Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

02.12.2022

Geschäftszahl

W156 2255269-1

Spruch


W156 2255269-1/14E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Alexandra KREBITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , vertreten durch Flitsch Leuthner Leiter Rechtsanwälte GmbH, Walfischgasse 8/34, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 13.04.2022, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. römisch 40 (in weiterer Folge als Beschwerdeführer bezeichnet) beantragte am 17.01.2022 die Ausstellung eines Bescheids durch die Österreichische Gesundheitskasse bezüglich seiner Beschäftigung bei der römisch 40 GmbH (in weiterer Folge als mitbeteiligte Partei bezeichnet) im Zeitraum von 11.11.2019 bis 30.11.2019.

2. Mit angefochtenem Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Wien (in weiterer Folge als belangte Behörde bezeichnet), vom 13.04.2022 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der für die mitbeteiligte Partei ausgeübten Tätigkeit im Zeitraum von 11.11.2019 bis 30.11.2019 nicht der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG (Spruchpunkt 1.) sowie nicht der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 14, in Verbindung mit Absatz 4, ASVG und der Arbeitslosenversicherung gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, in Verbindung mit Absatz 8, AlVG unterliege (Spruchpunkt 2.).

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher er zusammengefasst ausführte, dass er die Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübt habe und daher sehr wohl der Pflichtversicherung als Dienstnehmer unterlegen sei.

4. Mit Schreiben vom 24.05.2022, beim Bundesverwaltungsgericht einlangend am 25.05.2022, legte die belangten Behörde die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

5. Nach Befangenheitsanzeige vom 27.05.2022 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung W151 abgenommen und der Gerichtssache W156 zugewiesen.

6. Am 13.10.2022 wurde eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und dessen Rechtsvertreters, zwei Vertretern der mitbeteiligten Partei sowie deren Rechtsvertreterin und eines Vertreters der belangten Behörde durchgeführt. Weiters wurden drei Zeugen einvernommen.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Im Dezember 2019 wurde das Werk „ römisch 40 “ von römisch 40 von der mitbeteiligten Partei uraufgeführt. Es handelt sich dabei um ein komplexes Werk, bei welchem die Probenzeit etwa vier Wochen andauerte und insgesamt ca. 20 Proben stattfanden. Bei den Proben mussten daher unter anderem sechs Schlagzeuger beteiligt sein, um den Gesamtklang des Werkes auch bei den Proben sicherzustellen.

Der Beschwerdeführer ist Musiker (Schlagwerk) und war als solcher als Substitut im Rahmen der Proben für die Uraufführung für die mitbeteiligte Partei tätig, da für die Produktion kurzfristig mehrere Proben eingeschoben wurden. Die mitbeteiligte Partei verfügt über einen Pool an Ersatzmusikern, da diese jedoch nicht verfügbar waren, wurde der Beschwerdeführer am 05.11.2019 für ursprünglich fünf Termine angefragt. Der Beschwerdeführer war nur an drei Terminen verfügbar, welche vereinbart wurden. Anschließend wurden noch Proben für den 18.11.2019 und 28.11.2019 vereinbart.

Der Beschwerdeführer wurde nicht für die Aufführungstermine angefragt, da dafür bereits jemand anderes vorgesehen war. Die Generalprobe spielten jene Musiker, die auch an den Aufführungen mitwirkten.

1.2. Ein schriftlicher Vertrag wurde vom Beschwerdeführer und der mitbeteiligten Partei nicht abgeschlossen. Als Entlohnung erhielt der Beschwerdeführer einen pauschalen Probensatz pro Probe, insgesamt € 450,-. Der Betrag wurde ihm nach seiner letzten Probe überwiesen.

Der Beschwerdeführer war an die Zeiten und den Ort der Proben, an welchen er teilnahm, gebunden.

1.3. Der Beschwerdeführer verwendete bei den Proben die Schlaginstrumente, Noten, Notenpulte und Beleuchtung der mitbeteiligten Partei. Bei Schlaginstrumenten ist es generell üblich, dass diese vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt werden.

Er nahm sich die Noten für das Stück mit nach Hause, um Einsicht zu nehmen und zu üben. Diesbezügliche Vorgaben gab es seitens der mitbeteiligten Partei nicht.

Der Beschwerdeführer verfügte über keinen Schlüssel oder einen Spind.

Der Beschwerdeführer verfügt über ein eigenes Schlagwerk, wobei ihm jedoch nicht das gesamte Schlagwerk allein gehört.

