Bundesverwaltungsgericht
04.10.2022
L508 2212083-1
L508 2212081-1/12E
L508 2212076-1/14E
L508 2212083-1/11E
L508 2212079-1/10E
L508 2212078-1/10E
L508 2212085-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. staatenlos, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2018, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gem. Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz in Verbindung mit Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
A)
2.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. staatenlos, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2018, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gem. Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz in Verbindung mit Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
3.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. staatenlos, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2018, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gem. Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz in Verbindung mit Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
4.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. staatenlos, vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2018, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gem. Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz in Verbindung mit Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
5.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des mjr. römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. staatenlos, vertreten durch den Vater als gesetzlicher Vertreter, wiederum vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2018, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gem. Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz in Verbindung mit Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
6.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde der mjr. römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. staatenlos, vertreten durch den Vater als gesetzlicher Vertreter, wiederum vertreten durch die BBU GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.11.2018, Zl. römisch 40 , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gem. Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz in Verbindung mit Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 idgF wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Verfahrenshergang
1. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin, staatenlose Palästinenser, Araber und sunnitische Moslems, reisten gemeinsam mit ihren vier Kindern, den Dritt- bis Sechstbeschwerdeführern, illegal nach Österreich ein, wo sie am 16.02.2016 für sich und ihre vier Kinder Anträge auf internationalen Schutz stellten. In weiterer Folge wurden der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen.
Im Zuge der Einvernahmen vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Erstbeschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass er im Libanon Zeuge eines Mordes geworden sei und dass er seither von der islamistischen Organisation Namens römisch 40 bedroht worden wäre. Er sei bei der UNRWA registriert und habe im Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“ gelebt. Im Flüchtlingslager, in welchem er gewohnt habe, sei er von dieser extremistischen islamischen Gruppierung bedroht worden. Er habe unter ständiger Lebensgefahr im Flüchtlingslager gelebt. Die Polizei bzw. die PLO hätten ihn nicht schützen können und gebe es im Flüchtlingslager keine Sicherheit, weswegen er sich letztlich zur Flucht entschlossen habe. Der BF brachte insbesondere eine UNRWA-Registrierungskarte sowie einen Ausweis für palästinensische Flüchtlinge, ausgestellt am 21.05.2012 für sich und seine Familie in Vorlage.
Die Zweitbeschwerdeführerin verwies im wesentlichen hinsichtlich ihrer Fluchtgründe auf das Fluchtvorbringen ihres Ehemannes und bestätigte dieses. Sie berichtete über die Bedrohungen und schilderte die schlechten Bedingungen und die unsichere Lage im Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“. Bei einer Rückkehr habe sie Angst um ihr und das Leben ihrer Familie.
2. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 26.11.2018, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde den Beschwerdeführern der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und diesen gemäß Paragraph 8, Absatz 4, leg. cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 26.11.2019 erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer, nämlich dass der Erstbeschwerdeführer einen Mord an zwei PLO Politikern beobachtet habe und er deswegen bedroht worden war, für unglaubwürdig erachtet werde. Die Behörde ging davon aus, dass Hauptgrund für das Verlassen des Heimatlandes die allgemein instabile Lage im Flüchtlingscamp gewesen sei.
Die Behörde stellte fest, dass der Erstbeschwerdeführer zur Gruppe der registrierten Flüchtlinge gehöre, da er im Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“ geboren wurde. Ausführungen in Bezug auf die Rechtsstellung der Antragsteller aufgrund der UNRWA-Registrierung wurden seitens der belangten Behörde nicht getroffen. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erfolgte mit der Begründung, dass der BF aufgrund der Angehörigkeit zur Volksgruppe der Staatenlosen Palästinensern im Libanon doch zu einer benachteiligten Personengruppe gehöre, und ein Leben außerhalb des Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“ bei einer Rückkehr in den Libanon für diesen eine lebensbedrohliche, existenzielle Notlage bedeuten würde sowie ein Verbleib im Flüchtlingscamp wegen der unruhigen Lage und der vermehrten Anschläge als unsicher zu werten sei. Die subsidiäre Schutzgewährung an die Zweitbeschwerdeführerin sowie an die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer erfolgte mit Verweis auf das Familienverfahren (Paragraph 34, Absatz 3 AsylG).
3. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des BFA erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 19.12.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.
4. Aufgrund aktuellerer Länderfeststellungen zum Libanon wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichts mit Schreiben vom 07.07.2022 gem. Paragraph 45, (3) AVG Beweis erhoben, dh. den Parteien des Verfahrens das Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt und ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt.
5. Mit Schriftsatz vom 26.08.2022 erstattete die rechtsfreundliche Vertretung der Beschwerdeführer eine Stellungnahme und wurde mit dieser auch wiederholt das UNRWA Zertifikat, ausgestellt am 21.05.2012, in Vorlage gebracht, aus welchem sich ergibt, dass die Beschwerdeführer bei UNRWA registriert sind.
In der Stellungnahme wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführer mit diesem Zertifikat ihre Registrierung bei UNRWA - einer Organisation der Vereinten Nationen iSd Artikel eins, Abschnitt D GFK, auf die sowohl Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Status-RL als auch Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 Bezug nehmen, bescheinigen.
Unter Hinweis und Zitierung höchstgerichtlicher Rechtsprechung wurde ausgeführt, dass die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz an die Beschwerdeführer und damit die Bejahung der Voraussetzungen zur Zuerkennung dieses Schutzstatus durch das BFA der Annahme entgegenstünde, dass die Beschwerdeführer weiterhin den Schutz durch UNRWA genießen könnten vergleiche auch VfGH 22.9.2017, E 1965/2017). Bei rechtlich richtiger Beurteilung hätte die belangte Behörde daher zu dem Schluss kommen müssen, dass die BF sohin ipso facto den Schutz der Status-RL genießen, weil der Beistand von UNRWA zwar in der Vergangenheit gewährt wurde, nunmehr aufgrund des glaubwürdigen Vorbringens aus „nicht von ihnen zu kontrollierenden und von ihren Willen unabhängigen Gründen“ und der rechtskräftigen Zuerkennung des subsidiären Schutzes nicht mehr gegeben sei.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ließ diese Frist zur Stellungnahme ungenützt verstreichen.
