Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

01.03.2022

Geschäftszahl

W178 2239674-1

Spruch


W178 2239674-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde des römisch 40 , vertreten durch RA Ing. Mag. Hamza OVACIN, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, vom 12.01.2021, Zl. römisch 40 , betreffend die Ausbildungspflicht seines Sohnes römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.01.2022 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers festgestellt, dass die Ausbildung des Herrn römisch 40 , im UIKZ („Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie“) eine Maßnahme ist, die die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, Ausbildungspflichtgesetz (APflG) erfüllt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Mit Antrag vom 24.11.2020 begehrte römisch 40 (im Folgenden: Beschwerdeführer), die Feststellung, dass sein Sohn römisch 40 (im Folgenden: Mitbeteiligter) die Ausbildungspflicht mit dem Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie bei der Kultusgemeinde der Union islamischer Kulturzentren in Österreich (im Folgenden: UIKZ) erfüllt.

2. Mit Bescheid vom 12.01.2021 wies das Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde bzw. SMS) den Antrag vom 24.11.2020 ab und stellte fest, dass der Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie bei der UIKZ die Ausbildungspflicht nicht erfülle.

Begründend wird auf den in Paragraph 2, Ausbildungspflichtgesetz (APflG) normierten Zweck der Ausbildungspflicht und die Materialien zum Gesetz verwiesen. Der Begriff der „Bildung und Ausbildung“ des APflG bedeute: eine schulische oder berufliche Ausbildung, die allgemein auf dem österreichischen Arbeitsmarkt verwertbar ist, um den Jugendlichen in Zukunft bessere und nachhaltige Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dies bedeute, dass die Ausbildung nicht bloß persönlich verwertbar sein müsse, sondern auf dem Arbeitsmarkt verwertbar und daher eine gewisse Breite für auf dem Arbeitsmarkt allgemein angebotene Beschäftigungen aufweisen müsse. Der gegenständliche Ausbildungslehrgang sei keine staatlich anerkannte Bildungs- oder Ausbildungsmaßnahme. Es werde kein staatlich anerkannter weiterführender Abschluss erreicht. Er sei damit auch nicht Teil des formal anerkannten Bildungssystems, worauf Paragraph 4, Absatz 2, APflG abziele. Durch seinen religiösen Schwerpunkt werde das Kriterium der allgemeinen Verwertbarkeit auf dem österreichischen Arbeitsmarkt nicht erfüllt, da die Beschäftigungen auf wenige Arbeitgeber der jeweiligen Konfession beschränkt sei. Konfessionellen Ausbildungen fehle es im Altersbereich der ausbildungspflichtigen Jugendlichen an Qualifikationen, welche die Chancen auf eine nachhaltige und umfassende Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben erhöhen und die den zunehmenden Qualifizierungsanforderungen der Wirtschaft entsprechen würden. Dies solle den Lehrgang nicht abwerten, könne doch diese Ausbildung ein wichtiger Baustein im Leben der Teilnehmerinnen und Teilnehmer darstellen, doch würden dadurch die Ansprüche an eine geeignete Ausbildung gemäß APflG nicht erfüllt.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben der Beschwerdeführer, sowie der Mitbeteiligte fristgerecht Beschwerde und begehrten die Feststellung, dass der verfahrensgegenständliche Ausbildungslehrgang die Ausbildungspflicht nach Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfüllt, in eventu die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde, sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zur Beschwerdelegitimation wird angeführt, dass nicht nur dem Beschwerdeführer ein berechtigtes Interesse an den gestellten Anträgen zukomme, sondern auch der Mitbeteiligte sei durch den bekämpften Bescheid in ihren Rechten eingeschränkt. Er sei aufgrund des Bescheides verpflichtet, seine aktuelle Ausbildung abzubrechen und eine andere Ausbildung anzugehen. Damit sei er in seinem Recht auf freie Wahl des Berufes verletzt.

