Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

08.06.2022

Geschäftszahl

W145 2250474-1

Spruch



W145 2250474-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daniela HUBER-HENSELER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 GmbH, FN römisch 40 , vertreten durch römisch 40 , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 23.11.2021, GZ römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.03.2022 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: belangte Behörde) führte für den Prüfzeitraum 01.05.2014 bis 31.12.2018 bei der römisch 40 (im Folgenden: Beschwerdeführerin) eine Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) durch. Aufgrund dieser Prüfung qualifizierte die belangte Behörde jene von der Beschwerdeführerin mit Dienstleistungsvertrag auf freiberuflicher Basis beschäftigten DolmetscherInnen – insbesondere auch Frau römisch 40 – als echte Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG. Die Schlussbesprechung der GPLA, in der u.a. dieses Prüfergebnis niederschriftlich festgehalten wurde, fand am 20.12.2019 statt.

2. Im Zuge der GPLA füllte Frau römisch 40 einen Fragebogen betreffend ihre Tätigkeit für die Beschwerdeführerin aus und übermittelte diesen am 18.11.2019 per E-Mail an die belangte Behörde.

3. Mit Schreiben vom 23.12.2019 stellte die Beschwerdeführerin durch ihre steuerliche Vertretung einen Antrag auf Ausstellung eines Bescheides betreffend die Beitragsnachverrechnung lt. Niederschrift der Schlussbesprechung der GPLA. Die Qualifikation der auf freiberuflicher Basis beschäftigten DolmetscherInnen als echte Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG wurde dabei seitens der Beschwerdeführerin bestritten.

4. Aufgrund einer (nochmaligen) internen Überprüfung kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass die aufgrund der GPLA ursprünglich als echte Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG „umqualifizierten“ DolmetscherInnen – insbesondere auch Frau römisch 40 – tatsächlich freie Dienstnehmer iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG seien. Dementsprechend korrigierte die belangte Behörde die Meldungen der betreffenden DolmetscherInnen sowie die nachverrechneten Beiträge. Für DolmetscherInnen, die im Prüfzeitraum über eine Gewerbeberechtigung verfügten (NICHT: Frau römisch 40 ), wurden die ASVG-Versicherungszeiten aufgrund der Ausnahme in Paragraph 4, Absatz 4, Litera a, ASVG storniert. Dies wurde auch der Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin mitgeteilt, die bekannt gab, den Bescheidantrag vom 23.12.2019 aufrechtzuerhalten. Über die nunmehrige Qualifikation der betroffenen DolmetscherInnen als freie Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG informierte die belangte Behörde zudem die Sozialversicherung der Selbständigen (im Folgenden: SVS). Im Gegenzug teilte die SVS der belangten Behörde am 30.06.2021 per E-Mail mit, dass sie sich dieser Rechtsansicht anschließe.

5. Mit Schreiben vom 09.07.2021 informierte die belangte Behörde die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin, dass es sich bei den im Zuge der GPLA ursprünglich als echte Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG qualifizierten DolmetscherInnen tatsächlich um freie Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG handle. Diese Rechtsansicht werde von sämtlichen Landesstellen der belangten Behörde und auch von der SVS vertreten. Daher sei der Nachverrechnungsbetrag entsprechend korrigiert und die ASVG-Versicherungszeiten jener DolmetscherInnen, die im Prüfzeitraum über eine einschlägige Gewerbeberechtigung verfügten, storniert worden. Da die Frage der Versicherungspflicht der umqualifizierten DolmetscherInnen eine Vorfrage für das Beitragspflichtverfahren sei, führe die belangte Behörde zunächst für ausgewählte Versicherte (im Sinne eines repräsentativen Querschnitts, vergleiche VwGH 2009/09/0237) Verfahren über die Versicherungspflicht und setze das Beitragspflichtverfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss dieser Verfahren aus. Der Beschwerdeführerin wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen vier Wochen ab Zustellung des Schreibens in die gegenständlichen Akten Einsicht zu nehmen sowie allfällige weitere Urkunden oder ergänzende Stellungnahmen vorzulegen.

6. In ihrer Stellungnahme vom 10.08.2021 brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass die im Zuge der GPLA umqualifizierten DolmetscherInnen richtigerweise weder als Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG noch als freie Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG, sondern als Selbstständige zu qualifizieren seien. Daher stelle sie den Antrag, die belangte Behörde möge feststellen, dass diese DolmetscherInnen nicht der Versicherungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG unterliegen.

7. Mit Schreiben vom 27.10.2021 räumte die belangte Behörde Frau römisch 40 die Möglichkeit ein, in den gegenständlichen Akt Einsicht zu nehmen. Am 17.11.2021 erschien Frau römisch 40 persönlich zur Akteneinsicht.

8. Mit Bescheid vom 23.11.2021, GZ römisch 40 , hat die belangte Behörde festgestellt, dass Frau römisch 40 , VSNR römisch 40 , hinsichtlich der für die römisch 40 ausgeübten Tätigkeit im Zeitraum von 01.08.2015 bis 31.05.2016, von 01.08.2016 bis 31.08.2016, von 01.04.2017 bis 30.04.2017, von 01.12.2017 bis 30.04.2018, von 01.06.2018 bis 31.07.2018, von 01.09.2018 bis 31.10.2018 und von 01.12.2018 bis 31.12.2018 der (Teil-)pflichtversicherung in der Unfallversicherung gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 14, in Verbindung mit Absatz 4 und Paragraph 5, Absatz eins, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 7, Ziffer 3, Litera a, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) sowie im Zeitraum von 01.06.2016 bis 31.07.2016, von 01.05.2017 bis 30.11.2017, von 01.05.2018 bis 31.05.2018, von 01.08.2018 bis 31.08.2018 und von 01.11.2018 bis 30.11.2018 der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 14, in Verbindung mit Absatz 4, ASVG und in der Arbeitslosenversicherung gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, in Verbindung mit Absatz 8, Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) unterliege.

Die belangte Behörde begründete dies damit, dass im gegenständlichen Fall nicht vom Vorliegen eines Werkvertrages auszugehen sei. Frau römisch 40 habe nämlich nicht die Leistung eines Werkes, im Sinne einer bereits im Vorhinein genau umschriebener Leistung, geschuldet. Vielmehr habe sie die Erbringung von Dienstleistungen, nämlich die Zurverfügungstellung ihrer Arbeitskraft während der vereinbarten Dienste – somit ein Bemühen und nicht ausschließlich einen Erfolg – geschuldet. Frau römisch 40 sei dabei nicht nur für einzelne Dolmetschungen, sondern auch für Bereitschaftsdienste entlohnt worden und der Vertrag sei auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Darüber hinaus sei auch kein Maßstab erkennbar, nach dem überprüft werden könnte, ob ein (im Konkreten nicht definierter) Erfolg erreicht wurde oder nicht.

Im vorliegenden Fall liege aber auch kein echtes Dienstverhältnis gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG vor, da die persönliche Arbeitspflicht der Frau römisch 40 fehle, die eine Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit iSd Paragraph 4, Absatz 2, ASVG sei. Frau römisch 40 sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zwar keine generelle Vertretungsbefugnis zugekommen, aber habe sie über ein sanktionsloses Ablehnungsrecht verfügt, welches gleichermaßen die persönliche Arbeitspflicht ausschließe. Da nämlich jeweils mehrere Personen gleichzeitig zum Dienst eingeteilt gewesen seien und die Beschwerdeführerin über einen Dolmetscherpool mit einer Vielzahl von Arbeitskräften mit der nötigen Qualifikation verfügt habe, sei es für die Beschwerdeführerin problemlos möglich gewesen, bei nachträglichen Absagen auf geeignete Ersatzpersonen zurückzugreifen. Dies sei den DolmetscherInnen auch bekannt gewesen und sei davon in der Praxis auch regelmäßig Gebrauch gemacht worden. Demgemäß habe Frau römisch 40 bereits zugesagte Dienste jederzeit nachträglich – ohne Angabe von Gründen – sanktionslos ablehnen können, was sie im gegenständlichen Zeitraum auch gemacht habe.

Im nächsten Schritt sei daher nach Paragraph 4, Absatz 4, ASVG zu prüfen gewesen, ob sich Frau römisch 40 gegenüber der Beschwerdeführerin zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet hat, diese Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbracht wurden, Frau römisch 40 über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt hat und die Tätigkeit gegen Entgelt ausgeübt wurde. Dass die Tätigkeit im Rahmen des Geschäftsbetriebes der Beschwerdeführerin entgeltlich und im Wesentlichen persönlich erfolgte, sei unstrittig. Da auch die Erbringung von Dienstleistungen bejaht worden sei, sei schlussendlich zu geprüft gewesen, ob Frau römisch 40 über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügte.

Die von Frau römisch 40 selbst zur Verfügung gestellten Betriebsmittel wie Kamera, Headset und Ethernet Adapter seien schon deshalb keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel, da es sich hierbei um geringwertige Wirtschaftsgüter mit unbeträchtlichem Anschaffungswert handle. Auch der von Frau römisch 40 zur Verfügung gestellte Laptop stelle kein wesentliches eigenes Betriebsmittel dar. Sofern es sich beim Laptop überhaupt um ein nicht nur geringwertiges Wirtschaftsgut handle, sei jedenfalls nicht nachgewiesen worden, dass dieser steuerlich geltend gemacht worden wäre. Demgegenüber sei das von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellte Kommunikationstool, die Software „Cisco Jabber“ samt Benutzeridentifikation, als wesentliches Betriebsmittel anzusehen. Darüber hinaus habe Frau römisch 40 Zugang zu einer von der Beschwerdeführerin erstellten und laufend erweiterten „Dropbox“ mit Glossaren und Hintergrundmaterialien erhalten und sei auch der Kundenstock ausschließlich von der Beschwerdeführerin akquiriert worden. Da Frau römisch 40 nach einer Gesamtbetrachtung über keine wesentlichen eignen Betriebsmittel verfügt habe, handle es sich gegenständlich um ein freies Dienstverhältnis gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG.

Je nachdem, ob das Entgelt in den betreffenden Monaten die Geringfügigkeitsgrenze überschritt oder nicht, sei die Vollversicherungspflicht nach dem ASVG und die Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung oder die Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung festzustellen gewesen.

9. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde vom 23.11.2021 (der Beschwerdeführerin zugestellt am 26.11.2021) hat die Rechtsvertreterin der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 23.12.2021 fristgerecht Beschwerde erhoben. Darin wurde beantragt, gemäß Paragraph 24, VwGVG eine mündliche Verhandlung durchzuführen und gemäß Artikel 130, Absatz 4, B-VG und Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass Frau römisch 40 für ihre Tätigkeit im betreffenden Zeitraum weder der Pflichtversicherung gemäß Paragraphen 4 f, f, ASVG noch der Arbeitslosenversicherung gemäß AlVG unterliege, in eventu, den angefochtenen Bescheid gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen.

In der Beschwerde wurde zusammenfassend vorgebracht, dass das im vorliegenden Fall verwirklichte Gesamtbild der vereinbarten Tätigkeit eine Selbständigkeit der Frau römisch 40 und kein freies Dienstverhältnis gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG ergebe. Frau römisch 40 sei nämlich in ihrer Arbeitszeiteinteilung frei gewesen und habe sich das Zeitfenster ihrer Verfügbarkeit frei wählen können. Nicht einmal eine Eintragung in die Verfügbarkeitsliste habe sie dazu verpflichtet, die Tätigkeit tatsächlich zu verrichten. Sie habe Tätigkeiten jederzeit sanktionslos ablehnen können. Der Beschwerdeführerin sei es möglich, im Falle einer Absage aus dem – mehr als 300 DolmetscherInnen umfassenden – Dolmetscherpool Ersatz zu beschaffen. Auch schließe die Judikatur des VwGH das Vorliegen eines Vertretungsrechtes bei einer Vertretung nur innerhalb des Dolmetscherpools gerade nicht aus. Frau römisch 40 sei nicht persönlich leistungspflichtig gewesen; sie habe sich vertreten lassen können. Ihre Vertretung habe sie entweder selbstständig organisiert oder die Beschwerdeführerin habe unter Rückgriff auf den Dolmetscherpool für Ersatz gesorgt. Eine Fluktuation sei immer eingeplant gewesen.

Zudem sei Frau römisch 40 weder der Weisung noch der Kontrolle der Beschwerdeführerin unterlegen. Die Beschwerdeführerin rufe DolmetscherInnen lediglich ein bis zweimal im Jahr an (Frau römisch 40 sei im gegenständlichen Zeitraum einmal angerufen worden), jedoch nicht, um sie zu kontrollieren, sondern um im Sinne eines Austausches oder eines „Supports“ Probleme zu lösen, Unklarheiten zu beseitigen und Verbesserungsvorschläge zu besprechen. Zwingend sei jedoch das Datenschutzrecht einzuhalten gewesen, welches nicht zwischen selbstständiger und unselbstständiger Leistungserbringung unterscheide. Wenn sich Frau römisch 40 und die anderen DolmetscherInnen ins „System“ der Beschwerdeführerin „einloggen“ diene dies einzig und allein dazu, zu sehen, ob die mittels Honorarnote abgerechneten Leistungen auch tatsächlich erbracht wurden.

Ihren Arbeitsort habe Frau römisch 40 frei wählen können, wobei es lediglich Einschränkungen geben habe, die sich aus datenschutzrechtlichen Bestimmungen oder aus der Natur der Sache ergeben würden. Zudem sei Frau römisch 40 auch für andere Auftraggeber als Dolmetscherin tätig geworden. Sie sei daher in keiner Weise von ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin abhängig gewesen. Das Honorar von Frau römisch 40 sei stark leistungsbezogen gewesen, was auch für eine freiberufliche Tätigkeit spreche.

Schlussendlich habe Frau römisch 40 im vorliegenden Zeitraum auch über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügt. Zur Verrichtung der gegenständlichen Tätigkeit bedürfe Frau römisch 40 eines Laptops, einer Webcam, eines Headsets, eines Schreibtisches, Schreibmaterial, Blöcke sowie eines Internetanschlusses. All diese Betriebsmittel seien von ihr selbst beigebracht worden und habe sie die Betriebsmittel zum Zweck der Tätigkeitsverrichtung angeschafft. Nur eine „Cisco“-Software sei einmalig von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt und auf dem Endgerät von Frau römisch 40 installiert sowie bei Bedarf aktualisiert worden. Diese Software unterscheide sich kaum von anderen „Kommunikations-Tools“ (z.B. Skype, Zoom, Microsoft Teams usw.) und es handle sich dabei um kein wesentliches Betriebsmittel. Die Beschwerdeführerin habe Frau römisch 40 und den anderen DolmetscherInnen genau dieses Programm zur Verfügung gestellt, weil die Beschwerdeführerin selbst Cisco-basierte Systeme verwende. Die Verwendung der Cisco-Software seitens der DolmetscherInnen vermeide Schnittstellenprobleme, welche die Arbeit ansonsten massiv erschweren würden. Die Verwendung der Software führe aber nicht dazu, dass Frau römisch 40 unter Verwendung der betrieblichen Struktur der Beschwerdeführerin tätig wurde. Auch zwischen externen Kooperationspartnern sei die Zurverfügungstellung einer Software durchaus üblich. Im Gegensatz dazu handle es sich bei den von Frau römisch 40 selbst bereitgestellten Betriebsmitteln wie Laptop, Räumlichkeiten und dergleichen um den betrieblichen Grundstock. Er sei tatsächlich für die Erbringung aller Dolmetschleistungen essentiell, nicht jedoch die zur Verfügung gestellte bloße Schnittstellensoftware. Es sei davon auszugehen, dass Frau römisch 40 die Betriebsmittel, welche den Grundstock ihrer geschäftlichen Tätigkeit bilden würden, hauptsächlich für ihre geschäftlichen Zwecke nutze. Im Ergebnis handle es sich bei den von Frau römisch 40 bereitgestellten Betriebsmitteln jedenfalls um wesentliche Betriebsmittel iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG.

10. Die belangte Behörde legte die Beschwerde sowie den bezughabenden Verwaltungsakt am 12.01.2022 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

11. Das Bundesverwaltungsgericht führte in der gegenständlichen Rechtssache am 23.03.2022 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

Eingangs der mündlichen Verhandlung wurde die vorliegende Rechtssache (W145 2250474-1) mit den Verfahren W145 2250473-1, W145 2250475-1, W145 2250476-1 und W145 2251304-1, durch mündlich verkündeten Beschluss, gemäß Paragraphen 39, Absatz 2, AVG in Verbindung mit 17 VwGVG zur gemeinsamen Verhandlung (NICHT zur gemeinsamen Entscheidung) verbunden.

An der Verhandlung nahmen die Beschwerdeführerin im Beisein ihres Rechtsvertreters und ihres Geschäftsführers, ein Vertreter der belangten Behörde, Frau römisch 40 sowie drei weitere für Beschwerdeführerin im Prüfzeitraum der GPLA tätige Dolmetscherinnen (=weitere Verfahrensparteien der verbunden Verfahren) persönlich teil.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Kerntätigkeit der Beschwerdeführerin ist es, über ihre internetbasierte Plattform für ihre Kunden (insbesondere Behörden, Justizanstalten, Krankenanstalten und Arztpraxen sowie NGOs) Audio- und Videodolmetschdienstleistungen zu erbringen. Dabei bedient sich die Beschwerdeführerin einerseits mittels Arbeitsvertrag angestellter DolmetscherInnen und andererseits auf „freiberuflicher Basis“ tätiger DolmetscherInnen. Sämtliche für die Beschwerdeführerin tätigen DolmetscherInnen werden in einem Dolmetscherpool zusammengefasst, der mehr als 300 Dolmetscher (ca. 40-45 angestellte und ca. 270 „freiberufliche“ Dolmetscher) umfasst. Die folgenden Feststellungen beziehen sich auf ein Tätigkeitsverhältnis auf „freiberuflicher Basis“ (konkret auf jenes von Frau römisch 40 ).

Frau römisch 40 , VSNR römisch 40 , war für die Beschwerdeführerin im Zeitraum von 01.08.2015 bis 31.08.2016 und im Zeitraum von 01.04.2017 bis 31.12.2018 als Videodolmetscherin für die Sprachen Polnisch und Englisch tätig. Anfänglich lag dieser Tätigkeit nur eine schriftliche Verpflichtungserklärung („NDA“) zugrunde. Zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt Anfang bis Mitte 2018 wurde zwischen der Beschwerdeführerin und Frau römisch 40 ein als „Dienstleistungsvertrag“ bezeichneter, schriftlicher Vertrag abgeschlossen, der auszugsweise wie folgt vorsieht (Fassung vom 02.05.2018):

„(römisch eins. Vertragsgegenstand; a. Sprachangebot): Der/Die AUFTRAGNEHMER/IN [= Frau römisch 40 ] verpflichtet sich unter den im Vertrag näher ausgeführten Bestimmungen Dolmetschleistung(en) für folgende Sprache(n) zu erbringen: (…)

Der/Die AUFTRAGNEHMER/IN verwendet eigene Betriebsmittel, wie etwa Laptop, Kamera, Headset und trägt deren Kosten selbst. Die AUFTRAGGEBERIN [= Beschwerdeführerin] stellt keine Betriebsmittel zur Verfügung.

Der/Die AUFTRAGNEHMER/IN erhält keine arbeitsrechtlichen Weisungen von der AUFTRAGGEBERIN. Die Vertragsparteien sind sich daher einig darüber, dass ein freies MitarbeiterInnenverhältnis vorliegt und zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis begründet werden soll. Die AUFTRAGGEBERIN nimmt daher auch keine Anmeldung und keine Beitragsabführung an Sozialversicherungsträger vor. Der/Die AUFTRAGNEHMER/IN erklärt, über eine aufrechte Gewerbeberechtigung zu verfügen bzw. die hier zu regelnde Dienstleistung Dolmetschen als selbständig/e Erwerbstätige/r ohne Gewerbeberechtigung zu erbringen (beispielhaft „neuer Selbständiger“ in Österreich, der nur eine Meldung an das zuständige Finanzamt zu erstatten hat).

(b. Zeitliche Zurverfügungstellung der Dienstleistung Dolmetschen): Die AUFTRAGGEBERIN bietet ihren KundInnen grundsätzlich Dienstleistungen von Montag bis Freitag (jeweils von 07:00 bis 19:00) an. Ebenso bietet die AUFTRAGGEBERIN ihren KundInnen einen Wochenend-, Feiertags- und Nachtdienst (letzteren Montag bis Freitag von 19:00 bis 07:00) an.