6. Hinsichtlich des Verfahrensherganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß Paragraph 6, des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 10 aus 2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 33 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 122 aus 2013,, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Paragraph eins, BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 144 aus 2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.
Gem. Paragraphen 16, Absatz 6,, 18 Absatz 7, BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
1.3. Prüfungsumfang
Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Absatz 2, nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Zur Entscheidungsbegründung:
Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in die Verfahrensakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Beschwerdeführer, des bekämpften Bescheides und des Beschwerdeschriftsatzes sowie des ergänzenden Ermittlungsverfahrens.
2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:
2.1.1. Die belangte Behörde ging davon aus, dass Hauptgrund für das Verlassen des Heimatlandes die allgemein instabile Lage im Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“ gewesen sei.
Die Behörde stellte fest, dass der Erstbeschwerdeführer zur Gruppe der registrierten Flüchtlinge gehöre, da er im Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“ geboren wurde.
Die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus erfolgte mit der Begründung, dass der Erstbeschwerdeführer aufgrund der Angehörigkeit zur Volksgruppe der Staatenlosen Palästinensern im Libanon doch zu einer benachteiligten Personengruppe gehöre, und ein Leben außerhalb des Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“ bei einer Rückkehr in den Libanon für diesen eine lebensbedrohliche, existenzielle Notlage bedeuten würde sowie ein Verbleib im Flüchtlingscamp wegen der unruhigen Lage und der vermehrten Anschläge als unsicher zu werten sei. Die subsidiäre Schutzgewährung an die Zweitbeschwerdeführerin sowie an die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer erfolgte mit Verweis auf das Familienverfahren (Paragraph 34, Absatz 3 AsylG).
Für das BVwG steht ferner fest, dass die Erst- bis Sechstbeschwerdeführer staatenlose Palästinenser aus dem Libanon sind und der arabischen Volksgruppe sowie dem sunnitischen Glauben angehören. Ihre Muttersprache ist Arabisch. Ihre Identität steht fest. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern der Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer. Allesamt sind im Libanon als palästinensische Flüchtlinge anerkannt und bei UNRWA registriert.
2.1.3. Zur maßgeblichen Situation von palästinensischen Flüchtlingen im Libanon werden insbesondere folgende, - im Zuge der vorgenommenen Beweisaufnahme (siehe oben, Punkte römisch eins.4.) in das Verfahren eingeführte -, Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt (LIB der Staatendokumentation zum Libanon vom 31.10.2021):
….“19.2. Palästinensische Flüchtlinge
Die palästinensischen Flüchtlinge sind meist Nachkommen jener Flüchtlingen, die in den 1940er und 1950er Jahren ins Land kamen. Sie sind meist sunnitische Muslime, manchmal aber auch Christen (USDOS 10.6.2020). Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) schätzt mit Stand vom 1.1.2019, dass von insgesamt über 470.000 registrierten Flüchtlingen etwa 180.000 tatsächlich im Libanon aufhältig sind, wovon wiederum etwa 45 % in und um zwölf Flüchtlingslager leben (UNRWA o.D.a). Eine gemeinsame Zählung der libanesischen und palästinensischen Statistikämter 2017 hat ergeben, dass sich die Zahl der Palästinenser im Libanon auf 174.000 Personen beläuft (PCBS 21.12.2017; vergleiche Spiegel 29.7.2019).
UNRWA
Die humanitären Dienste der UNRWA umfassen die Grund- und Berufsausbildung, die medizinische Grundversorgung, Hilfs- und Sozialdienste, die Verbesserung der Infrastruktur und der Lager, Mikrofinanzierung und Notfallmaßnahmen, auch in Situationen bewaffneter Konflikte (UNRWA o.D.b).
Rechtliche Lage der palästinensischen Flüchtlinge
Die meisten Palästinenser im Libanon sind staatenlos, mit Ausnahme von etwa 30.000 Christen, die 1948 ankamen, und die libanesische Staatsbürgerschaft erhielten (UNHCR 2.2016). UNRWA registrierte palästinensische Flüchtlinge werden von Gesetzes wegen als AusländerInnen gesehen (USDOS 30.3.2021). Palästinensische Flüchtlinge können nicht die Staatsbürgerschaft erhalten mit Ausnahme von palästinensischen Ehefrauen von libanesischen Staatsbürgern nach einem Jahr Ehe (USDOS 30.3.2021). Doch werden ihnen häufig gesetzlich nicht vorgesehene administrative Hürden in den Weg gelegt (z.B. Einbürgerung erst nach Geburt eines Sohnes) (AA 4.1.2021).
Von den staatenlosen Palästinensern hat der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) vier Unterkategorien identifiziert (UNHCR 2.2016):
[Anm.: Für Informationen zu Staatenlosigkeit siehe auch Abschnitt 19.3.]
• „Registrierte" Flüchtlinge („Palästina-Flüchtlinge") – vormals ca. 470.000 Personen Diese Flüchtlinge sind bei UNRWA und den libanesischen Behörden registriert, wobei sich die Zahl der tatsächlich im Land aufhältigen registrierten Palästina-Flüchtlinge laut UNRWA nunmehr auf etwa 180.000 Personen belaufen dürfte (UNRWA o.D.a.) Es handelt sich hierbei vor allem um palästinensische Flüchtlinge, die in der Zeit vom 1.7.1946 bis 15.5.1948 ihren gewöhnlichen Wohnsitz in Palästina hatten und durch den Konflikt von 1948 sowohl ihre Heimat als auch ihre Lebensgrundlage verloren haben (UNHCR 2.2016; vergleiche UNRWA o.D.c).
