Bundesverwaltungsgericht
14.07.2022
W122 2120729-3
W122 2120729-3/33E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 römisch 40 , geb. römisch 40 alias römisch 40 , StA. Iran, vertreten durch die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.08.2020, Zl. 1000705905-190676715, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.04.2022 zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer wuchs in Irak auf und stellte erstmals am 20.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Dieser wurde mit rechtskräftigem Bescheid des BFA vom 18.03.2014 mit der Begründung abgewiesen, dass weder die Identität des Beschwerdeführers noch sein Herkunftsstaat habe festgestellt werden können und der Beschwerdeführer an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt habe.
2. Am 05.06.2014 stellte der Beschwerdeführer nach einer Überstellung aus Dänemark einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 15.01.2016 erneut abgewiesen wurde. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Iran zulässig sei und eine Frist für die freiwillige Ausreise von zwei Wochen ab Rechtskraft festgelegt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Verfolgung des Beschwerdeführers aus politischen Gründen nicht festzustellen sei.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 30.05.2018, L506 2120729-1, als unbegründet ab und qualifizierte die Angaben des Beschwerdeführers als unglaubwürdig. Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 09.10.2018, E 3775/2018-5, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab, der die Revision des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 21.12.2018, Ra 2018/01/0324, zurückwies.
3. Am 04.07.2019 stellte der Beschwerdeführer seinen gegenständlichen (dritten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Als Fluchtgründe gab er an, dass diese „derzeit so wie schon damals“ seien und er als Kurde in Irak nicht anerkannt sei. Neu hinzugekommen sei, dass er in Irak Mitglied einer genannten Partei gewesen sei und mit dem dort herrschenden Regime Probleme gehabt habe. Er habe nunmehr "einen Ausweis dieser Partei (im Jahre 2016)" besorgt. Auch sei sein psychischer Zustand sehr schlecht und habe er keine Lust zu leben.
Mit Bescheid vom 30.10.2019 wies das BFA den Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück, erteilte dem Beschwerdeführer keine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung in den Iran zulässig sei und legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest. Unter einem erließ die Behörde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot und trug dem Beschwerdeführer auf, ab in einem näher bezeichneten Quartier Unterkunft zu nehmen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt nicht geändert habe. Auch leide der Beschwerdeführer zwar an einer depressiven Episode, nicht aber an einer schweren ansteckenden oder lebensbedrohlichen Krankheit.
4. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 17.02.2020, W199 2120729-2, hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Begründung als unbegründet ab, dass keine nachträgliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts aufgrund neuer Beweismittel (Ausweis, der die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bei einer genannten Partei belegen soll) vorliege. Ansonsten wurde der Beschwerde stattgegeben und wurden die übrigen Spruchpunkte mit der Begründung behoben, dass das BFA keine konkreten Feststellungen zur individuellen Situation des Beschwerdeführers getroffen habe, der sunnitischer Kurde mit einer psychischen Erkrankung sei und über keine Verwandten und keine Ortskenntnisse in Iran verfüge.
5. Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid (zugestellt am 12.08.2020) wurde im zweiten Rechtsgang der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt, sondern gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Iran zulässig sei (Spruchpunkte römisch II. bis römisch IV.). Unter Spruchpunkt römisch fünf. wurde ausgeführt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht, und unter Spruchpunkt römisch VI. der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Unter Spruchpunkt römisch VII. wurde ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot nach Österreich erlassen.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer unter einer depressiven Episode leide, aber in Iran kostenlos behandelbar wäre. Auch die Minderheit der sunnitischen Kurden würde im ganzen Land medizinische Behandlung und Medikamente erhalten.
6. Mit Schriftsatz vom 07.09.2020 erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde in vollem Umfang und beantragte u.a. die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend führte er im Wesentlichen aus, dass es ungeklärt sei, ob er in Iran aufgrund seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie mangels sozialen Netzwerkes medizinische Behandlung in Anspruch werde nehmen können. Er hätte in größeren Städten nur theoretisch Zugang zu Psychotherapie und Medikamenten und könne er sich diese nicht leisten. Der vorgelegte Ausweis einer genannten Partei sei im Sinne einer Refoulementprüfung zu berücksichtigen.
7. Mit Schriftsatz vom 14.09.2020 (eingelangt am 22.09.2020) legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsunterlagen dem Bundesverwaltungsgericht vor und wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde mit Erkenntnis vom 25.09.2020 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Der Verwaltungsgerichtshof hob dieses Erkenntnis mit Erkenntnis vom 31.08.2021 mit der Begründung auf, dass zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen worden sei.
8. Mit Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.09.2021 wurde der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch VI. des angefochtenen Bescheides (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) stattgegeben und der Spruchpunkt ersatzlos behoben.
9. Mit Schreiben vom 09.02.2022 wurden der Beschwerdeführer sowie das BFA zu einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.04.2022 geladen. Der Beschwerdeführer übermittelte mit Schriftsatz vom 04.04.2022 eine schriftliche Stellungnahme und medizinische Unterlagen, diverse Bestätigungs- und Empfehlungsschreiben sowie zwei Einstellungszusagen und brachte im Wesentlichen vor, dass es ihm unter Berücksichtigung seiner besonderen Gefährdungsmomente (Zugehörigkeit zur Minderheit der sunnitischen Kurden, Gesundheitszustand, keine Ortskenntnisse, kein Unterstützungsnetzwerk, keine Identitätsdokumente, keine finanziellen Mittel) nicht möglich sei, in Iran Fuß zu fassen. Auch verfüge er über ausgeprägte soziale Kontakte in Österreich.
10. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 05.04.2022 unter Beiziehung eines Dolmetschs für die Sprache Kurdisch Sorani eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer sowie dessen Rechtsvertretung teilnahmen. Das Bundesverwaltungsgericht verkündete das Erkenntnis wie im Spruch angeführt. Die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wurde dem BFA zur Kenntnis gebracht.
11. Mit Schriftsatz vom 06.04.2022 beantragte der Beschwerdeführer fristgerecht eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer ist ein volljähriger iranischer Staatsangehöriger moslemisch-sunnitischen Glaubens und gehört der Volksgruppe der Kurden an. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder.
Die Eltern des Beschwerdeführers, beide iranische Staatsangehörige, verließen vor rund 45 Jahren Iran und leben in Irak in einem Flüchtlingslager, ebenso wie Geschwister sowie zwei Onkel und eine Tante des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer ist in Irak in Flüchtlingslagern aufgewachsen. Er besuchte dort neun Jahre die Schule und arbeitete dort als Hilfsarbeiter auf dem Bau. Er hat auch in Iran gewohnt.
Der Beschwerdeführer spricht Kurdisch Sorani (Muttersprache), Farsi, Arabisch und Deutsch (Prüfung auf Niveau A2 positiv abgelegt). Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht besteht nicht.
Der Beschwerdeführer leidet an einer mittelgradigen rezidivierenden depressiven Störung und steht in psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung. Er nimmt die Medikamente Citalopram, Mirtel, Atarax, Doxazosin sowie Seroquel. Der Beschwerdeführer imponiert wach, in allen Qualitäten orientiert, bewusstseinsklar, in der Stimmung leicht gedrückt, eher im negativen Skalenbereich affiziert, negativ getönt, formal und inhaltlich geordnet und hat keine Sinnestäuschungen, keine Wahrnehmungsstörungen und keine suizidalen Tendenzen.
Der Beschwerdeführer leidet an keiner physischen oder psychischen schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Er ist arbeitsfähig und arbeitswillig.
1.2. Zur Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückführung nach Iran
Der Beschwerdeführer ist nach den iranischen Gepflogenheiten und der iranischen Kultur sozialisiert und mit den iranischen Gepflogenheiten vertraut.
Er kann in Iran grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung, Unterkunft und medizinische Versorgung befriedigen, ohne in eine existenzbedrohende bzw. lebensgefährliche Situation zu geraten. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen, in Iran einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten. Der Beschwerdeführer hat auch Verwandte in Dänemark, die ihn finanziell unterstützen können.
Dem Beschwerdeführer ist es möglich, sich in Iran durch Erwerbstätigkeit mit einer Krankenversicherung medizinisch zu versorgen und hat er für den Fall der arbeitslosen Überbrückungszeit die Möglichkeit der medizinischen Grundversorgung. Seine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der (sunnitischen) Kurden hindert ihn nicht daran, diese in Anspruch zu nehmen.
Es ist ihm auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte und Ortskenntnisse in Iran möglich, dort Fuß zu fassen und ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.
Es liegen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vor, dass er Gefahr liefe, in Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.
Er wäre dort als Zivilperson keiner ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt.
Es liegt auch sonst keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in Iran vor.
1.3. Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich
Über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz in Österreich wurde hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bereits dreimal rechtskräftig negativ entschieden.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären oder sonstigen verwandtschaftlichen bzw. familienähnlichen sozialen Bindungen in Österreich. Er lebt hier in keiner Lebensgemeinschaft.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht Mitglied in Vereinen oder anderen Organisationen. Er absolviert hier keine Ausbildung.
Der Beschwerdeführer verfügt über keine engen sozialen Bindungen zu Personen in Österreich. Seine sozialen Kontakte beschränken sich auf einige Bekanntschaften, mit denen er etwa spazieren geht. Die sozialen Kontakte entstanden zu einem Zeitpunkt, als der Beschwerdeführer bereits seine Anträge auf internationalen Schutz gestellt hat.
Der Beschwerdeführer verfügt über nachgewiesene Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2, Prüfung bestanden, und besuchte Kurse auf dem Niveau B2.
Der Beschwerdeführer bezieht in Österreich Leistungen aus der Grundversorgung. Er hilft einmal monatlich ehrenamtlich in einem Flüchtlingsquartier als Friseur und hielt im April 2022 einen Barbier- und Friseurworkshop ab. Er half gelegentlich ehrenamtlich in einem Gasthof bei Cateringveranstaltungen. Im Jahr 2018 besuchte er regelmäßig die Gemeinschaft der Dominikanerinnen in römisch 40 und verrichtete dort gelegentlich Reinigungsarbeiten. Der Beschwerdeführer verfügt über zwei Einstellungszusagen bei Friseursalons.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.4. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat
Aus dem ins Verfahren eingeführten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Iran, Stand 22.12.2021, Version 4, ergibt sich wie folgt:
Sicherheitslage
Iran verfügt über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur. Es bestehen jedoch gewisse Spannungen, die periodisch zunehmen. Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage in Iran auswirken. Die schwierige Wirtschaftslage und latente Spannungen im Land führen periodisch zu Kundgebungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Preiserhöhungen oder mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei muss mit schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten sowie mit Straßenblockaden gerechnet werden. Zum Beispiel haben im Juli 2021 Proteste gegen die Wasserknappheit in der Provinz Khuzestan und im November 2019 Proteste gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 7.12.2021).
Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 14.6.2021). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Die iranischen Behörden haben seit einiger Zeit die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zum Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran erhöht (AA 7.12.2021b). In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrt Sicherheits- und Personenkontrollen (AA 7.12.2021b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan, stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie verüben immer wieder Anschläge und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 7.12.2021).
In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen sowie Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 7.12.2021b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte im Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen, kriminellen Banden und den Sicherheitskräften (EDA 7.12.2021). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 11.2021). Gelegentlich kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. Auch für unbeteiligte Personen besteht das Risiko, unversehens in einen Schusswechsel zu geraten (EDA 7.12.2021).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (7.12.2021b, unverändert gültig seit 2.12.2021): Iran: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396, Zugriff 7.12.2021
● EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten [Schweiz] (7.12.2021, unverändert gültig seit 30.8.2021): Reisehinweise Iran, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/iran/reisehinweise-fuerdeniran.html, Zugriff 7.12.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 7.12.2021
Religionsfreiheit
In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Artikel 13, der iranischen Verfassung anerkannten 'Buchreligionen' (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben in ihren Gemeinden relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als 'mohareb' (Waffenaufnahme gegen Gott) verfolgt und mit der Todesstrafe bestraft werden (AA 5.2.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018). Religiöse Minderheiten werden mit Argwohn betrachtet und als Bedrohung für das theokratische System gesehen (CSW 3.2021). Auch unterliegen Anhänger religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 5.2.2021). Somit werden auch anerkannte religiöse Minderheiten (Zoroastrier, Juden, Christen) diskriminiert, sie sind in ihrer Religionsausübung jedoch nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Sie haben gewisse rechtlich garantierte Minderheitenrechte, etwa eigene Vertreter im Parlament (ÖB Teheran 11.2021). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA 23.5.2018; vergleiche FH 3.3.2021, IRB 9.3.2021). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA 23.5.2018; vergleiche FH 3.3.2021, BAMF 3.2019) und ihre politische Vertretung bleibt schwach (FH 3.3.2021). Wichtige politische Ämter stehen ausschließlich schiitischen Muslimen offen (AI 7.4.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021).
Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche Open Doors 2021). Nicht anerkannte religiöse Gruppen – Baha'i, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Mitunter wird von bedrohlicher Diskriminierung von Nicht-Schiiten seitens des familiären oder gesellschaftlichen Umfelds berichtet. Auch oppositionelle schiitische Geistliche und muslimische Sekten sind der Verfolgung ausgesetzt (ÖB Teheran 11.2021).
Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt (AI 7.4.2021). Die Regierung überwacht weiterhin die Aussagen und Ansichten hochrangiger schiitischer religiöser Führer, die die Regierungspolitik oder die Ansichten des Obersten Führers Ali Khamenei nicht unterstützten. Diese werden durch Behörden weiterhin mit Festnahmen, Inhaftierungen, Mittelkürzungen, Verlust von geistlichen Berechtigungsnachweisen und Beschlagnahmungen von Eigentum unter Druck gesetzt (US DOS 12.5.2021). Die Inhaftierung von Angehörigen religiöser Minderheiten, welche ihre Kultur, ihre Sprache oder ihren Glauben praktizieren, ist weiterhin ein ernstes Problem (HRC 11.1.2021). Personen, die sich zum Atheismus bekennen, laufen Gefahr, willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt oder wegen Apostasie (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 7.4.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). In der Praxis werden kaum mehr Verurteilungen wegen Apostasie registriert, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 11.2021).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 6.12.2021
● AI – Amnesty International (7.4.2021): Bericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2020), https://www.ecoi.net/de/dokument/2048570.html, Zugriff 30.4.2021
● BAMF – Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Deutschland] (3.2019): Länderreport Nr. 10. Iran. Situation der Christen, https://coi.easo.europa.eu/administration/germany/PLib/DE_BAMF_Laenderreport_10_Iran_Mar-2019.pdf, Zugriff 18.12.2020
● BFA – Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [Österreich] (23.5.2018): Analyse Iran – Situation armenischer Christen, https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf, Zugriff 17.4.2020
● CSW – Christian Solidarity Worldwide (3.2021): Iran: General Briefing, file:///tmp/mozilla_sl52920/iran---march-2021-1.pdf, Zugriff 7.5.2021
● DIS/DRC – Danish Immigration Service [Dänemark]/Danish Refugee Council (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 20.4.2020
● FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046519.html, Zugriff 30.4.2021
● HRC – UN Human Rights Council (formerly UN Commission on Human Rights) (11.1.2021): Report of the Secretary-General on the situation of human rights in the Islamic Republic of Iran [A/HRC/46/50], https://undocs.org/en/A/hrc/46/50, Zugriff 30.4.2021
● IRB – Immigration and Refugee Board [Kanada] (9.3.2021): Iran: Situation and treatment of Christians by society and the authorities (2017–February 2021) [IRN200458.E], https://www.ecoi.net/de/dokument/2048913.html, Zugriff 7.5.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 14.12.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (10.2020): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041432/IRAN_%C3%96B-Bericht_2020_10.pdf Zugriff 3.12.2020
● Open Doors (2021): Weltverfolgungsindex 2021 Länderprofil Iran (Berichtszeitraum 1. Oktober 2019 – 30. September 2020), https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran, Zugriff 19.1.2021
● US DOS – US Department of State [USA] (12.5.2021): 2020 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2051587.html, Zugriff 18.6.2021
Sunniten
Die meisten Sunniten in Iran sind Kurden, Turkmenen, Araber oder Belutschen, die in den Randprovinzen des Landes leben (Qantara.de 11.1.2016) - vor allem im Südwesten nahe den Grenzen zu den arabischen Nachbarländern (ÖB Teheran 10.2020). In den sunnitischen Siedlungsgebieten im Westen und Südosten Irans ist die Religionsausübung ohne Einschränkungen möglich (AA 5.2.2021). Sunniten sind in der Verfassung als Muslime anerkannt und dürfen ihre Religion prinzipiell frei ausüben, sie werden jedoch vielfach benachteiligt (ÖB Teheran 11.2021). Sunniten sehen sich vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt (GIZ 12.2020c; vergleiche HRW 13.1.2021) und werden vor dem Gesetz benachteiligt. So nehmen gerade in den letzten Jahren die Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten zu (GIZ 12.2020c). Sunniten berichten, dass sie keine Moscheen in großen Städten bauen dürfen (FH 3.3.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021, BS 2020, AI 7.4.2021) und Probleme hätten, Posten im öffentlichen Dienst zu bekommen (FH 3.3.2021; vergleiche BS 2020), da solche wichtigen politischen Ämter ausschließlich schiitischen Muslimen offenstehen (AI 7.4.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Sunnitische Geistliche werden immer wieder verhaftet. Außerdem fürchten die Behörden ein Überlaufen iranischer Sunniten zum radikalen Salafismus. Die Machtübernahme der radikal-sunnitischen Taliban in Afghanistan hat die Ängste in Iran vor einem Überschwappen des dortigen anti-schiitischen Terrors – v.a. seitens Al-Qaida und des sogenannten 'Islamischen Staates' – und mögliche Spannungen zwischen sunnitischer Minderheit und der Mehrheitsbevölkerung bekräftigt (ÖB Teheran 11.2021).