Die AUFTRAGGEBERIN hat bei dem/der AUFTRAGNEHMER/IN um die Übernahme von Aufträgen anzufragen. Stets hat der/die AUFTRAGNEHMER/IN die alleinige Entscheidungsgewalt darüber, ob er/sie Aufträge übernimmt.

Die Ablehnung der angefragten Übernahme von Aufträgen hat auf das vorliegende Vertragsverhältnis keinen Einfluss. Auch hat der/die AUFTRAGNEHMER/IN die Möglichkeit, nachträglich ohne Angabe von Gründen vom übernommenen Auftrag zurückzutreten. Dies hat ebenso keinen Einfluss auf das hier vorliegende Vertragsverhältnis. Über den Umstand der nachträglichen Absage durch den/die AUFTRAGNEHMER/IN hat die AUFTRAGGEBERIN mittels Telefon oder E-Mail unverzüglich informiert zu werden.

Der/die AUFTRAGNEHMER/IN kann sich jederzeit und ohne Rücksprache mit der AUFTRAGGEBERIN durch andere DolmetscherInnen, die sich im DolmetscherInnenpool der AUFTRAGGEBERIN befinden, vertreten lassen. Eine Vertretung durch nicht bereits im Dolmetscherpool befindliche DolmetscherInnen ist aufgrund rigoroser Datenschutzbestimmungen (Deutschland und Österreich) nicht möglich. Die AUFTRAGGEBERIN ist über die Vertretung vorab in Kenntnis zu setzen.

(c. Annahme des eingehenden Anrufes durch den/die AUFTRAGNEHMER/IN): Der/die AUFTRAGNEHMER/IN hat pünktlich zum vereinbarten Termin verfügbar zu sein und den anschließenden eingehenden Anruf unmittelbar anzunehmen.

Die Dolmetschdienstleistung erfolgt via Audio- und/oder Videoübertragung. Bei der dabei verwendeten Datenleitung handelt es sich um eine verschlüsselte Point-to-Point Verbindung.

(…)

(römisch zehn. Geheimhaltung): Die Vertragsparteien verpflichten sich, alle ihnen während oder aus Anlass der Zusammenarbeit anvertrauten oder bekannt gewordenen Unterlagen und Informationen, sowie sämtliche Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, insbesondere solche der anderen Vertragspartei, streng geheim zu halten und nicht an Dritte weiterzugeben. Dies gilt auch nach Beendigung dieses Vertrages. Hierunter sind v.a. sämtliche vertragliche Unteralgen [sic] zu verstehen, aber auch Sammlungen von Fachtermini, die von der AUFTRAGGEBERIN zur Verfügung gestellt werden (Verbot der Vervielfältigung sowie der Weitergabe).

(römisch XI. Datengeheimnis): In Ausübung der gegenständlichen Dienstleistung erhält der/die AUFTRAGNEHMER/IN voraussichtlich Kenntnis über personenbezogene Daten. Alle diese Informationen sind absolut vertraulich zu behandeln und unterliegen den Bestimmungen des österreichischen, deutschen und europäischen Datenschutzrechts.

(…)

(römisch XII. Inkrafttreten und Kündigung): (…) Der Dienstleistungsvertrag wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

(…)

Die gegenständliche Vereinbarung kann sowohl durch den/die AUFTRAGNEHMER/IN als auch durch die AUFTRAGGEBERIN jeweils zum Monatsende unter Einhaltung einer einmonatigen Kündigungsfrist ohne Angabe von Gründen gekündigt werden.

(römisch XIII. Schlussbestimmungen; a. IT-Support durch AUFTRAGGEBERIN): Sollte aufgrund technischer Probleme ein Support durch die IT-Abteilung der AUFTRAGGEBERIN nötig sein, so hat der/die AUFTRAGNEHMER/IN entsprechende Vorkehrungen für die Fernwartung zu treffen. Hierunter fallen vor allem die Installation eines geeigneten Fernwartungsprogrammes wie z.B. Teamviewer. Ohne eine solche Software aufseiten des/der AUFTRAGNEHMERS/AUFTRAGNEHMERIN kann die Problembehandlung nicht erfolgen und ist das technische Problem jedenfalls dem/der AUFTRAGNEHMER/IN zuzuschreiben. (…)“

Weitere Vertragspunkte im vorliegenden „Dienstleistungsvertrag“ umfassen insbesondere das erforderliche Ausbildungsniveau, das vereinbarte Honorar sowie Modalitäten zur Abrechnung desselben, die Haftung der DolmetscherInnen für etwaige Schäden aufgrund von Fehlleistungen oder Vertraulichkeitsverletzungen, Regelungen zum Datenschutz einschließlich der Vorgabe, die Dolmetschtätigkeit ausschließlich aus Ländern der EU oder aus als datenschutzrechtlich sicher eingestuften Drittländern zu erbringen, ein Verbot der Aufzeichnung von Dolmetschungen, eine Auflistung unzulässiger Kundenfragen und ein Eigenwerbungs- sowie ein Geschenkannahmeverbot.

Zudem wird im Vertrag unter Punkt römisch XIII.f. („Anlagen“) auf mehrere Dokumente der Beschwerdeführerin verwiesen, die in der jeweils gültigen Fassung als integrale Bestandteile des Vertragsverhältnisses definiert werden. Diese Anlagen umfassen insbesondere einen „Leitfaden Videodolmetschen“, eine „Beschreibung DolmetscherInnen Kontrollprozess“ und eine „Prozessbeschreibung Meldung von Ereignissen“.

Der „Leitfaden Videodolmetschen“ beinhaltet sowohl Vorgaben als auch Empfehlungen hinsichtlich Arbeitsplatz, Arbeitskleidung, technische Einstellungen, Umgang mit eigenen Notizen, Kundenanfragen, Bildschirmpausen, Supervision, Vorbereitung/Terminologie und Dienstübergabe. Darüber hinaus wird der ideale Ablauf einer Videodolmetschung skizziert und auf Besonderheiten bzw. Problemstellungen beim Videodolmetschen sowie beim Telefondolmetschen hingewiesen. Auszugsweise sieht der Leitfaden wie folgt vor:

„(2.2.1. Arbeitsplatz): Als Arbeitsplatz wählen Sie einen ruhigen Ort, der nicht von Dritten frequentiert wird. Eine Dolmetschung darf allerding nicht in Ihrem höchstpersönlichen Lebensbereich stattfinden (wie z.B. Umkleideräume, etc.).

Auch Haustiere dürfen während eines Dienstes keinen Zugang zum Arbeitsplatz haben. Um eine ruhige Arbeitsatmosphäre zu gewährleisten, ist es empfehlenswert die Fenster zu schließen (v.a., wenn diese an stark befahrenen Straßen liegen).

Der Hintergrund Ihres Arbeitsplatzes hat möglichst neutral zu sein. Im Idealfall ist nur eine helle Wand oder Büroeinrichtung (wie z.B. ein Bücherregal) hinter Ihnen im Bild zu sehen. Keinesfalls dürfen Inhalte politischer, ideologischer oder religiöser Natur im Hintergrund sichtbar sein.

Achten Sie bitte darauf, dass Sie alle elektronischen Geräte (wie z.B. Handy, Tablet, diverse Signaltöne des Computers wie Ihr E-Mail-Programm) auf lautlos schalten.

Bevor Sie sich im Videodolmetsch-Portal anmelden, empfehlen wir zu prüfen, ob Ihr Arbeitsplatz ausreichend beleuchtet ist. (…)

(2.2.2. Arbeitskleidung): Gerade beim Community Interpreting können auch sensible Gesprächssituationen vorkommen, weshalb es sich empfiehlt, auf eine angemessene Kleiderwahl zu achten (Schultern bedecken, kein tiefer Ausschnitt, gepflegtes Erscheinungsbild, etc.). (…) Zudem wird von sperrigem Ohr-, Arm- oder Halsschmuck abgeraten, um ungewünschte Nebengeräusche zu vermeiden.

(2.2.3. Technische Einstellungen): Es ist empfehlenswert, vor jedem Dolmetscheinsatz die Audio- und Videoeinstellungen unserer Software zu überprüfen sowie sicherzustellen, dass Sie per LAN-Kabel und nicht per WLAN mit dem Internet verbunden sind. (…) Dabei sollten Sie darauf achten, sich in der Mitte des Bildes zu positionieren und zwar so, dass Kopf und Schultern zu sehen sind. (…) Wenn Sie die Örtlichkeit ändern (z.B. Umzug, Zweitarbeitsplatz), von der aus Sie für gewöhnlich dolmetschen, so wird dringend angeraten, mit der IT der römisch 40 rechtzeitig einen Testanruf durchzuführen, um sicherzugehen, dass die Internetqualität passend ist.

(2.3.1. Grundlegendes): (…) Wir weisen Sie darauf hin, dass keine personenbezogenen Daten oder Daten von besonderen Kategorien aufgezeichnet oder verarbeitet werden dürfen. Sollte es auf Grund der Komplexität der Dolmetschung nötig sein, derartige personenbezogene Daten ausschließlich auf dem Notizblock zu notieren, sind diese Aufzeichnungen ausnahmslos und unverzüglich nach Beendigung der Dolmetschung (datenschutzkonform) zu schreddern.

(…)

(2.3.5. Bildschirmpausen): Sollte eine Dolmetschung über 50 Minuten dauern, können Sie im Sinne der Qualitätssicherung eine 10-minütige Pause einlegen, während dieser der Anruf zwar gehalten wird, Sie aber die Kopfhörer ablegen und sich von Ihrem Arbeitsplatz entfernen können. (…)“

In der „Beschreibung DolmetscherInnen Kontrollprozess“ wird festgelegt, dass die Beschwerdeführerin unangekündigt und in regelmäßigen Abständen Kontrollanrufe über die Videodolmetsch-Software durchführt, in welchen der Arbeitsraum, die Identifikation des/der Dolmetschers/Dolmetscherin, die Internetverbindung, Audio- und Videoeinstellungen sowie Beleuchtung und Hintergrund kontrolliert werden. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum erhielt Frau römisch 40 einen Kontrollanruf.

Die „Prozessbeschreibung Meldung von Ereignissen“ enthält die Verpflichtung der Dolmetscher, sicherheitsrelevante Vorfälle sowie „Data-Breach“-Fälle an die Beschwerdeführerin zu melden sowie die detaillierte Vorgehensweise bei solchen Meldungen.

