Bundesverwaltungsgericht
15.06.2022
L512 2204978-1
L512 2204978-1/27Z
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Marlene JUNGWIRT als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. der islamischen Republik Iran, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Helmut BLUM, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten, vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am römisch 40 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte römisch eins. bis römisch VI. wird gemäß den Paragraph 3, Absatz eins,, Paragraph 8, Absatz eins,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3,, Paragraph 57, AsylG 2005 idgF in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG, Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2 und Absatz 9,, Paragraph 46 und Paragraph 55, FPG 2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom römisch 40 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz 1 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen.“
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Verfahrensgang:
römisch eins.1. Die Beschwerdeführerin (in weiterer Folge als BF bezeichnet), eine Staatsangehörige der islamischen Republik Iran, reiste legal mit ihren Eltern und ihren drei minderjährigen Geschwistern mittels Flugzeug aus dem Iran aus und über die römisch 40 und weitere nicht feststellbare Staaten illegal nach Österreich ein, wo sie gemeinsam mit ihren Eltern und (minderjährigen) Geschwistern am römisch 40 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes brachte die BF am 12.09.2017 zusammengefasst Folgendes vor:
Die BF sei ledig, gehöre dem islamischen/sunnitischen Glauben und der Volksgruppe der Kurden an. Sie habe 11 Jahre die Grundschule in römisch 40 besucht.
Sie habe den Iran vor circa einem Monat legal mit dem Flugzeug verlassen. Sie selbst habe den Ausreiseentschluss nicht gefasst, sondern hätten dies ihre Eltern, insbesondere ihr Vater, entschieden. Ihr Reisepass sei ihr vom Schlepper abgenommen worden.
Zum Fluchtgrund befragt, gab die BF an, dass sie den Iran verlassen hätten, weil ihr Vater dort nicht mehr leben können habe. Bei einer Rückkehr würde ihr Vater bestimmt getötet werden. Er habe Probleme gehabt, deshalb sei auch die BF mit ihrer Familie mitgereist. Abgesehen davon, werde die BF in der Schule nicht respektiert. Dies seien alle Gründe für die Asylantragstellung.
Im Falle einer Rückkehr drohe der BF nichts, jedoch werde sie in der Schule belästigt, weil sie Kurdin sei. Sie wolle auch nicht ohne ihre Familie zurückkehren.
Hinweise auf eine unmenschliche Behandlung oder Strafe, die Todesstrafe oder irgendwelche Sanktionen im Falle einer Rückkehr gebe es keine [Aktenseite (AS) 9 ff.]
Am 11.04.2018 wurde die BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (kurz: BFA) einvernommen (AS 77 ff.).
Dort gab sie an, gesund zu sein und im bisherigen Verfahren die Wahrheit gesagt zu haben. Es sei jedoch zu einem Fehler im Protokoll gekommen und fälschlich festgehalten worden, dass die BF sunnitische Muslima sei, obwohl sie angegeben habe Christin zu sein. Auch bei ihrem Vater sei es zu diesem Fehler gekommen.
Zu ihren Ausreisegründen befragt, brachte die BF im Wesentlichen Folgendes vor:
Sie seien bedroht worden, da ihr Vater in eine Hauskirche gegangen sei. Die iranische Polizei habe davon erfahren, sei zu ihnen nach Hause gekommen und habe sie bedroht. Es sei nur die Mutter der BF mit ihrem kleinen Bruder zuhause gewesen. Die Polizei habe nach dem Vater der BF gefragt und die Mutter der BF belästigt und bedroht. Die Polizei habe auch das Haus durcheinandergebracht und durchsucht. Daraufhin sei die BF von ihrer Mutter angerufen und aufgefordert worden, nachhause zu kommen. Die Mutter der BF habe geweint und Angst gehabt. Als die BF nachhause gekommen sei, sei das Haus in einem sehr schlechten Zustand gewesen und der Bruder der BF habe geweint. Die Konversion ihres Vaters sei laut Polizei eine Straftat; man werde in ein Gefängnis gesteckt und zum Tode verurteilt. Deshalb seien sie geflohen. (AS 111).
Im Falle der Rückkehr würde die BF und ihre Familie umgebracht werden, da sie ihre Religion gewechselt hätten und dies eine Straftat sei. (AS 113)
Im Übrigen wurden der BF Fragen zum Islam und zum Christentum sowie zu ihrem Leben in Österreich gestellt.
Nach Rückübersetzung gab die BF bekannt, dass bei der Erstbefragung die Religionszugehörigkeit völlig falsch festgehalten worden sei, da die BF nicht den Sunniten, sondern den Schiiten angehört habe. Sie habe das nicht so angegeben. Außerdem sei ihr richtiger Name römisch 40 und möchte sie auf Seite 19 der Niederschrift korrigieren, dass sie ihren Vater drei bis vier Tage später am Flughafen getroffen habe. (AS 115)
römisch eins.2. Der Antrag der BF auf internationalen Schutz wurde folglich mit im Spruch genannten Bescheid der belangten Behörde gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen und der Status einer Asylberechtigten nicht zuerkannt. Gem. Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG wurde der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran nicht zugesprochen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass eine Abschiebung in den Iran gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.
römisch eins.2.1. Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde aus, dass die Gründe für die Asylantragstellung der BF, nämlich eine Verfolgung aufgrund ihrer Konversion zum Christentum, nicht glaubhaft seien. Es sei aufgrund der lediglich rudimentären Kenntnisse der BF vom Islam vielmehr davon auszugehen, dass diese vormals nicht Muslima gewesen sei und folglich weder vom Islam abgefallen, noch vom Islam zu einer anderen Religion konvertiert sei. Die BF sei weder in der Lage gewesen substantiiert zu begründen, weshalb sie sich vom Islam abgewandt habe, noch allgemeine bzw. elementare Fragen zum Islam ansatzweise befriedigend zu beantworten. Aufgrund des fundierten Wissens der BF zum Christentum sei davon auszugehen, dass die BF tatsächlich gebürtige Christin sei. Dies ergebe sich auch aus den Einvernahmen der Familienangehörigen der BF.
Die von der BF im Rahmen der Erstbefragung behauptete Belästigung aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit (Kurdin), habe sie im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme nicht mehr erwähnt und weise diese allgemeine Diskriminierung überdies auch keine hinreichende Intensität aus, um asylrelevant zu sein.
römisch eins.2.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran traf die belangte Behörde ausführliche, aktuelle Feststellungen mit nachvollziehbaren Quellenangaben.
römisch eins.2.3. Rechtlich führte die belangte Behörde aus, dass weder ein unter Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der GKF noch unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu subsumierender Sachverhalt hervorkam. Es hätten sich weiters keine Hinweise auf einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG ergeben und stelle die Rückkehrentscheidung auch keinen ungerechtfertigten Eingriff in Artikel 8, EMRK dar. Zudem sei die Abschiebung zulässig, da kein Sachverhalt im Sinne des Paragraph 50, Absatz eins,, 2 und 3 FPG vorliege. Eine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe in Höhe von zwei Wochen, da keine Gründe im Sinne des Paragraph 55, FPG vorliegen würden.
römisch eins.3. Gegen diesen Bescheid wurde mit im Akt ersichtlichen Schriftsatz vollumfänglich wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben (AS 265 ff.).
römisch eins.4. Für den römisch 40 lud das erkennende Gericht die Verfahrensparteien zu einer mündlichen Verhandlung.
römisch eins.5. Im Rahmen der mündlichen Verhandlungen wurde der BF die Möglichkeit eingeräumt, zur Integration, dem Fluchtvorbringen und der Rückkehrsituation bezüglich ihrer Person Stellung zu nehmen. Zu den der BF übermittelten Länderfeststellungen wurde vom Rechtsvertreter der BF Stellung genommen.
römisch eins.6. Am 02.05.2022 langte ein Abschluss-Bericht der römisch 40 vom 12.04.2022 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Demnach seien die BF, die Mutter und der Vater der BF verdächtig und beschuldigt, die Unterschrift eines früheren Vermieters auf einem Kündigungsschreiben gefälscht zu haben, um so einen Rechtsanspruch auf Erstattung einer Kaution in der Höhe von EUR 1.860,00 zu erwirken.
römisch eins.7. Hinsichtlich des Verfahrensherganges im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
römisch II.1.1. Die Beschwerdeführerin
Die Identität der BF steht nicht fest.
Bei der BF handelt es sich um eine iranische Staatsbürgerin und Angehörige der Volksgruppe der Kurden, welche die Sprachen Farsi, Kurdisch, etwas Englisch und Deutsch spricht. Die BF ist in römisch 40 geboren und aufgewachsen. Sie besuchte im Iran insgesamt 12 Jahre die Schule, welche sie mit Matura abschloss. Von der Schule aus machte die BF ein paar Wochen ein Praktikum in einem Kindergarten (VHS, S 6 u. 7).
Die BF ist ledig und hat keine Kinder.
Sie verfügt über Familienangehörige im Iran (Halbbruder, Großmutter, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen) und ist mit dem Großteil von diesen über WhatsApp oder Instagram in Kontakt.
Die BF ist gesund und arbeitsfähig.
Die BF reiste gemeinsam mit ihren Eltern und ihren drei Geschwistern legal mit dem Flugzeug aus dem Iran aus und über die römisch 40 und nicht feststellbare weitere Staaten unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am römisch 40 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Seither hält sich die BF ununterbrochen in Österreich auf.
Außer den genannten Familienangehörigen leben keine Verwandten der BF in Österreich.
Die Anträge der Eltern und Geschwister der BF auf internationalen Schutz wurden mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes mit heutigen Tag gemäß Paragraph 3, Absatz eins,, Paragraph 8, Absatz eins,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3,, Paragraph 57, AsylG 2005 idgF in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG, Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2 und Absatz 9,, Paragraph 46 und Paragraph 55, FPG 2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom römisch 40 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz 1 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen.“
Die BF wohnt mit ihren Eltern und Geschwistern gemeinsam in einer Wohnung und unterstützt ihre Familie in vielerlei Hinsicht (finanziell, bei Sprachproblemen etc.) Ein Abhängigkeitsverhältnis zu den genannten Familienangehörigen besteht jedoch nicht.
Die BF verfügt über einen Freundes-/Unterstützerkreis in Österreich. Sie hat auch einen Freund, welcher ebenfalls iranischer Staatsbürger ist und seit längerer Zeit in Österreich, aktuell in römisch 40 , lebt. Die BF wohnt mit diesem jedoch nicht zusammen.
Die BF bezog vom 12.09.2017 bis zum 18.06.2021 verschiedene Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber.
Vom 07.06.2021 bis 29.08.2021 hat die BF ein Praktikum beim römisch 40 gemacht und war dort im Ausmaß von 23 Stunden pro Woche im Service tätig. (OZ 17) Die BF arbeitet weiterhin aushilfsweise römisch 40 , wobei sie monatlich 110 Euro brutto verdient.
Seit 17.09.2021 bezieht die BF erneut Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung.
Die BF hat im Schuljahr 2018/2019 die Einjährige Fachschule für Wirtschaftliche Berufe in römisch 40 besucht. Seit dem Schuljahr 2019/2020 besucht die BF die Dreijährige Fachschule für Wirtschaftliche Berufe in römisch 40 und befindet sich derzeit im dritten und somit letzten Jahr. Nach der Schule möchte die BF ein Gewerbe anmelden und als römisch 40 arbeiten.
Die BF ist seit 21.06.2021 ehrenamtliche Mitarbeiterin im römisch 40 . Sie übt diese Tätigkeit unregelmäßig (1x pro Woche oder 14-tägig) bzw. wenn sie Zeit hat aus. Die BF besucht dort die Menschen und spricht mit ihnen, sodass diese sich nicht alleine fühlen. Auch im Rahmen der Nachbarschaftshilfe ist die BF unentgeltlich tätig.
Am 26.04.2018 hat die BF am Werte-und Orientierungskurs des ÖIF teilgenommen und am 13.06.2019 die Integrationsprüfung es ÖIF bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf Niveau B1 und zu Werte-und Orientierungswissen bestanden. Die BF spricht und versteht die deutsche Sprache gut. Sie hat das Unterrichtsfach Deutsch im Schuljahr 2020/2021 mit „Genügend“ abgeschlossen.
Vom 19.06.2019 bis zum 26.06.2019 hat die BF am Grundkurs für Erste Hilfe des Österreichischen Jugendrotkreuzes teilgenommen. Im Oktober 2019 hat die BF im Ausmaß von 16 Stunden einen Babysitter-Kurs (Babyfit-Kurs) des Österreichischen Jugendrotkreuzes besucht.
Die BF hat in der römisch 40 einen Glaubenskurs/ Taufvorbereitungskurs in iranischer Sprache besucht, wurde am römisch 40 getauft und ein paar Wochen später gefirmt.
Die BF und ihre Familie nehmen am Pfarrleben der römisch 40 teil und helfen bei Veranstaltungen mitgeholfen.
Die BF ist am römisch 40 aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten.
Die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
römisch II.1.2. Die Lage im Herkunftsstaat Iran:
Individuell
Zur Ausreise aus Iran benötigt ein iranischer Staatsangehöriger einen gültigen Reisepass und einen Nachweis über die Bezahlung der Ausreisegebühr (derzeit 750.000 IRR, ca. 19 Euro). Am internationalen Flughafen Imam-e Khomeini werden zunehmend strenge Kontrollen durchgeführt. Die illegale Ausreise erfolgt zumeist auf dem Landweg unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Türkei. Aufgrund der Visafreiheit mit Serbien seit September 2017 wird eine steigende Zahl von Iranern gemeldet, die illegal über den Flughafen Belgrad in die EU einzureisen versuchen; auch Nepal scheint dank Visa-on-Arrival ein möglicher Fluchtweg mit gefälschten Pässen zu sein (AA 2.3.2018).
römisch II.1.3. Behauptete Ausreisegründe aus dem Herkunftsstaat
Die Beschwerdeführerin war im Iran keiner Verfolgung aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder anderen Gründen ausgesetzt und wird auch bei ihrer Rückkehr keine solche zu gewärtigen haben.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die BF in Österreich tatsächlich überzeugte Christin geworden ist und im Iran aufgrund ihrer religiösen Gesinnung seitens staatlicher Organe oder Privatpersonen Verfolgungshandlungen ausgesetzt sein wird.
2. Beweiswürdigung:
römisch II.2.1. Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie Beschwerdeverhandlungen durchgeführt.
Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlungen ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
römisch II.2.2. Die Feststellungen zur Person der BF (Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, familiäre und private Verhältnisse der BF) ergeben sich – vorbehaltlich der Feststellungen zur Identität – aus in diesem Punkt nicht widerlegten Angaben der BF sowie aus ihren Sprach- und Ortskenntnissen.
Mangels Vorlage unbedenklicher nationaler Identitätsdokumente im Original konnte die Identität der BF nicht festgestellt werden. Die BF hat zwar eine Kopie ihrer Geburtsurkunde, welche sie per Mail erhalten hat, dem BFA vorgelegt. Anhand einer Kopie eines Identitätsausweises kann jedoch die Identität einer Person nicht festgestellt werden, da eine Echtheitsüberprüfung einer Kopie nicht möglich ist.
Dass die BF gesund ist, ergibt sich aus den glaubwürdigen Angaben der BF. Von einer Arbeitsfähigkeit der BF ist aufgrund ihrer Angaben im Asylverfahren, wonach sie nach der Schule als römisch 40 arbeiten möchte, sowie aufgrund ihrer Praktikums- und ehrenamtlichen Tätigkeit in Österreich bzw. im Iran auszugehen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass die BF im Falle einer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat nicht in der Lage sein wird, einer Arbeit nachzugehen und somit auch ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, auch wenn sie anfänglich Gelegenheitsjobs annehmen müsse.
Die legale Ausreise aus dem Iran, die illegale Einreise nach Österreich, der Zeitpunkt der Asylantragstellung sowie die Aufenthaltsdauer der BF in Österreich ergeben sich aus den Unterlagen zur Asylantragstellung, Anfragen aus dem Zentralen Melderegister und den unwiderlegten Angaben der BF.
Dass die Eltern und Geschwister der BF ebenso um Asyl angesucht haben und die Beschwerden vom BVwG abgewiesen wurden, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in deren Gerichtsasylakten zu römisch 40 .
Dass die BF mit ihren Eltern und drei Geschwistern in einem gemeinsamen Haushalt lebt, konnte anhand der Angaben der BF und einer Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister festgestellt werden. Dass die BF ihre Familienangehörigen in vielerlei Hinsicht (zB Sprachproblemen) unterstützt, ergibt sich aus den in diesen Punkten glaubwürdigen Angaben der BF. Aus diesen Hilfstätigkeiten bzw. einer geringfügigen finanziellen Unterstützung kann jedoch kein Abhängigkeitsverhältnis abgeleitet werden und wurde auch von der BF nicht behauptet.
