hat. Diese Angriffe werden von den Behörden terroristischen Kräften oder dem IS zugeschrieben (AN 14.8.2021).

Einer Umfrage von 2021 zufolge gaben 21 % der Befragten Personen in Bagdad an, immer Strom zur Verfügung zu haben, 41 % manchmal, 34 % meistens und 4 % nie (BFA, IRFAD 2021).

Babil

Die COVID-19 Pandemie hat einige Sektoren besonders betroffen, darunter den Handel (Großhandel, Einzelhandel, kleine Geschäfte), das Gastgewerbe, den Tourismus, das Transportwesen, den Dienstleistungssektor, die Industrie und den Agrarsektor (insbesondere Milchwirtschaft und Gemüseanbau) (IOM 9.2021b).

Einer Befragung von Februar bis März 2021 im Distrikt al-Musayyab in Babil zufolge liegen die Durchschnittseinkommen bei etwa 200 USD (~292.280 IQD) (IOM 9.2021b).

Im Jahr 2018 waren etwa 1,68 % der Bevölkerung des Gouvernements Babil von akuter Armut betroffen und 8,03 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).

Etwa 10,61 % der Bevölkerung Babils (rund 214.200 Personen) leiden unter unzureichender Ernährung. Für rund 16,67 % (rund 336.500 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Babil im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Babil bei 68,1 % (CSO 2018b).

Basra

Basra ist eines der Gouvernements mit den größten Ölreserven im Irak. Die Ölproduktion macht 90 % des BIP des Gouvernements aus (Altai 14.6.2021). Im Jahr 2019 machten die Ölexporte aus Basra rund 98 % der Einnahmen der Bundesregierung aus (LSE 2.4.2020). Einige Sektoren wurden von der COVID-19-Pandemie besonders betroffen, darunter das private Bildungswesen, der Tourismus, Restaurants, Cafés, der Handel mit Elektrogeräten, das Baugewerbe, der Dienstleistungssektor und die Industrie im Allgemeinen. Frauen sind besonders in der privaten Bildung und im Dienstleistungssektor beschäftigt (IOM 9.2021c).

Die Landwirtschaft in Basra wird durch Wassermangel beeinträchtigt, verursacht durch flussaufwärts gelegene Dämme in der Türkei und im Iran, die verschlechterte Qualität von Süßwasserquellen, insbesondere durch Versalzung aufgrund von eindringendem Meerwasser, sowie durch die Umweltverschmutzung. Dies hat viele Landbewohner, die von der Landwirtschaft leben, dazu veranlasst, ihre Häuser zu verlassen und in andere ländliche Orte oder Städte zu ziehen (Altai 14.6.2021).

Die Erwerbsquote in Basra ist von 44 % im Jahr 2016 auf 41,5 % im Jahr 2017 gefallen. Auch die Arbeitslosenrate ist gefallen, von 12,4 % im Jahr 2016 auf 7,6 % im Jahr 2017 (CSO 2018a). Im Jahr 2018 waren etwa 2,25 % der Bevölkerung des Gouvernements Basra von akuter Armut betroffen und 8,79 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020; vergleiche EASO 9.2020). Einer Umfrage von 2021 zufolge gehen 20 % der Befragten in Basra einer Vollbeschäftigung nach, während 39 % angeben arbeitslos zu sein (BFA, IRFAD 2021).

Laut einer Befragung im Distrikt Qurna vom Februar 2021 liegen die derzeitigen Durchschnittsgehälter für Fachkräfte bei 302 USD (~441.350 IQD) und reichen von 100 bis über 500 USD (~146.140 bis 730.710 IQD). Etwa die Hälfte der befragten Arbeitgeber gab an, auch ungelernte Arbeiter zu beschäftigen. Diese erhalten einen Durchschnittslohn von 265 USD (~387.270), zwischen 100 und 600 USD (~146.140 bis 876.850 IQD) (IOM 9.2021c).

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) nennt 2021 Basra als eines von fünf irakischen Gouvernements mit hoher Ernährungsunsicherheit (WFP 1.2021). Etwa 1,82 % der Bevölkerung Basras (rund 53.300 Personen) ist unzureichend ernährt. Für rund 0,91 % (rund 26.600 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Trotzdem hat Basra laut einer Untersuchung vom Juli 2020 bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Basra bei 90 % (CSO 2018c). In der Hafenstadt Basra wird die Wasserversorgung in den Sommermonaten immer wieder kritisch. Insbesondere 2018 litt die Stadt unter einer Wasserkrise. Über 100.000 registrierte Fälle von Magen-Darm-Erkrankungen waren auf die schlechte Wasserqualität zurückzuführen (AA 25.10.2021).

Einer Umfrage von 2021 zufolge gaben 29 % der Befragten Personen in Basra an, immer Strom zur Verfügung zu haben, 24 % manchmal, 44 % meistens und 3 % nie (BFA, IRFAD 2021).

Dhi-Qar

Laut einer Befragung im Distrikt Suq Al-Shoyokh vom Februar 2021 sind die Durchschnittsgehälter für Fachkräfte aufgrund der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie von 424 USD (~619.640 IQD) um 58 USD gesunken (auf 366 USD, ~534.880 IQD). Bei ungelernten Arbeitskräften ist das Durchschnittsgehalt von 268 USD (~391.660 IQD) im Februar 2020 auf 250 USD (~365.350 IQD) gesunken. Im Durchschnitt haben Arbeitgeber 73 % ihrer Beschäftigten gehalten (IOM 9.2021d). Rund 1,25 % der Bevölkerung des Gouvernements Dhi Qar waren 2018 von akuter Armut betroffen, 3,48 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).

Die Landwirtschaft in Dhi-Qar ist beeinträchtigt durch Wassermangel, verursacht durch flussaufwärts gelegene Aufstauungen in der Türkei und im Iran, sowie durch Umweltverschmutzung. Dies hat viele Landbewohner, die von der Landwirtschaft leben, dazu veranlasst, ihre Häuser zu verlassen und in andere ländliche Orte oder Städte zu ziehen (Altai 14.6.2021).

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) nennt Dhi Qar als eines von fünf irakischen Gouvernements mit hoher Ernährungsunsicherheit (WFP 1.2021). Für rund 5 % der Bevölkerung Dhi Qars (rund 108.300 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Trotzdem hat Dhi Qar laut einer Untersuchung vom Juli 2020 bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Dhi Qar bei 72,9 % (CSO 2018d; vergleiche ACCORD 23.8.2021). Eine unregelmäßige Stromversorgung von Wasseraufbereitungsanlagen hat die Wasserversorgung in Dhi Qar im Lauf der Jahre 2020 und 2021 mehrfach negativ beeinflusst. Die Trinkwasserversorgung mehrer Städte wurde wiederholt unterbrochen, so auch im Juni und Juli 2021. Die Einwohner mehrerer Städte wie der Provinz-Hauptstadt Nasiriyah, sowie Al-Dawiya, Al-Shatra und Al-Gharaf wurden wiederholt aufgerufen ihren Wasserverbrauch zu reduzieren. Ein Sabotageakt an einer Wasserleitung hat im Februar 2021 zu einem totalen Ausfall der Trinkwasserversorgung für den Distrikt Al-Batha geführt (ACCORD 23.8.2021).

Kerbala

Die Arbeitslosigkeit in Kerbala wurde von den Befragten im Distrikt Kerbala im Februar 2021 im Rahmen einer IOM-Studie als "extrem" hoch bezeichnet. Einige Berufssparten sind besonders von der COVID-19-Pandemie betroffen, darunter der Handel (Großhandel, Einzelhandel und kleine Geschäfte), das Gastgewerbe, der Tourismus, das Transportwesen, der Dienstleistungssektor, die Industrie im Allgemeinen und insbesondere die Milchwirtschaft sowie der Gemüseanbau im Agrarsektor (IOM 9.2021e).

In Kerbala ist eine reguläre Beschäftigung im privaten Sektor häufiger als Tagelöhnerei (Altai 14.6.2021). Das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte wird mit 134 USD (~195.830 IQD) angeben, das für ungelernte Arbeitskräfte mit 100 USD (~146.140 IQD) (IOM 9.2021e).

Im Jahr 2018 waren etwa 1,72 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 4,7 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).

In Kerbala sind statistisch gesehen keine Bevölkerungsanteile von Nahrungsmittelknappheit betroffen (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Kerbala im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Wegen wiederholter Stromausfälle haben im Juli 2020 Demonstranten ein Kraftwerk in Kerbala lahmgelegt (Anadolu 19.7.2020). Im August 2021 wurden Stromleitungen im Zentrum von Kerbala mit Sprengsätzen getroffen, die zwei Türme beschädigten (Al Monitor 18.8.2021).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Kerbala bei 92,7 % (CSO 2018e).

Missan

Missan ist neben Basra das Gouvernement mit den größten Ölreserven im Irak. Die Ölproduktion macht 50 % des BIP von Missan aus. Nur etwa 18 % der Ackerfläche in Missan wird landwirtschaftlich genutzt. Die Landwirtschaft in Missan wird durch Wassermangel, verursacht unter anderem durch Staudämme in der Türkei und im Iran, sowie durch Umweltverschmutzung beeinträchtigt. Dies hat viele Landbewohner, die von der Landwirtschaft leben, dazu veranlasst, ihre Häuser zu verlassen und in andere ländliche Orte oder Städte zu ziehen (Altai 14.6.2021).

Laut einer Befragung im Distrikt Amara vom Februar 2021 hat die COVID-19-Pandemie alle Sektoren, außer dem medizinischen (Apotheken, Kliniken) beeinträchtigt. Die meisten Arbeitgeber haben die Zahl ihrer Angestellten und die ausgezahlten Gehälter reduziert (IOM 9.2021f).

Die derzeitigen Durchschnittslöhne für Facharbeiter liegen bei 253 USD (~369.740 IQD) und reichen von 70 bis 750 USD (~102.300 bis 1.096.060 IQD). Die Löhne von ungelernten Arbeitern liegen im Durchschnitt bei 166 USD (~242.590 IQD). Vor den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie lagen sie bei 258 USD (~377.040 IQD). Viele Jugendliche sind als Tagelöhner im Baugewerbe. Die Tagessätze liegen bei 17 USD (~24.840 IQD), bzw. 50 USD (~73.070 IQD) für Facharbeiter. Bei Kleinunternehmen liegen die Tagessätze bei nur 7 USD (~10.230 IQD) (IOM 9.2021f).

Frauen arbeiten in der Regel in bestimmten Sektoren, die meist auf ihre Geschlechterrolle abgestimmt sind, im Lebensmittelsektor (Herstellung von Süßwaren), im Textilsektor (Näherei und Schneiderei), im Dienstleistungssektor (Friseur-, Schönheitssalons) sowie im Handel (Bekleidung). Frauen leisten auch einen Beitrag zur Land- und Viehwirtschaft, einschließlich Viehzucht, Milchwirtschaft und Honigproduktion (IOM 9.2021f).

Im Jahr 2018 waren etwa 3,04 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 10,57 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).

Für rund 22,73 % der Bevölkerung Missans (rund 263.500 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Missan im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Missan bei 91,1 % (CSO 2018f).

Muthanna

In Muthanna ist Tagelöhnerei häufiger anzutreffen als reguläre Beschäftigung im privaten Sektor (Altai 14.6.2021).

Im Jahr 2018 waren etwa 1,72 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 3,25 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).

Etwa 6,45 % der Bevölkerung Muthannas (rund 55.400 Personen) verfügt über unzureichenden Zugang zu Nahrungsmitteln. Für rund 19,35 % (rund 166.100 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Muthanna im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Muthanna bei 76,4 % (CSO 2018g).

Najaf

Einer Befragung vom Februar 2021 im Kufa Distrikt zufolge liegen die Durchschnittsgehälter für Facharbeiter bei 231 USD (~337.590 IQD) und reichen von 136 bis 680 USD (~198.750 bis 993.760 IQD). Für ungelernte Arbeiter wird der Durchschnittslohn auf 183 USD geschätzt. Arbeitgeber haben im Vergleich zu vor der COVID-19-Pandemie etwa 90 % ihrer Arbeitskräfte gehalten (IOM 9.2021g).

Im Jahr 2018 waren etwa 4,39 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 9,78 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Statistisch gesehen sind in Najaf keine Bevölkerungsanteile von Nahrungsmittelknappheit betroffen (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Najaf im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Najaf bei 93,4 % (CSO 2018h). Im Juli 2020 waren einige Gebiete des Gouvernements von einer Wasserknappheit betroffen, namentlich einige Viertel in den Städten Kufa und Najaf. Die Probleme wurden von der Wasserdirektion von Najaf auf die Stromversorgung zurückgeführt. Stromausfälle bei den Wasserwerken von Kufa und dem zentralen Wasserwerk von Najaf haben die Wasserversorgung beeinträchtigt (Al-Sumaria, 25.7.2020). Auch für den Sommer 2021 hat die Wasserdirektion von Najaf Trinkwassermangel vorausgesagt. Bei einem Bedarf von 25.000 Kubikmetern könnten nur 18.000m³ Trinkwasser gefördert werden (Al-Ahad 4.6.2021). Im August 2021 beklagten die Bewohner von al-Sahawi im Sub-Distrikt Abbasiya, gelegen im Distrikt al-Kufa, einen anderthalb monatigen Trinkwassermangel. Für insgesamt 50 von der Trinkwasserversorgung abgeschnittene Häuser erfolgte die Wasserversorgung letztlich durch Tankwägen (Rudaw 14.8.2021).