Frau römisch 40 hat sich initiativ bei der Beschwerdeführerin als Videodolmetscherin beworben. Ihre Tätigkeit nahm sie dann nach einer online abgehaltenen Kurzeinschulung auf, in der wichtige Punkte durchgegangen wurden, welche bei der Videodolmetschung mittels der bei der Beschwerdeführerin verwendeten Software zu beachten sind (Augenkontakt, Notizen, Setting, Software-Einstellungen, Bild/Ton usw.).

Im Hinblick auf die gegenständliche Tätigkeit stellt sich der interne Ablauf bei der Beschwerdeführerin aus IT-Sicht im Detail wie folgt dar:

Als Grundlage für die Zusammenführung einzelner Kunden mit einem/einer geeigneten DolmetscherIn dient ein System, das auf sog. „Skill-Levels“ aufbaut. Neben der Sprache hinterlegt die Beschwerdeführerin für jede(n) einzelne(n) für sie tätige(n) DolmetscherIn in ihrem System ein Skill-Level, welches im Bewerbungsgespräch herausgefiltert wird. Dieses Skill-Level spiegelt die Sprachkenntnisse und das Leistungsniveau des/der einzelnen DolmetscherIn wieder, welche entweder als „Low“, „Medium“ oder „High“ beurteilt werden.

Auch bei den einzelnen Kunden hinterlegt die Beschwerdeführerin ein Skill-Level in ihren Stammdaten, nämlich jenes Skill-Level, das vom jeweiligen Kunden angefragt wird. Dementsprechend müssen sämtliche Kunden vor der ersten Dolmetschung im Kundenstamm der Beschwerdeführerin angelegt werden. Die Kundenakquise erfolgte ausschließlich durch die Beschwerdeführerin selbst.

Im gesamten Skill-Level-System der Beschwerdeführerin gibt es neun Stufen, welche nach Skill-Level gedrittelt sind (Low: Stufe 1-3, Medium: Stufe 4-6, High: Stufe 7-9). Im Einzelnen stellen sich die neun Stufen wie folgt dar:

Stufe

Skill-Level

Verbindung des Kunden mit:

1

Low

Angestellte(r) DolmetscherIn

2

Low

Serviceline der Beschwerdeführerin

3

Low

„Freiberufliche(r)“ DolmetscherIn

4

Medium

Angestellte(r) DolmetscherIn

5

Medium

Serviceline der Beschwerdeführerin

6

Medium

„Freiberufliche(r)“ DolmetscherIn

7

High

Angestellte(r) DolmetscherIn

8

High

Serviceline der Beschwerdeführerin

9

High

„Freiberufliche(r)“ DolmetscherIn

Meldet sich nunmehr ein Kunde mit einem Dolmetschauftrag bei der Beschwerdeführerin, muss er zuerst die zu dolmetschende Sprache auswählen. Das System erkennt in weiterer Folge aufgrund der im Kundenstamm hinterlegten Daten, ob der Kunde das Skill-Level Low, Medium oder High benötigt. Benötigt er bspw. eine(n) Russisch-DolmetscherIn mit dem Skill-Level Low, wird vom System auf Stufe 1 versucht, ihn mit einem/einer angestellten Russisch-DolmetscherIn auf dem Skill-Level Low zu verbinden. Wenn in der Leitung kein(e) entsprechende(r) DolmetscherIn frei ist, wechselt das System auf Stufe 2. Das ist die Serviceline der Beschwerdeführerin, welche noch einmal versucht, eine(n) DolmetscherIn aus Stufe 1 zu erreichen. Falls dies nicht gelingt, wechselt das System auf Stufe 3 und verbindet den Kunden mit einem/einer „freiberuflichen“ Russisch-DolmetscherIn auf dem Skill-Level Low. Dabei wird jene(r) verfügbare DometscherIn gewählt, der/die am längsten keinen Dolmetschauftrag hatte.

Der gleiche Prozess läuft beim Skill-Level Medium (Stufe 4-6) und beim Skill-Level „High“ (Stufe 7-9) ab. Das System beginnt innerhalb der gewählten Sprache und innerhalb des benötigten Skill-Levels immer bei der niedrigsten Stufe und spring dann schrittweise auf die jeweils nächsthöhere Stufe.

Zur Abwicklung ihrer Tätigkeit setzt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen zwei Softwareanwendungen ein, nämlich „Cisco Finesse“ und „Cisco Jabber“. Das Programm „Cisco Finesse“ fungiert gewissermaßen als Zentralstelle, in welcher das sog. „Matching“ – also die Zusammenführung des jeweiligen Kunden mit einem/einer passenden DolmetscherIn nach der soeben dargestellten Logik – erfolgt. „Cisco Jabber“ ist die Kommunikationssoftware, in welcher die DolmetscherInnen die eigentlichen Videodolmetschaufträge für die Kunden der Beschwerdeführerin ausführen.

Frau römisch 40 erhielt – wie sämtliche für die Beschwerdeführerin tätigen DolmetscherInnen – von der Beschwerdeführerin eine Lizenz sowie die dazugehörigen, individuellen Zugangsdaten für das Programm „Cisco Jabber“. Über diese Lizenz erkennt das Programm „Cisco Finesse“ den/die einzelne(n) DolmetscherIn sowie die von ihm/ihr gedolmetschten Sprachen und das jeweilige Skill-Level. Die beiden Programme „Cisco Finesse“ und „Cisco Jabber“ sind miteinander kompatibel. Diese Kompatibilität ist Voraussetzung dafür, dass die Beschwerdeführerin die von ihr angebotenen Videodolmetschleistungen entsprechend ihrer internen Arbeitsabläufe erbringen kann.

Im Rahmen der vertraglichen Vorgaben (siehe oben Punkt 2.2.1. Arbeitsplatz im „Leitfaden Videodolmetschen“ und die aus dem Datenschutz resultierenden Vorgaben) konnte Frau römisch 40 ihren Arbeitsort frei wählen. Frau römisch 40 übte die gegenständliche Tätigkeit ausschließlich an ihrem eigenen Wohnsitz aus. Im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum war Frau römisch 40 nicht in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin persönlich anwesend.

Ihre Verfügbarkeit für die Beschwerdeführerin konnte Frau römisch 40 frei wählen. Der Ablauf war dabei so, dass Frau römisch 40 ihre Verfügbarkeitszeiten bis zum 15. jedes Monats für den jeweiligen Folgemonat mittels einer von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Verfügbarkeitsliste (Excel-Tabelle) bekannt gab. Die Beschwerdeführerin erstellte in weiterer Folge je Dolmetschsprache einen monatlichen Dienstplan, welchen sie wiederum an Frau römisch 40 rückübermittelte. Durch die Eintragung in den Dienstplan nahm die Beschwerdeführerin die ursprünglich gemeldeten Verfügbarkeitszeiten – je nach Bedarf – teilweise an oder auch nicht. Seitens der Beschwerdeführerin gab es bei der Dienstvergabe kein vorab zugesagtes Mindestausmaß. Auch Frau römisch 40 war nicht an ein mindestens zu erbringendes Tätigkeitsausmaß gebunden.

Kam auf diese Art ein Dienst zustande, loggte sich Frau römisch 40 mit ihren Zugangsdaten rechtzeitig vor Dienstbeginn ins System der Beschwerdeführerin ein und stellte ihren Status auf „online“. Seitens der Beschwerdeführerin konnten ihr dann eingehende Kundenaufträge zugeschalten werden. In der Regel nahm sie eingehende Aufträge an, und führte die jeweiligen Videodolmetschungen in weiterer Folge aus. Neben den soeben beschriebenen „ad hoc“-Dolmetschungen, kamen fallweise – jedoch relativ selten – Videodolmetschungen für sog. „Terminkunden“ dazu, für die es einen eigenen Dienstplan gab. Frau römisch 40 führte eine von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellte Anrufliste, in der sie das Datum, die Beginn-, Endzeiten und Dauer der Kundenaufträge sowie den jeweiligen Kundennamen eintrug.

Für die im Dienstplan eingetragenen Einsatzzeiten konnte sich Frau römisch 40 ausschließlich durch DolmetscherInnen derselben Sprache und desselben Skill-Levels, die bereits im Dolmetscherpool der Beschwerdeführerin waren, vertreten lassen. Im gegenständlichen Zeitraum hat sich Frau römisch 40 mehrmals vertreten lassen, indem sie Dienste mit anderen DolmetscherInnen aus dem Dolmetscherpool getauscht hat und das Administrativteam der Beschwerdeführerin darüber informierte. Frau römisch 40 übte ihre Tätigkeit für die Beschwerdeführerin aber größtenteils persönlich aus.

Entsprechend der vertraglichen Regelung (siehe oben im „Dienstleistungsvertrag“, Punkt römisch eins.a.) konnte Frau römisch 40 im Dienstplan eingetragene Einsätze, ohne dabei Fristen einhalten oder einen Grund anführen zu müssen, jederzeit und sanktionslos ablehnen. Von diesem Ablehnungsrecht hat Frau römisch 40 auch tatsächlich Gebrauch gemacht, indem Sie einzelne eingetragene Dienste mittels E-Mail an die Beschwerdeführerin absagte. Mit möglichen Absagen hat die Beschwerdeführerin auch stets gerechnet und dementsprechend bereits bei der Dienstplanerstellung eine gewisse Fluktuation berücksichtigt.

Neben den bereits oben zitierten Vorgaben im „Dienstleistungsvertrag“, im „Leitfaden Videodolmetschen“, in der „Beschreibung DolmetscherInnen Kontrollprozess“ und in der „Prozessbeschreibung Meldung von Ereignissen“ erhielt Frau römisch 40 keine Weisungen der Beschwerdeführerin.

Durch das Einloggen von Frau römisch 40 ins System der Beschwerdeführerin, war es für die Beschwerdeführerin ersichtlich, zu welchen Zeiten Frau römisch 40 online und für eingehende Kundenaufträge verfügbar war. Gleichermaßen waren für die Beschwerdeführerin die Beginn- und Endzeiten von einzelnen Videodolmetschungen ersichtlich.

An Betriebsmittel brachte Frau römisch 40 für ihre Tätigkeit – zusätzlich zum Arbeitsplatz an ihrem Wohnsitz – einen Laptop mit Kamera, ein Headset, einen Ethernet-Adapter+LAN-Kabel, Internet und Schreibmaterial/Blöcke ein.