1.4. Der Beschwerdeführer organisierte sich unmittelbar vor Beginn der Proben die notwendigen Betriebsmittel. Während der Proben wurde durch Anweisungen des Dirigenten festgelegt, welche Stellen geprobt wurden.

Der Beschwerdeführer hielt sich an die Anweisungen der künstlerischen Leitung, auch gab es Anweisungen hinsichtlich der Choreographie.

Der Beschwerdeführer hielt sich auch an die gängigen Ordnungsvorschriften nach der Orchesterpraxis, so verhielt er sich beispielsweise ruhig, wenn er keinen Einsatz hatte.

Kontrollbefugnisse der mitbeteiligten Partei zum arbeitsbezogenen Verhalten des Beschwerdeführers bestanden nicht.

1.5. Für die Termine, an denen der Beschwerdeführer nicht verfügbar war, wurde seitens der mitbeteiligten Partei ein Ersatz gesucht. Auch für den Fall, dass der Beschwerdeführer bereits zugesagte Termine abgesagt oder nicht wahrgenommen hätte, hätte die mitbeteiligte Partei einen Ersatz organisiert. Der Beschwerdeführer nahm jedoch alle zugesagten Probentermine wahr.

Hätte der Beschwerdeführer kurzfristig abgesagt oder ohne Absage nicht zur Probe erschienen, hätte er für die Probe keine Entlohnung bekommen. Sanktionen waren nicht vorgesehen. Der Beschwerdeführer nahm jedoch an, dass er im Falle einer kurzfristigen Absage nicht als verlässlich angesehen und nicht mehr gebucht werden würde.

1.6. Der Beschwerdeführer war im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als Dienstnehmer für das römisch 40 beschäftigt. Ein Konkurrenzverbot bestand für die gegenständliche Tätigkeit nicht.

Der Beschwerdeführer betreibt nicht dezidiert Werbung für seine musikalische Tätigkeit, sondern setzt diesbezüglich auf mündliche Weiterempfehlungen.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt der Verfahrensakten der belangten Behörde sowie des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem Erhebungsbericht der ÖGK, den Stellungnahmen der mitbeteiligten Partei und des Beschwerdeführers sowie der vorgelegten Unterlagen.

2.1. Die Feststellungen zur Uraufführung ergeben sich aus dem Verfahrensakt und sind überdies unstrittig. Die Dauer und Anzahl der Proben sowie, dass insgesamt sechs Schlagzeuger angefragt waren, führt der als Zeuge einvernommene Orchesterinspektor römisch 40 in der Beschwerdeverhandlung aus Sitzung 15 und 17).

Die Feststellungen zum Zustandekommen des Tätigwerdens des Beschwerdeführers für die mitbeteiligte Partei ergibt sich ebenso aus den nachvollziehbaren Ausführungen des römisch 40 in der mündlichen Verhandlung Sitzung 15 f.) sowie aus dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Nachrichtenwechsel.

Dass der Beschwerdeführer nicht für die Aufführung angefragt und dafür auch nicht vorgesehen war, ergibt sich ebenso aus den Ausführungen des römisch 40 in der Beschwerdeverhandlung Sitzung 15: „R: Wenn ich Sie richtig verstehe, wurde der BF als „Füllwerk“ engagiert, damit im Rahmen der Probe sämtliche Schlagwerker besetzt sind, um den Eindruck des Gesamtklanges zu erhalten, es war aber nicht vorgesehen, dass er an der Aufführung teilnimmt? Z1: Ja.“) sowie aus den Stellungnahmen der mitbeteiligten Partei. Soweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausführt, der Zweck seiner Beschäftigung sei darin gelegen, sich ausreichend mit dem Stück vertraut zu machen, um beim Ausfall eines Musikers diesen bei einer Aufführung ersetzen zu können Sitzung 5), ist zunächst festzuhalten, dass sich dies mit den oben angeführten Angaben des Zeugen, der für die Anfragen und Einteilungen der Schlagzeuger zuständig war, nicht deckt. Überdies legte der Beschwerdeführer auch keine Unterlagen vor und führte im Wesentlichen keine Gründe an, auf die er seine Annahme gestützt hat. Dass dem Beschwerdeführer Aufführungstermine übermittelt worden wären, zu denen er sich gegebenenfalls bereithalten solle, ist ebenso nicht hervorgekommen. Auch der als Zeuge einvernommene römisch 40 , der als Schlagwerker tätig ist, gab an, dass reine Probenprojekte ihn zwar auf eine Aufführung vorbereiten sollen, er jedoch nicht bei jedem Projekt sowohl Proben als auch Aufführungen spiele, sondern manchmal nur Proben und manchmal nur die Aufführung Sitzung 22). Aus Sicht der erkennenden Richterin ergibt sich die Notwendigkeit des vollständigen Klangkörpers aus der geschilderten Eigenheit des Werkes und erscheint es auch angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer erst einen Monat vor der Uraufführung für einige Proben angefragt wurde, nachvollziehbar, dass er nicht für die Aufführung vorgesehen war. Dass der Beschwerdeführer nachgefragt hätte, ob er auch die Aufführung spielen werde, verneint er in der mündlichen Verhandlung explizit Sitzung 5).

