Bundesverwaltungsgericht
02.10.2022
W142 2258944-1
W142 2258944-1/5E
W142 2258943-1/5E
W142 2258941-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
römisch eins. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde der römisch 40 , StA. Bangladesch, vertreten durch römisch 40 , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2022, Zl. 1257097601/21039445, zu Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch eins. bis römisch VII. wird als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
römisch III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch VIII. wird gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, Ziffer 6, FPG mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , StA. Bangladesch, vertreten durch römisch 40 , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2022, Zl. 91324203/210394459, zu Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch eins. bis römisch VII. wird als unbegründet abgewiesen.
römisch II. römisch II. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
römisch III. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch VIII. wird gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, Ziffer 6, FPG mit der Maßgabe stattgegeben, als die Dauer des Einreiseverbotes auf 18 Monate herabgesetzt wird.
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
römisch III. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Irene HOLZSCHUSTER als Einzelrichterin über die Beschwerde der römisch 40 , StA. Bangladesch, vertreten durch römisch 40 , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.07.2022, Zl. 1280788701/210956503, zu Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins und 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Frühere fremdenrechtliche Verfahren:
Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) ist die Ehefrau des Zweitbeschwerdeführers (im Folgenden: BF2). Beide sind die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF3).
1.1. Der BF2 reiste erstmals im September 2013 ins österreichische Bundesgebiet ein. Ihm wurde erstmals mit September 2014 ein Aufenthaltstitel „Studierender“ ausgestellt, welcher danach verlängert wurde. Ab dem Jahr 2017 wurde dem BF2 der Aufenthaltstitel „Schüler“ ausgestellt, welcher zuletzt bis 11.09.2018 gültig war.
1.2. Am römisch 40 heirateten die BF1 und der BF2 in Bangladesch.
1.3. Am 10.09.2018 stellte der BF2 einen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Studierender“, welcher mit Bescheid abgewiesen wurde.
1.4. Am 05.09.2019 reiste der BF2 freiwillig aus dem Bundesgebiet in sein Heimatland Bangladesch aus.
1.5. Am 05.11.2019 reisten die BF1 und der BF2 (in Besitz von indischen Visa, gültig von 23.10.2019 bis 22.10.2020) von Bangladesch nach Indien (Neu-Delhi), wo sie bei der österreichischen Botschaft vorstellig wurden. Am 07.11.2019 stellten die BF1 und der BF2 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Student“. Am 15.11.2019 reisten die BF1 und der BF2 wieder von Indien in den Herkunftsstaat Bangladesch zurück.
1.6. Der BF1 und dem BF2 wurde am 11.01.2020 durch die österreichische Botschaft in Neu-Dehli jeweils ein Visum D zur Abholung eines Aufenthaltstitels ausgestellt (gültig von 25.01.2020 bis 24.05.2020).
1.7. Die BF1 und der BF2 reisten am 28.02.2020 in Besitz dieser österreichischen Visa ins Bundesgebiet ein.
1.8. Die Anträge der BF1 und des BF2 auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Student“ wurden jeweils abgewiesen. Die dagegen eingebrachten Beschwerden beim Landesverwaltungsgericht (in der Folge: LVwG) wurden mit 28.09.2020 bzw. 04.11.2020 als unbegründet abgewiesen.
1.9. Am 14.10.2020 stellte der BF2 beim BFA einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK „Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens“ gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG (Aufenthaltsberechtigung plus).
Dem Antrag wurden folgende Unterlagen beigefügt:
- Kopie der Personaldaten des Reisepasses;
- Geburtsurkunde in englischer Sprache;
- Heiratsurkunde in englischer Sprache,
- ZMR-Meldebestätigung,
- Arbeitgebererklärung vom 13.10.2020 für einen Job als Koch (40h/Woche, 2.400 € brutto) und persönliches Schreiben, wonach der BF2 bei Erhalt eines Aufenthaltstitels in einem vietnamesischen Restaurant als Koch eingestellt werde;
- Bestätigung, wonach die BF1 und der BF2 seit 01.03.2020 einen Wohnplatz bei der Caritas hätten (Kosten für das Doppelzimmer inklusive Betriebskosten 236€/Monat);
- Kopie der E-Card;
- Bestätigung des Studienerfolges vom 20.09.2020 (Studium: Universitätslehrgang Vorstudienlehrgang). Als Prüfungen scheinen „Deutsch als Fremdsprache B1“ und „Grundkurs Tschechisch“, jeweils vom 24.06.2020, mit der Beurteilung „Genügend“ auf;
- Zulassungsbescheid der Universität Linz vom 14.08.2019, wonach der BF2 zum Bachelorstudium Soziologie unter der Bedingung der Ablegung einer Ergänzungsprüfung „Deutsch C1“ im Vorstudiengang zugelassen werde;
- Studierendenausweis, gültig bis 30.04.2020;
- Studienbestätigung vom 20.09.2020, wonach der BF2 im Wintersemester 2020/2021 für das außerordentliche Studium in der Studienrichtung „Universitätslehrgang und Vorstudienlehrgang“ zur Fortsetzung gemeldet sei;
- Bescheid der Stadt Salzburg vom 09.01.2019.
1.10. Am 13.11.2020 stellte die BF1 beim BFA einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK „Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens“ gemäß Paragraph 55, Absatz 2, AsylG (Aufenthaltsberechtigung).
Dem Antrag wurden folgende Unterlagen beigefügt:
- Geburtsurkunde in englischer Sprache;
- ZMR-Meldebestätigung;
- Bestätigung eines Gynäkologen vom 07.10.2020, wonach die BF1 voraussichtlich am 14.05.2021 entbinden werde;
- Heiratsurkunde in englischer Sprache;
- Schreiben der österreichischen Gesundheitskasse vom 23.06.2020 betreffend die Mitversicherung der BF1 beim BF2;
- Kopie der Personaldaten des Reisepasses.
1.11. Am 26.01.2021 fand eine Einvernahme der BF1 sowie des BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt, wobei der BF2 als Dolmetscher für die BF1 fungierte. Die Einvernahme des BF2 fand auf Deutsch statt.
Dabei gab die BF1 an, sie spreche Bengali und ein bisschen Deutsch. Vom BFA wurde festgehalten, dass die BF1 Deutsch auf dem Level A1 spreche und angegeben habe, diese Prüfung in Bangladesch gemacht zu haben. Laut der Behörde würde die BF1 sehr einfache Fragen verstehen und könne sie die Fragen sehr einfach beantworten.
Weiters führte die BF1 aus, sie lebe in Österreich mit ihrem Ehemann zusammen. Zu ihrem Leben in Bangladesch gab sie an, sie sei in Dhaka geboren, habe dort die Schule besucht und die Universität nach 2 Jahren mit dem Master abgeschlossen (Human Ressource Management), dann sei sie nach Österreich gekommen. Im Februar 2020 sei sie nach Österreich eingereist. Im Herkunftsstaat würden ihre Eltern, zwei Schwestern und ca. 6 Onkel und Tanten leben. Mit den Eltern und den Geschwistern bestehe wöchentlich Kontakt. Sie habe keine Verwandten in Österreich.
Befragt, warum sie nach Ablauf des Visums am 24.05.2020 bzw. nachdem die Beschwerde vom LVwG am 04.11.2020 als unbegründet abgewiesen worden sei, nicht ausgereist sei, gab die BF1 an, dass sie mit ihrem Ehemann in Österreich bleiben wolle und eine bessere Zukunft, auch für ihre Kinder, hier aufbauen wolle.
Zu ihrem Leben in Österreich befragt, verneinte die BF1 in Österreich eine Schule besucht zu haben, eine Ausbildung gemacht zu haben bzw. hier gearbeitet zu haben. Befragt, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreite, führte die BF1 aus, dass sie manchmal Geld von ihren Eltern aus Bangladesch erhalten würden. Nach ihrem sozialen Umfeld in Österreich befragt, gab die BF1 an, dass sie an der früheren Adresse Landsleute gekannt habe, mit welchen sie Zeit verbracht habe. Sonst habe sie hier keine Freunde oder Bekannte. Sie sei in keinem Verein und auch nicht ehrenamtlich tätig und sei in Österreich nicht mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Sie sei gesund.
Der BF2 gab in der Einvernahme an, er spreche Bengali, Hindi, Englisch, Deutsch, ein bisschen Spanisch und Französisch. Zu seinem Leben in Bangladesch gab er an, er sei in Dhaka geboren und habe er bis zur Matura in Bangladesch gelebt. 2012 habe er dort zu studieren begonnen (2 Semester lang Business and Bachelor Administration), danach sei er nach Europa gekommen. 2013 sei er nach Österreich gereist, davor habe er 6 Monate lang in Berlin gelebt. Dort habe er einen Studenten-Aufenthaltstitel gehabt. Seine Eltern, 4 Onkel und eine Tante würden in Bangladesch leben. Er habe 1-2 Mal pro Woche Kontakt zu seinen Eltern, mit den Onkeln und der Tante nur, wenn er nach Bangladesch fliege. Mit Bekannten in Österreich spreche er Deutsch, mit seinen Verwandten Bengali. Eine Schwester lebe in Salzburg, sie würden sich ca. alle 2-3 Wochen besuchen und sonst telefonischen Kontakt haben.
Befragt, warum er nach dem Ablauf seines Visums am 24.05.2020 bzw. nachdem die Beschwerde beim LVwG am 28.09.2020 als unbegründet abgewiesen worden sei, nicht ausgereist sei, gab der BF2 an, dass er schon so lange in Österreich sei, dies hier sein Leben sei und er weiterstudieren wolle. Er habe in Österreich 2 Jahre lang ein Kolleg besucht, aber nicht abgeschlossen. Dann habe er versucht zu studieren, dies aber wegen der Papiere nicht gekonnt. Derzeit arbeite er nicht in Österreich, früher schon. Er sei Koch gewesen sowie Kellner in einem indischen Restaurant. Den Lebensunterhalt bestreite er aus Erspartem und würden sie von der Familie seiner Frau unterstützt werden. Auch seine Eltern würden ihn unterstützen, aber nicht so viel. Nach seinem sozialen Umfeld in Österreich befragt, gab der BF2 an, sie hätten in der Corona-Zeit zu Hause bleiben müssen. Die BF1 und er würden oft spazieren gehen, als es keinen Lockdown gegeben habe, seien sie baden gegangen und hätten sie Ausflüge gemacht. Er sei in einem Kulturverein aus Bangladesch tätig. Der BF2 verneinte ehrenamtliche Tätigkeiten auszuüben und in Österreich mit dem Gesetz in Konflikt geraten zu sein. Er sei gesund. Weiters gab der BF2 an, er habe ein Arbeitsangebot bekommen und studiere er derzeit Soziologie als Hörer. Nächstes Semester mache er „B2“, dann könne er als ordentlicher Studierender anfangen. Nach Vorhalt, dass er laut den Unterlagen „C1“ für das Studium brauche, führte der BF2 aus, dies nicht so genau zu wissen, er habe gehört, dass er das brauche.
Über Befragung des Rechtsvertreters gab der BF2 an, er habe in Österreich viele Freunde, viele in Salzburg. Sie hätten sich immer am Wochenende getroffen. Seitdem sie in Linz seien und es Corona gebe, hätten sie wenig Kontakt. Auch in Linz habe er Freunde ( römisch 40 aus Österreich, jemanden aus Bangladesch und einen vietnamesischen Freund, welcher sein Chef sei). Zur BF1 befragt, gab der BF2 an, diese sei noch nicht lange in Österreich, sei wegen Corona meistens zu Hause und habe sie noch keine Freunde. Befragt, was er tun wolle, wenn er einen Aufenthaltstitel bekomme, gab der BF2 an, er müsse zu arbeiten anfangen und sein Studium fertigmachen. Nach 4 Jahren wolle er einen Gewerbeschein machen, um ein Restaurant zu übernehmen.
Folgende Unterlagen wurden in der Einvernahme neu vorgelegt:
- weitere Kopien aus dem Reisepass der BF1 und des BF2 (insbesondere betreffend ein indisches Visum: gültig von 23.10.2019-22.10.2020; Ein-/Ausreisestempel von Indien: Einreise: 05.11.2019, Ausreise: 15.11.2029; österreichisches Visum, gültig vom 25.01.2020-24.05.2020, ausgestellt in Neu-Dehli);
- Mietvertrag lautend auf den BF2, Beginn: 01.02.2021.
1.12. Am 08.02.2021 langte beim BFA eine Stellungnahme zu den Länderfeststellungen ein, worin zusammengefasst ausgeführt wurde, dass Bangladesch schwer von der Covid-Krise betroffen sei und das ohnehin schwache Gesundheitssystem in der Pandemie völlig überlastet sei. Die Pandemie habe auch massive Auswirkungen auf die Arbeits- und Lebensverhältnisse im ganzen Land. Die Länderberichte würden den deutlichen Anstieg der Lebensmittelpreise, das starke Schrumpfen der Wirtschaft und die erheblich negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage, einschließlich des Arbeitsmarktes in Bangladesch bestätigen. Auch wenn die BF1 und der BF2 keiner unmittelbaren Corona-Risikogruppe angehören würden, heiße dies nicht, dass diese nicht unmittelbar von den Auswirkungen der Pandemie betroffen seien. Die BF1 und der BF2 würden in wenigen Monaten ihr erstes Kind erwarten. Der soziale Lebensmittelpunkt der Familie befinde sich in Österreich. Der BF1 lebe seit 2013 hier und habe sich vorbildlich integriert. Er spreche Deutsch auf dem Niveau B1/B2, studiere fleißig an der Universität und verfüge über eine Arbeitsplatzzusage. Er habe nur wenige Bezugspunkte zu seinem Heimatland. Die BF1 und der BF2 seien selbsterhaltungsfähig, würden selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen und keinerlei soziale Unterstützung vom Staat beziehen. Sie würden für ihre Krankenversicherung, ihre Miete und sonstige Lebenserhaltungskosten selbst aufkommen. Im Falle der Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels wären sie nach wie vor selbsterhaltungsfähig, dies nicht nur aufgrund ihrer Ersparnisse, sondern auch aufgrund der im Verfahren vorgelegten Arbeitsplatzzusage. Weiters sei zu beachten, dass die Schwester des BF2 in Österreich lebe und über eine Aufenthaltsberechtigung verfüge. Die Beziehung zwischen den Geschwistern und deren Familien sei eine sehr innige. Es bestehe laufend persönlicher und telefonischer Kontakt. Eine Trennung der Familienmitglieder würde in ihre Rechte auf Achtung des Familienlebens eingreifen. Die Interessensabwägung würde jedenfalls ergeben, dass die persönlichen Interessen gegenüber den öffentlichen Interessen überwiegen würden.
Es wurde ein Empfehlungsschreiben für den BF2, datiert mit 18.10.2020, von dessen Schwager vorgelegt.
1.13. Mit Bescheiden des BFA vom 22.02.2021 wurden die Anträge der BF1 und des BF2 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK vom 13.11.2020 (BF1) und 14.10.2020 (BF2) gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 10, Absatz 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die BF1 und den BF2 jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 3, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch II.). Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.) und gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt römisch IV.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die BF1 und der BF2 illegal in Österreich aufhalten würden und sie seit der (Wieder-)Einreise nach Österreich so gut wie keine integrativen Schritte gesetzt hätten, weshalb eine Rückkehrentscheidung nach Bangladesch zulässig sei.
1.14. Am 01.03.2021 nahmen die BF1 und der BF2 an einem Rückkehrberatungsgespräch teil, wobei festgehalten wurde, dass diese nicht rückkehrwillig seien und sie das Beschwerdeverfahren abwarten wollen.
2. Gegenständliches Asylverfahren:
2.1. Am 23.03.2021 stellten die BF1 und der BF2 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes führte die BF1 aus, sie sei verheiratet, spreche muttersprachlich Bengali, mittel Englisch und ein wenig Deutsch. Sie bekenne sich zum Islam, ihre Volksgruppenzugehörigkeit sei unbekannt. Sie habe eine Ausbildung zur Magistra abgeschlossen, sei zuletzt Studentin gewesen und habe sie keine Berufsausbildung. Die BF1 habe noch ihre Eltern und zwei Schwestern. Sie habe in Dhaka gelebt. Die BF1 sei im 8. Monat schwanger.
Den Entschluss zur Ausreise habe sie Anfang 2019 gefasst. Sie habe nach Österreich gewollt, weil ihr Mann hier lebe. Sie sei legal mit einem Visum von Dhaka nach Österreich gekommen.
Nach ihrem Fluchtgrund befragt, gab die BF1 an, sie habe ihr Land wegen der politischen Lage verlassen. Sie sei bei der Studentenbewegung tätig gewesen und sei Anhänger der Partei BNP, im Studentenbereich. Die BF1 habe regelmäßig an Parteiversammlungen teilgenommen. Die Gegenpartei habe ihre Parteiversammlungen gesehen und auch gemerkt, dass sie eine engagierte Parteianhängerin sei. Sie sei deshalb bedroht und beschimpft worden. Sie sei regelmäßig sexuell belästigt und mit dem Umbringen bedroht worden. Im Dezember 2018 sei seitens der Polizei eine Anzeige gegen die BF1 erstattet worden, weil sie angeblich im Februar 2018 an einer Versammlung teilgenommen habe, welche zum Schaden der Regierung stattgefunden habe. Sie sei angezeigt worden, im Besitz von Sprengstoff gewesen zu sein. Im Juni 2020 sei ein Festnahmeauftrag gegen sie erlassen worden.
Bei einer Rückkehr habe sie Angst vor der Polizei, weil sie angezeigt worden sei, obwohl sie überhaupt nichts gemacht habe. Sie habe auch Angst vor sexuellen Übergriffen seitens der gegnerischen Partei. Ihre Familienmitglieder würden fast täglich bedroht werden. Sie habe Angst um ihr zukünftiges Kind.
Befragt, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihr bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, Strafe oder die Todesstrafe drohe bzw. sie im Falle der Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, führte die BF1 aus, dass ein Festnahmeauftrag gegen sie laufe und sie mit lebenslanger Haft bedroht werde. Sie könnte sich und ihr Kind nicht schützen.
Der BF2 gab bei der Erstbefragung an, verheiratet zu sein und muttersprachlich Bengali zu sprechen. Er spreche auch gut Englisch und mittel Deutsch. Er bekenne sich zum Islam und gehöre keiner Volksgruppe an. Der BF2 habe eine 12-jährige Schulausbildung, keine Berufsausbildung und sei er zuletzt Student gewesen. Er habe noch seine Eltern und lebe eine Schwester in Österreich. Diese sei mit einem Österreicher verheiratet. Der BF2 habe in Dhaka gelebt.
Den Entschluss zur Ausreise habe er 2012 gefasst. Er habe nach Deutschland gewollt, weil er ein bisschen Deutsch gelernt habe und Möglichkeiten für ihn gesehen habe. Der BF2 sei im Jänner 2013 legal mit einem Studentenvisum von Dhaka nach Berlin gereist. Er sei 6 Monate lang in Deutschland gewesen, seit September 2014 bis September 2018 sei er mit einem Studentenvisum in Österreich gewesen. Im Jahr 2019 sei er nach Dhaka zurückgekehrt und 2020 gemeinsam mit seiner Ehefrau wieder nach Österreich eingereist.
Von 2013-2015 habe er ein Visum/einen Aufenthaltstitel in Deutschland gehabt, dieser sei von der deutschen Botschaft in Dhaka ausgestellt worden.
Zu seinem Fluchtgrund befragt, gab der BF2 an, er fürchte sich um seine Ehefrau, sie sei schwanger und es laufe ein Festnahmeauftrag gegen sie. Die Frage, ob es konkrete Hinweise gebe, dass ihm bei Rückkehr unmenschliche Behandlung, Strafe oder die Todesstrafe drohe bzw. er im Falle der Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, verneinte der BF2 und führte er aus, dass nur der BF1 eine lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe drohe.
Folgende Unterlagen wurden neu vorgelegt:
- Terminbestätigung der BF1 für 23.03.2021 in der Diabetes Mellitus-Abteilung;
- vorläufiger Bericht der Diabetesambulanz (Besuch: 09.03.2021) mit der Diagnose: „V.a. Gestationsdiabetes“.
2.2. Am 07.04.2021 wurden die BF1 und der BF2, in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali, durch das BFA niederschriftlich einvernommen.
Die BF1 gab an, sie spreche muttersprachlich Bengali, ein wenig Englisch, Deutsch und Hindi. Sie leide an keinen schweren Krankheiten, habe aber Diabetes. Sie sei deswegen in Behandlung, nehme aber derzeit keine Medikamente ein. Sie habe am Montag einen Termin beim Arzt. Befragt, wie es ihr mit der Schwangerschaft gehe, gab die BF1 an, gestern im Krankenhaus gewesen zu sein und die Ärzte gesagt hätten, sie solle so rasch mit der Diabetes-Behandlung beginnen. Sie könne nicht länger sitzen, ansonsten gehe es ihr gut.
Zu ihrem Leben in Bangladesch befragt, gab die BF1 an, sie habe an der Universität in Dhaka „Human Ressource Management“ abgeschlossen. Befragt, wo sie während des Studiums gewohnt habe, gab sie an, immer bei ihren Eltern gewohnt zu haben. Nach ihrer Heirat sei sie bei ihrem Ehemann gewesen. Ihre Eltern hätten ein Haus mit 3 Schlafzimmern, einem Wohnzimmer, einem Esszimmer, einer Küche, 3 Toiletten und 2 Terrassen. Das Grundstück sei 1.200qm groß gewesen. Sie seien eine wohlhabende Familie gewesen. Nach ihrer Hochzeit habe sie bei ihrem Mann gewohnt. Die BF1 kenne ihren Mann schon seit der Schule, als sie 16/17 gewesen sei. Befragt, seit wann sie eine Beziehung mit ihm führe, gab die BF1 an, sie hätten geheiratet, als sie 18 Jahre alt gewesen sei. Dies sei am römisch 40 gewesen. Es habe eine Hochzeitsfeier gegeben, alle Verwandten und Freunde seien dabei gewesen. Sie hätten viele Geschenke erhalten. Die BF1 verneinte, dass es bei der Ausreise von Bangladesch nach Indien am 05.11.2019 Probleme gegeben habe. Sie sei ca. 3 Wochen in Indien gewesen. Die BF1 verneinte ebenso, dass es bei der Rückreise aus Indien bzw. bei der Ausreise von Bangladesch nach München/Deutschland Probleme gegeben habe. Sie habe noch Ablauf des österreichischen Visums mit 24.05.2020 keinen gültigen Aufenthaltstitel in Österreich gehabt. Die BF1 gab an, regelmäßig mit ihrer Familie in Bangladesch (Vater, Mutter, Geschwister) telefonischen Kontakt über WhatsApp und Messanger zu haben. Für ihren Lebensunterhalt während des Studiums seien ihre Eltern aufgekommen. Einer Arbeit sei sie nicht nachgekommen. Den Lebensunterhalt in Österreich habe sie zuerst durch die Caritas finanziert, derzeit durch die Grundversorgung. Ansonsten habe sie in Bangladesch auch noch einen Onkel und eine Tante mütterlicherseits sowie 2 Onkel und 5 Tanten väterlicherseits. Den Verwandten gehe es finanziell sehr gut, sie seien sehr wohlhabend. Ihre Eltern/Geschwister würden der gehobenen Mittelschicht angehören, die Familie sei auch wohlhabend. Ihre Eltern hätten für die Regierung gearbeitet. Die Familie verfüge auch noch über ein Haus in Dhaka. Jetzt erhalten ihre Eltern eine Pension und Mieteinnahmen von dem Haus in Dhaka.
Nachgefragt gab die BF1 an, dass es ihrer Familie gut gehe und diese unbehelligt zu Hause lebe.
Die Reise nach Österreich habe mehr als 1.000€ gekostet, dies hätten ihre Eltern und Schwiegereltern bezahlt. Sie erhalte auch in Österreich monatlich finanzielle Zuwendungen von ihrem Vater (600-700€). In Österreich lebe ihre Schwägerin. Ob sie von dieser finanziell unterstützt werde, wisse sie nicht.
Weiters gab die BF1 in der Einvernahme wie folgt an (LA: Leiter der Amtshandlung, VP: Verfahrenspartei, Antwort der BF1):
[…]
„LA: Sind Sie vorbestraft oder waren sie in Ihrem Heimatland inhaftiert oder hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat.
VP: Ich bin nicht vorbestraft, war nie inhaftiert und hatte keine Probleme mit den Behörden.
LA: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc.
VP: Ja, ein Haftbefehl und zwei Strafanzeigen.
LA: Sind oder waren Sie politisch tätig.
VP: Ja.
LA: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei.
VP: Ja. Ich war Mitglied bei der BNP. Derzeit bin ich kein Mitglied der PNP oder einer anderen Partei.
LA: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme.
VP: Nein.
LA: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)
VP: Nein.
LA: Nahmen Sie in Ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil.
VP: Nein.
LA: Sie haben nunmehr die Möglichkeit, Ihre Beweggründe für das Verlassen Ihrer Heimat zu schildern. Bitte schildern Sie möglichst lebensnahe, also konkret und mit sämtlichen Details, sodass auch unbeteiligte Personen Ihre Darstellung nachvollziehen können.
VP: Seit 2014 bin ich bei der Studentenorganisation der BNP. Wir haben geheime Versammlungen abgehalten, weil die Regierung keine Versammlungen zulässt. Ich habe mich immer versteckt gehalten und bin nicht öffentlich aufgetreten. Ich war neben meinem Studium immer für die Politik tätig. Meine Probleme haben im Jahr 2018 begonnen. Zwei Studenten sind bei einem Verkehrsunfall in Dhaka verstorben. Deshalb haben alle Studenten des Landes protestiert. Es gab sehr viele Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Studenten. Ich habe auf einer Facebookseite geschrieben: „safe road“. Diese Worte haben meine Gegner nicht akzeptiert. Damit haben die Probleme begonnen. Nach dem Vorfall im August 2018 haben meine Gegner mich und meine Familie verfolgt, sie haben auch Daten über uns gesammelt. Sie haben bei meinem Vater mehrmals angerufen und gesagt, dass sie mich umbringen. Diese Anrufe haben im Jahr 2015 begonnen. Sie haben mir auf der Straße viele schlimme Wörter zugerufen. Sie sagten auch, dass sie mich vergewaltigen würden und mich und meine jüngere Schwester entführen würden. Sie haben mich auch angerufen und mir mit dem Umbringen gedroht. Bei der letzten parlamentarischen Wahl im Jahr im September 2018 habe ich bei der Internetkampagne der Studenten für die BNP mitgearbeitet. Vor dieser Wahl haben mich einige Leute zu Hause gesucht, sie sagten, sie seien von der Polizei. Ich war aber nicht zuhause, so haben sie mich nicht gefunden. Sie haben meinen Eltern gesagt, dass es eine Anzeige gibt und sie mich suchen würden. Das war am 22. oder 23. Dezember 2018. Diese Anzeige wurde an das Gericht weitergeleitet. Ich habe gehört, dass unsere Gegner diese Anzeige wegen politischer Rache erstatteten, obwohl ich nichts gemacht habe. Nach diesem Vorfall habe ich mich nicht mehr sicher gefühlt. Ich habe dann mit meinem Ehemann gesprochen und er sagte, ich solle einfach in das Haus meiner Schwiegereltern übersiedeln. Das habe ich auch am 26.12.2018 gemacht. Dort habe ich mich sicher gefühlt. Dort habe ich meinen Mann gebeten, dass mit mir nach Österreich reist. Ich bin dann im Februar 2020 in Österreich angekommen. Ich habe in Österreich Deutsch gelernt. Im Juni 2020 habe ich von meinem Vater erfahren, dass es gegen mich einen Haftbefehl gibt. Deshalb haben mich Polizisten gesucht. Aus diesem Grund möchte ich nicht mehr nach Bangladesch fliegen. Ich bekomme in 1 Monat ein Baby und fühle mich in Bangladesch nicht wohl. Sie haben gegen mich eine Anzeige erstattet. Deswegen möchte ich hierbleiben.
LA: Welche Funktion hatten Sie in der Studentenorganisation?
VP: Ich war ein normales Mitglied.
LA: Was haben Sie als normales Mitglied für die Organisation gemacht?
VP: Ich habe an Versammlungen und Demonstrationen teilgenommen und neue Mitglieder angeworben.
LA: Wann haben diese Versammlungen und Demonstrationen stattgefunden?
VP: Von 2014 bis zu meiner Ausreise.
LA: Ist Ihnen bei diesen Veranstaltungen konkret etwas geschehen?
VP: Nein.
LA: Haben Sie die geschilderten Vorfälle (Drohanrufe, Belästigung auf der Straße) bei der Polizei angezeigt?
VP: Ja, ich war mehrmals bei der Polizei. Diese hat aber keine Anzeige entgegengenommen. Die Polizei arbeitet für die AL-Anhänger.
LA: Gab es außer dem Geschilderten ansonsten irgendwelche Sie betreffenden Vorfälle?
VP: Nein, keine.
LA: Wo haben Sie sich nach der Hochzeit aufgehalten, gewohnt?
VP: Nach der Hochzeit habe ich in meinem Elternhaus gewohnt. Nach der Rückkehr meines Mannes aus Österreich habe ich bei meinem Mann gewohnt. Das war im Haus der Schwiegereltern.
LA: Waren Sie nach der Hochzeit noch an der Universität?
VP: Ja. Ich habe mein Studium weiter betrieben.
LA: Gab es nach der Hochzeit konkret Sie betreffende Vorfälle?
VP: Mein Vater erhielt immer wieder anonyme Telefonanrufe, wo über mich gefragt wurde. Ich war aber zu dieser Zeit nicht zuhause, da ich bei den Schwiegereltern war. Es gab keine persönlichen Vorfälle.
LA: Haben Sie je versucht in einer anderen Gegend oder größeren Stadt in Bangladesch zu leben?
VP: Nein.
LA: Warum nicht?
VP: Ich hätte mich woanders nicht sicher gefühlt.
LA: Was war schlussendlich der ausschlaggebende Grund, das ausschlaggebende Ereignis für Ihre Ausreise aus Bangladesch am 28.02.2020?
VP: Sie haben immer wieder gedroht, mich umzubringen, daher habe ich meine Heimat verlassen. Die derzeitige Regierung macht was sie will. Es gibt überhaupt keine Regeln. Ich befürchte, dass ich ein ungerechtes Urteil bekomme, oder entführt und vergewaltigt werde.
LA: Gabe es ein ausschlaggebendes Ereignis für Ihre Ausreise?
VP: Sie haben meinen Vater anonym angerufen und ihm gesagt, dass sie mich umbringen werden.
LA: Haben sie somit sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert.
VP: Ich habe alles geschildert. Ich ersuche um Asyl, weil ich meine Heimat verlassen habe. Ich suche Gerechtigkeit.
LA: Vorhalt: Warum haben Sie nicht sofort nach Ihrer Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt?
VP: Der Freund meines Mannes wohnte im Caritas-Heim. Deshalb sind wir auch dorthin gegangen.
LA: Warum haben Sie mit der Antragstellung auf einen Aufenthaltstitel aus
berücksichtigungswürdigen Gründen bis zum 14.10.2020 zugewartet und diesen nicht spätestens mit Ablauf Ihres Visums mit 24.05.2020 gestellt?
VP: Mein Ehemann hat einen Antrag auf ein Visum gestellt. Wir waren nicht illegal hier.
LA: Die Frage wird wiederholt.
VP: Wir haben mehrmals um ein Visum angesucht, aber leider keine Verlängerung bekommen.
LA: Vorhalt: Es ist der Behörde nicht nachvollziehbar, dass Sie nicht bereits zum ehestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, zumal Ihren Angaben zufolge seit Juni 2020 ein Haftbefehl gegen Sie in Ihrem Herkunftsstaat vorliegen würde. Was sagen Sie dazu?
VP: Wir haben nicht gewusst, dass wir illegal hier sind. Unser Anwalt sagte uns, dass wir 2- oder 3-mal versuchen sollten ein Visum zu erhalten.
LA: Hat Ihnen Ihr Anwalt geraten, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen?
VP: Nein er hat uns gesagt, wir sollten uns weiter um ein Studentenvisum bemühen. Er hat auch später gesagt, wir können jederzeit einen Asylantrag stellen.
LA: Wann hat Ihr Anwalt Ihnen dies geraten?
VP: Im Jänner 2021.
LA: Was würden Sie konkret erwarten, wenn jetzt sie in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten und sich zum Beispiel in einer anderen Gegend oder größeren Stadt niederlassen.
VP: Ich befürchte, dass ich festgenommen werde und ins Gefängnis komme.
LA: Befürchten Sie irgendwelche staatliche Sanktionen bei einer Rückkehr?
VP: Ich werde festgenommen. Mir droht eine lange Haftstrafe oder die Todesstrafe. Meine Gegner würden mich verfolgen und umbringen.
…
LA: Habe ich Sie nun richtig verstanden? Sie möchten ausschließlich wegen der angeführten Probleme – Belästigung und Strafanzeige/Haftbefehl - hier in Österreich bleiben?
VP: Ja, dies ist der alleinige Grund meines Asylantrages.
LA: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung zu treffen. Anmerkung: Der ASt. wird die Verfahrensanordnung gem. Paragraph 29, Absatz 3, AsylG und die VAO Paragraph 52 a, BFA-VG übersetzt und nachweislich ausgefolgt.
Möchten Sie dazu Stellung nehmen?
VP: Ich möchte keinesfalls nach Hause zurück, weil ich dort keine Sicherheit habe.
…
Ergänzende Fragen:
LA: Wurden Sie bezüglich Diabetes in Bangladesch medizinisch behandelt?
VP: Nein, ich war dort nicht in Behandlung. Es begann mit der Schwangerschaft.
LA: Wie würden Sie die finanzielle/wirtschaftliche Situation der Familie Ihres Ehemannes beschreiben?
VP: Mittelmäßig.
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung über das Video-System einwandfrei verstanden und hat Ihnen dieser alles rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Ich habe keine Einwände, es wurde alles richtig und vollständig protokolliert.“
[…]
Der BF2 gab in der Einvernahme an, seine Muttersprache sei Bengali, er spreche auch etwas Deutsch und Englisch. Er verneinte, an schwerwiegenden Krankheiten zu leiden oder Medikamente zu benötigen. Befragt, ob er im Verfahren bis dato der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht habe, gab der BF2 an, er habe, als sie nach Europa gekommen seien, als Flughafen Berlin gesagt, sie seien aber in München gelandet. Sonst passe alles.
Befragt, wann er die BF1 kennengelernt habe, führte der BF2 aus, sie seit seiner Schulzeit zu kennen, aus dem Jahr 2008. Sie hätten seit 2008 eine Beziehung und seien sie seit 3 Jahren verheiratet. Sie hätten eine Hochzeitsfeier gehabt, es seien alle Verwandten und viele Freunde dabei gewesen. Bei der Ausreise aus Bangladesch nach Indien am 05.11.2019 habe es keine Probleme gegeben, er sei fast 2 Wochen in Indien gewesen. Bei der Rückreise aus Indien und bei der Einreise nach Bangladesch habe es keine Probleme gegeben, sie seien mit dem Zug gereist. Der BF2 habe mit seinen Eltern und Geschwistern regelmäßig über WhatsApp und Messanger Kontakt. Ansonsten habe er noch 2 Onkel mütterlicherseits, 5 Onkel und eine Tante väterlicherseits. Seinen Verwandten gehe es finanziell mittelmäßig. Es gehe ihnen finanziell soweit gut, dass sie gut leben könnten. Auch seine Eltern würden der Mittelschicht angehören und habe die Familie genug zum Leben. Sein Vater arbeite in einer Firma als Manager.
Befragt, wie er sich das Leben als Student in Österreich finanziert habe, führte der BF2 aus, er habe nebenbei 10h/Woche gearbeitet. Seit er wieder in Österreich sei, habe er nicht gearbeitet, sondern habe er Geld von zu Hause mitgebracht. Die Reise nach Österreich habe mehr als 1.000€ gekostet, die Eltern und Schwiegereltern hätten sie unterstützt. Während seines Aufenthaltes in Bangladesch hätten ihm seine Eltern den Lebensunterhalt finanziert. Er habe nie gearbeitet, sondern habe er sich nur auf das Studium konzentriert. Er habe an einem College studiert und in Österreich Soziologie, aber noch nicht abgeschlossen. Er sei im 2. Semester.
In Bangladesch (2009-2013) habe er in einer Mietwohnung gelebt. Diese habe 3 Schlafzimmer, ein Wohnzimmer, 2 WCs, eine Küche und 3 Terrassen. Als er im Jahr 2019 nach Bangladesch zurückkehrt sei, habe er auch in dieser Wohnung gelebt. Er habe dort nicht mit seiner Frau zusammengewohnt. Diese habe zuerst bei seinen Eltern gelebt. Die letzten Monate vor der Ausreise hätten sie in einer anderen Wohnung gelebt, nicht weit weg von seinen Eltern. Neben seiner Schwester habe er keine familiären Beziehungen in Österreich. Er habe zu seiner Schwester Kontakt und habe er von ihr, bei Bedarf, bisher monatlich 500-600€ erhalten.
Weiters gab der BF2 in der Einvernahme wie folgt an (LA: Leiter der Amtshandlung, VP: Verfahrenspartei, Antwort des BF2):
[…]
„LA: Sind Sie vorbestraft oder waren sie in Ihrem Heimatland inhaftiert oder hatten Sie Probleme mit den Behörden in der Heimat.
VP: Dreimal nein.
LA: Bestehen gegen Sie aktuelle staatliche Fahndungsmaßnahmen wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief, etc.
VP: Nein.
LA: Sind oder waren Sie politisch tätig.
VP: Nein.
LA: Sind oder waren Sie Mitglied einer politischen Partei.
VP: Nein.
LA: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme.
VP: Nein.
LA: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)
VP: Nein.
LA: Nahmen Sie in Ihrem Heimatland an bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teil.
VP: Nein.
LA: Sie haben nunmehr die Möglichkeit, Ihre Beweggründe für das Verlassen Ihrer Heimat zu schildern. Bitte schildern Sie möglichst lebensnahe, also konkret und mit sämtlichen Details, sodass auch unbeteiligte Personen Ihre Darstellung nachvollziehen können.
VP: Ich persönlich habe keine Probleme in Bangladesch. Meine Frau hat Probleme, deshalb bin ich mit ihr nach Österreich gekommen. Alle Probleme meiner Frau sind auch meine Probleme. Ich bin im Jahr 2018 zur Hochzeit nach Hause gefahren. Damals gab es große Auseinandersetzungen zwischen den Studenten und der Polizei. Meine Frau hatte auch an den Demonstrationen teilgenommen. Weil meine Frau auf Facebook etwas hochgeladen hatte, waren ihre politischen Gegner sauer und hatten etwas gegen sie. Ihre Gegner hatten meine Frau ein paar Mal telefonisch mit dem Umbringen bedroht. Nach der Hochzeit kehrte ich wieder nach Österreich zurück. Sie hat mir immer ihre Probleme geschildert und sagte mir, ihre Gegner würden sie umbringen. Im Jahr 2018 haben die Wahlen stattgefunden, sie hat bei diesen Wahlen in ihrem Bezirk aktive Wahlwerbung betrieben. Die Gegner haben dies gemerkt und gesehen. Deshalb waren sie wütend auf meine Frau. Sie hat mich im September 2018 angerufen und erzählte, dass die Polizei sie suche. Die Polizei gab gegenüber den Schwiegereltern an, dass eine Anzeige besteht. Ich habe ihr geraten, dass sie zu meinen Eltern übersiedelt. Das hat sie auch gemacht und ist zu meinen Eltern gezogen. Das Leben meiner Frau in Bangladesch ist unsicher. Ich bin im September 2019 nach Bangladesch zurückgereist. Ich habe einen Visumantrag für meine Frau im Jahr 2019 gestellt. Wir haben 3-4 Wochen später eine Mail bekommen, wonach wir unsere Visa bekommen haben. Nachgefragt gebe ich an, dass war in Delhi in Indien.
LA: Gab es während ihres gemeinsamen Aufenthaltes in Bangladesch zwischen Ihrer Rückkehr im September 2019 und ihrer gemeinsamen Reise nach Österreich im Februar 2020 irgendwelche Probleme?
VP: Wir waren in der Wohnung und hatten keinerlei Probleme.
LA: Haben Sie je versucht in einer anderen Gegend oder größeren Stadt in Bangladesch zu leben?
VP: Nein. Sowas haben wir nicht überlegt.
LA: Warum nicht?
VP: Ich lebe in Österreich und habe gedacht, dass ich meine Frau nach Österreich bringe und hier mit ihr zusammenlebe. Das wäre ganz gut für uns. Wegen der Anzeige suchte die Polizei meine Frau im ganzen Land.
LA: Vorhalt: Wenn die Polizei ihre Frau tatsächlich gesucht hätte, dann wäre dies durchaus möglich gewesen, Ihre Frau bei Ihnen zu finden, zumal sie verheiratet sind und der Behörde wohl auch bekannt war, wo Sie wohnen. Es ist der Behörde daher nicht glaubhaft, dass die Polizei Ihre Frau gesucht hat. Was sagen Sie dazu?