Von der Beschwerdeführerin erhielt Frau römisch 40 neben der Software-Lizenz und den individuellen Zugangsdaten (eigener Benutzername und Passwort) für „Cisco Jabber“ einschließlich Updates und Support, einen Zugang zu einer „Dropbox“ (= Cloud) mit Glossaren und Hintergrundmaterialen (z.B.: Fachtermini, zusätzliche Unterlagen von Kunden) sowie Vorlagen für Honorarnoten, Verfügbarkeitslisten und Anruflisten.

Für die verfahrensgegenständliche Tätigkeit als Videodolmetscherin erhielt Frau römisch 40 ein Entgelt, das sich aus zwei Bestandteilen zusammensetzte. Für sogenannte Bereitschaftszeiten, das sind jene Zeiten, in denen sie im Dienstplan eingetragen und auch tatsächlich online verfügbar war, erhielt sie EUR 10,00 pro angefangener Stunde. Zusätzlich erhielt sie für die konkret ausgeführten Videodolmetschungen einen Minutensatz, der je nach Kunden und Dolmetschsprache variierte. Teilweise gab es dabei eine Mindestminutenzahl pro Kundenauftrag, die jedenfalls entlohnt wurde, auch wenn die tatsächliche Dolmetschung kürzer war. Über solche Mindestminutenzahlen hinausgehende Zeiten wurden wiederum minutengenau entlohnt. Die Abrechnung des Entgeltes erfolgte über Honorarnoten, die von Frau römisch 40 unter Verwendung einer Vorlage der Beschwerdeführerin erstellt und gemeinsam mit den jeweiligen Anruflisten (siehe oben) übermittelt wurden. Die Beschwerdeführerin kontrollierte die Honorarnoten auf Plausibilität und brachte die abgerechneten Beträge zur Auszahlung.

Folgende Beträge wurden im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von der Beschwerdeführerin an Frau römisch 40 als Entgelt ausbezahlt:


 

2015

2016

2017

2018

Jänner

-

EUR 200,00

-

EUR 72,00

Februar

-

EUR 215,00

-

EUR 386,00

März

-

EUR 210,00

-

EUR 350,50

April

-

EUR 279,00

EUR 370,50

EUR 395,00

Mai

-

EUR 210,00

EUR 683,00

EUR 516,00

Juni

-

EUR 552,00

EUR 624,00

EUR 182,00

Juli

-

EUR 535,00

EUR 557,50

EUR 386,00

August

EUR 62,00

EUR 375,00

EUR 710,50

EUR 481,50

September

EUR 30,00

-

EUR 607,00

EUR 314,00

Oktober

EUR 40,00

-

EUR 434,00

EUR 372,00

November

EUR 85,00

-

EUR 569,00

EUR 627,00

Dezember

EUR 135,00

-

EUR 407,00

EUR 367,00

Im gegenständlichen Zeitraum erbrachte Frau römisch 40 auch für andere Auftraggeber entgeltliche Dolmetschdienstleistungen und Übersetzungen.

Frau römisch 40 verfügte im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über keine Gewerbeberechtigung.

2. Beweiswürdigung:

Sozialversicherungsrechtliche Verfahren betreffend die Feststellung der Versicherungspflicht – hier der von Frau römisch 40 – sind stets Einzelfallentscheidungen.

Bei der Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse, die konkrete Ausgestaltung und das „tatsächlich Gelebte“ an. Auf eine theoretisch mögliche andere Gestaltung kommt es bei der Beurteilung des im gegenständlichen Fall verwirklichten Sachverhalts nicht an.

Der Verfahrensgang und die Sachverhaltsfeststellungen konnten in Zusammenschau mit der am 23.03.2022 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem aktenkundigen, regen Schriftverkehr im Ermittlungsverfahren vor der belangten Behörde sowie den im Akt befindlichen (wesentlichen) Urkunden getroffen werden.

Der im gegenständlichen Fall verwirklichte und schlussendlich festgestellte Sachverhalt wurde von den beteiligten Parteien im Wesentlichen gleich geschildert. Davon konnte sich auch das Bundesverwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung überzeugen; den jeweiligen Ausführungen im Rahmen der Parteieneinvernahme in diesem Mehrparteienverfahren wurde in keiner Weise widersprochen. Die Beschwerde moniert vielmehr, dass der Sachverhalt von Seiten der belangten Behörde nicht richtig gewürdigt wurde.

Das unterschiedliche Vorbringen der Parteien bezieht sich auf die Würdigung und rechtliche Beurteilung des Sachverhalts und zwar im konkreten auf die Frage, ob nach dem Gesamtbild des Tätigseins von Frau römisch 40 (so die belangte Behörde) ein freier Dienstvertrag gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG oder (so die Beschwerdeführerin) eine nach GSVG zu versichernde selbstständige Tätigkeit vorliegt.

Die Feststellungen zur Kerntätigkeit der Beschwerdeführerin, zum Einsatz von angestellten DolmetscherInnen und von auf „freiberuflicher Basis“ tätigen DolmetscherInnen sowie zum Dolmetscherpool basieren auf das diesbezüglich unbedenkliche und glaubwürdige Vorbringen der Beschwerdeführerin (siehe Beschwerde vom 23.12.2021, Sitzung 3 und Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 6).

Der verfahrensgegenständliche Zeitraum wurden von keiner Verfahrenspartei bestritten (siehe Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 4). Unbestritten blieb auch, dass Frau römisch 40 in diesem Zeitraum für die Beschwerdeführerin als Videodolmetscherin für die Sprachen Polnisch und Englisch tätig war.

Ein unterzeichneter Vertrag wurde zwar im gesamten Verfahren weder von der Beschwerdeführerin noch von Frau römisch 40 vorgelegt; Frau römisch 40 bestätigte aber in der mündlichen Verhandlung auf Vorhalt des – im Zuge der GPLA von der Beschwerdeführerin vorgelegten – Vertragsformulars samt Anlagen den schlussendlich festgestellten Vertragsabschluss (siehe Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 18). Die Aussage von Frau römisch 40 deckt sich in diesem Punkt auch mit ihren Angaben im Fragebogen, welchen sie im Zuge der GPLA ausgefüllt an die belangte Behörde übermittelt hat (siehe Fragebogen vom 18.11.2019, im Verwaltungsakt: ON 5, Sitzung 39). Selbst die Beschwerdeführerin hat diesem Vorbringen im gesamten Verfahren nicht widersprochen.

Die Feststellungen zum konkreten Inhalt des „Dienstleistungsvertrages“, des „Leitfaden Videodolmetschen“, der „Beschreibung DolmetscherInnen Kontrollprozess“ und der „Prozessbeschreibung Meldung von Ereignissen“ ergeben sich unmittelbar aus den in dieser Hinsicht eindeutigen, unbedenklichen Urkunden (siehe im Verwaltungsakt: ON 3, Sitzung 1 ff).

In Hinblick auf die Initiativbewerbung, die online abgehaltene Kurzeinschulung und den Kontrollanruf, stützen sich die getroffenen Feststellungen auf die lebensnahe und glaubwürdige Aussage von Frau römisch 40 in der mündlichen Verhandlung (siehe Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 18 und 25).

Sämtliche Feststellungen zum interne Ablauf bei der Beschwerdeführerin aus IT-Sicht gründen auf den detaillierten und nachvollziehbar geschilderten Angaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, Herr römisch 40 , in der mündlichen Verhandlung (siehe Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 8, 9 und 19). Dabei bestätigte er insbesondere auch die Zurverfügungstellung der Software-Lizenz einschließlich Benutzername und Passwort für „Cisco Jabber“ durch die Beschwerdeführerin (siehe Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 8: „Das, was als Lizenz bezeichnet wird, gehört der Firma.“). Auf die für die Arbeitsabläufe nötige Kompatibilität der Programme „Cisco Finesse“ und „Cisco Jabber“ verwies die Beschwerdeführerin bereits in ihrer Beschwerde vom 23.12.2021 (siehe Beschwerde vom 23.12.2021, Sitzung 16: „Das ist nur möglich, wenn jeweils Programme gleicher Hersteller – im konkreten Fall Cisco – verwendet werden.“).

Ausdrücklich nicht gefolgt wird in diesem Zusammenhang aber den nachfolgenden Ausführungen in der Beschwerde vom 23.12.2021, wonach es „den Dolmetschern in concreto sogar möglich [ist], ihre eigene Software zu verwenden, vorausgesetzt es handelt sich um ein Cisco-kompatibles Programm.“ (siehe Beschwerde vom 23.12.2021, Sitzung 17) Die Beschwerdeführerin lässt es nämlich völlig dahingestellt, welche Programme anderer Hersteller die vorausgesetzte Kompatibilität aufweisen bzw. wie in solchen Fällen die Schnittstellenprobleme vermieden werden können, auf die die Beschwerdeführerin selbst in ihrer Begründung für die einheitliche Verwendung von „Cisco“-Programmen verweist. Darüber hinaus ist auf die obenstehende Ausführung hinzuweisen, wonach es auf eine theoretisch mögliche andere Gestaltung bei der Beurteilung des im gegenständlichen Fall verwirklichten Sachverhalts nicht ankommt. Fest steht, und das wurde von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten, dass Frau römisch 40 – wie auch die anderen für die Beschwerdeführerin tätigen DolmetscherInnen – das Programm „Cisco Jabber“ verwendet hat.

Betreffend die Feststellungen zum Arbeitsort, zu den Verfügbarkeitszeiten, zum Dienstplan und zum konkreten Ablauf eines Dienstes samt Dokumentation auf den Anruflisten wurde den lebensnahen Angaben von Frau römisch 40 in der mündlichen Verhandlung (siehe Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 19 und 21-24) gefolgt, die auch von den anderen Verfahrensparteien nicht bestritten wurden.

Dass eine Vertretung entsprechend dem „Dienstleitungsvertrag“ (siehe Punkt römisch eins.b.) nur innerhalb des Dolmetscherpools möglich war, räumte auch der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Herr römisch 40 , ein (siehe Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 14). Dass es zu Vertretungen innerhalb des Dolmetscherpools gekommen ist und wie der konkrete Ablauf bei einer Vertretung bzw. bei einem Diensttausch war, basiert wiederum auf der glaubwürdigen Aussage von Frau römisch 40 .