Dass die BF ansonsten über keine Familienangehörigen in Österreich verfügt, leitet sich aus dem unwiderlegten Sachvortrag der BF ab.
Dass die BF in Österreich einen Freundes-bzw. Unterstützerkreis sowie einen Lebensgefährten hat, mit welchem sie nicht in einem gemeinsamen Haushalt wohnt, ergibt sich aus den in diesem Punkt glaubwürdigen Angaben der BF sowie den vorgelegten Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben.
Der Bezug von Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber in den genannten Zeiträumen ergibt sich aus einer Einsichtnahme in das Betreuungsinformationssystem des Bundes.
Dass die BF im Sommer 2021 ein Praktikum bei einem römisch 40 gemacht hat und dort nach wie vor geringfügig als römisch 40 beschäftigt ist, konnte anhand der unwiderlegten Angaben der BF sowie der vorgelegten Praktikumsbestätigung, dem Praktikantinnen Arbeitsvertrag (OZ 17) und einem hg. angefertigten Sozialversicherungsauszug festgestellt werden.
Dass die BF die Einjährige Fachschule für Wirtschaftliche Berufe in römisch 40 abgeschlossen hat, seit dem Schuljahr römisch 40 die Dreijährige Fachschule für Wirtschaftliche Berufe in römisch 40 besucht, sich aktuell im letzten Jahr befindet, ist den glaubwürdigen Angaben der BF sowie den von der BF vorgelegten Schulbesuchsbestätigungen und Zeugnissen zu entnehmen (zB: OZ 9,11,12,17,24). Der Wunsch nach der Schule als römisch 40 tätig zu sein wurde von der BF im Rahmen der Beschwerdeverhandlung glaubhaft geäußert.
Die Feststellungen zur ehrenamtlichen Tätigkeit der BF im römisch 40 sowie im Rahmen der Nachbarschaftshilfe konnten anhand der vorgelegten Bestätigung, dem Schreiben von römisch 40 vom 15.09.2021 und den unwiderlegten Angaben der BF getroffen werden (OZ 24).
Die Teilnahme am Werte-und Orientierungskurs beruht auf der Teilnahmebestätigung des ÖIF vom 26.04.2018 (OZ 1). Das Zeugnis zur Integrationsprüfung vom 13.06.2019 wurde von der BF vorgelegt (OZ 8).
Dass die BF das Unterrichtsfach Deutsch im Schuljahr 2020/2021 mit „Genügend“ abgeschlossen hat, ergibt sich aus dem vorgelegten Jahreszeugnis. (OZ 17) Die erkennende Richterin konnte sich ferner im Rahmen der Beschwerdeverhandlung selbst ein Bild von den guten Deutschkenntnissen der BF verschaffen.
Die Teilnahme an einem Erste Hilfe Grundkurs sowie an einem Babysitter-Kurs ergibt sich aus den vorgelegten Bestätigungen des Österreichischen Jugendrotkreuzes (OZ 8, OZ 10).
Dass die BF ist in Österreich strafrechtlich unbescholten ist, geht aus dem österreichischen Strafregister hervor.
Der Kontakt zur römisch 40 sowie die Taufe und Firmung, die Teilnahme am Pfarrleben und der Besuch von Glaubenskursen und Gottesdiensten gehen unter anderem aus den Schreiben des (ehemaligen) Pfarrers des römisch 40 , Mag. römisch 40 , vom 29.08.2018, vom 13.03.2018 (OZ 1) vom 03.09.2019 (OZ 9) und einem undatierten Schreiben (OZ 17), der Bestätigung des Kursleiters, römisch 40 , vom 27.08.2018 (OZ 1), dem vorgelegten Taufschein (OZ 7), dem Schreiben von Frau römisch 40 vom 16.06.2021 (OZ 17) und den Angaben der BF hervor.
Dass die BF aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten ist, ergibt sich aus der vorgelegten Bescheinigung über den Austritt aus der islamischen Glaubensgemeinschaft der Bezirkshauptmannschaft römisch 40 (OZ 17).
römisch II.2.3 Zu der getroffenen Auswahl der Quellen, welche zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat herangezogen wurden, ist anzuführen, dass es sich hierbei aus der Sicht des erkennenden Gerichts um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen - sowohl staatlichen, als auch nichtstaatlichen Ursprunges - handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten – von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen – diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges. Der Organisationszweck dieser Erkenntnisquellen liegt gerade darin, vermeintliche Defizite in der Lage der Menschenrechtslage aufzudecken und falls laut dem Dafürhalten - immer vor dem Hintergrund der hier vorzunehmenden inneren Quellenanalyse - der Organisation ein solches Defizit vorliegt, dies unter der Heranziehung einer dem Organisationszweck entsprechenden Wortwahl ohne diplomatische Rücksichtnahme, sowie uU mit darin befindlichen Schlussfolgerungen und Wertungen – allenfalls unter teilweiser Außerachtlassung einer systematisch-analytischen wissenschaftlich fundierten Auswertung der Vorfälle, aus welchen gewisse Schlussfolgerungen und Wertungen abgeleitet werden - aufzuzeigen vergleiche Erk. des AsylGH vom 1.8.2012, Gz. E10 414843-1/2010).
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich daher im Rahmen einer ausgewogenen Gesamtschau unter Berücksichtigung der Aktualität und der Autoren der einzelnen Quellen. Auch kommt den Quellen im Rahmen einer Gesamtschau Aktualität zu (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle im Asylverfahren vergleiche etwa Erk. d. VwGH v. 4.4.2001, Gz. 2000/01/0348).
Die BF trat den Quellen und deren Kernaussagen auch nicht konkret und substantiiert entgegen.
Anzumerken ist in diesem Kontext zweifelslos, dass aus der Berichtslage ableitbar ist, dass es im Iran nur eine in eingeschränktem Maße bestehende Religions- und Glaubensfreiheit gibt. So ist bspw. Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) im Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Stark eingeschränkt sind das Recht, eine Religion zu wählen oder zu wechseln, sowie das Recht, für einen Glauben oder eine Religion frei zu werben. In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind. Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein.
Zu den größten menschenrechtlichen Problemen gehören Hinrichtungen für Verbrechen, die nicht dem internationalen Rechtsstandard der "schwersten Verbrechen" entsprechen, unrechtmäßige Eingriffe in die Privatsphäre, Beschränkungen der freien Meinungsäußerung, der Presse und des Internets, einschließlich Gewalt, Androhung von Gewalt sowie ungerechtfertigter Festnahmen und Strafverfolgung gegen Journalisten, Zensur, Blockieren von Webseiten und Kriminalisierung von Verleumdungen; erhebliche Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit). Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze infrage stellt.
Zwar ist die Menschenrechtslage im Iran äußerst prekär, anhand der Auskunftslage kann nicht festgestellt werden, dass auch für jeden Bürger im Iran dadurch eine Gefährdungssituation im Sinne des Artikel 3, EMRK vorliegt, vielmehr muss eine aktuelle Gefahr eigener und persönlicher Betroffenheit bestehen.
Vollständigkeitshalber wird noch darauf hingewiesen, dass die dem BF zur Kenntnis gebrachten länderspezifischen Feststellungen zum Herkunftsstaat Iran zwar nicht den Anspruch absoluter Vollständigkeit erheben (können), jedoch als so umfassend und aktuell qualifiziert werden, dass der Sachverhalt bezüglich der individuellen Situation der BF in Verbindung mit der Beleuchtung der allgemeinen Situation im Herkunftsstaat als geklärt angesehen werden kann. Es ist - bei einem Land wie dem Iran mit einer sehr hohen Berichtsdichte, in dem praktisch ständig neue Erkenntnisquellen entstehen - de facto unmöglich, sämtliches existierendes Berichtsmaterial zu berücksichtigen, weshalb die belangte Behörde bzw. das erkennende Gericht ihrer Obliegenheit zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Iran nachkommt, wenn sie bzw. es sich zur Entscheidungsfindung eines repräsentativen Querschnitts des bestehenden Quellenmaterials bedient.
römisch II.2.4. Die BF hat den Iran verlassen, da ihr Vater eine Hauskirche besuchte und die Polizei davon erfahren hat. Sofern sich die BF bei Schilderung ihrer Ausreisegründe auf das Vorbringen ihres Vaters bezieht, ist anzuführen, dass dieses Vorbringen vom BFA als auch vom BVwG als unglaubwürdig qualifiziert wurde.
Ebenso wird die von der BF behauptete Konversion zum Christentum in Österreich als nicht der Wahrheit entsprechend angesehen.
Das erkennende Gericht hat anhand der Darstellung der persönlichen Bedrohungssituation eines Beschwerdeführers und den dabei allenfalls auftretenden Ungereimtheiten – z.B. gehäufte und eklatante Widersprüche (z.B. VwGH 25.1.2001, 2000/20/0544) oder fehlendes Allgemein- und Detailwissen (z.B. VwGH 22.2.2001, 2000/20/0461) - zu beurteilen, ob Schilderungen eines Asylwerbers mit der Tatsachenwelt im Einklang stehen oder nicht. Auch wurde vom Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es der Verwaltungsbehörde [nunmehr dem erkennenden Gericht] nicht verwehrt ist, auch die Plausibilität eines Vorbringens als ein Kriterium der Glaubwürdigkeit im Rahmen der ihr zustehenden freien Beweiswürdigung anzuwenden. (VwGH v. 29.6.2000, 2000/01/0093).
Weiters ist eine abweisende Entscheidung im Verfahren nach Paragraph 3, AsylG bereits dann möglich, wenn es als wahrscheinlich angesehen wird, dass eine Verfolgungsgefahr nicht vorliegt, das heißt, mehr Gründe für als gegen diese Annahme sprechen vergleiche zum Bericht der Glaubhaftmachung: Ackermann, Hausmann, Handbuch des Asylrechts [1991] 137 f; s.a. VwGH 11.11.1987, 87/01/0191; Rohrböck AsylG 1997, Rz 314, 524).
Von einem Antragsteller ist ein Verfolgungsschicksal glaubhaft darzulegen. Einem Asylwerber obliegt es, bei den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen und Verhältnissen, von sich aus eine Schilderung zu geben, die geeignet ist, seinen Asylanspruch lückenlos zu tragen und er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern. Die Behörde muss somit die Überzeugung von der Wahrheit des von einem Asylwerber behaupteten individuellen Schicksals erlangen, aus dem er seine Furcht vor asylrelevanter Verfolgung herleitet. Es kann zwar durchaus dem Asylwerber nicht die Pflicht auferlegt werden, dass dieser hinsichtlich asylbegründeter Vorgänge einen Sachvortrag zu Protokoll geben muss, der auf Grund unumstößlicher Gewissheit als der Wirklichkeit entsprechend gewertet werden muss, die Verantwortung eines Antragstellers muss jedoch darin bestehen, dass er bei tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit die Ereignisse schildert.
Die BF wurde im Rahmen des Asylverfahrens darauf hingewiesen, dass ihre Angaben eine wesentliche Grundlage für die Entscheidung im Asylverfahren darstellen. Die BF wurde zudem aufgefordert, durch wahre und vollständige Angaben an der Sachverhaltsfeststellung mitzuwirken und sie wurde darauf aufmerksam gemacht, dass unwahre Angaben nachteilige Folgen haben.
römisch II.2.4.1. Zu den Ausreisegründen der Beschwerdeführerin:
Zu Beginn ist festzuhalten, dass die BF schon im Rahmen der Erstbefragung vorbrachte, lediglich aufgrund von Problemen ihres Vaters mit ihrer Familie ausgereist zu sein. Ihr selbst drohe nichts und es gebe auch keine Hinweise, dass ihr bei der Rückkehr unmenschliche Behandlung/Strafe oder die Todesstrafe drohen würden oder sie mit sonstigen Sanktionen zu rechnen habe. (AS 17)
Auch vor dem BFA verneinte die BF ausdrücklich, persönlich verfolgt worden zu sein (AS 113: LA: Gab es irgendwelche Verfolgungshandlungen, die direkt gegen Sie gerichtet waren? VP: Nein, nicht, dass ich weiß.) und schloss persönliche Probleme mit iranischen Behörden dezidiert aus vergleiche AS 109).
Auch aus den Aussagen der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht können keine direkt gegen die BF gesetzten Bedrohungs- oder Verfolgungshandlungen abgeleitet werden, sondern sprach die BF lediglich von zukünftigen Problemen bei der Rückkehr in den Iran aufgrund ihrer Konversion zum Christentum in Österreich. Auf die von der BF behaupteten Konversion, wird unter römisch II.2.4.2. näher eingegangen werden.
Sofern die BF im Rahmen der Erstbefragung (AS 17) sowie vor dem erkennenden Gericht behauptete, in der Schule nicht respektiert worden zu sein, da sie Kurdin sei, ist hervorzuheben, dass die BF in der Einvernahme vor dem BFA diesbezüglich keinerlei Angaben machte und sich auch vor dem erkennenden Gericht darauf beschränkte von mangelndem Respekt ihr gegenüber zu sprechen. Nähere Ausführungen, die auf eine tatsächliche (asylrelevante) Diskriminierung, Bedrohung oder gar Verfolgung hindeuten würden, machte die BF nicht und konnte daher auch nicht festgestellt werden. (Vgl. VHS, S 13: RI: Sie gaben an, dass Sie in der Schule nicht respektiert wurden. Beschrieben Sie genau was Sie darunter verstehen. P: Es gab zwei Gründe, erstens, weil ich Kurde bin, wurde ich nicht so respektiert wie die anderen Schüler in der Schule und durch die Schule und zweitens, weil ich eine Frau bin, weil ich eine junge erwachsene Frau bin, wurde ich von den Lehrern in der Schule und auch in der Gesellschaft auch nicht respektiert.)
Lt. Ausführungen der Länderdokumentation sind überdies keine Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten bekannt.
Dazu sei auch auf nachfolgende höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach die Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer Minderheit allein noch keinen Grund für die Gewährung von Asyl darstellt. Für die Anerkennung als Flüchtling kommt es immer nur auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers an, nicht aber bloß auf die politischen Verhältnisse in seinem Heimatland. (VwGH 29.10.1993, 92/01/1105; 07.11.1995, 94/20/0889).
Aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit allein hat die BF im Lichte obiger Ausführungen somit keine asylrelevanten Probleme zu befürchten.
Insofern die BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erstmals auch die allgemeine Situation von Frauen im Iran thematisiert vergleiche u.a.: VHS 9: RI: Hat sich etwas in Bezug auf Ihre Fluchtgründe seit der Entscheidung des BFA geändert? P: Wir haben weiterhin dasselbe Problem…Zusätzlich haben Frauen in meinem Heimatland keine Rechte in verschiedenen Sichtweisen, aufgrund des Kopftuches. Man ist nicht gleichberechtigt. Die Frauen sind nicht so frei in Iran, wie in Österreich. / VHS 13: P: Weil ich keine Freiheit hatte, weil ich als Frau keine Rechte hatte, ja, ich habe diesen Wunsch gehabt.) ist folgendes festzuhalten:
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht die Situation von Frauen im Iran, einem Land, deren Gesellschaft vor allem islamisch geprägt ist, und in dem sich die Ungleichbehandlung gegenüber Männern als unbefriedigend darstellen mag, jedoch kann dies nicht zu einer anderen Beurteilung des Sachverhaltes bzw. einer Asylgewährung für die Beschwerdeführerin führen. Die allgemein geltend gemachten Benachteiligungen und in den Länderfeststellungen umschriebenen Diskriminierungen, welche sie als Frau zu erdulden hat, sind nämlich von ihrer Intensität her nicht asylrelevant. Vielmehr handelt es sich dabei in Anbetracht aller Umstände um relativ geringfügige Einschränkungen im Alltag, von welchen alle Frauen in Iran in vergleichbarer Lage ebenso betroffen sind.
Dazu ist auch auf die seitens des UNHCR vertretene Auffassung zu verweisen, wonach bloße Diskriminierung in der Regel noch nicht Verfolgung bedeutet (UNHCR, Auslegung Artikel eins,, Absatz 16,).