Mitte September 2021 kam es im Najaf zu einem Stromausfall, der das gesamte Gouvernement betroffen hat. Auch die Notversorgung für Krankenhäuser und Wasserprojekte war betroffen. Die Stromversorgung konnte schrittweise wiederhergestellt werden (NINA 19.9.2021; vergleiche Al-Ahad 19.9.2021).

Qadisiyah

Im Jahr 2018 waren etwa 1,16 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen, 9,23 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Statistisch gesehen sind keine Bevölkerungsanteile von Nahrungsmittelknappheit betroffen (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Qadisiyah im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung bei 72,9 % (CSO 2018i).

Wassit

Die Erwerbsquote in Wassit ist von 44,9 % im Jahr 2016 auf 39,5 % im Jahr 2017 gefallen. Auch die Arbeitslosenrate ist gefallen, von 10,8 % im Jahr 2016 auf 8,7 % im Jahr 2017 (CSO 2018b). Im Jahr 2018 waren etwa 1,49 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 11,77 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020).

Etwa 4,35 % der Bevölkerung Wassits (rund 58.300 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 8,7 % (rund 116.700 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). In einer Umfrage vom Mai 2020 zufolge gaben 5-10 % der befragten Personen unzureichende Nahrungsaufnahme an (WB, WFP, FAO, IFAD 2.7.2020). Trotzdem hat Wassit laut einer Untersuchung vom Juli 2020 bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren zehn von zehn möglichen Punkten erhalten [Anm.: Verfügbarkeit ist hier nicht gleichzusetzen mit Leistbarkeit] (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Wassit bei 80 % (CSO 2018j; vergleiche ACCORD 9.8.2021).

Quellen:

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             ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (9.8.2021): Anfragebeantwortung zum Irak: Wassit: Aktuelle sozioökonomische Lage (Nahrungsmittel, Trinkwasser, Wohnungsmarkt (Wohnung für fünf- oder siebenköpfige Familie), Schulen (Probleme beim Zugang), Gesundheitsversorgung (Probleme beim Zugang)) [a-11633-1], https://www.ecoi.net/de/dokument/2058035.html, Zugriff 25.8.2021

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Grundversorgung und Wirtschaft im Zentral- und Nordirak

Letzte Änderung: 22.08.2022

Anbar

Anbar gehört zu den Gouvernements, in denen die kritische Infrastruktur infolge des Konflikts mit dem Islamischen Staat (IS) stark beeinträchtigt wurde. Dies gilt insbesondere für Schäden an Wohnhäusern, in der Landwirtschaft, an wichtigen kommunalen Dienstleistungen sowie in Industrie und Handel. Wiederaufbau und Sanierungsmaßnahmen wurden in den Jahren 2019 und 2020 fortgesetzt (EASO 1.2021).

Laut einer Befragung im Distrikt Al-Qa'im vom Februar 2021 liegen die derzeitigen Durchschnittsgehälter für Fachkräfte bei 162 USD (~236.750 IQD) und reichen von unter 100 bis 345 USD (~146.141 bis 504.190 IQD). Nur wenige Arbeitgeber gaben an, auch ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen, die im Durchschnitt 106 USD (~154.910 IQD) erhielten (IOM 9.2021h). Im Distrikt Fallujah ist das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte wegen der COVID-19-Pandemie von 347 USD (~507.110 IQD) auf 220 USD (~321.510 IQD) gesunken, für ungelernte Arbeitskräfte von 290 USD (~423.810 IQD) auf 207 USD (~302.510 IQD) (IOM 9.2021i).

Im Jahr 2018 waren etwa 1,31 % der Bevölkerung des Gouvernements Anbar von akuter Armut betroffen und 4,65 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) nennt Anbar als eines von fünf irakischen Gouvernements mit hoher Ernährungsunsicherheit (WFP 1.2021). Etwa 18,45 % der Bevölkerung Anbars (rund 330.900 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 34,33 % (rund 615.700 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Anbar im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Die Bevölkerung Anbars ist in erster Linie auf den Euphrat als Wasserquelle für häusliche, industrielle und landwirtschaftliche Verwendung angewiesen (NAS 16.2.2021). Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung bei 80 % (CSO 2018k). Die Dürreperiode bedroht den Wasserzugang. Einige Familien, die keinen Zugang zu Flusswasser haben, geben bis zu 80 USD (~116.860 IQD) pro Monat für Wasser aus (NRC 23.8.2021).

Die Stromversorgung ist in einigen Städten auf weniger als zwei Stunden pro Tag gesunken. Die Einwohner sind fast ausschließlich auf Besitzer privater Generatoren angewiesen. Einwohner zahlen ein Viertel, bis zu einem Drittel ihres Monatsgehaltes, um generatorenerzeugten Strom zu kaufen (Shafaq 4.6.2021). UNDP hat den Bau eines Umspannwerks in al-Qa'im finanziert, das 2021 fertiggestellt wurde (UNIraq 15.9.2021).

Diyala

Diyala hat durch den Konflikt mit dem sog. IS erhebliche Schäden an seiner Infrastruktur erlitten. Der Agrarsektor, Schulen, der Energiesektor, die Wasserressourcen sowie der Hygiene- und Gesundheitssektor sind betroffen. Es wird über Wiederaufbau und die Instandsetzungsmaßnahmen berichtet (EASO 1.2021).

Einer Umfrage zufolge gingen 29 % der befragten Personen in Diyala einer formellen Beschäftigung nach, 28 % einer informellen und 42 % gingen keiner Beschäftigung nach. Als Gründe für Arbeitslosigkeit werden ein Mangel an Startkapital, der Lockdown aufgrund von COVID-19 (22 %) und ein Mangel an verfügbaren Jobs genannt (DRC 4.2020). Einer Umfrage im Distrikt Al-Khalis vom Februar 2021 zufolge haben die meisten Arbeitgeber Gehälter wegen COVID-19 gekürzt. Einige zahlten monatelang keine Gehälter, und manche reduzierten die Anzahl ihrer Beschäftigten. Die Durchschnittsgehälter für Fachkräfte liegen bei 170 USD (~248.440 IQD) und reichen von unter 100 bis 350 USD (~146.140 bis 511.490 IQD). Vor der Pandemie war der Durchschnittslohn mit 224 USD (~327.360 IQD) höher. Nur wenige Arbeitgeber gaben an ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen (IOM 9.2021j). Auch im Distrikt Al-Muqdadiya haben Arbeitgeber Löhne gekürzt, und es kam auch zu Entlassungen. Im Privatsektor beschäftigte Frauen waren Berichten zufolge stärker betroffen als Bedienstete im öffentlichen Sektor. Die Durchschnittsgehälter für Fachkräfte liegen zwischen 322 USD und 433 USD (~470.580 bis 632.790 IQD) (IOM 9.2021k). Im Distrikt Khanaqin haben Arbeitgeber etwa 70 % ihrer Angestellten gehalten. Einige Angestellte haben gekündigt, entweder weil ihre Gehälter nicht gezahlt, oder weil sie gekürzt wurden. Die Durchschnittsgehälter von Fachkräften liegen bei USD 228 (~333.200 IQD), zwischen 200 und 300 USD (~292.280 bis 438.420 IQD). Vor der COVID-19-Pandemie lag das Durchschnittsgehalt bei 292 USD (~426.730 IQD). Nur wenige Arbeitgeber gaben an ungelernte Arbeitskräfte mit einem Durchschnittsgehalt von 178 USD (~260.130 IQD) zu beschäftigen, etwas niedriger als vor COVID-19 (IOM 9.2021l).

Im Jahr 2018 waren etwa 0,21 % der Bevölkerung des Gouvernements Diyala von akuter Armut betroffen und 3,64 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Etwa 14,46 % der Bevölkerung Diyalas (rund 207.600 Personen) leidet unter unzureichender Nahrungsmittelaufnahme. Für rund 10,84 % (rund 155.700 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Diyala im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Diyala bei 89,3 % (CSO 2018l).

Wegen des niedrigen Wasserpegels des Khurasan-Flusses, der Hauptwasserquelle im Distrikt Ba'qubah, mussten Ende Mai 2021 vier Wasseraufbereitungsanlagen in Ba'qubah, Buhriz, al-Abbara und al-Tahrir abgeschaltet werden. Durch die Abschaltungen waren fast 400.000 Bewohner von der Wasserversorgung abgeschnitten (Shafaq 25.5.2021).

Dem IS werden Sabotageakte auf Strommasten, unter anderem auch im Gouvernement Diyala vorgeworfen (New Arab 6.7.2021). Anfang August 2021 kam es in einigen Gebieten des Gouvernements zu einem totalem Stromausfall, verursacht durch die häufigen Sabotageakte des IS gegen Strommasten (Kirkuk Now 7.8.2021). Mitte 2021 haben wütende Iraker aufgrund von häufigen Stromausfällen unter anderem ein Kraftwerk in Diyala gestürmt (DW 8.7.2021).

Kirkuk

Einer Umfrage im Distrikt Hawija vom Februar 2021 zufolge ist das Durchschnittsgehalt im Vergleich zum Niveau vor der COVID-19-Pandemie gesunken. Für Fachkräfte ist der Durchschnittslohn von 282 USD (~412.120 IQD) auf unter 200 USD (~292.280 IQD) gefallen, für ungelernte Arbeitskräfte von 165 USD (~241.130 IQD) auf 105 USD (~153.450 IQD). Arbeitgeber haben durchschnittlich nur etwa 44 % ihrer Angestellten gehalten (IOM 9.2021m).

Im Jahr 2018 waren etwa 0,44 % der Bevölkerung des Gouvernements Kirkuk von akuter Armut betroffen und 1,9 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Etwa 9,8 % der Bevölkerung Kirkuks (rund 152.200 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 3,92 % (rund 60.900 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren liegt Kirkuk hinter allen anderen irakischen Gouvernements. Außer Kirkuk haben alle Gouvernements bei der Frage von Verfügbarkeit von Waren zehn von zehn möglichen Punkten erhalten, Kirkuk nur 8,3 Punkte (ACCORD 28.9.2021; vergleiche WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Kirkuk bei 89,7 % (CSO 2018m). Über 2.000 Familien im kurdischen Viertel der Stadt Kirkuk waren im Mai 2021 von Auswirkungen einer Wasserknappheit betroffen. Berichte zufolge erfolgte die Versorgung mit Wasser, welches unsauber war, nur alle zwei bis sieben Tage. Einwohner mussten Wasser kaufen, das jedoch zu salzhaltig zum trinken gewesen sei (Rudaw 29.5.2021). Das Gouvernement Kirkuk ist für seinen Wasserbedarf für Bewässerung, als Trinkwasser und für industriellen Gebrauch hauptsächlich auf Grundwasser angewiesen. Eine Untersuchung der Wasserqualität von 60 Brunnen im Gouvernement hat bei 30 der getesteten Brunnen eine Kontaminierung des Wassers ergeben. Die Untersuchung der entnommenen Proben hat außerdem ergeben, dass die meisten Parameter für eine Verwendung als Trinkwasser nicht erreicht wurden. Die Qualität hat sich im Untersuchungszeitraum von 2017 bis 2019 verschlechtert (Tameemi 2020).

Die Stromversorgung der Stadt Kirkuk durch das nationale Energienetz ist laut dem Pressesprecher der Direktion für Elektrizität in Kirkuk abwechselnd für drei Stunden aktiv und für drei Stunden inaktiv. In manchen Stadtvierteln Kirkuks, wie Qadisiyah, Nasir und Askari, stehen den Einwohnern weniger als zehn Stunden Strom am Tag zur Verfügung (Kirkuk Now 7.8.2021). Im Mai 2021 hat mangelhafte Stromversorgung die Versorgung mit Wasser in der Stadt Kirkuk beeinträchtigt (Rudaw 29.5.2021). Mangelnde Stromversorgung durch das nationale Stromnetz und durch den Ausfall von Generatoren beeinträchtigt auch die Erbringung gewisser medizinischer Dienste, die beständige Stromzufuhr erfordern, z.B. im Rahimawa-Gesundheitszentrum, einem der größten staatlichen Krankenhäuser der Stadt Kirkuk (Kirkuk Now 20.4.2021). Dem IS werden Sabotageakte auf Strommasten, unter anderem auch im Gouvernement Kirkuk vorgeworfen (New Arab 6.7.2021). Anfang August 2021 kam es in einigen Gebieten des Gouvernements zu einem totalen Stromausfall, verursacht durch die häufigen Sabotageakte des IS gegen Strommasten (Kirkuk Now 7.8.2021).

Ninewa

Im Jahr 2018 waren etwa 1,54 % der Bevölkerung des Gouvernements Ninewa von akuter Armut betroffen und 3,01 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). In drei Distrikten des Gouvernements - in Hamdaniya, Tal'afar und Sinjar ist die hohe Arbeitslosigkeit sehr problematisch. Viele sind der Ansicht, dass sich die Einwohner ihrer Gemeinden aus wirtschaftlicher Not den diversen Sicherheitsakteuren anschließen würden (USIP 22.6.2021). Einer Umfrage von 2021 zufolge gehen 29 % der Befragten in Mossul einer Vollzeitbeschäftigung nach, während 28 % arbeitslos sind (BFA, IRFAD 2021).

