Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

31.08.2022

Geschäftszahl

W235 2202731-1

Spruch


W235 2202731-1/29E

W235 2202729-1/22E

W235 2209102-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. römisch 40 , geb. römisch 40 , 2. römisch 40 , geb. römisch 40 und 3. mj. römisch 40 , geb. römisch 40 , diese gesetzlich vertreten durch: römisch 40 , alle StA.: Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2018, Zl. 1093009500-151662799 (ad 1.) sowie Zl. 1093009707-151662802 (ad 2.) und vom 22.10.2018, Zl. 1206698301-180881855 (ad 3.) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 und am 04.05.2022 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3, Absatz eins,, 8 Absatz eins,, 10 Absatz eins, Ziffer 3 und 57 AsylG, Paragraph 9, BFA-VG, Paragraphen 46,, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Alle drei Beschwerdeführer sind iranische Staatsangehörige. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin reisten gemeinsam unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 31.10.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am Tag der Antragstellung gaben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin übereinstimmend an, dass sie den Iran am römisch 40 .10.2015 von ihrer Heimatadresse aus gemeinsam verlassen hätten und über die Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gereist seien. Für die Schleppung vom Iran nach Griechenland hätten sie einen Betrag in der Höhe von € 1.500,00 bezahlt. Beide Beschwerdeführer würden der Volksgruppe der Fars (= Perser) angehören.

Darüber hinaus brachte der Erstbeschwerdeführer zur seiner Person vor, dass er ohne Religionsbekenntnis sei und eine seiner Schwestern in Österreich als Asylwerberin lebe. Zu seinen Fluchtgründen gab er an, dass er von der iranischen Regierung aus politischen Gründen und weil er Musik gelehrt habe, verfolgt worden sei. Der Beschwerdeführer habe Musik unterrichtet, was vom iranischen Staat nicht gebilligt und bestraft werde. Bei einer Rückkehr sei sein Leben in Gefahr. Er werde verhaftet und hingerichtet. Auch Bekannte seien hingerichtet worden.

In ihrer eigenen Erstbefragung gab die Zweitbeschwerdeführerin zu ihrer Religion „Islam“ an. Sie sei mit dem Erstbeschwerdeführer geflüchtet und wolle sich nicht trennen. Bei einer Rückkehr sei ihr Leben ebenso in Gefahr wie das ihres Ehegattens. Sie würde verhaftet werden. Bekannte seien ebenfalls verhaftet und hingerichtet worden.

1.3. Am 06.06.2018 wurden der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi einvernommen und gaben dabei zunächst an, dass sie sich geistig und körperlich in der Lage fühlen würden, die Einvernahme durchzuführen. Wegen ihrer Volkgruppenzugehörigkeit hätten sie in ihrem Herkunftsstaat keine Probleme gehabt. Sie seien nicht politisch tätig gewesen – auch keine Familienmitglieder – und hätten auch keine Probleme mit Privatpersonen gehabt.

1.3.1. In seiner eigenen Einvernahme gab der Erstbeschwerdeführer im Wesentlichen und zusammengefasst an, dass er manchmal gegen Magenschmerzen Tabletten nehme. Diesbezüglich sei er schon im Iran medikamentös behandelt worden. Sonst habe er keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Zur Erstbefragung wolle er ausführen, dass er nicht gesagt habe, wenn er in den Iran zurückgehe, werde er aufgehängt. Der Erstbeschwerdeführer stamme aus der Provinz römisch 40 , wo er in römisch 40 gelebt habe, sei fünf Jahre in der Grundschule, drei Jahre in der Mittelschule, vier Jahre in der Hochschule und vier Jahre an der Universität gewesen. Bis zu seiner Ausreise habe er als Verwalter in einer Privatfirma gearbeitet. Er habe aus erster Ehe einen elfjährigen Sohn und aktuell sei die Zweitbeschwerdeführerin schwanger. Im Iran würden noch seine Eltern und eine Schwester leben. In Österreich habe er eine weitere Schwester, die Asyl bekommen habe.

Der Erstbeschwerdeführer sei nicht vorbestraft, sei jedoch in Untersuchungshaft gewesen. Sonst habe es keine Probleme mit Behörden gegeben. Vielleicht bestünden Fahndungsmaßnahmen gegen ihn. Aufgrund seines Religionsbekenntnisses – der Erstbeschwerdeführer sei nicht streng religiös gewesen – habe er im Herkunftsstaat Probleme gehabt. Bei der Erstbefragung habe er zwar gesagt, dass er ohne Konfession sei, habe jedoch nicht gesagt, dass er Christ sei, weil er dafür keinen Nachweis gehabt habe.

Dezidiert zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er bei mehreren Privatpartys Musik – und zwar religiös christliche Musik – gespielt habe. Eines Tages als er nach Hause gefahren sei, seien in seinem Auto eine Flasche Wein, seine Gitarre und Noten zu den Musikstücken mit Texten über das Christentum sowie eine persische Bibel gewesen. Im Zuge einer Polizeikontrolle seien diese Sachen konfisziert worden. Die Polizei habe gesagt, der Erstbeschwerdeführer müsse am nächsten Tag zur Polizei und sich stellen. Er sei jedoch nicht hingegangen. Sie hätten seine Sachen als Beweismittel gehabt und sein Kennzeichen aufgeschrieben. Zu Hause habe er dies der Zweitbeschwerdeführerin erzählt und sie seien danach für drei Tage in das Dorf römisch 40 gegangen. Seine Mutter habe dem Erstbeschwerdeführer am Telefon gesagt, dass die Polizei da gewesen wäre. Daraufhin habe er den Mann seiner Cousine angerufen, der ihm den Schlepper vermittelt habe. Er sei dann nach römisch 40 zurückgekehrt um sich von seiner Mutter zu verabschieden und in der Folge seien der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin ausgereist. Der Erstbeschwerdeführer habe keine Probleme gehabt, weil er Musiklehrer gewesen sei, sondern weil die Texte, die er gesungen habe, von den Behörden genehmigt werden müssten. Weiters habe der Erstbeschwerdeführer Probleme mit den Milizen gehabt; sie hätten unterwegs immer die Leute kontrolliert. Sie hätten gesagt, Musik spielen und Alkohol trinken sei nicht erlaubt. Der Erstbeschwerdeführers sei zweimal aufgehalten worden. Einmal seien die Musikinstrumente beschlagnahmt worden. „Sie“ hätten auch Probleme mit einem CD-Player im Auto. Einmal sei er für eine Nacht von den Basiji inhaftiert worden. Man müsse unterschreiben, dass man „diese Dinge“ unterlasse, dann werde man freigelassen. Von Regierungsseite sei der Erstbeschwerdeführer nie verhaftet worden.

Der Erstbeschwerdeführer sei zwar als Moslem geboren, habe jedoch immer schon einen Hang zum Christentum gehabt. Dies habe er geheim gehalten und habe daher auch keine Probleme gehabt. Im Jahr 2003 habe ihm der Mann seiner Cousine das Christentum näher gebracht. Da der Erstbeschwerdeführer Probleme mit dem Islam gehabt habe, habe ihm der Mann seiner Cousine das Christentum als Rettungsweg vorgeschlagen. Sie hätten immer über die Unterschiede zwischen Islam und Christentum gesprochen. Der Mann seiner Cousine habe immer gesagt, Jesus Christus habe keine Kriege geführt um die Sünden zu vergeben. Er sei ein Botschafter für alle Menschen. Das habe der Erstbeschwerdeführer nach einiger Zeit geglaubt. Private Hauskirchen habe er nicht besucht. Sie seien in Privatgärten gewesen um nicht aufzufallen. Sie hätten über die Bibel gesprochen und sie gelesen. Auch hätten sie religiöse Lieder in den Gärten gesungen. Die Bibel habe er 2003 das erste Mal gelesen. Der Mann seiner Cousine habe ihm eine Bibel in Persisch besorgt. Für die römisch-katholische Kirche habe er sich entschieden, weil im Katholizismus nur der Priester die Bibel interpretieren dürfe und sei auch die Organisation in der katholischen Kirche sehr gut. Nach Meinung des Erstbeschwerdeführers sollten Priester aber auch heiraten und eine Familie gründen dürfen. Das wichtigste Gebot der Christen sei, dass Jesus zu seinen Gefährten gesagt habe, sie sollten die Botschaft von Gott zu den Menschen bringen. Es gebe zehn Gebote und die Menschen sollten gut miteinander umgehen. Warum der Sonntag der heilige Tag der Christen sei, wisse der Erstbeschwerdeführer nicht, aber er wisse, dass Samstag ein wichtiger Tag sei. Die Heilige Dreifaltigkeit heiße, dass Gott sich in drei Personen – Gott, Sohn und Heiliger Geist – gezeigt habe. Der Lieblingsjünger von Jesus sei Johannes gewesen und im Mittelpunkt einer christlichen Messfeier stehe das Heilige Mahl. Der Erstbeschwerdeführer gehe einmal pro Woche am Sonntag in die Messe. Er sei getauft worden, besuche den Taufkurs aber noch weiter, weil er noch sehr viele Sachen lernen müsse. In der Kirche helfe der Erstbeschwerdeführer mit und spiele Musik – entweder mit der Orgel oder mit orientalischen Instrumenten. Seine Familie im Iran habe damit keine Probleme, da der Erstbeschwerdeführer hier nicht sehr aktiv sei.

In Österreich habe der Erstbeschwerdeführer Deutsch- und Integrationskurse besucht. Beruflich sei er nicht tätig, aber er habe sich ehrenamtlich und gemeinnützig engagiert. Seine Freunde in Österreich seien oft Künstler, die Musik machen würden. Diese hätten orientalische Musik machen wollen und hätten jemanden gesucht, der das lehre. So hätten sie den Erstbeschwerdeführer gefunden. Ferner sei er in einem Kulturverein tätig.

1.3.2. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte in ihrer eigenen Einvernahme vor dem Bundesamt im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass sie mit dem Erstbeschwerdeführer gemeinsam Kurse über das Christentum besucht habe. Daher seien sie in Gefahr gewesen. Die Milizen hätten auch Sachen im Auto des Erstbeschwerdeführers beschlagnahmt und hätten gesagt, dass er sich am nächsten Tag bei der Polizei stellen müsse, was er nicht getan habe. Welche Milizen das gewesen seien, wisse die Zweitbeschwerdeführerin nicht. Vorher hätte es keine schwerwiegenden Probleme gegeben. Das sei 1394 (= 2015) gewesen. Das genaue Datum wisse sie nicht. Drei Tage nach dem Vorfall seien sie ausgereist. Als sie erfahren hätten, dass jemand den Erstbeschwerdeführer bei seiner Mutter gesucht habe, hätten sie das Land verlassen. Die Milizen hätten Wein, ein Instrument, die Bibel und Texte, die er gesungen habe, im Auto des Erstbeschwerdeführers gefunden. Der Zweitbeschwerdeführerin selbst sei nichts passiert.

Die Zweitbeschwerdeführerin sei 1392 (= 2013) über den Mann der Cousine des Erstbeschwerdeführers zum Christentum gelangt. Am Anfang sei sie nervös gewesen, als der Erstbeschwerdeführer seine Religion gewechselt habe, aber er habe ihr gesagt, sie solle auch etwas über das Christentum lernen. Im Iran seien sie nicht konvertiert, sondern hätten nur an Kursen teilgenommen. Sie hätten eine Gemeinschaft gehabt; Kirchen habe es nicht gegeben. Diese Veranstaltungen seien an verschiedenen Plätzen gewesen; manchmal zu Hause, manchmal in Gärten. Ihre Familie wisse nichts von der Konversion. Vor der Konversion habe die Zweitbeschwerdeführerin alle [muslimischen] Rituale eingehalten. Der muslimische Gott nehme immer Rache, während der christliche Gott barmherzig sei. Ihre Lieblingsstelle in der Bibel beschreibe, dass Jesus sehr leicht mit den Menschen umgegangen sei. Er habe immer Kontakt zu den Menschen gewollt. Die Zweitbeschwerdeführerin sei Katholikin, weil die katholische Glaubensrichtung vollständiger sei. Nur der Pfarrer könne die Bibel interpretieren. Der Zölibat sei ein Vertrag seines [gemeint: des Priesters] Herzen mit Gott. Er müsse für Gott tätig sein und habe den Weg selbst ausgesucht. Das wichtigste Gebot der Christen sei Respekt. Der Sonntag sei der heilige Tag der Christen, da Jesus an einem Sonntag geboren worden sei. Die Heilige Dreifaltigkeit sei „Vater, Sohn, Heiliger Geist“. Jesus sei in Israel, in Jerusalem geboren und sei von Asghar-Juti für 30 Münzen verraten worden. Der Mittelpunkt jeder christlichen Messe sei die Brotteilung. Zu Pfingsten würden sich die Leute sammeln und sich bei Gott bedanken, dass er ihnen Gnade gegeben habe. Sie gehe jede Woche am Sonntag in die Kirche und jede zweite Woche auch zum Unterricht am Samstag. Die Zweitbeschwerdeführerin übernehme keine Aufgaben in der Kirche, aber der Erstbeschwerdeführer musiziere. Trotz ihres Interesses am Christentum habe die Zweitbeschwerdeführerin bis zu ihrer Ausreise aus dem Iran die muslimischen Rituale durchgeführt. Bei einer Rückkehr befürchte sie, dass sie festgenommen werde. Es habe nämlich eine Person bei ihrem Schwiegervater nach den Beschwerdeführern gefragt. Sie wisse nicht, wer das gewesen sei. Danach seien sie geflohen.

Die Zweitbeschwerdeführerin habe A2 „abgelegt“ und sich für andere Kurse angemeldet. Berufstätig sei sie nicht gewesen, habe aber ehrenamtlich fünf Monate lang einmal pro Woche in einem Altersheim gearbeitet. Sie nehme gerne die guten Sachen der österreichischen Kultur an und gebe gerne die guten Sachen der iranischen Kultur weiter. Die Zweitbeschwerdeführerin lebe in Österreich und sei dazu verpflichtet die Vorschriften einzuhalten. So sei sie auch im Iran gewesen. Sie habe nicht so viele Freunde und sei auch nicht in einem Verein tätig. Nach Rückübersetzung gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie vor der Ausreise noch nach römisch 40 zurückgekehrt seien und, dass der Erstbeschwerdeführer eine Nacht in Untersuchungshaft gewesen sei. Sie wisse jedoch nicht, bei wem er inhaftiert und wann das gewesen sei.

In den Verwaltungsakten befinden sich nachstehende verfahrensrelevante Unterlagen (in Kopie):

●             Iranischer Führerschein des Erstbeschwerdeführers mit der Nr. römisch 40 , ausgestellt am römisch 40 09.2005 (samt deutscher Übersetzung);

●             Bestätigung der ehrenamtlichen Tätigkeit für den Erstbeschwerdeführer in einer Seniorenbetreuung vom römisch 40 .06.2018

●             Scheidungsurkunde des Erstbeschwerdeführers und von Frau römisch 40 vom römisch 40 .10.2010 (in Farsi vorgelegt; vergleiche hierzu die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte deutsche Übersetzung);

●             Taufschein des Erstbeschwerdeführers, ausgestellt von der Pfarre römisch 40 am römisch 40 .04.2018 mit dem Taufdatum römisch 40 .04.2018;

●             Bestätigung des Obmanns der römisch 40 vom römisch 40 .11.2017, dass der Erstbeschwerdeführer von Mai 2016 bis April 2017 Mitglied dieses Chores und als Chorsänger tätig war;

●             Bestätigung der Pastoralassistentin der römisch 40 vom römisch 40 .06.2018, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin seit ihrer Taufe am römisch 40 .04.2018 weiterhin den 14-tägigen Glaubens- und Taufunterricht besuchen sowie, dass der Erstbeschwerdeführer ein begnadeter Musiker ist, der eigene christliche Lieder schreibt und vertont;

●             Teilnahmebestätigungen des Erstbeschwerdeführers an den Deutschkursen für Asylwerber A1, Teil 1 vom römisch 40 .05.2016, A1, Teil 2 vom römisch 40 .11.2016, A2 Teil 1 vom römisch 40 .02.2017, A2, Teil 2 vom römisch 40 .10.2017;

●             Zertifikat ÖSD A1 mit der Beurteilung „sehr gut bestanden“ für den Erstbeschwerdeführer vom römisch 40 .12.2016;

●             Zertifikat ÖSD A2 mit der Beurteilung „gut bestanden“ für den Erstbeschwerdeführer vom römisch 40 .11.2017;

●             Bestätigungen für den Erstbeschwerdeführer betreffend die Teilnahme an musikalischen Veranstaltungen;

●             Teilnahmebestätigung der Wirtschaftskammer Oberösterreich für den Erstbeschwerdeführer vom römisch 40 .03.2017 betreffend die Veranstaltung „Hotspot Film“;

●             Studienblatt des Erstbeschwerdeführers als außerordentlich Studierender für das Sommersemester 2018 samt Studienbestätigung der Kunstuniversität römisch 40 ;

●             mehrere Empfehlungsschreiben für die Beschwerdeführer, insbesondere betreffend den Erstbeschwerdeführer in Zusammenhang mit der Planung ehrenamtlicher Tätigkeiten;

●             Diplom des Erstbeschwerdeführers vom römisch 40 .06.2005 zur Erlangung des Grades „Bachelor“ im Bereich „Teppich“ (samt deutscher Übersetzung);

●             Personalausweis bzw. Geburtsurkunde des Erstbeschwerdeführers, ausgestellt am römisch 40 , samt deutscher Übersetzung (diesbezüglich wurden bei einer Dokumentenüberprüfung keine Abänderungen festgestellt; vergleiche AS 191 im Akt des Erstbeschwerdeführers);

●             „Mutter-Kind-Pass“ der Zweitbeschwerdeführerin;

●             Taufschein der Zweitbeschwerdeführerin, ausgestellt von der Pfarre römisch 40 am römisch 40 .04.2018 mit dem Taufdatum römisch 40 .04.2018;

●             Zulassung der Zweitbeschwerdeführerin zu den Sakramenten der Eingliederung vom römisch 40 .02.2018;

●             Abschlussdiplom „Mittlere Reife“ der Zweitbeschwerdeführerin vom römisch 40 .04.2002 (samt deutscher Übersetzung);

●             Teilnahmebestätigungen der Zweitbeschwerdeführerin an den Deutschkursen für Asylwerber A1, Teil 1 vom römisch 40 .05.2016, A1, Teil 2 vom römisch 40 .11.2016, A2 Teil 1 vom römisch 40 .02.2017, A2, Teil 2 vom römisch 40 .11.2017;

●             Zertifikat ÖSD A1 mit der Beurteilung „sehr gut bestanden“ für die Zweitbeschwerdeführerin vom römisch 40 .12.2016;

●             Zertifikat ÖSD A2 mit der Beurteilung „bestanden“ für die Zweitbeschwerdeführerin vom römisch 40 .12.2017;

●             Teilnahmebestätigung der Zweitbeschwerdeführerin am Werte- und Orientierungskurs vom römisch 40 .01.2018;

●             Bestätigung über die ehrenamtliche Mitarbeit der Zweitbeschwerdeführerin täglich von römisch 40 .02.2016 bis römisch 40 .06.2016 und zweimal wöchentlich von römisch 40 .05.2016 bis römisch 40 .06.2016 in einer Seniorenbetreuung vom römisch 40 .06.2018;

●             Iranischer Führerschein der Zweitbeschwerdeführerin mit der Nr. römisch 40 , ausgestellt am römisch 40 .05.2014 (samt deutscher Übersetzung);

●             Nationale Identitätskarte der Zweitbeschwerdeführerin mit der Nr. römisch 40 , mit einer Gültigkeit bis römisch 40 .10.2011, samt deutscher Übersetzung (diesbezüglich wurden bei einer Dokumentenüberprüfung keine Abänderungen festgestellt; vergleiche AS 177 im Akt der Zweitbeschwerdeführerin) und

●             Heiratsurkunde der Beschwerdeführer vom römisch 40 .10.2012 (samt deutscher Übersetzung)

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.07.2018 wurden die Anträge des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkte römisch eins.). Unter den jeweiligen Spruchpunkten römisch II. dieser Bescheide wurden die Anträge des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Iran gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihnen unter den jeweiligen Spruchpunkten römisch III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt. Weiters wurde gegen sie gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkte römisch IV.) und unter den jeweiligen Spruchpunkten römisch fünf. gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Iran gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte römisch VI.).

3. Gegen diese Bescheide erhoben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin im Wege ihrer damaligen Vertretung Beschwerde. Begründend wurde im Wesentlichen und zusammengefasst ausgeführt, dass sie in der Erstbefragung nicht angegeben hätten Christen zu sein, da sie damals noch nicht konvertiert wären. Ferner hätten sie auch keine Informationen dahingehend gehabt, dass man aus der islamischen Glaubensgemeinschaft [in Österreich] offiziell austreten könne. Dies hätten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin erst durch die negative Entscheidung erfahren. Der Erstbeschwerdeführer habe gemeint, dass er politisch verfolgt worden sei, weil er im Iran religiöse, christliche Musik gespielt habe. Diese sei regimekritisch und gegen den Islam gewesen. Systemkritische Musiker würden im Iran verfolgt und unterdrückt. Entgegen der Meinung der Behörde sei der Erstbeschwerdeführer nicht zurück zu seiner Mutter gegangen um sich zu verabschieden, sondern um einige wichtige Dokumente mitzunehmen. Außerdem sei er in der Nacht gegangen und nur für kurze Zeit. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin hätten sich ca. zwei Jahre mit dem Christentum beschäftigt, was dann von den iranischen Behörden entdeckt worden sei und sie das Land hätten verlassen müssen.

Unter Zitierung eines undatierten Beitrages der internationalen Gesellschaft der Menschenrechte über die Lage von Musikern im Iran, eines Berichtes des Online Magazin „Iran Journal“ vom Mai 2016 und eines weiteren Berichtes von Amnesty International vom August 2016 wurde darauf verwiesen, dass Präsident Rohani vor seiner Wahl versprochen habe, dass Musiker mehr Freiheit bekommen würden und Musikveranstaltungen organisieren könnten. Dieses Versprechen habe er jedoch nicht halten können. Rohani habe nicht viel Macht, weil sich die religiösen Instanzen gerne einmischen und ihre Urteile selbst vollstrecken würden. Die Musik des Erstbeschwerdeführers würde als systemfeindliche Propaganda angesehen, was aus religiöser Sicht sündhaft und systemfeindlich sei.

Mittlerweile hätten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin ihre religiöse Heimat in ihrer Kirche in römisch 40 gefunden. Nach einem Vorbereitungskurs für die Taufe hätten sie sich am römisch 40 .04.2018 taufen lassen. Im Iran würde die Konversion zum Christentum große Probleme bereiten und erkenne die Behörde in ihren Länderfeststellungen selbst die gefährliche Lage, der Konvertiten und Apostaten im Iran ausgesetzt seien. Die Abkehr vom Islam könne mit dem Tod bestraft werden. Aus den Länderfeststellungen in den angefochtenen Bescheiden ergebe sich, dass es sich bei der Konversion weg vom Islam zum Christentum laut iranischer Rechtsordnung um ein Kapitalverbrechen handle, das schwerste Strafen nach sich ziehe. Eine freie Ausübung des Glaubens wäre im Iran unmöglich. Aus diesem Grund sei die Angst vor Verfolgung begründet. Bei einer Rückkehr in den Iran würden der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin getötet werden, wenn sie den christlichen Glauben praktizieren würden. Die Verfolgung gehe auch von den iranischen Behörden aus. Durch die Taufe, das Interesse am Christentum und durch den Einsatz des Erstbeschwerdeführers in der Kirche hätten sie ihre neue Religionszugehörigkeit glaubhaft gemacht. Sie hätten sich innerlich und ernsthaft mit dieser Religion auseinandergesetzt.

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin seien seit Oktober 2015 in Österreich und seien bemüht sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Sie hätten die A2 Prüfung absolviert. Der Erstbeschwerdeführer spiele oft Musik in der Kirche und bei Veranstaltungen. Auch nach der Taufe würden sie einen Kurs in der Kirche besuchen, weil sie noch mehr wissen wollen würden. Der Erstbeschwerdeführer sei in einem Kulturverein aktiv und die Zweitbeschwerdeführerin habe ehrenamtlich in einem Altenheim gearbeitet. Auch wolle die Zweitbeschwerdeführerin studieren. Der Erstbeschwerdeführer habe viele einheimische Freunde, die Künstler seien.

Der Beschwerde beigelegt waren die Austritte aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin vom römisch 40 .07.2018, ausgestellt vom BürgerInnen-Service des Magistrats der Landeshauptstadt römisch 40 .

4. Mit Eingaben vom 18.08.2018 und vom 20.08.2018 legte der Erstbeschwerdeführer einen Bescheid des AMS römisch 40 vom römisch 40 .08.2018 betreffend eine Beschäftigungsbewilligung für die berufliche Tätigkeit als Gartenarbeiter für die Zeit von römisch 40 .08.2018 bis römisch 40 .12.2018 im Ausmaß einer Vollzeitbeschäftigung, die Bescheidausfertigung an den Arbeitgeber sowie den Dienstvertrag zwischen ihm und der römisch 40 vom römisch 40 .08.2018 vor.

5. Am römisch 40 wurde in Österreich die Drittbeschwerdeführerin als Tochter des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin geboren vergleiche hierzu die vorgelegte Geburtsurkunde vom römisch 40 .09.2018, AS 3 im Akt der Drittbeschwerdeführerin). Die Zweitbeschwerdeführerin stellte am 17.09.2018 als gesetzliche Vertreterin ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz für die Drittbeschwerdeführerin.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.10.2018 wurde der Antrag der Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Unter Spruchpunkt römisch II. dieses Bescheides wurde der Antrag der Drittbeschwerdeführerin hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Iran gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihr unter Spruchpunkt römisch III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt. Weiters wurde gegen sie gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.) und unter Spruchpunkt römisch fünf. gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Iran gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch VI.).

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, in welcher inhaltlich auf die Beschwerde des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin verwiesen wurde.

6.1. Am 15.02.2019 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein USB-Stick ein, auf welchem der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin bei unterschiedlichen geselligen Zusammentreffen (z.B. Faschingsfeiern, Tanzabenden, etc.) gemeinsam mit anderen Personen zu sehen sind. Ferner finden sich auf diesem USB-Stick Fotos, die den Erstbeschwerdeführer bei verschiedenen Veranstaltungen als Musiker zeigen, unter anderem auch in der Pfarre römisch 40 und in der römisch 40 .

6.2. Am 04.03.2022 langte im Wege der bevollmächtigten Vertretung ein „Zeuginnenantrag“ zur mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Beantragt wurde, Mag. römisch 40 , Pastoralassistentin und Katechumenatsverantwortliche der römisch 40 , zum Beweis des aus innerer Überzeugung erfolgten Religionswechsels des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin als Zeugin einzuvernehmen.

Diesbezüglich wurde vom Bundesverwaltungsgericht der Vertretung der Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die Verhandlung ohnehin vertagt werden wird und die beantragte Zeugin bei Fortsetzung der Verhandlung stellig gemacht werden soll.

7.1. Am 23.03.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Farsi statt, an der der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin mit ihrer Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat mit Schreiben vom 11.03.2022 auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation im Iran zur Kenntnis gebracht. Diesbezüglich behielt sich die Vertreterin vor beim nächsten Verhandlungstermin eine Stellungnahme abzugeben bzw. diese schriftlich vor der Verhandlung einzubringen. Eingangs der Verhandlung gaben beide Beschwerdeführer übereinstimmend an, dass ihnen die Niederschriften der Erstbefragung sowie der Einvernahme vor dem Bundesamt rückübersetzt worden seien, sie die Wahrheit gesagt und die jeweiligen Dolmetscher gut verstanden hätten.

Zur Integration in Österreich gab der Erstbeschwerdeführer an, er habe eine Schwester, die mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in römisch 40 lebe. Sie habe einen Konventionspass. Mit dieser Schwester des Erstbeschwerdeführers seien sie gemeinsam eingereist und würden einander „alle paar Monate“ besuchen. Eine finanzielle Abhängigkeit bestehe nicht. Die Zweitbeschwerdeführerin habe keine Angehörigen in Österreich. Beide Beschwerdeführer hätten das A2-Zertifikat erlangt. Der Erstbeschwerdeführer brachte weiters vor, dass er selbstständig sei und als Fahrer bzw. Lieferant seit römisch 40 .03.2022 für die Firma römisch 40 arbeite. Betreffend die Beschäftigungsbewilligung des AMS vom römisch 40 .08.2018 führte er aus, dass er ca. drei Monate bei „ römisch 40 “ als Lieferant im Ausmaß von zehn Stunden gearbeitet und sechs Monate Gartenarbeit betrieben habe. Die Beschäftigungsbewilligung sei ihm für die Gartenarbeit erteilt worden. Früher habe er von der Volkshilfe gelebt, aber jetzt arbeite er, habe jedoch sein erstes Gehalt noch nicht bekommen. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie nicht arbeite. Sie habe zwar Zusagen bekommen, aber da sie keine Arbeitsbewilligung habe, dürfe sie nicht arbeiten. Von der Mutter einer Freundin habe sie erfahren, dass die Post jemanden suche und die Zweitbeschwerdeführerin dort arbeiten könne. Sie habe sich auch bei einer Firma beworben, die Salat herstelle. Leistungen bekomme sie von der Volkshilfe. Die Zweitbeschwerdeführerin habe auch einen Monat einen Schneiderkurs besucht. Sonstige Ausbildungen hätten die Beschwerdeführer nicht absolviert und würden auch aktuell keine Kurse oder Ähnliches besuchen. Der Erstbeschwerdeführer habe zwar im Bereich Kunst studieren wollen, habe jedoch die Gebühren nicht zahlen können und daher das Studium nicht fortgesetzt. Er sei in verschiedenen Vereinen als Musiker tätig. Seit fünf Jahren sei er mit einer anderen Dame in der Kirche, in der sie jetzt seien, für die Taufe der persisch sprechenden Menschen zuständig. Er sei im Bereich Musik tätig, erstelle Lieder und musiziere. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie anfangs in Österreich im Altersheim geholfen und in römisch 40 an Sprachcafés teilgenommen habe. Die Beschwerdeführer hätten einen Freundes- und Bekanntenkreis in Österreich. Die Drittbeschwerdeführerin besuche den Kindergarten. Sie habe unter den Lockdowns in der Pandemie gelitten, was sich aber nunmehr gebessert habe. Bei einer Untersuchung im Krankenhaus sei alles in Ordnung gewesen.

