Bundesverwaltungsgericht
17.08.2022
W228 2228250-1
W228 2228250-1/18E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Harald WÖGERBAUER als Einzelrichter über die Beschwerde der römisch 40 GMBH, vertreten durch die römisch 40 , gegen den Bescheid der vormaligen Wiener Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, vom 29.11.2019,
Zl. römisch 40 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz eins und 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Verfahrensgang:
Mit Bescheid vom 29.11.2019, Zl. römisch 40 hat die vormalige Wiener Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), festgestellt, dass Frau römisch 40 , VSNR römisch 40 , aufgrund ihrer Tätigkeit als Reinigungskraft für die römisch 40 GmbH (im Folgenden: Beschwerdeführerin) im Zeitraum von 01.12.2008 bis 31.12.2009, von 01.06.2010 bis 31.12.2010 und von 01.02.2011 bis 31.12.2011 der Voll- (Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 2, ASVG und Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, AlVG unterliegt.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin ein Reinigungsunternehmen betreibe, welches hauptsächlich Büro- und Gebäudereinigungsaufträge übernimmt. Frau römisch 40 sei seit 2008 als Reinigungskraft für die Beschwerdeführerin tätig gewesen. Zu ihren Hauptaufgaben hätten die Boden- und WC-Reinigung in diversen Büros gezählt. Ihr Ansprechpartner sei ausschließlich der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin gewesen. Frau römisch 40 sei von der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden, wo sie zu welcher Zeit welches Büro zu reinigen habe. Für die zu reinigenden Büroräumlichkeiten habe Frau römisch 40 von der Beschwerdeführerin einen Schlüssel erhalten, welchen sie nicht weitergeben habe dürfen. Sie sei im verfahrensrelevanten Zeitraum auch für andere Auftraggeber als Reinigungskraft tätig gewesen. Die Reinigungsutensilien seien Frau römisch 40 von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden. Sie habe sich nicht vertreten lassen. In einer Gesamtschau würden die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit überwiegen, sodass die Dienstnehmereigenschaft der Frau römisch 40 als gegeben anzusehen sei.
Gegen diesen Bescheid wurde mit Schriftsatz der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 27.12.2019 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde zunächst ausgeführt, dass im konkreten Fall mangels Einhaltung des Sozialversicherungs-Zuordnungsverfahrens für die Zeit bis Dezember 2008 ein Verfahrensmangel vorliege. Weiters wurde ausgeführt, dass Frau römisch 40 seit April 2008 über einen entsprechenden Gewerbeschein verfügt habe. Bis Ende 2008 habe sie für ihre Mutter, die ebenfalls Vertragspartnerin der Beschwerdeführerin gewesen sei, gearbeitet. Zudem sei Frau römisch 40 für andere Unternehmen tätig geworden. Die Beschwerdeführerin sei daher nicht die einzige Auftraggeberin der Frau römisch 40 gewesen. Eine persönliche Arbeitspflicht sei nicht gegeben gewesen, da ihr Mann ihr zeitweise geholfen habe, die Objekte zu reinigen. Auch habe sie sich teilweise von ihrer Mutter vertreten lassen. Auch ein Ablehnungsrecht sei gegeben gewesen. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass Frau römisch 40 in den verfahrensrelevanten Zeiträumen als Selbständige tätig gewesen sei.
Die Beschwerdesache wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 03.02.2020 von der belangten Behörde zur Entscheidung vorgelegt.
Vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde am 03.05.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an der die Beschwerdeführerin im Beisein ihrer Rechtsvertretung, ein Vertreter der belangten Behörde, Gabriela-Antonia römisch 40 als weitere Verfahrenspartei sowie die SVS als weitere Behörde teilnahmen. Im Zuge der Verhandlung wurde römisch 40 als Zeugin einvernommen.
Am 03.06.2022 übermittelte das Finanzamt – nach entsprechender Aufforderung des Bundesverwaltungsgerichts – die angeforderten Unterlagen.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Schreiben vom 07.06.2022 der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin die Vorlage des Finanzamtes übermittelt.
Am 15.06.2022 langte eine Stellungnahme der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin beim Bundesverwaltungsgericht ein.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin betreibt ein Reinigungsunternehmen, welches hauptsächlich Büro- und Gebäudereinigungsaufträge übernimmt.
Bei der Beschwerdeführerin wurde für die Prüfzeiträume 01.01.2006 bis 31.12.2008 und 01.01.2009 bis 31.12.2011 eine GPLA durchgeführt.
römisch 40 war in verfahrensgegenständlichen Zeiträumen (von 01.12.2008 bis 31.12.2009, von 01.06.2010 bis 31.12.2010 und von 01.02.2011 bis 31.12.2011) als Reinigungskraft für die Beschwerdeführerin tätig. Ihre Hauptaufgabe war insbesondere die Boden- und WC-Reinigung in mehreren Büros sowie die Reinigung von Stiegenhäusern.