Sunniten werden mitunter sowohl aufgrund ihrer religiösen wie auch ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert, da viele kurdischer oder arabischer Volkszugehörigkeit sind (AA 5.2.2021). Dabei spielt bei der Ausgrenzung von Sunniten oft weniger die islamische Konfession als die ethnische Zugehörigkeit eine Rolle. In den Siedlungsgebieten der Sunniten gibt es starke Autonomiebewegungen, gegen die die Zentralregierung in Teheran vorgeht. Angehörige der ethnischen Minderheiten haben deshalb auch schlechteren Zugang zu Wasser, Wohnraum, Arbeit oder Bildung. Sunnitentum, ethnische Zugehörigkeit und Autonomiebestrebungen vermischen sich in der staatlichen Wahrnehmung. Im Jahr 2015 wurde erstmals ein Sunnit zum Botschafter des Iran ernannt (Qantara.de 11.1.2016).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 6.12.2021
● AI – Amnesty International (7.4.2021): Bericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2020), https://www.ecoi.net/de/dokument/2048570.html, Zugriff 30.4.2021
● BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Iran, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_IRN.pdf, Zugriff 6.5.2020
● FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046519.html, Zugriff 30.4.2021
● GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [Deutschland] (12.2020c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/, Zugriff 30.4.2021
● HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043504.html, Zugriff 30.4.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran,https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 17.12.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (10.2020): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2041432/IRAN_%C3%96B-Bericht_2020_10.pdf, Zugriff 29.12.2020
● Qantara.de (11.1.2016): Muslime zweiter Klasse, https://de.qantara.de/inhalt/sunniten-im-iran-muslime-zweiter-klasse, Zugriff 22.4.2020
Ethnische Minderheiten
Iran gehört mit über 80 Millionen Einwohnern zu den 20 bevölkerungsreichsten Ländern der Erde. Das Bevölkerungswachstum beträgt etwa 1,1 %. Dabei ist die iranische Gesellschaft viel heterogener, als die offizielle Staatsdoktrin glauben machen will. Nur etwa 51 % der Iraner sind Perser. Dazu kommt die Volksgruppe der Aseris mit 24 % der Gesamtbevölkerung, etwa 8 % Gilakis und Mazanderanis, 7 % Kurden, 3 % Araber und je etwa 2 % Turkmenen, Luren und Belutschen. Die diesbezüglich genannten Zahlen variieren teils beträchtlich. Zudem leben viele Flüchtlinge im Land, von denen die afghanischen weiterhin die größte Gruppe stellen, gefolgt von irakischen. Insgesamt ist Iran eines der größten Aufnahmeländer für Flüchtlinge weltweit. Die ethnischen Minderheiten Irans leben eher in den Grenzregionen des Landes zu seinen Nachbarn, die Kurden etwa im Nordwesten, die Araber in der Region um den Persischen Golf. (GIZ 12.2020c).
Der Vielvölkerstaat Iran verfolgt gegenüber ethnischen Minderheiten grundsätzlich eine auf Ausgleich bedachte Politik, v.a. die Aseri sind in Staat und Wirtschaft sehr gut integriert (AA 5.2.2021). Überwiegend leben die Minderheiten allerdings in den ökonomisch benachteiligten Randgebieten (DW 6.2.2021) und die Infrastruktur von Regionen, wo Minderheiten wohnen, ist zum Teil stark vernachlässigt (BMI 2015; vergleiche AA 5.2.2021, FH 3.3.2021, AI 7.4.2021, ÖB Teheran 11.2021). Die Diskriminierung ethnischer Minderheiten in Iran ist weiterhin ein Problem, betroffen sind v.a. Kurden, Araber, Belutschen, Aseris und Turkmenen. Die strukturelle Diskriminierung dieser Gruppen äußert sich im Alltag auch mit dem Verbot ihrer Muttersprache im Unterricht und vor Behörden (nur Farsi erlaubt) und im Verbot des Zugangs zu höheren politischen Ämtern (schiitischen Männern vorbehalten). Menschen, die sich für Minderheitenrechte einsetzen können bedroht, festgenommen und bestraft werden. Unabhängig von der Art der ihnen vorgeworfenen Straftat werden Angehörige ethnischer Minderheiten öfter zum Tode verurteilt, gefoltert und verbringen mehr Zeit in Untersuchungshaft (ÖB Teheran 11.2021).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 29.11.2021
● AI – Amnesty International (7.4.2021): Bericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2020), https://www.ecoi.net/de/dokument/2048570.html, Zugriff 30.4.2021
● BMI – Bundesministerium für Inneres [Österreich] / Langanger, Simone (2015): Kurdish political parties in Iran, in: BMI - Bundesministerium für Inneres (Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias; Webinger, Peter [eds.]): regiones et res publicae - The Kurds: History - Religion - Language - Politics, http://www.ecoi.net/file_upload/90_1447760239_bfa-regiones-et-res-publicae-the-kurds-2015.pdf, Zugriff 4.6.2019
● DW - Deutsche Welle (6.2.2021): Kurden verstärkt im Visier Teherans, https://www.dw.com/de/kurden-verst%C3%A4rkt-im-visier-teherans/a-56473340, Zugriff 30.11.2021
● FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046519.html, Zugriff 30.4.2021
● GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [Deutschland] (12.2020c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/, Zugriff 30.4.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 14.12.2021
Zur Volksgruppe der Kurden
Die Kurden (überwiegend Sunniten) sind hinsichtlich ihrer kulturellen Eigenständigkeit staatlicher Diskriminierung ausgesetzt. Dennoch werden sie in größerer Zahl in hohe Ämter der Provinzverwaltungen und zunehmend auch in der Ministerialbürokratie berufen (so gibt es eine kurdischstämmige Vize-Innenministerin). Der iranische Staatsrundfunk sendet stundenweise kurdischsprachige Sendungen auf dem Regionalsender IRIB Kurdistan. In der Verfassung vorgesehener Schulunterricht sowie Studiengänge in kurdischer Sprache sind seit einem Erlass von Rohani im Jahr 2016 rechtlich möglich. Es ist jedoch nicht nachprüfbar, in welchem Umfang Unterricht an Schulen und Universitäten tatsächlich angeboten wird, da er nicht aktiv vom iranischen Staat gefördert wird (5.2.2021). Die Regierung schränkt kulturelle und politische Aktivitäten der Kurden ein (HRW 13.1.2021). Problematisch sind vor allem kulturelle Aktivitäten, die politisch werden (DIS/DRC 23.2.2018). Zahlreiche Kurden werden willkürlich inhaftiert, darunter auch Menschenrechtsaktivisten, die sich für die Rechte von Minderheiten einsetzten (AI 7.4.2021). Alleine zwischen 9. und 24.1.2021 wurden 57 kurdische Zivilisten und Aktivisten willkürlich und ohne Gerichtsbeschluss festgenommen (KHRN 25.1.2021). Auch im Jahr 2020 schossen iranische Grenzschützer weiterhin rechtswidrig auf zahlreiche unbewaffnete kurdische Männer, die als Träger (kulbar) arbeiteten und Lasten aus den kurdischen Regionen diesseits und jenseits der iranisch-irakischen Grenze hin- und hertransportierten. Nach Angaben kurdischer Menschenrechtsorganisationen wurden mindestens 40 Männer getötet und zahlreiche weitere verletzt (AI 7.4.2021).
Die kurdische Region Irans ist militarisiert und die iranische Regierung überwacht die kurdische Bevölkerung durch regelmäßige Checkpoints ebenso wie durch die Nutzung von Telekommunikation und sozialen Medien. Die iranische Regierung sieht jede Art von politischem oder zivilem Aktivismus als potenzielle Bedrohung an, insofern können sowohl politische als auch zivilgesellschaftliche Aktivisten von Verfolgung bedroht sein (DIS 7.2.2020). Seit dem Unabhängigkeitsreferendum der irakischen Kurden im September 2017 wurde die Präsenz von Militär und Revolutionsgarden in Gebieten mit überwiegend kurdischem Bevölkerungsanteil deutlich erhöht (AA 5.2.2021; vergleiche DIS 7.2.2020) und einige Mitglieder der lokalen Bevölkerung arbeiten als Informanten für die iranischen Behörden (DIS 7.2.2020). Die militärische und geheimdienstliche Präsenz ist nicht immer sichtbar. Die Überwachung in diesem Gebiet ist nicht systematisch, aber strukturiert und auch nicht zufällig, sondern gezielt (DIS/DRC 23.2.2018).
Kurdischen Aktivisten werden in vielen Fällen von der Zentralregierung separatistische Tendenzen vorgeworfen und diese entsprechend geahndet (AA 5.2.2021; vergleiche DIS 7.2.2020). Unter den politisch Verfolgten sind daher verhältnismäßig viele Kurden (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche DIS/DRC 23.2.2018, Landinfo 19.5.2020). Auffallend sind die häufigen Verurteilungen im Zusammenhang mit Terrorvorwürfen – insbesondere die Unterstützung der als Terrororganisation geltenden PJAK (partiya jiyana azad a kurdistane - Partei für ein freies Leben in Kurdistan, Schwesterorganisation der PKK in Iran), der kommunistischen Komala-Partei, oder der KDP-Iran – und das oftmals unverhältnismäßig hohe Strafausmaß (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche DIS/DRC 23.2.2018). Die meisten werden wegen Verbrechen gegen die nationale Sicherheit angeklagt. Kurden machen auch einen überproportionalen Anteil der zum Tode verurteilten und hingerichteten Personen aus (Landinfo 18.12.2020; vergleiche AA 5.2.2021). Darüber hinaus häufen sich Berichte über Repressalien gegen Kurden aufgrund suspekter Aktivitäten ihrer Verwandten im Irak, mit denen die Verwandten zum Aufgeben oder zur Einreise in den Iran bewegt werden sollen (ÖB Teheran 11.2021). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche DIS/DRC 23.2.2018, HRC 14.5.2021). Den Menschen dieser Regionen bleibt aufgrund der dortigen Unterentwicklung oftmals keine andere Wahl, als zu schmuggeln (ÖB Teheran 11.2021). KDPI, Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv (DIS/DRC 23.2.2018).
Anfang des Jahres 2021 wurden ca. 100 Kurden willkürlich verhaftet. Es handelte sich bei den Verhafteten um zivilgesellschaftliche und Arbeitsrechtsaktivisten, um Umweltschützer, Autoren, Studenten, aber auch um Personen, die sich politisch gar nicht betätigt haben. Die Angehörigen der Verhafteten sind über deren Aufenthaltsort offenbar nicht informiert worden. Die Beweggründe der Behörden sind unklar. Die iranischen Behörden haben nicht erklärt, warum sie gegen eine so große Gruppe von Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund vorgegangen sind. Ungefähr die Hälfte derer, die ins Visier genommen wurden, sollen keine Verbindung zu irgendwelchen Medien, politischen Organisationen oder zivilgesellschaftlichen Gruppen gehabt haben. Viele der nun Verhafteten haben offenbar an einer Versammlung teilgenommen oder ein Kommentar in den sozialen Medien verfasst (DW 6.2.2021).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 29.11.2021
● AI – Amnesty International (7.4.2021): Bericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2020), https://www.ecoi.net/de/dokument/2048570.html, Zugriff 3.5.2021
● DIS/DRC – Danish Immigration Service [Dänemark] /Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf, Zugriff 22.4.2020
● DIS – Danish Immigration Service [Dänemark] (7.2.2020): Iranian Kurds: Consequences of political activities in Iran and KRI, https://www.ecoi.net/en/file/local/2024578/Report+on+Iranian+Kurds+Feb+2020.pdf, Zugriff 14.5.2020
● DW – Deutsche Welle (6.2.2021): Kurden verstärkt im Visier Teherans, https://www.dw.com/de/kurden-verst%C3%A4rkt-im-visier-teherans/a-56473340, Zugriff 30.11.2021
● HRC – UN Human Rights Council (14.5.2021): Situation of human rights in the Islamic Republic of Iran; Report of the Secretary-General [A/HRC/47/22], https://www.ecoi.net/en/file/local/2053883/A_HRC_47_22_E.pdf, Zugriff 29.11.2021
● HRW – Human Rights Watch (13.1.2021): World Report 2021 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2043504.html, Zugriff 25.1.2021
● KHRN – Kurdistan Human Rights Network (25.1.2021): Iran forces arbitrarily detain Kurdish civilians, activists, https://kurdistanhumanrights.org/en/iran-forces-arbitrarily-detain-kurdish-civilians-activists/, Zugriff 27.1.2021
● Landinfo [Norwegen] (18.12.2020): Det iransk-kurdiske partiet PJAK, https://www.ecoi.net/en/file/local/2043154/Iran-temanotat-PJAK-18122020.pdf, Zugriff 26.1.2021
● Landinfo [Norwegen] (19.5.2020): Kurdistan Democratic Party – Iran (KDP-I), https://coi.easo.europa.eu/administration/norway/PLib/Temanotat_Iran_KDP-I_19052020.pdf, Zugriff 25.1.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 14.12.2021
Flüchtlinge
Iran hat die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet und übernimmt seit mehr als drei Jahrzehnten Verantwortung für afghanische und irakische Flüchtlinge im Land (AA 5.2.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Die Behörden arbeiten mit dem Büro von UNHCR zusammen, um afghanischen und irakischen Flüchtlingen Hilfe bereitzustellen (US DOS 30.3.2021; vergleiche UNHCR 30.9.2020), vor allem in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Lebensunterhalt (UNHCR 2020). Die iranische Regierung ist über das Amt für Ausländer- und Einwanderungsangelegenheiten (BAFIA) für die Registrierung von Asylwerbern und Flüchtlingen sowie für die Feststellung des Flüchtlingsstatus in Iran gemäß den iranischen Rechtsvorschriften zuständig. UNHCR in Iran nimmt keine Asylanträge an und entscheidet nicht über Asylanträge (UNHCR 26.9.2021).
Von den Flüchtlingen stellen die afghanischen weiterhin die größte Gruppe, gefolgt von irakischen. Insgesamt ist Iran eines der größten Aufnahmeländer für Flüchtlinge weltweit (GIZ 12.2020c). In Iran halten sich ca. 3-4,5 Millionen Afghanen auf, wobei ca. 300.000 seit Machtergreifung der Taliban Anfang August 2021 nach Iran geflohen sind (ÖB Teheran 11.2021). Einem eingeschränkten Kreis von 951.000 Amayesh-Karteninhabern, die Zugang zu Gesundheitsdiensten und zum Bildungssystem haben, stehen 1,5-2 Mio. nicht registrierte Flüchtlinge und 450.000 Afghanen mit Pass und Visum gegenüber. Die Regierung hatte im Jahr 2017 mit einer schrittweisen Ausweitung der Registrierung begonnen, die mittlerweile abgeschlossen wurde. 800.000 nicht dokumentierte Afghanen wurden erfasst, unklar ist aber noch, was für einen Status sie erhalten werden. Angesichts des anhaltenden Drucks durch die US-Wirtschaftssanktionen wird es für Iran immer schwieriger, das Engagement für die Flüchtlinge innenpolitisch zu rechtfertigen. Bislang wirkt sich dies jedoch nicht auf die Leistungen für die Flüchtlinge aus. In enger Zusammenarbeit verfolgt die Flüchtlingsbehörde BAFIA die Projekte, die internationale und lokale NGOs umsetzen, um die Verhältnisse der Flüchtlinge im Land zu verbessern (AA 5.2.2021). Internationale Organisationen wie UNHCR und NGOs bestätigen, dass Iran afghanische Flüchtlinge einerseits in den vergangenen Jahren sehr großzügig aufgenommen und behandelt, andererseits aber sehr wenig internationale Unterstützung erhalten hat (ÖB Teheran 11.2021).
Mit der Durchführung des Amayesh-Programms für Flüchtlinge in Iran wurde in der Zeit von 2001 bis 2003 begonnen. Im Jahr 2001 begann man mit den Vorregistrierungen und im Jahr 2003 wurde die erste Amayesh-Runde durchgeführt. Die Personen, die durch das Programm registriert worden sind, bekamen sogenannte Amayesh-Karten ausgestellt, die unter anderem das Recht auf medizinische Versorgung und Ausbildung einschließen. Die Amayesh-Karten haben eine begrenzte Gültigkeit und um ihren legalen Status in Iran nicht zu verlieren, müssen sich Amayesh-registrierte Personen bei jeder Registrierungsrunde, die in Iran durchgeführt wird, erneut registrieren. Der Prozess zur erneuten Registrierung ist immer noch mit Schwierigkeiten und unterschiedlichen Ausgaben verbunden, die in den unterschiedlichen Provinzen variieren können. Normalerweise geschieht die Erneuerung jedes Jahr, die Kosten liegen bei 200–300 US-Dollar für eine Familie mit fünf Personen (hierin sind die Kosten für die Arbeitserlaubnis für eine Person sowie die Provinzsteuer inkludiert). Die iranischen Behörden geben im Internet bekannt, wenn es Zeit für eine neue Amayesh-Runde ist. Sie informieren auch über andere Regeln online und erwarten, dass sich die Betroffenen auf dem Laufenden halten, was nicht immer der Fall ist. Hilfsorganisationen richten sich mit extra Information an die am meisten schutzbedürftigen Gruppen, damit sie nicht verpassen, sich erneut für eine neue Amayesh-Karte oder den Schulbesuch der Kinder zu registrieren (Lifos 10.4.2018).