Einer Umfrage im Distrikt Al-Bakir vom Februar 2021 zufolge liegt das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte zwischen 34 und 612 USD (~49.690 bis 894.390 IQD), das für ungelernte Arbeiter zwischen 82 und 408 USD (~119.840 bis 596.260 IQD). Der Umfrage zufolge ist etwa die Hälfte der Familien sehr bedürftig, und mehr als 80 % der jungen Menschen sind arbeitslos (IOM 9.2021n). Im Distrikt Al-Shikhan liegt das Durchschnittsgehalt bei 275 USD (~401.890 IQD), zwischen 100 und 690 USD (~146140 bis 1.008.380 IQD). Etwa die Hälfte der Arbeitgeber gibt an, ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen, die im Durchschnitt 200 USD (~292.280 IQD) erhalten, wobei die Löhne von unter 100 bis zu 480 USD (~146.140 bis 701.480 IQD) reichten. (IOM 9.2021o). Im Distrikt Ba'aj Markaz liegt das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte bei 168 USD (~245.520 IQD), und reicht von etwa 100 bis zu 310 USD (~146.140 bis 453.0450 IQD). Allerdings gab nur ein Drittel der befragten Arbeitgeber an Fachkräfte zu beschäftigen. Nur ein Unternehmen gab an ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen (IOM 9.2021p). In Tal Azer im Distrikt Ba'aj verdient eine Fachkraft durchschnittlich 185 USD (270.360 IQD), wobei die Spanne zwischen unter 100 bis 345 USD (~146.140 bis 504.190 IQD) reicht. Es gaben jedoch nur 71 % der befragten Arbeitgeber an, qualifizierte Arbeitskräfte zu beschäftigen, und einige wenige haben ungelernte Arbeitskräfte. Manche beschäftigen auch Verwandte, die nicht bezahlt werden (IOM 9.2021q). In Bab Lakash, in Mossul erhalten Fachkräfte im Durchschnitt 188 USD (~274750 IQD), ungelernte Arbeitnehmer 122 USD (~178.290 IQD). Mehr als die Hälfte der Familien in der Gemeinde wird als vulnerable eingestuft. Etwa 75 % der Jugendlichen sind arbeitslos (IOM 9.2021r). In Qayrawan im Distrikt Sinjar liegen die Durchschnittslöhne für qualifizierte Arbeitskräfte zwischen 61 und 102 USD (~89.150 bis 149.060), mit einem Durchschnitt von 85 USD (~124.220 IQD). Nur ein Drittel der Unternehmen gibt an Fachkräfte zu beschäftigen. Ungelernte Arbeitskräfte werden der Umfrage zufolge von keinem Unternehmen angestellt. Frauen verdienen nach Schätzungen im Durchschnitt 42 USD (~61.380 IQD) (IOM 9.2021s). In den Ortschaften Tal Banat und Tal Qassab in Sinjar reicht die Gehaltsspanne für Fachkräfte von 100 und 600 USD (~146.140 bis 876.850 IQD), wobei das Durchschnittsgehalt bei 234 USD (~341.970 IQD) liegt. Nur 67 % der Arbeitgeber geben jedoch an Fachkräfte zu beschäftigen. Wenige haben ungelernte Arbeitskräfte angestellt (IOM 9.2021t). Im Distrikt Tal'afar liegt das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte bei 233 USD (~340.510 IQD), reicht von 100 bis 544 USD (~146.140 bis 795.010 IQD). Etwa die Hälfte der Arbeitgeber gibt an auch ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen, deren Durchschnittsgehalt bei 162 USD (~236.750 IQD) liegt. Die Spanne reicht von unter 85 USD bis zu 340 USD (~124.220 bis 496.880 IQD). Der Umfrage zufolge leben etwa 30 % bis 40 % der Familien in Tal'afar unterhalb der Armutsgrenze. Etwa 60 % der Jugendlichen sind arbeitslos. Arbeitslosigkeit ist besonders unter Frauen und Menschen mit Behinderungen besonders hoch (IOM 9.2021u).

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) nennt Ninewa als eines von fünf irakischen Gouvernements mit hoher Ernährungsunsicherheit (WFP 1.2021). Etwa 10,28 % der Bevölkerung (rund 375.500 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 11,7 % (rund 427.300 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Ninewa im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Sommer 2021 kam es in Ninewa zu dürrebedingten Ernteausfällen. Das Landwirtschaftsministerium (MOA) schränkte daher den Handel von Weizen und Gerste zwischen der KRI und dem Rest des Landes ein, mit Ausnahme des Transfers in Lagerhäuser des MOA, um spekulative Händler und Schmuggler davon abzuhalten, von den höheren Inlandspreisen zu profitieren (FAO 11.6.2021).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Ninewa bei 87,1 % (CSO 2018n). Fehlender Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen, wie Wasser- und Stromversorgung, bleibt eine Herausforderung für ländliche Gebiete der Ninewa Ebene und den Distrikt Sinjar (EASO 1.2021).

Dem IS werden Sabotageakte auf Strommasten, unter anderem auch im Gouvernement Ninewa, vorgeworfen (New Arab 6.7.2021).

Einer Umfrage von 2021 zufolge gaben 49 % der Befragten Personen in Mossul an, immer Strom zur Verfügung zu haben, 16 % manchmal, 24 % meistens und 11 % nie (BFA, IRFAD 2021).

Salah ad-Din

Salah ad-Din ist eines der Gouvernements, in denen infolge des Konflikts mit dem sog. IS besonders hohe Schäden an der Infrastruktur entstanden sind, darunter in der Landwirtschaft, in der Wasserversorgung, sowie im Sanitär- und Hygienesektor. Der Wiederaufbau ging im Jahr 2019 nur langsam voran (EASO 1.2021).

Die Erwerbsquote in Salah ad-Din ist von 10,8 % im Jahr 2016 auf 9,5 % im Jahr 2017 gefallen. Auch die Arbeitslosenrate ist gefallen, von 40,8 % im Jahr 2016 auf 38,2 % im Jahr 2017 (CSO 2018c; vergleiche ACCORD 10.9.2021). Einer Umfrage zufolge gingen 21 % der befragten Personen in Salah ad-Din einer formellen Beschäftigung nach, 36 % einer informellen und 49 % gingen keiner Beschäftigung nach. Als Gründe für Arbeitslosigkeit werden ein Mangel an Startkapital, der Lockdown aufgrund von COVID-19 (22 %) und ein Mangel an verfügbaren Jobs genannt (DRC 4.2020). Einer Umfrage im Distrikt Baiji vom Februar 2021 zufolge liegt das Durchschnittseinkommen für Fachkräfte bei 189 USD und reicht von 68 bis 282 USD (~99.380 bis 412.120 IQD). Für ungelernte Arbeiter liegt das Durchschnittsgehalt bei 115 USD (~168.060 IQD) (IOM 9.2021v).

Im Jahr 2018 waren etwa 0,27 % der Bevölkerung des Gouvernements von akuter Armut betroffen und 2,58 % waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) nennt Salah ad-Din als eines von fünf irakischen Gouvernements mit hoher Ernährungsunsicherheit (WFP 1.2021). Etwa 1,85 % der Bevölkerung Salah ad-Dins (rund 26.200 Personen) sind unzureichende ernährt. Für rund 6,17 % (rund 87.100 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Salah ad-Din im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Im Jahr 2017 lag der Anteil der Bevölkerung mit Trinkwasserversorgung in Salah ad-Din bei 63,2 % (CSO 2018o).

Anfang August 2021 kam es in einigen Gebieten des Gouvernements zu einem totalen Stromausfall, verursacht durch die häufigen Sabotageakte des IS gegen Strommasten (Kirkuk Now 7.8.2021).

Quellen:

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             ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (10.9.2021): Anfragebeantwortung zum Irak: Provinz Salah Al-Din, insbesondere Samarra: Rückkehrlage (Einreise- und Niederlassungsmöglichkeiten, Zugang zu Wohnraum, Zugang zu staatlichen Dienstleistungen und Gesundheitsleistungen, Zugang zum Arbeitsmarkt (geschätzte Arbeitslosigkeit, geschätzte Armutsquote)) [a-11649-2], https://www.ecoi.net/en/document/2060263.html, Zugriff 29.9.2021

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             CSO - Central Statistical Organization Iraq, Ministry of Planning (MoP) [Irak] (2018o): الموجز الاحصائي صلاح الدين 2018 [Statistische Briefing Salah ad-Din 2018], http://cosit.gov.iq/ar/1201-2018-5, Zugriff 29.9.2021

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             Shafaq (25.5.2021): Nearly 400,000 citizens deprived of water in Diyala, https://shafaq.com/en/Iraq-News/Nearly-400-000-citizens-deprived-of-water-in-Diyala, Zugriff 29.9.2021

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             WFP - World Food Programme (9.2021): Hunger Map Live, Iraq https://hungermap.wfp.org/, Zugriff 27.9.2021

             WFP - World Food Programme (1.2021): Iraq - Annual Country Report 2020, Country Strategic Plan 2020 – 2024, https://docs.wfp.org/api/documents/WFP-0000125441/download/, Zugriff 29.9.2021

Grundversorgung und Wirtschaft in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 16.08.2022

Wirtschaftslage

Wie im gesamten Land ist auch in der Kurdistan Region Irak (KRI) das Erdöl die Haupteinnahmequelle und trägt fast 80% zum BIP der Region bei. Die Landwirtschaft macht etwa 10% des BIP aus, der Tourismus 4% und Dienstleistungen und sonstige Industrie 6%. Öl macht auch bis zu 90% der Exporte aus der Region aus (IRIS 5.2021). Die Kurdische Regionalregierung (KRG) kann für ihren aufgeblähten öffentlichen Sektor und die Ölindustrie nicht zahlen. Die KRG hat Gehaltszahlungen mehrfach verzögert und im Mai 2021 eine Gehaltskürzung von 21% angekündigt. Darüber hinaus hat sie mehrfach die Zahlungen verpasst. Eine Studie der Vereinten Nationen hat ergeben, dass diese Probleme zu einem Rückgang des monatlichen Familieneinkommens in Kurdistan von 31% führten, höher als im Rest des Landes (Wing 9.6.2021).

Die Arbeitslosenrate in der KRI wird für das Jahr 2018 auf 9% geschätzt. Dabei lag im Jahr 2017 die Arbeitslosigkeit bei Männern bei 8,1% im Vergleich zu 20,1% bei Frauen (KRSO 2021). Die Arbeitsmarktbeteiligung wird in der KRI auf etwa 40% geschätzt (ILO 2021).

Nahrungsmittelversorgung

Grundnahrungsmittel sind in allen Gouvernements verfügbar. Das Lebensmittelrationierungsprogramm (PDS) des irakischen Handelsministeriums ist noch nicht abgeschlossen (IOM 18.6.2021). Ungünstige Niederschlagsmengen haben 2021 die Getreideproduktion im Nordirak und auch in der KRI beeinträchtigt. Die Ernte soll rund 50% unter jener im Jahr 2020 liegen (FAO 11.6.2021).

Wasserversorgung

In der KRI herrscht wegen einer Dürre, im Zusammenspiel mit Staudämmen im Iran, Wasserknappheit. Die KRG hat deswegen zusätzliche 1,7 Millionen Dollar (2,5 Mrd IQD) für Trinkwasser bereitgestellt (Rudaw 5.8.2021; vergleiche Rudaw 4.7.2021). Grundsätzlich ist Trinkwasser in allen Gouvernements verfügbar (IOM 18.6.2021).

Stromversorgung

Die Stromversorgung erfolgt durch Betrieb eigener Kraftwerke (AA 14.10.2020). Der Großteil des Stroms wird durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe erzeugt. Etwa 9% des Stroms werden aus Wasserkraft gewonnen (Rudaw 18.9.2021).

Die Stromversorgung unterliegt erheblichen Schwankungen (AA 14.10.2020). Sie ist nur für bis zu 20 Stunden pro Tag gegeben (AA 14.10.2020; vergleiche K24 15.5.2021). Im Sommer 2021 konnten die drei kurdischen Gouvernements Erbil, Dohuk und Sulaymaniyah nur etwa zwölf Stunden lang Strom am Tag liefern. Darüber hinaus werden Generatoren verwendet, die jedoch nicht den gesamten Bedarf abdecken können (Anadolu 8.7.2021). Insbesondere im Sommer und im Winter ist der Strombedarf wegen Klimatisierung bzw. Heizung höher (AA 14.10.2020). Nach Angaben des KRG-Ministeriums für Elektrizität beträgt der Strombedarf im Sommer mindestens 4.500 MW (Rudaw 3.7.2021). Es werden jedoch nur bis zu 3.500 MW Strom produziert (K24 15.5.2021). Die Kraftwerke laufen jedoch vor allem wegen Brennstoffmangel nicht mit voller Kapazität (Rudaw 3.7.2021). Die KRG plant die Steigerung der Stromversorgung durch die Implementierung mehrerer Energieprojekte (K24 15.5.2021).