• Nicht bei UNRWA registrierte palästinensische Flüchtlinge - 35.000-40.000 Personen
Diese sind nicht beim UNRWA, sondern bei den libanesischen Behörden registriert und besitzen ebenfalls den vom Directorate General of Political and Refugees Affairs (DPRA) ausgestellten „Ausweis für Palästina-Flüchtlinge", erhalten jedoch ein anderes Reisedokument (Laissez Passer) (UNHCR 2.2016).
• "Non-ID-Palestinians" - 3.000 – 5.000 Personen
Die meisten dieser Flüchtlinge zogen nach der Vertreibung der Palestine Liberation Organization (PLO) aus Jordanien 1971 in den Libanon. Sie sind weder beim UNRWA noch bei den libanesischen Behörden registriert und daher auch als „undokumentierte Palästinenser“ bekannt (UNHCR 2.2016; vergleiche UK 6.2018). Auch wenn undokumentierte Palästinenser nicht unmittelbar Anspruch darauf haben, bot das UNRWA doch in den meisten Fällen medizinische Grundversorgung, Bildung und Berufsausbildung an. Die Mehrheit der undokumentierten Palästinenser waren Männer, viele von ihnen verheiratet mit UNRWA-registrierten Flüchtlingen oder libanesischen Bürgerinnen, die den Flüchtlingsstatus oder die Staatsbürgerschaft nicht auf ihre Ehemänner oder Kinder übertragen konnten (USDOS 30.1.2021). Die Lage der „undokumentierten“ PalästinenserInnen ist besonders schwierig. Sie laufen Gefahr, wegen illegalen Aufenthalts verhaftet zu werden, sobald sie die Lager verlassen. Auch wenn auf Drängen (nicht zuletzt der EU) bisher ca. 1.000 Identitätsnachweise ausgestellt wurden, bleibt die Rechtsstellung der betroffenen Personen unverändert prekär (AA 4.1.2021).
• Palästinensische Flüchtlinge aus Syrien (PRS) – ca. 30.000 Personen (UNRWA o.D.d) Einreisevisa werden seit 2014 an der Grenze nur für PRS mit einem verifizierten Botschaftstermin im Land oder einem Flugticket und Visum in ein Drittland ausgestellt. Die UNRWA schätzt, dass nach 2016 nur 12 % der PRS in das Land gekommen sind. Eine offizielle Beschränkung der Bewegungsfreiheit für PRS gibt es nicht; allerdings droht ohne legalen Status eine Verhaftung an Kontrollpunkten (USDOS 30.3.2016). Die Behörden erlaubten den Kindern von palästinensischen Flüchtlingen aus Syrien, sich in UNRWA-Schulen einzuschreiben und Zugang zu UNRWAGesundheitskliniken zu erhalten. Weiters werden die PRS von UNRWA auch finanziell unterstützt (USDOS 30.3.2021). PRS-Familien erhalten jedes Monat eine Mehrzweck-Barzuwendung in Libanesischen Pfund im Wert von umgerechnet 100 US-Dollar pro Familie. Für jedes Familienmitglied erhöht sich der Zuschuss um umgerechnet 27 US-Dollar zur Deckung der Nahrungsmittelkosten (UNRWA o.D.d). Die Kaufkraft der umgerechnet 27 US-Dollar ist mit Stand Juni 2021 auf ca. 7 Dollar gefallen (R 17.6.2021). [Anm.: siehe auch Abschnitt 20 Grundversorgung]. Auch Bargeld für die Überwinterung wird bereitgestellt, vorbehaltlich einer gesicherten Finanzierung. Darüber hinaus setzt sich UNRWA bei den libanesischen Behörden für die PRS auch in Fragen von Arbeitsmöglichkeiten, Lebensbedingungen und des Rechtsstatus sowie hinsichtlich der Registrierung durch den libanesischen Staat ein (UNRWA o.D.d).
Lebensbedingungen
Auch wenn Repressionen allein aufgrund der palästinensischen Volkszugehörigkeit nicht bekannt sind, ist die Lage der palästinensischen Flüchtlinge prekär. Politische und wirtschaftliche Rechte werden ihnen verwehrt. Sie dürfen, anders als andere AusländerInnen, im Libanon seit 2001 keinen Grund und Boden mehr erwerben. Auch wenn einige Berufe den PalästinenserInnen zugänglich gemacht wurden, bestehen rechtliche Hindernisse und gesellschaftliche Diskriminierung. So wird von PalästinenserInnen stets eine Arbeitserlaubnis verlangt; freie Berufe (Arzt, Rechtsanwalt etc.) können nicht ausgeübt werden. Der Besuch staatlicher Schulen ist ihnen untersagt. Für ihre Schulbildung und gesundheitliche Versorgung hängt die Lagerbevölkerung ausschließlich vom UNRWA-Hilfswerk bzw. Hilfeleistungen anderer NGOs (z.B. des Palästinensischen Roten Halbmondes) ab. Die in den Lagern lebenden PalästinenserInnen benötigen keine spezielle Erlaubnis, um diese zu verlassen. Die General Security (GS) stellt registrierten palästinensischen Flüchtlingen Reisedokumente (Documents de Voyage) aus (AA 4.1.2020).
Zahlreiche diskriminierende Maßnahmen werden nicht zuletzt deshalb gesetzt, weil die libanesische Regierung fürchtet, dass die Integration der - meist sunnitischen - Palästinenser das konfessionelle Gleichgewicht des Landes gefährden könnte. Im Sommer 2019 startete die Regierung eine Kampagne gegen „illegale ausländische Arbeitskräfte", die sich zum einen gegen die Hunderttausenden syrischen Kriegsflüchtlinge und zum anderen gegen die Palästinenser richtete. Unternehmen erhielten einen Monat lang Zeit, Arbeitsgenehmigungen für ausländische Angestellte zu beantragen. Nach Ablauf der Frist schlossen die Behörden erste Geschäfte, die Palästinenser ohne gültige Arbeitserlaubnis beschäftigten (Spiegel 29.7.2019).