Die Afghanen, die vor 2001 nach Iran gekommen sind, werden – vorausgesetzt, dass sie sich bei sämtlichen Amayesh-Registrierungen registriert haben – von den iranischen Behörden als Flüchtlinge betrachtet. Das Amayesh-System ist aber kein offenes System, was bedeutet, dass neu eingereiste Afghanen kein Asyl in Iran beantragen können. Seit 2001 werden im Prinzip keine Neuregistrierungen mehr vorgenommen. Zu den Ausnahmen gehören wenige, besonders schutzbedürftige Fälle. Kinder von Amayesh-registrierten Eltern werden registriert (Lifos 10.4.2018). Die Behörden erlauben aber auch unregistrierten afghanischen Kindern den Schulbesuch (HRW 14.5.2019; vergleiche ÖB Teheran 11.2021, AA 5.2.2021). Wenn eine Person ihren Amayesh-Status infolge einer verpassten Registrierung verliert, gibt es keine Möglichkeit zur erneuten Registrierung. Amayesh-Registrierte verlieren ihren Status, wenn sie Iran verlassen, weil der Amayesh-Status keine Ausreise erlaubt (Lifos 10.4.2018). Amayesh-registrierte Afghanen haben das Recht, eine Arbeitsgenehmigung zu beantragen (Lifos 10.4.2018; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Männer im Alter von 18 bis 65 sind dazu verpflichtet, dieses in Zusammenhang mit der Amayesh-Registrierung zu tun. Amayesh-registrierte Frauen können keine offizielle Arbeitserlaubnis in Iran beantragen, aber in der Praxis arbeiten auch einige afghanische Frauen – oft zu Hause. Der Arbeitsmarkt für Afghanen in Iran ist reguliert und Afghanen haben das Recht, in 87 verschiedenen Berufen zu arbeiten. Ein Problem für Amayesh-registrierte, ausgebildete Personen ist, dass die Einschränkungen auf dem Arbeitsmarkt bedeuten können, dass sie nicht in dem Bereich arbeiten können, für den sie ausgebildet sind. Was den Zugang der afghanischen Bevölkerung zum Arbeitsmarkt sowie die Möglichkeiten ihren Lebensunterhalt zu verdienen angeht, haben die iranischen Behörden in den letzten Jahren frühere Restriktionen verringert. In einzelnen Fällen, wo eine Amayesh-registrierte Person eine gewisse Berufskompetenz besitzt, die nicht unter die 87 erlaubten Berufe fällt, kann eine Ausnahme gestattet werden (Lifos 10.4.2018). Die meisten Flüchtlinge gehen eher minderwertigen und schlecht bezahlten Arbeiten v.a. im informellen Sektor (Bau, Reinigung/Müllabfuhr oder Landwirtschaft) nach, die offiziell versicherungspflichtig sind (AA 5.2.2021).
Als Teil der Bestrebungen der iranischen Behörden, Kontrolle über die sich illegal im Land aufhaltenden Afghanen zu bekommen, wurde 2017 ein Programm zur Identifikation und Registrierung afghanischer Staatsbürger durchgeführt. Dieser sogenannte 'headcount' richtete sich zu Beginn nur auf Afghanen, wurde aber später auch auf irakische Staatsbürger im Land ausgeweitet. Bis Mitte September 2017 wurden durch dieses Programm ca. 800.000 ausländische Staatsbürger mit illegalem Aufenthalt im Land identifiziert. Hinsichtlich sich illegal im Land aufhaltender Afghanen wurde das Hauptaugenmerk in der ersten Runde auf drei besondere Kategorien gerichtet:
1. Unregistrierte Afghanen mit in die Schule gehenden Kindern;
2. Unregistrierte Afghanen, die mit Amayesh-registrierten Personen verheiratet sind;
3. Unregistrierte Afghanen, die mit iranischen Staatsbürgern verheiratet sind (Lifos 10.4.2018).
Personen aus diesen Kategorien, die eine dem Programm entsprechende Identifikation durchlaufen haben, haben einen Papierbeleg (headcount slip) erhalten, der sie bis auf Weiteres davor schützt, aus Iran deportiert zu werden. Die Möglichkeit zur Teilnahme an dem Programm wurde auf früher Amayesh-registrierte Personen oder Visumsinhaber, die ihren Status aus irgendeinem Grund verloren haben, ausgeweitet. Der Fokus der iranischen Behörden liegt darauf, den Aufenthalt der Afghanen, die sich illegal im Land befinden, zu erfassen und zu regulieren, und nicht auf Deportationen (Lifos 10.4.2018). Im November 2018 hat die Regierung erneut eine Registrierungsinitiative für in Iran legal sowie illegal arbeitende Ausländer eingeleitet. In diesem Kontext wurden zum Schuljahr 2019/2020 erneut nicht-registrierte Flüchtlingskinder in das Schulsystem aufgenommen. Derzeit werden über 130.000 sogenannte 'blue card holders' gezählt, die infolge eines Dekrets des Obersten Revolutionsführers aus dem Jahr 2015 neu eingeschrieben werden konnten, bei insgesamt 480.000 Kindern aus Flüchtlingsfamilien (auch Iraker). Neben dem Abschiebeschutz für die ganze Familie geht damit der Zugang zu einer besseren Grundversorgung mit Nahrungsmitteln sowie Beratung und Gesundheitsfürsorge einher (AA 5.2.2021). Auch die Schulgebühren für Flüchtlingskinder wurden 2016 aufgehoben. Dennoch finden nicht alle Kinder einen Schulplatz, auch weil erschwingliche Transportmöglichkeiten zur nächsten Schule fehlen (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche ACCORD 5.2020), die Kinder illegal arbeiten geschickt werden, die allgemeine Einschreibegebühr von umgerechnet 60 USD zu hoch ist, oder Eltern iranischer Kinder gegen die Aufnahme von afghanischen Kindern sind (ÖB Teheran 11.2021). Flüchtlingskinder lernen Seite an Seite mit ihren iranischen Klassenkameraden nach dem iranischen Lehrplan. Allein im Jahr 2019 schuf Iran in seinen Schulen Platz für etwa 60.000 zusätzliche afghanische Schüler. Es gibt einige von der afghanischen Gemeinschaft betriebene Schulen, in denen in Dari oder anderen in Afghanistan gesprochenen Sprachen unterrichtet wird, aber diese Schulen wurden erst vor Kurzem offiziell anerkannt, nachdem sie zuvor regelmäßig von den Behörden geschlossen wurden (ACCORD 5.2020). Auch der Zugang zu höherer Bildung ist möglich, dafür muss jedoch der Flüchtlingsstatus aufgegeben, und ein Studentenvisum beantragt werden. Nach dem Studium besteht daher die Gefahr, keine Aufenthaltserlaubnis mehr zu erlangen. Infolgedessen beantragen viele stattdessen Asyl in Europa, um dort ihre Ausbildung fortzusetzen, obwohl sie dies lieber in Iran gemacht hätten (ÖB Teheran 11.2021).
Die Krankenversicherungsleistungen für registrierte Flüchtlinge sollen erweitert und möglichst alle Flüchtlinge in medizinische Betreuungsmaßnahmen aufgenommen werden. Dazu bedient sich die Flüchtlingsbehörde BAFIA zunehmend eines Überweisungssystems von besonders schwierigen Fällen an internationale NGOs oder den UNHCR. Dieser ist mit Gesundheitsstationen in 18 Provinzen tätig und hat mit einem zusätzlichen Versicherungsangebot innerhalb des bestehenden Salamat-System (UPHI) [Krankenversicherung] im 6. Zyklus in 100.000 Härtefällen Hilfe geleistet (AA 5.2.2021). Afghanen haben auch ohne Aufenthaltstitel Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Medizinische Grundversorgung ist für alle Menschen in Iran gratis zugänglich, nicht registrierte Flüchtlinge haben jedoch oft Angst, abgeschoben zu werden, und nehmen diese nicht in Anspruch. Seit 2016 können sich alle registrierten Flüchtlinge in der staatlichen Krankenversicherung registrieren, müssen allerdings eine Gebühr zahlen, die sich viele nicht leisten können. UNHCR zahlt diese Gebühr für die vulnerabelsten Flüchtlinge (ÖB Teheran 11.2021). 120.000 Flüchtlinge wurden von UNHCR beim Zugang zur iranischen Krankenversicherung unterstützt. Die Krankenversicherung zielt darauf ab, den am stärksten gefährdeten afghanischen Flüchtlingen den nötigen Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen. UNHCR übernahm die Kosten für die Versicherungsprämien der schutzbedürftigen Flüchtlinge, die 2020 in der iranischen Allgemeinen Krankenversicherung (UPHI) eingeschrieben waren. Angesichts der COVID-19-Pandemie und des anhaltenden wirtschaftlichen Abschwungs in Iran hat UNHCR die Zahl der von dem Programm erfassten Flüchtlinge vorübergehend erhöht. Trotz der Herausforderungen gewährt Iran den Flüchtlingen weiterhin großzügig Zugang zu Bildung und Gesundheitsdiensten. Iran ist eines von nur einer Handvoll Ländern auf der Welt, die Flüchtlingen die Möglichkeit bietet, sich wie iranische Staatsangehörige in eine nationale Krankenversicherung für wesentliche sekundäre und tertiäre öffentliche Gesundheitsdienste einzuschreiben. Das nationale Versicherungssystem ermöglicht eine kostenlose COVID-19-Behandlung und Krankenhausaufenthalte. Es subventioniert auch die Kosten für Operationen, Dialyse, Radiologie, Labortests, ambulante Versorgung und mehr. Viele Flüchtlinge können sich die Prämienkosten jedoch nicht leisten. Die Auswirkungen der Pandemie auf den Lebensunterhalt sind besonders schwerwiegend für Flüchtlinge, die oft auf prekäre und instabile Arbeitsplätze angewiesen sind. Viele können ihre Grundbedürfnisse nicht mehr decken, geschweige denn die Kosten für die Krankenversicherung, die schätzungsweise rund 40% der monatlichen Ausgaben einer durchschnittlichen Flüchtlingsfamilie ausmachen (UNHCR 6.4.2021).
Kulturell, sprachlich, religiös und in den Grenzbereichen auch ethnisch bestehen Gemeinsamkeiten zwischen Iranern und Afghanen. Iranische Behörden fürchten jedoch einen noch größeren Zustrom von Afghanen in den kommenden Monaten und verweisen auf die bereits große afghanische Gemeinde in Iran, die schlechte Wirtschaftslage angesichts der US-Sanktionen und die Auswirkungen der Covid-Pandemie. Es werden Spannungen zwischen residenter Bevölkerung und den Neuankömmlingen befürchtet. Bereits bisher werden Afghanen teilweise diskriminiert, und es kommt zu Protesten gegen Afghanen, z.B. gegen die Aufnahme afghanischer Kinder an Schulen (ÖB Teheran 11.2021). Afghanen sind im Großen und Ganzen - auch wenn sie zum Teil bereits in der zweiten Generation in Iran leben, wenig integriert. 15% der Flüchtlinge, die sich auf den Weg nach Europa machen, haben mindestens sechs Monate in Iran verbracht (AA 5.2.2021). Neu angekommene Afghanen haben meist keine Probleme, in Iran eine Wohnung zu finden. Dies liegt daran, dass die afghanische Gesellschaft eine starke Netzwerkgesellschaft mit festen Beziehungen innerhalb der Netzwerke ist. Diejenigen, die nach Iran kommen, haben oft bereits Familienmitglieder im Land, bei denen sie wohnen können. Afghanen in Iran unterstützen sich gegenseitig und dieses kann auch für Personen gelten, die nicht miteinander verwandt sind. Viele Afghanen mieten große Wohnungen und es können viele Personen in einem Haushalt wohnen. Afghanen in Iran haben ungeachtet dessen, ob sie Amayesh-registriert sind oder nicht, nicht das Recht dazu, ein Haus oder eine Wohnung zu besitzen, sondern können diese nur mieten. Die Wohnungskosten stellen einen der größten Ausgabenposten für Afghanen in Iran dar. Bei der Anmietung eines Hauses wird eine Kaution an den Besitzer bezahlt und je größer die Kaution, die hinterlegt werden kann, desto billiger werden die Mietkosten (Lifos 10.4.2018).
Hochzeiten zwischen Iranern und afghanischen Flüchtlingen sind, obwohl keine Seltenheit, schwierig, da die iranischen Behörden dafür Dokumente der Botschaft oder der afghanischen Behörden benötigen. Staatenlosen wird von einigen Provinzverwaltungen Zugang zur öffentlichen Grundversorgung und das Ausstellen von Reisedokumenten und sonstigen Papieren verwehrt; eine einheitliche Praxis fehlt (ÖB Teheran 11.2021). Mittlerweile ist es möglich, dass iranische Frauen ihre Staatsbürgerschaft an Kinder mit einem ausländischen Vater weitergeben können (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche US DOS 31.3.2021). Die Revolutionsgarden sollen Tausende von in Iran lebenden afghanischen Migranten mithilfe von Zwangsmaßnahmen für den Kampf in Syrien rekrutiert haben. Human Rights Watch berichtete, dass sich unter den Rekrutierten auch Kinder im Alter von 14 Jahren befinden (FH 3.3.2021; vergleiche US DOS 30.3.2021).
Die freiwillige Rückkehr registrierter afghanischer Flüchtlinge lag 2019 mit 1.609 im vergleichbaren Rahmen wie im Vorjahr (Vergleichszeitraum 2018: 1.450). Nach Angaben des UNHCR erfolgen 40% dieser Ausreisen durch Studenten in der Absicht, mit einem entsprechenden Visum wieder nach Iran einzureisen (AA 5.2.2021). Seit Jahresbeginn 2020 sind laut UNHCR bislang (Stand Oktober 2020) mit 695.677 deutlich mehr nicht registrierte Afghanen aus dem Iran nach Afghanistan zurückgekehrt als im Vorjahr (2019 dagegen insgesamt nur 476.887), 259.084 der Rückkehrenden wurden abgeschoben. UNHCR führt dies auf die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage in Iran sowie die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie zurück (AA 5.2.2021). UNHCR verzeichnete, dass 16.300 Afghanen, die 'potenziell internationalen Schutz benötigen' zwischen Jänner und September 2021 neu nach Iran eingereist sind. Mitte September 2021 brauchten Afghanen einen Pass und ein Visum, um nach Iran einzureisen, mit wenigen Ausnahmen aus medizinischen Gründen. Infolgedessen meldete UNHCR eine Zunahme der Bewegungen von Afghanen ohne Papiere, die auf dem Landweg irreguläre Grenzübertritte nach Iran vornehmen (AI 10.2021). Im Mai 2020 griffen iranische Grenzposten zahlreiche Afghanen auf, darunter auch Minderjährige, die auf der Suche nach Arbeit die Grenze überschritten hatten. Die Personen wurden geschlagen und mit vorgehaltener Waffe in den iranisch-afghanischen Grenzfluss Hariroud gezwungen. Dabei ertranken mehrere Menschen. Die Behörden wiesen jede Verantwortung für den Vorfall zurück (AI 7.4.2021).
Seit Beginn der Corona Pandemie gab die Regierung immer wieder bekannt, dass die Behandlung für ausländische Covid-19 Patienten kostenlos erfolge. Mit Unterstützung des GAVI-COVAX-Mechanismus erhält Iran mittlerweile auch kostenlose Impfstoffe zum Impfen für die Afghanen im Land (ÖB Teheran 11.2021).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 26.11.2021
● ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (5.2020): Das Schulsystem im Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030055/Schulsystem+Iran_Mai+2020.pdf, Zugriff 13.1.2020
● AI – Amnesty International (7.4.2021): Bericht zur Menschenrechtslage (Berichtszeitraum 2020), https://www.ecoi.net/de/dokument/2048570.html, Zugriff 29.4.2021
● AI – Amnesty International (10.2021): Like an obstacle course: Few routes to safety for Afghans trying to flee their country [ASA 11/4832/2021], https://www.ecoi.net/en/file/local/2062588/ASA1148322021ENGLISH.pdf, Zugriff 26.11.2021
● FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046519.html, Zugriff 28.4.2021
● GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [Deutschland] (12.2020c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/, Zugriff 30.12.2020
● HRW – Human Rights Watch (14.5.2019): Iran: Parliament OKs Nationality Law Reform, https://www.ecoi.net/de/dokument/2008705.html, Zugriff 28.4.2021
● Lifos – Lifos/Migrationsverket [Schweden] (10.4.2018): Afghanistan: Afghanen im Iran [Original: Afghaner i Iran]. Arbeitsübersetzung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl [Österreich], https://www.ecoi.net/en/file/local/1434046/5818_1528099872_afgh-ba-analysen-afghanen-im-iran-2018-05.pdf, Zugriff 28.4.2020
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 17.12.2021
● UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (30.9.2020): Iran, Afghan Voluntary Repatriation - Jan to Sep 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2039223/IRN+VolRep+September+2020+-+EXT.pdf, Zugriff 13.1.2021
● UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (6.4.2021): 120,000 refugees assisted to access Iran’s health insurance scheme, https://www.unhcr.org/news/briefing/2021/4/606c19ad4/120000-refugees-assisted-access-irans-health-insurance-scheme.html, Zugriff 17.5.2021
● UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (2020): Iran. Year in Review 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2047227/IRN+Year+in+Review+2020.pdf, Zugriff 26.11.2021
● UNHCR – UN High Commissioner for Refugees (26.9.2021): Announcement on Services Available for the Undocumented, https://www.ecoi.net/de/dokument/2060978.html, Zugriff 26.11.2021
● US DOS – US Department of State [USA] (30.3.2021): Country Report on Human Rights Practices 2020 - Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2048099.html, Zugriff 5.5.2021
Grundversorgung
Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der monatliche Mindestlohn für eine vierköpfige Familie mit einer erwerbstätigen Person liegt bei umgerechnet etwa 100 Euro im Monat (aufgrund Inflation und Wechselkursveränderung stark schwankend). Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei ca. 54,6 Mio. IRR (ca. 400 Euro pro Monat) (AA 5.2.2021).