Erbil

Einer Umfrage zufolge gehen 29% der befragten Personen in Erbil einer formellen Beschäftigung nach, 28% einer informellen und 42% gingen keiner Beschäftigung nach. Als Gründe für Arbeitslosigkeit werden ein Mangel an Startkapital, der Lockdown aufgrund von COVID-19 (22%) und ein Mangel an verfügbaren Jobs genannt (DRC 4.2020). Die Arbeitslosenrate wird für das Jahr 2017 auf 9,2% geschätzt (KRSO 2021). Die Arbeitsmarktbeteiligung lag 2018 bei 65,9% bei den Männern und 14,8% bei den Frauen (IOM 7.2018; vergleiche EASO 9.2020). Laut einer Umfrage von Februar 2021 im Distrikt Khabat liegt das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte bei 244 USD (~356.590 IQD). Der Lohn für ungelernte Arbeiter reicht von 34 bis 500 USD (~49.690 bis 730.710 IQD), wobei der Durchschnitt bei 168 USD liegt (~245.520 IQD). Etwa 10% der Frauen sind berufstätig (IOM 9.2021w). Im Distrikt Makhmur mussten viele Arbeitgeber aufgrund der COVID-19-Pandemie vorübergehend schließen. Nach der Wiedereröffnung fiel die Nachfrage geringer aus und Arbeitgeber haben etwa 73% der Beschäftigten gehalten. Das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte ist im Vergleich zu vor COVID-19 um etwa 20 USD gesunken von 335 USD (~489.570 IQD) auf 315 (~460.350 IQD). Bei ungelernten Arbeitskräften ist der Durchschnittslohn jedoch gestiegen, von 159 USD (~232.360 IQD) auf 171 USD (~249.900 IQD) (IOM 9.2021x).

Im Jahr 2018 waren etwa 5,32% der Bevölkerung des Gouvernements Erbil armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Einer anderen Quelle zufolge betrug die Armutsrate im Jahr 2018 6,7% (KRSO 2021). Etwa 2,63% der Bevölkerung Erbils (rund 128.700 Personen) sind unzureichend ernährt. Für rund 3,3% (rund 77.200 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Erbil im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Das Gouvernement Erbil und insbesondere die Stadt Erbil sind wegen der Dürre des Sommers 2021 besonders hart von Wasserknappheit betroffen (Rudaw 4.7.2021). Der Zab-Fluss und das Brunnenwasser der Stadt Erbil sind durch die Dürre beeinträchtigt, weswegen Trinkwasser seit Juli 2021 knapp ist. Die Bewohner sind gezwungen, abgefülltes Wasser zu kaufen. Eine Tankfüllung kostet über 50 Dollar (~72.970 IQD) und reicht für höchstens eine Woche. Das durchschnittliche Monatseinkommen eines Haushalts in der KRI liegt nach Angaben von NRT bei weniger als 250 Dollar (~364.870 IQD) pro Monat (Al Monitor 12.8.2021). Wasserknappheit tritt jedes Jahr erneut auf (Al Monitor 29.7.2021).

In Erbil herrscht Stromknappheit (Rudaw 4.7.2021). Stromausfälle beeinträchtigen auch die Wasserversorgung in Erbil (Al-Monitor 29.7.2021).

Dohuk

Die Arbeitslosenrate in Dohuk wird für das Jahr 2017 auf 13,8% geschätzt (KRSO 2021). Einer Umfrage vom Februar 2021 im Distrikt Zakho zufolge ist die Beschäftigungsquote aufgrund der COVID-19-Pandemie zurückgegangen, welche auch Auswirkungen auf das Durchschnittsgehalt hat. So ist das Durchschnittsgehalt für Fachkräfte von 418 USD (~610.870 IQD) auf 356 USD (~520.260 IQD) gefallen. Ungelernte Arbeitnehmer verdienten hingegen unverändert durchschnittlich 254 USD (~371.200 IQD).

Im Jahr 2018 waren etwa 0,98% der Bevölkerung des Gouvernements Dohuk von akuter Armut betroffen und 2,95% waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Einer anderen Quelle zufolge betrug die Armutsrate im Jahr 2018 8,6% (KRSO 2021). Etwa 5,49% der Bevölkerung Dohuks (rund 330.900 Personen) hat unzureichende Nahrungsaufnahme. Für rund 34,33% (rund 615.700 Personen) ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Dohuk im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Die Wasserversorgung im Gouvernement Dohuk ist stabilisiert und Flüchtlinge, Binnenvertriebene und die Bevölkerung in den Aufnahmegemeinden haben Zugang zu sauberem Trinkwasser (GIZ 2021)

Aufgrund von Stromversorgungsproblemen hat die Regierung des Gouvernements eine Vereinbarung mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) unterzeichnet, um einen Solarenergiepark zu errichten (Al Monitor 20.2.2020). Bewohner des Deralok Sub-Distrikt berichten, dass sie nur etwa zehn bis zwölf Stunden Energie aus dem nationalen Stromnetz erhalten (Rudaw 3.7.2021)..

Sulaymaniyah

Schlechte Infrastruktur und Korruption behindern die wirtschaftliche Entwicklung des Gouvernements Sulaymaniyah (IOM 9.2021). Die Arbeitslosenrate in Sulaymaniyah wird für das Jahr 2017 auf 9,4% geschätzt (KRSO 2021). Im Jahr 2018 waren etwa 0,28% der Bevölkerung von akuter Armut betroffen und 2,69% waren armutsgefährdet (OPHI 10.9.2020). Einer anderen Quelle zufolge betrug die Armutsrate im Jahr 2018 4,46% (KRSO 2021).

Einer Umfrage vom Februar 2021 im Distrikt Halabja zufolge liegen die Durchschnittsgehälter für Facharbeiter bei 273 USD (~398.440 IQD) und reichen von 82 USD bis über 600 USD (~119.680 bis 875.690 IQD). Die Durchschnittslöhne für ungelernte Arbeitskräfte waren vor COVID-19 mit 290 USD (~423.250 IQD) höher und liegen nach den letzten Schätzungen der Arbeitgeber derzeit bei etwa 221 USD (~322.550 IQD). Allerdings gab nur die Hälfte der Arbeitgeber an, ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen (IOM 9.2021). Im Distrikt Kalar verdienen Fachkräfte durchschnittlich 396 USD (~539.260 IQD) und reichen von etwa 100 USD bis 1000 USD (~146.140 bis 1.461.410 IQD). Mehr als zwei Drittel der Arbeitgeber gaben an, auch ungelernte Arbeitskräfte zu beschäftigen, die im Durchschnitt 241 USD (~352.200 IQD) erhielten, wobei die Löhne zwischen 100 und 600 USD (~146.140 bis 876.850 IQD) lagen (IOM 9.2021A).

Für je etwa 15,2% der Bevölkerung (rund 30.000 Personen) ist die Nahrungsaufnahme unzureichend, bzw. ist die Deckung des Nahrungsmittelbedarfs kritisch (WFP 9.2021). Bei der Verfügbarkeit von Lebensmitteln und anderen Waren hat Sulaymaniyah im Zuge einer Untersuchung vom Juli 2020 zehn von zehn möglichen Punkten erhalten (WB, WFP, FAO, IFAD 9.2020).

Der Fluss Chami Rokhana im Süden der Sulaymaniyahs ist aufgrund der Dürre und wegen iranischer Dammbauten ausgedrocknet (Rudaw 5.8.2021). Vertreter der Gesundheitsbehörden warnen davor, dass durch die Wasserknappheit Krankheiten, die durch verunreinigtes Wasser verursacht werden, zunehmen könnten (K24 10.6.2021).

Im Jahr 2020 wurde laut der Generaldirektion für Elektrizitätsversorgung in Sulaymaniyah täglich Strom für 20 Stunden geliefert. Auch für 2021 wurde diese Menge anvisiert, jedoch sorgte rückgängiger Wasserstand dafür, dass die Kraftwerke am Dukan-Damm und in Darbandikhan nicht wie bisher Energie produzieren konnten (Shafaq 20.5.2021).

Quellen:

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             Al Monitor (12.8.2021): Water protests erupt in Kurdistan Region of Iraq, https://www.al-monitor.com/originals/2021/08/water-protests-erupt-kurdistan-region-iraq, Zugriff 19.8.2021

             Al Monitor (29.7.2021): Iraqi Kurdistan water crisis blamed on climate and Iran, https://www.al-monitor.com/originals/2021/07/iraqi-kurdistan-water-crisis-blamed-climate-and-iran, Zugriff 29.9.2021

             Al Monitor (20.2.2020): New solar park to ease Iraqi governorate's power shortage, https://www.al-monitor.com/originals/2020/02/solar-energy-park-shines-light-on-duhoks-electricity-woes.html, Zugriff 29.9.2021

             Anadolu Agency (8.7.2021): Oil-rich Iraq grapples with power outages for 30 years, https://www.aa.com.tr/en/middle-east/oil-rich-iraq-grapples-with-power-outages-for-30-years/2297835, Zugriff 29.9.2021

             EASO – European Asylum Support Office (9.2020): Iraq; Key socio-economic indicators; For Baghdad, Basra and Erbil, https://www.ecoi.net/en/file/local/2037976/2020_09_EASO_COI_Report_Iraq_Key_socio_economic_indicators_Baghdad_Basra_Erbil.pdf, Zugriff 25.8.2021

             FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations (11.6.2021): GIEWS Country Brief, The Republic of Iraq, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/IRQ_13.pdf, Zugriff 15.8.2021

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (2021): Control over water and wastewater, https://www.giz.de/en/worldwide/52838.html, Zugriff 29.9.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             IOM - International Organization for Migration Iraq (9.2021z): Labour Market Assessment, Halabja District, Sulaymaniyah Gouvernorate, https://iraq.iom.int/files/Halabja%20District,%20Sulaymaniyah%20Governorate_0.pdf, Zugriff 1.10.2021

             IOM - International Organization for Migration Iraq (9.2021a): Labour Market Assessment, Kalar District, Sulaymaniyah Governorate, https://iraq.iom.int/files/Kalar%20District,%20Sulaymaniyah%20Governorate.pdf, Zugriff 1.10.2021

             IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021

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             ILO - International Labour Organization (2021): Promoting decent work in Iraq, https://www.ilo.org/beirut/countries/iraq/WCMS_433682/lang--en/index.htm, Zugriff 1.9.2021

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             K24 - Kurdistan 24 (15.5.2021): KRG launching energy projects to increase electricity supply, https://www.kurdistan24.net/en/story/24511-KRG-launching-energy-projects-to-increase-electricity-supply, Zugriff 29.9.2021

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             Rudaw (5.8.2021): A Sulaimani river is drying up, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/05082021, Zugriff 29.9.2021

             Rudaw (4.7.2021): Erbil province hit hardest by water crisis: governor, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/04072021, Zugriff 29.8.2021

             Rudaw (3.7.2021): Deralok hydropower plant to be online by end of the year, https://www.rudaw.net/english/kurdistan/03072021, Zugriff 29.9.2021

             Shafaq News (20.5.2021): Electric power decline in the Region due to the decrease in two major water dams, https://shafaq.com/en/Kurdistan/Electric-power-decline-in-the-Region-due-to-the-decrease-in-two-major-water-dams, Zugriff 29.9.2021

             WB, WFP, FAO, IFAD - World Bank (WB), World Food Programme (WFP), Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO), International Fund for Agricultural Development (IFAD) (9.2020): Food Security in Iraq - Impact of COVID-19, with a Special Feature on Digital Innovation, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Iraq%20Food%20Security%20Report%20August%202020%20-%20Arabic.pdf, Zugriff 1.10.2021

             WB - World Bank (5.4.2021): Republic of Iraq, https://pubdocs.worldbank.org/en/527001554825517687/mpo-irq.pdf, Zugriff 10.4.2021

             WFP - World Food Programme (9.2021): Hunger Map Live, Iraq https://hungermap.wfp.org/, Zugriff 27.9.2021

             Wing, Joel, Musings on Iraq (9.6.2021): Iraq’s Kurdistan Can’t Pay Its Bills, https://musingsoniraq.blogspot.com/2021/06/iraqs-kurdistan-cant-pay-its-bills.html, Zugriff 10.6.2021

Medizinische Versorgung

Letzte Änderung: 22.08.2022

Der Gesundheitssektor im Irak hat unter den Kriegen, den Sanktionen, der Korruption und den mangelnden Investitionen gelitten. Mithilfe der Vereinten Nationen und ausländischer Hilfsorganisationen kann meist nur das Nötigste gesichert werden (GIZ 1.2021b).

Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor (IOM 1.4.2019). Öffentliche Krankenhäuser berechnen niedrigere Kosten für Untersuchungen und Medikamente als der private Sektor. Allerdings sind nicht alle medizinischen Leistungen in öffentlichen Einrichtungen verfügbar und von geringerer Qualität als jene im privaten Sektor. Vor allem in größeren Städten und für spezialisierte Behandlungen kann es zu langen Wartezeiten kommen. Die Qualität der Gesundheitsversorgung hängt stark davon ab, ob die Gesundheitsinfrastruktur seit dem jüngsten bewaffneten Konflikt wiederhergestellt wurde, und ob Ärzte und Krankenschwestern zurückgekehrt sind (IOM 18.6.2021).

Eine Umfrage deutet darauf hin, dass im Jahr 2020, infolge der COVID-Krise, die Zahl der Rückkehrerhaushalte, die mehr als 20 % ihrer monatlichen Gesamtausgaben für Gesundheit oder Medikamente ausgeben, stark auf 38 % gestiegen ist (gegenüber 7 % im Jahr 2019) (IOM 18.6.2021).

Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore. Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD Anmerkung, ca. 12-16 EUR). Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 1.2021d). Medizinische Kosten und Gesundheitsleistungen werden im Irak nicht von einer Krankenversicherung übernommen (IOM 18.6.2021).