In seiner Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Erstbeschwerdeführer zu seinem Gesundheitszustand an, dass er grundsätzlich gesund sei, aber wenn er Stress habe, schmerze sein Magen. Der Arzt habe ihm gesagt, er solle Diät halten und Stress vermeiden. Die Drittbeschwerdeführerin sei gesund. Ferner brachte er zu seiner Identität, seinen Familienangehörigen, seinen Wohnorten und zu seinem Leben im Iran im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass er verheiratet und Vater einer Tochter (= Drittbeschwerdeführerin) sei. Mit seiner Ex-Frau habe er einen 16jährigen Sohn. Dieser lebe im Iran bei seiner Mutter. Er habe glaublich 1380 (= 2001) zum ersten Mal geheiratet und sich 1389 (= 2010) scheiden lassen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe er im Jahr 1390 (= 2011) geheiratet. Der Erstbeschwerdeführer sei iranischer Staatsangehöriger, gehöre der Volkgruppe der Fars (= Perser) an und sei Christ. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er im Iran keine Probleme gehabt. Im Heimatland würden noch seine Eltern, zwei Schwestern und sein Sohn leben. Der Erstbeschwerdeführer habe zuletzt in römisch 40 in der Provinz römisch 40 gemeinsam mit der Zweitbeschwerdeführerin in einer Mietwohnung gewohnt. Seine Verwandten, zu denen der Erstbeschwerdeführer regelmäßigen Kontakt habe, würden auch in römisch 40 leben. Diesen Angehörigen gehe es gut. Der Vater des Erstbeschwerdeführers sei Pensionist, seine Mutter sei Hausfrau und die Ehegatten seiner Schwestern würden arbeiten. Im Iran habe er zwölf Klassen die Schule besucht und abgeschlossen. Danach habe er vier Jahre die Universität besucht und orientalisches Design studiert. Während der Woche habe er bei einer Firma, die Metallstäbe importiert habe, gearbeitet. So habe er seinen Lebensunterhalt bestritten und seine wirtschaftliche Situation sei etwas besser als durchschnittlich gewesen. Im Iran sei es nicht einfach mit Kunst Geld zu verdienen und daher habe der Erstbeschwerdeführer nicht im Bereich orientalisches Design gearbeitet. An den Wochenenden habe er in einer privaten Einrichtung Kinder in „orientalische Instrumente“ unterrichtet. Den Iran habe er im 7. Monat 1394 (= Oktober 2015) verlassen und sei mit der Zweitbeschwerdeführerin über die Türkei schlepperunterstützt nach Griechenland gelangt. Von dort aus seien sei über Nordmazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien nach Österreich gelangt.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab in ihrer Befragung vor dem Bundesverwaltungsgericht zu ihrem Gesundheitszustand an, dass sie gesund und nicht schwanger sei. Sie sei nicht in ärztlicher Behandlung. Die Drittbeschwerdeführerin sei ebenfalls gesund. Ferner brachte sie zu ihrer Identität, ihren Familienangehörigen, ihren Wohnorten und zu ihrem Leben im Iran im Wesentlichen und zusammengefasst vor, dass sie verheiratet und Mutter einer Tochter (= Drittbeschwerdeführerin) sei. Die Zweitbeschwerdeführerin sei iranische Staatsangehörige. Im Iran sei sie Moslem gewesen, aber jetzt sei sie Christ und gehöre zur Volksgruppe der Gilag. Wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit habe sie im Iran keine Probleme gehabt. Ihre Eltern seien bereits verstorben. Ihr Vater sei durch einen Unfall ums Leben gekommen als sie noch ein Kleinkind gewesen sei und ihre Mutter sei vor ca. 15 Jahren verstorben. Die Zweitbeschwerdeführerin habe vier Brüder und zwei Schwestern. Ihre Geschwister würden alle in römisch 40 leben; nur eine Schwester sei in Isfahan aufhältig. Die Zweitbeschwerdeführerin habe seit ihrer Geburt auch immer in der Stadt römisch 40 gelebt. Zuletzt habe sie mit dem Erstbeschwerdeführer in römisch 40 an einer gemeinsamen Adresse gewohnt. Ihre Schwiegereltern (= Eltern des Erstbeschwerdeführers) würden in der Nähe leben. Zu ihren Geschwistern habe sie regelmäßigen telefonischen Kontakt. Ihnen gehe es gut. Zwei ihrer Brüder hätten ein Geschäft und zwei weitere würden als Lieferanten arbeiten. Ihre Schwestern seien Hausfrauen. Im Iran sei die Zweitbeschwerdeführerin zwölf Jahre zu Schule gegangen und habe danach als Verkäuferin sowohl in einem Lebensmittel- als auch in einem Kleidergeschäft gearbeitet. So habe sie auch ihren Lebensunterhalt verdient. Die Zweitbeschwerdeführerin sei nicht musikalisch wie der Erstbeschwerdeführer. Ihre wirtschaftliche Situation im Iran sei gut gewesen, nämlich etwas besser als der Durchschnitt. Zu ihrer Ausreise befragt bestätigte die Zweitbeschwerdeführerin die diesbezüglichen Angaben des Erstbeschwerdeführers.

Am Ende der Verhandlung wurde mit der Vertreterin der Beschwerdeführer vereinbart, dass die beantragte Zeugin zum nächsten Termin stellig gemacht wird. Eine Ladung wird nicht erfolgen. Ferner wurde auf die alternative Möglichkeit der schriftlichen Stellungnahme der Zeugin (im Sinne einer „schriftlichen Zeugenaussage“) hingewiesen.

7.2. Am 03.05.2022 – sohin unmittelbar vor dem nächsten Verhandlungstermin am 04.05.2022, der bereits in der Verhandlung vom 23.03.2022 bekanntgegeben und mit Ladung vom 24.03.2022 bestätigt wurde – langte eine im Wege der Vertretung der Beschwerdeführer eingebrachte Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein, der im Wesentlichen bzw. verfahrensrelevant zu entnehmen ist, dass die Beschwerdeführer getauft seien und regelmäßig die Gottesdienste der katholischen Kirche besuchen würden. Der Erstbeschwerdeführer sei bei diversen Veranstaltungen als Musiker tätig. Im aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation werde das Vorliegen einer Verfolgungsgefahr aufgrund des Glaubenswechsels vom islamischen zum christlichen Glauben bestätigt und ausgeführt, dass Konversion als eine Angelegenheit der nationalen Sicherheit und als politische Aktivität angesehen werde. Die Beschwerdeführer seien nicht gewillt zum islamischen Glauben zurückzukehren. Sie seien davon überzeugt, dass es ihre Aufgabe als gläubige Christen sei, ihre Religion nicht zu verleugnen. Ferner würden die Beschwerdeführer über ein über elementare Grundkenntnisse hinausgehendes theologisches Wissen verfügen, was ein starkes Indiz für den erfolgten Religionswechsel aus innerer Überzeugung sei. Dass sich die Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung dem Christentum zugewandt hätten, sich in der Gemeinde engagieren sowie die Gottesdienste besuchen würden und bereits ein fester Bestandteil der Kirchengemeinde geworden seien, könne auch die Pastoralassistentin Mag. römisch 40 bestätigen. Diese sei Pastoralassistentin der römisch 40 , habe die Beschwerdeführer zu Beginn des Taufkurses im Mai 2017 kennengelernt und begleite sie nach wie vor auf ihrem Glaubensweg.

Ferner wurde vorgebracht, dass sich die Beschwerdeführer bereits seit ca. sieben Jahren in Österreich befänden. Einer Aufenthaltsdauer von mehr als fünf Jahren komme eine maßgebliche Bedeutung für die Interessensabwägung zu. Die Beschwerdeführer hätten während ihres Aufenthalts Deutschkurse absolviert und sich in ihrer Gemeinde engagiert. Der Erstbeschwerdeführer sei berufstätig, engagiere sich als Musiker bei verschiedenen Events und als Helfer bei Männertreffen. Die Zweitbeschwerdeführerin bereite sich auf den Pflichtschulabschluss vor, sei fester Bestandteil der Kirchengemeinde und nehme an der Gruppenaktivität „Entspannungsübungen“ teil. Die Drittbeschwerdeführerin besuche den Kindergarten. Daher sei eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig.

Einem beiliegenden Schreiben der Pastoralassistentin der römisch 40 , Mag. römisch 40 , vom römisch 40 .04.2022 ist zu entnehmen, dass diese aus beruflichen Gründen bei der Verhandlung am 04.05.2022 nicht als Zeugin aussagen könne. Sie kenne den Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin seit Beginn ihres Taufkurses im Mai 2017. Seither seien sie gemeinsam auf dem Glaubensweg. Der Erstbeschwerdeführer sei ein begnadeter Musiker. Nach seiner Taufe im April 2018 sei er bei der Langen Nacht der Kirchen mit christlichen Stücken – auch mit einem selbst komponierten Lied – in der römisch 40 dabei. Im Jahr 2019 sei er im Rahmen der Langen Nacht der Kirchen für die Initiative Christlicher Orient tätig gewesen. Von 2018 bis 2021 habe der Erstbeschwerdeführer die Pfarre bei liturgischen Feiern im Rahmen des Katechumenats unterstützt. Die Drittbeschwerdeführerin sei in der römisch 40 getauft worden. Beim Sonntagsgottesdienst seien die Beschwerdeführer oft die einzige Familie mit einem Kleinkind in der Kirche. Auch durch das anschließende Pfarrcafé seien die Beschwerdeführer den Pfarrmitgliedern bekannt. Einmal habe sie gemeinsam mit dem Erstbeschwerdeführer eine Andacht für den Pfarrgemeinderat in der römisch 40 gestaltet. Die Beschwerdeführer würden auch die Gottesdienste in der römisch 40 besuchen, wo der Erstbeschwerdeführer bei einer von ihr geleiteten Wortgottesdienstfeier mitgewirkt habe. Auch seien die Beschwerdeführer bei diversen Gottesdiensten in ihrer Heimatpfarre römisch 40 zugegen. Dort gebe es auch Familiengottesdienste, wo die Drittbeschwerdeführerin aktiv als Kind mitwirken könne. Der Erstbeschwerdeführer sei über die Pfarrebene hinaus in der römisch 40 bekannt. Sie sei dankbar, mit dem Erstbeschwerdeführer einen so talentierten Musiker an ihrer Seite zu haben.

Diesem Schriftsatz waren darüber hinaus nachstehende Unterlagen beigelegt:

●             Arbeitsvertrag zwischen der Firma „ römisch 40 “ und dem Erstbeschwerdeführer vom römisch 40 .03.2022 betreffend die Tätigkeit als Transportunternehmer bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht;

●             Bestätigung über die Übernahme ehrenamtlicher Tätigkeiten in einem interkulturellen Verein hauptsächlich als Musiker für den Erstbeschwerdeführer vom römisch 40 .09.2021;

●             Teilnahmebestätigung an der Gruppenaktivität „Entspannungsübungen“ für die Zweitbeschwerdeführerin vom römisch 40 .03.2022;

●             Bestätigung der ehrenamtlichen Mitarbeit des Erstbeschwerdeführers als Musiker bei einem Flüchtlingshilfeverein (undatiert) und

●             Empfehlungsschreiben betreffend Musikprojekte mit dem Erstbeschwerdeführer (undatiert)

7.3. Am 04.05.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht die Fortsetzung der öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Farsi statt, an der der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin mit ihrer Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat sich mit Schreiben vom 22.04.2022 für diesen Verhandlungstermin entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Erstbeschwerdeführer brachte in seiner Befragung zu den Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass er in einer Hauskirche gewesen und auf dem Rückweg von Zivilpolizisten angehalten worden sei. Sie hätten sein Auto durchsucht und darin Rotwein, die Instrumententasche mit Instrument und Lieder über Jesus Christus gefunden. Davor sei der Erstbeschwerdeführer schon einmal wegen des Musizierens angehalten worden und habe versprochen, dass er dies nicht mehr machen werde. Bei der nunmehrigen Anhaltung sei ihm gesagt worden, er solle am nächsten Tag zur Polizeistation kommen. Dies habe er jedoch nicht getan. Er sei nach Hause gegangen und habe mit der Zweitbeschwerdeführerin beschlossen, dass sie für einige Tage die Stadt verlassen würden. Sie seien in das Dorf römisch 40 gegangen und dort zwei bis drei Tage geblieben. Dann habe der Erstbeschwerdeführer seinen Cousin kontaktiert, der ihm jemanden vorgestellt habe, der ihn aus dem Iran rausbringen könne. Dann hätten der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin den Iran verlassen. Auf Vorhalt, der Erstbeschwerdeführer habe vor dem Bundesamt die Frage, ob er jemals private Hauskirchen besucht habe, verneint, gab er an, es sei wie eine Hauskirche in einem Garten gewesen. Sie hätten sich an verschiedenen Orten versammelt und über Jesus Christus gesprochen, die Bibel gelesen und Lieder gesungen. Es sei keine Hauskirche gewesen, aber sie hätten das gemacht, was man auch in einer Hauskirche mache. Als er danach von der Polizei angehalten worden sei, habe er sich in einem Garten außerhalb der Stadt getroffen. Ein Freund habe diese Treffen organisiert und den Treffpunkt genannt. Es seien Gärten, die man für ein paar Tage mieten könne. Auf Vorhalt, vor dem Bundesamt habe der Erstbeschwerdeführer gesagt, er habe sich an den Mann seiner Cousine gewandt, gab er an, der Mann der Cousine werde als Cousin bezeichnet. Als er von der Polizei angehalten worden sei, habe der Erstbeschwerdeführer sein Instrument und Rotwein im Fahrzeug gehabt. In der Instrumententasche sei auch ein Lied gewesen, das der Erstbeschwerdeführer über Jesus Christus geschrieben habe. Auf Vorhalt, vor dem Bundesamt habe er auch eine farsisprachige Bibel erwähnt, entgegnete der Erstbeschwerdeführer, es sei eine kleine Bibel dabei gewesen, aber keine komplette Bibel, sondern nur ein Teil davon. Er sei am Nachmittag, ca. vier Tage vor der Ausreise aus dem Iran, von der Polizei kontrolliert worden. Auf die Frage, wieso er angehalten worden sei, gab der Erstbeschwerdeführer an, weil sich in seinem Fahrzeug Rotwein und ein Instrument befunden hätten, was verboten sei. Auf Nachfrage brachte er vor, dass Menschen, die von abgelegenen Orten in die Stadt fahren würden, öfter angehalten und ein Alkoholtest durchgeführt werde, weil die meisten von einem Ausflug zurückkämen und etwas getrunken hätten. „Sie“ würden davon ausgehen, wenn man einen Ausflug mache, dass man musiziere und tanze. Das sei alles haram. Den Wein habe der Erstbeschwerdeführer privat gekauft; manche würden Alkohol zu Hause herstellen. Als Musiklehrer habe er im Iran traditionelle Musik unterrichtet und gespielt. Das sei im Gegensatz zu Pop und Klassik erlaubt. Die Bibel bzw. jenen Teil, den man bei ihm gefunden habe, habe der Erstbeschwerdeführer vom Mann seiner Cousine erhalten. Er habe in Teheran die Hauskirche besucht und von dort habe er die Bibel bekommen. Nach der Polizeikontrolle seien „sie“ bei seiner Mutter gewesen und hätten nach ihm gefragt. Als sie den Iran verlassen hätten, habe der Erstbeschwerdeführer mit seiner Mutter telefoniert und da habe sie ihm dies erzählt. Auf Vorhalt, vor dem Bundesamt habe er angegeben, er habe seine Mutter angerufen, die ihm von den Polizisten erzählt habe und habe erst danach den Mann seiner Cousine kontaktiert, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er in einer Situation gewesen sei, in der er die Zeit nicht richtig einschätzen habe können. Er sei gestresst gewesen und habe große Angst gehabt. Auf Vorhalt, dass er wohl trotzdem wissen müsse, ob er ausgereist sei, weil er dies von seiner Mutter gehört habe oder, ob er ohne diese Information ausgereist sei, entgegnete der Erstbeschwerdeführer wörtlich: „Ich wusste damals, was mich erwartet, ich hatte zuvor schon eine Mahnung.“ Auf nochmaligen Vorhalt führte er nunmehr aus, dass er nicht genau wisse, was davor oder danach gewesen sei. Aber er habe gewusst, dass sie nach ihm suchen würden. Er habe eine Mahnung gehabt und unterschrieben, dass er nichts mit Alkohol und Instrumenten zu tun haben werde. Befragt nach der „Mahnung“ gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er sich damals mit anderen im Wald versammelt und musiziert habe. Sie hätten auch Alkohol getrunken und seien kontrolliert worden. Dann hätten sie unterschreiben müssen, dass dies nicht mehr vorkomme. Auf die Frage, ob der Erstbeschwerdeführer abgesehen von den beiden erzählten Vorfällen weitere Probleme im Iran gehabt habe, antwortete er, dass die Regierung eine islamische Regierung sei. Ihm hätten die Vorschriften nicht gefallen, aber er habe sie erdulden müssen. Auf Vorhalt, er habe vor dem Bundesamt angegeben, dass er eine Nacht inhaftiert gewesen sei, was er nunmehr nicht vorgebracht habe, entgegnete der Erstbeschwerdeführer, das sei ja wegen diesem Vorfall gewesen. Auf weiteren Vorhalt, man müsse sich doch merken, wenn man eine Nacht inhaftiert gewesen sei, gab er an, wenn man von der Polizei erwischt werde, werde man zur Polizeistation gebracht und dort würden sie alles regeln. Wenn im Iran junge Menschen musizieren würden, seien sie kontrolliert, zur Polizeistation gebracht und eine Nacht inhaftiert worden. Damit würden „sie“ Angst machen wollen. Es sei keine richtige Zelle, sondern man bleibe für ein paar Stunden, eine Nacht, in einem Raum und dann werde man freigelassen. Auf Nachfrage nach Details zur Inhaftierung gab der Erstbeschwerdeführer an, er könne sich nicht genau erinnern. Es sei schon lange her. Sie hätten sich oft am Nachmittag getroffen und musiziert. Es sei kein Einzelfall gewesen; sie seien oft hingegangen, aber nur einmal erwischt worden.

Zu seiner Hinwendung zum Christentum gab der Erstbeschwerdeführer an, dass ihn der Mann seiner Cousine namens römisch 40 missioniert habe. Sie seien gute Freunde gewesen und römisch 40 habe gesehen, dass der Erstbeschwerdeführer die Vorschriften nicht möge und von Gott verärgert gewesen sei. Er habe sich gefragt, warum Gott so streng sei und habe seinen Glauben verloren. römisch 40 habe ihm gesagt, dass der Gott, den er kenne, nicht der wahre Gott sei. In seinem alten Glauben habe es nur Verbote gegeben, hingegen spreche man im Christentum nur von der Liebe. Der Erstbeschwerdeführer habe mit einem Gott leben wollen, aber bei dem Gott, den er bisher gekannt habe, habe er sich immer belogen und betrogen gefühlt. Der neue Gott habe ihm Hoffnung gegeben und sein Interesse sei immer größer geworden. Im Jahr 1392 (= 2013) habe der Erstbeschwerdeführer an römisch 40 Fragen gestellt. Sie seien in ständigem telefonischen Kontakt gewesen und hätten sich alle eineinhalb bis zwei Monate getroffen. römisch 40 habe einen Platz gemietet und dann gesagt, wo sie sich treffen würden. Dort hätten sie über die Bibel gesprochen, sich Fragen gestellt und musiziert. Als er nach Österreich gekommen sei, habe er in der Asylunterkunft in römisch 40 die „ römisch 40 “ besucht. Dort sei er ein Jahr lang sonntags hingegangen und sei dort im römisch 40 gewesen, der aus ca. 60 Leuten bestanden habe. Sie hätten Latein und Deutsch gesungen. Nach einem Jahr habe ihn die Kirche Frau römisch 40 [Anm.: gemeint: Mag. römisch 40 ] vorgestellt, die die Taufvorbereitungskurse zusammen mit einer Dolmetscherin auf Farsi gehalten habe. Dort hätten sie die Bibel gelesen, seien über die Vorschriften der Kirche und über den Glauben des Jesus Christus unterrichtet worden. Am römisch 40 .04.2018 sei er getauft worden. Für den römisch-katholischen Zweig habe er sich entschieden, weil die katholische Kirche umfangreicher sei. Sie ehre auch Maria und es gebe auch noch andere Bücher als die Bibel, die wichtig seien. Man habe auch auf die Worte der Vorfahren geachtet; damit meine er die Menschen, die zwar nicht die Bibel, sondern die anderen wichtigen Bücher geschrieben hätten. Er sei in den Apostelbriefen unterrichtet worden. Damit hätten „sie“ andere Menschen missioniert und in andere Städte geschickt. Über die Apostel wisse er nur so viel. Der Taufvorbereitungskurs hätte ein Jahr gedauert, aber die Beschwerdeführer seien schon drei bis vier Monate vorher getauft worden, weil der Erstbeschwerdeführer schon ein Jahr in der Kirche in römisch 40 aktiv gewesen sei und eine Bestätigung habe, die ihm angerechnet worden sei. Sein Taufname sei Martin . Martin ähnle seinem Vornamen römisch 40 . Er habe auf Youtube einen Animationsfilm über Martin gesehen. Er sei ein wohlhabender Mann gewesen, der beschlossen habe, sein Eigentum unter den Menschen aufzuteilen. Das habe der Erstbeschwerdeführer gewusst und daher habe er sich dazu entschlossen, seinen Namen zu übernehmen. Der Erstbeschwerdeführer habe auch einen Taufpaten; das sei ein spanischer Mann namens römisch 40 . Er habe gesehen, dass die Beschwerdeführer Ausländer seien und sei gekommen, um mit ihnen zu sprechen. So seien sie Freunde geworden und er habe gemeint, er könne sein Taufpate sein. Den kompletten Namen von römisch 40 wisse der Erstbeschwerdeführer nicht. Er sei auch manchmal in die „ römisch 40 “ gegangen, wo man im Garten einen Kaffee trinken könne. Dort habe er auch römisch 40 kennengelernt. Derzeit sei der Erstbeschwerdeführer in der römisch 40 , in römisch 40 und in der römisch 40 aktiv. Wenn es Veranstaltungen gebe, sei er für das Musizieren zuständig. Beim katholischen Gottesdienst würden zuerst alle Leute begrüßt, danach werde die Bibel gelesen und darüber gesprochen. Anschließend singe man Lieder und es finde die Eucharistie statt. Dabei bekomme man Brot und Wein als Erinnerung, dass Jesus Christus wegen unserer Sünden gekreuzigt worden sei. Zu Ostern sei der Erstbeschwerdeführer in der römisch 40 gewesen, wo es eine Chorgruppe gegeben habe. Man habe darüber gesprochen, dass Jesus Christus nicht gestorben sei und es habe auch Programme für Kinder gegeben. An einem solchen Kinderprogramm habe der Erstbeschwerdeführer gemeinsam mit der Drittbeschwerdeführerin teilgenommen. Dann habe im Hauptsaal die Eucharistie stattgefunden; sie hätten Brot und Wein bekommen und danach musiziert. Auferstehungsmesse bedeute, dass Jesus Christus gestorben und am dritten Tage auferstanden sei. Er sei in den Himmel gefahren, was heiße, dass er noch lebe. Die Möglichkeit der katholischen Beichte habe der Erstbeschwerdeführer bis jetzt noch nicht genutzt. Wenn er Messen musikalisch vorbereite, musiziere er hauptsächlich zu persischen Gedichten oder Liedern. Das mache er auf traditionelle Art; dazu würden auch Lieder gehören, die er selbst geschrieben habe. Die meisten Gedichte und Lieder seien klassisch westlich, aber der Erstbeschwerdeführer ändere sie und spiele orientalische Musik dazu. Ein Lied heiße „Er kommt“. Dieses Lied habe der Erstbeschwerdeführer geändert und orientalische Musik dazu gespielt und gesungen. Er lese auch in der Bibel. Zuletzt habe er über die Römer gelesen. Ministranten der Kirche könnten den Gottesdienst veranstalten, was auch in den Sakramenten stehe. Sie würden bestätigt werden und man müsse sie respektieren. Es gebe sieben Sakramente in der katholischen Kirchen und zwar Taufe, Firmung, Buße, Dankbarkeit, Krankensalbung und Ehe. Der Erstbeschwerdeführer gehe jeden Sonntag in die Kirche und der Inhalt der Predigt habe sich um Petrus gehandelt.

Die Drittbeschwerdeführerin sei auch getauft. Sie sei in Österreich geboren und habe keine eigenen Fluchtgründe.

Auf die Frage seiner Vertreterin gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er sich verändert habe, seit er sich zum Christentum bekannt habe. Die Bergpredigt habe ihm Hoffnung gegeben und er habe Vieles verstanden. Deren Auswirkung auf sein Leben sei, dass er nunmehr glücklich sei, wenn er etwas erfahre, was er zuvor nicht gewusst habe, da Jesus Christus gesagt habe, ihnen werde der Himmel gehören. Wenn der Erstbeschwerdeführer etwas Gutes tue und etwas Schlechtes bekomme, werde er nicht traurig, denn Jesus Christus habe gesagt, das Königreich werde ihnen gehören. Wenn er Probleme habe, sei er auf der Suche nach einer friedlichen Lösung, da Jesus Christus gesagt habe, dass all jene, die friedlich leben würden, Kinder Gottes seien. Im Zeitpunkt seiner Taufe habe er keine Angst mehr vor Gott gehabt, da sich die Angst in Liebe verwandelt habe. Mit der Taufe würden die Sünden vergeben werden; man sterbe mit Jesus Christus und stehe wieder auf.

Die Zweitbeschwerdeführerin gab in ihrer Befragung zu den Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass sie den Iran verlassen hätten, weil dem Erstbeschwerdeführer ein Vorfall passiert sei. Sie selbst sei bei dem Vorfall nicht dabei gewesen. Der Erstbeschwerdeführer sei nach Hause gekommen und habe ihr erzählt, dass er von der Polizei angehalten und sein Auto kontrolliert worden sei. Sie hätten Sachen in seinem Auto gefunden und er hätte am nächsten Morgen zur Polizeistation gemusst. Er sei jedoch nicht gegangen, da man die Sachen in seinem Auto gefunden habe. Das seien eine Gitarre, Alkohol und religiöse Schriftstücke gewesen. Sie habe Angst bekommen und dem Erstbeschwerdeführer zugestimmt, dass sie nicht hierbleiben könnten. Sie seien in ein anderes Dorf gegangen und nach drei Tagen hätten sie das Land verlassen. Über das Telefonat zwischen dem Erstbeschwerdeführer und seiner Mutter wisse sie nichts. Auf Vorhalt, vor dem Bundesamt habe sie ausgesagt, sie habe mit dem Erstbeschwerdeführer im Iran Kurse über das Christentum besucht, gab sie an, sie meine damit „das Treffen miteinander“. Auf Nachfrage brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, sie habe im Sommer 1392 (= 2013) Herrn römisch 40 kennen gelernt. Sie habe zweimal an Treffen teilgenommen und hätten diese alle ein bis zwei Monate stattgefunden. Sie selbst habe keine Probleme mit den iranischen Behörden gehabt.

Zu ihrer Hinwendung zum Christentum brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass sie in Österreich ein Jahr lang in die Kirche gegangen sei und das Christentum immer besser kennen gelernt habe. Ihr Glaube sei immer stärker geworden. Dann habe sie sieben Monate lang einen Taufvorbereitungskurs besucht. Sie hätten über den Glauben gelernt, über die Gebete und über die Taufe. In Österreich habe sie sich entschlossen Christin zu werden. Als sie die Kirche besucht habe, habe ihr die Atmosphäre sehr gut gefallen und sie habe sich wohlgefühlt. Sie habe sich in Österreich einsam gefühlt und habe dann zu Gott gebetet, dass ihr gute Menschen begegnen sollten. Auf die Frage nach den verschiedenen christlichen Zweigen gab die Zweitbeschwerdeführerin an, es gebe orthodox und protestantisch. Die Kirche, die sie besucht hätten, sei eine katholische Kirche gewesen und daher hätten sie sich für den katholischen Zweig entschieden. Wie die Pfarre bzw. Kirche geheißen habe, wisse sie nicht mehr. Die wesentlichen Unterschiede zwischen dem katholischen und anderen christlichen Zweige seien, dass in der katholischen Kirche der Pfarrer nicht heiraten dürfe und man auch zur Heiligen Maria bete. In der katholischen Kirche würden Kinder getauft, in der protestantischen nicht. In der katholischen Kirche würden auch andere Bücher als die Bibel gelesen und dort würden auch alle Sakramente wahrgenommen werden. Hingegen gebe es in der protestantischen Kirche nur Vater, Gott, den Heiligen Geist und die Eucharistie. Auf die Frage nach weiblichen Priesterinnen in der katholischen Kirche gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass Frau römisch 40 Vorträge halte. Die Zweitbeschwerdeführerin wisse jedoch nicht, ob sie eine Priesterin sei. Sie organisiere Vieles. Sie würden drei verschiedene Kirchen besuchen, da der Erstbeschwerdeführer in allen drei Kirchen musiziere und die Zweitbeschwerdeführerin ihn begleite. Die Messe besuche sie jeden Sonntag. In ihrem Alltag sage sie öfter ein Gebet auf, das heiße „Gott bleibt immer bei uns“. Sie lese in der Bibel, aber mehr über Telegramm. Was sie lese sei unterschiedlich; sie lese manchmal fünfmal am Tag in Telegramm und manchmal gar nicht. Zuletzt habe sie über die Beziehung zwischen den Menschen und Gott gelesen. Einmal hätten sie kein Geld gehabt, um Essen zu kaufen. Dann habe sie zu Gott gebetet und von der Kirche sei Essen geschickt worden. Solche Sachen seien öfter passiert und das sei der Grund gewesen, dass sie von Tag zu Tag mehr an Jesus Christus geglaubt habe. Ihre Familie im Iran sei strenggläubig und wisse daher nichts von ihrer Taufe. Auf die Frage nach ihren Aktivitäten in der Kirche gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass es Kurse gebe und auch Gemeinschaftstreffen, wo man bete. Auch nehme sie immer noch an Taufvorbereitungskursen teil. Als sie schwanger geworden sei, habe sie die größte Änderung seit sie Christin sei verspürt. Sie habe gesehen, dass Gott alle gleich viel liebe. Gott kümmere sich um alle; er sei immer wach. Zu Ostern seien sie in der Kirche in römisch 40 gewesen. Dort habe der Pfarrer über die Auferstehung von Jesus Christus gesprochen. Es habe auch Programme für Kinder gegeben. Dann habe die Eucharistie stattgefunden und sie hätten Brot und Wein gegessen. Dann seien sie verabschiedet worden. Zu Ostern werde die Auferstehung von Jesus Christus gefeiert. Er sei vom Kreuz auferstanden und von der Welt der Toten in die Welt der Lebenden wieder auferstanden. Jesus Christus habe sich geopfert, damit die Sünden vergeben würden. Jesus Christus habe immer gesagt, dass ihn Gott geschickt habe. An den Namen des Pfarrers, der sie getauft habe, könne sie sich nicht erinnern; er habe einen komplizierten Namen gehabt. Ihr Taufname sei römisch 40 . Unter den Namen, die zur Auswahl gestanden seien, habe sie diesen am schönsten gefunden. Sie sei auch gefirmt worden; dies bedeute Neugeburt bzw. Wiedergeburt. Bei einer katholischen Messe finde eine Begrüßung statt, dann würden alle gemeinsam beten, dann finde die Eucharistie statt, man bekomme Brot und Wein und dann verabschiede man sich.

Die Drittbeschwerdeführerin sei auch getauft, weil es in einer katholischen Familie üblich sei, dass Kinder getauft werden würden. Sie habe auch keine eigenen Fluchtgründe und sei in Österreich geboren.

Auf diesbezügliche Frage ihrer Vertreterin gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie mit ihren Bekannten über ihren Glauben spreche und sie gemeinsam beten würden. Jesus Christus sei von Judas verraten worden. Wichtig am Christentum sei für sie, dass es ein friedlicher Weg zu Gott sei.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

1.1.1. Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind ein Ehepaar und die Eltern der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Alle drei Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Iran. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin stammen beide aus der Stadt römisch 40 in der iranischen Provinz römisch 40 , wo sie nach ihrer Eheschließung am römisch 40 .10.2012 in einer gemeinsamen Wohnung lebten. Aus einer im Jahr 2010 geschiedenen ersten Ehe des Erstbeschwerdeführers stammt ein ca. 16jähriger Sohn, der bei seiner Mutter – der Ex-Frau des Erstbeschwerdeführers – im Iran lebt. Abgesehen von seinem minderjährigen Sohn aus erster Ehe leben im Iran noch die Eltern und zwei Schwestern des Erstbeschwerdeführers. Zu den genannten Angehörigen hat der Erstbeschwerdeführer regelmäßigen Kontakt. Die Eltern der Zweitbeschwerdeführerin sind bereits verstorben. Im Iran leben noch ihre sechs Geschwister (vier Brüder und zwei Schwestern), zu denen die Zweitbeschwerdeführerin regelmäßigen telefonischen Kontakt hat. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin verließen gemeinsam im Oktober 2015 den Iran und reisten über die Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien, Kroatien und Slowenien unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 31.10.2015 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am römisch 40 wurde die Drittbeschwerdeführerin als Tochter des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in Österreich geboren und stellte am 17.09.2018 im Wege ihrer gesetzlichen Vertreterin (Zweitbeschwerdeführerin) ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass der Erstbeschwerdeführer auf dem Rückweg von einer Hauskirche von Zivilpolizisten angehalten und bei der Durchsuchung seines Fahrzeugs „verbotene Gegenstände“ wie Wein und christliche Liedtexte gefunden wurden. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der Erstbeschwerdeführer inhaftiert wurde bzw. er von den iranischen Behörden gesucht wird bzw. ihm Verfolgung von Seiten des iranischen Staates aufgrund seines Interesses am Christentum droht. Festgestellt wird, dass der Erstbeschwerdeführer aufgrund seiner musikalischen Tätigkeiten keine Verfolgung von den staatlichen iranischen Behörden zu befürchten hat. Der Erstbeschwerdeführer hat mit seinem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Betreffend die Zweitbeschwerdeführerin und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wurden keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht. Die Zweitbeschwerdeführerin pflegt in Österreich einen progressiven Kleidungsstil und trägt kein Kopftuch. Festgestellt wird, dass sie während ihres Aufenthalts in Österreich keine Lebensweise oder Werthaltung verinnerlicht hat, die ein Leben im Herkunftsstaat im Sinne einer Verfolgung, Gefahr oder Bedrohung unmöglich machen würde.

Festgestellt wird, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin am römisch 40 .04.2018 in der römisch 40 nach römisch-katholischem Ritus getauft und gefirmt wurden. Auch die Drittbeschwerdeführerin wurde nach römisch-katholischem Ritus getauft. Der Erstbeschwerdeführer, bei dem es sich um einen sehr talentierten Musiker handelt, ist in der römisch 40 , in römisch 40 und in der römisch 40 als Musiker aktiv. Bei Veranstaltungen ist er für das Musizieren zuständig und schreibt bzw. vertont auch eigene Lieder. Ferner bereitet der Erstbeschwerdeführer auch Messen musikalisch vor und zwar musiziert er zu persischen Gedichten oder Liedern auf traditionelle Art und ändert auch klassisch westliche Lieder, indem er orientalische Musik dazu spielt. Auch die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerinnen besuchen die katholischen Messen und nehmen am Pfarrcafé teil. Nicht festgestellt wird, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert sind. Bei der behaupteten Konversion der Beschwerdeführer handelt es sich um eine Scheinkonversion.