VP: Ja, das stimmt. Wir haben uns auch Sorgen gemacht. Wir vermuten, dass es keine Polizisten waren, sondern Anhänger der gegnerischen politischen Partei.
LA: Welche Funktion hatte Ihre Frau in dieser Partei?
VP: Sie war ein gewöhnliches Mitglied.
LA: Gab es ansonsten irgendwelche Vorfälle.
VP: Nein, keine.
LA: Was war schlussendlich der ausschlaggebende Grund, das ausschlaggebende Ereignis für Ihre Ausreise aus Bangladesch am 28.02.2020?
VP: Sie haben meine Frau im Jahr 2018 dreimal auf der Straße blockiert und sie beschimpft.
LA: Haben sie somit sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert.
VP: Ja. Ich habe alles geschildert. Ergänzend gebe ich an, dass ein weiterer Grund unser Baby ist, welches in 1 Monat zur Welt kommen wird. Deshalb möchte ich nicht nach Hause.
LA: Vorhalt: Warum haben Sie nicht sofort nach Ihrer Einreise in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt?
VP: Wir wollten beide hier in Österreich studieren. Deshalb haben wir keinen Antrag gestellt. Wir waren auch auf der Suche nach einem sehr guten Job.
LA: Warum haben Sie mit der Antragstellung auf einen Aufenthaltstitel aus
berücksichtigungswürdigen Gründen bis zum 14.10.2020 zugewartet und diesen nicht spätestens mit Ablauf Ihres Visums mit 24.05.2020 gestellt?
VP: Wir sollten eigentlich ein Studentenvisum bekommen, dieses haben wir allerdings nicht erhalten. Das hat lange gedauert.
LA: Die Frage wird wiederholt.
VP: Ich habe danach noch eine Beschwerde beim Magistrat eingebracht, das hat auch so lange gedauert.
LA: Vorhalt: Es ist der Behörde nicht nachvollziehbar, dass Sie nicht bereits zum ehestmöglichen Zeitpunkt einen Antrag auf internationalen Schutz stellten, zumal den Angaben Ihrer Ehefrau zufolge seit Juni 2020 ein Haftbefehl gegen Ihre Frau in Ihrem Herkunftsstaat vorliegen würde. Was sagen Sie dazu?
VP: Wir wollten kein Asyl in Österreich, wir wollten nur studieren und einen guten Job bekommen. Wir wollten hier ein gutes Leben haben. Da wir keine Visa oder Aufenthaltstitel erhielten, haben wir dann Asylanträge gestellt. Ich erhielt in Österreich ein Jobangebot und wollte mit einem Visum nur hier arbeiten und weiterstudieren. Als das mit dem Visum und dem Aufenthaltstitel nicht funktionierte, hat mein Rechtsanwalt gesagt, wir sollten Asylanträge stellen. Als ich im Juni 2020 erfahren habe, dass gegen meine Frau zwei Anzeigen und ein Haftbefehl existieren würden, haben wir immer noch auf Studentenvisa gehofft.
LA: Was würden Sie konkret erwarten, wenn jetzt Sie in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten und sich zum Beispiel in einer anderen Gegend oder größeren Stadt niederlassen.
VP: Ich befürchte, dass meine Frau festgenommen wird.
LA: Befürchten Sie persönlich irgendwelche staatliche Sanktionen bei einer Rückkehr?
VP: Nein.
…
LA: Habe ich Sie nun richtig verstanden? Sie möchten ausschließlich wegen der angeführten Probleme Ihrer Ehefrau hier in Österreich bleiben?
VP: Ja, dies ist der alleinige Grund meines Asylantrages.
LA: Ihnen wird nun mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, Ihren Asylantrag abzuweisen und eine Rückkehrentscheidung zu treffen. Anmerkung: Dem ASt. wird die Verfahrensanordnung gem. Paragraph 29, Absatz 3, AsylG und die VAO Paragraph 52 a, BFA-VG übersetzt und nachweislich ausgefolgt.
Möchten Sie dazu Stellung nehmen?
VP: Ich will nicht nach Bangladesch zurück, weil meine Frau dort keine Sicherheit hat.
…
LA: Gab es seitens der AL Partei gegenüber Ihren Eltern oder Ihren Schwiegereltern irgendwelche diese Personengruppe betreffenden Vorfälle?
VP: Nein.
…
Ergänzende Fragen:
LA: Erhalten Sie von Ihrer Familie finanzielle Unterstützung, seit Sie wieder in Österreich sind?
VP: Ja. Nachgefragt gebe ich an, dass ich monatlich € 500.- bis 600.- von meiner Familie erhalte. Nachgefragt gebe ich an, dass auch meine Frau eine solche Summe von deren Eltern erhält.
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung über das Video-System einwandfrei verstanden und hat Ihnen dieser alles rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Ich habe keine Einwände, es wurde alles richtig und vollständig protokolliert.“
[…]
Im Zuge der Einvernahmen wurde betreffend die BF1 ein ambulantes Krankengeschichtsblatt (Gynäkologie/Geburtshilfe) vom 06.04.2021 neu vorgelegt.
2.3. Am 14.04.2021 fand eine weitere Einvernahme der BF1 und des BF2 vor dem BFA, in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali statt.
Die BF1 gab an, dass sie wegen Diabetes im Krankenhaus gewesen sei, mehr Bewegung machen solle und beim Essen achtgeben solle.
In der Einvernahme legte die BF1 3 Schriftstücke und 2 Internetauszüge zu Bangladesch vor.
Dazu befragt, gab die BF1 wie folgt an (Schreifehler korrigiert):
[…]
„LA: Um welche Schriftstücke handelt es sich dabei?
VP: Zwei Anzeigen und ein Haftbefehl.
LA: Seit wann sind Sie im Besitz dieser Schriftstücke, wie haben Sie diese erhalten?
VP: Wie haben diese im Februar 2021 bekommen. Nachgefragt gebe ich an, von meiner Schwiegermutter, welche in Österreich war. Sie hat uns diese persönlich gebracht.
LA: Wie lange war Ihre Schwiegermutter in Österreich.?
VP: Diese ist am 25.02.2021 gekommen und hält sich noch hier auf.
LA: Welchen Aufenthaltsstatus hat Ihre Schwiegermutter?
VP: Sie ist mit einem Touristenvisum gekommen.
LA: Wissen Sie den Aufenthaltsstatus?
VP: Sie hat ein Visum bis Juni 2021.
LA: Wo hält sich Ihre Schwiegermutter auf?
VP: Bei uns in römisch 40 in der römisch 40 .
…
LA: Sind die von Ihnen im Rahmen der ersten Einvernahme am 07.04.2021 gemachten Angaben richtig und halten Sie diese aufrecht?
VP: Die Angaben sind richtig und ich halte diese aufrecht.
LA: Möchten Sie bezüglich der oa. Einvernahme Korrekturen oder weitere Ergänzungen vorbringen?
VP: Ich möchte folgendes berichtigen. Auf Seite 8 steht: Diese Anrufe haben im Jahr 2015 begonnen. Richtig ist, dass diese Anrufe im Jahr 2018 begonnen haben.
LA: Können sie dies konkretisieren?
VP: Im August 2018.
LA. Möchten Sie noch etwas berichtigen?
VP: Ansonsten ist alles korrekt.
LA: Möchten Sie ansonsten noch etwas anfügen?
VP: Nein.
LA: Mit welchem Datum haben Sie Ihr Studium beendet, wann waren Sie zuletzt an der Universität?
VP: Ich habe mein Studium im August oder September 2020 beendet. Zuletzt war ich an der Uni im Juli 2019.
LA: Wie konnten Sie die UNI abschließen, ohne dort an der UNI Vorlesungen zu besuchen?
VP: Wegen Corona habe ich gewisse Teile online gemacht.
LA: Habe ich Sie richtig verstanden, Sie waren nach dem Juli 2019 persönlich nicht mehr an der UNI?
LA: Corona hat aber erst später begonnen, was sagen Sie dazu?
VP: Ich habe vor Corona auch online-Kurse absolviert.
LA: Sie haben zwei Anzeigen und einen Haftbefehl vorgelegt. Was konkret wird Ihnen vorgeworfen?
VP: Die erste Anzeige: Meine Freunde und ich hätten uns getroffen und etwas über Staatsgefährdendes besprochen. Die zweite Anzeige. Ich hätte Sprengstoff gesammelt und diesen auch detonieren lassen. Sie behaupteten, ich hätte 43 Stück Sprengstoff besessen.
Haftbefehl: Die Polizei sollte mich und meine Freunde verhaften und an das Gericht melden.
LA: Warum sollten Sie verhaftet werden?
VP: Wegen dieser beiden Anzeigen.
LA: Wie kommen Sie auf die Befürchtung einer lebenslangen Strafe oder Todesstrafe zu erhalten?
VP: Ich befürchte, dass ich kein korrektes Urteil erhalte wegen meiner damaligen Zugehörigkeit zur Studentenvereinigung der BNP. Die jetzige Regierung akzeptiert überhaupt keine anderen politischen Meinungen oder Aktivitäten.
LA: Auf welchen Rechtsgrundlagen soll der Haftbefehl basieren?
VP: Vielleicht verbringe ich mein ganzes Leben in Haft. Nachgefragt gebe ich an, dass ich mich nicht erinnern kann.
LA: Sie haben diesen Haftbefehl doch mehrmals durchgelesen. Auf welcher gesetzlichen Grundlage wurde dieser erlassen?
VP: Ich weiß es nicht. Das Polizeirevier hat diesen Haftbefehl ausgestellt, nicht ein Gericht.
Nachgefragt gebe ich an, dass die Anzeigen von der Polizei gemacht wurden und der Haftbefehl vom Gericht.
LA: Wird die Gruppierung an der Universität, für die Sie tätig waren, von Behörden in Bangladesch als radikale od. terroristische Gruppierung eingestuft/eingeordnet?
VP: Nein, ich weiß nichts über eine derartige Einstufung. Es war nur eine untergeordnete BNP-Gruppe.
LA: Seit wann ist der Haftbefehl gegen Sie gültig? Mit welchem Datum wurde dieser erlassen?
VP: Am 20.06.2020.
LA: Wie ist Ihre Familie (Schwiegermutter) an diesen Haftbefehl gekommen?
VP: Meine Schwiegereltern hatten einen Anwalt, von diesem haben sie den Haftbefehl erhalten.
LA: Sind sie diesbezüglich in Bangladesch anwaltlich vertreten?
VP: Ich weiß es nicht, da dies mein Schwiegervater gemacht hat.
LA: Welche Funktion, welche Tätigkeiten haben Sie konkret bei der BNP gemacht – mit wem haben Sie direkt zusammengearbeitet – Namen?
VP: Ich war dort einfaches Mitglied und hatte keine gehobene Funktion. Ich habe mit Ali Imam Asad gearbeitet, er war Gemeindevorsitzender der BNP in meiner Heimatgemeinde.
LA: Sie haben in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme ausschließlich als Gründe Ihrer Ausreise und Asylantragstellung Ihre damaligen Probleme sowie die Anzeigen und den Haftbefehl vorgebracht. Sind dies alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung in Österreich?
VP: Ja, das sind alle meine Gründe.
LA: Ihnen wurden die Länderfeststellungen zu Ihrem Herkunftsstaat Bangladesch ausgefolgt. Haben Sie dazu eine schriftliche Stellungnahme vorbereitet oder möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme abgeben?
VP: Ich habe dazu Internetauszüge vorgelegt.
LA: Was sollen die vorgelegten Internetauszüge beweisen?
VP: Diese zeigen die derzeitige Situation in Bangladesch.
LA: Möchten Sie eine Stellungnahme zu den ausgefolgten Länderfeststellungen abgeben?
VP: Die jetzige Regierung macht was sie will. Die staatlichen Behörden machen das, was die AL-Partei sagt. Es gibt sehr viele gefälschte Anzeigen gegen die generischen Anhänger. Die Polizei verhaftet und vergewaltigt weibliche Anhänger der BNP.
LA: Sie haben in der Einvernahme am 07.04.2021 angeführt, dass Sie kein Mitglied mehr der BNP seien (Seite 7). Was sagen Sie dazu?
VP: Ich habe gemeint, dass ich kein Mitglied mehr bin, seit ich in Österreich bin.
LA: Möchten Sie eine Stellungnahme zur beabsichtigten Vorgangsweise des BFA (Abweisung des Antrages auf int. Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung) abgeben?
VP: Wenn ich nach Bangladesch zurückkehren muss, dann werden mich meine Gegner umbringen.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie abschließend noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Ich habe alles gesagt.
Anmerkung: Die gesamte Niederschrift wird wortwörtlich rückübersetzt. Nach erfolgter Rückübersetzung:
VP: Ich gebe an, dass der Haftbefehl nicht mit 20.06.2020, sondern mit 17.06.2020 gültig ist.
LA: Wie sind Sie an die beiden Anzeigen gekommen? Seit wann sind diese in Ihrem Besitz?
VP: Ich habe diese Unterlagen seit 24. oder 25.02.2021. Diese hat auch die Schwiegermutter gebracht. Woher meine Schwiegermutter dies hat, weiß ich nicht.
LA: Können Sie den Namen des Rechtsanwaltes nennen, der Ihren Schwiegereltern den Haftbefehl übergeben habe?
VP: Nein. Ich muss erst bei meinem Schwiegervater nachfragen.
LA: Sie werden aufgefordert, den Namen und die Erreichbarkeit dieses Anwaltes unverzüglich der Behörde vorzulegen. Haben Sie das verstanden?
VP: Ja.
LA: Haben Sie den Dolmetscher während der gesamten Befragung einwandfrei verstanden?
VP: Ja.
LA: Hat Ihnen der Dolmetscher alles rückübersetzt?
VP: Ja.
LA: Haben Sie nun nach Rückübersetzung Einwendungen gegen die Niederschrift selbst, bzw. wurde alles richtig und vollständig protokolliert?
VP: Ich habe keine Einwände, es wurde alles richtig und korrekt protokolliert.“
[…]
Der BF2 gab in der Einvernahme an, dass sich seine Mutter seit Februar in Österreich aufhalte. Sie habe ein 6-monatiges Touristenvisum. Eine Schwester von ihm lebe in Salzburg, alle anderen würden in Bangladesch leben.
Betreffend die von der BF1 vorgelegten Unterlagen wurden der BF2 wie folgt befragt:
[…]
„LA: Ihre Ehefrau hat zwei Strafanzeigen und einen Haftbefehl vorgelegt. Seit wann haben Sie diese und wie haben Sie dies erhalten.
VP: Seit Februar dieses Jahres. Diese hat meine Mutter aus Bangladesch mitgebracht.
LA: Wie ist Ihre Mutter an diese gekommen?
VP: Mein Vater hat dies organisiert. Nachgefragt gebe ich an, er hat diese vom Gericht besorgt, wie genau, weiß ich nicht.
LA: Ihre Ehefrau hat vorhin angegeben, dass Ihr Vater diese Unterlagen über einen Rechtanwalt besorgt habe.
VP: Ich weiß, dass er diese über einen Anwalt besorgt hat.
LA: Können Sie den Namen dieses Anwaltes nennen?
VP: Nein. Ich kann aber den Namen und die Adresse sowie Kontakt Daten dieses Anwaltes besorgen.
LA: Ist Ihre Frau bezüglich der Anzeigen und des Haftbefehles in Bangladesch rechtsanwaltlich vertreten?
VP: Ich weiß es nicht.
LA: Üblicherweise benötigt man als Anwalt zur Erhaltung von derartigen Schriftstücken eine Vollmacht. Hat Ihre Frau eine derartige Vollmacht unterschrieben?
VP: Ich weiß es nicht. Was ich weiß, man kann Kopien solcher Schriftstücke auch ohne Vollmacht bekommen.
LA: Handelt es sich nun bei den vorgelegten Schriftstücken um Kopien oder die Originale.
VP: Ich weiß es nicht genau, es sollten Originalabschriften sein.
LA: Wo hält sich Ihre Mutter auf?
VP: Bei uns in römisch 40 in der römisch 40 in meiner Wohnung.
LA: Sind Sie dort eingemietet?
VP: Ja.
LA: Was bezahlen Sie monatlich als Miete?
VP: € 530.-. Nachgefragt gebe ich an, dass ich das vom mitgebrachten Geld aus meiner Heimat bezahle und auch meine Mutter hat etwas Geld mitgebracht.
LA: Ist Ihre Mutter auch im Zentralen Melde Register angemeldet.
VP: Sie ist in Salzburg bei meiner Schwester gemeldet und nur zu Besuch in Linz.
LA: Was sollen die vorgelegten Internetauszüge beweisen?
VP: Sie zeigen die politische Lage in Bangladesch und wie die jetzige Regierung agiert.
LA: Sie haben in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme ausschließlich als Gründe die Probleme Ihrer Ehefrau für Ihre Asylantragstellung vorgebracht. Sind dies alle Ihre Gründe für die Asylantragstellung in Österreich?
VP: Ja, das sind alle meine Gründe.
LA: Ihnen wurden die Länderfeststellungen zu Ihrem Herkunftsstaat Bangladesch ausgefolgt. Haben Sie dazu eine schriftliche Stellungnahme vorbereitet oder möchten Sie nunmehr eine Stellungnahme abgeben?
VP: Die Lage in Bangladesch ist sehr schlecht, die Meinungsfreiheit ist eingeschränkt. Die gegnerische politische Partei kann überhaupt nichts mehr machen. Es gibt sehr viele außergerichtliche Tötungen. Dabei handelt es ausschließlich um die Probleme meiner Frau. Ich habe keine Probleme in Bangladesch.
LA: Möchten Sie eine Stellungnahme zur beabsichtigten Vorgangsweise des BFA (Abweisung des Antrages auf int. Schutz und Erlassung einer Rückkehrentscheidung) abgeben?
VP: Es wäre ganz gut, wenn wir in Österreich einen Status erhalten würden. Meine Frau hat wirklich Probleme in Bangladesch. Wenn wir abgeschoben werden, dann bekommt meine Frau sehr viele Probleme.
LA: Wissen Sie, wann Ihre Ehefrau zuletzt an der UNI war?
VP: Das weiß ich nicht.
LA: War Ihre Frau während Ihres Aufenthaltes in Bangladesch regelmäßig an der UNI?
VP: Sie war gelegentlich an der UNI bei den Prüfungsterminen.
LA: Hat Ihre Ehefrau während Ihres Aufenthaltes in Bangladesch auch Vorlesungen besucht?
VP: Ja, gelegentlich.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie abschließend noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Ich habe alles gesagt.“
[…]
Im Zuge der Einvernahme wurden folgende Unterlagen vorgelegt:
- Konvolut an Schreiben in bengalischer Sprache;
- Bericht von Amnesty International in englischer Sprache zu Bangladesch aus 2020;
- Internetbericht „Bangladeshi activists falling foul of crossfires“ in englischer Sprache vom 04.04.2017.
2.4. Mit E-Mail vom 15.04.2021, eingelangt beim BFA am 16.04.2021, wurden folgende Unterlagen neu in Vorlage gebracht:
- Foto der Visitenkarte des Rechtsanwaltes in Bangladesch;
- Mutter-Kind-Pass der BF1;
- Tagebuch der BF1 zur Insulintherapie bei Typ-2-Diabtes;
- endgültiger Bericht der Diabetesambulanz betreffend die BF1 (Besuch am 09.03.2021), Diagnose: „Gestationsdiabetes (OGTT 107-217-147 mg/dl) Grav I“;
- Laborbefund der BF1 vom 09.03.2021.
2.5. Am 20.04.2021 wurden dem BFA aktuelle ZMR-Auszüge übermittelt.
2.6. Am 21.04.2021 langte die deutsche Übersetzung der vorgelegten Schriftstücke beim BFA ein.
2.7. Das BFA stellte betreffend die vorgelegten Unterlagen am 22.04.2021 eine Anfrage an die Staatendokumentation.
2.8. Am römisch 40 wurde die BF3 im Bundesgebiet geboren und für diese am 13.07.2021 ebenso ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
2.9. Am 13.07.2021 wurden folgende Unterlagen in Vorlage gebracht:
- österreichische Geburtsurkunde der BF3;
- Konvolut an Kopien aus dem Mutter-Kind-Pass;
- Radiologie-Befund der BF1 vom 25.06.2021 mit dem Ergebnis „Tenosynovitis de Quervain, rechts mehr als links“;
- Terminkarte betreffend Untersuchungen de BF3 bei einem Kinderarzt.
2.10. Am 17.01.2022 langte die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation beim BFA ein.
2.11. Am 26.01.2022 fand eine weitere Einvernahme der BF1 und des BF2, in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali, vor dem BFA statt.
Die BF1 gab zu ihrem Gesundheitszustand an, sie habe Schmerzen in beiden Handgelenken gehabt und sei sie deshalb beim Arzt gewesen und habe sie eine Salbe bekommen, welche jedoch nicht geholfen habe. Dann sei sie in einer Therapie gewesen, diese habe auch nicht geholfen. Sie müsse vermutlich operieren gehen.
Die Frage, ob ihre Tochter (BF3) eigene Fluchtgründe habe, verneinte die BF1. Nach dem Gesundheitszustand der BF3 befragt, führte die BF1 aus, ihre Tochter habe Probleme mit den Hüften. Sie habe die ersten 2 Monate eine Regulierung getragen. Wenn sie ein Jahr alt sei, benötige sie nochmals eine Therapie. Am 09.02.2022 gehe es einen weiteren Termin für ein EKG. Ansonsten sei soweit alle in Ordnung.
Die BF1 gab an, ihre bisher gemachten Angaben seien richtig und halte sie diese aufrecht. Sie wolle korrigieren, dass sie im Jahr 2018 geheiratet habe, sie sei damals 25 Jahre gewesen, nicht 18 Jahre alt.
Betreffend das Ergebnis der eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation gab die BF1 wie folgt an:
[…]
„Feststellung: Die Behörde hat mit Ihrer Zustimmung unter Wahrung Ihrer Anonymität eine Erhebung in Ihrem Heimatstaat Bangladesch durchgeführt und ist am 17.01.2022 die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation eingelangt.
Vorhalt: Aus dieser Anfragebeantwortung der Staatendokumentation geht zwar hervor, dass es diesen Vorfall gegeben hat, jedoch sind Sie in den Anklagen namentlich NICHT angeführt. Bei den Angezeigten handelt es sich ausschließlich um männliche Personen. Die von Ihnen vorgelegten Schriftstücke unterscheiden sich zum Erhebungsergebnis darin, dass anstelle des männlichen Angezeigten (Mr. Dipu) nunmehr Sie namentlich angeführt sind. (Nr. 27).
Für die Behörde steht daher zweifelsfrei fest, dass es sich bei den von Ihnen vorgelegten Schriftstücken um „Fälschungen“ handelt und Sie sich damit einen Aufenthaltstitel in Österreich sichern wollten.
LA: Was sagen Sie dazu?
VP: Alle Dokumente, die ich vorgelegt habe, sind echt. Ich habe auch alles richtig geschildert.
LA: Vorhalt: Aufgrund der offensichtlichen Täuschungsabsicht beabsichtigt die Behörde gegen Sie ein mehrjähriges Einreiseverbot zu erlassen. Was sagen Sie dazu?
VP: Was ich vorgelegt habe ist echt. Gegen mich gibt es eine Anzeige und meine Tochter leidet an einer schweren Krankheit.
LA: Ihnen wurden die Länderfeststellungen zu Ihrem Herkunftsstaat Bangladesch ausgefolgt. Sie haben dazu bereits eine Stellungnahme abgegeben. Möchten Sie dazu noch etwas angeben?
VP: Nein.
LA: Möchten Sie eine Stellungnahme zur beabsichtigten Vorgangsweise des BFA (Abweisung des Antrages auf int. Schutz, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes) abgeben?
VP: Wenn ich nach Hause zurückkehre, wird die Polizei mich verhaften und ich muss ins Gefängnis wegen der Anzeigen, die ich bereits vorgelegt habe.
LA: Sie werden aufgefordert unverzüglich die originalen Schriftstücke, die Anzeigen und den Haftbefehl aus Bangladesch an die Behörde zu übermitteln. Haben Sie das verstanden?
VP: Ja. Ich schicke diese per Post.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie abschließend noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Ich habe alles gesagt.“
[…]
Der BF2 gab in der Einvernahme an, er sei ganz gesund und nehme keine Medikamente ein. Seine bisherigen Angaben seien richtig und halte er diese aufrecht. Er wolle keine Korrekturen machen.
Seine Mutter sei schon nach Hause zurückgekehrt.
Betreffend das Ergebnis der eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation gab der BF2 wie folgt an:
[…]
„Feststellung: Die Behörde hat mit der Zustimmung Ihrer Ehefrau unter Wahrung ihrer Anonymität eine Erhebung in Ihrem Heimatstaat Bangladesch durchgeführt und ist am 17.01.2022 die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation eingelangt.
Vorhalt: Aus dieser Anfragebeantwortung der Staatendokumentation geht zwar hervor, dass es diesen Vorfall gegeben hat, jedoch ist Ihre Ehefrau in den Anklagen namentlich NICHT angeführt. Bei den Angezeigten handelt es sich ausschließlich um männliche Personen. Die von Ihrer Ehefrau vorgelegten Schriftstücke, welche Ihren Angaben zufolge von Ihrer Mutter im Februar 2021 nach Österreich gebracht wurden, unterscheiden sich hauptsächlich darin, dass anstelle des männlichen Angezeigten (Mr. Dipu) nunmehr Ihre Ehefrau namentlich angeführt ist. (Nr. 27).
Für die Behörde steht daher zweifelsfrei fest, dass es sich bei den vorgelegten Schriftstücken um „Fälschungen“ handelt und Ihre Ehefrau und Sie sich damit einen Aufenthaltstitel in Österreich sichern wollten.
LA: Was sagen Sie dazu?
VP: Es ist unglaublich.
LA: Vorhalt: Aufgrund der offensichtlichen Täuschungsabsicht beabsichtigt die Behörde gegen Sie eine ein mehrjähriges Einreiseverbot zu erlassen. Was sagen Sie dazu?
VP: Ich verstehe das nicht, warum sollte die Polizei dann nach meiner Frau suchen, wenn es keine Anzeige gibt.
LA: Ihnen wurden die Länderfeststellungen zu Ihrem Herkunftsstaat Bangladesch ausgefolgt. Sie haben dazu bereits eine Stellungnahme abgegeben. Möchten Sie dazu noch etwas angeben?
VP: Wir haben alles vorgelegt. Die Lage in Bangladesch ist noch schlimmer. Die Opposition hat nichts mehr zu sagen. Meine Frau war Parteimitglied.
…
LA: Möchten Sie eine Stellungnahme zur beabsichtigten Vorgangsweise des BFA (Abweisung des Antrages auf int. Schutz, Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes) abgeben?
VP: Ich werde gegen den Bescheid Beschwerde erheben.
LA: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Angaben vollständig und so ausführlich wie Sie es wollten zu machen?
VP: Ja.
LA: Wollen Sie abschließend noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Ich habe alles gesagt.“
[…]
Im Zuge der Einvernahmen wurden folgende Unterlagen neu vorgelegt:
- Internationale Impfpässe der BF1 und des BF2, wonach beide 2 Corona-Schutzimpfungen erhalten haben;
- englisches Schreiben der Universität von Bangladesch betreffend den Abschluss „Master of Business Administration“;
- weitere Kopien aus dem Mutter-Kind-Pass:
- Kopien aus dem Impfpass der BF3
2.12. Am 01.02.2022 wurden folgende Unterlagen nachgereicht:
- Mietvertrag, lautend auf den BF2, abgeschlossen am 28.12.2020;
- KFZ-Kaufvertrag vom 08.03.2020;
- KFZ-Zulassungsschein;
- Österreichischer Führerschein des BF2;
- ärztliche Aufzeichnungen von Juni 2021 betreffend die Hüftultraschalluntersuchung der BF3 mit der Anmerkung „Hüftreifungsverzögerung li.“;
- E-Card der BF3.
2.13. Das BFA stellte am 02.02.2022 medizinische Anfragen an die Staatendokumentation (betreffend die Behandelbarkeit der Sehnenscheidenentzündung der BF1 sowie die Hüftreifungsverzögerung der BF3), wobei am 27.04.2022 die diesbezüglichen Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation beim BFA einlangten.
2.14. Am 03.05.2022 langte ein polizeilicher Abschlussbericht (vom 25.04.2022, Verdacht auf Urkundenfälschung, Fälschung besonders geschützter Urkunden und Betrug betreffend die BF1), eine Beschuldigtenvernehmung der BF1 (vom 29.03.2022) sowie eine Zeugenvernehmung des BF2 (vom 01.04.2022) beim BFA ein.
2.15. Mit Schreiben vom 06.07.2022 wurden den BF neue Länderfeststellungen zu Bangladesch (Stand: 16.06.2021) übermittelt und ihnen die Möglichkeit gegeben binnen einer Frist von einer Woche eine Stellungnahme abzugeben.
2.16. Am 20.07.2022 langte per E-Mail eine Stellungnahme der BF ein, worin zusammengefasst ausgeführt wurde, dass den Berichten vollkommen zugestimmt werde, die Realität vor Ort in Bangladesch aber viel schlimmer sei. Es gebe keine Meinungsfreiheit mehr und habe die Diktatur übernommen. Korruption finde im ganzen Land statt. Außergerichtliche Festnahmen und Tötungen würden fast täglich stattfinden. Es gebe keine Sicherheit des Lebens. Die BF hätten in den vergangenen 1,5 Jahren ersthafte Schwierigkeiten durchgemacht. Sie würden von nirgends irgendeine freundliche Unterstützung bekommen, würden aber dennoch auf einen positiven Bescheid hoffen, zumindest für ihre Tochter. Sie würden nicht wollen, dass die BF3 in einem Land aufwachse, in welchem niemand frei sprechen könne.
2.17. Das BFA wies mit den Bescheiden vom 29.07.2022 die jeweiligen Anträge der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch ab (Spruchpunkt römisch eins. und römisch II.). Den BF wurde gemäß Paragraph 57, AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und weiters gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß Paragraph 46, FPG nach Bangladesch zulässig sei (Spruchpunkte römisch IV. und römisch fünf.) Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (Spruchpunkt römisch VI.) und der Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 5, BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch VII.). Gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, Ziffer 6, FPG wurde gegen die BF1 und den BF2 jeweils ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt römisch VIII.).
Begründend wurde ausgeführt, dass die BF1 und der BF2 ihren Herkunftsstaat nicht aus asylrelevanten Gründen verlassen hätten. Für die minderjährige BF3 seien keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht worden. Eine Verfolgung im Herkunftsstaat bzw. eine Bedrohungssituation im Falle der Rückkehr habe nicht feststellt bzw. glaubhaft gemacht werden können. Sie hätten verfälschte bzw. gefälschte Unterlagen aus Bangladesch vorgelegt. Es sei anzunehmen, dass die BF1 und der BF2 Bangladesch aus rein wirtschaftlichen Gründen verlassen hätten. Die erwachsenen BF seien arbeitsfähig und hätten in Bangladesch von Zuwendungen der Eltern gelebt. Sie würden auch weiterhin von diesen Zuwendungen leben und jedwede Arbeit in Bangladesch annehmen können. Zudem könne auch von der Unterstützung durch die Familien ausgegangen werden. Die BF würden nicht an lebensbedrohenden Krankheiten leiden und sei eine medizinische Versorgung in Bangladesch laut den herangezogenen Länderberichten bzw. der eingeholten Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation verfügbar. Bei einer Rückkehr würden die BF nicht in eine die Existenz bedrohende Notlage geraten und herrsche im Herkunftsstaat keine Bürgerkriegssituation und keine Hungersnot. Die BF hätten zu keinen in Österreich lebenden Personen eine besonders enge Beziehung oder ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis. Die erwachsenen BF würden keiner Erwerbstätigkeit nachgehen und seien auch sonst keine maßgeblichen Integrationsschritte gesetzt worden. Die BF3 sei in Kleinkind, welches sich in Obhut der Eltern befinde, das Kindeswohl sei bei einer Rückkehr nicht gefährdet. Eine Rückkehrentscheidung sei zulässig.
Zum Einreiseverbot wurde ausgeführt, dass die erwachsenen BF während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet ausschließlich aus Mitteln der öffentlichen Hand bzw. von Zuwendungen Dritter leben würden und damit den gesamten Lebensunterhalt finanzieren würden. Den Besitz von Mitteln für den Unterhalt hätten sie nicht nachweisen können.
2.18. Gegen diese Bescheide erhoben die BF fristgerecht Beschwerde, worin im Wesentlichen vorgebracht wird, dass der BF1 in der Begründung des Bescheides zentral vorgehalten werde, dass sie das Verfahren durch die nicht unmittelbare Vorlage angeblich gefälschter Dokumente bewusst verzögern hätte wollen. Angesichts dieser Argumentation sie nicht nachvollziehbar, dass, obwohl die Dokumente im April 2021 vorgelegt worden seien, die Entscheidung ca. 1 Jahr und 3 Monate später ergehe. Es könne der BF1 nicht einerseits die bewusste Verzögerung des Verfahrens vorgeworfen werden, wenn es andererseits nicht objektiv nachvollziehbar sei, dass die Entscheidung ohne ersichtlichen Grund zeitlich verzögert ergehe. Das BFA beziehe sich bei den Beweismitteln insbesondere darauf, dass sich die Schriftstücke (2 Anzeigen, 1 Haftbefehl) als Original im Akt befinden würden. Demnach sei keine kriminaltechnische Überprüfung der Schriftstücke auf ihre Echtheit in die Wege geleitet worden und dürfte es bislang auch kein Strafverfahren gegen die BF1 geben. Zur Behauptung des BFA, dass in den Schriftstücken anstelle des männlichen Angezeigten (Mr. Dipu) nunmehr der Name der BF1 angeführt worden sei (Nr. 27), sei nicht wirklich erkennbar, worauf sich „Punkt 27“ in den Feststellungen bzw. der Anfragebeantwortung beziehe. In der Anfragebeantwortung finde sich kein Schriftstück, aus dem explizit erkennbar wäre, dass es sich dabei um das von der BF1 vorgelegte Schriftstück handeln würde und genau ihr Name mit jenem des bereits erwähnten „Mr. Dipu“ ausgetauscht worden wäre. Die beiden in Rede stehenden Dokumente hätten direkt gegenübergestellt werden müssen, um festzustellen und nachvollziehbar zu machen, dass tatsächlich nur die Namen ausgetauscht worden seien und es sich um eine Fälschung handle. Alleine aus der Anfragebeantwortung könne nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich bei den Dokumenten um Fälschungen handle. Die weiteren wesentlichen Argumente des BFA seien, dass die Asylantragstellung nicht unmittelbar nach der Einreise erfolgt sei und die Dokumente zur Untermauerung des Vorbringens verspätet vorgelegt worden seien. Aus Sicht der BF1, verbunden mit den Informationen des BF2, stelle sich die Situation so dar, dass dieser die gemeinsamen Chancen am ehesten im Aufenthaltstitel Familienangehörige/Studierende bzw. nach erfolgter rechtlicher Beratung, in der Erteilung des Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen gesehen habe. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die von der BF1 geschilderten Probleme tatsächlich bestanden hätten und sich zuletzt so zugespitzt hätten, dass sie keinen anderen Ausweg als die Ausreise gesehen habe. Sie habe auf ein sicheres, besseres und wirtschaftlich abgesichertes Leben in Österreich, zusammen mit dem BF2, gehofft. Diese Angaben seien richtig und hätten ihren Ausgangspunkt darin, dass die BF1 aufgrund des zunehmenden Drucks durch die Behörden in ihrem Heimatland nicht mehr länger habe leben können. Die genannte Anwaltskanzlei gebe es tatsächlich, wenn auch in der Nachfolge durch den Sohn, und hätte durch Anfrage eruiert werden können, ob die BF1 die Dokumente tatsächlich angefordert habe und wie die Rechtsanwaltskanzlei in Besitz der Papiere gekommen sei. Die BF1 gestehe zu, dass die erhaltenen Schriftstücke nicht unmittelbar an das BFA vorgelegt worden seien, jedoch sei sich die BF1 dieser Pflicht nicht wirklich bewusst gewesen. Hinzu komme, dass die Schwangerschaft und die Zeit nach der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes einen Aufnahmezustand dargestellt hätten und das Verhalten der BF1 zumindest eine Erklärung darstelle. Es könne daher nicht zwingend der Schluss gezogen werden, dass der Grund für die verzögerte Vorlage jener war, dass es sich bei den Schriftstücken um Fälschungen handeln solle. Hinsichtlich des verhängten Einreiseverbotes berufe sich das BFA auf die Mittellosigkeit. Die BF könnten mangels Arbeitsberechtigung derzeit nichts verdienen und müssten daher von Ersparnissen und die Unterstützung naher Angehöriger (Familienangehörige im Herkunftsstaat und durch die in Österreich aufenthaltsberechtigte Schwester des BF2) leben. Grundversorgung würden die BF aktuell nicht beziehen, weshalb sie keine Belastung des Staates darstellen würden und könnten sie, nach dem Erhalt einer diesbezüglichen Erlaubnis, sofort zu arbeiten beginnen. Der BF2 verfüge über sehr gute soziale Anknüpfungspunkte/Verbindungen zum österreichischen Arbeitsmarkt und die erforderlichen sprachlichen Kenntnisse. Betreffend die vorgeworfene Urkundenfälschung sei festzuhalten, dass das BFA sich nicht auf einen Bericht des Bundeskriminalamtes berufen habe, welcher die Urkunden als Totalfälschung erklärt habe und liege auch keine strafrechtliche Verurteilung der BF1 vor. Im Bescheid werde nichts über ein eingeleitetes Strafverfahren angeführt. Die Originaldokumente würden sich nach wie vor im Akt befinden und sei aus der Argumentation nicht wirklich erkennbar, anhand welcher Kriterien/Gegenüberstellungen es sich bei den vorgelegten Urkunden um Fälschungen handeln sollte. Hinsichtlich der BF3 hätte sich die Behörde mit der Situation von Kindern in Bangladesch beschäftigen müssen, zumal aus den Länderberichten hervorgehe, dass Gewalt gegen Kinder weit verbreitet sei und die Arbeit von Minderjährigen nach wie vor üblich sei. Kinder seien demnach zu Hause, in der Gemeinde, in Schulen, in Heimen und am Arbeitsplatz von Missbrauch gefährdet. Kinderheirat (insbesondere von Mädchen) sei ein Problem und seien etwa 5 Opfer von Kinderheirat 2019 ebenfalls der Mitgiftgewalt ausgesetzt gewesen. Viele von ihnen seien getötet und ein Opfer körperlich missbraucht worden. Betreffend die BF3 gebe es auch keine objektive Rechtfertigung ein 3-jähriges Einreiseverbot zu erlassen. Weiters wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.
2.19. Mit 31.08.2022 wurden die Beschwerden samt Akten der erkennenden Gerichtsabteilung vorgelegt.
2.20. Mit Beschlüssen des erkennenden Gerichtes vom 05.09.2022, GZlen.: W142 2258944-1/4Z, W142 2258943-1/4Z und W142 2258941-1/4 Z wurden den Beschwerden gemäß Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG jeweils die aufschiebende Wirkung zuerkannt und die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG für nicht zulässig erklärt.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zu den Personen der BF und den bisher geführten Verfahren:
Die BF sind Staatsangehörige von Bangladesch. Die BF1 und der BF2 bekennen sich zum Islam und gehören keiner Volksgruppe an.
Die BF1 und der BF2 sind verheiratet. Sie sind die Eltern der in Österreich geborenen minderjährige BF3. Die Identität der BF steht fest.
Die BF1 und der BF2 wurden in Bangladesch geboren und stammen beide aus Dhaka. Sie haben dort die Schule abgeschlossen und kennen sich seit ihrer Schulzeit. Die BF1 hat in Bangladesch ein Masterstudium abgeschlossen. Die BF1 und der BF2 haben im Herkunftsstaat nicht gearbeitet und verfügen über keine Berufsausbildung Sie wurden von ihren Eltern finanziell unterstützt.
Die BF1 und der BF2 sprechen die Sprache Bengali muttersprachlich. Der BF2 hat zudem Sprachkenntnisse in Hindi, Englisch, Deutsch (Niveau B1), Spanisch und Französisch. Die BF1 hat ebenso Kenntnisse in Hindi, Englisch und Deutsch (Niveau A1).
Der BF2 reiste, nachdem er in Bangladesch ein Studium begann, im Jahr 2013 erstmals nach Österreich, wo ihm mit September 2014 ein Aufenthaltstitel „Studierender“ ausgestellt wurde, welcher danach auch verlängert wurde. Ab dem Jahr 2017 wurde dem BF2 der Aufenthaltstitel „Schüler“ ausgestellt, welcher zuletzt bis 11.09.2018 gültig war. Der von ihm am 10.09.2018 gestellte Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ wurde mit Bescheid abgewiesen.
