Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

07.10.2022

Geschäftszahl

W119 2241935-1

Spruch


W119 2241935-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde römisch 40 , StA: Tadschikistan auch Rumänien, vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Malena STÜRZENBECHER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.3.2021, IFA-Zahl/Verfahrenszahl: 1198893900/200917659, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

römisch eins. Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3, Absatz eins,, 8 Absatz eins,, 10 Absatz eins, Ziffer 3,, 57 AsylG 2005, Paragraph 9, BFA-VG und Paragraphen 52,, 53, 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt römisch VIII. zu lauten hat:

„VIII. Gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 3 Ziffer 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 100 aus 2005, (FPG) idgF, wird gegen Sie ein auf die Dauer von 4 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.“

römisch II. Gemäß Paragraph 55, Absatz 2, FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Tadschikistans, reiste am 5.6.2018 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.7.2018 im Stande einer Festnahme einen Antrag auf internationalen Schutz.

Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt oder belangte Behörde) vom 14.8.2018, Zl. 1198893900 180663578 EAST Ost, gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß 18 Absatz eins, Litera b, Dublin römisch III VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 61, Absatz eins, FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG die Abschiebung nach Deutschland zulässig sei.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.9.2018, GZ W144 2205948-1/3E, gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.

Am 24.9.2020 wurde der Beschwerdeführer von Organen der LPD Wien/ AFA im Zuge eines Planquadrates aufgegriffen, gemäß Paragraph 34, Absatz 3, Ziffer eins, BFA-VG festgenommen und in das PAZ Rossauer Lände überstellt.

Am 25.9.2020 wurde der Beschwerdeführer durch ein Organ des Bundesamtes zu einer möglichen Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung niederschriftlich einvernommen und stellte während der Einvernahme im Stande der Festnahme im Beisein eines Organs der LPD Wien und eines Dolmetschers für die Sprache Tadschikisch den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Dabei gab er an, er sei gesund und nehme keine Medikamente und erklärte im Wesentlichen wie bisher, in einem namentlich genannten Ort geboren zu sein und der moslemischen Religion sowie der Volksgruppe der Tadschiken anzugehören. Seine Muttersprache sei Tadschikisch.

Hinsichtlich seiner Fluchtgründe bzw. Rückkehrbefürchtungen machte der Beschwerdeführer im Wesentlichen folgende Angaben:

„Ich habe keine neuen Flucht- und Asylgründe. Meine alten Asylgründe sind aber noch aufrecht. Ich möchte nicht abgeschoben werden. […] Ich stelle den Asylantrag nur um nicht abgeschoben zu werden.

[…]

Ich habe mit einem Bankkredit ein Geschäft finanziert. Bankunterlagen oder Kreditvertrag habe ich keine. Das Bankinstitut heißt […] und ist in römisch 40 . Die Behörden haben mein Geschäft gestört. Sie haben das Gebäude abgerissen. Entschädigung habe ich keine dafür bekommen. Ich wurde enteignet. Die Polizei hat mir einen Brief gezeigt und danach das Haus abgerissen. Beweise habe ich keine. Alle Unterlagen liegen bei den Behörden. Das war vor 2 Jahren. Im September 2018. Die Polizei ist beim Abriss plötzlich bekommen. Davor hat es keine Bedrohung durch die Polizei gegeben.

Das sind meine einzigen Flucht- und Asylgründe. Sonst habe ich keine anderen religiösen-, ethnische oder politische Flucht- und Asylgründe.

Nach Abriss des Hauses habe ich meine Heimat in Richtung Usbekistan verlassen […]“

Bei einer Rückkehr würde ihn die Polizei verhaften.

Mit Rechtskraft vom 3.12.2020 wurde der Beschwerdeführer vom römisch 40 wegen Paragraphen 223, (2), 224 StGB und Paragraph 224 a, StGB (Datum der (letzten) Tat 24.9.2020) zu einer Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt.

Mit Rechtskraft vom 13.2.2021 wurde der Beschwerdeführer am 9.2.2021 vom römisch 40 wegen Paragraphen 223, (2), 224 StGB (Datum der Tat 12.7.2018) zu einer Freiheitsstrafe (Zusatzstrafe) 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre, verurteilt.

In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt am 1.3.2021 erklärte der Beschwerdeführer im Wesentlichen wie bisher zunächst, gesund, arbeitsfähig und arbeitswillig zu sein. Seine Muttersprache sei Tadschikisch, weiters habe er gute Russischkenntnisse und könne etwas Deutsch.

Geboren sei der Beschwerdeführer in römisch 40 in Tadschikistan, dort auch 15 Jahre aufgewachsen und zuletzt habe er aus beruflichen Gründen fünf Jahre in römisch 40 gelebt, die Heimat hätte er im Jahr 2017 verlassen. Er weigere sich, heimatliche Dokumente zu beantragen, um nicht abgeschoben zu werden.

In Tadschikistan habe der Beschwerdeführer elf Jahre die Schule besucht, diese mit Matura abgeschlossen, anschließend sei er zwei Jahre auf die Uni gegangen, das Studium habe er jedoch abgebrochen, um zu arbeiten.

Ein Bruder des Beschwerdeführers sei nach Moskau gezogen, ein weiterer Bruder lebe in Tadschikistan, ein Dritter wäre behindert, habe bei Behörden gearbeitet und für illegale Sachen unterschreiben müssen, sei geschlagen worden und hätte vor Schock das Sprechen verlernt. Zudem befänden sich drei Schwestern in der Heimat. Weiters gebe es noch Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen, die Onkel seien verstorben. Der Beschwerdeführer sei verheiratet, ein minderjähriger Sohn und zwei minderjährige Töchter befänden sich in Tadschikistan. Der Vater des Beschwerdeführers seit 2018 verstorben, seine römisch 40 -jährige Mutter erhalte eine Pension, sei zu Hause und krank. Einmal monatlich telefoniere der Beschwerdeführer mit seiner Frau, er glaube, sie wolle ihn verlassen, weil er nicht für seine Familie da sei und die Polizei sie ständig aufsuche und sie und die Kinder bedrohe.

Der Beschwerdeführer sei schiitischer Moslem und in einer traditionellen konservativen tadschikischen Familie aufgewachsen. Im Heimatdorf hätten sein Vater und sein Bruder gearbeitet, dann sei der Beschwerdeführer nach römisch 40 gegangen und habe dort ein Geschäft für Lebensmittel, Getränke und Zigaretten gehabt. Dabei habe er monatlich € 200 bis € 300 verdient, aber auch Steuern sowie Gas und Stromrechnungen bezahlen müssen, sodass ihm € 200 bis € 300 geblieben seien. Es sei kein guter Verdienst gewesen.

Er wolle nicht nach Tadschikistan und er habe auch ein Video, das er vorzeigen könne. Darin sei ein Freund von der Polizei mitgenommen und in weiterer Folge umgebracht worden. Dieser Freund habe ein Geschäft, so wie der Beschwerdeführer, und die Polizei hätte ihn aufgesucht, mit dem Freund gestritten und ihn festgenommen. Niemand habe gewusst, wo sich der Freund befinde. Dann sei er bei der Polizei gewesen, die Polizei habe ihn geschlagen und er sei schwer verletzt in ein Spital gebracht worden und dort ums Leben gekommen. Die Frau und die Familie des Freundes hätten sich darüber beschwert, die Polizei nichts dagegen unternommen.

Der Beschwerdeführer sei deswegen seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen und untergetaucht, weil er Angst vor einer Abschiebung in die Heimat gehabt habe.

Zu seinem Fluchtgrund brachte er nun folgendes vor:

„Mein Problem ist in Tadschikistan, falls ich abgeschoben werde, würde man mich inhaftieren. Es kam die Polizei zu mir ins Geschäft und verlangten von mir Schutzgeld, ein Freund von mir wurde auch verhaftet, er wurde nach einem Streit geschlagen und festgenommen. Mein Freund wurde dort festgenommen und in einem Gefängnis inhaftiert und nach einem Jahr explodierte das Gefängnis, aber ich glaube, das hat die Polizei gemacht. Und ich schwöre auf Gott, dass ich festgenommen werde, wenn ich zurückkehre, es ist ein politisches Problem.

Es gibt viele Leute die in die EU Reisen, und werden Sie bei der Rückkehr befragt und werden, nach der Befragung inhaftiert und in das Gefängnis verbracht.“

Dies sei alles. Aufgefordert, konkrete und individuelle Gründe anzubringen, antwortete der Beschwerdeführer lediglich, bei einer Rückkehr würde er von der Behörde befragt und inhaftiert. Die tadschikischen Behörden sagten, dass Rückkehr aus Europa wieder einreisen könnten, aber manche bekämen 20 Jahre Haft.

Nochmals gefragt, was nun zu seiner Ausreise und der Asylantragsstellung geführt hatte, antwortete der Beschwerdeführer:

„Mein Problem ist, dass ich mit der Polizei gestritten habe, mein Freund war auch dabei. Der Polizist hat einen Zettel vor mich gelegt und meinte ich muss es wegen dem Schutzgeld unterschreiben, ich verweigerte das, da ich Steuern zahle. Mein Freund hat mit dem Polizisten gestritten und wurde er geschlagen. Deswegen bekam ich Angs tun bin ausgereist.“

Erneut gefragt, ob es konkrete Hinweise auf eine Verfolgung gebe, erwiderte der Beschwerdeführer, dies sei sein Problem, bei einer Rückkehr wäre sein Leben in Gefahr und er würde festgenommen.

Weiters gefragt, warum man gerade ihn ins Gefängnis schicken würde, antwortete er, die Behörden hätten ihm Unrecht getan und sein Geschäft genommen. Die Regierung sei korrupt und helfe armen Leuten nicht.

Nachgefragt, wann man ihm das Geschäft weggenommen habe, erklärte der Beschwerdeführer, die Behörden seien zu ihm ins Geschäft gekommen, hätten gewollt, dass er einen Zettel unterschreibe, weil der Sohn des Präsidenten einen Wolkenkratzer bauen wolle. Falls er nicht unterschreibe, würde es Probleme geben. Ein Freund von ihm sei festgenommen und im Gefängnis umgebracht worden, man habe alles gefilmt und sie hätten gesagt, der Beschwerdeführer habe es nicht gutgemacht und es würde Konsequenzen geben.

Nochmals gefragt wie und wann ihm das Geschäft weggenommen worden sei, antwortete der Beschwerdeführer:

„Vielleicht glauben Sie mir nicht, aber ich möchte nicht sterben ich bin ein Mensch und kein Tier. Als die Behörden dort waren gab es einen Streit dort, das habe ich bereits erwähnt, ich bin nach zwei Wochen geflüchtet. Die Polizei hat einen Brief an meine Familie geschickt und beinhaltet dieser meinen Namen und meinte die Polizei sie müsste mich sprechen.“

In weiterer Folge hätten sie ihm zwangsweise das Geschäft weggenommen und beschlagnahmt. Der Wolkenkratzer sei mittlerweile nicht errichtet worden.

Dass die Polizei eine korrupte Amtshandlung filme, begründete der Beschwerdeführer damit, sie täten das, um es ihren Vorgesetzten zu zeigen. Vorgehalten, die Beamten würden sich damit selbst belasten, erwiderte der Beschwerdeführer, sie filmten sie, um „uns“ weiter drohen zu können. Es diene als Beweismittel, nur die Unterschrift werde gefilmt.

In der Folge wurde ein Schreiben des Ministeriums für interne Angelegenheiten vom 2.11.2017 wird inkl. deutscher Übersetzung in Vorlage gebracht. Ausdrücklich erklärte der Beschwerdeführer, es handle sich um eine Ladung, er müsse zur Polizei und man würde ihn sofort inhaftieren. Vorgehalten, laut Übersetzung handle es sich um eine Information zu einer Verurteilung, erwiderte der Beschwerdeführer, es sei eine Ladung, er sei beschuldigt worden und müsste erscheinen. Da er sich gegen die Behörden gewehrt habe, werde er als Beschuldigter geführt. Bis dato sei er noch nicht rechtskräftig verurteilt. Diese Ladung habe man ihm via Handy übermittelt, sie sei bei ihm im Haus hinterlegt worden.

Es sei ein Fehler, dass der Beschwerdeführer das Grundversorgungsquartier verlassen habe, er schlafe in der Kirche und werde von dieser unterstützt, zudem helfe er dort bei Reinigungsarbeiten. Ca. ein Jahr lang habe er illegal unter Vorlage gefälschter Dokumente im Bundesgebiet gearbeitet. Aktuell gebe es kein Abhängigkeitsverhältnis zu im Bundesgebiet lebenden Personen, weder wirtschaftlich, noch finanziell oder gefühlsmäßig. Jedoch würden ihm Landsleute aus Tadschikistan helfen. Der Beschwerdeführer bekomme Essen, Obdach und Getränke in der Kirche. Ca. ein Jahr habe er schwarzgearbeitet und dabei ungefähr € 2000 gespart. Zu seinen integrativen Schritten gab der Beschwerdeführer an, Deutsch zu lernen.

Mit dem gegenständlichen im Spruch angeführten Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG (Spruchpunkt römisch eins.) sowie gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Tadschikistan abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Gemäß Paragraph 57, AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.). Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 46, FPG nach Tadschikistan zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt römisch VI.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 2, BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch VII.). Unter Spruchpunkt römisch VIII. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 3, Ziffer eins, FPG ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde in vollem Umfang erhoben und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

In der Beschwerde wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass im September 2018 plötzlich die Polizei das Geschäftslokal des Beschwerdeführers gekommen sei und diesen unter Anwendung von Gewalt aufgefordert hätte, eine Bestätigung zu unterschreiben, damit das Gebäude abgerissen und dort ein Hochhaus gebaut werden könne, sohin sei der Beschwerdeführer faktisch ohne Entschädigung enteignet worden. Nachdem sich der Beschwerdeführer geweigert habe, dieses Schriftstück zu unterzeichnen, seien die Polizisten handgreiflich geworden und hätten ihm gedroht. Zwischenzeitig sei das alte Gebäude samt seinem Geschäftslokal abgerissen und mit dem Bau des Hochhauses begonnen und dieses nahezu fertiggestellt worden, wie die beigelegten Fotos zeigten. Zwei Wochen nach diesem Vorfall sei der Beschwerdeführer geflüchtet, das Ministerium für interne Angelegenheiten habe ihm in der Folge ein Schreiben aufgrund einer Verurteilung wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt vom 2.11.2017 geschickt, welches samt beglaubigter Übersetzung nochmals vorgelegt werde. Der Beschwerdeführer habe zu keinem Zeitpunkt Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet, sondern sich lediglich gegen die Enteignung gewehrt, doch sei er laut diesem Schreiben bereits wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt worden und zwar ohne Prozess und Anhörung. Dass es sich hierbei nicht um eine Ladung handle, liege auf der Hand. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass auch der Freund des Beschwerdeführers, welcher sich ebenfalls gegen die Enteignung gewehrt habe, krankenhausreif geschlagen worden und in der Folge verstorben wäre. Weiters sei auch zu beachten, dass die Polizei nach dem Vorfall und nach dessen Ausreise mehrmals zum Beschwerdeführer nach Hause gekommen sei, zuletzt vor ca. zwei Wochen. Sie hätten die Gattin des Beschwerdeführers bedroht und seien dieser gegenüber auch handgreiflich geworden. Sie hätten wissen wollen, wo sich der Beschwerdeführer aufhalte, um ihn ins Gefängnis zu bringen. Ebenfalls hätten sie seiner Mutter einen Besuch abgestattet und sie aufgefordert, ihr Sohn solle zurückkehren. Zweifellos würde der Beschwerdeführer nach Einritt festgenommen, getötet oder in Gefängnis gebracht.

Mit Beschluss vom 3.4.2021 erkannte das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde gemäß Paragraph 18, Absatz eins, BFA-Verfahrensgesetz die aufschiebende Wirkung zu (GZ W119 2241935/2Z).

Am 28.7.2022 wurde dem Bundesverwaltungsgericht ein Video als Beweismittel vorgelegt, auf welchem zu sehen sein soll, dass vor ca. zwei Monaten ein Polizist die Gattin des Beschwerdeführers zu Hause aufgesucht, nach dem Beschwerdeführer gefragt und sogar eine Hausdurchsuchung gemacht habe. Nachdem die Polizei schon des Öfteren bei der Ehefrau des Beschwerdeführers zu Hause gewesen sei, um nach ihm zu suchen, habe sie ihr Handy bei der Tür positioniert,

Weiters wurden eine Einstellungszusage als Regalbetreuer (20 Wochenstunden zu einem Bruttogehalt von € 830) vom 30.6.2022 und zwei Empfehlungsschreiben vorgelegt.

Am 2.8.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht unter Beiziehung einer Dolmetscherin für die Sprache Tadschikisch eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der das Bundesamt als Verfahrenspartei entschuldigt nicht teilnahm.

Dabei legte der Beschwerdeführer zunächst weitere Empfehlungsschreiben vor und gab an, in der Heimat befänden sich noch seine Mutter, seine Ehegattin, zwei Töchter und einen Sohn. Sein dritter Bruder sei in Moskau gewesen und sei dann von dort irgendwohin geflüchtet, dessen Frau wieder nach Tadschikistan gekommen. Es gebe noch andere Verwandte in Tadschikistan, zu denen er jedoch keinen Kontakt habe.

Geboren sei der Beschwerdeführer einem namentlich näher genannten Ort, habe dort ca. 20 Jahre gelebt und sei zwischen seinem dort befindlichen Elternhaus und römisch 40 gependelt. Vor der Ausreise habe er in römisch 40 gewohnt, ebenso wie die Gattin und seine Kinder. Die Familie habe dort ein Haus gehabt, er selbst einen Supermarkt eröffnet und den Lebensunterhalt der Familie davon finanziert. Es habe sich um ein großes Geschäft gehandelt, für Lebensmittel und auch Kleidung, eigentlich alles.

Nachgefragt, wofür der Beschwerdeführer hätte Schutzgeld bezahlen sollen, fragte er: „Wo?“

Vorgehalten, beim Bundesamt habe er gesagt, er wäre von der Polizei zur Schutzgeldzahlungen aufgefordert worden, antwortete der Beschwerdeführer, sie hätten von den ganzen Ladenbesitzern Geld verlangt, mehr als die Steuern, die die Stadt damals kassieren sollte. Wenn man nicht gezahlt habe, hätten sie Probleme gemacht. Jetzt hätten sich seine Probleme vergrößert, sie hätten ihn beschuldigt und ihm Sachen unterstellt, die er nicht gemacht habe.

Nachgefragt, wann die Polizei das erste Mal erschienen sei, antwortete der Beschwerdeführer, sie sei jede Woche gekommen. Nochmals nachgefragt, antwortete er, als er den Supermarkt eröffnet habe. Er glaube 2013 oder 2014.

Nachgefragt, wie viel Schutzgeld er habe bezahlen müssen, antwortete der Beschwerdeführer, die allgemeinen Steuern € 20 gewesen, die Polizei habe mehr verlangt, zwischen € 30 und € 50.

Nachgefragt, was auf dem Schreiben gestanden sei, das er hätte unterschreiben müssen, erklärte der Beschwerdeführer, von der Regierung sei jemand gekommen und er habe etwas von der Bank betreffend den Supermarkt unterschreiben sollen, was er im Endeffekt nicht getan hätte. Es sei nur darum gegangen, dass der Sohn des Präsidenten alle Geschäfte hätte haben wollen.

Nachgefragt, was in dem Schreiben betreffend Schutzgeldzahlungen gestanden sei, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe nicht die Gelegenheit gehabt, den Inhalt der Papiere zu lesen. Als er sich geweigert habe, das Schutzgeld zu zahlen, habe ihn die Polizei woandershin gebracht - in der Nähe des Supermarktes seien Toiletten - und ihn geschlagen. Normalerweise nehme die Polizei die Unterhaltung auf, aber wenn sie einen beschimpfe oder schlage werde nichts aufgezeichnet. Der Beschwerdeführer habe trotzdem nicht unterschrieben. Sowohl er als auch ein anderer Bursche seien geschlagen worden.

In weiterer Folge sei er von der Polizei zur Polizeidienststelle geladen worden, in Begleitung seines Freundes dort hingegangen und sie hätten mit der Polizei dort diskutiert. Sein Freund habe sich eingemischt, sei geschlagen worden, der Beschwerdeführer habe versucht, ihm zu beschützen und sei an dieser Rangelei beteiligt gewesen. In dieser Situation habe er die Regierung als korrupt und schlecht bezeichnet und es könne sein, dass er auch Schläge ausgeteilt habe, um sich zu verteidigen, ohne zu wissen, dass die ganze Situation gefilmt werde. Später habe man ihm das Video gezeigt und ihm klargemacht, dass seine ganzen Äußerungen über die Regierung weitergeleitet würden, wenn er nicht unterschreibe. Nachdem er gesehen habe, dass die Situation kritisch sei, habe behauptet, er wäre zur Unterschrift bereit, und um eine Woche Zeit gebeten. Wenn er das nicht gesagt hätte, würde er sofort verhaftet worden.

Sein Freund habe die Flucht nicht geschafft, man habe ihn verhaftet und er sei gestorben.

Dieser Vorfall sei ca. einen Monat vor seiner Ausreise gewesen, Tadschikistan habe er 2017 verlassen. Dass in der Beschwerde stehe, der Vorfall habe 2018 stattgefunden, sei ein Irrtum.

Die Sache mit dem Schutzgeld sei schon immer gewesen. Dann sei das Thema mit dem Abreißen der Geschäfte gekommen, mit dem Sohn des Präsidenten.

Vorgehalten, vor dem Bundesamt habe er von diesem Vorfall nichts erzählt, erwiderte der Beschwerdeführer, er habe Angst gehabt, abgeschoben zu werden. Zu 100 Prozent würde er sicher 10 bis 15 Jahre Gefängnis gesteckt, wenn er zurückkehre.

Jetzt habe er genug Probleme, sie hätten seine Mutter unter Druck gesetzt. Er wolle nicht mehr zurückkehren, sie hätten schon alles gemacht, jetzt habe er keine Angst mehr. Es gebe ein Beweismittel gegen ihn, er habe den Präsidenten beleidigt. Es gebe ein Video, er könne das gar nicht abstreiten.