2.2. Dass ein schriftlicher Vertrag zwischen dem Beschwerdeführer und der mitbeteiligten Partei abgeschlossen worden sei, ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Entlohnung wurde in einer Stellungnahme der mitbeteiligten Partei aufgeschlüsselt und vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten.

Dass der Beschwerdeführer an den Ort und die Zeit der Proben gebunden war, ist unstrittig. Eine darüberhinausgehende Bindung an Arbeitsort und –zeit wurde nicht vorgebracht, da der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung selbst angab, lediglich zu den Proben zu erscheinen und im Anschluss gegangen zu sein (S.9).

2.3. Die Feststellungen zu den von der mitbeteiligten Partei bereitgestellten Betriebsmittel ergeben sich generell aus dem Akt und sind unstrittig. Dass der Beschwerdeführer keinen Schlüssel oder Spind zugewiesen erhielt, gibt er in der Beschwerdeverhandlung an Sitzung 9). Die Feststellungen hinsichtlich des eigenen Schlagzeugs des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung Sitzung 6).

Dass er die Noten des gegenständlichen Stücks zur Einsichtnahme mit nach Hause nahm, es aber zum privaten Üben keine Vorgaben gab, führt er ebenso in der Beschwerdeverhandlung aus Sitzung 8 f.).

2.4. Die Feststellungen zum Ablauf der Proben ergeben sich ebenso aus den nachvollziehbaren Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung Sitzung 8 f.).

Dass er sich während der Proben im Orchester an die generell üblichen Ordnungsvorschriften hielt, führt er ebenso in der Beschwerdeverhandlung aus Sitzung 9 und 11). Dass im Orchester eine gewisse Disziplin einzuhalten sei und die Mitglieder sich ruhig zu verhalten haben, führt auch der als Zeuge einvernommene römisch 40 in der Beschwerdeverhandlung aus Sitzung 22 f.).

Kontrollbefugnisse der mitbeteiligten Partei wurden weder vorgebracht noch sind diese sonst hervorgekommen.

2.5. Dass die mitbeteiligte Partei für jene Proben, für die der Beschwerdeführer angefragt wurde, aber nicht verfügbar war, einen anderen Musiker suchte, gibt der als Zeuge einvernommene Orchesterinspektor in der Beschwerdeverhandlung glaubhaft an Sitzung 16) und erscheint dies vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zur Notwendigkeit, auch bei den Proben den vollen Gesamtklang sicherzustellen, plausibel.

Dass der Beschwerdeführer die vereinbarten Probentermine wahrnahm, ist unstrittig. Ebenso, dass die mitbeteiligte Partei im Fall einer Absage einen Ersatz organisiert hätte und nicht der Beschwerdeführer selbst.

Hinsichtlich der fehlenden Sanktionen im Falle eines kurzfristigen Fernbleibens ist festzuhalten, dass vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht wurde, dass Sanktionen explizit angedroht worden seien, und dies auch aus dem Akt nicht ersichtlich ist. Die Annahme des Beschwerdeführers, dass er nicht mehr eingeladen werden würde, wenn er Termine kurzfristig abgesagt hätte, ergibt sich aus dem generellen Vorbringen des Beschwerdeführers und wird diese auch von den als Zeugen einvernommenen Schlagwerkern bestätigt. In diesem Zusammenhang ist jedoch festzuhalten, dass römisch 40 in der Beschwerdeverhandlung angab, weniger von der mitbeteiligten Partei eingeladen worden zu sein, wenn er nicht regelmäßig zusagen habe können Sitzung 21), dass er jedoch gar nicht mehr für die mitbeteiligte Partei tätig wurde, wurde nicht vorgebracht. Schließlich führte er auch aus, dass er nur wisse, dass andere Kollegen aufgrund unbegründeter Absagen keine Einladungen mehr erhalten haben, wobei er auf Nachfrage auch einräumte, dass er nicht wisse, ob es dafür auch andere Gründe gegeben habe Sitzung 24). Auch römisch 40 führte aus, dass er die Sanktionen nur vom Hören-Sagen kenne Sitzung 27).