Die belangte Behörde gehe unberechtigter Weise davon aus, dass keine gesetzlich anerkannte Ausbildung vorliege, weshalb keine Berufsausbildungsmaßnahme im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, Ziffer 4, APflG gegeben sei. Sie übersehe, dass der Paragraph 4, Absatz 2, neben der Ziffer 4, APflG weitere Bedingungen nenne, durch welche die Ausbildungspflicht erfüllt werde. Nach dem APflG sei bereits eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme ausreichend, die Jugendliche auf das Berufsleben vorbereiten solle (z.B. Jugendcoaching, AMS-Kurse), sodass die Kriterien des APflG bereits bei Erreichen eines sehr niedrigen Niveaus gegeben seien. Es sei zudem eine behördliche Anerkennung der gegenständlichen Ausbildung gegeben, da diese von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (im Folgenden: IGGÖ) als oberste Instanz in islamisch religiösen Fragen anerkannt werde. Die Ausbildung von Imamen und Predigern sei eine interkonfessionelle Angelegenheit, Paragraph 24, IslamG bedeute aber nicht, dass diese Ausbildung ausschließlich der Universität zuzuweisen sei. Zweck dieser Bestimmung sei, dass die Ausbildung in Österreich erfolge, da die Tätigkeit von im Ausland gebildeten Personen oftmals zu einer Divergenz der Lebensrealitäten der Gläubigen und der Theologen führe. Gerade dies werde durch die hier gegenständliche Kultusgemeinde und deren Ausbildung bezweckt. Des Weiteren wird darauf verwiesen, dass laut Bundesfinanzgericht bei der gegenständlichen Ausbildung eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 vorliege. Würden die Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 bei der Beurteilung der Ausbildungspflicht nicht berücksichtigt werden, führe dies zu einer Rechtsunsicherheit. Für Rechtsunterworfene wäre dies unbegreiflich. Sämtliche der vom VwGH aufgestellten Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung seien durch das Curriculum der gegenständlichen Ausbildung erfüllt. Die Ausbildung entsprechender Religionsdiener in Österreich sei ein gesellschaftsrechtliches Interesse und die Qualität der gegenständlichen Ausbildung sei durch das Curriculum und die Anerkennung durch die IGGÖ untermauert. Von einer fehlenden bzw. unzureichenden Berufsqualifikation könne daher keine Rede sein. Der Gesetzgeber habe nicht die von der Behörde herangezogene unklare Formulierung verwendet, dass eine Ausbildung allgemein auf dem österreichischen Arbeitsmarkt verwertbar sein müsse. Das APflG habe nicht das Ziel, nur bestimmte Berufe für die Erfüllung der Ausbildungspflicht zu erlauben. So würden Ausbildungen für „aussterbende“ Berufe nicht die Ausbildungspflicht erfüllen, da bei diesen die Gefahr bestehe, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht verwertet werden könnten. Aus den Erläuterungen zum APflG gehe hervor, dass eine unzureichende Berufsqualifikation bei problematischen Drop-Outs von Jugendlichen aus Schule und Lehrberuf vorliege. Gegenständlich liege kein Abbruch vor. Die Behörde gehe ohne ausreichende Beweise davon aus, dass die gegenständliche Ausbildung nicht verwertbar sei. Dazu werde festgehalten, dass in Österreich weit über 700.000 muslimische Mitbürger leben würden, deren religiöse Anliegen ebenfalls als gesellschaftliche Anliegen zu werten seien. Eine andere Würdigung würde de facto die Religionsfreiheit aushebeln. Im gegenständlichen Fall werde die Qualifikation nicht von der Wirtschaft, sondern von der zuständigen Religionsgemeinschaft bestimmt. Da die Ausbildung den gesellschaftlichen Anforderungen entspreche und dem gesellschaftlichen Frieden diene, sei der Zweck der Ausbildungspflicht erfüllt. Es stelle eine Entmündigung von Jugendlichen dar, wenn die Behörde argumentiere, dass gerade für den Altersbereich der ausbildungspflichtigen Jugendlichen keine Qualifikationen und Inhalte durch die gegenständliche Ausbildung vermittelt würden. Die angebotene Ausbildung habe ein derartiges Niveau, dass die Ausübung der Tätigkeiten eines Imams, Vorbeters oder Seelsorgers ermögliche. Sich lediglich auf die Qualifizierungsanforderungen der Wirtschaft zu stützen, sei eine zu enge Betrachtungsweise und finde keine Deckung in der Intention des Gesetzgebers. Es müssten auch die Anforderungen der Gesellschaft mitberücksichtigt werden.

4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5. Am 14.01.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, an der der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligte in Anwesenheit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung, sowie die belangte Behörde teilnahmen. Der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligte wurden zu den Inhalten und Rahmenbedingungen des gegenständlichen Lehrgangs und den Berufsaussichten des Mitbeteiligten befragt.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die UIKZ besteht aus 5 Kultusgemeinden und ist ein Mitglied der IGGÖ. Sie bietet den verfahrensgegenständlichen Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie an.

Der Mitbeteiligte, römisch 40 , ist der Sohn des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer ist der Erziehungsberechtigte des Mitbeteiligten.

Der Mitbeteiligte besucht seit Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht den von der UIKZ angebotenen Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie. Zur Zeit ist er im 7. Semester.

Der verfahrensgegenständliche Ausbildungslehrgang dauert 10 Semester (5 Jahre) und ist in 3 Phasen aufgeteilt (Vorbereitungslehrgang, Aufbaulehrgang und Vertiefungslehrgang, in dem auch Praxiszeiten vorgesehen sind).

Der Ausbildungslehrgang umfasst die Ausbildung in sunnitischer Glaubenslehre, seelsorgerischen Fähigkeiten, gesellschaftlichen Werten und der hanafitischen Rechtsschule. Es wird die osmanische und arabische Sprache gelehrt. Der Unterricht wird auf Deutsch, Arabisch bzw. Türkisch abgehalten.

Die Paragraphen 4 und 5 des Curriculums des Ausbildungslehrgangs lauten (auszugsweise):

„§ 4 Abschluss

[…]

Mit dem Abschluss des Vertiefungslehrgangs für „Islamische Theologie“ wird ein Abschlusszeugnis von der Kultusgemeinde ausgestellt und berechtigt den Teilnehmer als Seelsorger gem. Artikel 23 Verfassung der IGGÖ in den Einrichtungen der Kultusgemeinden tätig zu werden.