Die übermittelte Ladung hätten sie seiner Frau gegeben und gesagt, dass er zu Ihnen kommen solle. Dies sei vor ca. einem Jahr oder länger gewesen, er wisse es nicht mehr genau.

Nachgefragt, warum er zuerst nur von einer Schutzgeldzahlung und dann erst von dem Wolkenkratzer des Präsidenten gesprochen habe, antwortete der Beschwerdeführer, sie hätten die Schutzgelder kassiert und auch danach vorgehabt, ein hohes Gebäude zu bauen.

Seiner Familie hätten sie genug Probleme gemacht, dies sei auch der Grund, warum er keine Angst mehr habe. Sein Vater sei verstorben, seine Mutter könne nicht sehen.

Im Bundesgebiet führe der Beschwerdeführer kein Familienleben. Erwerbstätigkeit gehe er keiner nach. Er habe sich darum bemüht, sei an ein paar Stellen gewesen, aber man habe ihm gesagt, es fehle eine Arbeitserlaubnis. Zudem habe er sich für einen Deutschkurs angemeldet und diesen zwei Tage besucht, jedoch wegen psychischer Probleme abgebrochen.

In medizinischer oder ärztlicher Behandlung befinde er sich derzeit nicht.

Ehrenamtlich helfe er Bekannten in der Synagoge bei der Reinigung, ohne Bezahlung, wenn es notwendig sei, könne er eine Bestätigung vorlegen.

Zu seinem Einreiseverbot wegen gefälschter Urkunden erklärte der Beschwerdeführer, er wolle diese Dinge, die er getan hat, nicht wiederholen und hierbleiben.

Seitens der erkennenden Richterin wurden die in das Verfahren eingeführten Länderberichte unter Gewährung einer Frist von zwei Wochen zur Abgabe einer Stellungnahme übergeben.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Tadschikistans und gehört der Volksgruppe der Tadschiken sowie dem schiitischen Glauben an. Seine Muttersprache ist Tadschikisch, er verfügt auch über gute Russischkenntnisse.

Der Beschwerdeführer reiste am 5.6.2018 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.7.2018 im Stande einer Festnahme einen Antrag auf internationalen Schutz. Bei dieser Festnahme war der Beschwerdeführer im Besitz von gefälschten rumänischen Personendokumenten.

Der erste Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.8.2018, Zl. 1198893900 180663578 EAST Ost, gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß 18 Absatz eins, Litera b, Dublin römisch III VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 61, Absatz eins, FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG die Abschiebung nach Deutschland zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.9.2018, GZ W144 2205948-1/3E, gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.

Am 24.9.2020 wurde der Beschwerdeführer von Organen der LPD Wien/ AFA im Zuge eines Planquadrates aufgegriffen, gemäß Paragraph 34, Absatz 3, Ziffer eins, BFA-VG festgenommen und in das PAZ Rossauer Lände überstellt.

Am 25.9.2020 wurde der Beschwerdeführer durch ein Organ des Bundesamtes zu einer möglichen Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung niederschriftlich einvernommen und stellte während der Einvernahme im Stande der Festnahme den gegenständlichen (Folge-) Antrag auf internationalen Schutz.

Es ist dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, in der Heimat ernsthaft persönlich von Verfolgung bedroht zu sein.

Der Beschwerdeführer wurde in einem näher genannten Ort in Tadschikistan geboren, wuchs dort im Familienkreis mit Eltern und Geschwistern auf, besuchte elf Jahre die Schule, maturierte und ging zwei Jahre auf die Universität, bevor er in römisch 40 ein eigenes Geschäft eröffnete, mit dem er für sich und seine Familie (Frau und drei minderjährige Kinder) den Unterhalt verdiente. In römisch 40 hat die Familie ein eigenes Haus.

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Er gehört keiner Covid-19 Risikogruppe an.

Die aktuell vorherrschende COVID-19-Pandemie stellt kein Rückkehrhindernis dar. Der Beschwerdeführer gehört mit Blick auf sein Alter sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger schwerer physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht daher keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass er bei einer Rückkehr eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.

In der Heimat befinden sich die Ehefrau sowie die drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers, seine Mutter, die Pension bezieht, zudem zwei seiner drei Brüder und drei Schwestern sowie Tanten und Cousins. Zu seinen nächsten Angehörigen hält der Beschwerdeführer Kontakt.

Im Bundesgebiet halten sich weder Familienangehörige noch Verwandte des Beschwerdeführers auf, er hat hier auch keine Partnerschaft. Insgesamt führt der Beschwerdeführer in Österreich kein Familienleben.

Er ging hier nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach, den Deutschkurs brach er ab. Ca. ein Jahr hat er hier illegal unter Vorlage gefälschter Dokumente gearbeitet.

Zwischen 17.7.2018 und 7.10.2020 wies der Beschwerdeführer unter seinem Namen keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer konnte eine Einstellungszusage als Regalbetreuer (20 Wochenstunden zu einem Bruttogehalt von € 830) vom 30.6.2022 sowie diverse Empfehlungsschreiben vorlegen, auch hilft er ehrenamtlich in der Synagoge bei der Reinigung

Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) römisch 40

Paragraphen 223, (2), 224 StGB

Paragraph 224 a, StGB

Datum der (letzten) Tat 24.09.2020

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

02) römisch 40

Paragraphen 223, (2), 224 StGB

Datum der (letzten) Tat 12.07.2018

Freiheitsstrafe 2 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zusatzstrafe gemäß Paragraphen 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf römisch 40

Am 12.7.2018 hatte der Beschwerdeführer vorsätzlich eine falsche bzw. verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr durch Vorweisen gegenüber Beamten der Polizeiinspektion Korneuburg zum Bewies seiner Identität gebraucht und zwar einen total gefälschten rumänischen Personalausweis.

In weiterer Folge hatte er sich erneut mit totalgefälschten besonders geschützten Urkunden ausgewiesen, ua. beim Meldeamt, zuletzt war der Beschwerdeführer am römisch 40 mit einem römisch 40 und einem (weiteren) römisch 40 betreten worden.

Im Übrigen wird der Verfahrensgang wie unter Punkt römisch eins. ausgeführt festgestellt.

Feststellungen zur Situation in Tadschikistan:

Politische Lage

Die Republik Tadschikistan ist ein autoritärer Staat (USDOS 11.3.2020). Der Einfluss des Parlaments ist insgesamt gering. Die politische Macht ist beim Präsidenten Emomalij Rahmon, seinen engsten Vertrauten und der Präsidialverwaltung konzentriert (AA 26.7.2019; vergleiche USDOS 11.3.2020, FH 4.2.2019, Eurasianet 28.2.2020, CABAR 19.2.2020). Die Verfassung sieht ein politisches Mehrparteiensystem vor, aber die Regierung behindert seit jeher den politischen Pluralismus (USDOS 11.3.2020; vergleiche FH 4.2.2019). Tadschikistan hatte laut offizieller Statistik mit Stand 1.1.2019 9,13 Millionen Einwohner (TAJSTAT o.D.) und befindet sich in einer starken Abhängigkeit von Russland, sowohl ökonomisch als auch in Hinblick auf den Umgang mit Sicherheitsfragen, wie den Kampf gegen Drogenschmuggel und dem radikalen Islam (BBC 31.7.2018).

Emomalij Rahmon wurde erstmals 1994 zum Präsidenten gewählt, nach den Wahlen 2013 begann seine vierte Amtszeit (BBC 31.7.2018). Der Präsident ist laut Verfassung Staats- und Regierungsoberhaupt. Er kontrolliert die Exekutive, Legislative und Judikative, ernennt und entlässt die Provinzgouverneure und ist oberster Armeechef (bpb 11.2.2018; vergleiche Sputnik 17.1.2020). Der Präsident kann alle Entscheidungen von Behörden aufheben (CABAR 19.2.2020). Im Parlament hält seine Partei (Volksdemokratische Partei Tadschikistans - PDPT) die für Verfassungsänderungen notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit (bpb 11.2.2018; vergleiche AA 26.7.2019, FH 4.2.2019). Auch die Regierungsmitglieder, Volksvertreter (Madschili) und Leiter subnationaler Verwaltungseinheiten sind Mitglieder oder Kandidaten der PDPT (A+ 28.2.2020b). Alle wesentlichen Entscheidungen werden von dem parallel zu den staatlichen Strukturen agierenden Präsidialapparat getroffen. Alle Schlüsselpositionen in Politik, Wirtschaft und anderen gesellschaftlichen Bereichen sind mit Familienangehörigen (sieben Töchtern und zwei Söhnen sowie deren Ehepartnern) und engen Vertrauten des Präsidenten besetzt. Diese stammen, wie der Präsident selbst, aus der Region Danghara/Kulob. Durch Ämtervergabe an Angehörige der eigenen Loyalitätsgruppe hat Rahmon seine Herrschaft bis hinunter auf die lokale Ebene gefestigt und präsentiert sich als alleiniger Stabilitätsgarant und Friedensstifter (bpb 11.2.2018).

In Tadschikistan finden in den von der Verfassung vorgeschriebenen Fristen regelmäßig Parlaments- und Präsidentenwahlen statt (AA 26.7.2019). Der Präsident wird für eine Amtszeit von sieben Jahren gewählt. Ein und dieselbe Person kann nicht länger als zwei aufeinanderfolgende Amtszeiten Präsident sein. Diese Einschränkung gilt nicht für den amtierenden Präsidenten Emomalij Rahmon, der den offiziellen Titel „Anführer der Nation“ trägt und uneingeschränkt wiedergewählt werden kann (FH 4.2.2019; vergleiche CABAR 19.2.2020, Sputnik 17.1.2020, IFES o.D.). Der Präsident bereitet eine Dynastiebildung mit seinem Sohn Rustam Emomalij (*1987) als potenziellen Nachfolger vor, der seit 2017 Bürgermeister der Hauptstadt Duschanbe ist (AA 26.7.2019; vergleiche FPC 7.2.2020, CABAR 19.2.2020). Ebenfalls 2017 wurde das Mindestalter für die Präsidentschaft von 35 auf 30 Jahre reduziert (FPC 7.2.2020; vergleiche Sputnik 17.1.2020). Die nächsten Präsidentschaftswahlen stehen im November 2020 an (AA 26.7.2019; vergleiche Sputnik 17.1.2020).

Die Präsidialrepublik hat ein Zweikammer-Parlament. Alle 34 Mitglieder der Nationalversammlung (Majlisi Milli, Oberhaus) werden indirekt bestimmt: 25 durch lokale Körperschaften und acht durch den Präsidenten. Die Versammlung der Repräsentanten (Majlisi Namoyandagon, Unterhaus) hat 63 Sitze. Die Abgeordneten werden alle fünf Jahre direkt gewählt, wobei 41 Sitze durch absolute Mehrheit in Einer-Wahlkreisen und 22 proportional unter Erreichen einer Fünf-Prozent-Hürde vergeben werden (IFES o.D.).

Am 1.3.2020 fanden Wahlen für die 63 Sitze im Unterhaus statt (A+ 2.3.2020a; vergleiche AKI 2.3.2020). Bereits vor Verkündung des vorläufigen Endergebnisses gingen Medien von einem Erdrutschsieg der PDPT aus (A+ 2.3.2020a, EN 2.3.2020, ABC 1.3.2020, RFE/RL 1.3.2020). Es wurde kaum Wahlkampf geführt (Eurasianet 28.2.2020; vergleiche ABC 1.3.2020). Die Wahlbeteiligung betrug 86,4 % (Khovar 2.3.2020; vergleiche TASS 2.3.2020). Die Wahlbeteiligung muss bei mindestens 50 % liegen, damit die Wahl gültig ist (A+ 2.3.2020a).

Sieben politische Kräfte nahmen an den Wahlen teil (A+ 2.3.2020c), von denen sechs ins Parlament eingezogen sind. Die PDPT erzielte 50,4 % der Stimmen und 47 der 63 Sitze (Diplomat 3.3.2020). Ebenfalls den Einzug ins Parlament schafften die Partei für Wirtschaftsreformen (16,61 %), die Agrarpartei (16,5 %), die Sozialistische Partei und die Demokratische Partei (TASS 2.3.2020; vergleiche A+ 2.3.2020d, Khovar 2.3.2020, Diplomat 3.3.2020). Die Kommunistische Partei konnte die Fünf-Prozent-Hürde nicht überschreiten (A+ 2.3.2020d; vergleiche Khovar 2.3.2020, Diplomat 3.3.2020), gewann aber ein Direktmandat in einem Regionalwahlkreis (TASS 2.3.2020; vergleiche A+ 2.3.2020e, Diplomat 3.3.2020). Abgesehen von der Sozialdemokratischen Partei werden alle angetretenen Parteien als Unterstützer des Präsidenten angesehen. Die Sozialdemokratische Partei hat bisher noch nie den Einzug ins Parlament geschafft (EN 2.3.2020) und scheiterte auch am 1.3.2020 mit 0,32 % der Stimmen (Diplomat 3.3.2020; vergleiche Khovar 2.3.2020, A+ 2.3.2020d).

Wahlen haben in der Vergangenheit internationale Standards nicht erfüllt (USDOS 11.3.2020; vergleiche FH 4.2.2019, AA 26.7.2019, OSCE 15.5.2015). Unabhängige tadschikische politische Beobachter hatten zu den Parlamentswahlen 2015 angemerkt, dass Parteien wie die damals noch nicht verbotene Partei der Islamischen Wiedergeburt Tadschikistans (IRPT) durch Manipulation des Ergebnisses aus dem Parlament herausgehalten wurden (AA 26.7.2019; vergleiche FH 4.2.2019). Seitdem hat sich der Spielraum für politische Betätigung noch verkleinert. Die anderen im Parlament vertretenen Parteien unterstützen die Politik des Präsidenten und sind daher keine echten Oppositionsparteien (AA 26.7.2019; vergleiche FH 4.2.2019, OSCE 16.1.2020). Vorherige Empfehlungen der OSZE, um das Wahlrecht und dessen Umsetzung näher an internationale Standards heranzuführen, wurden nicht umgesetzt (OSCE 16.1.2020). Es ist ungesetzlich aber weit verbreitet, dass eine Person die Stimmen für die gesamte Familie abgibt (Eurasianet 28.2.2020) und auch bei den Wahlen am 1.3.2020 gab es Berichte, dass dies häufig vorkam (Eurasianet 2.3.2020; vergleiche A+ 1.3.2020, Diplomat 3.3.2020, RFE/RL 1.3.2020). Die Sozialdemokratische Partei, die den Einzug ins Parlament nicht geschafft hatte, äußerte Vorwürfe der Ergebnismanipulation, da gemäß ihr vorliegenden Informationen die Partei auf dem zweiten Platz liegen würde (RO 2.3.2020; vergleiche A+ 3.3.2020a, Akhbor 2.3.2020, Eurasianet 2.3.2020). Es wurde jedoch keine offizielle Beschwerde über das Abstimmungsergebnis eingereicht (Sputnik 2.3.2020).

Die Wahlen am 1.3.2020 wurden u.a. von der OSZE, der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) und dem GUS-Exekutivkomitee beobachtet (A+ 18.2.2020; vergleiche AKI 18.2.2020, AKI 2.3.2020). Das GUS-Exekutivkomitee gab an, dass die Wahlen in Übereinstimmung mit der Verfassung und der Wahlgesetzgebung durchgeführt worden seien (A+ 2.3.2020b). Zuvor hatte die SCO-Beobachtermission die Wahlen als demokratisch bezeichnet (A+ 2.3.2020c). Die Zentrale Wahlkommission der Republik gab an, dass die Wahlen offen und transparent waren und keine Gesetzesverstöße festgestellt wurden (A+ 2.3.2020c). Die OSZE wird erst ca. acht Wochen nach dem Wahltermin einen Bericht veröffentlichen (OSCE 3.3.2020; vergleiche OSCE 2.2020).

Quellen:

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Sicherheitslage

Die politische Lage ist insgesamt ruhig (AA 26.11.2019a). Spannungen im Vorfeld der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen lassen sich beobachten (AA 26.7.2019). Die Hauptstadt Duschanbe ist relativ sicher (FCO 6.11.2019; vergleiche Garda 30.11.2019). Die Kriminalitätsrate ist nicht sehr hoch (Garda 30.11.2019). Politische Proteste sind selten, kommen jedoch in isolierten Bergregionen vereinzelt vor (Garda 30.11.2019).

Die Mehrzahl der tadschikischen Anti-Terror-Aktivitäten im Inland richtet sich gegen Organisationen und Personen, die angeblich mit dem islamistischen Terrorismus in Tadschikistan in Verbindung stehen, aber die Regierung verhaftet auch Terrorverdächtige, die aus Afghanistan, Irak, Russland und Syrien zurückkehren (USDOS 10.2019). Nach Angaben des Generalstaatsanwaltes wurden im Jahr 2019 mehr als 1.060 Straftaten im Zusammenhang mit Terrorismus und Extremismus registriert, das sind 306 Fälle mehr als im Vorjahr (RO 26.1.2020). Bei der Bekämpfung von Extremismus wird nicht zwischen gewalttätigem und gewaltfreiem Extremismus unterschieden und eine sehr weit gefasste Kriminalisierung wird auch genutzt, um gegen alle Arten von Oppositionsgruppen vorzugehen (NBR 24.6.2019).

Offiziellen Angaben zufolge verließen etwa 2.000 tadschikische Bürger das Land, um sich in mehreren Ländern dem Islamischen Staat (IS) anzuschließen (RO 30.12.2019; vergleiche USDOS 10.2019). Mehrere hundert von ihnen sind bei Kampfeinsätzen in Syrien und im Irak gefallen, einige sind in ihre Heimat zurückgekehrt (RO 30.12.2019; vergleiche USDOS 10.2019).

Die Situation an der Grenze zu Afghanistan ist angespannt (MSZ 24.2.2020). Es kommt vereinzelt zu Schusswechseln zwischen afghanischen Drogenschmugglern, tadschikischen Grenztruppen und der Drogenkontrollbehörde (BMEIA 8.10.2019; vergleiche Eurasianet 12.4.2019). Der Drogenschmuggel durch Tadschikistan wird auf 30-50 % des BIP geschätzt (CIA 7.2.2020; vergleiche NBR 24.6.2019). Der durch Korruption begünstigte Drogenhandel gilt als Sicherheitsbedrohung und als wichtige Finanzierungsquelle für terroristische Gruppierungen (Diplomat 25.9.2019; vergleiche TASS 21.5.2019, RtP 10.11.2019, NBR 24.6.2019) insbesondere in den nördlichen Provinzen Afghanistans (TASS 21.5.2019; vergleiche RtP 10.11.2019, NBR 24.6.2019). Entlang der Schmuggelrouten durch Tadschikistan ist vermehrt Drogenhandel und Drogenmissbrauch festzustellen, was lokal die Kriminalität erhöht. Kriminalität im Zusammenhang mit organisiertem Verbrechen wie Erpressung, Entführungen oder Schießereien ist in Tadschikistan jedoch relativ selten (Garda 30.11.2019).

Militant-islamistische Aktivitäten im Norden Afghanistans, jenseits der durchlässigen Grenze entlang des Flusses Pandsch, stellen eine Bedrohung für Tadschikistan dar (Garda 30.11.2019). Laut Russländischem Geheimdienst (FSB) versuchen IS-Kämpfer, vorwiegend Staatsbürger der zentralasiatischen Länder, die zentralasiatischen Staaten von den nördlichen Provinzen Afghanistans aus, zu infiltrieren (TASS 21.5.2019; vergleiche RE 19.3.2018, Lenta 18.12.2019). Die Sicherheitsprobleme der jüngsten Jahre waren jedoch heimischer Natur, trotz des Versuches seitens der Regierung diese als aus dem Ausland herrührend darzustellen. Die Sicherheitslage in Afghanistan und im Nahen Osten hat wenig Wirkung auf die innere Stabilität Tadschikistans, trotz der Behauptungen der Regierung, dutzende Terroranschläge aus dem Lager der ausländischen Opposition verhindert zu haben (BS 2018; vergleiche Diplomat 20.11.2019, A+ 5.3.2020). Abgesehen von Einzelereignissen wie im August 2018, als im Gebiet Farchor bei einem Angriff von afghanischer Seite aus zwei Menschen getötet wurden (MSZ 24.2.2020; vergleiche RFE/RL 22.11.2018) wird die Sicherheitslage Tadschikistans von der Aktivität von kriminellen Banden, die Verbindungen mit korrupten tadschikischen Sicherheitskräften haben, bestimmt (A+ 5.3.2020).

Die Regierung Tadschikistans unternimmt Schritte zur Sicherung der Grenze (USDOS 10.2019; vergleiche RE 19.3.2018, RT 28.6.2019); Afghanistan ist zur Grenzsicherung nur bedingt in der Lage (A+ 5.3.2020). Jedoch sind die Mittel der tadschikischen Armee, externe Bedrohungen abzuwehren, beschränkt und sie ist stark auf Unterstützung aus Russland angewiesen (Garda 30.11.2019). Die Armee erhält Unterstützung aus Russland (RT 28.6.2019) und Kasachstan (Eurasianet 12.4.2019). China und Tadschikistan führen gemeinsame militärische Übungen durch. Die wichtigste Priorität für China ist die Abschreckung radikaler Kräfte an der Grenze zum Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang (CABAR 19.2.2020).