Flüchtlingslager
Knapp über die Hälfte der Palästina-Flüchtlinge lebt in den folgenden zwölf anerkannten PalästinaFlüchtlingslagern: in der Nähe von Beirut (Mar Elias, Burj el-Barajneh, Bbayeh, Shatila), von Tripoli (Nahr el-Bared, Beddawi), von Sidon (Saïda) (Ein el-Hilweh), Mieh Mieh), von Sur (Tyros) (ElBuss, Rashidieh, Burj el-Shemali) und von Baalbek (Wavell) (UNRWA o.D.a; vergleiche GIZ 6.2020a). [Anm.: Auf andere in den Lagern aufhältige Personen wie z.B. verarmte LibanesInnen, syrische Flüchtlinge u.a. wird in diesem Abschnitt nicht näher eingegangen.]
Die UNRWA-Verantwortlichkeiten in den Lagern beschränken sich auf Leistungen und Verwaltung ihrer Anlagen. UNRWA besitzt weder die Lager noch verwaltet sie diese. Sie ist auch nicht als Polizei aktiv. Das ist die Aufgabe der Gaststaaten. Das Land, auf dem die offiziellen Flüchtlingslager stehen wurde meist vom Gaststaat von lokalen Landbesitzern gepachtet. Die Flüchtlinge „besitzen“ das Land nicht, haben aber das Nutzungsrecht für das Grundstück für eine Wohnunterkunft (UNRWA o.D.c).
Die zwölf über das ganze Land verteilten palästinensischen Flüchtlingslager sind der Kontrolle durch staatliche Gewalt weitgehend entzogen. Die Sicherheit innerhalb der Lager wird teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden. Ausnahme stellt das Lager Nahr El Bared dar, das unter libanesischer Kontrolle steht. Die libanesische Armee beschränkt sich auf Zugangskontrollen und die Sicherung der Umgebung (AA 4.1.2021).Terroristische Gruppen wie die Hamas, die Volksfront für die Befreiung Palästinas, das Generalkommando der Volksfront für die Befreiung Palästinas, Asbat al-Ansar, Fatah al-Islam, Fatah al-Intifada, Jund al-Sham, der Palästinensische Islamische Dschihad und die Abdullah-Azzam-Brigaden operierten weiterhin in Gebieten mit begrenzter Regierungskontrolle, vor allem in den zwölf palästinensischen Flüchtlingslagern. Diese Lager werden als sichere Zufluchtsorte genutzt und sie dienen als Waffenverstecke (USDOS 24.6.2020a).
Die Bedingungen in den Lagern sind sehr schlecht und durch Überbelegung, schlechte Wohnverhältnisse, Arbeitslosigkeit, Armut und mangelnden Zugang zur Justiz gekennzeichnet (UNRWA o.D.a). Die Lager sind der staatlichen Kontrolle weitgehend entzogen. Deren Sicherheit wird teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden. Eine Ausnahme stellt das Lager Nahr el-Bared dar, das unter libanesischer Kontrolle steht. Die libanesische Armee beschränkt sich hierbei jedoch auf Zugangskontrollen und die Sicherung der Umgebung (AA 24.1.2020). Sporadische bewaffnete Zusammenstöße unterbrachen Bildungs- und Gesundheitsdienste und führten zur vorübergehenden Schließung von Schulen und Krankenhäusern. Sicherheitsbedenken schränkten auch die Tätigkeit humanitärer Akteure ein (UNGA 9.6.2020). Es kommt immer wieder zu teils schweren Auseinandersetzungen in den Palästinenser-Lagern bzw. Ansiedelungen, z.T. mit Todesopfern (u. a. in den Lagern Ain El-Hilweh sowie Mieh-Mieh). Terroristische Gruppen, die die Lager als Rückzugsraum nutzen, stehen unter hohem Verfolgungsdruck der Sicherheitskräfte (AA 4.1.2021). Die Fläche, die den zwölf offiziellen palästinensischen Flüchtlingslagern im Land zugeteilt wurde, hat sich seit 1948 trotz einer Vervierfachung der Bevölkerung nur geringfügig verändert. Folglich leben die meisten palästinensischen Flüchtlinge in übervölkerten Lagern, von denen einige zudem während der vergangenen Konflikte schwer beschädigt wurden (USDOS 30.3.2021).
Alle Lager sind von Hilfeleistungen der chronisch unterfinanzierten UNRWA abhängig, deren Lage sich seit Mitte 2018 durch die massive Kürzung der zuvor substanziellen US-Unterstützung noch weiter zugespitzt hat. Immer wieder kommt es speziell in den Lagern Mieh-Mieh und Ain el-Hilweh zu schweren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen extremistischen Gruppierungen (Jund al-Scham, Abdullah-Azzam-Brigaden, Ansar Allah etc.). Die libanesischen Sicherheitskräfte greifen in diese Auseinandersetzungen entgegen der bisherigen, per Abkommen geregelten Praxis immer häufiger ein, weil die eigentlich zuständigen palästinensischen Sicherheitsbehörden zunehmend überfordert scheinen (AA 4.1.2021).“….
2.2. Das BVwG stützt sich im Hinblick auf diese Feststellungen auf folgende Erwägungen:.
2.2.1. Der oben unter Punkt römisch eins. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2.2. Die personenbezogenen Feststellungen hinsichtlich der BF ergeben sich laut Bundesamt aus in diesem Punkt einheitlichen, im Wesentlichen widerspruchsfreien Angaben und den seitens der BF.