Insgesamt bleibt die medizinische Versorgungssituation angespannt (AA 25.10.2021). Auf dem Land kann es bei gravierenden Krankheitsbildern problematisch werden. Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustregel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung (GIZ 1.2021d). In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführung oder Repression das Land verlassen. Korruption ist verbreitet. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA 25.10.2021). Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).

Es gibt im Irak 1.146 primäre Gesundheitszentren, die von Mitarbeitern der mittleren Ebene geleitet werden und 1.185, die von Ärzten geleitet werden. Des Weiteren gibt es im Irak 229 allgemeine und spezialisierte Krankenhäuser, darunter 61 Lehrkrankenhäuser (WHO o.D.). Im Zuge der COVID-19 Krise hat die Regierung einen spürbaren Bedarf an medizinischer Ausrüstung festgestellt. Die Regierung hat Initiativen ergriffen, um die Verfügbarkeit von Gesichtsmasken und Handdesinfektionsmitteln zu erhöhen sowie Krankenhäuser mit mehr Sauerstofftanks und Notaufnahmen auszustatten. Im April 2021 hat die Regierung eine COVID-19-Unterstützung für abgelegene Gebiete initiiert, die Arztbesuche in abgelegenen Orten, die Verteilung von Medikamenten und die Bereitstellung kostenloser medizinischer Beratung umfasst. Daten über konkrete Initiativen und die Wirksamkeit der Maßnahmen sind jedoch nicht verfügbar (IOM 18.6.2021).

In einer Umfrage im Jahr 2021, in den Städten Bagdad, Basra und Mossul, geben 33 % der Befragten an, immer Zugang zu einem Arzt (Allgemeinmediziner) zu haben, während 58 % einen begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang haben. 53 % der Befragten in Mossul haben nur eingeschränkten oder stark eingeschränkten Zugang zu einem Allgemeinmediziner, ebenso wie 60 % in Basra und 59 % in Bagdad. 50 % der Kurden gegenüber 30 % der Araber geben an, immer Zugang zu einem Arzt zu haben. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so haben 46 % der schiitischen Muslime immer Zugang zu einem Arzt, während dies nur 28 % der sunnitischen Muslime und 25 % der Christen tun. Bei den Einkommensverhältnissen ist ein erheblicher Unterschied festzustellen: 91 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben immer Zugang zu einem Allgemeinmediziner, während nur 20 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, Zugang haben (BFA, IRFAD 2021).

Von allen Befragten haben 32 % immer Zugang zu einem Zahnarzt, 52 % haben begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang und 14 % keinen Zugang. Auf regionaler Ebene haben 55 % in Mossul, 63 % in Basra und 43 % in Bagdad begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang zu einem Zahnarzt; 21 % in Bagdad haben keinen Zugang. 45 % der Kurden gegenüber 28 % der Araber geben an, immer Zugang zu einem Zahnarzt zu haben (25 % der Kurden haben keinen Zugang). 39 % der schiitischen Muslime, 27 % der sunnitischen Muslime und 39 % der Christen haben immer Zugang zu einem Zahnarzt (keinen Zugang haben 12 % der schiitischen Muslime, 15 % der sunnitischen Muslime und 19 % der Christen). Auch bei den Einkommensverhältnissen ist der Zugang unterschiedlich: 77 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben immer Zugang zu einem Zahnarzt, während nur 22 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, dies tun (BFA, IRFAD 2021).

Insgesamt haben 29 % immer und 57 % eingeschränkt oder stark eingeschränkt Zugang zu einem Facharzt (z.B. Gynäkologe, Kinderarzt usw.), wenn dieser benötigt wird. 59 % der Frauen und 57 % der Männer haben einen begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang zu einem Facharzt. In Mossul geben 40 % an, immer Zugang zu einem Facharzt zu haben, während dies nur 20 % in Basra und 28 % in Bagdad tun. Von den Kurden haben 43 % immer Zugang zu einem Facharzt, gegenüber 26 % der Araber. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so geben 38 % der schiitischen Muslime an, immer Zugang zu einem Facharzt zu haben, während dies 27 % der sunnitischen Muslime und 25 % der Christen tun. 70 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben immer Zugang zu einem Facharzt. Bei Wenigerverdiener sind es nur 20 % (BFA, IRFAD 2021).

In allen untersuchten Städten haben 30 % der Befragten immer Zugang zu Krankenhäusern, um sich bei Bedarf behandeln oder operieren zu lassen, 54 % haben einen eingeschränkten oder stark eingeschränkten Zugang und 13 % keinen Zugang. Von den männlichen Befragten haben 32 % immer Zugang, während 17 % überhaupt keinen Zugang haben; von den weiblichen Befragten haben 27 % immer Zugang, während 10 % überhaupt keinen Zugang haben. 53 % der Einwohner von Mossul, 63 % von Basra und 49 % von Bagdad haben nur begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang zu Krankenhäusern. 45 % der Kurden haben immer Zugang zu Krankenhäusern, während 20 % überhaupt keinen Zugang haben. Von den Arabern haben 26 % immer Zugang, während 14 % keinen Zugang haben. Von den sunnitischen Muslimen geben 30 % an, immer Zugang zu Krankenhäusern zu haben (16 % haben keinen Zugang), ebenso wie 38 % der schiitischen Muslime (13 % haben keinen Zugang) und 21 % der Christen (16 % haben keinen Zugang). In der Einkommensgruppe über 700.000 IQD haben 68 % immer Zugang zu Krankenhäusern, während von denjenigen, die weniger verdienen, nur 20 % Zugang haben (und 16 % haben keinen Zugang) (BFA, IRFAD 2021).

36 % aller Befragten haben alle, 36 % kaum die notwendigen Hygieneartikel, während 28 % kaum oder gar nicht über diese Artikel verfügen. Vor allem Frauen mangelt es an den notwendigen Hygieneartikeln, 34 % haben sie kaum oder gar nicht, gegenüber 23 % der Männer. Die Verfügbarkeit scheint in Bagdad am höchsten zu sein, wo 80 % angeben, kaum oder alle notwendigen Hygieneartikel zu besitzen, ebenso wie 67 % in Mossul und 60 % in Basra. 75 % der 26- bis 36-Jährigen geben an, kaum oder alle notwendigen Hygieneartikel zu besitzen, während 73 % der 19- bis 25-Jährigen und 58 % der 16- bis 18-Jährigen dies tun. 31 % der Araber, aber nur 15 % der Kurden geben an, dass sie kaum oder gar nicht über die notwendigen Hygieneartikel verfügen. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so verfügen 30 % der Christen, 31 % der schiitischen Muslime und 27 % der sunnitischen Muslime kaum oder gar nicht über die erforderlichen Hygieneartikel. 66 % derjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben alle notwendigen Hygieneartikel, während 32 % derjenigen, die weniger als 700.000 IQD verdienen, diese besitzen (BFA, IRFAD 2021).

44 % der Befragten geben an, dass sie immer Zugang zu Impfungen haben, während 51 % nur begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang zu Impfungen im Allgemeinen haben. Zu den COVID-19-Impfungen haben 55 % der Befragten immer Zugang, während 40 % nur begrenzten oder stark eingeschränkten Zugang haben. Auf regionaler Ebene haben 35 % der Befragten in Bagdad, 55 % in Basra und 52 % in Mossul immer Zugang zu Impfungen, während 59 % in Mossul, 61 % in Basra und 51 % in Bagdad angeben, vollen Zugang zu COVID-19-Impfungen zu haben. 50 % der Kurden und 43 % der Araber haben immer Zugang zu Impfungen, während 80 % der Kurden und 51 % der Araber immer Zugang zu COVID-19-Impfungen haben. Was die Religionszugehörigkeit betrifft, so haben 55 % der schiitischen Muslime, 37 % der sunnitischen Muslime und 39 % der Christen uneingeschränkten Zugang zu Impfungen; uneingeschränkter Zugang zu COVID-19-Impfungen wird von 70 % der schiitischen Muslime, 46 % der sunnitischen Muslime und 55 % der Christen angegeben. Das Einkommensniveau ist ausschlaggebend für den kontinuierlichen Zugang zu Impfungen: Von denjenigen, die mehr als 700.000 IQD verdienen, haben 86 % immer Zugang zu Impfungen und 91 % zu COVID-19-Impfungen, während von denjenigen, die weniger verdienen, nur 34 % immer Zugang zu Impfungen und 52 % zu COVID-19-Impfungen haben (BFA, IRFAD 2021).

Anfang des Jahres 2020, mit Beginn der COVID-19-Pandemie stellten die medizinischen Fakultäten und Gesundheitseinrichtungen die meisten ihrer zur Verfügung gestellten Dienste ein und verlagerten sich auf die Untersuchung des Virus und seiner Auswirkungen auf die Gesellschaft. Im September 2020 nahm der öffentliche Gesundheitssektor seine Arbeit und Dienstleistungen wieder auf, mit neuen Regelungen, wie dem Zugang zu Krankenhäusern nur nach Terminvereinbarung, Rotationsschichten des medizinischen Personals, längeren erforderlichen Wartezeiten und strengeren Hygienemaßnahmen. Im Jahr 2021 bieten sowohl der öffentliche als auch der private Gesundheitssektor ihre Arbeit beinahe wieder normal an, jedoch mit hohen Vorsichtsmaßnahmen gegen die Ausbreitung von COVID-19, wie vom irakischen Gesundheitsministerium (MoH) angewiesen (IOM 18.6.2021). Das Gesundheitsministerium wandte sich angesichts der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf den öffentlichen Gesundheitssektor an private Einrichtungen, um die Regierung bei der Krisenbewältigung zu unterstützen. So nutzte die Regierung beispielsweise das Andalus Hospital and Specialized Cancer Treatment Center in Bagdad, das einem irakischen Pathologen gehört (BS 23.2.2022, S.25).

Aufgrund der COVID-19-Pandemie steht die Bereitstellung grundlegender Gesundheitsdienste unter Druck. Familien haben nicht im gleichen Maße wie 2019 Zugang zu grundlegenden Diensten, einschließlich Impfungen und Gesundheitsfürsorge für Mutter und Kind. Schätzungsweise 300.000 Kinder laufen Gefahr, nicht geimpft zu werden, was zu Masernausbrüchen oder der Rückkehr von Polio führen könnte (UN OCHA 2021).

Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich (AA 25.10.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             BFA Staatendokumentation (Autor), IRFAD - Iraqi Foundation for Analysis and Development (Autor) (2021): Dossier Iraq; Socio-Economic Survey 2021, https://www.ecoi.net/en/file/local/2062611/IRAQ+-+Socio-Economic+Survey+2021.pdf, Zugriff 29.11.2021

             BS - Bertelsmann Stiftung (23.2.2022): BTI 2022 Country Report Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2069660/country_report_2022_IRQ.pdf, Zugriff 17.6.2022

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021b): Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/irak/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021d): Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021

             IOM - Internationale Organisation für Migration (1.4.2019): Länderinformationsblatt Irak (Country Fact Sheet 2018), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698617/18363939/Irak_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101157&vernum=-2, Zugriff 15.8.2021

             UN OCHA – United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (2021): Global Humanitarian Overview 2021, Iraq, https://gho.unocha.org/iraq, Zugriff 25.8.2021

             WHO - World Health Organization (o.D.): Iraq: Primary Health Care, http://www.emro.who.int/irq/programmes/primary-health-care.html, Zugriff 3.3.2021

Medizinische Versorgung in der Kurdistan Region Irak (KRI)

Letzte Änderung: 16.08.2022

Das öffentliche Gesundheitssystem in der Kurdistan Region Irak (KRI) wird durch das Gesundheitsministerium (MoH) in Erbil verwaltet. Es gibt fünf Gesundheitsdirektionen (DoH) des MoH, eine in Dohuk, eine in Erbil und drei in Sulaymaniyah: das Slemani DoH, das Germian DoH und das Rania DoH. Unter jeder der Direktionen gibt es Gesundheitssektoren auf Distriktebene. Finanziert wird das öffentliche Gesundheitssystem durch eine Haushaltszuweisung der Kurdischen Regionalregierung (KRG), aus der die Gehälter der im öffentlichen Sektor tätigen medizinischen Fachkräfte, sowie Medikamente, Verbrauchsmaterialien und Investitionen in die Infrastruktur des Gesundheitswesens, wie Gebäude und Geräte bezahlt werden. Dabei ist die KRG von Zahlungen der irakischen Zentralregierung in Bagdad abhängig, die 17 % ihres Budgets ausmachten (MedCOI 8.2020).

Gesundheitsdienste werden hauptsächlich durch den öffentlichen Sektor angeboten, wobei auch der private Sektor und Nichtregierungsorganisationen nach und nach ihre Gesundheitseinrichtungen aufbauen (MedCOI 8.2020).

Die Gesundheitsversorgung in der KRI ist dreigeteilt. Primäre Gesundheitsversorgung wird durch Hauptzentren der primären Gesundheitsversorgung (PHC) sowie PHC-Unterzentren bereitgestellt. Im Jahr 2017 gab es in der KRI 548 PHCs. Diese sind mit mindestens einem Allgemeinmediziner besetzt und bieten eine medizinische Grundversorgung. Die meisten der PHCs versorgen mehr als 10.000 Personen. PHC-Unterzentren verfügen hingegen nicht über einen Arzt und ihre Leistungen sind in der Regel eingeschränkter. Sie stellen grundlegende Medikamente zur Verfügung und versorgen in der Regel etwa 2.000 Personen. Krankenhäuser bieten sekundäre und tertiäre Versorgung. Im Jahr 2017 gab es in der KRI 19 öffentliche und sieben private Krankenhäuser im Gouvernement Dohuk, 24 öffentliche und 19 private Krankenhäuser im Gouvernement Erbil sowie 33 öffentliche und 16 private Krankenhäuser im Gouvernement Sulaymaniyah (MedCOI 8.2020).