Der allererste jemals vom IS auf tadschikischem Staatsgebiet durchgeführte terroristische Vorfall geschah am 29.7.2018, als in Danghara vier ausländische Touristen gezielt getötet wurden (Spiegel 1.8.2018; vergleiche AT 1.8.2018, CIA 7.2.2020, JF 7.9.2018), die mutmaßlichen Täter wurden in Folge von Sicherheitskräften liquidiert (AT 1.8.2018; vergleiche JF 7.9.2018). Seither wurden noch drei Vorfälle unter Beteiligung des IS in Tadschikistan gemeldet (Novastan 9.11.2019). Die Gefängnisaufstände vom 7.11.2018 in Chudschand mit bis zu 50 Todesopfern (Diplomat 27.11.2018; vergleiche Reuters 8.11.2018, Akhbor 6.11.2019) und vom 19.5.2019 in Wahdat mit mindestens 27 Toten wurden von Gefangenen angeführt, die wegen Verbindungen zum IS verurteilt worden waren (A+ 14.6.2019; vergleiche BBC 20.5.2019, Akhbor 6.11.2019). Bei einem Angriff auf den Grenzposten Ischkobod an der Grenze zu Usbekistan wurden laut Angaben des IS zehn Grenzschützer bzw. gemäß offiziellen tadschikischen Angaben drei Beamte getötet. Laut offiziellen Angaben wurden 15 Angreifer getötet und fünf weitere verhaftet (Novastan 9.11.2019; vergleiche Akhbor 6.11.2019). Unter den getöteten Angreifern waren Frauen und Kinder (FN 8.11.2019; vergleiche A+ 26.11.2019, RO 10.12.2019). Die offiziellen Angaben zu den Hintergründen des Angriffes werden von einzelnen Quellen in Zweifel gezogen (RO 30.12.2019, RBC 6.11.2019, A+ 7.11.2019a, A+ 7.11.2019b, Eurasianet 8.11.2019).

Die Landgrenzen zwischen Tadschikistan, Usbekistan und Kirgisistan sind nicht vollständig deliminiert (CABAR 19.2.2020; vergleiche Kurmanalieva 2.2019, FCO 6.11.2019). Es gibt bilaterale Gespräche zwischen den Staaten, um den Grenzverlauf festzulegen (Kurmanalieva 2.2019, AKI 7.2.2020, Diplomat 15.1.2020, A+ 15.3.2019, CPC 30.1.2020), auch auf Ebene der Staatsoberhäupter (CABAR 19.2.2020; vergleiche Kurmanalieva 2.2019, AKI 7.2.2020, Diplomat 15.1.2020, A+ 15.3.2019). Im Jänner 2020 meldeten usbekische Behörden die Fertigstellung der Minenräumung ihres Abschnitts an der Grenze zu Tadschikistan. In der Frage der Grenzziehung zwischen Tadschikistan und Usbekistan wird allmählich eine vollständige Übereinkunft erwartet (CABAR 19.2.2020).

Die Situation an der tadschikisch-kirgisischen Grenze, insbesondere die Enklave Woruch im kirgisischen Gebiet Batken in Kirgisistan, stellt sich komplexer dar (CABAR 19.2.2020). Seit mehreren Jahren kommt es zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Grenzschutzbeamten und/oder Anwohnern beiderseits der Grenze (CABAR 19.2.2020, CPC 30.1.2020, GK 18.9.2019; vergleiche Diplomat 15.1.2020, 24.kg 10.1.2020, RE 19.9.2019, RIA 22.7.2019, A+ 15.3.2019), teilweise auch mit Todesopfern (CPC 30.1.2020, GK 18.9.2019; vergleiche A+ 15.3.2019, RIA 22.7.2019, RE 19.9.2019). Die bilateralen Beziehungen zwischen den beiden Staaten werden dadurch belastet (GK 18.9.2019; vergleiche CABAR 19.2.2020). Im Februar 2020 einigten sich die beiden Staaten auf einen Gebietsaustausch, um die Deliminierung von 114 km Grenzverlauf um die Exklave Woruch verbindlich festzulegen (CPC 30.1.2020; vergleiche AKI 24.2.2020).

Die Sicherheitskräfte unterdrücken weiterhin alle Dissidentenbewegungen in den peripheren Regionen des Rascht-Tales und Gorno-Badachschan (BS 2018). In Chorugh, Autonome Region Berg-Badachschan, sind die Spannungen seit September 2018 gestiegen. Es kommt immer wieder zu Zusammenstößen zwischen einheimischen Jugendlichen und der Polizei, zuletzt wurde im Jänner 2020 eine Person verletzt (FCO 6.11.2019). Nach dem bewaffneten Konflikt zwischen den Sicherheitsbehörden und den Bewohnern von Chorugh im Sommer 2012 wurden Waffen, darunter auch Gewehre von Jägern, in der Region konfisziert. Da es in der Region Berg-Badachschan im Winter häufig zu Angriffen auf Menschen und Vieh durch Wölfe kommt (Winter 2018/19: zwei Todesopfer) stattet die Polizei Mitglieder des Jägervereins wieder mit Jagdgewehren zum Erschießen von Wölfen aus. In Dörfern, in denen es keine einheimischen Jäger gibt, wird ein 24-Stunden-Dienst durch Sicherheitsbeamte organisiert (A+ 10.1.2020).

Quellen:

- 24.kg (10.1.2020): Another incident occurs on Kyrgyz-Tajik border, injured reported, https://24.kg/english/140056_Another_incident_occurs_on_Kyrgyz-Tajik_border_injured_reported/, Zugriff 11.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (10.1.2020): Охотникам в ГБАО раздали оружие для отстрела волков, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/security/20200110/ohotnikam-v-gbao-razdali-oruzhie-dlya-otstrela-volkov, Zugriff 19.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (14.6.2019): IS terror group claims that it was behind deadly prison riot in Vahdat, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/incidents/20190614/is-terror-group-claims-that-it-was-behind-deadly-prison-riot-in-vahdat, Zugriff 12.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (15.3.2019): Tajik-Kyrgyz negotiations held in Vorukh after deadly border clashes, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/incidents/20190315/tajik-kyrgyz-negotiations-held-in-vorukh-after-deadly-border-clashes, Zugriff 11.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (26.11.2019): Представитель ГКНБ: В нападении на погранпост «Ишкобод» участвовали 11 женщин и 13 детей, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/security/20191126/predstavitel-gknb-v-napadenii-na-pogranpost-ishkobod-uchastvovali-11-zhentshin-i-13-detei, Zugriff 12.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (5.3.2020): США договорились с талибами: Что это даст Таджикистану?, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/politics/20200305/ssha-dogovorilis-s-talibami-chto-eto-dast-tadzhikistanu, Zugriff 5.3.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (7.11.2019a): Ветеран госбезопасности Таджикистана: версия о нападении ИГИЛ на таджикскую погранзаставу маловероятна, https://asiaplustj.info/ru/news/opinion/20191107/veteran-gosbezopasnosti-tadzhikistana-versiya-o-napadenii-igil-na-tadzhikskuyu-pogranzastavu-maloveroyatna, Zugriff 12.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (7.11.2019b): Убийцы в домашних тапочках. Или что не так с нападением на таджикскую погранзаставу, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/security/20191107/ubiitsi-v-domashnih-tapochkah-ili-chto-ne-tak-s-napadeniem-na-tadzhikskuyu-pogranzastavu, Zugriff 12.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (9.11.2019): МВД: большинство напавших на пограничную заставу были гражданами Таджикистана, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/security/20191108/mvd-bolshinstvo-napavshih-na-pogranichnuyu-zastavu-bili-grazhdanami-tadzhikistana, Zugriff 12.2.2020

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.11.2019a): Tadschikistan: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/tadschikistan-node/tadschikistansicherheit/206756#content_0, Zugriff 18.2.2020

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

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- BBC News Russkaja Služba (20.5.2019): Боевики ИГ устроили бунт в колонии в Таджикистане, погибли 32 человека, https://www.bbc.com/russian/news-48332679, Zugriff 12.2.2020

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- RBC - RosBiznesConsulting (6.11.2019): Почему версия атаки ИГ на погранзаставу в Таджикистане вызывает сомнения, https://www.rbc.ru/politics/06/11/2019/5dc2aa709a7947405032960c, Zugriff 12.2.2020

- RE - Ritm Evrazii (19.3.2018): ДАИШ в Афганистане: новые угрозы и старые заказчики, https://www.ritmeurasia.org/news--2018-03-19--daish-v-afganistane-novye-ugrozy-i-starye-zakazchiki-35474, Zugriff 18.2.2020

- RE - Ritm Evrazii (19.9.2019): Таджикистан и Киргизия отвели военных и технику от участка границы, где произошла перестрелка, https://www.ritmeurasia.org/news--2019-09-19--tadzhikistan-i-kirgizija-otveli-voennyh-i-tehniku-ot-uchastka-granicy-gde-proizoshla-perestrelka-44961, Zugriff 11.2.2020

- Reuters (8.11.2018): At least 27 killed in Tajikistan prison riot: security sources, https://www.reuters.com/article/us-tajikistan-khujand/at-least-13-killed-in-tajik-prison-riot-sources-idUSKCN1ND0IX, Zugriff 12.2.2020

- RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Liberty (22.11.2018): In The Dark: Tajik Border Residents Live Not Knowing What Lies Beyond, https://www.rferl.org/a/tajik-border-residents-live-not-knowing-what-lies-beyond/29615744.html, Zugriff 12.3.2020

- RIA Nowosti (22.7.2019): В Таджикистане заявили о 16 пострадавших в конфликте на границе с Киргизией, https://ria.ru/20190722/1556780012.html, Zugriff 11.2.2020

- RO - Radio Ozodi (10.12.2019): Глава МИД Таджикистана: при нападении на заставу «Ишкобод» были убиты женщины и дети. ВИДЕО, https://rus.ozodi.org/a/30318637.html, Zugriff 12.2.2020

- RO - Radio Ozodi (26.1.2020): Генпрокурор: 70 осужденных получили новые сроки за попытку устроить беспорядки в тюрьмах, https://rus.ozodi.org/a/30397761.html, Zugriff 12.2.2020

- RO - Radio Ozodi (30.12.2019): Таджикистан в 2019 году: «Исламское государство», бунт в колонии, нападение на погранзаставу…, https://rus.ozodi.org/a/30351692.html, Zugriff 12.2.2020

- RT - Russia Today (28.6.2019): Bedrohung aus Afghanistan: Russland will tadschikische Armee und Sicherheitsdienste stärken, https://deutsch.rt.com/asien/89655-bedrohung-aus-afghanistan-russland-tadschikistan/, Zugriff 18.2.2020

- RtP - Rise to Peace (10.11.2019): Narcotics and Insecurity: How the Afghan-Tajik Drug Trade Derails Peace, https://www.risetopeace.org/2019/11/10/narcotics-and-insecurity-how-the-afghan-tajik-drug-trade-derails-peace/shah1505/, Zugriff 19.2.2020

- Spiegel Online (1.8.2018): Der IS tötet Touristen, das Regime wiegelt ab, https://www.spiegel.de/politik/ausland/tadschikistan-is-anschlag-auf-touristen-das-regime-wiegelt-ab-a-1221243.html, Zugriff 11.2.2020

- TASS - Russländische Nachrichtenagentur (21.5.2019): FSB chief warns that 5,000 terrorists concentrated by CIS borders with Afghanistan, https://tass.com/politics/1059207, Zugriff 18.2.2020

- USDOS - United States Department of State (10.2019): Country Reports on Terrorism 2018, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2019/11/Country-Reports-on-Terrorism-2018-FINAL.pdf, S 182f, Zugriff 18.2.2020

Rechtsschutz / Justizwesen

Obgleich das Gesetz eine unabhängige Gerichtsbarkeit vorsieht, übt die Exekutive Druck auf Staatsanwälte, Verteidiger und Richter aus. Korruption und Ineffizienz stellen erhebliche Probleme dar (USDOS 11.3.2020, vergleiche BS2018). Der Staatspräsident kontrolliert die Justiz durch sein verfassungsmäßiges Prärogativ und kann Richter und den Generalstaatsanwalt ernennen oder entlassen. Die Gerichte werden zudem durch die Entscheidungen der Staatsanwaltschaft beeinflusst. Die Staatsanwaltschaft rangiert über den Gerichten, was den Einfluss und die politische Macht betrifft. In politisch heiklen Fällen urteilen die Richter gemäß den Anweisungen mächtiger Offizieller aus der Präsidialverwaltung oder dem Sicherheitsdienst (BS 2018; vergleiche AA 26.7.2019). Niedrige Gehälter für Richter und Staatsanwälte führen dazu, dass Bestechung weit verbreitet ist (USDOS 11.3.2020).

Für Angeklagte gilt in der Praxis nicht die Unschuldsvermutung, denn die Gerichte befinden fast alle Angeklagten für schuldig (USDOS 11.3.2020; vergleiche FH 4.2.2019). Im Allgemeinen erlauben die Gerichte den Angeklagten zeitgerecht einen Anwalt zu konsultieren, doch wird ihnen das Recht auf einen Verteidiger während der Untersuchungshaft bzw. der Zeit der Ermittlungen oft vorenthalten, insbesondere in politisch heiklen Fällen. Angeklagte und Nichtregierungsorganisationen beklagen, dass die Regierung manchmal einen Pflichtverteidiger ernennt, um zu verhindern, dass der Angeklagte einen Rechtsbeistand nach eigener Wahl bekommt. Angeklagte und Verteidiger haben das Recht, alle behördlichen Beweismittel einzusehen und die Zeugen damit zu konfrontieren bzw. diese zu befragen. Die Gerichte verleihen jedoch den Aussagen der Staatsanwaltschaft weit mehr Bedeutung als jenen der Verteidigung (USDOS 11.3.2020).

Obschon alle Prozesse öffentlich sind, sieht das Gesetz die Möglichkeit von Geheimprozessen vor, wenn die nationale Sicherheit betroffen ist. Vertretern der Zivilgesellschaft wird der Zugang zu Gerichtsprozessen gegen hochrangige Persönlichkeiten verwehrt, weil diese Prozesse durch die Regierung als geheim eingestuft werden (USDOS 11.3.2020; vergleiche AA 26.7.2019). Eine förmliche Verweigerung des Rechtsschutzes ist nicht bekannt. In politisch heiklen Fällen ist effektiver Rechtsschutz nicht gegeben, da in diesen Fällen die verteidigenden Rechtsanwälte Gefahr laufen, unter Vorwänden selbst der Strafverfolgung unterzogen zu werden (AA 26.7.2019).

Aufgrund von Änderungen im Gesetz für Rechtsanwälte mussten alle Anwälte bis Juni 2016 eine Prüfung ablegen, um ihre Lizenz zu erneuern. In Folge sank die Zahl der Strafverteidiger im Land deutlich (USDOS 11.3.2020). Einflussreichen Personen ist es möglich, das Einleiten von Ermittlungen und die Verurteilung gegen ihnen missliebige Personen, z. B. wirtschaftliche Konkurrenten, orchestrieren zu lassen; die Zahl der unschuldig Verurteilten dürfte hoch sein (AA 26.7.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report — Tajikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427443/488354_en.pdf, Zugriff 13.2.2020

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2016057.html, Zugriff 12.2.2020

- USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/TAJIKISTAN-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Sicherheitsbehörden

Das Innenministerium ist vorrangig für die Erhaltung der öffentlichen Ordnung zuständig und kontrolliert die Polizei. Die Drogenkontrollbehörde, die Antikorruptionsbehörde, die staatliche Steuer- sowie die Zollbehörden können spezifischen Straftaten nachgehen und berichten dem Präsidenten. Das Staatskomitee für Nationale Sicherheit ist für den Nachrichtendienst verantwortlich, kontrolliert den Grenzschutz und untersucht Fälle von vermeintlichen extremistischen Aktivitäten im politischen oder religiösen Bereich, sowie Fälle von Menschenschmuggel und politisch sensible Fälle. Die Generalstaatsanwaltschaft beaufsichtigt die strafrechtlichen Untersuchungen der zuständigen Behörden. Es kommt zu beträchtlichen Überlappungen bei der Zuständigkeit. Die Gesetzesvollzugsbehörden fügen sich jedoch dem Staatskomitee für Nationale Sicherheit. Die Vollzugsbehörden sind in der Bekämpfung der organisierten Kriminalität nicht effizient, da kriminelle Banden über Beziehungen zu hohen Regierungskreisen und Sicherheitsbehörden verfügen (USDOS 11.3.2020; vergleiche AA 26.7.2019).

Straffreiheit der Behörden stellt ein gravierendes Problem dar. Während die Behörden begrenzte Schritte gegen Straftäter unternehmen, gibt es weiterhin Berichte von Folter und Misshandlungen von Häftlingen. Die Kultur der Straflosigkeit und der Korruption schwächen die Ermittlungen und die Strafverfolgung (USDOS 11.3.2020; vergleiche BS 2018).

Verhaftungen erfolgen in der Regel mit einer Begründung, aber Häftlinge und Gruppen der Zivilgesellschaft berichten häufig, dass die Behörden Anklagen gefälscht oder kleinere Vorfälle aufgebauscht haben, um politisch motivierte Verhaftungen vorzunehmen. Die Polizei kann eine Person zwölf Stunden lang festhalten, bevor die Behörden Strafanklage erheben. Wenn letzteres nicht geschieht, muss die Person freigelassen werden. Allerdings informiert die Polizei die Festgenommenen oft nicht über die konkreten Vorwürfe. Falls die Polizei Strafanzeige erhebt, kann eine Person bis zu 72 Stunden festgehalten werden, bevor die Polizei die Anzeige einem Richter zwecks Einvernahme unterbreiten muss (USDOS 11.3.2020).

Die Sicherheitskräfte stehen nur teilweise unter der Kontrolle ziviler Behörden (USDOS 11.3.2020). Polizeibeamte sind u.a. verpflichtet, der Politik des Präsidenten von Tadschikistan treu zu sein und sie im Leben umzusetzen (A+ 3.3.2020c).

Quellen:

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (3.3.2020c): Как должен себя вести таджикский милиционер? Отвечают душанбинцы, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/society/20200303/kak-dolzhen-sebya-vesti-tadzhikskii-militsioner-otvechayut-dushanbintsi, Zugriff 4.3.2020

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report — Tajikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427443/488354_en.pdf, Zugriff 13.2.2020

- USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/TAJIKISTAN-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung verbietet Folter (USDOS 11.3.2020; vergleiche IPHR/CATITJ/HFHR 7.2019). Folter kann nach einer Änderung des Strafgesetzbuches im Jahr 2012, als Folter in Übereinkunft mit dem internationalen Recht definiert wurde, mit zehn bis 15 Jahren Haft statt zuvor einer Geldstrafe geahndet werden (EU-EEAS 15.11.2019; vergleiche USDOS 11.3.2020; IPHR/CATITJ/HFHR 7.2019). Dennoch gibt es Fälle von Gewalt, Folter und anderen Zwängen, um bei Verhören Geständnisse zu erpressen (USDOS 11.3.2020; vergleiche IPHR/CATITJ/HFHR 7.2019). Menschenunwürdige Behandlung kommt vor allem während der Untersuchungshaft vor, aber auch in den Streitkräften [siehe dazu Abschnitt 9]. Sie reicht von grober Behandlung bis zu Misshandlung mit Todesfolge (AA 26.7.2019).

Mitglieder der NGO Coalition against Torture and Impunity in Tajikistan registrierten im Jahr 2017 66, im Jahr 2018 44 und im ersten Quartal 2019 elf neue Fälle von mutmaßlicher Folter, von der auch Frauen und Kinder betroffen waren. Angst vor Repressalien, fehlendem Zugang zu NGOs und mangelndes Vertrauen in das Strafrechtssystem hindern viele Opfer oder ihre Angehörigen daran, Beschwerden einzureichen (IPHR/CATITJ/HFHR 7.2019).

Viele Täter von Folter und anderen Formen der Misshandlung erhalten Amnestien (IPHR/CATITJ/HFHR 7.2019; vergleiche AA 26.7.2019). Das Gesetz ermöglicht es, dass Folter- und Misshandlungstäter, die für Verbrechen mit geringer oder mittlerer Schwere verurteilt wurden, nach Versöhnung, Ablauf einer Verjährungsfrist oder tätiger Reue von der strafrechtlichen Verantwortung ausgenommen werden können (IPHR/CATITJ/HFHR 7.2019).

Die Regierung möchte Folter bekämpfen (AA 26.7.2019). Am 19.4.2019 wurde das Programm zur Justizreform (2019-2021) verabschiedet, welches eine Stärkung der Grund- und Menschenrechte von Inhaftierten vorsieht (IPHR/CATITJ/HFHR 7.2019). Tadschikistan hat die Konvention gegen Folter und andere inhumane oder erniedrigende Behandlungen oder Strafen der Vereinten Nationen (UNTC 18.2.2020a), aber keine dazugehörigen Zusatzprotokolle unterzeichnet. (UNTC 18.2.2020b,c).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report — Tajikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427443/488354_en.pdf, Zugriff 13.2.2020

- EU-EEAS - Europäische Union - Europäischer Auswärtiger Dienst (15.11.2019): EU-Tajikistan Human Rights Dialogue, https://eeas.europa.eu/delegations/india/70505/eu-tajikistan-human-rights-dialogue_en, Zugriff 5.3.2020

- IPHR/CATITJ/HFHR - International Partnership for Human Rights / NGO Coalition against Torture and Impunity in Tajikistan / Helsinki Foundation for Human Rights (7.2019): Joint NGO submission to the United Nations Human Rights Committee ahead of the consideration of Tajikistan’s Third Periodic Report at the 126th session in July 2019, https://www.iphronline.org/wp-content/uploads/2019/06/Tajikistan-torture-submission-1.pdf, Zugriff 13.2.2020

- UNTC - United Nations Treaty Collection (18.2.2020a): 9. Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment - New York, 10 December 1984 – Status as at: 18-02-2020 05:01:13 EDT,https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=IND&mtdsg_no=IV-9&chapter=4&clang=_en, Zugriff 18.2.2020

- UNTC - United Nations Treaty Collection (18.2.2020b): 9. a Amendments to articles 17 (7) and 18 (5) of the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment - New York, 8 September 1992 – Status as at: 18-02-2020 05:01:13 EDT, https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=IND&mtdsg_no=IV-9-a&chapter=4&clang=_en, Zugriff 18.2.2020

- UNTC - United Nations Treaty Collection (18.2.2020c): 9. b Optional Protocol to the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment - New York, 18 December 2002 – Status as at: 18-02-2020 05:01:13 EDT,https://treaties.un.org/Pages/ViewDetails.aspx?src=IND&mtdsg_no=IV-9&chapter=4&clang=_en, Zugriff 18.2.2020

- USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/TAJIKISTAN-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Korruption

Auf allen Regierungsebenen sind Korruption und Nepotismus weit verbreitet (USDOS 11.3.2020; vergleiche FH 4.2.2019), Korruption ist Teil des Alltagslebens und Gesetze, die Korruption verhindern sollen, werden regelmäßig ignoriert (FH 4.2.2019; vergleiche USDOS 11.3.2020). Patronagenetzwerke und regionale Zugehörigkeiten stehen im Mittelpunkt des politischen Lebens (FH 4.2.2019). Transparency International listet Tadschikistan im Corruption Perceptions Index 2019 auf Platz 153 von 180 untersuchten Ländern (TI 23.1.2020).