2.2.3. Zu den angegebenen Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates:
Das Bundesamt führte beweiswürdigend zusammengefasst aus, dass der Erstbeschwerdeführer die persönliche Bedrohung seitens der genannten Organisation nicht habe glaubhaft machen können. Das Bundesamt stellte in der Folge auch fest, dass die BF aufgrund der Sicherheitslage ihre Heimat verlassen habe.
Das Bundesamt argumentierte jedoch weiter, dass die Rückkehr in den Libanon für den Erstbeschwerdeführer, der aufgrund der Angehörigkeit zur Volksgruppe der Staatenlosen Palästinenser doch zu einer benachteiligten Personengruppe gehöre, außerhalb des Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“ für diesen eine lebensbedrohliche, existenzielle Notlage bedeuten würde sowie ein Verbleib im Flüchtlingscamp wegen der unruhigen Lage und der vermehrten Anschläge als unsicher zu werten sei. Durch eine Rückführung würde für den Erstbeschwerdeführer im konkreten Fall die reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 3, EMRK bestehen. Die subsidiäre Schutzgewährung an die Zweitbeschwerdeführerin sowie an die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer erfolgte mit Verweis auf das Familienverfahren (Paragraph 34, Absatz 3 AsylG).
Bezüglich ihrer Registrierung bei UNRWA findet sich im Verfahrensakt eine auf die Beschwerdeführer ausgestellte UNRWA-Registrierungsbestätigung vom 21.05.2012 und wurde diese erneut mit der Stellungnahme der Rechtsvertretung vom 26.08.2022 in Vorlage gebracht.
Für das BVwG steht zweifelsfrei fest, dass es sich bei den Beschwerdeführern um staatenlose Palästinenser handelt, welcher als Flüchtlinge bei der UNRWA registriert sind und im Libanon in einem von UNRWA betriebenen Flüchtlingscamp lebten. Sie verließen das Einsatzgebiet der UNRWA wegen der schlechten Sicherheitslage.
2.2.4. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) (Zu Spruchpunkt römisch eins)
3.1. Zuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer 2, AsylG ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn der Fremde einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6,) gesetzt hat.
Gemäß Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG ist ein Fremder von der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ausgeschlossen, wenn und solange er Schutz gemäß Artikel eins, Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Liegt einer der in Absatz eins, genannten Ausschlussgründe vor, kann der Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Absatz 2, ohne weitere Prüfung abgewiesen werden. Paragraph 8, AsylG gilt.
Gemäß Artikel 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention findet dieses Abkommen keine Anwendung auf Personen, die zurzeit den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge genießen. Ist dieser Schutz oder diese Unterstützung aus irgendeinem Grunde weggefallen, ohne dass das Schicksal dieser Person endgültig gemäß den hierauf bezüglichen Entschließungen der Generalversammlung der Vereinten Nationen geregelt worden ist, so fallen diese Personen ipso facto unter die Bestimmungen dieses Abkommens.
Nach Artikel 12, Absatz eins, Litera a, der Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Status-RL) ist ein Drittstaatsangehöriger oder ein Staatenloser von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, wenn er den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Institution der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge gemäß Artikel 1 Abschnitt D der Genfer Flüchtlingskonvention genießt. Wird ein solcher Schutz oder Beistand aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig geklärt worden ist, genießt er ipso facto den Schutz dieser Richtlinie.
3.1.2. Zu Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 01.03.2018, Ra 2017/19/0273, unter Hinweis auf die Rsp des EuGH vergleiche die E des EuGH vom 19.12.2012, El Kott, C-364/11) zu Artikel 12, Absatz eins, Litera a, der Statusrichtlinie, festgehalten, dass mit Artikel eins, Abschnitt D GFK, auf den Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Status-RL verweist, in Anbetracht der besonderen Situation der palästinensischen Flüchtlinge, für diese gezielt eine privilegierte Rechtsstellung geschaffen wurde. Asylwerber, welche unter dem Schutz einer von Artikel eins, Abschnitt D GFK erfassten Organisation oder Institution stehen, sind im Gegensatz zu anderen Asylwerbern gemäß Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Status-RL von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, genießen jedoch bei Wegfall ebendieses Schutzes oder Beistands "aus irgendeinem Grund" "ipso facto" den Schutz der Status-RL (EuGH 19.12.2012, El Kott, C-364/11, Rn. 80). Dabei bezieht sich die Wendung "genießt (...) den Schutz dieser Richtlinie" in Artikel 12, Absatz eins, Litera a, zweiter Satz der Status-RL als Verweis allein auf die Flüchtlingseigenschaft und nicht auf die Eigenschaft eines subsidiär Schutzberechtigten (EuGH 19.12.2012, El Kott, C-364/11, Rn. 66 ff); eine Verfolgung im Sinne des Artikel 2, Litera c, Status-RL muss in diesem Fall gerade nicht dargetan werden. Voraussetzungen für den ipso-facto Schutz sind lediglich die Stellung eines Asylantrags sowie die Prüfung durch die Asylbehörden, ob der Beistand von UNRWA tatsächlich in Anspruch genommen wurde, dieser nicht länger gewährt wird und keiner der Ausschlussgründe nach Artikel 12, Absatz eins, Litera b, oder Absatz 2 und 3 Status-RL vorliegt.
Für die erforderliche Feststellung, ob der Beistand oder der Schutz von UNRWA im Sinne der Status-RL bzw. des Artikel eins, Abschnitt D GFK tatsächlich nicht länger gewährt wird, haben die nationalen Behörden und Gerichte zu prüfen, ob der Wegzug des Betroffenen durch nicht von ihm zu kontrollierende und von seinem Willen unabhängige Gründe gerechtfertigt ist, die ihn zum Verlassen dieses Gebietes zwingen und somit daran hindern den von UNRWA gewährten Beistand zu genießen vergleiche VwGH, 01.03.2018, Ra 2017/19/0273 mit Hinweis auf EuGH 19.12.2012, El Kott, C-364/11, Rn. 61; siehe auch VfGH 29.06.2013, U 706/2012).