Besonders schwerwiegende Formen der Diskriminierung sind allerdings zweifellos als Verfolgung anzusehen, ebenso wie stetige und anhaltende Diskriminierungen durch ihre Kumulierung auf Verfolgung hinauslaufen können (UNHCR, Handbuch, Absatz 51 -, 54,);
Beispielhaft sei an dieser Stelle das Erkenntnis VwGH 16.04.2002, 99/20/0483 genannt, in dem bezüglich afghanischer Frauen die Summe zahlreicher Diskriminierungen den Schluss auf eine Vorliegende asylrelevante Verfolgung zuließ. („Betrachtet man die Eingriffe der Taliban in die Lebensbedingungen der afghanischen Frauen in ihrer Gesamtheit, so kann kein Zweifel bestehen, dass hier einer der Fälle vorliegt, in denen eine Summe von Vorschriften gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe in Verbindung mit der Art ihrer Durchsetzung von insgesamt so extremer Natur ist, dass die Diskriminierung das Ausmaß einer Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention erreicht. In dieser Hinsicht ist abgesehen von anderen bizarren Aspekten des von den Taliban errichteten - und in der Praxis als Grundlage für willkürliche Gewaltanwendung benützten - Regelwerks vor allem auf die systematische Behinderung der medizinischen Versorgung hinzuweisen, die zumindest im Umkreis der zuvor auch der weiblichen Bevölkerung zugänglichen Einrichtungen eine unmittelbare Bedrohung des Lebens bedeutete. Schon das Fehlen der auch nur den Mindestanforderungen der Menschlichkeit entsprechenden Ausnahmen von den verordneten Regeln in Bezug auf den jederzeit möglichen Bedarf nach einer ärztlichen Behandlung kennzeichnet den Verfolgungscharakter dieser Form von Repression. Der zusätzlichen Betroffenheit etwa infolge fehlender Mittel zum Unterhalt oder durch das Fehlen männlicher Angehöriger, um sich "ausführen" lassen zu können oder Lebensmittel ins Haus zu bringen, bedarf es dazu nicht mehr. Erreichen die diskriminierenden Regeln selbst die asylrechtlich erforderliche Verfolgungsintensität, so kommt es auch auf zusätzliche Unverhältnismäßigkeiten im Falle des Zuwiderhandelns und mithin darauf, ob vom konkret betroffenen Asylwerber ein Zuwiderhandeln zu erwarten wäre, nicht an (ausführliche Judikatur- und Literaturhinweise im Erkenntnis“).
Ein vergleichbarer Fall, auf den die obzitierte höchstgerichtliche Judikatur umgelegt werden kann, liegt hier jedoch nicht vor und bleibt es die BF schuldig, nachvollziehbar bzw. glaubwürdig zu erklären, welchen zahlreichen Diskriminierungen sie selbst ausgesetzt sein soll.
Ferner verwies der VwGH in seinem Erkenntnis vom 02.08.2018, Ra 2018/19/0396-5, unter Verweis auf Artikel 9, Absatz eins, der Statusrichtlinie darauf, dass nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person als „Verfolgung“ im Sinn des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK anzusehen sei, sondern nur in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen und haben dies die Asylbehörde bzw. das BVwG im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung dazulegen.
Das Asylrecht soll zudem nicht jedem, der in seiner Heimat benachteiligt wird, die Möglichkeit eröffnen, seine Heimat zu verlassen oder dorthin nicht zurückkehren zu müssen, weil er in Österreich eine bessere Lebenssituation vorfindet. Vielmehr ist eine Rechtsgutbeeinträchtigung von asylerheblicher Intensität erforderlich. Bei Eingriffen, die nicht unmittelbar das Leben, die Gesundheit und die physische Bewegungsfreiheit betreffen, ist das erst der Fall, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben. vergleiche Erkenntnis d. VwGH vom 22.06.1994, Ziffer 93 /, 01 /, 0443 ;, VwGH vom 15.09.1994, Zl. 94/19/0389; VwGH 11.11.1987, 87/01/0136).
Im Lichte dieser Rechtsprechung stellen sich Diskriminierungen, welche die Frauen generell in islamischen Ländern betreffen, nicht als asylerheblich dar. So ist mit den hieraus folgenden Einschränkungen des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit noch nicht ein menschenunwürdiges Dasein verbunden, das eine Frau in eine den Schutz des Asylrechts nach sich ziehende ausweglose Lage bringt.
Die Gestaltung einer Lebensweise, bei deren Fortführung die BF im Iran einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre, konnte nicht glaubhaft dargelegt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich das diesbezügliche Vorbringen der BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG auf unsubstantiierte und pauschale Äußerungen beschränkte, wonach Frauen keine Rechte im Iran hätten.
In diesem Konnex ist festzuhalten, dass es der BF bereits vor ihrer Ausreise möglich war, im Iran eine schulische Ausbildung mit Matura abzuschließen. Die BF hat sich auf den Besuch einer Universität und für die Führerscheinprüfung vorbereitet. Aus dem Vorbringen der BF ist nicht ersichtlich, dass sich diese von ihrer Lebensführung im Iran seit ihrem Aufenthalt in Österreich maßgeblich entfernt hätte. Die BF besucht in Österreich eine Fachschule für Wirtschaftliche Berufe, geht ehrenamtlichen Tätigkeiten nach und verbringt Ihre Freizeit mit Bekannte und Freunde. Insoweit findet sich keine Verhaltensweise, die einen Bruch mit den im Iran verbreiteten gesellschaftlichen Werten darstellen würde. Es konnte auch nicht der Eindruck gewonnen werden, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr nicht bereit wäre, sich den Moralanschauungen ihres Heimatstaates wieder anzupassen.
Soweit die BF auf die Fluchtgründe ihres Vaters Bezug nimmt, ist folgendes festzuhalten:
Das ausreiskausale Vorbringen der BF bezieht sich Großteils auf die Fluchtgründe ihres Vaters, welcher im Iran zum Christentum konvertiert sei, eine Hauskirche besucht habe und aufgrund deren Entdeckung polizeilich gesucht werde. Das Vorbringen des Vaters der BF wurde bereits vom BFA als auch vom BVwG als unglaubwürdig qualifiziert und kann auch den damit in Verbindung stehenden Angaben der BF, die sich als vage und teilweise widersprüchlich darstellten, kein Glaube geschenkt werden.
Die BF brachte vor dem BFA vor, dass die iranische Polizei von den Hauskirchenbesuchen ihres Vaters erfahren habe und daraufhin zur Familie der BF nachhause gekommen sei. Sie habe den Vater gesucht, die Mutter bedroht und das Haus durchsucht und verwüstet. Die BF sei zu diesem Zeitpunkt im römisch 40 gewesen, ihre Schwestern bei der Großmutter und der Vater beruflich unterwegs. Die BF sei von ihrer Mutter angerufen und aufgefordert worden nachhause zu kommen, wo sie ihre Mutter und ihren Bruder aufgebracht vorgefunden habe. Ihr Vater hätte ihnen telefonisch mitgeteilt, dass sie sich zur Großmutter begeben sollen, wo sie sich bis zur Ausreise aufgehalten hätten (AS 111).
Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die BF vor dem BFA zunächst angab, gleich am nächsten Tag ausgereist zu sein, nach Rückübersetzung jedoch korrigierte und davon sprach erst drei bis vier Tage später am Flughafen gewesen zu sein und ihren Vater getroffen zu haben (AS 113, 115). Dazu im Widerspruch steht ferner die Angabe der BF vor dem erkennenden Gericht, wonach der Vorfall Anmerkung, die polizeiliche Suche nach dem Vater, Hausdurchsuchung) circa eine Woche bis zehn Tage vor der Ausreise stattgefunden habe (VHS, S 6). Zwar werden von der BF keine genauen Datumsangaben erwartet, dass die BF jedoch nicht angeben kann, ob sie sich nach dem Vorfall bloß einen Tag, drei Tage oder gar zehn Tage bei ihrer Großmutter aufgehalten und ihren Vater nicht gesehen habe, kann nicht nachvollzogen werden. Die letzten Tage im Heimatsstaat, die die BF nicht zuhause verbringen konnte und insbesondere auch die Abwesenheit des Vaters, nach der polizeilichen Suche bei diesen zuhause, müsste der BF noch näher im Gedächtnis sein und zeitlich gleichbleibend angegeben werden können. Diese widersprüchlichen Angaben sprechen somit gegen die Glaubwürdigkeit des Vorbringens der BF und dafür, dass sie Geschehnisse schilderte, die sie nicht wirklich erlebt hat.
In diesem Kontext ist weiters auffällig, dass die BF bei ihren Schilderungen auch keinerlei Details, Emotionen oder Gedanken preisgab, sondern vielmehr bei einer Präsentation von Rahmenumständen verblieb. Auch wenn die BF selbst keinen direkten Verfolgungshandlungen ausgesetzt war und persönlich nicht bedroht wurde, wäre anzunehmen, dass die BF aufgrund der polizeilichen Suche nach ihrem Vater, den Drohungen gegenüber ihrer Mutter und der Durchsuchung und Verwüstung ihres Hauses besorgt bzw. ängstlich war und sich Gedanken über ihr weiteres Leben machte und diese auch zum Ausdruck bringt.
Wenn die BF jedoch – befragt wann sie ihren Vater wieder getroffen habe – bloß angibt, dass dieser nicht mehr zur Großmutter gekommen sei und nur einmal die Dokumente von ihrer Mutter geholt habe, sie dies aber nicht mitbekommen habe, da sie ihre Cousine bei ihrer Großmutter besucht habe (AS 113), vermittelte die BF nicht dein Eindruck, emotional von den Vorfällen betroffen zu sein, womit sie erhebliche Zweifel an dem von ihr erstattetem Vorbringen aufwirft.
Die BF war zum Zeitpunkt des Vorfalles bereits erwachsen, wurde nach ihren eigenen Angaben nach der Hausdurchsuchung durch die Polizei von ihrer Mutter kontaktiert und war daher über die Geschehnisse informiert und in den Prozess des Verlassens des Wohnortes zu einem gewissen Grad miteingebunden. Dass sich die BF daher nicht näher über den Aufenthalt ihres, polizeilich gesuchten Vaters erkundigt und keine näheren Angaben tätigte, ist kaum nachvollziehbar.
Ferner sprechen auch die Ausführungen der BF, wie sie die Zeit vor der Ausreise verbracht hat, gegen das Vorliegen einer Bedrohungslage der Familie der BF. Von der erkennenden Richterin nach ihrem Alltag kurz vor der Ausreise befragt, gab die BF nicht an, sich bei ihrer Großmutter versteckt gehalten zu haben, besonders auf der Hut gewesen zu sein und mit ihrer Familie die Notwendigkeit der Flucht besprochen zu haben und machte auch keinerlei Angaben zum Aufenthalt ihres Vaters, sondern berichtete ganz allgemein davon, Zeit mit Freunden verbracht zu haben, Arbeit gesucht und für die Uni gelernt zu haben (VHS, S 7).
Auch diese Schilderung lässt erhebliche Zweifel daran entstehen, dass es tatsächlich zu den behaupteten Geschehnissen gekommen ist, wodurch die Ansicht der erkennenden Richterin, dass es sich bei dem Fluchtvorbringen der BF bzw. deren Familie um eine rein gedanklich konstruierte Geschichte handelt, untermauert wird.
Darüber hinaus sprechen die Angaben der Mutter und des Vaters der BF, den Entschluss zu Ausreise bereits acht Monate bzw. ein Jahr vor der Ausreise getroffen zu haben, ganz eindeutig gegen das Vorbringen der BF/ihrer Familienangehörigen und ein fluchtartiges Verlassen des Herkunftsstaates, sondern mehr für ein seit längerem geplantes Vorhaben. Der Erklärungsversuch der BF auf Vorhalt dieser Aussagen, dass es sich dabei mit Sicherheit um Fehlprotokollierungen handle, ist hingegen als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren (VHS, S 6).
Schließlich ist auch auf weitere Unstimmigkeiten in den Angaben der BF hinzuweisen.
Während die BF vor dem BFA angab, dass ihr Vater selbst von seinen Hauskirchenbesuchen erzählt habe und sie über ihn das Christentum kennengelernt habe (AS 93), meinte sie vor dem erkennenden Gericht, dass ihr Vater die Hauskirchenbesuche nie selbst erwähnt habe, sondern sie vielmehr von ihrer Mutter davon erfahren habe. Diese habe gesagt, dass sich das Verhalten des Vaters verändert habe, sicher gewesen, dass der Vater seinen Glauben geändert habe, sei sie sich aber nicht gewesen (VHS, S 10).
Angesichts der Tatsache, dass sich der Vater der BF durch den Besuch christlicher Hauskirchen erheblicher Gefahr ausgesetzt habe und die BF nach eigenen Angaben deswegen auch Angst bekommen habe, ist nicht nachvollziehbar, dass sie sich nicht daran erinnern kann, ob ihr ihr Vater persönlich von seinen Hauskirchenbesuchen erzählt habe oder ihre Mutter derartiges nur vermutet habe. Auch dieser Divergenz in den Angaben der BF bestärkt somit die Zweifel am Fluchtvorbringen der BF.
Außerdem spricht auch die legale Ausreise der Familie der BF mit dem Flugzeug massiv gegen bestehende Verfolgungsmaßnahmen bzw. eine polizeiliche Suche nach dem Vater der BF. Wären iranische Behörden tatsächlich an der Verfolgung des Vaters der BF interessiert gewesen, so erscheint es äußerst unwahrscheinlich, dass dieser trotz laufenden Ermittlungen gegen seine Person problemlos auf legalem Weg mit seinem eigenen Reisepass den Iran verlassen konnte. Am internationalen Flughafen Imam-e Khomeini werden zunehmend strenge Kontrollen durchgeführt, die Devisenaus- und -einfuhr wird mittlerweile streng reglementiert. Die Regierung verlangt von allen Bürgern für Auslandsreisen Ausreisebewilligungen. Dass der Vater bzw. die Familie der BF eine derartige Ausreisebewilligung während laufender Ermittlungen erhalten hat, ist schwer nachvollziehbar. Es ist daher insgesamt nicht glaubhaft, dass iranische Behörden jemals von einem angeblichen christlichen Interesse des Vaters der BF erfahren haben und gegen diesen Ermittlungen eingeleitet haben.
Sofern die BF vor dem erkennenden Gericht erstmals behauptet, dass die Ausreise nicht ganz legal gewesen sei und angibt, von Männern des Schleppers durch den Flughaften „gelotst“ worden zu sein, handelt es sich hierbei um eine unglaubhafte Vorbringenssteigerung, die lediglich die Verfolgung des Vaters der BF verdeutlichen sollte (VHS, S 5 u.9).
römisch II.2.4.2. Zur Konversion der Beschwerdeführerin:
Die Beschwerdeführerin brachte vor, in Österreich zum christlichen Glauben konvertiert zu sein. Der BF ist es jedoch aus nachfolgenden Gründen nicht gelungen, ein solches Interesse am christlichen Glauben, dem sie sich im Jahr 2017 zugewendet haben will, bzw. eine Konversion auch nach vier Jahren seit ihrem beginnenden Interesse für das Christentum in Österreich, wo sie den christlichen Glauben ihren Angaben zufolge praktiziert, glaubwürdig darzutun, weswegen in weiterer Konsequenz von einer Scheinkonversion auszugehen ist.
Insbesondere ist hervorzuheben, dass die BF im Verfahren weder plausibel noch glaubhaft ihre Beweggründe für ihre Abwendung vom Islam und Hinwendung zum Christentum verdeutlichen konnte und auch nicht nachvollziehbar darlegte, welche persönlichen bzw. welche religiösen Aspekte sie zur einer Konversion zum Christentum bewegten.
Vor dem BFA nach den Gründen für die Abwendung vom Islam und Hinwendung zum Christentum befragt, erklärte die BF, dass sie, als sie nach Österreich gekommen sei, von Jesus-Christus angenommen und akzeptiert worden sei. Sie habe sich damit auseinandergesetzt und darüber gelesen. Jesus-Christus sei ein Prophet der Liebe. Das Christentum sei eine anerkannte Religion, sie sei komplett, ohne Fehler und würde keine Fragen offenlassen. Abgesehen davon habe sich das Verhalten ihres Vaters, nachdem er in die Hauskirche gegangen sei, verbessert (AS 93, 95).
Diese lediglich vagen Angaben der BF, wie ihr Interesse am Christentum entstanden sei, weisen keinen näheren Bezug zu Inhalten des christlichen Glaubens auf und geben auch keinerlei Aufschluss über persönliche Gründe für ihre Abwendung von Islam. Die BF gab zwar an, ihr Interesse wäre insbesondere nach persönlicher Auseinandersetzung mit dem Christentum geweckt worden, jedoch wurde von der BF mit keinem Wort erwähnt, was sie über das Christentum genau gelesen habe, das sie so faszinierte und überzeugte, sich damit weiter zu beschäftigen und diesem angehören zu wollen. Auch unterließ es die BF völlig näher auszuführen, inwiefern sie das Christentum im Gegensatz zum Islam als „komplett“ und „fehlerfrei“ erachte und welche Antworten sie auf möglicherweise aufgekommene Fragen erhalten habe. Bei einer jungen Person, wie der BF, die nicht an veralteten Sichtweisen und Erwartungen bezüglich des christlichen Glaubens hängt, da für sie dieser Glaube neu ist, müsste vorrangig das Verhältnis zu Gott, die Gestaltung des Lebens im Sinne des christlichen Glaubens, die Blickweise zu religiösen Fragen oder auch subjektiv biographischen Erfahrungen eine wichtige Rolle spielen. Diese von der BF getätigten unsubstantiierten Behauptungen lassen keine intensive, eventuell auch kritische Auseinandersetzung mit den Religionen und auch keinen Nachdenk-bzw. Findungsprozess erkennen, die einer Konversion wohl vorausgehen müssten.