Die meisten Menschen leben in einem Umkreis von 30 Minuten um ein Zentrum der PHC, und die Gesamtzahl und Art der Gesundheitseinrichtungen (d.h. Krankenhäuser und PHCs) sind im weltweiten Vergleich ausreichend, jedoch ist die geografische Verteilung der angebotenen Leistungen, des Personals und der Ausstattung ungleichmäßig. In mehreren PHCs waren Labor- oder andere Geräte zwar vorhanden, aber nicht funktionsfähig, oder das PHC hatte keinen geschulten Nutzer für diese. Die KRG ist dabei Gesundheitsinformationssysteme (HIS) und Evidenz für die Entscheidungsfindung zu verbessern, um damit auch die Behandlung zu verbessern und den Fortschritt hin zu einer universellen Gesundheitsversorgung zu beschleunigen (MedCOI 8.2020).

Die staatliche medizinische Versorgung in der KRI ist kostenlos bzw. sehr kostengünstig, allerdings qualitativ schlecht und mit langen Wartezeiten verbunden (AA 25.10.2021; vergleiche IOM 18.6.2021). Private Krankenhäuser, auch auf hohem medizinischem Niveau, sind kostspielig und sind nur für die obere Mittelschicht leistbar (AA 25.10.2021). Es gibt keine privaten Krankenversicherungen, sodass Zahlungen in privaten Einrichtungen aus eigener Tasche bezahlt werden müssen (MedCOI 8.2020).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021

             MedCOI - Medical Country of Origin Information (8.2020): Country Fact Sheet, Access to Healthcare: Iraq-Kurdistan, Zugriff 3.3.2021

Rückkehr

Letzte Änderung: 16.08.2022

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten, auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, unter anderem von ihrer ethnischen und konfessionellen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort (AA 25.10.2021).

Einer Studie von 2021 zufolge sind soziale Netzwerke wichtige Erleichterer oder Hemmer einer Wiedereingliederung. Die meisten Studienteilnehmer waren sich darin einig, dass ein starkes soziales Netz ein Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche Wiedereingliederung ist und berichteten von einem positiven Einfluss der Netzwerke nach ihrer Rückkehr, es gab jedoch auch Berichte von eher negativen Empfängen (FIS, ERRIN 2021).

Rückkehrer berichten über psychosoziale Bedürfnisse vor, während und nach einer Rückkehr. Dabei stehen psychosoziale Dienste weitgehend nicht oder kaum zur Verfügung. Ein Faktor ist Angst vor einer Stigmatisierung durch die Familie, nicht jedoch die Stigmatisierung selbst. 90 % der Studienteilnehmer berichteten, dass sie von ihrer Familie und ihren Freunden freudig empfangen wurden (FIS, ERRIN 2021).

Während die Forschungsteilnehmer nur wenige Probleme beim formalen Zugang zu Bildung und Gesundheitsfürsorge meldeten, beeinträchtigen Anpassungsschwierigkeiten und Qualitätsbarrieren ihre Fähigkeit, diese Dienste in Anspruch zu nehmen (FIS, ERRIN 2021).

Reintegration und Sicherheit werden durch Schutz, Stabilisierung, Rechtsstaatlichkeit und sozialen Zusammenhalt beeinflusst. An vielen Orten bleiben auch nach der Niederlage des sog. Islamischen Staates (IS) Quellen der Gewalt bestehen, die Rückkehrer betreffen können. In einigen Fällen kann Gewalt sogar durch die tatsächliche Rückkehr verschiedener Bevölkerungsgruppen an einen bestimmten Ort geschürt werden. Gewaltrisiken bleiben anhaltende Angriffe des IS oder anderer bewaffneter Gruppen, aber auch soziale Konflikte in Form von ethnisch-konfessionellen oder stammesbedingten Spannungen und Gewalt, darunter auch Racheakte. Auch politische Konkurrenz spielt bei diesem Risiko eine Rolle, da verschiedene Sicherheitsakteure in der fragmentierten Sicherheitskonfiguration nach dem Konflikt im Irak um territoriale Vorherrschaft ringen (IOM 2021).

Eine Untersuchung von 2020, zu der fast 7.000 Binnenvertriebene und 2.700 Rückkehrer befragt wurden, hat ergeben, dass die Zahl der Rückkehrerhaushalte, die mehr als 20 % ihrer monatlichen Gesamtausgaben für Gesundheit oder Medikamente ausgeben, im Jahr 2020 stark, auf 38 % gestiegen ist (im Vergleich zu 7 % im Jahr 2019) (IOM 18.6.2021). Einer Studie von 2021 zufolge, sehen sich Rückkehrer nach ihrer Rückkehr mit Barrieren für den Lebensunterhalt konfrontiert, die zwar nicht unbedingt ein Hindernis für die Wiedereingliederung darstellen, aber eine Ursache für eine erneute Abwanderung sind (FIS, ERRIN 2021).

Hinsichtlich der Beschäftigung berichteten etwa 12 % der befragten Rückkehrerhaushalte von vorübergehender und 1% von dauerhafter COVID-19-bedingter Arbeitslosigkeit. In der Kurdistan Region Irak (KRI) waren mehrere Distrikte im Gouvernement Erbil besonders von COVID-19-bedingter Arbeitslosigkeit betroffen. 71 % der IDP- und Rückkehrerhaushalte im Distrikt Rawanduz meldeten vorübergehende oder dauerhafte Arbeitslosigkeit aufgrund von COVID-19, im Distrkt Shaqlawa waren es 56 %. Im Gouvernement Sulaymaniyah war der Distrikt Dokan mit 52% am stärksten betroffen. Im föderalen Irak war der Distrikt Al-Kut im Gouvernement Wassit am stärksten von COVID-19-bedingter Arbeitslosigkeit betroffen. 56 % seiner IDP- und Rückkehrerhaushalte meldeten vorübergehende oder dauerhafte Arbeitslosigkeit aufgrund von COVID-19 (IOM 18.6.2021).

Im Jahr 2020 hatten 59 % der Rückkehrer ein durchschnittliches Monatseinkommen von weniger als 480.000 Irakischen Dinar (IQD) (~267,90 EUR) (im Vergleich zu 55 % im Jahr 2019 und 71 % im Jahr 2018). Bei Rückkehrerhaushalten, die von alleinstehenden Frauen geführten wurden, lag der Anteil sogar bei 79 %. In der KRI waren die Haushaltseinkommen von Binnenvertriebenen- und Rückkehrerhaushalten im Jahr 2020 besonders niedrig: In den Bezirken Chamchamal, Halabcha, Rania und und Dokan im Gouvernement Sulaymaniyah und im Bezirk Koysinjag im Gouvernement Erbil hatten im Berichtszeitraum der MCNA-VIII-Erhebung (Juli - September 2021) zwischen 92 % und 93 % der Rückkehrerhaushalte ein Monatseinkommen von weniger als 480.000 IQD (IOM 18.6.2021).

Die lange Zeit sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zusehends besser, jedoch gibt es sehr viel mehr Kauf- als Mietangebote. In der Zeit nach Saddam Hussein sind die Besitzverhältnisse von Immobilien zuweilen noch ungeklärt. Nicht jeder Vermieter besitzt auch eine ausreichende Legitimation zur Vermietung (GIZ 1.2021d).

Um die Rückkehr von Flüchtlingen in die Herkunftsgebiete zu erleichtern, fianziert das UNDP die Umsetzung von Projekten zur Wiederherstellung der Infrastruktur, der Existenzgrundlagen und des sozialen Zusammenhalts in Anbar, Diyala, Kirkuk, Ninewa und Salah ad-Din. Darüber hinaus führte das Programm der Vereinten Nationen für Won- und Siedlungswesen (UN-Habitat) Schnellbewertungen von zerstörten Häusern in Gebieten von Ninewa durch und unterstützte 2.190 Familien, deren Häuser zerstört wurden, bei der Registrierung von Entschädigungsansprüchen. UN-Habitat stellte weiterhin Wohnberechtigungsscheine für jesidische Rückkehrer in Sinjar aus (UNSC 3.8.2021).

Es gibt mehrere Organisationen, die Unterstützung bei der Wiedereingliederung anbieten, darunter ETTC (Europäisches Technologie- und Ausbildungszentrum), IOM (Internationale Organisation für Migration) und GMAC (Deutsche Zentrum für Jobs, Migration und Reintegration). Ebenso gibt es mehrere NGOs, die bedürftigen Menschen finanzielle und administrative Unterstützung bereitstellen sowie Institutionen, die Darlehen für Rückkehrer anbieten. Beispielsweise Bright Future Institution in Erbil, die Al-Thiqa Bank, CHF International/Vitas Iraq, die National Bank of Iraq, die Al-Rasheed Bank und die Byblos Bank (IOM 18.6.2021).

In der KRI gibt es mehr junge Menschen, die sich nach ihrer Rückkehr organisieren. Eine Fortführung dieser Tendenzen wird aber ganz wesentlich davon abhängen, ob sich die wirtschaftliche Lage in der KRI kurz- und mittelfristig verbessern wird (AA 25.10.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             FIS - Finnish Immigration Service; ERRIN – European Return and Reintegration Network (2021): Sustainable Reintegration in Iraq, https://returnnetwork.eu/wp-content/uploads/2021/08/ERRIN-Sustainable-Reintegration-in-Iraq_shortened.pdf, Zugriff 18.2.2022

             GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2021d): Irak - Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/, Zugriff 16.3.2021 [Anm.: Der Link ist nicht mehr abrufbar. Die Daten sind jedoch bei der Staatendokumentation archiviert und einsehbar.]

             IOM - International Organization for Migration (18.6.2021): Information on the socio-economic situation in the light of COVID-19 in Iraq and in the Kurdish Region, requested by the Austrian Federal Office for Immigration and Asylum, Zugriff 21.6.2021

             IOM - International Organization for Migration (2021): Home Again? Categorising Obstacles to Returnee Reintegration in Iraq, https://iraq.iom.int/files/IOM%20Iraq%20Home%20Again%2C%20Categorising%20Obstacles%20to%20Returnee%20Reintegration%20in%20Iraq.pdf, Zugriff 13.3.2021

             UNSC - UN Security Council (3.8.2021): Implementation of resolution 2576 (2021); Report of the Secretary-General [S/2021/700], https://www.ecoi.net/en/file/local/2058500/S_2021_700_E.pdf, Zugriff 15.5.2021

Staatsbürgerschaft und Dokumente

Letzte Änderung: 16.08.2022

Artikel 18 der irakischen Verfassung besagt, dass jede Person, die zumindest über einen irakischen Elternteil verfügt, die Staatsbürgerschaft erhält und somit Anspruch auf Ausweispapiere hat (Irakische Nationalversammlung 15.10.2005; vergleiche USDOS 12.4.2022). Dies wird in Artikel 3 des irakischen Staatsbürgerschaftsgesetzes von 2006 bestätigt, jedoch wird in Artikel 4 darauf hingewiesen, dass Personen, die außerhalb des Iraks von einer irakischen Mutter geboren werden und deren Vater entweder unbekannt oder staatenlos ist, vom Minister für die irakischen Staatsbürgerschaft in Betracht gezogen werden können. Dies geschieht, wenn sich die besagte Person innerhalb eines Jahres nach ihrer Vollmündigkeit für die irakische Staatsbürgerschaft entscheidet. Wenn dies aus schwierigen Gründen unmöglich ist, kann die Person trotzdem noch um die irakische Staatsbürgerschaft ansuchen. In jedem Fall muss der Antragsteller zum Zeitpunkt seiner Bewerbung aber im Irak ansässig sein (Irakische Nationalversammlung 7.3.2006). Eine Doppelstaatsbürgerschaft ist gemäß Artikel 10 des Staatsbürgerschaftsgesetzes No.26/2006, möglich (RoI MoFA 2021b).

Für die Ausstellung einer Geburtsurkunde für ein im Ausland geborenes Kind ist eine Registrierung bei der Konsularabteilung einer irakischen Botschaft notwendig. Der Vater der Kindes muss in der Konsularabteilung der Botschaft anwesend sein. Im Fall seines Ablebens ist der Ehevertrag ein erforderliches Dokument, um die Vaterschaft des Kindes zu belegen. Innerhalb von zwei Monaten nach dem Geburtstermin muss eine beglaubigte Geburtsbestätigung von der zuständigen Behörde des Landes, in dem die Geburt erfolgte, vorgelegt werden. Bei Verspätung ist eine Gebühr für die verzögerte Registrierung in Höhe von 10.000 irakischen Dinar (IQD) [Anm.: 5,69 € (Stand April.2021)] zu bezahlen (RoI MoFA 2021a).