Ein Zwang, das Einsatzgebiet von UNRWA zu verlassen, und somit ein Wegfall des Schutzes von UNRWA, hängt nicht vom Vorliegen individueller Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A GFK ab, sondern ist vielmehr auch gegeben, wenn sich die betroffene Person in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet und es von UNRWA unmöglich ist, ihr in diesem Gebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der ihm übertragenen Aufgabe im Einklang stehen vergleiche VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0274 mit Hinweis auf EuGH 19.12.2012, El Kott, C-364/11, Rn. 63, 65).
Beispielsweise steht die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz an den Fremden und damit die Bejahung der Voraussetzungen zur Zuerkennung dieses Schutzstatus durch das BFA der Annahme, der Fremde könne weiterhin den Schutz durch UNRWA genießen, entgegen vergleiche VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0274 mit Hinweis auf VfGH 22.09.2017, E 1965/2017).
Jüngst hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom 13. Jänner 2021 in der Rechtssache C-507/19, Bundesrepublik Deutschland gegen XT, ECLI:EU:C:2021:3, eingehend mit Artikel 12, Absatz eins, Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95/EU und der unionsrechtlichen Situation eines Staatenlosen palästinensischer Herkunft, der das Einsatzgebiet des UNRWA verlassen hat, auseinandergesetzt.
Dabei hat der EuGH grundsätzlich (Rn. 49f) festgehalten:
„Wegen dieses in den genannten Gebieten des Nahen Ostens eingeführten speziellen Flüchtlingsstatus für Palästinenser ist es nach Artikel 12, Absatz eins, Buchst. a Satz 1 der Richtlinie 2011/95, der Artikel eins, Abschnitt D Satz 1 der Genfer Flüchtlingskonvention entspricht, für die beim UNRWA registrierten Personen grundsätzlich ausgeschlossen, in der Union als Flüchtling anerkannt zu werden ... . Allerdings folgt aus Artikel 12, Absatz eins, Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2011/95, der Artikel eins, Abschnitt D Satz 2 der Genfer Flüchtlingskonvention entspricht, dass dieser Ausschluss nicht mehr greift, wenn das UNRWA der Person, die internationalen Schutz in der Union beantragt, keinen Schutz oder Beistand mehr gewährt.“ vergleiche dazu jüngst VwGH Ra 2021/01/0011-5 vom 15. Februar 2021)
Ferner hat sich der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) jüngst im Urteil vom 03.03.2022 in der Rs C-349/20, NB, zu einem Vorabentscheidungsersuchen des Vereinigten Königreichs, betreffend die Anerkennung von Palästinaflüchtlingen (Voraussetzungen, um ipso facto den Schutz der Richtlinie 2004/83/EG zu genießen – Wegfall des Schutzes oder Beistands des UNRWA), auseinandergesetzt.
Der Urteilstenor lautet:
„1. Artikel 12, Absatz eins, Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes ist dahin auszulegen, dass bei der Feststellung, ob der Schutz oder Beistand des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) nicht länger gewährt wird, so dass eine Person ipso facto die „Anerkennung als Flüchtling“ im Sinne dieser Bestimmung beanspruchen kann, im Rahmen einer individuellen Beurteilung die relevanten Umstände nicht nur zu dem Zeitpunkt, zu dem diese Person das UNRWA-Einsatzgebiet verlassen hat, sondern auch zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen sind, zu dem die zuständigen Verwaltungsbehörden einen Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft prüfen oder die zuständigen Gerichte über den Rechtsbehelf gegen eine die Anerkennung als Flüchtling versagende Entscheidung entscheiden.
2. Artikel 12, Absatz eins, Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2004/83 ist im Fall einer Person, die nachweist, dass sie gezwungen war, das Einsatzgebiet des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) aus von ihr nicht zu kontrollierenden und von ihrem Willen unabhängigen Gründen zu verlassen, im Rahmen der Prüfung zum Zweck der Feststellung, ob der Schutz oder Beistand des UNRWA nicht länger gewährt wird, so dass diese Person ipso facto die „Anerkennung als Flüchtling“ im Sinne dieser Bestimmung beanspruchen kann, dem Mitgliedstaat, falls er der Ansicht ist, dass diese Person nunmehr in der Lage sei, in dieses Gebiet zurückzukehren und dort diesen Schutz oder Beistand in Anspruch zu nehmen, der Nachweis dafür obliegt, dass dies der Fall ist.
3. Artikel 12, Absatz eins, Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2004/83 ist dahin auszulegen, dass für die Feststellung, ob der Schutz oder Beistand des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) im Sinne dieser 3 von 5 Bestimmung nicht länger gewährt wird, so dass eine internationalen Schutz beantragende Person gezwungen war, das UNRWA-Einsatzgebiet zu verlassen, nicht nachgewiesen werden muss, dass das UNRWA oder der Staat, in dem es tätig ist, die Absicht hatte, dieser Person durch Tun oder Unterlassen Schaden zuzufügen oder ihr den Beistand zu entziehen. Für die Zwecke dieser Bestimmung genügt der Nachweis, dass der Beistand oder Schutz des UNRWA tatsächlich aus irgendeinem Grund nicht länger gewährt wird, so dass das UNRWA aus objektiven oder mit der persönlichen Situation dieser Person zusammenhängenden Gründen nicht länger in der Lage ist, ihr die Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit seiner Aufgabe im Einklang stehen.