Bereits diese Ausführungen der BF lassen somit Zweifel an der ernsthaften beginnenden Hinwendung zu einem neuen Glauben entstehen, da von einer tatsächlich konvertierten Person –auch von einer jungen Person wie der BF - diesbezüglich nachvollziehbare und persönlichere Angaben, vor allem auch in spiritueller Hinsicht erwartet werden können, was bei den Antworten der BF, die sich auf oberflächliche und allgemeine Aussagen beschränkten, jedoch nicht der Fall war.
Allein die schlagwortartige Angabe der BF, wonach Jesus Christus ein Prophet der Liebe sei und die in diesem Zusammenhang zitierte Bibelstelle vergleiche AS 93: …wenn er z.B. sagt, wenn man auf einer Gesichtshälfte eine Ohrfeige bekommt, sollte man auch die andere Hälfte anbieten.), lassen keine inneren Beweggründe und eine nähere Beschäftigung mit dem Christentum erkennen und stellen laut Ansicht des erkennenden Gerichts keine ausreichende Begründung für die Hinwendung zum christlichen Glauben dar.
Ferner ist den bloß formelhaften Aussagen der BF, wie beispielsweise „als ich hierher kam hat Jesus-Christus mich angenommen, akzeptiert“ keine spirituelle, persönliche Empfindung zu entnehmen, zumal die BF diese „Annahme bzw. Akzeptanz durch Jesus Christus“ auch nicht näher beschrieben hat. Die schlichte Behauptung eines nicht näher beschriebenen Gefühls, lässt vielmehr den Eindruck entstehen, dass die BF hier eine persönliche Bedeutung zu konstruieren versuchte, die tatsächlich nicht gegeben ist.
Die BF konnte den fundamentalen Schritt der Hinwendung zum Christentum ebenso wenig vor dem BVwG erläutern.
So gab die BF vor dem erkennenden Gericht an, im Iran insbesondere von ihrem Vater streng islamisch erzogen worden zu sein. Sie habe gebetet, gefastet, an religiösen Ritualen teilgenommen und den Religionsunterricht besucht. Sie sei dazu gezwungen worden. Selbst sei sie keine gläubige Muslimin gewesen; der Glaube sei ihr fremd gewesen und sie habe diesen nicht selbst ausgesucht (VHS, S 11).
Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die BF, die nach eigenen Angaben mit dem Islam aufgewachsen ist und den islamischen Glauben auch praktiziert hat, diesen – ohne dies zu begründen – als „fremd“ bezeichnet und als einzigen Kritikpunkt nennt, sich diesen nicht selbst ausgesucht zu haben. Mit ihren Angaben vermochte es die BF jedoch nicht Kritik an der Religion an sich, ihren Glaubensansätzen und Lehren zu äußern und dem erkennenden Gericht schlüssig darzulegen, was ihr am islamischen Glauben tatsächlich dermaßen missfalle, dass sie sich dazu entschieden habe, sich von diesem abzuwenden.
Die äußerst vagen Angaben der BF lassen keine über die Jahre entstandene Ablehnung des Islams oder eine plötzliche Erkenntnis, dass bestimme Aspekte des Glaubens nicht den eigenen Überzeugungen entsprechen, erkennen, sondern wirken einstudiert und können höchstens eine gewisse Distanz bzw. Gleichgültigkeit gegenüber dem islamischen Glauben vermitteln. Es ist jedoch nur schwer nachvollziehbar, dass jemand, der im Islam verwurzelt ist und diesen von klein auf praktizierte, sich von diesem, ohne gravierende Probleme mit dem Glauben bzw. dessen Auslegung (gehabt) zu haben, leichtfertig entfernt.
Nicht nachvollziehbar sind jedoch vor allem jene Angaben der BF, wonach sie seit der Einreise in Österreich Christin sei (AS 89) bzw. zum Zeitpunkt der Ausreise an einen christlichen Gott geglaubt habe (VHS, S 11). Die BF gab vor dem erkennenden Gericht unmissverständlich an, zum Zeitpunkt der Ausreise nicht viel über das Christentum gewusst zu haben und erst am „Beginn des Weges“ gewesen zu sein. Inwiefern sie dennoch bereits an den christlichen Gott glauben konnte bzw. an was sie dabei genau geglaubt habe, erschließt sich dem erkennenden Gericht nicht.
Es ist kaum vorstellbar, dass die BF, die nach eigenen Angaben niemals gläubig gewesen sei vergleiche VHS, S 18), nach nur kurzer Recherchetätigkeit über das Christentum im Iran - wobei anzumerken ist, dass die BF niemals anführte, was sie dabei in Erfahrung gebracht habe - Interesse am Christentum entwickelt, an den christlichen Gott glaubt und nach kurzer Zeit in Österreich zu einer überzeugten Christin wird und den Glauben als für sie in so hohem Maße identitätsstiftend empfindet, dass sie ihn auch im Heimatland nicht unterdrücken könnte, sondern öffentlich ausleben müsste. Plausible Gründe, warum es der BF plötzlich ein so großes Anliegen war, sich dem Christentum anzuschließen, inwiefern sie dieser überzeugen konnte wieder zu glauben und diesen Glauben freiwillig auszuüben und woher die persönliche Motivation stammt von all den möglichen Glaubensrichtungen gerade das Christentum bzw. genauer den Katholizismus auszuwählen, konnte die BF nicht vorbringen.
Insbesondere aufgrund dessen, dass die BF angab, dass sie nicht immer ein gläubiger Mensch gewesen sei und den Islam nur praktiziert habe, da ihr Vater dies erwartet habe, wäre einer überzeugenden Darlegung ihrer Motivation, weshalb sie sich dem Christentum zugewendet habe, aber eine besondere Bedeutung zugekommen.
Sofern die BF ihre Aussagen damit begründet, dass sich ihr Vater in dieser Zeit mit dem Christentum beschäftigt habe und sie deshalb an den christlichen Gott gedacht habe, ist anzuführen, dass diese Angabe mit der am Islam geäußerten Kritik, sich diesen nicht selbst ausgesucht zu haben, unvereinbar ist (VHS, S 11).
Auch der Kontakt zum Christentum besteht lediglich aufgrund des Vaters der BF und hat dieser laut ihren Angaben auch die Kirche – die bereits kurze Zeit nach der Einreise besucht worden sei – für alle ausgesucht (VHS, S 12).
Zwar betonte die Beschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung mehrmals, dass die Hinwendung zum Christentum ihre eigene Entscheidung gewesen sei, bei genauerer Betrachtung der Angaben der BF, kann diese von der BF behauptete, persönliche und freie Entscheidung jedoch nicht erkannt werden.
So gab die BF befragt, ob sie sich jemals ernsthaft mit anderen Religionen beschäftigt habe an, dies „ungefähr“ gemacht zu haben, da sie in Österreich Personen mit unterschiedlichen Glaubensrichtungen kennengelernt habe (VHS, S 14). Eine nähere Auseinandersetzung mit anderen Religionsgemeinschaften ist dadurch jedoch nicht ersichtlich, vielmehr machen die Aussagen der BF, wonach sie in Österreich gemeinsam mit ihrer Familie von einem Iraner über das Christentum unterrichtet worden sei, kurz nach der Einreise die Kirche besucht habe, die Bibel gelesen und christliche Filme gesehen habe, deutlich, dass die BF von Anfang an auf das Christentum „fixiert“ war und nicht die – durch die in Österreich herrschende Religionsfreiheit – Möglichkeit in Anspruch nahm, sich vor dem Entschluss einer Konversion mit sämtlichen (nicht-) christlichen Religionsgemeinschaften umfassend zu beschäftigten.
Auch die konkrete Glaubensrichtung wurde – nach ihren eigenen Angaben – nicht von der Beschwerdeführerin persönlich gewählt und fußt diese Entscheidung auch nicht auf religiösen Motiven.
Von einer Person, die den christlichen Glauben kennenlernen und eine Beziehung zu Gott aufbauen möchte, wäre jedoch zu erwarten, dass sie sich grundlegende Kenntnisse über das Christentum und die entsprechenden Glaubensgemeinschaften aneignet, um sich bewusst für die Aufnahme in die christliche Gemeinschaft entscheiden zu können. Ist diese Person doch frei in der Entscheidung welcher Glaubensgemeinschaft sie sich anschließt.
Wenn die BF – wie im vorliegenden Fall – als einzigen Grund für die Hinwendung zur römisch-katholische Kirche darlegt, dass es in römisch 40 nur eine Kirche gebe und diese römisch-katholisch sei vergleiche VHS, S 16) und ihr Vater diese ausgesucht habe vergleiche VHS, S 12), zeigt dies, dass es der BF zweckmäßig erschien, sich jener Glaubensgemeinschaft anzuschließen, die ihr Vater aussuchte. Dass sich die Beschwerdeführerin vor ihrem ersten Besuch der katholischen Kirche über diese oder andere christliche Gemeinschaften informiert hat und auf Basis der gesammelten Information, reiflicher Überlegung und innerer Überzeugung für diese entschieden hat, kann hingegen als ausgeschlossen betrachtet werden. Es entsteht der Eindruck, dass es für die BF keine besondere Bedeutung hat, welchem Glaubenszweig sie angehört und ihr Interesse am Christentum nicht auf einer inneren Überzeugung beruht, sondern lediglich ihrem Asylverfahren bzw. den Asylverfahren ihrer Familienmitglieder dienen soll.
Insbesondere ist zu erwähnen, dass es die Anforderung einer Glaubhaftmachung nicht überspannt, wenn von einem jungen Erwachsenen wie der BF im Regelfall zu erwarten ist, dass diese schlüssig, lebensnah und nachvollziehbare Angaben zu den inneren Beweggründen für ihre Konversion macht.
Die BF hat in Österreich einen Taufvorbereitungskurs besucht und wurde im römisch 40 getauft und ein paar Wochen später gefirmt.
Die Beschwerdeführerin konnte jedoch weder eine individuelle, persönliche Bedeutung der Taufe noch religiöse Motive für die Taufe nachvollziehbar schildern. Auf die in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gestellten Frage ihrer persönlichen Motivation, sich taufen zu lassen, antwortete die Beschwerdeführerin: „Erstens habe ich selber entschieden und ich sehe die Taufe als ein wichtiges Symbol. Ich wollte vollkommen ein Christ werden, vor Gott. Das habe ich selber entschieden für mich und mein Leben. Ich weiß, man sollte sich taufen lassen. Mit diesem Sakrament gibt dir Gott eine Möglichkeit neu zu beginnen mit dem Glauben an Jesus Christus und er vergibt dir mit der Taufe deine Sünden.‘“ (VHS, S 12).
Dieser schlagwortartigen Aussagen der BF, wonach mit der Taufe die Sünden vergeben werden, ist jedoch nicht zu entnehmen, warum die BF für sich persönlich den Entschluss gefasst habe, sich taufen zu lassen. Dass die Entscheidung, sich taufen zu lassen, auf einer inneren religiösen Überzeugung und einem dementsprechenden Wunsch der Beschwerdeführerin beruht, ist nicht erkennbar. Zwar wiederholte die BF mehrmals, dass die Taufe ihre eigene Entscheidung gewesen sei, jedoch legte die BF einerseits nicht dar, worauf diese Entscheidung fußt, welche Gedanken sie hatte und was sie sich persönlich durch die Taufe erwarte. Es wird hier nicht verkannt, dass die BF Grundwissen über die Taufe und deren Bedeutung hat und diese auch darlegen konnte. vergleiche auch VHS, S 15). Es entstand jedoch aus Sicht des erkennenden Gerichtes der Eindruck, dass die BF bewusst erlerntes Wissen dem Gericht vermitteln möchte, ohne dass es dieser möglich war, einen persönlichen Bezug zum christlichen Glauben bzw. zu entsprechenden Umstände, wie zur Taufe herzustellen. Der von der BF angedeutete persönliche Bezug fehlt ihren Ausführungen jedoch gänzlich.
Mit der Taufe versucht die Beschwerdeführerin, die von ihr angegebene Hinwendung zum Christentum zu untermauern, persönliche, spirituelle Beweggründe sind ihren Angaben jedoch nicht zu entnehmen. Angemerkt werden darf in diesem Zusammenhang, dass für das Gericht für die Glaubhaftmachung von Beweggründen keine hochkomplexen theologischen Erläuterungen von Nöten sind, sondern vielmehr persönlich erlebte Einzelheiten Indizien dafür sind, dass eine Person sich für eine bestimmte Glaubensrichtung bewusst entschieden hat.
Die BF wurde in Österreich auch gefirmt, konnte jedoch auch keine persönlichen Beweggründe für den Empfang dieses Sakramentes nennen, sondern gab dazu befragt an, dass sie sich firmen lassen habe, da dies Grundsätze ihrer Konfession seien. Man müsse das, wenn es so weit sei, machen; nach der Taufe komme die Firmung vergleiche VHS, S 17). Diese Angaben der BF machen deutlich, dass die Firmung der BF kein persönliches Anliegen gewesen sei und sie nicht selbst den Wunsch geäußert habe durch die Firmung eine engere Verbindung mit der Kirche aufzubauen, ihr Glaubensbekenntnis zu bestätigen und die Taufe zu vollenden, sondern habe sie dies nur gemacht, da dies so vorgesehen sei.
Zum Ablauf der Firmung befragt, meinte die BF überdies bloß vage und ausweichend: „Zuerst sind wir getauft worden. Ein paar Monate später wurden wir gefirmt. Dort haben wir die Taufpaten mitgehabt. Bei der Firmung mussten wir unsere Taufpaten mitnehmen.“ (VHS, S 17), womit die BF keine persönlichen, spirituellen Eindrücke des Firmgottesdienstes schilderte und die Ansicht der erkennenden Richterin, dass die Firmung keine persönliche Bedeutung für die BF hatte, untermauert wird. Von einer ernsthaften Vorbereitung auf die Firmung und einem ernsthaften Empfang des Firmsakramentes kann im Lichte der wenigen unsubstantiierten Angaben der BF jedenfalls nicht ausgegangen werden.
Es ist davon auszugehen, dass sich die BF lediglich pro forma taufen und firmen hat lassen und ist diesbezüglich auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, welcher ausgesprochen hat, dass es für die Beurteilung der Frage, ob eine Konversion vorliegt, nicht auf den Formalakt der Taufe, sondern auf die religiöse Einstellung des Asylwerbers ankommt vergleiche zuletzt VwGH vom 21.12.2006, 2005/20/0624). Dass die BF eine Taufbescheinigungen vorlegte, ist daher allein nicht ausreichend, um einen tatsächlichen - von innerer Überzeugung getragenen Übertritt zum Christentum - zu belegen.
Die BF wurde vor dem BVwG dahingehend befragt, wie sie derzeit ihren christlichen Glauben ausübe, woraufhin diese angab, aufgrund des Schulbesuchs und ihrer Berufstätigkeit keine Zeit zu haben, um die Kirche an Sonntagen zu besuchen. Manchmal gehe sie alleine einfach so in die Kirche. Sie wisse, dass es für einen gläubigen Christen wichtig sei, die Kirche zu besuchen aber Gott habe „uns“ niemals gezwungen. Sie versuche so zu leben, dass Gott stolz auf sie sei; sie bete selber und spreche zu Gott. (VHS, S 14)
Dazu ist anzuführen, dass es in der katholischen Kirche zwar sehr wohl das sogenannte Sonntagsgebot vergleiche Sonntagsgebot – Wikipedia), eines der Kirchengebote, gibt, welches die Gläubigen verpflichtet, am Sonntag und an den gebotenen Feiertagen der Heiligen Messe andächtig beizuwohnen. Für das erkennende Gericht stellt der regelmäßige Gottesdienstbesuch jedoch weder ein unbedingt notwendiges noch hinreichendes Indiz für eine ernsthafte Konversion dar. Dennoch verwundert es, dass die BF, die neben der Schule einer bloß geringfügigen Tätigkeit nachgeht (die BF verdient nach eigen Angaben 110,- € brutto) überhaupt keine Zeit hat die Kirche sonntags zu besuchen und an der Messe teilzunehmen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sich die BF, wenn ihr der sonntägliche Gottesdienstbesuch wirklich ein besonderes Anliegen wäre, Zeit dafür schaffen bzw. nehmen könnte. Gerade die BF, die in ihrem Heimatland nicht die Möglichkeit hat, ihren vermeintlich christlichen Glauben frei und öffentlich auszuüben, sollte in Österreich jede Gelegenheit ergreifen ihren Glauben in der Glaubensgemeinschaft zu praktizieren. Die Rechtfertigung der BF, warum sie den Sonntagsgottesdienst kaum besuche, ist nicht nachvollziehbar und zeigt einmal mehr, dass innere Beweggründe der BF für ihren Glaubenswechsel und eine enge persönliche Gottesbindung mit dem dauerhaften, ernsthaften Bedürfnis, ein zentral christlich geprägtes Leben zu führen, nicht vorhanden sind.