Nicht festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer im Fall einer Rückkehr in den Iran aus Gründen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wären. Ebenso wenig wird festgestellt, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran aus sonstigen, in ihrer Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wären. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen, und zwar weder aufgrund des Vorbringens der Beschwerdeführer noch aus amtswegiger Wahrnehmung. Ebenso wenig wird festgestellt, dass die minderjährige Drittbeschwerdeführerin im Fall einer Rückkehr in den Iran aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründen einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt ist.

1.1.3. Der Erstbeschwerdeführer ist im Wesentlichen gesund. Lediglich in Stresssituationen leidet er unter Magenschmerzen. Da die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerinnen ebenfalls gesund sind, wird festgestellt, dass alle drei Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leiden, die einer Abschiebung in den Iran aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht. Ferner gehören die drei Beschwerdeführer keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 an. Die COVID-19 Pandemie stellt für die Beschwerdeführer kein „real risk“ im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat dar.

Die Beschwerdeführer verfügen über eine gesicherte Existenzgrundlage im Iran. Der Erstbeschwerdeführer hat im Iran zwölf Klassen die Schule besucht und abgeschlossen. Danach studierte er vier Jahre lang an der Universität orientalisches Design. Seinen Lebensunterhalt bestritt er durch seine Tätigkeit bei einer Firma, die Metallstäbe importiert und darüber hinaus unterrichtete er an den Wochenenden in einer privaten Einrichtung Kinder im Zweig „orientalische Instrumente“. Ebenso besuchte die Zweitbeschwerdeführerin zwölf Jahre die Schule. Danach arbeitete sie als Verkäuferin in einem Lebensmittel- und in einem Kleidergeschäft, wodurch sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Sowohl den Angehörigen des Erstbeschwerdeführers als auch den Geschwistern der Zweitbeschwerdeführerin geht es im Iran (auch finanziell) gut. Festgestellt wird sohin, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin über eine zwölfjährige Schulbildung sowie über Berufserfahrung verfügen und der Erstbeschwerdeführer darüber hinaus eine vierjährige universitäre Ausbildung im Studienzweig orientalisches Design erlangt hat. Festgestellt wird, dass sowohl der Erstbeschwerdeführer als auch die Zweitbeschwerdeführerin arbeitsfähig sind sowie, dass sie im Fall ihrer Rückkehr in den Iran ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würden.

Betreffend die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wird festgestellt, dass diese gemeinsam mit ihren Eltern und sohin mit ihren engsten Bezugspersonen in den Iran zurückkehren wird. Da sowohl der Vater als auch die Mutter der minderjährigen Beschwerdeführerin über einen Schulabschluss sowie über Berufserfahrung verfügen, arbeitsfähig sind und darüber hinaus es von Seiten beider Elternteile Angehörige gibt, wird festgestellt, dass eine Abschiebung der minderjährigen Beschwerdeführerin in den Iran nicht dem Kindeswohl widerspricht.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der drei Beschwerdeführer in den Iran eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. In Österreich lebt eine Schwester des Erstbeschwerdeführers mit ihrer Familie als anerkannter Konventionsflüchtling. Mit dieser Schwester leben die Beschwerdeführer weder im gemeinsamen Haushalt noch bestehen wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur. Die Beziehung der Beschwerdeführer zur Schwester des Erstbeschwerdeführers geht über fallweise Besuche „alle paar Monate“ nicht hinaus. Weitere familiäre Anknüpfungspunkte der Beschwerdeführer im Bundesgebiet bestehen nicht.

Der Erstbeschwerdeführer ist seit römisch 40 .03.2022 für die Firma „ römisch 40 “ als Transportunternehmer selbstständig tätig. Im Jahr 2018 arbeitete er ca. drei Monate lang im Ausmaß von zehn Stunden pro Woche für „ römisch 40 “ als Lieferant und war aufgrund einer vom AMS erteilten Beschäftigungsbewilligung ca. sechs Monate als Gartenarbeiter auf Vollzeitbasis tätig. Die Zweitbeschwerdeführerin war in Österreich nie erwerbstätig. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer seit Antragstellung bis 30.04.2022 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezogen haben. Von Mai 2016 bis April 2017 war der Erstbeschwerdeführer als Chorsänger Mitglied eines Chores und nimmt an diversen musikalischen Veranstaltungen ehrenamtlich teil. Ferner hatte er für das Sommersemester 2018 eine Zulassung als außerordentlich Studierender der Kunstuniversität römisch 40 , hat jedoch dieses Studium nicht begonnen. Die Zweitbeschwerdeführerin war zwischen römisch 40 .02.2016 und römisch 40 .06.2016 ehrenamtlich in einer Seniorenbetreuung tätig. Sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin haben das ÖSD-Zertifikat auf der Niveaustufe A2 erlangt. Festgestellt wird, dass sich beide Beschwerdeführer gut in deutscher Sprache verständigen können. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind strafrechtlich unbescholten. Festgestellt wird weiters, dass die Beschwerdeführer seit Antragstellung auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich leben. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Die Beschwerdeführer verfügen in Österreich über einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis.

Die Drittbeschwerdeführerin besucht aktuell einen Kindergarten. Sie verfügt über einen altersadäquaten Freundeskreis und ist in der Lage sich sowohl in Deutsch als auch in Farsi altersgemäß zu verständigen. Festgestellt wird, dass sich die vierjährige Drittbeschwerdeführerin in einem anpassungsfähigen Alter befindet.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der drei Beschwerdeführer in den Iran gemäß Paragraph 46, FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage im Iran:

1.2.1. COVID-19:

Iran ist weiterhin von COVID-19 betroffen (AA 20.12.2021). Die COVID-Lage flachte nach einer dramatischen 5. Welle im August 2021 mit weltweit höchsten Fallzahlen etwas ab (ÖB Teheran 11.2021). Es kann aber immer wieder – insbesondere vor iranischen Feiertagen – vorkommen, dass kurzfristig inneriranische Reisebeschränkungen eingeführt werden. Dann wird Fahrzeugen mit Autokennzeichen aus anderen Provinzen die Einreise in die betroffenen Provinzen nicht gestattet. Fahrzeugen mit Autokennzeichen aus den betroffenen Provinzen dürfen diese nicht verlassen. Diese Beschränkungen werden in der Regel einige Tage vorher über die Medien bekannt gegeben. Aktuell gelten solche Maßnahmen für alle Provinzen der Kategorien 'orange' (u.a. Teheran) und 'rot'. Für den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen sowie dem öffentlichen Personennahverkehr kann ein Ausweispapier verlangt werden. Zusätzlich können Kontrollen und und Messungen der Körpertemperatur an Provinz- und Stadtgrenzen durchgeführt werden. Bei Infektionsverdacht können Quarantänemaßnahmen oder die Einweisung in ein Krankenhaus angeordnet werden. Für Inlandsflugreisen kann ein negativer PCR-Test verlangt werden. Informationen erteilen die jeweiligen Fluggesellschaften. Im Alltag ist derzeit vor allem in 'gelb', 'orange' und 'rot' eingestuften Regionen mit Einschränkungen bei Öffnungszeiten und Serviceangebot zu rechnen. Vollständig Geimpfte und Genesene sind von den Beschränkungen im öffentlichen Leben nicht ausgenommen (AA 20.12.2021).

Das Tragen von Gesichtsmasken an geschlossenen öffentlichen Orten ist verpflichtend. Bei Nichteinhaltung kann eine Geldstrafe verhängt werden. In Iran gelten Maßnahmen und Beschränkungen, darunter die vorübergehende Schließung nicht wesentlicher Geschäfte und religiöser Schreine und die Absage einiger öffentlicher Veranstaltungen. Jede Provinz ist in der Lage, Beschränkungen einzuführen, um auf örtlich begrenzte Infektionsspitzen zu reagieren. Dies kann eine Sperrung und Bewegungseinschränkung beinhalten. Interne Reisebeschränkungen, auch in wichtige Tourismus- und Pilgergebiete, können kurzfristig verhängt werden (GOV.uk o.D.).

Die COVID-19-Pandemie hat die Herausforderungen im Gesundheitssystem noch verschlimmert. Bis zum 1.10.2020 hatte der Gesundheitssektor nur 27 % der aus dem nationalen Entwicklungsfonds bereitgestellten 1,1 Milliarden US-Dollar erhalten. Im Gesundheitswesen Beschäftigte haben monatelang keinen Lohn erhalten, arbeiteten in Sonderschichten und mit begrenztem Schutz. Mit Stand März 2021 sind mehr als 550 Ärzte, Krankenschwestern und andere Pflegekräfte Berichten zufolge an COVID-19 verstorben (HRC 14.5.2021). Die Auswirkungen der Covid 19-Pandemie auf den Gesundheitssektor sind schwer abzuschätzen. Während der schlimmsten Pandemie-Phasen führte Iran regelmäßig die Statistiken an Infizierten und Todesfällen in der Region und teilweise weltweit an. Die tatsächlichen Zahlen dürften etwa dreimal höher gelegen haben. Berichte über Kranke, die mangels Betten aus Spitälern nach Hause geschickt wurden, häuften sich. Kosten für Medikamente auch in Spitalsbehandlung konnten sich nicht alle leisten. Wegen voller Auslastung der Krankenhäuser (am meisten in den großen Städten und Ballungsräumen) wurden Feldspitäler aufgebaut. Seitens der Behörden wurden zwar Maßnahmen erlassen, um das Gesundheitssystem zu entlasten, insbesondere Hygienemaßnahmen und Bewegungseinschränkungen, die jedoch regelmäßig missachtet werden. Ein besonderes Problem stellen religiöse Prediger und Veranstaltungen dar, bei denen viele Männer, ohne Abstand zu halten, zusammenkommen (ÖB Teheran 11.2021).

Einreisebestimmungen unterliegen häufigen Änderungen und einer uneinheitlichen Anwendung (AA 20.12.2021). Personen, die nach Iran auf dem Luftweg einreisen wollen, haben einen negativen molekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2 aus dem Abreisestaat in englischer Sprache mit sich zu führen und vorzuweisen. Das ärztliche Zeugnis darf zum Zeitpunkt des Beginns der Reise nicht älter als 72 Stunden sein. Kann das Gesundheitszeugnis nicht vorgelegt werden, so kann ausländischen Staatsangehörigen die Einreise verwehrt werden. Nach Ankunft ist unter Umständen auf Aufforderung der iranischen Behörden am Flughafen ein weiterer PCR-Test zu machen, dessen Kosten Änderungen unterliegen und zwischen 15 und 50 Euro liegen. Zusätzlich zum Test ist der Nachweis über eine vollständige Impfung vor mindestens 15 Tagen erforderlich. Eine Regelung über die Gültigkeitsdauer des Impfschutzes ist nicht bekannt (BMeiA 20.12.2021). Reisende können bei Einreise zusätzlich zu ihrem gesundheitlichen Befinden und ihrer Reiseroute sowie Aufenthaltsorten in Iran befragt werden. Bei COVID-19-Symptomen können ärztliche Untersuchungen vorgenommen werden. Ein erneuter COVID-19-Test kann immer von den iranischen Behörden angeordnet und durchgeführt werden. Bis zum Vorliegen des Ergebnisses wird für ausländische Staatsangehörige Selbstisolation in einer staatlichen Unterkunft angeordnet. Bei positivem Testergebnis erfolgt eine rigorose Kontrolle der Kontaktpersonen und gegebenenfalls ergehen weitere verpflichtende (Quarantäne-)Anweisungen der iranischen Behörden. Alle entstehenden Kosten sind von den Reisenden zu tragen. Sollte man innerhalb von zwei Wochen nach Einreise Symptome entwickeln, die auf eine Erkrankung an COVID-19 hinweisen könnten, kann ebenfalls ein erneuter Coronatest durchgeführt werden. Die Verfahren können sich kurzfristig ändern. Abweichende Handhabungen sind jederzeit möglich (AA 20.12.2021).

Die iranischen Behörden rufen weiterhin dazu auf, möglichst soziale Kontakte, Reisen und die öffentlichen Verkehrsmittel zu meiden sowie persönliche Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Es gilt eine generelle Maskenpflicht an allen öffentlichen Orten, in geschlossenen Räumlichkeiten sowie im öffentlichen Nahverkehr (AA 20.12.2021). Iran will wegen der neuen Omikron-Variante erneut strenge Corona-Einschränkungen bis hin zum Lockdown einführen. Wegen der Wirtschaftskrise in Iran wollte die Regierung von Präsident Raisi erneute Beschränkungen eigentlich unbedingt vermeiden. Aufgrund der Bestätigung des ersten Omikron-Falls, hat die Regierung nach Meinung von Gesundheitsexperten jedoch keine andere Wahl mehr, als erneut einen Lockdown zu verhängen (Finanzen.at 20.12.2021).

Die Covid-Krise verstärkt die aufgrund der US-Sanktionen ohnehin ökonomisch schwierige Lage. Eine Reihe von UN-Sonderberichterstattern kritisierten die Auswirkungen der Sanktionen auf die Anschaffung von Impfstoffen. Nachdem der Oberste Führer Khamenei den Import von Impfstoffen aus Großbritannien und den USA zunächst verboten hatte, und im Lichte der Probleme mit der Bezahlung von Importen aufgrund der US-Sanktionen (als 'middle in-come country' muss Iran COVAX-Impfstoffe bezahlen) setzte man im Sinne der Doktrin der nationalen Resilienz auf eigene Impfstoff-Entwicklung. Die Massenproduktion stockte jedoch, und auch Offizielle kritisieren den Umgang mit der Pandemie. Organisierte zivilgesellschaftliche Kritik wird unterdrückt (Verhaftung von Rechtsanwälten, die Klage gegen Behörden anstrebten). Mittlerweile hat die Lieferung ausländischer Impfstoffe seit September 2021 deutlich zugenommen, sodass Ende November 2021 mehr als 70 % der Erwachsenen in Iran zumindest erstgeimpft wurden (ÖB Teheran 11.2021) und ca. 60 % doppelt geimpft sind. Auch die dritte Boosterimpfung hat bereits begonnen (Finanzen.at 20.12.2021). Die offizielle Zahl der Todesopfer im Land hat mehr als 120.000 erreicht (BBC News 18.10.2021; vergleiche WHO 2.12.2021), aber die iranischen Behörden geben zu, dass die tatsächliche Zahl viel höher liegt. Viele Iraner führen das Ausmaß der Covid-Todesfälle auf die Entscheidung des Obersten Führers zurück, den Import von in den USA und Großbritannien entwickelten Impfstoffen im vergangenen Winter zu verbieten (BBC News 18.10.2021).

1.2.2. Politische Lage:

Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (AA 14.9.2021b; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Das Staatssystem beruht auf dem Konzept der 'velayat-e faqih', der Stellvertreterschaft des Rechtsgelehrten. Dieses besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage ist, eine legitime Regierung zu führen, bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten wird. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel 'Revolutionsführer' (GIZ 12.2020a; vergleiche BS 2020). Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer, Oberster Rechtsgelehrter, religiöser Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche US DOS 30.3.2021, FH 3.3.2021). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt (AA 14.9.2021a; vergleiche FH 3.3.2021, US DOS 30.3.2021), ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und die höchste Autorität des Landes (FH 3.3.2021). Er steht somit höher als der Präsident. Des Weiteren unterstehen ihm unmittelbar die Revolutionsgarden (Pasdaran bzw. IRGC), die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche FH 3.3.2021, US DOS 30.3.2021). Doch obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z. B. schiitischer Klerus). Die Mitgliedschaften und Allianzen unterliegen dabei einem ständigen Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt (AA 5.2.2021).

Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidiales: An der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (ÖB Teheran 11.2021). Am 18.6.2021 fanden in Iran erneut Präsidentschaftswahlen statt (Tagesschau.de 18.6.2021; vergleiche AA 14.9.2021a). Gewonnen hat die Wahl der konservative Hardliner und vormalige Justizchef Ibrahim Raisi mit mehr als 62 % der Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei unter 50 % und war somit niedriger als jemals zuvor in der Geschichte der Islamischen Republik. In der Hauptstadt Teheran lag die Wahlbeteiligung sogar bei nur 26 %. Zudem wurden mehr als 3,7 Millionen Stimmzettel für ungültig erklärt (Standard.at 19.6.2021; vergleiche DW 19.6.2021). Wie bei jeder Wahl hat der Wächterrat die Kandidaten im Vorhinein ausgesiebt (Tagesschau.de 18.6.2021). Raisi wurde mehr oder weniger von Revolutionsführer Khamenei ins Amt gehievt (Zeitonline 23.6.2021). Raisi ist seit 5.8.2021 Staatspräsident. Am 25.8.2021 hat das Parlament den Vorschlag des neuen Staatspräsidenten für das Kabinett gebilligt, damit hat die neue Regierung ihr Amt angetreten (AA 14.9.2021a.). In Folge der Präsidentschaftswahlen vom Juni 2021 befindet sich die gesamte Befehlskette in konservativer bzw. erzkonservativer Hand (Oberster Führer, Präsident/Regierungschef, Leiter der religiösen Judikative, Regierung, Parlament, Wächterrat, Expertenrat) (ÖB Teheran 11.2021).

Der Präsident ist, nach dem Revolutionsführer, der zweithöchste Beamte im Staat (FH 3.3.2021). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive, zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt, da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 12.2020a). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird das Einkammerparlament, genannt Majles, mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 11.2021). Hauptaufgabe des Parlaments ist die Ausarbeitung neuer Gesetze, die von der Regierung auf den Weg gebracht werden. Es hat aber auch die Möglichkeit, selbst neue Gesetze zu initiieren (GIZ 12.2020a). Bei den Parlamentswahlen vom 21.2.2020 haben (ultra-)konservative Kandidaten knapp 80 % der Sitze im Parlament gewonnen. Die Überprüfung von Kandidatinnen und Kandidaten für Parlamentswahlen durch den Wächterrat garantierte dabei bereits im Vorfeld der Wahlen, dass nur Abgeordnete gewählt werden konnten, die das Regime nicht infrage stellen. Unabhängige Wahlbeobachter wurden nicht zugelassen (AA 5.2.2021). Vor der Abstimmung disqualifizierte der Wächterrat mehr als 9.000 der 16.000 Personen, die sich für eine Kandidatur angemeldet hatten, darunter eine große Anzahl reformistischer und gemäßigter Kandidaten. Die Wahlbeteiligung lag bei 42,6 %, was als die niedrigste Wahlbeteiligung in die Geschichte der Islamischen Republik einging (FH 3.3.2021; vergleiche AA 5.2.2021) mit einem Rekord an ungültigen Stimmen. Es herrscht breite Politikverdrossenheit aufgrund nicht eingelöster Versprechen der vorigen Regierung Rohani zu wirtschaftlichen Reformen, Westöffnung und Korruptionsbekämpfung (ÖB Teheran 11.2021).

Entscheidende Gremien sind des Weiteren der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern, davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte (klerikale) Juristen, die vom Parlament bestätigt werden müssen. Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen. Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt unter anderem auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche GIZ 12.2020a, FH 3.3.2021, BS 2020). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 12.2020a). Des Weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der 'Gesamtinteressen des Systems' zu achten (AA 14.9.2021a; vergleiche GIZ 12.2020a). Er besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Die Interessen des Systems sind unter allen Umständen zu wahren und der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 12.2020a).

Das Parlament, der Expertenrat sowie der Präsident werden in geheimen und direkten Wahlen vom Volk gewählt. Dabei sind Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert (AA 5.2.2021). Das iranische Wahlsystem entspricht aber nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Folglich können iranische Wähler nur aus einem begrenzten und vorsortierten Pool an Kandidaten auswählen (FH 3.3.2021; vergleiche AA 5.2.2021).

Das Regime reagierte auch unter der moderaten Regierung von Präsident Rohani in den letzten Jahren auf die wirtschaftliche Krise und immer wieder hochkommenden Unmut und Demonstrationen mit hartem Vorgehen gegen Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtsaktivistinnen, religiösen & ethnischen Minderheiten und Umweltaktivisten. Die Regierung Raisi ist noch dabei, ihre Machtstruktur auf allen Ebenen zu festigen. Sie hat jedoch bereits stärkere Einschränkungen der Meinungsfreiheit im Sinne der 'islamischen Gesellschaftsordnung' (Rolle der Frauen fokussiert auf Gebärfunktion), der Ablehnung 'westlicher' Kultur, der Unterdrückung von Kritik (Internetzensur) und eine stärkere Ausrichtung auf Russland und China und deren politische Modelle angekündigt (ÖB Teheran 11.2021).

1.2.3. Sicherheitslage:

Iran verfügt über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur. Es bestehen jedoch gewisse Spannungen, die periodisch zunehmen. Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage in Iran auswirken. Die schwierige Wirtschaftslage und latente Spannungen im Land führen periodisch zu Kundgebungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Preiserhöhungen oder mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei muss mit schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten sowie mit Straßenblockaden gerechnet werden. Zum Beispiel haben im Juli 2021 Proteste gegen die Wasserknappheit in der Provinz Khuzestan und im November 2019 Proteste gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 7.12.2021).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 14.6.2021). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Die iranischen Behörden haben seit einiger Zeit die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zum Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran erhöht (AA 7.12.2021b).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrt Sicherheits- und Personenkontrollen (AA 7.12.2021b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan, stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie verüben immer wieder Anschläge und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 7.12.2021).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen sowie Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 7.12.2021b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte im Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen, kriminellen Banden und den Sicherheitskräften (EDA 7.12.2021). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 11.2021). Gelegentlich kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. Auch für unbeteiligte Personen besteht das Risiko, unversehens in einen Schusswechsel zu geraten (EDA 7.12.2021).

1.2.4. Rechtsschutz / Justizwesen:

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in welcher versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 11.2021). Die heutige Verfassung Irans ist ein hybrides System aus republikanisch-demokratischen und theokratisch-autoritären Elementen unter dem Vorrang des islamischen Rechts der dschafaritischen Rechtsschule. Die Verfassung enthält republikanisch-demokratische Organe wie z.B. das Parlament sowie das Amt des Präsidenten, da diese Organe direkt vom Volk gewählt werden. Als wesentliche theokratische Organe gelten das Amt des religiösen Führers sowie der Wächterrat (BAMF 5.2021). Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Dieser ist laut Artikel 157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz des formalen Verbots, in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption (AA 5.2.2021; vergleiche BS 2020). In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer (Iranian Bar Association; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen, insbesondere in politischen Verfahren ausgesetzt (AA 5.2.2021). Das Justizsystem wird als Instrument benutzt, um Regimekritiker und Oppositionelle zum Schweigen zu bringen (FH 3.3.2021).

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (US DOS 30.3.2021). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte, verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die wahrscheinlich unter Anwendung von Folter erlangt wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 13.1.2021; vergleiche HRC 14.5.2021). Die Behörden setzen sich ständig über Bestimmungen hinweg, wie z.B. das Recht auf einen Rechtsbeistand (AI 7.4.2021; vergleiche HRW 13.1.2021). In einigen Fällen wurde in Abwesenheit der Angeklagten verhandelt, weil man sie nicht über ihre Verhandlungstermine informiert oder sie nicht vom Gefängnis zum Gericht transportiert hatte (AI 7.4.2021).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach dem iranischen Strafgesetzbuch (IStGB) werden Iraner oder Ausländer, die bestimmte Straftaten im Ausland begangen haben und in Iran festgenommen werden, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Auf die Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss; die Gerichte erlassen eigene Urteile. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 5.2.2021).

Wenn sich Gesetze nicht mit einer spezifischen Rechtssituation befassen, dann dürfen Richter ihrem Wissen und ihrer Auslegung der Scharia Vorrang einräumen. Nach dieser Methode können Richter eine Person aufgrund ihres eigenen 'göttlichen Wissens' [divine knowledge] für schuldig befinden (US DOS 30.3.2021).

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die 'Sondergerichte für die Geistlichkeit' sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015; vergleiche BS 2018).

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

●             Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere 'Feindschaft zu Gott' und 'Korruption auf Erden';

●             Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

●             Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

●             Spionage für fremde Mächte;

●             Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

●             Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).

Viele Gerichtsverfahren finden hinter verschlossenen Türen statt. Bei Verfahren vor Revolutionsgerichten herrscht offene Feindseligkeit gegenüber den Angeklagten, und Anschuldigungen von Sicherheits- und Geheimdiensten werden als Tatsachen behandelt, die bereits feststehen. Erzwungene 'Geständnisse', die unter Folter und anderen Misshandlungen zustande kommen, werden vor Beginn der Prozesse im Staatsfernsehen ausgestrahlt. Gerichte nutzen sie durchweg als Beweismittel und begründen damit Schuldsprüche, selbst wenn die Angeklagten ihre Aussagen widerrufen. In vielen Fällen bestätigen Berufungsgerichte Schuldsprüche und Strafen, ohne eine Anhörung abzuhalten. Häufig weigern sich Gerichte, Angeklagten, die wegen Straftaten in Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit verurteilt wurden, das Urteil in schriftlicher Form zukommen zu lassen (AI 7.4.2021).

Bei Delikten, die im starkem Widerspruch zu islamischen Grundsätzen stehen, können jederzeit Körperstrafen ausgesprochen und auch exekutiert werden (ÖB Teheran 11.2021). Mit der islamischen Revolution von 1979 kam es zur Wiedereinführung des islamischen Strafrechts, welches die bisherige Gesetzgebung, die vom „code pénal napoléon“ von 1810 beeinflusst war, ablöste und sich aus drei eigenständigen Teilbereichen zusammensetzt. Neben den im Koran und der Sunna festgelegten hadd-Delikten gibt es die qisas-Delikte, die aus vorislamischer Zeit stammen, und die ta'zir-Delikte, die alle sonstigen strafwürdigen Taten umfassen. Während für hadd-Delikte - wie u.a. unerlaubter Geschlechtsverkehr, Alkoholgenuss, Diebstahl oder Feindschaft gegen Gott und aus Sicht von Traditionalisten auch Rebellion und Apostasie - sogenannte hadd-Strafen wie Kreuzigung, Steinigung, sonstige Todesstrafen, Amputationsstrafen, Auspeitschung oder Verbannung verhängt werden, sind für qisas-Delikte grundsätzlich Talions- bzw. Vergeltungsstrafen (qisas) oder zu zahlendes Blutgeld (diya) als Strafausgleich vorgesehen. Talionsstrafen werden vom Grundsatz her bei vorsätzlichen Tötungs- und Körperverletzungsdelikten und zu zahlendem Blutgeld bei nicht vorsätzlichen Tötungs- und Körperverletzungsdelikten verhängt. Für alle sonstigen aus Sicht der Rechtsordnung strafwürdigen Taten sind ta'zir-Strafen vorgesehen, die aus unterschiedlichen Züchtigungsstrafen bestehen, die mit dem Islam vereinbar sein müssen. Das neue iranische Strafgesetzbuch ab 2013 gliedert sich in vier Bücher: Im ersten Buch werden die Allgemeinen Vorschriften (Artikel eins –, 216,), im zweiten Buch die hadd-Strafen (Artikel 217 –, 288,), im dritten Buch die qisas-Strafen (Artikel 289 –, 447,) und im vierten Buch das Blutgeld bzw. diya (Artikel 448 –, 728,) behandelt (BAMF 5.2021). Im iranischen Strafrecht sind also körperliche Strafen wie die Amputation von Fingern, Händen und Füßen vorgesehen. Berichte über erfolgte Amputationen dringen selten an die Öffentlichkeit. Wie hoch die Zahl der durchgeführten Amputationen ist, kann nicht geschätzt werden (AA 5.2.2021). Auf die Anwendung der Vergeltungstrafen (qisas) der Amputation (z.B. von Fingern bei Diebstahl) und der Blendung kann der Geschädigte gegen Erhalt eines Abstandsgeldes (diya) verzichten (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche AA 5.2.2021). Unter Rohanis Präsidentschaft hat die Zahl der Aussetzung der hohen Strafen bis hin zur Todesstrafe wegen des Verzichts der Angehörigen auf den Vollzug der Strafe stark zugenommen (AA 5.2.2021). Derzeit ist bei Ehebruch noch die Strafe der Steinigung vorgesehen. Auch auf diese kann vom Geschädigten gegen diya verzichtet werden. Im Jahr 2002 wurde ein Moratorium für die Verhängung der Steinigungsstrafe erlassen, seit 2009 sind keine Fälle von Steinigungen belegbar (ÖB Teheran 11.2021). Zudem sieht das iranische Strafrecht bei bestimmten Vergehen wie zum Beispiel Alkoholgenuss, Missachten des Fastengebots oder außerehelichem Geschlechtsverkehr auch Auspeitschung vor. Regelmäßig besteht aber auch hier die Möglichkeit, diese durch Geldzahlung abzuwenden (AA 5.2.2021).

Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da sich diese durch Willkür auszeichnet. Rechtlich möglich wird dies vorrangig durch unbestimmte Formulierungen von Straftatbeständen und Rechtsfolgen sowie eine uneinheitliche Aufsicht der Justiz über die Gerichte. Auch willkürliche Verhaftungen kommen vor und führen dazu, dass Personen ohne ein anhängiges Strafverfahren festgehalten werden. Wohl häufigster Anknüpfungspunkt für Diskriminierung im Bereich der Strafverfolgung ist die politische Überzeugung. Beschuldigten bzw. Angeklagten werden grundlegende Rechte vorenthalten, die auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge werden bei Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten. Oft erhalten Gefangene während der laufenden Ermittlungen keinen rechtlichen Beistand, weil ihnen dieses Recht verwehrt wird oder ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Bei bestimmten Anklagepunkten – wie z.B. Gefährdung der nationalen Sicherheit – dürfen Angeklagte zudem nur aus einer Liste von zwanzig vom Staat zugelassenen Anwälten auswählen. Insbesondere bei politisch motivierten Verfahren gegen Oppositionelle erheben Gerichte oft Anklage aufgrund konstruierter oder vorgeschobener Straftaten. Die Strafen sind in Bezug auf die vorgeworfene Tat zum Teil unverhältnismäßig hoch, besonders deutlich wird dies bei Verurteilungen wegen Äußerungen in sozialen Medien oder Engagement gegen die Hijab-Pflicht (AA 5.2.2021).

Darüber hinaus ist die Strafverfolgungspraxis auch stark von aktuellen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen bestimmt. Im August 2018 wurde angesichts der kritischen Wirtschaftslage ein Sondergericht für Wirtschaftsstraftaten eingerichtet, das bislang schon einige Menschen wegen Korruption zum Tode verurteilt hat (AA 12.1.2019).

Hafterlass ist nach Ableistung der Hälfte der Strafe möglich. Amnestien werden unregelmäßig vom Revolutionsführer auf Vorschlag des Chefs der Justiz im Zusammenhang mit hohen religiösen Feiertagen und dem iranischen Neujahrsfest am 21. März ausgesprochen (AA 5.2.2021).

Rechtsschutz ist nur eingeschränkt möglich. Anwälte, die politische Fälle übernehmen, werden systematisch eingeschüchtert oder an der Übernahme der Mandate gehindert. Der Zugang von Verteidigern zu staatlichem Beweismaterial wird häufig eingeschränkt oder verwehrt. Die Unschuldsvermutung wird – insbesondere bei politisch aufgeladenen Verfahren – nicht beachtet. Zeugen werden durch Drohungen zu belastenden Aussagen gezwungen. Insbesondere Isolationshaft wird genutzt, um politische Gefangene und Journalisten psychisch unter Druck zu setzen. Gegen Kautionszahlungen können Familienmitglieder die Isolationshaft in einzelnen Fällen verhindern oder verkürzen. Fälle von Sippenhaft existieren, meistens in politischen Fällen. Üblicher ist jedoch, dass Familienmitglieder unter Druck gesetzt werden, um im Sinne einer Unterlassung politischer Aktivitäten auf die Angeklagten einzuwirken (AA 5.2.2021).

1.2.5. Sicherheitsbehörden:

Diverse Behörden teilen sich die Verantwortung für die innere Sicherheit; etwa das Informationsministerium, die Ordnungskräfte des Innenministeriums, die dem Präsidenten berichten, und die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasdaran-e Enqhelab-e Islami - IRGC), welche direkt dem Obersten Führer Khamenei berichten. Die Basij, eine freiwillige paramilitärische Gruppierung mit lokalen Niederlassungen im ganzen Land, sind zum Teil als Hilfseinheiten zum Gesetzesvollzug innerhalb der Revolutionsgarden tätig. Die Revolutionsgarde und die nationale Armee (Artesh) sorgen für die externe Verteidigung. Die zivilen Behörden behalten eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte. Trotzdem können Angehörige der Sicherheitskräfte Misshandlungen begehen, ohne befürchten zu müssen, bestraft zu werden (US DOS 30.3.2021). Organisatorisch sind die Basij den Revolutionsgarden unterstellt und ihnen gehören auch Frauen an (AA 5.2.2021). Basijis haben Stützpunkte unter anderem in Schulen und Universitäten, wodurch die permanente Kontrolle der iranischen Jugend gewährleistet ist. Schätzungen über die Zahl der Basijis gehen weit auseinander und reichen bis zu mehreren Millionen (ÖB Teheran 11.2021).