4. Artikel 12, Absatz eins, Buchst. a Satz 2 der Richtlinie 2004/83 in Verbindung mit Artikel eins, Abschnitt D des am 28. Juli 1951 in Genf unterzeichneten Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist dahin auszulegen, dass im Rahmen der Beurteilung der für die Prüfung erforderlichen Voraussetzungen, ob der Schutz oder Beistand des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästinaflüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) nicht länger gewährt wird, so dass eine Person ipso facto die „Anerkennung als Flüchtling“ im Sinne dieser Bestimmung der Richtlinie 2004/83 beanspruchen kann, der Beistand zu berücksichtigen ist, der dieser Person von Akteuren der Zivilgesellschaft, wie etwa Nichtregierungsorganisationen, gewährt wird, sofern das UNRWA mit ihnen eine dauerhafte formelle Kooperationsbeziehung unterhält, in deren Rahmen es von ihnen bei der Erfüllung seines Mandats unterstützt wird.“
3.1.3. Das Bundesverwaltungsgericht traf die Feststellung, dass die Beschwerdeführer als palästinensische Flüchtlinge bei der UNRWA registriert sind. Damit steht für die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichts fest, dass auch der BF in den Anwendungsbereich des Artikel eins, Abschnitt D GFK bzw. Artikel 12, Absatz eins, Buchst. a Satz 1 der Status-RL fällt.
3.1.4. Im Sinne des og. Judikats ist er daher a priori in Anwendung des Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ausgeschlossen, es sei denn, es wäre darüber hinaus gehend festzustellen, dass im gg. Fall dieser Schutz „aus irgendeinem Grund nicht oder nicht länger gewährt wird", was wiederum zur Folge hätte, dass ihm „ipso facto" der Flüchtlingsstatus zukommen würde.
3.1.5. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat dazu ausgesprochen, dass die nationalen Behörden für "die Feststellung, ob der Beistand oder der Schutz im Sinne dieser Bestimmung [...] tatsächlich nicht länger gewährt wird, [ ] zu prüfen [haben], ob der Wegzug des Betroffenen durch nicht von ihm zu kontrollierende und von seinem Willen unabhängige Gründe gerechtfertigt ist, die ihn zum Verlassen dieses Gebiets [zwangen] und somit daran [hinderten], den vom UNRWA gewährten Beistand zu genießen" (EuGH 19.12.2012, C-364/11, El Kott u. a., Rz 61). Ein Zwang zum Verlassen des Einsatzgebietes einer Organisation iSd Artikel 12, Absatz eins, Litera a, zweiter Satz Status-RL liegt nach den Ausführungen des Gerichtshofes der Europäischen Union in der Rechtssache El Kott dann vor, wenn sich die betroffene Person in einer sehr unsicheren persönlichen Lage befindet und es dem UNRWA unmöglich ist, ihr in diesem Gebiet Lebensverhältnisse zu gewährleisten, die mit der Aufgabe des UNRWA im Einklang stehen (EuGH, El Kott, Rz 65; vergleiche auch EuGH 25.7.2018, Rs. C-585/16, Alheto, Rz 86). Bei dieser Beurteilung ist nach der weiteren Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union auch festzustellen, ob der Betroffene derzeit daran gehindert ist, Schutz oder Beistand des UNRWA zu erhalten, weil sich mutmaßlich die Lage im betreffenden Einsatzgebiet aus nicht von ihm zu kontrollierenden und von seinem Willen unabhängigen Gründen verschlechtert hat (EuGH 03.03.2022, Rs. C-349/20, NB und AB, Rz 57). Zur Feststellung, ob der Schutz oder Beistand des UNRWA nicht länger gewährt wird, sind im Rahmen einer individuellen Beurteilung aller maßgeblichen Umstände des fraglichen Sachverhalts alle Operationsgebiete des Einsatzgebiets des UNRWA zu berücksichtigen, in deren Gebiete ein Staatenloser palästinensischer Herkunft, der dieses Einsatzgebiet verlassen hat, eine konkrete Möglichkeit hat, einzureisen und sich dort in Sicherheit aufzuhalten (EuGH 13.01.2021, Rs. C-507/19, Bundesrepublik Deutschland, Rz 67).
3.1.6. In seinem Erkenntnis vom 23.01.2018, Ra 2017/18/0274-11 hat der Verwaltungsgerichtshof zusammengefasst klargestellt, dass, wenn bei einem bei UNRWA registrierten Flüchtling das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten als gegeben angenommen wird, die Behörde damit aber gleichzeitig (hier rechtskräftig) festgestellt hat, dass der Beistand von UNRWA im Sinne der Status-RL als weggefallen anzusehen ist und – sofern sich zwischenzeitig die Sachlage nicht maßgeblich verbessert hat – somit zur „ipso facto- Zuerkennung“ von Asyl führen „muss“.
Auszugsweise Zitierung aus dem Erkenntnis:
…. „Der EuGH hat – so der VwGH - klargestellt, dass mit Artikel eins, Abschnitt D GFK, auf den Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Status-RL verweist, in Anbetracht der besonderen Situation der palästinensischen Flüchtlinge für diese gezielt eine privilegierte Rechtsstellung geschaffen wurde. Asylwerber, welche unter dem Schutz einer von Artikel eins, Abschnitt D GFK erfassten Organisation oder Institution stehen, sind im Gegensatz zu anderen Asylwerbern gemäß Artikel 12, Absatz eins, Litera a, Status-RL von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen, genießen jedoch bei Wegfall ebendieses Schutzes oder Beistands "aus irgendeinem Grund" "ipso facto" den Schutz der Status-RL (EuGH 19.12.2012, El Kott, C-364/11, Rn. 80). Dabei bezieht sich die Wendung "genießt (...) den Schutz dieser Richtlinie" in Artikel 12, Absatz eins, Litera a, zweiter Satz der Status-RL als Verweis allein auf die Flüchtlingseigenschaft und nicht auf die Eigenschaft eines subsidiär Schutzberechtigten (EuGH 19.12.2012, El Kott, C-364/11, Rn. 66 ff); eine Verfolgung im Sinne des Artikel 2, Litera c, Status-RL muss in diesem Fall gerade nicht dargetan werden. Voraussetzungen für den ipso-facto Schutz sind lediglich die Stellung eines Asylantrags sowie die Prüfung durch die Asylbehörden, ob der Beistand von UNRWA tatsächlich in Anspruch genommen wurde, dieser nicht länger gewährt wird und keiner der Ausschlussgründe nach Artikel 12, Absatz eins, Litera b, oder Absatz 2 und 3 Status-RL vorliegt.“….