Weitere Glaubensbetätigungen, als die von der BF genannten persönlichen bzw. intimen Gebete und Gespräche zu Gott – die von der BF auch nicht näher erläutert wurden – , brachte die BF nicht vor. Zwar meinte die BF auch, so leben zu wollen, dass Gott stolz auf sie sei, sie erwähnte jedoch mit keinem Wort, was dies genau für ihre Person bedeute und welche christlichen Verhaltensweise dafür besonders wichtig seien.
Die BF gab auch nicht an, sich mit anderen Leuten über das Christentum zu unterhalten und auszutauschen, an Bibelkreisen oder Glaubenskursen teilzunehmen oder sich in der Pfarre zu engagieren.
Da die BF ihren behaupteten Glauben somit in Österreich kaum ausübt, obwohl es ihr hier freistehen würde, dies ohne Konsequenzen, zu tun, ist folglich auch nicht davon auszugehen, dass dieser für die BF dermaßen identitätsprägend ist, dass sie ihn auch im Iran nicht unterdrücken bzw. nur für sie allein ausleben könne.
Befragt, was für die BF persönlich der wichtigste Unterschied zwischen dem Islam und dem Christentum sei, vermeinte diese: „Im Christentum gibt es Vergebung mehr als im Islam. Für mich persönlich ist es klar, dass das Christentum aus Liebe besteht. Der Gott im Christentum sagt zu uns, dass wir andere lieben sollen und vergeben sollen. Das habe ich selber erlebt.“ Auf Nachfrage durch die erkennende Richterin erklärte die BF weiter, dass sie viele Christen gesehen habe, die ihr, ihrer Familie oder anderen Menschen geholfen haben, ohne etwas erwartet zu haben. Auch sie selber habe einer Person vergeben, obwohl sie ihr Ungutes getan habe. Sie sei nicht mehr nachtragend; früher hätte sie das nicht gekonnt. (VHS, S 15)
Auch diese Angaben der BF sind vage und floskelhaft. Zwar wird nicht verkannt, dass sowohl die Liebe als auch die Vergebung zentrale Elemente des Christentums darstellen, die rein oberflächliche Antwort der BF, könnte jedoch von jeder Person nach kurzer Recherchetätigkeit gegeben werden und können von einem Konvertiten diesbezüglich umfassendere Angaben erwartet werden. Die BF stellte weder eine konkrete Abweichung zum Islam in der Vordergrund noch machte sie deutlich, inwiefern sie selbst durch das Christentum Vergebung gelernt habe. Die schlichte Behauptung nicht mehr nachtragend zu sein, ohne näher darzulegen, wie ihr der christliche Glaube geholfen habe, sich zu verändern, kann das erkennende Gericht nicht überzeugen. Es muss nämlich ebenso als notorisch angesehen werden, dass zu den grundlegenden Aussagen des Korans gehört, dass „Gott gnädig und barmherzig ist“ (Sure 4,16). Sure 3,135–136 verspricht allen gläubigen Muslimen, die Gott für ihre Sünden um Vergebung bitten, Vergebung und den Eingang ins Paradies.
Die BF wurde von der erkennenden Richterin befragt, ob bzw. wie sich ihr Glaube während ihres Aufenthaltes in Österreich verändert habe und gab die BF an, dass sich ihr Leben zum Guten verändert habe. Zum Beispiel habe sie eine bessere Beziehung zu ihrem Vater. Nach Wiederholung/ Erörterung der Frage, fügte die BF hinzu, dass sie das mit dem Iran überhaupt nicht vergleichen könne, da sie dort erst am Beginn des Weges gewesen sei. Sie könne jetzt nur sagen, dass sie eine Gläubige sei und jeden Tag in ihrem Glauben wachse. (VHS, S 17, 18)
Diese oberflächlichen, allgemeinen Aussagen der BF nehmen einerseits keinen Bezug auf konkrete Inhalte des christlichen Glaubens, andererseits zeigen sich auch nicht auf, inwiefern sich die Sichtweise der BF auf bestimmte Glaubensfragen im Laufe der Zeit verändert hätte oder die Bedeutung bestimmter Themen nach längerer Beschäftigung klarer wurde. Gerade die BF, die aus einem islamisch geprägten Land stammt, nach eigenen Angaben ungläubig war und der gewisse Aspekte des Christentums völlig fremd und neu erscheinen mussten, müsste den Prozess des Kennenlernens, Verstehens, Annehmens und Lebens des christlichen Glaubens ausführlicher schildern können.
Die Antwort der BF lässt jedoch keine persönliche, intensive, eventuell auch kritische Auseinandersetzung mit christlichen Themen erkennen, gibt keine persönlichen Gedanken und Erfahrungen, keine Zweifel oder aufgekommene Fragen wieder und schildert vor allem keinen Prozess, durch welchen die Fragen beantwortet, Zweifel genommen, der Glaube bestärkt wurde und die BF dadurch im Glauben wachsen konnte.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass nicht verkannt wird, dass die BF in der Lage war die ihr gestellten Fragen zumindest oberflächlich zu beantworten und sie unbestritten auch über Wissen über das Christentum verfügt. Bis zuletzt konnte die BF jedoch nicht darlegen, welche Gründe sie zu einer Hinwendung zum Christentum bewegten und welche Aspekte sie so faszinierten und überzeugten wieder zu glauben. Die Angaben der BF lassen eine Begeisterung für das Christentum und eine persönliche Motivation diesem anzugehören, völlig vermissen. Dies zeigt sich auch darin, dass die BF den christlichen Glauben nur wenig praktiziert.
Die erkennende Richterin kommt daher zweifelsfrei zu dem Schluss, dass bei einer Gesamtbetrachtung die genannten Faktoren nicht ausreichen, um von einer tatsächlichen, ernsthaften Konversion des BF auszugehen ist.
Sofern die BF eine Austrittsbescheinigung der islamische Glaubensgemeinschaft Österreich vorlegt, ist angesichts obiger Erwägungen darauf zu verweisen, dass die BF diesen Schritt offensichtlich nur deshalb setzte, um zu verdeutlichen, dass sie Christin geworden ist und nicht mehr der islamischen Religion angehört. Diesbezüglich ist aber anzumerken, dass nicht davon auszugehen ist, dass die erhobenen Daten im Rahmen des Austrittes an iranische Stellen weitergegeben wurden. Folglich hat dies für die BF keinerlei Konsequenzen, zumal der Austritt keinen iranischen Stellen bekannt gegeben wurde bzw. davon auszugehen ist, dass die BF selbst bei Bekanntgabe ihre Zugehörigkeit zur islamischen Religionsgemeinschaft bekennen würde.
Was die beantragte Einvernahme von römisch 40 , eine ehemalige Lehrerin der Beschwerdeführerin, zum Beweis dafür, dass der christliche Glaube Bestandteil der Identität der BF geworden ist, angeht, ist anzumerken, dass gegenständliches Beweisverfahren zu einem unzweifelhaften Ergebnis geführt hat und somit nach Ansicht der erkennenden Richterin keine diesbezügliche Notwendigkeit bestand, die Zeugin zu befragen. Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht nach dem geltenden Recht nicht an die Erwägungen Dritter gebunden ist; und zwar auch nicht an die Erwägungen von Pfarrern, Pastoren, Geistlichen und sonstigen kirchlichen oder religiösen Repräsentanten, die im Rahmen ihrer Funktion darüber befinden, ob jemand die Voraussetzungen dafür aufweise, das Sakrament der Taufe zu empfangen vergleiche VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0538; 21.06.2018, Ra 2017/01/0381).
Zudem wurde die P im Zuge der Ladung für die mündliche Verhandlung unter Zitierung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darauf hingewiesen, dass eine zeugenschaftliche Befragung von Personen, die Auskunft über religiöse Tätigkeiten eines Beschwerdeführers geben können, nicht zwingend, abhängig vom Einzelfall, notwendig ist. Die P wurde darauf hingewiesen, sofern diese Erläuterungen von namhaft gemachten Personen im Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden, schriftliche Erklärungen der angeführten Personen vor bzw. im Zuge der mündlichen Verhandlung vorlegen kann bzw. auch bekannt geben kann, warum eine zeugenschaftliche Befragung einer betreffenden Person für notwendig erachtet wird. (OZ 21) Eine derartige Mitteilung, dass eine zeugenschaftliche Befragung unumgänglich ist, erfolgte weder vor der Verhandlung noch im Zuge der Verhandlung.
römisch II.2.4.3. Zur exilpolitischen Tätigkeit der BF
Vom Rechtsvertreter der BF wurden Auszüge aus dem Internet (OZ 17) vorgelegt und gab die BF dazu an, dass es sich dabei um Postings handle, die teilweise politisch gegen das jetzige Regime und den Führer Khomeini seien und dass unschuldige Menschen vom Regime getötet werden. Manche handeln auch von Gleichberechtigung und Frauenrechten. Es seien Seiten ihres Vaters, manchmal würden die Inhalte der BF gefallen und dann teile sie sie für ihre Freunde (VHS, S 20).
Entscheidend ist hier allerdings, dass die BF diese Postings auf römisch 40 unter dem Namen „ römisch 40 “ verfasste und die Beiträge ihrer Seite überdies privat und somit nur für ihre (persönlich ausgewählten) Abonnenten bzw. Freunde ersichtlich sind. Auch der Vater der BF, dessen römisch 40 nach Angaben der BF öffentlich ist, ist nicht unter seinem vollständigen Namen zu finden, sondern unter „ römisch 40 “.
Insoweit konnte die BF nicht glaubhaft darlegen, dass den iranischen Behörden ihr Verhalten bekannt wurde bzw. wie dies den iranischen Behörden bekannt werden sollte, weshalb eine Rückkehrgefährdung aus diesem Grunde ebenfalls ausgeschlossen werden kann.
Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der iranische Staat sämtliche Aktivitäten iranischer Staatsbürger im Internet überwacht und dazu auch die faktischen Möglichkeiten hat. Die BF hat den Iran auch nicht vorverfolgt verlassen, hat sich im Iran in keiner Weise politisch betätigt und kann aufgrund des bisherigen Vorbringens auch nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Rückkehrfall in den Fokus der iranischen Behörden geraten oder für diese von irgendeinem Interesse sein könnte.
Laut Berichtslage können Iraner, die im Ausland leben und sich dort öffentlich regimekritisch äußern und dann in den Iran zurückkehren, zwar von Repressionen bedroht sein, die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus im Iran ab.
Es ist davon auszugehen, dass die BF im Falle einer Rückkehr in den Iran mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit jedenfalls nicht gefährdet ist, weil sie auf ihrer privaten römisch 40 vereinzelt politische Beiträge postet. Die dargelegten politischen Aktivitäten können nicht als "herausgehoben" im erwähnten Sinne angesehen werden und ist nicht davon auszugehen, dass sie als ernsthafte und gefährliche Gegnerin des iranischen Staates angesehen wird. Diese beweiswürdigende Schlussfolgerung wird auch durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt vergleiche 21.12.2018, Ra 2018/01/0324-6), wonach in einem Fall seitens des Verwaltungsgerichtshofes erörtert wurde, dass eine abgeschwächte Form exilpolitischer Aktivitäten nicht für eine beachtliche Verfolgungswahrscheinlichkeit spreche.
Zusammengefasst konnte die BF sohin nicht glaubhaft machen, dass sie, welche vor dem Verlassen des Irans nicht politisch tätig war, aufgrund ihrer niederschwelligen Aktivitäten auf römisch 40 im Rückkehrfall einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre.
Sofern die BF im Rahmen der Beschwerdeverhandlung auf Nachfrage ihres Rechtsvertreters erstmals behauptet, dass ihr Onkel im Iran aufgrund der Postings ihres Vaters keinen Kredit erhalten habe, ist anzumerken, dass dieses Vorbringen – unabhängig davon, ob dies der Wahrheit entspricht – für das Asylverfahren der BF ohne Relevanz ist. Probleme aufgrund bzw. Kenntnis der iranischen Behörden von ihren persönlichen Onlineaktivitäten hat die BF nie behauptet.
römisch II.2.4.4. Die Annahme einer westlichen Lebensweise in Österreich, bei deren Fortführung die BF im Iran einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre, konnte ebenfalls nicht glaubhaft dargelegt werden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG auf unsubstantiierte und pauschale Äußerungen beschränkt, wonach sie frei leben und für sich selbst entscheiden wolle. Sie wolle kein Kopftuch mehr tragen und nicht gezwungen sein etwas zu tun, woran sie nicht glaube. Sie wünsche sich wahrgenommen zu werden, wolle Gleichberechtigung und so leben, wie die Frauen die hier leben, Freiheit haben, Sicherheit haben, Rechte haben. (AS 21)
Dazu ist festzuhalten, dass es der BF bereits vor ihrer Ausreise möglich war, die Matura zu machen, sich für ein Studium zu bewerben, den Führerschein zu machen, Arbeit zu suchen und viel Zeit mit ihren Freunden zu verbringen. (VHS, S 7)
Aus dem Vorbringen der BF ist auch nicht ersichtlich, dass sich diese von ihrer Lebensführung im Iran seit ihrem Aufenthalt in Österreich maßgeblich entfernt hätte. Die BF geht in Österreich in die Schule, ist ehrenamtlich tätig und geringfügig als römisch 40 beschäftigt. Sie lebt mit ihrer Familie in einer Wohnung, hat Freunde und einen Lebensgefährten, der ebenfalls iranischer Staatsbürger ist. Die geschilderten Lebensumstände stellen für sich genommen jedoch noch kein ausreichend tragfähiges Substrat für das Führen eines selbstbestimmten Lebens dar, das im Iran nicht möglich wäre, insbesondere, weil die BF auch im Iran die Schule besuchte, ein Praktikum absolvierte, nach Arbeit suchte und Zeit mit ihren Freunden verbrachte. Insoweit findet sich keine Verhaltensweise, die einen Bruch mit den im Iran verbreiteten gesellschaftlichen Werten darstellen würde.
Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass das Leben als Frau im Iran nicht mit jenem in Österreich - vor allem in Hinblick auf die im Bundesgebiet gegebenen Freiheiten - vergleichbar ist, allerdings konnte in der Verhandlung nicht der Eindruck vermittelt werden, dass es sich bei der BF um eine in ihrer Grundeinstellung westlich orientierte Frau handeln würde, die allein aufgrund ihrer Gesinnung und der Fortführung ihres Lebensstils der potentiellen Gefahr einer Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung, in ihrem Heimatstaat unterliegen würde.
Aus den Angaben der BF zu ihrer Lebensführung in Österreich und dem in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gewonnenen Eindruck ist die behauptete "westliche" Orientierung daher nicht erkennbar und konnten keine dahingehenden Feststellungen getroffen werden.
römisch II.2.4.5. Zusammenfassend kommt das erkennende Gericht daher zu der Überzeugung, dass in den Angaben der BF glaubwürdige Anknüpfungspunkte oder Hinweise für eine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention nicht erkennbar waren.
3. Rechtliche Beurteilung:
römisch II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter, Anzuwendendes Verfahrensrecht
Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß Paragraph 6, des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 10 aus 2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu A)
römisch II.3.2. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
römisch II.3.2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Paragraph 3, AsylG lauten:
„§ 3. (1) Einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
(2) …
(3) Der Antrag auf internationalen Schutz ist bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn
1. | dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht oder |
2. | der Fremde einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6,) gesetzt hat. |
...“
Gegenständlicher Antrag war nicht wegen Drittstaatsicherheit (Paragraph 4, AsylG), des Schutzes in einem EWR-Staat oder der Schweiz (Paragraph 4 a, AsylG) oder Zuständigkeit eines anderen Staates (Paragraph 5, AsylG) zurückzuweisen. Ebenso liegen bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Asylausschlussgründe vor, weshalb der Antrag des BF inhaltlich zu prüfen ist.
Flüchtling im Sinne von Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194)
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Konvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes befindet.
römisch II.3.2.2. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung ausführlich erörtert wurde, war dem Vorbringen der BF zum behaupteten Ausreisegrund bzw. zur Konversion insgesamt die Glaubwürdigkeit abzusprechen, weshalb die Glaubhaftmachung eines Asylgrundes von vornherein ausgeschlossen werden kann. Es sei an dieser Stelle betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung [nunmehr „Status eines Asylberechtigten“] einnimmt vergleiche VwGH v. 20.6.1990, Zl. 90/01/0041).
Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der BF behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
Nach Ansicht des erkennenden Gerichtes ist im Falle des BF eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem der in der GFK genannten Gründe daher nicht gegeben.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 30.06.2005, Zahl: 2003/20/0544) ist zur Frage der Verfolgungsgefahr bei Iranern, die vom Islam zum Christentum konvertiert sind, maßgeblich, ob der Asylwerber bei weiterer Ausführung des behaupteten inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsse, aus diesem Grunde mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden (so schon im Erkenntnis des VwGH vom 24.10.2001, Z1. 99/20/0550, ebenfalls VwGH vom 17.10.2002, Zahl: 2000/20/0102). In gleichem Sinne hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 31.05.2001, Zl. 2001/20/0054, im Zusammenhang mit einer noch nicht erfolgten, aber beabsichtigten Konversion zum Ausdruck gebracht, dass für die Beurteilung des Asylanspruches maßgeblich sei, ob der Asylwerber in seinem Heimatstaat in der Lage war, eine von ihm gewählte Religion frei auszuüben, oder ob er bei Ausführung seines inneren Entschlusses, vom Islam abzufallen und zum Christentum überzutreten, mit asylrelevanter Verfolgung rechnen müsse.
Nach islamischem Verständnis bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem und ist nicht auszuschließen, dass die BF bei ihrer Rückkehr in den Iran dort Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt ist.
Nachdem alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union bindenden normativen Vorgaben des Artikel 10 Absatz eins, b RL 2004/83/EG, kann einem Flüchtling nicht mehr angesonnen werden, sich bei der Religionsausübung auf das sogenannte „forum internum" zu beschränken.
Asylbegehren, die auf Verfolgung mit religiösem Hintergrund gestützt werden, müssen so hin unter Berücksichtigung der unmittelbar anwendbaren Vorgaben des Artikel 10 Absatz eins, b RL 2004/83/EG geprüft werden. Gemäß dieser Richtlinie muss so hin die öffentliche Ausübung (forum externum) des christlichen Glaubens in Lehre, Gottesdienst und Sakramentsverwaltung möglich sein.
Um von einer Asylrelevanz überhaupt ausgehen zu können, kommt es auf die Art der Ausübung des christlichen Glaubens im Iran an, sowie darauf, ob der Asylwerber bei der Ausübung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit mit asylrelevanter Gefährdung zu rechnen hat.
Im Lichte der in das Verfahren integrierten Länderinformationen sowie der hg. beweiswürdigenden Erwägungen und auch der zitierten Judikatur ist der Schluss zu ziehen, dass aus der formalen bzw. zum Schein erfolgten Konversion zum christlichen Glauben - wie sie in casu vorliegt - ohne dem Vorliegen einer exponierten Tätigkeit wie etwa missionarischer Aktivitäten, keine asylrechtlich relevante Gefährdung resultiert.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 2, AsylG kann Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, welche nach dem Verlassen des Herkunftsstaates liegen (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten, die der Fremde seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat und insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Dass die BF in Österreich zum Christentum konvertiert ist, kam im Verfahren nicht hervor, sondern waren die diesbezüglichen Angaben der BF aus den in der Beweiswürdigung dargelegten Gründen als unglaubwürdig zu qualifizieren. Auch ist im Lichte der Scheinkonversion der BF nicht davon auszugehen, dass die BF das Bedürfnis hat, im Rückkehrfall die christliche Religion zu praktizieren, nach außen zu tragen oder gar missionarisch tätig zu sein.
Die BF hat in Österreich wie viele andere iranische Konvertiten zwar an kirchlichen Veranstaltungen, wie etwa Gottesdienste, teilgenommen, sich jedoch nicht in leitender Funktion exponiert und kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die BF das Bedürfnis oder die Fähigkeit hat, im Falle einer Rückkehr die neue Religion zu praktizieren, nach außen zu tragen oder gar missionarisch tätig zu sein.
Dass dies der BF im Rückkehrfall in asylrelevanter Weise zum Nachteil gereicht, kann aufgrund dessen, dass die BF aufgrund der festgestellten Scheinkonversion für die iranischen Behörden in keiner Weise von Interesse ist bzw. unter Beobachtung steht und es somit keinen ersichtlichen Grund gibt, wie die Aktivitäten der BF den iranischen Behörden oder Privatpersonen bekannt werden sollte, nicht festgestellt werden.
Entsprechend den in das Verfahren aufgenommenen Länderfeststellungen betreffen Repressionen vor allem missionierende Christen und sehen sich christliche Konvertiten aufgrund der Ausübung ihres Glaubens willkürlichen Festnahmen und Verhaftungen ausgesetzt. Dass die BF, welche zum Schein konvertiert ist, den christlichen Glauben ausübt, ist naturgemäß auszuschließen und kann auch umso weniger davon ausgegangen werden, dass es der BF ein Anliegen ist, missionierend tätig zu sein.
Den Feststellungen ist auch zu entnehmen, dass Geistliche, welche im Ausland zum Christentum konvertiert waren, im Iran in der Vergangenheit verfolgt oder ermordet wurden. Bei der BF handelt es sich jedoch um keine Geistliche, sondern um eine Person, welche formal und lediglich zum Schein konvertiert ist, sodass daraus keine asylrelevante Gefährdung der BF abzuleiten ist.
Aus den Länderfeststellungen ist letztlich zu schließen, dass nur iranische Staatsangehörige, die sich als Folge ihrer missionarischen Betätigung für das Regime deutlich von der breiten Masse abheben (Kirchenführer, in der Öffentlichkeit besonders aktive Personen), Gefahr laufen, dass sich die iranischen Sicherheitsbehörden und die Justiz mit ihnen befassen.
Im Hinblick darauf, dass der iranische Staat nicht jegliche Tätigkeit seiner Staatsbürger verfolgen kann, muss sich sein Interesse auf Personen beschränken, die aufgrund ihrer exponierten Stellung, ihres Einflusses auf andere iranische Staatsbürger und eines herausragenden Engagements eine potentielle Gefahr für den ausschließlichen Machtanspruch des Regimes im Iran darstellen könnten. Das Verhalten der BF, erweist sich aber nicht als derart markant, dass es geeignet erscheint, einen erhöhten Ermittlungsaufwand bei den iranischen Behörden auszulösen. Ein asylrelevantes Verfolgungsrisiko ist nach Ansicht der erkennenden Richterin daher nicht gegeben.
Nach den getroffenen Feststellungen gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass iranische Staatsangehörige, die aus dem Ausland in ihre Heimat zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.
römisch II.3.2.3. Soweit die BF vorbrachte, in der Schule bzw. der Gesellschaft nicht „respektiert“ worden zu sein, da sie eine Frau und Angehörige der Volksgruppe der Kurden sei, ist auf die beweiswürdigenden Ausführungen zu verweisen und Folgendes festzuhalten:
Die von der BF geltend gemachten Benachteiligungen sind von ihrer Intensität her nicht asylrelevant. Die BF beschränkte sich darauf von mangelndem Respekt ihr gegenüber zu sprechen und allgemein auf die Ungleichstellung von Frauen und Männern und die Tatsache, dass Frauen weniger Rechte und Freiheiten zukommen, hinzuweisen. Dabei handelt es sich in Anbetracht aller Umstände jedoch um relativ geringfügige Einschränkungen im Alltag, von welchen alle Frauen in Iran in vergleichbarer Lage ebenso betroffen sind.
Lt. Ausführungen der Länderdokumentation sind überdies keine Rechtsverletzungen gegen Mitglieder ethnischer Minderheiten aus rein ethnischen Gesichtspunkten bekannt.
Dazu sei auch auf nachfolgende höchstgerichtliche Judikatur verwiesen, wonach die Zugehörigkeit eines Asylwerbers zu einer Minderheit allein noch keinen Grund für die Gewährung von Asyl darstellt. Für die Anerkennung als Flüchtling kommt es immer nur auf die konkrete Situation des jeweiligen Asylwerbers an, nicht aber bloß auf die politischen Verhältnisse in seinem Heimatland. (VwGH 29.10.1993, 92/01/1105; 07.11.1995, 94/20/0889).
Auch, wenn Angehörige der Gruppe der Kurden als auch Frauen den aktuellen Länderberichten zu Folge teilweise Diskriminierungen ausgesetzt sein mögen, so kann allein daraus nicht auf eine asylrelevante Verfolgung im Sinne der GFK geschlossen werden. Dazu ist auch auf die seitens des UNHCR vertretene Auffassung zu verweisen, wonach bloße Diskriminierung in der Regel noch nicht Verfolgung bedeutet (UNHCR, Auslegung Artikel eins,, Absatz 16,).
Besonders schwerwiegende Formen der Diskriminierung sind allerdings zweifellos als Verfolgung anzusehen, ebenso wie stetige und anhaltende Diskriminierungen durch ihre Kumulierung auf Verfolgung hinauslaufen können (UNHCR, Handbuch, Absatz 51 -, 54,).
Beispielhaft sei an dieser Stelle das Erkenntnis VwGH 16.04.2002, 99/20/0483 genannt, in dem bezüglich afghanischer Frauen die Summe zahlreicher Diskriminierungen den Schluss auf eine Vorliegende asylrelevante Verfolgung zuließ. ("Betrachtet man die Eingriffe der Taliban in die Lebensbedingungen der afghanischen Frauen in ihrer Gesamtheit, so kann kein Zweifel bestehen, dass hier einer der Fälle vorliegt, in denen eine Summe von Vorschriften gegen eine bestimmte Bevölkerungsgruppe in Verbindung mit der Art ihrer Durchsetzung von insgesamt so extremer Natur ist, dass die Diskriminierung das Ausmaß einer Verfolgung im Sinne der Flüchtlingskonvention erreicht. In dieser Hinsicht ist abgesehen von anderen bizarren Aspekten des von den Taliban errichteten - und in der Praxis als Grundlage für willkürliche Gewaltanwendung benützten - Regelwerks vor allem auf die systematische Behinderung der medizinischen Versorgung hinzuweisen, die zumindest im Umkreis der zuvor auch der weiblichen Bevölkerung zugänglichen Einrichtungen eine unmittelbare Bedrohung des Lebens bedeutete. Schon das Fehlen der auch nur den Mindestanforderungen der Menschlichkeit entsprechenden Ausnahmen von den verordneten Regeln in Bezug auf den jederzeit möglichen Bedarf nach einer ärztlichen Behandlung kennzeichnet den Verfolgungscharakter dieser Form von Repression. Der zusätzlichen Betroffenheit etwa infolge fehlender Mittel zum Unterhalt oder durch das Fehlen männlicher Angehöriger, um sich "ausführen" lassen zu können oder Lebensmittel ins Haus zu bringen, bedarf es dazu nicht mehr. Erreichen die diskriminierenden Regeln selbst die asylrechtlich erforderliche Verfolgungsintensität, so kommt es auch auf zusätzliche Unverhältnismäßigkeiten im Falle des Zuwiderhandelns und mithin darauf, ob vom konkret betroffenen Asylwerber ein Zuwiderhandeln zu erwarten wäre, nicht an (ausführliche Judikatur- und Literaturhinweise im Erkenntnis").
Ein vergleichbarer Fall, auf den die obzitierte höchstgerichtliche Judikatur umgelegt werden kann, liegt hier jedoch nicht vor und bleibt es die BF schuldig, nachvollziehbar bzw. glaubwürdig zu erklären, welchen zahlreichen Diskriminierungen sie selbst ausgesetzt gewesen sein soll bzw. ausgesetzt sein wird.
Ferner verwies der VwGH in seinem jüngsten Erkenntnis vom 02.08.2018, Ra 2018/19/0396-5, unter Verweis auf Artikel 9, Absatz eins, der Statusrichtlinie darauf, dass nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person als „Verfolgung“ im Sinn des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK anzusehen sei, sondern nur in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen und haben dies die Asylbehörde bzw. das BVwG im Einzelfall zu prüfen und in einer die nachprüfende Kontrolle ermöglichenden Begründung dazulegen.
Das Asylrecht soll zudem nicht jedem, der in seiner Heimat benachteiligt wird, die Möglichkeit eröffnen, seine Heimat zu verlassen oder dorthin nicht zurückkehren zu müssen, weil er in Österreich eine bessere Lebenssituation vorfindet. Vielmehr ist eine Rechtsgutbeeinträchtigung von asylerheblicher Intensität erforderlich. Bei Eingriffen, die nicht unmittelbar das Leben, die Gesundheit und die physische Bewegungsfreiheit betreffen, ist das erst der Fall, wenn sie nach ihrer Intensität und Schwere die Menschenwürde verletzen und über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaates aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinzunehmen haben. vergleiche Erkenntnis d. VwGH vom 22.06.1994, Ziffer 93 /, 01 /, 0443 ;, VwGH vom 15.09.1994, Zl. 94/19/0389; VwGH 11.11.1987, 87/01/0136).
römisch II.3.2.4. Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes aufgrund exilpolitischer Aktivitäten der BF ist im gegenständlichen Fall aufgrund der dargelegten Erwägungen zu verneinen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es bei der Beurteilung der Gefährdungssituation von "Rückkehrern", die sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, in Bezug auf den geltend gemachten Nachfluchtgrund darauf an, ob der Asylwerber infolge seiner exilpolitischen Betätigung in das Blickfeld der für die Staatssicherheit zuständigen Behörden seines Herkunftsstaates geraten konnte.
Im Lichte der Länderfeststellungen ist es im Falle der BF für die Begründung einer beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit erforderlich, dass Personen, die exilpolitisch tätig sind, ein exponiertes exilpolitisches Engagement zeigen, das den Betreffenden aus dem Kreis der standardmäßig exilpolitisch Aktiven heraushebt und im iranischen Staat als ernsthaften Regimegegner erscheinen lässt.
Die seitens der BF beschriebenen bzw. belegten Aktivitäten sind nicht ausreichend, um davon auszugehen, sie hätte deswegen bei einer Rückkehr in den Iran eine Verfolgung zu befürchten.
Es ist nicht als realistisch anzusehen, dass jede Person, welche vereinzelt regimekritische Beiträge auf einer römisch 40 unter einem nicht dem Klarnamen entsprechenden Benutzernamen teilt, als möglicher Regimefeind erkannt und verfolgt wird.
römisch II.3.2.5. Zum Vorbringen hinsichtlich geschlechtsspezifische Verfolgung bzw. Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe von "westlich orientierten Frauen", die islamische Moralvorstellungen ablehnen, ist festzuhalten, dass der Umstand, dass die BF eine iranische Frau ist, für sich alleine genommen ohne Berücksichtigung ihrer konkreten und individuellen Lebensumstände im Herkunftsstaat, ihrer persönlichen Einstellung und Wertehaltung, ihrem bisherigen Verhalten, sowie ohne gesamtheitliche Beurteilung der Glaubhaftigkeit ihres individuellen Fluchtvorbringens nicht ausreichend ist, um jedenfalls mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit von einer asylrelevanten Verfolgung der Beschwerdeführerinnen ausschließlich aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ausgehen zu können.
Nach der Rechtsprechung des VwGH können Frauen Asyl beanspruchen, die aufgrund eines gelebten "westlich" orientierten Lebensstils bei Rückkehr in ihren Herkunftsstaat verfolgt würden vergleiche etwa VwGH vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017-0018, mwN). Gemeint ist damit eine von ihnen angenommene Lebensweise, in der die Anerkennung, die Inanspruchnahme oder die Ausübung ihrer Grundrechte zum Ausdruck kommt. Voraussetzung ist, dass diese Lebensführung zu einem solch wesentlichen Bestandteil der Identität der Frauen geworden ist, dass von ihnen nicht erwartet werden kann, dieses Verhalten im Heimatland zu unterdrücken, um einer drohenden Verfolgung wegen Nichtbeachtung der herrschenden politischen und/oder religiösen Normen zu entgehen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass diese Verfolgung vom Heimatstaat ausgeht. Auch eine private Verfolgung kann insoweit maßgeblich sein, als der Heimatstaat nicht gewillt oder in der Lage ist, Schutz vor solcher Verfolgung zu gewähren. Es sind daher konkrete Feststellungen zur Lebensweise der Asylwerberin im Entscheidungszeitpunkt zu treffen und ist ihr diesbezügliches Vorbringen einer Prüfung zu unterziehen.
Wie bereits ausgeführt konnte nicht der Eindruck gewonnen werden, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr nicht bereit wäre, sich den Moralanschauungen ihres Heimatstaates wieder anzupassen.