Der BF2 war im Zeitraum September 2013 bis Dezember 2014 melderechtlich nicht durchgehend im Bundesgebiet erfasst. Ab 12.12.2014 bis 09.04.2021 war er zwar durchgehend im Bundesgebiet angemeldet, er reiste jedoch zwischenzeitig auch in seinen Herkunftsstaat Bangladesch zurück. Er war im Zeitraum von 10.02.2017 bis 23.02.2017 in Bangladesch (Dhaka). Auch von 17.07.2018 bis 29.08.2018 war der BF2 (aufgrund seiner Hochzeit mit der BF1) in seinem Herkunftsstaat aufhältig. Am 05.09.2019 reiste der BF2 (freiwillig) aus dem Bundesgebiet in sein Heimatland Bangladesch aus.
Am 05.11.2019 reisten die BF1 und der BF2 (in Besitz von indischen Visa, gültig von 23.10.2019 bis 22.10.2020) von Bangladesch nach Indien (Neu-Delhi), wo sie bei der österreichischen Botschaft vorstellig wurden. Die BF1 und der BF2 stellten jeweils am 07.11.2019 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Student“. Am 15.11.2019 reisten die BF1 und der BF2 wieder von Indien in den Herkunftsstaat Bangladesch zurück. Von der österreichischen Botschaft in Neu-Delhi wurden der BF1 und dem BF2 am 08. bzw. 10.01.2020 jeweils ein Visum D, zur Abholung eines Aufenthaltstitels, ausgestellt (gültig von 25.01.2020 bis 24.05.2020). Am 28.02.2020 reisten die BF1 und der BF2 in Besitz dieser österreichischen Visa ins Bundesgebiet ein, wo sie sich seitdem aufhalten, jedoch melderechtlich nicht durchgehend erfasst sind.
Die BF1 und der BF2 verblieben nach Ablauf des österreichischen Visums (mit 24.05.2020) illegal in Österreich.
Die Anträge der BF1 und des BF2 auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Student“ wurden jeweils abgewiesen. Dagegen brachten die BF1 und der BF2 Beschwerden beim LVwG ein, welche mit 28.09.2020 bzw. 04.11.2020 als unbegründet abgewiesen wurden.
Der BF2 stellte am 14.10.2020 beim BFA einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK „Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens“ gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG (Aufenthaltsberechtigung plus). Die BF1 stellte am 13.11.2020 beim BFA einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK „Aufrechterhaltung des Privat und Familienlebens“ gemäß Paragraph 55, Absatz 2, AsylG (Aufenthaltsberechtigung). Diese beiden Anträge wurden mit Bescheiden des BFA vom 22.02.2021 gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 abgewiesen. Gemäß Paragraph 10, Absatz 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die BF1 und den BF2 jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 3, FPG erlassen. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Bangladesch zulässig ist und wurde gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
Die BF1 und der BF2 kamen dieser Ausreiseverpflichtung nicht nach, sondern stellten sie am 23.03.2021 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am römisch 40 wurde die BF3 im Bundesgebiet geboren und für diese am 13.07.2021 ebenso ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Mit nunmehr angefochtenen Bescheiden des BFA vom 29.07.2022 wurden die jeweiligen Anträge der BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen. Den BF wurde gemäß Paragraph 57, AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die BF jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und weiters gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung der BF gemäß Paragraph 46, FPG nach Bangladesch zulässig sei. Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht und der Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 5, BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, Ziffer 6, FPG wurde gegen die BF1 und den BF2 jeweils ein auf die Dauer von 3 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.
Mit Beschlüssen des BVwG vom 05.09.2022, GZlen.: W142 2258944-1/4Z, W142 2258943-1/4Z und W142 2258941-1/4 Z wurden den Beschwerden gemäß Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG jeweils die aufschiebende Wirkung zuerkannt und die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG für nicht zulässig erklärt.
Die Eltern, zwei Schwestern sowie mehrere Onkel und Tanten der BF1 leben nach wie vor im Herkunftsstaat (Dhaka). Die Eltern der BF1 sind wohlhabend. Sie beziehen Pension, leben in einem großen Haus und haben zusätzlich Einnahmen durch die Vermietung eines weiteren Eigentumshauses in Dhaka. Die BF1 steht mit ihrer Kernfamilie (Eltern und Geschwister) in regelmäßigem Kontakt und wird in Österreich von ihrem Vater mit 600-700€/Monat finanziell unterstützt.
Ebenso leben die Eltern sowie mehrere Onkel und Tanten des BF2 nach wie vor im Herkunftsstaat (Dhaka). Die Verwandten des BF2 können von ihrem Verdienst gut leben, der Vater des BF2 arbeitet als Manager. Auch er hat mit seiner Kernfamilie regelmäßig Kontakt und wird von seinen Verwandten mit 500-600€/Monat finanziell unterstützt.
Bei einer Rückkehr nach Bangladesch können die BF entweder bei den Verwandten der BF1 oder bei den Verwandten des BF2 unterkommen bzw. (finanziell oder vor Ort) Unterstützung durch diese erhalten.
Die BF1 hatte in der Schwangerschaft Diabetes. Nunmehr leidet sie an beiden Händen an einer Sehnenscheidenentzündung („Tenosynovitis de Quervainan rechts mehr als links“). Sie hat deshalb eine Salbe bekommen und eine Therapie gemacht. Bei anhaltenden Beschwerden kann eine Operation notwendig sein.
Der BF2 ist gesund, arbeitsfähig und nimmt keine Medikamente ein.
Die BF3 leidet an einer Hüftreifungsverzögerung links. Bei ihr wurde deshalb eine Hüftregulierungstherapie mittels Bandagen durchgeführt bzw. eine weitere Hüftregulierungstherapie im Alter von einem Jahr angeordnet.
Die BF1 und der BF2 haben in Österreich bereits zwei Corona-Schutzimpfungen erhalten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF gegenwärtig an lebensbedrohlichen Erkrankungen oder medizinischen Problemen leiden würden, welche einer Rückkehr nach Bangladesch entgegenstehen würden.
Die BF1 und der BF2 sind strafrechtlich unbescholten, die BF3 ist strafunmündig.
Die BF leben in Österreich gemeinsam in einer Mietwohnung. Sie beziehen seit Mai 2021 keine Leistungen aus der Grundversorgung, sondern finanzieren sich ihren Aufenthalt im Bundesgebiet durch Ersparnisse und finanziellen Zuwendungen ihrer Verwandten. Die BF sind in Österreich krankenversichert. In ihrer Freizeit machen die BF Ausflüge, Spaziergänge oder gehen baden.
Die BF1 hat im Bundesgebiet keine Schule besucht, keine Ausbildung absolviert, nicht gearbeitet und ist keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nachgegangen. Sie ist kein Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen und hat in Österreich keine nennenswerten Freundschaften geschlossen. Die BF1 hat im Bundesgebiet auch keinen Deutschkurs besucht, sondern sich ihre Deutschkenntnisse (Niveau A1) bereits in Bangladesch angeeignet.
Der BF2 hat im Bundesgebiet 2 Jahre lang ein Kolleg besucht, jedoch nicht abgeschlossen. Er wurde im August 2019 für das Bachelorstudium Soziologie an der Johannes-Kepler-Universität Linz zugelassen, unter der Bedingung, eine Ergänzungsprüfung in Deutsch C1 (im Vorstudiengang) abzulegen. Er hat die Lehrveranstaltungsprüfungen „Deutsch als Fremdsprache B1“ und „Grundkurs Tschechisch A1/A2“ am 24.06.2020 mit der Note „genügend“ abgeschlossen, die Deutsch C1-Prüfung hat er bis dato nicht absolviert.
Der BF2 war in Österreich im Zeitraum von Juni 2015 bis Dezember 2018 als Arbeiter bzw. geringfügig Beschäftigter (Koch/Kellner) tätig. Seitdem ging er keiner Beschäftigung mehr im Bundesgebiet nach. Er konnte eine Arbeitgebererklärung für eine Tätigkeit als Koch (40h/Woche für 2.400€ brutto/Monat) aus dem Jahr 2020 vorlegen.
Der BF2 hat keine ehrenamtlichen Tätigkeiten verrichtet. Er ist Mitglied in einem Kulturverein von Bangladesch und hat einen österreichischen Führerschein.
Bei der bald 1,5-jährigen BF3 handelt es sich um ein Kleinkind, das in Obhut ihrer Eltern steht.
Im Bundesgebiet lebt die hier aufenthaltsberechtigte Schwester des BF2 gemeinsam mit ihrem österreichischen Ehemann. Ein gegenseitiges finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis oder ein intensives Naheverhältnis zu diesen Personen besteht nicht. Es liegt auch kein gemeinsamer Haushalt vor. Der Kontakt zu der im Bundesgebiet lebenden Schwester des BF2 bzw. ihrem Ehemann beschränkt sich auf gelegentliche Besuche und telefonischen Kontakt. Sonstige enge soziale Anknüpfungspunkte in Österreich bestehen nicht. Der BF2 konnte Freundschaften im Bundesgebiet knüpfen.
1.2. Zu den Fluchtgründen der BF:
Es kann nicht festgestellt werden, dass die BF in Bangladesch einer asylrelevanten individuellen und/oder staatlichen Verfolgung ausgesetzt waren oder im Falle ihrer Rückkehr einer solchen ausgesetzt wären.
Asylrelevante Verfolgungsgründe aufgrund von Religion, Nationalität, politischer Einstellung, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder ethnischer Zugehörigkeit wurden nicht glaubhaft vorgebracht und kamen auch amtswegig nicht hervor.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr der BF in ihren Herkunftsstaat:
Die BF laufen nicht konkret Gefahr, in ihrem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe beziehungsweise der Todesstrafe unterworfen zu werden oder in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Notlage zu geraten.
1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat der BF wird auf nachstehende Länderberichte des angefochtenen Bescheides verwiesen (vom erkennenden Gericht auf die für die Entscheidung wesentlichen Teile gekürzt):
COVID-19
Letzte Änderung: 08.06.2021
Der Regierung wird vorgeworfen, dass die Vorbereitung auf die Viruserkrankung im Inland inadäquat gewesen sind. COVID-19-Testungen waren zunächst nur in der Hauptstadt Dhaka möglich gewesen. Anfang April 2020 nahmen Diagnostikeinrichtungen am Rajshahi Medical College und am Cox's Bazar Medical College ihre Tätigkeiten auf und testen seitdem Bewohner ihrer jeweiligen Regionen auf eine Infektion mit COVID-19. Mit Ende März 2020 erließ die Regierung weitreichende Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Das Transportwesen, Einkaufsmöglichkeiten, behördliche Dienste und anderes wurden auf das nötigste reduziert. Von den erlassenen Kontakt- und Arbeitsbeschränkungen ist ein Großteil der bangladeschischen Bevölkerung betroffen. Viele stehen dadurch vor unmittelbar existenzbedrohenden finanziellen Risiken. Viele Großaufträge beispielsweise im Bereich der Textilindustrie wurden zurückgezogen. Diese Maßnahmen bedeuteten einen Wegfall der Einkommensgrundlage von 4,1 Millionen Textilarbeitern, die zu den Geringverdienern in Bangladesch zählen. Einige Textilfabriken stellten jedoch ihre Produktion teilweise auf die Herstellung von Atemschutzmasken und Schutzanzügen um. Lokale Initiativen von einkommensstärkeren Personen versuchen, die Grundversorgung von einkommensschwächeren Familien durch die Verteilung von Lebensmitteln in den jeweiligen Anwohnergebieten aufrecht zu erhalten. Auch die Regierung hat erste staatliche Entlastungsprogramme in die Wege geleitet. Darunter Programme zur finanziellen Unterstützung der in der Landwirtschaft Tätigen oder für Personen, die in extremer Armut leben (GIZ 11.2020; vergleiche ÖB 9.2020). Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association etwa 36 Millionen Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit, 25 Millionen rutschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020).
Die bangladeschische Regierung hat im April 2020 Hilfspakete mit einem Volumen in Höhe von 12 Milliarden USD beschlossen. Die Konjunkturmaßnahmen zielen unter anderem auf eine Stützung von für die Wirtschaft bedeutende Industriezweige wie die Textil- und Bekleidungsherstellung sowie den Agrar- und Nahrungsmittelsektor ab (GTAI 21.9.2020a). Der durch die Regierung verhängte umfassende Lockdown war de facto jedoch immer brüchig und wurde einmal mehr und einmal weniger eingehalten. Am 30.5.2020 wurde der Lockdown wieder aufgehoben, da eine weiter Fortsetzung wirtschaftlich nicht mehr vertretbar war (ÖB 9.2020).
Das ohnehin schwache Gesundheitssystem Bangladeschs ist mit der Pandemie völlig überlastet (ÖB 9.2020). Angesichts der historisch niedrigen Ausgaben für die öffentliche Gesundheitsversorgung im Land erwiesen sich die Einrichtungen als unzureichend, schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet, um die Krise zu bewältigen (AI 7.4.2021). Die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen. Landesweit sind etwas mehr als knapp 1.000 Intensivbetten verfügbar. Davon sind 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet. Während es in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten gibt, stehen in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine zur Verfügung (GTAI 21.9.2020b).
Eine weitere Problemstellung für das Land stellen die zahlreichen Rückkehrer aus den Ländern des Nahen Ostens aufgrund des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs dar. Viele bringen so das Virus auf ihrem Heimweg mit ins Land. Da viele Migranten aus Bangladesch im Nahen Osten im Zuge der COVID-Krise ihre Arbeit verloren haben und ausgewiesen wurden, ist in den kommenden Jahren mit einem vermehrten Aufkommen von AsylwerberInnen aus Bangladesch in (West-)Europa zu rechnen (ÖB 9.2020).
COVID-19 erhöht Risiken im Zusammenhang mit geschlechtsspezifischer Gewalt und setzen Frauen und Kinder zusätzlichen Bedrohungen aus (iMMAP 3.2021).
Die Behörden gehen gegen Journalisten und Medien vor, die kritisch über die Reaktion der Regierung auf die COVID-19-Pandemie berichten (HRW 20.5.2021; vergleiche AI 19.5.2021). Kritische Journalisten sehen sich systematischen Verleumdungsklagen ausgesetzt (ÖB 9.2020). Eine Überwachung von Personen, die "Gerüchte" über die Covid-19-Pandemie verbreiten könnten, wird verstärkt, die Medienzensur verschärft (HRW 20.5.2021).
Nachdem die Zahl der Neuinfektionen im April 2021 Tagen stark angestiegen, wurden die Anfang April 2021 eingeführten Abriegelungsmaßnahmen, die auch die Schließung von Geschäften beinhaltet, aufgrund der sich verschlechternden Situation weiter verschärft (BAMF 12.4.2021).
Das Außenministerium des Landes bestätigt Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Massenimpfprogrammes wegen einem Fehlen an den dafür notwendigen Impfstoff-Dosen. Bisher hat Bangladesch erst 7 Millionen Dosen (darüber hinaus schenkte Indien 3,2 Millionen Dosen separat) einer vertraglich mit Indien vereinbarten Menge von 30 Millionen Dosen des vom Serum Institute of India hergestellten Oxford AstraZeneca-Impfstoffs erhalten (AnAg 22.5.2021).
Um eine Übertragung von den als ansteckender eingestuften Varianten des COVID-19-Virus aus Indien zu verhindern, wurden Flüge abgesagt und Grenzen geschlossen (TG 5.5.2021).
Quellen:
AnAg – Anadolu Agency (22.5.2021): Bangladesh extends border lockdown with India, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-extends-border-lockdown-with-india/2251062, Zugriff 25.5.2021
AI – Amnesty International (19.5.2021): Bangladesh: Rozina Islam must not be punished for her journalistic work, Zugriff 19.5.2021
https://www.ecoi.net/de/dokument/2051859.html, Zugriff 1.6.2021
AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html, Zugriff 18.5.2021
BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (12.4.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/EN/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw15-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 17.5.2021
GIZ – Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2020a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 17.5.2021
GTAI - Germany Trade and Invest (21.9.2020a): Covid-19: Maßnahmen der Regierung, https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/covid-19-massnahmen-der-regierung-260866, Zugriff 5.11.2020
GTAI - Germany Trade and Invest [Deutschland] (21.9.2020b): Covid-19: Gesundheitswesen in Bangladesch: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/bangladeschs-wirtschaft-behauptet-sich-trotz-coronakrise-260868, Zugriff 5.11.2020
HRW – Human Rights Watch: Bangladesh (20.5.2021): Arrest of Journalist Investigating Corruption, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052025.html, Zugriff 1.6.2021
iMMAP – Information Management and Mine Action Programs (Autor), veröffentlicht von ReliefWeb (3.2021): COVID-19 Situation Analysis , https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/iMMAP_COVID-19_Bangladesh_Analysis%20Report_032021.pdf, Zugriff 17.5.2021ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
TG – The Guardian (5.5.2021): India’s neighbours close borders as Covid wave spreads across region, https://www.theguardian.com/world/2021/may/05/indias-neighbours-close-borders-as-covid-wave-spreads-across-region, Zugriff 25.5.2021
Politische Lage
Letzte Änderung: 08.06.2021
Bangladesch ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Die Unabhängigkeit und der Übergang zur Demokratie brachten ein Einparteiensystem, mehrere Militärputsche (1975 und 1982), zwei Übergangsregierungen, Ausnahmezustände und Machtkämpfe zwischen den beiden großen Parteien, der Bangladesh Nationalist Party (BNP) und der Awami-Liga (AL). Die beiden Parteien regieren Bangladesch seit 1991 abwechselnd (OMCT 7.2019).
Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch. Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 9.2020). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).
Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300 direkt gewählten Abgeordneten (ÖB 9.2020) sowie zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 30.3.2021; vergleiche GIZ 11.2019a). Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der BNP und der AL als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 9.2020).
Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien AL und BNP bestimmt (ÖB 9.2020; vergleiche AA 21.6.2020, BS 29.4.2020). Klientelismus und Korruption sowie mafiöse Strukturen sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 21.6.2020). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit um die Führung des Landes konkurriert haben. Unterstützt werden die beiden Parteien von einem kleinen Kreis von Beratern (FH 3.3.2021). Wie in der Region üblich, geht es bei politischen Parteien weniger um Ideologie, als um einzelne Persönlichkeiten und deren Netzwerke, die im Falle eines Wahlsieges auch finanziell profitieren, in dem sie mit wichtigen Staatsposten versorgt werden (ÖB 9.2020).
Bei den Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die "Große Allianz" um die regierende AL einen überragenden Sieg (ÖB 9.2020) mit 96 Prozent der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitzen (Guardian 30.12.2018; vergleiche DT 27.1.2019, DW 14.2.2019). Diese waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020).
Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist. Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a). Die rivalisierenden Parteien AL und BNP dominieren die Politik und schränken die politischen Handlungsmöglichkeiten für diejenigen ein, die parteiinterne Strukturen oder Hierarchien in Frage stellen oder alternative Parteien oder politische Gruppierungen gründen wollen, Animositäten zwischen den Parteispitzen von AL und BNP die sich bis in die Kader der unteren Ebenen ziehen, haben zu andauernder politischer Gewalt beigetragen (FH 3.3.2021).
Da die Politik in Bangladesch generell extrem korrupt ist, sind die Grenzen zwischen begründeter Strafverfolgung und politisch motivierter Verfolgung fließend. Sicherheitskräfte sind in jüngster Vergangenheit sowohl bei Demonstrationen von Anhängern der beiden Großparteien, als auch bei islamistischen oder gewerkschaftlichen Protesten mit Brutalität vorgegangen. Im Zuge des Wahlkampfes Ende 2018 wurden gegen Anhänger und KandidatInnen der oppositionellen BNP durch die Sicherheitsbehörden falsche Anzeigen verfasst (ÖB 9.2020).
Mehrere Menschenrechtsgruppen haben seit Anfang 2018 einen dramatischen Anstieg von fingierten Klagen gegen Gegner der Regierungspartei festgestellt. Unter den Verhafteten befinden sich prominente Führer des Oppositionsbündnisses (FIDH 29.12.2018). Die BNP-Vorsitzende, Khaleda Zia, war von März 2018 bis März 2020 aufgrund von Korruptionsvorwürfen im Gefängnis (AA 21.6.2020; vergleiche NAU 25.3.2020). Seit diese auf freiem Fuß ist, sind praktisch keine Aktivitäten der BNP mehr wahrnehmbar (ÖB 9.2020).
Nachdem die oppositionelle BNP nunmehr nicht existent ist und im politischen Prozess kaum bis gar keine Rolle mehr spielt, ist eine Verfolgung, bzw. Unterdrückung ihrer AnhängerInnen aus Sicht der Regierung offenbar nicht mehr nötig. Anzumerken ist, dass seit März 2020 das politische Geschehen vollständig von der COVID-Krise überlagert wird (ÖB 9.2020; vergleiche HRW 13.1.2021).
Von einer staatlichen Überwachung der politischen Opposition ist auszugehen (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029402/country_report_2020_BGD.pdf, Zugriff 10.11.2020
DT – Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3 by-polls, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 10.11.2020
DW – Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 10.11.2020
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 28.5.2021)
FIDH - International Federation for Human Rights (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 10.11.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11.2019a): Bangladesch – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 10.11.2020
OMCT – World Organisation Against Torture (7.2019): Cycle of Fear - Combating Impunity for Torture and Strengthening the Rule of Law in Bangladesh, https://www.omct.org/files/2019/07/25475/cycleoffear_bangladesh_report_omct.pdf, Zugriff 1.6.2021
HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 28.5.2021
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 11.11.2020
NAU – Schweizer Nachrichtenportal (25.3.2020): Bangladeschs Oppositionsführerin Zia aus Haft entlassen, https://www.nau.ch/politik/international/bangladeschs-oppositionsfuhrerin-zia-aus-haft-entlassen-65684195, Zugriff 10.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 28.5.2021
Sicherheitslage
Letzte Änderung: 08.06.2021
Die Sicherheitslage in Bangladesch ist volatil und kann sich kurzfristig deutlich verschlechtern (EDA 27.5.201; vergleiche DFAT 22.8.2019). Zwischen religiösen beziehungsweise ethnischen Gemeinschaften bestehen latente Spannungen, die sich teilweise ohne grosse Vorwarnung in lokalen, gewaltsamen Zusammenstössen entladen können (EDA 27.5.2021). Terroristische Anschläge islamistischer Extremistengruppen verfügen über ein Gefährdungspotential gegenüber dem Staat (DFAT 22.8.2019). 2017 kam es im Land zu mehreren Selbstmordattentaten (SATP 26.5.2021a). Der "Islamische Staat" ruft zu weiteren Attentaten auf (BMEIA 27.5.2021).
Die Regierungen Bangladeschs stehen vor der Herausforderung, mit extremistischen islamistischen Gruppen umzugehen, die Gewalt gegen eine Vielzahl von staatlichen und zivilen Zielen planen oder ausführen können. Von den Behörden wurde auf solche Angriffe stets robust reagiert. Wichtige militante Gruppen wurden verboten und Hunderte von Kämpfern verhaftet. Menschenrechtsgruppen berichten, dass Sicherheitsoperationen gegen militante Gruppen zu einer hohen Zahl von außergerichtlichen Tötungen führen (DFAT 22.8.2019).
Es wird davon ausgegangen, dass Operationen gegen terroristische Gruppen, zusammen mit der sich allmählich verbessernden Koordination der Regierung bei der Terrorismusbekämpfung, die Fähigkeiten militanter Gruppen verringert haben. Trotzdem kann das Risiko weiterer Anschläge nicht ausgeschlossen werden (DFAT 22.8.2019). Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). Das South Asia Terrorism Portal (SATP) verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2019 insgesamt 99 Vorfälle terrorismusrelevanter Gewalt im Land. Im Jahr 2020 wurden 88 solcher Vorfälle, bis zum 26.5.2021 wurden insgesamt 35 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 28.5.2021b).
Bangladesch hat seine Ansprüche an den Seegrenzen zu Myanmar und Indien an den Internationalen Seegerichtshof herangetragen; der Besuch des indischen Premierministers Singh im September 2011 in Bangladesch führte zur Unterzeichnung eines Protokolls zum Landgrenzenabkommen zwischen Indien und Bangladesch von 1974, das die Beilegung langjähriger Grenzstreitigkeiten über nicht abgegrenzte Gebiete und den Austausch von territorialen Enklaven vorsah, aber nie umgesetzt wurde (CIA 4.5.2021). An der Grenze zu Indien kommt es immer wieder zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzsicherungsorganen. Regelmäßig werden dabei Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren oder sich im Nahbereich der Grenze befinden (DT 22.12.2020).
Der inter-ethnische Konflikt in Myanmar wirkt sich auf Bangladesch aus. Er hat politische und soziale Spannungen, insbesondere aufgrund der Ankunft von rund einer Million Rohingya-Flüchtlingen seit August 2017 verstärkt (EDA 27.5.2021; vergleiche CIA 4.5.2021). Die Rohingya werden von den Behörden Bangladeschs als zusätzlichen Sicherheitsbedrohung in Cox's Bazar mit möglichen Auswirkungen auf kommunale Gewalt, Menschenschmuggel, Drogen- und Menschenhandel und einhergehenden möglichen Radikalisierungen wahrgenommen (DFAT 22.8.2019). Durch die myanmarischen Grenzbehörden wurde eine 200 km langer Drahtsperranlage, der illegale Grenzübertritte und Spannungen durch die militärische Aufrüstung entlang der Grenze verhindern soll, errichtet (CIA 24.5.2021).
Potential für Bedrohungen mit Bezug auf die Sicherheitslage haben ebeno politisch motivierte Gewalt (insbesondere im Vorfeld von Wahlen) (DFAT 22.8.2019). Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere der Awami League (AL) und der Bangladesh Nationalist Party (BNP), ist für den größten Teil der Gewalt im Land verantwortlich. Die Animositäten zwischen den beiden Parteien sowie zwischen den Kadern der unteren Ebenen haben zu andauernder politischer Gewalt beigetragen (HRW 13.1.2021; vergleiche ACLED 9.11.2018). Die regierende AL hat ihre politische Macht durch anhaltende Schikanen gegenüber der Opposition und den als mit ihr verbündet wahrgenommenen Personen sowie gegenüber kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft gefestigt (FH 3.3.2021). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018). Im Jahr 2020 wurden 73 Tote und 2.883 Verletzte aufgrund politischer Gewalt sowie 2.339 Verletzte bei innerparteilichen Zusammenstößen registriert. Gewaltsame politische Proteste und wahlbezogene Gewalt hielten auch 2020 an (HRW 13.1.2021; vergleiche ODHIKAR 25.1.2021).
Von nichtstaatlichen Akteuren (insbesondere der Opposition, Islamisten, Studenten) geht in vielen Fällen nach wie vor Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene "Studentenorganisationen". Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 21.6.2020).
Es kommt zu Fällen krimineller Gewalt, sowie zu sporadische Zusammenstößen in den Chittagong Hill Tracts (CHT) zwischen indigenen Gruppen und bengalischen Siedlern wegen Landbesitz und -nutzung (DFAT 22.8.2019). Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden und sich in gewalttätige Auseinandersetzungen entladen (UKFCO 27.5.2021; vergleiche AA 28.7.2020, AI 1.4.2021). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie etwa Racheakte oder Landraub, Grund für solche Vorfälle sind (AA 21.6.2020).
Die Schutzfähigkeit staatlicher Behörden ist grundsätzlich gering. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland [Deutschland] (28.7.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 9.11.2020
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 5.11.2020
AI – Amnesty International (1.4.2021): Bangladesh authorities must conduct prompt, thorough, impartial, and independent investigations into the death of protesters and respect people’s right to peaceful assembly, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048271.html, Zugriff 27.4.2021
BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres [Österreich] (27.5.2021) (Unverändert gültig seit: 26.05.2021): Bangladesch (Volksrepublik Bangladesch) – Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 27.5.2021
CIA – Central Intelligence Agency [USA] (24.5.2021): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/, Zugriff 28.5.2021
DT – DhakaTribune (22.12.2020): Bangladesh sees highest border deaths in 10 years, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/2020/12/22/bangladesh-sees-highest-border-deaths-in-10-years, Zugriff 25.5.2021
EDA - Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (27.05.2021) (publiziert am 14.08.2020): Bangladesch, Spezifische regionale Risiken, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/bangladesch/reisehinweise-fuerbangladesch.html#par_textimage, Zugriff 27.5.2021
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 19.5.2021
HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 28.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 28.5.2021
SATP – South Asia Terrorism Portal (26.5.2021a): Yearly Suicide Attacks, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/suicide-attacks/bangladesh, Zugriff 28.5.2021
SATP – South Asia Terrorism Portal (26.5.2021b): Data Sheet – Bangladesh, Yearly Sucide Attacks, Advance Search 2000 - 2021, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 28.5.2021
UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office [UK] (27.5.2021) (erstellt am: 24.5.2021): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, Political violence, Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 27.5.2021
Rechtsschutz / Justizwesen
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Politisierung der Justiz und der Druck auf sie halten an (FH 3.3.2021). Seit die Awami-Liga (AL) im Jahr 2009 an die Macht kam, hat die von ihr geführte Regierung begonnen, erheblichen Einfluss auf die Justiz auszuüben (FIDH 25.1.2021). Vorwürfe des politischen Drucks auf Richter sind üblich, ebenso wie der Vorwurf, dass unqualifizierte AL-Loyalisten in Gerichtspositionen berufen werden (FH 3.3.2021). Wie die meisten Beobachter übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 8.2019). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom Dezember 2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018). Strafanzeigen gegen Mitglieder der Regierungspartei werden regelmäßig aus "politischer Rücksichtnahme" zurückgezogen (FH 3.3.2021).
Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court). Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen Common Law. Die erstinstanzlichen Gerichte bestehen aus "Magistrates", die der Exekutive zuzurechnen sind, sowie Session und District Judges, die der Judikative angehören. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem High Court, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem Appellate Court, dessen Entscheidungen alle übrigen Gerichte, einschließlich des High Court, binden. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 9.2020).
Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des Öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden. Dennoch wird diese Unabhängigkeit der Justiz durch Überlastung, überlange Verfahrensdauern, Korruption und politische Einflussnahme behindert (ÖB 9.2020). Die Einflussnahme der Regierungspartei auf Parlament und Justiz haben deren Unabhängigkeit inzwischen weitgehend beseitigt (AA 21.6.2020).
Auf Grundlage des "Public Safety Act", des „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act”, “Women and Children Repression Prevention Act” sowie des "Special Powers Act" wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen – es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Speedy Trial Tribunals haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zu Tode verurteilt (ÖB 9.2020).
Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden (ÖB 9.2020). In ländlichen Gebieten kommt es zu Verurteilungen durch unbefugte Dorfälteste oder Geistliche nach traditionellem, islamischem "Scharia Recht". Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 9.2020). Nicht immer greifen die Behörden ein (AA 21.6.2020). Obwohl diese "Gerichte" eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 5.8.2020
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 19.5.2021
FIDH -International Federation for Human Rights (Autor), ODHIKAR (Autor) (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020 Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 19.5.2021
FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 3.4.2020
ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
Sicherheitsbehörden
Letzte Änderung: 08.06.2021
Das Militär hat sich seit der Unabhängigkeit mehrfach in die Politik eingemischt (DFAT 22.8.2019) und ist für die Landesverteidigung zuständig, jedoch auch für einige Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit verantwortlich (USDOS 30.3.2021). Nach einem gescheiterten Putschversuch im Jahr 2012 hat die Awami League (AL) Berichten zufolge das Militär von Regierungskritikern, Anhängern der Oppositionsparteien und Offizieren mit engen Kontakten zum pakistanischen Militär gesäubert. Die Regierung hat Berichten zufolge auch die Gehälter erhöht, mehr hochrangige Positionen geschaffen, hochrangigen Offizieren wertvolles Land zugewiesen und dem Militär erlaubt, seine Kontrolle über die Chittagong Hill Tracts (CHT) und die dort lebenden indigene Bevölkerung zu konsolidieren (DFAT 22.8.2019). Die Streitkräfte sind gegenwärtig mit UN-Einsätzen sowie lukrativen Wirtschaftsverflechtungen ruhig gestellt (AA 21.6.2020). Das Militär untersteht dem Verteidigungsministerium (USDOS 30.3.2021).
Die Sicherheitskräfte, die die nationale Polizei, den Grenzschutz und Antiterroreinheiten wie das Rapid Action Battalion umfassen, halten die innere und die Grenzsicherheit aufrecht. Zivilen Behörden behielten eine effektive Kontrolle über die Sicherheitskräfte (USDOS 30.3.2021).
Die Polizei von Bangladesch ist die wichtigste Strafverfolgungsbehörde des Landes und spielt eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung im Land. Der Innenminister ist für das Ressort zuständig (DFAT 22.8.2019; vergleiche USDOS 30.3.2021)
Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 21.6.2020). Die Regierung unternimmt Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern (ÖB 9.2020). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 9.2020).
Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden, erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über zwei Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 9.2020).
Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten "Bangladesch Police", die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung (ÖB 9.2020).
Rapid Action Batallions (RABs): Es gibt etwa 15 RABs mit insgesamt ca. 9.000 Mann, die ebenfalls dem Innenministerium unterstellt sind. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen. Die RABs sind hauptsächlich in urbanen Zentren stationiert, rekrutieren sich hauptsächlich aus Polizei und Armee, sind gut ausgebildet und mit moderner Ausrüstung versehen (ÖB 9.2020). Ihnen werden schwere Menschenrechtsverstöße wie z.B. außergerichtliche Tötungen zugeschrieben (AA 21.6.2020). Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete "Gang"-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt. Sie werden auch bei Demonstrationen eingesetzt, wobei exzessive Gewalt, Gummigeschosse aber auch scharfe Munition gegen Demonstranten zum Einsatz kam, welche wiederholt Todesopfer forderten. Es kam trotz zahlreicher Verhaftungen noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen gegen Mitglieder der RABs (ÖB 9.2020).
Bangladesh Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leicht bewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB 9.2020).
Border Guard Bangladesh (BGB) – ehem. Bangladesh RiflesRifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Home Ministry [Innenministrium], wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BGB ist auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB 9.2020).
Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches "Platoon" [Zug] mit jeweils 32 Personen geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sog. Town Defence Parties (ÖB 9.2020).
Special Branch of Police (SB): Sie ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 21.6.2020).
Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig „verschwinden“ (AI 30.1.2020). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, sodass diese straflos bleiben. Auch im Falle einer Beschwerde herrscht weitestgehend Straffreiheit. Wenn allerdings die Medien Polizeiversagen öffentlich anprangern, werden durch die politische Ebene die zuständigen Polizisten oft bestraft (AA 21.6.2020). Die Regierung streitet weiterhin das Verschwindenlassen von Personen und andere Verstöße durch Sicherheitskräfte, sowie außergerichtliche Tötungen ab (ODHIKAR 25.1.2021). Die Sicherheitskräfte versuchen, unrechtmäßige Tötungen zu vertuschen, indem sie behaupteten, dass es bei einem Schusswechsel oder im Kreuzfeuer zu Todesfällen gekommen ist. Hunderte Menschen wurden angeblich in solchen "Kreuzfeuern" getötet (ODHIKAR 25.1.2021).
Die Sicherheitskräfte exekutieren nahezu ungestraft außergerichtliche Tötungen. Nach der Tötung eines pensionierten Militäroffiziers, sahen sich die Behörden jedoch gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, und die Zahl der "Opfer von Kreuzfeuern, Schießereien oder Begegnungsgefechten" - Euphemismen für außergerichtliche Tötungen - ging in einem hohen Ausmaß zurück. Dieser Faktor deutet darauf hin, dass die Behörden diesen Tötungen jederzeit ein Ende setzen können (HRW 13.1.2021).
Die Professionalität variiert innerhalb der Polizei. Das nationale System der Polizeiarbeit kann effektiv sein und die Polizei hat oftmals ihre Fähigkeiten unter Beweis gestellt, Verdächtige im ganzen Land aufzuspüren. Politische und bürokratische Einmischung stellen jedoch große Hindernisse für die Effizienz der Polizei dar. Mit der Regentschaft betraut, haben sowohl Awami League (AL) als auch die Bangladesh Nationalist Party (BNP) die Polizei benutzt, um oppositionelle Kräfte zu untergraben. Viele Politiker haben das stark bürokratisch geprägte Polizeiystem für die Durchsetzung ihrer eigenen Interessen missbraucht. Während leitende Beamte relativ gut ausgebildet und gut bezahlt werden und wichtige Positionen innerhalb der Bürokratie einnehmen, sind die unteren Ränge oftmal schlecht bezahlt, nur in einem geringen Maß ausgebildet und mangelhaft ausgestattet. Die niedrigen Gehälter ermutigen einige Polizisten, ihr Einkommen durch die Forderung von Bestechungsgeldern von Bürgern aufzubessern. Das Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Polizei und den Sicherheitsdiensten hält viele Bürger des Landes davon ab, sich an die staatlichen Stellen zu wenden, um Hilfe zu suchen oder kriminelle Vorfälle zu melden. Ermittlungen zu polizeilichem Fehlverhalten sind intern und es mangelt ihnen im Allgemeinen an Transparenz und Glaubwürdigkeit. Es wird davon ausgegangen, dass die meisten Bangladeschis, insbesondere diejenigen mit Verbindungen zu Oppositionsparteien, eine Zusammenarbeit mit der Polizei vermeiden (DFAT 22.8.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html, Zugriff 19.5.2021
AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/document/2023864.html, Zugriff 12.11.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 19.5.2021
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 9.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 19.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 19.5.2021
Folter und unmenschliche Behandlung
Letzte Änderung: 16.06.2021
Obwohl Folter und grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung durch die Verfassung und Gesetze verboten sind, gibt es weiterhin Vorwürfe von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte und Geheimdienste (USDOS 30.3.2021). Im Fokus der Kritik bezüglich Folter wie auch extralegaler Tötungen stehen dabei insbesondere die Angehörigen der Rapid Action Battalions (RAB) (ÖB 9.2020; vergleiche USDOS 30.3.2021, ODHIKAR 25.1.2021, OMTC 7.2019). Die Zahl der Todesopfer soll laut Angaben diverser NGOs in die Hunderte gehen, die meisten davon im Zuge von vorgeblichen Feuergefechten, bei denen es sich jedoch zumeist um Hinrichtungen handelt (ÖB 9.2020). Die Behörden gehen entsprechenden Anzeigen nur selten nach (USDOS 30.3.2021). Das Gesetz zur Verhinderung von Folter und Tod in Gewahrsam (Torture and Custodial Death Prevention Act) aus dem Jahr 2013 wird aufgrund mangelnden politischen Willens und Unkenntnis der Strafvollzugsbehörden unzureichend umgesetzt (ODHIKAR 25.1.2021; vergleiche USDOS 30.3.2021). Missbrauch durch staatliche Akteure bleibt weitgehend straflos (USDOS 30.3.2021; vergleiche AHRC 10.12.2020).
Per Gesetz ist es Richtern möglich, über Verdächtige Untersuchungshaft zu verhängen, während dieser Befragungen ohne Beisein eines Anwalts erfolgen können. Laut Menschenrechtsorganisationen fanden viele Fälle von Folter in dieser Phase statt. Sicherheitsbehörden wenden Drohungen, Schläge und verschiedenste Foltermethoden, manchmal Vergewaltigungen und andere sexuelle Übergriffe an, um Informationen von mutmaßlichen Aufständischen und Oppositionellen zu erlangen (USDOS 30.3.2021). Zahlreiche Fälle von Folter und unmenschlicher Behandlung erscheinen politisch motiviert (ÖB 9.2020), Sicherheitskräfte sollen Methoden von Folter - gelegentlich mit Todesfolge - anwenden, um Schmiergelder oder Geständnisse zu erpressen und Informationen von mutmaßlichen Militanten und Mitgliedern politischer Oppositionsparteien zu erhalten (USDOS 30.3.2021). Auch auch vulnerable Gruppen sind von Folter betroffen (OMCT 14.8.2019).
Sicherheitskräfte begehen ungestraft Verschleppungen, außergerichtliche Tötungen und Folter (AHRC 10.12.2020). Im Jahr 2020 wurden mutmaßlich 19 Personen zu Tode gefoltert. 17 Tötungen erfolgten durch die Polizei, eine durch Kräfte der RAB und eine von den Gefängnisbehörden. Etwa 225 Personen wurden 2020 in Bangladesch außergerichtlich getötet, zwei Personen waren Frauen (ODHIKAR 25.1.2021; vergleiche AI 7.4.2021), mindestens 45 Rohingya-Flüchtlinge wurden 2020 meist bei Einsätzen im Rahmen des "Kriegs gegen Drogen", einer 2018 gestarteten Regierungskampagne, offenbar von Angehörigen verschiedener Strafverfolgungsbehörden außergerichtlich hingerichtet (AI 7.4.2021; vergleiche ODHIKAR 25.1.2021).