Das Gesetz sieht Sanktionen nach dem Strafrecht für korrupte Beamte vor, doch setzt die Regierung dieses Gesetz nicht effektiv um. Beamte sind häufig straflos in korrupte Praktiken verwickelt. Korruption ist insbesondere im Bildungsbereich und bei der Polizei verbreitet (USDOS 11.3.2020). Große Unregelmäßigkeiten werden auch bei der Nationalbank und dem größten Industrieunternehmen des Landes, der staatlichen tadschikischen Aluminiumgesellschaft (TALCO), gemeldet (FH 4.2.2019).

Das Innenministerium, die Antikorruptionsbehörde und die Generalstaatsanwaltschaft sind für die Untersuchung, Verhaftung und Verfolgung mutmaßlich korrupter Beamter zuständig (USDOS 11.3.2020). Die Regierung hat das Problem der Korruption erkannt und einige Schritte zu ihrer Bekämpfung unternommen (USDOS 11.3.2020; vergleiche BS 2018, GIZ 12.2019d). Valide Hinweise auf eine grundlegende Veränderung der Situation liegen aber nicht vor. Zwar sind angemahnte Veränderungen an der Gesetzeslage vorgenommen worden, aber mangelnde Transparenz und Verantwortlichkeit unter der politischen und wirtschaftlichen Machtelite haben im Lauf der Jahre sehr stark zugenommen (GIZ 12.2019d).

Zwar werden Beamte der unteren Ebenen wegen der Annahme von Bestechungsgeldern vor Gericht gestellt (USDOS 11.3.2020; vergleiche BS 2018, GIZ 12.2019d). Hochrangige Amtsinhaber werden jedoch kaum je bestraft. Diese üben oft auch eine Rolle in der Wirtschaft aus oder verfügen über umfassende Besitztümer. Wirtschaftliche Aktivität hochrangiger Beamter oder Politiker wird in der Regel toleriert, solange sie nicht aus anderen Gründen in Ungnade fallen (BS 2018).

Quellen:

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report — Tajikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427443/488354_en.pdf, Zugriff 13.2.2020

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2016057.html, Zugriff 12.2.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2019d): LIPortal – Das Länder-Informationsportal Tadschikistan – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/tadschikistan/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 13.2.2020

- TI - Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019 – Full Data Set, https://files.transparency.org/content/download/2450/14822/file/2019_CPI_FULLDATA.zip, Zugriff 11.2.2020

- USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/TAJIKISTAN-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Allgemeine Menschenrechtslage

Sämtliche Bürgerrechte sind im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsstandards in der nationalen Gesetzgebung verankert (BS 2018; vergleiche AA 26.7.2019). Allerdings werden in der Praxis die Bürgerrechte regelmäßig verletzt (BS 2018). Freedom House stuft Tadschikistan als „nicht frei“ ein und vergibt bei den politischen Rechten null von 40 sowie bei den Bürgerrechten neun von 60 möglichen Punkten. Tadschikistan ist somit unter den zehn Staaten mit den schlechtesten Werten platziert (FH 4.3.2020a,b; vergleiche A+ 5.3.2020).

Zu den bedeutendsten Menschenrechtsverletzungen gehören: rechtswidrige oder willkürliche Tötungen durch Gefängnisbehörden; erzwungenes Verschwindenlassen durch die Regierung in Absprache mit ausländischen Regierungen; Folter und Misshandlung von Gefangenen durch Sicherheitskräfte; willkürliche Inhaftierung; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; politische Gefangene; willkürliche oder unrechtmäßige Eingriffe in die Privatsphäre; erhebliche Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz; Zensur, Sperrung von Internetseiten und kriminalisierte Verleumdung; erhebliche Eingriffe in die Rechte der friedlichen Versammlung und der Vereinigungsfreiheit, wie z.B. übermäßig restriktive Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGOs), schwere Einschränkungen der Religionsfreiheit, erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, Einschränkungen der politischen Partizipation, auch durch die Verhinderung echter, freier oder fairer Wahlen, erhebliche Akte der Korruption und Vetternwirtschaft, Gewalt gegen lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle und intersexuelle Personen (LGBTI) und Zwangsarbeit (USDOS 11.3.2020; vergleiche BS 2018). Es gibt nur sehr wenige Verfolgungen von Regierungsbeamten wegen Menschenrechtsverletzungen. Beamte in den Sicherheitsdiensten und anderswo in der Regierung handeln straflos (USDOS 11.3.2020; vergleiche HRW 14.1.2020).

Die Situation der Menschenrechte verschlechterte sich 2019 weiter. Die Behörden gehen weiter hart gegen Regierungskritiker vor und Oppositionsaktivisten, Journalisten und sogar Nutzer sozialer Medien, die als illoyal empfunden wurden, erhalten teils lange Haftstrafen (HRW 14.1.2020; vergleiche FH 4.2.2019, EU-EEAS 15.11.2019). Als Vergeltung für oppositionelle Aktivitäten im Ausland werden in Tadschikistan zurückgebliebene Familienmitglieder von den Behörden schikaniert (AI 22.2.2018; vergleiche USDOS 11.3.2020, FH 4.2.2019, EU-EEAS 15.11.2019) und Strafverteidiger von angeklagten Oppositionellen werden unter Druck gesetzt, den Fall nicht anzunehmen und gelegentlich selbst angeklagt (USDOS 11.3.2020; vergleiche AI 22.2.2018, EU-EEAS 15.11.2019).

Das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen erklärte im Zuge der Überprüfung der Menschen- und Bürgerrechte in Tadschikistan im Juli 2019, dass kleine Fortschritte erzielt wurden, jedoch noch weitere Verbesserungen nötig seien. Das Komitee betont den Unterschied zwischen den rechtlichen Grundlagen und deren praktischer Umsetzung (UNHROHC 3.7.2019). Die Unterschiede zum vorangegangenen Bericht von 2013 sind minimal und Empfehlungen daraus wurden nicht umgesetzt (Diplomat 25.7.2019).

Das Büro des Ombudsmanns für Menschenrechte bemüht sich kaum, auf Beschwerden der Öffentlichkeit zu reagieren. Das Büro des Ombudsmanns trifft sich mit NGOs, um spezifische Menschenrechtsfälle und allgemeine Menschenrechtsprobleme im Land zu erörtern, aber es kam zu keinen Maßnahmen der Regierung. Das Büro der Regierung für verfassungsmäßige Garantien der Bürgerrechte untersucht und beantwortet weiterhin die Beschwerden der Bürger, doch Personalmangel und die uneinheitliche Zusammenarbeit mit anderen Regierungsinstitutionen behinderten die Wirksamkeit des Büros (USDOS 11.3.2020).

Im Februar 2020 wurde bekannt, dass mit dem Entwurf eines Antidiskriminierungsgesetzes begonnen werden soll. An der Ausarbeitung soll auch das Büro des Ombudsmanns beteiligt sein und die Öffentlichkeit soll durch Diskussionen einbezogen werden (A+ 17.2.2020).

Quellen:

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (17.2.2020): Tajik authorities start to draft law on protection against discrimination, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/power/20200217/tajik-authorities-start-to-draft-law-on-protection-against-discrimination, Zugriff 25.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (5.3.2020): Freedom House ranks Tajikistan among ‘Not Free’ countries, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/society/20200305/freedom-house-ranks-tajikistan-among-not-free-countries, Zugriff 10.3.2020

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- AI - Amnesty International (22.2.2018): Tajikistan 2017/2018, https://www.amnesty.org/en/countries/europe-and-central-asia/tajikistan/report-tajikistan/, Zugriff 13.2.2020

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report — Tajikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427443/488354_en.pdf, Zugriff 13.2.2020

- Diplomat, the (25.7.2019): Tajikistan Under Review: A Familiar Litany of Human Rights Concerns, https://thediplomat.com/2019/07/tajikistan-under-review-a-familiar-litany-of-human-rights-concerns/, Zugriff 14.2.2019

- EU-EEAS - Europäische Union - Europäischer Auswärtiger Dienst (15.11.2019): EU-Tajikistan Human Rights Dialogue, https://eeas.europa.eu/delegations/india/70505/eu-tajikistan-human-rights-dialogue_en, Zugriff 5.3.2020

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2016057.html, Zugriff 12.2.2020

- FH - Freedom House (4.3.2020a): Freedom in the World 2020 - Tajikistan, https://freedomhouse.org/country/tajikistan/freedom-world/2020, Zugriff 10.3.2020

- FH - Freedom House (4.3.2020b): Freedom in the World 2020 - Countries and Territories, https://freedomhouse.org/countries/freedom-world/scores?sort=asc&order=Total%20Score%20and%20Status, Zugriff 10.3.2020

- HRW - Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022762.html, Zugriff 12.2.2020

- UNHROHC - United Nations Human Rights - Office of the High Commissioner (3.7.2019): Human Rights Committee reviews the situation of Civil and Political Rights in Tajikistan, https://www.ohchr.org/en/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=24791&LangID=E, Zugriff 14.2.2020

- USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/TAJIKISTAN-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz garantiert Bewegungsfreiheit; in der Praxis gibt es jedoch einige Einschränkungen. In einzelnen Fällen werden Reisen ins Ausland untersagt (USDOS 11.3.2020; vergleiche FH 4.2.2019). In Gebieten an der Grenze zu Afghanistan und in Berg-Badachschan gibt es Beschränkungen für den Personenverkehr (MSZ 24.2.2020). Der ordentliche Wohnsitz muss bei den Behörden gemeldet werden (FH 4.2.2019). Flüchtlingen aus Afghanistan ist eine Wohnsitznahme in größeren Städten untersagt (USDOS 11.3.2020; vergleiche AA 26.7.2019). Der Straßenzustand ist schlecht, es gibt häufige Kontrollen von Polizei und Militär (MSZ 24.2.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2016057.html, Zugriff 12.2.2020

- MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych Rzeczypospolitej Polskiej (24.2.2020): Informacje dla podróżujących – Tadżykistan, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/tadzykistan, Zugriff 25.2.2020

- USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/TAJIKISTAN-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Arbeitsmigranten und Flüchtlinge

Laut offiziellen tadschikischen Angaben ist die Zahl der Tadschiken, die im Ausland Arbeit suchen, seit 2010 um 60 Prozent zurückgegangen. Die tadschikische Regierung schätzt die Zahl der Arbeitsmigranten im Ausland auf etwas über 400.000 (Diplomat 3.1.2020), während die russländischen Behörden mit über einer Million wesentlich höhere Zahlen angeben (Diplomat 3.1.2020; vergleiche MPI 14.11.2019). Jedoch bis zu 40 % arbeiten illegal und scheinen daher nicht in offiziellen Statistiken auf. Umfragen zeigen, dass von 30 bis 40 % der Haushalte in Tadschikistan mindestens ein Mitglied im Ausland arbeitet (MPI 14.11.2019).

Russland hat die Wiedereinreise in den letzten Jahren erschwert. Gegenwärtig gibt es schätzungsweise 180.000 bis 240.000 Tadschiken, über die ein Einreiseverbot nach Russland verhängt wurde (MPI 14.11.2019; vergleiche CABAR 30.5.2019). Einreiseverbote können auch wegen geringfügiger Verwaltungsvergehen verhängt werden. Viele Tadschiken sind in Russland mit gesellschaftlicher Diskriminierung und Missbrauch konfrontiert. Arbeitnehmer aus Zentralasien werden als wirtschaftliche, gesellschaftliche und Sicherheitsbedrohung wahrgenommen (MPI 14.11.2019; vergleiche HRW 24.12.2019).

Der größte Teil der Migration ist saisonal und männlich dominiert – jeder dritte Mann im erwerbsfähigen Alter ist im Ausland (MPI 14.11.2019). Ein Motiv für junge Männer ist auch, sich dem Wehrdienst zu entziehen (AA 26.7.2019; vergleiche Sputnik 8.2.2020). Die Hälfte der tadschikischen Migranten ist zwischen 18 und 35 Jahre alt. Dies stellt für die tadschikische Regierung ein Sicherheitsventil dar; überschüssige Arbeitskräfte werden exportiert und daran gehindert, die Unzufriedenheit mit dem Regime weiter zu vergrößern. Gleichzeitig werden tadschikische Migranten als eine potenzielle Bedrohung für das Regime angesehen, das Russland als einen Raum wahrnimmt, in dem islamistische Extremistenorganisationen und Oppositionelle leichter Personen rekrutieren können (MPI 14.11.2019).

Arbeitsmigranten riskieren Ausbeutung durch Menschenhändler (FH 4.2.2019). Tadschikistan ergreift Maßnahmen, um die Migration zu regulieren und den Schutz für Arbeitsmigranten zu verbessern, aber Experten bezweifeln die Effizienz der getroffenen Maßnahmen, da zuständige Behörden nicht kooperativ sind und Empfehlungen von internationalen Organisationen nicht berücksichtigt werden (CABAR 30.5.2019). Es fehlt nach wie vor an Mechanismen, die die Rückkehr der Migranten, die Wiedereingliederung in den heimischen Arbeitsmarkt und Investitionen in die lokale Wirtschaft erleichtern (MPI 14.11.2019).

Am 30.12.2019 wurde zwischen Tadschikistan und Russland ein Abkommen ratifiziert, demzufolge tadschikische Stellen die Aufgabe haben, Informationen über eine Beschäftigung in der Russischen Föderation bereitzustellen, geeignete Kandidaten auszuwählen sowie diese entsprechend den Anforderungen des Arbeitgebers aus- und umzuschulen. Potenzielle Arbeitgeber müssen Arbeitsmigranten aktiv anwerben und sichere Arbeitsbedingungen und regelmäßige Zahlung der Löhne gewährleisten (A+ 30.12.2019).

Bei ausländischen Flüchtlingen in Tadschikistan handelt es sich fast ausschließlich um Personen aus Afghanistan (ca. 3.000). Deren soziale und wirtschaftliche Lage ist prekär (Verbot der Wohnsitznahme in der Hauptstadt, Probleme bei der Arbeitsaufnahme, polizeiliche Schikanen etc.). Tadschikistan ist allen relevanten UN-Flüchtlingskonventionen beigetreten und organisiert mithilfe des UNHCR und lokaler NGOs Schutz und Integration, wenn auch in sehr rudimentärer Form. Auch anerkannte Flüchtlinge sind jedoch zunehmend nicht mehr sicher vor widerrechtlicher Abschiebung nach Afghanistan, wenn sie z. B. gegen das Verbot der Wohnsitznahme verstoßen haben (AA 26.7.2019; vergleiche USDOS 11.3.2020).

Flüchtlinge und Asylwerber haben das gleiche gesetzliche Recht auf Bildung und medizinische Versorgung wie die örtliche Bevölkerung. Afghanische Eltern können ihre Kinder in örtliche Schulen ohne Zahlung von Gebühren schicken. Partnerorganisationen von UNHCR stellen Bücher, Schuluniformen und Sprachkurse zur Verfügung. Vulnerable Familien erhalten Unterstützung bei den Gesundheitsausgaben. Laut Gesetz haben registrierte Flüchtlinge den gleichen Zugang zu Polizeidienstleistungen, Gesundheitsversorgung und Justiz, jedoch wird dieser in der Praxis manchmal eingeschränkt. Flüchtlinge werden schikaniert und erpresst. In solchen Fällen erhalten sie Unterstützung vom UNHCR, der auch Schulungen für Behörden bei der Kenntnis des Asylrechtes durchführt (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (30.12.2019): Putin signs law on ratification of agreement with Tajikistan on labor migrants, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/politics/20191230/putin-signs-law-on-ratification-of-agreement-with-tajikistan-on-labor-migrants, Zugriff 13.2.2020

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- CABAR - Central Asian Bureau for Analytical Reporting (30.5.2019): Discussion of Migration Flow from Tajikistan to Russia: How to Regulate römisch eins t and Solve Problems?, https://cabar.asia/en/discussion-of-migration-flow-from-tajikistan-to-russia-how-to-regulate-it-and-solve-problems/, Zugriff 13.2.2020

- Diplomat, the (2.1.2020): Russia Ratifies Agreement With Tajikistan on Labor Migrants, https://thediplomat.com/2020/01/russia-ratifies-agreement-with-tajikistan-on-labor-migrants/, Zugriff 13.2.2020

- FH - Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Tajikistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2016057.html, Zugriff 12.2.2020

- HRW - Human Rights Watch (24.12.2019): Russia: Police Round Up Migrant Workers, https://www.hrw.org/news/2019/12/24/russia-police-round-migrant-workers, Zugriff 13.2.2020

- MPI - Migration Policy Institute (14.11.2019): Dependent on Remittances, Tajikistan’s Long-Term Prospects for Economic Growth and Poverty Reduction Remain Dim, https://www.migrationpolicy.org/article/dependent-remittances-tajikistan-prospects-dim-economic-growth, Zugriff 13.2.2020

- Sputnik News Tajikistan (8.2.2020): "Деды" уйдут с годами: зачем Таджикистан сокращает срок службы в армии, https://tj.sputniknews.ru/analytics/20200208/1030680745/prizyv-voennaya-sluzhba-armiya-tajikistan.html, Zugriff 14.2.2020

- USDOS – U.S. Department of State (11.3.2020): 2019 Country Reports on Human Rights Practices: Tajikistan, https://www.state.gov/wp-content/uploads/2020/03/TAJIKISTAN-2019-HUMAN-RIGHTS-REPORT.pdf, Zugriff 12.3.2020

Grundversorgung

In den ersten Jahren der staatlichen Souveränität trat die Wirtschaft Tadschikistans eine rasante Talfahrt an. Etliche Industriezweige kamen gänzlich zum Erliegen. Mit der Jahrtausendwende trat Tadschikistan gesamtwirtschaftlich in eine Phase des Wachstums ein. Das anhaltende, im Zuge der internationalen Finanzkrise 2008/09 lediglich vorübergehend gebremste Wirtschaftswachstum, mag als Indikator einer gewissen Konsolidierung zu verstehen sein, entbehrt aber weitgehend einer soliden Grundlage. Es ist in erster Linie makroökonomisch begründet und basiert zu einem überaus hohen Prozentsatz auf Arbeitsmigration sowie zwei Exportgütern, die beide in bis heute staatseigenen bzw. -kontrollierten Betrieben hergestellt werden: Aluminium und Baumwolle. Die Preise für diese Güter sind auf dem Weltmarkt unbeständig. Die einseitige Zusammensetzung der Exporte setzte sich über die Jahre fort, auch wenn in jüngster Zeit hier eine leichte Diversifizierung und statistisch ein zunehmender Anteil des Dienstleistungssektors am BIP zu konstatieren sind (GIZ 12.2019d).

Migration ist die wichtigste Einkommensquelle für Tadschikistan und Rücküberweisungen ein wichtiger Motor des Wirtschaftswachstums. Die Rücküberweisungen machten im Jahr 2018 ca. 2,2 Milliarden US-Dollar bzw. 30 % des BIP aus. Durch Rücküberweisungen hat sich die Armutsrate seit Beginn des Jahrhunderts halbiert (2012: 37 %, 2017: 29 %). Jedoch durch die Abhängigkeit von der Migration ist die tadschikische Wirtschaft anfällig für exogene Schocks. Infolge der fallenden Ölpreise und der Sanktionen gegen Russland nach der Invasion der Krim 2014 hat sich der Wert der von Russland nach Tadschikistan transferierten Gelder bis Ende 2015 halbiert, was zu Inflation und einer Liquiditätskrise im tadschikischen Bankensektor führte (MPI 14.11.2019; vergleiche GIZ 12.2019d). Laut offiziellen Angaben betrug die Inflationsrate im Jahr 2018 5,4 % (TAJSTAT o.D.).

Die offizielle Arbeitslosigkeit von 2,5 % ist nach inoffiziellen Schätzungen mindestens viermal so hoch. Die tadschikische Wirtschaft schafft nicht genügend neue Jobs für das ständig wachsende Arbeitskräftepotenzial (GIZ 12.2019d). Für viele junge Tadschiken ist eine Tätigkeit im Drogenhandel die einzige Alternative zur Arbeitsmigration (Diplomat 25.11.2019). Der durch Korruption begünstigte Drogenschmuggel durch Tadschikistan wird auf 30-50 % des BIP geschätzt (CIA 7.2.2020; vergleiche NBR 24.6.2019).

Private ausländische Direktinvestitionen stagnieren seit Jahren auf dem sehr niedrigen Niveau von unter 5 % des BIP. Dem Ausbau des Energiesektors räumt die Tadschikische Regierung hohe Priorität ein. Hierbei geht es weniger darum, die eigene, mangelhafte Energieversorgung sicherzustellen, als vielmehr darum, Strom zu exportieren (GIZ 12.2019d).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist im Großen und Ganzen gewährleistet (AA 26.7.2019; vergleiche GIZ 12.2019e). Mietbarer Wohnraum steht insbesondere in der Hauptstadt in ausreichender Menge zur Verfügung (GIZ 12.2019e). Für bedürftige Personen gibt es nur eine marginale und unzureichende Unterstützung (AA 26.7.2019). Insbesondere in ländlichen Gebieten sind informelle Netzwerke und erweiterte Familienbande für die soziale Sicherheit bedeutsam (BS 2018).

