Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

17.05.2022

Geschäftszahl

W260 2234545-1

Spruch


W260 2234545-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Wien, vom 11.08.2020, GZ: VA-VR 37413397/20-Gse, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages iHv EUR 400,- gem. Paragraphen 33,, 34, 35, 59 und 113 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Im Rahmen einer Kontrolle durch die Finanzpolizei am 26.09.2018 im Friseurgeschäft „ römisch 40 “ wurde römisch 40 allein im Geschäft angetroffen. Er gab an, dass er für den Chef auf das Geschäft aufpasse. Der angebliche Chef, römisch 40 , gab bei seiner Rückkehr in das Geschäft an, als Friseurhelfer in dem von römisch 40 (im Folgenden: Dienstgeberin) geführten Geschäft beschäftigt zu sein. römisch 40 sei ein Freund und wäre in das Geschäft gekommen, um sich eine Glatze rasieren zu lassen. Da römisch 40 frühstücken habe wollen, hätte er römisch 40 gebeten, in der Zwischenzeit auf das Geschäft aufzupassen.

2. Die Dienstgeberin wurde von der Österreichischen Gesundheitskasse (in weiterer Folge: belangte Behörde) zur Auskunftserteilung eingeladen. Sie bemächtigte Frau römisch 40 , eine Angestellte, sie in dieser Angelegenheit zu vertreten. Der Sachverhalt wurde mit der Bevollmächtigten besprochen und römisch 40 für den 26.09.2018 nachgemeldet.

3. Einer Vollmacht für Zwecke der Sozialversicherung vom 22.12.2017 ist zu entnehmen, dass römisch 40 (im Folgenden: Beschwerdeführerin) unter Berufung auf Paragraph 35, Absatz 3, ASVG die Erfüllung der nach Paragraphen 33,, 34 ASVG obliegenden Pflichten der Dienstgeberin übernommen habe.

4. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 24.02.2020 wurde die Beschwerdeführerin von der Kontrolle in Kenntnis gesetzt und ihr die Möglichkeit einer Akteneinsicht angeboten. Davon hat die Beschwerdeführerin keinen Gebrauch gemacht.

5. Die belangte Behörde hat mit Bescheid vom 11.08.2020, Zl. VA-VR 37413397/20-Gse, der Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte der Dienstgeberin, BKNR 37413397, gemäß Paragraph 113, Absatz eins, ASVG einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 400,00 vorgeschrieben. Begründend wurde ausgeführt, dass die Anmeldung für römisch 40 , VSNR 6300 310577, zur Pflichtversicherung als Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sei.

Der Beitragszuschlag setze sich aus einem Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung und einem Teilbetrag für den Prüfeinsatz zusammen. Im gegenständlichen Fall liege eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen vor, weshalb die belangte Behörde von der Verhängung des Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung absehe und den Teilbetrag für den Prüfeinsatz (in Höhe von € 800,--) auf € 400,-- herabsetze.

6. Die Beschwerdeführerin erstattete rechtzeitig eine Beschwerde und führte darin zusammengefasst aus, dass sie bis 02.08.2018 für alle Klienten die Meldevollmachten gehabt hätte. Diese Vollmacht werde als Standarddokument auf der Homepage der WGKK angeboten. Da sie keine juristische Ausbildung habe, wäre sie sich nicht bewusst gewesen, dass sie die Haftung für erfolgte Nichtanmeldungen übernehme. Im Frühjahr 2018 hätte sie alle Meldevollmachten von ihren Klienten löschen lassen. Seit diesem Zeitpunkt hätte sie keine Meldevollmachten mehr gehabt. Warum sie die Meldevollmacht der Dienstgeberin nicht gelöscht habe, könne sie leider nicht beantworten. Die belangte Behörde könne sich aber gerne bei römisch 40 erkundigen, der wisse, dass sie keine Meldevollmachten für ihre Klienten möchte. Sie ersuche für ihr Versäumnis nicht bestraft zu werden. Sie habe keine Kenntnis davon gehabt. Ihr Fehlverhalten wäre nicht beabsichtigt gewesen. Es sei für eine Lohnverrechnerin nicht möglich 24 Stunden täglich bei den Klienten in den Betriebsstätten anwesend zu sein um zu sehen, ob alle Dienstnehmer angemeldet seien bzw. dies sofort zu veranlassen. Sie habe ihre Klienten alle aufgeklärt, dass es Infoanmeldungen gäbe und wenn sie nicht erreichbar sei, wären die Klienten selbst für die ordnungsgemäße Anmeldung zuständig. Sie ersuche, von einer Strafe abzusehen. Die € 400,-- hätte ihr die Dienstgeberin überwiesen und werde sie das Geld auf das Beitragskonto der Dienstgeberin überweisen.