Gleichermaßen glaubwürdig gab Frau römisch 40 im gesamten Verfahren einheitlich und widerspruchsfrei an, dass sie jederzeit, ohne dabei Fristen einhalten oder Gründe angeben zu müssen, bereits vereinbarte Dienste ablehnen konnte, wovon sie auch tatsächlich Gebrauch gemacht hat (siehe Fragebogen vom 18.11.2019, im Verwaltungsakt: ON 5, Sitzung 40-41, 43 und Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 23). Diese Angaben stehen auch im Einklang mit den diesbezüglichen Regelungen im „Dienstleitungsvertrag“ (siehe Punkt römisch eins.b.). Zudem konnte die Beschwerdeführerin nachvollziehbar darlegen, dass solche Absagen der DolmetscherInnen stets eingeplant waren und dass die Struktur und Planung der Beschwerdeführerin die teilweise sehr kurzfristigen Absagen bereits eingetragener Dienste abfedern kann (siehe Beschwerde vom 23.12.2021, Sitzung 9-11 und Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 12-15 und 37).

In Bezug auf Weisungen und Kontrollmöglichkeiten stützen sich die Feststellungen auf die übereinstimmenden Aussagen von Frau römisch 40 und vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin, Herr römisch 40 , in der mündlichen Verhandlung (siehe Niederschrift vom 23.03.2022 in OZ 7, Sitzung 16 und 21-22 und 25).

Auch in Hinblick auf die Feststellungen, welche Betriebsmittel im Einzelnen von Frau römisch 40 eingebracht wurden und welche von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt wurden, widersprechen sich die Vorbringen sämtlicher Verfahrensparteien nicht. Die in diesem Zusammenhang aufgetretene Diskrepanz zwischen der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde betrifft nämlich nicht die Feststellung, wer welche Betriebsmittel konkret gestellt hat, sondern die Frage, ob die seitens Frau römisch 40 eingebrachten Betriebsmittel als wesentliche eigene Betriebsmittel iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG zu qualifizieren sind. Da diese Frage ausschließlich die rechtliche Würdigung betrifft, kann an dieser Stelle auf die untenstehende rechtliche Beurteilung verwiesen werden.

Die Feststellungen zum Entgelt und zu den Nebentätigkeiten von Frau römisch 40 blieben schlussendlich unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Paragraph 414, Absatz eins, ASVG normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide eines Versicherungsträgers.

Gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß Paragraph 414, Absatz 2, ASVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht nur in Angelegenheiten nach Paragraph 410, Absatz eins, Ziffer eins,, 2 und 6 bis 9 ASVG und nur auf Antrag einer Partei durch einen Senat. In der vorliegenden Angelegenheit wurde kein derartiger Antrag gestellt. Somit obliegt die Entscheidung der vorliegenden Beschwerdesache der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichterin.

Nach Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat.

3.2. Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 59, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.3. Paragraph 27, VwGVG legt den Prüfungsumfang fest und beschränkt diesen insoweit, als das Verwaltungsgericht (bei Bescheidbeschwerden) prinzipiell (Ausnahme: Unzuständigkeit der Behörde) an das Beschwerdevorbringen gebunden ist vergleiche Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anmerkung 1 zu Paragraph 27, VwGVG). Konkret normiert die zitierte Bestimmung: "Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen."

Die zentrale Regelung zur Frage der Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte bildet Paragraph 28, VwGVG. Gegenständlich steht der maßgebliche Sachverhalt im Sinne von Paragraph 28, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG fest. Das Bundesverwaltungsgericht hat folglich in der Sache selbst zu entscheiden.

3.4. Die im vorliegenden Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) und Arbeitslosenversicherungsgesetzes (AlVG) lauten:

ASVG:

Vollversicherung

Paragraph 4, (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den Paragraphen 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach Paragraph 7, nur eine Teilversicherung begründet:

1.           die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer; (…)

2.           bis 13. …

14.         die den Dienstnehmern im Sinne des Absatz 4, gleichgestellten Personen.

(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 45 aus 2005,, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach Paragraph 47, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

1. Bezieher von Einkünften nach Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, Litera a, oder b EStG 1988 oder

2. Bezieher von Einkünften nach Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, Litera c, EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder

3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.

(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),

wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,

a)           dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins bis 3 GSVG oder Paragraph 2, Absatz eins, BSVG oder nach Paragraph 2, Absatz eins und 2 FSVG versichert sind oder

b)           dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer eins, Litera f, B-KUVG handelt oder

c)           dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d)           dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.

(5) (aufgehoben)

(6) Eine Pflichtversicherung gemäß Absatz eins, schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Absatz 4, aus.

Ausnahmen von der Vollversicherung

Paragraph 5, (1) Von der Vollversicherung nach Paragraph 4, sind unbeschadet einer nach Paragraph 7, oder nach Paragraph 8, eintretenden Teilversicherung ausgenommen:

1. …

2. Dienstnehmer und ihnen gemäß Paragraph 4, Absatz 4, gleichgestellte Personen, ferner Heimarbeiter und ihnen gleichgestellte Personen sowie die im Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 6, genannten Personen, wenn das ihnen aus einem oder mehreren Beschäftigungsverhältnissen im Kalendermonat gebührende Entgelt den Betrag gemäß Absatz 2, nicht übersteigt (geringfügig beschäftigte Personen);

3. bis 17. …

(2) Ein Beschäftigungsverhältnis gilt als geringfügig, wenn daraus im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 425,70 € Anmerkung Stand 2017) gebührt. An die Stelle dieses Betrages tritt ab Beginn jedes Beitragsjahres (Paragraph 242, Absatz 10,) der unter Bedachtnahme auf Paragraph 108, Absatz 6, mit der jeweiligen Aufwertungszahl (Paragraph 108 a, Absatz eins,) vervielfachte Betrag.

(3) Kein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis liegt vor, wenn

1. das im Kalendermonat gebührende Entgelt den in Absatz 2, genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit) oder die für mindestens einen Monat oder auf unbestimmte Zeit vereinbarte Beschäftigung im Lauf des betreffenden Kalendermonates begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde;

2. es sich um eine Beschäftigung als HausbesorgerIn nach dem Hausbesorgergesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 16 aus 1970,, handelt, außer während der Zeit eines Beschäftigungsverbotes nach den Paragraphen 3 und 5 des Mutterschutzgesetzes 1979 (MSchG), Bundesgesetzblatt Nr. 221 aus 1979,, oder einer Karenz nach dem MSchG oder dem Väter-Karenzgesetz (VKG), Bundesgesetzblatt Nr. 651 aus 1989,, oder bei Anspruch auf Wochengeld.

Teilversicherung von im Paragraph 4, genannten Personen

Paragraph 7, Nur in den nachstehend angeführten Versicherungen sind von den im Paragraph 4, genannten Personen auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (teilversichert):

1. und 2. …

3. in der Unfallversicherung hinsichtlich der nachstehend bezeichneten Tätigkeiten (Beschäftigungsverhältnisse):

a)           die im Paragraph 5, Absatz eins, Ziffer 2, von der Vollversicherung ausgenommenen Beschäftigten;

b)           bis d) …

Dienstgeber

Paragraph 35, (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

(…)

Grundsätze der Sachverhaltsfeststellung

Paragraph 539 a, (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Mißbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen

1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,

2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie

3. die Zurechnung

nach den Paragraphen 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.

AlVG:

Umfang der Versicherung

Paragraph eins, (1) Für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert) sind

a)           Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, (…)

soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind.

(2) Ausgenommen von der Arbeitslosenversicherungspflicht sind

a)           bis c) …

d)           Dienstnehmer, Heimarbeiter und selbständige Pecher, die nach der Höhe des Entgelts geringfügig beschäftigt sind;

e)           bis g) …

(3) bis (7) …

(8) Freie Dienstnehmer im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), Bundesgesetzblatt Nr. 189 aus 1955,, sind Dienstnehmern gleich gestellt.

3.5. Zu A) Abweisung der Beschwerde

Im gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren wendet sich die Beschwerdeführerin in der Sache gegen die Beurteilung der belangten Behörde, wonach die Tätigkeit der mitbeteiligten Frau römisch 40 als Videodolmetscherin bei der Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG erfolgt sei und somit eine Versicherungspflicht nach ASVG vorliegt.

Vorauszuschicken ist für die im Folgendem vorzunehmende Prüfung, dass – wie die belangte Behörde in der rechtlichen Begründung ihres Bescheids unter Verweis auf Paragraph 539 a, ASVG zutreffend ausführt – die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des im konkreten Fall verwirklichten Sachverhalts nicht „Vereinbarungssache“ zwischen den Parteien ist (siehe „Dienstleistungsvertrag“, Punkt römisch eins.a.: „Die Vertragsparteien sind sich daher einig darüber, dass ein freies MitarbeiterInnenverhältnis vorliegt und zwischen ihnen kein Arbeitsverhältnis begründet werden soll. […] Der/Die AUFTRAGNEHMER/IN erklärt, über eine aufrechte Gewerbeberechtigung zu verfügen bzw. die hier zu regelnde Dienstleistung Dolmetschen als selbständig/e Erwerbstätige/r ohne Gewerbeberechtigung zu erbringen […]“), sondern nach den gesetzlich festgelegten Kriterien unter Heranziehung der Rechtsprechung des VwGH zu erfolgen hat.

Dazu ist zunächst zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall ein Werkvertrag oder ein Dienstvertrag vorliegt.

Gemäß Paragraph 1151, Absatz eins, ABGB entsteht, wenn jemand sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 20.05.1980, Slg. Nr. 10.140/A, grundlegend mit der Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits beschäftigt und hat - in Übereinstimmung mit der in diesem Erkenntnis zitierten Lehre - ausgeführt, dass es entscheidend darauf ankommt, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor) oder ob er die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt (in diesem Fall liegt ein Werkvertrag vor), wobei es sich im zuletzt genannten Fall um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handelt, während es beim Dienstvertrag primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers, also auf die Bereitschaft des Letzteren zur Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, ankommt. Der Werkvertrag begründet in der Regel ein Zielschuldverhältnis. Die Verpflichtung besteht darin, die genau umrissene Leistung - in der Regel bis zu einem bestimmten Termin - zu erbringen. Mit der Erbringung der Leistung endet das Vertragsverhältnis. Das Interesse des Bestellers und die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind lediglich auf das Endprodukt als solches gerichtet vergleiche die VwGH-Erkenntnisse vom 05.06.2002, Zlen. 2001/08/0107, 0135, sowie vom 03.07.2002, Zl. 2000/08/0161).