Von Jänner bis Dezember 2020 wurden landesweit 31 Personen verschleppt. Sechs von ihnen wurden bisher tot aufgefunden, 22 tauchten wieder auf, der Verbleib der restlichen Personen ist unklar (ODHIKAR 25.1.2021). Die meisten Opfer des Verschwindenlassens wurden als Oppositionsführer und Dissidenten identifiziert (TDPA 2.1.2021). Es wird behauptet, dass staatliche Sicherheitskräfte in diese Verschleppungen involviert sind, in einigen Fällen wurden Beweise dafür sichergestellt. Auch gibt es Vorwürfe, dass Mitglieder der Strafverfolgungsbehörden ihre eigene Identität verheimlichten und Menschen unter der Identität anderer Kräfte oder Behörden verschleppen (ODHIKAR 25.1.2021).
Die Regierung verfolgt Andersdenkende mit dem Digital Security Act-2018 (DSA), dem Special Powers Act-1974 und anderen Gesetzen (AHRC 10.12.2020) und ignoriert wichtige Empfehlungen der Vereinten Nationen und anderer Organisationen, bzw. weist zurück. Insbesondere im Hinblick auf das harte Durchgreifen gegen die freie Meinungsäußerung unter dem DSA und den zunehmenden Fällen von Verschleppungen und Tötungen (HRW 13.1.2021).
Trotz internationaler Verpflichtungen hat Bangladesch bisher keine Schritte zur Etablierung eines effektiven Opfer- und Zeugenschutzes getätigt und auch keine Prozeduren eingeleitet, die es Opfern ermöglicht, ihr Beschwerderecht ohne Angst vor Vergeltung wahrzunehmen. Folteropfer und deren Familien werden nach Anzeigen gegen Sicherheitsbeamte häufig bedroht und in vielen Fällen wird ihnen Geld angeboten, damit sie die Beschwerde zurückziehen. In den wenigen Fällen, die vor Gericht gelangen, sind die Opfer mit einem dysfunktionalen und parteiischem Justizsystem konfrontiert (OMCT 26.6.2018). Laut einer Studie der Organisation "The Death Penalty Project" seien selbst Richter in Bangladesch größtenteils der Ansicht, dass Folter ein legitimes Mittel sein könne, um zu Geständnissen zu gelangen. Lediglich in Einzelfällen kommt es aber zu Verurteilungen nach bewiesener Folter (AA 21.6.2020). Maßnahmen zur Verfolgung von Folter und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen sind als gering zu bezeichnen (OMCT 7.2019).
Trotzdem fällte im September 2020 ein Gericht in Dhaka erstmals ein Urteil nach dem "Torture and Custodial Death (Prevention) Act" (Gesetz zur Verhinderung von Folter und Gefangenentod) und verurteilte drei Polizeibeamte zu lebenslanger Haft und zwei weitere zu sieben Jahren Gefängnis wegen Todesfolge in Gewahrsam eines Festgenommenen im Jahre 2014 (USDOS 30.3.2021; vergleiche HRW 13.1.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 5.8.2020
AHRC – Asian Human Rights Commission (Autor), HRW – Human Rights Watch (Autor), FIDH – International Federation for Human Rights (Autor), OMCT – World Organisation Against Torture (Autor), AFAD - Asian Federation Against Involuntary Disappearances; et al. (Autor)(10.12.2020): International Community: Stand against Authoritarian Rule in Bangladesh, http://www.humanrights.asia/news/ahrc-news/AHRC-JST-013-2020/, Zugriff 15.6.2021
AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html, Zugriff 19.5.2021
HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 19.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ODHIKAR - Banglad. Menschenrechtsorganisation (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 19.5.2021
OMCT – World Organisation Against Torture (14.8.2019): Bangladesh: Human rights groups urge government to implement recommendations on torture and other abuses after damning UN review, https://www.omct.org/press-releases/urgent-interventions/bangladesh/2019/08/d25471/, Zugriff 2.4.2020
OMCT – World Organisation Against Torture (7.2019): Cycle of Fear - Combating Impunity for Torture and Strengthening the Rule of Law in Bangladesh, https://www.omct.org/files/2019/07/25475/cycleoffear_bangladesh_report_omct.pdf, Zugriff 1.6.2021
OMCT – World Organisation Against Torture (26.6.2018): Bangladesh: Torture prevails due to deeply rooted culture of impunity, https://www.omct.org/statements/bangladesh/2018/06/d24943/, Zugriff 2.4.2020
TDPA – The daily Prothom Alo (2.1.2021): https://www.prothomalo.com/bangladesh/crime/, ডিবির তদন্তে বেরিয়ে এল, ব্যবসায়ীকে তুলে নিয়েছিল র্যাব [Die DB-Untersuchung kam heraus, der Geschäftsmann wurde vom RAB abgeholt], Zugriff 19.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 19.5.2021
Korruption
Letzte Änderung: 16.06.2021
Korruption ist in Bangladesch weit verbreitet und hat alle Teile der Gesellschaft durchdrungen (AA 21.6.2020; vergleiche ODHIKAR 25.1.2021, LIFOS 25.2.2019), die Bemühungen zur Korruptionsbekämpfung werden durch die politische Umsetzung geschwächt. Endemische Korruption und Kriminalität, schwache Rechtsstaatlichkeit, begrenzte bürokratische Transparenz und politische Polarisierung haben lange Zeit die staatliche Rechenschaftspflicht untergraben (FH 3.3.2021). Auf dem Korruptionsindex von Transparency International belegte Bangladesch im Jahr 2020 den 146. Rang unter 180 Staaten vergleiche 2019: 146/180) (TI 28.1.2021; vergleiche TI 23.1.2020).
Das Strafgesetzbuch von 1860 verbietet es Beamten, Bestechungsgelder anzunehmen [Absatz 161, 165] oder Beihilfe zur Bestechung zu leisten [Absatz 165 A] (TI 1.2019), doch die Regierung setzt das Gesetz nicht effektiv um. Beamte verüben häufig ungestraft korrupte Praktiken (UDOS 30.3.2021). Als korrupteste Behörden werden die Migrationsbehörden, die Polizei sowie die Rechtspflege genannt. NGOs und Militär genießen den besten Ruf (AA 21.6.2020).
Aufgrund der weit verbreiteten Korruption in Justiz und Polizei ist es eine nahe liegende Vermutung, dass es auch zu ungerechtfertigten Anschuldigungen kommt, nicht notwendiger Weise auf staatliches Betreiben, sondern von Privatpersonen mit wirtschaftlichen oder persönlichen Motiven (ÖB 9.2020).
Vor allem im Bereich der erstinstanzlichen Gerichte, der Gerichtsbediensteten, der öffentlichen Ankläger, der Magistrate und der Anwälte wird Korruption als ein weit verbreitetes Problem angesehen. Wohlhabenden oder in den großen Parteien verankerten Personen stehen die Möglichkeiten des ineffizienten und korrupten Justizsystems offen. Das Ausmaß der Korruption stellt jedoch sicher, dass auch Opfer staatlicher Verfolgung davon profitieren können. Waren es während der Zeit des Ausnahmezustandes vor allem Angehörige der beiden politisch dominanten Parteien, die einer intensiven Antikorruptionskampagne durch Justiz und Polizei ausgesetzt wurden, sind seit den neuerlich von der Regierungspartei gewonnen Wahlen vom Dezember 2018 nun vornehmlich Angehörige der Oppositionsparteien gefährdet (ÖB 9.2020).
Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission - ACC). Diese wird jedoch als "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 9.2020). Die ACC darf der Korruption verdächtigte Beamte nur mit Erlaubnis der Regierung anklagen. Faktisch ist die "Anti Corruption Commission" machtlos (AA 21.6.2020; vergleiche ODHIKAR 25.1.2021). Die Regierung nutzt die ACC für politisch motivierte Strafverfolgung oppositioneller Kräfte, während regierungsnahe Angeklagte freigesprochen werden (ODHIKAR 25.1.2021).
Die Regierung hat Schritte unternommen, um die weit verbreitete Polizeikorruption durch den weiteren Ausbau des Community-Policing-Programmes und durch Schulungen zu beheben (USDOS 30.3.2021).
Die Medien des Landes und die Zivilgesellschaft sehen sich mit restriktiven Maßnahmen konfrontiert und sind daher immer weniger in der Lage, die Korruption der Regierung aufzudecken (FH 3.3.2021). Nur wenige Fälle von Korruption werden öffentlich, weil durch die Regierung größere Anstrengungen zur Verhinderung des Durchickern von Korruptionsgeschichten erfolgen, als gegen die Korruption vorzugehen (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [(Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 19.5.2021
LIFOS – Center för landinformation och landanalys inom migrationsområdet [Schweden] (25.2.2019): Bangladesh falska handlingar, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458189/1226_1551169348_190225550.pdf, Zugriff 19.5.2021
ND – Naya diganta (1.5.2020): https://www.dailynayadiganta.com/last-page/499177/, Zugriff 19.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 19.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
TDM – The daily Manabzamin (3.4.2020): ভিজিডির ১৩৮ বস্তা সরকারি চাল আ.লীগ নেতার বাড়িতে [138 Säcke Reis der VGD-Regierung im Haus des A-League-Führers], https://www.mzamin.com/article.php?mzamin=220308, Zugriff 19.5.2021
TI – Transparency International (28.1.2021): Corruption Perceptions Index 2020, https://www.transparency.org/en/cpi/2020/index/bgd, Zugriff 19.5.2021
TI – Transparency International (23.1.2020): Corruption Perceptions Index 2019, https://www.transparency.org/files/content/pages/2019_CPI_Report_EN.pdf, Zugriff 10.11.2020
TI – Transparency International (1.2019): Korruptionsvermeidung in der Bekleidungsindustrie: Szenarien aus Bangladesch, https://www.transparency.de/fileadmin/Redaktion/Publikationen/2019/Broschuere_Undress_Corruption_Fassung_2019.pdf, Zugriff 10.11.2020
TI – Transparency International (29.1.2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/en/cpi/2018/results/bgd, Zugriff 10.11.2020
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 19.5.2021
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Letzte Änderung: 16.06.2021
Bangladesch verfügt über eine große, seit den 1970er Jahren wachsende Zahl an regierungsunabhängigen Menschenrechtsorganisationen (ÖB 9.2020). Die meisten NGOs können uneingeschränkt arbeiten (FH 3.3.2021). NGOs können ihre Erkenntnisse veröffentlichen, jedoch sind Regierungsvertreter diesbezüglich nur selten interessiert oder kooperativ (USDOS 30.3.2021).
Die Schwerpunkte dieser Organisationen liegen eher im Bereich des sozialen Engagements, insbesondere der Bildungsarbeit und Gesundheitsversorgung der armen Landbevölkerung. Weit entwickelt sind auch Mikrokreditinstitutionen, deren Hauptzielgruppe der weibliche Teil der armen Bevölkerungsschichten ist. NGOs spielen ebenso eine wichtige Rolle für die Durchsetzung der Grundrechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen (ÖB 9.2020).
Menschenrechts-NGOs in Bangladesch üben oft harsche Kritik an der Regierung, sehen sich aber nicht generell mit staatlichen Repressionen konfrontiert. Die Situation hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. NGOs, die in den Bereichen Menschenrechten, gute Regierungsführung oder Demokratie tätig sind, sehen sich allerdings nach wie vor umfassenden staatlichen Kontrollen und Restriktionen ausgesetzt, bzw. werden in bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten teilweise stark behindert (ÖB 9.2020). Einschüchterungsversuche und einzelne Übergriffe auf Menschenrechtsverteidiger lassen Menschenrechtsorganisationen nur sehr vorsichtig vorgehen. Der Druck auf die Zivilgesellschaft durch die Regierung ist hoch (AA 21.6.2020). Menschenrechtsgruppen praktizieren Selbstzensur und Bedrohungen von Extremisten sowie eine zunehmend autoritär agierende Regierungspartei führten zu einer verminderten Stärke der Zivilgesellschaft (USDOS 30.3.2021).
Alle aktiven NGOs müssen beim Ministry of Social Welfare registriert sein. Sowohl lokale als auch internationale Organisationen, die zu sensiblen Themen wie Menschenrechte, indigene Bevölkerung, Rohingya Flüchtlinge oder Arbeitsrecht arbeiten, sehen sich mit formellen und informellen Restriktionen konfrontiert (USDOS 30.3.2021). Durch eine Straffung der Regularien für die Annahme von Projektgeldern und Spenden aus dem Ausland wird die Arbeit vieler NGOs durch zusätzlichen bürokratischem Aufwand enorm erschwert (AA 21.6.2020; vergleiche ÖB 9.2020, USDOS 30.3.2021, FH 3.3.2021), insbesondere für NGOs, die sich kritisch gegenüber dem Staat oder der Regierung äußern (USDOS 11.3.2020). Die NGO Affairs Bureau, die für die Registrierung der NGOs und die Genehmigung der Projektanträge zuständig ist, lässt regierungskritische Menschenrechtsprojekte nur mit Einschränkungen zu. Viele Menschenrechtsorganisationen lassen sich den jeweiligen politischen Lagern zuordnen. Partikularinteressen und Rivalitäten spielen im Verhältnis der Menschenrechtsverteidiger untereinander eine Rolle (AA 21.6.2020). Im September 2019 verbot die Regierung zwei NGOs ihre Tätigkeiten in den Rohingya-Flüchtlingslagern, nachdem diese angeblich eine Anti-Patriotismus-Kampagne in Myanmar unterstützt hatten. Druck und Einschüchterung durch islamistische Gruppen schränken auch die Aktivitäten von NGOs zu LGBTI-Themen und religiösen Minderheitengruppen ein (FH 3.3.2021).
Quellen:
AA - Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
AI - Amnesty International (13.12.2018): Rights at stake in Bangladesh on Human Rights Day, https://www.ecoi.net/de/dokument/1454524.html, Zugriff 16.11.2020
FH - Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 18.5.2021
ÖB - Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
USDOS - US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 18.5.2021
Ombudsmann
Letzte Änderung: 16.06.2021
Das Gesetz sieht die Institution eines Ombudsmannes vor, es wurde jedoch noch keiner ernannt (USDOS 30.3.2021). Als Korruptionsbekämpfungs- sowie Rechtsschutzinstrument besteht die Antikorruptionsbehörde (Anti Corruption Commission – ACC). Diese wird jedoch als ein "eher zahnloser Papiertiger" sowie "reines Aushängeschild" beurteilt (ÖB 9.2020).
Quellen:
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 17.5.2021
Wehrdienst und Rekrutierungen
Letzte Änderung: 16.06.2021
Bangladesch verfügt über eine Berufsarmee und hat seit seiner Unabhängigkeit keinen verpflichtenden Wehrdienst (ÖB 9.2020; vergleiche DFAT 22.8.2019). Die bangladeschische Armee besteht aus circa 260.000 aktiven Soldaten und circa 472.000 Reservisten (AA 21.6.2020).
Bangladeschische Staatsangehörige können im Alter von 16 bis 19 Jahren einen freiwilligen Militärdienst ableisten, sofern der Abschluss der 10. Schulstufe nachgewiesen wird (AA 21.6.2020). Personen unter 18 Jahren kommen nicht zu Kampfeinsätzen (ÖB 9.2020). Seit dem Jahr 2013 können auch Frauen Wehrdienst leisten (AA 21.6.2020).
Deserteuren droht im Kriegsfall nach den Vorschriften des bangladeschischen Armeegesetzes ("Army Act 1952") die Todesstrafe. Die Beherbergung von Deserteuren kann ein strafrechtlich relevantes Vergehen darstellen, das nach Paragraph 136, des Strafgesetzbuches 1860 geahndet werden kann (AA 21.6.2020; vergleiche ÖB 9.2020).
Es gibt keine Hinweise auf Zwangsrekrutierung (ÖB 9.2020) bzw. einer Verpflichtung von Kindersoldaten (AA 21.6.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 5.8.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 18.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
Allgemeine Menschenrechtslage
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Menschenrechte werden nach der Verfassung mit Gesetzesvorbehalten garantiert (AA 21.6.2020). Bangladesch hat bisher mehrere UN Menschenrechtskonventionen ratifiziert, ist diesen beigetreten oder hat sie akzeptiert (ÖB 9.2020; vergleiche UNHROHC o.D.). Die Verfassung von Bangladesch in der seit 17. Mai 2004 geltenden Fassung listet in Teil römisch III, Artikel 26 bis 47A, einen umfassenden Katalog an Grundrechten auf. Artikel 102 aus Teil römisch VI, Kapitel 1 der Verfassung regelt die Durchsetzung der Grundrechte durch die High Court Abteilung des Obersten Gerichtshofes. Jeder Person, die sich in ihren verfassungsmäßigen Grundrechten verletzt fühlt, steht der direkte Weg zum "High Court" offen. Die „National Human Rights Commission“ wurde im Dezember 2007 unter dem „National Human Rights Commission Ordinance“ von 2007 eingerichtet, hat aber noch keine nennenswerte Aktivität entfaltet (ÖB 9.2020). Die Verwirklichung der in der Verfassung garantierten Rechte ist nicht ausreichend (AA 21.6.2020).
Teils finden Menschenrechtsverletzungen auch unter Duldung und aktiver Mitwirkung der Polizei und anderer Sicherheitskräfte statt (GIZ 11.2019a). Dazu zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen von Personen, willkürliche Festnahmen und Verhaftungen sowie Folter (USDOS 30.3.2021). Die Regierung verhaftete laut neuesten Berichten bis zu 2.000 Mitglieder der RABs (Rapid Action Battalion (RAB), Spezialkräfte für u.a. den Antiterrorkampf wegen diverser Vergehen. Obwohl die RABs in den letzten Jahren hunderte Tötungen bzw. mutmaßliche Morde verübt haben, kam es noch zu keinen diesbezüglichen Verurteilungen wegen diverser Vergehen (ÖB 9.2020).
Menschenrechtsverletzungen beinhalten weiters harte und lebensbedrohende Haftbedingungen, politische Gefangene, willkürliche oder rechtswidrige Eingriffe in die Privatsphäre, Zensur, Sperrung von Websites und strafrechtliche Verleumdung; erhebliche Behinderungen der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, wie beispielsweise restriktive Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und Beschränkungen der Aktivitäten von NGOs; erhebliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit; Einschränkungen der politischen Partizipation, da Wahlen nicht als frei oder fair empfunden werden; Korruption, Menschenhandel; Gewalt gegen Frauen, Kinder, Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender- und Intersexuelle (LGBTI) und Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher sexueller Aktivitäten; Einschränkungen für unabhängige Gewerkschaften und der Arbeitnehmerrechte sowie die Anwendung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit (USDOS 30.3.2021).
Die Regierung von Bangladesch ignoriert Empfehlungen im Hinblick auf glaubwürdige Berichte zu Wahlbetrug, hartem Vorgehen gegen die Redefreiheit, Folterpraktiken von Sicherheitskräften und zunehmenden Fällen von erzwungenem Verschwinden und Tötungen. Die Regierung von Bangladesch versäumt es, einen angeforderten Folgebericht zur Überprüfung ihrer Praktiken durch den Ausschuss gegen Folter vorzulegen (HRW 13.1.2021).
Das Gesetz verbietet Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und es werden Maßnahmen ergriffen, um diese Bestimmungen wirksamer durchzusetzen. Nichtsdestotrotz stellt eine wissenschaftliche Studie vom Mai 2020 fest, dass 2,2 Millionen Strafverfahren gegen Menschen mit Behinderungen anhängig sind. So wird resümiert, dass Menschen mit Behinderungen "die am meisten gefährdeten unter den Gefährdeten" sind. Über Fälle von Diskriminierung und gesellschaftlicher Gewalt gegen religiöse und andere Minderheiten, insbesondere im privaten Bereich, wird berichtet (USDOS 30.3.2021).
Die Regierung nutzt weiterhin den Digital Security Act (DSA) 2018, um das Recht auf freie Meinungsäußerung zu unterdrücken. Trotz wiederholter Aufrufe der Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen, die umstrittenen und strafenden Bestimmungen des DSA aufzuheben, wurde das Gesetz nicht abgeändert. Offiziellen Statistiken zufolge wurden zwischen Januar und Dezember 2020 mehr als 900 Fälle unter dem DSA eingereicht. Etwa 1.000 Personen wurden angeklagt und 353 inhaftiert (AI 7.4.2021).
Bangladesch ist nach wie vor ein wichtiger Zubringer wie auch Transitpunkt für Opfer von Menschenhandel. Jährlich werden Zehntausende Menschen in Bangladesch Opfer von Menschenhandel. Frauen und Kinder werden sowohl in Übersee als auch innerhalb des Landes zum Zweck der häuslichen Knechtschaft und sexuellen Ausbeutung gehandelt, während Männer vor allem zum Zweck der Arbeit im Ausland gehandelt werden. Ein umfassendes Gesetz zur Bekämpfung des Menschenhandels aus dem Jahr 2013 bietet den Opfern Schutz und verschärft die Strafen für die Menschenhändler, doch die Durchsetzung ist nach wie vor unzureichend (FH 3.3.2021). Internationale Organisationen behaupten, dass einige Grenzschutz-, Militär- und Polizeibeamte an der Erleichterung des Handels mit Rohingya-Frauen und -Kindern beteiligt sind. Formen der Unterstützung von Menschenhandel reichen dabei von "Wegschauen" über Annahme von Bestechungsgeldern für den Zugang der Händler zu Rohingya in den Lagern, bis hin zur direkten Beteiligung am Handel (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, 7. April 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html, Zugriff am 18.5.2021
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 18.5.2021
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (11.2019a): Bangladesch, Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat, Zugriff 18.5.2021
HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 18.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
UNHROHC- United Nations Human Rights Office of the High Commissioner (o.D.): View the ratification status by country or by treaty - Bangladesh, http://tbinternet.ohchr.org/_layouts/TreatyBodyExternal/Treaty.aspx?CountryID=37&Lang=EN, Zugriff 11.11.2020
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 18.5.2021
Meinungs- und Pressefreiheit
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die laut Verfassung garantierte Meinungs- und Pressefreiheit wird von der Regierung nicht immer respektiert und es gibt deutliche Einschränkungen (USDOS 30.3.2021). Die Regierung nutzt weiterhin repressive Gesetze, um die Meinungsfreiheit in unangemessener Weise einzuschränken und Journalisten und Menschenrechtsverteidiger gezielt zu verfolgen und zu schikanieren (AI 7.4.2021). Seit Jahren ist zu beobachten, dass die zunehmend autoritär handelnde Regierung diese Rechte zur eigenen Machtsicherung zunehmend verletzt (AA 21.6.2020).
Bangladesch verfügt über eine lebhafte Medienlandschaft, vor allem im Bereich der Printpresse. Der einzige terrestrische staatliche TV-Sender (BTV) sowie das staatliche Radio berichten hauptsächlich aus Sicht der jeweiligen Regierung (ÖB 9.2020). Die unabhängigen Medien sind aktiv und drücken eine Vielzahl von Ansichten aus, sind allerdings Druck seitens der Regierung ausgesetzt, wenn sie diese kritisieren. Aus Angst vor Belästigung und Repressalien zensieren sich Journalisten auch selbst (USDOS 30.3.2021).
Die Verfassung setzt Kritik an der Verfassung mit Verhetzung gleich. Die Strafe für Verhetzung reicht von drei Jahren bis zu lebenslanger Haft (USDOS 30.3.2021). Auch Hassreden sind verboten, die Regierung hat aber aufgrund der fehlenden Definition im Gesetz einen breiten Interpretationsspielraum (ÖB 9.2020; vergleiche USDOS 30.3.2021). Die Regierung kann die Redefreiheit einschränken, wenn sie als gegen die Sicherheit des Staates gerichtet, gegen freundschaftliche Beziehungen mit ausländischen Staaten, gegen die öffentliche Ordnung, Anstand oder Moral oder wegen Missachtung des Gerichts, Verleumdung oder Anstiftung zu einer Straftat erachtet wird (USDOS 30.3.2021).
Am 8. Oktober 2018 trat mit dem "Digital Security Act" (DSA) ein Gesetz in Kraft (ODHIKAR 8.8.2019). Die Behörden nutzten das DSA-Gesetz zunehmend, um Aktivisten, Journalisten und andere, die der Regierung und ihrer politischen Führung kritisch gegenüberstanden, zu schikanieren und auf unbestimmte Zeit in Haft zu nehmen (HRW 13.1.2021). Im Jahr 2020 wurden mindestens zehn Redakteure nationaler und regionaler Tageszeitungen und Online-Nachrichtenplattformen aufgrund der DSA angeklagt, nachdem sie kritisch über führende Vertreter der Regierungspartei Awami League berichtet hatten (AI 8.10.2020). Auf Basis des Information and Communication Technology Act (ICT-Act) wurden offiziellen Statistiken zufolge zwischen Januar und Dezember 2020 mehr als 900 Fälle unter dem DSA eingereicht. Fast 1.000 Personen wurden angeklagt und 353 inhaftiert. Mindestens 247 Journalisten waren Berichten zufolge Angriffen, Schikanen und Einschüchterungen ausgesetzt, sowohl von staatlichen Stellen als auch von Personen, die mit der Regierung nahe stehen (AI 7.4.2021). 2019 wurden insgesamt 42 Personen nach dem DSA-Act verhaftet, sechs Personen wurden wegen Vergehen im Zusammenhang mit dem ICT-Act festgenommen (ODHIKAR 8.2.2020; vergleiche FH 2020).
Journalisten werden im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Themen wie Verbrechen während des Krieges von 1971 und Wahlunregelmäßigkeiten während der Parlamentswahlen 2018 und der Kommunalwahlen 2019 verhaftet und/oder Ziel von Angriffen die mitunter zum Tode führen (FH 3.3.2021; vergleiche FIDH 9.1.2019). In den letzten Jahren wurden wiederholt Blogger, die für ihre säkulare oder anti-islamische Haltung bekannt waren, von Extremisten getötet. Es mehren sich zuletzt wieder Medienberichte über angegriffene oder verschwundene Journalisten (ÖB 9.2020; vergleiche FH 3.3.2021). Darüber hinaus gehen die Behörden gegen Journalisten und Medien vor, die kritisch über die Reaktion der Regierung auf die COVID-19-Pandemie berichten. So verhaften die Behörden im Mai 2020 mehrer Personen und klagten weitere wegen "Verbreitung von Gerüchten und Fehlinformationen auf Facebook" an, weil sie die Reaktion der Regierung auf die Pandemie kritisieren. Eine Überwachung von Personen, die "Gerüchte" über die Covid-19-Pandemie verbreiten könnten, wird verstärkt, die Medienzensur verschärft (HRW 20.5.2021; vergleiche AI 19.5.2021). Der "Official Secrecy Act" verbietet Journalisten das Sammeln von Informationen von staatlichen Quellen. Kritische Journalisten sehen sich systematischen Verleumdungsklagen ausgesetzt (ÖB 9.2020).
Die "Bangladesh Telocommunication Regulatory Commission" (BTRC) ist mit der Regulierung der Telekommunikation beauftragt, beschränkt den Internetzugang und filtert Internetinhalte. Anfang April 2020 blockierte die BRTC den Radio Free Asia-Ableger BenarNews, nachdem der Sender über ein durchgesickertes UN-Memo berichtet hatte, in dem gewarnt wurde, dass eine hohe Anzahl von Bangladescher an COVID-19 sterben könnten, wenn die Regierung keine geeigneten Maßnahmen ergreift. Während der Zugang im Mai 2020 teilweise wiederhergestellt wurde, stellen Beobachter fest, dass die BenarNews-Website bis zum Jahresende gelegentlich blockiert wurde (USDOS 30.3.2021).
Im Laufe des Jahres 2020 schränkte die Regierung den 3G- und 4G-Mobilfunk-Internetdienst in den Rohingya-Flüchtlingslagern aus "Sicherheitsgründen" ein und wies die Mobilfunkanbieter an, keine SIM-Karten mehr an Rohingya-Flüchtlinge zu verkaufen (USDOS 30.3.2021).
Neben den Sicherheitskräften stellen auch Parteiaktivisten und islamisch-fundamentalistische Gruppen eine potenzielle Gefahrenquelle für Medienvertreter dar (ÖB 9.2020). Ein Klima der Straflosigkeit ist die Norm. Dutzende Blogger sind weiterhin untergetaucht oder im Exil (FH 3.3.2021). Im Jahr 2020 wurden 74 Journalisten körperlich verletzt, 31 angegriffen, 28 attackiert, 17 bedroht, sieben verhaftet, einer gefoltert, drei entführt, vier belästigt und 70 Journalisten bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit verklagt (ODHIKAR 25.1.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland) (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 5.8.2020
AI – Amnesty International (19.5.2021): Bangladesh: Rozina Islam must not be punished for her journalistic work, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051859.html, Zugriff 1.6.2021
AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesch 2020, 7. April 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048838.html Zugriff 16.6.2021
AI – Amnesty International (8.10.2020): Bangladesh: Escalating attacks on the media must stop, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/10/bangladesh-escalating-attacks-on-the-media-must-stop/, Zugriff 16.6.2021
Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 18.5.2021
FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020
FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (9.1.2019): Joint statement [by AHRC - Asian Human Rights Commission; ANFREL - Asian Network for Free Elections; GNDEM - Global Network of Domestic Election Monitors; FIDH - International Federation for Human Rights; CMEV - Centre for Monitoring Election Violence, Sri Lanka on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 6.3.2019
HRW – Human Rights Watch (20.5.2021): Bangladesh: Arrest of Journalist Investigating Corruption, https://www.ecoi.net/de/dokument/2052025.html, Zugriff 1.6.2021
HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 18.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 17.5.2021
ODHIKAR (8.2.2020): Bangladesh, Annual Human Rights Report on Bangladesh 2019, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf, Zugriff 3.4.2020
ODHIKAR (8.8.2019): Annual Human Rights Report on Bangladesh 2018, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2019/08/Annual-HR-Report-2018_Engl.pdf, Zugriff 17.9.2019
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 18.5.2020
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wird von der Verfassung garantiert, von der Regierung für oppositionelle politische Parteien jedoch eingeschränkt (FH 3.3.2021; vergleiche USDOS 30.3.2021). Seit Jahren ist jedoch zu beobachten, dass die zunehmend autoritär handelnde Regierung diese Rechte zur eigenen Machtsicherung verstärkt verletzt. Proteste und Demonstrationen müssen vorab genehmigt werden. Die Regierung hat das Recht Versammlungen von mehr als vier Personen zu verbieten (USDOS 30.3.2021; vergleiche AA 21.6.2020).
Im Vorfeld der Parlamentswahlen 2018 wurden vermehrt unter dem Vorwand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit gemäß Paragraph 144, Strafprozessgesetz Demonstrationen der Opposition durch Aufhebung der Versammlungsfreiheit verboten. Die Regierung beendete in der Vergangenheit verbotene Versammlungen auch gewaltsam (AA 21.6.2020). Bei politischen Versammlungen oder Demonstrationen kann es zu gewalttätigen Übergriffen seitens rivalisierender Parteiaktivisten oder der Sicherheitskräfte kommen (ÖB 9.2020). 2020 wurde das Recht auf Versammlungsfreiheit der Opposition und der Dissidenten weiter beschnitten. In diesem Zeitraum ging die Regierung weiter gegen Oppositionsführer und -aktivisten vor, unter anderem durch die Erhebung von Klagen und Verhaftungen (ODHIKAR 25.1.2021).
Im Jahr 2020 fanden viele Demonstrationen statt, obwohl die Behörden manchmal versuchten, Kundgebungen durch die Verhaftung von Parteiaktivisten zu verhindern. Während der COVID-19-Pandemie im April 2020 setzten sich die Arbeiter der Bekleidungsindustrie über die COVID-19-Abriegelungsbeschränkungen hinweg, um für Nachzahlungen und sicherere Arbeitsbedingungen zu protestieren (FH 3.3.2021).
Die Gründung von Gewerkschaften wurde aufgrund einer Gesetzesreform 2015 erleichtert, jedoch sehen sich Gewerkschaftsführer Entlassungen und körperlicher Einschüchterung ausgesetzt. Ebenso sehen sich Arbeitsrechtsorganisationen Belästigungen ausgesetzt. Beschwerden wegen unsicherer Arbeitsbedingungen, besonders in der Bekleidungsindustrie, führen immer wieder zu Protesten (FH 3.3.2021).
Die gewalttätigen Hartals (Streiks), die einst ein dominierender Teil der Politik waren, sind nicht mehr existent. Es gibt eine ausgeprägte Kultur des Klientelismus, die alle Parteien mit ihren jeweiligen Funktionsträgern verbindet, die sich unermüdlich für die Unterstützung der Parteiorganisation an der Basis einsetzen. Im Gegenzug erwarten sie einen Nutzen, sobald ihre Partei an die Macht kommt (BS 29.4.2020).
Die Mitgliedschaft in oder die Unterstützung einer Oppositionspartei führt nicht per se zu einer Verfolgung durch die Regierung (AA 21.6.2020). Kundgebungen wurden zuletzt zugelassen bzw. von den Sicherheitskräften nicht aufgelöst, da von ihnen offenbar keine nachhaltige Gefahr für die Regierung ausging. Sobald sich jedoch wieder eine Führungsfigur der Opposition etabliert, welche der regierenden Awami League gefährlich werden könnte, werden die Maßnahmen der Regierung wieder verschärft (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029402/country_report_2020_BGD.pdf, Zugriff 9.11.2020
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, 3. März 2021, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 18.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 18.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 18.5.2021
Haftbedingungen
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Bedingungen in den staatlichen Haftanstalten bleiben hart und können bisweilen, wegen Überbelegung der Zellen und mangelhafter Sanitäranlagen, lebensbedrohlich sein (USDOS 30.3.2021; vergleiche AA 21.6.2020, ÖB 9.2020). Bis zu 200 Inhaftierte müssen auf ca. 40 m² zusammen leben. Dies führt zu Gewaltakten zwischen den Inhaftierten und es besteht zudem die Gefahr religiöser Radikalisierung (AA 21.6.2020). Die offizielle Gesamtkapazität aller 68 Gefängnisse in Bangladesch liegt etwa bei 42.450 Personen (WPB 3.2021). Im Dezember 2020 betrug die Gesamtanzahl der landesweit Inhaftierten 83.107 Personen (WPB 3.2021). Im Mai 2019 waren 81,3 Prozent aller Inhaftierten Untersuchungshäftlinge (WPB 3.2021), 3,9 Prozent der Häftlinge sind weiblich (WPB 3.2021). Die Haftanstalten des Landes waren zu etwa 196 Prozent der offiziellen Kapazität belegt, viele Gefangene sind gezwungen, in Schichten zu schlafen (WPB 3.2021; vergleiche DFAT 22.8.2019).
Offiziellen Berichten zufolge versorgen nur elf Gefängnisärzte die 89.000 Insassen, was die Gefängnisse dazu veranlasst, Krankenschwester oder Apotheker für die medizinische Versorgung der Insassen einzusetzen (USDOS 30.3.2021).
Gefängnisinsassen sind oft mangelernährt und verstärkt Infektionskrankheiten ausgesetzt. Die medizinische Versorgung ist teilweise gegeben. Auch weibliche Gefangene werden von ausschließlich männlichen Ärzten untersucht (ÖB 9.2020). Gemäß der Menschenrechtsorganisation ODHIKAR sind im Jahr 2020 ingesamt 67 Personen in Haftanstalten verstorben (ODHIKAR 25.1.2021). Es wird berichtet, dass in einigen Fällen, in welchen festgenommene Personen in der Haft aufgrund von Folter umgekommen sind, dies als "Selbstmord" veröffentlicht wurde, um die Tat zu vertuschen (ODHIKAR 8.2.2020).
Obwohl das Gesetz eine gemeinsame Inhaftierung von jugendlichen und erwachsenen Straftätern verbietet, waren viele Minderjährige zusammen mit Erwachsenen inhaftiert (USDOS 30.3.2021; vergleiche DFAT 22.8.2019). Trotz entsprechenden Gesetzen und Gerichtsurteilen wurden Kinder manchmal – gelegentlich zusammen mit ihren Müttern – inhaftiert. Die Behörden hielten weibliche und männliche Gefangene getrennt voneinander fest (USDOS 30.3.2021).
Die Bedingungen in den Gefängnissen, oft auch innerhalb eines Gefängniskomplexes, stellen sich zumeist sehr unterschiedlich dar. Das Gesetz erlaubt Personen, die von den Gefängnisbeamten als "sehr wichtige Personen" (VIP) bezeichnet werden, den Zugang zu "Abteilung A"-Gefängnissen mit besseren Lebensbedingungen und besserem Essen, häufigeren Besuchsrechten für die Familie und der Bereitstellung eines anderen Gefangenen ohne VIP-Status als Helfer in der Zelle. Andere Gefangene werden in Bereichen mit hohen Temperaturen, schlechter Belüftung und Überbelegung untergebracht (USDOS 30.3.2021). Oft werden Untersuchungshäftlinge mit verurteilten Gefangenen in einzelne Hafträume zusammengelegt (USDOS 30.3.2021).
Die Regierung von Bangladesch erlaubt keine Haftbesuche des "International Committee of the Red Cross" oder anderer Menschenrechtsorganisationen (ÖB 9.2020; vergleiche DFAT 22.8.2019). Inspektionen werden durch Regierungsbehörden sowie NGOs, die der Regierungspartei nahe stehen, durchgeführt, jedoch werden keine Berichte veröffentlicht (DFAT 22.8.2019).
2020 wurden in den Gefängnissen und Jugendstrafanstalten weiterhin Menschenrechtsverletzungen begangen, darunter verschiedene Formen der Folter. Es wird berichtet, dass viele Menschen aufgrund des dysfunktionalen Strafrechtssystems in Bangladesch ohne Gerichtsverfahren inhaftiert werden. Vorwürfe verschiedener Unregelmäßigkeiten und Korruption wurden auch gegen Beamte und Angestellte fast aller Gefängnisse im Land erhoben (ODHIKAR 25.1.2021).
Das Gesetz ermöglicht es den Gefangenen, aus religiösen Gründen zu fasten, garantiert jedoch keinen Zugang zu Geistlichen oder religiösen Dienstleistungen. Nur vor der Vollstreckung der Todesstrafe sind die Gefängnisbehörden verpflichtet, Zugang zu einem Geistlichen zu ermöglichen (USDOS 12.5.2021). Als ab März 2020 die ersten COVID-19-Fälle im Land registrirt wurden, leiteten die Bundesbehörden eine Richtlinie ein, die von den Gefängnisbehörden verlangte, alle ankommenden Insassen auf Symptome zu untersuchen und sie in einer kurzen Quarantäne zu halten. Die Gefängnisdirektoren vor Ort verfügten jedoch über keine Kapazitäten, um COVID-19 infizierte Insassen zu isolieren (USDOS 30.3.2021).
Nach wie vor problematisch ist die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Nach den letzten verfügbaren Zahlen waren circa zwei Millionen Zivil- und Strafverfahren ausständig (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 18.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 17.5.2021
ODHIKAR (8.2.2020): Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf, Zugriff 11.11.2020
USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051513.html, Zugriff 18.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 18.5.2021
WPB – World Prison Brief (3.2021): World Prison Brief data: Bangladesh, https://www.prisonstudies.org/country/bangladesh, Zugriff 18.5.2021
Todesstrafe
Letzte Änderung: 16.06.2021
In Bangladesch wurden seit der Wiederaufnahme von Hinrichtungen im Jahr 2001 mehrere hundert Personen hingerichtet (ÖB 9.2020). Die Anzahl der zum Tode verurteilten Häftlinge wird zwischen 1.000 und mehr als 1.800 angegeben (AI 4.2021; vergleiche ÖB 9.2020). 2020 wurden in Bangladesch 218 Angeklagte zum Tode verurteilt (ODHIKAR 25.1.2021), davon 19 Frauen (AI 4.2021). Zwei Hinrichtung wurden 2020 exekutiert (ODHIKAR 25.1.2021; vergleiche AI 4.2021). Im Jahr 2019 wurden rund 330 Todesurteile verhängt (2018: 229) (ODHIKAR 8.8.2019; vergleiche AI 10.4.2019, ODHIKAR 8.2.2020) und zwei Hinrichtungen vollzogen (ODHIKAR 8.2.2020; vergleiche AA 21.6.2020, ÖB 9.2020).
Bangladesch hat im Dezember 2012 in der UN-Vollversammlung gegen das weltweite Moratorium zur Abschaffung der Todesstrafe gestimmt. Der signifikante Anstieg der Todesurteile fällt zeitlich mit der Einführung der "Speedy Trial" Tribunals (auf Grundlage des "Disruption of Law and Order Offences Act" 2002) zusammen. Laut Angaben des "Ministry of Law" von Bangladesch sollen solche Tribunale in den ersten Jahren nach deren Einrichtung mehrere Hundert Todesurteile verhängt haben (ÖB 9.2020).
Für zahlreiche Straftatbestände ist die Todesstrafe vorgesehen, u.a. Mord, Vergewaltigung, Menschen- und Drogenhandel, Volksverhetzung und Hochverrat, aber auch für Falschmünzerei und Schmuggel. Der "Anti-Terrorism Act" von 2009 stellt weiterhin jegliche terroristische Aktivität unter Todesstrafe, ein Zusatzgesetz von 2012 auch deren Finanzierung (AA 21.6.2020; vergleiche ÖB 9.2020). Insbesondere aus einer weiten gesetzlichen Definition des Terrorismusbegriffs kann eine missbräuchliche Anwendung resultieren (AA 21.6.2020). Laut Angaben bangladeschischer NGOs bestehe aufgrund der weit verbreiteten Korruption ein hohes Risiko, dass Unschuldige zum Tode verurteilt werden (ÖB 9.2020). Verurteilungen in absentia sind zulässig und kommen vor (AA 21.6.2020).