Herr römisch 40 , Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, war der Ansprechpartner der Frau römisch 40 bei der Beschwerdeführerin. Frau römisch 40 hatte im Zuge ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin verschiedene Objekte zu reinigen. Herr römisch 40 teilte Frau römisch 40 die Objekte, in welchen Reinigungsarbeiten durchzuführen waren, zu und erklärte ihr die zu erledigenden Arbeiten. Für jene Objekte, für welche zur Durchführung der Reinigungsarbeiten ein Schlüssel notwendig war, hat Frau römisch 40 den Schlüssel von Herrn römisch 40 bekommen. Sie hatte die Übergabe des Schlüssels mit ihrer Unterschrift zu unterzeichnen und durfte den Schlüssel nicht weitergeben. Nach Abschluss der Arbeiten hat sie den Schlüssel Herrn römisch 40 zurückgegeben.
Der Ort und die Uhrzeit für ihre Tätigkeit wurden Frau römisch 40 von Herrn römisch 40 vorgegeben. Herr römisch 40 teilte Frau römisch 40 mit, wann sie sich wo einzufinden hatte um Reinigungsarbeiten durchzuführen. Je nach Arbeitsaufwand dauerten die Reinigungsarbeiten unterschiedlich lange. Herr römisch 40 hat sich notiert, von wann bis wann Frau römisch 40 wo gearbeitet hat.
Frau römisch 40 hat in den zu reinigenden Objekten meistens allein gearbeitet.
Das Reinigungsmaterial hat sich im jeweils zu reinigenden Objekt bereits vor Ort befunden und wurde von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt. Zu Beginn ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin hat Frau römisch 40 Anweisungen seitens der Beschwerdeführerin erhalten, wie gewisse Putzmittel zu verwenden sind.
Frau römisch 40 konnte Aufträge der Beschwerdeführerin nicht sanktionslos ablehnen.
Die Tätigkeit der Frau römisch 40 wurde in der Anfangszeit einmal pro Monat von Herrn römisch 40 kontrolliert. Im Falle einer Beanstandung hat sie erneut reinigen müssen. Später wurde die Tätigkeit der Frau römisch 40 nicht mehr regelmäßig, aber teilweise, von Herrn römisch 40 kontrolliert. Auch die Kunden der Beschwerdeführerin kontrollierten die Arbeit der Frau römisch 40 und wandten sich im Falle einer Beschwerde an Herrn römisch 40 .
Frau römisch 40 hat die Reinigungsarbeiten stets persönlich durchgeführt; sie hat sich nicht vertreten lassen. Drei bis viermal pro Jahr wurde Frau römisch 40 abends von ihrem Ehemann zu den Objekten begleitet und hat ihr Ehemann ihr entgeltlos bei der Arbeit geholfen.
Kurzfristige Verhinderungen wie Krankenstände sind in den verfahrensrelevanten Zeiträumen nicht eingetreten, wären jedoch der Beschwerdeführerin bekanntzugeben gewesen. Etwaige Urlaube mussten mit der Beschwerdeführerin abgesprochen werden.
Frau römisch 40 war im verfahrensrelevanten Zeitraum für weitere Firmen tätig, für welche sie Reinigungstätigkeiten ausübte.
Frau römisch 40 hat für ihre Tätigkeit Honorarnoten an die Beschwerdeführerin gelegt. Das Muster für die Honorarnoten hat sie von Herrn römisch 40 bekommen. Die Entlohnung erfolgte nach einem vereinbarten Stundenhonorar. Es ist nie vorgekommen, dass Frau römisch 40 von den gelegten Honorarnoten ein Betrag abgezogen wurde (z.B. wegen Gewährleistung).
Frau römisch 40 verfügte im Zeitraum von 04.04.2008 bis 04.07.2013 über eine Gewerbeberechtigung für „Hausbetreuung“.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur konkreten Ausgestaltung der Tätigkeit der Frau römisch 40 ergeben sich aus den Aussagen der Frau römisch 40 vor der belangten Behörde am 20.08.2012 und 11.03.2014 und in der Verhandlung vor dem Bundeverwaltungsgericht in Zusammenschau mit den Ausführungen der Beschwerdeführerin. Überdies ist beweiswürdigend auf die Ausführungen der anderen vier Personen, welche ebenfalls als Reinigungskräfte für die Beschwerdeführerin tätig wurden und die ebenfalls vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Ausgestaltung ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin einvernommen wurden, zu verweisen.
Die Feststellung, wonach Frau römisch 40 die zu reinigenden Objekte von Herrn römisch 40 zugeteilt wurden, ergibt sich aus der Aussage der Frau römisch 40 in der Einvernahme vor der belangten Behörde am 20.08.2012, wo sie angab: „Die zu reinigenden Objekte wurden uns nicht angeboten. Herr römisch 40 hat bestimmt, wer welches Objekt zu reinigen hatte.“ Auch in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab Frau römisch 40 gleichlautend zu ihren bisherigen Angaben an, dass sie sich die Objekte nicht aussuchen habe können, sondern, dass diese von Herrn römisch 40 zugewiesen worden seien. Der gegenteiligen Aussage des Herrn römisch 40 in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach den Reinigungskräften die Objekte vorgeschlagen worden seien und sie die freie Auswahl gehabt hätten, kann daher nicht gefolgt werden, insbesondere, da auch die anderen Reinigungskräfte aussagten, dass ihnen die Objekte zugeteilt worden seien.