Angesichts der immer schärferen US-Sanktionen gegen Iran und des dramatischen Währungsverfalls hat sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche BS 2020). Gründe sind die US-Sanktionen und deren extraterritoriale Anwendung und damit Zurückhaltung europäischer Unternehmen vor Geschäften mit Iran, aber auch die Folgen der Corona-Pandemie. Viele Privatunternehmen mussten aufgrund fehlender Devisen und Importmöglichkeiten von Rohstoffen, Bestandteilen oder Ausrüstung die Produktion drosseln oder schließen (ÖB Teheran 11.2021). Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechenden Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen, aber auch ein beträchtlicher „Braindrain“, der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft beeinträchtigt (ÖB Teheran 11.2021). Aufgrund der COVID-19-Pandemie haben im Jahr 2020 ca. eine Million Menschen ihren Arbeitsplatz verloren (HRC 14.5.2021). Angesichts der Kaufkrafteinbußen können viele Menschen ihre Lebenserhaltungskosten nur sehr knapp abdecken, jede Verschlechterung führt zu Verzweiflung. So kam es zu lokal begrenzten kurzzeitigen Protesten und Streiks, etwa wegen Gehaltsrückständen und schlechten Arbeitsbedingungen, aufgrund des Preisdrucks in der Produktion (ÖB Teheran 11.2021).
Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle (GIZ 12.2020b). Der staatliche Sektor (staatliche und halbstaatliche Unternehmen) macht etwa 80 % der iranischen Wirtschaftstätigkeit aus, während der private und kooperative Sektor nur 20 % ausmacht (BS 2020). So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe (GIZ 12.2020b). Die iranische Regierung ist der größte Monopolist des Landes, gefolgt von den Revolutionsgarden und anderen einflussreichen Institutionen und Menschen. Es gibt ein Gesetz gegen das Monopol, obwohl noch nie ein Unternehmen oder eine Person für monopolistische Maßnahmen zur Rechenschaft gezogen wurde (BS 2020). Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85 % der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Problematisch sind auch die völlig veralteten Förderanlagen und Raffinerien des Landes. Aufgrund der Sanktionen konnten diese nicht modernisiert werden. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin lange staatlich subventioniert wurde, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11 % des BIP. Hebt die Regierung den Benzinpreis an oder begrenzt die ausgegebenen Rationen, führt das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 12.2020b). Soziale Unzufriedenheit war in den letzten Jahren mehrmals der Hintergrund von Unruhen in der Bevölkerung. Bei den gewalttätigen Unruhen im November 2019 starben Hunderte Menschen (Landinfo 12.8.2020) und Tausende wurden verletzt (FH 3.3.2021)
Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads (GIZ 12.2020b; vergleiche BS 2020). Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company. Politisch steht sie den Revolutionswächtern nahe, viele ihrer hohen Beamten kommen aus deren Reihen. Vor allem mit Hilfe dieser Stiftungen, die beide offiziell direkt dem Revolutionsführer unterstehen, setzt der iranische Staat seine Vorstellungen einer islamischen Wirtschaftspolitik um und verteilt großzügig Gelder für politische Gefälligkeiten (GIZ 12.2020b). Diese Institutionen sind weder der Regierung noch der Justiz gegenüber rechenschaftspflichtig. Außerdem genießen die Bonyads viele Privilegien wie Steuerbefreiungen und einen ausschließlichen Zugang zu lukrativen Regierungsverträgen (BS 2020).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 24.11.2021
● BS – Bertelsmann Stiftung (2020): BTI 2020 Country Report – Iran, https://www.bti-project.org/content/en/downloads/reports/country_report_2020_IRN.pdf, Zugriff 6.5.2020
● FH – Freedom House (3.3.2021): Freedom in the World 2020 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2046519.html,Zugriff 29.4.2021
● GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [Deutschland] (12.2020b): Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/iran/wirtschaft-entwicklung/#c4412, Zugriff 29.4.2021
● HRC – UN Human Rights Council (14.5.2021): Situation of human rights in the Islamic Republic of Iran; Report of the Secretary-General [A/HRC/47/22], https://www.ecoi.net/en/file/local/2053883/A_HRC_47_22_E.pdf, Zugriff 26.11.2021
● Landinfo [Norwegen] (12.8.2020): Report Iran. The Iranian Welfare System, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036035/Report-Iran-Welfare-system-12082020.pdf, Zugriff 14.1.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 17.12.2021
Sozialbeihilfen
Dem Arbeitsministerium ist die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten 'Hohen Versicherungsrat' (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Der Hauptversicherer ist die 'Organisation für Sozialversicherung' (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in das System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden (ÖB Teheran 11.2021). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Beitragsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von ca. 20 Euro pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80 % des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 500.000 IRR (ca. 2 Euro, sog. Yarane; Umrechnungskurs stark schwankend) (AA 5.2.2021). Selbstständige und Beamte sind nicht Teil der Arbeitslosenversicherung, da angenommen wird, dass ihre Arbeitsverträge nicht gekündigt werden können (Landinfo 12.8.2020).
Iranischen Bürgern stehen unterschiedliche Arten von Versicherungsschutz zur Verfügung. Bei der obligatorischen Versicherung werden Arbeitnehmer von den Arbeitgebern versichert. 7 % der Prämie werden von den Arbeitnehmern und 23 % von den Arbeitgebern gezahlt. Weiters steht den Eigentümern der Unternehmen eine freiwillige Abdeckung zur Verfügung. Es gibt drei Prämiensätze von 12 %, 14 % und 18 %, die zulasten der Versicherten gehen. Das System deckt alle Angestellten und Freiberuflichen ab, wobei Letztere zwischen verschiedenen Stufen wählen können. Ein freiwilliger Versicherungsschutz ist für zuvor versicherte Personen zwischen 18 und 50 Jahren verfügbar. Dieser ist vollständig von der versicherten Person zu zahlen. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Generell ist für Angestellte die Mitgliedschaft im Sozialversicherungssystem verpflichtend. Die Sozialversicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Zuschüsse und Leistungen werden auf Basis des Gehalts (insbesondere der letzten zwei Jahre) der zu versichernden Person berechnet, sowie auf Basis der monatlichen Zahlungen bei privat versicherten Personen. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Angestellte müssen 7 % des monatlichen Gehalts abgeben, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag bezahlen (IOM 2021). Die Mittel für die Altersrente werden durch gemeinsame Beiträge der versicherten Person, des Arbeitgebers und der Regierung gedeckt und variieren je nach Beitragsjahren. Die Altersrente wird über die Pensionskasse für Beamte, über die Organisation für soziale Sicherheit sowie über 16 weitere Pensionsfonds in Iran bereitgestellt. Die Hinterbliebenenrente wird an Angehörige einer versicherten verstorbenen Person gezahlt. Zu den Angehörigen zählen Witwe/Witwer, Kinder (das heißt Söhne bis zum Alter von 20 Jahren und Töchter bis zur Heirat) und Eltern. Die Rente des Ehepartners beträgt 50 % der Alters- oder Invalidenrente der versicherten Person, während sie für Waisen 25 % und für Eltern 20 % beträgt. Die kombinierte Hinterbliebenenrente darf nicht unter dem gesetzlichen Mindestlohn oder über der Rente des Verstorbenen liegen. In Iran gibt es einen gesetzlichen monatlichen Mindestlohn für ungelernte Arbeitnehmer, der unter Berücksichtigung der Inflation jährlich neu berechnet wird. Im April 2020 lag der Mindestlohn bei 18,34 Millionen Rial (ca. 113 USD). Darüber hinaus zahlt der Staat (praktisch) jeder Familie eine Wohnungs- und Lebensmittelzulage in Form von monatlichen Geldtransfers (yaraneh-ye naqdi), wobei der Gesamtbetrag für einen unverheirateten Arbeitnehmer 25 Millionen Rial (ca. 155 USD) und 30 Millionen Rial (ca. 186 USD) für einen verheirateten Arbeiter pro Monat beträgt. Familienbeihilfe wird im Rahmen von Sozialversicherungssystemen für Eltern gewährt, die mindestens 720 Tage gearbeitet und Beiträge gezahlt haben. Die Familienbeihilfe wird gezahlt, bis das Kind 18 Jahre alt ist oder - wenn es studiert - bis das Studium abgeschlossen ist. Die Familienbeihilfe wird monatlich gezahlt und als das Dreifache des gesetzlichen täglichen Mindestlohns eines ungelernten Arbeitnehmers für jedes Kind berechnet. Die Leistungen werden jährlich angepasst (Landinfo 12.8.2020).
Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 5.2.2021). Als Teil des iranischen Sozialwesens haben alle iranischen Bürger das Recht auf kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung. Alle Bürger können über die Wohlfahrtsorganisation TAMIN EJTEMAEI eine Sozialversicherung beantragen. Darüber hinaus können Leistungen von Arbeitgebern oder privaten Anbietern und Organisationen angeboten werden (IOM 2021).
Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die 'sadeqe', die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, dass der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 12.2020b). Die staatliche Wohlfahrtsorganisation betreibt Selbsthilfegruppen für Familien in schwierigen Situationen, die in Familienzentren organisiert sind. Einige erhalten Unterstützung bei der Arbeitssuche. Ein Projekt mit einem Mikrofinanzierungsansatz umfasst 50.000 Menschen - nicht nur Frauen, sondern auch Landbevölkerung und andere. Ziel ist es, die Armut zu verringern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf weiblichen Ernährern. Es gibt ca. drei Millionen Familien, die von Frauen geführt werden. 180.000 von ihnen werden von der staatlichen Wohlfahrtsorganisation betreut. Das Budget ist begrenzt und nicht alle Bedürftigen erhalten Hilfe. Die Leistungen gehen nicht unbedingt an die Frauen, sondern können beispielsweise die Bildung für Kinder abdecken (Landinfo 12.8.2020).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 24.11.2021
● GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [Deutschland] (12.2020b): Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/iran/wirtschaft-entwicklung/#c4412, Zugriff 30.12.2020
● IOM – International Organization for Migration (2021): Länderinformationsblatt Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772190/18364150/-/Iran_%2D_Country_Fact_Sheet_2021%2C_deutsch.pdf?nodeid=23268593&vernum=-2, Zugriff 19.11.2021
● Landinfo [Norwegen] (12.8.2020): The Iranian Welfare System, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036035/Report-Iran-Welfare-system-12082020.pdf, Zugriff 30.12.2020
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 17.12.2021
Medizinische Versorgung
Seit der Islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert allen Bürgern das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung (ÖB Teheran 11.2021). Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität, deren Rektor die Verantwortung für das Gesundheitswesen in der betroffenen Provinz trägt (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche IOM 2021). Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche Landinfo 12.8.2020). Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird (ÖB Teheran 11.2021). Neben den medizinischen Universitäten wird ein Teil der Dienstleistungen von Versicherungsunternehmen und den Provinz- und Bezirkseinheiten erbracht. Die dezentralen Einrichtungen (Gesundheitshäuser, ländliche Gesundheitszentren) bieten in den Räumlichkeiten der medizinischen Universitäten kostenlose Dienstleistungen an. An anderer Stelle bezahlt die erkrankte Person einen kleinen Betrag, um eine medizinische Behandlung zu erhalten (IOM 2021). Darüber hinaus gibt es im ganzen Land viele NGOs und Wohltätigkeitsorganisationen, die Gesundheitseinrichtungen betreiben, deren Zugang auf einer Bedarfsanalyse basiert, ohne dass auf einen vorherigen Versicherungsschutz Bezug genommen wird. Die Mahak-Gesellschaft zur Unterstützung krebskranker Kinder ist beispielsweise ein bekanntes gemeinnütziges Forschungs-, Krankenhaus- und Rehabilitationszentrum für Kinder mit Krebs. Die Patienten werden von Ärzten im ganzen Land an Mahak überwiesen. Laut einem Vertreter von Mahak wird jedes Kind, bei dem Krebs diagnostiziert wird, entweder im Mahak-Krankenhaus oder in anderen Krankenhäusern behandelt. Mahak deckt auch die Behandlung von Patienten in anderen Krankenhäusern in Iran ab. Die Behandlung ist kostenlos und die Patienten müssen nicht versichert sein, um eine Behandlung zu erhalten. Selbst Verwandte können bei der Begleitung ihrer kranken Kinder eine Finanzierung für die Unterkunft erhalten. Mahak empfängt Krebspatienten auch aus mehreren Nachbarländern (Landinfo 12.8.2020).
Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 11.2021). Der Rote Halbmond ist auch die zentrale Stelle für den Import von speziellen Medikamenten, die für Patienten in speziellen Apotheken erhältlich sind. In jedem Bezirk gibt es Ärzte, die dazu verpflichtet sind, Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitszentrum kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2021).
Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Das Gesundheitswesen ist zwar fast flächendeckend - laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung - die Qualität schwankt jedoch (GIZ 12.2020c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung, gerade bei Notfällen oder Unfällen, ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischen Standards. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 24.11.2021a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede zwischen den Regionen. Folgende Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Khorasan sowie Sistan und Belutschistan. Es ist davon auszugehen, dass sich eine Vielzahl an Haushalten keine ausreichende Gesundheitsversorgung leisten kann. Gesundheitsdienste sind geografisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 11.2021).
Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen 'Behvarz' (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird. In Städten übernehmen sogenannte 'Gesundheitsposten' in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser. Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren anzufinden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB Teheran 11.2021). Bis zu 90 % der Bevölkerung in ländlichen Regionen haben Zugang zu Basisgesundheitsdienstleistungen. Auch in städtischen Regionen gibt es eine Vielzahl an Gesundheitszentren (IOM 2021). Weitere staatliche Institutionen wie die Iranian National Oil Corporation, die Justiz und Revolutionsgarden betreiben ihre eigenen Krankenhäuser. Die medizinische Belegschaft in Iran umfasst insgesamt mehr als 51.000 Allgemeinärzte, 32.000 Fachärzte, 115.000 Krankenschwestern, 33.000 Hebammen und 35.000 örtliche Gesundheitshelfer (behvarz) (Landinfo 12.8.2020). Im Jahr 2020 wurden 161 Projekte zum Bau ländlicher Gesundheitszentren abgeschlossen. Somit wurde der Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen verbessert. Daneben hat das Überweisungssystem bei Hausärzten dazu beigetragen, dass Servicepakete für Prävention, Pflege und Behandlung auch in ländlichen Gebieten angeboten werden (IOM 2021).
Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen erheblich zugenommen haben, müssen noch immer out-of-pocket-Zahlungen von den versicherten Personen geleistet werden (ÖB Teheran 11.2021). Es ist jedoch anzuführen, dass der Anteil derartiger Zahlungen durch die Patienten in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist. Vor dem Health Transformation Plan im Jahr 2014 waren Out-of-pocket-Zahlungen die Hauptfinanzierungsquelle, und lagen über 50 % der Kosten. 2010 erreichten die Zahlungen einen Höchststand von 58 %, während sie bis 2016 auf 35,5 % zurückgingen. Dies ist jedoch noch weit von dem erklärten Ziel entfernt, die Out-of-pocket-Zahlungen auf unter 30 % zu senken. Dies bedeutet, dass das Zahlungssystem nach wie vor weitgehend auf Servicegebühren sowohl im öffentlichen als auch im privaten Gesundheitswesen basiert (Landinfo 12.8.2020). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, dass die Versorgung des Kranken mit Gütern des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 12.2020c). Iran verwendet interne Referenzpreise für Arzneimittel, was bedeutet, dass Arzneimittel zum Preis des Referenz-Arzneimittels erstattet werden und die Patienten die Möglichkeit haben, teurere Arzneimittel zu kaufen und die zusätzlichen Kosten zu bezahlen. Der Erstattungspreis wird von der Regierung festgelegt, während Hersteller, Händler oder Einzelhändler ihren eigenen Arzneimittelpreis festlegen können (Landinfo 12.8.2020).
Alle iranischen Staatsbürger inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen (PHC) sowie weitere Angebote. Es gibt zwei verschiedene Arten von Krankenversicherungen, jene über den Arbeitsplatz oder eine private Versicherung. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI www.tamin.ir/. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt. Um eine Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig. Zusätzliche Dokumente können später gegebenenfalls angefordert werden (IOM 2021).
Allen iranischen Bürgern stehen mehrere Arten eines primären Krankenversicherungsschutzes zur Verfügung, darunter Tamin-Ejtemaei, Salamat, Khadamat-Darmani und Nirouhaye - Mosalah. Der Krankenversicherungsschutz umfasst medizinische Behandlungen und die Versorgung mit Medikamenten und Impfstoffen. Im Allgemeinen ist der primäre Krankenversicherungsschutz begrenzt. Für weitere medizinische Dienstleistungen kann zusätzlich eine private Krankenversicherung abgeschlossen werden (IOM 2021). Die 'Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste' (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die 'Imam Khomeini Stiftung', um nicht versicherte Personen - etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge. Registrierte afghanische Flüchtlinge können sich in der staatlichen Krankenversicherung registrieren (ÖB Teheran 11.2021).
Da es keine allgemein akzeptierte Definition für schutzbedürftige Personen gibt, ist es schwierig, diese Gruppe zu spezifizieren. Dennoch gibt es einige NGOs, die sich auf einen bestimmten Kreis Betroffener spezialisieren. Allgemein gibt es zwei Arten von Zentren, die Unterstützung für schutzbedürftige Gruppen in Iran leisten, nämlich öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen, sich oft an kleinere, spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, die Projekte zu Gender, alten Menschen, Menschen mit Behinderung (inklusive psychischer Probleme), ethnische und religiöse Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem sozio-psychologische Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen, Suchtbehandlung etc. Die Imam Khomeini Relief Foundation bietet Dienstleistungen für Frauenhaushalte, Waisen, Familien von Häftlingen usw. an, um ihre Lebensumstände zu verbessern. Der Zugang zu öffentlichen Angeboten ist für alle Bürger gleich. Dennoch gibt es zusätzliche Unterstützung für schutzbedürftige Gruppen, die von den Gemeinden/Organisationen abgedeckt werden (IOM 2021).