Paragraph 5, Berufsmöglichkeiten bzw. Berufsbezeichnung /Tätigkeitsfelder

Durch den erfolgreichen Abschluss des Ausbildungslehrgangs können die Teilnehmer gemäß Artikel 19 Abs. (1) der Verfassung der IGGÖ und gemäß Paragraph eins, Abs. (2) der Statuten der Kultusgemeinde in islamischen Einrichtungen als Seelsorger, Vorbeter, Muezzin, Prediger und Religionsdiener agieren. Weiteres können die Absolventen die Betreuung von Moscheebesuchern in islamischen Angelegenheiten vornehmen.

Hauptaugenmerk ist es den seelischen und sozialen Bedürfnissen der Muslime zu entsprechen. Ihr Aufgabenbereich umfasst unter anderem die Punkte nach Artikel 23 Abs. (3) der Verfassung der IGGÖ.

Der Absolvent soll neben dem theoretischen Wissen jene Fähigkeiten aneignen, um das Erlernte in der Praxis im Sinne der Muslime und der Allgemeingesellschaft einzusetzen.

Mit erfolgreichem Abschluss des Lehrgangs für „Islamische Theologie“ können die Absolventen in islamisch-theologischen Tätigkeitsfeldern Dienste ausüben und eingesetzt werden.“

Artikel 19 Abs. (1) der Verfassung der IGGÖ lautet: „Kultusgemeinden sind Teile der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich; sie sind zugleich selbstständige Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie haben für die Befriedigung der religiösen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse ihrer Mitglieder und der bewährten Traditionen, sowie für die Bereitstellung der dafür erforderlichen Einrichtungen sowie für die Ausbildung des erforderlichen Personals zu sorgen.“

Artikel 23, Abs. (3) der Verfassung der IGGÖ lautet:

„Die Seelsorger

(1) Die Seelsorgerinnen und Seelsorger sind Diener der Mitglieder der Gemeinschaft der Muslime und haben sich um das ausgeglichene Verhältnis zwischen Physischem, Geistigem und Spirituellem, welche in ihrem komplexen Zusammenspiel den Zustand der Seele darstellen, unter Berücksichtigung der islamischen Lehre und Vorschriften zu kümmern und deren allgemeinen Zustand zu verbessern. Sie sollen allen Mitgliedern der Gemeinde ein Vorbild im Islam (Gottestreue und Friedfertigkeit), Iman (Glauben und Gottvertrauen) und Ihsan (Gottesliebe und Aufrichtigkeit) sein.

(2) Zu den Seelsorgeorganen gehören: 1. die Ersten Imame 2. Imame (Vorbeter) 3. Vaez (Prediger) 4. Religionsdiener für spezielle Aufgaben wie rituelle Totenwäsche, Beaufsichtigung der rituellen Schächtung etc.

(3) Ihr Aufgabenbereich umfasst: 1. Die Religiöse und religionsrechtliche Aufklärung und moralisch-religiöse Unterweisung der Muslime; 2. Koranlesung, Koranerklärung und Koranunterricht; 3. Leitung von Gottesdiensten, insbesondere die Leitung gemeinschaftlicher Gebete; 4. Predigen an Feiertagen, Festtagen und religiösen Anlässen; 5. Aufnahme und Belehrung von Konvertierten; 6. Mitarbeit beim Aufbau einer lebendigen Gemeinde; 7. Seelisch-geistige Erbauung der Gläubigen und deren Beratung in Ritualfragen; 8. Betreuung; 9. Beratung in familiären Angelegenheiten und Durchführung von religiösen Eheschließungen; 10. Beratung in sozialen Angelegenheiten; 11. Schwangerschaftsberatung; 12. Beratung bei Erziehungsfragen; 27 13. Trost und Beistand in Krisensituationen; 14. Sterbebegleitung; 15. Rituelle Waschung, Ausstattung und Bestattung von Verstorbenen.

(4) die Bestellung und Abberufung der Seelsorger wird von der jeweiligen Kultusgemeinde und der jeweiligen Moscheegemeinde besorgt.“

Die beruflichen Möglichkeiten nach Absolvierung der Ausbildung sind daher die Tätigkeit als Seelsorger_innen, Imame, Vorbeter_innen, Prediger_innen, Muezzine und Religionsdiener_innen (im In- und Ausland).

Der Ausbildungslehrgang wird von der IGGÖ zur Ausübung dieser Berufe anerkannt.

Die Ausbildung allein berechtigt nicht zur Tätigkeit als Religionslehrer_in. Bei erhöhtem Bedarf können die Absolvent_innen aber durch die IGGÖ (Fachinspektion) durch besondere Ernennung auch als Reilgionslehrer_innen beschäftigt werden. Die Entscheidung, wer als Religionslehrer_in zugelassen wird, trifft die IGGÖ.

Die Absolvent_innen können damit in verschiedenen religiösen Anstellungen tätig sein, wenn auch nur im Bereich der islamischen Religionsgemeinschaft.

Die Absolvent_innen werden von den Kultusgemeinden und Vereinen in der Regel in einem entgeltlichen Dienstverhältnis angestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt basiert auf dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, dem Vorbringen des Beschwerdeführers, sowie auf den Einvernahmen des Beschwerdeführers und des Mitbeteiligten in der mündlichen Verhandlung am 14.01.2022.