Dass Frau römisch 40 den Schlüssel für die Objekte von Herrn römisch 40 bekommen hat, ergibt sich aus der diesbezüglich übereinstimmenden Aussage der Frau römisch 40 und des Herrn römisch 40 in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.
Die Feststellung, dass sich das Reinigungsmaterial im jeweils zu reinigenden Objekt bereits vor Ort befunden hat, ergibt sich aus der Aussage der Frau römisch 40 in Zusammenschau mit den Angaben der vier anderen Reinigungskräfte. Auch Herr römisch 40 gab an, dass das Material bereits vor Ort gewesen sei. Die Feststellung, dass das Reinigungsmaterial von der Beschwerdeführerin selbst bereitgestellt wurde, ergibt sich aus der Aussage der Frau römisch 40 in der Niederschrift vom 20.08.2012, wo sie ausführte, dass sämtliche Materialen von Herrn römisch 40 selbst zu den zu reinigenden Objekten gebracht worden seien. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab Frau römisch 40 auf die Frage, ob der jeweilige Kunde der Beschwerdeführerin oder die Beschwerdeführerin selbst das Putzmaterial vor Ort zur Verfügung gestellt habe, an, dass sie dies nicht wisse, was aufgrund der verstrichenen Zeit durchaus plausibel ist. Es ist daher der Aussage der Beschwerdeführerin vom 20.08.2012 zu folgen, wonach das Putzmaterial von der Beschwerdeführerin selbst zur Verfügung gestellt worden sei, zumal gemäß ständiger Judikatur des VwGH die Erstaussage die Vermutung für sich, dass sie der Wahrheit am nächsten kommt.
Die Feststellung, wonach Frau römisch 40 zu Beginn ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin Anweisungen von der Beschwerdeführerin erhalten hat, wie gewisse Putzmittel zu verwenden sind, ergibt sich ebenfalls aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der Frau römisch 40 und den anderen Reinigungskräften, welche aussagten, dass es am Anfang der Tätigkeit eine diesbezügliche Einschulung bzw. Anweisung gegeben habe. Der gegenteiligen Aussage des Herrn römisch 40 in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wonach es eine solche Anweisung nicht gegeben habe, kann daher nicht gefolgt werden.
Die Feststellung, wonach Frau römisch 40 Aufträge der Beschwerdeführerin nicht sanktionslos ablehnen konnte, ergibt sich aus ihrer diesbezüglich gleichbleibenden Angabe vor der belangten Behörde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Herr römisch 40 gab in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht auf die Frage, ob die Reinigungskräfte Aufträge der Beschwerdeführerin abgelehnt haben, an, dass er dies nicht sagen könne und ist daher der Aussage von Frau römisch 40 zu folgen.
Dass eine Kontrolle der Tätigkeit der Frau römisch 40 durch Herrn römisch 40 stattfand, wurde von Frau römisch 40 angegeben und gab auch Herr römisch 40 in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, zu einer allfälligen Kontrolle der Reinigungskräfte befragt, an: „Ansonsten hat sie eigentlich der Kunde kontrolliert und ich.“ Überdies führte Herr römisch 40 in diesem Zusammenhang aus: „Der Kunde hat das kontrolliert und wenn es eine Beschwerde gab, hat er sich an uns gewandt.“
Die Feststellung, wonach sich Frau römisch 40 nicht vertreten ließ, ergibt sich aus ihrer diesbezüglichen Aussage in der Einvernahme vom 20.08.2012, wo sie angab: „Eine Vertretung darf ich nicht bestellen. Wenn ich keine Zeit hatte oder im Urlaub war, hat Herr römisch 40 eine andere Reinigungskraft zum Objekt geschickt. Herr römisch 40 hat ausdrücklich gesagt, dass ich selbst arbeiten muss.“ Weiters gab sie in dieser Einvernahme selbst an, dass eine Vertretung nicht möglich gewesen wäre, weil sie die Schlüssel für die zu reinigenden Objekte nicht weitergeben habe dürfen. Der späteren Aussage von Frau römisch 40 in der Einvernahme vor der belangten Behörde vom 11.03.2014 sowie in der Beschwerde, wonach sie, wenn sie einmal nicht arbeiten habe können, von ihrer Mutter vertreten worden sei, kann daher nicht gefolgt werden, zumal die Beschwerdeführerin auch in der Verhandlung vor dem, Bundesverwaltungsgericht nicht mehr angab, dass sie von ihrer Mutter vertreten worden sei, sondern sie nur umgekehrt hin und wieder ihre Mutter vertreten habe.