Die Polizei unterteilt sich in Kriminalpolizei, Polizei für Sicherheit und öffentliche Ordnung (Sittenpolizei), Internetpolizei, Drogenpolizei, Grenzschutzpolizei, Küstenwache, Militärpolizei, Luftfahrtpolizei, eine Polizeispezialtruppe zur Terrorbekämpfung und Verkehrspolizei. Die Polizei hat auch einen eigenen Geheimdienst (AA 5.2.2021). Irans Polizei ist traditionellerweise verantwortlich für die innere Sicherheit und für Proteste oder Aufstände. Sie wird von den Revolutionsgarden und den Basij unterstützt. Die Polizeikräfte arbeiten ineffizient. Getrieben von religiösen Ansichten und Korruption, geht die Polizei gemeinsam mit den Kräften der Basij und der Revolutionsgarden rasch gegen soziale und politische Proteste vor, ist aber weniger eifrig, wenn es darum geht, die Bürger vor kriminellen Aktivitäten zu schützen (BS 2020).

Im Zuge der steigenden inneren Herausforderungen verlagerte das herrschende System die Verantwortung für die innere Sicherheit immer mehr zu den Revolutionsgarden (BS 2020). Diese nehmen eine Sonderrolle ein, ihr Auftrag ist formell der Schutz der Islamischen Revolution. Als Parallelarmee zu den regulären Streitkräften durch den Staatsgründer Khomeini aufgebaut, haben die Revolutionsgarden neben ihrer herausragenden Bedeutung im Sicherheitsapparat im Laufe der Zeit Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt und sich zu einem Staat im Staate entwickelt. Militärisch kommt ihnen eine höhere Bedeutung als dem regulären Militär zu. Sie verfügen über fortschrittlichere Ausrüstung als die reguläre Armee, eigene Gefängnisse und eigene Geheimdienste, die auch mit Inlandsaufgaben betraut sind, sowie engste Verbindungen zum Revolutionsführer (AA 5.2.2021). Die Revolutionsgarden sind eng mit der iranischen Wirtschaft verbunden (FH 3.3.2021). Sie betreiben den Imam Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt und verfügen damit allein durch Start- und Landegebühren über ein äußerst lukratives Geschäft. Auch an den anderen Flug- und Seehäfen im Land kontrollieren die Truppen der Revolutionsgarden Irans Grenzen. Sie entscheiden, welche Waren ins Land gelassen werden und welche nicht. Sie zahlen weder Zoll noch Steuern. Sie verfügen über Land-, See- und Luftstreitkräfte, kontrollieren Irans strategisches Waffenarsenal und werden auf eine Truppenstärke von mehr als 120.000 geschätzt. Außerdem sind die Revolutionswächter ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das Augenkliniken betreibt, Kraftfahrzeuge, Autobahnen, Eisenbahnstrecken und sogar U-Bahnen baut. Sie sind eng mit der Öl- und Gaswirtschaft des Landes verflochten, bauen Staudämme und sind im Bergbau aktiv (DW 18.2.2016). Khamenei und den Revolutionsgarden gehören rund 80% der iranischen Wirtschaft. Sie besitzen außer den größten Baufirmen auch Fluggesellschaften, Minen, Versicherungen, Banken, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Fußballklubs und Hotels. Für die Auslandsaktivitäten gibt das Regime Milliarden aus (Menawatch 10.1.2018). Längst ist also aus den Revolutionsgarden ein bedeutender Machtfaktor geworden – gesellschaftlich, wirtschaftlich, militärisch und politisch. Ex-Präsident Hassan Rohani versuchte zwar, die Garden und ihre Chefebene in die Schranken zu weisen, dies gelang ihm jedoch kaum (Tagesspiegel 8.6.2017; vergleiche BS 2020). Die paramilitärischen Einheiten schalten und walten nach wie vor nach Belieben – nicht nur in Iran, sondern in der Region. Es gibt nur wenige Konflikte, an denen sie nicht beteiligt sind. Libanon, Irak, Syrien, Jemen – überall mischen die Revolutionsgarden mit und versuchen, die islamische Revolution zu exportieren. Ihre Al-Quds-Brigaden sind als Kommandoeinheit speziell für Einsätze im Ausland ausgebildet (Tagesspiegel 8.6.2017).

Das Ministerium für Information ist als Geheimdienst (Vezarat-e Etela’at) mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, Gegenspionage und der Beobachtung religiöser und illegaler politischer Gruppen beauftragt. Aufgeteilt ist dieser in den Inlandsgeheimdienst, Auslandsgeheimdienst, Technischen Aufklärungsdienst und eine eigene Universität. Dabei kommt dem Inlandsgeheimdienst die bedeutendste Rolle bei der Beobachtung und Ausübung von Druck auf die politische Opposition zu. Das Geheimdienstministerium bedient sich dabei überwiegend der Sicherheitskräfte und der Justiz (AA 26.2.2020).

Das reguläre Militär (Artesh) erfüllt im Wesentlichen Aufgaben der Landesverteidigung und Gebäudesicherung. Neben dem 'Hohen Rat für den Cyberspace' beschäftigt sich die iranische Cyberpolizei mit Internetkriminalität mit Fokus auf Wirtschaftskriminalität, Betrugsfällen und Verletzungen der Privatsphäre im Internet sowie der Beobachtung von Aktivitäten in sozialen Netzwerken und sonstigen politisch relevanten Äußerungen im Internet. Sie steht auf der EU-Menschenrechtssanktionsliste (AA 5.2.2021).

Die Regierung hat volle Kontrolle über die Sicherheitskräfte und über den größten Teil des Landes, mit Ausnahme einiger Grenzgebiete (BS 2020). Der Oberste Führer hat die höchste Autorität über alle Sicherheitsorganisationen. Straffreiheit innerhalb des Sicherheitsapparates ist weiterhin ein Problem. Menschenrechtsgruppen beschuldigen reguläre und paramilitärische Sicherheitskräfte (wie zum Beispiel die Basij), zahlreiche Menschenrechtsverletzungen zu begehen, darunter Folter, Verschwindenlassen und Gewaltakte gegen Demonstranten und Umstehende bei öffentlichen Demonstrationen. Es gibt keinen transparenten Mechanismus, um Fehlverhalten der Sicherheitskräfte zu untersuchen oder zu bestrafen. Es gibt nur wenige Berichte, dass die Regierung Täter zur Rechenschaft zieht (US DOS 30.3.2021). In Bezug auf die Überwachung der Bevölkerung, ist nicht bekannt, wie groß die Kapazität der iranischen Behörden ist. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). Insbesondere die kurdische Region scheint stärker überwacht zu sein, als der Rest des Landes (DIS 7.2.2020).

Mit willkürlichen Verhaftungen kann und muss jederzeit gerechnet werden, da die Geheimdienste (der Regierung und der Revolutionsgarden) sowie Basij de facto willkürlich handeln können. Bereits auffälliges Hören von (insbesondere westlicher) Musik, ungewöhnliche Bekleidung, Partys oder gemeinsame Autofahrten junger nicht miteinander verheirateter Männer und Frauen könnte den Unwillen zufällig anwesender Basijis bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Willkürliche Verhaftungen oder Misshandlung durch Basijis können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden (ÖB Teheran 11.2021).

1.2.6. Allgemeine Menschenrechtslage:

Die iranische Verfassung (IRV) vom 15. November 1979 enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog. Der Generalvorbehalt des Einklangs mit islamischen Prinzipien des Artikel 4, IRV lässt jedoch erhebliche Einschränkungen zu. Der im Jahr 2001 geschaffene 'Hohe Rat für Menschenrechte' untersteht unmittelbar der Justiz. Das Gremium erfüllt allerdings nicht die Voraussetzungen der 1993 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten 'Pariser Prinzipien' (AA 5.2.2021).

Iran hat folgende UN-Menschenrechtsabkommen ratifiziert:

●             Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR)

●             Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) (ICCPR)

●             Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (CERD)

●             Übereinkommen über die Rechte des Kindes (unter Vorbehalt des Einklangs mit islamischem Recht) (CRC)

●             Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie (CRC-OP-SC)

●             Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD)

●             Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes

●             UNESCO Konvention gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen

●             UN-Apartheid-Konvention

●             Internationales Übereinkommen gegen Apartheid im Sport (AA 5.2.2021)

Iran hat folgende UN-Menschenrechtsabkommen nicht ratifiziert:

●             Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT)

●             Fakultativprotokoll zur Antifolterkonvention (OP-CAT)

●             Zweites Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe (OP2-ICCPR)

●             Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW)

●             Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen (CED)

●             Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten (CRC-OP-AC) (unterzeichnet aber nicht ratifiziert)(AA 5.2.2021).

Iran zählt zu den Ländern mit einer anhaltend beunruhigenden Menschenrechtslage, insbesondere der politischen und bürgerlichen Rechte, wobei sich der Spielraum für zivilgesellschaftliches Engagement im Menschenrechtsbereich in den letzten Jahren erheblich verengt hat (ÖB Teheran 11.2021). Der iranische Staat verstößt regelmäßig gegen die Menschenrechte nach westlicher Definition, jedoch auch immer wieder gegen die islamisch definierten (GIZ 12.2020a). Die tiefe wirtschaftliche und politisch Krise Irans hat Auswirkungen auf die Einhaltung der Menschenrechte (BAMF 5.2021). Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehören: Hinrichtungen für Verbrechen, die nicht dem internationalen Rechtsstandard der 'schwersten Verbrechen' entsprechen und ohne einen fairen Prozess; rechtswidrige oder willkürliche Tötungen, Verschwindenlassen und Folter durch Regierungsbeamte; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; systematische Inhaftierungen, einschließlich Hunderter von politischen Gefangenen (US DOS 11.3.2020; vergleiche AI 7.4.2021, FH 3.3.2021, HRW 13.1.2021). Weiters gibt es unrechtmäßige Eingriffe in die Privatsphäre; erhebliche Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz, insbesondere der Revolutionsgerichte; Beschränkungen der freien Meinungsäußerung, der Presse und des Internets - einschließlich Gewalt, Androhung von Gewalt sowie ungerechtfertigter Festnahmen und Strafverfolgung gegen Journalisten, Zensur, Blockieren von Webseiten und Kriminalisierung von Verleumdungen; erhebliche Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit; Einschränkungen der Religionsfreiheit; Beschränkungen der politischen Beteiligung durch willkürliche Kandidatenprüfung; weit verbreitete Korruption auf allen Regierungsebenen; rechtswidrige Rekrutierung von Kindersoldaten durch Regierungsakteure zur Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien; Menschenhandel; Gewalt gegen ethnische Minderheiten; strenge staatliche Beschränkungen der Rechte von Frauen und Minderheiten; Kriminalisierung von sexuellen Minderheiten sowie Verbrechen, die Gewalt oder Gewaltdrohungen gegen Angehörige sexueller Minderheiten beinhalten; und schließlich das Verbot unabhängiger Gewerkschaften (US DOS 30.3.2021; vergleiche FH 3.3.2021, HRW 13.1.2021). Die Regierung unternimmt kaum Schritte, um verantwortliche Beamte zur Rechenschaft zu ziehen. Viele dieser Missstände sind im Rahmen der Regierungspolitik zu verantworten. Straffreiheit ist auf allen Ebenen der Regierung und der Sicherheitskräfte weit verbreitet (US DOS 30.3.2021).

Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze infrage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weit gefasste Straftatbestände vergleiche Artikel 279 bis 288 iStGB) sowie Staatsschutzdelikte (insbesondere Artikel eins bis 18 des 5. Buches des iStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, laufen Gefahr, der Spionage beschuldigt zu werden (AA 5.2.2021). Das Regime geht in den letzten Jahren immer wieder hart gegen Menschenrechtsverteidiger, Frauenrechtsaktivistinnen und gegen religiöse und ethnische Minderheiten vor (ÖB Teheran 11.2021). Auch Umweltaktivisten müssen mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen (BS 2020; vergleiche ÖB Teheran 11.2021).

1.2.7. Religionsfreiheit:

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Artikel 13, der iranischen Verfassung anerkannten 'Buchreligionen' (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben in ihren Gemeinden relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als 'mohareb' (Waffenaufnahme gegen Gott) verfolgt und mit der Todesstrafe bestraft werden (AA 5.2.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018). Religiöse Minderheiten werden mit Argwohn betrachtet und als Bedrohung für das theokratische System gesehen (CSW 3.2021). Auch unterliegen Anhänger religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 5.2.2021). Somit werden auch anerkannte religiöse Minderheiten (Zoroastrier, Juden, Christen) diskriminiert, sie sind in ihrer Religionsausübung jedoch nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Sie haben gewisse rechtlich garantierte Minderheitenrechte, etwa eigene Vertreter im Parlament (ÖB Teheran 11.2021). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA 23.5.2018; vergleiche FH 3.3.2021, IRB 9.3.2021). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA 23.5.2018; vergleiche FH 3.3.2021, BAMF 3.2019) und ihre politische Vertretung bleibt schwach (FH 3.3.2021). Wichtige politische Ämter stehen ausschließlich schiitischen Muslimen offen (AI 7.4.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche Open Doors 2021). Nicht anerkannte religiöse Gruppen – Baha'i, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Mitunter wird von bedrohlicher Diskriminierung von Nicht-Schiiten seitens des familiären oder gesellschaftlichen Umfelds berichtet. Auch oppositionelle schiitische Geistliche und muslimische Sekten sind der Verfolgung ausgesetzt (ÖB Teheran 11.2021).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt (AI 7.4.2021).

Die Regierung überwacht weiterhin die Aussagen und Ansichten hochrangiger schiitischer religiöser Führer, die die Regierungspolitik oder die Ansichten des Obersten Führers Ali Khamenei nicht unterstützten. Diese werden durch Behörden weiterhin mit Festnahmen, Inhaftierungen, Mittelkürzungen, Verlust von geistlichen Berechtigungsnachweisen und Beschlagnahmungen von Eigentum unter Druck gesetzt (US DOS 12.5.2021). Die Inhaftierung von Angehörigen religiöser Minderheiten, welche ihre Kultur, ihre Sprache oder ihren Glauben praktizieren, ist weiterhin ein ernstes Problem (HRC 11.1.2021).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, laufen Gefahr, willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt oder wegen Apostasie (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 7.4.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). In der Praxis werden kaum mehr Verurteilungen wegen Apostasie registriert, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 11.2021).

1.2.7.1. Christen:

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan (BFA 23.5.2018). Das Christentum ist in der iranischen Verfassung als Religion anerkannt, allerdings werden evangelikale Freikirchen von der Regierung nicht als christlich anerkannt. Den historisch ansässigen Kirchen, die vorwiegend ethnische Gruppierungen abbilden (die armenische, assyrische und chaldäische Kirche) wird eine besondere Stellung zuerkannt. Religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt (ÖB Teheran 11.2021); christliche Gottesdienste auf Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche AA 5.2.2021, BAMF 3.2019, IRB 9.3.2021), ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Soweit ethnische Christen die Ausübung ihres Glaubens ausschließlich auf die Angehörigen der eigenen Gemeinden beschränken, werden sie kaum behindert oder verfolgt. Dies trifft insbesondere auf armenische und assyrische Christen zu. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind demgegenüber willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt (AA 5.2.2021).

Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen – solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten – ihren Glauben relativ frei ausüben (BFA 23.5.2018; vergleiche BAMF 3.2019, FH 3.3.2021). Sonstige zahlenmäßig bedeutende Gruppen stellen Katholiken und Protestanten, die ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes haben (ÖB Teheran 11.2021). Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den anerkannten Religionsgemeinschaften angehören, oder die nicht beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 12.5.2021; vergleiche IRB 9.3.2021).

Grundrechtlich besteht 'Kultusfreiheit' innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der Kirchen (ÖB Teheran 10.2020). Jedoch haben Nichtmuslime weder Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit noch Meinungsfreiheit oder Versammlungsfreiheit. Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung von anders Gläubigen ist verboten (Proselytismusverbot) und wird streng bestraft (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche BAMF 3.2019, BFA 23.5.2018, Open Doors 2021). Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA 23.5.2018; vergleiche ÖB Teheran 11.2021), wobei es in den letzten Jahren zu keinem derartigen Urteil kam. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen ('Hauskirchen') oft hart vorgegangen (u.a. Verhaftungen und Beschlagnahmungen). Autochthone Kirchen halten sich meist penibel an das Verbot. Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen (ÖB Teheran 11.2021). Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht (BFA 23.5.2018; vergleiche Open Doors 2021). Im Weltverfolgungsindex 2021 von Christen von Open Doors befindet sich Iran auf dem achten Platz (2020: Platz 9). Der Weltverfolgungsindex ist eine Rangliste der 50 Länder, in denen Christen der stärksten Verfolgung und Diskriminierung wegen ihres Glaubens ausgesetzt sind. Je niedriger die Zahl, desto höher die Verfolgung. Im Berichtszeitraum ist die Zahl der verhafteten Christen des Weltverfolgungsindex 2021 im Gegensatz zum Vorjahr (169) gesunken. Es gab keine breit angelegte Verhaftungswelle, auch wenn es im Juni 2020 eine Razzia gab. Eine genaue Zahl wird im Bericht nicht genannt (Open Doors 2021). Christen werden weiterhin schikaniert, willkürlich inhaftiert und wegen der Ausübung ihres Glaubens verurteilt (AI 7.4.2021; vergleiche CSW 3.2021). Dies betrifft auch Personen, die zum Christentum konvertiert waren (AI 7.4.2021; vergleiche HRW 13.1.2021). Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 5.2.2021).

Mohabat News und Open Doors berichten von anhaltenden Razzien in Kirchengemeinden, insbesondere Hauskirchen, Konfiszierungen von Bibeln und christlichen Materialien und der Verhaftung vieler Christen muslimischer Herkunft, aber auch traditioneller Christen wie Armeniern und Assyrern. Ausländische christliche Gemeinden können ihre Religion weitgehend ungehindert ausüben, werden jedoch von staatlicher Seite dabei genau beobachtet. Eine nachhaltige Gemeindearbeit wird durch staatliche Schikanen verhindert (z. B. Verweigerung der Visaverlängerung für in Iran praktizierende, ausländische Priester oder Visaverweigerung). Dadurch dürften die Gemeinden langfristig 'aussterben'. Insbesondere Iraner, die sich aktiv für nicht-muslimische Glaubens- und Gemeindearbeit einsetzen, laufen Gefahr, ins Visier der Sicherheitsbehörden zu geraten (AA 5.2.2021).

Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben (BFA 23.5.2018). Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden (BFA 23.5.2018; vergleiche IRB 9.3.2021). Es gehört zum Erscheinungsbild in den Großstädten, dass christliche Symbole im Modebereich als Accessoires Verwendung finden und auch in den entsprechenden Geschäften angeboten werden. Auch Dekorationen mit christlichen Motiven sind nicht ungewöhnlich. Eine solche kommerzielle Präsentation führte bisher nach Darstellung der in Teheran vertretenen westlichen Botschaften zu keinen Strafverfahren. Laut der Nachrichtenseite der iranischen Christen, Mohabat News, können Christen öffentlich im ganzen Land Weihnachtsgeschenke, Tannenbäume oder Schmuckwaren für ihre Feste kaufen. Vor einigen Kirchen in Teheran stehen anlässlich der Weihnachtsfeiertage, zu denen von staatlicher Seite immer wieder Glückwünsche übermittelt werden, Weihnachtsbäume (BAMF 3.2019).

1.2.7.2. Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen:

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist in Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch, aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 11.2021). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel 'mohareb' ('Waffenaufnahme gegen Gott'), 'mofsid-fil-arz/fisad-al-arz' ('Verdorbenheit auf Erden'), 'Handlungen gegen die nationale Sicherheit' (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche DIS/DRC 23.2.2018), 'Organisation von Hauskirchen' und 'Beleidigung des Heiligen', wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 5.2.2021). In der Praxis werden kaum mehr Verurteilungen wegen Apostasie registriert, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen, keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2021). Quellen zufolge fand 1990 die einzige 'offizielle' Hinrichtung eines Christen wegen Apostasie in Iran statt (IRB 9.3.2021). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt (AA 12.1.2019).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 5.2.2021; vergleiche Open Doors 2021). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind. Die Probleme, die durch Konversion auftreten können, sind breit gefächert. Sie beginnen in der Schule, wo Kinder aus konvertierten Familien einen Verweis, oder die Verwehrung des Hochschuleintritts riskieren, sollten sie den Fächern Religionsunterricht, Islamische Lehre und Koranstunde fernbleiben (ÖB Teheran 11.2021).

[…]

Die Versammlung in – meist evangelischen – Hauskirchen oder Hausgemeinden wird laut Behörden 'kontrolliert', de facto aber untersagt, weshalb die einzelnen Gemeinden meist klein bleiben und ständig den Standort wechseln, um Razzien auszuweichen. Dennoch sind Hauskirchen inzwischen relativ weit verbreitet (ÖB Teheran 10.2020). Die Schließungen der 'Assembly of God'-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen (DIS/DRC 23.2.2018; vergleiche IRB 9.3.2021). Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie – obwohl sie verboten sind – trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind (DIS/DRC 23.2.2018). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit, eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018). Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren. Deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da diese zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen wollen, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es ist jedoch unklar, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen. Allerdings wurde eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). Razzien gegen Hauskirchen werden weiterhin durchgeführt (AI 7.4.2021).

Von Repressionen und willkürlichen Verhaftungen von konvertierten Christen, Mitgliedern der protestantischen und evangelischen Kirche wird immer wieder berichtet (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche FH 3.3.2021, CSW 3.2021). Im August 2020 wurden 35 neu Konvertierte verhaftet und im selben Monat sind vier weitere Konvertierte wegen Anschuldigungen wie 'Teilnahme an Versammlungen der häuslichen Kirchen', 'Verbreitung vom zionistischen Christentum' und 'Gefährdung der inneren Sicherheit' zu insgesamt 13 Jahren Haft verurteilt worden (ÖB Teheran 11.2021). Trotzdem ist die Zahl der verhafteten Christen laut Weltverfolgungsindex 2021 im Gegensatz zum Vorjahr gesunken. Der Rückgang der Zahl der Verhaftungen ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die iranischen Sicherheitsdienste Ende 2019 alle Hände voll zu tun hatten, die Proteste im Land zum Schweigen zu bringen. Darauf folgte die Coronakrise, welche die Regierung auf andere Weise beschäftigte. Allerdings wurden im Berichtszeitraum des Weltverfolgungsindex 2021 mehr Christen zu Gefängnisstrafen verurteilt als im Vorjahr. Teilweise müssen inhaftierte Christen Hypotheken aufnehmen, um die hohen Kautionszahlungen für ihre Entlassung aufbringen zu können. Weil sie befürchten, dass ein Gerichtsurteil zu einer langen Gefängnisstrafe führt, fliehen viele iranische Christen nach ihrer vorläufigen Entlassung aus dem Land, wobei sie ihre Kaution und somit häufig auch ihren Grundbesitz verlieren (Open Doors 2021).

Organisatoren von Hauskirchen laufen Gefahr, wegen 'Verbrechen gegen Gott' angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch 'low-profile' Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen. Wenn es sich um einen prominenten Fall handelt, werden die Betroffenen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden unter der Bedingung wieder freigelassen, sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen ist, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden in der Regel aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche Landinfo 16.10.2019, UK HO 2.2020). Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche Landinfo 16.10.2019). Darüber hinaus wird Christen mitunter der Konsum von Alkohol (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens vorgeworfen (ÖB Teheran 11.2021).

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob es auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder das Unterrichten von anderen Personen im Glauben, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden in der Regel nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018; vergleiche Landinfo 16.10.2019).

Die Rückkehr von Konvertiten nach Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung (BAMF 3.2019). Wenn ein Konvertit den Behörden auch zuvor nicht bekannt war, dann ist eine Rückkehr weitgehend problemlos. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, kann sich die Situation anders darstellen. Auch Konvertiten, die ihre Konversion öffentlich machen, können sich womöglich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social-Media-Kanälen berichtet, besteht die Möglichkeit, dass die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang hängt davon ab, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein 'high-profile'-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist eine harsche Strafe eher unwahrscheinlich. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein führt zumeist nicht zu einer Verfolgung, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird diese aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das aber durchaus zu Problemen führen (DIS/DRC 23.2.2018). Die iranischen Behörden sind in erster Linie daran interessiert, die Ausbreitung des Christentums zu stoppen, und verfügen allem Anschein nach nicht über die notwendigen Ressourcen, um alle christlichen Konvertiten zu überwachen (UK HO 2.2020).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 11.2021).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung hat, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein kann (DIS/DRC 23.2.2018). Open Doors gibt im Weltverfolgungsindex 2021 an, dass die Taufe als öffentliches Zeichen der Abwendung vom Islam gesehen wird und deshalb verboten ist (Open Doors 2021).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (USDOS 12.5.2021). Gleichzeitig ist bekannt, dass ein Projekt seitens des Erschad-Ministeriums zur Übersetzung der 'Katholischen Jerusalem Bibel' ins Farsi genehmigt und durchgeführt wurde. Auch die Universität für Religion und Bekenntnis in Qom, die Religionsstudien betreibt, übersetzte noch im Jahr 2015 den 'Katechismus der Katholischen Kirche' ins Farsi. Beide Produkte sind heute noch ohne Probleme in Büchergeschäften erhältlich (BAMF 3.2019).

1.2.8. Frauen:

Generell genießt die Familie in Iran, ebenso wie in den meisten anderen islamischen Gesellschaften, einen hohen Stellenwert. Der Unterschied zwischen Stadt und Land macht sich aber auch hier bemerkbar, in Bezug auf das Verhältnis zwischen Mann und Frau sowie auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Auf dem Land hat das traditionelle islamische Rollenmodell weitgehende Gültigkeit, der Tschador, der Ganzkörperschleier, dominiert hier das Straßenbild. In den großen Städten hat sich dieses Rollenverständnis inzwischen verschoben, wenn auch nicht in allen Stadtteilen. Während des Iran-Irak-Krieges war, allen eventuellen ideologischen Bedenken zum Trotz, die Arbeitskraft der Frauen schlicht unabdingbar. Nach dem Krieg waren Frauen aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken oder gar zu entfernen. Die unterschiedliche und sich verändernde Stellung der Frau zeigt sich auch an den Kinderzahlen: Während in vielen ländlichen, gerade den abgelegeneren Gebieten fünf Kinder der Normalfall sind, sind es in Teheran und Isfahan im Durchschnitt unter zwei. Insbesondere junge Frauen begehren heute gegen die nominell sehr strikten Regeln auf, besonders anhand der Kleidungsvorschriften für Frauen wird heute der Kampf zwischen einer eher säkular orientierten Jugend der Städte und dem System in der Öffentlichkeit ausgefochten. Eine Bewegung, die sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut, ist der islamische Feminismus. Dieser will die Rechte der Frau mittels einer islamischen Argumentation durchsetzen (GIZ 12.2020c).

Auch wenn die Stellung der Frau in Iran, entgegen aller Vorurteile gegenüber der Islamischen Republik, in der Praxis sehr viel besser ist als in vielen anderen Ländern der Region, sind Frauen auch hier nicht gleichberechtigt (GIZ 12.2020c). Verschiedene gesetzliche Verbote machen es Frauen unmöglich, im gleichen Maße wie Männer am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen (strenge Kleiderordnung, Verbot des Zugangs zu Sportveranstaltungen, Genehmigungsvorbehalt des Ehemannes oder Vaters bezüglich Arbeitsaufnahme oder Reisen). In rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind iranische Frauen also vielfältigen Diskriminierungen unterworfen, die jedoch zum Teil relativ offen diskutiert werden (AA 5.2.2021).

Iran hat die 'Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau' als einer von wenigen Staaten weltweit nicht unterzeichnet. Im Global Gender Gap Report 2020 des World Economic Forum liegt Iran an Stelle 148 von 153 (WEF 2020; vergleiche AA 5.2.2021). Von einigen staatlichen Funktionen (u.a. Richteramt, Staatspräsident) sind Frauen gesetzlich oder aufgrund entsprechender Ernennungspraxis ausgeschlossen (AA 5.2.2021; vergleiche BAMF 7.2020). Es ist hier anzumerken, dass es sehr wohl einige Richterinnen - insbesondere an Familiengerichten - gibt. Ihnen steht es aber nicht zu, ein Urteil auszusprechen oder den Prozess zu leiten. Sie dürfen unter der Aufsicht eines männlichen Richters lediglich beratend tätig werden (BAMF 7.2020). 4% aller politischen Ämter in Iran sind von Frauen besetzt. 15% aller Abgeordneten im nationalen Parlament in Teheran (majles-e shura-ye eslami) sind Frauen. Es wurde zwar eine Anhebung auf 30% angestrebt, dieses Vorhaben wurde jedoch durch eine Mehrheit der Parlamentarier abgelehnt. Frauen steht auch das Amt einer Botschafterin offen (BAMF 7.2020).

Die Erwerbsquote von Frauen liegt nur bei etwa 12%. Viele Frauen sind im informellen Sektor tätig (BS 2020). Zusätzlich sind Frauen seit dem Beginn der Coronakrise stärker als Männer vom Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen. Da Arbeitgeber durch die Pandemie wirtschaftlich unter Druck geraten sind, versuchen diese, den ausbleibenden Umsatz durch eine Reduzierung der Lohnzahlungen auszugleichen. Am stärksten davon, aber auch vom Verlust des Arbeitsplatzes, betroffen sind die Lohnzahlungen von Frauen (BAMF 7.2020). Laut offiziellen Daten wurden aufgrund der Corona-Krise binnen eines Jahres eine Million Frauen zusätzlich arbeitslos. Die Stärkung der Schattenwirtschaft, und damit von religiösen Stiftungen und Unternehmen im Besitz der Revolutionsgarden, in denen konservative Männer dominieren, hat die Arbeitsmöglichkeiten von Frauen besonders eingeschränkt (ÖB Teheran 11.2021). Laut offiziellen Angaben liegt die Arbeitslosenrate bei Frauen bei 20,8% (1,11 Millionen). Unter Frauen mit höherer Bildung liegt sie noch deutlich höher. Nachholbedarf besteht weiterhin im Bereich der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt, allerdings ist der Spielraum der Regierung beschränkt, da konservative Vertreter immer wieder die traditionelle Rolle der Frau in der islamischen Familie betonen. Nach einer im April 2019 veröffentlichten staatlichen Studie sind 65,9% der Arbeitslosen in Iran Frauen (AA 5.2.2021). Gründe für die stärkere Betroffenheit von Frauen von Arbeitslosigkeit sind neben der Covid-Pandemie auch die US-Sanktionen und die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage. Der Zugang zum Arbeitsmarkt und die beruflichen Möglichkeiten für Frauen sind durch soziale und rechtliche Regelungen eingeschränkt, mit dem Ziel der Beschränkung der Rolle von Frauen als Mutter und Ehefrau. Oftmals wird von Frauen das Einverständnis des Ehemannes oder Vaters verlangt, um eine Erwerbstätigkeit aufnehmen zu können. Gesetzlich kann ein Ehemann seiner Ehefrau jederzeit verbieten, arbeiten zu gehen. Stellenausschreibungen werden oft geschlechtsspezifisch nur für Männer ausgeschrieben. Regelmäßig werden Frauen nach Rückkehr aus der neunmonatigen Karenz gekündigt. Die gravierenden Einschränkungen der Versammlungsfreiheit verhindern den gewerkschaftlichen Zusammenschluss erwerbstätiger Frauen. Konservative Politiker haben in der Vergangenheit mehrmals versucht, die Erwerbstätigkeit von Frauen weiter einzuschränken oder in manchen Sektoren zu verbieten (ÖB Teheran 11.2021).

In rechtlicher Hinsicht unterliegen Frauen einer Vielzahl diskriminierender Einschränkungen. Prägend ist dabei die Rolle der (Ehe-)frau als dem (Ehe-)mann untergeordnet, wie sich sowohl in Fragen der Selbstbestimmung, des Sorgerechtes, der Ehescheidung als auch des Erbrechts erkennen lässt (AA 5.2.2021; vergleiche HRW 13.1.2021, ÖB Teheran 11.2021, AI 7.4.2021, BAMF 7.2020). Beispielsweise darf eine verheiratete Frau ohne die schriftliche Genehmigung ihres Mannes (oder Vaters) keinen Reisepass erhalten oder ins Ausland reisen (HRW 13.1.2021; vergleiche FH 3.3.2021, BAMF 7.2020). Kinder unter 18 Jahren benötigen für die Ausstellung des Reisepasses die schriftliche Erlaubnis ihres Vaters. Wenn der Ehemann oder der Vater nicht anwesend ist, hat die Frau sich bei einem Wunsch zur Ausreise an die zuständige Behörde des Außenministeriums zu wenden, sofern die schriftliche Erlaubnis nicht vorliegt. Während dieses Verfahrens werden auch Unterschrift sowie personenbezogene Angaben überprüft (BAMF 7.2020).