Überdies führte römisch 40 in der Beschwerdeverhandlung aus, dass es durchaus vorkomme, dass Musiker trotz Zusage nicht erscheinen und er dann Ersatz suchen würde, wobei er auch betonte, dass er durchaus eine gewisse Verlässlichkeit von den Substituten erwarte Sitzung 16: „BFV: Mein Mandant hat alle Proben, zu denen er zugesagt hat, wahrgenommen. Wäre er unangekündigt nicht erschienen, was hätte das für den Probebetrieb bedeutet? Z1: Das wäre nicht angenehm gewesen. Man kann da nichts machen. Im Normalfall kontaktieren mich die Leute schon. Es kommt vor, dass wer absagt. Dass jemand einfach nicht erscheint, passiert eher selten. Wir haben einen Pool an Musikern. Wir fragen an und wenn die Aushilfen ein besseres Engagement haben, sagen sie wieder ab und ich suche einen Ersatz. R: Hätte es Sanktionen für den BF gegeben? Z1: Nein. Er hätte nur die eine Probe nicht bezahlt bekommen.“).

2.6. Dass der Beschwerdeführer keinem Konkurrenzverbot unterlag und zur gleichen Zeit unselbständig für das römisch 40 tätig war, ergibt sich aus seinem eigenen Vorbringen.

Dass er für seine Tätigkeit auf mündliche Empfehlungen setzt, ergibt sich aus seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung Sitzung 9).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Materiellrechtliche Bestimmungen:

Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), Bundesgesetzblatt Nr. 189 aus 1955, idgF:

„§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den Paragraphen 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach Paragraph 7, nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer; […]

Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 45 aus 2005,, entlohnt werden. […]

14. die den Dienstnehmern im Sinne des Absatz 4, gleichgestellten Personen. […]

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 45 aus 2005,, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach Paragraph 47, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

1. Bezieher von Einkünften nach Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, Litera a, oder b EStG 1988 oder

2.Bezieher von Einkünften nach Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, Litera c, EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder

3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz. […]

(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins bis 3 GSVG oder Paragraph 2, Absatz eins, BSVG oder nach Paragraph 2, Absatz eins und 2 FSVG versichert sind oder

b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer eins, Litera f, B-KUVG handelt oder

c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

(6) Eine Pflichtversicherung gemäß Absatz eins, schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Absatz 4, aus.

Paragraph 539 a, (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Mißbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen

1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3. die Zurechnung

nach den Paragraphen 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.“

Gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, AlVG sind für den Fall der Arbeitslosigkeit Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, versichert (arbeitslosenversichert).

Gemäß Paragraph eins, Absatz 8, AlVG sind freie Dienstnehmer im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) Dienstnehmern gleichgestellt.“

3.2. Auf die gegenständliche Beschwerde bezogen bedeutet dies:

Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer für die mitbeteiligte Partei tätig war, strittig ist lediglich, ob als echter Dienstnehmer oder im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses. Dass gegenständlich ein Werkvertrag vorliegt, wurde weder vorgebracht, noch ist dies ersichtlich. Bei der gegenständlichen Vereinbarung fehlt es zunächst an der vertragsmäßigen Konkretisierung des Werkes, da lediglich das Tätigwerden als Schlagwerker bei Proben des Stücks „ römisch 40 “ vereinbart wurde. Es ist auch kein Maßstab ersichtlich, nach welchem für den Werkvertrag typische Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werkes beurteilt werden sollten. Ein der für den Werkvertrag essenziellen Gewährleistungsverpflichtung entsprechender Erfolg der Tätigkeit des Erstmitbeteiligten ist nicht messbar, weshalb von einem individualisierbaren „Werk“ nicht die Rede sein kann. Es liegt vielmehr eine Vereinbarung über Dienstleistungen - nämlich Teilnahme an Proben - vor vergleiche VwGH, 2005/08/0162, mwN.).

3.2.1. Dienstnehmer nach Paragraph 4, Absatz 2, ASVG:

Daher ist im weiteren Schritt zu prüfen, ob eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorlag, wie vom Beschwerdeführer vorgebracht.

Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Beschäftigung (z.B. auf Grund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist.

Erlaubt im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien ebenso wie die Art des Entgelts und der Entgeltleistung (Paragraph 49, ASVG), die an sich in der Regel wegen des gesonderten Tatbestandscharakters des Entgelts für die Dienstnehmereigenschaft nach Paragraph 4, Absatz 2, ASVG für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit nicht aussagekräftig sind, von maßgeblicher Bedeutung sein vergleiche zuletzt VwGH 23.08.2021, Ra 2020/08/0040 mwN.).

Zunächst ist zu ermitteln, ob und in welcher Form die Parteien einschlägige Vereinbarungen getroffen haben und auf welche Weise der Dienstgeber/Auftraggeber die Erbringung der Arbeitsleistung organisiert hat. Aufgrund dieser Feststellungen hat die Behörde zu beurteilen, ob die tatsächliche Durchführung der Tätigkeit von der getroffenen Vereinbarung abgewichen ist bzw. ob die Vereinbarung den wirtschaftlichen Gegebenheiten des Dienstgebers/Auftraggebers entspricht. Ist eine Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen, muss untersucht werden, ob ein Scheingeschäft vorliegt vergleiche Paragraphen 539,, 539a ASVG). Wenn keine anderslautende Vereinbarung festgestellt werden kann (bzw. wenn nicht das Vorliegen einer Scheinvereinbarung festgestellt werden kann), darf die Behörde aus dem tatsächlichen Ablauf der Beschäftigung allein auf das Vorliegen einer schlüssigen Vereinbarung schließen und diesen ohne weitere Ermittlungen zur Beurteilung heranziehen. vergleiche VwGH 17.12.2000, 99/08/0008).

Für die Frage, ob eine Beschäftigung gegen Entgelt vorliegt, ist die Art des Entgelts bzw. der Entgeltleistung nicht maßgeblich, im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung für das Vorliegen persönlicher Abhängigkeit kann eine monatliche Entlohnung ein Indiz für ein Dienstverhältnis darstellen vergleiche Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm Paragraph 4, ASVG Rz 120 und 130). Der Beschwerdeführer erhielt eine Pauschale pro Probe und am Ende des Tätigwerdens wurde ihm der Gesamtbetrag überwiesen. Es erfolgte somit keine monatliche Entlohnung, was eher auf einen freien Dienstvertrag hindeutet, aber insgesamt beschränkte Aussagekraft hat, da der Beschwerdeführer nur knappe drei Wochen für die mitbeteiligte Partei tätig wurde.

Arbeitszeit und Arbeitsort

Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind – im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes – als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer - im Regelfall freilich auch vorliegender - Umstände (wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt vergleiche VwGH 15.10.2015, 2013/08/0175).

Die für die persönliche Abhängigkeit charakteristische weitgehende Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Tätigkeit kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auch dann vorliegen, wenn der Beschäftigte aufgrund einer Vereinbarung oder der Betriebsübung oder der Art seiner Beschäftigung Beginn und Dauer der täglichen Arbeitszeit weithin selbst bestimmen kann. Hat aber die allfällige Ungebundenheit des Beschäftigten hinsichtlich Arbeitsablauf und Arbeitszeit ihre Grenze in der unterschiedlichen Dringlichkeit der zu besorgenden Angelegenheiten und den betrieblichen Erfordernissen, sodass die Arbeitserbringung letztlich doch im Kern an den Bedürfnissen des Dienstgebers orientiert sein muss, so spricht dies für ein Verhältnis persönlicher Abhängigkeit vergleiche VwGH 11.12.2013, 2011/08/0322).