Die Feststellung, wonach Frau römisch 40 drei bis viermal pro Jahr von ihrem Ehemann zu den Objekten begleitet wurde und der Ehemann ihr entgeltlos bei der Arbeit geholfen hat, ergibt sich aus der Aussage von Frau römisch 40 in der Einvernahme vom 20.08.2012. In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab Frau römisch 40 auf die Frage, ob ihr ihr Gatte bei der Arbeit geholfen habe, übereinstimmend zu ihrer bisherigen Angabe an: „Selten, aber ja.“
Die Feststellung, wonach kurzfristige Verhinderungen wie Krankenstände in den verfahrensrelevanten Zeiträumen nicht eingetreten sind, ergibt sich aus den gleichlautenden Aussagen der Frau römisch 40 in der Niederschrift vom 20.08.2012 und der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Der Umstand, dass etwaige Urlaube mit der Beschwerdeführerin abgesprochen werden mussten, ergibt sich aus der Aussage von Frau römisch 40 in der Niederschrift vom 20.08.2012, wo sie angab, dass ihr im Falle eines Urlaubs von Herrn römisch 40 mitgeteilt worden sei, wann sie wieder bei der Arbeit sein musste. Dass kurzfristige Verhinderungen der Beschwerdeführerin bekanntzugeben gewesen wären, ergibt sich aus der Aussage des Herrn römisch 40 in der Verhandlung.
Die Feststellung, wonach Frau römisch 40 für weitere Firmen tätig war, ergibt sich aus ihren Aussagen und ist nicht strittig.
Es ist überdies nicht strittig, dass Frau römisch 40 Honorarnoten gelegt hat. Die Feststellung zur Entlohnung nach Stundenhonorar ergibt sich aus der Aussage der Frau römisch 40 .
Dass Frau römisch 40 das Muster für die Honorarnoten von Herrn römisch 40 bekommen hat, sowie der Umstand, dass Frau römisch 40 von den gelegten Honorarnoten nie ein Betrag abgezogen wurde, ergibt sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben der Frau römisch 40 und des Herrn römisch 40 .
Die Feststellung zu der Gewerbeberechtigung ergibt sich aus dem GISA-Auszug.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:
Paragraph 414, Absatz eins, ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.
Gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß Paragraph 414, Absatz 2, ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach Paragraph 410, Absatz eins, Ziffer eins,, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. In der vorliegenden Angelegenheit wurde kein derartiger Antrag gestellt. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt. Gemäß Paragraph 59, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Zur Anwendbarkeit der Bestimmung des Paragraph 412 b, ASVG:
Die Bestimmung des 412b ASVG ist seit 01.07.2017 in Kraft. Im gegenständlichen Fall wurde bei der Beschwerdeführerin für die Prüfzeiträume 01.01.2006 bis 31.12.2008 und 01.01.2009 bis 31.12.2011 eine GPLA durchgeführt.
Für den früheren Prüfzeitraum römisch eins hat die Schlussbesprechung zur GPLA vor dem Inkrafttreten des Paragraph 412 b, ASVG stattgefunden und ging die ÖGK daher davon aus, dass die Bestimmung des Paragraph 412 b, ASVG nicht anwendbar ist.
Für den späteren Prüfzeitraum hat die Schlussbesprechung erst im Jahr 2019 stattgefunden und wurde die Bestimmung des Paragraph 412 b, ASVG daher von der ÖGK angewendet.
Die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin brachte hingegen betreffend Prüfzeitraum römisch eins in der Verhandlung vor, dass das Prüfverfahren erst abgeschlossen sei, wenn ein rechtskräftiger Bescheid vorliegt und die Bestimmung des Paragraph 412 b, ASVG daher anzuwenden wäre. Im Schriftsatz vom 15.06.2022 wurde darüber hinaus ausgeführt, dass es sich bei gegenständlichem Verfahren um eines „anlässlich einer Prüfung“ handle, dass die Norm des Paragraph 149, Absatz eins, BAO ausschließlich auf die Abgabepflichtige im Abgabenverfahren ziele und somit für diese Verfahren nicht fruchtbar gemacht werden könne, dass diese Prüfverfahren Rechtssicherheit für alle Betroffenen schaffen solle, unter anderem durch deren Einbindung als Parteien des Verfahrens und das Sozialversicherungsverfahren bis zur Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes ausgesetzt wurde, was letztlich ein Hinweis sei, dass das Verfahren noch im Stadium „bei Prüfung“ sei. Schließlich hätte ein Bescheid nach dem SV-ZG auch Bindungswirkung gegenüber dem Finanzamt. Es sei aber umgekehrt die Entscheidung des Finanzamts abgewartet worden, was zu einer enorm langen Verfahrensdauer geführt habe.