Die folgenden vom Bundesverwaltungsgericht im Verfahren zur Zahl W178 2236568-1, in dem ebenfalls die Erfüllung der Ausbildungspflicht durch den gegenständlichen Lehrgang zu beurteilen war, eingeholten Stellungnahmen wurden im Zuge der mündlichen Verhandlung in das gegenständliche Verfahren eingebracht und zur Feststellung des Sachverhalts herangezogen:

●             Stellungnahme des Kultusamtes (BKA-II/4) vom 11.02.2021 (samt Auszügen aus der Anfragebeantwortung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung)

●             Stellungnahme der UIKZ vom 26.02.2021 (samt angeschlossener Stellungnahme der IGÖÖ vom 10.04.2019, Beilage ./15)

Ebenfalls im Zuge der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebracht wurden folgende aus dem Verfahrensakt zu W178 2236568-1 stammenden Unterlagen:

●             eine Liste von Absolvent_innen des gegenständlichen Lehrgangs und deren momentane Dienstgeber, sowie Arbeitsbestätigungen, Dienstverträge und ähnliche Unterlagen (Beilage ./1-./14)

●             das Curriculum „Ausbildungslehrgang für ISLAMISCHE THEOLOGIE“ 2017 (Beilage ./16)

Die Inhalte des Ausbildungslehrgangs und dessen Ablauf ergeben sich aus diesem Curriculum, das sich mit den entsprechenden Informationen auf der Website der UIKZ deckt vergleiche https://www.uikz.org/bildungsangebote/, letzter Zugriff am 17.02.2022). Auch die Zitate betreffend Tätigkeitsfelder der Absolvent_innen wurden aus diesem vorgelegten Curriculum entnommen.

Die Zitate aus der Verfassung der IGGÖ basieren auf dem von der IGGÖ auf ihrer Website zur Verfügung gestellten Dokument (Verfassung_IGGOe_12.02.2020.pdf (derislam.at), letzter Zugriff am 17.02.2022).

Dass der gegenständliche Lehrgang durch die IGGÖ anerkannt wird und zur Ausübung der angeführten Berufe berechtigt, ergibt sich aus deren Bestätigung vom 10.04.2019. Auch das Kultusamt (Bundeskanzleramt) bestätigte mit Stellungnahme vom 11.02.2021 die kultusrechtliche Zurechenbarkeit des Lehrgangs zu einer anerkannten Religionsgesellschaft (IGGÖ).

Die Feststellungen zum derzeitigen Fortschritt des Mitbeteiligten bei der Ausbildung ergeben sich aus seinen glaubhaften und unbestritten gebliebenen Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die Feststellungen zu den beruflichen Perspektiven der Absolvent_innen und insbesondere der Mitbeteiligten basieren auf den Ausführungen im Curriculum des Ausbildungslehrgangs, der Stellungnahme der UIKZ vom 26.02.2021, der Bestätigung der IGGÖ vom 10.04.2019, der vom Beschwerdeführer eingebrachten Liste der Absolvent_innen und deren momentanen Dienstverhältnissen, sowie insbesondere aus den Aussagen des Mitbeteiligten und des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

Der Beschwerdeführer gab an, dass die Absolvent_innen des Lehrgangs mit Sicherheit irgendwo bei der UIKZ eine Stelle bekommen würden, da es einen entsprechenden Bedarf gebe. Auch der Mitbeteiligte erweckte den Eindruck, dass er davon ausgehe, dass er eine Stelle als Seelsorger oder Prediger bei der UIKZ bekommen werde. Auch die für den Abschluss der Ausbildung nötige Praxisstelle werde ihm zugeteilt. Der Beschwerdeführer konnte zudem Namen von Absolventen nennen, die diese Ausbildung abgeschlossen hätten und nunmehr als Seelsorger und Prediger beschäftigt seien, und ergänzte zudem, dass sein Sohn auch als Religionslehrer tätig werden könnte. Dies wird durch die Stellungnahme der IGGÖ vom 10.04.2019 belegt, wonach Absolvent_innen dieses Lehrgangs bei erhöhtem Bedarf durch besondere Ernennung als Religionslehrer_innen an öffentlichen Schulen tätig werden können. Auch die vorgelegte Liste der Absolvent_innen bestätigt, dass sowohl Frauen als auch Männer, die diesen Lehrgang besucht haben, nunmehr als Religionslehrer_innen an Pflichtschulen tätig sind (z.B. Bestätigung des Schulamts der IGGÖ vom 23.06.2021, wonach Herr römisch 40 als islamischer Religionslehrer im APS (Allgemeinbildende Pflichtschulen) Bereich der Bildungsdirektion Niederösterreich tätig sei). Zudem legt diese Liste dar, dass dieser Lehrgang tatsächlich die im Curriculum angeführten Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet und dass die Absolvent_innen auch üblicherweise in Dienstverhältnissen angestellt werden.