Das öffentliche Wohlfahrtssystem ist seit der Unabhängigkeit am Erodieren (BS 2018; vergleiche GIZ 12.2019e). Das Beihilfesystem für Pensionen sowie das Recht auf Unterstützung im Krankheitsfall, bei Invalidität, Arbeitslosigkeit und Schwangerschaft werden zwar respektiert, doch sind die diesbezüglichen finanziellen Zuwendungen dermaßen niedrig, dass viele vulnerable Personen von der staatlichen Unterstützung alleine nicht überleben könnten, sondern nur durch zusätzliche Zuwendungen Dritter. Eine signifikante Zahl von Arbeitslosen erhält eine Unterstützung. Nur zwei Prozent des Bruttosozialproduktes werden für das Gesundheitssystem ausgegeben, wovon die Hälfte für die Gehälter und die Erhaltung der Einrichtungen bestimmt sind (BS 2018).

Die Rücküberweisungen der Arbeitsemigranten stellen für zwei Drittel der Bevölkerung ein alternatives Netz der sozialen Sicherheit dar (BS 2018). Rücküberweisungen von Migranten decken einen großen Teil der Alltagsausgaben der zurückgebliebenen Familie, aber die meisten Haushalte können keine Investitionen tätigen (MPI 14.11.2019; vergleiche GIZ 12.2019d).

Der derzeitige Mindestlohn beträgt 400 Tadschikische Somoni (TJS; ca. EUR 38) und das Durchschnittsgehalt TJS 1.375 (ca. EUR 131) (A+14.2.2020).

Quellen:

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (14.2.2020): Implementation of the order to raise wages will be provided in full volume, says finance minister, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/society/20200214/implementation-of-the-order-to-raise-wages-will-be-provided-in-full-volume-says-finance-minister, Zugriff 25.2.2020

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- BS - Bertelsmann Stiftung (2018): BTI 2018 Country Report — Tajikistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427443/488354_en.pdf, Zugriff 13.2.2020

- CIA - Central Intelligence Agency (7.2.2020): The World Factbook – Tajikistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ti.html, Zugriff 14.2.2020

- Diplomat, the (25.9.2019): On the Edge at the Roof of Eurasia: Counternarcotics’ Tajikistan Problem, https://thediplomat.com/2019/09/on-the-edge-at-the-roof-of-eurasia-counternarcotics-tajikistan-problem/, Zugriff 19.2.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2019d): LIPortal – Das Länder-Informationsportal Tadschikistan – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/tadschikistan/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 13.2.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2019e): LIPortal – Das Länder-Informationsportal Tadschikistan – Alltag, https://www.liportal.de/tadschikistan/alltag/, Zugriff 13.2.2020

- MPI - Migration Policy Institute (14.11.2019): Dependent on Remittances, Tajikistan’s Long-Term Prospects for Economic Growth and Poverty Reduction Remain Dim, https://www.migrationpolicy.org/article/dependent-remittances-tajikistan-prospects-dim-economic-growth, Zugriff 13.2.2020

- NBR - The National Bureau of Asian Research (24.6.2019): The Regional Implications of Instability in Tajikistan, https://www.nbr.org/publication/the-regional-implications-of-instability-in-tajikistan/, Zugriff 19.2.2020

- TAJSTAT - Agency on Statistics under President of the Republic of Tajikistan (o.D.): Agency on Statistics under President of the Republic of Tajikistan, https://www.stat.tj/en/, Zugriff 19.2.2020

Sozialbeihilfen

Anmerkung: Ein Euro entspricht ca. 10,4 Tadschikischen Somoni (TJS) (U24 25.2.2020).

Die Sozialversicherung deckt Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag, Unternehmer, Einzelpersonen, Mitglieder von landwirtschaftlichen Familienbetrieben (Dekhan-Farmen) sowie Arbeitsmigranten (auf freiwilliger Basis) ab. Versicherungsbeiträge werden als Sozialsteuer eingezogen und dann der Agentur für Sozialversicherung und Rente zugeteilt, die die Leistungen ausbezahlt. Die Sozialversicherung umfasst Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenrenten, Krankengeld, Mutterschaftsgeld, Familienbeihilfen, Arbeitslosengeld, eine Bestattungsbeihilfe für ein Mitglied einer armen Familie sowie individuelle Ansparkonten (ILO 30.4.2018; vergleiche USSSA 3.2019).

Leistungen aus der Sozialhilfe erfolgen in Form von staatlich finanzierten Leistungen und Subventionen für besondere Kategorien von Bürgern, wie z.B. Veteranen, Menschen mit Behinderungen, Kinder, Arbeitslose und arme Familien. Die größten Sozialhilfeprogramme in Bezug auf Finanzierung und Reichweite sind die Sozialrenten für Alter, Invalidität und Hinterbliebene (ILO 30.4.2018; vergleiche USSSA 3.2019). Die Targeted Social Assistance (TSA), die von der Weltbank mitfinanziert wird, wird gezielt an besonders vulnerable Gruppen ausgezahlt (WB 30.1.2018; vergleiche ILO 30.4.2018)

Eine Alterspension im Zuge der Sozialversicherung sowie des Umlagesystems gilt für Männer ab 63 Jahren mit mindestens 25 Jahren versicherter Arbeitstätigkeit, für Frauen ab 58 Jahren mit 20 Jahren versicherter Arbeitstätigkeit. Die Anzahl der Jahre für eine volle Alterspension wird für Frauen mit fünf Kindern oder mit behinderten Kindern reduziert. Eine Mindestpension wird an versicherte Personen mit mindestens fünf Jahren versicherter Arbeitstätigkeit ausgezahlt. Die Höhe der Pension ist von den Beiträgen abhängig. Die Mindestpension beträgt TJS 180, die Maximalpension TJS 850. Eine Alterspension von 60 % der Mindestpension wird im Zuge der Sozialhilfe für Männer ab 65 Jahren und Frauen ab 60 Jahren, die nicht durch die Sozialversicherung erfasst sind, bezahlt (USSSA 3.2019). Die durchschnittliche Pension beträgt TJS 303 (A+ 14.2.2020).

Als Behindertenpension werden je nach Ausmaß der Behinderung und der Beitragsdauer mindestens 60 bis 100 Prozent der Mindestpension ausbezahlt. Im Krankheitsfall wird 60 % des Gehaltes bei einer Beschäftigungsdauer von weniger als acht Jahren ausgezahlt, ansonsten wird 70 % des Gehaltes bezahlt. Es gibt kein spezielles Unterstützungsprogramm bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten (USSSA 3.2019).

Als Waisenrente wird 60 % der Mindestpension (bzw. 100 % falls Vollwaise) ausbezahlt. Als Hinterbliebenenrente wird die Umlagenkomponente der Pension des Verstorbenen unter den bezugsberechtigten Hinterbliebenen aufgeteilt (USSSA 3.2019).

Bei der Geburt eines Kindes erfolgt die volle Lohnfortzahlung im Zeitraum 70 Tage vor bis 70 Tage nach dem errechneten Geburtstermin; bei einer schwierigen Geburt steigt dieser Zeitraum auf je 86 Tage und bei Mehrlingsgeburten auf je 110 Tage. Die einmalige Geburtenunterstützung beträgt TJS 150 für das erste, TJS 100 für das zweite und TJS 50 für jedes weitere Kind, unabhängig davon ob ein oder beide Elternteile berufstätig sind. Die monatliche Kinderbeihilfe bis zum Alter von anderthalb Jahren beträgt TJS 50, wenn zumindest ein Elternteil berufstätig ist (USSSA 3.2019).

Arbeitslosenunterstützung erhält, wer mindestens 18 Monate in den letzten drei Jahren in Beschäftigung war, beim staatlichen Arbeitsamt registriert ist, fähig und willig ist zu arbeiten und kein Einkommen aus Arbeit erhält. Für den ersten Monat erhalten Anspruchsberechtigte 50 % ihres durchschnittlichen Bruttoeinkommens der letzten sechs Monate, im zweiten Monat 40 % und im dritten Monat 30 %. Die Mindestunterstützung beträgt den gesetzlichen Mindestlohn von TJS 400 (USSSA 3.2019).

Ende 2019 wurde angekündigt, Pensionen um 15 % und Zuwendungen für Behinderte um 50 % zu erhöhen (A+ 14.2.2020).

Quellen:

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (14.2.2020): Implementation of the order to raise wages will be provided in full volume, says finance minister, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/society/20200214/implementation-of-the-order-to-raise-wages-will-be-provided-in-full-volume-says-finance-minister, Zugriff 25.2.2020

- ILO - International Organization of Labour (30.4.2018): Social Protection – Tajikistan, https://www.social-protection.org/gimi/gess/ShowCountryProfile.action?iso=TJ, Zugriff 13.2.2020

- U24 - Umrechnung24.de (25.2.2020): Wechselkurs Tadschikischer Somoni - Umrechnung Tadschikischer Somoni - Währungsrechner TJS, https://www.umrechnung24.de/waehrungsrechner/tadschikischer-somoni, Zugriff 25.2.2020

- USSSA - US Social Security Administration (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 - Tajikistan, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/tajikistan.pdf, Zugriff 13.2.2020

- WB - The World Bank (30.1.2018): Tajikistan’s Most Vulnerable to Benefit from Expanded, Better Targeted Social Assistance Program, https://www.worldbank.org/en/news/press-release/2018/01/30/tajikistans-poorest-and-most-vulnerable-to-benefit-from-expanded-better-targeted-social-assistance-program, Zugriff 13.2.2020

Medizinische Versorgung

Krankenhäuser entsprechen nicht dem europäischen Standard (BMEIA 8.10.2019; vergleiche AA 26.7.2019, MAE 6.9.2019, MSZ 24.2.2020). Primär im öffentlichen Gesundheitswesen existieren Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt werden können und/oder chronische Krankheiten behandelt werden. Diese haben aber nur sehr beschränkte finanzielle Möglichkeiten (AA 26.7.2019). Nicht alle Medikamente, insbesondere gegen lebensgefährliche Erkrankungen (z.B. Krebs), sind erhältlich (AA 26.7.2019; vergleiche MAE 6.9.2019). Medikamente werden aus Russland und anderen Ländern importiert; individueller Import von Medikamenten ist möglich, sofern finanzielle Mittel und die notwendigen Beziehungen zu Personen im Ausland vorhanden sind, die Medikamente beschaffen können (AA 26.7.2019). Entgegen gesetzlicher Bestimmungen ist eine Behandlung für viele Patienten in der Praxis oft nicht kostenlos, zumal die Gehälter im medizinischen Bereich oft nicht existenzsichernd sind (AA 26.7.2019). Es besteht ein hohes Infektionsrisiko bei ärztlicher Behandlung (insbesonders Hepatitis C, Tbc). Unfallhilfe bei Notfällen ist nicht immer gewährleistet (BMEIA 8.10.2019; vergleiche MSZ 24.2.2020).

Ähnlich wie im Bildungsbereich haben zu niedrige Gehälter und ein geringer Haushaltsetat im staatlich geführten Gesundheitssektor zu einer erheblichen Erosion geführt: Missmanagement, Personalmangel, sinkende Qualifikation, fehlende technische Ausstattung, Zerfall bestehender Einrichtungen und hohe Korruption. Besonders stark vom Verfall betroffen ist die medizinische Grundversorgung im ländlichen Raum. Diese Umstände tragen zweifelsohne zu der erhöhten Kindersterblichkeit und gesunkenen Lebenserwartung bei, ebenso wie zu einer verstärkten Gefahr der Ausbreitung von Seuchen und Infektionskrankheiten. Der Gesundheitssektor leidet weiterhin unter chronischer Unterfinanzierung, schlechter Qualität und geringer Nutzung. Gegen die medizinische Unterversorgung im ländlichen Raum hatte die WHO 2011 ein Programm zur Entwicklung eines Hausärztewesens aufgelegt, das aber nur sehr langsam voranschreitet (GIZ 12.2019b).

In der Regel werden die Behandlungskosten vom Patienten selbst getragen, mit Ausnahmen für bestimmte soziale Gruppen und Patienten mit bestimmten Krankheiten. Sie umfassen Medikamente, Behandlungen und ggf. Verpflegung im Krankenhaus. Das Ministerium für Gesundheit und Sozialschutz entwickelte ein Basisleistungspaket für bedürftige Patienten und formellen Selbstbehalten für andere Bevölkerungsgruppen. So sollen informelle Zahlungen durch die Schaffung eines transparenten Systems von Patientenrechten und -pflichten reduziert werden (BDA 13.6.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- BDA - Belgian Immigration Office via MedCOI (13.6.2018): BDA 6805, Zugriff 10.2.2020

- BMEIA - Bundesministerium für Europäische und Internationale Angelegenheiten der Republik Österreich (8.10.2019): Reiseinformation Tadschikistan – Gesundheit & Impfungen, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/tadschikistan/, Zugriff 10.2.2020

- GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (12.2019b): Tadschikistan, Gesellschaft, http://liportal.giz.de/tadschikistan/gesellschaft/, Zugriff 11.2.2020

- MAE - Ministero degli Affari Esteri e della Cooperazione Internazionale della Repubblica Italiana (6.9.2019): Viaggiare Sicuri informatevi – Tagikistan, http://www.viaggiaresicuri.it/country/TJK, Zugriff 10.2.2020

- MSZ - Ministerstwo Spraw Zagranicznych Rzeczypospolitej Polskiej (24.2.2020): Informacje dla podróżujących – Tadżykistan, https://www.gov.pl/web/dyplomacja/tadzykistan, Zugriff 25.2.2020

Rückkehr

Es ist davon auszugehen, dass rückgeführte Asylantragsteller von den Sicherheitsbehörden umfassend befragt werden. Eine Asylantragstellung im Ausland allein wird bei der Rückkehr nach Tadschikistan noch nicht zu staatlichen Maßnahmen führen (AA 26.7.2019). Es gibt keine staatlichen oder sonstigen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrerinnen und Rückkehrer (AA 26.7.2019). Rückkehrer werden – soweit erforderlich – von ihren Familien aufgenommen (AA 26.7.2019).

Es gibt Berichte über Änderungen am tadschikischen Staatsbürgerschaftsgesetz, wonach es möglich ist, Personen, die sich im Ausland terroristischen Organisationen anschließen, die Staatsbürgerschaft zu entziehen. Tadschikistan bietet solchen Personen jedoch auch eine Amnestie an; gem. Artikel 401 Absatz 1 des Strafgesetzbuchs können Personen begnadigt werden, die ihr kriminelles Verhalten freiwillig einstellen. Die Begnadigung ist abhängig von einer Überprüfung der jeweiligen Kriminalgeschichte während des Engagements bei terroristischen Vereinigungen im Ausland (ISPI 3.10.2019). Einige Rückkehrer wurden als Söldner in ausländischen terroristischen Organisationen verurteilt (A+ 18.2.2020). Es gibt Berichte, dass Rückkehrer trotz zugesagter Amnestie verhaftet wurden (RFE/RL 13.10.2019). Die meisten Rückkehrer werden unter behördlicher Überwachung in die Gesellschaft reintegriert (A+ 18.2.2020).

Im Zeitraum April 2018 bis März 2019 sind mehr als 424.000 Arbeitsmigranten aus dem Ausland zurückgekehrt. Über 200.000 Tadschiken wurde in diesem Zeitraum die Wiedereinreise nach Russland untersagt. Für diese Personen wurde von der Regierung ein Beschäftigungsprogramm begonnen, unter anderem durch den Bau von 19.000 verschiedenen Infrastruktureinrichtungen und der Schaffung von 100.000 neuen Arbeitsplätzen (OHCHR 4.4.2019).

Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie im März 2020 werden nach Tadschikistan einreisende Personen unter bestimmten Umständen in verpflichtende zweiwöchige Quarantäne genommen (A+ 3.3.2020b; vergleiche TJ-MFA 5.3.2020, TJ-MoH 27.2.2020).

Quellen:

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (18.2.2020): 212 Tajik women and children held in refugee camps in Syria want to return home, https://asiaplustj.info/en/news/tajikistan/society/20200218/212-tajik-women-and-children-held-in-refugee-camps-in-syria-want-to-return-home, Zugriff 25.2.2020

- A+ - Media Group Asia-Plus Tajikistan (3.3.2020b): COVID – 19: Таджикистан отменил запрет на въезд для граждан 35 стран, https://asiaplustj.info/ru/news/tajikistan/security/20200303/covid-19-tadzhikistan-otmenil-zapret-na-vezd-dlya-grazhdan-35-stran, Zugriff 3.3.2020

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- ISPI - Istituto per gli Studi di Politica Internazionale (3.10.2019): Foreign Fighters from Central Asia: Between Renunciation and Repatriation, https://www.ispionline.it/it/pubblicazione/foreign-fighters-central-asia-between-renunciation-and-repatriation-24072, Zugriff 10.2.2020

- OHCHR - United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (4.4.2019): Committee on the Rights of Migrant Workers examines the report of Tajikistan, https://www.ohchr.org/en/NewsEvents/Pages/DisplayNews.aspx?NewsID=24451&LangID=E, Zugriff 10.2.2020

- RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (13.10.2019): Tajiks Abroad Tricked Into Returning Home, End Up In Prison, https://www.rferl.org/a/tajiks-abroad-tricked-into-returning-home-end-up-in-prison/30214202.html, Zugriff 10.2.2020

- TJ-MFA - Außenministerium der Republik Tadschikistan (5.3.2020): Сообщение МИД Таджикистана в связи с эпидемией коронавируса COVID-2019, https://mfa.tj/ru/main/view/5816/soobshchenie-mid-tadzhikistana-v-svyazi-s-epidemiei-koronavirusa-covid-2019, Zugriff 16.3.2020

- TJ-MoH - Ministry of Health and Social Protection of Population of the Republic of Tajikistan (27.2.2020): 63 Citizens Discharge Home Following 14 Days Quarantine, https://moh.tj/63-citizens-discharge-home-following-14-days-quarantine/?lang=en, Zugriff 28.2.2020


Dokumente

Gegen Bezahlung können in Tadschikistan oder in Drittländern echte Dokumente unwahren Inhalts beschafft werden. Es besteht in Tadschikistan Zugang zu gefälschten Dokumenten aller Art (AA 26.7.2019). Die Anforderungen zur Erlangung von Identitätsdokumenten wurden verschärft, da es in der Vergangenheit viele Fälle von gefälschten oder illegal beschafften Dokumenten gegeben hat. Passfälschungen geschehen in der Regel unter Mitwirkung der Behörden (FN 15.5.2018).

Seit 2010 werden neue, biometrische Reisepässe ausgestellt. Die Ausgabe der alten (blauen) Reisepässe wurde 2010 eingestellt (FN 15.5.2018). Die Umstellung auf neue Personalausweise (Inlandspässe), auf denen biometrische Daten sowie die Mobiltelefonnummer des Inhabers gespeichert sind, ist verpflichtend (CABAR 19.2.2020).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (26.7.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: Juni 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/2014279/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_Tadschikistan_%28Stand_Juni_2019%29%2C_26.07.2019.pdf, Zugriff 10.2.2020

- CABAR - Central Asian Bureau for Analytical Reporting (19.2.2020): How is Tajikistan entering 2020? Results and Trends, https://cabar.asia/en/how-is-tajikistan-entering-2020-results-and-trends/, Zugriff 24.2.2020

- FN - Fergana News Agency (15.5.2018): Сложно получить, зато легко подделать. Как таджикский паспорт стал самым дорогим в Центральной Азии, https://www.fergananews.com/articles/9948, Zugriff 25.2.2020

Auswärtiges Amt 2021 Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Tadschikistan (Stand: November 2021) - Auszug

Zusammenfassung Irreguläre Migration aus Tadschikistan in die EU hat in nennenswertem Umfang wohl erst 2016 begonnen. Arbeitsmigration nach Russland und in geringerem Maße nach Kasachstan gibt es jedoch schon seit der staatlichen Unabhängigkeit Tadschikistans 1991 (zeitweise mehr als 1,5 Mio. Menschen pro Jahr) bzw. davor, so dass schon vor der Unabhängigkeit zahlreiche Tadschiken in den verschiedenen Unionsrepubliken lebten; sie haben heute nicht alle die jeweilige Staatsangehörigkeit des Aufenthaltsstaats und sind teilweise staatenlos. Aber schon an dritter Stelle hinter Russland und Kasachstan steht laut Weltbank Deutschland mit knapp 30.000 Tadschiken. Mit einer Zunahme des Ausreisedrucks ist künftig zu rechnen: die Bevölkerung wächst weiterhin um mehr als 2 % im Jahr. Für sie werden jedoch im Lande zu wenige Arbeitsplätze geschaffen, die Lebensbedingungen sind schlecht und die Perspektivlosigkeit daher groß. Ob Russland auf Dauer bereit bzw. in der Lage ist, migrationswillige Tadschiken in der bisherigen Größenordnung aufzunehmen, ist unklar. Das autokratische, clan-basierte politische System, das die knappen Ressourcen in den Händen einer kleinen Gruppe konzentriert und den Machterhalt durch zunehmend repressive Maßnahmen zu sichern versucht, trägt dazu bei, dass ein großer Teil der Bevölkerung seine ökonomischen Perspektiven für immer schlechter hält. Bei aufwendigen Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag der staatlichen Unabhängigkeit Tadschikistans am 9. September 2021 wurde der Personenkult um den Präsidenten Rahmon weiter gesteigert. Während die innenpolitische Lage stabil erscheint, verschärft die Corona-Krise die wirtschaftliche und soziale Situation des ärmsten zentralasiatischen Landes. Davon zeugen gestiegene Arbeitslosigkeit, Inflation und Verarmung großer Teile der Bevölkerung. Hinzu kommen strukturelle Herausforderungen: hohes Bevölkerungswachstum, Verknappung von Land- und Wasser-Ressourcen, Korruption und Clan-Wirtschaft, Abhängigkeit von internationalen Gebern sowie Mängel in der Regierungsführung. Die Regierung zeigte sich anfänglich durch die COVID-19-Pandemie überfordert und nahm durch Verschleierung der Infektions-Lage Opfer in Kauf, um die wirtschaftlichen und sozialen Kosten der Pandemie einzuhegen. Dankbar wurden die COVAX-Impfstoff-Lieferungen sowie Vakzine aus China und Russland angenommen, deren Verimpfung zwar auf Skepsis in der Bevölkerung stoßen, die Corona-Lage aber im Berichtszeitraum deutlich stabilisiert haben. Die Medien- und Informationsfreiheit wurde im Zuge der Pandemie weiter eingeschränkt. Die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan seit August 2021 hat die Bedrohungslage für die innere Sicherheit verschärft und Tadschikistan zudem stärker in den Fokus der internationalen Öffentlichkeit gerückt. Besuche von Außenminister Maas am 20.08.2021, EUHigh Representative Borrell und EU-Kommissarin Urpilainen (21.-24.11.2021) bestätigten die gewachsene Bedeutung des Landes. Bei den Gipfeltreffen der Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS) und der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) am 16. und 17.09.2021 in Duschanbe präsentierte sich Tadschikistan als Konferenzort zur Erörterung der aktuellen Krise in Afghanistan. Die Menschenrechtslage bleibt besorgniserregend. Zu lokalen Unruhen kam es in Khorog/Berg-Badachschan (GBAO) Ende November 2021, als bei Demonstrationen und Festnahmen mehrere Menschen durch Sicherheitskräfte getötet wurden. Genuiner Verfolgung unterlagen in der Vergangenheit politische Aktivisten, die von den Machthabern als gefährlich für ihren Machterhalt eingeschätzt wurden; die meisten dieser Aktivisten sind inzwischen in Haft oder ins Ausland geflohen. Zwangsweise und rechtswidrige Rückführungen kommen vor, wenn das Regime die betreffende Person für die eigene Herrschaft gefährlich hält. Es herrscht ein repressives Klima, das von oppositionellem Handeln abschrecken soll. Verfolgt werden ferner Personen, die als „religiöse Extremisten“ eingeschätzt werden, auch wenn sie keine Gewalttaten verübt haben. Diese Gruppe dürfte zahlenmäßig größer sein als jene der im engeren Sinne politisch Verfolgten. Verurteilungen werden oft nicht mit politischen Verfehlungen begründet, sondern z. B. mit Drogenhandel, sexuellen oder Wirtschafts-Straftaten. Es gibt immer wieder Berichte über Folter in Gefängnissen und auf Polizeistationen. Am 04.11.2021 fand im VN-Menschenrechtsrat im Rahmen des Universellen Staatenüberprüfungsverfahrens eine Anhörung von Tadschikistan statt. Im Vordergrund standen dabei insbesondere zivile und politische Rechte sowie Medienfreiheit und der Schutz der Opposition vor Verfolgung.