Strukturen einer betrieblichen Organisation, in die eine Einbindung erfolgen kann, manifestieren sich z.B. in einem durch die Erfordernisse des Betriebs vorgegebenen Ablauf, in einer aufeinander abgestimmten Tätigkeit mehrerer Mitarbeiter oder in der Anwesenheit von Vorgesetzten an der Arbeitsstätte. Die bloße Nutzung von Einrichtungen des Auftraggebers (betriebliches Areal, Arbeitskleidung) bei Fehlen der genannten Strukturen stellt für sich allein keine Einbindung in eine betriebliche Organisation dar. Maßgeblich ist insbesondere, ob von der aus Infrastruktur und beteiligten Personen gebildeten organisatorischen Einheit ein personenbezogener Anpassungsdruck auf den darin eingebundenen Erwerbstätigen ausgeht, indem z.B. ein Abweichen vom geforderten persönlichen Verhalten (bzw. eine dadurch bewirkte Störung der betrieblichen Abläufe) entsprechende Maßregelungen oder Sanktionen nach sich ziehen könnte vergleiche 20.02.2020, Ra 2019/08/0171).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind die Bindung an die Arbeitszeit oder den Arbeitsort dann hinsichtlich des Vorliegens einer abhängigen Beschäftigung nicht unterscheidungskräftig, wenn sie sich gleichsam aus der Natur der Sache ergeben, ein selbständig Erwerbstätiger also ebensolchen Sachzwängen bei einer bestimmten Tätigkeit unterläge wie ein unselbständig Beschäftigter. In einem solchen Fall kommt daher anderen Merkmalen der Abgrenzung besondere Bedeutung zu, wie etwa der Kontrollbefugnis des Dienstgebers oder dem Gestaltungsspielraum des Erwerbstätigen vergleiche VwGH 18.01.2017, Ra 2014/08/0059 mwN.).

Dass der Beschwerdeführer, ebenso wie die anderen Musiker des Orchesters ungeachtet der Art ihres Dienstverhältnisses, an den Ort und Zeit der Proben gebunden war, kann somit nicht für oder gegen eine echte Dienstnehmereigenschaft sprechen.

Weisungsbindung und Kontrollunterworfenheit:

Bei Beurteilung der Weisungsgebundenheit kommt es in erster Linie nicht auf fachliche Weisungen, sondern auf die Gebundenheit in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten an. Dies deshalb, weil Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden können, da sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser eigener fachlicher Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation entsprechend erweitert. Das Fehlen von Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren spricht daher für sich genommen nicht gegen eine Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit. Im Übrigen ist es aber gerade bei leitenden Angestellten häufig der Fall, dass eine Überwachung im Sinne des Weisungs- und Kontrollrechtes des Dienstgebers von diesem nicht stets nach außen erkennbar ausgeübt wird. In diesem Fall muss aber für den Arbeitgeber zumindest die Möglichkeit der Ausübung des Weisungs- und Kontrollrechtes bestanden haben vergleiche 19.02.2014, VwGH 2013/08/0160).

Sachbezogene Weisungen und Kontrollen schließen die persönliche Unabhängigkeit dessen, der einen Arbeitserfolg (ein Werk oder eine Leistungsgesamtheit) zu verrichten hat, nicht aus (VwGH 2001/08/0158 vom 17.11.2004). Eine Koordinierung mit den Erfordernissen des Vertragspartners bedeutet noch keine Weisungsgebundenheit (VwGH 2004/08/0066 vom 21.12.2005).

Weiters spielt die Qualifikation des Beschäftigten bzw. der von ihm ausgeübten Tätigkeit eine Rolle, weil sich - unabhängig vom Vorliegen konkreter sachlicher Weisungen (die in der Realität des Arbeitsverhältnisses nicht immer erwartet werden können) - mit steigender Qualifikation in der Regel auch die fachliche bzw. sachliche Entscheidungsbefugnis ständig erweitert. Qualifizierte sachliche Entscheidungsbefugnisse können einen gewissen Spielraum für eine eigenständige (unter Umständen auch unternehmerische) Gestaltung der Tätigkeiten eröffnen. Derartige Dispositionsmöglichkeiten stärken - insbesondere bei Fehlen der Einbindung in eine Betriebsorganisation - die Sphäre persönlicher Ungebundenheit und sprechen für das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses. Weisungsbindung und Kontrollunterworfenheit kann sich auch aus faktischen Vorkehrungen des Arbeitgebers herleiten, die diesem ein Weisungs- und Kontrollrecht für den Bedarfsfall sichern (VwGH 04.06.2008, 2004/08/0190).

In seinem Erkenntnis vom 21.08.2017, Ra 2016/08/0119, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation in der Regel zur Folge hat, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die „stille Autorität“ des Arbeitgebers indiziert vergleiche VwGH 15.05.2013, 2013/08/0051).