Unverheiratete und geschiedene Frauen sowie Witwen benötigen keine Erlaubnis ihres Vaters oder eines männlichen Vormunds, um zu reisen (Cedoca 30.3.2020). Nach dem Zivilgesetzbuch hat ein Ehemann das Recht, den Wohnort zu wählen, und kann seine Frau daran hindern, bestimmte Berufe auszuüben (HRW 13.1.2021; vergleiche BAMF 7.2020). Im Straf- bzw. Strafprozessrecht sind Mädchen bereits mit neun Jahren vollumfänglich strafmündig (Buben mit 15 Jahren) (AA 5.2.2021; vergleiche BAMF 7.2020, ÖB Teheran 11.2021). Zeugenaussagen von Frauen werden hingegen nur zur Hälfte gewichtet (AA 5.2.2021; vergleiche FH 3.3.2021, ÖB Teheran 11.2021) und die finanzielle Entschädigung, die der Familie eines weiblichen Opfers nach ihrem Tod gewährt wird, ist nur halb so hoch wie die Entschädigung für ein männliches Opfer (FH 3.3.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Selbst KFZ-Versicherungen zahlen nur die Hälfte bei Personenschäden von Frauen. Auch erben Frauen nur die Hälfte von Männern (ÖB Teheran 11.2021). Weitere diskriminierende Vorschriften finden sich im Staatsangehörigkeitsrecht, internationalen Privatrecht, Arbeitsrecht sowie im Sozialversicherungsrecht (AA 5.2.2021).

Bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote müssen Frauen mit Strafen rechnen. So kann etwa eine Frau, die ihre Haare oder die Konturen ihres Körpers nicht verhüllt, mit Freiheitsstrafe (zehn Tage bis zu zwei Monaten) und/oder Geldstrafe bestraft werden. Grundsätzlich ist auch die Verhängung von bis zu 74 Peitschenhieben wegen Verstoßes gegen die öffentliche Moral möglich; dazu kommt es in der Regel nicht, da die Familien von der Möglichkeit des Freikaufs überwiegend Gebrauch machen (AA 5.2.2021).

Laut Gesetz darf eine Jungfrau nicht ohne Einverständnis ihres Vaters, Großvaters oder eines Richters heiraten (US DOS 30.3.2021). Das gesetzliche Heiratsalter für Mädchen liegt bei 13 Jahren. Väter und Großväter können bei Gericht eine Erlaubnis einholen, wenn sie das Mädchen früher verheiraten wollen (AA 5.2.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021, AI 7.4.2021, BAMF 7.2020). Das gesetzliche Alter für Buben liegt bei 15 Jahren. Mit der schlechten Wirtschaftslage geht ein Anstieg des Verkaufs von Mädchen zum Kindesmissbrauch in Kinderehen einher. 2020 stieg die Rate nach offiziellen Zahlen um 10,5% auf 31.379 Mädchen zwischen zehn und 14 Jahren. Jüngere Mädchen werden nicht gezählt, auch wenn die Verheiratung von Mädchen ab neun Jahren mit Zustimmung der Eltern und eines religiösen Richters erlaubt ist (ÖB Teheran 11.2021).

Im Juni erließ der Präsident ein Dekret, mit dem eine Änderung des Zivilgesetzbuches in Kraft gesetzt wurde. Dadurch wird es iranischen Frauen, die mit ausländischen Männern verheiratet sind, ermöglicht, ihren Kindern die Staatsbürgerschaft zu übertragen (US DOS 30.3.2021; vergleiche BAMF 7.2020, ÖB Teheran 11.2021). Frauen müssen diese Übertragung jedoch eigens beantragen, und ihre Kinder müssen sich einer Sicherheitsüberprüfung durch das Geheimdienstministerium unterziehen, während die Staatsbürgerschaft iranischer Männer automatisch an deren Kinder übertragen wird (USDOS 30.3.2021; vergleiche BAMF 7.2020).

Gesetzliche Regelungen räumen geschiedenen Frauen das Recht auf Alimente ein. Angaben über mögliche (finanzielle) Unterstützung vom Staat für alleinerziehende bzw. alleinstehende Frauen sind nicht eruierbar. Das Gesetz sieht vor, dass geschiedenen Frauen vorzugsweise das Sorgerecht für ihre Kinder bis zu deren siebentem Lebensjahr gegeben werden soll. Danach soll das Sorgerecht dem Vater übertragen werden, außer dieser ist dazu nicht imstande. Heiraten geschiedene Frauen erneut, verlieren sie das Sorgerecht für Kinder aus einer früheren Ehe (ÖB Teheran 11.2021). Ein Mann kann sich zu jedem Zeitpunkt von seiner Frau scheiden lassen. Die Möglichkeiten der Frau, sich von ihrem Ehemann scheiden zu lassen, sind dagegen eingeschränkt und nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Bei Schließung einer dauerhaften Ehe besteht die Möglichkeit, Regelungen vor dem Heiratsnotariat zu vereinbaren, unter denen sich die Ehefrau an ein Gericht wenden kann, um eine schriftliche Erlaubnis zur Scheidung zu erhalten (BAMF 7.2020).

Aufgrund der Schwierigkeit für Frauen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist der familiäre Rückhalt für alleinstehende Frauen umso bedeutender. Jedoch erhalten manche Frauen, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm leben (wie zum Beispiel lesbische Frauen oder Prostituierte), keine Unterstützung durch die Familie und können Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat werden. Alleinstehende Frauen haben oft Schwierigkeiten, eine Wohnung oder Arbeit zu finden, da sie für Prostituierte gehalten werden (ÖB Teheran 11.2021).

Der Staat ist verpflichtet, Frauen vor sexueller Gewalt zu schützen. Frauen, die ehelicher oder häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, können nicht uneingeschränkt darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Fälle von Genitalverstümmelung sind nicht bekannt (AA 5.2.2021). Vergewaltigung ist illegal und unterliegt strengen Strafen, einschließlich der Todesstrafe. Das Gesetz betrachtet Geschlechtsverkehr innerhalb der Ehe per Definition als einvernehmlich und behandelt daher keine Vergewaltigung in der Ehe, auch nicht in Fällen von Zwangsheirat. Die meisten Vergewaltigungsopfer melden Verbrechen nicht, weil sie staatliche Vergeltungsmaßnahmen oder Strafen für Vergewaltigungen befürchten, wie zum Beispiel Anklagen wegen Unanständigkeit, unmoralischem Verhalten oder Ehebruch. Ehebruch wiederum ist ebenfalls mit der Todesstrafe bedroht. Auch gesellschaftliche Repressalien oder Ausgrenzung werden von Vergewaltigungsopfern befürchtet (US DOS 30.3.2021). Sexuelle Belästigung und Gewalt am Arbeitsplatz und in der Familie ist weit verbreitet, für die Männer herrscht gänzliche Straflosigkeit. Ein iranischer 'Me-Too'-Moment im Sommer 2020, als eine junge Frau Interviews mit Überlebenden sexueller Gewalt veröffentlichte, zeigte das Ausmaß des ansonsten totgeschwiegenen Problems auf. Krisenzentren und Frauenhäuser nach europäischem Modell existieren in Iran nicht. Die schwierige Beweislast für sexuelle Missbrauch und das Verbot außerehelicher Beziehungen hat zur Folge, dass Frauen Missbrauch nicht anzeigen, da sie ansonsten regelmäßig selbst Beschuldigte wären. Ein Gesetzesentwurf der Regierung Rohani zu Gewaltschutz wurde vom erzkonservativen Parlament solange boykottiert, bis der jetzige Präsident Raisi an die Macht kam, unter dem das Gesetz keine Aussicht auf Umsetzung hat (ÖB Teheran 11.2021).

Am 1.11.2021 wurde ein neues Gesetz zur 'Verjüngung der Gesellschaft und zum Schutz der Familie' verabschiedet, das von neun UN-Sonderberichterstattern und Menschenrechtsmechanismen als menschenrechtswidrig bezeichnet wurde. Das Gesetz schränkt den Zugang von Frauen zu reproduktiven Rechten stark ein. So soll der Zugang zu Abtreibungen v.a. mithilfe strafrechtlicher Drohungen weiter stark eingeschränkt werden, insbesondere dürfte bei Abtreibungen als 'mohareb' (Waffenaufnahme gegen Gott) die Todesstrafe drohen. Darüber hinaus werden der Verkauf von Verhütungsmitteln und Sterilisationen verboten, eine Datenbank von Frauen, die gynäkologische Hilfe suchen wird erstellt, und religiöse Richter sollen mitentscheiden, ob einer Frau medizinische indizierte Abtreibung gewährt wird (ÖB Teheran 11.2021).

Dem Gesetz nach müssen alle Frauen in Iran ab einem Alter von neun Jahren die islamischen Bekleidungsvorschriften in der Öffentlichkeit einhalten. Das Kopftuch ist zwingend vorgeschrieben, jedoch nicht das Tragen des Tschadors. Nach einer Studie des wissenschaftlichen Dienstes des iranischen Parlamentes heißen nur 13% der befragten Frauen das Tragen des Tschadors gut (BAMF 7.2020). Seit Ende Dezember 2017 fordern immer mehr iranische Frauen eine Abschaffung der Kopftuchpflicht. Als Protest nehmen sie in der Öffentlichkeit ihre Kopftücher ab und hängen sie als Fahne auf. Auch gläubige Musliminnen, die das Kopftuch freiwillig tragen, ältere Frauen, Männer und angeblich auch einige Kleriker haben sich den landesweiten Protestaktionen angeschlossen (Kleine Zeitung 3.2.2018). Zahlreiche Frauen, die öffentlich ihren Schleier abnahmen und davon Fotos und Videos verbreiteten, befinden sich weiterhin in Haft und sind zu Peitschenhieben verurteilt, wie auch ihre Rechtsanwälte (ÖB Teheran 11.2021). In einigen Fällen wurden auch besonders harte Haftstrafen verhängt (u.a. 24 Jahre Haft für eine Frauenrechtsaktivistin im August 2019) (AA 5.2.2021). Die Sittenpolizei und Bürgerwehren gingen auch 2020 weiterhin massiv gegen Millionen Frauen und Mädchen vor, um den Kopftuchzwang durchzusetzen, der gesetzlich vorgeschrieben ist. Mehrere Frauenrechtsverteidigerinnen, die sich gegen den Kopftuchzwang engagieren, befinden sich noch immer in Haft (AI 7.4.2021). Obwohl Frauen im Oktober 2019 einmalig auf Druck der FIFA erstmals ein Fußball-Länderspiel im Stadion verfolgen konnten, hat sich am grundsätzlichen Stadionverbot für Frauen nichts geändert (AA 5.2.2021). Neben den Beschränkungen in Bezug auf Sportveranstaltungen gibt es solche auch bezüglich Kultur, beispielsweise ein Singverbot außer im Chor, Verbot des Tanzens, etc. Die Regierung Raisi hat bereits angekündigt, das Rad- und Motorradfahrverbot für Frauen streng durchzusetzen (ÖB Teheran 11.2021).

1.2.9. Kinder:

Iran hat das Übereinkommen über die Rechte des Kindes (unter Vorbehalt des Einklangs mit dem islamischen Recht) (CRC) und das Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie (CRC-OP-SC) ratifziert (AA 5.2.2021). Nach einer Häufung von sogenannten Ehrenmorden hat das Parlament 2020 ein Gesetz verabschiedet, das den Schutz von Kindern vor Gewalttaten auch von Verwandten stärken soll. Eine seit über zehn Jahren diskutierte Ergänzung zum Kinderschutzrecht wurde im Juni 2020 verabschiedet, nachdem der Ehrenmord eines 14-jährigen Mädchens durch den eigenen Vater für viel Aufregung gesorgt hatte (AA 5.2.2021). Es enthält neue Strafen für bestimmte Handlungen, die die Sicherheit und das Wohlergehen eines Kindes beeinträchtigen, einschließlich körperlicher Schäden und der Verhinderung des Zugangs zu Bildung. Das Gesetz ermöglicht es den Behörden auch, Kinder in Situationen, die ihre Sicherheit ernsthaft gefährden, umzusiedeln (HRW 13.1.2021). Das Gesetz geht jedoch nicht auf einige der schwerwiegendsten Bedrohungen für Kinder in Iran ein, wie Kinderehen, die Verhängung der Todesstrafe (HRW 13.1.2021; vergleiche AI 7.4.2021) und Vergewaltigung in der Ehe (AI 7.4.2021). Zwangsverheiratungen von Minderjährigen kommen vor allem in ländlichen Gebieten vor. Dies betrifft meist Mädchen und dient der finanziellen Entlastung der Familie (AA 5.2.2021). Nach dem iranischen Zivilgesetztbuch können Mädchen ab einem Alter von 13 und Buben ab einem Alter von 15 Jahren heiraten. Mit Zustimmung des Vaters – unter Umständen auch des Großvaters– und eines Richters kann eine Ehe auch vorher geschlossen werden (AA 5.2.2021; vergleiche US DOS 30.3.2021, HRW 13.1.2021, ÖB Teheran 11.2021). Nach offiziellen Angaben werden jedes Jahr etwa 30.000 Mädchen unter 14 Jahren verheiratet (AI 7.4.2021). Im Jahr 2020 wurden nach offiziellen Angaben 31.379 Mädchen zwischen 10 und 14 Jahren verheiratet. Noch jüngere Mädchen werden nicht gezählt, da die Verheiratung von Mädchen ab neun Jahren mit Zustimmung der Eltern und eines religiösen Richters erlaubt ist (ÖB Teheran 11.2021). Eltern dürfen ihre adoptierten Kinder heiraten, sofern ein Gericht zustimmt (AA 5.2.2021).

Seit 2020 können iranische Frauen, die mit ausländischen Männern verheiratet sind, ihren Kindern die Staatsbürgerschaft übertragen (USDOS 30.3.2021; vergleiche BAMF 7.2020, ÖB Teheran 11.2021). Eine Geburt innerhalb der Landesgrenzen verleiht nicht die Staatsbürgerschaft, es sei denn, ein Kind wird von unbekannten Eltern geboren. Das Gesetz schreibt vor, dass alle Geburten innerhalb von 15 Tagen registriert werden müssen (US DOS 30.3.2021).

Iran ist ein Land, in dem die Bildung einen hohen Stellenwert genießt. In sporadischen Fällen gibt es bereits in Kindergärten eine Trennung nach Geschlechtern, die große Mehrzahl der Kindergärten ist jedoch nicht nach den Geschlechtern getrennt. Schulklassen werden hingegen nach Geschlechtern getrennt mit Schülern und Schülerinnen besetzt. Dies beginnt in der Grundschule und endet beim Besuch der Oberschulen (bis zur 12. Klasse) (AA 5.2.2021). Universitäten bieten mehrheitlich den gemeinsamen Zugang für Männer sowie Frauen an. Es gibt jedoch einige Universitäten in Iran, die lediglich für Männer oder Frauen zugänglich sind (BAMF 7.2020).

Obwohl der Grundschulbesuch bis zum Alter von elf Jahren für alle kostenlos und verpflichtend ist, berichten Medien und andere Quellen über eine geringere Einschulung in ländlichen Gebieten, insbesondere bei Mädchen. Nach Angaben von HRW sieht das oben erwähnte Kinderschutzgesetz finanzielle Strafen für Eltern oder Erziehungsberechtigte vor, die nicht für den Zugang ihrer Kinder zur Sekundarschulbildung sorgen. Die Sekundarschulbildung ist kostenlos. Kindern, die keinen staatlichen Ausweis besitzen, wird das Recht auf Bildung verweigert. In seinem Bericht vom Februar 2019 äußerte sich der UN-Sonderberichterstatter für Iran besorgt über den Zugang von Minderheitenkindern zur Bildung und verwies auf die hohen Grundschulabbrecherquoten bei Mädchen aus ethnischen Minderheiten, die in Grenzprovinzen leben (US DOS 30.3.2021).

Das iranische Recht verbietet Kinderarbeit bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres; bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gibt es diverse Einschränkungen (z.B. keine Schwer-/Nachtarbeit). In Familienbetrieben lässt das Gesetz allerdings auch die Beschäftigung von Kindern unter 15 Jahren zu. In Iran arbeiten daher Millionen von Kindern. Der Staat spricht von zwei Millionen, nach inoffiziellen Schätzungen sind bis zu sieben Millionen Kinder betroffen. Die Hälfte davon ist zwischen sieben und zehn Jahren alt und ca. 85 % sind Buben. Nach offiziellen Statistiken leben über zwei Millionen Kinder in Iran auf der Straße. Viele von ihnen sind als Straßenverkäufer tätig. Politische Initiativen, Straßenkinder in ihre Familien zurückzubringen, verliefen nicht erfolgreich (AA 5.2.2021). Die Revolutionsgarden sollen Tausende von in Iran lebenden afghanischen Migranten mithilfe von Zwangstaktiken für den Kampf in Syrien rekrutiert haben. Unter den Rekrutierten sollen sich Kinder im Alter von 14 Jahren befinden (FH 3.3.2021; vergleiche US DOS 1.7.2021).

Verurteilte können für Verbrechen, die sie im Alter von unter 18 Jahren begangen haben, hingerichtet werden (FH 3.3.2021). Die Verhängung der Todesstrafe ist gegen männliche Jugendliche ab dem 15. Lebensjahr, für Mädchen ab dem neunten Lebensjahr möglich (AA 5.2.2021; vergleiche HRC 14.5.2021, ÖB Teheran 11.2021, BAMF 7.2020) und kann bei Eintritt der Volljährigkeit vollstreckt werden. 2020 wurden mindestens vier zur Tatzeit minderjährige Täter hingerichtet. Mehreren weiteren zur Tatzeit Minderjährigen droht die Hinrichtung. 2019 wurden erstmals auch zwei zum Zeitpunkt der Hinrichtung Minderjährige verzeichnet (AA 5.2.2021). Nach dem geltenden iranischen Strafgesetzbuch liegt es im Ermessen der Richter, Personen, die ihr mutmaßliches Verbrechen als Kinder begangen haben, nicht zum Tode zu verurteilen (HRW 13.1.2021; vergleiche HRC 14.5.2021). Im März 2021 befanden sich über 80 Kinderstraftäter in der Todeszelle (HRC 14.5.2021). In Gefängnissen sind Erwachsene und Minderjährige oftmals nicht getrennt untergebracht (AA 5.2.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Im ’Kapitel über die Strafen’ des iranischen Strafgesetzbuches finden sich detaillierte Vorschriften, wie mit Jugendlichen umzugehen ist. Bei Straftaten, die mit ta‘zir-Strafen bedroht sind, wird gegen Kinder und Jugendliche unter 15 Mondjahren eine Reihe von Erziehungsmaßnahmen verhängt, zwischen zwölf und 15 Jahren sind auch leichte Strafen möglich, wie die Ermahnung des Richters, oder eine Selbstverpflichtung keine Straftaten mehr zu begehen. Bei schweren und mittelschweren Straftaten ist die Unterbringung in einem Erziehungszentrum für drei Monate bis zu einem Jahr, unabhängig von den ebenso vorgesehenen milderen Strafen möglich (Artikel 88 iStGB). Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren werden mit Unterbringung in einer Erziehungsanstalt bestraft, die bei schweren Straftaten bis zu fünf Jahren dauern kann, bei mittelschweren und leichten Straftaten kann stattdessen eine Geldstrafe oder gemeinnützige Arbeit verhängt werden (Artikel 89 iStGB). Bei den hadd- und qisas-Delikten wird eine Person, welche die Strafmündigkeit erreicht hat, aber noch nicht 18 Jahre alt ist, und das Wesen der Straftat und ihres Verbots nicht erfasst hat, oder an deren geistiger und seelischer Reife Zweifel bestehen, je nach den Umständen mit denselben Strafen wie bei ta‘zir-Delikten bestraft (Artikel 91 iStGB). Zur Feststellung derartiger Zweifel kann das Gericht das Gutachten eines Gerichtsmediziners einholen; es kann sich aber auch jedes anderen Mittels bedienen (gesetzliche Erläuterung zu Artikel 91 iStGB). Das bedeutet, dass es beispielsweise Verwandte, Nachbarn, Lehrer oder andere Personen aus dem nahen Umfeld befragen kann. Damit hat das Gericht aber einen so großen Spielraum, dass es die schweren hadd- und qisas-Strafen bei Personen unter 18 Jahren fast immer vermeiden kann. Strafverfahren unter 18-Jähriger, nach iranischem Recht handelt es sich dabei nicht um Minderjährige, werden grundsätzlich gemäß Artikel 304 der iranischen Strafprozessordnung vor einem Gericht für Kinder und Heranwachsende behandelt (BAMF 7.2020).

Das gesetzliche Mindestalter für einvernehmlichen Sex ist das gleiche wie für die Ehe, da Sex außerhalb der Ehe illegal ist. Es gibt keine speziellen Gesetze zur sexuellen Ausbeutung von Kindern, da solche Straftaten entweder unter die Kategorie Kindesmissbrauch oder Sexualdelikte des Ehebruchs fallen (US DOS 30.3.2021). Aufgrund der mangelnden Transparenz der Regierung bezüglich des Menschenhandels in Iran, insbesondere im Hinblick auf Frauen und Mädchen, werden keine Statistiken vorgelegt (NCRI 21.4.2021). Die Regierung meldete keine Strafverfolgungsmaßnahmen zur Bekämpfung des Menschenhandels, und Beamte verübten weiterhin ungestraft Delikte in Bezug auf Menschenhandel, darunter den Sexhandel mit Erwachsenen und Kindern (US DOS 1.7.2021).

1.2.10. Grundversorgung:

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der monatliche Mindestlohn für eine vierköpfige Familie mit einer erwerbstätigen Person liegt bei umgerechnet etwa 100 Euro im Monat (aufgrund Inflation und Wechselkursveränderung stark schwankend). Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei ca. 54,6 Mio. IRR (ca. 400 Euro pro Monat) (AA 5.2.2021).

Angesichts der immer schärferen US-Sanktionen gegen Iran und des dramatischen Währungsverfalls hat sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche BS 2020). Gründe sind die US-Sanktionen und deren extraterritoriale Anwendung und damit Zurückhaltung europäischer Unternehmen vor Geschäften mit Iran, aber auch die Folgen der Corona-Pandemie. Viele Privatunternehmen mussten aufgrund fehlender Devisen und Importmöglichkeiten von Rohstoffen, Bestandteilen oder Ausrüstung die Produktion drosseln oder schließen (ÖB Teheran 11.2021).

Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen, aber auch ein beträchtlicher „Braindrain“, der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft beeinträchtigt (ÖB Teheran 11.2021). Aufgrund der COVID-19-Pandemie haben im Jahr 2020 ca. eine Million Menschen ihren Arbeitsplatz verloren (HRC 14.5.2021). Angesichts der Kaufkrafteinbußen können viele Menschen ihre Lebenserhaltungskosten nur sehr knapp abdecken, jede Verschlechterung führt zu Verzweiflung. So kam es zu lokal begrenzten kurzzeitigen Protesten und Streiks, etwa wegen Gehaltsrückständen und schlechten Arbeitsbedingungen, aufgrund des Preisdrucks in der Produktion (ÖB Teheran 11.2021).

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle (GIZ 12.2020b). Der staatliche Sektor (staatliche und halbstaatliche Unternehmen) macht etwa 80 % der iranischen Wirtschaftstätigkeit aus, während der private und kooperative Sektor nur 20 % ausmacht (BS 2020). So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe (GIZ 12.2020b). Die iranische Regierung ist der größte Monopolist des Landes, gefolgt von den Revolutionsgarden und anderen einflussreichen Institutionen und Menschen. Es gibt ein Gesetz gegen das Monopol, obwohl noch nie ein Unternehmen oder eine Person für monopolistische Maßnahmen zur Rechenschaft gezogen wurde (BS 2020). Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85 % der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Problematisch sind auch die völlig veralteten Förderanlagen und Raffinerien des Landes. Aufgrund der Sanktionen konnten diese nicht modernisiert werden. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin lange staatlich subventioniert wurde, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11 % des BIP. Hebt die Regierung den Benzinpreis an oder begrenzt die ausgegebenen Rationen, führt das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 12.2020b). Soziale Unzufriedenheit war in den letzten Jahren mehrmals der Hintergrund von Unruhen in der Bevölkerung. Bei den gewalttätigen Unruhen im November 2019 starben Hunderte Menschen (Landinfo 12.8.2020) und Tausende wurden verletzt (FH 3.3.2021).

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads (GIZ 12.2020b; vergleiche BS 2020). Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company. Politisch steht sie den Revolutionswächtern nahe, viele ihrer hohen Beamten kommen aus deren Reihen. Vor allem mit Hilfe dieser Stiftungen, die beide offiziell direkt dem Revolutionsführer unterstehen, setzt der iranische Staat seine Vorstellungen einer islamischen Wirtschaftspolitik um und verteilt großzügig Gelder für politische Gefälligkeiten (GIZ 12.2020b). Diese Institutionen sind weder der Regierung noch der Justiz gegenüber rechenschaftspflichtig. Außerdem genießen die Bonyads viele Privilegien wie Steuerbefreiungen und einen ausschließlichen Zugang zu lukrativen Regierungsverträgen (BS 2020).

1.2.11. Sozialbeihilfen:

Dem Arbeitsministerium ist die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten 'Hohen Versicherungsrat' (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Der Hauptversicherer ist die 'Organisation für Sozialversicherung' (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in das System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden (ÖB Teheran 11.2021). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Beitragsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von ca. 20 Euro pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80 % des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 500.000 IRR (ca. 2 Euro, sog. Yarane; Umrechnungskurs stark schwankend) (AA 5.2.2021). Selbstständige und Beamte sind nicht Teil der Arbeitslosenversicherung, da angenommen wird, dass ihre Arbeitsverträge nicht gekündigt werden können (Landinfo 12.8.2020).

Iranischen Bürgern stehen unterschiedliche Arten von Versicherungsschutz zur Verfügung. Bei der obligatorischen Versicherung werden Arbeitnehmer von den Arbeitgebern versichert. 7 % der Prämie werden von den Arbeitnehmern und 23 % von den Arbeitgebern gezahlt. Weiters steht den Eigentümern der Unternehmen eine freiwillige Abdeckung zur Verfügung. Es gibt drei Prämiensätze von 12 %, 14 % und 18 %, die zulasten der Versicherten gehen. Das System deckt alle Angestellten und Freiberuflichen ab, wobei Letztere zwischen verschiedenen Stufen wählen können. Ein freiwilliger Versicherungsschutz ist für zuvor versicherte Personen zwischen 18 und 50 Jahren verfügbar. Dieser ist vollständig von der versicherten Person zu zahlen. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Generell ist für Angestellte die Mitgliedschaft im Sozialversicherungssystem verpflichtend. Die Sozialversicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Zuschüsse und Leistungen werden auf Basis des Gehalts (insbesondere der letzten zwei Jahre) der zu versichernden Person berechnet, sowie auf Basis der monatlichen Zahlungen bei privat versicherten Personen. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Angestellte müssen 7 % des monatlichen Gehalts abgeben, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag bezahlen (IOM 2021). Die Mittel für die Altersrente werden durch gemeinsame Beiträge der versicherten Person, des Arbeitgebers und der Regierung gedeckt und variieren je nach Beitragsjahren. Die Altersrente wird über die Pensionskasse für Beamte, über die Organisation für soziale Sicherheit sowie über 16 weitere Pensionsfonds in Iran bereitgestellt. Die Hinterbliebenenrente wird an Angehörige einer versicherten verstorbenen Person gezahlt. Zu den Angehörigen zählen Witwe/Witwer, Kinder (das heißt Söhne bis zum Alter von 20 Jahren und Töchter bis zur Heirat) und Eltern. Die Rente des Ehepartners beträgt 50 % der Alters- oder Invalidenrente der versicherten Person, während sie für Waisen 25 % und für Eltern 20 % beträgt. Die kombinierte Hinterbliebenenrente darf nicht unter dem gesetzlichen Mindestlohn oder über der Rente des Verstorbenen liegen. In Iran gibt es einen gesetzlichen monatlichen Mindestlohn für ungelernte Arbeitnehmer, der unter Berücksichtigung der Inflation jährlich neu berechnet wird. Im April 2020 lag der Mindestlohn bei 18,34 Millionen Rial (ca. 113 USD). Darüber hinaus zahlt der Staat (praktisch) jeder Familie eine Wohnungs- und Lebensmittelzulage in Form von monatlichen Geldtransfers (yaraneh-ye naqdi), wobei der Gesamtbetrag für einen unverheirateten Arbeitnehmer 25 Millionen Rial (ca. 155 USD) und 30 Millionen Rial (ca. 186 USD) für einen verheirateten Arbeiter pro Monat beträgt. Familienbeihilfe wird im Rahmen von Sozialversicherungssystemen für Eltern gewährt, die mindestens 720 Tage gearbeitet und Beiträge gezahlt haben. Die Familienbeihilfe wird gezahlt, bis das Kind 18 Jahre alt ist oder - wenn es studiert - bis das Studium abgeschlossen ist. Die Familienbeihilfe wird monatlich gezahlt und als das Dreifache des gesetzlichen täglichen Mindestlohns eines ungelernten Arbeitnehmers für jedes Kind berechnet. Die Leistungen werden jährlich angepasst (Landinfo 12.8.2020).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 5.2.2021). Als Teil des iranischen Sozialwesens haben alle iranischen Bürger das Recht auf kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung. Alle Bürger können über die Wohlfahrtsorganisation TAMIN EJTEMAEI eine Sozialversicherung beantragen. Darüber hinaus können Leistungen von Arbeitgebern oder privaten Anbietern und Organisationen angeboten werden (IOM 2021).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die 'sadeqe', die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, dass der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 12.2020b). Die staatliche Wohlfahrtsorganisation betreibt Selbsthilfegruppen für Familien in schwierigen Situationen, die in Familienzentren organisiert sind. Einige erhalten Unterstützung bei der Arbeitssuche. Ein Projekt mit einem Mikrofinanzierungsansatz umfasst 50.000 Menschen - nicht nur Frauen, sondern auch Landbevölkerung und andere. Ziel ist es, die Armut zu verringern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf weiblichen Ernährern. Es gibt ca. drei Millionen Familien, die von Frauen geführt werden. 180.000 von ihnen werden von der staatlichen Wohlfahrtsorganisation betreut. Das Budget ist begrenzt und nicht alle Bedürftigen erhalten Hilfe. Die Leistungen gehen nicht unbedingt an die Frauen, sondern können beispielsweise die Bildung für Kinder abdecken (Landinfo 12.8.2020).

1.2.12. Medizinische Versorgung:

Seit der Islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert allen Bürgern das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung (ÖB Teheran 11.2021). Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität, deren Rektor die Verantwortung für das Gesundheitswesen in der betroffenen Provinz trägt (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche IOM 2021). Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche Landinfo 12.8.2020). Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird (ÖB Teheran 11.2021). Neben den medizinischen Universitäten wird ein Teil der Dienstleistungen von Versicherungsunternehmen und den Provinz- und Bezirkseinheiten erbracht. Die dezentralen Einrichtungen (Gesundheitshäuser, ländliche Gesundheitszentren) bieten in den Räumlichkeiten der medizinischen Universitäten kostenlose Dienstleistungen an. An anderer Stelle bezahlt die erkrankte Person einen kleinen Betrag, um eine medizinische Behandlung zu erhalten (IOM 2021). Darüber hinaus gibt es im ganzen Land viele NGOs und Wohltätigkeitsorganisationen, die Gesundheitseinrichtungen betreiben, deren Zugang auf einer Bedarfsanalyse basiert, ohne dass auf einen vorherigen Versicherungsschutz Bezug genommen wird. Die Mahak-Gesellschaft zur Unterstützung krebskranker Kinder ist beispielsweise ein bekanntes gemeinnütziges Forschungs-, Krankenhaus- und Rehabilitationszentrum für Kinder mit Krebs. Die Patienten werden von Ärzten im ganzen Land an Mahak überwiesen. Laut einem Vertreter von Mahak wird jedes Kind, bei dem Krebs diagnostiziert wird, entweder im Mahak-Krankenhaus oder in anderen Krankenhäusern behandelt. Mahak deckt auch die Behandlung von Patienten in anderen Krankenhäusern in Iran ab. Die Behandlung ist kostenlos und die Patienten müssen nicht versichert sein, um eine Behandlung zu erhalten. Selbst Verwandte können bei der Begleitung ihrer kranken Kinder eine Finanzierung für die Unterkunft erhalten. Mahak empfängt Krebspatienten auch aus mehreren Nachbarländern (Landinfo 12.8.2020).

Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 11.2021). Der Rote Halbmond ist auch die zentrale Stelle für den Import von speziellen Medikamenten, die für Patienten in speziellen Apotheken erhältlich sind. In jedem Bezirk gibt es Ärzte, die dazu verpflichtet sind, Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitszentrum kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2021).

Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Das Gesundheitswesen ist zwar fast flächendeckend - laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung - die Qualität schwankt jedoch (GIZ 12.2020c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung, gerade bei Notfällen oder Unfällen, ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischen Standards. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 24.11.2021a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede zwischen den Regionen. Folgende Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Khorasan sowie Sistan und Belutschistan. Es ist davon auszugehen, dass sich eine Vielzahl an Haushalten keine ausreichende Gesundheitsversorgung leisten kann. Gesundheitsdienste sind geografisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 11.2021).

Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen 'Behvarz' (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird. In Städten übernehmen sogenannte 'Gesundheitsposten' in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser. Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren anzufinden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB Teheran 11.2021). Bis zu 90 % der Bevölkerung in ländlichen Regionen haben Zugang zu Basisgesundheitsdienstleistungen. Auch in städtischen Regionen gibt es eine Vielzahl an Gesundheitszentren (IOM 2021). Weitere staatliche Institutionen wie die Iranian National Oil Corporation, die Justiz und Revolutionsgarden betreiben ihre eigenen Krankenhäuser. Die medizinische Belegschaft in Iran umfasst insgesamt mehr als 51.000 Allgemeinärzte, 32.000 Fachärzte, 115.000 Krankenschwestern, 33.000 Hebammen und 35.000 örtliche Gesundheitshelfer (behvarz) (Landinfo 12.8.2020). Im Jahr 2020 wurden 161 Projekte zum Bau ländlicher Gesundheitszentren abgeschlossen. Somit wurde der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen verbessert. Daneben hat das Überweisungssystem bei Hausärzten dazu beigetragen, dass Servicepakete für Prävention, Pflege und Behandlung auch in ländlichen Gebieten angeboten werden (IOM 2021).

Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen erheblich zugenommen haben, müssen noch immer out-of-pocket-Zahlungen von den versicherten Personen geleistet werden (ÖB Teheran 11.2021). Es ist jedoch anzuführen, dass der Anteil derartiger Zahlungen durch die Patienten in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist. Vor dem Health Transformation Plan im Jahr 2014 waren Out-of-pocket-Zahlungen die Hauptfinanzierungsquelle, und lagen über 50 % der Kosten. 2010 erreichten die Zahlungen einen Höchststand von 58 %, während sie bis 2016 auf 35,5 % zurückgingen. Dies ist jedoch noch weit von dem erklärten Ziel entfernt, die Out-of-pocket-Zahlungen auf unter 30 % zu senken. Dies bedeutet, dass das Zahlungssystem nach wie vor weitgehend auf Servicegebühren sowohl im öffentlichen als auch im privaten Gesundheitswesen basiert (Landinfo 12.8.2020). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, dass die Versorgung des Kranken mit Gütern des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 12.2020c). Iran verwendet interne Referenzpreise für Arzneimittel, was bedeutet, dass Arzneimittel zum Preis des Referenz-Arzneimittels erstattet werden und die Patienten die Möglichkeit haben, teurere Arzneimittel zu kaufen und die zusätzlichen Kosten zu bezahlen. Der Erstattungspreis wird von der Regierung festgelegt, während Hersteller, Händler oder Einzelhändler ihren eigenen Arzneimittelpreis festlegen können (Landinfo 12.8.2020).

Alle iranischen Staatsbürger inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen (PHC) sowie weitere Angebote. Es gibt zwei verschiedene Arten von Krankenversicherungen, jene über den Arbeitsplatz oder eine private Versicherung. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI www.tamin.ir/. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt. Um eine Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig. Zusätzliche Dokumente können später gegebenenfalls angefordert werden (IOM 2021).

Allen iranischen Bürgern stehen mehrere Arten eines primären Krankenversicherungsschutzes zur Verfügung, darunter Tamin-Ejtemaei, Salamat, Khadamat-Darmani und Nirouhaye - Mosalah. Der Krankenversicherungsschutz umfasst medizinische Behandlungen und die Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen. Im Allgemeinen ist der primäre Krankenversicherungsschutz begrenzt. Für weitere medizinische Dienstleistungen kann zusätzlich eine private Krankenversicherung abgeschlossen werden (IOM 2021). Die 'Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste' (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die 'Imam Khomeini Stiftung', um nicht versicherte Personen - etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge. Registrierte afghanische Flüchtlinge können sich in der staatlichen Krankenversicherung registrieren (ÖB Teheran 11.2021).

Da es keine allgemein akzeptierte Definition für schutzbedürftige Personen gibt, ist es schwierig, diese Gruppe zu spezifizieren. Dennoch gibt es einige NGOs, die sich auf einen bestimmten Kreis Betroffener spezialisieren. Allgemein gibt es zwei Arten von Zentren, die Unterstützung für schutzbedürftige Gruppen in Iran leisten, nämlich öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen, sich oft an kleinere, spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, die Projekte zu Gender, alten Menschen, Menschen mit Behinderung (inklusive psychischer Probleme), ethnische und religiöse Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem sozio-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen, Suchtbehandlung etc. Die Imam Khomeini Relief Foundation bietet Dienstleistungen für Frauenhaushalte, Waisen, Familien von Häftlingen usw. an, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Der Zugang zu öffentlichen Angeboten ist für alle Bürger gleich. Dennoch gibt es zusätzliche Unterstützung für schutzbedürftige Gruppen, die von den Gemeinden/Organisationen abgedeckt werden (IOM 2021).

Im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen Iran ist es zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen (IOM 2021; vergleiche Landinfo 12.8.2020, HRC 14.5.2021). Obwohl auf dem Papier Medikamente und Lebensmittel von den Sanktionen nicht betroffen sind, ist es seit 2020 u.a. wegen fehlender Zahlungskanäle zu mehr Engpässen bei bestimmten Medikamenten wie z.B. Insulin gekommen (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche HRC 14.5.2021). Das Gesundheitsministerium ist sehr bemüht, den Bedarf an Medikamenten zu decken. Aufgrund der mangelnden Devisen steigen aber die Preise der Medikamente, die aus dem Ausland eingeführt werden, sodass schwache Gesellschaftsschichten sich diese nicht mehr leisten können. Viele Medikamente werden in Iran selbst produziert, jedoch oftmals nicht in entsprechender Qualität (ÖB Teheran 11.2021). Im Generellen gibt es aber keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Pharmazeutika werden zumeist unter Führung des Gesundheitsministeriums aus dem Ausland importiert. Zusätzlich gibt es für Bürger Privatkrankenhäuser mit Spezialleistungen in größeren Ballungsräumen. Die öffentlichen Einrichtungen bieten zwar grundsätzlich fast alle Leistungen zu sehr niedrigen Preisen an, aber aufgrund langer Wartezeiten und überfüllter Zentren, entscheiden sich einige für die kostenintensivere Behandlung bei privaten Gesundheitsträgern (IOM 2021).

1.2.13. Rückkehr:

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus (AA 5.2.2021). In der iranischen Gesetzgebung gibt es kein Gesetz, das die Beantragung von Asyl im Ausland strafbar macht (Cedoca 30.3.2020). In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden (AA 5.2.2021). Allerdings gibt es zum Thema Rückkehrer nach wie vor kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 11.2021).

Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Eine Einreise ist lediglich mit einem gültigen iranischen Reisepass möglich. Die iranischen Auslandsvertretungen sind angewiesen, diesen jedem iranischen Staatsangehörigen auf Antrag auszustellen (AA 5.2.2021).

Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird das Risiko für Repressionen eher gering ausfallen (DIS/DRC 23.2.2018).

Iraner, die im Ausland leben und sich dort öffentlich regimekritisch äußern, können von Repressionen bedroht sein, nicht nur, wenn sie nach Iran zurückkehren. 2019 und 2020 wurden zwei Exil-Oppositionelle im Ausland verschleppt und sind derzeit in Iran inhaftiert. In Belgien läuft ein Gerichtsprozess gegen einen iranischen Diplomaten, der 2018 einen Anschlag auf das Jahrestreffen der oppositionellen Volksmudschaheddin in Paris geplant haben soll (AA 5.2.2021). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online-Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Iraner oder Ausländer, die bestimmte Straftaten im Ausland begangen haben und in Iran festgenommen werden, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Auf die Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss; die Gerichte erlassen eigene Urteile. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind jedoch keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 5.2.2021).

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Beschwerdeführern:

2.1.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihren familiären Verhältnissen zueinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit, zur Herkunft und zum gemeinsamen Wohnsitz des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin, zu den Familienangehörigen im Iran sowie zum regelmäßigen Kontakt sowohl des Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführerin zu ihren jeweiligen Angehörigen, zur Ausreise aus dem Iran sowie zum weiteren Reiseweg ergeben sich aus dem Akteninhalt vergleiche hierzu insbesondere die vorgelegte Heiratsurkunde) sowie aus dem bezüglich dieser Feststellungen widerspruchsfreien und daher glaubhaften Vorbringen des Erstbeschwerdeführers und der Zweitbeschwerdeführerin im gesamten Verfahren. Ebenso gründen die Feststellungen zur ersten Ehe des Erstbeschwerdeführers, zu seinem minderjährigen Sohn aus dieser Ehe und zu seiner Scheidung auf den Angaben des Erstbeschwerdeführers vor dem Bundesverwaltungsgericht und wurden darüber hinaus durch die vorgelegte Scheidungsurkunde vom römisch 40 .10.2010 bestätigt. Ferner ist für die zuständige Einzelrichterin auch kein Grund erkennbar, weshalb diese Angaben unwahr sein sollten, zumal diese das Vorbringen der Beschwerdeführer zu ihrer behaupteten Bedrohungssituation nicht stützen. Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zur unrechtmäßigen Einreise der beiden Beschwerdeführer in das österreichische Bundesgebiet und zur Stellung ihrer Anträge auf internationalen Schutz aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur minderjährigen Drittbeschwerdeführerin gründen auf dem diesbezüglichen Akteninhalt, insbesondere auf der vorgelegten Geburtsurkunde vom römisch 40 .09.2018.

2.1.2. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin wurden im gegenständlichen Verfahren im Zuge der mündlichen Verhandlung ausführlich sowohl zu ihren Ausreisegründen als auch zu ihrer behaupteten Hinwendung zum christlichen Glauben befragt, es ist ihnen jedoch nicht gelungen, mit ihrem Vorbringen eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. Dies aus folgenden Gründen:

2.1.2.1. Zu den Ausreisegründen der Beschwerdeführer:

Betreffend das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen ist generell anzumerken, dass dieses Vorbringen in wesentlichen Teilen Widersprüche aufweist und in sich nicht stimmig bzw. teilweise auch ausgesprochen vage ist. Diesbezüglich ist zunächst auf die Angabe in der Erstbefragung zu verweisen. Hier brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass er verfolgt worden sei, weil er Musik gelehrt habe. Dies werde vom iranischen Staat nicht gebilligt und bestraft. Bei einer Rückkehr sei sein Leben in Gefahr. Hingegen gab er in der Einvernahme vor dem Bundesamt an, er habe keine Probleme gehabt, weil er Musiklehrer gewesen sei, sondern weil die Texte, die er gesungen habe, von den Behörden genehmigt hätten werden müssen. Ferner brachten sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin in ihren jeweiligen Erstbefragungen vor, dass sie bei einer Rückkehr verhaftet und hingerichtet werden würden. Auch Bekannte seien hingerichtet worden. Allerdings haben weder der Erst- noch die Zweitbeschwerdeführerin diesen Teil des Vorbringens im weiteren Verlauf des Verfahrens auch nur ansatzweise erwähnt, was nicht nachvollziehbar ist, da anzunehmen ist, dass die tatsächliche Hinrichtung von Bekannten auch emotional nahegeht, sodass dies – bei Zutreffen der Behauptung – im Verfahren wohl weitere Erwähnung gefunden hätte. Befragt nach sonstigen Problemen im Iran gab der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 lediglich an, dass die Regierung eine islamische Regierung sei und ihm die Vorschriften nicht gefallen hätten, er sie jedoch erdulden haben müsse. Dass er in diesem Zusammenhang die Hinrichtung von Bekannten nicht erwähnt, ist nicht nachvollziehbar. An dieser Stelle ist darauf zu verweisen, dass es auf dem Boden der gesetzlichen Regelung des Paragraph 19, Absatz eins, AsylG dem Bundesverwaltungsgericht nicht verwehrt ist, die Angaben der Beschwerdeführer in der Erstbefragung bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit ihres Vorbringen heranzuziehen (wobei diese fallgegenständlich ohnehin lediglich ein weiteres Indiz sind; der wesentliche Teil der Beweiswürdigung stützt sich nicht auf die Angaben in der Erstbefragung), es bedarf aber sorgsamer Abklärung und auch der in der Begründung vorzunehmenden Offenlegung, worauf diese fallbezogen zurückzuführen sind vergleiche VwGH vom 10.11.2015, Ra 2015/19/0189).

Weitere Widersprüche bzw. Ungereimtheiten finden sich im Vorbringen des Erstbeschwerdeführers betreffend seine behauptete Anhaltung durch die Polizei wenige Tage vor seiner Ausreise. So gab er bei der Einvernahme vor dem Bundesamt an, dass in seinem Auto eine Flasche Wein, seine Gitarre und Noten zu Musikstücken mit Texten über das Christentum sowie eine persische Bibel gefunden worden seien. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht brachte er zu den in seinem Auto gefundenen Gegenständen vor, es seien Rotwein, die Instrumententasche mit Instrument und Lieder über Jesus Christus gefunden worden. Diese Angabe wiederholte der Erstbeschwerdeführer in derselben Verhandlung dahingehend, dass in seinem Fahrzeug sein Instrument und Rotwein sowie ein Lied, dass er über Jesus Christus geschrieben habe, gewesen seien. Nicht nachvollziehbar ist für das Bundesverwaltungsgericht, dass der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung die persische Bibel, die angeblich auch in seinem Auto gewesen sein soll, nicht erwähnt hat. Auf den diesbezüglichen Vorhalt gab er lediglich an, dass es eine kleine Bibel gewesen sei; jedoch keine komplette Bibel, sondern nur ein Teil davon. Ferner gab der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass er am Rückweg von einer Hauskirche gewesen sei, als ihn die Polizei aufgehalten habe. Er habe in Teheran die Hauskirche besucht und dort habe er auch die Bibel bekommen. Hingegen führte er in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt aus, dass er private Hauskirchen nicht besucht habe, sondern in Privatgärten gewesen sei, um nicht aufzufallen. Auf Vorhalt dieser Widersprüche betreffend den Besuch von Hauskirchen gab der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung ausweichend an, es sei „wie eine Hauskirche in einem Garten“ gewesen. Es sei keine Hauskirche gewesen, aber sie hätten das gemacht, was man auch in einer Hauskirche mache. Aber auch betreffend den Zeitpunkt der behaupteten Suche der Polizei nach dem Erstbeschwerdeführer bei seiner Mutter findet sich ein gravierender Widerspruch in seinen Aussagen. Vor dem Bundesamt brachte er vor, als er mit der Zweitbeschwerdeführerin im Dorf römisch 40 gewesen sei, habe ihm seine Mutter am Telefon gesagt, dass die Polizei da gewesen sei. Daraufhin habe er den Mann seiner Cousine angerufen, der ihm den Schlepper vermittelt habe. Hingegen gab der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 an, dass er mit seiner Mutter telefoniert habe, als sie den Iran verlassen hätten, und sie ihm gesagt habe, dass die Polizei bei ihr gewesen sei und nach ihm gefragt habe. Auf den diesbezüglichen Widerspruch angesprochen führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass er in dieser Situation die Zeit nicht richtig habe einschätzen können. Er sei gestresst gewesen und habe Angst gehabt. Auf nochmaligen Vorhalt, er müsse doch wissen, ob er ausgereist sei, weil er von seiner Mutter gehört habe, dass die Polizei nach ihm suche oder, ob er ohne diese Information ausgereist sei, verwies er darauf, dass er schon einmal eine „Mahnung“ erhalten habe und nicht genau wisse, was davor oder danach gewesen sei. Für das Bundesverwaltungsgericht ist allerdings nicht nachvollziehbar, dass sich der Erstbeschwerdeführer nicht mehr daran erinnern kann, ob er sich zur Ausreise entschlossen hat, weil er von seiner Mutter wusste, dass die Polizei nach ihm sucht oder, ob er unabhängig davon bzw. bevor er von seiner Mutter diese Information erhalten haben will, den Mann seiner Cousine wegen eines Schleppers kontaktiert hat. Allerdings ist auch das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin betreffend den Zeitpunkt, als sie von der Mutter des Erstbeschwerdeführers erfahren hätten, dass die Polizei nach ihm gesucht habe, widersprüchlich. Sie gab vor dem Bundesamt – ebenso wie der Erstbeschwerdeführer – an, sie hätten das Land verlassen, als sie erfahren hätten, dass jemand den Erstbeschwerdeführer gesucht habe. Hingegen gab sie in der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 an, dass sie über das Telefonat zwischen dem Erstbeschwerdeführer und seiner Mutter nichts wisse.

Betreffend die vom Erstbeschwerdeführer angeführte „Mahnung“ ist ebenfalls auf einige Ungereimtheiten in seinem Vorbringen zu verweisen. So gab er auf die Frage nach der von ihm erwähnten „Mahnung“ in der mündlichen Verhandlung an, dass er sich „damals“ mit anderen im Wald versammelt und musiziert habe. Sie hätten auch Alkohol getrunken und seien kontrolliert worden. Dann hätten sie unterschreiben müssen, dass dies nicht mehr vorkomme bzw. dass er nichts mit Alkohol und Instrumenten zu tun haben werde. Betreffend diesen Vorfall führte der Erstbeschwerdeführer in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt aus, dass er in Untersuchungshaft gewesen sei. Er habe Probleme mit den Milizen gehabt; sie hätten unterwegs immer die Leute kontrolliert. Einmal seien seine Musikinstrumente beschlagnahmt worden und sie hätten auch Probleme mit einem CD-Player im Auto. Er sei für eine Nacht von den Basiji inhaftiert worden. Man müsse unterschreiben, dass man „diese Dinge“ unterlasse, dann werde man freigelassen. Auf Vorhalt, dass der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesamt vorbrachte, er sei eine Nacht inhaftiert gewesen, was er vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr erwähnte und, dass man es sich doch merken müsse, wenn man eine Nacht inhaftiert gewesen sei, gab der Erstbeschwerdeführer lediglich vage an, wenn man von der Polizei erwischt werde, werde man zur Polizeistation gebracht und dort würden sie alles regeln. Wenn im Iran junge Menschen musizieren würden, seien sie kontrolliert, zur Polizeistation gebracht und eine Nacht inhaftiert worden. Man bleibe für ein paar Stunden in einem Raum und werde dann freigelassen. Details zu der behaupteten einmaligen Inhaftierung konnte der Erstbeschwerdeführer allerdings nicht nennen, sondern gab vor dem Bundesverwaltungsgericht lediglich an, dass er sich nicht erinnern könne. Am Rande ist allerdings noch zu erwähnen, dass der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesamt vorbrachte, nicht von der Polizei, sondern von den Basiji „erwischt“ worden zu sein und weiters angab, von Regierungsseite nie verhaftet worden zu sein.

In einer Gesamtbetrachtung ist daher festzuhalten, dass es dem Erstbeschwerdeführer nicht gelungen ist, mit seinem Vorbringen zu den Ausreisegründen aus dem Iran eine glaubhafte Furcht vor Verfolgung in asylrelevanter Intensität darzulegen.

Betreffend seine musikalischen Tätigkeiten im Iran gab der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 an, dass er an den Wochenenden in einer privaten Einrichtung Kinder in „orientalische Instrumente“ unterrichtet habe. Dies ergänzte er in der Verhandlung am 04.05.2022 dahingehend, dass er als Musiklehrer im Iran traditionelle Musik unterrichtet und gespielt habe. Vor dem Bundesamt brachte er diesbezüglich vor, dass er keine Probleme gehabt habe, weil er Musiklehrer gewesen sei. Aufgrund dieser Angaben und vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen, dass das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers betreffend seine Anhaltung durch Zivilpolizisten sowie hinsichtlich der „Mahnung“ durch die Basiji nicht glaubhaft ist – sohin auch nicht glaubhaft ist, dass der Beschwerdeführer christliche Musik gespielt bzw. bei ihm christliche Texte gefunden wurden – war die Feststellung zu treffen, dass der Erstbeschwerdeführer aufgrund seiner musikalischen Tätigkeiten keine Verfolgung von den staatlichen iranischen Behörden zu befürchten hat.

Abgesehen von dem bereits erwähnten, nicht als glaubhaft gewerteten Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung, sie würde verhaftet werden, was im weiteren Verlauf des Verfahrens weder nochmals erwähnt noch substanziiert begründet wurde, gab sie zu ihren eigenen Ausreisegründen lediglich an, dass sie mit dem Erstbeschwerdeführer geflüchtet sei und sich nicht trennen wolle. Auch vor dem Bundesamt und vor dem Bundesverwaltungsgericht verwies sie auf den „Vorfall“ betreffend den Erstbeschwerdeführer und gab dazu an, dass sie selbst bei diesem Vorfall nicht dabei gewesen sei. Betreffend eigene Ausreisegründe gab die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt an, dass ihr selbst nichts passiert sei und in der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 brachte sie vor, dass sie selbst keine Probleme mit den iranischen Behörden gehabt habe, sodass zusammengefasst die Feststellung zu treffen war, dass betreffend die Zweitbeschwerdeführerin keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht wurden.

Auch betreffend die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht. In der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 gaben sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin an, dass die Drittbeschwerdeführerin keine eigenen Fluchtgründe habe.

Dass die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich einen nicht-konservativen Kleidungsstil pflegt, wird nicht in Abrede gestellt. Sie konnte jedoch nicht glaubhaft machen, dass sie eine „westliche Lebensweise“ in Österreich angenommen hat, bei deren weiterer Pflege im Herkunftsstaat sie einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre. Diesbezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch vor dem Bundesverwaltungsgericht substanziiert erstattet wurde. Ferner ist festzuhalten, dass es der Zweitbeschwerdeführerin bereits vor ihrer Ausreise möglich war, eine zwölfjährige Schulausbildung zu absolvieren und sie in der Folge als Verkäuferin berufstätig war und durch diese Arbeit auch ihren Lebensunterhalt verdienen konnte. Auch wurde kein Vorbringen erstattet, dass es der Zweitbeschwerdeführerin nicht möglich gewesen wäre, sich im Iran frei zu bewegen, sondern – im Gegenteil – hat sie im Iran sogar ihren Führerschein gemacht vergleiche hierzu den mit deutscher Übersetzung vorgelegten iranischen Führerschein, ausgestellt am 25.05.2014). Aus ihrem Vorbringen konnte weiters nicht ersehen werden, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin von ihrer Lebensführung im Iran seit ihrer Einreise nach Österreich maßgeblich entfernt hat. So geht sie in Österreich keiner Beschäftigung nach und ist aktuell auch nicht ehrenamtlich tätig. Ihr Leben in Österreich dreht sich in erster Linie um Kindererziehung bzw. Kinderbetreuung.

2.1.2.2. Zur Konversion bzw. zur behaupteten Hinwendung zum christlichen Glauben:

Die Feststellung zur Taufe des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin nach römisch-katholischem Ritus sowie zu ihren Firmungen gründet auf den vorgelegten Taufscheinen der Pfarre römisch 40 vom römisch 40 .04.2018. Dass die Drittbeschwerdeführerin ebenfalls getauft wurde, ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die weiteren Feststellungen betreffend die musikalischen Tätigkeiten des Erstbeschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben und aus den diesbezüglich vorgelegten Bestätigungen. Das Bundesverwaltungsgericht hat keinen Zweifel daran, dass es sich beim Erstbeschwerdeführer um einen talentierten Musiker handelt, der bereits im Iran unter anderem auch als Musiklehrer tätig war. Bereits in seiner Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er in der Kirche Musik spiele und orientalische Musik lehre. In der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 brachte er vor, dass er in der römisch 40 , in römisch 40 und in der römisch 40 für das Musizieren zuständig sei. Ferner führte er aus, dass er bei der musikalischen Vorbereitung von Messen zu persischen Gedichten oder Liedern auf traditionelle Art musiziere und auch selbst Lieder schreibe. Weiters ändere er auch klassisch westliche Lieder und spiele orientalische Musik dazu. Diese Angaben des Erstbeschwerdeführers wurden durch zahlreiche Bestätigungsschreiben untermauert vergleiche z.B. Schreiben des Obmanns des römisch 40 vom römisch 40 .11.2017, Bestätigung der Pastoralassistentin der römisch 40 vom römisch 40 .06.2018, Schreiben eines interkulturellen Vereins vom römisch 40 .09.2021 etc.). Auch dem Schreiben der – als Zeugin benannten, jedoch am Verhandlungstag verhinderten – Pastoralassistentin der römisch 40 ist zu entnehmen, dass der Erstbeschwerdeführer ein begnadeter Musiker sei. Als Musiker sei er auch mit selbst komponierten Liedern bei diversen Veranstaltungen wie beispielsweise die Lange Nacht der Kirchen oder auch bei liturgischen Feiern dabei. An dieser Stelle ist allerdings ebenso anzumerken, dass für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund ersichtlich ist, dass der Erstbeschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran nicht wieder als Musiker bzw. Musiklehrer tätig sein kann. Seinen eigenen Angaben zufolge musiziert er zu persischen Gedichten und Liedern auf traditionelle Art und vertont klassisch westliche Musikstücke orientalisch. Aus welchen Gründen es ihm nicht möglich sein könnte, im Iran ebenso zu persischen Gedichten und Liedern traditionell zu musizieren (wie er es offenbar auch schon vor seiner Ausreise getan hat) bzw. westliche Stücke orientalisch zu vertonen, ist nicht erkennbar und wurde auch kein derartiges Vorbringen erstattet. Ebenso wenig wurde vorgebracht, dass es dem Erstbeschwerdeführer nicht zumutbar sein sollte, bei einer Rückkehr in den Iran auf das Spielen christlicher Musik bzw. auf das Vertonen von Texten mit christlichen Inhalten zu verzichten.

Betreffend die weiteren Feststellungen in Zusammenhang mit der (Schein)konversion des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ist zunächst auf ihre Angaben in der Erstbefragung zu verweisen. In dieser brachten beide Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise vor Christen bzw. Konvertiten zu sein, sondern ist den Angaben des Erstbeschwerdeführers zu entnehmen, dass er ohne Religionsbekenntnis sei und die Zweitbeschwerdeführer gab zu ihrer Religion „Islam“ an. Grundsätzlich ist anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht nicht davon ausgeht, dass die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zu Ausreise zwangsläufig in jedem Fall dazu führt, dass alle in Zusammenhang mit der Konversion stehenden weiteren Aktivitäten nur zum Schein mit dem Ziel der Asylerlangung gesetzt werden. Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht in den vorliegenden Fällen – nicht zuletzt auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung hinterlassen haben – keinen Zweifel daran, dass es sich gegenständlich um Scheinkonversionen zum Zweck der Asylerlangung handelt und nicht um eine aus innerer Überzeugung erfolgte Hinwendung zum Christentum. Dies aus folgenden Gründen:

Wenn sich die Beschwerdeführer tatsächlich bereits im Iran zum Christentum hingezogen gefühlt bzw. tatsächlich seit 2013 bzw. seit ca. zwei Jahren „christliche Treffen“ besucht hätten und aus diesem Grund Verfolgung durch den iranischen Staat befürchten, ist nicht nachvollziehbar, dass dieses Vorbringen nicht bereits schon in den jeweiligen Erstbefragungen erstattet wurde. Nicht nur, dass beide Beschwerdeführer die Frage nach ihrer Religionszugehörigkeit mit „ohne Religionsbekenntnis“ bzw. mit „Islam“ beantwortet haben, haben sie eine Hinwendung zum Christentum nicht einmal ansatzweise erwähnt. Das Beschwerdevorbringen, sie hätten nicht vorgebracht Christen zu sein, da sie damals noch nicht konvertiert seien, überzeugt nicht, da eine innere Hinwendung zum Christentum denklogisch vor einer „offiziellen“ Konversion (durch die Taufe) erfolgt. Dies umso mehr, wenn man dem Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführer hätten sich ca. zwei Jahre mit dem Christentum beschäftigt, was von den iranischen Behörden entdeckt worden sei und sie das Land hätten verlassen müssen, folgt.

Das Bundesverwaltungsgericht zweifelt nicht daran, dass die Beschwerdeführer katholische Messen besuchen – wie erwähnt ist der Erstbeschwerdeführer für die musikalische Begleitung der Messen zuständig – und auch am Pfarrcafé teilnehmen, was allerdings noch lange keine Konversion aus innerer Überzeugung bedingt und zwar auch nicht vor dem Hintergrund, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten sind.