Allgemeine politische Lage

Überblick

Tadschikistan ist seit 1991 unabhängig und eine Präsidial-Republik mit ZweikammerParlament. Es hat 9,5 Mio Einwohner. Das Land ist in drei Verwaltungs-Gebiete (Oblaste) eingeteilt: Sughd, Kathlon und das autonome Gebiet Berg-Badachschan, während die „Regionen unter direkter republikanischer Verwaltung“ mit der Hauptstadt Duschanbe der Zentralregierung unterstellt sind. Seit 1994 ist Emomali Rahmon der Präsident der Republik Tadschikistan. Er trägt seit 2015 auf Lebenszeit zusätzlich den Titel „Führer der Nation“. Am 11. Oktober 2020 wurde er für eine fünfte Amtszeit mit knapp 91 % der Stimmen wiedergewählt. Eine Beschränkung des Präsidenten-Mandats auf zwei Amtszeiten wurde 2016 aufgehoben. Das Unterhaus des Parlaments hat 63 Sitze, von denen in der letzten Wahl am 01.03.2020 47 Sitze auf die Volksdemokratische Partei Tadschikistans unter Führung von Präsident Rahmon entfielen. Laut OSZE-/ODIHR-Wahlbeobachterberichten haben Präsidentschafts- und Parlaments-Wahlen in Tadschikistan demokratische Standards bisher deutlich verfehlt. Die in der Verfassung von 1994 vorgesehene Gewaltenteilung wird in der Verfassungswirklichkeit nicht umgesetzt – ebenso wenig wie die dort vorgesehenen Grundrechte und –freiheiten. Die vormals stärkste Oppositionspartei „Partei der Islamischen Wiedergeburt“ wurde im September 2015 verboten. Sie ist nur noch im Exil aktiv. In Tadschikistan existieren derzeit legal folgende Parteien: - Volksdemokratische Partei Tadschikistans - Agrarier-Partei - Partei der Wirtschaftsreformen - Sozialistische Partei - Kommunistische Partei - Demokratische Partei - Sozialdemokratische Partei Tadschikistans

Mit Ausnahme der Sozialdemokratischen Partei Tadschikistans - der einzigen Oppositionspartei - sind alle Parteien im Parlament vertreten; eindeutig dominierende politische Kraft ist die Volksdemokratische Partei von Präsident Rahmon (mehr als 80 % der Sitze). Die anderen im Parlament vertretenen Parteien unterstützen die Politik des Präsidenten und sind daher keine echten Oppositionsparteien. In Tadschikistan finden in den von der Verfassung vorgeschriebenen Fristen regelmäßig Parlaments- (alle 5 Jahre) und Präsidentenwahlen (alle 7 Jahre) statt. Bei den Präsidentschaftswahlen am 11.10.2020 wurde der 69-jährige Staatspräsident Emomali Rahmon mit 91 Prozent der Stimmen in eine 5. Amtszeit wiedergewählt. Er ist seit 1992 an der Macht, seit 1994 Staatspräsident und damit der am längsten amtierende Staatschef der GUS-Staaten. Sohn des Präsidenten, Rustam Emomali, ist z.Z. Bürgermeister der Hauptstadt Duschanbe. Seit den Parlamentswahlen im Frühjahr 2020 ist Rustam Emomali auch Vorsitzender des Oberhauses des Parlaments und damit gemäß Verfassung zweiter Mann im Staat. Er würde bei Rücktritt oder Ausscheiden des jetzigen Staatspräsidenten automatisch amtierender Staatspräsident. Die nächsten Präsident-schaftswahlen sind im Oktober 2027 vorgesehen. Formal besteht eine Gewaltenteilung, in der Realität sind Gerichte nach Berichten internationaler Menschenrechts-Organisationen jedoch nicht unabhängig, sondern unterliegen dem Einfluss der politischen Entscheidungsträger, insbesondere des Präsidenten und seinem engsten Kreis. Die Justiz geht zudem selektiv vor: Die Strafverfolgungsbehörden werden nach Berichten internationaler Menschenrechts-Organisationen bei Fehlverhalten von politisch einflussreichen Personen nicht von sich aus tätig, sondern nur auf einen Wink der Führung in den Fällen, in denen die betreffende Person „in Ungnade gefallen“ ist oder der Verzicht auf Strafverfolgung aus anderen Gründen nicht opportun erscheint. Wenn man nicht zu diesem Personenkreis gehört, kann man sich durch Bestechung vor Strafverfolgung schützen. Ebenso sind Strafverfolgung und Korruptionsbekämpfung Instrumente der politischen Kontrolle; Prozesse werden daher häufig hinter verschlossenen Türen geführt, so z. B. gegen die Führung der verbotenen PIWT oder in Extremismus-Fällen, aber auch bei angeblichen Wirtschaftsstraftaten. In politisch heiklen Fällen ist effektiver Rechtsschutz nicht gegeben, da die dann verteidigenden Rechtsanwälte Gefahr laufen, unter Vorwänden selbst der Strafverfolgung unterzogen zu werden. So erging es z. B. einem der Rechtsanwälte der PIWTFührung. Einflussreichen Personen ist es möglich, das Einleiten von Ermittlungen und die Verurteilung gegen ihnen missliebige Personen, z. B. wirtschaftliche Konkurrenten, orchestrieren zu lassen; die Zahl der unschuldig Verurteilten dürfte hoch sein. Strafverfolgungskompetenz haben in Tadschikistan die Generalstaatsanwaltschaft, die dem Innenministerium unterstehende Polizei (Miliz), das Staatliche Komitee für nationale Sicherheit (GKNB), die Antikorruptionsbehörde und die Drogenkontrollagentur. Die Abgrenzung der Befugnisse ist wenig transparent. Formal sind Polizei (Miliz) und Staatliches Komitee für nationale Sicherheit (GKNB) organisatorisch getrennt. Da das GKNB jedoch über eine eigene Strafverfolgungskompetenz verfügt, gibt es eine Überlappung von Polizei- und Geheimdiensttätigkeit. In politisch sensiblen Fällen wird zumeist das GKNB oder die Antikorruptionsbehörde tätig. Die Korruptionsbekämpfung, die von der Führung immer wieder propagiert wird, folgt in der Realität opportunistischen Erwägungen. Sie dient, gerade auch im Vorfeld von Wahlen, politischer Repression und wird äußerst selektiv betrieben. Eine konsequente Bekämpfung ist unmöglich, weil die Hauptverantwortlichen für Korruption de facto über dem Gesetz stehen.

Rolle und Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden und des Militärs

Die Sicherheitsbehörden – insbesondere das Innenministerium (MWD) und das Staatskomitee für nationale Sicherheit (GKNB) – dienen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und staatlichen Stabilität, Kritiker sehen darin aber vor allem den Machterhalt der Machtelite. Ihre Hauptaufgaben seien Kontrolle und Repression, wobei auch die Zuständigkeiten nicht immer klar abgegrenzt sind. Beide Institutionen haben eigene bewaffnete Einheiten. Das GKNB hat die Funktionen eines Inlands- und Auslandsgeheimdienstes, ferner die Zuständigkeit des Grenzschutzes inne. Die Streitkräfte spielen im innerstaatlichen Machtgefüge eine nachgeordnete Rolle. Sie sind schlechter ausgerüstet und ausgebildet, haben aber durch den militärischen Grenzkonflikt mit Kirgistan Ende April 2021 eine Aufwertung erfahren.

Asylrelevante Tatsachen

Staatliche Repressionen

Staatliche Repressionen gegen bestimmte Personen wegen ihrer Ethnie, Religion oder Nationalität sind die Ausnahme, Repressionen wegen politischen Überzeugungen jedoch nicht selten. Diese dienen primär dazu, präventiv möglichen Gefahren für den Machterhalt entgegenzuwirken. Deutliche Repressionen gibt es aus Sorge vor Radikalisierung auch gegen echte oder vermeintliche Vertreter extremistischer Strömungen des Islam, vor allem gegen Salafisten. Auch protestantische Freikirchen und Zeugen Jehovas werden in ihrer Glaubensausübung stark eingeschränkt, einzelne Mitglieder verfolgt. Moscheen und Imame unterliegen einer immer enger werdenden Kontrolle (Videoüberwachung, Vorgaben für Inhalte und Abhören von Predigten). Aus wahltaktischen Gründen wurden einige Moscheen zu Beginn des Ramadan 2019 wiedereröffnet, im Kontext der COVID-19 Pandemie wurden dann aber zahlreiche Moscheen bis auf weiteres geschlossen. Religiöse Islam-Studien im Ausland lösen bei den Behörden Verdacht aus: Zu Jahresbeginn 2018 wurde verfügt, dass Geistliche, die ihre religiöse Ausbildung ganz oder teilweise im Ausland erhalten haben, nicht mehr tätig sein dürfen, nachdem schon 2012 das Religionsstudium im Ausland verboten worden war. Als extremistisch und - potenziell - terroristisch eingestufte Personen laufen Gefahr, zu langen Haftstrafen verurteilt zu werden. Die Justiz arbeitet in dieser Hinsicht eng mit den Sicherheitsdiensten zusammen. Zwangsmaßnahmen gibt es gelegentlich auch gegen Frauen, die den Hidschab tragen (Zutrittsverbot zu Universitäten), und junge Männer mit langen Bärten (internationale Menschenrechts-Organisationen berichteten über Zwangsrasuren). In jüngster Zeit reglementiert der Staat bestimmte Lebenstraditionen stärker und schränkt z.B. Trauerbekundungen und Hochzeitsfeiern ein, teils mit empfindlichen Strafen. Dies wird von westlichen Menschenrechtsverteidigern kritisiert, soll laut offizieller Begründung allerdings auch vor Verschuldung schützen, sich nur um der Wahrung des sozialen Prestiges willen durch Großeinladungen beim Ausrichten privater Feierlichkeiten wirtschaftlich zu ruinieren und ist daher gesellschaftlich relativ akzeptiert. Staatliche Repressionen gegenüber politischen Aktivisten können eskaliert werden: Sie beginnen mit Beobachtungen, Abhören, telefonischen Warnanrufen des Staatlichen Komitees für nationale Sicherheit (GKNB), Einbestellungen zu Verhören, setzen sich gelegentlich in gewaltsamen Übergriffen durch staatlich beauftragte „Unbekannte“, in Festnahmen und Anklagen auf zweifelhafter Grundlage fort und enden schlimmstenfalls in Verurteilungen zu teilweise langen Haftstrafen.

Politische Opposition

Präsident Rahmon hat in den letzten Jahren seine Macht weiter gesichert und die Opposition im Inland völlig ausgeschaltet, Oppositionsgruppen können nur aus dem Ausland operieren. Politische Kräfte außerhalb der Partei des Präsidenten sind in den letzten Jahren gezielt kriminalisiert, verhaftet oder ins Ausland getrieben worden. Im Lande selbst gibt es keine Opposition mehr. Vier exilierte Oppositionsgruppen haben sich im Herbst 2018 am Rande des Warschauer Human Dimension Meeting (HDIM) der OSZE zu einer „Nationalen Allianz Tadschikistans“ (NAT) unter der Führung des Vorsitzenden der Partei PIWT, Muhiddin Kabiri, zusammengeschlossen, die Gruppierung ist allerdings auch international nicht sehr aktiv. Die tadschikische Regierung versucht, Aktivitäten der Opposition auch im Ausland zu unterbinden oder zu behindern. Rückkehrende müssen mit Verhaftungen und langen Haftstrafen rechnen. Deutschland wird vorgeworfen, Rückzugsräume für Oppositionelle zu bieten und ihnen Asyl zu gewähren. Wie die PIWT ist auch die 2012 gegründete außerparlamentarische Oppositionsbewegung „Gruppe 24“ als terroristische Organisation verboten, ihr Gründer Umarali Quvvatov kam im März 2015 unter ungeklärten Umständen im türkischen Exil gewaltsam ums Leben. Im Herbst 2018 haben diese und andere Exilgruppen sich zur „Nationalen Allianz Tadschikistans“ (NAT) zusammengeschlossen. Die Sozialdemokratische Partei Tadschikistan (SDPT), zweite Oppositionspartei, ist weitgehend bedeutungslos. Staatlich tolerierte politischer Dissens – zumeist in Form von öffentlichen Hinweisen auf gesellschaftliche Missstände – ist nur noch in Ansätzen in den äußerst vorsichtig agierenden Organisationen der Zivilgesellschaft existent. Lokal agierende Wohltätigkeitsorganisationen, während der COVID-19 Pandemie gegründet, verbinden ihre Arbeit nicht mit politischen Forderungen.

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit

Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sowie Meinungs- und Pressefreiheit sind in der Verfassung festgeschrieben; in der Praxis sind sie jedoch massiv beschränkt. Demonstrationen werden häufig nicht genehmigt oder unterbunden. Wenn Demonstrationen stattfinden, sind sie in der Regel von staatlicher Seite inszeniert und organisiert wie z.B. Protest-Demonstrationen vor ausländischen Botschaften. Nicht genehmigte Demonstrationen gibt es gelegentlich im Autonomen Gebiet Berg-Badachschan (Pamir), dem Ostteil Tadschikistans, wo es immer wieder zu Konflikten der ethnisch-religiösen Minderheit der Ismailiten (Pamiris) mit den Sicherheitskräften der Zentralregierung kommt, die dort als Besatzer empfunden werden. Die Meinungs- und Pressefreiheit wurden in den letzten Jahren ebenfalls stark eingeschränkt. Aus Sorge vor persönlich negativen Konsequenzen üben Journalisten Selbstzensur, die Besitzer von Massenmedien müssen auch an nachteilige wirtschaftliche Auswirkungen einer kritischen Berichterstattung denken. Die NRO „Freedom House“ qualifiziert die tadschikische Presse als „nicht frei“, „Reporter ohne Grenzen“ hat Tadschikistan 2021 auf Platz 162 von 180 Ländern (2020: 161) eingestuft. Zwar gibt es im Internet noch eine gewisse „Bewegungsfreiheit“, auch wird Unmut über Missstände in sozialen Medien geäußert, doch bemüht sich die Regierung hier ebenfalls um Beschränkungen: Alle E-Mails werden über ein einheitliches Kontrollzentrum geleitet, der Zugang zu kritischen Seiten ist oft blockiert wie z.B. zu einer von zivilgesellschaftlichen Aktivisten eingerichteten Webseite, die COVID-19-Todesfälle auflistet.

Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis

Eine Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis, die sich nach Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung richtet, ist nicht festzustellen. Ausnahmen betreffen jedoch Täter, die als religiös extremistisch eingestuft oder wegen ihrer politischen Tätigkeit verfolgt werden. Nicht verifizierbaren Medienberichten zufolge wurden Anhänger des Islamischen Staates wegen Schwenkens der IS-Flagge zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Als für den Machterhalt gefährlich eingestufte politische Oppositionelle wurden z. T. hinter verschlossenen Türen und häufig unter falschen Anschuldigungen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Es besteht kein Zugang zu Haftanstalten, auch nicht für das Internationale Komitee des Roten Kreuz IKRK. Insgesamt sind die Haftbedingungen nach Berichten internationaler Menschenrechts-Organisationen wie Human Rights Watch katastrophal (überfüllte Einrichtungen, schlechte Hygienebedingungen, unzureichende Gesundheitsversorgung, insbesondere keine Schutzmaßnahmen gegen COVID-19). Es liegen auch Berichte über Misshandlungen und Folter durch Wachpersonal und darüber vor, dass die Haftbedingungen für politische Straftäter noch schlechter seien als für „normale“ Strafgefangene, vor allem zu Beginn der Haftzeit. Im November 2018 wurde ein Gefangenen-Aufstand in Khudjand brutal niedergeschlagen mit mindestens zwanzig (wahrscheinlich mehr als fünfzig) Todesopfern. Im Mai 2019 gab es im Gefängnis in Vahdat mindestens 29 Tote bei einer Revolte. Für Menschenrechtsverteidiger kamen diese Ausbrüche angesichts der Zustände in den Haftanstalten nicht überraschend. Angekündigte Reformen sind bisher ausgeblieben. Mindestens 14 Gefangene starben im Juli 2019 unter verdächtigen Umständen während eines Gefangenentransportes. Medien berichten von Repressalien gegenüber Angehörigen prominenter OppositionsVertreter. Einem Enkelkind des Exil-Oppositionellen Kabiri wurde im Sommer 2018 die Ausreise zu einer medizinischen Behandlung erst verweigert, schließlich doch gestattet.

Nach Aussage von zwei betroffenen Familien gegenüber dem Auswärtigen Amt entzieht die Konfiszierung des (breit definierten) Vermögens von Straftätern ihren Ehepartnern und Kindern, manchmal auch entfernteren Verwandten, die wirtschaftliche Existenzbasis. So wurde im Mai 2020 ein Geschäftszentrum des ehemaligen Innenministers Zaid Saidov in Duschanbe konfisziert. Gleichzeitig wird die Arbeitsaufnahme staatlicherseits erschwert und zudem die Möglichkeit zur Arbeitsmigration verwehrt (Passentzug). Homosexuelle Handlungen sind nicht strafbar und werden strafrechtlich nicht verfolgt. Sie sind jedoch gesellschaftlich nicht akzeptiert und werden im privaten Raum geächtet. In regelmäßigen Abständen – zuletzt im November 2019 – werden Amnestien ausgesprochen, die z. T. der Entlastung der Strafanstalten dienen, vermutlich auch zur Generierung von Einkommen für die Verantwortlichen. Von ihnen profitieren primär unpolitische Gefangene. Gelegentlich werden aber auch andere „Straftäter“ amnestiert, wie einer der Rechtsanwälte des ehemaligen Innenministers Zaid Saidov. Er war unter Vorwänden zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden; inzwischen wurde diese aber auf knapp vier Jahre verkürzt. Eine förmliche Verweigerung des Rechtsschutzes ist nicht bekannt. De facto wird dieser jedoch für politische Straftäter und andere dadurch eingeschränkt, dass Prozesse hinter verschlossenen Türen stattfinden und Rechtsanwälte wegen der ihnen selbst drohenden Gefahren immer weniger bereit sind, politisch „heikle“ Fälle zu übernehmen. Prozessbeobachtung durch Botschaften gelingt manchmal, aber keineswegs immer.

Menschenrechtslage

Schutz der Menschenrechte in der Verfassung

Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert. Im Artikel 5, heißt es: „The life, honor, dignity, and other rights of the individual are sacred. Recognition, observance, and protection of human and civil rights and freedoms is the obligation of the state“ Tadschikistan hat folgende Menschenrechtsabkommen ratifiziert: - Zivilpakt CCPR (International Covenant on Civil and Political Rights) (04.01.1999) - Fakultativprotokoll CCPR (04.01.1999) - Anti-Folter-Konvention CAT (Convention against Torture and Other Cruel and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment) (11.01.1995) - Frauenrechtskonvention CEDAW (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women) (26.10.1993) - Fakultativprotokoll CEDAW zur Beseitigung aller Formen von Gewalt gegen Frauen (22.07.2014) Anti-Rassismus-Konvention CERD (International Convention on the Elimination of All Forms of Racial Discrimination) (11.01.1995) - Sozialpakt CESCR (International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights) (04.01.1999) - Wanderarbeiterkonvention CMW/ICRMW (International Convention on the Protection of the Rights of All Migrant Workers and Members of Their Families) (08.01.2002) - Kinderrechtskonvention CRC (Convention on the Rights of the Child) (26.10.1993) - Fakultativprotokoll CRC zur Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten (05.08.2002) - Fakultativprotokoll CRC zu Kinderhandel, Kinderprostitution und Kinderpornografie (05.08.2002) Tadschikistan hat folgende Menschenrechtsabkommen unterzeichnet, aber nicht ratifiziert: - CRPD (Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen) (22.03.2018)

Obwohl Tadschikistan keine offene Einladung für Sonderberichterstatter (SR) ausgesprochen hat, wurden bisher alle Anfragen zu Besuchen angenommen, zuletzt die des SR zu Menschenrechten und Terrorismusbekämpfung von 2017.