Im gegenständlichen Fall erachtet das erkennende Gericht in dem im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegten Umfang die Angaben als unwahr, sodass die von der BF behaupteten Fluchtgründe nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden können, und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohl begründeter Furcht vor Verfolgung nicht näher zu beurteilen (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380).
römisch II.3.2.6. Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung im gegebenen Fall nicht existent ist.
römisch II.3.2.7. In einer Gesamtschau sämtlicher Umstände und mangels Vorliegens einer aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des erstinstanzlichen Bescheides somit gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG jeweils mit der Maßgabe abzuweisen, dass der Antrag auf internationalen Schutz vom römisch 40 abgewiesen wird, da im gegenständlichen Verfahren kein Hinweis ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz erst am 12.09.2017 stellten vergleiche Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister). Insoweit handelte es sich beim Anführen dieses Datums in Spruchpunkt römisch eins. der angefochtenen Bescheide um ein bloßes Versehen der belangten Behörde, welches nunmehr korrigiert wurde.
römisch II.3.3. Nichtzuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat
römisch II.3.3.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Paragraph 8, AsylG lauten auszugsweise:
Paragraph 8, (1) Der Status des subsidiär Schutzberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
(2) Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, ist mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.
(3) Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht. […]
Bereits Paragraph 8, AsylG 1997 beschränkte den Prüfungsrahmen auf den „Herkunftsstaat“ des Asylwerbers. Dies war dahingehend zu verstehen, dass damit derjenige Staat zu bezeichnen war, hinsichtlich dessen auch die Flüchtlingseigenschaft des Asylwerbers auf Grund seines Antrages zu prüfen ist (VwGH 22.4.1999, 98/20/0561; 20.5.1999, 98/20/0300). Diese Grundsätze sind auf die hier anzuwendende Rechtsmaterie insoweit zu übertragen, als dass auch hier der Prüfungsmaßstab hinsichtlich des Bestehend der Voraussetzungen, welche allenfalls zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten führen, sich auf den Herkunftsstaat beschränken.
Artikel 2, EMRK lautet:
„(1) Das Recht jedes Menschen auf das Leben wird gesetzlich geschützt. Abgesehen von der Vollstreckung eines Todesurteils, das von einem Gericht im Falle eines durch Gesetz mit der Todesstrafe bedrohten Verbrechens ausgesprochen worden ist, darf eine absichtliche Tötung nicht vorgenommen werden.
(2) Die Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt:
a) um die Verteidigung eines Menschen gegenüber rechtswidriger Gewaltanwendung sicherzustellen;
b) um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen oder das Entkommen einer ordnungsgemäß festgehaltenen Person zu verhindern;
c) um im Rahmen der Gesetze einen Aufruhr oder einen Aufstand zu unterdrücken.“
Während das 6. ZPEMRK die Todesstrafe weitestgehend abgeschafft wurde, erklärt das 13. ZPEMRK die Todesstrafe als vollständig abgeschafft.
Artikel 3, EMRK lautet:
„Niemand darf der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.“
Folter bezeichnet jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen, um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind (Artikel eins, des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984).
Unter unmenschlicher Behandlung ist die vorsätzliche Verursachung intensiven Leides unterhalb der Stufe der Folter zu verstehen (Walter/Mayer/Kucsko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht 10. Aufl. (2007), RZ 1394).
Unter einer erniedrigenden Behandlung ist die Zufügung einer Demütigung oder Entwürdigung von besonderem Grad zu verstehen (Näher Tomasovsky, FS Funk (2003) 579; Grabenwarter, Menschenrechtskonvention 134f).
Artikel 3, EMRK enthält keinen Gesetzesvorbehalt und umfasst jede physische Person (auch Fremde), welche sich im Bundesgebiet aufhält.
Der EGMR geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die EMRK kein Recht auf politisches Asyl garantiert. Die Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) eines Fremden kann jedoch eine Verantwortlichkeit des ausweisenden Staates nach Artikel 3, EMRK begründen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die betroffene Person im Falle ihrer Ausweisung einem realen Risiko ausgesetzt würde, im Empfangsstaat einer Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden vergleiche etwa EGMR, Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verletzt Artikel 3, EMRK auch dann, wenn begründete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Fremde im Zielland gefoltert oder unmenschlich behandelt wird (für viele: VfSlg 13.314; EGMR 7.7.1989, Soering, EuGRZ 1989, 314). Die Asylbehörde hat daher auch Umstände im Herkunftsstaat der Beschwredeführer zu berücksichtigen, auch wenn diese nicht in die unmittelbare Verantwortlichkeit Österreichs fallen. Als Ausgleich für diesen weiten Prüfungsansatz und der absoluten Geltung dieses Grundrechts reduziert der EGMR jedoch die Verantwortlichkeit des Staates (hier: Österreich) dahingehend, dass er für ein „ausreichend reales Risiko“ für eine Verletzung des Artikel 3, EMRK eingedenk des hohen Eingriffschwellenwertes („high threshold“) dieser Fundamentalnorm strenge Kriterien heranzieht, wenn dem Beschwerdefall nicht die unmittelbare Verantwortung des Vertragstaates für einen möglichen Schaden des Betroffenen zu Grunde liegt vergleiche Karl Premissl in Migralex „Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in „Dublin-Verfahren““, derselbe in Migralex: „Abschiebeschutz von Traumatisieren“; EGMR: Ovidenko vs. Finnland; Hukic vs. Scheden, Karim, vs. Schweden, 4.7.2006, Appilic 24171/05, Goncharova & Alekseytev vs. Schweden, 3.5.2007, Appilic 31246/06.
Der EGMR geht weiters allgemein davon aus, dass aus Artikel 3, EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet. Nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Artikel 3, EMRK führen vergleiche zB Urteil vom 2.5.1997, EGMR 146/1996/767/964 [„St. Kitts-Fall“], oder auch Application no. 7702/04 by SALKIC and Others against Sweden oder S.C.C. against Sweden v. 15.2.2000, 46553 / 99).
Gemäß der Judikatur des EGMR muss der Beschwerdeführer die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer aktuellen und ernsthaften Gefahr schlüssig darstellen vergleiche EKMR, Entsch. Vom 7.7.1987, Nr. 12877/87 – Kalema gg. Frankreich, DR 53, Sitzung 254, 264). Dazu ist es notwendig, dass die Ereignisse vor der Flucht in konkreter Weise geschildert und auf geeignete Weise belegt werden. Rein spekulative Befürchtungen reichen ebenso wenig aus vergleiche EKMR, Entsch. Vom 12.3.1980, Nr. 8897/80: römisch zehn u. Y gg. Vereinigtes Königreich), wie vage oder generelle Angaben bezüglich möglicher Verfolgungshandlungen vergleiche EKMR, Entsch. Vom 17.10.1986, Nr. 12364/86: Kilic gg. Schweiz, DR 50, Sitzung 280, 289). So führt der EGMR in stRsp aus, dass es trotz allfälliger Schwierigkeiten für den Antragsteller „Beweise“ zu beschaffen, es dennoch ihm obliegt -so weit als möglich- Informationen vorzulegen, die der Behörde eine Bewertung der von ihm behaupteten Gefahr im Falle einer Abschiebung ermöglicht (zB EGMR Said gg. die Niederlande, 5.7.2005)
Auch nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Wenn es sich um einen der persönlichen Sphäre der Partei zugehörigen Umstand handelt (zB ihre familiäre (VwGH 14.2.2002, 99/18/0199 ua), gesundheitliche (VwSlg 9721 A/1978; VwGH 17.10.2002, 2001/20/0601) oder finanzielle vergleiche VwGH 15.11.1994, 94/07/0099) Situation), von dem sich die Behörde nicht amtswegig Kenntnis verschaffen kann vergleiche auch VwGH 24.10.1980, 1230/78), besteht eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Asylwerbers (VwGH 18.12.2002, 2002/18/0279).
Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht (mehr) vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in [nunmehr] Paragraph 8, Absatz eins, AsylG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre vergleiche VwGH 26.6.1997, 95/21/0294).
Der VwGH geht davon aus, dass der Beschwerdeführer vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen muss, in dessen Herkunftsstaat (Abschiebestaat) mit einer über die bloße Möglichkeit (zB VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; VwGH vom 14.10.1998, Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit von einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr betroffen zu sein. Wird dieses Wahrscheinlichkeitskalkül nicht erreicht, scheidet die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten somit aus.
römisch II.3.3.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall werden im Lichte der dargestellten nationalen und internationalen Rechtsprechung folgende Überlegungen angestellt:
Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor, weshalb hieraus aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gem. Artikel 2, bzw. 3 EMRK abgeleitet werden kann.
Da sich der Herkunftsstaat der BF nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die BF als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht.
Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der BF in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechts-verletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vergleiche auch Artikel 3, des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch, jeder der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.
Aus der sonstigen allgemeinen Lage im Herkunftsstaat kann ebenfalls bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Bestehen eines unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt abgeleitet werden.
Zur individuellen Versorgungssituation der BF wird zudem festgestellt, dass diese im Herkunftsstaat über eine hinreichende Existenzgrundlage verfügt. Bei der BF handelt es sich um eine mobile, junge, gesunde und arbeitsfähige Erwachsene, bei welcher die Teilnahme am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Die BF verfügt über eine zwölfjährige Schulbildung im Iran, hat dort die Matura gemacht und ein Praktikum absolviert. Auch in Österreich besuchte die BF die Schule und hat erste Berufserfahrungen im Bereich der Gastronomie gesammelt. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die BF im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein wird, ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften. Hinzu kommt, dass die BF aus einem Staat stammt, auf dessen Territorium einerseits die Grundversorgung der Bevölkerung gewährleistet ist. Andererseits gehört die BF keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt, als die übrige Bevölkerung, welche ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass der BF im Fall ihrer Rückkehr auch im Rahmen ihres Familienverbandes eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung zuteilwird. So gab die BF selbst an, dass ihre Großmutter, ihre Onkel und Tanten, ihre Cousins und Cousinen und ihr Halbbruder nach wie vor im Iran leben und sie zu einem Großteil ihrer Verwandten in regelmäßigen Kontakt steht. Es spricht daher nichts dagegen, dass diese die BF bei einer Rückkehr – zumindest bei etwaigen Anfangsschwierigkeiten – finanziell und mit einer Wohnmöglichkeit unterstützen. Es steht der BF auch frei, eine Beschäftigung bzw. zumindest Gelegenheitsarbeiten anzunehmen oder das – wenn auch nicht sonderlich leistungsfähige - Sozialsystem des Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus ist es der BF unbenommen, Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen und sich im Falle der Bedürftigkeit an eine im Herkunftsstaat karitativ tätige Organisation zu wenden.
Weitere, in der Person der BF begründete Rückkehrhindernisse können bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen ebenfalls nicht festgestellt werden.
Die derzeitige COVID-19 (sog. Corona-) Pandemie, ausgelöst durch das SARS-CoV-2-Virus, führt zu keiner Änderung der oben angeführten Erläuterungen zum Iran.
Im Hinblick auf die Gefahr, dass sich die BF im Iran mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert bzw. auf dort wegen der Krise herrschende Einschränkungen des Wirtschaftslebens und die daraus resultierende Versorgungslage betroffen ist, kann ein Rückkehrhindernis nur dann vorliegen, wenn die BF aufgrund der Bedingungen mit maßgeblichen Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, von einem unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein.
Bei der Beurteilung, ob der BF im Fall seiner Rückführung die reale Gefahr einer gegen Artikel 3, EMRK verstoßenden Behandlung drohe, sind die in der Rechtsprechung aufgestellten Leitlinien vergleiche VwGH 14.8.2019, Ra 2019/20/0347, mwN) zu beachten.
Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3, EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Artikel 3, EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen.
Eine derartige Extremgefahr kann für die BF im Falle ihrer Rückkehr in den Iran nicht angenommen werden. Selbst bei Zugrundlegen der derzeit im Iran bestehenden Infizierten und der vom iranischen Staat getroffenen Maßnahmen zur medizinischen Versorgung besteht keine hohe Wahrscheinlichkeit eines schweren oder tödlichen Verlaufs der Erkrankung für die Personengruppe, welcher die BF angehört.
Des Weiteren ist die Versorgungslage für die Bevölkerung im Iran auch unter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen nicht derart desolat, dass auch nur annähernd von einer allgemeinen Gefahrenlage gesprochen werden könnte.
Aufgrund der oa. Ausführungen ist daher im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und er nicht in eine - allfällige, Anfangsschwierigkeiten überschreitende - dauerhaft aussichtslose Lage gerät.
römisch II.3.4. Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung
römisch II.3.4.1. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß Paragraph 58, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.
Gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Der gegenständliche, nach nicht rechtmäßiger Einreise in Österreich gestellte Antrag auf internationalen Schutz des BF wurden bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Es liegt daher kein rechtmäßiger Aufenthalt (ein sonstiger Aufenthaltstitel der drittstaatsangehörigen Fremden ist nicht ersichtlich und wurde auch nicht behauptet) im Bundesgebiet mehr vor und fällt der BF nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.
Der Aufenthalt des BF ist nicht geduldet. Der BF ist nicht Zeugen oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch keine Opfer von Gewalt im obigen Sinn.
Es liegen folglich keine Umstände vor, dass dem BF allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, und wurde diesbezüglich in der Beschwerde auch nichts Konkretes dargetan.
Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist diese Entscheidung daher mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
römisch II.3.4.2. Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG ist gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gemäß Paragraph 52, Absatz 3, FPG ist unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraphen 55,, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.
Gemäß Paragraph 9, Absatz eins, BFA-VG wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen. Die Erlassung der Entscheidung ist zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Gemäß Paragraph 9, Absatz 3, AsylG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind.
römisch II.3.4.3. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie hier der Rückkehrentscheidung, kann folglich ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Artikel 8, Absatz eins, EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.
Vom Begriff des 'Familienlebens' in Artikel 8, EMRK ist nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern zB auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.3.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Artikel 8, EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Der Begriff des 'Familienlebens' in Artikel 8, EMRK setzt daher neben der Verwandtschaft auch andere, engere Bindungen voraus; die Beziehungen müssen eine gewisse Intensität aufweisen. So ist etwa darauf abzustellen, ob die betreffenden Personen zusammengelebt haben, ein gemeinsamer Haushalt vorliegt oder ob sie (finanziell) voneinander abhängig sind vergleiche dazu EKMR 6.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215; EKMR 19.7.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.2.1979, 7912/77, EuGRZ 1981, 118; EKMR 14.3.1980, 8986/80, EuGRZ 1982, 311; Frowein - Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK- Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Artikel 8 ;, Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vergleiche auch Rosenmayr, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1, ebenso VwGH vom 26.1.2006, 2002/20/0423, vergleiche auch VwGH vom 8.6.2006, Zl. 2003/01/0600-14, oder VwGH vom 26.1.2006, Zl.2002/20/0235-9, wo der VwGH im letztgenannten Erkenntnis feststellte, dass das Familienleben zwischen Eltern und minderjährigen Kindern nicht automatisch mit Erreichen der Volljährigkeit beendet wird, wenn das Kind weiter bei den Eltern lebt).
Sowohl eheliche als auch uneheliche Kinder aus einer Familienbeziehung, die unter Artikel 8, EMRK fallen, werden von ihrer Geburt an ipso iure Teil der Familie (Peter Chvosta: „Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK“, ÖJZ 2007/74; VfSlg 16.777/2003; ferner Gül gg Schweiz, ÖJZ 1996, 593; 5. 2 2004, 60457/00, Kosmopoulou gg Griechenland; 18. 1. 2007, 73819/01, Estrikh gg Litauen). Umgekehrt werden Kinder erst vom Moment ihrer Geburt an rechtlich Teil der Familie. Zu noch ungeborenen Kindern liegt somit bis dahin (noch) kein schützenswertes Familienleben iSd Artikel 8, EMRK vor vergleiche zB VfGH 24.02.2003, B 1670/01; EGMR 19.02.1996, GÜL vs Switzerland).
Der Begriff des Familienlebens ist darüber hinaus nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise (EGMR Marckx, EGMR 23.04.1997, römisch zehn ua). Bei dem Begriff „Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK“ handelt es sich nach gefestigter Ansicht der Konventionsorgane um einen autonomen Rechtsbegriff der Konvention.
Artikel 8 EMRK schützt das Privatleben umfassend und sichert dem Einzelnen einen Bereich,
innerhalb dessen er seine Persönlichkeit frei entfalten kann.
römisch II.3.4.4. Die BF reiste im September 2017 gemeinsam mit ihrer Familie (Eltern, drei Geschwister) illegal in das Bundesgebiet ein und hält sich seither ununterbrochen in Österreich auf. Sie bezieht seit ihrer Einreise, abgesehen von drei Monaten während eines Praktikums im Sommer 2021, Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber. Die BF besucht in Österreich die Schule, befindet sich aktuell im letzten Schuljahr. Die BF verfügt über freundschaftliche und soziale Kontakte, ist seit 21.06.2021 im römisch 40 (unregelmäßig) ehrenamtlich tätig und strafrechtlich unbescholten. Sie ist neben der Schule geringfügig als römisch 40 beschäftigt, verdient monatlich 110,- € brutto und möchte nach Abschluss der Schule ein Gewerbe anmelden und als römisch 40 tätig sein.