Angesichts dessen, dass die Absolvent_innen dieser Ausbildung nur bei erhöhtem Bedarf und nach besonderer Ernennung als Religionslehrer_innen herangezogen werden, besteht auch kein Widerspruch zwischen der Stellungnahme der IGGÖ vom 10.04.2019 und der Stellungnahme des Kultusamtes vom 11.02.2021, wonach es sich bei der gegenständlichen Ausbildung um keine Befähigung für den Religionsunterricht als islamische Religionslehrperson an (öffentlichen) Schulen handle.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

3.1. maßgebliche Rechtsgrundlagen

3.1.1. Das Ausbildungspflichtgesetz (APflG) in der anzuwendenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 62 aus 2016,) lautet auszugsweise:

„§ 2. (1) Zweck dieses Bundesgesetzes ist, den Jugendlichen durch eine Bildung oder Ausbildung eine Qualifikation zu ermöglichen, welche die Chancen auf eine nachhaltige und umfassende Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben erhöht und den zunehmenden Qualifizierungsanforderungen der Wirtschaft entspricht. Dies soll durch verstärkte Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Schul- und Ausbildungsabbruch in den Bereichen der Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarktpolitik, Jugendpolitik und durch den sukzessiven Aufbau eines lückenlosen Ausbildungsangebotes erreicht werden.

[...]

Paragraph 3, Die Ausbildungspflicht betrifft Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben und sich nicht nur vorübergehend in Österreich aufhalten.

Paragraph 4, (1) Die Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Jugendliche, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres einer Bildungs- oder Ausbildungsmaßnahme oder einer auf diese vorbereitenden Maßnahme nachgehen. Die Ausbildungspflicht endet vor Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn nach Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht eine mindestens zweijährige (berufsbildende) mittlere Schule, eine Lehrausbildung nach dem BAG oder nach dem LFBAG, eine gesundheitsberufliche Ausbildung von mindestens 2500 Stunden nach gesundheitsrechtlichen Vorschriften oder eine Teilqualifizierung gemäß Paragraph 8 b, Absatz 2, (auch in Verbindung mit Paragraph 8 c,) BAG oder gemäß Paragraph 11 b, LFBAG erfolgreich abgeschlossen wurde.

(2) Die Ausbildungspflicht kann insbesondere erfüllt werden durch

1. einen gültigen Lehr- oder Ausbildungsvertrag nach dem BAG oder nach dem LFBAG,

2. eine Ausbildung nach gesundheitsrechtlichen Vorschriften,

3. den Besuch weiterführender Schulen wie den Besuch einer allgemein bildenden höheren oder berufsbildenden mittleren oder höheren Schule,

4. den Besuch von auf schulische Externistenprüfungen oder auf einzelne Ausbildungen vorbereitenden Kursen, zB Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Pflichtschulabschlussprüfung, oder Berufsausbildungsmaßnahmen,

5. die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen,

6. die Teilnahme an einer Maßnahme für Jugendliche mit Assistenzbedarf (Paragraph 10 a, Absatz 3, des Behinderteneinstellungsgesetzes – BEinstG, Bundesgesetzblatt Nr. 22 aus 1970,), die deren persönliche Leistungsfähigkeit erhöht und deren Integration in den Arbeitsmarkt erleichtert,

7. eine nach Absatz 3, zulässige Beschäftigung.

(3) Die Erfüllung der Ausbildungspflicht gemäß Absatz 2, Ziffer 5 bis 7 setzt voraus, dass eine derartige Maßnahme oder Beschäftigung mit einem Perspektiven- oder Betreuungsplan, der gemäß Paragraph 14, Absatz 2, vom Arbeitsmarktservice (AMS) oder vom Sozialministeriumservice (SMS) oder in deren Auftrag erstellt wurde, vereinbar ist. Für die Erstellung von Perspektiven- und Betreuungsplänen sind Grundsätze festzulegen; vor deren Erlassung oder Änderung ist der Beirat (Paragraph 10, Absatz 3,) anzuhören.

[...]

Paragraph 5, (1) Außerhalb ausbildungsfreier Zeiträume nach Paragraph 4, Absatz 4, erfüllen Jugendliche, die keine Schule besuchen, die Ausbildungspflicht mit einem Arbeitsverhältnis nur dann, wenn die im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses ausgeübte Beschäftigung von einem aktuellen Perspektiven- oder Betreuungsplan umfasst ist.

[...]

Paragraph 8, [...]

(3) Das SMS hat auf seiner Homepage im Internet die gemäß Paragraph 11, Absatz 6, Ziffer 2, kundgemachte Liste jener Berufs- und Ausbildungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen, deren Absolvierung oder erfolgreicher Abschluss die bestehende Ausbildungspflicht erfüllt.

(4) Auf Antrag der Erziehungsberechtigten hat das SMS mit Bescheid festzustellen, ob eine Maßnahme oder eine Beschäftigung im Einzelfall die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, erfüllt. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob die Maßnahme oder Beschäftigung die arbeitsmarktbezogenen Chancen der Jugendlichen verbessern kann.

[...]