Zum Tode Verurteilte haben automatisch das Recht auf Berufung beim "High Court" sowie anschließend auf ein Gnadengesuch an den Präsidenten. Hinrichtungen werden nur nach Ausschöpfung aller Instanzen vorgenommen (ÖB 9.2020; vergleiche AA 21.6.2020). Todesurteile werden i. d. R. durch den Obersten Gerichtshof in lange Haftstrafen umgewandelt. Unterinstanzlich verurteilte Todeskandidaten müssen grundsätzlich mit jahrelangen Wartezeiten rechnen, bis ihr Fall endgültig entschieden ist, es sei denn, es besteht ein politisches bzw. öffentliches Interesse an einem schnellen Verfahren (AA 21.6.2020).
Gesellschaftlich besteht eine durchaus breite Unterstützung für die Todesstrafe, besonders im Zusammenhang mit Terrorismus und Kriegsverbrechern. Eine Reihe ehemaliger Richter gab ferner laut einer Studie der Organisation "The Death Penalty Project" an, dass lebenslange Haft keine Alternative zur Todesstrafe biete, da ungewiss sei, ob die Verurteilten beim nächsten Regierungswechsel nicht freigelassen würden (AA 21.6.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
AI – Amnesty International (4.2021): Death Sentences and Executions 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2049793/ACT5037602021ENGLISH.PDF, Zugriff 17.5.2021
AI – Amnesty International (4.2020): Amnesty International Global Report: Death Sentences and Executions 2020, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5018472020ENGLISH.PDF, Zugriff 13.11.2020
AI – Amnesty International (10.4.2019): Amnesty International Global Report: Death Sentences and Executions 2018, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5098702019ENGLISH.PDF, Zugriff 11.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 17.5.2021
ODHIKAR (8.2.2020): Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf, Zugriff 11.11.2020
ODHIKAR (8.8.2019): Annual Human Rights Report on Bangladesh 2018, http://odhikar.org/wp-content/uploads/2019/08/Annual-HR-Report-2018_Engl.pdf, Zugriff 11.11.2020
Religionsfreiheit
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Verfassung erklärt den Islam zur Staatsreligion, betont aber auch das säkulare Prinzip (USDOS 12.5.2021) und verbietet religiös begründete politische Parteien. Die Jamaat-i-Islami (JI)-Partei wurde aufgrund ihrer offen islamistischen Charta von der Teilnahme an den Wahlen 2014 und 2018 ausgeschlossen, auch wenn einige JI-Mitglieder als Unabhängige kandidierten (FH 3.3.2021).
Die Gesetzgebung verbietet Diskriminierung und schafft Gleichberechtigung für alle Religionen. Etwa 89 Prozent der Bevölkerung ist sunnitischen Glaubens, zehn Prozent werden dem Hinduismus zugerechnet. Darüber hinaus gibt es Christen, Theravada-Hinayana Buddhisten, kleine Gruppen schiitischer Moslems, Bahais, Animisten, Ahmadis, Agnostiker und Atheisten. Viele Anhänger religiöser Minderheiten sind gleichzeitig Vertreter ethnischer Minderheiten und konzentrieren sich in den Chittagong Hill Tracts (CHT) und in den nördlichen Distrikten des Landes (USDOS 12.5.2021; vergleiche CIA 24.5.2021).
Traditionell gilt Bangladesch als ein religiös tolerantes, islamisches Land. Regierung und bedeutende Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens setzen sich in der Regel für das friedliche Zusammenleben der Religionen ein. In den letzten Jahren sehen sich die religiösen Minderheiten allerdings zunehmendem Druck und gewalttätigen Übergriffen durch islamisch-fundamentalistische Gruppen ausgesetzt. Die Polizei scheint nicht in der Lage zu sein, die religiösen Minderheiten effektiv vor Übergriffen zu schützen. In den letzten Jahren wurden auch verstärkt (teils) tödliche Angriffe auf Vertreter nicht-muslimischer Gruppen verübt, zu denen sich der Islamische Staat (IS) bekannte (ÖB 9.2020).
Die Regierung ist bemüht, Übergriffe auf religiöse Minderheiten zu unterbinden. So werden religiöse Umzüge, Feste und Gotteshäuser durch Sicherheitskräfte geschützt (ÖB 9.2020; vergleiche USDOS 10.6.2020). Wo es zu Übergriffen kommt, ist nicht generell von einem rein religiösen Hintergrund auszugehen. Oft sind es auch Übergriffe krimineller Banden, denen wirtschaftliche oder soziale Motive zugrunde liegen. Vor allem in den ländlichen Regionen steigen aber die Zahlen der religiös motivierten Übergriffe auf Nicht-Muslime. Ein effektiver Schutz für Angehörige von Minderheiten scheint hier nicht zu bestehen (ÖB 9.2020). Medienberichten zufolge sollen mehreren hundert, teils mehrere tausend Anhänger der oppositionellen BPN nahestehende Organisation Hefazat-e-Islam Häuser der hinduistischen Gemeinschaft im Dorf Noagaon im Distrikt Sunamganj im Nordosten Bangladeschs angegriffen und diese geplündert und zerstört haben. Dem Überfall vorausgegangen ist eine Nachricht eines hinduistischen Mannes des betroffenen Dorfes in den sozialen Medien, indem er Kritik an einer führenden Persönlichkeit der fundamentalistischen Organisation geübt hat, die eine stärkere Einhaltung islamischer Prinzipien fordert (BAMF 22.3.2021; vergleiche OD 2021).
Das Strafgesetz stellt Äußerungen oder Taten, die religiöse Gefühle verletzen, unter Strafe. Das Strafmaß reicht von einer Geldstrafe bis zu zwei Jahren Haft. Das Gesetz erlaubt auch die Beschlagnahmung sämtlicher Kopien einer Zeitung, deren Inhalt Feindseligkeit und Hass zwischen den Bürgern hervorrufen, oder religiöse Überzeugungen verunglimpfen könnte (USDOS 12.5.2021).
Obwohl religiöse Minderheiten das Recht auf freie Religionsausübung haben, kommt es zu sozialer Diskriminierung, Belästigungen, Strafverfolgung wegen Missionierung und manchmal zu gewalttätigen Übergriffen auf Gebetshäuser. Minderheitengruppen - darunter Hindus, Christen, Buddhisten sowie schiitische und Ahmadiyyas sind mit Schikanen und Gewalt konfrontiert (FH 3.3.2021). Extremistisch-islamische Gruppen, insbesondere Jamaatul Mujahedin Bangladesh (JMB), Jamaat-e-Islami, Hefazat-e-Islami (Beschützer des Islam) und Jamaat-e-Ahle Sunnat gehen aktiv gegen religiöse Minderheiten vor und konzentrieren sich auf ehemalige Muslime (OD 2021; vergleiche ACN 2018).
Die "Hindu American Foundation" hält 2015 in einem Bericht fest, dass es sowohl eine sichtbare als auch eine versteckte Art der Diskriminierung von Hindus in Bangladesch gibt. Eine lange Geschichte von Unterdrückung und Gewalt hat zu einer dramatischen Reduktion des hinduistischen Bevölkerungsanteils geführt. Heutige Schätzungen gehen von einem Bevölkerungsanteil von acht bis neun Prozent, im Vergleich zu 23 Prozent im Jahr 1971 aus. Landenteignung ("land grabbing") und Umsiedlung waren/sind wohl eine der Hauptursachen für eine Abwanderung von Hindus (ÖB 9.2020) in das Nachbarland Indien, die seit Jahrzehnten erfolgt (AA 21.6.2020).
Religionswechsel sowie Austritt aus dem Islam, ebenso wie die Missionierung, sind gesetzlich erlaubt, aber in weiten Teilen der Gesellschaft verpönt – mit der Folge, dass Religionswechsel bzw. -austritt mit gesellschaftlicher bzw. familiärer Ächtung belegt sind (AA 21.6.2020). Wer säkulare oder nicht konforme Anschauungen hat, kann sich gesellschaftlicher Verachtung und Angriffen von islamistischen Hardliner-Gruppen ausgesetzt sehen (FH 3.3.2021). Besonders auf dem Land sehen sich religiöse Minderheiten Schikanen von konservativen Muslimen ausgesetzt. 2019 kam es zu tätlichen Angriffen auf Ahmadis, sowie zu Fällen von Vandalismus gegen buddhistische Tempel und christliche Kirchen (AA 21.6.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 5.8.2020
ACN – Aid to the Church in Need (2018): http://religionsfreiheit.kirche-in-not.ch/laenderwahl/asien-ozeanien/bangladesch-2018.html, Zugriff 1.6.2021
BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (22.3.2021): Briefing Notes, https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Behoerde/Informationszentrum/BriefingNotes/2021/briefingnotes-kw12-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=4, Zugriff 1.6.2021
CIA – Central Intelligence Agency [USA] (24.5.2021): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/, Zugriff 28.5.2021
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 17.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
OD – Open Doors (2021): LÄNDERPROFIL BANGLADESCH, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/bangladesch, Zugriff 1.6.2021
USDOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051513.html, Zugriff 18.5.2021
Ethnische Minderheiten
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die bengalische Bevölkerungsgruppe macht mindestens 98 Prozent der Gesamtbevölkerung aus, 1,1 Prozent sind andere ethnische Gruppen. Die Regierung von Bangladesch erkennt 27 ethnische Gruppen an (CIA 4.5.2021). Artikel 28 der Verfassung schützt Bürger vor jeglicher Art der Diskriminierung durch den Staat aufgrund von Religion, Rasse/Ethnie, Kaste, Geschlecht oder Geburtsort (MoLJP 2010). Eine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung existiert nicht. Es bestehen keine gezielten und systematischen staatlichen Repressionen aufgrund von Ethnie oder Nationalität, allerdings sind Repressionen staatlicher Organe gegen Einzelpersonen zu verzeichnen (AA 21.6.2020).
Indigene ethnische Minderheiten wie Vedas, Haridschaner, Kayaputras, Dalits, Rishis, Mundas, Garos, Menschen aus den Plantagengemeinschaften, Bihari und andere ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen wie etwa SexarbeiterInnen, Angehörige der LGBTIQ Gemeinschaft, Bede, Bonojibi, Putzfrauen und Straßenkehrer sind bisher nicht genügend als Zielgruppen von Unterstützungsmaßnahmen erfasst worden, um diese in Anspruch nehmen zu können (UNEGEEW 5.2020).
Religiöse und ethnische Minderheiten überschneiden sich häufig und leben weitgehend regional konzentriert in den Chittagong Hill Tracts und im Nordosten (ÖB 9.2020). Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein. Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien (ÖB 9.2020).
In Bangladesch halten sich bis zu einer Million Flüchtlinge aus Myanmar, Mitglieder der Volksgruppe der Rohingya, auf (HRW 14.1.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
CIA – Central Intelligence Agency [USA] (4.5.2021): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#people-and-society, Zugriff 17.5.2021
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 11.11.2020
MoLPJ - Ministry of Law, Justice and Parliamentary Affairs, Legislative and Parliamentary Affairs Division [Bangladesch] (2010): The Constitution of the People‘s Republic of Bangladesh - Artikel 28, Discrimination on grounds of religion, etc, http://bdlaws.minlaw.gov.bd/sections_detail.php?id=367§ions_id=24576, Zugriff 9.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch,
https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
UNEGEEW – United Nations Entity for Gender Equality and the Empowerment of Women (5.2020): COVID-19 Bangladesh Rapid Gender Analysis, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030043/RGA+Bangladesh.Final_.May2020.pdf, Zugriff 4.11.2020
Relevante Bevölkerungsgruppen
Frauen
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Verfassung garantiert allen Bürgern gleiche Rechte, inklusive der Gleichstellung von Mann und Frau in allen Bereichen des staatlichen und öffentlichen Lebens. Ausnahmen bestehen aus religiösen Gründen. Das gilt beispielsweise in den Bereichen des Familienrechts. Daher hat Bangladesch die CEDAW- Konvention (Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination against Women) nur mit zwei Vorbehalten ratifiziert. Fehlender Rechtsschutz in Ehe-, Scheidungs- und Sorgerechtsangelegenheiten lässt Frauen bei der Trennung häufig mittel- und obdachlos zurück (AA 21.6.2020).
Die Arbeitsmöglichkeiten haben sich für Frauen in den letzten Jahren verbessert. So stellen sie mittlerweile ca. 80 Prozent der Arbeitskräfte in den Textilfabriken. Die Arbeitsbedingungen in den Fabriken sind jedoch oftmals prekär (AA 21.6.2020). Durch den Verdienst können Frauen ihre Stellung in der Familie und den lokalen Gemeinschaften enorm verbessern. Häufig bestehen zwischen den Tätigkeiten von Männern und Frauen erhebliche Gehaltsunterschiede (AA 21.6.2020). Die Textilindustrie macht 80 Prozent der jährlichen Exporte aus und war entscheidend für das Wirtschaftswachstum in den vergangenen beiden Jahrzehnten. Mehr als vier Millionen Menschen arbeiten in der Branche, der Großteil von ihnen Frauen. Die Coronakrise hat die Textilindustrie, den wichtigsten Wirtschaftszweig des Landes, fast vollständig lahmgelegt (DP 21.4.2020).
2020 häuften sich Fälle von Vergewaltigungen (ODHIKAR 25.1.2021). Nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation wurden im Laufe des Jahres 2020 mindestens 2.392 Fälle von Gewalt gegen Frauen gemeldet. Darunter waren 1.623 gemeldete Vergewaltigungen (331 gegen Mädchen unter 12 Jahren). Unter den Opfern waren auch indigene Frauen und Mädchen. Mindestens 440 Frauen und Mädchen wurden nach einem körperlichen Übergriff, einer Vergewaltigung oder einer versuchten Vergewaltigung ermordet (AI 7.4.2021). Proteste dagegen verbreiteten sich im ganzen Land (ODHIKAR 25.1.2021). Der alarmierende Anstieg der Gewalt gegen Frauen und Mädchen ist zum Teil auf die vorherrschende Kultur der Straflosigkeit und das mangelnde Engagement der Regierung zurückzuführen (AI 30.1.2020). Eine Verurteilung der Täter bleibt nach wie vor gering. Studien zeigen auf, dass 88 Prozent der befragten Vergewaltiger im ländlichen Raum und 95 Prozent der in den Städten lebenden Vergewaltiger keine rechtlichen Konsequenzen drohen (ÖB 9.2020). So werden Vergewaltigungen aus dem Umstand einer drohenden sozialen Stigmatisierung (ODHIKAR 25.1.2021; vergleiche AA 21.6.2020) und mangelnden Unterstützung durch die Polizei (ODHIKAR 25.1.2021) in den meisten Fällen nicht gemeldet (AA 21.6.2020).
NGOs berichteten von einem deutlichen Anstieg der Berichte über häusliche Gewalt während der landesweiten Abriegelung, die eingerichtet wurde, um die Ausbreitung von Covid-19 zu stoppen (HRW 13.1.2021).
Die Behörden haben es versäumt, Gesetze zum Schutz von Frauen in Fällen von sexueller Gewalt, Vergewaltigung, häuslichem Missbrauch und Säureangriffen ordnungsgemäß durchzusetzen (HRW 14.1.2020; vergleiche ÖB 9.2020). Insbesondere innerhalb der Familie nimmt die Frau nach wie vor eine untergeordnete Rolle ein. Die ihr garantierten Rechte können in der Praxis oft nicht gelebt werden. Oft müssen Frauen auf die Ausübung ihnen zustehender Rechte verzichten, da sie sonst mit sozialer Stigmatisierung zu rechnen haben. Besonders mangelnde Bildung und traditionelle Interpretationen des Islam machen häusliche Gewalt zu einer, vor allem in armen Bevölkerungsschichten, gesellschaftlich akzeptierten Norm. Das "Bangladesh Bureau of Statistics" stellt in seinem Bericht "Violence Against Women Survey" von 2015 fest, dass 26 Prozent der verheirateten Frauen anführten, Opfer häuslicher Gewalt gewesen zu sein (ÖB 9.2020).
Nach den geltenden Personenstandsgesetzen, die alle Religionen betreffen, haben Frauen weniger Heirats-, Scheidungs- und Erbschaftsrechte als Männer und werden bei Sozialleistungen und Beschäftigung diskriminiert (FH 3.3.2021). Die durchschnittliche Zahl der Mitgiftmorde wird auf bis zu 500 im Jahr geschätzt (ÖB 9.2020).
Eine speziell in Bangladesch verbreitete Form der Gewalt, insbesondere gegen Frauen, sind Säureattacken. Abgewiesene Verehrer, verärgerte Ehemänner oder andere Rachesuchende (z.B. bei Landstreitigkeiten) attackieren dabei vorzugsweise das Gesicht der Frau, was zur Erblindung und schweren Entstellungen führt. Die Regierung hat mit dem "Acid Crime Prevention Act" und dem "Acid Control Act" spezielle Gesetze erlassen, um dagegen vorzugehen. In den extra eingerichteten Speedy-Tribunalen ist eine Freilassung auf Kaution nicht gestattet. In schweren Fällen kann die Todesstrafe verhängt werden. Nach Angaben der "Acid Survivor Foundation" sind diese Gerichte allerdings ineffektiv und die Verurteilungsrate ist gering (ÖB 9.2020). Die NGO ODHIKAR meldet 19 weibliche Opfer von Angriffen mit Säure im Zeitraum 2020 (ODHIKAR 25.1.2021 ).
Auch wenn interreligiöse Ehen in urbanen Gebieten mittlerweile häufiger vollzogen werden, müssen Ehepartner verschiedener Konfessionen in ländlichen Regionen immer noch häufig mit familiärem Druck bis hin zur Anwendung physischer Gewalt von Familienmitgliedern oder der Dorfgemeinschaft rechnen. In ländlichen Gebieten kann es zudem zu öffentlichen Auspeitschungen "unmoralischer" Frauen kommen, manchmal aufgrund der Fatwa eines lokalen religiösen Anführers (ÖB 9.2020).
Innerhalb Bangladeschs werden bisweilen Frauen und Mädchen aus ländlichen Gebieten in große Städte, v.a. Dhaka und Chittagong, verschleppt, wo sie sexuell ausgebeutet werden oder als Haushaltshilfen Zwangsarbeit leisten müssen. Der Handel mit Frauen und Kindern, verbunden mit sexueller Ausbeutung, wurde 2003 unter Strafe gestellt. Allerdings ist Bangladesch kein Mitglied des UN-Protokolls gegen Menschenhandel von 2000. Innerstaatlich wurde eine Strategie gegen Menschenhandel entwickelt (AA 21.6.2020).
Es liegen keine Berichte über Genitalverstümmelungen (AA 21.6.2020), zwangsweise Abtreibungen oder Sterilisationen vor (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html, Zugriff 18.5.2021
AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html, Zugriff 18.5.2021
DP - Die Presse (21.4.2020): Corona-Pandemie legt Textilindustrie in Bangladesch lahm, https://www.diepresse.com/5803241/corona-pandemie-legt-textilindustrie-in-bangladesch-lahm, Zugriff 13.11.2020
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 18.5.2021
HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 18.5.2021
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 18.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 17.5.2021
ODHIKAR (8.2.2020): International Federation for Human Rights: Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf, Zugriff 10.11.2020
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 18.5.2021
Kinder
Letzte Änderung: 16.06.2021
Der Erwerb von Schulbildung ist bis zur achten Klasse kostenlos und verpflichtend. Die Regierung bietet Eltern Beihilfen an, um einen Verbleib von Mädchen bis zur zehnten Klasse in der Schule zu ermöglichen. Die Kosten für Lehrer, Bücher und Uniformen blieben trotz des kostenlosen Unterrichts für viele Familien unerschwinglich, und die Regierung verteilte Hunderte von Millionen kostenloser Schulbücher, um den Zugang zu Bildung zu verbessern (USDOS 30.3.2021). Etwa 74 Prozent aller Kinder schließen die Grundschule ab (UNICEF o.D.). Obwohl die Regierung erhebliche Fortschritte bei der Erhöhung der Einschulungsrate im Grundschulalter gemacht hat, bleibt der Zugang zu Bildung eine Herausforderung für gefährdete Gruppen wie arbeitende Kinder, behinderte Kinder, indigene Kinder und solche, die in abgelegenen Gebieten oder in extremer Armut leben (DFAT 22.8.2019).
Gewalt gegen Kinder ist weit verbreitet (ÖB 9.2020; vergleiche AA 21.6.2020). Die Arbeit von Minderjährigen, z.B. in Textilfabriken oder auf Baustellen und in Teeplantagen, ist nach wie vor üblich (AA 21.6.2020). Kinder sind in aber auch zu Hause, in der Gemeinde, in der Schule, in Heimen und am Arbeitsplatz von Missbrauch gefährdet. Das Gesetz verbietet Kindesmissbrauch und Vernachlässigung mit einer Strafe von bis zu fünf Jahren, einer Geldstrafe oder beidem. Doch wird das Gesetz nicht vollständig umgesetzt, und Jugendstrafsachen bleiben von der Justiz oft unbeachtet. Die vom Staat betriebene "Child Helpline-1098", ein landesweit erreichbarer, kostenloser Telefondienst, der Kindern, die von Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung betroffen sind, helfen soll, erhält im Durchschnitt etwa 80.000 Anrufe pro Jahr. Der Telefondienst bietet Dienstleistungen wie Rettung, Weiterleitung und Beratung an (USDOS 30.3.2021).
Der "Supression of Violence against Women and Children Act 2000" ahndet Vergewaltigung von Frauen und Kindern, die zum Tode oder schweren Verletzungen führen, mit Todesstrafe oder lebenslanger Haft. Ein Problem ist allerdings die niedrige Verurteilungsrate. Es wird angenommen, dass zahlreiche Opfer aufgrund der gesellschaftlichen Stigmatisierung nicht den Weg zu den staatlichen Behörden finden. Um diesem Problem zu begegnen, ermöglicht der "Women and Children Repression Prevention Act" seit 2000 nicht-öffentliche Gerichtsverfahren "in camera", Nichtveröffentlichung der Identität und finanzielle Kompensation des Opfers (ÖB 9.2020).
Die Opfer des Menschenhandels haben neben sexueller Ausbeutung auch Sklavenarbeit und unbezahlte Hausarbeit (oft in Verbindung mit sexuellem Missbrauch) zu erleiden. Immer wieder kommt es auch zu Entführungen – vor allem von Mädchen – die mit Zwangskonvertierung, Vergewaltigung und anderen Formen des Missbrauchs einhergehen. In weiterer Folge werden die Opfer meist auch gezwungen, die Täter zu heiraten. In die Gruppe der verletzlichsten Personen fallen insbesondere Mädchen und minderjährige Frauen, zusätzlich werden sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungsfälle in Südasien immer noch totgeschwiegen und selten der Polizei gemeldet. Dabei spielt nicht nur das beschämende Gefühl eine Rolle, sondern auch das fehlende Vertrauen in die Polizei (ÖB 9.2020). 2020 wurden 919 Vergewaltigungen von Mädchen unter 18 Jahren registriet, 23 von ihnen wurden nach der Tat ermordet (ODHIKAR 25.1.2021). Im Jahr 2019 wurden Vergewaltigungen von 737 Mädchen unter 18 Jahren registriert (ODHIKAR 8.2.2020). Im ersten Halbjahr 2020 betraf mehr als die Hälfte der gemeldeten Vergewaltigungen Kinder unter 16 Jahren (USDOS 30.3.2021).
NGOs und einheimischen Medien berichten, dass islamistische Gruppen nicht-muslimische indigene Kinder in den Chittagong Hill Tracts (CHT) und anderen ländlichen Gebieten des Landes, gewaltsam zum Islam konvertiert haben, indem die Eltern der Kinder davon überzeugt wurden das Sorgerecht für ihre Kinder unter Vortäuschung einer besseren Ausbildung aufzugeben, wobei diese ohne die Zustimmung der Eltern in Madrassahs untergebracht wurden (DFAT 22.8.2020). Statistiken über Zwangsehen und Zwangskonvertierungen sind nicht vorhanden (ÖB 9.2020).
Das gesetzlich festgelegte Heiratsalter in Bangladesch beträgt für Frauen 18, für Männer 21 Jahre. Ein Gesetz aus dem Jahr 2017 enthält eine Bestimmung für Eheschließungen von Frauen und Männern in jedem Lebensalter unter "besonderen Umständen". Frühe und erzwungene Heiraten sind ein Hauptgrund, dass viele Mädchen aus der Sekundärschule ausscheiden (USDOS 30.3.2021; vergleiche HRW 13.1.2021). Trotz der erklärten Absicht der Regierung, die Praxis der Kinderehen bis 2021 zu beenden, hat diese noch keine nennenswerten Fortschritte gemacht (HRW 13.1.2021). Bangladesch hat nach wie vor eine der höchsten Kindereheraten der Welt ("Top 10 Land") (FH 3.3.2021). In Bangladesch liegt der Prozentsatz der minderjährig verheirateten Mädchen bei bis zu 75 Prozent (CARE 2020; vergleiche UNICEF 1.10.2019). Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen stellen Zusammenhänge zwischen den verlängerten Schulschließungen aufgrund der Pandemie und einem erhöhten Risiko von Schulabbrüchen und Kinderheirat her (USDOS 30.3.2021).
Fünf Opfer von Kinderheirat waren 2019 ebenfalls der Mitgiftgewalt ausgesetzt. Vier von ihnen wurden getötet und ein Opfer körperlich misshandelt (ODHIKAR 8.2.2020). Im Bemühen, frühe und erzwungene Heiraten zu verhindern, bietet die Regierung Mädchen Stipendien für den Schulbesuch jenseits der fünften Schulstufe an. Die Regierung und NGOs vermitteln Eltern über Workshops und Veranstaltungen, dass ihre Töchter mit der Eheschließung bis zum 18. Geburtstag warten sollen (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
CARE – Cooperative for Assistance and Relief Everywhere (2020): Wo gibt es Kinderehen? https://www.care.de/care-hilfe/themen/frauen-und-maedchen/kinderehe, Zugriff 16.11.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 18.5.2021
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 18.5.2021
HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 18.5.2021
ODHIKAR (25.1.2021): Annual Human Rights Report 2020, Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2020_eng.pdf, Zugriff 18.5.2021
ODHIKAR (8.2.2020): International Federation for Human Rights: Annual Human Rights Report 2019; Bangladesh, https://www.fidh.org/IMG/pdf/annual-hr-report-2019_eng.pdf, Zugriff 9.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
UNICEF – United Nations Children's Fund (1.10.2019): KINDEREHEN WELTWEIT: DIE WICHTIGSTEN FRAGEN UND ANTWORTEN, https://www.unicef.de/informieren/aktuelles/blog/kinderehen-weltweit-fragen-und-antworten/199066,Zugriff 16.11.2020
UNICEF – United Nations Children's Fund (o.D.): Bangladesh - Key demographic indicators, https://data.unicef.org/country/bgd, Zugriff 10.11.2020
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 18.5.2021
Bewegungsfreiheit
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Freiheit, sich im Land zu bewegen, ist relativ unbeschränkt (USDOS 30.3.2021; vergleiche FH 3.3.2021, AA 21.6.2020). Ausgenommen davon sind jedoch zwei sensiblen Gebiete: die Chittagong Hill Tracts (CHT) und die Rohingya-Lagern in Cox's Bazar (USDOS 30.3.2021). Auch wurden im Zuge der Eindämmung der COVID-19-Pandemie durch die Regierung einige Bewegungseinschränkungen angeordnet, deren Umfang und Dauer begrenzt sind (FH 3.3.2021).
Grundsätzlich respektiert die Regierung die Rechte der inländischen und ausländischen Bewegungsfreiheit, Emigration und Rückkehr von Bürgern, mit Ausnahme der zwei sensiblen Regionen Chittagong Hill Tracts und Cox’s Bazar. Die Regierung hat 2015 Restriktionen für ausländische Reisende in diese Gebiete, in denen viele nichtregistrierte Rohingyas außerhalb der zwei offiziellen Flüchtlingscamps in den Städten und Dörfern leben, angekündigt, allerdings war die Art der Umsetzung zum damaligen Zeitpunkt noch unklar (ÖB 9.2020; vergleiche AA 21.6.2020).
Es liegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Ein- oder Ausreise vor (ÖB 9.2020; vergleiche FH 3.3.2021; AA 21.6.2020). Personen, die in der Vergangenheit bereits ihren Pass verloren haben, bekommen allerdings oft nur Reisepässe, die für wenige Monate gültig sind, ausgestellt. Generell kommt es zu teils enormen Verzögerungen bei der Reisepassausstellung (ÖB 9.2020). Ein Ausreiseverbot besteht für Personen, welche verdächtigt werden, an den Kriegsverbrechen während des Unabhängigkeitskrieges 1971 beteiligt gewesen zu sein (ÖB 9.2020).
Frauen brauchen keine Erlaubnis ihrer Väter oder Ehemänner, um zu reisen. Minderjährige über zwölf Jahren brauchen keinen gesetzlichen Vertreter, um einen Pass zu beantragen. Sie dürfen auch alleine reisen, bedürfen dazu aber eines speziellen, von einem Elternteil unterschriebenen Formular (ÖB 9.2020).
Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister besteht nicht (ÖB 9.2020; vergleiche AA 21.6.2020). Faktisch migriert jährlich eine große Zahl von Menschen vom Land in die Städte. Es handelt sich hierbei teilweise um Klimaflüchtlinge, deren Lebensgrundlage entzogen wurde und teilweise um Arbeitssuchende, die hoffen, insbesondere in der Textilindustrie Anstellung zu finden.Neuankömmlinge fallen wegen fehlender familiärer Bindungen und aufgrund der engen Nachbarschaftsverhältnisse auf. Dies setzt der Anonymität auch in Städten gewisse Grenzen (AA 21.6.2020).
Für Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten dürften innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten kaum vorhanden sein. Indiz dafür ist auch die verstärkte Auswanderung religiöser Minderheiten Richtung Indien. Aufgrund des Bevölkerungsreichtums und der nur schwach ausgeprägten staatlichen Strukturen dürfte allerdings insbesondere für Opfer lokaler politischer motivierter Verfolgung das Ausweichen in andere Landesteile eine plausible Alternative sein (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom House: Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 17.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 17.5.2021
IDPs und Flüchtlinge
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Zahl der intern vertriebenen Personen (IDPs) in den Chittagong Hill Tracts (CHT) bleibt umtritten. Im Jahr 2000 schätzte eine Arbeitsgruppe der Regierung sie auf 500.000, was sowohl nicht-indigene als auch indigene Personen einschloss. Die CHT-Kommission schätzte kürzlich, dass sich etwas mehr als 90.000 indigene IDPs in den CHT aufhalten. Durch die Regierung wurde versprochen, ausstehende Landstreitigkeiten in den CHT zu lösen, um die Rückkehr der IDPs zu erleichtern und die verbleibenden Militärlager zu schließen. Die Kommission berichtet, dass die Behörden mehrere indigene Familien vertrieben haben, um Grenzschutzlager und Erholungseinrichtungen der Armee zu errichten. Gemeindeführer behaupten, dass indigene Personen mit weit verbreiteten Verletzungen ihrer Rechte durch Siedler konfrontiert sind, die manchmal von Sicherheitskräften unterstützt werden. Auch bleibt die eingesetzte Taskforce für IDPs aufgrund eines Streits über die Klassifizierung von Siedlern als IDPs arbeitsunfähig. Im Laufe des Jahres 2020 wurden keine Landstreitigkeiten beigelegt (USDOS 30.3.2021).
Intern vertriebenen Biharis leben immer noch in Lagern, in denen sie keinen Zugang zur Grundversorgung haben (IDMC 4.2020). Politische und religiöse Gewalt führt in mehreren Landesteilen Bangladeschs zu lokalen Vertreibungen (IDMC 4.2020).
In Bangladesch halten sich 860.000 bis zu einer Million Flüchtlinge aus der Volksgruppe der Rohingya auf (ÖB 9.2020; vergleiche EK 22.10.2020, HRW 13.1.2021). Etwa 270.000 von ihnen leben in den Dörfern und Städten um Cox’s Bazar, seit sie ab den 1990er-Jahren aus Myanmar geflüchtet sind (FH 2020; vergleiche ÖB 9.2020, AA 21.6.2020). Die Regierung gewährt den Rohingya mangels Beitritt zur Genfer Flüchtlingskonvention kein Asyl und stuft sie als illegale Wirtschaftsflüchtlinge ein. Von ihnen leben 33.000 in den zwei offiziellen Flüchtlingslagern Kutupalong und Nqayapara als registrierte, offizielle Flüchtlinge (ÖB 9.2020).
Die überwiegende Mehrheit der Rohingya verfügt über keinen offiziellen Flüchtlingsstatus und leidet unter einem völligen Mangel an Zugang zu medizinischer Versorgung, Beschäftigung und Bildung und ist erheblichen Schikanen ausgesetzt (FH 3.3.2021). Im Jahre 2017 setzte durch Unruhen in Myanmar eine neue Flüchtlingswelle Richtung Bangladesch ein (ÖB 9.2020). Bangladesch hat seine völkerrechtlichen Verpflichtungen, keine Rückführungen zu erzwingen, und ließ gestrandete Flüchtlinge, die von anderen Ländern zurückgewiesen wurden, an Land (HRW 13.1.2021).
Aufgrund der bestehenden Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegen Rohingyas in Myanmar war eine sichere und freiwillige Rückkehr in ihr Herkunftsland bisher nicht möglich (ÖB 9.2020). Dennoch beharrt die Regierung von Bangladesch weiterhin darauf, dass die Lager nur vorübergehend seien und behinderte Verbesserungen der Infrastruktur, insbesondere in Bezug auf Unterkünfte und Bildung. Die Regierung kooperiert und unterstützt UNHCR und andere humanitäre Organisationen nur mangelhaft, nicht zu allen betroffenen, hilfesuchenden Personen wird der Zugang gestattet (ÖB 9.2020). UNHCR und das Welternährungsprogramm weisen weiters darauf hin, dass Unterernährung besonders bei Kindern in Flüchtlingslagern verbreitet ist (ÖB 9.2020). Die Grundversorgung wird durch die bangladeschische Regierung sowie von UN-Organisationen und NGOs gesichert (AA 21.6.2020).
Die Gefahr von Seuchen und Epidemien ist aufgrund der beengten Verhältnisse hoch. Es gibt nur unzureichend Möglichkeiten im Bildungsbereich und die Menschen leben in einem quasi rechtsfreien Raum. Vor allem Frauen und Kinder, die den Großteil der letzten Fluchtwelle ausmachen, befinden sich in großer Gefahr, u.a. sexueller und körperlicher Gewalt, Zwangsheirat, Kinderarbeit, Organ- und Menschenhandel zum Opfer zu fallen (AA 21.6.2020). Die bangladeschische Stammbevölkerung fühlt sich in den Kernflüchtlingszonen durch die große Zahl von Rohingyas zunehmend be- und verdrängt (u.a. Sinken des lokalen Lohnniveaus), was nunmehr häufiger zu Repressalien durch die Bevölkerung – aber auch seitens bangladeschischer offizieller Stellen – führt und das allgemeine Klima verschlechtert (ÖB 9.2020; vergleiche IDMC 4.2020). Spannungen mit der bangladeschischen Bevölkerung nehmen zu. Verwicklungen in illegale Tätigkeiten wie Drogenschmuggel und Menschenhandel sowie der rasante Preisanstieg und Druck auf die Löhne haben eine zunehmende Diskriminierung von Rohingyas im gesamten Land zur Folge. Islamismus breitet sich über informelle Koranschulen in den Lagern aus (AA 21.6.2020; vergleiche ÖB 9.2020).
Durch die Behörden wurden unter Berufung auf den Ausbruch der COVID-19-Pandemie im April 2020 mehr als 300 gestrandete Flüchtlinge aus Myanmar auf der Insel Bhasan Char, einer Schlickinsel vor der Küste Bangladeschs verlegt und unter Quarantäne gestellt (USDOS 30.3.2021; vergleiche FH 3.3.2021, HRW 13.1.2021), obwohl die Bewohnbarkeit der Insel ernsthaft infrage gestellt wird (HRW 14.1.2020; vergleiche FH 3.3.2021, TS 21.10.2019, HRW 14.3.2019). Internationale Medien berichten, dass die Behörden Anfang Dezember 2020 weitere rund 1.650 Rohingya-Flüchtlinge nach Bhasan Char umgesiedelt haben und die Umsiedlung weiterer 1.800 Flüchtlinge aus Myanmar geplant sind (USDOS 30.3.2021; vergleiche FH 3.3.2021), obwohl Menschenrechtsgruppen und die Vereinten Nationen diese Entscheidung verurteilen (FH 3.3.2021). Menschenrechtsgruppen melden, dass die Rohingya-Flüchtlinge, die seit September auf die Insel Bhasan Char umgesiedelt wurden, keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und angemessenen sanitären Einrichtungen haben. Von der Insel wird berichtet, dass den Flüchtlingen die Bewegungsfreiheit verweigert wird und sie keinen Zugang zu nachhaltigem Lebensunterhalt oder Bildung haben. Internationale Medien berichten über Fälle von sexuellem Missbrauch von Rohingya-Flüchtlingen durch die Sicherheitskräfte (USDOS 30.3.2021).
Die "Bangladesh Citizenship (Temporary Provisions) Order" aus 1972 regelt die Staatsangehörigkeitsfrage seit der Unabhängigkeit des Landes. Laut Artikel 2 gilt jeder als bangladeschischer Staatsangehöriger, der in diesem Territorium geboren wurde, oder dessen Vater oder Großvater dort geboren wurde, und der am 25. März 1971 und später dort seinen ordentlichen Wohnsitz und Aufenthalt hatte. Inwieweit dies auch für in Bangladesch geborene Kinder von Flüchtlingen gelten soll, ist jedoch unklar und wird in den Medien ab Einsetzen der jüngsten Rohingya-Flüchtlingswelle 2017 regelmäßig thematisiert (ÖB 9.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
BS - Bertelsmann Stiftung (29.4.2020): BTI 2020 Country Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029402/country_report_2020_BGD.pdf, Zugriff 5.11.2020
FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048581.html, Zugriff 17.5.2021
HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043519.html, Zugriff 17.5.2021
HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 9.11.2020
HRW – Human Rights Watch (14.3.2019): For Rohingya, Bangladesh’s Bhasan Char "Will Be Like a Prison", https://www.hrw.org/news/2019/03/15/rohingya-bangladeshs-bhasan-char-will-be-prison, Zugriff 9.11.2020
IDMC – Internal Displacement Monitoring Centre (ehemals: Global IDP Project) (4.2020): Bangladesh; Displacement associated with Conflict and Violence; Figure Analysis – GRID 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2028996/GRID+2020+%E2%80%93+Conflict+Figure+Analysis+%E2%80%93+BANGLADESH.pdf, Zugriff 17.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
EK – Europäische Kommission (Autor), UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (Autor), USDOS – US Department of State (Autor), Government of the United Kingdom (Autor), veröffentlicht von ReliefWeb (22.10.2020): Conference on Sustaining Support for the Rohingya Refugee Response; 22 October 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2039427/Rohingya_Conference_Background.pdf, Zugriff 15.6.2021
TS – Tagesschau.de (21.10.2019): Rohingya sollen umgesiedelt werden, https://www.tagesschau.de/ausland/rohingya-umsiedlung-insel-101.html, Zugriff 12.11.2020
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 17.5.2021
Grundversorgung
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich verbessert (AA 21.6.2020). Obwohl die Armutsquote in den letzten zwei Dekaden zurückging, leben weiterhin mindestens 11,3 Prozent der Bevölkerung (circa 20 Millionen) unterhalb der extremen Armutsgrenze von 1,9 US-Dollar (DB 1.10.2019). Im Zuge der COVID-Krise 2020 verschärfte sich die Situation. Gemäß Schätzungen der Bangladesh Economic Association verloren etwa 36 Millionen Menschen während des Lockdowns ihre Arbeit, 25 Millionen rutschen zurück in die absolute Armut (ÖB 9.2020). Unter- sowie Fehlernährung bleiben weit verbreitete Phänomene (DB 1.10.2019).
Bangladeschs Wirtschaft ist seit 2005 jährlich um rund sechs Prozent gewachsen, trotz politischer Instabilität, schlechter Infrastruktur, Korruption, unzureichender Stromversorgung und langsamer Umsetzung der Wirtschaftsreformen (CIA 4.5.2021). Der landwirtschaftliche Sektor beschäftigt knapp die Hälfte der Gesamtbevölkerung (GIZ 3.2020b; vergleiche CIA 24.5.2021). Die Verarbeitung von Produkten der Landwirtschaft und die Textilindustrie sind die wichtigsten Zweige des industriellen Sektors (GIZ 3.2020b), auf den 2017 geschätzt 29,3 Prozent des BIP gefallen sind. Der Export von Kleidungsstücken macht ca. 80 Prozent aller Exporte aus. Der Dienstleistungssektor erwirtschaftete 2017 mehr als die Hälfte des BIP (CIA 4.5.2021).