Wenn man das Aussageverhalten des Erstbeschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 einer näheren Betrachtung unterzieht, ist auffällig, dass er – egal um welche Fragen es sich handelt – immer wieder auf seine musikalischen Tätigkeiten zurückkommt. Beispielsweise gab er in Zusammenhang mit seinem Besuch der „ römisch 40 “ lediglich an, dass er ein Jahr sonntags hingegangen sei, um unmittelbar darauf ausschließlich über den römisch 40 zu sprechen, bei dem er mitgesungen hat vergleiche Verhandlungsschrift Seite 8). Auch auf die Frage nach seinen Aktivitäten in den drei Pfarren antwortete der Erstbeschwerdeführer dahingehend, dass er bei Veranstaltungen für das Musizieren zuständig sei und manchmal von einem Freund auf der Gitarre begleitet werde. Ebenso erwähnte der Erstbeschwerdeführer bei der Frage nach dem Ablauf eines katholischen Gottesdienstes, dass Lieder gesungen würden, blieb darüber hinaus jedoch äußerst vage vergleiche Verhandlungsschrift Seite 10: „Zuerst begrüßen wir uns alle, danach wird die Bibel gelesen und darüber gesprochen, anschließend singen wir Lieder, dann findet die Eucharistie statt, wir essen Brot und Wein und dann verabschieden wir uns.“). Nach seinen Aktivitäten zu Ostern befragt verwies der Erstbeschwerdeführer als erstes darauf, dass eine Chorgruppe da gewesen und über Jesus Christus gesprochen worden sei. In der Folge berichtete er vom Programm für Kinder, das in einem Nebenraum gewesen sei, um letztlich zu schließen mit „… dann gingen wir wieder in den Hauptsaal, dann fanden die Eucharistie wieder statt, da haben wir Wein und Brot bekommen, dann haben wir musiziert.“ Auch das anstelle einer Zeugenaussage vorgelegte Schreiben der Pastoralassistentin der römisch 40 vom römisch 40 .04.2022 bezieht sich in erster Linie auf die musikalischen Tätigkeiten des Erstbeschwerdeführers. So wird er als „begnadeter Musiker“ bezeichnet und ist die Pastoralassistentin dankbar, mit dem Erstbeschwerdeführer einen so talentierten Musiker an ihrer Seite zu haben. Abgesehen von den bereits oben erwähnten musikalischen Tätigkeiten des Erstbeschwerdeführers in drei Pfarren, lässt sich dem Schreiben nur entnehmen, dass alle drei Beschwerdeführer die Sonntagsmessen besuchen und am Pfarrcafé teilnehmen, wovon das Bundesverwaltungsgericht allerdings ohnehin ausgeht. Auch ein im Beschwerdeverfahren vorgelegter USB-Stick zeigt den Erstbeschwerdeführer bei verschiedenen Veranstaltungen als Musiker sowie den Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin bei diversen geselligen Zusammentreffen. Eine innere Hinwendung zum Christentum (über die musikalische Ausrichtung bzw. Begleitung der Sonntagsmessen und anderer kirchlicher Veranstaltungen hinaus) des Erstbeschwerdeführers ist aus alldem nicht ersichtlich. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass der Erstbeschwerdeführer über ein durchaus vorhandenes Wissen über das Christentum verfügt, was allerdings aufgrund seiner Tätigkeit als Musiker, die ja im Wesentlichen aus der Vertonung bzw. Wiedergabe christlicher Lieder bzw. Texten besteht, nicht weiter verwunderlich ist. Das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers betreffend seine Hinwendung zum Christentum ist allerdings sehr allgemein gehalten und weist kaum einen persönlichen Bezug auf. In der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 gab der Erstbeschwerdeführer auf die diesbezügliche Frage lediglich an, er sei von Gott „verärgert“ gewesen und habe sich immer gefragt, warum Gott so streng sei. Im „alten Glauben“ gebe es nur Verbote, hingegen spreche man im Christentum nur von der Liebe. Der „neue Gott“ habe ihm Hoffnung gegeben und sein Interesse sei immer größer geworden. Lediglich auf die Fragen seiner Vertreterin konnte der Erstbeschwerdeführer eingehender antworten; so erwähnte er - befragt nach seiner Veränderung seit er sich dem Christentum zugewandt habe – die Bergpredigt und bezog diese auf die Auswirkungen auf sein Leben, wobei allerdings der Eindruck erweckt wurde, dass der Erstbeschwerdeführer auf diese Frage vorbereitet war, da er andernfalls wohl auf vergleichbare Fragen der erkennenden Einzelrichterin ebenfalls mit der Bergpredigt geantwortet hätte. Ferner war in der mündlichen Verhandlung deutlich erkennbar, dass der Erstbeschwerdeführer nicht in der Lage war, nicht vorbereitete Fragen tiefergehend – über Allgemeinplätze hinaus - zu beantworten. So gab er beispielsweise auf die Frage, warum er sich für den katholischen Zweig entschieden habe, an, die katholische Kirche ehre auch Maria und es gebe nicht nur die Bibel, sondern auch andere Bücher in der katholischen Kirche, die wichtig seien. Damit meine er die Menschen, die nicht die Bibel, aber die anderen Bücher geschrieben hätten und nannte diesbezüglich die Apostelbriefe. Nicht nur, dass der Erstbeschwerdeführer nicht wusste, dass die von ihm als „Apostelbriefe“ [gemeint: Apostolische Briefe] Teile des Neuen Testaments und sohin sehr wohl Inhalte der Bibel sind, gab er auf weitere Nachfrage lediglich an, dass damit Menschen missioniert und in andere Städte geschickt worden seien. Über die Apostel wisse er nur so viel vergleiche Verhandlungsschrift Seiten 8 und 9). Auch war dem Erstbeschwerdeführer der Begriff des Ministranten bzw. der Ministrantin nicht bekannt. So gab er auf die diesbezügliche Frage wörtlich an: „Sie können den Gottesdienst veranstalten. Das steht auch in den Sakramenten, dass man sie respektieren soll. Sie wurden bestätigt und man muss sie respektieren.“ vergleiche Verhandlungsschrift Seite 11). Auffällig ist ebenfalls, dass der Erstbeschwerdeführer zu seinem Taufpaten keine näheren Angaben machen konnte. Zu seinem Taufpaten gab er an, er sei ein „spanischer Mann“ namens römisch 40 ; den kompletten Namen wisse er nicht. Dieser habe gesehen, dass die Beschwerdeführer Ausländer seien und habe mit ihnen gesprochen. Dann habe er gemeint, er könne sein Taufpate sein vergleiche Verhandlungsschrift Seite 9). Letztlich ist auch noch darauf zu verweisen, dass der Erstbeschwerdeführer angab, die Möglichkeit der katholischen Beichte nicht zu nützen, was in Anbetracht des Umstandes, dass seit seiner Taufe mehr als vier Jahre vergangen sind, und die Beichte ein wesentlicher Bestandteil des katholischen Christentums ist, im Fall einer tatsächlichen inneren Hinwendung zum Christentum in Form des katholischen Glaubens nicht nachvollziehbar ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht durchaus davon aus, dass beim Erstbeschwerdeführer ein gewisses Interesse am Christentum besteht, allerdings reicht ein „Interesse am Christentum“ zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht aus. Das Bundesverwaltungsgericht gelangt vielmehr zu der Überzeugung (nicht zuletzt auch durch den persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung), dass das hauptsächliche Interesse des Erstbeschwerdeführers an der katholischen Kirche daran liegt, dass er in den drei Pfarren als Musiker – auch gestalterisch - tätig sein kann.

Ebenso wenig vermochte die Zweitbeschwerdeführerin die erkennende Einzelrichterin von ihrer inneren Hinwendung zum Christentum zu überzeugen. Wie erwähnt zweifelt das Bundesverwaltungsgericht nicht daran, dass die Zweitbeschwerdeführerin die katholischen Messen besucht, was nicht weiter verwunderlich ist, da ihr Ehegatte – der Erstbeschwerdeführer – diese wesentlich musikalisch mitgestaltet und sie ihn begleitet, was auch ihren eigenen Angaben zu entnehmen ist. So brachte sie in der mündlichen Verhandlung am 04.05.2022 vor, dass sie drei verschiedene Kirchen besuche, weil der Erstbeschwerdeführer in allen drei Kirchen musiziere und sie ihn begleite vergleiche Verhandlungsschrift Seite 16). Auch das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin geht über Allgemeinplätze nicht hinaus. So gab sie an, sie sei in Österreich ein Jahr lang in die Kirche gegangen, habe das Christentum besser kennengelernt und ihr Glaube sei immer stärker geworden. Als sie die Kirche besucht habe, habe ihr die Atmosphäre sehr gut gefallen und sie habe sich wohlgefühlt vergleiche Verhandlungsschrift Seiten 14 und 15). Hinzu kommt, dass die Zweitbeschwerdeführerin auch nicht über ein tiefergehendes bzw. fundiertes Wissen über das Christentum bzw. über christliche Glaubensinhalte verfügt, was jedoch bei einer tatsächlichen inneren Hinwendung zum Christentum, was sich – den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin zufolge – schon in den letzten beiden Jahren im Iran manifestiert hat, in Zusammenschau mit dem durchaus vorhandenen Bildungsstand der Zweitbeschwerdeführerin erwartet werden kann. So gab sie an, die Kirche, die sie besucht hätten, sei eine katholische Kirche gewesen und daher hätten sie sich für den katholischen Zweig entschieden. Wie die Pfarre bzw. Kirche geheißen habe, wisse sie nicht mehr. Die Frage nach den Unterschieden zwischen dem römisch-katholischen Zweig und anderen christlichen Strömungen konnte sie zwar zunächst dahingehend korrekt beantworten, dass in der katholischen Kirche Priester nicht heiraten dürften, in der protestantischen schon und, dass man in der katholischen Kirche auch zu Maria bete, war jedoch nicht in der Lage, sonstige Unterschiede anzuführen, was wohl erwartet werden kann, da man sich wohl bei einer bewussten Entscheidung für den katholischen Zweig auch mit anderen christlichen Strömungen auseinandersetzt. Beispielsweise brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor, dass in der protestantischen Kirche Kinder nicht getauft würden (wobei anzumerken ist, dass die Taufe wohl das wesentliche Merkmal sämtlicher christlicher Strömungen ist). Auch konnte sie sich an den Namen des Pfarrers, der sie getauft hat, nicht erinnern. Ebenso verhält es sich mit ihrem Taufnamen „ Michaela “. Diesen Namen habe sie gewählt, weil er von den Namen, die zur Auswahl gestanden seien, am schönsten gewesen sei. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit diesem Namen [Anm.: abgeleitet von Erzengel Michael] hat offenbar nicht stattgefunden. Ein weiteres deutliches Zeichen, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin mit der katholischen Glaubenslehre nicht auseinandergesetzt hat, ist ihre Antwort auf die Frage nach weiblichen Priestern in der katholischen Kirche, die sie mit „Frau römisch 40 hält Vorträge.“ beantwortete und auf Nachfrage angab, sie wisse nicht, ob Frau römisch 40 [gemeint: die Pastoralassistentin Mag. römisch 40 ] eine Priesterin sei oder nicht vergleiche Verhandlungsschrift Seite 15). Gerade das Thema „weibliche Priesterschaft“ ist eine in der katholischen Kirche häufig und kontrovers geführte Diskussion und ist nicht nachvollziehbar, dass die Zweitbeschwerdeführerin bei einer tatsächlichen intensiven und inneren Befassung mit dem katholischen Glauben nicht weiß, dass es in der katholischen Kirche eben keine weiblichen Priester gibt. Letztlich ist auch noch auf die Angabe der Zweitbeschwerdeführerin betreffend die Taufe der Drittbeschwerdeführerin zu verweisen. Diesbezüglich brachte sie vor, dass die Drittbeschwerdeführerin getauft sei, weil es in einer katholischen Familie üblich sei, dass Kinder getauft werden würden. Eine intensive Befassung bzw. eine innere Hinwendung zum christlichen bzw. katholischen Glauben ist auch dieser Aussage nicht zu entnehmen.

Dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ist es sohin nicht gelungen, die erkennende Einzelrichterin von einer aus innerer Überzeugung erfolgten Konversion zum Christentum zu überzeugen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Praktizieren ihres Glaubens sich auf außenwirksame Akte (insbesondere betreffend den Erstbeschwerdeführer mit seinen musikalischen Tätigkeiten und damit in Zusammenhang stehend Besuch der sonntäglichen Messen und Teilnahme am Pfarrcafé) beschränkt und eine tatsächliche, tiefergehende Auseinandersetzung mit Glaubensinhalten im Sinne einer nachhaltigen, persönlichen und spirituellen Hinwendung vermissen lässt, sodass in weiterer Folge auch nicht von einer Weitergabe von Glaubensinhalten und dem Verbreiten der Glaubenslehre ausgegangen werden kann. Nach dem Gesamtbild ist nicht von einer Konversion im Sinne einer inneren, tatsächlichen Hinwendung zum Christentum auszugehen, sondern von einer Konversion, welche lediglich zum Schein erfolgt ist. Daran ändert auch nichts ihre in Österreich erfolgten Austritte aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft vergleiche hierzu die vorgelegten Bescheinigungen vom römisch 40 .07.2018), da ein solcher in Österreich ein bloßer Formalakt ist und in keiner Weise ersichtlich ist, dass dieser den iranischen Behörden zur Kenntnis gebracht werden könnte.

2.1.3. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand aller drei Beschwerdeführer ergeben sich aus den Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2022. Der Erstbeschwerdeführer brachte vor, dass er grundsätzlich gesund sei, aber sein Magen schmerze, wenn er Stress habe. Die Zweibeschwerdeführerin gab an, dass sie gesund sei und beide Beschwerdeführer führten hinsichtlich der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin aus, dass diese ebenfalls gesund sei, sodass die Feststellung zu treffen war, dass alle drei Beschwerdeführer weder an einer psychischen noch an einer körperlichen Krankheit leiden, die einer Abschiebung in den Iran aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht. Dass die Beschwerdeführer keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 angehören, ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass es sich bei ihnen um eine im wesentlichen gesunde Personengruppe im Alter von 44, 42 und vier Jahren handelt, die sohin nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Darüber hinaus wurde weder in der mündlichen Beschwerdeverhandlung noch nach der Verhandlung bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt ein derartiges Vorbringen erstattet.

Die Feststellungen zu den Familienangehörigen der Beschwerdeführer und zur derer (finanzieller) Situation im Iran sowie zu ihrer jeweils zwölfjährigen Schul(aus)bildung, zum vierjährigen Studium des Erstbeschwerdeführers, zu den beruflichen Tätigkeiten beider Beschwerdeführer im Iran sowie zum Verdienen ihres Lebensunterhalts durch diese beruflichen Tätigkeiten gründen auf den eigenen Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin im gesamten Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 23.03.2022. Aus all diesen Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich auch die Feststellung zum Vorliegen einer Existenzgrundlage. Bei den beiden Beschwerdeführerin handelt es sich um ein arbeits- bzw. erwerbsfähiges Ehepaar ohne schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen mit jeweils einer guten Ausbildung und beruflicher Erfahrung, die zudem über familiäre bzw. soziale Kontakte in ihrem Herkunftsstaat verfügen. Insbesondere betreffend den Erstbeschwerdeführer wird auch an dieser Stelle auf sein musikalisches Talent und die Möglichkeit, auch im Iran als Musiker und/oder Musiklehrer tätig zu sein verwiesen, zumal er bereits vor der Ausreise Kinder im Zweig „orientalische Instrumente“ unterrichtet hat. Auch wenn die Beschwerdeführer nunmehr Eltern einer vierjährigen Tochter sind, was die Arbeitssuche bzw. Verfestigung am Arbeitsmarkt insbesondere für die Zweitbeschwerdeführerin erschweren kann, ist dennoch darauf zu verweisen, dass es gemäß den getroffenen Länderfeststellungen für Mütter im Iran nicht gänzlich unmöglich ist, einem Beruf nachzugehen, auch wenn der Ehegatte (sohin der Erstbeschwerdeführer) einer Berufstätigkeit zustimmen muss, wovon im vorliegenden Fall jedenfalls auszugehen ist. Auch gibt es im Iran Kindergärten, sodass die Betreuung der Drittbeschwerdeführerin im Fall der Berufstätigkeit der Zweitbeschwerdeführerin sichergestellt wäre. Ferner ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass die Verhältnisse im Iran nicht das Ausmaß erreichen, um von einer Gefährdung ausgehen zu können, die in den Nahebereich des Artikel 3, EMRK gelangen könnte.

Die minderjährige Beschwerdeführerin wird gemeinsam mit ihren Eltern in den Iran zurückkehren und verfügt daher im Iran über beide Elternteile. Da sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin über eine gute Ausbildung sowie Berufserfahrung verfügen, arbeitsfähig sind und von Seiten beider Elternteile Angehörige vorhanden sind, war im Gesamtzusammenhang die Feststellung zu treffen, dass eine Abschiebung der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin nicht dem Kindeswohl widerspricht.

2.1.4. Die Feststellungen zur in Österreich asylberechtigten Schwester des Erstbeschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben und aus dem Akteninhalt. Betreffend diese Schwester brachte der Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 vor, dass sie mit ihrer Familie in römisch 40 wohne, keine finanziellen Abhängigkeiten bestünden und sie einander „alle paar Monate“ besuchen würden. Weitere familiäre Anknüpfungspunkte wurden nicht vorgebracht; die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie keine Angehörigen in Österreich habe.

Dass der Erstbeschwerdeführer seit römisch 40 .03.2022 für die Firma „ römisch 40 “ als Transportunternehmer selbstständig tätig ist, gründet auf dem vorgelegten Arbeitsvertrag vom römisch 40 .03.2022 und wurde darüber hinaus auch vom Erstbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 selbst vorgebracht. Ebenso aus seinen eigenen Angaben ergibt sich die Feststellung zu seiner Berufstätigkeit im Jahr 2018, die durch die Vorlage des Bescheides des AMS römisch 40 vom römisch 40 .08.2018 und eines Dienstvertrages vom römisch 40 .08.2018 bestätigt wurden. Eine Berufstätigkeit der Zweitbeschwerdeführerin während ihres Aufenthalts in Österreich ist nicht ersichtlich und wurde auch von ihr selbst nicht vorgebracht. Die Feststellung zum Bezug der Grundversorgung ergibt sich aus den aktuellen Auszügen aus dem GVS-Register vom 22.08.2022, denen zu entnehmen ist, dass beide Beschwerdeführer nach wie vor als „aktiv“ gemeldet sind und bis 30.04.2022 Leistungen aus der Grundversorgung bezogen haben. Dass der Erstbeschwerdeführer Mitglied eines Chores war und an diversen musikalischen Veranstaltungen teilnimmt, basiert neben seinen eigenen Angaben auf den diesbezüglich vorgelegten Bestätigungen. Die Feststellung zur Zulassung als außerordentlich Studierender der Kunstuniversität römisch 40 ergibt sich aus dem vorgelegten Studienblatt und gab der Erstbeschwerdeführer hierzu an, dass er im Bereich Kunst studieren habe wollen, jedoch die Gebühren nicht zahlen habe können und sohin das Studium nicht fortgesetzt [wohl eher: nicht begonnen] habe. Dass die Zweitbeschwerdeführerin im Jahr 2016 einige Monate in einer Seniorenresidenz ehrenamtlich tätig war, gründet – neben ihren eigenen Aussagen – auf der vorgelegten Bestätigung vom römisch 40 .06.2018. Beide Beschwerdeführer legten das ÖSD-Zertifikat A2 vom römisch 40 .11.2017 (Erstbeschwerdeführer) und vom römisch 40 .12.2017 (Zweitbeschwerdeführerin) vor. Davon, dass sich beide Beschwerdeführer gut in deutscher Sprache verständigen können, konnte sich die erkennende Einzelrichterin in der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführer in Österreich einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis haben, ergibt sich ebenfalls aus ihren Angaben, den vorgelegten Empfehlungsschreiben und ist auch aufgrund der Aufenthaltsdauer in Österreich nachvollziehbar. Letztlich gründet die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer auf vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten aktuellen Strafregisterauszügen.

Die Feststellungen zur minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ergeben sich ebenfalls aus den Angaben der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 23.03.2022. Aufgrund des Kindergartenbesuchs der Drittbeschwerdeführerin ist nachvollziehbar, dass sie über einen altersadäquaten Freundeskreis verfügt. Ebenso ist davon auszugehen, dass sie in der Lage ist, sich in deutscher Sprache altersgemäß zu verständigen. Dass sie sich ebenso altersgemäß in Farsi verständigen kann, gründet auf dem Umstand, dass die Beschwerdeführer mit ihrer Tochter Farsi sprechen, was die erkennende Einzelrichterin zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 selbst wahrnehmen konnte.

2.2. Die aktuellen Feststellungen zur Situation im Iran, welche dem Bundesamt selbstverständlich bekannt sind, beruhen auf der Länderinformation der Staatendokumentation vom 22.12.2021 sowie auf den dort angeführten Quellen und wurden den Beschwerdeführern bzw. ihrer Vertretung mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Mit Stellungnahme vom 03.05.2022 erstatteten die Beschwerdeführer im Wege ihrer Vertretung ein Vorbringen betreffend das Vorliegen einer Verfolgungsgefahr aufgrund Konversion zum Christentum, welches mit der Länderinformation der Staatendokumentation in Einklang zu bringen ist. Auch wurde im Beschwerdeverfahren keine Kritik an diesen Länderberichten geübt.

Bei den von der Staatendokumentation herangezogenen Quellen in der Länderinformation vom 22.12.2021 handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Iran ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19-Erregers kann unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportierten Entwicklungen (auch) im Iran bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Artikel 2 und Artikel 3, EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt, wobei anzuführen ist, dass ein derartiges Vorbringen auch in der mündlichen Verhandlung nicht erstattet wurde. Auch gehört der Iran nicht zu den zehn am meisten betroffenen Ländern. Was die Folgen der COVID-19 Pandemie im Iran betrifft, ist überdies festzuhalten, dass es sich hierbei definitionsgemäß um eine weltweite Problematik handelt und kein Staat absolute Sicherheit vor dieser Erkrankung bieten kann, was auch durch die Entwicklungen in der Europäischen Union und in den Vereinigten Staaten von Amerika belegt wird. Wie festgestellt handelt es sich bei den Beschwerdeführern um ein Ehepaar im (mittleren) Alter von 44 und 42 Jahren mit einer vierjährigen Tochter, die an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leiden, sodass sie keiner Risikogruppe angehören und ist auch aus diesem Grund von keiner realen Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK in Zusammenhang mit COVID-19 auszugehen. Zusammengefasst ist sohin festzuhalten, dass eine Rückkehr der Beschwerdeführer in den Iran aufgrund der derzeitigen Gesundheits- und Versorgungslage zumutbar ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. römisch eins 2013/33 in der Fassung BGBl. römisch eins 2013/122, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 59, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Zur Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten:

3.2.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht.

Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.2.1.2. Sohin ist nach Paragraph 3, Absatz eins, AsylG Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung droht vergleiche VwGH vom 23.01.2019, Ra 2018/01/0442, mwN). Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist also, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht vergleiche VwGH vom 05.03.2020, Ra 2018/19/0576, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche VwGH vom 21.05.2021, Ro 2020/19/0001, mit Hinweis auf VwGH vom 12.03.2020, Ra 2019/01/0472, mwN).

Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche z.B. VwGH vom 23.02.2011, Zl. 2011/23/0064 sowie VwGH vom 28.10.2009, Zl. 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann vergleiche VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 mwN).

3.2.1.3. Im Fall der drei Beschwerdeführer ergibt sich keine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.

Da es dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin nicht gelungen ist, mit ihrem Vorbringen eine Verfolgung bzw. eine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, ergibt sich bereits unter diesem Aspekt keine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“. Eine konkret für die Beschwerdeführer bestehende Verfolgungsgefahr ist nicht erkennbar, sodass – wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich begründet – in einer Gesamtbetrachtung nicht glaubhaft ist, dass den Beschwerdeführern in ihrem Herkunftsstaat Iran in Zusammenhang mit der von ihnen behaupteten ausreisekausalen Bedrohungssituation und dem von ihnen geltend gemachten Nachfluchtgrund der Konversion aus innerer Überzeugung Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Auch betreffend die minderjährigen Drittbeschwerdeführerin ist im Verfahren keine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ bzw. keine asylrelevante Verfolgungsgefahr hervorgekommen bzw. wurde eine solche nicht einmal ansatzweise behauptet.

Wie in der Beweiswürdigung ausführlich begründet führt allein die Tätigkeit des Erstbeschwerdeführers als Musiker bzw. Musiklehrer nicht zu einer persönlichen und aktuell drohenden Gefahr einer Verfolgung durch die iranischen Behörden. Eine daraus resultierende Verfolgungsgefahr konnte der Erstbeschwerdeführer nicht glaubhaft machen bzw. räumte er selbst ein, dass er keine Probleme aufgrund seiner Tätigkeit als Musiklehrer gehabt habe. Die Zweitbeschwerdeführerin brachte zu ihrer eigenen Bedrohungssituation vor, dass ihr selbst nichts passiert sei bzw. dass sie keine Probleme mit den iranischen Behörden gehabt habe.

Betreffend den geltend gemachten Nachfluchtgrund der Konversion ist zunächst auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH vom 30.06.2005, Zl. 2003/20/0544) zu verweisen, der zu entnehmen ist, dass zur Frage der Verfolgungsgefahr bei Iranern, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, maßgeblich ist, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden vergleiche hierzu bereits VwGH vom 24.10.2001, Zl. 99/20/0550 und VwGH vom 17.10.2002, Zl. 2000/20/0054). In gleichem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 31.05.2001, Zl. 2001/20/0054, in Zusammenhang mit einer noch nicht erfolgten, aber beabsichtigten Konversion zum Ausdruck gebracht, dass für die Beurteilung des Asylanspruches maßgeblich ist, ob der Asylwerber in seinem Heimatstaat in der Lage war, eine von ihm gewählte Religion frei auszuüben oder, ob er bei Ausführung seines inneren Entschlusses vom Islam abzufallen und zum Christentum überzutreten mit asylrelevanter Verfolgung rechnen müsste.

Nach dem alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindenden normativen Vorgaben des Artikel 10, Absatz eins, Litera b, Statusrichtlinie kann einem Flüchtling nicht mehr angesonnen werden, sich bei der Religionsausübung auf das sogenannte „forum internum“ zu beschränken. Asylbegehren, die auf Verfolgung mit religiösem Hintergrund gestützt werden, müssen sohin unter Berücksichtigung der unmittelbar anwendbaren Vorgaben des Artikel 10, Absatz eins, Litera b, Statusrichtlinie geprüft werden. Gemäß dieser Richtlinie muss sohin die öffentliche Ausübung („forum externum“) des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sein.

Um von einer Asylrelevanz überhaupt ausgehen zu können, kommt es auf die Art der Ausübung des christlichen Glaubens im Iran sowie darauf an, ob der Asylwerber bei der Ausübung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanter Gefährdung zu rechnen hat.

Es bedarf hinsichtlich einer etwaigen Gefährdung im Heimatland grundsätzlich der vollen richterlichen Überzeugung, dass jemand während seines Aufenthalts im Bundesgebiet aus ernsthafter, fester innerer Überzeugung zum christlichen Glauben übergetreten ist und für ihn dessen Ausübung auch bei angenommener Rückkehr eine besondere, identitätsprägende und unverzichtbare Bedeutung hat. Dazu genügt regelmäßig nicht, dass ein Asylwerber in der mündlichen Verhandlung Fragen zum Christentum fehlerfrei beantwortet, weshalb für eine Überzeugungsbildung prinzipiell alle Aspekte eines Falles zu berücksichtigen sind. Dazu können die Persönlichkeit und intellektuelle Disposition eines Asylwerbers, die Glaubhaftigkeit seines Vorfluchtvorbringens sowie der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zu einer christlichen Gemeinde in Relation zum Einreisezeitpunkt zählen. Bei der Prüfung, ob tatsächlich Verfolgungsgefahr gegeben ist, sind sowohl objektive als auch subjektive Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Es kommt nicht ausschließlich auf den erfolgten Glaubensübertritt an, da dieser allein in der Regel noch nicht zu einer begründeten Verfolgungsfurcht führt. Im Lichte der Länderfeststellungen ist der Schluss zu ziehen, dass aus der lediglich formalen bzw. zum Schein erfolgten Konversion zum christlichen Glauben – wie sie in den gegenständlichen Fällen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin vorliegt – ohne dem Vorliegen einer exponierten Tätigkeit wie etwa missionarische Aktivitäten keine asylrechtliche Gefährdung resultiert. Die Rückkehr von Konvertiten in den Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung. Wenn ein Konvertit den Behörden zuvor nicht bekannt war, dann ist eine Rückkehr weitgehend problemlos. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden nicht von Interesse. Wer zum Islam zurückkehrt, tut diese ohne besondere religiöse Formel. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem Islam anzugehören. Es gibt für Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind.

Wie der Beweiswürdigung, der zufolge das ausreisekausale Vorbringen der Beschwerdeführer nicht glaubhaft ist, zu entnehmen ist, ist nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer für die iranischen Behörden von Interesse sind bzw. unter Beobachtung stehen. Daher ist kein Grund ersichtlich, dass die Aktivitäten der Beschwerdeführer – in concreto die musikalischen Tätigkeiten des Erstbeschwerdeführers sowie ihre Taufen und der Besuch von Gottesdiensten und des Pfarrcafés - den iranischen Behörden oder Privatpersonen bekannt werden sollten. Der Erstbeschwerdeführer hat diesbezüglich vor dem Bundesamt angegeben, dass seine Familie damit keine Probleme habe und die Zweitbeschwerdeführerin brachte in der mündlichen Verhandlung vor, dass ihre strenggläubige Familie nichts von ihrer Taufe wisse, sodass auch aufgrund des familiären Hintergrundes der Beschwerdeführer nicht zu erwarten ist, dass die iranischen Behörden von der Konversion erfahren. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der iranische Staat sämtliche Aktivitäten iranischer Staatsbürger überwacht (auch nicht im Internet), zumal er hierzu auch nicht die faktischen Möglichkeiten hat. Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass die iranischen Behörden vom in Österreich erfolgten Austritt aus der Islamischen Glaubensgemeinschaft Kenntnis erlangen. Die Beschwerdeführer haben – wie der ausführlichen Beweiswürdigung zu entnehmen ist - den Iran nicht vorverfolgt verlassen, sich in keiner Weise exponiert und kann aufgrund ihres Vorbringens nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Rückkehrfall in den Fokus der iranischen Behörden geraten oder für diese von Interesse sein könnten.

Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Länderfeststellungen zum Thema Apostasie bzw. Konversion, welche insgesamt davon ausgehen (im Übrigen ebenso betreffend exilpolitische Aktivitäten), dass vor allem Aktivitäten, die als Angriff auf das System empfunden werden oder die islamische Grundsätze in Frage stellen, im Fokus stehen. Auch wird festgehalten, dass es einige Geistliche waren, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden und die zuvor im Ausland zum Christentum konvertiert waren. Allerdings handelt es sich bei den Beschwerdeführern nicht um Geistliche, sondern um Personen, die formal und lediglich zum Schein konvertiert sind, sodass daraus keine asylrelevante Gefährdung abzuleiten ist. Hinzu kommt, dass den Länderfeststellungen zufolge Repressionen vor allem missionierende Christen betreffen und sich christliche Konvertiten aufgrund der Ausübung ihres Glaubens willkürlichen Festnahmen und Verhaftungen ausgesetzt sehen. Dass die Beschwerdeführer, die – wie festgestellt – zum Schein konvertiert sind, bei einer Rückkehr den christlichen Glauben ausüben werden, ist naturgemäß auszuschließen, zumal die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt selbst vorbrachte, dass sie trotz ihres Interesses am Christentum im Iran bis zu ihrer Ausreise alle muslimischen Rituale eingehalten habe. Umso weniger kann davon ausgegangen werden, dass es den Beschwerdeführern ein Anliegen ist, missionierend tätig zu werden, wobei hinzu kommt, dass sie aufgrund ihres lediglich oberflächlichen Wissens hinsichtlich christlicher Glaubensinhalte wohl kaum in der Lage wären, tatsächlich missionierend tätig zu werden.

Darüber hinaus geht aus den Länderfeststellungen hervor, dass nur iranische Staatsangehörige, die sich als Folge ihrer missionarischen Betätigung deutlich von der breiten Masse abheben (wie beispielsweise Kirchenführer oder in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen) Gefahr laufen, dass sich die iranischen Sicherheitsbehörden und die iranische Justiz mit ihnen befassen. Da der iranische Staat – wie erwähnt – nicht jede Tätigkeit seiner Staatsbürger im Ausland verfolgen kann, muss sich sein Interesse auf Personen beschränken, die aufgrund ihrer exponierten Stellung, ihres Einflusses auf andere iranische Staatsangehörige und/oder ihres herausragenden Engagements eine potenzielle Gefahr für den ausschließlichen Machtanspruch des Regimes im Iran darstellen könnten.

Das Verhalten der Beschwerdeführer – musikalische Untermalung bzw. Begleitung und Gestaltung von Messen durch den Erstbeschwerdeführer, erfolgte Taufen und Besuch von Gottesdiensten und Pfarrcafés – erweist sich jedoch nicht als derart markant, dass es geeignet erscheint, einen erhöhten Ermittlungsaufwand bei den iranischen Behörden auszulösen, sodass ein asylrelevantes Verfolgungsrisiko nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin nicht gegeben ist. Aufgrund der dargelegten Erwägungen ist das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes zu verneinen. Daran ändert auch nicht, dass den Beschwerdeführern ein gewisses Interesse am Christentum nicht abgesprochen wird, wobei jedoch ein „Interesse am Christentum“ zur Geltendmachung einer asylrechtlich relevanten Konversion zum Christentum nicht ausreicht vergleiche VwGH vom 25.03.2020, Ra 2020/14/0130).

Es ergaben sich auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit aktuell allein aus diesem Grund im Iran einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wären, zumal sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 angaben, dass sie wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit im Iran keine Probleme gehabt hätten.

Es ist in den Verfahren auch nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführer – insbesondere die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerinnen – im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmal wie etwa eine westlich-orientierte Lebensweise, die sich eklatant von jener im Herkunftsstaat üblichen unterscheidet, einer Verfolgung ausgesetzt wären.

Auch aus der allgemeinen Lage im Iran lässt sich konkret für die Beschwerdeführer kein Status von Asylberechtigten ableiten. Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden vergleiche VwGH vom 28.05.2005, Zl. 2002/01/0414), wobei in Bezug auf die Verhältnisse im Iran ohnehin nicht vom Vorliegen einer „allgemeinen desolaten wirtschaftlichen und sozialen Situation“ ausgegangen werden kann.

Der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war daher der Erfolg zu versagen.

3.2.2. Zur Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten:

3.2.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ist gemäß Absatz 2, leg. cit. mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.

Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG) offensteht.

Gemäß Artikel 2, EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3, EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention beinhalten die Abschaffung der Todesstrafe.

3.2.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mit der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum realen Risiko einer drohenden Verletzung der Artikel 2 und Artikel 3, EMRK sowie zur ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im innerstaatlichen Konflikt auseinandergesetzt und diese wie folgt zusammengefasst vergleiche hierzu auch VwGH vom 17.09.2019, Ra 2019/14/0160):

Die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK setzt eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Artikel 2, oder Artikel 3, verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche etwa VwGH vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0053 mwN). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3, EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Artikel 3, EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen vergleiche VwGH vom 17.09.2019, Ra 2019/14/0160).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein „real risk“ vorliegt, wenn stichhaltige Gründe („substantial grounds“) dafür sprechen, dass die betroffene Person im Fall der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Artikel 3, EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko im Sinne des Artikel 3, EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich der Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen („in the most extreme cases“) diese Voraussetzung erfüllt. In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen („special distinguishing features“), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen vergleiche hierzu etwa EGMR vom 28.11.2011, Nr. 8319/07 und 11449/09, Sufi und Elmi vs. Vereinigtes Königreich).

Zusammengefasst kann sohin gesagt werden, dass der maßgebliche Unterschied zwischen einem „realen Risiko“ und einer „bloßen Möglichkeit“ im Vorliegen oder Nichtvorliegen von „special distinguishing features“ zu erblicken ist, die auf ein persönliches („personal“) und vorhersehbares („foreseeable“) Risiko schließen lassen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur in sehr extremen Fällen („most extreme cases“), wenn die allgemeine Lage im Herkunftsstaat so ernst ist, dass praktisch jeder, der dorthin abgeschoben wird, einem realen und unmittelbar drohenden („real and imminent“) Risiko einer Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt ist. Diesfalls ist das reale Risiko bereits durch die extreme allgemeine Gefahrenlage im Zielstaat indiziert vergleiche hierzu „Thurin, Der Schutz des Fremden vor rechtswidriger Abschiebung“, 2. Auflage).