Laut dem irakischen Passgesetz kann jede Person über 18 Jahren, unabhängig von ihrem Geschlecht und ohne Erlaubnis des Vormunds einen Pass erhalten (Irakisches Innenministerium 2017). Ein Personalausweis wird etwa für den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Nahrungsmittelhilfe, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, Bildung und Wohnen benötigt (USDOS 12.4.2022; vergleiche FIS 17.6.2019). Er wird auch für die Beantragung anderer amtlicher Dokumente, wie den Reisepass, benötigt (FIS 17.6.2019). Im Oktober 2015 ist ein neues nationales Ausweisgesetz in Kraft getreten. Laut diesem soll ein neuer biometrischer Personalausweis vier Karten ersetzen: den alten Personalausweis, den Staatsangehörigkeitsnachweis, den Aufenthaltsnachweis und den Lebensmittelausweis. Seit der Jahreswende 2015/2016 werden die neuen Ausweise sukzessive ausgestellt, bisher mehr als zehn Millionen (FIS 17.6.2019). In den seit 2016 ausgestellten Personalausweisen ist die Religionszugehörigkeit des Inhabers nicht mehr vermerkt, obwohl bei der Online-Beantragung immer noch nach dieser Information gefragt wird, und ein Datenchip auf dem Ausweis weiterhin Angaben zur Religion enthält (USDOS 2.6.2022). Viele Iraker besitzen nach wie vor ihren alten Personalausweis und den erforderlichen Staatsbürgerschaftsnachweis. Zwar haben die alten Ausweise kein Ablaufdatum, doch werden sie laut irakischen Behörden im Jahr 2024 ihre Gültigkeit verlieren. Die alten Ausweise werden dabei nach wie vor an Orten ausgegeben, an denen die notwendigen Gegebenheiten für die Ausstellung der neuen Dokumente nicht vorhanden sind. Da Ausweise in der Regel nur an den Orten der Aufenthaltsmeldung ausgestellt werden, benötigen IDPs häufig die Hilfe anderer, um zumindest an einen alten Ausweis zu kommen (FIS 17.6.2019).

Jedoch können Frauen ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters weder einen Reisepass beantragen (USDOS 12.4.2022; vergleiche FH 28.2.2022) noch einen Personalausweis bekommen (USDOS 12.4.2022).

Auch 2021 wurden Personen, denen ein Naheverhältnis zum Islamischen Staat (IS) vorgeworfen wurde, eine Sicherheitsfreigabe, wichtige Identifikationskarten und andere zivile Papiere vorenthalten (HRW 13.1.2022). Der IS konfiszierte und zerstörte routinemäßig zivile und andere staatlich ausgestellte Dokumente und stellte stattdessen eigene Dokumente aus, die vom irakischen Staat nicht anerkannt werden, z.B. Heiratsurkunden (CCiC 1.4.2021; vergleiche NRC 4.2019). Viele Familien haben ihre Dokumente während der Kämpfe verloren oder sie wurden von Sicherheitskräften konfisziert - entweder nachdem sie aus den vom IS kontrollierten Gebieten geflohen waren oder als sie in den Lagern für Binnenvertriebene (IDPs) ankamen. Fehlende Sicherheitsfreigaben hindern Familien daran, zivile Dokumente zu erhalten oder zu erneuern. Bis heute fehlen schätzungsweise 37.980 Irakern, die in Binnenvertriebenenlagern leben, diverse zivile Dokumente (CCiC 1.4.2021).

Jedes Dokument, ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt, ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind in Umlauf. Zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden (AA 25.10.2021).

Quellen:

             AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (25.10.2021): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak (Stand: Oktober 2021), https://www.ecoi.net/en/file/local/2063378/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Republik_Irak_%28Stand_Oktober_2021%29%2C_25.10.2021.pdf, Zugriff 1.12.2021

             CCiC - Center for Civilians in Conflict (1.4.2021): Ignoring Iraq’s Most Vulnerable: The Plight of Displaced Persons, https://civiliansinconflict.org/wp-content/uploads/2021/04/CIVIC_Iraq_Report_Final-Web.pdf, Zugriff 8.6.2021

             FH - Freedom House (28.2.2022): Freedom in the World 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2068634.html, Zugriff 7.6.2022

             FIS - Finnish Immigration Service [Finnland] (17.6.2019): Irak: Tiendonhankintamatka Bagdadiin Helmikuussa 2019 Paluut Kotialueille (Entisille ISIS-Alueille); Ajankohtaista Irakilaisista Asiakirjoista, https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Irak+Tiedonhankintamatka+Bagdadiin+helmikuussa+2019+Paluut+kotialueille+%28entisille+ISIS-alueille%29%3B+ajankohtaista+irakilaisista+asiakirjoista.pdf/c5019f7f-e3f7-981b-7cea-3edc1303aa78/Irak+Tiedonhankintamatka+Bagdadiin+helmikuussa+2019+Paluut+kotialueille+%28entisille+ISIS-alueille%29%3B+ajankohtaista+irakilaisista+asiakirjoista.pdf, Zugriff 13.3.2020

             HRW - Human Rights Watch (13.1.2022): World Report 2022 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2066472.html, Zugriff 7.6.2022

             Irakische Nationalversammlung [Irak] (9.9.2015): Iraq: Passports Law (2015), inoffizielle englische Übersetzung, https://www.refworld.org/docid/5c755e247.html, Zugriff 10.2.2021

             Irakische Nationalversammlung [Irak] (7.3.2006): Iraqi Nationality Law, Law 26 of 2006,inoffizielle englische Übersetzung, https://www.refworld.org/docid/4b1e364c2.html, Zugriff 10.2.2021

             Irakische Nationalversammlung [Irak] (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, inoffizielle englische Übersetzung, http://www.refworld.org/topic,50ffbce524d,50ffbce525c,454f50804,0,,LEGISLATION,IRQ.html, Zugriff 10.2.2021

             NRC - Norwegian Refugee Council [Norwegen] (4.2019): Barriers from birth: Undocumented children in Iraq sentenced to a life on the margins, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/barriers-from-birth---report.pdf, 1.4.2021

             RoI MoFA - Republic of Iraq, Ministry of Foreign Affairs [Irak] (2021a): Birth Certificate, https://www.mofa.gov.iq/birth-certificate, Zugriff 3.3.2021

             RoI MoFA - Republic of Iraq, Ministry of Foreign Affairs [Irak] (2021b): Passport Issuance, https://www.mofa.gov.iq/passport-issuance, Zugriff 8.6.2021

             USDOS - US Department of State [USA] (2.6.2022): 2021 Report on International Religious Freedom: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2073956.html, Zugriff 7.6.2022

             USDOS - US Department of State [USA] (12.4.2022): 2021 Country Report on Human Rights Practices: Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2071125.html, Zugriff 7.6.2022“

1.4. Im Verhältnis zur der, dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2021 zugrunde gelegten, allgemeinen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers mit Stand der Länderberichte des Bundesamtes vom 17.03.2020 konnte zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt weder bezogen auf die aktuell im Irak vorherrschende allgemeine Lage, insbesondere in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers in Kirkuk, noch bezogen auf seine persönliche Situation im Herkunftsstaat eine maßgebliche Veränderung festgestellt werden.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt römisch eins. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Das Bundesverwaltungsgericht nahm hinsichtlich des Beschwerdeführers neuerlich Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister sowie die Grundversorgungs- und Sozialversicherungsdaten und holte die aktenkundigen Auszüge ein.

Ebenso nahm das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des minderjährigen Kindes und der Kindesmutter Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister, das Zentrale Melderegister sowie die Grundversorgungsdaten.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und weder vom Beschwerdeführer noch vom Bundesamt bestritten wurden. Es sind keine Umstände hervorgekommen, die die Angaben des Beschwerdeführers in Zweifel ziehen könnten.

2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingeführten und festgestellten Länderberichte zur allgemeinen Lage im Irak und insbesondere der umstrittenen Region Kirkuk sowie der autonomen Region Kurdistan beruhen auf Berichten verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen. Diese Quellen liegen dem BVwG von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Die Quellen ergeben in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Irak und besteht angesichts der Seriosität und Plausibilität der Erkenntnisquellen kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Es wurden keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Vergleich zwischen den zum Zeitpunkt der Abweisung der Beschwerde des Beschwerdeführers mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2021, Zahl G308 2112485-2/19E, geltenden Länderberichten der Staatendokumentation des Bundesamtes zum Stand 17.03.2020 mit den nunmehr dem Verfahren zugrunde gelegten aktuellsten Länderinformationen der Staatendokumentation des Bundesamts zum Stand 22.08.2022 vorgenommen und konnte in Bezug auf die dort dargestellte allgemeine Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers, insbesondere betreffend das Gouvernement Kirkuk keine für ihn maßgeblichen Veränderungen feststellen.

So ergibt sich etwa auch aus den aktuellen Länderinformationen vom 22.08.2022 zum Gouvernement Kirkuk, dass dieses nach wie vor zu den Schwerpunkten der Aktivitäten des IS zählt, der sich in den umstrittenen Gebieten des Gouvernements Kirkuk reorganisiert. Kleine Gruppen von IS-Kämpfern attackieren Kontrollpunkte von Militär und Polizei, ermorden lokale Anführer und greifen das Elektrizitätsnetz und die Erdöl-Anlagen an. Die hügeligen und gebirgigen Gebiete in Kirkuk bieten dabei einen perfekten Rückzugsort. Da der Süden Kirkuks nie vollständig von IS-Kämpfern befreit wurde, finden hier auch üblicherweise die meisten Gewalttaten des IS statt. Im Jänner 2022 wurden in Kirkuk zwölf sicherheitsrelevante Vorfälle verzeichnet, mit sechs Toten und zwölf Verletzten. Bei zwei der Verwundeten handelte es sich um Zivilisten. Der Angriff auf das Büro des zweiten stellvertretenden Sprechers des irakischen Parlaments in Kirkuk wird pro-iranischen Milizen zugeschrieben. Im Jänner 2021 ist die Polizei gegen protestierende Journalisten vorgegangen, die der Polizei vorwarfen das Telefon eines NRT-Reporters am Vortag zerstört zu haben. Im Februar 2022 wurden drei Vorfälle mit fünf Verletzten verzeichnet, die allesamt dem IS zugeschrieben werden. Darunter war ein Handgranatenangriff auf das Haus eines Mitglieds der kurdischen Asayish-Sicherheitskräfte in al-Faylaq, in Kirkuk Stadt. Im März 2022 wurden acht sicherheitsrelevante Vorfälle mit fünf Toten und sechs Verletzten verzeichnet. Nur einer der Vorfälle, ein Mordversuch an einem KDP-Vertreter, ereignete sich in Kirkuk Stadt. Im April 2022 ist die Zahl der verzeichneten sicherheitsrelevanten Vorfälle auf 23 angestiegen, mit fünf Toten und 16 Verletzten. Unter den Vorfällen waren unter anderem zwei Angriffe auf Polizeistationen, drei Schießereien mit der Armee und ein Mordanschlag auf den Kommandeur der 5. Division der Bundespolizei in Kirkuk. Im Mai 2022 wurden 13 Vorfälle mit 13 Toten und sieben Verletzten verzeichnet. Im Juni 2022 war es nur ein Vorfall ohne Opfer.

Der Datenbank von ACLED zufolge gab es im Gouvernement Kirkuk im Jahr 2021 375 Vorfälle, in der ersten Hälfte des Jahres 2022 waren es 107. Im Gouvernement Kirkuk, unterteilt in die Distrikte Daquq, Dibis, Hawijah und Kirkuk wurden 2021 26 Zwischenfälle, bei welchen gezielt Zivilisten angegriffen wurden (Kategorie "violence against civilians") verzeichnet. 2022 waren es bis Juni 16 Vorfälle (Es bleibt zu berücksichtigen, dass es je nach Kontrolllage und Informationsbasis zu over- bzw. under-reporting kommen kann).

Es war daher festzustellen, dass keine maßgeblichen Veränderungen vorliegen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Mit Erkenntnis des VfGH vom 29.11.2022, E 91/2022-18, hob der VfGH das angefochtene Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zur Gänze auf.

Begründend führte der VfGH aus:

„[…]

römisch II. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.

1. Nach der mit VfSlg 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s etwa VfSlg 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält Art römisch eins Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, Bundesgesetzblatt 390 aus 1973,, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein – auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes – Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg cit gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht vergleiche zB VfSlg 16.214/2001), wenn das Verwaltungsgericht dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der – hätte ihn das Gesetz – dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, Bundesgesetzblatt 390 aus 1973,, stehend erscheinen ließe (s etwa VfSlg 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn es bei Erlassung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie 18.614/2008).

Ein willkürliches Verhalten des Verwaltungsgerichtes, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

2. Ein solcher Fehler ist dem Bundesverwaltungsgericht unterlaufen:

2.1. In den in der angefochtenen Entscheidung wiedergegebenen Länderberichten wird zur Sicherheitslage im Irak ua ausgeführt:

"Insbesondere in den beiden Gouvernements Diyala und Kirkuk scheint der IS im Vergleich zum Rest des Landes mit relativ hohem Tempo sein Fundament wieder aufzubauen, wobei er die lokale Verwaltung und die Sicherheitskräfte durch eine hohe Abfolge von Angriffen herausfordert […]. Der IS ist fast vollständig in ländliche und gebirgige Regionen zurückgedrängt, in denen es wenig Regierungspräsenz gibt und wo er de facto die Kontrolle über einige Gebiete insbesondere im Süden von Kirkuk […] aufgebaut hat".