7. Der Verwaltungsakt wurde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am 28.08.2020 elektronisch übermittelt.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Bilanzbuchhalterin.

Die Dienstgeberin bevollmächtigte die Beschwerdeführerin, sie ab 22.12.2017 in beitragsrechtlichen Angelegenheiten gegenüber der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: ÖGK) zu vertreten, Auskünfte gemäß Paragraph 13, Absatz 2, der SV-Datenschutzverordnung 2011 über Daten der vollmachtgebenden Dienstgeberin zu erhalten sowie Schriftstücke zu empfangen. Weiters gab sie in dieser Vollmacht bekannt, dass sie gemäß Paragraph 35, Absatz 3, ASVG die Erfüllung der ihr nach den Paragraphen 33 und 34 ASVG obliegenden Pflichten auf die Beschwerdeführerin übertragen habe. Diese Vollmacht ist von der Dienstgeberin und der Beschwerdeführerin unterzeichnet und im beschwerdegegenständlichen Zeitraum aufrecht.

Das Einzelunternehmen der Dienstgeberin betreibt das Friseurgeschäft „ römisch 40 “.

römisch 40 wurde am 26.09.2018 im Zuge einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei im Friseurgeschäft arbeitend betreten.

Er war als einzige Person im Geschäft anwesend.

römisch 40 wurde am 16.12.2019 für den Monat September 2018 zur Sozialversicherung nachgemeldet.

Es handelt sich um den ersten Meldeverstoß der Beschwerdeführerin.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die Feststellungen zur Tätigkeit der Beschwerdeführerin als Bilanzbuchhalterin und dem Vorliegen der Vollmacht ergeben sich aus der im Verwaltungsakt inliegenden Vollmacht für Zwecke der Sozialversicherung vom 22.12.2017 vergleiche Inhaltsverzeichnis der belangten Behörde Nr. 10).

Die Feststellungen zum Einzelunternehmen als Dienstgeberin und zur konkreten Betretung und zur Tätigkeit des Dienstnehmers für die Dienstgeberin ergeben sich aus dem Verwaltungsakt.

Der Dienstnehmer bestritt im Geschäft gearbeitet zu haben, und behauptete, lediglich für einen Freund, der dort angestellt ist, kurz auf das Geschäft aufgepasst zu haben. Dazu ist auszuführen, dass der Sachverhalt bzw. die Vorgänge im Zuge der Kontrolle – wie im Bescheid der belangten Behörde dargelegt – von den Prüforganen der Finanzpolizei persönlich wahrgenommen wurden. Insbesondere ist auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes darauf hinzuweisen, dass der Dienstnehmer alleine im Geschäft anwesend war. Bereits dieser Umstand deutet auf eine Dienstnehmereigenschaft hin.

Die Feststellung, dass die Anmeldung des Dienstnehmers am 16.12.2019 (für den Monat September 2018) zur Sozialversicherung erst nach der Betretung erfolgte, ergibt sich unbestritten aus den im Akt einliegenden Auszügen, konkret aus dem An- und Abmeldeformular der belangten Behörde vergleiche Inhaltsverzeichnis der belangten Behörde Nr. 7).