Paragraph 412 b, ASVG lautet, soweit hier relevant: „(1) Stellt der Krankenversicherungsträger oder das Finanzamt bei der Prüfung nach Paragraph 41 a, dieses Bundesgesetzes oder nach Paragraph 86, EStG 1988 für eine im geprüften Zeitraum nach dem GSVG bzw. nach dem BSVG versicherte Person einen Sachverhalt fest, der zu weiteren Erhebungen über eine rückwirkende Feststellung der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz (Neuzuordnung) Anlass gibt, so hat der Krankenversicherungsträger oder das Finanzamt die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen ohne unnötigen Aufschub von dieser Prüfung zu verständigen. […]“
Es ist somit zu erörtern, inwiefern die Wortfolge „bei der Prüfung“ des Paragraph 412 b, Absatz eins, ASVG auszulegen ist. Soweit die Beschwerde auf den Kommentar zum ASVG Wotruba in Sonntag (Hrsg), ASVG13 (2022), Paragraph 412 a,, RZ 2 (Fundstelle aktualisiert) verweist, ist der zitierten Stelle nichts zum Thema zu entnehmen. Soweit Paragraph 412 b,, RZ 1 gemeint wäre, so ist dort folgendes festgehalten: „Tritt im Rahmen einer versicherungsrechtlichen Prüfung bzw. einer GPLA der substantielle Verdacht auf, dass anstelle der bisherigen Pflichtversicherung nach dem GSVG bzw nach dem BSVG (als Ausübende eines bäuerlichen Nebengewerbes) eine Pflichtversicherung nach dem ASVG vorliegt, so hat die ÖGK bzw das Finanzamt die SVS ohne unnötigen Aufschub über diesen Verdacht zu verständigen. Die weiteren Ermittlungen sind sodann von der ÖGK sowie von der SVS im Rahmen des jeweiligen Wirkungsbereichs durchzuführen. Über die konkrete Durchführung des Verfahrens können sich die Versicherungsträger intern verständigen.“
Fallgegenständlich wurde, wie festgestellt, eine GPLA für den Prüfzeitraum römisch eins – hier ist die Anwendung des Paragraph 412 b, ASVG strittig – durchgeführt. Die Schlussbesprechung fand am 16.04.2012 statt in Anwesenheit des steuerlichen Vertreters der BF statt. Da laut der zitierten Kommentarstelle „im Rahmen […] einer GPLA der substantielle Verdacht“ auftrete, kann dies tatsächlich nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung nicht mehr möglich sein, da die Schlussbesprechung vor Inkrafttreten des SV-ZG (01.07.2017) stattfand und ein dadurch jedenfalls gegebener „Anlass“ „zu weiteren Erhebungen“ ebenso vor dem Inkrafttreten des SV-ZG gegeben war.
Ein zusätzliches Indiz für die Richtigkeit dieser Auslegung ist auch in den Paragraphen 149, bzw. 150 BAO zu finden, welche Vorschriften über die Beendigung der Außenprüfung, Schlussbesprechung samt Niederschrift sowie den schriftlichen Bericht enthalten.
Die darauffolgenden Verfahren beim Finanzamt und beim Sozialversicherungsträger stellen daher nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes eigenständige Ermittlungsverfahren unabhängig von der Prüfung dar, welche erst nach Abschluss der Prüfung beginnen. Dies ist auch daran erkennbar, dass im Ermittlungsverfahren der ÖGK das AVG, und nicht die BAO wie bei der damaligen GPLA, anwendbar ist.
Schließlich erscheint es nicht zweckmäßig, neben einem Versicherungspflichtverfahren, welches vom damaligen Rechtsvorgänger der ÖGK bereits eingeleitet war – was an der Aussetzung zu erkennen war–, ein Zuordnungsverfahren von der Abfolge her im Nachhinein zu starten.
Dazu ist jedoch festzuhalten, dass eine falsche Anwendung der Bestimmung des Paragraph 412 b, ASVG lediglich das Übergehen der Parteistellung der SVS bedeutet (welches im Übrigen durch die Teilnahme der SVS in der Verhandlung beim BVwG saniert erscheint), dadurch jedoch keine Rechtsverletzung bei der Beschwerdeführerin vorliegt. Eine Rechtsverletzung der Dienstnehmer ist nicht erkennbar, da diese ohnehin Parteien des gegenständlichen Verfahrens sind.
Einer Einvernahme des Prüfers FA der Schlussbesprechung, wie im Schriftsatz vom 15.06.2022 beantragt, bedurfte es nicht, da dessen Einvernahme ohne Relevanz für die Auslegung der Rechtsnorm ist, welche als rechtliche Würdigung ohnehin Sache des Gerichts ist.
Zur Dienstnehmereigenschaft der römisch 40 :
Nach der Rechtsprechung des VwGH vergleiche etwa VwGH v. 21.12.2005, Zl. 2004/08/0066) kommt es für die Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall läge ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es im Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit (in Eingliederung in den Betrieb des Leistungsempfängers sowie in persönlicher und regelmäßig damit verbundener wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm) ankommt.
Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung – in der Regel bis zu einem bestimmten Termin – zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet (VwGH 05.06.2002, 2001/08/0107, 0135 sowie 03.07.2002, 2000/08/0161).