Für einen Werkvertrag essenziell ist ein "gewährleistungstauglicher" Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet geduldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten "Ziels" auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag (VwGH-Erkenntnis vom 17.12.2013, Zl. 2012/09/0092, mit Verweis auf VwGH-Erkenntnis vom 23.05.2007, Zl. 2005/08/0003, mwN).

Wird der Vertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen und endet er nicht mit dem Abschluss eines Werks, spricht das gegen einen Werkvertrag (VwGH 2002/08/0264, infas 2006, S 11; VwGH 2007/08/0153, infas 2011, S 24; VwGH 2012/08/0303, infas 2013, S 15). Erst recht spricht bei einer immer wiederkehrenden oder kontinuierlichen Leistungserbringung die Typizität im Zweifel für einen freien Dienstvertrag oder Arbeitsvertrag vergleiche auch Mosler, DRdA 2007/29, 288 [295]). (Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm Paragraph 4, ASVG Rz 186, Stand 1.7.2020, rdb.at)

Wie festgestellt hat sich Frau römisch 40 im vorliegenden Fall verpflichtet, pünktlich zu den im Dienstplan eingetragenen Zeiten für eingehende Kundenaufträge verfügbar zu sein und nach dem Eingang solcher Aufträge Videodolmetschungen entsprechend der Bedürfnisse der einzelnen Kunden auszuführen. Folglich hat sie aber nicht die Herstellung eines Werkes im Sinne der soeben zitierten Judikatur des VwGH übernommen. Die zu erbringenden Leistungen (Verfügbarkeit und Videodolmetschungen) waren nämlich nicht schon dergestalt im Vertrag individualisiert und konkretisiert, dass von einer in sich geschlossenen Einheit gesprochen werden könnte. Vielmehr hat sich Frau römisch 40 dazu verpflichtet, der Beschwerdeführerin ihre Arbeitskraft während der im Dienstplan eingetragenen Zeiten zur Verfügung zu stellen. Geschuldet war somit die Erbringung von Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit.

Demgemäß ist auch kein Maßstab ersichtlich, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des "Werkes" beurteilt werden sollten vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 21.09.2015, Zl. Ra 2015/08/0045, mwN). Auch die Form der Entlohnung, bei der wie festgestellt sowohl die reine Bereitschaftszeit als auch die konkret ausgeführten Videodolmetschungen (leistungsbezogen Komponente) entlohnt wurden, spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Zudem wurde der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen (siehe „Dienstleistungsvertrag“, Punkt römisch XII.). Dass es sich vorliegend um kein Zielschuldverhältnis handelt ist evident. Schließlich indiziert auch die Bezeichnung des abgeschlossenen Vertrages als „Dienstleistungsvertrag“, dass selbst die Beschwerdeführerin nicht vom Vorliegen eines Werkvertrages ausgeht.

Im Ergebnis liegt somit keine Tätigkeit im Rahmen eines Werkvertrages vor.

Im nächsten Schritt ist daher zu prüfen, ob Frau römisch 40 in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wurde und folglich eine Versicherungspflicht nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG vorliegt.

Gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG sind in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den Paragraphen 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgeschlossen ist noch nach Paragraph 7, ASVG eine Teilversicherung begründet.

Dienstnehmer ist gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß Paragraph 47, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 21.02.2001, Zl. 96/08/0028).

Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG (und damit für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis) ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinn des Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, ASVG schon deshalb nicht vor vergleiche das VwGH-Erkenntnis vom 25.04.2007, VwSlg. 17.185/A). Die persönliche Arbeitspflicht fehlt einerseits dann, wenn dem zur Leistung Verpflichteten ein "generelles Vertretungsrecht" zukommt, wenn er also jederzeit nach Gutdünken beliebige Teile seiner Verpflichtung auf Dritte überbinden kann vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 17.11.2004, Zl. 2001/08/0131). Damit wird vor allem die Situation eines selbständig Erwerbstätigen in den Blick genommen, der - anders als ein letztlich nur über seine eigene Arbeitskraft disponierender (abhängig) Beschäftigter - im Rahmen einer unternehmerischen Organisation (oft werkvertragliche) Leistungen zu erbringen hat und dabei Hilfspersonal zum Einsatz bringt oder sich eines Vertreters (Subunternehmers) bedient. Die "generelle Vertretungsbefugnis" spielt insbesondere bei der Abgrenzung zwischen selbständigen und unselbständigen Erwerbstätigkeiten eine Rolle. Von einer die persönliche Arbeitspflicht ausschließenden generellen Vertretungsbefugnis kann nur dann gesprochen werden, wenn der Erwerbstätige berechtigt ist, jederzeit und nach Gutdünken irgendeinen geeigneten Vertreter zur Erfüllung der von ihm übernommenen Arbeitspflicht heranzuziehen bzw. ohne weitere Verständigung des Vertragspartners eine Hilfskraft beizuziehen. Keine generelle Vertretungsberechtigung stellt die bloße Befugnis eines Erwerbstätigen dar, sich im Fall der Verhinderung in bestimmten Einzelfällen, z.B. im Fall einer Krankheit oder eines Urlaubs oder bei bestimmten Arbeiten innerhalb der umfassenderen Arbeitspflicht vertreten zu lassen; ebenso wenig die bloß wechselseitige Vertretungsmöglichkeit mehrerer vom selben Vertragspartner beschäftigter Personen vergleiche etwa VwGH-Erkenntnis vom 16.11.2011, Zl. 2008/08/0152, mwN).

Genau der letztere Fall liegt aber beim hier zu beurteilenden Sachverhalt vor. Wie festgestellt war eine Vertretung ausschließlich durch DolmetscherInnen (derselben Sprache und desselben Skill-Levels) die bereits im Dolmetscherpool der Beschwerdeführerin waren, möglich. Auch faktisch wurde eine generelle Vertretungsbefugnis im Sinne der zitierten Judikatur des VwGH nicht gelebt. Frau römisch 40 hat sich im verfahrensgegenständlichen Zeitraum ausschließlich von DolmetscherInnen aus dem Dolmetscherpool vertreten lassen, indem sie einzelne Dienst getauscht und die Beschwerdeführerin darüber informiert hat. Eine die persönliche Arbeitspflicht ausschließende generelle Vertretungsbefugnis liegt daher im Ergebnis nicht vor.

Die persönliche Arbeitspflicht fehlt andererseits auch dann, wenn einem Beschäftigten ein "sanktionsloses Ablehnungsrecht" zukommt, wenn er also die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann. Der Empfänger der Dienstleistungen kann unter solchen Umständen nicht darauf bauen und entsprechend disponieren, dass dieser Beschäftigte an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit für Dienstleistungen vereinbarungsgemäß zur Verfügung stehen werde.

Die Befugnis eines Erwerbstätigen, angebotene Beschäftigungsmöglichkeiten auszuschlagen, berührt die persönliche Arbeitspflicht in keiner Weise, mag diese Befugnis auch als "sanktionsloses Ablehnungsrecht" (in einem weiteren Sinn) bezeichnet werden. Zwischen der sanktionslosen Ablehnung der Erbringung einzelner Leistungen, etwa bei deren Abruf im Zuge einer Rahmenvereinbarung bei verpflichtender Tätigkeit im Fall der Zusage, und einem generellen sanktionslosen Ablehnungsrecht, das die persönliche Abhängigkeit ausschließt, ist ein deutlicher Unterschied zu machen vergleiche VwGH-Erkenntnisse vom 04.07.2007, Zl. 2006/08/0193, und vom 14.02.2013, Zl. 2012/08/0268).

Selbst eine ausdrücklich vereinbarte Befugnis des Beschäftigten, bereits zugesagte Arbeitseinsätze jederzeit nach Gutdünken sanktionslos ablehnen zu können, stünde ebenfalls im Verdacht, ein "Scheingeschäft" zu sein, wenn eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation nicht in Einklang zu bringen wäre vergleiche Paragraphen 539 und 539a ASVG). Anders wäre ein Sachverhalt aber z. B. dann zu beurteilen, wenn der Dienstgeber einfache Aushilfsarbeiten derart organisiert, dass für deren Durchführung jederzeit mehrere abrufbare Arbeitskräfte zur Verfügung stehen (präsenter "Arbeitskräftepool"), und es ihm - nicht zuletzt wegen der Einfachheit der Arbeiten - gleichgültig ist, von welcher - gleichwertigen - Arbeitskraft aus dem potentiell zur Verfügung stehenden Kreis er die Arbeiten verrichten lässt. Steht dem Dienstgeber die Möglichkeit offen, im Falle der (jederzeit möglichen) Absage der von ihm in Aussicht genommenen Person aus dem "Pool" sofort die jeweils nächste Arbeitskraft abzurufen und stehen genügend Arbeitskräfte zur Verfügung, dann könnte der einzelne Teilnehmer am "Pool", mit dem dies vereinbart wurde oder dem dies bekannt ist, tatsächlich in Übereinstimmung mit dem Vereinbarten davon ausgehen, einzelne Arbeitsleistungen jederzeit nach Gutdünken sanktionslos ablehnen zu dürfen vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 01.10.2015, Zl. Ro 2015/08/0020, mwN).

Im gegenständlichen Fall wurde ein solches sanktionsloses Ablehnungsrecht zwischen der Beschwerdeführerin und Frau römisch 40 vertraglich vereinbart (siehe „Dienstleistungsvertrag“, Punkt römisch eins.a.). Dieses Ablehnungsrecht wurde – wie festgestellt – auch tatsächlich gelebt, indem es Frau römisch 40 jederzeit offenstand, bereits im Dienstplan eingetragene Dienste, ohne dabei irgendwelche Fristen einhalten oder Gründe angeben zu müssen, abzulehnen. Davon machte sie im verfahrensrelevanten Zeitraum auch Gebrauch.

Darüber hinaus konnte die Beschwerdeführerin nachweisen, dass dieses Ablehnungsrecht auch im Einklang mit ihrer Unternehmensorganisation stand. Die Beschwerdeführerin hat stets mit der Ablehnung bereits eingetragener Dienste gerechnet und dies auch schon in ihrer Planung berücksichtigt. Nicht zuletzt die Größe ihres Dolmetscherpools hat es ihr erlaubt, jederzeit auf einen geeignete(n) Ersatz-DolmetscherIn zurückzugreifen.