Der Beschwerdeführer unterlag, wie die anderen Musiker des Orchesters, den Weisungen des Dirigenten sowie der künstlerischen Leitung. Vorgaben bezüglich seines privaten Übungsverhaltens gab es nicht, ebensowenig sind Kontrollbefugnisse der mitbeteiligten Partei hervorgekommen. Wie bereits ausgeführt, bestanden auch keine Sanktionsmechanismen der mitbeteiligten Partei, auch wenn die Annahme des Beschwerdeführers, er werde eventuell nicht mehr eingeladen, wenn er als unzuverlässig angesehen werde, zweifelsfrei geeignet war, das arbeitsbezogene Verhalten des Beschwerdeführers zu beeinflussen.

Der Beschwerdeführer verfügte über keinen Schlüssel zu den Räumlichkeiten der mitbeteiligten Partei und auch über keinen Spind, in welchem er seine Jacke oder persönlichen Gegenstände hätte verstauen können. Dies spricht gegen eine Einbindung des Beschwerdeführers in die Betriebsstruktur der mitbeteiligten Partei.

Persönliche Arbeitspflicht

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG schon deshalb nicht vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs schließt die Berechtigung, die übernommene Arbeitspflicht generell durch Dritte verrichten zu lassen oder sich ohne weitere Verständigung des Vertragspartners zur Verrichtung der bedungenen Arbeitsleistung einer Hilfskraft zu bedienen, die persönliche Abhängigkeit wegen der dadurch fehlenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Verpflichteten aus vergleiche VwGH 02.05.2012, 2010/08/0083 mwN.).

Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen, ebenso wenig die bloße wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigte Personen. Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Beschäftigte berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken, d.h. ohne bestimmten Grund, irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen (VwGH 2010/08/0026 vom 25.5.2011).

Es bedarf keiner ausdrücklichen Vereinbarung der persönlichen Arbeitspflicht, wenn diese nach den Umständen der Beschäftigung zu vermuten ist und weder eine generelle Vertretungsbefugnis vereinbart noch nach dem tatsächlichen Beschäftigungsbild praktiziert wurde (VwGH 2004/08/0066 vom 21.12.2005).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist ein Dienstverhältnis bei einem „generellen sanktionslosen Ablehnungsrecht“ ausgeschlossen. Dieses sei anzunehmen, wenn eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist oder wenn ein Beschäftigter die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen könne unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung steht. Hingegen sei bei sanktionsloser Ablehnung der Erbringung einzelner Leistungen persönliche Abhängigkeit keineswegs ausgeschlossen. Selbst eine ausdrücklich vereinbarte Befugnis des Beschäftigten, bereits zugesagte Arbeitseinsätze jederzeit nach Gutdünken sanktionslos ablehnen zu können, stünde im Verdacht, ein „Scheingeschäft“ zu sein, wenn eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen wäre vergleiche Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm Paragraph 4, ASVG Rz 111/1).

Da die gegenständliche Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der mitbeteiligten Partei nur von 11.11.2019 bis 30.11.2019 andauerte, konnte sich keine übliche Vorgehensweise hinsichtlich Vertretungen und Ablehnungen etablieren. So nahm der Beschwerdeführer die übernommenen Probentermine wahr, wobei er nicht bei allen vorgeschlagenen Terminen verfügbar war. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, hätte der Beschwerdeführer im Falle einer Verhinderung nicht selbst eine Vertretung gesucht, sondern wäre diese von der mitbeteiligten Partei organisiert worden. Aus den Gesamtumständen der gegenständlichen Tätigkeit ist ersichtlich, dass es immer wieder vorkommt, dass Substitute bereits zugesagte Termine wieder absagen, wenn sie etwa woanders ein besseres Engagement erhielten, auch wenn seitens der mitbeteiligten Partei grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass Substitute erscheinen, wenn sie Termine nicht vorher absagen. Nach der Rechtsprechung des VwGH entspricht es dem wirtschaftlichen Interesse eines Künstlers, für die von ihm zugesagte Tätigkeit bei dem ihn beschäftigenden Verein einen Vertreter zu suchen (bzw. die zugesagte Tätigkeit wieder abzusagen), wenn er zu diesem Termin lukrativere (oder prestige-trächtigere) Auftritte absolvieren kann vergleiche VwGH 25.05.2011, 2010/08/0025). Entgegen der Befürchtung des Beschwerdeführers, im Falle einer kurzfristigen Absage von der mitbeteiligten Partei nicht mehr eingeladen zu werden, gab es für Absagen bereits zugesagter Termine keine Sanktionen. Die einzige Folge wäre gewesen, dass der Beschwerdeführer für die Probe nicht bezahlt worden wäre. Die mitbeteiligte Partei rechnet somit bei den Substituten – abgesehen von der bereits erwähnten grundsätzlichen Verlässlichkeit – nicht absolut mit der Leistungserbringung. Dafür spricht auch, dass der Beschwerdeführer nur fünf von ca. 20 Proben insgesamt spielte, woraus auch die Dynamik des Orchesterbetriebs ersichtlich ist.