Die BF hat die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf B1 Niveau und Werte-und Orientierungswissen absolviert und Kurse des Jugendrotkreuzes (Babysitter sowie Erste-Hilfe-Grundkurs) besucht. Die BF spricht und versteht die deutsche Sprache sehr gut. Sie hat das Unterrichtsfach Deutsch im Schuljahr 2020/2021 mit „Genügend“ abgeschlossen.
In Österreich halten sich die Eltern und Geschwister der BF (ebenfalls Asylwerber) auf und besteht mit diesen ein gemeinsamer Wohnsitz. Die Asylverfahren der Familienangehörigen der BF wurden beim Bundesverwaltungsgericht negativ entschieden. Die BF hat in Österreich auch einen Freund, mit dem sie jedoch nicht in einem gemeinsamen Haushalt wohnt.
römisch II.3.4.5. Gem. Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Rechts auf das Privat- und Familienleben nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, welche in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Zweifellos handelt es sich sowohl beim BFA als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK und ist der Eingriff in Paragraph 10, AsylG gesetzlich vorgesehen.
Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Artikel 8, EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Artikel 8, Absatz 2, EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.
römisch II.3.4.6. Im Einzelnen ergibt sich aus einer Zusammenschau der oben genannten Determinanten im Lichte der soeben zitierten Judikatur Folgendes:
römisch II.3.4.6.1. Die BF lebte schon im Iran immer im gemeinsamen Haushalt mit ihren Eltern und drei jüngeren Geschwistern und ist als junge Erwachsene (im Alter von 18 Jahren) gemeinsam mit ihren Familienangehörigen nach Österreich eingereist. Auch hier lebt sie seit der Einreise durchgehend mit diesen zusammen und unterstützt ihre Familie in Österreich sowohl finanziell als auch in verschiedenen anderen Bereichen, wie etwa bei Sprachproblemen. Die Asylverfahren der Familienangehörigen der BF sind im Entscheidungszeitpunkt ebenso beim Bundesverwaltungsgericht mit heutigen Tag negativ entschieden worden. Die Familienangehörigen der BF sind gleichermaßen von einer Rückkehrentscheidung betroffen und, liegt insoweit kein Eingriff in das schützenswerte Familienleben vor (VwGH 19.12.2012, Zl. 2012/22/0221 mwN).
Hinsichtlich des in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erwähnten Freundes der BF wird angemerkt, dass die BF erst seit wenigen Monaten eine Beziehung mit ihm führt (im Schreiben des Rechtsvertreters der BF vom Juli 2021 ist noch von einem anderen, mittlerweile Exfreund der BF die Rede) und mit diesem auch nicht in einem gemeinsamen Haushalt wohnt. Merkmale einer besonderen Abhängigkeit konnten nicht festgestellt werden. Die BF erklärte, dass ihr Freund Iraner sei, über einen positiven Bescheid verfüge, in Österreich einer Arbeit nachgehe und in römisch 40 lebe. Seinen Namen dürfe sie nicht nennen. Weitere Ausführungen tätigte die BF nicht. Es ist somit davon auszugehen, dass noch keine ernsthafte Lebensgemeinschaft besteht.
Angesichts dieser Umstände im Zusammenhang mit dem Freund der BF wurde daher kein derart spezielles Nahe- bzw. Abhängigkeitsverhältnis vorgebracht, welches eine - im Lichte der Rechtsprechung des EGMR - schützenswertes Familienleben iSd Artikel 8, EMRK begründet.
Die Rückkehrentscheidung betreffend der BF stellt somit keinen Eingriff in das Recht auf Familienleben dar, jedoch einen solchen in das Recht auf Privatleben.
römisch II.3.4.6.2. Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt vergleiche dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Artikel 8, EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen vergleiche Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt vergleiche VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH). Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).
Die BF ist seit September 2017 und somit seit mehr als vier Jahren durchgehend in Österreich aufhältig. Sie reiste rechtswidrig in das Bundesgebiet ein und konnte ihren Aufenthalt lediglich durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisieren.
Die BF begründete ihr Privatleben sohin zu einem Zeitpunkt, als der Aufenthalt durch die Stellung eines unbegründeten Asylantrages vorübergehend legalisiert wurde und war der Aufenthalt der BF zum Zeitpunkt der Begründung der Anknüpfungspunkte im Rahmen des Privatlebens ungewiss, nicht dauerhaft und auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkt.
Es liegt jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als „in einer demokratischen Gesellschaft notwendig“ erscheinen zu lassen vergleiche VfSlg. 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Butt gegen Norwegen, Appl. 47017/09).
Die unbescholtene BF bezieht seit ihrer Einreise, abgesehen von drei Monaten während eines Praktikums im Sommer 2021, Leistungen aus der Grundversorgung für Asylwerber. Eine Selbsterhaltungsfähigkeit der BF und maßgebliche beruflichen Integration liegt somit nicht vor. Dennoch wird nicht verkannt, dass die BF neben ihrem Schulbesuch zumindest seit Ende Sommer dieses Jahres einer geringfügigen Tätigkeit als römisch 40 in einem römisch 40 nachgeht sowie seit 21.06.2021 im römisch 40 (unregelmäßig) ehrenamtlich tätig ist und sich somit zumindest zuletzt bemüht zeigte, in Österreich auch beruflich Fuß zu fassen.
Der BF ist ebenfalls anzurechnen, dass sie im Schuljahr 2018/2019 die Einjährige Fachschule für Wirtschaftliche Berufe in römisch 40 besucht hat und seit dem Schuljahr 2019/2020 die BF die Dreijährige Fachschule für Wirtschaftliche Berufe in römisch 40 besucht. Die BF befindet sich derzeit im dritten und somit letzten Jahr.
Zu Gunsten der BF ist weiter zu berücksichtigen, dass sie einen Werte und Orientierungskurs besucht hat, die Integrationsprüfung bestehend aus Inhalten zur Sprachkompetenz auf B1 Niveau und Werte-und Orientierungswissen absolviert hat und Kurse des Jugendrotkreuzes (Babysitter sowie Erste-Hilfe-Grundkurs) besucht hat.
Der Besuch von Kursen sowie der Schule zeigt, dass die Beschwerdeführerin bestrebt ist, in am sozialen Leben teilzunehmen, eine im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer erforderliche außergewöhnliche Integration liegt jedoch nicht vor.
Die BF spricht und versteht die deutsche Sprache gut. Sie hat das Unterrichtsfach Deutsch im Schuljahr 2020/2021 mit „Genügend“ abgeschlossen. Dahingehend ist jedoch auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt (Erk. d. VwGH vom 6.11.2009, 2008/18/0720; 25.02.2010, 2010/18/0029).
Dass die BF strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).
Sofern darüber hinaus zu berücksichtigten ist, dass sich die BF in einer Beziehung mit einem iranischen Staatsbürger, welcher in römisch 40 lebt, befindet, ist zu festzuhalten, dass diese Beziehung zu einem Zeitpunkt begann, in welchem der BF grundsätzlich die Ungewissheit ihres weiteren Aufenthalts bewusst sein musste. Die BF hielt sich zwar zu diesem Zeitpunkt bereits längere Zeit in Österreich auf, jedoch war ihr Antrag auf internationalen Schutz bereits mit Bescheid des BFA erstinstanzlich abgewiesen worden. Auch dem Freund der BF musste im Zeitpunkt des Eingehens der Beziehung bewusst sein, dass der weitere Aufenthalt seiner Freundin als Asylwerberin ungewiss ist. Werden familiäre bzw. private Beziehungen zu einem Zeitpunkt begründet, zu dem der Fremde nicht mit einem weiteren Verbleib im Inland rechnen konnte, so erfahren die aus dieser Beziehung abzuleitenden persönlichen Interessen des Fremden an einem Verbleib im Bundesgebiet eine wesentliche, die Interessensabwägung nachteilig beeinflussende Minderung vergleiche VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0271).
Die BF lebt mit ihrem Freund nicht zusammen und besteht diese Beziehung erst seit wenigen Monaten. Angesichts dessen ist nicht von einer besonders nachhaltigen Beziehung auszugehen.
Soweit die BF neben ihrem Freund über weitere soziale und freundschaftliche Kontakte in Österreich verfügt, ist im Übrigen darauf hinzuweisen, dass diese zwar durch eine Rückkehr in den Iran gelockert werden, es jedoch nichts darauf hindeutet, dass die BF hierdurch gezwungen wird, den Kontakt zu jenen Personen, die ihr in Österreich nahestehen, gänzlich abzubrechen. Der BF steht es frei, die Kontakte anderweitig (telefonisch, elektronisch, brieflich, durch kurzfristige Urlaubsaufenthalte) aufrecht zu erhalten.
Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).
Es ist überdies nach wie vor auch von einer Bindung der BF zum Iran auszugehen, zumal die BF dort den Großteil ihres bisherigen Lebens verbracht hat. Sie wurde im Iran sozialisiert, hat dort die Schule besucht und die Matura gemacht. Hinzu kommt, dass sie nach wie vor familiäre Anknüpfungspunkte im Iran hat, da zumindest Verwandte der BF (wie ihr Halbbruder, Großmutter, Onkel, Tanten, Cousins und Cousinen) noch im Iran leben und sie zu einem Großteil in regelmäßigem Kontakt steht. Aufgrund der im Vergleich zu ihrem bisherigen Leben relativ kurzen Abwesenheit seit September 2017 kann auch nicht gesagt werden, dass die BF ihrem Kulturkreis völlig entrückt wäre, sodass sie sich im Iran problemlos wieder eingliedern wird können. Dennoch ist auch zu berücksichtigen, dass sich die engsten Familienangehörigen der BF, mit denen sie seit ihrer Geburt zusammenlebt, nach wie vor in Österreich befinden und es sich bei der BF um eine junge Frau handelt, die bisher nicht allein gewohnt hat.
Es ist im Rahmen einer Gesamtschau zwar festzuhalten, dass eine raschere Erledigung des Asylverfahrens denkbar ist, dennoch ist im gegenständlichen Fall aufgrund des Vorbringens des BF sowie seinem Verhalten im Verfahren davon auszugehen, dass kein Sachverhalt vorliegt, welcher die zeitliche Komponente im Lichte der Erkenntnisse des VfGH B 950-954/10-08 bzw. B1565/10, in den Vordergrund treten ließe, dass aufgrund der Verfahrensdauer im Rahmen der Interessensabwägung im Sinne des Artikel 8, EMRK von einem Überwiegen der privaten Interessen des BF auszugehen wäre (in Bezug auf ein gewisses Behördenverschulden in Bezug auf die Verfahrensdauer vergleiche auch bei Vorliegen weitaus engeren Bindungen im Sinne des Artikel 8, EMRK und einem ca. zehnjährigen Aufenthalt im Staat der Antragstellung das Urteil des EGMR Urteil vom 8. April 2008, NNYANZI gegen das Vereinigte Königreich, Nr. 21878/06).
Im Besonderen ist hier ferner auf die folgenden aktuellen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs zu verweisen. Trotz langjährigem Aufenthalt wurde auch hier seitens des Höchstgerichts die Zulässigkeit der Ausweisung bejaht: VwGH 18.03.2010, 2010/22/0023 (sechsjähriger Aufenthalt; enge Beziehung zu Geschwistern in Österreich; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; Einstellungszusage; großer Freundes- und Bekanntenkreis; mit Rechtsstellung eines anerkannten Flüchtlings gerechnet; keinerlei Unterstützung im Herkunftsstaat zu erwarten), VwGH 25.02.2010, 2008/18/0411 (etwa siebenjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; ein Jahr lang eheliche Gemeinschaft mit österreichischer Staatsbürgerin; Unbescholtenheit; Unterkunft; Krankenversicherungsschutz; enge Freundschaften zu Arbeitskollegen und ehemaligen Wohnungskollegen; andere in Österreich lebende Familienangehörige), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070 (rund achtjähriger Aufenthalt; Berufstätigkeit; Erlernen der deutschen Sprache; Freundes- und Bekanntenkreis; Verwandte in Österreich; Unbescholtenheit; kaum bzw. keinen Kontakt zu seinen im Libanon verbliebenen Angehörigen), VwGH 23.03.2010, 2010/18/0038 (siebenjähriger Aufenthalt; gute Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; beruflich integriert; Zeitungsausträger), VwGH 25.03.2010, 2009/21/0216 (rund siebenjähriger Aufenthalt; selbständige Berufstätigkeit bzw. Schulbesuch; Aufbau eines Freundes- und Bekanntenkreises; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0031 (fast achtjähriger Aufenthalt; familiäre Bindung zu Onkel, der BF unterstützt; Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; beabsichtigte Eheschließung mit öst. Staatsbürgerin; Sohn in Ö geboren; perfekte Deutschkenntnisse; Unbescholtenheit; nahezu durchgehende Beschäftigung; sozial vielfältig vernetzt und integriert), VwGH 25.02.2010, 2010/18/0026 (siebenjähriger Aufenthalt; Mangel an familiären Bindungen; Unbescholtenheit; Deutschkenntnisse; fehlende Bindungen zum Heimatstaat; arbeitsrechtlicher Vorvertrag), VwGH 25.02.2010, 2009/21/0187 (mehr als siebenjähriger Aufenthalt; Sohn besitzt österreichische Staatsbürgerschaft; Deutschkenntnisse; Freundes- und Bekanntenkreis; Unbescholtenheit; wirtschaftlicher Neubeginn; keine berufliche Integration), VwGH 13.04.2010, 2010/18/0078 (siebenjähriger Aufenthalt; jahrelange Erwerbstätigkeit; Lebensunterhalt finanziert; Freundes- und Bekanntenkreis; gute Deutschkenntnisse; im Heimatland keine Existenzgrundlage; eingeschränkte Bindungen zum Heimatland; sozial integriert).
Dem BF musste bei der Antragstellung klar sein, dass der Aufenthalt in Österreich im Falle der Abweisung des Asylantrages nur ein vorübergehender ist. Ebenso indiziert die rechtswidrige Einreise den Umstand, dass dem BF die Unmöglichkeit der legalen Einreise und dauerhaften Niederlassung bewusst war, da davon auszugehen ist, dass er in diesem Fall diese weitaus weniger beschwerliche und kostenintensive Art der legalen Einreise und Niederlassung gewählt hätte.
römisch II.3.4.7. Letztlich ist festzustellen, dass eine Gegenüberstellung der von der BF in dem Herkunftsstaat vorzufindenden Verhältnissen mit jenen in Österreich im Rahmen einer Interessensabwägung zu keinem Überwiegen der privaten Interessen der BF am Verbleib in Österreich gegenüber den öffentlichen Interessen an einem Verlassen des Bundesgebietes führen würde.
Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen und darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrags unterlassen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde vergleiche hierzu auch das Estoppel-Prinzip [„no one can profit from his own wrongdoing“], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts der BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse der BF am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen (und auch in der Beschwerde nicht vorgebracht worden), dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.
römisch II.3.4.8. Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß Paragraph 52, Absatz 9, in Verbindung mit Paragraph 50, FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in den Iran unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde bzw. im Beschwerdeverfahren nicht schlüssig dargelegt.
römisch II.3.4.9. Die festgelegte Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung entspricht Paragraph 55, Absatz 2, erster Satz FPG. Dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hätte, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen würden, wurde nicht vorgebracht. Es wird auf die bereits getroffenen Ausführungen zu den privaten und familiären Bindungen der BF und der Vorhersehbarkeit der Verpflichtung zum Verlassen des Bundesgebietes verwiesen. Die eingeräumte Frist erscheint angemessen und wurden diesbezüglich auch keinerlei Ausführungen in der Beschwerde getroffen.
Die Verhältnismäßigkeit der seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste fremdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.
römisch II.3.4.10. Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung, Abschiebung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, ist die Beschwerde gegen die Spruchpunkt römisch IV. bis römisch VI. der angefochtenen Bescheide als unbegründet abzuweisen.
römisch II.3.5 Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass der BF im Falle einer Rückkehr in den Iran dort mit der erforderlichen maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefahr im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK bzw. Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ausgesetzt wäre. Auch die Voraussetzungen für die getroffene Rückkehrentscheidung liegen vor.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH, insbesondere zum Erfordernis der Glaubhaftmachung der vorgebrachten Gründe, zum Flüchtlingsbegriff, dem Refoulement-schutz bzw. zum durch Artikel 8, EMRK geschützten Recht auf ein Privat- und Familienleben abgeht.
Ebenso wird zu diesem Thema keine Rechtssache, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, erörtert. In Bezug auf die Spruchpunkte römisch eins und römisch II des angefochtenen Bescheides liegt das Schwergewicht zudem in Fragen der Beweiswürdigung.
ECLI:AT:BVWG:2022:L512.2204978.1.01