Im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen Iran ist es zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen (IOM 2021; vergleiche Landinfo 12.8.2020, HRC 14.5.2021). Obwohl auf dem Papier Medikamente und Lebensmittel von den Sanktionen nicht betroffen sind, ist es seit 2020 u.a. wegen fehlender Zahlungskanäle zu mehr Engpässen bei bestimmten Medikamenten wie z.B. Insulin gekommen (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche HRC 14.5.2021). Das Gesundheitsministerium ist sehr bemüht, den Bedarf an Medikamenten zu decken. Aufgrund der mangelnden Devisen steigen aber die Preise der Medikamente, die aus dem Ausland eingeführt werden, sodass schwache Gesellschaftsschichten sich diese nicht mehr leisten können. Viele Medikamente werden in Iran selbst produziert, jedoch oftmals nicht in entsprechender Qualität (ÖB Teheran 11.2021). Im Generellen gibt es aber keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Pharmazeutika werden zumeist unter Führung des Gesundheitsministeriums aus dem Ausland importiert. Zusätzlich gibt es für Bürger Privatkrankenhäuser mit Spezialleistungen in größeren Ballungsräumen. Die öffentlichen Einrichtungen bieten zwar grundsätzlich fast alle Leistungen zu sehr niedrigen Preisen an, aber aufgrund langer Wartezeiten und überfüllter Zentren, entscheiden sich einige für die kostenintensivere Behandlung bei privaten Gesundheitsträgern (IOM 2021).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (24.11.2021a): Reise- und Sicherheitshinweise - Gesundheit, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/iran-node/iransicherheit/202396#content_5, Zugriff 24.11.2021
● GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit [Deutschland] (12.2020c): Gesellschaft Iran, https://www.liportal.de/iran/gesellschaft/, Zugriff 30.12.2020
● HRC – UN Human Rights Council (14.5.2021): Situation of human rights in the Islamic Republic of Iran; Report of the Secretary-General [A/HRC/47/22], https://www.ecoi.net/en/file/local/2053883/A_HRC_47_22_E.pdf, Zugriff 26.11.2021
● IOM – International Organization for Migration (2021): Länderinformationsblatt Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/772190/18364150/-/Iran_%2D_Country_Fact_Sheet_2021%2C_deutsch.pdf?nodeid=23268593&vernum=-2, Zugriff 19.11.2021
● Landinfo [Norwegen] (12.8.2020): Report Iran. The Iranian Welfare System, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036035/Report-Iran-Welfare-system-12082020.pdf, Zugriff 11.1.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 17.12.2021
Rückkehr
Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus (AA 5.2.2021). In der iranischen Gesetzgebung gibt es kein Gesetz, das die Beantragung von Asyl im Ausland strafbar macht (Cedoca 30.3.2020). In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden (AA 5.2.2021). Allerdings gibt es zum Thema Rückkehrer nach wie vor kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 11.2021).
Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Eine Einreise ist lediglich mit einem gültigen iranischen Reisepass möglich. Die iranischen Auslandsvertretungen sind angewiesen, diesen jedem iranischen Staatsangehörigen auf Antrag auszustellen (AA 5.2.2021).
Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).
In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird das Risiko für Repressionen eher gering ausfallen (DIS/DRC 23.2.2018). Iraner, die im Ausland leben und sich dort öffentlich regimekritisch äußern, können von Repressionen bedroht sein, nicht nur, wenn sie nach Iran zurückkehren. 2019 und 2020 wurden zwei Exil-Oppositionelle im Ausland verschleppt und sind derzeit in Iran inhaftiert. In Belgien läuft ein Gerichtsprozess gegen einen iranischen Diplomaten, der 2018 einen Anschlag auf das Jahrestreffen der oppositionellen Volksmudschaheddin in Paris geplant haben soll (AA 5.2.2021). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online-Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).
Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Iraner oder Ausländer, die bestimmte Straftaten im Ausland begangen haben und in Iran festgenommen werden, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Auf die Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss; die Gerichte erlassen eigene Urteile. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind jedoch keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 5.2.2021).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 26.11.2021
● Cedoca – Documentation and Research Department of the Office of the Commissioner General for Refugees and Stateless Persons [Belgien] (30.3.2020): COI Focus IRAN Treatment of returnees by their national authorities, https://coi.easo.europa.eu/administration/belgium/PLib/COI_Focus_Iran_Treatment%20of_returnees_by_their_national_authorities_30032020_update_ENG.pdf, Zugriff 18.12.2020
● DIS/DRC – Danish Immigration Service [Dänemark]/Danish Refugee Council (23.2.2018): Iran: Issues concerning persons of ethnic minorities, including Kurds and Ahwazi Arabs, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426253/1788_1520517984_issues-concerning-persons-of-ethnic-minorities-including-kurds-and-ahwazi-arabs.pdf, Zugriff 29.4.2020
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaften [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 14.12.2021
Dokumente
Alle iranischen Staatsbürger erhalten bei der Geburtsregistrierung ein Ausweisheft (Shenasnameh). Dieses ist in zwei Versionen erhältlich: eine für Kinder bis zu 15 Jahren und eine für Personen über 15 Jahren. Das Shenasnameh wird bei Änderungen des Familienstandes und der Familienverhältnisse aktualisiert. Darüber hinaus stellen die iranischen Behörden für iranische Staatsbürger über 15 Jahren einen nationalen Personalausweis aus (Kart-e melli). Dabei handelt es sich inzwischen um eine elektronische Chipkarte, die allmählich zum wichtigsten Ausweisdokument der Iraner im täglichen Leben geworden ist. Sowohl die Shenasnameh als auch die Kart-e melli werden von der Nationalen Organisation für Zivilregistrierung (NOCR) ausgestellt (Landinfo 5.1.2021).
Gefälschte bzw. mit falschen Angaben erstellte Dokumente sind in Iran einfach erhältlich (ÖB Teheran 11.2021; vergleiche AA 5.2.2021). Auch echte Dokumente unrichtigen Inhaltes sind einfach zu beschaffen (AA 5.2.2021; vergleiche ÖB Teheran 11.2021). Dies betrifft insbesondere die Shenasnameh (Stammbuch). So ist es relativ einfach, in eine echte Shenasnameh ein anderes Geburtsdatum eintragen zu lassen. Bei Kindern, die außerehelich geboren werden, wird zumeist ein beliebiger Name als Vater eingetragen, um die Kinder vor Benachteiligungen in der Schule und im Erwachsenenleben zu schützen. Frauen lassen sich nach einer Scheidung häufig eine neue Shenasnameh ausstellen, aus der die gescheiterte Ehe nicht hervorgeht (AA 5.2.2021). Die neuesten Ausgaben von Shenasnameh und Kart-e melli verfügen über fortschrittlichere Sicherheitsfunktionen als die Vorgängermodelle. Dies hat dazu beigetragen, die Authentizität der iranischen Ausweise zu verbessern. Es sind aber noch immer die alten Versionen in Gebrauch und diese sind weitaus leichter zu manipulieren (Landinfo 5.1.2021). Sowohl die von iranischen Behörden als auch von der afghanischen Botschaft in Iran ausgestellten Dokumente bestätigen unrichtige Angaben. Eine Überprüfung ist seitens der österreichischen Botschaft nicht möglich. Die Überprüfung von Haftbefehlen kann von der Botschaft aufgrund von Datenschutz nicht durchgeführt werden (ÖB Teheran 11.2021).
Die offizielle Registrierungsbehörde nimmt alle iranischen Staatsangehörigen in ihre Datenbank auf. Auslandsvertretungen sind nicht ermächtigt, Auskünfte einzuholen. Ein formales Staatsangehörigkeitsfeststellungsverfahren ist nicht bekannt (AA 5.2.2021).
Quellen:
● AA – Auswärtiges Amt [Deutschland] (5.2.2021): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://milo.bamf.de/OTCS/cs.exe/fetch/2000/702450/683266/683300/683479/683557/6039039/22618901/-/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%BCber_die_asyl%2D_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Islamischen_Republik_Iran_%28Stand_Dezember_2020%29%2C_05%2E02.2021.pdf?nodeid=22618137&vernum=-2, Zugriff 26.11.2021
● Landinfo [Norwegen] (5.1.2021): Iran. Passports, ID and civil status documents, https://www.ecoi.net/en/file/local/2044494/Iran-Passports-ID-and-civil-status-documnents-05012021.pdf, Zugriff 26.11.2021
● ÖB Teheran – Österreichische Botschaft Teheran [Österreich] (11.2021): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2064921/IRAN_%C3%96B-Bericht_2021.pdf, Zugriff 17.12.2021
Aus der „Anfragebeantwortung der Staatendokumentation IRAN“ betreffend den Zugang von sunnitischen Kurden zur medizinischen Versorgung vom 27.07.2020 (AS 71) ergibt sich wie folgt:
Psychiatrische Behandlungen sind sunnitischen Kurden in Iran landesweit ohne Einschränkungen möglich. Dies gilt ebenso für den Zugang zur allgemeinen schulmedizinischen Behandlung und Medikamenten. In abgelegenen Gebieten kann ein Mangel an Spezialisten oder Spezialmedikamenten auftreten, was jedoch nicht mit der ethnischen Zugehörigkeit des Patienten zusammenhängt. In solchen Fällen wird der Patient an das Krankenhaus in nahegelegenen Großstädten überwiesen. Im Allgemeinen sind sunnitische Kurden mit keinen Hindernissen konfrontiert, nur bei einigen sensiblen politischen Positionen und hochrangigen Verwaltungsaufgaben sehen sie sich gewissen Einschränkungen gegenüber.
Sunnitische Kurden können nationale soziale Dienste wie Versicherung, Bildung, Gesundheitsversorgung, aber auch nichtstaatliche Einrichtungen in Anspruch nehmen.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsunterlagen sowie den Aktenbestandteilen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie der Vorverfahren zu den Zahlen des Bundesverwaltungsgerichts W199 2120729-2 und L506 2120729-1. Als Beweismittel insbesondere relevant sind die Niederschriften der Einvernahmen durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (Erstbefragung; EB am 21.01.2014, 05.06.2014 und 04.07.2019) und durch das BFA (EV am 30.06.2020, 23.07.2019, 30.04.2015, 10.12.2015 und 09.07.2014) sowie die Niederschriften der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VH) am 05.04.2022 sowie am 24.10.2017 zur Zl. L506 2120729-1, die ärztlichen Bestätigungen zur psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers, der Beschwerdeschriftsatz, das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation – Iran, Stand 22.12.2021, Version 4, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation Iran betreffend den Zugang von sunnitischen Kurden zur medizinischen Versorgung vom 27.07.2020, die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente hinsichtlich seiner Integration in Österreich, die Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 04.04.2022 und die Strafregisterabfrage vom 06.07.2022.
2.2. Zu folgenden Feststellungen wird näher ausgeführt wie folgt:
2.2.1. Zur Person des Beschwerdeführers
Die Identität des Beschwerdeführers konnte mangels Vorlage unbedenklicher Personaldokumente nicht bewiesen werden und machte der Beschwerdeführer hierzu widersprüchliche Angaben. So gab er anlässlich seines ersten Behördenkontaktes in Österreich in der EB am 21.01.2014 seinen eigenen Angaben zufolge zunächst einen falschen Namen, ein falsches Geburtsdatum ( römisch 40 ) und eine falsche Staatsangehörigkeit an – er erklärte, syrischer Staatsbürger zu sein und aus Aleppo zu stammen –, wobei er diese Angaben noch in derselben EB revidierte und seine unrichtigen Angaben damit begründete, dass er nicht in Österreich habe registriert werden wollen. In der Folge stellte er seine Angaben „richtig“ (AS 17). Hinsichtlich seiner falschen Angaben gab er auf Nachfrage in der EV am 30.04.2015 an, dass er die Daten deswegen falsch angegeben habe, da er nicht die Absicht habe, hier zu bleiben, sondern nach Dänemark weiterreisen wolle, um dort um Asyl anzusuchen (EV vom 30.04.2015, Sitzung 4). Auch in der VH vor dem Bundesverwaltungsgericht im Verfahren zur Zl. L506 2120729-1 am 24.10.2017 hierzu befragt gab der Beschwerdeführer an, es sei ihm von anderen Asylwerbern geraten worden, falsche Angaben zu machen, wenn er nach Dänemark reisen wolle (Protokoll der VH am 24.10.2017, Sitzung 8). Aus den Unterlagen der dänischen Behörden geht hervor, dass der Beschwerdeführer dort wiederum einen anderen Namen angab als in der „Richtigstellung“ in der EB am 21.01.2014 in Österreich ( römisch 40 , geb. römisch 40 , siehe AS 25). Es liegt daher in Bezug auf Namen und Geburtsdatum Verfahrensidentität vor.
Die iranische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers war festzustellen und hat sich im Verfahren nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer, wie er unter anderem behauptete, staatenlos ist.
Im Rahmen seiner Anträge auf internationalen Schutz vom 05.06.2014 und vom 04.07.2019 gab der Beschwerdeführer in der EB an, aus Iran zu stammen und iranischer Staatsangehöriger zu sein. Auch in der EV am 30.04.2015 gab er dezidiert an, dass sein Vater aus Iran stamme und er selbst iranischer Staatsbürger aufgrund seiner iranischen Abstammung sei (EV vom 30.04.2015, Sitzung 4). Auch in Dänemark gab er offenbar an, in Iran geboren zu sein und war er dort als iranischer Staatsangehöriger registriert (AS 25).
In der VH am 24.10.2017 zur Zl. L506 2120729-1 gab er hingegen dem widersprechend zunächst an, staatenlos zu sein. Befragt zu seiner im behördlichen Verfahren angegebenen iranischen Staatsbürgerschaft gab er jedoch in der Folge explizit an, in Iran geboren zu sein und dort auch gewohnt zu haben ("Für die Beamten war es nicht akzeptabel, dass ich keine Staatsbürgerschaft habe und wurde ich gefragt, wo ich geboren bin und gewohnt habe. Da ich im Iran geboren bin und dort auch gewohnt habe, haben die Beamten zu meiner Staatsbürgerschaft "Iran" vermerkt"; siehe Protokoll der VH am 24.10.2017 zur Zl. L506 2120729-1, Sitzung 4). Auch gab er an, dass seine Eltern iranische Staatsbürger seien Sitzung 4).
Später in dieser VH gab der Beschwerdeführer jedoch dem widersprechend wiederum an, dass er keine iranische Staatsbürgerschaft besitze, kein iranischer Staatsbürger sei, den Iran nie gesehen habe und er seine Angaben im behördlichen Verfahren dahingehend ändern wolle. Auf Vorhalt seiner hierzu widersprüchlichen vorherigen Angaben führte er aus, dass die Beamten nur behauptet hätten, dass er iranischer Staatsangehöriger sei, jedoch tatsächlich in einem Flüchtlingslager in Irak geboren zu sein Sitzung 6). Dies ist aber lediglich als Schutzbehauptung zu qualifizieren. Der Beschwerdeführer hat seine Angaben, in Iran geboren zu sein und dort auch gewohnt zu haben, auch nach Rückübersetzung durch den Dolmetscher nicht beanstandet, sondern deren Richtigkeit vielmehr mit seiner Unterschrift bestätigt. Nach Paragraph 15, AVG erbringt die diesbezügliche Niederschrift den vollen Beweis.
Im gegenständlichen Verfahren wiederholte sich das Vorgehen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Angaben zu seiner Staatsangehörigkeit. In der EV am 30.06.2020 gab er an, dass seine Eltern Iraner seien (so auch in der VH am 05.04.2022, siehe das Protokoll, Sitzung 4) und bejahte er auch ausdrücklich die Frage, ob es korrekt sei, dass in Iran das Abstammungsprinzip gelte und dies heiße, dass bei iranischen Eltern auch die Kinder Iraner seien, wobei er lediglich darauf verwies, dass er keine Beziehung zu Iran habe. Er bestritt aber nicht seine iranische Staatsbürgerschaft (EV 30.06.2020, Sitzung 5). In der VH am 05.04.2022 gab der Beschwerdeführer jedoch erneut an, staatenlos zu sein und bestritt er seine iranische Staatsangehörigkeit (VH, Sitzung 4).
Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers in der EV am 30.04.2015, am 30.06.2020 und in der VH zur Zl. L506 2120729-1 ist aber davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer auch selbst davon ausgeht bzw. in Kenntnis darüber ist, iranischer Staatsbürger zu sein und sind die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner behaupteten Staatenlosigkeit als bloße Schutzbehauptung zu qualifizieren. Aus einer vom Beschwerdeführer vorgelegten Führerscheinkopie ergibt sich ebenfalls seine iranische Staatsangehörigkeit und gab er diese auch explizit in seiner gegenständlichen Beschwerde an („Der BF ist iranischer Staatsangehöriger“, siehe Beschwerde, Sitzung 2; siehe auch Beschwerde, Sitzung 9, in der darauf verwiesen wird, dass der Beschwerdeführer „bis auf die Staatsangehörigkeit“ keine Bindung an den Iran habe). Aus der Anfragebeantwortung des UNHCR vom 04.05.2018 im Rahmen des Verfahrens zur Zl. L506 2120729-1 des Bundesverwaltungsgerichts geht ebenfalls hervor, dass der Beschwerdeführer in Irak als iranischer Staatsangehöriger registriert wurde.
Es ist in diesem Zusammenhang auch generell darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer ebenso zu seiner Identität widersprüchliche – und bewusst falsche – Angaben machte (wie auch hinsichtlich seiner Sprachkenntnisse Farsi – siehe unten), um seine Herkunft zu verschleiern und einer Rückführung nach Iran entgegenzuwirken, weshalb der angeblichen Staatenlosigkeit auch aus diesem Grund kein Glauben zu schenken ist. Die divergierenden Angaben des Beschwerdeführers machen auch evident, dass dieser nicht davon Abstand nimmt, unrichtige Angaben aus asyltaktischen Gründen zu treffen.