Folglich ist die persönliche Arbeitspflicht von Frau römisch 40 aufgrund dem Vorliegen eines sanktionslosen Ablehnungsrechts (ieS) zu verneinen. Mangels persönlicher Arbeitspflicht fehlt im Sinne der oben zitierten Judikatur des VwGH eine Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG.

Daher liegt im gegenständlichen Fall bereits aus diesem Grund kein nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG versicherungspflichtiges (echtes) Dienstverhältnis vor.

So bleibt die Frage zu klären, ob sich Frau römisch 40 gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG auf Grund eines freien Dienstvertrages gegenüber der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichtet hat. Gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG ist Voraussetzung für das Vorliegen eines freien Dienstverhältnisses, dass der Dienstnehmer für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes gegen Entgelt tätig wird, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringt und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügt. Außerdem darf keine der Ausnahmen in Paragraph 4, Absatz 4, Litera a bis d ASVG vorliegen.

Wie festgestellt verfügte Frau römisch 40 im gegenständlichen Zeitraum über keine Gewerbeberechtigung vergleiche Paragraph 4, Absatz 4, Litera a, ASVG). Da auch sonst keine der Ausnahmen in Paragraph 4, Absatz 4, Litera a bis d ASVG einschlägig ist, sind in weiterer Folge die einzelnen soeben angeführten Voraussetzungen zu prüfen.

Dass Frau römisch 40 die gegenständliche Tätigkeit im Rahmen des Geschäftsbetriebes der Beschwerdeführerin und gegen Entgelt ausgeübt hat, steht unstrittig fest. Die Beschwerdeführerin erstellte nämlich wie festgestellt einen Dienstplan aufgrund der zuvor bekanntgegebenen Verfügbarkeiten und leitete Frau römisch 40 in ihren Dienstzeiten eingehende Kundenaufträge weiter. Dafür zahlte ihr die Beschwerdeführerin ein entsprechendes Entgelt (Stundensatz für Bereitschaftszeiten + Minutensatz für Dolmetschungen) aus. Wenngleich Frau römisch 40 mehrmals Dienste mit DolmetscherInnen aus dem Dolmetscherpool getauscht hat, erbrachte sie die geschuldeten Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich.

Zur Beurteilung des Vorliegens eines freien Dienstverhältnisses ist daher schließlich zu klären, ob Frau römisch 40 über wesentliche eigene Betriebsmittel verfügte.

Betriebsmittel sind alle sachlichen Hilfsmittel des Betriebs bzw. Unternehmens, die benötigt werden, um den Betriebszweck zu erreichen. Alles was typischerweise der privaten Lebensführung dient, stellt kein Betriebsmittel dar. Allerdings können auch im Alltag verwendete Güter wie Mobiltelefon, PC oder PKW als Betriebsmittel eingesetzt werden, wovon auszugehen ist, wenn sie in das Betriebsvermögen aufgenommen wurden vergleiche Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm Paragraph 4, ASVG Rz 192, Stand 1.7.2020, rdb.at).

Bei der Beurteilung der Verfügung über wesentliche Betriebsmittel im Sinn des Paragraph 4, Absatz 4, ASVG ist zu untersuchen, ob sich der freie Dienstnehmer mit Betriebsmitteln eine eigene betriebliche Infrastruktur geschaffen hat. Dabei ist es in erster Linie in der Ingerenz eines (potentiellen) freien Dienstnehmers gelegen, ob er über eine unternehmerische Struktur verfügen möchte oder nicht, ob er also seine Tätigkeit grundsätzlich eher arbeitnehmerähnlich (d.h. keine Tätigkeit für den "Markt", sondern im Wesentlichen für einen Auftraggeber oder doch eine überschaubare Zahl von Auftraggebern, ohne eigene betriebliche Struktur, gegen gesonderte Abgeltung von Aufwendungen, wie z.B. durch Kilometergelder, Ersatz von Telefonkosten etc.) ausführen möchte oder ob er eher unternehmerisch tätig sein und das entsprechende wirtschaftliche Risiko tragen will (d.h. z.B. - losgelöst vom konkreten Auftrag - spezifische Betriebsmittel anschafft, werbend am Markt auftritt, auch sonst über eine gewisse unternehmerische Infrastruktur verfügt und seine Spesen in die dem Auftraggeber verrechneten Honorare selbst einkalkuliert). Auch in Fällen, in denen eine unternehmerische Organisation bestimmten Ausmaßes nicht klar zutage tritt, ist ein Betriebsmittel grundsätzlich dann für eine Tätigkeit wesentlich, wenn es sich nicht bloß um ein geringwertiges Wirtschaftsgut handelt und wenn es der freie Dienstnehmer entweder durch Aufnahme in das Betriebsvermögen (und die damit einhergehende steuerliche Verwertung als Betriebsmittel) der Schaffung einer unternehmerischen Struktur gewidmet hat oder wenn es seiner Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt ist vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 15.05.2013, Zl. 2012/08/0163, mwN).

Müssen aufgrund der Art der Tätigkeit gar keine (d.h. weder fremde noch eigene) nennenswerten Betriebsmittel eingesetzt werden, kommt Absatz 4, jedenfalls zur Anwendung. Die eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten zählen nicht zu den Betriebsmitteln, weil ihre Verwendung im Wesen des Einsatzes der persönlichen Arbeitskraft liegt vergleiche Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm Paragraph 4, ASVG Rz 191, Stand 1.7.2020, rdb.at, mwN).

Bei dem Tatbestandsmerkmal der "wesentlichen eigenen Betriebsmittel" iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG kommt es nicht darauf an, dass irgendein einzelnes, nicht geringwertiges Betriebsmittel überwiegend betrieblich genutzt wird. Es ist eine Gesamtbetrachtung aller eingesetzten Betriebsmittel vorzunehmen, wobei diese darauf hin zu beurteilen sind, ob sie für die vom Erwerbstätigen erbrachte Wirtschaftsleistung wesentlich waren und ob er sich damit eine eigene betriebliche Struktur geschaffen hat (VwGH-Erkenntnis vom 25.04.2018, Zl. Ra 2018/08/0044, mwN).

Wie festgestellt brachte Frau römisch 40 (neben der Zurverfügungstellung des Arbeitsplatzes) an Betriebsmitteln einen Laptop mit Kamera, ein Headset, einen Ethernet-Adapter+LAN-Kabel, Internet und Schreibmaterial/Blöcke ein. Es handelt sich hierbei um keine Betriebsmittel, die ihrer Art nach von vornherein in erster Linie der in Rede stehenden betrieblichen Tätigkeit zu dienen bestimmt sind, sondern um Sachmittel, welche typischerweise auch der privaten Lebensführung dienen. Wie die belangte Behörde zutreffend in der rechtlichen Würdigung ihres Bescheides ausführt, handelt es sich – abgesehen vom Laptop – zudem um geringwertige Wirtschaftsgüter.

Demgegenüber stellte ihr die Beschwerdeführerin die Software-Lizenz und die individuellen Zugangsdaten (eigner Benutzername und Passwort) für „Cisco Jabber“ einschließlich Updates und Support, den Zugang zur „Dropbox“ mit Glossaren sowie diverse Formularvorlagen zur Verfügung.

In diesem Zusammenhang brachte die Beschwerdeführerin in der gegenständlichen Beschwerde vor, dass sie Frau römisch 40 nur einmalig diese Software zur Verfügung gestellt habe, welche sich auch kaum von anderen „Kommunikations-Tools“ unterscheide. Zudem sei die Zurverfügungstellung einer Software auch zwischen externen Kooperationspartnern durchaus üblich.

Nach Ansicht der erkennenden Richterin ist aber die von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellte Kommunikationssoftware „Cisco Jabber“ bzw. die Lizenz dafür nicht isoliert zu betrachten. Was die Beschwerdeführerin Frau römisch 40 zur Verfügung gestellt hat, ist nicht „einmalig“ ein schlichtes „Kommunikations-Tool“, sondern vielmehr eine elaborierte – in den Feststellungen im Detail dargelegte – Software-Lösung samt der dafür nötigen IT-Infrastruktur sowie den damit verbundenen Zugang zum Kundenstamm der Beschwerdeführerin, welcher auch ausschließlich durch die Beschwerdeführerin akquiriert wurde. Dass es sich dabei in Bezug auf die gegenständliche Tätigkeit um wesentliche Betriebsmittel handelt, ist evident.

Frau römisch 40 hat sich durch die Verwendung der (oben angeführten) von ihr eingebrachten Sachmittel auch keine eigene betriebliche Infrastruktur geschaffen. Vielmehr hat sie in erster Linie ihre eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten, also ihre Arbeitskraft, unter Verwendung der betrieblichen Struktur der Beschwerdeführerin, eingesetzt. Wie bereits angeführt, stellt der Einsatz der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten aber gerade keine Verwendung eigener Betriebsmittel im Sinne der Rechtsprechung des VwGH dar vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 21.02.2007, Zl. 2003/08/0232).

In der gebotenen Gesamtbetrachtung aller eingesetzten Betriebsmittel treten die von Frau römisch 40 eingebrachten Sachmittel völlig hinter die von der Beschwerdeführerin bereitgestellten Betriebsmittel zurück. Frau römisch 40 war im Wesentlichen auf die ihr von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Betriebsmittel angewiesen vergleiche VwGH-Erkenntnis vom 24.01.2006, Zl. 2004/08/0101). Im Ergebnis stellen die von Frau römisch 40 eingebrachten Sachmittel somit keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel dar.

Da Frau römisch 40 über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügte, liegt ein freies Dienstverhältnis gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG vor.

Aufgrund der in den Feststellungen angeführten Entgelte ist je nachdem, ob in den betreffenden Monaten die Geringfügigkeitsgrenze überschritten wurden oder nicht, die Vollversicherungspflicht nach dem ASVG und die Pflichtversicherung in der Arbeitslosenversicherung oder die Teilversicherungspflicht in der Unfallversicherung festzustellen.

Die Beschwerde vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun.

3.6. Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Abweisung der Beschwerde ergeht in Anlehnung an die oben zitierte zahlreiche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum ASVG. Die gegenständliche Entscheidung weicht weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch mangelt es an einer derartigen Rechtsprechung; sie ist auch nicht uneinheitlich. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2022:W145.2250474.1.00