Arbeitsmigration, vornehmlich in die Golfstaaten und Malaysia, ist stark ausgeprägt und wird von der Regierung gefördert. Etwa zehn Millionen bangladeschische Staatsangehörige arbeiten im Ausland. Die Migration wird durch das „Bureau of Manpower, Employment and Training“ (BMET) gesteuert. Daneben existieren weitere Organisationen, die sich der Bedürfnisse der Wanderarbeiter vor Ausreise und nach Rückkehr annehmen (z.B. "BRAC", "Welfare Association of Bangladeshi Returnee Employees", "Bangladesh Migrant Centre", "Bangladesh Women Migrants Association"). Dachverband ist das "Bangladesh Migration Development Forum" (BMDF). Diese Organisationen werden aber auch bei zurückgeführten Personen aktiv (AA 21.6.2020).
Pro Jahr verlassen schätzungsweise bis zu 500.000 Personen Bangladesch zur legalen Beschäftigung im Ausland (hauptsächlich in Indien, Pakistan, Malaysia, Jordanien und den Golfstaaten) (ÖB 9.2020). Der Anteil an der bangladeschischen gesamtwirtschaftlichen Leistung der durch Geldüberweisungen von Arbeitsmigranten nach Bangladesch geleistet wird, beträgt mehr als 10 Prozent (GIZ 3.2020b). Das entspricht etwa 13 - 16 Mrd. USD (ÖB 9.2020; vergleiche GIZ 3.2020b, CIA 24.5.2021).
Die offizielle Arbeitslosenrate lag 2019 gem. Weltbank bei lediglich 4,2 Prozent jedoch mit verdeckter, weit verbreiteter massiver Unterbeschäftigung. Im Zuge der COVID-Krise 2020 verloren nach Schätzungen der Bangladesh Economic Association allerdings ca. 36 Mio. Menschen während des Lockdown ihre Arbeit. Darüber hinaus mussten zehntausende Bangladeshi, die im Ausland beschäftigt waren, in ihre Heimat zurückkehren, nachdem sie ihre Arbeitsplätze verloren hatten. Vor allem in der Landwirtschaft (19 Prozent des BIP und mehr als 65 Prozent der Beschäftigten) ist Subsistenzwirtschaft ausgeprägt. Formelle und organisierte Beschäftigung gibt es lediglich im staatlichen Bereich, sowie bei größeren Unternehmen. 85 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor. Von ca. 70 Millionen Beschäftigten sind nur rund zwei Mio. gewerkschaftlich organisiert. Die Gewerkschaften sind stark politisiert oder von einzelnen Führern oder Unternehmen abhängig. Ein Streikrecht gibt es in Bangladesch nicht. Staatlichen Angestellten, Mitgliedern der Sicherheitskräfte, sowie staatlichen und privaten Lehrern ist die Bildung von Gewerkschaften oder der Beitritt zu solchen, aufgrund deren starker Politisierung, explizit verboten (ÖB 9.2020).
Die Bevölkerung Bangladeschs erfährt seit einigen Jahren einen erhöhten Verteilungs- und Chancenkonflikt, aufgrund des Bevölkerungswachstums bei gleichzeitig abnehmenden Landressourcen und fehlenden Alternativen zur Landarbeit, sowie erhöhtem Druck durch Extremwetterereignisse und anderen Konsequenzen des Klimawandels. Die Slums der Städte wachsen, wenn auch im Vergleich zu anderen Ländern mit ähnlichen Bedingungen etwas langsamer. Ebenso konkurriert die Bevölkerung mit einem höheren Bildungsabschluss um Universitätsplätze und besser bezahlte Arbeitsplätze. Die Lebenshaltungskosten in den Städten steigen und die Versorgung mit Wasser und Elektrizität in den ländlichen Gebieten und kleineren Städten ist oft lückenhaft bzw. ist ein Anschluss an öffentliche Versorgungsnetzwerke noch nicht vollzogen. Die Strukturen werden zusätzlich temporär belastet, wenn Saisonarbeiter für einige Zeit in die Städte ziehen und dort Arbeitsplätze und Unterkünfte suchen. Die nötige Infrastruktur wird in vielen Gebieten ausgebaut, allerdings kann das Tempo dieses Ausbaus noch nicht mit der Bevölkerungsdynamik mithalten. Aktuell sind ungefähr 60 Prozent aller Haushalte an das staatliche Stromnetz angeschlossen (GIZ 3.2020b). Für ca. 85 Prozent der Bevölkerung, die im informellen Sektor arbeiten, gibt es keine mit europäischen Verhältnissen vergleichbare soziale Absicherung, sei es durch ein System der Kranken-, Unfall-, Pensions- oder Arbeitslosenversicherung (ÖB 9.2020).
Die Menschen sind auf die Versorgung durch ihre Familie und ihre Ersparnisse angewiesen. Staatlicherseits gibt es Nahrungsmittel-, Düngemittel- und Treibstoffsubventionen. Außerdem gibt es ein ebenfalls extrem ineffizientes System der Nahrungsmittelausgabe mittels Rationskarten. Oft werden die für Arme vorgesehenen preisgestützten Lebensmittel aber illegal zu Marktpreisen verkauft (ÖB 9.2020).
Mikrokreditinstitute bieten Gruppen und Individuen ohne Zugang zum herkömmlichen Finanzsystem die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen (GIZ 3.2020b). Das bekannteste davon ist die Grameen Bank, die 1976 in Bangladesch durch den späteren Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus gegründet wurde. Die Grameen Bank, deren Konzept von zahlreichen weiteren Institutionen aufgegriffen und auch in anderen Ländern umgesetzt wurde, gewährt Kredite ohne die banküblichen materiellen Sicherheiten und setzt stattdessen vor allem auf die soziale Komponente, um die Rückzahlung zu gewährleisten. Die Kreditnehmerinnen, die kaum unternehmerische Erfahrung und zumeist einen sehr niedrigen Bildungsstand haben, sollen auch langfristig beraten und unterstützt werden, um ein realistisches Konzept entwickeln und erfolgreich umsetzen zu können – so zumindest ist es vorgesehen. Bei seriösen Programmen sind auch Schulungen über Grundlagen der Unternehmensführung enthalten (finanzielle Alphabetisierung) (IP 6.3.2018).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
CIA – Central Intelligence Agency [USA] (24.5.2021): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/the-world-factbook/countries/bangladesh/#economy, Zugriff 27.5.2021
DB – Deutsche Botschaft Dhaka (1.10.2019): Die bangladeschische Wirtschaft, https://dhaka.diplo.de/bd-de/themen/wirtschaft/-/2251288, Zugriff 5.11.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020b): Bangladesch – Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/bangladesch/wirtschaft-entwicklung, Zugriff 17.5.2021
IP – Idealism Prevails (6.3.2018): Mikrokredite: Kann Armut durch Unternehmertum überwunden werden?, https://www.idealismprevails.at/mikrokredite-kann-armut-durch-unternehmertum-ueberwunden-werden, Zugriff 11.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
Sozialbeihilfen
Letzte Änderung: 16.06.2021
Bei regionaler Nahrungsmittelknappheit werden von der Regierung Bezugsscheine für staatliche Nothilferationen ausgegeben. Sonstige staatliche Hilfe für bedürftige Personen gibt es nicht (AA 21.6.2020). Aufgrund des Fehlens eines staatlichen Sozialversicherungssystems muss allgemein auf Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden. Dies gilt auch für die Absicherung alter und behinderter Menschen oder eine Mitversicherung von Kindern (ÖB 9.2020). Nicht staatliche Unterstützung durch religiös ausgerichtete Wohltätigkeitsvereine und andere NGOs findet statt (AA 21.6.2020), kann aber in Anbetracht der hohen Bevölkerungszahl nur einem kleinen Teil der Bedürftigen geleistet werden. Eine flächendeckende soziale Absicherung besteht nicht (AA 21.6.2020; vergleiche ÖB 9.2020). Das Gesetz sieht Menschen mit Beeinträchtigungen als eine vorrangige Gruppe für staatlich unterstützte Dienstleistungen vor. Die Regierung hat offizielle Maßnahmen ergriffen, um gegen die Verantwortlichen für Gewalt und Missbrauch von Menschen mit Behinderungen zu ermitteln (USDOS 30.3.2021).
Eine Alterspension in der Höhe von monatlich 500 Taka [ca. 5 Euro] wird an Männer über 65 und Frauen über 62 Jahren mit Wohnsitz in Bangladesch ausgezahlt, wobei nur ein Familienmitglied eine Pension beziehen kann. Eine Behindertenpension beträgt monatlich 700 Taka [ca. 7 Euro], wobei die Bezugsberechtigung durch eine Kommission festgestellt wird. Im Falle einer Krankheit wird das Gehalt zu 100 Prozent für insgesamt 14 Tage jährlich ausbezahlt. Mütter erhalten den Durchschnitt ihres Gehalts der letzten drei Monate vor der Ankündigung der Schwangerschaft für den Zeitraum von acht Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt, für insgesamt zwei Lebendgeburten, ausbezahlt; ab der dritten Geburt ist keine Unterstützung vorgesehen. Bei temporärer Behinderung nach einem Arbeitsunfall werden 100 Prozent des Gehaltes für zwei Monate, danach 2/3 für die nächsten zwei Monate, danach die Hälfte des Gehaltes bis zu einem Zeitraum von zwei Jahren bezahlt. Bei permanenter Behinderung in Folge eines Arbeitsunfalles wird ein Fixbetrag von 125.000 Taka [ca. 1.220 Euro] bezahlt. Es gibt keine staatliche Arbeitslosenunterstützung, Unternehmen müssen eine Kündigungsabfindung in der Höhe von 30 Tagesgehältern pro Jahr Firmenzugehörigkeit bezahlen (USSSA 3.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 17.5.2021
USSSA – U.S. Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Bangladesh, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/bangladesh.pdf, Zugriff 5.11.2020
Medizinische Versorgung
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Bereitstellung der Gesundheitsfürsorge liegt im Verantwortungsbereich der Regierung (DFAT 22.8.2019). Eine gesetzliche Krankenversicherung existiert nicht. Stattdessen gilt die Grundversorgung in der Regel als kostenlos, d.h. staatlich finanziert (GIZ 8.2020d).
Die medizinische Versorgung in Bangladesch entspricht nicht europäischen Standards und ist vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch nicht damit vergleichbar. Die Ausstattung der örtlichen Krankenhäuser ist ungenügend (AA 28.7.2020; vergleiche DFAT 22.8.2019, AA 21.6.2020). Wegen des Mangels an medizinischen Personal und Rettungsfahrzeugen kann bei Unfällen nicht mit schneller Hilfe gerechnet werden (AA 28.7.2020; vergleiche ÖB 9.2020). Medizinische Einrichtungen in Bangladesch sind äußerst selten und von schlechter Qualität (ÖB 9.2020; vergleiche DFAT 22.8.2019). Die Krankenhäuser verfügen insgesamt nur über rund 1.000 Intensivstationsbetten (GTAI 21.9.2020b). Davon sind lediglich 400 für die Behandlung von Patienten mit schweren Atemwegserkrankungen ausgerüstet (GTAI 21.9.2020b). Während in der Hauptstadt Dhaka 400 Intensivbetten zu Verfügung stehen, sind in 47 der insgesamt 64 Verwaltungsbezirke überhaupt keine Intensivbetten vorhanden (GTAI 21.9.2020b). Es herrscht ein eklatanter Mangel an medizinischen Personal. Schätzungsweise lediglich 12 Prozent aller schweren Krankheitsfälle erreichen das staatliche Gesundheitssystem (ÖB 9.2020). In der Praxis stellen der Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einen erheblichen Teil der Gesundheitsdienste zur Verfügung (DFAT 22.8.2019).
Die COVID-19-Pandemie stellte eine enorme Belastung für das Gesundheitssystem des Landes dar. Angesichts der historisch niedrigen Ausgaben für die öffentliche Gesundheitsversorgung im Land erwiesen sich die Einrichtungen als unzureichend, schlecht vorbereitet und schlecht ausgerüstet, um die Krise zu bewältigen (AI 7.4.2021). Die Versorgung von Covid-19-Patienten stößt an ihre Grenzen (GTAI 21.9.2020b).
Durch die Coronakrise gerät das seit Jahrzehnten unterfinanzierte staatliche Gesundheitswesen in Bangladesch enorm unter Druck (GTAI 21.9.2020b), der Mangel an verfügbaren und zugänglichen kritischen Gesundheitsdiensten führte zu einer großen öffentlichen Gesundheitskrise im ganzen Land. Viele öffentliche und private Krankenhäuser wiesen Patienten mit COVID-19-Symptomen aus Angst vor einer Infektion ab, obwohl Kapazitäten zur Verfügung standen. Diese Praxis führte zum Tod von Hunderten von Menschen (AI 7.4.2021).
In Dhaka bestehen wenige moderne kommerzielle Großkliniken, die Behandlungen nach internationalem Ausstattungsstand und eine gesicherte medizinische Versorgung anbieten. Die Behandlung in diesen Krankenhäusern ist den zahlungsfähigen Patienten vorbehalten (AA 21.6.2020; vergleiche ÖB 9.2020). Ferner bestehen private Arztpraxen, deren Inhaber häufig im Ausland ausgebildet wurden. Wohlhabende Bangladeschis und westliche Ausländer ziehen bei Erkrankungen häufig das regionale Ausland vor (AA 21.6.2020). Lokale Kliniken gibt es auf Gemeinde- oder Dorfebene. Diese Einrichtungen unterstützen größere Distrikt- oder Zentralkrankenhäuser (DFAT 22.8.2019). Obwohl eine rudimentäre, kostenlose medizinische Versorgung durch staatliche Gesundheitsstationen verfügbar sein soll (AA 21.6.2020), berichten Patienten, dass sie im Allgemeinen für einen Zugang zu medizinischen Leistungen zahlen müssen. Die Beratungsgebühren sind oft exorbitant und für die Armen unerschwinglich. Ärzte neigen Berichten zufolge auch dazu, ihre Kunden "übermäßig zu behandeln" und unnötige Tests anzuordnen, um ihr Einkommen zu erhöhen (DFAT 22.8.2019). So ist der Großteil der armen Landbevölkerung auf Selbsthilfe oder private Hilfsinitiativen angewiesen (ÖB 9.2020).
Bangladesch produziert preisgünstige Medikamente (Generika) für den lokalen Markt sowie für den Export. Der heimische Markt wird weitgehend von den lokalen Produzenten bedient. Die Versorgung mit Medikamenten ist aber auch durch Importmöglichkeiten gewährleistet (AA 21.6.2020).
Ärztlichen Auskünften zufolge sind, im Gegensatz zu ambulanten Behandlungen, längerfristige psychologische und psychiatrische Behandlungen und Betreuungen in Bangladesch nur schwer zu gewährleisten (AA 21.6.2020) und stellen sich unzureichend dar (USDOS 30.3.2021). Nach Erfahrungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind diese Behandlungen sehr teuer. In ländlichen Gebieten sind sie nicht möglich (AA 21.6.2020). Vor allem NGOs und Entwicklungshilfeinstitutionen sind um Verbesserungen der medizinischen Versorgung bemüht, z.B. durch Impfprogramme für Kinder gegen weit verbreitete Krankheiten wie Tuberkulose. Bangladesch hat nur eine niedrige Rate an HIV/Aids-Infizierten, gilt aber als potenziell stark gefährdetes Land (ÖB 9.2020).
Ein staatliches Sozial- und Krankenversicherungssystem existiert, bis auf geringe Beihilfen zum Existenzminimum an Senioren, nicht (AA 21.6.2020; vergleiche ÖB 9.2020). So muss allgemein auf die Hilfe innerhalb von Familienstrukturen zurückgegriffen werden (ÖB 9.2020). Das Arbeitsrecht 2006 sieht vor, dass Firmen mit mindestens 300 Arbeitnehmern vor Ort medizinische Einrichtungen bereit stellen sollten. Der Arbeitnehmer zahlt keine Prämie, die gesamten Kosten werden vom Arbeitgeber getragen (USSSA 3.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland [Deutschland] (28.7.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 9.11.2020
AI – Amnesty International (7.4.2021): Bangladesh 2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048635.html, Zugriff 18.5.2021
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 12.11.2020
GIZ – Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2020d): Bangladesch, Gesellschaft, https://www.liportal.de/bangladesch/gesellschaft/#c4074, Zugriff 17.5.2021
GTAI - Germany Trade and Invest [Deutschland] (21.9.2020b): Covid-19: Gesundheitswesen in Bangladesch: https://www.gtai.de/gtai-de/trade/specials/special/bangladesch/bangladeschs-wirtschaft-behauptet-sich-trotz-coronakrise-260868, Zugriff 5.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff am 17.5.2021
1. USSSA – U.S. Social Security Administration [USA] (3.2019): Social Security Programs Throughout the World: Asia and the Pacific, 2018 – Bangladesh, https://www.ssa.gov/policy/docs/progdesc/ssptw/2018-2019/asia/bangladesh.pdf, Zugriff 5.11.2020
Rückkehr
Letzte Änderung: 16.06.2021
Die Rückkehr bangladeschischer Staatsangehöriger unterliegt keinen rechtlichen Beschränkungen (AA 21.6.2020) und es ist bisher nicht bekannt geworden, dass sich Rückkehrer aufgrund der Stellung eines Asylantrages staatlichen Maßnahmen ausgesetzt sahen (AA 21.6.2020). Sofern es sich um Opfer von Schlepperei handelt, können sie allerdings auch nicht mit staatlicher Unterstützung rechnen. Problematisch ist, dass "erfolglose Rückkehrer" von ihren Familien und lokalen Gemeinschaften als Schandfleck betrachtet werden. Soweit Kritiker der Regierung oder rivalisierender politischer Parteien in Bangladesch selbst gefährdet waren, gilt dies auch für ihre eventuelle Rückkehr, auch wenn es keine Hinweise auf eine systematische Verfolgung gibt. Politisch motivierte Gewalt beschränkt sich in den meisten Fällen auf Einschüchterungen. Während des Ausnahmezustandes verweigerte die Regierung jedoch temporär einigen Parteiführern die Wiedereinreise nach Bangladesch. Durch den neuerlichen Wahlsieg der Regierungspartei 2018 hat sich das repressive Klima im Land merklich verschlechtert (ÖB 9.2020).
Auch ergeben sich im Zusammenhang wegen des mit COVID verbundenen weltweiten Wirtschaftsabschwungs und einer damit einhergehenden Rücksendung vieler tausender ArbeiterInnen in ihre Heimat Probleme für das Land. Auf Grund der beengten Lebens- und Arbeitsverhältnisse in ihren Gastländern sind diese ArbeiterInnen besonders vom Virus betroffen und bringen das Virus auf ihrem Heimweg mit nach Hause (ÖB 9.2020). Berichten zufolge verhafteten die Regierungsbehörden zwischen Juli und September [2020] zwischen 250 und 370 rückkehrende Wanderarbeiter aus Südostasien und dem Nahen Osten unter dem Vorwurf, "das Ansehen (Bangladeschs) beschädigt zu haben" (USDOS 30.3.2021; vergleiche AI 30.9.2020). Anfang Oktober wurde durch das Oberste Gericht eine Polizeistation in Dhaka angewiesen, vor Gericht die rechtlichen Grund für die Inhaftierung der Migranten zu erklären. Etwa 80 der inhaftierte Arbeitsmigranten wurden im Oktober 2020 gegen Kaution freigelassen (USDOS 30.3.2021).
Staatliche Repressionen nach Rückkehr wegen oppositioneller Tätigkeiten im Ausland (z.B. Demonstrationen und Presseartikel) sind nicht bekannt. Der "International Organization for Migration" (IOM) ist kein Fall bekannt, in dem eine rückgeführte Person misshandelt wurde. In einigen seltenen Fällen wurden die Rückkehrer zu einem sogenannten "General Diary" gebeten. Nach IOM-Angaben handelt es sich dabei um ein ca. halbstündiges Gespräch mit der Immigrationsbehörde, die die Daten des Rückkehrers aufnimmt und ihn zum Auslandsaufenthalt befragt. IOM sind bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen dem Rückkehrer ein Nachteil entstanden ist. Besondere Vorkommnisse sind anlässlich der Durchführung der Einreisekontrollen nicht bekannt geworden (AA 21.6.2020). Bei oppositioneller Betätigung kommt es darauf an, ob die lokal oder sachlich zuständigen Behörden von Regierung oder Opposition kontrolliert werden. Die Behörden sind in der Regel keine neutralen Akteure, sondern unterstützen die politischen Ziele der jeweiligen Machthaber. Dies gilt auch im Falle falscher Anzeigen bzw. sonstiger Verfolgung von Anhängern der politischen Opposition (ÖB 9.2020).
IOM betreut nur Personen, die freiwillig zurückkehren und ist am Flughafen Dhaka mit einem Büro und Mitarbeitern präsent und kann im Rahmen von Betreuungs- und Integrationsvereinbarungen die Betreuung vor Ort übernehmen. Diese Hilfe umfasst die Betreuung und Begleitung anlässlich der Ankunft, soweit erforderlich die Vermittlung von Kontakten zur Familie des Rückkehrers und die Vermittlung von Kontakten zu anderen Organisationen, die weiterführende Hilfe leisten können. Ferner leistet IOM praktische Reintegrationsbetreuung und -begleitung. IOM bestätigt, dass in Bangladesch familiäre und verwandtschaftliche Unterstützung letztendlich für die Rückkehrer maßgeblich sind und dem Rückkehrer als Auffangnetz in einer kritischen Lebensphase dienen. Rückkehrer sind, auch ohne die oben genannten Institutionen, aufgrund der großen Familien, enger, weit verzweigter Verwandtschaftsverhältnisse und noch intakter nachbarschaftlicher bzw. dörflicher Strukturen in der Regel nicht auf sich allein gestellt (AA 21.6.2020).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 3.11.2020
AI – Amnesty International (30.9.2020): Bangladesh detains more migrant workers; Second UA: 131/20 [ASA 13/3140/2020], https://www.ecoi.net/en/file/local/2038373/ASA1331402020ENGLISH.pdf, Zugriff 17.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 17.5.2021
Dokumente
Letzte Änderung: 16.06.2021
Echte Dokumente unwahren Inhalts und Gefälligkeitsbescheinigungen von Behörden, Privatpersonen und Firmen sind problemlos gegen Zahlung erhältlich (AA 21.6.2020; vergleiche ÖB 17.12.2018). Die Fälschung von Personenstandsurkunden ist eigentlich nicht notwendig, da jegliche Art von Standesfall sehr einfach (nach-)beurkundet werden kann. Beglaubigungen durch das Außenministerium erfolgen in der Regel ohne weitere Prüfung der Dokumente. Ihre Aussagekraft bezüglich Echtheit oder inhaltlicher Richtigkeit steht daher infrage (AA 21.6.2020).
Verfälschungen, Fälschungen und Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen (AA 21.6.2020). Es ist üblich und oft nicht anders möglich, Dokumente über einen Agenten oder "Mittelsmann" zu erwerben. Diese Praxis stellt sich ebenfalls betrugsanfällig dar (DFAT 22.8.2019). Grundsätzlich werden alle Arten von Dokumenten gefälscht: Reisepässe, Geburts- und Heiratsurkunden, Schul- und Universitätszeugnisse (ÖB 9.2020). Es handelt sich nach lokaler Anschauung um Kavaliersdelikte, die strafrechtlich ungenügend verfolgt werden (AA 21.6.2020). Auch ist die Erlangung von Dokumenten mit der Zahlung von Bestechungsgeldern verbunden (DFAT 22.8.2019). Die Überprüfungspraxis ist schwierig, da es kaum Kooperation der Behörden in Bangladesch gibt. Außerdem verfügen die wenigsten Dokumente über ein einheitliches Layout (ÖB 9.2020).
Mit der Einführung des maschinenlesbaren Reisepasses sind Fälle von Passmanipulationen deutlich zurückgegangen. Von allen Passantragstellern werden Fingerabdrücke genommen (AA 21.6.2020; vergleiche DFAT 22.8.2020).
Bei sonstigen Dokumenten, hauptsächlich Personenstandsurkunden, werden häufig Abweichungen der Bezeichnung der Behörde in Stempeln, Siegeln und Briefkopf, bei Unterschriften und Formpapier (AA 21.6.2020), sowie bei Rechtsanwälten fehlende Adressenangabe und Aktenzeichen festgestellt (ÖB 9.2020). In vielen Asylfällen legen Antragsteller die übersetzten Abschriften angeblicher justizieller Dokumente wie z.B. "First Information Report", "Charge Sheet" oder Haftbefehl vor (AA 21.6.2020). Beliebt ist die Anfertigung falscher oder unvollständiger Übersetzungen (ÖB 9.2020).
Nachdem erfahrungsgemäß in Bangladesch ein hoher Grad an Fälschungen besteht, ist davon auszugehen, dass die auch bis zu einem gewissen Ausmaß für FIRs zutrifft (ÖB 9.2020; vergleiche AA 21.6.2020).
Eine Echtheit von Dokumenten kann mit wenigen Einschränkungen überprüft werden, da ausgestellte Dokumente von der zuständigen Behörde als Original mittels Amtsstempel und Unterfertigung beglaubigt werden. Aufgrund von Gegenzeichnungsprozessen und der Tatsache, dass alle Dokumente mittels einer Datenbank geprüft werden können, sind Fälschungen von Polizei- oder Gerichtsdokumenten erschwert. Ein Fehlen von Amtsstempel und Unterschrift legt den Schluss nahe, dass es sich bei dem entsprechenden Dokument um eine Fälschung handeln könnte (ÖB 17.12.2018). Da Dokumente politischer Parteien nicht die Sicherheitsmerkmale anderer Dokumente enthalten, sind auch diese anfällig für Fälschungen (DFAT 22.8.2019).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 9.11.2020
DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade [Australien] (22.8.2019): DFAT Country Information Report Bangladesh, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016264/country-information-report-bangladesh.pdf, Zugriff 12.11.2020
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (17.12.2018): Anfragebeantwortung
Staatbürgerschaft
Letzte Änderung: 16.06.2021
Ein staatliches Meldewesen oder Staatsangehörigkeitsregister gibt es in Bangladesch nicht. Auch ein gesetzlich geregeltes Verfahren zur Feststellung der Staatsangehörigkeit ist inexistent. In der Praxis richtet die Botschaft Anfragen an das bangladeschische Außenministerium, welches diese an die zuständigen regionalen Passport Offices weiterleiten sollte. Rückmeldungen treffen jedoch erfahrungsgemäß nicht ein. Die "Bangladesh Citizenship (Temporary Provisions) Order" aus 1972 regelt die Staatsangehörigkeitsfrage seit der Unabhängigkeit des Landes (ÖB 9.2020).
Laut Artikel 2 gilt jeder als bangladeschischer Staatsangehöriger, der in diesem Territorium geboren wurde, oder dessen Vater oder Großvater dort geboren wurde, und der am 25. März 1971 und später dort seinen ordentlichen Wohnsitz und Aufenthalt hatte (ÖB 9.2020; vergleiche USDOS 30.3.2021). Ist die Nationalität der Eltern unbekannt, und das Kind wurde auf bangladeschischem Territorium geboren, oder wenn ihre Väter oder Großväter in den Gebieten geboren wurden, die jetzt Teil des Landes sind, wird ebenfalls die bangladeschische Staatsbürgerschaft übertragen (USDOS 30.3.2021).
Inwieweit dies auch für in Bangladesch geborene Kinder von Flüchtlingen gelten soll, ist jedoch unklar und wird in den Medien ab Einsetzen der jüngsten Rohingya-Flüchtlingswelle 2017 regelmäßig thematisiert (ÖB 9.2020). Doch werden durch die Regierung derzeit keine Staatbürgerschaftsregistrierungen an Kinder von Rohingya-Flüchtlingen, die in Cox's Bazar geboren wurden, durchgeführt (USDOS 30.3.2021).
Der oberste Gerichtshof stellte im Jahr 2008 fest, dass in Bangladesch geborene Biharis bangladeschische Staatsangehörige sind, sie Anspruch auf Ausstellung von Identitätspapieren haben und ihnen das Wahlrecht zusteht (AA 21.6.2020).
Laut "Bangladesch Citizenship (Temporary Provisions) Rules" aus 1978 kann die Regierung die Staatsangehörigkeit auf Antrag an ausländische Frauen verleihen, die mit bangladeschischen Staatsangehörigen verheiratet sind und seit mindestens zwei Jahren in Bangladesch wohnhaft sind (ÖB 9.2020).
Eine Geburtsregistrierung ist erforderlich, um einen nationalen Personalausweis oder Reisepass zu erhalten (USDOS 30.3.2021).
Quellen:
AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (21.6.2020): Auswärtiges Amt_Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch (Stand: Mai 2020), https://www.ecoi.net/en/file/local/2033573/Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2020%29%2C_21.06.2020.pdf, Zugriff 28.5.2021
ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi [Österreich] (9.2020): Asylländerbericht zu Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2052061/BANG_%C3%96B_BERICHT_2020_09.pdf, Zugriff 28.5.2021
USDOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): 2020 Country Reports on Human Rights Practices: Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048142.html, Zugriff 17.5.2021
Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 17.01.2022
1. Wurden im Zeitraum zwischen dem 20.1.2018 und dem 5.2.2018 im Polizeirevier Mirpur in Kholanpur, Ward [Bezirk] Nr. 11, Distrikt Dhaka, ein oder mehrere Vorfälle mit Bezug auf Strafdelikte gemäß §154 des Strafgesetzbuches sowie gemäß §§4/6 des Sprengstoffgesetzes von 1906 und Special Powers Act 1974 [Sonderbefugnisse-Gesetz], Abschnitt 15(3), Strafgesetzbuch aufgezeichnet? Wenn ja, (1) wann, und (2) welche FIR-Bezeichnungen [First Information Reports] weisen diese Fälle auf?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
In öffentlich zugänglichen Quellen wurden im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche auf Deutsch und Englisch keine Informationen gefunden. Aufgrund der personenbezogenen Art der Fragestellungen wurden diese nach ergebnisloser, zeitlich begrenzter Eigenrecherche an eine externe Stelle zur Recherche übermittelt.
Eine Quellenbeschreibung zu österreichischen Botschaften (ÖB) bzw. deren Vertrauensanwälten (VA) findet sich auf dem Quellenblatt der Staatendokumentation auf www.staatendokumentation.at sowie in der dort ersichtlichen Methodologie der Staatendokumentation.
Zusammenfassung:
Der nachfolgend zitierten Quelle ist zu entnehmen, dass im Zeitraum 20.1.2018-5.2.2018 vier verschiedene Fälle im Polizeirevier Mirpur mit Bezug auf die oben genannten Paragrafen dokumentiert wurden. Der Fall 1 (FIR Nr. 01) wurde am 2.2.2018, am Tag der Straftat, protokolliert. Angeklagt sind insgesamt 35 [ausschließlich männliche; Anm.] Personen. Der Fall 2 (FIR Nr. 06) wurde am 3.2.2018, am Tag der Straftat, protokolliert. Angeklagt sind insgesamt 34 [ausschließlich männliche] Personen. Der Fall 3 (FIR Nr. 08) wurde am 4.2.2018, am Tag der Straftat, protokolliert. Angeklagt sind insgesamt 33 [ausschließlich männliche] Personen. Der Fall 4 (FIR Nr. 12) wurde am 4.2.2018, am Tag der Straftat, protokolliert. Angeklagt sind insgesamt 36 [ausschließlich männliche] Personen.
Einzelquelle:
Der Vertrauensanwalt berichtet über vier verschiedene Fälle:
Fall 1: Mit Datum 2.2.2018 wurde von einem Polizeibeamten des Mirpur-Polizeireviers ein FIR-Bericht (Nr. 01) zu den oben genannten Paragrafen eingebracht (G.R.-Fall-Nr. 59/2018). Die betreffende Straftat wurde am 2.2.2018 begangen – in Mirpur vor dem Haus mit der Nr. 63/1 (Notun-Basar). Derzeit ist ein Gerichtsverfahren in Dhaka laufend. Angeklagt sind insgesamt 35 [ausschließlich männliche] Personen. [Eine Person namens TONNY Farzana Afroz befindet sich nicht darunter; Anmerkung der Staatendokumentation.]
Fall 2: Mit Datum 3.2.2018 wurde von einem Polizeibeamten des Mirpur-Polizeireviers ein FIR-Bericht (Nr. 06) zu den oben genannten Paragrafen eingebracht (G.R.-Fall-Nr. 64/2018). Die betreffende Straftat wurde am 3.2.2018 begangen – in Mirpur hinter der Rikscha-Garage auf der Südseite des Amtali-Hauses (Nr. 220/3). Derzeit ist ein Gerichtsverfahren in Dhaka laufend. Angeklagt sind insgesamt 34 [ausschließlich männliche] Personen. [Eine Person namens TONNY Farzana Afroz befindet sich nicht darunter.]
Fall 3: Mit Datum 4.2.2018 wurde von einem Polizeibeamten des Mirpur-Polizeireviers ein FIR-Bericht (Nr. 08) zu den oben genannten Paragrafen eingebracht (G.R.-Fall-Nr. 66/2018). Die betreffende Straftat wurde am 4.2.2018 begangen – in Mirpur unter der Stiege des Erdgeschosses eines Rohbaus (Adresse: 60 Feet Road Barek Mollar Junction 327/2). Derzeit ist ein Gerichtsverfahren in Dhaka laufend. Angeklagt sind insgesamt 33 [ausschließlich männliche] Personen. [Eine Person namens TONNY Farzana Afroz befindet sich nicht darunter.]
Fall 4: Mit Datum 4.2.2018 wurde von einem Polizeibeamten des Mirpur-Polizeireviers ein FIR-Bericht (Nr. 12) zu den oben genannten Paragrafen eingebracht (G.R.-Fall-Nr. 70/2018). Die betreffende Straftat wurde am 4.2.2018 begangen – in Mirpur unter der Stiege des Erdgeschosses von Block C (Straßennummer 06, Hausnummer 04). Derzeit ist ein Gerichtsverfahren in Dhaka laufend. Angeklagt sind insgesamt 36 [ausschließlich männliche] Personen. [Eine Person namens TONNY Farzana Afroz befindet sich nicht darunter.] [Hervorhebungen durch die Staatendokumentation].
(a) Complainant, Mr. Md. Enamul Hossain, Sub-Inspector of Mirpur Police Station, District: Dhaka, submitted FIR No. 01, G.R. Case No. 59/2018 and Special Tribunal Case No. 200/2019 dated 02 February 2018 under Sections: 4/6 of the Explosive Substances Act 1906 and under Sections: 15(3) of the Special Powers Act 1974 of Bangladesh against Mr. Shah Alom and 34 others.
The place where the crime took place:
Notun Bazar, in front of the house B.R. Housing Plot No. 63/1, Mirpur, Dhaka and the incident took place on 02/02/2018.
Mirpur Police Station FIR No. 01, G.R. No. 59/2018 and Special Tribunal Case No. 200/2019 is currently pending in the 8th Additional Metropolitan District and Sessions Judges Court, Dhaka and the next date is fixed on 27/03/2022 for framing of charges.
The names of the persons accused in this case are given below:
1. Mr. Shah Alom, 2. Mr. Md. Sabbir Rahman, 3. Mr. Md. Sohel, 4. Mr. Alamgir, 5. Mr. Md. Rafiqul Islam, 6. Mr. Md. Kabir Hossain, 7. Mr. Md. Wajed Uddin, 8. Mr. Mukul, 9. Mr. Delwar Hossain Dulu, 10. Mr. Md. Jashim, 11. Mr. Md. Sumon, 12. Mr. Md. Imran Patwari, 13. Mr. Kazi Imam Ahammod, 14. Mr. Shekh Abdul Mannan, 15. Mr. Md. Ripon Sarder, 16. Mr. Md. Rashed Imam, 17. Mr. Md. Torik, 18. Mr. Kamal, 19. Mr. Motin, 20. Mr. Humayun, 21. Mr. Soyon, 22. Mr. Md. Hossen Matabbor, 23. Mr. Munna, 24. Mr. Shiju, 25. Mr. Ripon, 26. Mr. Malek, 27. Mr. Dipu, 28. Mr. Shakil, 29. Mr. Humayun Kabir, 30. Mr. Monir, 31. Mr. Babul, 32. Mr. Juwel, 33. Mr. Rubel, 34. Mr. Md. Kazi Mamun, and 35. Mr. Shahidul Islam.
(b) Complainant, Mr. Md. Jobayer Hossain, Sub-Inspector of Mirpur Police Station, District: Dhaka, submitted FIR No. 06, G.R. Case No. 64/2018 and Special Tribunal Case No. 540/2019 and Special Tribunal Case No. 837/2019 dated 03 February 2018 under Sections: 4/5/6 of the Explosive Substances Act 1906 and under Sections: 15(3) of the Special Powers Act 1974 of Bangladesh against Mr. Md. Uzzal and 33 others.
The place where the crime took place:
Behind the rickshaw garage on the south side of Amtali House No. 220/3, Mirpur, Dhaka and the incident took place on 03/02/2018.
Mirpur Police Station FIR No. 06, G.R. No. 64/2018 and Special Tribunal Case No. 540/2019 under Section 15(3) of the Special Powers Act 1974 of Bangladesh is currently pending in the 8th Additional Metropolitan District and Sessions Judges Court, Dhaka and the next date is fixed on 17/03/2022 for framing of charges.
Mirpur Police Station FIR No. 06, G.R. No. 64/2018 and Special Tribunal Case No. 837/2019 under Sections 4/5/6 of The Explosive Substances Act 1906 of Bangladesh is currently pending in the 7th Additional Metropolitan District and Sessions Judges Court, Dhaka and the next date is fixed on 19/04/2022 for framing of charges.
The names of the persons accused in this case are given below:
1. Mr. Md. Uzzal, 2. Mr. Md. Rajib, 3. Mr. Md. Musa, 4. Mr. Md. Shekh Habib, 5. Mr. Md. Musa Mia, 6. Mr. Md. Ziaur Rahman, 7. Mr. Md. Moyen Uddin, 8. Mr. Md. Abdul Ali, 9. Mr. Habibur Rahman, 10. Mr. Md. Kabir Hossain, 11. Mr. Md. Rafiqul Islam, 12. Mr. Delowar Hossain, 13. Mr. Shekh Abdul Mannan, 14. Mr. Md. Waz Uddin, 15. Mr. Md. Suman, 16. Mr. Mukul, 17. Mr. Md. Jaman Hossain, 18.Mr. Md. Imran, 19. Mr. Md. Helal Matabbor, 20. Mr. Md. Ripon Sardar, 21. Mr. Md. Rashed Islam, 22. Mr. Md. Torik, 23. Mr. Munna, 24. Mr. Kamal, 25. Mr. Kazi Mamun, 26. Mr. Motin, 27. Mr. Humayun, 28. Mr. Ripon, 29. Mr. Malek, 30. Mr. Humayun Kabir Gazi, 31. Mr. Dipu, 32. Mr. Kazi Imam Asad, 33. Mr. Soyon and 34. Mr. Rezaul Karim.
(c) Complainant, Mr. Baha Uddin Babla, Sub-Inspector of Mirpur Police Station, District: Dhaka, submitted FIR No. 08, G.R. Case No. 66/2018 and Special Tribunal Case No. 706/2019 and Special Tribunal Case No. 707/2019 dated 04 February 2018 under Sections: 4/6 of the Explosive Substances Act 1906 and under Sections: 15(3) of the Special Powers Act 1974 of Bangladesh against Mr. Abul Hossain and 32 others.
The place where the crime took place:
60 Feet Road Barek Mollar Junction 327/2, Mirpur, Dhaka under the stairs of the ground floor of the building under construction and the incident took place on 04/02/2018.
Mirpur Police Station FIR No. 08, G.R. No. 66/2018 and Special Tribunal Case No. 706/2019 under Section 15(3) of the Special Powers Act 1974 of Bangladesh is currently pending in the 7th Additional Metropolitan District and Sessions Judges Court, Dhaka and the next date is fixed on 17/01/2022 for framing of charges.
Mirpur Police Station FIR No. 08, G.R. No. 66/2018 and Special Tribunal Case No. 707/2019 under Sections 4/5/6 of the Explosive Substances Act 1906 of Bangladesh is currently pending in the 7th Additional Metropolitan District and Sessions Judges Court, Dhaka and the next date is fixed on 03/02/2022 for framing of charges.