Paragraph 21, (1) Dieses Bundesgesetz tritt, mit Ausnahme der Paragraphen 4,, 13 und 17, mit 1. August 2016 in Kraft und gilt in Bezug auf Jugendliche, die frühestens mit Ende des Schuljahres 2016/2017 ihre allgemeine Schulpflicht erfüllt haben. Vorbereitungshandlungen zur Durchführung dieses Bundesgesetzes, einschließlich des Abschlusses entsprechender Vereinbarungen und Verträge, können bereits ab dem Tag nach der Kundmachung dieses Bundesgesetzes begonnen werden.

(2) Paragraph 4, tritt mit 1. Juli 2017 in Kraft. [...]“

3.1.2. maßgebliche Rechtsgrundlagen betreffend Religionsfreiheit und Religionsunterricht:

Gemäß Artikel 15, StGG hat jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genusse ihrer für Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.

Paragraph 24, IslamG (in der geltenden Fassung) lautet:

Theologische Studien

Paragraph 24, (1) Der Bund hat ab dem 1. Jänner 2016 zum Zwecke der theologischen Forschung und Lehre und für die wissenschaftliche Heranbildung des geistlichen Nachwuchses islamischer Religionsgesellschaften den Bestand einer theologischen Ausbildung zu erhalten. Für diese sind insgesamt bis zu sechs Stellen für Lehrpersonal vorzusehen.

(2) Für jede Religionsgesellschaft nach diesem Bundesgesetz ist ein eigener Zweig im Studium vorzusehen.

(3) Als Lehrpersonal gemäß Absatz eins, kommen Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren, Universitätsdozentinnen und Universitätsdozenten, Privatdozentinnen und Privatdozenten sowie assoziierte Professorinnen und Professoren im Sinne des Kollektivvertrages für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten gemäß Paragraph 108, Absatz 3, Universitätsgesetz in Betracht.

(4) Vor der Besetzung von Stellen nach Absatz eins, ist mit den Religionsgesellschaften in Fühlungnahme über die in Aussicht genommene Person zu treten, wobei im theologischen Kernbereich darauf Bedacht zu nehmen ist, dass es sich um Anhänger der in der jeweiligen nach diesem Bundesgesetz anerkannten Religionsgesellschaft vertretenen Glaubenslehre (Rechtsschule, Glaubensströmung) handelt.

Maßgebliche §§ des ReligionsunterrichtsG (in der geltenden Fassung):

Paragraph 2, (1) Der Religionsunterricht wird durch die betreffende gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft besorgt, geleitet und unmittelbar beaufsichtigt. Dem Bund steht jedoch – soweit Paragraph 7 d, nicht anderes bestimmt – das Recht zu, durch seine Schulaufsichtsorgane den Religionsunterricht in organisatorischer und schuldisziplinärer Hinsicht zu beaufsichtigen.

(2) Die Lehrpläne für den Religionsunterricht werden hinsichtlich des Lehrstoffes und seiner Aufteilung auf die einzelnen Schulstufen von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft im Rahmen der staatlich festgesetzten Wochenstundenzahl für den Religionsunterricht erlassen und sodann – soweit Paragraph 7 d, nicht anderes bestimmt – vom zuständigen Bundesminister bekanntgemacht. Den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ist vor der Festsetzung und vor jeder Änderung der Wochenstundenanzahl für den Religionsunterricht Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

[...]

Paragraph 3, (1) Die Religionslehrer an den öffentlichen Schulen, an denen Religionsunterricht Pflichtgegenstand oder Freigegenstand ist, werden entweder

a) von der Gebietskörperschaft (Bund, Länder), die die Diensthoheit über die Lehrer der entsprechenden Schulen ausübt, angestellt oder

b) von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft bestellt.

(2) Die Anzahl der Lehrerstellen, die gemäß Absatz eins, Litera a, besetzt werden, bestimmt die Gebietskörperschaft auf Antrag der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Behörde.

(3) Alle Religionslehrer unterstehen hinsichtlich der Vermittlung des Lehrgutes des Religionsunterrichtes den Vorschriften des Lehrplanes und den kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Vorschriften und Anordnungen; im übrigen unterstehen sie in der Ausübung ihrer Lehrtätigkeit den allgemeinen staatlichen schulrechtlichen Vorschriften.

Paragraph 4, (1) Die gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Litera a, von den Gebietskörperschaften (Bund, Länder) angestellten Religionslehrer sind Bedienstete der betreffenden Gebietskörperschaft. Auf sie finden die für die Lehrer an den betreffenden öffentlichen Schulen geltenden Vorschriften des Dienstrechtes einschließlich des Besoldungsrechtes und, sofern es sich um Religionslehrer handelt, die zu der Gebietskörperschaft in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, auch einschließlich des Pensions- und des Disziplinarrechtes unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der folgenden Absatz 2 bis 5 Anwendung.

(2) Die Gebietskörperschaften (Bund, Länder) dürfen nur solche Personen als Religionslehrer anstellen, die von der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Behörde als hiezu befähigt und ermächtigt erklärt sind. Vor Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis als Religionslehrer und vor Verleihung einer schulfesten Stelle an einen Religionslehrer ist die zuständige kirchliche (religionsgesellschaftliche) Behörde zu hören.

(3) Wird einem unter Absatz eins, fallenden Religionslehrer die ihm erteilte Ermächtigung (Absatz 2,) nach erfolgter Anstellung von der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Behörde entzogen, so darf er für die Erteilung des Religionsunterrichtes nicht mehr verwendet werden.