Auch im Urteil der großen Kammer vom 23.08.2016, Nr. 59166/12, J.K. u.a. vs. Schweden, führte der EGMR aus, dass die Beweislast für das Vorliegen eines realen Risikos in Bezug auf individuelle Gefährdungsmomente für eine Person grundsätzlich bei dieser liegt. Gleichzeitig sind jedoch die Schwierigkeiten, mit denen ein Asylwerber bei der Beschaffung von Beweismitteln konfrontiert ist, in Betracht zu ziehen und bei einem entsprechend substanziierten Vorbringen des Asylwerbers, weshalb sich seine Lage von jener anderer Personen im Herkunftsstaat unterscheidet, im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden. Soweit es um die allgemeine Lage im Herkunftsstaat geht, ist jedoch ein anderer Ansatz heranzuziehen. Diesbezüglich hätten die Asylbehörden vollen Zugang zu den relevanten Informationen und es liegt an ihnen, die allgemeine Lage im betreffenden Staat (einschließlich der Schutzfähigkeit der Behörden im Herkunftsstaat) von Amts wegen festzustellen und nachzuweisen.

Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG orientiert sich an Artikel 15, Litera c, Status-RL und umfasst eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als willkürlich erweist, d.h. sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführungen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnenden Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder in dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innenwohnenden Umständen spezifisch betroffen ist vergleiche EuGH vom 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji und vom 30.01.2014, C-285/12, Diakité).

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Fall der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde vergleiche VwGH vom 05.10.2016, Ra 2016/19/0158).

3.2.2.3. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in den Iran keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes treffen würde.

Weder aus den Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist in den konkreten Fällen ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Artikel 3, EMRK erscheinen zu lassen vergleiche VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Eine Gefährdung durch staatliche Behörden bloß aufgrund des Faktums der Rückkehr ist nicht ersichtlich, auch keine sonstige allgemeine Gefährdungslage durch Dritte.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht gesagt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthalts aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07, zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation, in welcher der Respekt für die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen hat, nicht außer Acht gelassen werden darf, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen allein die Rückführung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht unzulässig im Sinne des Artikel 3, EMRK erscheinen lassen.

Da sich der Herkunftsstaat der Beschwerdeführer nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf ein jüngeres Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, zur Frage der Zuerkennung von subsidiärem Schutz, in welchem sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage einer Rückkehrgefährdung im Sinne des Artikel 3, EMRK aufgrund der bloßen allgemeinen Lage (im angeführten Erkenntnis betreffend den Irak), insbesondere wegen wiederkehrenden Anschlägen und wegen kumulativ mit der allgemeinen Lage zu berücksichtigenden individuellen Faktoren, befasst hat und die Revision als unbegründet abgewiesen wurde.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der aktuellen Lage in Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Artikel 2, und/oder Artikel 3, EMRK abgeleitet werden kann. Selbst wenn sich für den Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin infolge der seitens der iranischen Behörden zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus gesetzten Maßnahmen die Wiedereingliederung im Heimatland wegen schlechterer wirtschaftlicher Aussichten schwieriger als vor Beginn der Maßnahmen darstellen würde, kommt es darauf bei der Frage, ob im Fall der Rückführung der Beschwerdeführer eine Verletzung des Artikel 3, EMRK zu gewärtigen ist, nicht an, solange diese Maßnahmen nicht dazu führen, dass die Sicherung der existenziellen Grundbedürfnisse als nicht mehr gegeben anzunehmen wäre vergleiche VwGH vom 07.09.2020, Ra 2020/20/0314).

Zusammengefasst ist sohin auszuführen, dass in den vorliegenden Fällen nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen keinerlei Umstände vorliegen, welche eine Rückkehr der Beschwerdeführer in den Iran als unzulässig erscheinen ließen, da in diesem Staat weder eine objektiv extreme Gefahrenlage (wie im oben geschilderten Sinn) noch eine konkrete Gefährdung der Beschwerdeführer aus in ihren Personen gelegenen Gründen zu befürchten ist. Hinzu kommt, dass die Grundversorgung im Iran gesichert ist, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Sohin kann im Sinn der maßgeblichen Rechtsprechung keineswegs von einer realen Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK für Rückkehrer schlechthin – etwa aufgrund eines landesweiten Bürgerkrieges oder einer Hungersnot – ausgegangen werden.

Aus dem Vorbringen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sowie aus den Länderberichten lässt sich insbesondere keineswegs eine reale Gefahr ableiten, dass ein gemeinsam in den Iran zurückkehrendes Ehepaar, bei denen keine ernsthaften Erkrankungen vorliegen und die arbeitsfähig sind, im Iran keinerlei Existenzgrundlage vorfindet oder sonst einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte. Diesbezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführer über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte im Iran verfügen. So leben im Iran noch die Eltern, zwei Schwestern und der minderjährige Sohn aus erster Ehe des Erstbeschwerdeführers sowie die sechs Geschwister der Zweitbeschwerdeführerin. Gemäß ihren eigenen Angaben haben die Beschwerdeführer zu den genannten Angehörigen regelmäßigen Kontakt. Schon allein aufgrund dieser familiären bzw. sozialen Bindungen ist kein Grund ersichtlich, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr in den Iran – zumindest für die Anfangszeit – nicht Unterstützung von den genannten Angehörigen erhalten könnten. Hinzu kommt, dass beide Beschwerdeführer die Situation ihrer Familienmitglieder im Iran als gut (auch in wirtschaftlicher bzw. finanzieller Hinsicht) bezeichnet haben.

Weiters verfügen beide Beschwerdeführer über eine zwölfjährige Schulbildung und hat der Erstbeschwerdeführer darüber hinaus noch vier Jahre lang an der Universität orientalisches Design studiert. Ferner haben beide Beschwerdeführer Berufserfahrung. Der Erstbeschwerdeführer war bei einer Firma tätig, die Metallstäbe importiert und hat an den Wochenenden in einer privaten Einrichtung Kinder im Zweig „orientalische Instrumente“ unterrichtet. Die Zweitbeschwerdeführerin arbeitete in einem Lebensmittel- und in einem Kleidergeschäft. Ihren eigenen Angaben zufolge konnten sie durch diese Tätigkeiten im Iran ihren Lebensunterhalt verdienen. Auch wenn die Beschwerdeführer nunmehr Eltern einer vierjährigen Tochter sind, erschwert dieser Umstand nicht ihre Rückkehr in den Iran. Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt könnte insbesondere die Zweitbeschwerdeführerin als Mutter auf Schwierigkeiten bei der Berufsausübung stoßen, wobei jedoch nicht ersichtlich ist, dass dieser Umstand die Beschwerdeführer in eine existenzbedrohende Lage versetzen wird. Für eine Erwerbstätigkeit des Erstbeschwerdeführers ist eine Vaterschaft wohl unerheblich und Müttern ist es im Iran auch nicht grundsätzlich untersagt zu arbeiten, wobei im vorliegenden Fall davon auszugehen ist, dass der Erstbeschwerdeführer als Ehemann der Zweitbeschwerdeführerin eine Berufstätigkeit wohl erlauben wird und es Kindergärten gibt, sodass auch die Kinderbetreuung gesichert ist. In einer Gesamtbetrachtung ist daher auszuführen, dass die Beschwerdeführer durchaus in der Lage sein werden, - wie auch schon in der Vergangenheit bzw. vor ihrer Ausreise - sich auch ohne Unterstützung mittelfristig selbst zu erhalten und eigene Einkommen für sich bzw. für die Familie zu erwirtschaften. Beide Beschwerdeführer brachten in der mündlichen Verhandlung vor, dass sie durch ihre jeweiligen Berufe in der Lage waren, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und, dass ihre wirtschaftliche Situation etwas besser als durchschnittlich gewesen sei. Beide Beschwerdeführer haben im Iran eine gute Schulbildung bzw. der Erstbeschwerdeführer sogar eine vierjährig universitäre Ausbildung erlangt und wurden im Iran alphabetisiert. Weiters ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer mit den im Iran herrschenden Gepflogenheiten vertraut sind, da sie den Großteil ihres Lebens dort verbracht haben. Sohin werden sie bei ihrer Wiedereingliederung in die iranische Gesellschaft keine Schwierigkeiten haben, was im Übrigen im gesamten Verfahren nicht einmal ansatzweise behauptet wurde. Auch die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wird sich in die iranische Gesellschaft einfügen können und hat hierbei nicht nur die Unterstützung ihrer Eltern, sondern auch von weiteren Verwandten sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits. Ferner wird darauf verwiesen, dass gemäß den Länderfeststellungen im Iran nicht nur die Grundversorgung der Bevölkerung grundsätzlich gewährleistet ist, sondern auch die medizinische Versorgung. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit des Bezugs von Sozialbeihilfen. Eine völlige Perspektivenlosigkeit kann somit für die Beschwerdeführer nicht erkannt werden. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu gewähren. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Artikel 3, EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen vergleiche VwGH vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0153 u.a.).

3.2.2.4. Wie festgestellt sind die Beschwerdeführer – abgesehen von in Stresssituationen auftretenden Magenschmerzen des Erstbeschwerdeführers – gesund. Ungeachtet dessen ist darauf zu verweisen, dass gemäß den getroffenen Länderfeststellungen die iranische Verfassung jedem Staatsbürger das Recht zusichert, den jeweils höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität, deren Rektor die Verantwortung für das Gesundheitswesen in der betroffenen Provinz trägt. Der Rote Halbmond ist die zentrale Stelle für den Import von speziellen Medikamenten, die für Patienten in speziellen Apotheken erhältlich sind. Auch wenn die Qualität schwankt, ist das Gesundheitswesen flächendeckend, da 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung haben. Ebenso ist die medizinische Versorgung von Kindern gewährleistet. Generell gibt es keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Darüber hinaus stehen dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr in den Iran die Möglichkeit offen, sich bei der iranischen Krankenversicherung zu registrieren, um Behandlungsmöglichkeiten zu erhalten. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt. Alle iranischen Staatsbürger, inklusive Rückkehrende, haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen sowie auf weitere Angebote. Es ist daher davon auszugehen, dass allfällige gesundheitliche Aspekte einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihre Heimat nicht entgegenstehen. Unabhängig davon ist darauf zu verweisen, dass im Allgemeinen ein Fremder kein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt vergleiche Fall Ndangoya; VfGH vom 07.11.2008, U 48/08). Eine prinzipielle Zugangsmöglichkeit zu einer solchen Behandlung muss für den betreffenden Fremden aber gegeben sein vergleiche EGMR vom 13.12.2016, Appl. 41738/10, Paposhvili vs. Belgien sowie EGMR (Große Kammer) vom 07.12.2021, Savran gegen Dänemark, in welchem die in Paposhvili gegen Belgien aufgestellten Kriterien betreffend die Abschiebung kranker Personen bestätigt wurden).

Im Hinblick auf die derzeit bestehende COVID-19 Pandemie ist auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu verweisen und festzuhalten, dass die Beschwerdeführer eine im wesentlichen gesunde Personengruppe im Alter von 44, 42 und vier Jahren sind und sohin nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen sowie jener der Personen mit spezifischen physischen Vorerkrankungen fallen, sodass auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran eine COVID-19 Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus zu gewärtigen hätten. Hinzu kommt, dass ein derartiges Vorbringen im gesamten Verfahren nicht erstattet wurde.

Da keine Hinweise auf eine allgemein existenzbedrohende Notlage im Iran vorliegen und die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, ist im Rahmen einer Gesamtschau sohin davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in den Iran ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen könnten und nicht in eine über allfällige Anfangsschwierigkeiten hinausgehende dauerhaft aussichtslose Lage geraten würden. Sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten, sind in den gegenständlichen Verfahren weder hervorgekommen noch wurde ein derartiges Abschiebehindernis vorgebracht.

Es ergibt sich somit kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung der Beschwerdeführer in den Iran zu einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Daher bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin nicht geeignet war, den Beschwerdeführern den Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.

3.2.3. Zur Rückkehrentscheidung:

3.2.3.1. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Ziffer eins und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird.

Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1.           wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraus-setzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt ei-ne Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechts-kräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,

2.           zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder

3.           wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin befinden sich seit ihrer Antragstellung am 31.10.2015, die minderjährige Drittbeschwerdeführerin seit ihrer Geburt am römisch 40 durchgehend im Bundesgebiet. Ihr Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und ebenso wenig Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG liegen daher in den Fällen der Beschwerdeführer nicht vor, wobei dies weder in den Verfahren vor dem Bundesamt noch in den Beschwerdeverfahren auch nur ansatzweise behauptet worden war.

3.2.3.2. Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Beschwerdeführer sind weder begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihnen ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

3.2.3.3. Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:

Paragraph 9, (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.           die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.           das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.           die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.           der Grad der Integration,

5.           die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.           die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.           Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.           die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.           die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre.

Im Hinblick auf Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG (früher: Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011,) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Artikel 8, Absatz eins, EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Artikel 8, Absatz 2, EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt vergleiche VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden im Sinne des Artikel 8, Absatz eins, EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt vergleiche EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise vergleiche EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, römisch zehn u.a.). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen – etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder – äußern können vergleiche VwGH vom 29.11.2017, Ra 2017/18/0425).

Unter „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen vergleiche VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind gemäß Paragraph 9, Absatz eins und 2 BFA-VG bei einer Rückkehrentscheidung, von welcher Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums zum Heimatstaat nach Paragraph 9, Absatz 5, BFA-VG dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaates sprechen und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden vergleiche VwGH vom 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072 sowie VwGH vom 25.04.2019, Ra 2018/22/0251).

3.2.3.4. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK zu berücksichtigen sind, ist in den gegenständlichen Fällen Folgendes auszuführen:

Das Verhältnis der Beschwerdeführer zueinander ist zweifellos als Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK anzusehen. Da allerdings alle drei Beschwerdeführer keine dauerhaft in Österreich aufenthaltsberechtigte Fremde sind und gemeinsam in den Iran zurückkehren werden, liegt durch die Abschiebung der Beschwerdeführer kein Eingriff in ihr Familienleben vor.

Darüber hinaus führt der Erstbeschwerdeführer eine familiäre Beziehung zu seiner in Österreich mit ihrer Familie lebenden asylberechtigten Schwester (bzw. auch Schwägerin der Zweitbeschwerdeführerin und Tante der Drittbeschwerdeführerin) ins Treffen. Diesbezüglich ist anzuführen, dass vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Artikel 8, EMRK nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst ist, sondern beispielsweise auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/90, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215 vergleiche auch VfGH vom 12.03.2014 U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK besteht. Dies ist vielmehr von den jeweiligen gegebenen Umständen bzw. von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des „Familienlebens“ in Artikel 8, EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus, insbesondere müssen die Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind vergleiche etwa VwGH vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423; vom 08.06.2006, Zl. 2003/01/0600 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0235).

Wie erwähnt lebt eine Schwester des Erstbeschwerdeführers mit ihrer Familie als anerkannter Konventionsflüchtling in Österreich. Allerdings wurde eine intensive Bindung wie sie von der Judikatur zwischen (volljährigen) Geschwistern verlangt wird nicht festgestellt. Zwischen den Beschwerdeführern und ihrer Schwester bzw. Schwägerin bzw. Tante besteht zwar Kontakt, der jedoch über Besuche „alle paar Monate“ nicht hinausgeht. Die Beschwerdeführer leben mit ihrer Schwester bzw. Schwägerin bzw. Tante weder im gemeinsamen Haushalt noch bestehen wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur. Ein derartiges Vorbringen wurde im gesamten Verfahren auch nicht erstattet. Daher kann zwischen den Beschwerdeführern und ihrer Schwester bzw. Schwägerin bzw. Tante nicht vom Vorliegen eines Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK gesprochen werden.

Allerdings liegt in den gegenständlichen Fällen ein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführer vor. Dieser ist jedoch gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK gerechtfertigt. Diesbezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass nach den von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelten Grundsätzen dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens eine hohe Bedeutung zukommt. Es besteht nämlich ein großes öffentliches Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, das von Fremden grundsätzlich verlangt, dass sie nach negativer Erledigung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Bundesgebiet wieder verlassen vergleiche z.B. VwGH vom 15.03.2018, Ra 2018/21/0034). Das öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen wird daher nur in Ausnahmefällen vom Interesse eines Fremden an seinem Privatleben überwiegen.

Das persönliche Interesse des Fremden an einem weiteren Aufenthalt in Österreich nimmt grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu. Die bisherige Rechtsprechung legt allerdings keine Jahresgrenze fest, sondern nimmt eine Interessensabwägung im Einzelfall vor vergleiche dazu „Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK“, ÖJZ 2007, 852ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als – abseits familiärer Umstände – eine von Artikel 8, EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessensabwägung zukommt vergleiche VwGH vom 30.07.2015, Ra 2014/22/0055). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nimmt das persönliche Interesse zwar grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zu. Allerdings ist die bloße Aufenthaltsdauer nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren vergleiche VwGH vom 03.03.2021, Ra 2021/19/0023; vom 01.09.2021, Ra 2021/19/0247 und vom 30.12.2021, Ra 2021/19/0446). Weiters ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216).

In den vorliegenden Fällen ist bei einer Interessensabwägung jedenfalls zugunsten des Erstbeschwerdeführers zu werten, dass er nunmehr in Österreich erwerbstätig ist. Der Erstbeschwerdeführer arbeitet seit römisch 40 .03.2022 – sohin seit ca. sechs Monaten – für die Firma „ römisch 40 “ als Transportunternehmer selbstständig. Seit römisch 40 .05.2022 beziehen die Beschwerdeführer auch keine Leistungen mehr aus der staatlichen Grundversorgung. Allerdings lebten die Beschwerdeführer davor seit ihrer Antragstellung am 31.10.2015 bis zum 30.04.2022 – sohin ca. sechseinhalb Jahre und somit den weit überwiegenden Teil der Gesamtaufenthaltsdauer in Österreich ausschließlich von der Grundversorgung durch den österreichischen Staat. Legal erwerbstätig ist der Erstbeschwerdeführer seit ca. einem halben Jahr und darüber hinaus war er ca. neun Monate im Jahr 2018 berufstätig (wobei er auch während dieser Zeit Leistungen aus der Grundversorgung bezogen hat), was – insgesamt betrachtet – nicht einmal ein Fünftel seiner Gesamtaufenthaltsdauer im Bundesgebiet entspricht. Zweifellos ist der Erstbeschwerdeführer arbeitswillig und erzielt für sich nunmehr ein Einkommen durch seine Tätigkeit im Ausmaß einer Vollzeitbeschäftigung, sodass zu seinen Gunsten zu werten ist, dass er aktuell seit ca. einem halben Jahr selbsterhaltungsfähig ist, was jedoch in Relation zur Gesamtaufenthaltsdauer zu sehen ist und daher keine besonders herausragende Integration am österreichischen Arbeitsmarkt darstellt. Die Zweitbeschwerdeführerin ist weder aktuell noch in der Vergangenheit in Österreich erwerbstätig (gewesen). Auch wenn nicht verkannt wird, dass sie durchaus eine gewisse „Arbeitswilligkeit“ aufweist, die sich darin zeigte, dass sie im Jahr 2016 mehrere Monate ehrenamtlich in einer Seniorenbetreuung tätig war. Allerdings geht sie aktuell keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 ist zwar zu entnehmen, dass sie sich bei einer Firma beworben hat, die Salat herstellt und von der Mutter einer Freundin erfahren hat, dass die Post jemanden suche, dass sie jedoch darüber hinaus einen Versuch unternommen hätte, ihre Selbsterhaltungsfähigkeit zu erlangen – beispielsweise durch die Stellung eines Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung -, kann weder ihren Angaben noch dem Akteninhalt entnommen werden. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht entscheidungswesentlich darauf an, ob den Betroffenen ein „Vorwurf“ im Hinblick auf eine unterlassene Integration am Arbeitsmarkt zu machen ist, sondern darauf, ob ihnen diese objektiv gelungen ist oder nicht vergleiche VwGH vom 19.04.2012, Zl. 2010/21/0242). Eine berufliche Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt der Zweitbeschwerdeführerin ist sohin nicht zu erkennen.

Die Deutschkenntnisse des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin sind teilweise zu ihren Gunsten zu werten. Beide Beschwerdeführer haben im Jahr 2017 das ÖSD-Zertifikat auf der Niveaustufe A2 erlangt und können sich gut in Deutsch verständigen. Allerdings stellt sich hier schon die Frage, aus welchen Gründen die beiden Beschwerdeführer ihre Deutschkenntnisse nicht weiter intensiviert haben bzw. – insbesondere im Hinblick auf eine Integration am österreichischen Arbeitsmarkt – seit Ende 2017 und sohin seit mehr als viereinhalb Jahren keine weiterführenden Deutschkurse besucht haben, zumal die Zweitbeschwerdeführerin gar nicht und der Erstbeschwerdeführer erst seit ca. einem halben Jahr berufstätig ist. Ferner verfügen die Beschwerdeführer über einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis, wobei zusammengefasst festzuhalten ist, dass gemäß der höchstgerichtlichen Judikatur, selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt vergleiche VwGH vom 06.11.2009, Zl. 2008/18/0720 sowie vom 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029).

Der Umstand, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin strafrechtlich unbescholten sind, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar vergleiche VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/18/0420). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Zu Lasten der Beschwerdeführer ist im Rahmen der Interessensabwägung zu werten, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin Ende Oktober 2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen und sohin unrechtmäßig bzw. illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sind. Seit damals halten sie sich im Bundesgebiet auf. Die Drittbeschwerdeführerin (der die unrechtmäßige Einreise ihrer Eltern nach Österreich selbstverständlich nicht zum Vorwurf gemacht wird) wurde am römisch 40 im Bundesgebiet geboren und ist seit ihrer Geburt ebenfalls hier aufhältig. Allerdings ist anzuführen, dass der Aufenthalt aller drei Beschwerdeführer in Österreich ausschließlich auf ihre Anträge auf internationalen Schutz gestützt ist, wodurch sie nie über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens verfügt haben, wobei hinzuzufügen ist, dass es sich letztlich um unbegründete Anträge auf internationalen Schutz gehandelt hat.

Im Hinblick auf die Verfahrensdauer von fast sieben Jahren ist darauf zu verweisen, dass diese nicht auf ein Verhalten der Beschwerdeführer zurückzuführen ist bzw. trifft sie an der Verfah-rensdauer keine Schuld und ist ihnen auch zugute zu halten, dass zumindest der Erstbeschwerdeführer seit einem halben Jahr erwerbstätig ist und sie wenigstens die Niveaustufe A2 in Deutsch erreicht haben. Allerdings ist in den vorliegenden Fällen zu beachten, dass sich der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin während ihres gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, wodurch ihre Integrationsbemühungen relativiert werden. Ferner ist in Zusammenhang mit der Verfahrensdauer auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, aus der sich ergibt, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen überwiegen können vergleiche VwGH vom 09.05.2003, Zl. 2002/18/0293).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufent-haltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, da das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216 mwN). Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin reisten illegal nach Österreich ein und durften sich bislang nur aufgrund ihres Antrags auf internationalen Schutz, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war, im Bundesgebiet aufhalten vergleiche hierzu EGMR vom 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).

Soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder zu berücksichtigen und es ist eine Aus-einandersetzung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl erforderlich vergleiche VwGH vom 10.09.2021, Ra 2021/18/0158 bis 0163 sowie vom 11.01.2021, Ra 2020/01/0295 u.a.). Das Kindeswohl ist ein Rechtsbegriff, der letztlich von den Behörden und Gerichten zu beurteilen ist. Paragraph 138, ABGB enthält eine nicht abschließende Auf-zählung von für das Wohl des Kindes bedeutenden Aspekten, um in allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten unter anderem den Behörden und Gerichten Anhaltspunkte für die Beurteilung dieses Rechtsbegriffs zu bieten vergleiche VwGH vom 15.05.2019, Ra 2018/01/0076).

Paragraph 138, ABGB dient auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, als Orientierungsmaßstab vergleiche VwGH vom 29.09.2021, Ra 2021/01/0294 bis 0295 u.a.). Insbesondere ist der Frage der angemessenen Versorgung und sorgfältigen Erziehung der Kinder (Ziffer eins,), der Förderung ihrer Anlagen, Fähigkeiten, Neigun-gen und Entwicklungsmöglichkeiten (Ziffer 4,) sowie allgemein um die Frage ihrer Lebensverhältnisse (Ziffer 12,) nachzugehen. Aus der genannten Bestimmung ergibt sich überdies, dass auch die Meinung der Kinder zu berücksichtigen ist (Ziffer 5,) und dass Beeinträchtigungen zu vermeiden sind, die Kinder durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen ihren Willen erleiden könnten (Ziffer 6,). Ein weiteres Kriterium ist die Aufrechterhaltung von verlässlichen Kontakten zu wichtigen Bezugspersonen und von sicheren Bindungen zu diesen Personen (Ziffer 9,) vergleiche auch VwGH vom 30.04.2020, Ra 2019/21/0362 bis 0365).

Die Berücksichtigung des Kindeswohls stellt im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar. Das Kindeswohl ist daher bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der nach Paragraph 9, BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung bzw. Interessensabwägung hängt vielmehr von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab vergleiche VwGH vom 29.09.2021, Ra 2021/01/0294 bis 0295 sowie vom 08.09.2021, Ra 2021/20/0166 bis 0170).

Die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wurde in Österreich geboren und hält sich seitdem in Österreich auf. Dass ein Kind in Österreich geboren wurde, führt allein aber nicht dazu, dass das Kind unter dem Blickwinkel des Kindeswohls in Österreich verbleiben darf vergleiche VwGH vom 05.05.2021, Ra 2021/18/0050 bis 0053 im Hinblick auf sieben- und knapp vierjährige Kinder). Die vierjährige Drittbeschwerdeführerin geht in den Kindergarten. Nachvollziehbar ist davon auszugehen, dass die Drittbeschwerdeführerin im Zuge des Kindergartenbesuches freundschaftliche Beziehungen knüpfen und die deutsche Sprache altersadäquat erlernen konnte. Auch wenn die minderjährige Beschwerdeführerin einen altersgemäßen Freundeskreis aufgebaut hat, stehen ihre Bindungen zu ihren Eltern im Mittelpunkt ihres Lebens. Von ihrer Geburt an bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt lebt die minderjährige Drittbeschwerdeführerin mit beiden Elternteilen im gemeinsamen Haushalt. Sie wird wohl hauptsächlich von der Zweitbeschwerdeführerin versorgt und besteht selbstverständlich auch intensiver Kontakt zum Erstbeschwerdeführer. Zu der in Österreich lebenden Tante besteht keine gleichwertige Beziehungsintensität. Weiters ist darauf zu verweisen, dass die minderjährige Beschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Eltern in den Iran zurückkehren wird, wobei festzuhalten ist, dass beide Elternteile über einen Schulabschluss, der Erstbeschwerdeführer zudem über eine vierjährige universitäre Ausbildung, und über Berufserfahrung verfügen sowie erwerbsfähig sind. Auch wenn nicht verkannt wird, dass die minderjährige Beschwerdeführerin ihr bisheriges Leben in Österreich verbracht hat und demnach vier Jahre im Bundesgebiet aufhältig ist, hat sie jedoch nicht nur im kulturellen und sprachlichen Umfeld Österreichs gelebt, sondern ist aufgrund der Herkunft und der Verhältnisse ihrer familiären Bezugspersonen (= Eltern) auch mit der Kultur des Iran und der Sprache Farsi vertraut. Wie bereits dargelegt beherrscht sie sowohl Deutsch als auch Farsi. Weiters ist hinsichtlich der minderjährigen Beschwerdeführerin auszuführen, dass aus den Länderberichten zum Iran nichts hervorgeht, das darauf schließen lassen würde, dass ihr eine Rückkehr in den Iran aufgrund ihrer Eigenschaft als Kind nicht zugemutet werden kann. Es geht aus den Länderberichten nicht hervor, dass Kinder überproportional von einem Konflikt betroffen oder aus anderen Gründen besonders vulnerabel sind. Die Drittbeschwerdeführerin wäre durch die Einbindung in den Familienverband im Iran geschützt und abgesichert. Wie festgestellt ist sie auch mit der Sprache Farsi vertraut, befindet sich in einem anpassungsfähigen Alter und ihre Schulbildung hat in Österreich noch gar nicht begonnen. Auch wenn ein Orts- und Kindergartenwechsel einschließlich des damit einhergehenden Wechsels von gewonnen Freunden für die minderjährige Beschwerdeführerin eine Belastung darstellen könnte, können keine unzumutbaren Härten im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erkannt werden und es bestehen auch keine Hinweise, dass dadurch das Wohl und die Entwicklung der Drittbeschwerdeführerin nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Allfällige ungünstige Entwicklungsmöglichkeiten im Ausland begründen für sich allein noch keine Gefährdung des Kindeswohls, vor allem dann, wenn die Familie von dort stammt. Zudem gehören die Eltern und deren sozioökonomischen Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes vergleiche OGH vom 08.07.2003, 4 Ob 146/03d).

Den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an der öffentlichen Sicherheit sowie an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber.

Insgesamt hat sohin die Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführer (auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls betreffend die Drittbeschwerdeführerin) mit den öffentlichen Interessen ergeben, dass die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit schwerer wiegen als die Auswirkungen der Rückkehrentscheidung auf die Lebenssituation der Beschwerdeführer. Wie erwähnt kann davon ausgegangen werden, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin im Herkunftsstaat selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen können werden, da es sich bei ihnen um ein weitgehend gesundes, erwerbs- bzw. arbeitsfähiges Ehepaar handelt, die zudem über die notwendigen Sprachkenntnisse im Iran verfügen. Weiters haben sie auch Familienangehörige, die sie zumindest in der Anfangszeit unterstützen können. Aufgrund des Umstandes, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin den überwiegenden Teil ihres Lebens in ihrem Herkunftsstaat verbracht haben, kann davon ausgegangen werden, dass nach wie vor Anknüpfungspunkte im Iran bestehen. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die Beschwerdeführer ihrem Kulturkreis völlig entrückt wären und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden würden. Auch wenn den Beschwerdeführen nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin gewisse Integrationsbemühungen, insbesondere betreffend die nunmehrige Erwerbstätigkeit des Erstbeschwerdeführers sowie in sprachlicher Hinsicht, zuzugestehen sind, sind Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nicht erkennbar.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass sich der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin während ihres gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein mussten, wodurch ihre Integrationsbemühungen relativiert werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 8, BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte zu einer Zeit gesetzt wurden, in der sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Wenngleich minderjährigen Kindern dieser Vorwurf nicht zu machen ist, muss das Bewusstsein der Eltern über die Unsicherheit ihres Aufenthalts nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die Kinder durchschlagen, wobei diesem Umstand allerdings bei ihnen im Rahmen der Gesamtabwägung im Vergleich zu anderen Kriterien weniger Gewicht zukommt vergleiche z.B. VwGH vom 16.06.2021, Ra 2020/18/0457 bis 0460 sowie vom 28.02.2020, Ra 2019/14/0545).

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass in den gegenständlichen Fällen Rückkehrentscheidungen auf Dauer unzulässig wären. Die Erlassung von Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, FPG stellt sohin keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG in Verbindung mit Artikel 8, EMRK dar.

3.2.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung:

3.2.4.1. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Gemäß Paragraph 46, Absatz eins, FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

3.2.4.2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Iran zulässig ist (Spruchpunkte römisch fünf.). Wie sich aus den Länderfeststellungen und aus den Feststellungen zu den Beschwerdeführern ergibt, besteht keine Gefahr, dass durch die Abschiebung der drei Beschwerdeführer Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen mit der Abschiebung eine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes verbunden wäre. Auch sonst besteht kein Abschiebehindernis gemäß Paragraph 50, Absatz 2, oder Absatz 3, FPG, - ein solches wurde weder substanziiert vorgebracht noch ist es aus dem Akteninhalt ersichtlich - sodass das Bundesamt die Abschiebung aller drei Beschwerdeführer in den Iran zurecht für zulässig erklärt hat.

3.2.5. Zur Frist für die freiwillige Ausreise:

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, leg. cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden und sich auch sonst nicht ergeben haben, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Rückkehrentscheidungen und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde gegen die jeweiligen Spruchpunkte römisch III., römisch IV., römisch fünf. und römisch VI. der angefochtenen Bescheide ebenso wie jene gegen die jeweiligen Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Artikel 133, Absatz 4, erster Satz B-VG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012, ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche die unter Punkt römisch II.3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen, die bei den jeweiligen Erwägungen wiedergegeben wurde. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4. Daher war nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2022:W235.2202731.1.00