The names of the persons accused in this case are given below:
1. Mr. Abul Hossain, 2. Mr. Abdul Halim, 3. Mr. Chanchal Hossain, 4. Mr. Ismail Hossain, 5. Mr. Mirza Mamun, 6. Mr. Foysal, 7. Mr. Md. Zamal Hossian, 8. Mr. Dulal, 9. Mr. Md. Imran Patwary, 10. Mr. Kazi Imam Azad, 11. Mr. Md. Zaman Hossain, 12. Mr. Dipu, 13. Mr. Mukul, 14. Mr. Md. Rezaul Karim, 15. Mr. Md. Helal Matabbor, 16. Mr. Soyon, 17. Mr. Md. Ripon, 18. Mr. Md. Munna, 19. Mr. Kamal, 20. Mr. Md. Moin Uddin, 21. Mr. Suman, 22. Mr. Md. Abdul Ali, 23. Mr. Md. Rashedul Islam, 24. Mr. Mulla Md. Ziaur Rahman, 25. Mr. Md. Kabir Hossain, 26. Mr. Ripon, 27. Mr. Md. Rafiqul Islam, 28. Mr. Shek Abdul Mannan, 29. Mr. Habibur Rahman, 30. Mr. Md. Wazed Mia, 31. Mr. Delowar Hossain Dulu, 32. Mr. Md. Kazi Mamun and 33. Mr. Humayun Kabir.
(d) Complainant, Mr. Ohidul Islam Sub-Inspector of Mirpur Police Station, District: Dhaka, submitted FIR No. 12, G.R. Case No. 70/2018 and Special Tribunal Case No. 451/2019 and Special Tribunal Case No. 458/2019 dated 04 February 2018 under Sections: 4/6 of the Explosive Substances Act 1906 and under Sections: 15(3) of the Special Powers Act 1974 of Bangladesh against Mr. Md. Mizanur Rahman and 35 others.
The place where the crime took place:
Under the ground floor stairs of Block C, Road No. 06, House No. 04, Mirpur, Dhaka and the incident took place on 04/02/2018.
Mirpur Police Station FIR No. 12, G.R. No. 70/2018 and Special Tribunal Case No. 451/2019 under Sections 4/5/6 of the Explosive Substances Act 1906 of Bangladesh is currently pending in the 6th Additional Metropolitan District and Sessions Judges Court, Dhaka and the next date is fixed on 09/02/2022 for examination of witnesses.
Mirpur Police Station FIR No. 12, G.R. No. 70/2018 and Special Tribunal Case No. 458/2019 under Section 15(3) of the Special Powers Act 1974 of Bangladesh is currently pending in the 8th Additional Metropolitan District and Sessions Judges Court, Dhaka and the next date is fixed on 11/01/2022 for framing of charges.
The names of the persons accused in this case are given below:
1. Mr. Md. Mizanur Rahman, 2. Mr. Md. Sohel Sikder, 3. Mr. Abul Kalam, 4. Mr. Bayjid Hasan, 5. Mr. Md. Shahed Hossain, 6. Mr. Md. Moniruzzaman, 7. Mr. Sohel, 8. Mr. Kazi Imam Azad, 9. Mr. Md. Suman, 10. Mr. Md. Imran, 11. Mr. Md. Ripon, 12. Mr. Munna, 13. Mr. Kamal, 14. Mr. Mirza Kamal, 15. Mr. Foysal, 16. Mr. Md. Shekh Abdul Mannan, 17. Mr. Md. Zamal, 18. Mr. Md. Rashed Imam, 19. Mr. Dulal, 20. Mr. Md. Rafiqul Islam, 21. Mr. Md. Kazi Mamun, 22. Mr. Md. Zamal Hossain, 23. Mr. Md. Wazed Uddin, 24. Mr. Md. Kabir Hossain, 25. Mr. Md. Ziaur Rhaman, 26. Mr. Dipu, 27. Mr. Md. Torik, 28. Mr. Mukul, 29. Mr. Rezaul Karim, 30. Mr. Md. Abdul Ali, 31. Mr. Malek, 32. Mr. Motin, 33. Mr. Delowar Hossain Dulu, 34. Mr. Ripon, 35. Mr. Md. Mukul Uddin and 36. Mr. Habibur Rahman Habib.
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (20.12.2021): Auskunft des Vertrauensanwaltes, per E-Mail
2. Wie viele FIRs wurden vom 20.1.2018 bis zum 5.2.2018 auf der Polizeiwache Mirpur in Kholanpur, Ward Nr. 11, Distrikt Dhaka, aufgenommen (z.B. 55/2018-65/2018)?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
siehe oben.
Zusammenfassung:
siehe Einzelquelle.
Einzelquelle:
Der Vertrauensanwalt berichtet, dass vom 20.1.2018 bis 31.1.2018 insgesamt 24 FIRs aufgenommen wurden (Nummern 35/2018 bis 58/2018). Vom 20.1.2018 bis 31.1.2018 wurden insgesamt 24 G.R. aufgenommen (Nummern 35/2018 bis 58/2018). Zwischen 1.2.2018 und 5.2.2018 wurden insgesamt 14 FIRs aufgenommen (Nr. 01/2018 bis 14/2018). Zwischen 1.2.2018 und 5.2.2018 wurden insgesamt 14 G.R. aufgenommen (Nr. 59/2018 bis 72/2018).
From 20 January 2018 to 31 January 2018: Total 24 FIR filed being FIR Nos. 35/2018 - 58/2018.
From 20 January 2018 to 31 January 2018: Total 24 G.R. filed being G.R. Nos. 35/2018 - 58/2018.
From 01 February 2018 to 05 February 2018: Total 14 FIR filed being FIR Nos. 01/2018 - 14/2018.
From 01 February 2018 to 05 February 2018: Total 14 G.R. filed being G.R. Nos. 59/2018 - 72/2018.
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (20.12.2021): Auskunft des Vertrauensanwaltes, per E-Mail
3. Wurden vom Mokam Metropolitan Special Tribunal [Sondergerichtshof] in Dhaka zwischen 5.10.2020 und 30.10.2020 Haftbefehle wegen Delikten mit Bezug auf Abschnitt 15(3) Sonderbefugnisse-Gesetz (1974) erlassen? Wenn ja, welche Registrierungsnummern haben diese Schriftstücke (z.B. 1234/2020)? Gab es bereits eine Gerichtsverhandlung? Wenn ja, wurde jemand schuldig gesprochen? Wer wurde schuldig gesprochen? Wie hoch sind die verhängten Strafen? Wurden Angeklagte (auch nicht anwesende) freigesprochen?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
siehe oben.
Zusammenfassung:
Der nachfolgend zitierten Quelle ist zu entnehmen, dass in Bezug auf FIR-Nr. 08 am 8.10.2020 das Gericht einen Haftbefehl gegen zwei [männliche] Angeklagte erlassen hat (G.R.-Nr. 66/2018 und Fallzahl 706/2019 des Sondergerichtshofs). Das Gerichtsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Einzelquelle:
Der Vertrauensanwalt berichtet Folgendes: In Bezug auf FIR-Nr. 08 (G.R.-Nr. 66/2018) erließ am 8.10.2020 der Gerichtshof „7th Additional Metropolitan District and Sessions Judges’ Court“ in Dhaka (wo der Fall derzeit anhängig ist) einen Haftbefehl gegen zwei Angeklagte. Die Namen der 2 flüchtigen [männlichen] Personen lauten Ismail Hossain und Md. Kabir Hossain. Die Registrierungsnummern der betreffenden Schriftstücke lauten FIR-Nr. 08 (Mirpur-Polizeiwache), G.R.-Nr. 66/2018 und Fallzahl 706/2019 des Sondergerichtshofs. Die Gerichtsverhandlung hat noch nicht begonnen. Der Fall ist noch laufend. Niemand wurde bislang verurteilt oder freigesprochen. [Hervorhebungen durch die Staatendokumentation].
On 08/10/2020 the 7th Additional Metropolitan District and Sessions Judge, Dhaka issued arrest warrant against two (2) accused persons in Special Tribunal Case No. 706/2019 under Section 15(3) of the Special Powers Act 1974. While verifying the records of the other cases it was found that some more warrants were issued before 05.10.2020 and after 30.10.2020 by the 7th Additional Metropolitan District and Sessions Judge, Dhaka.
The names of the absconding persons in Special Tribunal Case No. 706/2019 are given below :
i) Mr. Ismail Hossain.
ii) Mr. Md. Kabir Hossain.
Mirpur Police Station FIR No. 08, G.R. No. 66/2018 and Special Tribunal Case No. 706/2019.
Trial of the above case has not yet started before the 7th Additional Metropolitan District and Sessions Judge’s Court, Dhaka […].
The case is currently ongoing and no one has been convicted or acquitted […].
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (20.12.2021): Auskunft des Vertrauensanwaltes, per E-Mail
4. Ist es möglich, dass ein Rechtsanwalt ohne persönliche (von der betreffenden Person unterzeichnete) Vollmacht für einen Klienten in öffentlichen Einrichtungen (Polizei, Gerichte) tätig werden kann? Wenn ja, wie erfolgt eine entsprechende Legitimierung ohne eine schriftliche Erlaubnis?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
siehe oben.
Zusammenfassung:
siehe Einzelquelle.
Einzelquelle:
Der Vertrauensanwalt berichtet, dass normalerweise ranghöhere Rechtsanwälte keine persönliche Vollmacht benötigen. Jedoch benötigen sie die Zustimmung des mit dem betreffenden Fall befassten Rechtsanwalts.
A Senior lawyer can always appear in any case with the consent of the concerned lawyer engaged for the case and the Senior lawyer does not require any personal power of attorney and that is the normal practice we are following in Bangladesh.
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (20.12.2021): Auskunft des Vertrauensanwaltes, per E-Mail
5. Ist in Dhaka ein Rechtsanwalt mit dem Namen Md. Solaiman Hossain tätig? Wenn ja, in welchen Bereichen ist dieser Rechtsanwalt in Bangladesch tätig? Ist es möglich, die Adresse der Kanzlei dieses Rechtsanwalts ausfindig zu machen? Wenn nein, wann trat dieser Rechtsanwalt seinen Ruhestand an?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
siehe oben.
Zusammenfassung:
Der Rechtsanwalt Md. Solaiman Hossain ist am 30.11.2020 verstorben.
Einzelquelle:
Der Vertrauensanwalt berichtet, dass der Rechtsanwalt Md. Solaiman Hossain am 30.11.2020 verstorben ist. Er befasste sich mit Zivilrechts- und Strafrechtsfällen, welche das District Judges’ Court [Gerichtshof] in Dhaka betrafen. Seine Kanzleiadresse lautet: Dhaka 1000, Kotwali, Johnson Rood, Lovely Hotel (2. Stock), Raumnummer 28. Um die Kanzlei kümmert sich nun der Sohn des verstorbenen Rechtsanwalts.
[…] we could locate the Chamber of Mr. Md. Solaiman Hossain and he is no more active in legal profession as he has died on 30/11/2020. He was involved in both the civil and criminal practices in the District Judges’ Court, Dhaka and his Office address is Room No. 28, Lovely Hotel (2nd floor), Johnson Rood, Kotwali, Dhaka 1000 where his son is looking after the chamber.
ÖB – Österreichische Botschaft New Delhi [Österreich] (20.12.2021): Auskunft des Vertrauensanwaltes, per E-Mail
2. Beweiswürdigung:
2.2. Zu den Feststellungen zu den Personen der BF und den bisher geführten Verfahren:
Die Feststellungen zum Verwandtschaftsverhältnis der BF, ihrer Staatsangehörigkeit, ihrer Religionszugehörigkeit und dem Umstand, dass sie keiner Volksgruppe angehören, ergeben sich aus den glaubhaften und gleichbleibenden Angaben der BF1 und des BF2 im Verfahren vor der belangten Behörde.
Da die BF1 und der BF2 jeweils Reisepässe aus Bangladesch vorlegten bzw. betreffend die BF3 eine österreichische Geburtsurkunde im Akt einliegt, steht die Identität der BF zweifelsfrei fest.
Die Feststellungen zur Herkunft der BF1 und des BF2 aus Dhaka, ihrem Schulabschluss im Herkunftsstaat, dem Kennenlernen während der Schulzeit, dem Studienabschluss der BF1 in Bangladesch, der fehlenden Arbeitserfahrung und Berufsausbildung der BF1 und des BF2 im Herkunftsstaat sowie der Finanzierung des Lebensunterhaltes in Bangladesch durch die Eltern, ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der BF1 und des BF2 in den Einvernahmen vor dem BFA.
Die Feststellungen zu den Sprachkenntnissen der BF1 und des BF2 ergeben sich insbesondere aus ihren glaubhaften Angaben während des erstinstanzlichen Verfahrens. Die Deutschkenntnisse des BF1 ergeben sich aus dem vorgelegten Zeugnis der Johannes-Kepler-Universität Linz, wonach er eine Deutschprüfung auf dem Niveau B1 erfolgreich abgeschlossen hat. Die Deutschkenntnisse der BF2 ergeben sich aus ihren eigenen Angaben beim BFA am 26.01.2021, wonach sie bereits in Bangladesch diese Prüfung gemacht habe und wurde in der Einvernahme von der belangten Behörde auch festgehalten, dass die BF1 Deutschkenntnisse auf dem Niveau A1 aufweist.
Die Feststellungen zur erstmaligen Einreise des BF2 nach Österreich sowie der in der Folge ausgestellten Aufenthaltstitel (Student und Schüler) ergeben sich insbesondere aus den Eintragungen im Zentralen Fremdenregister (IZR), in Zusammenschau mit den eigenen Angaben des BF2. Die Feststellungen zur melderechtlichen Erfassung des BF2 im Bundesgebiet ergeben sich aus den Eintragungen im Zentralen Melderegister (ZMR). Die zwischenzeitlichen Ausreisen des BF2 bzw. seine Aufenthalte in Bangladesch ergeben sich insbesondere aus den Eintragungen (Ein- Ausreisestempel) im Reisepass des BF2. Seine freiwillige Ausreise nach Bangladesch im Jahr 2019 ist ebenso aus den Eintragungen im vorlegten Reisepass ersichtlich bzw. auch aus den Eintragungen im IZR.
Die Feststellungen zur gemeinsamen Reise der BF1 und des BF2 nach Indien, die Stellung von Anträgen auf Aufenthaltstitel „Student“ sowie die Rückreise nach Bangladesch, ergeben sich ebenso aus den Eintragungen in den Reisepässen der BF1 und des BF2, in Zusammenschau mit den Eintragungen im IZR.
Die Ausstellung von österreichischen Visa und die gemeinsame Einreise der BF1 und des BF2 nach Österreich, ergibt sich ebenfalls aus den vorgelegten Reisepässen sowie den Eintragungen im IZR. Dass die BF1 und der BF2 seit dieser Einreise im Bundesgebiet verblieben sind, ergibt sich daraus, dass die BF auch aktuell noch im Bundesgebiet aufhältig sind. Dass sie melderechtlich jedoch nicht durchgehend erfasst waren, ist aus den Eintragungen im ZMR ersichtlich.
Die Abweisung der Anträge auf Ausstellung von Aufenthaltstitel „Student“, die Stellung von Anträgen auf Aufenthaltstitel nach Artikel 8, EMRK sowie der diesbezügliche negative Verfahrensausgang und die Stellung der Anträge auf internationalen Schutz von BF1 und BF2, ergeben sich aus den Eintragungen im IZR sowie dem unzweifelhaften Akteninhalt.
Die Feststellungen zur Geburt der BF3 im Bundesgebiet und die Stellung eines Asylantrages auch für diese, ergeben sich aus der vorgelegten österreichischen Geburtsurkunde sowie dem Akteninhalt.
Dass die Asylanträge aller BF mit den gegenständlichen Bescheiden des BFA negativ entschieden wurden, ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt, genauso wie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mittels Beschlüssen des erkennenden Gerichts.
Die Feststellungen zu den noch in Bangladesch lebenden Familienangehörigen und Verwandten der BF, den Lebensverhältnissen der Verwandten, dem Kontakt zu diesen bzw. der finanziellen Unterstützung der BF durch ihre Verwandten, ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der BF1 und des BF2 in den Einvernahmen vor dem BFA.
Dass die BF bei einer Rückkehr nach Bangladesch wieder bei ihren Verwandten unterkommen können bzw. finanzielle Unterstützung von diesen erhalten können, ergibt sich daraus, dass insbesondere die Verwandten der BF1 wohlhabend sind und die erwachsenen BF sowohl in der Vergangenheit, als auch aktuell in Österreich nach wie vor von ihren Verwandten finanziell unterstützt werden.
Dass die BF1 an Schwangerschaftsdiabetes gelitten hat und sie nunmehr eine Sehnenscheidenentzündung an beiden Händen hat und deswegen bereits in Behandlung/Therapie war, ergibt sich aus den dazu vorgelegten medizinischen Unterlagen bzw. den eigenen Angaben der BF1 in den Einvernahmen vor dem BFA. Der Umstand, dass bei anhaltenden Beschwerden eine Operation notwendig sein könnte, ergibt sich aus den eigenen Angaben der BF1 vor dem BFA.
Die Feststellung, dass der BF2 gesund ist und keine Medikamente einnimmt, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben während des erstinstanzlichen Verfahrens. Es steht daher auch fest, dass der BF2 arbeitsfähig ist.
Dass die BF3 an einer Hüftreifungsverzögerung links leidet, bereits eine Hüftregulierung mittels Bandagen durchgeführt wurde und für das Alter von einem Jahr eine weitere Hüftregulierung angeordnet wurde, ergibt sich aus den dazu vorgelegten Unterlagen bzw. den Angaben der BF1 im Verfahren vor dem BFA.
Dass die BF1 und der BF2 bereits zwei Corona-Schutzimpfungen erhalten habe, ergibt sich aus ihren vorgelegten Impfpässen.
Wie bereits das BFA in den erlassenen Bescheiden festgestellt hat, liegen bei den BF daher gegenwärtig keine lebensbedrohlichen Erkrankungen oder medizinischen Probleme vor, welche einer Rückkehr nach Bangladesch entgegenstehen würden. Das BFA hat betreffend die gesundheitlichen Probleme der BF1 und der BF3 jeweils eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation eingeholt. Aus diesen geht hervor, dass betreffend die Sehnenscheidenentzündung der BF1 bzw. einer eventuell in Zukunft notwendige Operation, stationäre und ambulante Behandlungen und Nachsorge durch einen Physiotherapeuten und durch Orthopäden/orthopädische Chirurgen verfügbar sind. Auch diagnostische Bildgebung mittels Röntgenstrahlung und Ultraschall sind in Bangladesch verfügbar. Ebenso sind betreffend die Hüftreifungsverzögerung der BF3 bzw. eine womöglich (erneut) notwendige Hüftkorrektur mittels Bandagen, stationäre und ambulante Behandlungen und Nachsorge durch einen Kinderarzt, einen Kinderorthopäden bzw. durch einen orthopädischen Chirurgen, einen pädiatrischen Kinderorthopäden und durch einen Spezialisten für pädiatrische Rehabilitation verfügbar. Auch eine diagnostische Bildgebung mittels Röntgenstrahlen und medizinische Hilfsmittel für die Orthopädie, wie Pavlik-Orthese-Gurte, sind verfügbar. Zwar müssen viele Behandlungen in Bangladesch selbst bezahlt werden, da die Familie der BF1 wohlhabend ist, der Vater des BF2 als Manager arbeitet und auch der BF2 selbst arbeitsfähig ist, ist davon auszugehen, dass die entsprechende medizinische Versorgung für die BF in Bangladesch auch bezahlbar sein wird. Es ist daher insgesamt davon auszugehen, dass die BF eine ärztliche/gesundheitliche Behandlung in Bangladesch, sollten sie tatsächlich eine solche benötigen, bekommen werden und diese für die BF auch leistbar sein wird.
Die strafrechtliche Unbescholtenheit der BF1 und des BF2 ergibt sich aus der Einsichtnahme ins österreichische Strafregister; bei der BF3 handelt es sich noch um ein Kleinkind, weshalb diese strafunmündig ist.
Dass die BF in Österreich gemeinsam in einer Mietwohnung leben, ergibt sich einerseits aus den eigenen Angaben der BF1 und des BF2 während des Verfahrens, dem in Vorlage gebrachten Mietvertrag sowie den Eintragungen im ZMR.
Der Umstand, dass die BF seit Mai 2021 keine Leistungen aus der Grundversorgung mehr in Anspruch nehmen, ergibt sich aus der Einsichtnahme ins Grundversorgungssystem (GVS). Dass sich die BF ihren Aufenthalt im Bundesgebiet seither durch Ersparnisse und finanzielle Zuwendungen ihrer Verwandten finanzieren, ergibt sich aus den eigenen glaubhaften Angaben der BF1 und des BF2 im Verfahren. Dass die BF krankenversichert sind, ergibt sich aus den Eintragungen im AJ-WEB-System sowie den in Vorlage gebrachten österreichischen E-Cards.
Die Feststellungen zu den Freizeitaktivitäten der BF ergeben sich aus den Angaben des BF2 vor dem BFA.
Dass die BF1 in Österreich keine Schule besucht hat, keine Ausbildung absolvierte, nicht gearbeitet hat, keine ehrenamtlichen Tätigkeiten verrichtet hat, kein Mitglied in Vereinen oder Organisationen ist und in Österreich keine nennenswerten Freundschaften geschlossen hat, ergibt sich aus ihren eigenen Angaben in den Einvernahmen vor dem BFA bzw. dem Unterlassen gegenteiliger Behauptungen.
Die BF1 gab während des Verfahrens auch nicht an, in Österreich bereits einen Deutschkurs besucht zu haben und brachte sie auch keine diesbezüglichen Unterlagen in Vorlage, sondern führte sie vielmehr nur aus, ihre Deutschkenntnisse (Niveau A1) bereits in Bangladesch erworben zu haben.
Dass der BF2 in Österreich 2 Jahre lang ein Kollege besucht, aber nicht abgeschlossen hat, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben während des Verfahrens bzw. dem Umstand, dass er einen Aufenthaltstitel „Schüler“ innehatte. Die Zulassung zum Soziologiestudium ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Bescheid der Johannes-Kepler-Universität Linz vom 14.08.2019. Die beiden abgeschlossenen Lehrveranstaltungsprüfungen sind aus dem vorgelegten Universitäts-Sammelzeugnis ersichtlich, woraus ebenso hervorgeht, dass der BF2 die Deutsch-C1-Prüfung noch nicht abgeschlossen hat.
Die Beschäftigungen des BF2 im Bundesgebiet sind aus den vom BFA bzw. vom BVwG eingeholten AJ-WEB-Auszügen ersichtlich. Dass der BF2 dabei als Koch/Kellner gearbeitet hat, ergibt sich aus den eigenen glaubhaften Angaben des BF2 in den Einvernahmen vor dem BFA. Die Arbeitgebererklärung liegt im Akt des BF2 ein.
Dass der BF2 keine ehrenamtlichen Tätigkeiten im Bundesgebiet ausgeübt hat, ergibt sich aus dem Unterlassen gegenteiliger Behauptungen. Der Umstand, dass er Mitglied in einem Kulturverein von Bangladesch ist, folgt aus seinen eigenen glaubhaften Angaben während des Verfahrens. Der österreichische Führerschein des BF2 liegt ebenso im Akt ein.
Die Feststellung, dass die BF3 in Obhut ihrer Eltern steht, ergibt sich daraus, dass es sich bei ihr noch um ein Kleinkind im Alter von bald 1,5 Jahren handelt und während des Verfahrens auch nicht vorgebracht wurde, dass diese in Österreich eine Kinderkrippe oder derartiges besuchen würde.
Der Umstand, dass im Bundesgebiet eine aufenthaltsberechtigte Schwester des BF2 samt österreichischem Ehemann lebt, ergibt sich aus den Angaben der BF1 und des BF2 während des Verfahrens. Ein gegenseitiges finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zu der in Österreich lebenden Schwester bzw. ihrem Ehemann machten die BF nicht geltend und konnte derartiges daher nicht festgestellt werden. Die BF leben mit der Schwester des BF2 bzw. ihrem Ehemann nicht in einem gemeinsamen Haushalt, sondern lebt die Schwester laut Angaben des BF2 in Salzburg, die BF selbst leben laut den Eintragungen im ZMR in Linz. Der Kontakt zur Schwester des BF2 bzw. ihrem Ehemann beschränkt sich laut den eigenen Angaben des BF2 vor dem BFA auf Besuche und telefonischem Kontakt. Zwar gab der BF2 auch an, dass ihn seine Schwester, bei Bedarf, finanziell unterstützen würde, eine gelegentliche finanzielle Zuwendung vermag jedoch keine finanzielle Abhängigkeit darzulegen, zumal die BF, als Asylwerber, auch Anspruch auf Leistungen aus der Grundversorgung hätten und sich so ihren Lebensunterhalt finanzieren könnten. Regelmäßige Besuche der BF bei den Verwandten sind üblich und können ebenso kein besonderes Naheverhältnis darlegen. Auch ansonsten kamen keine engen sozialen Anknüpfungspunkte der BF in Österreich hervor, sondern brachte lediglich der BF2 vor, im Bundesgebiet Freundschaften geschlossen zu haben, wobei nicht davon auszugehen ist, dass es sich dabei um enge soziale Kontakte handelt. Es ist den erwachsenen BF daher zuzumuten, den Kontakt zu der in Österreich lebenden Schwester des BF2 bzw. deren Ehemann und den Freunden des BF2, nach einer Rückkehr nach Bangladesch, über moderne/elektronische Kommunikationsmittel (Internet, Handy, etc.) aufrechtzuerhalten. Bei der bald 1,5-jährigen BF3 handelt es sich noch um ein Kleinkind, deren engste Bezugspersonen ihre Eltern sind, weshalb nicht von einer besonders engen Beziehung zu ihrer Tante (Schwester des BF2) bzw. deren Ehemann auszugehen ist und wurde eine solche auch nicht geltend gemacht.
2.2. Zu den Fluchtgründen der BF:
Die BF1 bringt als Fluchtgrund zusammengefasst vor, dass sie wegen ihrer politischen Zugehörigkeit zur Bangladesh Nationalist Party (BNP) im Herkunftsstaat Probleme gehabt hätte. Sie sei bedroht sowie belästigt worden und habe ihr Vater anonyme Anrufe mit Todesdrohungen erhalten. Es würden zwei Strafanzeigen sowie ein Haftbefehl gegen sie bestehen und würde sie daher bei einer Rückkehr von der Polizei festgenommen bzw. zu einer (ungerechtfertigten/lebenslangen) Haftstrafe verurteilt werden. Der BF2 machte keine eigenen Fluchtgründe geltend, sondern bezog er sich auf die Fluchtgründe der BF1. Auch für die minderjährige BF3 wurden keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht.
Die Beurteilung der belangten Behörde, wonach die Fluchtgründe der BF1 nicht glaubhaft seien, ist zutreffend.
Wie die belangte Behörde im Bescheid zu Recht betonte, ist zunächst nicht nachvollziehbar, weshalb die BF1 zwar angibt, angeblich seit dem Jahr 2018 Belästigungen/Bedrohungen in Bangladesch ausgesetzt gewesen zu sein, sie aber erst etwa zwei Jahre später, im Februar 2020, ihr Heimatland Richtung Europa verlassen hat. Weiters wies das BFA in diesem Zusammenhang auch richtigerweise daraufhin, dass die BF1, trotz der von ihr geschilderten angeblichen Bedrohungen/Belästigungen, dennoch ihr Masterstudium an der Universität Dhaka abschließen konnte bzw. sich dazu zum Teil (etwa für Vorlesungen und Prüfungen) auf der Universität aufhalten konnte. Wäre die BF1 in Bangladesch tatsächlich bedroht/verfolgt worden, dann wäre jedenfalls anzunehmen, dass die BF1 ihren Herkunftsstaat schon zu einem viel früheren Zeitpunkt verlässt, sie nicht etwa 2 Jahre lang zuwartet und darüber hinaus auch noch ihr Universitätsstudium im Herkunftsstaat abschließt.
Betreffend die angeblichen Bedrohungen in Bangladesch erwähnte das BFA im Bescheid auch zu Recht, dass die diesbezüglichen Aussagen der erwachsenen BF divergieren. So führte die BF1 in ihrer Erstbefragung am 23.03.2021 aus, dass ihre Familienmitglieder fast täglich bedroht werden würden (AS 11 im Akt der BF1). In der Einvernahme vor dem BFA am 07.04.2021 führte sie einerseits zwar aus, dass auch ihre Familie (ab dem Jahr 2018) verfolgt worden sei, an anderer Stelle dieser Einvernahme gab sie jedoch an, ihrer Familie würde es gut gehen und lebe diese unbehelligt zu Hause (AS 69 und 71 im Akt der BF1). Auch der BF2 verneinte in der Einvernahme vor dem BFA am 07.04.2021, dass es seitens der AL-Partei gegenüber den Schwiegereltern (Eltern der BF1) bzw. seinen eigenen Eltern Vorfälle gegeben habe (AS 67 im Akt des BF2).
Wie schon für das BFA, ist auch für das erkennende Gericht weiters nicht nachvollziehbar, wie sich die BF1 und der BF2, trotz der angeblichen Bedrohungen bzw. der staatlichen Verfolgungsgefahr für die BF1, im Jahr 2019, Visa für Indien ausstellen lassen konnten und laut ihren eigenen Angaben bzw. den Eintragungen in ihren Reisepässen im November 2019 völlig problemlos und auf legalem Wege, von Bangladesch nach Indien reisen konnten, sich dort an die österreichische Botschaft in Neu-Delhi (zwecks Ausstellung von Visa) wenden konnten und danach erneut, ohne irgendwelche Probleme und legal von Indien zurück nach Bangladesch reisen konnten. Würden die von der BF1 geschilderten Bedrohungen in Bangladesch tatsächlich bestehen bzw. die BF1 von den Behörden in Bangladesch gesucht werden, ein Haftbefehl oder Anzeigen gegen sie bestehen oder die Polizei sie festnehmen wollen, dann ist einerseits nicht davon auszugehen, dass Reisetätigkeiten in dieser Form möglich gewesen wären und ist andererseits auch nicht plausibel, weshalb die BF1 und der BF2 derartig riskante Reisen freiwillig auf sich genommen hätten, sondern wäre eher davon auszugehen, dass sie sich versteckt halten, um nicht ins Visier der Behörden/der Bedroher zu geraten. Aber auch die legale Ausreise der erwachsenen BF im Februar 2020, von Bangladesch Richtung Europa, über den Luftweg, spricht eindeutig dagegen, dass in Bangladesch tatsächlich eine Verfolgungsgefahr besteht.
Auch die Verhaltens- bzw. Vorgehensweise der erwachsenen BF, nach ihrer Einreise in Österreich, ist nicht nachvollziehbar. Wie das BFA ebenso im Bescheid betonte, ist völlig unverständlich, weshalb sich die BF1 und der BF2 zwar schon seit Februar 2020 im Bundesgebiet aufhalten, sie aber erst über ein Jahr später (am 23.03.2021) und nachdem sowohl ihr Antrag auf Ausstellung des Aufenthaltstitels „Student“, als auch ihr Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK, jeweils negativ entschieden wurden, erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz stellten. Auch das erkennende Gericht geht davon aus, dass eine Person, welche tatsächlich eine asylrelevante Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat zu befürchten hat, sich ehestmöglich an die Behörden des Zufluchtsstaates wendet, um einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen und so schnellmöglich Schutz vor einer Verfolgung erhalten zu können.
Betreffend die in Vorlage gebrachten Unterlagen (zwei Anzeigen/ein Haftbefehl) führte das BFA zunächst zu Recht aus, dass diese Beweismittel, unverständlicher Weise, erst verspätet im Verfahren vorgelegt wurden. Die BF1 hat diese Unterlagen, laut ihren eigenen Angaben, bereits im Februar 2021 von ihrer ins Bundesgebiet (zu Besuchszwecken) eingereisten Schwiegermutter (Mutter des BF2) übergeben bekommen (AS 147 im Akt der BF1), sie legte diese Unterlagen aber erst im Zuge der Einvernahme am 14.04.2021, sohin etwa zwei Monate später, dem BFA vor. Auch für das erkennende Gericht ist nicht nachvollziehbar, warum diese wichtigen Beweismittel nicht bereits bei der Asylantragstellung mit 23.03.2021 oder bei der ersten niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 07.04.2021 vorgelegt wurden.
Vom BFA wurde zu den vorgelegten Unterlagen auch eine Anfragebeantwortung an die Staatendokumentation (über einen Vertrauensanwalt) eingeholt, die Ergebnisse der Anfragebeantwortung passen jedoch in keiner Weise mit den in Vorlage gebrachten Anzeigen sowie dem Haftbefehl zusammen. Aus der Anfragebeantwortung geht zwar hervor, dass es im Jänner/Februar 2018 tatsächlich Anzeigen (FIRs) im Polizeirevier Mirpur zu den Strafdelikten gemäß Paragraph 154, Strafgesetzbuch sowie gemäß Paragraphen 4,,6 des Sprengstoffgesetzes gegeben hat, die BF1 darin jedoch namentlich tatsächlich gar nicht erwähnt wird und wurde in der Anfragebeantwortung weiters eindeutig festgehalten, dass darin ausschließlich männliche Personen angeführt werden (AS 303 und 305 im Akt der BF1). Vergleicht man das Ergebnis der Anfragebeantwortung mit der im Akt einliegenden deutschen Übersetzung der vorgelegten Dokumente, so stimmen diese nicht überein. Aus der deutschen Übersetzung der vorgelegten Anzeige ist ersichtlich, dass bei den darin aufgelisteten Angeklagten der Name „Farjana Afroja Thonvy“ als Nr. 27 aufscheint (AS 260 und 263), welche im Übrigen anders geschrieben wird, als jener Name, den die BF1 in ihrem Asylverfahrens angab („ römisch 40 “); während in dem Dokument der Anfragebeantwortung der Name der BF1 (oder ein ähnlich geschriebener Name) überhaupt nicht angeführt wird, sondern eine Person namens „Mr. Dipu“ als Angeklagter Nr. 27 aufscheint (AS 305 im Akt der BF1). Hinsichtlich des in Vorlage gebrachten Haftbefehls geht aus der dazu eingeholten Anfragebeantwortung zwar hervor, dass seit Zeitraum Oktober 2020 Haftbefehle wegen Delikten in Bezug auf Abschnitt 15 (3) Sonderbefugnis-Gesetzes 1974 bestehen, diese jedoch nur gegen zwei (flüchtige) männliche Personen erlassen wurden. Dem BFA ist daher zuzustimmen, dass schon aufgrund dieser Unstimmigkeiten davon auszugehen ist, dass die von der BF1 vorgelegten Unterlagen gefälscht bzw. verfälscht sind. Unabhängig davon, geht aus den vom BFA herangezogenen Länderberichten insbesondere hervor, dass in Bangladesch echte Dokumente unwahren Inhalts von Behörden problemlos gegen Zahlung erhältlich sind. Verfälschungen, Fälschungen und der Handel mit jeder Art von Dokumenten sind weit verbreitet und mittels persönlicher Beziehungen oder Bestechung ohne größeren Aufwand zu beschaffen. Nachdem erfahrungsgemäß in Bangladesch ein hoher Grad an Fälschungen besteht, ist davon auszugehen, dass dies auch bis zu einem gewissen Ausmaß für FIRs zutrifft.
Letztlich wies die belangte Behörde im Bescheid auch noch zu Recht daraufhin, dass der BF2 in der Einvernahme vor dem BFA am 07.04.2021 selbst ausführte, sie hätten keinen Antrag (auf internationalen Schutz) gestellt, da sie in Österreich studieren hätten wollen bzw. auf der Suche nach einem sehr guten Job gewesen seien und ihnen der Rechtsanwalt, als dies mit dem Visum und dem Aufenthaltstitel nicht funktioniert habe, gesagt habe, dass sie Asylanträge stellen sollen (AS 65 im Akt des BF2). Dazu ist ergänzend auch noch auf die Angaben der BF1 in der Einvernahme vor dem BFA am 26.01.2021, betreffend ihre Antragstellung auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8, EMRK, hinzuweisen, wo diese auf die Frage, warum sie nach Ablauf des Visums bzw. nachdem die Beschwerde beim LVwG als unbegründet abgewiesen wurde, nicht ausgereist sei, angab, dass sie mit ihrem Ehemann in Österreich bleiben wolle und eine bessere Zukunft, auch für ihre Kinder, hier aufbauen wolle. Auch diese Angaben der erwachsenen BF zeigen deutlich, dass die geltend gemachten Verfolgungsgründe der BF1 nicht der Wahrheit entsprechen können, sondern die BF lediglich nach Österreich gekommen sind, um hier ein besseres Leben führen zu können.
Insgesamt betrachtet ist daher der Beurteilung der belangten Behörde, wonach das Fluchtvorbringen der BF1 wegen der aufgezeigten Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten nicht glaubhaft ist, zuzustimmen und ist auch die Beurteilung des BFA, wonach die vorgelegten Unterlagen gefälscht/verfälscht sind, nicht zu beanstanden. Das erkennende Gericht schließt sich der Beurteilung des BFA vollinhaltlich an. Den Ausführungen des Bundesamtes wurde in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegengetreten.
Lediglich der vollständigkeitshalber wird ergänzend noch darauf hingewiesen, dass laut den herangezogenen Länderberichten eine Verfolgung bzw. Unterdrückung der oppositionellen BNP-Anhänger im gegenwärtigen Zeitpunkt schon deshalb „offenbar nicht mehr nötig“ ist, da diese Gruppierung „nunmehr nicht existent ist und im politischen Prozess kaum bis gar keine Rolle mehr spielt“, weshalb auch selbst bei hypothetischer Wahrunterstellung der Fluchtgründe der BF1 nicht davon auszugehen ist, dass diese aktuell eine staatliche asylrelevante Verfolgungsgefahr befürchten müsste oder sie einer akuten Gefährdung in ganz Bangladesch ausgesetzt wäre.
Soweit in der Beschwerde die Beweiswürdigung des BFA kritisiert wird und etwa ausgeführt wird, dass der Austausch der Namen („Mr. Dipu“ gegen den Namen der BF1) nicht wirklich ersichtlich sei, eine direkte Gegenüberstellung notwendig sei bzw. alleine durch die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation nicht der Schluss gezogen werden könne, dass es sich bei den vorgelegten Dokumenten um Fälschungen handle, so gehen diese Behauptungen ins Leere. Das BFA hat im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar und logisch dargelegt, weshalb davon auszugehen ist, dass die vorgelegten Dokumente verfälscht/gefälscht sind und ist bei einem Vergleich der deutschen Übersetzung mit den Ergebnissen der Staatendokumentation eindeutig ersichtlich, dass der Name der BF1 offenbar hinzugefügt bzw. ausgetauscht wurde. Das BVwG schließt sich dieser Beurteilung des BFA vollinhaltlich an. Es ist daher auch nicht notwendig, eine kriminaltechnische Untersuchung der vorgelegten Dokumente durchzuführen und ist dazu weiters auch auf die vom BFA herangezogenen Länderberichte zu verweisen, wonach die Überprüfungspraxis von Dokumenten aus Bangladesch schwierig ist, da es kaum Kooperation der Behörden in Bangladesch gibt und die wenigsten Dokumente über ein einheitliches Layout verfügen. Weiters ist es auch nicht erforderlich, betreffend den Erhalt der Dokumente bei dem Rechtsanwalt in Bangladesch nachzufragen, sondern wurden die BF1 bzw. der BF2 vom BFA zu dieser Thematik schon einer Befragung unterzogen, wobei in auffälliger Weise weder der BF1, noch die BF2 genaue Angaben dazu machen konnten (AS 155 im Akt der BF1, AS 97 und 99 im Akt des BF2). Soweit in der Beschwerde versucht wird, die verspätete Asylantragstellung bzw. die verspätete Vorlage der Dokumente dadurch zu rechtfertigen, indem ausgeführt wurde, dass der BF2 seine Chancen zu einem Verbleib in Österreich eher durch die Beantragung von Aufenthaltstiteln gesehen habe bzw. sich die BF1 der Pflicht zur sofortigen Vorlage nicht bewusst gewesen sei und die Schwangerschaft bzw. die Zeit nach der Geburt eine Ausnahmesituation dargestellt habe, so vermochten diese Erklärungsversuche nicht zu überzeugen. Den erwachsenen BF, welche über einen Uni bzw. Maturabschluss verfügen, hätte trotz der vorliegenden Ausnahmesituation bewusst sein müssen, dass sie verpflichtet sind, die für das Verfahren wichtigen Dokumente unverzüglich vorzulegen und wurden die erwachsenen BF im Verfahren auch auf ihre Mitwirkungspflichten hingewiesen. Betreffend die Ausführungen in der Beschwerde, wonach nicht nachvollziehbar sei, weshalb das BFA die Entscheidung, ohne ersichtlichen Grund, verzögert erlassen habe, ist zu betonen, dass die belangte Behörde sowohl hinsichtlich der vorgelegten Unterlagen, als auch zu den gesundheitlichen Problemen der BF1 und der BF3 entsprechende Anfragen an die Staatendokumentation gestellt hat, welche eine gewisse Zeitspanne in Anspruch genommen haben. Eine durch die Behörde selbst verschuldete Verfahrensverzögerung ist daher nicht ersichtlich. Letztlich wird in der Beschwerdeschrift noch bemängelt, dass sich das BFA mit der Situation der Kinder in Bangladesch hätte beschäftigen müssen. Dazu ist zunächst anzuführen, dass die BF1 vom BFA explizit zu eigenen Fluchtgründen der BF3 befragt wurde, für die BF3 jedoch keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht wurden. Aus den vom BFA herangezogenen Länderberichten geht zwar hervor, dass Gewalt gegen Kinder/Kindesmissbrauch weit verbreitet ist, Kinderarbeit und Kinderheirat nach wie vor üblich sind, es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die BF3 einer derartigen Gefahr in Bangladesch ausgesetzt sein wird. Die BF3 wird gemeinsam mit ihren Eltern nach Bangladesch zurückkehren und leben dort zahlreiche (wohlhabende) Verwandte der BF, in deren Familienkreis sich die BF wieder eingliedern werden können. Die BF verfügen durch ihre Verwandten in Bangladesch über eine Wohnmöglichkeit und konnten sowohl die BF1, als auch der BF2, durch die finanzielle Unterstützung ihrer Verwandten und ohne einer beruflichen Tätigkeit in Bangladesch nachgehen zu müssen, die Schule bzw. die Universität abschließen/besuchen, weshalb davon auszugehen ist, dass die BF1 und der BF2 (notfalls mit finanzieller Unterstützung ihrer Verwandten) auch der BF3 eine solche Ausbildung ermöglichen werden und die BF3 daher auch nicht gefährdet ist, Kinderarbeit verrichten zu müssen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die BF3 der Gefahr einer Kinderheirat ausgesetzt sein wird, zumal auch ihre Eltern erst im Alter von 24/25 Jahren geheiratet haben. Sämtliche Beschwerdeeinwände gehen daher ins Leere.