Die Feststellung, dass es sich um den erstmaligen Meldeverstoß der Beschwerdeführerin gehandelt hat, ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und blieb auch unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Die im vorliegenden Beschwerdefall zeitraumbezogen maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), lauten:

„Schlussbestimmungen zu Artikel eins, des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 79 aus 2015, (85. Novelle)

Paragraph 689, (8) Auf Meldepflichten, die Beitragszeiträume vor dem 1. Jänner 2019 betreffen, sind die Paragraphen 33,, 34, 41, 56, 58 und 113 in der am 31. Dezember 2018 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.“

„An- und Abmeldung der Pflichtversicherten

Paragraph 33, (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und

2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

[…]“

„Dienstgeber

Paragraph 35, (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen […].

(3) Der Dienstgeber kann die Erfüllung der ihm nach den Paragraphen 33 und 34 obliegenden Pflichten auf Bevollmächtigte übertragen. Name und Anschrift dieser Bevollmächtigten sind unter deren Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekanntzugeben.

[…]“

„Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften

Paragraph 111, (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach Paragraph 36, meldepflichtige Person (Stelle) oder nach Paragraph 42, Absatz eins, auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach Paragraph 35, Absatz 3, entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

[…]“

„Beitragszuschläge

Paragraph 113, (1) Den in Paragraph 111, Absatz eins, genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach Paragraph 33, Absatz eins a, Ziffer 2, nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

(2) Im Fall des Absatz eins, Ziffer eins, setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des Paragraph 111 a, aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 €. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

(3) In den Fällen des Absatz eins, Ziffer 2 und 3 darf der Beitragszuschlag das Doppelte jener Beiträge nicht überschreiten, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der vollständigen Anmeldung oder bis zum Einlangen der verspäteten vollständigen Anmeldung beim Versicherungsträger bzw. bis zur Feststellung des Entgeltes oder bis zum Einlangen der verspäteten Meldung des Entgeltes beim Versicherungsträger entfallen; im Fall des Absatz eins, Ziffer 4, darf der Beitragszuschlag nicht höher sein als das Doppelte des Unterschiedsbetrages zwischen den sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergebenden und den zu entrichtenden Beiträgen. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse der die Beiträge schuldenden Person und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen; der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des Paragraph 59, Absatz eins, für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären.

(4) Werden gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für die Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten, so kann ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage (Paragraph 45, Absatz eins,) vorgeschrieben werden.

(5) Der Beitragszuschlag wird vom Versicherungsträger, an den die Meldung zu erstatten ist oder dem die Unterlagen vorzulegen sind, vorgeschrieben; er berührt die Verpflichtung zur Bezahlung der fälligen Beiträge nicht.

(6) Die nach den Absatz 2 und 3 vorgeschriebenen Beitragszuschläge sind auf die beteiligten Versicherungsträger und sonstigen Stellen schlüsselmäßig nach Maßgabe des auf den einzelnen Versicherungsträger entfallenden Gesamtbeitragsrückstandes am Ende des Vormonates aufzuteilen. Die nach Absatz 4, vorgeschriebenen Beitragszuschläge fließen dem einhebenden Versicherungsträger zu.

(7) Paragraph 83 und Paragraph 112, Absatz 3, gelten entsprechend“.

3.2. Daraus folgt für die gegenständliche Beschwerde:

3.2.1. Zum Vorliegen eines Meldeverstoßes der Beschwerdeführerin

3.2.1.1. Im Beschwerdeverfahren betreffend die Vorschreibung eines Beitragszuschlags gemäß Paragraph 113, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG ist als Vorfrage ist zu klären, ob eine gemäß Paragraph 33, ASVG meldepflichtige Beschäftigung des Betretenen bei der Dienstgeberin vorlag und die Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte nach Paragraph 35, Absatz 3, ASVG der Dienstgeberin daher verpflichtet gewesen wäre, die betretene Person vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.

Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG gegeben ist, hängt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (z.B. aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages) - nur beschränkt ist (VwGH 19.02.2014, 2013/08/0267; vergleiche verstärkter Senat 10.12.1986, 83/08/0200).

Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Feststellung der Umstände der Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen. Nach dieser gilt, dass die Behörde berechtigt ist, von einem Dienstverhältnis auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen vergleiche VwGH 21.04.2004, Zl. 2003/08/0182; VwGH 08.08.2008, Zl. 2008/09/0119). Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. vergleiche auch VwGH 26.05.2014, Zl. 2013/08/0165) Weiters kann bei einfachen manuellen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten, die in Bezug auf die Art der Arbeitsausführung und auf die Verwertbarkeit keinen ins Gewicht fallenden Gestaltungsspielraum des Dienstnehmers erlauben, bei Integration des Beschäftigten in den Betrieb des Beschäftigers in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses in persönlicher Abhängigkeit im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG ohne weitere Untersuchungen vorausgesetzt werden vergleiche VwGH 20.09.2006, Zl. 2003/08/0274).

Verfahrensgegenständlich steht fest, dass die betretene Person allein im Friseurgeschäft der Dienstgeberin von der Finanzpolizei angetroffen wurde. Demnach war ohne weiteres für das Bundesverwaltungsgericht unzweifelhaft vom Vorliegen einer Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen.

Im gegenständlichen Fall lag somit ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis iSd Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG der betretenen Person zur Dienstgeberin vor. Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses zwischen der Dienstgeberin und der betretenen Person wurde von der Beschwerdeführerin im Übrigen nicht bestritten.

3.2.1.2. Strittig ist im vorliegenden Fall, ob die Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte der Dienstgeberin dafür hafte, dass ihr diese als Vollmachtgeberin die Daten der anzumeldenden Person nicht bzw. zu spät bekannt gegeben hätte.

Dazu ist auszuführen, dass die Bestimmung des Paragraph 35, Absatz 3, ASVG die Übertragung der nach den Paragraphen 33, f. bestehenden Pflichten (An- und Abmeldung der Pflichtversicherten, Meldung von Änderungen) auf Bevollmächtigte vorsieht, die dann auch nach Paragraph 111, allein strafbar sind (Paragraph 111, Absatz eins, nennt ausdrücklich die bevollmächtigten Personen nach Paragraph 35, Absatz 3,).

Darin liegt eine Sonderregelung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, welche die kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung („sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen“) nur subsidiär geltenden Bestimmungen des Paragraph 9, VStG betreffend die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten für den Anwendungsbereich des ASVG verdrängt vergleiche VwGH 2010/08/0162, 08.09.2010).

Da Paragraph 113, Absatz eins, ASVG betreffend die Verpflichtung zur Zahlung von Beitragszuschlägen auf die in Paragraph 111, Absatz eins, genannten Personen – also auch die Bevollmächtigten nach Paragraph 35, Absatz 3, – verweist, bewirkt die Übertragung der Verantwortlichkeit für die Einhaltung der Meldevorschriften im Wege einer Bevollmächtigung nach Paragraph 35, Absatz 3, ASVG auch, dass Beitragszuschläge dem Bevollmächtigten und nicht dem Dienstgeber vorzuschreiben sind vergleiche auch VwGH 88/08/0145, 07.07.1992).

Die Meldepflichten sind gemäß Paragraph 35, Absatz 3, ASVG (anders als nach Paragraph 9, Absatz 2, VStG) nur unter der Voraussetzung auf Dritte übertragbar, dass Name und Anschrift dieser Bevollmächtigten unter deren Mitfertigung dem zuständigen Versicherungsträger bekannt gegeben werden.

Fallgegenständlich lag der belangten Behörde eine Vollmacht im Sinne des Paragraph 35, Absatz 3, ASVG vor.