Folter

Folter kommt in Tadschikistan vor. Die „Koalition gegen Folter“, eine lokale NRO, hat 2020 37 Fälle dokumentiert (2019: 52), die vermutlich nicht die Gesamtheit aller Fälle erfasst. Erstmals 2018 gelang es dieser NRO, ein Strafverfahren gegen den Willen der Staatsanwaltschaft zu erzwingen, das noch nicht abgeschlossen ist. Menschenunwürdige Behandlung kommt vor allem unmittelbar nach der Festnahme und während der Untersuchungshaft in den Untersuchungsgefängnissen, sog. CISO, zur Erzwingung von Geständnissen vor, aber auch in den Streitkräften. Sie reicht von grober Behandlung bis zu Misshandlung mit Todesfolge. Lt. IKRK ist Folter in Tadschikistan derzeit nicht als systematisch zu betrachten, die Regierung möchte sie bekämpfen. In den letzten Jahren hat es zwar Strafverfolgungen gegen Folterer gegeben, die Täter kamen aber häufig rasch in den Genuss von Amnestien.

Todesstrafe

Tadschikistan hat die Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe kraft Gesetzes mit Rückwirkung zum 30. April 2004 ausgesetzt. Für Frauen ist sie gänzlich abgeschafft.

Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen

Willkürliche Festnahmen kommen vor, Verschwindenlassen allenfalls in Einzelfällen. Menschenhandel kommt vor allem in der Form von Frauenhandel zur Prostitution (am häufigsten in Richtung Golfstaaten) und zur Arbeitsausbeutung vor (primär in Russland). Opfer werden unter Vorspiegelung falscher Tatsachen (legale Arbeitsaufnahme im Zielland) rekrutiert.

Situation für Rückkehrerinnen und Rückkehrer

Grundversorgung

Tadschikistan ist das ärmste Land im postsowjetischen Zentralasien. Laut Schätzungen des Welternährungsprogramms lebten 2020 rund 47 % der Tadschik*innen von weniger als 1,33 USD pro Tag, wobei ein Drittel der Bevölkerung an Unterernährung leidet. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie, der Afghanistan-Krise und des Klimawandels bedrohen die bescheidenen Fortschritte bei der Armutsreduktion der vorangegangenen Jahre. Lebensmittelpreise steigen, staatliche Beihilfen erhalten nur 5 % der Haushalte. Überweisungen der mindestens 500.000 tadschikischen Migrant*innen in Russland, die rund ein Drittel des BIP Tadschikistans ausmachen, sind eingebrochen: Im März 2020 waren sie um 50 % niedriger als im Vorjahresmonat. Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist im Großen und Ganzen gewährleistet. Humanitäre Hilfe aus dem Ausland spielt eine geringe, aber wachsende Rolle. Es gibt keine staatlichen oder sonstigen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrerinnen und Rückkehrer, sie werden – soweit erforderlich – von ihren Familien aufgenommen. Tadschikistan nahm 2019 Familienangehörige (Frauen und Kinder) von tadschikischen ISKämpfern aus dem Irak zurück, die in besonderen Einrichtungen (sog. Internaten) untergebracht sind.

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung bewegt sich auf dem Niveau eines Entwicklungslandes, wie sich zuletzt bei der COVID-19-Pandemie deutlich gezeigt hat. Es gibt Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen unter Mangelbedingungen und mit veralteter oder nicht funktionierender Ausstattung überlebensnotwendige Maßnahmen durchgeführt und/oder chronische Krankheiten auf niedrigem medizinischen Niveau behandelt werden. Diese haben oft nur sehr beschränkte finanzielle Möglichkeiten. Entgegen gesetzlicher Bestimmungen ist eine Behandlung für viele Patienten in der Praxis meist nicht kostenlos, zumal die Gehälter im medizinischen Bereich nicht existenzsichernd sind. Medikamente werden aus Russland und anderen Ländern importiert. Nicht alle Medikamente, insbesondere gegen lebensgefährliche Erkrankungen (z. B. Krebs), sind erhältlich. Individueller Import von Medikamenten ist möglich, sofern finanzielle Mittel und die notwendigen Beziehungen zu Personen im Ausland vorhanden sind, die diese Medikamente beschaffen können.

Behandlung von Rückkehrerinnen und Rückkehrern

Im Jahr 2019 erfolgten 23 Rückführungen von tadschikischen Staatsangehörigen. Hinzu kommen 87 geförderte freiwillige Rückkehrer. Im ersten Halbjahr 2020 erfolgten zwölf Rückführungen sowie zehn freiwillige Ausreisen. Es ist davon auszugehen, dass rückgeführte Asylantragsteller von den Sicherheitsbehörden umfassend befragt werden. 2019 ist ein zurückgeführter terroristischer Gefährder inhaftiert und nach kurzer Zeit gegen Geldzahlung freigelassen worden. Dem Auswärtigen Amt sind bisher keine Fälle bekannt, in denen eine Asylantragstellung in Deutschland allein bei der Rückkehr nach Tadschikistan zu staatlichen Maßnahmen geführt hat.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie der Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere aus der mündlichen Verhandlung am 2.8.2022 und dem persönlichen Eindruck, den die erkennende Richterin dort gewinnen konnte,

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, zu seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, seinem Lebenslauf, der Schulbildung und Berufserfahrung sowie seinen Familienverhältnissen gründen sich auf seine diesbezüglich schlüssigen und stringenten Angaben.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit beruhen auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist und keine ernsthaften Beschwerden vorgebracht wurden. Zudem erklärte der Beschwerdeführer im Rahmen der Verhandlung, arbeiten zu wollen und ehrenamtlich tätig gewesen zu sein und legte eine Arbeitsplatzzusage vor.

Die notorische Lage betreffend die COVID-19-Pandemie sowie die Definition von Risikogruppen ergeben sich aus allgemein zugänglichen, wissenschaftsbasierten Informationen von WHO (https://www.who.int) sowie auf Basis von Informationen der österreichischen Bundesregierung (https://www.oesterreich.gv.at) und aus unbedenklichen tagesaktuellen Berichten. Die derzeitige Lage in der Heimat im Hinblick auf die weltweite COVID-19-Pandemie ist nicht dergestalt, dass für jeden dort aufhältigen Menschen ein reales Risiko bestünde, an dieser Krankheit schwer zu erkranken oder daran zu sterben. Da der Beschwerdeführer körperlich grundsätzlich gesund ist und mit Blick auf das Alter sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger schwerer physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 angehört, besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass er bei einer Rückkehr eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.

Auch ist nicht zu erkennen, dass sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie die Wirtschafts- und Versorgungslage in einem Ausmaß verschlechtert hätte, dass die grundlegende Versorgung der Bevölkerung in der Heimat aktuell nicht mehr gewährleistet wäre.

Dass der Beschwerdeführer seine vorgebrachten Fluchtgründe nicht glaubhaft machen konnte, basiert auf seinen diesbezüglich widersprüchlichen, in wesentlichen Punkten vagen und zudem gesteigerten und insgesamt nicht plausiblen Angaben hierzu.

So erklärte er im Rahmen seiner Erstbefragung im Wesentlichen Folgendes:

„… Die Behörden haben mein Geschäft gestört. Sie haben das Gebäude abgerissen. Entschädigung habe ich keine dafür bekommen. Ich wurde enteignet. Die Polizei hat mir einen Brief gezeigt und danach das Haus abgerissen. Beweise habe ich keine. Alle Unterlagen liegen bei den Behörden. Das war vor 2 Jahren. Im September 2018. Die Polizei ist beim Abriss plötzlich bekommen. Davor hat es keine Bedrohung durch die Polizei gegeben.

Das sind meine einzigen Flucht- und Asylgründe. Sonst habe ich keine anderen religiösen-, ethnische oder politische Flucht- und Asylgründe.

Nach Abriss des Hauses habe ich meine Heimat in Richtung Usbekistan verlassen“

Ausdrücklich hatte er damit einerseits angegeben, dass dies im Jahr 2018 war.

Vor allem hatte er ausdrücklich betont, dass es davor keine Bedrohung durch die Polizei gegeben hat.

Vor der Behörde gab er dann jedoch – und nur äußerst vage - an, die Polizei hätte von ihm Schutzgeld verlangt und schilderte seine Bedrohung zunächst folgendermaßen:
„Mein Problem ist in Tadschikistan, falls ich abgeschoben werde, würde man mich inhaftieren. Es kam die Polizei zu mir ins Geschäft und verlangten von mir Schutzgeld, ein Freund von mir wurde auch verhaftet, er wurde nach einem Streit geschlagen und festgenommen. Mein Freund wurde dort festgenommen und in einem Gefängnis inhaftiert und nach einem Jahr explodierte das Gefängnis, aber ich glaube, das hat die Polizei gemacht. Und ich schwöre auf Gott, dass ich festgenommen werde, wenn ich zurückkehre, es ist ein politisches Problem…“

Von der angeblichen zur Ausreise führenden Enteignung erwähnte er vor dem Bundesamt anfangs hingegen nichts. Nochmals gefragt, was nun zu seiner Flucht und der Asylantragsstellung geführt hätte, antwortete der Beschwerdeführer nur:

„Mein Problem ist, dass ich mit der Polizei gestritten habe, mein Freund war auch dabei. Der Polizist hat einen Zettel vor mich gelegt und meinte ich muss es wegen dem Schutzgeld unterschreiben, ich verweigerte das, da ich Steuern zahle. Mein Freund hat mit dem Polizisten gestritten und wurde er geschlagen. Deswegen bekam ich Angs tun bin ausgereist.“

Erneut gefragt, ob es konkrete Hinweise auf eine Verfolgung gebe, erwiderte der Beschwerdeführer wieder nur ausweichend, dies sei sein Problem, bei einer Rückkehr wäre sein Leben in Gefahr und er würde festgenommen.

Weiters gefragt, warum man gerade ihn ins Gefängnis schicken würde, antwortete er erst jetzt, die Behörden hätten ihm Unrecht getan und sein Geschäft genommen. Die Regierung sei korrupt und helfe armen Leuten nicht. Es ist absolut nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer sich an seinen ursprünglich vorgebrachten Ausreisegrund erst nach mehrmaligem Nachhaken erinnert.

Nachgefragt, wann man ihm das Geschäft weggenommen habe, erklärte der Beschwerdeführer wieder nur ausweichend, die Behörden seien zu ihm ins Geschäft gekommen, hätten gewollt, dass er einen Zettel unterschreibe, weil der Sohn des Präsidenten einen Wolkenkratzer bauen wolle. Falls er nicht unterschreibe, würde es Probleme geben. Ein Freund von ihm sei festgenommen und im Gefängnis umgebracht worden, man habe alles gefilmt und sie hätten gesagt, der Beschwerdeführer habe es nicht gut gemacht und es würde Konsequenzen geben.

Nochmals gefragt wie und wann ihm das Geschäft weggenommen worden sei, antwortete der Beschwerdeführer erneut sehr ausweichend:

„Vielleicht glauben Sie mir nicht, aber ich möchte nicht sterben ich bin ein Mensch und kein Tier. Als die Behörden dort waren gab es einen Streit dort, das habe ich bereits erwähnt, ich bin nach zwei Wochen geflüchtet. Die Polizei hat einen Brief an meine Familie geschickt und beinhaltet dieser meinen Namen und meinte die Polizei sie müsste mich sprechen.“

Konkreteres konnte er trotz mehrmaliger Aufforderung vor der Behörde nicht angeben.

Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht blieb der Beschwerdeführer zu seinen persönlichen Bedrohungen sehr vage.

Nachgefragt, wofür der Beschwerdeführer hätte Schutzgeld bezahlen sollen, fragte er zunächst nur: „Wo?“

Vorgehalten, beim Bundesamt habe er gesagt, er wäre von der Polizei zur Schutzgeldzahlungen aufgefordert worden, antwortete der Beschwerdeführer dann, sie hätten von den ganzen Ladenbesitzern Geld verlangt, mehr als die Steuern, die die Stadt damals kassieren sollte. Wenn man nicht gezahlt habe, hätten sie Probleme gemacht. Jetzt hätten sich seine Probleme vergrößert, sie hätten ihn beschuldigt und ihm Sachen unterstellt, die er nicht gemacht habe.

Nachgefragt, wann die Polizei das erste Mal erschienen sei, antwortete der Beschwerdeführer, sie sei jede Woche gekommen. Nochmals nachgefragt, antwortete er, als er den Supermarkt eröffnet habe. Er glaube 2013 oder 2014. Dies widerspricht aber seinen Angaben vor der Behörde, wonach er die Schutzgeldzahlung verweigert hätte.

Nachgefragt, was auf dem Schreiben gestanden sei, das er hätte unterschreiben müssen, erklärte der Beschwerdeführer, von der Regierung sei jemand gekommen und er habe etwas von der Bank betreffend den Supermarkt unterschreiben sollen, was er im Endeffekt nicht getan hätte. Es sei nur darum gegangen, dass der Sohn des Präsidenten alle Geschäfte hätte haben wollen.

Nachgefragt, was in dem Schreiben betreffend Schutzgeldzahlungen gestanden sei, erwiderte der Beschwerdeführer wieder nur ausweichend, er habe nicht die Gelegenheit gehabt, den Inhalt der Papiere zu lesen. Als er sich geweigert habe, das Schutzgeld zu zahlen, habe ihn die Polizei woandershin gebracht - in der Nähe des Supermarktes seien Toiletten - und ihn geschlagen.

Vollkommen gesteigert erklärte er dann, in weiterer Folge sei er von der Polizei zur Polizeidienststelle geladen worden, in Begleitung seines Freundes dort hingegangen und sie hätten mit der Polizei dort diskutiert. Sein Freund habe sich eingemischt, sei geschlagen worden, der Beschwerdeführer habe versucht, ihn zu beschützen und sei an dieser Rangelei beteiligt gewesen. In dieser Situation habe er die Regierung als korrupt und schlecht bezeichnet und es könne sein, dass er auch Schläge ausgeteilt habe, um sich zu verteidigen, ohne zu wissen, dass die ganze Situation gefilmt werde. Später habe man ihm das Video gezeigt und ihm klargemacht, dass seine ganzen Äußerungen über die Regierung weitergeleitet würden, wenn er nicht unterschreibe. Nachdem er gesehen habe, dass die Situation kritisch sei, habe er behauptet, er wäre zur Unterschrift bereit, und um eine Woche Zeit gebeten. Wenn er das nicht gesagt hätte, wäre er sofort verhaftet worden.

Sein Freund habe die Flucht nicht geschafft, sei verhaftet worden und gestorben.

Abgesehen von der Steigerung ist auch nicht plausibel, dass Polizisten, die wie geschildert agieren, um eine Unterschrift zu erpressen, dem Beschwerdeführer nach einer solchen Rangelei eine Woche Zeit zur Unterschriftsleistung geben und ihn gehen lassen würden, anstatt ihn gleich zur Unterzeichnung anzuhalten.

Vorgehalten, vor dem Bundesamt habe er von diesem Vorfall nichts erzählt, versuchte der Beschwerdeführer dies damit zu begründen, er habe Angst gehabt, abgeschoben zu werden. Es ist aber nicht plausibel, deswegen gerade einen wichtigen Verfolgungs- bzw. den Ausreisegrund nicht zu nennen.

Somit ist es dem Beschwerdeführer bereits wegen seiner äußerst oberflächlichen, ausweichenden, gesteigerten und zudem widersprüchlichen Angaben nicht gelungen, sein Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen.

Bezüglich der vorgelegten Beweismittel ist zunächst darauf hinzuweisen, dass laut den Länderfeststellungen gegen Bezahlung in Tadschikistan oder in Drittländern echte Dokumente unwahren Inhalts beschafft werden können und in Tadschikistan Zugang zu gefälschten Dokumenten aller Art besteht (AA 26.7.2019). Zudem hat der Beschwerdeführer durch seine kriminelle Vorgeschichte bewiesen, dass er nicht einmal vor der Verwendung besonders geschützter gefälschter Dokumente zurückschreckt. Auch wurde dieses Schreiben lediglich als Foto vorgelegt und ist nicht ersichtlich, warum sich der Beschwerdeführer nicht zwecks Überprüfung von seiner Frau – zu der er Kontakt hält - das Original zuschicken ließ.

Dieses Schreiben des Ministeriums für interne Angelegenheiten vom 2.11.2017, in dem der Beschwerdeführer darüber informiert wurde, dass er am 2.11.2017 für schuldig befunden worden wäre, eine Straftat begangen zu haben, wurde inkl. deutscher Übersetzung vor der Behörde und in der Beschwerde in Vorlage gebracht.

Ausdrücklich und gegen den Inhalt des Schreibens erklärte der Beschwerdeführer beim Bundesamt, es handle sich um eine Ladung, er müsse zur Polizei und man würde ihn sofort inhaftieren. Vorgehalten, laut Übersetzung handle es sich um eine Information zu einer Verurteilung, erwiderte der Beschwerdeführer dann, es sei eine Ladung, er sei beschuldigt worden und müsste erscheinen. Da er sich gegen die Behörden gewehrt habe, werde er als Beschuldigter geführt. Bis dato sei er noch nicht rechtskräftig verurteilt. Erst in der Beschwerde wurde versucht, diesen Widerspruch damit auszuräumen, das Ministerium für interne Angelegenheiten habe ihm in der Folge des Vorfalls vom September 2018 (!) ein Schreiben aufgrund einer Verurteilung wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt vom 2.11.2017 (!) geschickt, welches samt beglaubigter Übersetzung nochmals vorgelegt werde. Der Beschwerdeführer habe zu keinem Zeitpunkt Widerstand gegen die Staatsgewalt geleistet, sondern sich lediglich gegen die Enteignung gewehrt, doch sei er laut diesem Schreiben bereits wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt verurteilt worden und zwar ohne Prozess und Anhörung. Dass es sich hierbei nicht um eine Ladung handle, liege auf der Hand. Letzteres deckt sich aber nicht mit dem rein „informativen“ Inhalt des Schreibens.

Überdies ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer sowohl in der Erstbefragung als auch vor dem Bundesamt immer das Jahr 2018 im Zusammenhang mit seinen Problemen nannte und dies auch in der Beschwerde noch so angegeben war. Jedoch soll er laut dem vorgelegten behördlichen Schreiben bereits 2017 verurteilt worden sein. Vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte der Beschwerdeführer dann vor, der fluchtauslösende Vorfall sei ca. einen Monat vor seiner Ausreise gewesen, Tadschikistan habe er 2017 verlassen. Dass in der Beschwerde stehe, der Vorfall habe 2018 stattgefunden, sei ein Irrtum. Wann die „Ladung“ hinterlassen worden sei, wisse er nicht mehr. Somit war der Beschwerdeführer auch nicht in der Lage, korrekte Zeitangaben zu machen, was bei jemandem mit seinem Bildungsgrad und wenn er tatsächlich so einschneidende Erlebnisse gehabt hätte, zu erwarten wäre.

Zu dem am 28.7.2022 vorgelegten Video ist anzuführen, dass dort ein eher schüchtern wirkender Mann in Polizeiuniform an einer Wohnungstür zu sehen ist, der nach einer ruhigen Unterhaltung ein paar vorsichtige Schritte ins Vorzimmer macht und dort herumsteht, bevor die Datei endet. Insgesamt ist auch dieser Film nicht geeignet, eine Verfolgung des Beschwerdeführers oder eine ernsthafte Nachschau nach diesem bzw. eine Durchsuchung seines Wohnsitzes oder Bedrohung seiner Angehörigen zu belegen.

Auch die der Beschwerde beigelegten Fotos eines im Bau befindlichen Hochhauses beweisen die Fluchtgeschichte nicht, weil es hier weder eine Ortsangabe oder besondere Kennzeichen gibt und es sich einfach um Bilder irgendeiner Baustelle handelt.

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die – vor der Behörde nur sehr unsubstantiiert vorgebrachte - Behauptung, aus der EU zurückkehrende Leute würden bei der Rückkehr befragt, nach der Befragung inhaftiert und in das Gefängnis verbracht, keinerlei Deckung im vorliegenden Berichtsmaterial findet.

Die Feststellungen zur Integration sowie den (fehlenden) familiären Bindungen im Bundesgebiet basieren auf den diesbezüglich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gemachten plausiblen Angaben des Beschwerdeführers sowie den vorgelegten Dokumenten.

Hinsichtlich des in das Verfahren eingeführten Länderdokumentationsmateriales besteht angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Tadschikistan zugrunde gelegt werden konnten. Zudem wurde es dem Beschwerdeführer unter Einräumung einer Möglichkeit zur Stellungnahme vorgehalten und es wurde nicht substantiiert widersprochen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Paragraph 6, des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 2013,, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. römisch eins 2013/33 i.d.F. BGBl. römisch eins 2013/122, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 59, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß Paragraph 3, Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Ziffer eins,), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Ziffer 2,), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), Bundesgesetzblatt römisch eins Nr.100 (Ziffer 3,) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Ziffer 4,).

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012,, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß Paragraph 27, VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz , Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen. Gemäß Paragraph 9, Absatz , VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Ziffer 3,) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Ziffer 4,) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012,, wurde zu Paragraph 27, VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene Paragraph 27, legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde vergleiche Paragraph 66, Absatz 4, AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

Zu A)

Spruchpunkt I:

Zu Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides - Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status des Asylberechtigten:

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974, (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" vergleiche VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird vergleiche VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Artikel eins, Abschnitt C Ziffer 5, GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

Wie in den Feststellungen und der Beweiswürdigung ausgeführt, konnte der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen, in der Heimat persönlich aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden.

Zu Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides - Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz in Bezug auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten:

Wird ein Asylantrag "in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten" abgewiesen, so ist dem Asylwerber gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, "wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde". Nach Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung dieses Status mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, AsylG 2005 zu verbinden.