„Die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz an den Revisionswerber und damit die Bejahung der Voraussetzungen zur Zuerkennung dieses Schutzstatus durch das BFA waren auch vom BVwG im Beschwerdeverfahren betreffend den Status eines Asylberechtigten zu beachten. Sie standen nach dem bisher Gesagten der Annahme, der Revisionswerber könne weiterhin den Schutz durch UNRWA genießen, entgegen vergleiche auch VfGH 22.9.2017, E 1965/2017). Eine Durchberechnung dieser Rechtskraftwirkung wäre nur dann gerechtfertigt, wenn sich nach Erlassung der Entscheidung des BFA der Sachverhalt oder die Rechtsvorschriften wesentlich geändert hätten, also eine neue Sache vorgelegen wäre, für die die Rechtskraftwirkung der ursprünglichen Entscheidung nicht mehr gelten würde. Von einer nachträglichen Änderung der Sache ist aber der Fall zu unterscheiden, in dem der Sachverhalt anders rechtlich beurteilt wird oder neue Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung vorlagen, aber erst später bekannt wurden („nova reperta“). Die schon vor Erlassung der Entscheidung bestehende Sachlage ist von der Rechtskraft des Bescheides erfasst und bindet Gerichte und Behörden, solange diese Entscheidung dem Rechtsbestand angehört vergleiche zum Ganzen VwGH 18.1.2017, Ra 2016/18/0293, mwN).“
3.1.7. Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Es ist den Erst- bis Sechstbeschwerdeführern durch die Vorlage der UNRWA-Registrierungsbescheinigung vom 21.05.2012 gelungen, glaubhaft zu machen, dass sie unter dem Schutz und Beistand von UNRWA standen. Gegenständlich hat das Bundesamt die Ansicht vertreten, dass bei den Beschwerdeführern, welche der Aktenlage nach bei UNRWA als palästinensischer Flüchtling registriert sind, aufgrund der Sicherheitslage die Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigter erforderlich ist. Der Erstbeschwerdeführer würde zu einer benachteiligten Personengruppe gehören, und würde ein Leben außerhalb des Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“ bei einer Rückkehr in den Libanon für diesen eine lebensbedrohliche, existenzielle Notlage bedeuten sowie ein Verbleib im Flüchtlingscamp wegen der unruhigen Lage und der vermehrten Anschläge als unsicher zu werten sei. Die subsidiäre Schutzgewährung an die Zweitbeschwerdeführerin sowie an die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer erfolgte mit Verweis auf das Familienverfahren (Paragraph 34, Absatz 3 AsylG).
Das Bundesamt hat mit der in Rechtskraft erwachsenen Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten begründungsmäßig de facto erklärt, dass UNRWA im konkreten Einzelfall keinen hinreichenden Schutz gewähren könne. Asylausschlussgründe hat das Bundesamt nicht festgestellt und sind auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich.
Aufgrund der subsidiären Schutzgewährung durch die belangte Behörde, mit welcher diese festgestellt hat, dass den Beschwerdeführern eine Rückkehr in den Libanon (sowie in das dortige Flüchtlingslager „Ein al-Helweh“) aufgrund der Sicherheitslage nicht möglich ist, ergibt sich vor dem Hintergrund der oben widergegebenen aktuellen höchstgerichtlichen Judikatur und unter Berücksichtigung dessen, dass sich zwischenzeitig gemäß der aktuellen Berichtslage die Sicherheitslage im Libanon respektive dem von UNRWA geführten Flüchtlingscamps auch nicht maßgeblich verbessert hat vergleiche dazu das LIB der Staatendokumentation zum Libanon vom 31.10.2021 sowie die unter Punkt 2.1.3. dieses Erkenntnisses getroffenen Ausführungen zur maßgeblichen Situation von palästinensischen Flüchtlingen im Libanon), dass den BF konsequenterweise der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
Den Beschwerdeführern war daher gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass den Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Da keine Asylausschließungsgründe zutage getreten sind, war spruchgemäß zu entscheiden.
Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die verfahrensgegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz am 16.02.2016, - und somit nach dem 15.11.2015 - gestellt wurden, wodurch insbesondere die Paragraphen 2, Absatz eins, Ziffer 15 und 3 Absatz 4, AsylG 2005 und 3 Absatz 4 b, AsylG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 24 aus 2016, ("Asyl auf Zeit") gemäß Paragraph 75, Absatz 24, AsylG im konkreten Fall zur Anwendung gelangen und den Beschwerdeführern daher gemäß Paragraph 3, Absatz 4, AsylG eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigte zukommt (Paragraph 75, Absatz 24, AsylG 2005).
4. Absehen von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung
Gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt Paragraph 24, VwGVG.
Dem Antrag der Beschwerdeführer wurde vollinhaltlich stattgegeben. Das belangte Bundesamt hat die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme zur Beweisaufnahme vom 07.07.2022 ungenützt verstreichen lassen.
Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich gegenständlich unstreitig aus der Aktenlage und bedurfte die Erörterung der hier zu entscheidenden Rechtsfrage keiner Verhandlung.
Zu B) Zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab vergleiche die unter Punkt 2. bis 3. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
ECLI:AT:BVWG:2022:L508.2212083.1.00