Die Übertragung der Meldeverpflichtungen gemäß Paragraph 35, Absatz 3, ASVG ist seit 22.12.2017 zwischen der Beschwerdeführerin und der Dienstgeberin aufrecht, weshalb somit zweifelsfrei feststeht, dass die Beschwerdeführerin keine Anmeldung der betretenen Person vor Arbeitsantritt vorgenommen hat, obwohl sie gemäß Paragraph 33, Absatz eins, ASVG in Verbindung mit Paragraph 35, Absatz 3, ASVG dazu verpflichtet gewesen wäre.

Im vorliegenden Fall stand somit auch fest, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um die richtige Adressatin des angefochtenen Bescheides handelt. Sie gab in der Beschwerde auch an, dass sie nach wie vor eine Meldevollmacht habe. Sie habe zwar im Frühjahr 2018 alle Meldevollmachten ihrer Klienten löschen lassen, die gegenständliche aber nicht. Warum sie die gegenständliche Meldevollmacht nicht gelöscht habe, könne sie nicht beantworten.

In der Beschwerde machte die Beschwerdeführerin geltend, dass sie keine juristische Ausbildung habe und ihr daher nicht bewusst gewesen sei, dass sie die Haftung für erfolgte Nichtanmeldungen übernehme.

Dem ist zu entgegnen, dass die Frage des subjektiven Verschuldens des Meldepflichtigen – im vorliegenden Fall sohin die Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte iSd Paragraph 35, Absatz 3, ASVG – gemäß der Judikatur des VwGH irrelevant ist.

Entscheidend ist, dass objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht wurde, gleichgültig aus welchen Gründen (Poperl in Poperl/Trauner/Weißenböck (Hrsg), Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (68. Lfg 2019) Paragraph 113, ASVG).

Ungeachtet der Überschrift „Strafbestimmungen“ des ersten Teiles, Abschnitt römisch VIII, des ASVG ist der Beitragszuschlag nicht als Verwaltungsstrafe , sondern als eine (neben der Bestrafung nach Paragraphen 111, , 112 ermöglichte) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (Poperl in Poperl/Trauner/Weißenböck (Hrsg), Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (68. Lfg 2019) Paragraph 113, ASVG).

Die Beschwerdeführerin als Bevollmächtigte der Dienstgerberin iSd Paragraph 35, Absatz 3, ASVG hat es somit unterlassen, den betretenen Dienstnehmer vor Arbeitsantritt zur Sozialversicherung anzumelden und hat dadurch gegen die ihr obliegenden sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten verstoßen.

Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag dem Grunde nach berechtigt.

3.2.2. Zur Höhe des Beitragszuschlages:

Gemäß Paragraph 689, Absatz 8, ASVG sind auf Meldepflichten, die Beitragszeiträume vor dem 1. Jänner 2019 betreffen, die Paragraphen 33,, 34, 41, 56, 58 und 113 in der am 31. Dezember 2018 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden.

Gemäß Paragraph 113, Absatz 2, ASVG setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 €. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

Da im vorliegenden Fall – wie die belangte Behörde zu Recht ausführt – eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen iSd Paragraph 113, Absatz 2, ASVG vorliegt, kam es seitens der belangten Behörde zu Recht zu einem Absehen des Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung und zu einer Herabsetzung des Teilbetrages für den Prüfeinsatz auf € 400,00.

Somit ist der vorgeschriebene Beitragszuschlag auch der Höhe nach berechtigt. Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß Paragraph 24, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt.

Da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt zudem bereits aus der Aktenlage ergibt, ist nach Ansicht des Gerichts keine mündliche Erörterung der Angelegenheit erforderlich. Gemäß Paragraph 24, Absatz 4, VwGVG konnte das Gericht daher von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt feststand. Dem steht auch Artikel 6, Absatz eins, EMRK nicht entgegen, vergleiche dazu auch das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde bzw. Vorlageantrag vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Wie unter Punkt römisch II.3. dargelegt, ergeht die Entscheidung in Anlehnung an die dort zitierte ständige einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Paragraph 113, ASVG.

Die Beschwerde war daher spruchgemäß abzuweisen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2022:W260.2234545.1.00