Gemäß Artikel 2, EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden. Letzteres wurde wiederum durch das Protokoll Nr. 6 beziehungsweise Nr. 13 zur Abschaffung der Todesstrafe hinfällig. Gemäß Artikel 3, EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Gemäß Paragraph 8, Absatz 3 und 6 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich dieses Status abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005) offensteht oder wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Daraus und aus mehreren anderen Vorschriften (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2,, Paragraph 27, Absatz 2 und 4 AsylG 2005) ergibt sich, dass dann, wenn dem Asylwerber kein subsidiärer Schutz gewährt wird, sein Antrag auf interanationalen Schutz auch in dieser Beziehung förmlich abzuweisen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union zu den Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie auseinandergesetzt und festgehalten, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seiner Judikatur beginnend mit seinem Urteil vom 18.12.2014, C-542/13, M'Bodj, klargestellt habe, dass die Statusrichtlinie die Zuerkennung von subsidiärem Schutz nur in Fällen realer Gefahr, einen auf ein Verhalten eines Akteurs im Sinn des Artikel 6, Statusrichtlinie zurückzuführenden ernsthaften Schaden nach Artikel 15, Statusrichtlinie zu erleiden (Artikel 15, Litera a und b), sowie bei Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt (Artikel 15, Litera c,) vorsehe. Nicht umfasst seien dagegen insbesondere Fälle, in denen eine Rückkehr aufgrund allgemeiner Unzulänglichkeiten im Herkunftsland – etwa im Gesundheitssystem –, die nicht von Dritten (Akteuren) verursacht würden, eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten würde. Dem nationalen Gesetzgeber sei es – nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union – auch unter Mitbeachtung des Artikel 3, Statusrichtlinie verboten, Bestimmungen zu erlassen oder beizubehalten, die einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuerkennen würden vergleiche allerdings zur Zulässigkeit der Erstreckung des Schutzes auf Angehörige eines Schutzberechtigten VwGH 24.10.2018, Ra 2018/14/0040, unter Hinweis auf EuGH 04.10.2018, C-652/16, Ahmedbekova).

Im Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, erkannte der Verwaltungsgerichtshof jedoch, dass eine Interpretation, mit der die Voraussetzungen der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 mit dem in der Judikatur des Gerichtshofes der Europäischen Union dargelegten Verständnis des subsidiären Schutzes nach der Statusrichtlinie in Übereinstimmung gebracht würde, die Grenzen der Auslegung nach den innerstaatlichen Auslegungsregeln überschreiten und zu einer – unionsrechtlich nicht geforderten – Auslegung contra legem führen würde. Damit würde der Statusrichtlinie zu Unrecht eine ihr im gegebenen Zusammenhang nicht zukommende unmittelbare Wirkung zugeschrieben. Der Verwaltungsgerichtshof halte daher an seiner Rechtsprechung fest, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat – auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht werde – die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 begründen könne.

Ausgehend davon ist demnach zu prüfen, ob im Falle der Rückführung eines Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde und somit zu einer Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 führte.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Artikel 2, oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Artikel 2, oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528; vergleiche auch VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053, mwN).

Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Artikel 2, oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen vergleiche etwa VwGH 01.03.2018, Ra 2017/19/0425; 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3, EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Artikel 3, EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen vergleiche etwa VwGH 20.11.2018, Ra 2018/20/0528; 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, mwN).

In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinzuweisen, wonach es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Artikel 3, EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3, EMRK widersprechende Behandlung drohen würde vergleiche etwa VwGH 06.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit Verweis auf EGMR 05.09.2013, römisch eins gegen Schweden, Nr. 61 204/09). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Im konkreten Fall bedeutet dies Folgendes:

Wie bereits oben ausgeführt, bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre. Zu prüfen bleibt, ob es begründete Anhaltspunkte dafür gibt, dass durch die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat Artikel 2, oder 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur EMRK verletzt würde.

Im konkreten Fall und unter Berücksichtigung der zur aktuellen Lage in Tadschikistan herangezogenen Erkenntnisquellen haben sich keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, wonach die unmittelbar nach erfolgter Rückkehr allenfalls drohenden Gefahren nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht wären, dass sich daraus bei objektiver Gesamtbetrachtung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit das reale Risiko einer derart extremen Gefahrenlage ergeben würde, die im Lichte der oben angeführten Rechtsprechung einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne des Artikel 3, EMRK darstellen und somit einer Rückführung in die Heimat entgegenstehen würde.

Ausgehend von den dem gegenständlichen Erkenntnis zugrundeliegenden Länderberichten zum Herkunftsstaat besteht kein Grund, davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsangehörige dort einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Artikel 3, EMRK ausgesetzt wäre. Es ist nicht ersichtlich, dass im gesamten Staatsgebiet Tadschikistans derzeit eine „extreme Gefahrenlage“ im Sinne einer dermaßen schlechten wirtschaftlichen oder allgemeinen (politischen) Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Abschiebung als unrechtmäßig erscheinen ließe.

Außergewöhnliche Umstände, angesichts derer die Abschiebung die Garantien des Artikel 3, EMRK verletzen würde, sind unter Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu erblicken.

Nach der Rechtsprechung des VwGH zu Artikel 3, EMRK hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland (einer Überstellung) nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaats gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Artikel 3, EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben.

VwGH 25.2.2016, Ra 2016/19/0024

VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0155

Der Beschwerdeführer ist volljährig, jung, gesund und arbeitsfähig. Seine Muttersprache ist Tadschikisch, er verfügt auch über gute Kenntnisse der russischen Sprache.

Die aktuell vorherrschende COVID-19-Pandemie stellt kein Rückkehrhindernis dar. Der Beschwerdeführer gehört mit Blick auf sein Alter sowie aufgrund des Fehlens einschlägiger schwerer physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 an. Es besteht daher keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass er bei einer Rückkehr eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würde.

Der Beschwerdeführer wurde in einem näher genannten Ort in Tadschikistan geboren, wuchs dort im Familienkreis mit Eltern und Geschwistern auf, besuchte elf Jahre die Schule, maturierte und ging zwei Jahre auf die Universität, bevor er in Duschanbe ein eigenes Geschäft eröffnete, mit dem er für sich und seine Familie (Frau und drei minderjährige Kinder) den Unterhalt verdiente. In Duschanbe hat die Familie ein eigenes Haus.

In der Heimat befinden sich die Ehefrau sowie die drei minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers, seine Mutter, die Pension bezieht, zudem zwei seiner drei Brüder und drei Schwestern sowie Tanten und Cousins. Zu seinen nächsten Angehörigen hält der Beschwerdeführer Kontakt.

Unter Zugrundelegung des bisher ausgeführten kann nicht angenommen werden, dass der Beschwerdeführer nach einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (etwa Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Der Klarstellung des Verwaltungsgerichtshofs folgend, dass von einer wirtschaftlichen angespannten Situation das Prüfungskalkül des Artikel 3, EMRK, welches für die Annahme einer solchen Menschenrechtsverletzung das Vorhandensein einer die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz bedrohenden Lebenssituation unter exzeptionellen Umständen fordert, zu unterscheiden ist (VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095), ist für den gegenständlichen Fall entscheidend, dass hier eine solche Situation nicht gegeben ist.

Schließlich kann auch nicht gesagt werden, dass eine Abschiebung eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. In Tadschikistan ist eine Zivilperson nicht allein aufgrund ihrer Anwesenheit einer solchen Bedrohung ausgesetzt.

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass er im Fall ihrer Abschiebung in die Heimat in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung ihrer durch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.

Insoweit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides - Nichtzuerkennung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen:

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Da der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG nicht seit mindestens einem Jahr geduldet ist, nicht zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen erforderlich ist und der Beschwerdeführer nicht Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können sowie der Beschwerdeführer nicht glaubhaft gemacht hat, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist, ist eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG 2005 nicht von Amts wegen zu erteilen.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides ist somit als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt römisch IV. des angefochtenen Bescheides - Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger Tadschikistans kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach Paragraph 13, AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 9, Integrationsgesetz (IntG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2017,, erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Paragraph 5, Absatz 2, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 189 aus 1955,) erreicht wird.

Liegt gemäß Absatz 2, leg. cit. nur die Voraussetzung des Absatz eins, Ziffer eins, vor, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß Paragraph 9, Absatz eins, BFA-VG nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraph 45, oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Paragraph 9, Absatz 5, BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraphen 52, Absatz 4, in Verbindung mit 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

Gemäß Paragraph 9, Absatz 6, BFA-VG darf gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 4, FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß Paragraph 53, Absatz 3, FPG vorliegen. Paragraph 73, Strafgesetzbuch (StGB), Bundesgesetzblatt Nr. 60 aus 1974, gilt."

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Artikel 8, Absatz 2, EMRK erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinne wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Dauer des Aufenthaltes, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung maßgeblich. Auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, ist bei der Abwägung in Betracht zu ziehen (Vgl. VfGH vom 29.09.2007, B 1150/07-9).

Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VfGH vom 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH vom 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH vom 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Artikel 8, Absatz 2, EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Der Verwaltungsgerichtshof geht auch davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten eines Fremden fallen rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht ins Gewicht vergleiche VwGH 27.02.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt). Wie der Verwaltungsgerichtshof auch in jüngster Rechtsprechung immer wieder ausgeführt hat, erhöht eine wiederholte Straffälligkeit das Interesse an einer Rückkehrentscheidung und kann in einer Gesamtabwägung schwerer wiegen als familiäre Interessen vergleiche etwa VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0012).

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Artikel 8, EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Artikel 8, EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

Hierbei ist neben diesen (beispielhaft angeführten) Kriterien, aber auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal etwa das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt rechtswidrig oder lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VfGH vom 12.06.2007, B 2126/06; VfGH vom 29.09.2007, Zl. B 1150/07-9; VwGH vom 24.04.2007, 2007/18/0173; VwGH vom 15.05.2007, 2006/18/0107, und 2007/18/0226).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kommt dem öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Artikel 8, Absatz 2, EMRK ein hoher Stellenwert zu. Der Verfassungsgerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof haben in ihrer Judikatur ein öffentliches Interesse in dem Sinne bejaht, als eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragsstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Artikel 8, EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Artikel 8, EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Artikel 8, EMRK zu schützende Beziehungen neben den zwischen Ehegatten und ihren minderjährigen Kindern ipso iure zu bejahenden Familienleben bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt vergleiche Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Als Kriterien hiefür kommen in einer Gesamtbetrachtung etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Intensität und die Dauer des Zusammenlebens bzw. die Gewährung von Unterhaltsleistungen in Betracht. Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Sich bei der Prüfung allein auf das Kriterium der Abhängigkeit zu beschränken, greift jedenfalls zu kurz vergleiche VwGH vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

Nach der st. Rsp. des EGMR ist das nach Artikel 8, EMRK geschützte Familienleben nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt ist, sondern auch faktische Familienbindungen erfasst, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben (VwGH 28.6.2011 2008/01/0527)

Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen - etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder - äußern können. Ausgehend davon hat die Asylbehörde das Nichtvorliegen eines Familienlebens nicht ausreichend begründet, indem sie es nur als "nicht ausgeschlossen" erachtete, dass der Asylwerber im Haushalt seiner "Freundin" lebe, ohne ausdrückliche Feststellungen über Art und Dauer dieses Zusammenlebens zu treffen, und die Beziehung ohne weitere Begründung als "lose und nicht derartig innig" beurteilte, dass dadurch ein Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK begründet würde (VwGH 28.6.2011 2008/01/0527)

Für den konkreten Fall ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer reiste am 5.6.2018 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 13.7.2018 im Stande einer Festnahme einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der erste Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.8.2018, Zl. 1198893900 180663578 EAST Ost, gemäß Paragraph 5, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Deutschland gemäß 18 Absatz eins, Litera b, Dublin römisch III VO zur Prüfung des Antrags zuständig sei. Gleichzeitig wurde die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 61, Absatz eins, FPG idgF angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß Paragraph 61, Absatz 2, FPG die Abschiebung nach Deutschland zulässig sei. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.9.2018, GZ W144 2205948-1/3E, gemäß Paragraph 5, AsylG 2005 und Paragraph 61, FPG als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, hielt sich in weiterer Folge illegal und untergetaucht im Bundesgebiet auf und war zwischen 17.7.2018 und 7.10.2020 unter seinem Namen nicht aufrecht gemeldet.

Am 24.9.2020 wurde der Beschwerdeführer von Organen der LPD Wien/ AFA im Zuge eines Planquadrates aufgegriffen, gemäß Paragraph 34, Absatz 3, Ziffer eins, BFA-VG festgenommen, am 25.9.2020 zu einer möglichen Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung niederschriftlich einvernommen und stellte während der Einvernahme im Stande der Festnahme den gegenständlichen (Folge-) Antrag auf internationalen Schutz.

Insgesamt hielt sich der Beschwerdeführer nur relativ kurze Zeit legal in Österreich auf und dies nur auf Grund eines Antrages auf internationalen Schutz, der sich letztlich als nicht begründet erwiesen hat, sodass er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst gewesen sein musste. Anhaltspunkte dafür, dass ihm ein nicht auf asylrechtliche Bestimmungen gestütztes Aufenthaltsrecht zukäme, sind nicht ersichtlich.

Im Bundesgebiet befinden sich weder Familienangehörige noch Verwandte des Beschwerdeführers, er hat hier auch keine Partnerschaft. Insgesamt führt der Beschwerdeführer in Österreich kein Familienleben.

Der Beschwerdeführer konnte zwar eine Einstellungszusage als Regalbetreuer (20 Wochenstunden zu einem Bruttogehalt von € 830) vom 30.6.2022 sowie diverse Empfehlungsschreiben vorlegen, auch hilft er ehrenamtlich in der Synagoge bei der Reinigung.

Er ging hier jedoch nie einer legalen Erwerbstätigkeit nach, den Deutschkurs brach er ab. Ca. ein Jahr hat er hier illegal unter Vorlage gefälschter Dokumente gearbeitet.

Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) römisch 40

Paragraphen 223, (2), 224 StGB

Paragraph 224 a, StGB

Datum der (letzten) Tat 24.09.2020

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

02) römisch 40

Paragraphen 223, (2), 224 StGB

Datum der (letzten) Tat 12.07.2018

Freiheitsstrafe 2 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zusatzstrafe gemäß Paragraphen 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf römisch 40

Am 12.7.2018 hatte der Beschwerdeführer vorsätzlich eine falsche bzw. verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr durch Vorweisen gegenüber Beamten der Polizeiinspektion Korneuburg zum Bewies seiner Identität gebraucht und zwar einen total gefälschten rumänischen Personalausweis.

In weiterer Folge hatte er sich erneut mit totalgefälschten besonders geschützten Urkunden ausgewiesen, ua. beim Meldeamt, zuletzt war der Beschwerdeführer am 24.9.2020 mit einem gefälschten rumänischen Führerschein und einem (weiteren) gefälschten rumänischen Personalausweis betreten worden.

Es ist auch nach wie vor von einer engen Bindung des Beschwerdeführers zur Heimat auszugehen, zumal er dort den Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht hat. Er wurde in Tadschikistan sozialisiert, ausgebildet und bestritt dort den Lebensunterhalt. Er spricht auch die Landessprache als Muttersprache und es befindet sich nach wie vor seine Kernfamilie in Tadschikistan.

Den privaten Interessen an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Der Beschwerdeführer konnte während der relativ kurzen Aufenthaltsdauer nur wenige Integrationsschritte setzen und es liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor.

Bei Gesamtbetrachtung all der oben behandelten Umstände und der Abwägung dieser im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG stellt sohin keine Verletzung im Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG in Verbindung mit Artikel 8, EMRK dar. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden oder die die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG erforderlich machen würden.

Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.

Zu Spruchpunkt römisch fünf. des angefochtenen Bescheides in - Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung:

Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach Paragraph 50, Absatz eins, FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach Paragraph 50, Absatz 2, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005).

Nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten können keine Gründe erkannt werden, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des Paragraph 50, FPG ergeben würde. Die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat ist gegeben.

Zu Spruchpunkt römisch VIII. des angefochtenen Bescheides - Einreiseverbot:

Paragraph 53, FPG lautet auszugsweise:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

[…]

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Absatz eins, ist, vorbehaltlich des Absatz 3,, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1.              wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Paragraph 20, Absatz 2, der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, in Verbindung mit Paragraph 26, Absatz 3, des Führerscheingesetzes (FSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 1997,, gemäß Paragraph 99, Absatz eins,, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß Paragraph 37, Absatz 3, oder 4 FSG, gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den Paragraphen 81, oder 82 des SPG, gemäß den Paragraphen 9, oder 14 in Verbindung mit Paragraph 19, des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2.              wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3.              wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Absatz 3, genannte Übertretung handelt;
4.              wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5.              wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6.              den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7.              bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8.              eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK nicht geführt hat oder
9.              an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Absatz eins, ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Ziffer 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1.              ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2.              ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3.              ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4.              ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5.              ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6.              auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (Paragraph 278 a, StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (Paragraph 278 b, StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (Paragraph 278 c, StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (Paragraph 278 d, StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (Paragraph 278 e, StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (Paragraph 278 f, StGB);
7.              auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8.              ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9.              der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

[…]“

Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, bei der nicht nur auf das bisherige Verhalten des Fremden und das deshalb prognostizierte Vorliegen der von ihm ausgehenden Gefährdung, sondern auch auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen ist vergleiche VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0009). (VwGH 6.4.21, Ra 2020/21/0453).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat; für die Annahme eines Wegfalls der aus dem bisherigen Fehlverhalten ableitbaren Gefährlichkeit eines Fremden ist somit in erster Linie das Verhalten in Freiheit maßgeblich. Dabei ist der Beobachtungszeitraum umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden in der Vergangenheit manifestiert hat (siehe VwGH 4.4.2019, Ra 2019/21/0060, mwN; VwGH 26.6.2019, Ra 2019/21/0118).

Abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des Drittstaatsangehörigen ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes iSd bisherigen Judikatur zu Paragraph 63, FPG 2005 alt vergleiche VwGH 08.11.2006 2006/18/0323; VwGH 18.02.2009, Zl. 2008/21/0048) darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung prognostiziert ist. Kann der Zeitpunkt des Wegfalls der für die Erlassung des Rückkehrverbotes maßgeblichen Umstände nicht vorhergesehen werden, so war laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu Paragraph 63, FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011) ein unbefristetes Rückkehr- bzw. Aufenthaltsverbot zu verhängen vergleiche VwGH 08.07.2009, Zl. 2008/21/0503).

Gegenständlich stützte die belangte Behörde das Einreiseverbot auf Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 3, Ziffer eins, FPG (3. Fall) und legte es mit sieben Jahren fest.

Im Strafregister der Republik Österreich - geführt von der Landespolizeidirektion Wien - scheinen folgende Verurteilungen auf:

01) römisch 40

Paragraphen 223, (2), 224 StGB

Paragraph 224 a, StGB

Datum der (letzten) Tat 24.09.2020

Freiheitsstrafe 3 Monate, bedingt, Probezeit 3 Jahre

02) römisch 40

Paragraphen 223, (2), 224 StGB

Datum der (letzten) Tat 12.07.2018

Freiheitsstrafe 2 Wochen, bedingt, Probezeit 3 Jahre

Zusatzstrafe gemäß Paragraphen 31 und 40 STGB unter Bedachtnahme auf römisch 40

Im Gegensatz zum Beschwerdevorbringen wurde der Beschwerdeführer mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt (Absatz 3, Ziffer eins,), zudem wurde er wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt (Ziffer 2,).

Am 12.7.2018 hatte der Beschwerdeführer vorsätzlich eine falsche bzw. verfälschte Urkunde im Rechtsverkehr durch Vorweisen gegenüber Beamten der Polizeiinspektion Korneuburg zum Bewies seiner Identität gebraucht und zwar einen total gefälschten rumänischen Personalausweis. In weiterer Folge hatte er sich erneut mit totalgefälschten besonders geschützten Urkunden ausgewiesen, ua. beim Meldeamt, zuletzt war der Beschwerdeführer am 24.9.2020 mit einem gefälschten rumänischen Führerschein und einem (weiteren) gefälschten rumänischen Personalausweis betreten worden.

Wie die Behörde zu Recht anmerkte, ist der Beschwerdeführer überdies seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, unter einer falschen Identität untergetaucht und - mithilfe eines gefälschten Personalausweises – illegalen Erwerbstätigkeiten nachgegangen.

Angesichts des Gesamtverhaltens und des sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbildes des Beschwerdeführers ist das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen, dass von ihm eine große Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgeht.

Wie bereits zur Frage der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ausführlich geprüft und festgestellt, sind die familiären und privaten Anknüpfungspunkte in Österreich nicht dergestalt, dass sie einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verletzt in diesem Fall Artikel 8, EMRK nicht. Das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit überwiegt das persönlichen Interesse an einem Verbleib in Österreich.

Die vom Bundesamt vorgenommene Befristung des Einreiseverbotes auf sieben Jahre stellt sich jedoch als überhöht dar. Wenn auch kein Zweifel daran besteht, dass das Fehlverhalten schwerwiegend war, ist doch auf der anderen Seite bei der Frage der Dauer des Einreiseverbotes miteinzubeziehen, dass seit der letzten Tat nunmehr zwei Jahre vergangen sind und der Beschwerdeführer sich seitdem in Freiheit wohlverhalten hat. Dies mitabwägend kann gegenständlich mit einem Einreiseverbot in der Dauer von vier Jahren das Auslangen gefunden werden.

Spruchpunkt II:

Zu Spruchpunkt römisch VI. und römisch VII. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Hingegen besteht gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, leg. cit. keine Frist für die freiwillige Ausreise für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 68, AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß Paragraph 18, BFA-VG durchführbar wird vergleiche Spruchpunkt römisch VII. des angefochtenen Bescheides).

Im vorliegenden Fall wurde die aufschiebende Wirkung mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch gemäß Paragraph 17, BFA-VG zuerkannt, weshalb das Verwaltungsgericht im Falle der Bestätigung der ausgesprochenen Rückkehrentscheidung im Spruch seines Erkenntnisses eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen hat vergleiche Filzwieser et al, Asyl- und Fremdenrecht, 1154, K9).

Besondere Umstände im Sinne des Paragraph 55, Absatz eins, FPG wurden nicht dargetan und es liegen keine Anhaltspunkte vor, die in concreto für eine längere Frist sprächen, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise gem. Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage beträgt.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2022:W119.2241935.1.00