Paragraph 5, (1) Die gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Litera b, von den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften bestellten Religionslehrer müssen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und – außer dem Erfordernis der kirchlich (religionsgesellschaftlich) erklärten Befähigung und Ermächtigung für die Erteilung des Religionsunterrichtes – hinsichtlich der Vorbildung die besonderen Anstellungserfordernisse erfüllen, die für die im Paragraph 3, Absatz eins, Litera a, genannten Religionslehrer gelten. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann – soweit Paragraph 7 d, nicht anderes bestimmt – der zuständige Bundesminister von dem Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft Nachsicht erteilen.

(2) Durch die Bestellung dieser Religionslehrer wird ein Dienstverhältnis zu den Gebietskörperschaften (Bund, Länder) nicht begründet.

3.2. Zur mangelnden Beschwerdelegitimation der Mitbeteiligten

Gemäß Paragraph 8, AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, kann anhand des AVG alleine nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden. Auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechts muss sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und nach dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden. Das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in Verwaltungsangelegenheiten bestimmt sich demnach nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Die Begriffe "Rechtsanspruch" und "rechtliches Interesse" gewinnen erst durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift an einem konkreten Inhalt, wonach allein die Frage der Parteistellung beantwortet werden kann. (VwGH 16.11.2021, Ra 2020/03/0152, mwH)

Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, APflG sind nur die Erziehungsberechtigten zur Stellung eines Antrages auf bescheidmäßige Feststellung, ob eine Maßnahme oder eine Beschäftigung im Einzelfall die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, erfüllt, berechtigt. Dies ist auch konform damit, dass nur den Erziehungsberechtigten bei schuldhafter Verletzung der Ausbildungspflicht die in Paragraph 17, APflG vorgesehen Verwaltungsstrafen drohen. Der Mitbeteiligte hat somit weder ein Antragsrecht nach Paragraph 8, Absatz 4, APflG, noch drohen ihm bei Verletzung der Ausbildungspflicht Sanktionen. Ihm kommen daher in diesem Verfahren über die Feststellung, ob diese Maßnahme im Einzelfall die Ausbildungspflicht erfüllt, keine subjektiven öffentlichen Rechte und damit auch keine Parteistellung gem. Paragraph 8, AVG zu. Es wird zwar anerkannt, dass die Frage, ob der Ausbildungslehrgang die Ausbildungspflicht erfüllt, für den Mitbeteiligten von Relevanz ist, allerdings stellt dies ein bloß faktisches Interesse dar vergleiche zur Abgrenzung VwGH 12.11.2012, 2011/06/0145). Daher wird festgehalten, dass er im gegenständlichen Verfahren als Mitbeteiligter zu behandeln war und nicht als Beschwerdeführer (bzw. „BF1“), wie in der Beschwerde vorgebracht und im Verhandlungsprotokoll irrtümlich angeführt.

3.3. Zur Feststellung, dass der Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie eine Maßnahme ist, die die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfüllt:

Eingangs ist festzuhalten, dass der gegenständliche Ausbildungslehrgang weder in der Aufzählung des Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfasst ist, noch in der auf der Homepage des SMS gemäß Paragraph 8, Absatz 3, APflG zu veröffentlichen Liste bzw. in der ab 01.01.2021 dazu zu erlassenden Verordnung (Ausbildungspflicht-Verordnung, Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 50 aus 2021,) angeführt wird. Diese sind jedoch nicht als taxative Aufzählungen zu verstehen. Vielmehr sind das APflG und die Verordnung so zu verstehen, dass der Besuch der dort genannten Einrichtungen die Ausbildungspflicht jedenfalls erfüllt. Darüber hinaus sieht Paragraph 8, Absatz 4, APflG ein Antragsrecht für Ausbildungen vor, die nicht ohnehin schon in einer dieser Listen erfasst sind und formuliert die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung.

Nach dem Gesetzestext ist bei einer Entscheidung nach Paragraph 8, Absatz 4, APflG ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob die Maßnahme oder Beschäftigung die arbeitsmarktbezogenen Chancen der Jugendlichen verbessern kann.

Darüber hinaus ist auch die allgemeine Zielsetzung des APflG zu berücksichtigen. Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, APflG ist es Zweck dieses Bundesgesetzes, den Jugendlichen durch eine Bildung oder Ausbildung eine Qualifikation zu ermöglichen, welche die Chancen auf eine nachhaltige und umfassende Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben erhöht und den zunehmenden Qualifizierungsanforderungen der Wirtschaft entspricht.

Nach den Gesetzesmaterialien vergleiche Erläut Regierungsvorlage 1178 BlgNR 25.GP, Allgemeiner Teil, S.1) wird eine aus wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Gründen erforderliche Steigerung der beruflichen Qualifizierung durch entsprechende Aus- und Weiterbildung angestrebt. Durch ein Mindestmaß an beruflicher und schulischer Qualifikation sollen arbeitsmarktpolitisch schwer korrigierbare Spätfolgen fehlender Qualifikation vermieden werden, vergleiche dazu auch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid.