Wie bereits von der belangten Behörde ausgeführt, lag gegenständlich somit keine persönliche Arbeitspflicht des Beschwerdeführers vor.

Ein echtes Dienstverhältnis nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG scheidet demnach aus.

3.2.2. Freier Dienstnehmer nach Paragraph 4, Absatz 4, ASVG

Gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinn dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen für die in Ziffer eins und 2 genannten Dienstgeber verpflichten, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen.

Bei einem freien Dienstverhältnis muss grundsätzlich die Dienstleistung nicht zwingend in eigener Person erbracht werden. Allerdings setzt die Pflichtversicherung nach Absatz 4, voraus, dass die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbracht werden vergleiche Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm Paragraph 4, ASVG Rz 189).

Nach den Gesetzesmaterialien entspricht die Formulierung „über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen“ der vorher verwendeten des Nichtvorhandenseins einer unternehmerischen Struktur Ausschussbericht 912 BlgNR 20. Gesetzgebungsperiode 5). Dem Absatz 4, sollten danach die freien Dienstnehmer unterliegen, die wie Dienstnehmer grundsätzlich nicht eigene, sondern fremde Betriebsmittel einsetzen und daher eine unternehmerische Struktur nicht benötigen. Schon aus dem Wortlaut ergibt sich, dass es auf das tatsächliche Vorhandensein von Betriebsmittel bzw. einer unternehmerischen Struktur des freien Dienstnehmers ankommt bzw., ob der freie Dienstnehmer für seine Tätigkeit darauf angewiesen ist. Absatz 4, kommt nicht bloß dann zur Anwendung, wenn keinerlei eigene Betriebsmittel eingesetzt werden, sondern nur dann nicht, wenn derjenige, der die Leistung erbringt, im Wesentlichen nicht auf ihm zur Verfügung gestellte Betriebsmittel angewiesen ist (Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm Paragraph 4, ASVG Rz 191).

Wie bereits ausgeführt, hatte der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Tätigkeit zwar ein sanktionsloses Ablehnungsrecht, er nahm jedoch an den vereinbarten Proben sehr wohl teil und erbrachte faktisch die vereinbarte Dienstleistung selbst. Die Dienstleistungen wurden somit vom Beschwerdeführer im Wesentlichen persönlich erbracht.

Bezüglich der Verfügung über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer bei der Ausübung seiner Tätigkeit auf die Betriebsmittel der mitbeteiligten Partei angewiesen war, so verwendete er deren Schlagwerk, Noten, Pulte etc. Wie festgestellt werden Schlagwerke generell vom Dienstgeber bereitgestellt und nicht von den Musikern mitgenommen. Die Verwendung seines eigenen Schlagwerks fiel für die gegenständliche Tätigkeit nicht ins Gewicht, überdies gehört dem Beschwerdeführer nicht das gesamte Schlagwerk selbst und kann er deshalb nicht frei darüber verfügen. Daher ist eine unternehmerische Struktur im obigen Sinne auszuschließen.

Das Vorliegen einer qualifizierten Dienstgebereigenschaft (Paragraph 4, Absatz 4, Ziffer eins, ASVG) als weiteres Tatbestandsmerkmal für die Pflichtversicherung als freie Dienstnehmer ist ebenfalls zu bejahen.

3.2.3. Ausnahmetatbestand Paragraph 4, Absatz 4, Litera d, ASVG

Der Beschwerdeführer war als Substitut im Orchester der mitbeteiligten Partei beschäftigt. Bei dieser Tätigkeit handelt es sich um die Tätigkeit als Künstler iSd Paragraph 2, Absatz eins, K-SVFG und somit um eine Tätigkeit als Kunstschaffender.

Da die mitbeteiligte Partei die Tätigkeit als Kunstschaffender ausgeübt hat, bewirkt der Umstand, dass sie sich auf Grund eines freien Dienstvertrages zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet hat, gemäß Paragraph 4, Absatz 4, Litera d, ASVG keine Gleichstellung mit einem Dienstnehmer iSd. Paragraph 4, Absatz 2, ASVG und daher auch keine Pflichtversicherung nach dem ASVG.

Die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2022:W156.2255269.1.00