Ein Werkvertrag liegt somit lediglich vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln müsse. Die gegenständlichen Reinigungstätigkeiten sind nicht dazu geeignet, dieses zentrale Kriterium zu erfüllen. Worin ein von Frau römisch 40 zu erbringendes Werk bestehen soll, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist die Durchführung von Reinigungstätigkeiten nicht als Werk im Sinne einer geschlossenen Einheit, sondern als Bemühen im Sinn einer Dienstleistung zu verstehen. Bei dieser Tätigkeit handelt es sich nicht um ein Endprodukt im genannten Sinn, sondern um, laufend zu erbringende, (Dienst-)Leistungen eines Erwerbstätigen, der über keine unternehmerische Organisation verfügt und letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponiert. Die Gewährleistungsfähigkeit der Leistung von Frau römisch 40 wurde ebenso nicht einmal plausibel behauptet. Die Geltendmachung von Gewährleistung wurde seitens der Beschwerdeführerin überdies nicht behauptet und fand nach den Feststellungen auch nicht statt.
Der Umstand, dass Frau römisch 40 über eine Gewerbeberechtigung verfügte, ist nicht entscheidend, da daraus nicht ableitbar ist, ob dieser im konkreten Fall in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit tätig wurden oder nicht vergleiche VwGH vom 21.12.2011, Zl. 2010/08/0129). Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass ein Dienstverhältnis vorliegt, wenn der Dienstnehmer zusätzlich über einen Gewerbeschein verfügt vergleiche VwGH vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0038).
Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung in ähnlich gelagerten Fällen (explizit zu Spachtelarbeiten im Rahmen eines eigenen Gewerbes VwGH 11.07.2012, 2012/08/0121; 21.12.2011, 2010/08/0129 jeweils mwN) nämlich davon aus, dass die Innehabung von Gewerbescheinen für Tätigkeiten, die keine besondere Qualifikation erfordern und üblicherweise auch von abhängigen Beschäftigten erbracht werden, durch Personen, die ohne eigene wesentliche Betriebsmittel am Wirtschaftsleben teilnehmen und im Grunde nur über ihre eigene Arbeitskraft disponieren, einen verbreiteten Missbrauch der Gewerbeordnung darstellt, der einerseits der Verschleierung abhängiger Beschäftigungsverhältnisse dient und andererseits oft Tätigkeiten betrifft, bei denen nicht auszuschließen ist, dass es sich um "gegen Stunden- oder Taglohn oder gegen Werkentgelt zu leistende Verrichtungen einfachster Art" handelt, die gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 8, GewO 1994 von der Gewerbeordnung ausgenommen sind. Auch der Umstand, dass Mitarbeiter auf Grund der aus der Innehabung von Gewerbescheinen entstehenden Mitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins, GSVG bereits an einen anderen Sozialversicherungsträger als an die Gebietskrankenkasse Beiträge geleistet haben, schließt eine Pflichtversicherung nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG nicht aus.
Nach Paragraph 4, Absatz 2, ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Dienstverhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.
Die Beantwortung der Frage, ob bei Erfüllung einer übernommenen Arbeitspflicht (also der Beschäftigung) die Merkmale persönlicher Abhängigkeit einer Person vom Empfänger der Arbeit gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG überwiegen, hängt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch die Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist.
Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z. B. einer längeren Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder eines das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungsrechtes des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein. vergleiche unter vielen das Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2009/08/0123).
Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinn des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG und damit eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ist stets die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht vor. Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis dar, sich im Falle der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Falle einer Krankheit oder eines Urlaubes vergleiche u.a. die Erkenntnisse des VwGH vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0293, vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0117, vom 12. Mai 1992, Zl. 91/08/0026, und vom 19. Mai 1992, Zl. 87/08/0271) oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vergleiche u.a. die Erkenntnisse vom 16. April 1991, Zl. 90/08/0117, und vom 24. März 1992, Zl. 91/08/0117) vertreten zu lassen; ebensowenig die bloße wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen vergleiche u.a. die Erkenntnisse vom 3. Juli 1990, Zl. 88/08/0293, vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0289, und vom 19. Mai 1992, Zl. 87/08/0271).
Im gegenständlichen Fall übte Frau römisch 40 ihre Tätigkeit stets persönlich aus und hat sich nicht vertreten lassen. Eine unentgeltliche Unterstützung durch ihren Ehegatten, die lediglich drei bis viermal pro Jahr vorkam, ist nicht als Vertretungsmöglichkeit zu werten. Vom Vorliegen einer generellen Vertretungsbefugnis kann daher nicht ausgegangen werden.
Weiters ist zu prüfen, ob Frau römisch 40 örtlich und zeitlich in den Betrieb der Beschwerdeführerin eingebunden und hinsichtlich des arbeitsbezogenen Verhaltens weisungsgebunden, kontrollunterworfen und in die Arbeitsorganisation der Beschwerdeführerin eingebunden war.