Durch seine Weiterreise nach Dänemark nach seinem Erstantrag in Österreich hat der Beschwerdeführer auch die ihm obliegende Mitwirkungspflicht, sich den österreichischen Behörden im Verfahren zur Verfügung zu halten, verletzt, was sich auch auf die Glaubwürdigkeit seiner Angaben auswirkt, da aufgrund von Paragraph 18, Absatz 3, AsylG im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen ist.
Es ist daher von der iranischen Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers auszugehen, wie dieser auch selbst wiederholt angab.
Ethnische Zugehörigkeit, Familienstand und Familienverhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben in der VH und im verwaltungsbehördlichen Verfahren. Dass Verwandte von ihm in Dänemark leben, ergibt sich aus seinem Beschwerdevorbringen sowie seinen Angaben in der EV am 30.06.2020 Sitzung 10).
Dass der Beschwerdeführer Farsi und Arabisch spricht, ergibt sich aus seinen Angaben in der EB vom 04.07.2019, wonach er Farsi und Arabisch auf dem Niveau C1 spreche. Auch wurde die EB am 04.07.2019 auf Farsi geführt und gab der Beschwerdeführer dort ebenfalls an, den Dolmetscher zu verstehen (EB, Sitzung 2). Dass er Farsi spricht, bestätigte er auch in der EV am 30.06.2020 und erklärte er sich mit einer Einvernahme im Beisein eines Dolmetschs für die Sprache Farsi einverstanden. Zwar gab er an, dass er Hilfe brauche, wenn er etwas nicht verstehe (EV, Sitzung 2). Auf Vorhalt, weshalb er einerseits angebe, Farsi und Arabisch auf dem Niveau C1 zu beherrschen, nun aber angebe, der Sprache nicht mächtig zu sein, betonte er erneut, Farsi „ja so gut“ zu sprechen und damit nur habe sagen wollen, dass Farsi nicht seine Muttersprache sei (EV, Sitzung 2). Am Ende der EV antwortete der Beschwerdeführer auf die Frage, ob er den Dolmetscher einwandfrei verstanden habe, mit: „Ja ich habe ihn sehr gut verstanden“ und verwies er lediglich darauf, dass er sich auf Kurdisch „vielleicht emotional besser“ hätte ausdrücken können (EV, Sitzung 12). Der Dolmetscher gab an, dass der Beschwerdeführer die ganze Zeit fließend geantwortet habe und – wenn auch mit kurdischem Dialekt – wie ein iranischer Kurde Farsi gesprochen habe. Es habe kein einziges Wort gegeben, welches er nicht verstanden habe (EV, Sitzung 13).
Auch bestätigte Herr römisch 40 als Anwesender in der EV am 30.06.2020 in einem Aktenvermerk vom 02.07.2020 explizit, dass der Beschwerdeführer der in der Einvernahme gedolmetschten Sprache Farsi sehr gut mächtig sei und den Dolmetscher einwandfrei verstehen und in derselben Sprache mit kurdischem Akzent, ebenfalls ohne Probleme, habe antworten können. Er gelange zu dieser Einschätzung, da er Farsi muttersprachlich in Wort und Schrift beherrsche (AS 65).
In der VH gab der Beschwerdeführer hingegen dem widersprechend an, der Sprache Farsi nicht mächtig zu sein (VH, Sitzung 6 und 15), wovon aber aufgrund der Niederschrift der EV vom 30.06.2020 sowie des Amtsvermerks und ebenso aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer – wie oben dargelegt – hinsichtlich seiner Identität und Staatsangehörigkeit widerholt widersprüchliche Angaben machte, um seine Herkunft zu verschleiern, nicht auszugehen ist. Es war daher festzustellen, dass der Beschwerdeführer Farsi (und Arabisch) spricht.
Die Feststellung bezüglich des Lebens des Beschwerdeführers in Irak ergibt sich aus seinen diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im verwaltungsbehördlichen und verwaltungsgerichtlichen Verfahren (EV vom 23.07.2019, Sitzung 4; VH am 05.04.2022, Sitzung 10 f.).
Dass er auch in Iran gewohnt hat, ergibt sich aus seinen Angaben in der VH am 24.10.2017 zur Zl. L506 2120729-1 (Protokoll, Sitzung 4), in der er explizit angab, bereits in Iran gewohnt zu haben. Dass er Iran noch nie gesehen habe, wie (u.a.) in der VH am 05.04.2022 behauptet, ist lediglich als Schutzbehauptung zu qualifizieren, dies auch aufgrund der wiederholt widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Identität und Herkunft.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Ambulanzberichten des Klinikums Klagenfurt vom 20.01.2022 und 15.02.2022, dem psychologisch-psychotherapeutischen Bericht des ASPIS – Psychosoziales Zentrum für Flüchtlinge und Opfer von Gewalt vom 24.03.2022 und den Angaben des Beschwerdeführers in der VH am 05.04.2022 Sitzung 5). Dass keine suizidalen Tendenzen bestehen, ergibt sich aus dem Ambulanzbericht vom 20.01.2022 sowie aus dem genannten Bericht, in welchem sich – im Gegensatz noch zum Bericht vom 13.10.2021 – die Beurteilung, dass im Falle einer möglichen Abschiebung mit einer psychischen Dekompensation zu rechnen sei und es zu Ohnmachtsanfällen und Suizidhandlungen kommen könnte, nicht mehr findet.
Dass der Beschwerdeführer arbeitsfähig und arbeitswillig ist, ergibt sich aus seinen Angaben in der VH, wonach er sich von Herzen wünsche, einer regelmäßigen Beschäftigung nachgehen zu dürfen und sofort, wenn er einen positiven Bescheid habe, zu arbeiten beginnen werde (VH, Sitzung 15). Der Beschwerdeführer legte auch zwei Einstellungszusagen für den Friseurberuf vor und gab an, regelmäßig ehrenamtlich als Friseur in einem Flüchtlingsquartier tätig zu sein. Auch verrichtete er in Österreich ehrenamtlich gelegentlich Reinigungsarbeiten und Aushilfstätigkeiten bei Cateringveranstaltungen. Auch in der EV am 30.06.2020 gab er auf die Frage, ob er arbeitsfähig sei, an, dass er als Friseur arbeiten könnte und als Pizzakoch (EV, Sitzung 9). Insoweit der psychologisch-psychotherapeutische Bericht vom 24.03.2022 belastende Erinnerungen, Flashbacks, Schlafstörungen, Alpträume, Niedergeschlagenheit, Hoffnungslosigkeit, Vermeidungsverhalten, psychosomatische Beschwerden, innere Unruhe, Nervosität sowie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen auflistet, so ist dem daher entgegenzuhalten, dass diese Symptome den Beschwerdeführer nach seinen eigenen Angaben nicht an einer Erwerbstätigkeit hindern. Aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten medizinischen Befunden ergibt sich ebenfalls nicht, dass er nicht arbeitsfähig wäre.
2.2.2. Zur Situation des Beschwerdeführers im Falle einer Rückführung nach Iran
2.2.2.1. Als erschwerende Umstände sind beim Beschwerdeführer einerseits zu berücksichtigen, dass er als sunnitischer Kurde einer ethnischen und religiösen Minderheit angehört, die nach den Länderfeststellungen Diskriminierungen ausgesetzt sind, an einer psychischen Erkrankung leidet und in Iran über keine Ortskenntnisse und familiäre Anknüpfungspunkte verfügt.
Es ergeben sich damit aus der Person des Beschwerdeführers aber keine subjektiven Gründe, weshalb er einer existenzbedrohenden bzw. lebensgefährlichen Situation in Iran ausgesetzt sein sollte.
Es wird an dieser Stelle zunächst auf die Feststellungen und die damit verbundene Beweiswürdigung zur Person des Beschwerdeführers verwiesen, wonach dieser ein volljähriger, arbeitsfähiger und arbeitserfahrener Mann ist. Auch wurde der Beschwerdeführer mit der iranischen Kultur und den iranischen Gepflogenheiten sozialisiert, da er – wenn auch in Irak – im iranischen Familienverband aufgewachsen ist (seine Eltern sind iranische Staatsangehörige und gab der Beschwerdeführer an, dass auch Geschwister und zwei Onkel und eine Tante des Beschwerdeführers noch im Flüchtlingslager in Irak leben, siehe VH, Sitzung 10). Er spricht zudem die Landessprache Farsi sowie Kurdisch Sorani als Muttersprache und Arabisch, hat bereits in Irak (und auch in Österreich, wenn auch nur ehrenamtlich) gearbeitet und verfügt über eine neunjährige Schulbildung.
Aus den Länderfeststellungen ergibt sich zwar eine Diskriminierung (sunnitischer) Kurden in Iran auf dem Arbeitsmarkt, die sich allerdings auf Posten im öffentlichen Dienst bezieht und nicht generell auf die Situation auf dem Arbeitsmarkt, wobei hinsichtlich Kurden auch hervorgeht, dass sie in größerer Zahl bereits in hohe Ämter der Provinzverwaltungen und zunehmend auch in der Ministerialbürokratie berufen werden. Zwar leben Minderheiten in den ökonomisch benachteiligten Randgebieten, wird die Infrastruktur von Regionen, wo Minderheiten wohnen, zum Teil stark vernachlässigt und haben sie einen schlechteren Zugang zum Arbeitsmarkt. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Angehörigkeit zur Volksgruppe der (sunnitischen) Kurden nicht auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen wird können und ergibt sich aus den Länderfeststellungen keine generelle Diskriminierung (sunnitischer) Kurden auf dem Arbeitsmarkt (im Gegensatz etwa für Mitglieder der Derwisch-Gemeinschaft, die auf dem Arbeitsmarkt nach den Länderfeststellungen systematisch diskriminiert werden). Wie festgestellt wurde, ist der Beschwerdeführer – trotz seiner psychischen Erkrankung – arbeitsfähig und möchte er auch arbeiten.
Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt, auch wenn sich die wirtschaftliche Lage verschlechtert hat.
2.2.2.2. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in Iran seine erforderliche psychotherapeutische und medikamentöse Behandlung nicht wird fortsetzen können.
Die medizinische Versorgung in Iran ist nach den Länderfeststellungen gesichert und haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung, auch wenn die Qualität im Sinne eines Stadt-Land-Gefälles schwankt. Alle iranischen Staatsbürger inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen sowie weitere Angebote. Die medizinische Grundversorgung ist für alle Menschen in Iran kostenfrei zugänglich und handelt es sich beim Beschwerdeführer auch nicht um einen nicht registrierten Flüchtling, der Angst vor einer Abschiebung haben müsste, sondern um einen iranischen Staatsbürger.
Versicherungsschutz besteht entweder über den Arbeitsplatz oder eine private Versicherung. Der Krankenversicherungsschutz umfasst medizinische Behandlungen sowie die Versorgung mit Medikamenten und sohin auch mit Psychopharmaka.
Obwohl es zu gelegentlichen Engpässen bei bestimmten Medikamenten kommt (z.B. Insulin) gibt es auch im Generellen keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Der Beschwerdeführer gibt in seiner Beschwerde auch selbst an, dass er wohl in größeren Städten theoretischen Zugang zu Psychotherapie und Medikamenten haben wird (Beschwerde, Sitzung 4).
Um eine Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig, wobei die Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste (MSIO) alle Personen versichert, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden. Es gibt zusätzliche Unterstützung für schutzbedürftige Gruppen, die von den Gemeinden/Organisationen nicht abgedeckt werden. Auch gibt es Organisationen, die Projekte etwa zu Menschen mit Behinderung (inklusive psychischer Probleme), ethnischen und religiösen Minderheiten, etc. anbietet. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen um nicht versicherte Personen, etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge.
Auch eine fehlende Geburtsurkunde des Beschwerdeführers ist daher kein Hemmnis, in Iran eine psychiatrische und medikamentöse Behandlung in Anspruch nehmen zu können und zu erhalten.
Abgesehen davon können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Auch iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Wenn Personen iranische Identitätsdokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen und sind die iranischen Auslandsvertretungen angewiesen, diese jedem iranischen Staatsangehörigen auf Antrag auszustellen. Es ist somit nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer keine Identitätsdokumente erhalten sollte.
Der Beschwerdeführer führt in einem Schreiben vom 17.08.2016 zwar an, dass er sich bereits zweimal an die iranische Vertretungsbehörde in Wien gewandt und um Ausstellung eines Reisedokuments und Klärung der Frage, ob er ein solches erhalten kann, ersucht habe. Er habe aber keine Informationen erhalten. Ein Freund habe ihn einmal dorthin begleitet und könne dieser dies bestätigen (siehe AS 741). In der EV am 30.06.2020 gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass er selbst überhaupt nicht bei der iranischen Botschaft gewesen sei und auch nichts vorlegen könne, was bestätige, dass die Botschaften ihn nicht als Staatsangehörigen anerkennen würden. Sein Freund sei hingegangen, nicht aber der Beschwerdeführer (EV am 30.06.2020, Sitzung 11 und 13). In der VH am 05.04.2022 verneinte der Beschwerdeführer die Frage, ob er sich schon einmal um eine Geburtsurkunde oder einen Reisepass aus Iran bemüht habe (VH, Sitzung 4). Der Beschwerdeführer machte daher auch hier widersprüchliche Angaben, die darauf abzielen, seine Rückführung nach Iran als erschwert erscheinen zu lassen, und es ist kein Grund ersichtlich, warum es dem Beschwerdeführer nicht möglich sein sollte, sich iranische Identitätsdokumente zu beschaffen, wenn er persönlich die Vertretungsbehörde kontaktiert.
Auch die Zugehörigkeit zur Volksgruppe der (sunnitischen) Kurden hindert den Beschwerdeführer nicht an der Inanspruchnahme medizinischer Grundversorgung, die nach den Länderfeststellungen selbst Afghanen ohne Status in Iran gewährt wird. Iran ist eines von nur einer Handvoll Ländern auf der Welt, die sogar Flüchtlingen die Möglichkeit bieten, sich wie iranische Staatsangehörige in eine nationale Krankenversicherung für wesentliche sekundäre und tertiäre öffentliche Gesundheitsdienste einzuschreiben, weshalb keine Anhaltspunkte ersichtlich sind, dass dem Beschwerdeführer dies – als iranischer Staatsangehöriger – verwehrt werden würde. Auch aufgrund der Ergebnisse der Anfragebeantwortung kann nicht davon ausgegangen werden, dass die reale Gefahr bestünde, dass der Beschwerdeführer als sunnitischer Kurde keinen Zugang zur Gesundheitsversorgung in Iran hat. Eine solche Diskriminierung ergibt sich aus den Länderfeststellungen und der Anfragebeantwortung nicht, sondern ist der Zugang sunnitischer Kurden zu psychiatrischer Behandlung und Medikamenten landesweit gesichert. In abgelegenen Gebieten kann zwar ein Mangel an Spezialisten oder Spezialmedikamenten auftreten, was jedoch nicht mit der ethnischen Zugehörigkeit des Patienten zusammenhängt, und wird der Patient in solchen Fällen an das Krankenhaus in nahegelegenen Großstädten überwiesen. Sunnitische Kurden können nationale soziale Dienste wie Versicherung, Bildung, Gesundheitsversorgung, aber auch nichtstaatliche Einrichtungen in Anspruch nehmen.
Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, dass er sich eine Behandlung nicht wird leisten können, so ist einerseits auf seine Arbeitsfähigkeit zu verweisen. Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Auch gibt es einen gesetzlichen monatlichen Mindestlohn für ungelernte Arbeitnehmer und Wohnungs- und Lebensmittelzulagen in Form von monatlichen Geldtransfers, wobei der Gesamtbetrag für einen unverheirateten Arbeitnehmer 25 Millionen Rial (ca. 155 USD) beträgt. Im Falle einer (anfänglichen) Arbeitslosigkeit ist darauf zu verweisen, dass Hilfe an Bedürftige durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert werden. Als Teil des iranischen Sozialwesens haben alle iranischen Bürger das Recht auf kostenfreie Gesundheitsversorgung. Alle Bürger können über die Wohlfahrtsorganisation TAMIN EJTEMAEI eine Sozialversicherung beantragen. Darüber hinaus können Leistungen von Arbeitgebern oder privaten Anbietern und Organisationen angeboten werden.
Auch nannte der Beschwerdeführer in der EV am 30.06.2020 auf die Frage, ob er Verwandte oder Bekannte habe, welche ihn gegebenenfalls finanziell unterstützen könnten, seinen Bruder und seine Schwester sowie Cousin und Cousine seines Onkels väterlicherseits sowie die Kinder seiner Tante mütterlicherseits, die in Dänemark seien. Sie hätten telefonisch Kontakt. Wenn er Geld brauche oder sonst etwas, würden sie ihm helfen und ihn unterstützen (EV, Sitzung 10). Der Beschwerdeführer kann daher auch finanzielle Hilfe durch diese Angehörigen erhalten.
Wenn der Beschwerdeführer in der VH pauschal darauf verweist, dass er überhaupt nichts über das Gesundheitssystem in Iran wisse, weil er nie dort gelebt habe (VH, Sitzung 9), so ist er darauf zu verweisen, dass ihn dies nicht davon entbindet, sich über vor Ort bestehende Unterstützungsmaßnahmen und Sozialleistungen zu informieren und ist dies einem Erwachsenen durchaus zumutbar. Ergänzend ist anzuführen, dass gemäß Paragraph 52 a, BFA-VG auch eine finanzielle Rückkehrhilfe als Startkapital und Rückkehrberatung in Anspruch genommen werden kann.