Zur Sicherheitslage in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers Kirkuk wird in den Länderberichten ua ausgeführt:

"Im Gouvernement Kirkuk gehen die Zahlen der sicherheitsrelevanten Vorfälle, bis auf wenige Spitzen, kontinuierlich zurück […]. Da der Süden Kirkuks nicht vollständig von IS-Kämpfern befreit wurde, kommt es insbesondere in dieser Region regelmäßig zu Angriffen […]. Wie im benachbarten Diyala handelt es sich bei Vorfällen in Kirkuk meist um Schießereien, Angriffe auf Kontrollpunkte, Überfälle auf Städte und Vertreibungen aus ländlichen Gebiete, wobei sich der IS auf den Süden des Gouvernement Kirkuk konzentrierte."

2.2. Aus den Länderfeststellungen schließt das Bundesverwaltungsgericht, dass es in der Provinz Kirkuk nach wie vor vereinzelt sicherheitsrelevante Vorfälle gebe, diese jedoch kontinuierlich zurückgingen und insbesondere im Süden von Kirkuk stattfänden. Der IS [Islamische Staat] operiere überwiegend im dünn besiedelten, ländlichen und gebirgigen Raum, wo keine oder wenige staatliche Kräfte existierten. Im Umkehrschluss ergebe sich hieraus aber für städtische Regionen, dass die vom IS ausgehende Gefahr für die Beeinträchtigung der Sicherheit nicht erheblich sei, auch wenn immer wieder vereinzelt mit Anschlägen gerechnet werden müsse. Insgesamt ergebe sich daher aus einer Zusammenschau der Quellen eine Sicherheitslage, die es in der Provinz Kirkuk Personen erlaube, relativ unbehelligt in dortigen Städten zu leben, ohne damit zwingend rechnen zu müssen, Opfer von Verfolgung, Willkür oder kriegerischer Auseinandersetzung zu werden. Es sei daher davon auszugehen, dass eine in den Irak zurückkehrende Person nicht auf Grund der Lage im Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe, der Todesstrafe oder einem bewaffneten innerstaatlichen oder zwischenstaatlichen Konflikt ausgesetzt sei.

Die Ausführungen, dass es in der Provinz Kirkuk bloß vereinzelt sicherheitsrelevante Vorfälle gebe und in städtischen Regionen die Sicherheit nicht erheblich beeinträchtigt sei, lassen jedoch völlig unberücksichtigt, dass in der ebenfalls im Erkenntnis wiedergegebenen Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Sicherheits- und Menschenrechtslage in Kirkuk vom 2. April 2020 ua ausgeführt wird, dass es "in Kirkuk (Stadt und Provinz) nach wie vor zu zahlreichen sicherheitsrelevanten Vorkommnissen kommt. Dies deckt sich mit der subjektiven Wahrnehmung der Bevölkerung von Kirkuk, welche in der mangelnden Sicherheitslage, insbesondere Übergriffe von bewaffneten Gruppen, das größte Problem sieht. Hiezu zählen insbesondere bewaffnete Übergriffe und Anschläge mittels Sprengmittel (IEDs, Bomben) aber auch Schusswaffen, die dem sog IS zugeordnet werden, der nach Einschätzung der Sicherheitskräfte im Untergrund aktiv bleibt".

Vor dem Hintergrund dieser Feststellungen kann dem Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt werden, dass die Herkunftsprovinz Kirkuk für eine Rückkehr des Beschwerdeführers hinreichend sicher sei vergleiche VfGH 18.3.2022 E4409/2022; 14.6.2022, E3641/2021; 30.11.2021, E3746/2021; 22.9.2021, E1070/2021).

2.3. Das Bundesverwaltungsgericht hat somit die Gefährdungslage für den Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Irak aktenwidrig beurteilt. Die angefochtene Entscheidung ist somit durch die Beurteilung, die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lägen nicht mehr vor, weil sich die Sicherheitslage im Irak nachhaltig verbessert habe, mit Willkür belastet und – da an die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten die Entziehung der befristeten Aufenthaltsberechtigung, die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen, die Erlassung einer Rückkehrentscheidung, die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Irak und die Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise anknüpfen – zur Gänze aufzuheben.

Anzumerken ist, dass das Bundesverwaltungsgericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen haben wird, dass der Beschwerdeführer mittlerweile, wie sich aus der dem Verfassungsgerichtshof in Kopie vorgelegten Geburtsurkunde ergibt, Vater eines am 13. Oktober 2021 in Österreich geborenen Kindes ist, dem – den Ausführungen des Beschwerdeführers zufolge – ebenso wie der Mutter des Kindes der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Hinblick auf den Herkunftsstaat Irak zukommt.

römisch III. Ergebnis

1. Der Beschwerdeführer ist somit durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander (ArtI Abs1 Bundesverfassungsgesetz Bundesgesetzblatt 390 aus 1973,) verletzt worden.

2. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

[…]“

3.2. Behebung des angefochtenen Bescheides:

Der mit „Status des subsidiär Schutzberechtigten“ betitelte Paragraph 8, AsylG 2005 idgF Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017, lautet:

„§ 8. (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,

1.           der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2.           dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, ist mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.

(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht.

(3a) Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Absatz eins, oder aus den Gründen des Absatz 3, oder 6 abzuweisen, so hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß Paragraph 9, Absatz 2, vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

(4) Einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, ist vom Bundesamt oder vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Falle des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.

(5) In einem Familienverfahren gemäß Paragraph 34, Absatz eins, Ziffer 2, gilt Absatz 4, mit der Maßgabe, dass die zu erteilende Aufenthaltsberechtigung gleichzeitig mit der des Familienangehörigen, von dem das Recht abgeleitet wird, endet.

(6) Kann der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden, ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen. Diesfalls ist eine Rückkehrentscheidung zu verfügen, wenn diese gemäß Paragraph 9, Absatz eins und 2 BFA-VG nicht unzulässig ist.

(7) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten erlischt, wenn dem Fremden der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird.“

Der mit „Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten“ betitelte Paragraph 9, AsylG 2005 idgF Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017, lautet:

„§ 9. (1) Einem Fremden ist der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen, wenn

1.           die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz eins,) nicht oder nicht mehr vorliegen;

2.           er den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in einem anderen Staat hat oder

3.           er die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates erlangt hat und eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen neuen Herkunftsstaat keine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention oder für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(2) Ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon aus den Gründen des Absatz eins, abzuerkennen, so hat eine Aberkennung auch dann zu erfolgen, wenn

1.           einer der in Artikel eins, Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vorliegt;

2.           der Fremde eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Republik Österreich darstellt oder

3.           der Fremde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt worden ist. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB, Bundesgesetzblatt Nr. 60 aus 1974,, entspricht.

In diesen Fällen ist die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

(3) Ein Verfahren zur Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist jedenfalls einzuleiten, wenn der Fremde straffällig geworden ist (Paragraph 2, Absatz 3,) und das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Absatz eins, oder 2 wahrscheinlich ist.

(4) Die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ist mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden. Der Fremde hat nach Rechtskraft der Aberkennung Karten, die den Status des subsidiär Schutzberechtigten bestätigen, der Behörde zurückzustellen.“

Paragraph 9, AsylG 2005 enthält eine taxative Aufzählung von Tatbeständen, bei deren Vorliegen das Bundesamt einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen aberkennen muss. Die Aberkennung setzt voraus, dass dem Fremden zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt war vergleiche Böckmann-Winkler/Lipphart-Kirchmeir in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht Paragraph 9, AsylG 2005 Anmerkung 2).

Die Bestimmung des Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 ist vor dem Hintergrund des Artikel 16, der Statusrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011) zu sehen. Gemäß Artikel 16, Absatz eins, Statusrichtlinie ist ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser nicht mehr subsidiär Schutzberechtigter, wenn die Umstände, die zur Zuerkennung des subsidiären Schutzes geführt haben, nicht mehr bestehen oder sich in einem Maße verändert haben, dass ein solcher Schutz auch nicht mehr erforderlich ist. Einen eindeutigen Bezug zu dieser Bestimmung der Status RL stellte noch die Regelung des Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 1997 in der Fassung der Novelle 2003 her: „Bei Wegfallen aller Umstände, die einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung eines Fremden nach Absatz eins, entgegenstehen, kann das Bundesasylamt von Amts wegen bescheidmäßig feststellen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden zulässig ist.“. Dieser Regelung des AsylG 1997 entspricht nunmehr der zweite Tatbestand „nicht mehr vorliegen“ in Paragraph 9, Absatz eins, z 1 AsylG 2005 vergleiche schon AsylGH 06.03.2012, Zl. E6 215.690-3/2011).

Der Tatbestand des Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005, wonach einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten von Amts wegen mit Bescheid abzuerkennen ist, wenn die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht oder nicht mehr vorliegen, findet in Artikel 16, in Verbindung mit Artikel 19, der Statusrichtlinie in der Fassung Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen (nunmehr RL 2011/95/EU) Deckung. Unter Bedachtnahme auf Artikel 16, Absatz 2, Statusrichtlinie ist davon auszugehen, dass es sich um grundlegende Veränderungen im Herkunftsstaat handeln muss und dass vom Wegfall der Bedrohung erst nach einem angemessenen Beobachtungszeitraum ausgegangen werden darf vergleiche Feßl/Holzschuster, Asylgesetz 2005, 327).

Nach den oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen ist zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes des Beschwerdeführers iSd Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins, zweiter Fall in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 nach wie vor vorliegen. Der zweite Fall des Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG umfasst dabei jene Fälle, in welchen die Umstände, die zur Zuerkennung des Schutzanspruches geführt habe, nachträglich weggefallen sind oder sich so verändert haben, dass der Schutz nicht mehr vorgesehen ist vergleiche VwGH vom 14.12.2017, Ra 2016/20/0038).

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Im konkreten Fall ist festzuhalten, dass das Bundesamt die Zuerkennung des subsidiären Schutzes des Beschwerdeführers ursprünglich im Wesentlichen mit der prekären Sicherheitslage im Irak begründete und deswegen nicht ausgeschlossen werden könnte, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Irak aufgrund der schlechten allgemeinen Lage sowie Sicherheitslage in eine existenzielle Notlage geraten könnte. Es bestehe somit die Gefahr, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in eine Situation gerate, die einer unmenschlichen Behandlung gleichkäme. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid stellt das Bundesamt bezogen auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers sowie zur allgemeinen Lage und der Sicherheitslage im Irak fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nunmehr nicht mehr vorlägen, da es dem Beschwerdeführer aufgrund der nachhaltig geänderten Situation im Irak und dem Umstand, dass seine Kernfamilie nach wie vor unbehelligt im Gouvernement Kirkuk lebe, eine maßgebliche Änderung seiner Lage im Fall der Rückkehr in den Irak eingetreten sei. Darüber hinaus wäre es dem Beschwerdeführer auch ohne familiäres Auffangnetz als erwachsenen Mann zumutbar, sein Leben eigenverantwortlich zu gestalten.

Vor dem Hintergrund der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall und der diesbezüglich im Wesentlichen unveränderten Lage im Irak, insbesondere auch bezogen auf das Gouvernement Kirkuk, hat sich jedoch ergeben, dass dem Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Irak bezogen auf das gesamte Staatsgebiet eine Verletzung seiner Rechte nach Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der durch die Protokolle Nor. 6 und Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte droht oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen Konflikts mit sich bringen würde.

Bei den Tatbeständen des Paragraph 9, Absatz 2, AsylG handelt es sich um weitere Aberkennungstatbestände, die subsidiär zu Absatz eins, leg. cit. anzuwenden sind und daher erst nach Verneinen der Tatbestände des Absatz eins, anzuwenden und zu prüfen sind vergleiche Böckmann-Winkler/Lipphart-Kirchmeir in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht Paragraph 9, AsylG 2005 Anmerkung 6).

Die Tatbestände des Paragraph 9, Absatz 2, AsylG liegen unstrittig nicht vor. Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten, er stellt keine Gefahr für die Allgemeinheit oder die Sicherheit der Republik Österreich dar und liegt auch keiner der in Artikel eins, Abschnitt F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe vor.

Ausschlussgründe nach Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 sind nicht hervorgekommen, zumal der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist.

Im Ergebnis sind daher die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und damit auch die übrigen Aussprüche im angefochtenen Bescheid zu Unrecht erfolgt, sodass der Beschwerde vor dem Hintergrund der entsprechenden Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes und der diesbezüglich unveränderten allgemeinen Lage im Irak stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Behebung der Bescheide im gesamten Umfang hatte aufgrund der jeweiligen Untrennbarkeit sämtlicher Spruchpunkte zu erfolgen vergleiche hierzu schon AsylGH vom 10.02.2011, Zl. C18 308.109-2/2010/3E und die dort angeführte Judikatur des VwGH).

Dem Beschwerdeführer kommt aufgrund der Behebung des Bescheides weiterhin der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu. Betreffend die Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung ist der Beschwerdeführer an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu verweisen vergleiche etwa BVwG vom 27.06.2017, GZ: W147 1302756-4/3E).

3.3. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt Paragraph 24, VwGVG.

Gemäß Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG kann eine mündliche Verhandlung entfallen, wenn bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Gemäß Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG kann das Verwaltungsgericht weiters ungeachtet eines Parteiantrages, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wurde der Beschwerde des Beschwerdeführers gänzlich entsprochen und der angefochtene Bescheid aufgehoben, sodass von der (neuerlichen) Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden konnte.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR zu Fragen des Artikel 8, EMRK ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich bei allen erheblichen Rechtsfragen an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des EGMR orientiert und hat diese – soweit erforderlich – auch zitiert.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2023:G308.2112485.2.00