Frau römisch 40 war insofern an Ordnungsvorschriften betreffend die Arbeitszeit und den Arbeitsort gebunden, als Herr römisch 40 Frau römisch 40 die Objekte, in welchen Reinigungsarbeiten durchzuführen waren, zuteilte. Der Ort und die Uhrzeit für ihre Tätigkeit wurden Frau römisch 40 insofern von Herrn römisch 40 vorgegeben, als Herr römisch 40 Frau römisch 40 mitteilte, wann sie wo sein sollte um Reinigungsarbeiten durchzuführen. Insgesamt betrachtet kann somit keine eigene unternehmerische Struktur mit eigenen unternehmerischen Gestaltungsspielraum in der Ausgestaltung der Tätigkeit der Frau römisch 40 gesehen werden, zumal die „Kundenhoheit“ (aus welcher sich die Objekte ergaben) bei Herrn römisch 40 lag.
Für die Prüfung der persönlichen Abhängigkeit ist nicht die Weisungsgebundenheit betreffend das Arbeitsverfahren und die Arbeitsergebnisse maßgebend, sondern nur jene betreffend das arbeitsbezogene Verhalten. Im gegenständlichen Fall teilte Herr römisch 40 Frau römisch 40 die Objekte, in welchen Reinigungsarbeiten durchzuführen waren, zu und erklärte ihr die durchzuführenden Arbeiten. Zu Beginn ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin hat Frau römisch 40 Anweisungen seitens der Beschwerdeführerin erhalten, wie gewisse Putzmittel zu verwenden sind. Die Tätigkeit der Frau römisch 40 wurde anfangs monatlich, später nicht mehr regelmäßig, aber teilweise, von Herrn römisch 40 kontrolliert. In einer Gesamtschau ist festzuhalten, dass die Tätigkeit der Frau römisch 40 an den Vorgaben der Beschwerdeführerin, basierend auf deren Vereinbarungen mit den Kunden, orientiert war.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 24.04.2014,2012/08/0081 festgehalten, dass bei Beschäftigten, die ihre Tätigkeit disloziert, d.h. in Abwesenheit des Dienstgebers oder des von ihm Beauftragten außerhalb einer Betriebsorganisation ausüben, sich die Frage der Weisungsgebundenheit im Hinblick auf das arbeitsbezogene Verhalten in anderer Weise als bei einer Einbindung in eine Betriebsorganisation stellt. Im ersten Fall wird das Vorliegen eines persönlichen Abhängigkeitsverhältnisses in der Regel durch eine über die bloß sachliche Kontrolle des Ergebnisses einer Tätigkeit hinausgehende, die persönliche Bestimmungsfreiheit einschränkende Kontrollmöglichkeit bzw. durch (auf das Ergebnis derartiger Kontrollen aufbauende) persönliche Weisungen dokumentiert vergleiche VwGH 04.06.2008, 2004/08/0190 und 2007/08/0252, vom 02.05.2012, 2010/08/0083, vom 11.07.2012, 2010/08/0204, und vom 17.10.2012, 2010/08/0256), während die Einbindung eines Dienstnehmers in eine Betriebsorganisation in der Regel zur Folge hat, dass dieser den insoweit vorgegebenen Ablauf der Arbeit nicht jederzeit selbst regeln oder ändern kann. Ein persönliches Abhängigkeitsverhältnis wird hier oft weniger durch die ausdrückliche Erteilung von persönlichen Weisungen als vielmehr durch die "stille Autorität" des Arbeitgebers indiziert sein vergleiche VwGH 19.12.2012, 2012/08/0224, mwN). Bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfstätigkeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, kann bei einer solchen Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers - in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte - das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinn des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden vergleiche VwGH 21.12.2011, 2010/08/0129).
Im gegenständlichen Fall unterlag Frau römisch 40 , die disloziert tätig war und manuelle (Hilfs-)Tätigkeiten verrichtete, die ihr auch keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum eröffneten, der stillen Autorität der Beschwerdeführerin.
Was die Betriebsmittel anbelangt, hat sich das Reinigungsmaterial im jeweils zu reinigenden Objekt bereits vor Ort befunden und wurde von der Beschwerdeführerin bereitgestellt. Frau römisch 40 hat sohin über keine eigenen wesentlichen Betriebsmittel verfügt.
Aufgrund all dieser Erwägungen ist festzuhalten, dass Frau römisch 40 in mehrfacher Hinsicht in die betriebliche Struktur der Beschwerdeführerin eingebunden, an die Ordnungsvorschriften und Abläufe der Beschwerdeführerin gebunden, der Beschwerdeführerin weisungs- und kontrollunterworfen und persönlich arbeitspflichtig war. Aus Sicht des erkennenden Gerichtes lag dadurch ein Ausdruck der Einschränkung der persönlichen Bestimmungsfreiheit der Frau römisch 40 vor. In einer Gesamtschau sind somit die Merkmale einer Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit als überwiegend zu beurteilen; daran vermag auch der Umstand, dass Frau römisch 40 während der Zeit ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin noch für weitere Firmen Reinigungstätigkeiten durchgeführt hat, nichts zu ändern, insbesondere zumal Frau römisch 40 in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht angegeben hat, dass die Beschwerdeführerin der größte Auftraggeber gewesen sei.