Der Beschwerdeführer gab zudem in der EV am 30.06.2020 an, dass er Termine bei der Heimleitung und dem Flüchtlingsreferat selbständig wahrnehme und er hier immer alles selber erledigt habe. Er habe hier niemanden, der ihn unterstütze und helfe. Auch merke er selbst, wenn es ihm schlecht gehe und gehe er dann zum Arzt. Auch Termine beim Psychologen habe er selbständig wahrgenommen und nehme er auch seine Medikamente selbständig ein. Ihn müsse niemand auf die Einnahme hinweisen und hole er sich diese auch selbst mit dem Rezept aus der Apotheke (EV, Sitzung 6, 8 f. und 10).
Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer sich auch in Iran selbst ohne Ortskenntnisse und familiäre Anknüpfungspunkte medizinische Versorgung selbständig wird beschaffen und diese weiterführen wird können, zumal er die Landessprache Farsi (sowie ebenso Kurdisch Sorani und Arabisch) spricht, und sich dort zurechtfinden kann.
Der Beschwerdeführer hat auch in Österreich – ohne mit der Kultur und Sprache vertraut gewesen zu sein bzw. mittlerweile nur auf dem Niveau A2 und ebenfalls ohne familiäre Anknüpfungspunkte – Kontakte geknüpft und auch fallweise ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt, sodass auch daraus geschlossen werden kann, dass er grundsätzlich in der Lage ist, in einem fremden Land Fuß zu fassen, sich dort um seine medizinische Versorgung zu kümmern und sich an neue Situationen und selbst an Städte anzupassen, in denen er zuvor noch nicht war. Es ist in diesem Zusammenhang auch nochmals darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer mit der iranischen Kultur vertraut ist und die Landessprache Farsi spricht.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die wirtschaftliche Situation in Iran schlechter ist als in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. in Österreich. Aus den Berichten geht aber keinesfalls hervor, dass sie dergestalt ist, dass das existentielle Überleben gefährdet wäre.
Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund dieser Umstände davon aus, dass sich der Beschwerdeführer in Iran niederlassen kann, er seine medizinische Behandlung dort fortsetzen kann und er in der Lage sein wird, sich durch eigene Tätigkeit ein den dortigen Verhältnissen entsprechendes Einkommen zu erwirtschaften und sich dort eine Existenz ohne unbillige Härte aufzubauen.
2.2.3. Zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich
Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers in Österreich ergeben sich aus seiner Einvernahme in der VH sowie den vorgelegten unstrittigen Dokumenten (Schreiben der römisch 40 vom römisch 40 , Schreiben von römisch 40 vom römisch 40 , Schreiben von römisch 40 , Schreiben des Quartiergebers des Beschwerdeführers, Schreiben einer Privatperson vom 29.03.2022, Schreiben einer Gastwirtin vom 24.03.2022, zwei Einstellungszusagen vom 01.04.2022, Empfehlungsschreiben der Gemeinschaft der Dominikanerinnen vom 10.03.2018).
Das Verrichten von Reinigungsarbeiten bei den Dominikanerinnen ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der VH (VH, Sitzung 12) in Verbindung mit dem vorgelegten Schreiben der Gemeinschaft der Dominikanerinnen vom 10.03.2018.
Betreffend die Deutschkenntnisse legte der Beschwerdeführer ein Zertifikat über das Sprachniveau A2 vor (siehe auch seine Angaben in der VH, Sitzung 12).
2.2.4. Zur Situation in Iran
Die Feststellungen zur Situation in Iran ergeben sich aus den unter Punkt 1.4. genannten Länderberichten samt den darin zitierten Quellen. Die aktuellen Länderberichte beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, weshalb im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass besteht, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Den Länderberichten wurde in der VH nicht entgegengetreten (insbesondere auch nicht hinsichtlich der verlesenen Passagen zur medizinischen Grundversorgung und zur Hilfe an Bedürftige, siehe VH, Sitzung 6 ff. sowie VH, Sitzung 11) bzw. kommentierte die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers diese in der VH nicht (VH, Sitzung 9), weshalb für das Bundesverwaltungsgericht auch aus diesem Grund keine Zweifel an deren Richtigkeit bestehen.
Die Anfragebeantwortung vom 27.07.2020 wurde bereits dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Über den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde bereits (dreimal) rechtskräftig entschieden, weshalb eine etwaige asylrechtlich relevante Verfolgung nicht mehr verfahrensgegenständlich ist.
3.1. Zu Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides (Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten)
3.1.1. Rechtsgrundlagen
Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden im Falle der Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 17, AsylG ist der Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder – im Falle der Staatenlosigkeit – der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.
Eine Voraussetzung für die Gewährung subsidiären Schutzes ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes das Drohen einer realen Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Artikel 2, oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137). Um von der realen Gefahr ("real risk") im Falle der Rückkehr ausgehen zu können, reicht es nicht aus, wenn eine solche Gefahr bloß möglich ist. Es bedarf vielmehr einer darüberhinausgehenden Wahrscheinlichkeit, dass sich eine solche Gefahr verwirklichen wird.
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann etwa auch dann eine Verletzung von Artikel 3, MRK bedeuten und daher die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründen, wenn – wobei eine solche Situation allerdings nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen ist – der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also seine Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können vergleiche etwa VwGH 18.10.2018, Ra 2017/19/0200; 25.04.2017, Ra 2017/01/0016).
Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr vorfinden würde, reicht für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Artikel 3, EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH vom 31.10.2019, Ra 2019/20/0309).
Ebenso ist in der Rechtsprechung des VwGH in Hinblick auf den anzuwendenden Prüfungsmaßstab des Artikel 3, MRK anerkannt, dass es unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR Ausnahmefälle geben kann, in denen durch eine schwere Erkrankung bzw. einen fehlenden tatsächlichen Zugang zur erforderlichen Behandlung im Herkunftsstaat die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten begründet wird vergleiche VwGH 21.03.2018, Ra 2018/18/0021).
3.1.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall folgt daraus in Zusammenschau mit den oben getroffenen Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers sowie den aktuellen Länderberichten, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückführung nach Iran in keine existenzbedrohende oder lebensgefährliche Situation gelangen würde.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass es in Iran Spannungen gibt, aber die Sicherheitslage ist – wie sich aus den Länderberichten ergibt – nicht derart, dass der Beschwerdeführer allein aufgrund seiner Anwesenheit in Iran einem realen Risiko für seine körperliche Unversehrtheit oder sein Leben ausgesetzt wäre.
Auch aus der Person des Beschwerdeführers ergeben sich keine subjektiven Gründe, weshalb eine Rückführung nach Iran die reale Gefahr einer Verletzung der aus Artikel 2 und 3 EMRK sowie Nr. 6 und 13 ZPEMRK entspringenden Rechte für maßgeblich wahrscheinlich erachten lasse.
So wurde festgestellt, dass es sich bei dem Beschwerdeführer um einen volljährigen, aber noch jungen und arbeitsfähigen und arbeitswilligen Mann der Volksgruppe der (sunnitischen) Kurden handelt, der die Landessprache Farsi sowie Kurdisch Sorani (sohin die Sprache der kurdischen Bevölkerung, welche im Iran 7 % der Bevölkerung ausmacht) und Arabisch spricht. Auch besuchte er neun Jahre die Schule und verfügt über Berufserfahrung in Irak. Es sind im Verfahren keine Gründe hervorgekommen, warum er als Erwachsener in Iran keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können sollte, hat er dies doch bisher auch in Irak getan und ebenso fallweise in Österreich (wenn auch nur ehrenamtlich). Er brachte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht klar zum Ausdruck, arbeitswillig zu sein und hindert ihn – wie festgestellt – auch seine psychische Erkrankung nicht an einer beruflichen Tätigkeit in Iran, ebenso wenig wie seine Zugehörigkeit zur Volksgruppe der sunnitischen Kurden, auch wenn (sunnitische) Kurden Diskriminierungen ausgesetzt sein können.
Der Beschwerdeführer ist zwar nicht in Iran aufgewachsen, doch wurde er im Umfeld von Staatsangehörigen des Iran sozialisiert und ist einem Mann im Alter des Beschwerdeführers zuzumuten und möglich, sich in einer neuen Umgebung in Iran niederzulassen und sich dort eine Existenz aufzubauen. Auch hat er bereits in Iran gewohnt. Überdies existieren im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers auch Hilfsorganisationen, an die er sich wenden kann.
Es ist nicht hervorgekommen, dass sich der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Iran in einer existenz- bzw. lebensbedrohlichen Situation befinden würde. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum sich der Beschwerdeführer in Iran keine Existenz aufbauen könnte.
Darüber hinaus liegen auch keine Hinweise auf eine allgemein existenzbedrohende Notlage in Iran vor und ist die Grundversorgung der Bevölkerung – wenn auch mit sanktions- bzw. pandemiebedingten Engpässen – gesichert, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Artikel 2, bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Im Hinblick auf die gegebenen Umstände kann daher ein „reales Risiko“ einer gegen Artikel 2, oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht erkannt werden.
Über die vorgebrachten Asylgründe des Beschwerdeführers (Verfolgung im Falle einer Abschiebung nach Iran aufgrund der behaupteten Mitgliedschaft in einer Partei und politischen Aktivitäten seines Vaters) wurde bereits dreimal negativ rechtskräftig entschieden und sind diese nicht verfahrensgegenständlich.
Abgesehen davon gab es zur vermeintlichen Bedrohungssituation des Beschwerdeführers aufgrund seiner Nähe zu einer kurdischen Partei während seines Aufenthaltes in Österreich auch keine Änderungen. Er sei nach seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht lediglich einfaches Mitglied und in Österreich nicht aktiv (VH, Sitzung 10).
3.1.3. Betreffend die psychischen Probleme des Beschwerdeführers ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder suizidgefährdet ist. Dass die Behandlung im Herkunftsstaat nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Artikel 3, EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt vergleiche VwGH 21.02.2017, Ra 2017/18/0008; 25.09.2019, Ra 2018/19/0585).
Diese Umstände liegen konkret nicht vor. Der Beschwerdeführer ist nicht lebensbedrohlich erkrankt, er ist nicht suizidgefährdet und ist die medizinische und psychotherapeutische Behandlung in Iran gesichert. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Zugang zur erforderlichen Behandlung in Iran aus finanziellen Gründen oder wegen seiner Zugehörigkeit zur Volksgruppe der (sunnitischen) Kurden nicht erhalten wird.
Auch ergibt sich aus dem vorgelegten aktuellen psychologisch-psychotherapeutischen Bericht nicht, dass der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers im Falle einer Abschiebung in den Iran in signifikanter Weise eine Verschlechterung erfahren würde, sodass eine Überstellung im Sinne der oben angeführten Judikatur als unzulässig anzusehen wäre, und kann der Beschwerdeführer seine Behandlung und Therapie in Iran fortsetzen.
Durch eine Abschiebung des Beschwerdeführers wird Artikel 3, EMRK daher nicht verletzt und reicht es jedenfalls aus, wenn medizinische Behandlungsmöglichkeiten im Land der Abschiebung verfügbar sind, was in Iran jedenfalls der Fall ist. Dass die Behandlung im Iran den gleichen Standard wie in Österreich aufweist oder unter Umständen auch kostenintensiver ist, ist nicht relevant. In der psychischen Erkrankung des Beschwerdeführers und der daraus resultierenden Inanspruchnahme verschiedener Medikamente und Psychotherapie ist daher kein Abschiebehindernis im Sinne von Artikel 3 EMRK zu erblicken.
Was die aktuelle Situation aufgrund der COVID-19 Pandemie anbelangt ist festzuhalten, dass es sich hierbei einerseits um eine Pandemie handelt, welche weltweit eine Bedrohung bedeutet, andererseits es sich bei dem Beschwerdeführer um einen Mann Mitte Dreißig handelt, welcher an keinen der für COVID-19 notorischen Vorerkrankungen leidet vergleiche COVID-19 Risikogruppe-Verordnung, BGBl. römisch II Nr. 203/2020: chronische Lungenkrankheiten, Herzerkrankungen, aktive Krebserkrankungen, Erkrankungen, die mit Immunsuppression behandelt werden, fortgeschrittene Nierenerkrankungen oder Lebererkrankungen, etc.). Der Beschwerdeführer zählt somit nicht zu der einschlägigen Risikogruppe; auch erstattete er selbst kein entsprechendes Vorbringen, welches eine maßgeblich wahrscheinliche lebensbedrohliche Situation für ihn im Falle einer Rückkehr indizieren würde, sondern verwies in seiner Beschwerde lediglich allgemein auf mögliche Spätfolgen auch für junge Personen ohne Vorerkrankungen.
In Anbetracht der vom Gesundheitsministerium veröffentlichten Informationen zu „Long COVID“ vergleiche https://www.gesundheit.gv.at/krankheiten/immunsystem/coronavirus-covid-19/long-covid, zuletzt eingesehen am 12.07.2022) kann aber nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der junge und abgesehen von seiner psychischen Erkrankung gesunde Beschwerdeführer infolge einer allfälligen Ansteckung mit dem Corona-Virus an Langzeitfolgen in einer verfahrensgegenständlich relevanten Intensität leiden werde, zumal – wie bereits ausgeführt – die medizinische Versorgung in Iran gesichert ist.
Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist in einer Gesamtbetrachtung daher nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung nach Iran in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.
Vor diesem Hintergrund hat die belangte Behörde somit den Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten zu Recht abgewiesen.
3.3. Zu Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß Paragraph 57, AsylG)
3.3.1. § 57 AsylG 2005 regelt die „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergeben sich keine Anhaltspunkte, wonach der Beschwerdeführer die Voraussetzungen für eine derartige Aufenthaltsberechtigung erfüllt. Auch wurde in der Beschwerde kein entsprechendes Vorbringen erstattet. Die belangte Behörde erteilte somit zu Recht keinen Aufenthaltstitel nach Paragraph 57, AsylG 2005.
3.4. Zu den Spruchpunkten römisch III. bis römisch VI. des angefochtenen Bescheides
3.4.1. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt wird.
Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung gemäß Paragraph 9, Absatz eins, BFA-VG zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG insbesondere zu berücksichtigen: die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war (Ziffer eins,), das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (Ziffer 2,), die Schutzwürdigkeit des Privatlebens (Ziffer 3,), der Grad der Integration (Ziffer 4,), die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden (Ziffer 5,), die strafgerichtliche Unbescholtenheit (Ziffer 6,), Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts (Ziffer 7,), die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (Ziffer 8,) und die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist (Ziffer 9,).
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist gemäß Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen.
Eine in Österreich vorgenommene medizinische Behandlung kann im Einzelfall zu einer maßgeblichen Verstärkung der persönlichen Interessen eines Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet führen. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, ob diese medizinische Behandlung auch außerhalb Österreichs erfolgen bzw. fortgesetzt werden kann. In diesem Zusammenhang kann nur auf Basis entsprechender Ermittlungsergebnisse bewertet werden, ob die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften den Abbruch der in Österreich begonnenen Heilbehandlung rechtfertigen können bzw. ob umgekehrt das private Interesse des Fremden, eine in Österreich begonnene Heilbehandlung hier abzuschließen, stärker zu gewichten ist vergleiche VwGH 23.03.2017, Ra 2017/21/0004).
3.4.2. Für den Beschwerdeführer ergibt sich vor diesem Hintergrund wie folgt:
Der Beschwerdeführer ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm auch kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach Paragraph 13, AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet. Gegenteiliges wurde vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht.
Der Beschwerdeführer brachte im Verfahren durchgängig vor, über keine Familienangehörigen im Bundesgebiet zu verfügen, und sind solche auch amtswegig nicht hervorgekommen, sodass ein Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familienlebens jedenfalls zu verneinen ist. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.
Unter dem Privatleben sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche EGMR 16.6.2005, Fall Sisojeva ua, Appl 60.654/00, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein und durfte sich bislang nur aufgrund seiner mehrmaligen Anträge auf internationalen Schutz, die zu keinem Zeitpunkt berechtigt waren, im Bundesgebiet aufhalten vergleiche zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 8.4.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).
Ein schützenswertes Privatleben iSd Artikel 8, EMRK und eine nennenswerte Integration des Beschwerdeführers in Österreich können vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen nicht angenommen werden und ist die Integration des Beschwerdeführers in Österreich nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nur schwach ausgeprägt.
Der Beschwerdeführer lebt hier in keiner Lebensgemeinschaft, ist nicht Mitglied in einem Verein, absolviert hier keine Ausbildung und verfügt über keine engen sozialen Bindungen zu Personen in Österreich. Nennenswerte soziale Aktivitäten brachte er nicht vor. Er gab lediglich an, mit Freunden spazieren zu gehen, wenn es ihm schlecht gehe, und dass er eine Frau namens römisch 40 besuche und ihr helfe. Ansonsten gebe es keine Aktivitäten (VH, Sitzung 12). Laut einem Bestätigungsschreiben hielt er einen (einmaligen) Workshop ab. Auf die Frage, ob er eine besondere Bindung zu Österreich habe, gab er nur an, dass er sich hier wohl fühle, ein nützliches Mitglied dieses Landes sein wolle, hierbleiben und hier arbeiten wolle sowie Menschen helfen (VH, Sitzung 13). Dies sind aber bloße Absichtserklärungen und belegen ebenso keine aktuelle Integration des Beschwerdeführers.
Auch sonstige Schilderungen, die auf eine nennenswerte soziale oder kulturelle Anbindung in Österreich schließen ließen, machte er nicht. Aus dem Empfehlungsschreiben der römisch 40 ergibt sich zwar, dass der Beschwerdeführer nach Kursabschluss regelmäßig an gemeinsamen Aktivitäten, wie zum Beispiel Wanderungen, teilnimmt, wobei der Beschwerdeführer dies aber in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht thematisierte. Auch zu römisch 40 legte er keine engere Bindung dar, sondern gab er in der VH zu Unternehmungen mit dieser befragt nur an, dass sie seine Deutschlehrerin gewesen sei und ihn regelmäßig nach seinem Befinden frage (VH, Sitzung 14). Befragt zu römisch 40 , der dem Beschwerdeführer ebenfalls ein Empfehlungsschreiben ausstellte, gab der Beschwerdeführer an, diesen vor ca. eineinhalb Jahren zuletzt gesehen zu haben (VH, Sitzung 14).