2.3. Zu den Feststellungen hinsichtlich der Situation in Bangladesch sowie einer möglichen Rückkehr der BF dorthin:
Die von der belangten Behörde in dem gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.
Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Den Länderberichten wurde im Beschwerdeschriftsatz nicht substantiiert entgegengetreten.
2.3.3. Anhaltspunkte dafür, dass die BF im Fall der Rückkehr nach Bangladesch gefährdet wären, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen zu werden, von der Todesstrafe bedroht wären oder in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden, sind im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht substantiiert dargetan:
Zunächst hat die BF1 ihr Fluchtvorbringen nicht glaubhaft gemacht und sind die BF, wie oben dargelegt, im Fall einer Rückkehr nach Bangladesch mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner wie immer gearteten Verfolgung ausgesetzt, sodass unter diesem Aspekt keine Gefährdung der BF im Fall ihrer Rückkehr nach Bangladesch ersichtlich ist.
Aus den Länderberichten geht, selbst unter Berücksichtigung der Covid-19 Pandemie, auch nicht hervor, dass in Bangladesch der Zugang zu einer grundlegenden Versorgung bzw. von Lebensmitteln nicht gegeben ist. Im Fall der BF ist überdies, auch unter Beachtung des jungen Alters der minderjährigen BF3 sowie der Länderberichte zur kinderspezifischen Situation in Bangladesch, nicht zu erkennen, dass sie unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation konkret Gefahr liefen, im Fall einer Rückkehr nach Bangladesch in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.
Der BF2 ist gesund und arbeitsfähig. Er hat im Herkunftsstaat die Matura abgeschlossen und ein Studium begonnen. Er beherrscht die Sprache Bengali muttersprachlich und hat er zudem Sprachkenntnisse in Hindi, Englisch, Deutsch (Niveau B1), Spanisch und Französisch. Der BF2 hat in Bangladesch zwar keinen Beruf ausgeübt, er hat aber in Österreich Berufserfahrung als Koch/Kellner gesammelt, weshalb davon auszugehen ist, dass es ihm möglich sein wird, den notwendigen Lebensunterhalt für sich selbst, seine Ehefrau und seine minderjährige Tochter durch eigene Erwerbstätigkeit sowie durch Unterstützung der zahlreichen in Bangladesch lebenden Verwandten zu erwirtschaften und die Existenz seiner Familie zu sichern.
Vor diesem Hintergrund und jenem der getroffenen Länderfeststellungen sind daher keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass die BF in Bangladesch in ihrer Existenz bedroht wären. Es ist den BF demnach möglich und zumutbar, bei einer Rückkehr nach Bangladesch am Herkunftsort wieder Fuß zu fassen.
Es ist auch nicht hervorgekommen, dass der minderjährigen BF3 die Eingliederung in die Gesellschaft von Bangladesch grundsätzlich nicht möglich wäre. Bei ihr handelt es sich um ein Kleinkind von bald 1,5 Jahren. Sie steht erst am Beginn ihrer Sozialisation und halten sich zahlreiche Verwandte der BF in Bangladesch auf, welche die BF bei einer Rückkehr unterstützen können. Die BF können daher in einen großen Familienverband zurückkehren.
In Bezug auf die aktuell vorherrschenden COVID-19-Pandemie ist schließlich festzuhalten, dass die BF (bis auf die Sehnenscheidenentzündung der BF1 sowie die Hüftfehlstellung der BF3) körperlich gesund sind und in Hinblick auf ihr Alter und aufgrund des Fehlens einschlägiger physischer (chronischer) Vorerkrankungen keiner spezifischen Risikogruppe betreffend COVID-19 angehören. Es besteht keine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass die BF bei einer Rückkehr nach Bangladesch eine COVID-19-Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus erleiden würden. Die BF1 und der BF2 haben in Österreich bereits 2 Corona-Schutzimpfungen erhalten und steht ihnen auch die Möglichkeit offen, sich nochmals „Boostern“ zu lassen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des Status der Asylberechtigten:
3.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974, (Genfer Flüchtlingskonvention – GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ vergleiche VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird vergleiche VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße – möglicherweise vorübergehende – Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Artikel eins, Abschnitt C Ziffer 5, GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
3.1.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde nicht begründet ist:
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Eine gegen die BF gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde nicht glaubhaft gemacht vergleiche Beweiswürdigung).
Da sohin keine Umstände vorliegen, wonach es ausreichend wahrscheinlich wäre, dass die BF in ihrer Heimat in asylrelevanter Weise bedroht wären, ist die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status der Asylberechtigten durch die belangte Behörde im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.
Daher waren die Beschwerden gegen Spruchpunkte römisch eins. der angefochtenen Bescheide gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zur Abweisung der Beschwerde hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten:
3.2.1. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Ziffer eins,), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Ziffer 2,), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.
Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des Paragraph 11, offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Absatz eins, oder aus den Gründen des Absatz 3, oder 6 abzuweisen, so hat gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben vergleiche VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. Gesetzgebungsperiode zu Paragraph 8, AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird – auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören –, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offenbliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen vergleiche VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde vergleiche VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Artikel 3, EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vergleiche auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Artikel 3, EMRK in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vergleiche VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Artikel 3, EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Artikel 3, EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) – die bloße Möglichkeit genügt nicht – damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).
Nach der ständigen Judikatur des VwGH reicht eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Artikel 3, MRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um die Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu verneinen vergleiche etwa VwGH 25.5.2020, Ra 2019/19/0192).
3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 nicht gegeben sind:
Dass die BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Im Hinblick auf die Feststellungen zur allgemeinen Situation, wonach die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet ist, kann auch nicht angenommen werden, dass die BF im Falle einer Rückkehr in eine auswegslose Lage geraten würden. Die BF1 und der BF2 wurden in Bangladesch geboren, sind dort aufgewachsen und mit der Kultur vertraut, sprechen muttersprachlich Bengali und haben in Bangladesch auch die Schule (mit Matura) abgeschlossen. Der BF2 hat im Herkunftsstaat ein Studium begonnen, aber nicht beendet; die BF1 hat ein Masterstudium abgeschlossen. Die BF1 und der BF2 haben im Herkunftsstaat zwar nicht gearbeitet und auch keine Berufsausbildung absolviert, der BF2 hat in Österreich jedoch bereits Arbeitserfahrung als Koch/Kellern gesammelt und ist daher von einer grundsätzlichen Teilnahmemöglichkeit des BF2 am Erwerbsleben in Bangladesch auszugehen. Abgesehen davon, verfügen die BF über zahlreiche familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat, welche die BF sowohl vor ihrer Ausreise aus Bangladesch, als auch noch aktuell in Österreich finanziell unterstützen. Die Familie der BF1 ist ihren eigenen Angaben zufolge wohlhabend und besitzt zwei Häuser. Die Familie des BF2 gehört der Mittelschicht an, sein Vater arbeitet als Manger. Es kann auch von daher nicht angenommen, dass die BF bei einer Rückkehr in eine lebensbedrohliche Notlage geraten würden, sondern werden die BF von ihren Verwandten, wie auch aktuell in Österreich, finanziell unterstützt werden bzw. steht ihnen auch eine Wohnmöglichkeit bei ihren Verwandten zur Verfügung. Auch betreffend die BF3 sind keine Rückkehrhindernisse erkennbar, zumal diese gemeinsam mit ihren Eltern, in einen großen Familienverband zurückkehren wird und sie erst am Beginn ihrer Sozialisation steht. Schwierige Lebensumstände genügen für eine Schutzgewährung im Sinne des Paragraph 8, AsylG nicht.
Wie schon in der Beweiswürdigung festgehalten wurde, leiden die BF an keinen lebensbedrohlichen oder schweren Krankheiten und sind laut den vom BFA eingeholten Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation die erforderlichen Gesundheitsleistungen in Bangladesch für die BF verfügbar, zugänglich und auch leistbar. Auch im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19 Erregers besteht unter Zugrundelegung der Entwicklungen auch im Herkunftsland keine derartige Situation, die eine relevante Gefährdung nach Artikel 3, EMRK erkennen lässt.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde vergleiche VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.
Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würden die BF somit nicht in Rechten nach Artikel 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958, idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, Bundesgesetzblatt Nr. 138 aus 1985, idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, Bundesgesetzblatt Teil 3, Nr. 22 aus 2005, idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für die BF als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.
Daher waren die Beschwerden gegen die Spruchpunkte römisch II. der angefochtenen Bescheide gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu den Beschwerden gegen die Spruchpunkte römisch III. bis römisch fünf. der angefochtenen Bescheide:
3.3.1. Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird sowie kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, vorliegt.
Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
„1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz‘ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.“
Die Anträge auf internationalen Schutz der BF wurden mit dem vorliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch jenem des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz in Hinblick auf den Status der subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG 2005 und es ist auch keine Aberkennung gemäß Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 ergangen.
Die BF sind als Staatsangehörige von Bangladesch keine begünstigten Drittstaatsangehörige und es kommt ihnen kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu. Der Aufenthalt der BF ist nicht geduldet; sie sind keine Zeugen oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 liegen daher nicht vor.
3.3.2. Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte Paragraph 9, BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraph 45, oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß Paragraph 10, Absatz eins, des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), Bundesgesetzblatt Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß Paragraph 53, Absatz 3, Ziffer 6,, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraphen 52, Absatz 4, in Verbindung mit 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 4, FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß Paragraph 53, Absatz 3, FPG vorliegen. Paragraph 73, Strafgesetzbuch (StGB), Bundesgesetzblatt Nr. 60 aus 1974, gilt.“
Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK vorliegt, hängt jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden, als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes, fand. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen vergleiche VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).
Das nach Artikel 8, EMRK geschützte Familienleben ist nicht auf durch Heirat rechtlich formalisierte Beziehungen beschränkt, sondern erfasst auch faktische Familienbindungen, bei welchen die Partner außerhalb des Ehestandes zusammenleben. Auch eine aufrechte Lebensgemeinschaft fällt unter das von Artikel 8, EMRK geschützte Familienleben (VwGH 9.9.2013, 2013/22/0220 mit Hinweis auf E vom 19.3.2013, 2012/21/0178, E vom 30.8.2011, 2009/21/0197, und E vom 21.4.2011, 2011/01/0131). Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern beispielsweise auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikels 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Artikel 8 EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind vergleiche etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235, worin der Verwaltungsgerichtshof feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Die Beziehung der BF zueinander fällt als schützenswertes Familienleben in den Schutzbereich des Artikel 8, EMRK. Die gegenständliche Entscheidung betrifft die BF gemeinsam, die als Kernfamilie, somit im selben Umfang von der aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind. Durch die gemeinsame Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung betreffend eine Familie wird nicht in das Familienleben der Fremden eingegriffen, weil alle Familienmitglieder von derselben aufenthaltsbeendenden Maßnahme betroffen sind (VwGH 18.3.2010, 2010/22/0013; 19.09.2012, 2012/22/0143; 19.12.2012, 2012/22/0221; vergleiche EGMR 09.10.2003, Slivenko v. Lettland, Appl. 48321/99); dies gilt auch für den Fall, dass sich ein oder mehrere Familienmitglieder durch Untertauchen der Effektuierung der Rückkehrentscheidung entziehen.
Eine aufenthaltsberechtigte Schwester des BF2 lebt gemeinsam mit ihrem österreichischen Ehemann im Bundesgebiet. Dazu wurde bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, dass ein gegenseitiges finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis oder ein intensives Naheverhältnis nicht erkannt werden konnte und auch kein gemeinsamer Haushalt vorliegt. Die Beziehung der BF zu der im Bundegebiet aufhältigen Schwester des BF2 bzw. deren österreichischen Ehemann fällt somit nicht unter das von Artikel 8, EMRK geschützte Familienleben. Über sonstige familiäre Anknüpfungspunkte in Österreich verfügen die BF nicht. Ein Eingriff in das Familienleben der BF ist demnach zu verneinen.
Unter dem „Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu vergleiche Sisojeva ua/Lettland, EuGRZ 2006, 554).
Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt vergleiche dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Artikel 8, EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist vergleiche Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt vergleiche etwa VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187; vergleiche auch VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN). Es kann jedoch auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen „kann“ und somit schon allein aufgrund eines Aufenthaltes von weniger als drei Jahren von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen gegenüber den privaten Interessen auszugehen wäre vergleiche etwa VwGH 28.01.2016, Ra 2015/21/0191, mwN).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann ein über zehnjähriger inländischer Aufenthalt den persönlichen Interessen eines Fremden am Verbleib im Bundesgebiet- unter Bedachtnahme auf die jeweils im Einzelfall zu beurteilenden Umstände- ein großes Gewicht verleihen vergleiche VwGH 10.05.2011, Zl. 2011/18/0100, mwN). Bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden ist nach der Judikatur des VwGH regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, sind Aufenthaltsberechtigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen vergleiche zuletzt VwGH 23.02.2017, Ra 2016/21/0325; auch VwGH 04.08.2016, Ra 2015/21/0249; 30.08.2011, 2008/21/0605; 14.04.2016, Ra 2016/21/0029 bis 0032; 30.06.2016, Ra 2016/21/0165).
Überdies hat der VwGH festgestellt, dass beharrliches illegales Verbleiben eines Fremden nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens bzw. ein länger dauernder illegaler Aufenthalt eine gewichtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen darstellen würde, was eine Ausweisung als dringend geboten erscheinen lässt (VwGH 31.10.2002, Zl. 2002/18/0190). Auch der Verfassungsgerichtshof verweist darauf, dass ein allein durch beharrliche Missachtung der fremden-, und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Artikel 8, EMRK bewirken könne. Eine andere Auffassung würde sogar zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen (VfSlg. 19.086/2010 mwH).
Dem Umstand, dass der Aufenthaltsstatus des Fremden ein unsicherer war, kommt zwar Bedeutung zu, er hat aber nicht zur Konsequenz, dass der während des unsicheren Aufenthaltes erlangten Integration überhaupt kein Gewicht beizumessen ist vergleiche E 4. August 2016, Ra 2015/21/0249 bis 253). Allerdings ist der Umstand zur berücksichtigen, dass der Inlandsaufenthalt überwiegend unrechtmäßig war (Hinweis E 30. Juni 2016, Ra 2016/21/0165; E 11. November 2013, 2013/22/0072).
Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch schon wiederholt darauf hingewiesen, dass die Aufenthaltsdauer nach Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins, BFA-VG nur eines von mehreren im Zuge der Interessensabwägung zu berücksichtigenden Kriterien darstellt, weshalb auch nicht gesagt werden kann, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Mindestdauer des Aufenthaltes in Österreich jedenfalls von einem deutlichen Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Beendigung des Aufenthaltes im Bundesgebiet gegenüber den gegenteiligen privaten Interessen auszugehen ist vergleiche etwa VwGH vom 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 bis 0058).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in seiner langjährigen Rechtsprechung zu Ausweisungen Fremder wiederholt ausgesprochen, dass die EMRK Fremden nicht das Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem bestimmten Land garantiert und die Konventionsstaaten im Allgemeinen nicht verpflichtet sind, die Wahl des Aufenthaltslandes durch Einwanderer zu respektieren und auf ihrem Territorium die Familienzusammenführung zu gestatten. Dennoch kann in einem Fall, der sowohl die Achtung des Familienlebens, als auch Fragen der Einwanderung betrifft, der Umfang der staatlichen Verpflichtung, Familienangehörigen von im Staat ansässigen Personen Aufenthalt zu gewähren, - je nach der Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse - variieren vergleiche z.B. EGMR 05.09.2000, Solomon v. Niederlande, Appl. 44328/98; EGMR 09.10.2003, Slivenko v. Lettland, Appl. 48321/99; EGMR 22.04.2004, Radovanovic v. Österreich, Appl. 42703/98; EGMR 31.01.2006, da Silva und Hoogkamer v. Niederlande, Appl. 50435/99; EGMR 31.07.2008, Darren Omoregie ua v. Norwegen, Appl. 265/07).
Im gegenständlichen Fall reiste der BF2 zwar schon (erstmals) im Jahr 2013 nach Österreich ein und wurden ihm seit September 2014 Aufenthaltstitel (zunächst als Studierender, dann als Schüler) ausgestellt, welche zuletzt bis 11.09.2018 gültig waren, zu betonen ist jedoch, dass sich der BF2 nicht durchgehend im Bundesgebiet aufhielt, sondern er zwischenzeitig in seinen Herkunftsstaat zurückreiste. Am 05.09.2019 reiste der BF2 erneut (freiwillig) aus dem Bundesgebiet in sein Heimatland Bangladesch aus, am 28.02.2020 reiste er, gemeinsam mit der BF1 und in Besitz von österreichischen Visa, wieder ins Bundesgebiet ein, wo sich die BF1 und der BF2 seither durchgehend aufhalten. Die BF1 und der BF2 verblieben nach Ablauf des österreichischen Visums (mit 24.05.2020) jedoch illegal in Österreich. Ihre Anträge auf Erteilung des Aufenthaltstitels „Student“ wurden jeweils abgewiesen. Auch die dagegen eingebrachten Beschwerden beim LVwG wurden mit 28.09.2020 bzw. 04.11.2020 als unbegründet abgewiesen. Danach stellten die erwachsenen BF am 14.10.2020 (BF2) sowie am 13.11.2020 (BF1) jeweils Anträge auf Erteilung von Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8, EMRK, welche mit Bescheiden des BFA vom 22.02.2021 abgewiesen wurden und gegen die BF1 und den BF2 jeweils eine Rückkehrentscheidung erlassen wurde. Die BF1 und der BF2 kamen dieser Ausreiseverpflichtung jedoch nicht nach, sondern stellten sie am 23.03.2021 in Österreich die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Auch für die am römisch 40 in Österreich geborene BF3 wurde mit 13.07.2021 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt, wobei die Anträge aller BF mit den gegenständlichen Bescheiden des BFA vom 29.07.2022 hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch abgewiesen wurden. Den BF wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen die BF jeweils eine Rückkehrentscheidung erlassen und hinsichtlich der BF1 und des BF3 ein befristetes Einreiseverbot erlassen.
Insgesamt hat sich der BF2 daher schon etwa 8 Jahre und 7 Monate lang im Bundesgebiet (vorwiegend rechtmäßig) aufgehalten, er reiste wie oben bereits erwähnte, zwischenzeitig jedoch mehrmals nach Bangladesch zurück und wurden seit der letzten Rückkehrentscheidung (Bescheid vom 22.02.2021) bzw. insgesamt gesehen keine maßgeblichen oder herausragenden Integrationsschritte gesetzt. So hat der BF2 im Bundesgebiet zwar 2 Jahre lang ein Kolleg besucht, dieses aber nicht abgeschlossen. Er wurde im August 2019 für das Bachelorstudium Soziologie an der Johannes-Kepler-Universität Linz zugelassen, dies unter der Bedingung, eine Ergänzungsprüfung in Deutsch C1 (im Vorstudiengang) abzulegen. Er hat zwar die Lehrveranstaltungsprüfungen „Deutsch als Fremdsprache B1“ und „Grundkurs Tschechisch A1/A2“ am 24.06.2020 an der Universität mit der Note „genügend“ abgeschlossen, die Deutsch C1-Prüfung hat er bis dato aber nicht absolviert. Der BF2 war in Österreich im Zeitraum von Juni 2015 bis Dezember 2018 als Arbeiter bzw. geringfügig Beschäftigter (Koch/Kellner) tätig, seitdem ging er jedoch keiner Beschäftigung mehr im Bundesgebiet nach. Er konnte zwar eine Arbeitgebererklärung für eine Tätigkeit als Koch (40h/Woche für 2.400€ brutto/Monat) vorlegen, diese stammt jedoch aus dem Jahr 2020 und ist daher schon veraltet. Der BF2 hat im Bundesgebiet auch keine ehrenamtlichen Tätigkeiten verrichtet, er ist nicht Mitglied in einem österreichischen Verein oder einer sonstigen Organisation, sondern engagiert sich lediglich in einem Kulturverein von Bangladesch. Er hat einen österreichischen Führerschein und ist krankenversichert. Der BF2 lebt mit der BF1 und der BF3 gemeinsam in einer Mietwohnung und bezieht seit Mai 2021 keine Leistungen aus der Grundversorgung, sondern wird sein Lebensunterhalt bzw. jener seiner Familie durch Ersparnisse bzw. finanzielle Zuwendungen der Verwandten finanziert. In seiner Freizeit macht der BF2 mit seiner Frau und der minderjährigen Tochter Ausflüge, Spaziergänge oder geht baden. Er konnte zwar Freundschaften im Bundegebiet knüpfen, dabei handelt es sich jedoch nicht um enge soziale Kontakte und liegt, wie bereits oben festgestellt wurde, auch keine finanzielle oder sonstige Abhängigkeit oder ein intensives Naheverhältnis zu seiner in Österreich aufenthaltsberechtigten Schwester bzw. deren österreichischem Ehemann vor. Der BF2 ist zwar strafrechtlich unbescholten, er missachtete jedoch seine Ausreiseverpflichtung und bringt mit seinem Verhalten zum Ausdruck, dass er nicht gewillt ist, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten und er sich sowie seinen Angehörigen unter allen Umständen einen Aufenthalt in Österreich ermöglichen möchte. Weiters ist zu betonen, dass nach wie vor Bindungen des BF2 zu seinem Herkunftsstaat vorliegen, zumal er dort den weit überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, dort sozialisiert wurde, die Schule besuchte und zahlreiche Angehöre nach wie vor dort leben, welche ihn auch in Österreich finanziell unterstützen. Der BF2 wird sich in Bangladesch daher wieder zurechtfinden. Er ist gesund und arbeitsfähig und kann sich die in Österreich gesammelte Berufserfahrung bei der Jobsuche in der Heimat zunutze machen. Es stellt sohin keine unbillige Härte dar, wenn er wieder, gemeinsam mit seiner Kernfamilie, nach Bangladesch zurückkehrt. Der BF2 kann in Bangladesch einer Erwerbstätigkeit nachgehen und bestehen durch die dort aufhältigen Familienangehörigen Unterkunfts- und Unterstützungsmöglichkeiten.
Die BF1 hält sich seit Februar 2020, sohin seit dem erst relativ kurzen Zeitraum von etwa 2 Jahren und 7 Monaten im Bundesgebiet auf, wobei auch sie keine maßgeblichen Integrationsschritte darlegen konnte. Sie hat in Österreich keine Schule besucht, keine Ausbildung und keine Kurse absolviert, nicht gearbeitet und ist keinen ehrenamtlichen Tätigkeiten nachgegangen. Sie ist auch kein Mitglied in Vereinen oder sonstigen Organisationen und hat in Österreich keine nennenswerten Freundschaften geschlossen. Sie verfügt zwar über Deutschkenntnisse (Niveau A1), diese hat sie sich aber bereits in Bangladesch angeeignet. In Österreich hat sie keinen Deutschkurs besucht. Ein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis bzw. ein intensives Naheverhältnis zu der im Bundesgebiet aufhältigen Schwester des BF2 bzw. dessen österreichischem Ehemann ist nicht hervorgekommen. Auch die BF1 wird von ihren in Bangladesch lebenden Verwandten finanziell unterstützt. Sie bezieht ebenfalls seit Mai 2021 keine Leistungen aus der Grundversorgung und ist sie krankenversichert. Auch die BF1 ist strafrechtlich unbescholten, sie missachtet jedoch ebenso ihre Ausreiseverpflichtung und bringt mit diesem Verhalten zum Ausdruck, dass sie nicht gewillt ist, sich an österreichische Rechtsvorschriften zu halten. Sie hat nach wie vor Bindungen zum Herkunftsstaat, zumal sie dort den weit überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht hat, dort sozialisiert wurde, die Schule und die Universität abschloss und zahlreiche Angehöre nach wie vor dort leben, welche ihr auch in Österreich finanzielle Unterstützung zukommen lassen. Die BF1 wird sich in Bangladesch daher wieder zurechtfinden. Es stellt sohin keine unbillige Härte dar, wenn sie wieder, gemeinsam mit ihrer Kernfamilie, nach Bangladesch zurückkehrt. Durch die in Bangladesch aufhältigen Familienangehörigen sind Unterkunfts- und Unterstützungsmöglichkeiten vorhanden.
Dass die erwachsenen BF strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).
Bei einer Rückkehrentscheidung, von der Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, sind im Rahmen der Abwägung gemäß Paragraph 9, BFA-VG „die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder“, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden vergleiche VwGH 10.09.2021, Ra 2021/18/0158 bis 0163; VwGH 21.06.2021, Ra 2021/14/0096 bis 0100; VwGH 16.06.2021, Ra 2020/18/0457 bis 0460; VwGH 07.06.2021, Ra 2021/18/0176 bis 0180; VwGH 05.05.2021, Ra 2021/18/0050 bis 0053; VwGH 24.09.2019, Ra 2019/20/0274; VwGH 25.04.2019, Ra 2018/22/0251; VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0205).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Umstand der Anpassungsfähigkeit sowohl Relevanz für die Interessenabwägung bzw. das dabei zu berücksichtigende Kindeswohl zu, er spielt allerdings auch bei der Beurteilung eine Rolle, ob Minderjährige einen Eingriff in ihr Privatleben durch eine gemeinsame Ausreise mit dem Obsorgeberechtigten hinzunehmen haben, weil dem öffentlichen Interesse an der Aufenthaltsbeendigung des Obsorgeberechtigten eine überragende Bedeutung zukommt vergleiche VwGH 25.04.2019, Ra 2018/22/0251).
Um von einem - für die Abwägungsentscheidung relevanten - Grad an Integration (Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 4, BFA-VG 2014) ausgehen zu können, muss sich die Minderjährige während ihrer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet bereits soweit integriert haben, dass aus dem Blickwinkel des Kindeswohles mehr für den Verbleib im Bundesgebiet als für die Rückkehr in den Herkunftsstaat spricht, und dieses private Interesse mit dem öffentlichen Interesse eines friedlichen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft und damit des Zusammenhalts der Gesellschaft in Österreich korreliert. Aus der Sicht der Minderjährigen bedeutet dies vor allem, dass sie sich gute Kenntnisse der deutschen Sprache aneignen, ihre Aus- und/oder Weiterbildung entsprechend dem vorhandenen Bildungsangebot wahrnehmen und sich mit dem sozialen und kulturellen Leben in Österreich vertraut machen, um - je nach Alter fortschreitend - am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich teilnehmen zu können vergleiche VwGH 25.04.2019, Ra 2018/22/0251). Unter dem Kriterium des Kindeswohls ist auch zu berücksichtigen, dass Kinder die gesamte bisherige Schullaufbahn (in der Dauer von mehr als acht bzw. neun Jahren) in Österreich absolvierten vergleiche VwGH 05.03.2021, Ra 2020/21/0428 bis 0431, und VfGH 10.03.2011, B 1565/10 ua). Der mehrjährige erfolgreiche Besuch einer höhen Schule ist nicht „neutral“ (also weder zu Gunsten noch zu Lasten des Minderjährigen) zu bewerten, sondern vielmehr im Kontext der Integrationsleistung zu sehen vergleiche VfGH 07.10.2014, U2459/2012).
Bei der Interessenabwägung nach Artikel 8, EMRK bzw Paragraph 9, BFA-VG 2014 ist das Kindeswohl zu berücksichtigen vergleiche VwGH 23.09.2020, Ra 2020/14/0175; 26.02.2020, Ra 2019/18/0456; 23.02.2017, Ra 2016/21/0235) und es ist eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl erforderlich vergleiche VwGH 10.09.2021, Ra 2021/18/0158 bis 0163; 11.01.2021, Ra 2020/01/0295; 18.11.2020, Ra 2020/14/0113; 06.10.2020, Ra 2019/19/0332; 19.06.2020, Ra 2019/19/0475; 28.11.2019, Ra 2019/19/0359 und 0360; 24.09.2019, Ra 2019/20/0274; 22.08.2019, Ra 2019/21/0128; sowie VfGH 24.11.2020, E 473/2020; 09.12.2020, E 2473/2020; 21.09.2020, E 738/2020; 03.10.2019, E 3456/2019; 12.06.2019, E 47/2019; 24.09.2018, E 1416/2018; 22.09.2014, U 2082/2013 ua).
Das „Kindeswohl“ ist ein Rechtsbegriff, der letztlich von den Behörden und Gerichten zu beurteilen ist. Paragraph 138, ABGB enthält eine nicht abschließende Aufzählung von für das Wohl des Kindes bedeutenden Aspekten, um in allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten unter anderem den Behörden und Gerichten Anhaltspunkte für die Beurteilung dieses Rechtsbegriffs zu bieten vergleiche VwGH 15.05.2019, Ra 2018/01/0076).
Paragraph 138, ABGB dient auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, als Orientierungsmaßstab vergleiche VwGH 29.09.2021, Ra 2021/01/0294 bis 0295; 14.12.2020, Ra 2020/20/0408; 23.09.2020, Ra 2020/14/0175; 30.04.2020, Ra 2019/21/0362 bis 0365; 24.09.2019, Ra 2019/20/0274). Insbesondere ist der Frage der angemessenen Versorgung und sorgfältigen Erziehung der Kinder (Ziffer eins,), der Förderung ihrer Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten (Ziffer 4,) sowie allgemein um die Frage ihrer Lebensverhältnisse (Ziffer 12,) nachzugehen. Aus der genannten Bestimmung ergibt sich überdies, dass auch die Meinung der Kinder zu berücksichtigen ist (Ziffer 5,) und dass Beeinträchtigungen zu vermeiden sind, die Kinder durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen ihren Willen erleiden könnten (Ziffer 6,). Ein weiteres Kriterium ist die Aufrechterhaltung von verlässlichen Kontakten zu wichtigen Bezugspersonen und von sicheren Bindungen zu diesen Personen (Ziffer 9,) vergleiche VwGH 30.04.2020, Ra 2019/21/0362 bis 0365).
Die Berücksichtigung des Kindeswohls stellt im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar; das Kindeswohl ist daher bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der nach Paragraph 9, BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung bzw. Interessenabwägung hängt vielmehr von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab vergleiche VwGH 29.09.2021, Ra 2021/01/0294 bis 0295; 08.09.2021, Ra 2021/20/0166 bis 0170).
Bei der bald 1,5-jährigen BF3, welche in Österreich geboren wurde, handelt es sich noch um ein Kleinkind, das in Obhut ihrer in Bangladesch sozialisierten Eltern steht. Die BF3 hat aufgrund ihres Alter noch kein Privatleben außerhalb des Familienverbandes, sie geht noch nicht in den Kindergarten oder die Kinderkrippe und ihre Eltern sind ihre Hauptbezugspunkte. Da sowohl die BF1, als auch der BF2 muttersprachlich Bengali sprechen, ist davon auszugehen, dass die Kommunikation im Familienverband in dieser Sprache stattfindet und die BF3 mit dieser Sprache vertraut gemacht wird. Die BF3 steht erst am Beginn ihrer Sozialisation, weshalb es auch ihr zuzumuten ist, gemeinsam mit ihren Eltern, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Der Lebensunterhalt der BF3 ist durch ihre Eltern bzw. die (finanzielle) Unterstützung durch die zahlreichen Verwandten in Bangladesch gesichert. Das Kindeswohl steht einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in Anbetracht der aufgezeigten Umstände nicht entgegen.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist die belangte Behörde daher insgesamt zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordneten Rückkehrentscheidungen eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.
3.3.4. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, leg.cit. in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
Die Zulässigkeit der Abschiebung der BF in den Herkunftsstaat ist gegeben, da nach den die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des Paragraph 50, FPG ergeben würde.
Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß Paragraph 52, Absatz 9, in Verbindung mit Paragraph 50, FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat unzulässig wäre vergleiche VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).
Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Rückkehrentscheidungen vorliegen, waren die Beschwerden gegen die Spruchpunkte römisch III. - römisch fünf. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.
3.4. Zu Spruchpunkt römisch VI. und römisch VII. der angefochtenen Bescheide:
Das BFA hat den Beschwerden in den Spruchpunkten römisch VII. der angefochtenen Bescheide die aufschiebende Wirkung gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 5, BFA-VG aberkannt.
Gemäß Paragraph 18, Absatz 5, erster Satz BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK, Artikel 8, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. Paragraph 38, VwGG gilt.
Mit Beschlüssen des BVwG vom 05.09.2022, GZlen.: W142 2258944-1/4Z, W142 2258943-1/4Z und W142 2258941-1/4 Z, wurden den gegenständlichen Beschwerden gemäß Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG jeweils die aufschiebende Wirkung zuerkannt, weshalb ein gesonderter Abspruch im gegenständlichen Erkenntnis über die Spruchpunkte römisch VII. mangels Beschwer entfallen konnte.
Kommt es nach Vorlage der Beschwerde zu einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch das Verwaltungsgericht, so hat dieses sodann – im Falle der Bestätigung der ausgesprochenen Rückkehrentscheidung – im Spruch seines Erkenntnisses eine Frist für die freiwillige Ausreise festzulegen vergleiche Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht Paragraph 55, K9). Es war daher vom Bundesverwaltungsgericht gemäß Paragraph 55, Absatz eins und 2 FPG eine zweiwöchige Frist zur freiwilligen Ausreise festzusetzen und spruchgemäß zu entscheiden.
3.5. Zur Erlassung von Einreiseverboten gegen die BF1 und den BF2 (Spruchpunkte römisch VIII. in deren Bescheiden):
Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid gemäß Paragraph 53, Absatz eins, FPG ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Nach Paragraph 53, Absatz 2, FPG ist ein Einreiseverbot gemäß Absatz eins,, vorbehaltlich des Absatz 3,, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer 6, FPG).
Bei der Stellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in Paragraph 53, Absatz 2, FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an vergleiche VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230). Ebenso ist bei der Entscheidung über die Länge des Einreiseverbotes die Dauer der von der Person ausgehenden Gefährdung zu prognostizieren; außerdem ist auf private und familiäre Interessen Bedacht zu nehmen vergleiche VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109). Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden vergleiche VwGH 07.11.2012, 2012/18/0057).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf das Ausschöpfen der vorgesehenen Höchstfristen nicht regelmäßig schon dann erfolgen, wenn einer der Fälle des Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer eins bis 9 bzw. des Absatz 3, Ziffer eins bis 8 FPG vorliegt vergleiche etwa VwGH 24.05.2016, Ra 2015/21/0187). Die Verhängung kurzfristiger Einreiseverbote (insbesondere solcher in einer Dauer von weniger als 18 Monaten) - oder überhaupt das Unterbleiben eines Einreiseverbotes – hat regelmäßig nur dann stattzufinden, wenn von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen keine gravierende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht. Das wird verschiedentlich dann der Fall sein, wenn der Drittstaatsangehörige bloß einen der Tatbestände des Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer eins bis 9 leg. cit. erfüllt vergleiche VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125).
Im vorliegenden Fall erließ das BFA gegen die BF1 und den BF2 jeweils ein auf Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer 6, FPG gestütztes Einreiseverbot.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu sämtlichen gleichgelagerten Vorläuferbestimmungen zu Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer 6, FPG, die im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.12.2018, Ra 2018/20/0309, auch ausdrücklich als auf die aktuelle Rechtslage übertragbar angesehen wurde, hat ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen. Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des (nunmehr:) Paragraph 53, Absatz 2, FPG gerechtfertigt ist vergleiche VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, und VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309 mit Hinweisen auf die ständige Rechtsprechung zu den insoweit gleichgelagerten Vorgängerbestimmungen des FPG: etwa VwGH 22.01.2013, 2012/18/0191; 13.09.2012, 2011/23/0156).
Im vorliegenden Fall ging das BFA zu Recht von der Mittellosigkeit der BF1 und des BF2 aus. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, gehen die erwachsenen BF keiner Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach und bestreiten sie ihren Unterhalt durch Ersparnisse bzw. die finanzielle Unterstützung seitens ihrer Verwandten. Laut Rechtsprechung des VwGH muss der Fremde jedoch einen Rechtsanspruch auf Leistungen durch Dritte haben vergleiche VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132). Dass die erwachsenen BF einen Rechtsanspruch auf Unterstützung durch ihre Verwandten haben, wurde von ihnen weder behauptet, noch nachgewiesen. Auch wurde nicht dargelegt oder belegt, in welcher Höhe die BF über Ersparnisse verfügen. Es besteht daher weiterhin die Gefahr, dass ihr Aufenthalt zu einer finanziellen Belastung der Gebietskörperschaft führen könnte und haben die BF in der Vergangenheit auch schon Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch genommen. Weiters wies das BFA zu Recht daraufhin, dass die BF1 und der BF2 ihrer Ausreise-/Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen sind und auch ihre Mitwirkungspflichten im Verfahren verletzt haben, zumal sie die Beweismittel erst verspätet in Vorlage gebracht haben bzw. ihre Meldeverpflichtungen verletzt haben, weshalb ihr Aufenthalt eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellt.
Die Erlassung von Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot steht unter dem Vorbehalt des Paragraph 9, BFA-VG ("Schutz des Privat- und Familienlebens"). Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Drittstaatsangehörigen eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung demnach nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, MRK genannten Ziele dringend geboten ist (VwGH 02.10.2012, 2012/21/0044, mwN).
Entsprechend den obigen Ausführungen verfügen die BF über kein schützenswertes Privat- und Familienleben im Bundesgebiet, sondern können sie den Kontakt zu den in Österreich lebenden Verwandten mittels moderner Kommunikationsmittel aufrecht halten; weshalb die öffentlichen Interessen an einem Einreiseverbot jedenfalls überwiegen.
Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu vergleiche etwa VwGH 31.08.2006, 2006/21/0140), welcher durch das Verhalten der BF – wie bereits erörtert – erheblich beeinträchtigt wurde. Die von den BF dargestellten persönlichen Interessen haben kein Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.
Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens der BF und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des dargelegten Fehlverhaltens der BF letzterem der Vorrang einzuräumen. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten.
Es kann daher der belangten Behörde nicht vorgeworfen werden, wenn sie im vorliegenden Fall von einer Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausging, welche die Anordnung eines Einreiseverbotes erforderlich macht. Das vom BFA angeordnete Einreiseverbot erweist sich damit dem Grunde nach als zulässig, weshalb eine gänzliche Aufhebung des Einreiseverbotes nicht in Betracht kam und die Beschwerde insoweit als unbegründet abzuweisen war.
Im gegenständlichen Fall steht das von der belangten Behörde verhängte Einreiseverbot im Ausmaß von drei Jahren unter Berücksichtigung des Fehlverhaltens und der sonstigen persönlichen Umstände der BF außer Relation, zumal die BF bis dato in Österreich nicht strafrechtlich verurteilt worden sind und eine Schwester des BF2 samt österreichischem Ehemann dauerhaft in Österreich lebt. Die Dauer des Einreiseverbotes war daher in angemessener Weise auf 18 Monate herabzusetzen.
3.6. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß Paragraph 24, Absatz eins, des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß Paragraph 21, Absatz 7, erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung vergleiche dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12.11.2014, Ra 2014/20/0029, vom 02.09.2015, Ra 2014/19/0127, vom 15.03.2016, Ra 2015/19/0180, vom 18.05.2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20.06.2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:
Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in Paragraph 20, BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht sich für seine Feststellungen über die Personen der BF auf jene der angefochtenen Bescheide gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substantiiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die Beschwerde hat die Beurteilung des angefochtenen Bescheides pauschal bestritten, jedoch keine Sachverhalte aufgezeigt, die zu einem für die BF allenfalls günstigeren Verfahrensergebnis hätten führen können.
Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG ausgehen, sodass – ungeachtet des diesbezüglichen Antrages im Beschwerdeschriftsatz – von einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden konnte.
3.7. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
ECLI:AT:BVWG:2022:W142.2258944.1.01