Die Vereinbarung eines bestimmten Stundenhonorars als Entgelt für die erbrachte Leistung stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass Frau römisch 40 der Beschwerdeführerin nicht einen bestimmten Arbeitserfolg schuldete, sondern ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellte. Diese Art der Abrechnung stellt keine erfolgsabhängige Entlohnung dar und bildet ein weiteres gewichtiges Indiz für eine nichtselbständige Tätigkeit. Zu den wesentlichen Merkmalen eines Dienstverhältnisses zählt, dass der Dienstnehmer für seine Dienstleistungen laufend ein angemessenes Entgelt erhalte.
Die Merkmale für das Bestehen persönlicher Abhängigkeit sind im gegenständlichen Fall sohin als gegeben anzusehen. Im Verfahren betreffend die Feststellung der Pflichtversicherung ist es ausreichend, darzulegen, dass jedenfalls ein über der Geringfügigkeitsgrenze liegender Entgeltanspruch bestand vergleiche VwGH vom 04.09.2013, Zl. 2013/08/0110). Dass Frau römisch 40 in den verfahrensrelevanten Zeiträumen ein Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze erhielt, wurde nicht bestritten.
Nach ständiger Rechtsprechung hat die persönliche Abhängigkeit die wirtschaftliche Abhängigkeit zwangsläufig zur Folge und muss daher nicht gesondert geprüft werden (ua. VwGH vom 22.12.2009, 2006/08/0317; VwGH vom 25.04.2007, 2005/08/0137; VwGH vom 20.12.2006, 2004/08/0221).
Damit ist hier festzuhalten, dass im gegenständlichen Fall ein vollversicherungspflichtiges Dienstverhältnis der Frau römisch 40 nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 2, ASVG sowie Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, AlVG in den Zeiträumen von 01.12.2008 bis 31.12.2009, von 01.06.2010 bis 31.12.2010 und von 01.02.2011 bis 31.12.2011 gegeben ist.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu B) Zulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Auslegung der Bestimmung des Paragraph 412 b, ASVG fehlt.
Darüber hinaus argumentiert Thomas Neumann in Sieben Thesen zum Sozialversicherungs- Zuordnungsgesetz (FN 1) - Statement zu "Selbständig oder unselbständig: Neuregelung der Zuordnung von Sozialversicherten", DRdA 2018, 203, Folgendes: „Unstrittig ist, dass damit jedenfalls die GPLA-Prüfung (FN 3) gem Paragraph 41 a, Absatz 3, ASVG umfasst ist. Entdeckt nun die Gebietskrankenkasse (GKK) außerhalb der GPLA-Prüfung (zB durch eine Mitteilung der Finanzpolizei) einen Sachverhalt, der zu einer Neuzuordnung führen könnte, so ist die These, das SV-ZG sei nicht anwendbar. (FN 4) Dem widerspreche ich ausdrücklich und nachdrücklich.
In diesem Zusammenhang muss man zunächst Paragraph 41 a, ASVG in seiner Gesamtheit und in seiner Entstehungsgeschichte betrachten. Dies würde ein eigenes Vortragsthema eröffnen, sodass ich kurz zusammenfasse:
● § 41a Absatz 3, ASVG regelt die GPLA-Prüfung,
● § 41a Absatz eins, ASVG regelt die Sozialversicherungsprüfung außerhalb der GPLA-Prüfung,
● jeder Hinweis auf eine Neuzuordnung löst eine Sozialversicherungsprüfung gem Paragraph 41 a, ASVG aus und
● damit ist zwingend Paragraph 412 b, ASVG anzuwenden.
Ob nun lex posterior und/oder lex specialis als Interpretationsregel angeführt wird, es ist vor allem das eindeutige Ziel und der eindeutige Zweck des SV-ZG gewesen, jegliche Umqualifizierung durch die Gebietskrankenkassen dem neuen Verfahrensrecht zu unterwerfen. Eine andere Interpretation wäre ja die bewusste Konterkarierung des Kernproblems durch den Gesetzgeber. Genau diese Zielsetzung wurde auch von den Sozialpartnern nach knapp zehnjährigen Verhandlungen im August 2016 vereinbart. […]“
Sollte eine derart extensive teleologische Interpretation aufgrund des engeren Wortlautes der Bestimmung entgegen der Argumentation in der gegenständlichen Entscheidung, dass jegliche Umqualifizierung dem neuen Verfahrensrecht zu unterwerfen ist, tatsächlich Platz greifen, so könnte in Kombination mit der eintretenden Bindungswirkung betreffend das Verfahren beim Finanzamt (und in weiterer Folge beim BFG) eine Rechtsverletzung der BF in ihrem subjektiven Recht durch die Nichtentscheidung in einem Verfahren nach Paragraph 412 b, ASVG entstehen und die BF dadurch beschwert sein.
ECLI:AT:BVWG:2022:W228.2228250.1.00