Insofern der Beschwerdeführer in den vorgelegten Empfehlungsschreiben etwa als liebenswerter, zuverlässiger, hilfsbereiter und fleißiger Mensch beschrieben wird, der um das Erlernen der deutschen Sprache bemüht ist und fallweise Hilfsdienste durchführt, geht daraus ebenfalls nicht hervor, wodurch im konkreten Fall die Integration des Beschwerdeführers gegeben sein soll, und ist daraus nichts für seine erfolgreiche Integration in Österreich zu gewinnen, zumal er auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht kaum Ausführungen zu sozialen Aktivitäten machte.
Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer an einer depressiven Störung leidet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab der Beschwerdeführer jedoch an, dass es ihm zwar immer wieder, zuletzt letzte Woche, schlecht gehe (VH, Sitzung 5), jedoch ebenso, dass er immer, wenn er sich nicht wohlfühle, mit Freunden spazieren gehe, sodass auch nicht anzunehmen ist, dass seine psychische Erkrankung sozialen Kontakten grundsätzlich entgegensteht.
Es ist auch im gesamten Verfahren nicht hervorgekommen, dass sich der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in wirtschaftlicher Hinsicht durch legale Erwerbstätigkeit eine tragfähige Existenz aufgebaut hätte oder er selbsterhaltungsfähig wäre, vielmehr lebt er von der Grundversorgung. Es wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer gelegentlich ehrenamtliche Hilfstätigkeiten (Reinigungsarbeiten und Hilfe bei Cateringveranstaltungen) verrichtete. Auch hilft er einmal monatlich ehrenamtlich als Friseur in einer Flüchtlingsunterkunft. Er gab aber nicht an, hierfür ein Entgelt erhalten zu haben und ist dies nicht ausreichend, um von einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausgehen zu können, auch wenn ihm seine ehrenamtlichen Tätigkeiten zugute zu halten sind.
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgelegten Einstellungszusagen zweier Friseursalons wird darauf verwiesen, dass sich aus diesen keine Garantie auf eine Beschäftigung ableiten lässt und der Beschwerdeführer auch nicht vorbrachte, bereits einmal bei diesen Unternehmen gearbeitet zu haben, weshalb den Zusagen kein maßgebendes Gewicht beizumessen ist – auch wenn sie zeigen, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich bestrebt ist, auf dem österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
In den letzten Jahren kam es auch zu keiner weiteren Verbesserung seiner in Relation zur Aufenthaltsdauer nur marginalen Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2.
Die Integrationserfolge des Beschwerdeführers in Österreich sind daher trotz relativ langer Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet von rund acht Jahren als relativ gering einzustufen.
Hinsichtlich seiner Bindungen an Iran ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer zwar in Irak aufwuchs, aber im iranischen Familienverband in Irak sozialisiert wurde und damit den überwiegenden Teil seines Lebens in einem Kulturkreis verbrachte, in den er sich auch in Iran begeben kann, die Landessprache Farsi sowie Kurdisch Sorani als Muttersprache und auch Arabisch spricht, in Irak einer Berufstätigkeit nachging und dort die Schule besuchte. Auch hat er bereits in Iran gewohnt. Es ist daher davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer in die Gesellschaft in Iran wird eingliedern können. Demgegenüber ist nicht von einer Integration des Beschwerdeführers in Österreich in einem derartigen Ausmaß auszugehen, dass ihm eine Einreise in Iran nicht zuzumuten wäre.
Dass der Beschwerdeführer strafgerichtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 19.04.2012, 2011/18/0253). Der Umstand, dass der Beschwerdeführer in Österreich nicht straffällig geworden ist, bewirkt keine Erhöhung des Gewichtes der Schutzwürdigkeit von persönlichen Interessen an einem Aufenthalt in Österreich, da das Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel und die Begehung von Straftaten eigene Gründe für die Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen darstellen (VwGH 24.07.2002, 2002/18/0112).
Im Hinblick auf die relativ lange Zeitspanne, die sich der Beschwerdeführer in Österreich aufhält (seit Jänner 2014 bzw. Juni 2014 nach Rücküberstellung aus Dänemark, somit seit rund acht Jahren), kann unter Miteinbeziehung integrativer Merkmale – wie etwa nur einfache Deutschkenntnisse bzw. auch unter Berücksichtigung der vorgelegten Kursbesuchsbestätigungen bzw. Teilnahmebestätigungen – eine von Artikel 8, EMRK geschützte "Aufenthaltsverfestigung" noch nicht angenommen werden vergleiche VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479, wonach ein dreijähriger Aufenthalt "jedenfalls" nicht ausreichte, um daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abzuleiten; vergleiche auch VwGH 20.12.2007, 2007/21/0437, zu Paragraph 66, Absatz eins, FPG, wonach der sechsjährigen Aufenthaltsdauer eines Fremden im Bundesgebiet, der Unbescholtenheit, eine feste soziale Integration, gute Deutschkenntnisse sowie einen großen Freundes- und Bekanntenkreis, jedoch keine Familienangehörigen geltend machen konnte, in einer Interessensabwägung keine derartige "verdichtete Integration" zugestanden wurde, da der Aufenthalt "letztlich nur auf einem unbegründeten Asylantrag fußte"; ähnlich auch VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026; 30.04.2009, 2009/21/0086; 08.07.2009, 2008/21/0533; 08.03.2005, 2004/18/0354).
Das Interesse des Beschwerdeführers an der Aufrechterhaltung privater Kontakte in Österreich ist noch zusätzlich dadurch geschwächt, dass er sich bei seinem Aufenthalt im Bundesgebiet stets seines unsicheren bzw. unrechtmäßigen Aufenthaltsstatus bewusst sein musste: Er durfte sich hier bisher nur aufgrund seiner mehrmaligen Anträge auf internationalen Schutz aufhalten, die als unbegründet abzuweisen waren vergleiche zB VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347, 26.02.2004, 2004/21/0027, 27.04.2004, 2000/18/0257; vergleiche auch EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).
Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).
Über die erstinstanzliche Abweisung des zweiten Antrags auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers in Österreich wurde bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.05.2018, L506 2120729-1, entschieden und wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision des Beschwerdeführers mit Beschluss vom 21.12.2018, Ra 2018/01/0324, zurück, woraufhin der Beschwerdeführer zudem seiner Rückehrverpflichtung nicht nachkam, sondern am 04.07.2019 neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte.
Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass seine hier begonnene medizinische Behandlung aufgrund seiner psychischen Erkrankung zur einer Verstärkung seiner persönlichen Interessen führe, wird auf die obige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs verwiesen sowie konkret darauf, dass nach den Feststellungen die medizinische und psychotherapeutische Behandlung des Beschwerdeführers auch in Iran und unter Berücksichtigung seiner individuellen Situation gesichert ist. Dass er etwa bei der Einnahme von Medikamenten und der Organisation seiner Termine auf Unterstützung angewiesen wäre, ist im Verfahren ebenfalls nicht hervorgekommen, sondern gab der Beschwerdeführer vielmehr – wie oben dargelegt – an, Termine selbständig wahrzunehmen und auch Medikamente selbständig zu besorgen und einzunehmen.
Somit kann nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8, Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt vergleiche VwGH 22.01.2013, 2011/18/0036; 10.05.2011, 2011/18/0100; 22.03.2011, 2007/18/0628; 26.11.2009, 2007/18/0305), zu geben ist. Die ehrenamtliche Tätigkeit des Beschwerdeführers als Friseur und die vereinzelten Bekanntschaften mit in Österreich lebenden Personen überwiegen dem Interesse des Staates an einem geordneten Vollzug des Aufenthaltsrechtes nicht.
Die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet haben somit nur geringes Gewicht und treten gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung in den Hintergrund vergleiche dazu VfSlg 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479).
Es kam kein Sachverhalt hervor, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der angefochtene Bescheid einen unverhältnismäßigen Eingriff in das durch Artikel 8, EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellt.
Die Erlassung der Rückkehrentscheidung durch das BFA war daher im vorliegenden Fall zulässig und im Hinblick auf die Ziele des Artikel 8, Absatz 2, EMRK dringend geboten.
3.4.3. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß Paragraph 50, Absatz eins, FPG unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005.
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß Paragraph 50, Absatz 2, FPG unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des Paragraph 3, AsylG 2005. Die Abschiebung ist schließlich nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entgegensteht.
Im gegenständlichen Fall ist die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Iran gegeben, weil nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des Paragraph 50, Absatz eins und 2 FPG ergeben würde, und auch keine entsprechende Empfehlung des EGMR für Iran besteht.
Über den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten wurde bereits rechtskräftig negativ entschieden.
Spruchpunkt römisch VI. des angefochtenen Bescheides (Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) wurde bereits mit rechtskräftigem Teilerkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.09.2021 ersatzlos behoben.
Die Beschwerde erweist sich somit auch in Bezug auf die Spruchpunkte römisch III. bis römisch VI. als unbegründet.
3.4.4. Zu Spruchpunkt römisch VII. des angefochtenen Bescheides (Einreiseverbot)
3.4.4.1. Gem. Paragraph 53, Absatz eins, FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Gemäß Absatz 2, leg. cit. ist dieses vorbehaltlich Absatz 3 für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen, wobei bei der Bemessung der Dauer das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen einzubeziehen und zu berücksichtigen ist, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Das ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Paragraph 20, Absatz 2, der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, in Verbindung mit Paragraph 26, Absatz 3, des Führerscheingesetzes (FSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 1997,, gemäß Paragraph 99, Absatz eins,, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß Paragraph 37, Absatz 3, oder 4 FSG, gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, der Gewerbeordnung 1994 (GewO), Bundesgesetzblatt Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den Paragraphen 81, oder 82 des SPG, gemäß den Paragraphen 9, oder 14 in Verbindung mit Paragraph 19, des Versammlungsgesetzes 1953, Bundesgesetzblatt Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1.000, -- Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Absatz 3, genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. dem Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zu Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.
Die Aufzählung des Paragraph 53, FPG ist demonstrativ.
Artikel 11 Rückführungsrichtlinie lautet:
(1) Rückkehrentscheidungen gehen mit einem Einreiseverbot einher,
a) falls keine Frist für eine freiwillige Ausreise eingeräumt wurde oder
b) falls der Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen wurde.
In anderen Fällen kann eine Rückkehrentscheidung mit einem Einreiseverbot einhergehen.
(2) Die Dauer des Einreiseverbots wird in Anbetracht der jeweiligen Umstände des Einzelfalls festgesetzt und überschreitet grundsätzlich nicht fünf Jahre. Sie kann jedoch fünf Jahre überschreiten, wenn der Drittstaatsangehörige eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit darstellt.
(3) Die Mitgliedstaaten prüfen die Aufhebung oder Aussetzung eines Einreiseverbots, wenn Drittstaatsangehörige, gegen die ein Einreiseverbot nach Absatz 1 Unterabsatz 2 verhängt wurde, nachweisen können, dass sie das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter uneingeschränkter Einhaltung einer Rückkehrentscheidung verlassen haben.
Gegen den Beschwerdeführer wurde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, unter anderem wegen seiner Mittellosigkeit gemäß Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer 6, FPG.
Im Lichte der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erscheint weder die Verhängung des Einreiseverbots als solches noch die Dauer als rechtswidrig bzw. unverhältnismäßig vergleiche etwa VwGH 27.06.2019, Ra 2019/14/0030).
Im Falle der Mittellosigkeit eines Fremden bedarf es nicht der Feststellung weiterer Umstände, um eine negative Prognose für den weiteren Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet zu begründen (VwGH 13.12.2001, 2001/21/0158; 13.12.2002, 2000/21/0029).
Aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel auch die Annahme einer Gefährdung im Sinn des Paragraph 53, Absatz 2, FPG gerechtfertigt ist vergleiche etwa VwGH 25.09.2020, Ra 2020/19/0132).
Im gegenständlichen Fall ging die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung u.a. von der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers aus, die vorliegt, da der Beschwerdeführer trotz seines bereits langen Aufenthalts in Österreich auf die Grundversorgung angewiesen ist. Der Umstand, dass einem Fremden Grundversorgung gewährt wird, bestätigt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zudem „geradezu die Beurteilung, dass der auf die Mittellosigkeit abstellende Tatbestand des (nunmehr) Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer 6, FPG 2005 erfüllt ist“ (VwGH 07.10.2020, Ra 2020/14/0348; 21.06.2012, 2011/23/0305).
Der Beschwerdeführer hat zudem bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass er in Österreich Entscheidungen österreichischer Behörden und Gerichte nicht zu befolgen beabsichtigt. Trotz Rückkehrentscheidung laut Bescheid des BFA vom 15.01.2016, bestätigt mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.05.2018, L506 2120729-1, sowie des Verfassungsgerichtshofs, 09.10.2018, E3775/2018, und des Verwaltungsgerichtshofs vom 21.12.2018, Ra 2018/01/0324, ist der Beschwerdeführer der ihm obliegenden Rückkehrverpflichtung nicht nachgekommen, sondern stellte er am 04.07.2019 vielmehr einen neuerlichen (unberechtigten) Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
Gegen den Beschwerdeführer liegt eine Anzeige der Landespolizeidirektion mit der Begründung vor, dass am 02.03.2019 festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer an seinem Hauptwohnsitz seit mindestens sechs Monaten nicht mehr wohnhaft, jedoch laut ZMR weiterhin dort gemeldet sei (AS 113). Aus der Krankengeschichte des Beschwerdeführers, übermittelt von der dänischen Flüchtlingshilfe, geht hervor, dass der Beschwerdeführer angab, nach seiner Ablehnung „untergetaucht“ zu sein (AS 183).
Nach Ansicht des erkennenden Gerichts besteht ein großes öffentliches Interesse in Ansehung der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit an der Befolgung fremdenrechtlicher Vorschriften. Dieses Interesse verlangt grundsätzlich, dass Fremde nach Ablehnung ihrer Asylanträge den rechtmäßigen Zustand durch Ausreise aus dem Bundesgebiet wiederherstellen (VwGH 19.12.2012, 2012/22/0221). Umgehungen (Missachtung) der Vorschriften des FPG und der aus diesen Bundesgesetz ableitenden Bescheide sind nicht als mindere oder geringfügige Fehlverhalten einzustufen.
Der Beschwerdeführer ist sowohl illegal nach Österreich eingereist als auch illegal entgegen seiner Verpflichtung nicht ausgereist. Der Behörde ist zu folgen, wonach unter Verweis auf die Judikatur der beiden Höchstgerichte des öffentlichen Rechts ein Interesse daran besteht, dass eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund Ihrer letztlich ungerechtfertigten Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll. Auch durch die Verschleierung seiner Identität (Namen, Geburtsorte, Geburtsdaten, Staatsangehörigkeit) trug der Beschwerdeführer wesentlich dazu bei, ein geordnetes Fremden- und Asylwesen zu untergraben. Der Beschwerdeführer brachte durch seinen fortgesetzten Aufenthalt zum Ausdruck, dass er bereit ist, österreichische Gerichts- und Behördenentscheidungen zu missachten und hat seine Abschiebung nach rechtskräftiger Beendigung seines Asylverfahrens durch seine neuerliche Asylantragstellung verhindert. Die von der Behörde getroffene negative Zukunftsprognose erscheint daher begründet.
Wie bereits ausgeführt, ist auch die unbestrittene Mittellosigkeit des Beschwerdeführers, der von der Grundversorgung lebt, Grund zu der Annahme, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet, weshalb aus den genannten Gründen keine positive Zukunftsprognose zu erstellen ist.
Humanitäre Gründe, die gegen eine Rückführung sprechen, liegen nicht vor. Die Behandelbarkeit des Beschwerdeführers in Iran ist gegeben. Eine Interessensabwägung im Sinne des Artikel 8, EMRK wurde bereits im gegenständlichen Erkenntnis durchgeführt und dargelegt, welchen öffentlichen Interessen im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet entgegensteht. Wie oben ausgeführt, verfügt der Beschwerdeführer in Österreich über kein Familienleben und nur ein schwach ausgeprägtes Privatleben.
Auch nach Abwägung der privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet nach Artikel 8, EMRK ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer rechtmäßig und das gemäß Paragraph 53, FPG verhängte befristete Einreiseverbot für die Dauer von zwei Jahren rechtskonform verhängt worden. Die von der Behörde vorgenommene Gesamtbeurteilung der rechtswidrigen Verhaltensweisen des Beschwerdeführers, seiner fehlenden Mittel und seiner nur geringen Anknüpfungspunkte in Österreich lassen die Rückkehrentscheidung der belangten Behörde sowohl im Hinblick auf deren Bestehen als auch im Hinblick auf die Dauer als gerechtfertigt erscheinen.
Auch andere konkrete berücksichtigungswürdige Gründe, die gegen die Erlassung des Einreiseverbots oder für eine Herabsetzung der Dauer sprechen würden, sind nicht ersichtlich.
Die Beschwerde war daher zur Gänze als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung vergleiche die unter Punkt 3. angeführte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Das zuletzt vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31.08.2021 monierte Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung wurde saniert. Die Versorgungsmöglichkeit einer Depression ist für einen arbeitsfähigen Kurden auch ohne familiäre Anknüpfungspunkte in Iran gegeben.
Im Übrigen war eine auf die Umstände des Einzelfalls bezogene Prüfung vorzunehmen und waren Fragen der Beweiswürdigung entscheidend.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
ECLI:AT:BVWG:2022:W122.2120729.3.00