Das Gericht teilt somit die Einschätzung der belangten Behörde betreffend die Zielsetzungen des Gesetzes. Auch den Ausführungen der Behörde, wonach die (höchstgerichtliche) Judikatur zur Frage des Vorliegens einer Berufsausbildung nach dem FLAG 1967 nicht ohne weiteres auf die Frage der Erfüllung der Ausbildungspflicht übertragen werden kann, schließt sich das Gericht an. Dem Umstand, dass das Bundesfinanzgericht den gegenständlichen Ausbildungslehrgang als Berufsausbildung ansieht (Erkenntnis des BFG vom 29.08.2019, RV/1100503/2018), kommt daher lediglich Indizwirkung zu. Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kann aber die Schlussfolgerung, dass der gegenständliche Lehrgang die Ausbildungspflicht nicht erfüllt, nicht geteilt werden.

Der Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie basiert letztlich auf dem durch Artikel 15, StGG garantieren Recht jeder gesetzlich anerkannten Kirche und Religionsgesellschaft, ihre inneren Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten. Der von der Behörde in der Bescheidbegründung ins Treffen geführte Paragraph 24, IslamG normiert zwar eine Verpflichtung des Bundes, zum Zwecke der theologischen Forschung und Lehre und für die wissenschaftliche Heranbildung des geistlichen Nachwuchses islamischer Religionsgesellschaften den Bestand einer theologischen Ausbildung zu erhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine islamisch-theologische Ausbildung ausschließlich an einer Universität im Rahmen der sechs bereitzustellenden Stellen für Lehrpersonal stattfinden darf.

Die gegenständliche islamisch-theologische Ausbildung ist durch die IGGÖ anerkannt und die Dauer von 10 Semestern lässt zudem auf eine fundierte Ausbildung schließen.

Die durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass sie zur Ausübung diverser Funktionen in der Religionsgemeinschaft berechtigt und dass diese Funktionen üblicherweise in entgeltlichen Dienstverhältnissen zu den Einrichtungen der Kultusgemeinden der IGGÖ ausgeübt werden.

Ob die Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer Jugend geeignet sind, die ins Auge gefassten Tätigkeiten auszuüben, haben die jeweiligen Institutionen, die sie beschäftigen zu beurteilen.

Im Hinblick auf die Ausführungen des angefochtenen Bescheides, wonach die Ausbildung die gewisse Breite für auf dem Arbeitsmarkt allgemein angebotenen Beschäftigungen aufweisen müsse, ist zuzugestehen, dass die gegenständliche Qualifikation nur zur Beschäftigung im innerreligiösen Bereich befähigt und sich damit auf einen engen Arbeitsmarkt bezieht. Damit schmälern sich zwar die Chancen am Arbeitsmarkt. Das allein kann die Anerkennung jedoch nicht ausschließen, weil auch die Aufzählung des Paragraph 4, Absatz 2, ApflG, sowie die in der römisch fünf veröffentlichte Liste der anerkannten Ausbildungen nicht darauf abstellt, ob hinreichend freie Stellen nach Absolvierung der Ausbildung zur Verfügung stehen. Immerhin sind hier sämtliche Lehrberufe erfasst, bei denen mitunter nur ein sehr enger Arbeitsmarkt besteht.

Außerdem konnten der Beschwerdeführer und der Mitbeteiligte in der mündlichen Verhandlung glaubhaft darlegen, dass die Absolvent_innen des Lehrgangs in der Regel eine Stelle bei der UIKZ erhalten und ein entsprechender Bedarf bestehe.

Der in Betracht kommende Arbeitsmarkt wird zudem dadurch erweitert, dass die Ausbildung nicht nur im Inland, sondern auch darüber hinaus verwertet werden kann, wie die in der mündlichen Verhandlung eingebrachten Anstellungsbestätigungen zeigen, Beilagen .1/-./14. Daraus geht hervor, dass mehrere Absolventen auch in islamischen Einrichtungen und Organisationen in Deutschland beschäftigt sind.

Neben den im Curriculum angeführten beruflichen Möglichkeiten als Seelsorger_innen, Imame, Vorbeter_innen, Prediger_innen, Muezzine und Religionsdiener_innen, ist zudem auch eine Anstellung als Religionslehrer_in an öffentlichen (Pflicht)Schulen möglich.

Diese Möglichkeit wird durch Paragraph 3, Absatz eins, Litera b, ReligionsunterrichtsG eröffnet, wonach die Religionslehrer an den öffentlichen Schulen nicht nur von den Gebietskörperschaften angestellt werden, sondern auch von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft bestellt werden können. Auch wenn dies nur bei besonderem Bedarf erfolgt, wurde durch die Ermittlungen bestätigt, dass hierin eine nicht zu vernachlässigende weitere berufliche Möglichkeit für die Absolvent_innen besteht. Das ergab sich insbesondere aus der Stellungnahme der IGGÖ vom 10.04.2019 und der Liste der Absolvent_innen (Beilagen ./1-./14 zur mündlichen Verhandlung ), die auch Personen enthält, die als Religionslehrer_innen an öffentlichen Pflichtschulen tätig sind.

Ebenfalls in die Abwägung miteinbezogen wurde der Umstand, dass die Ausübung der gegenständlichen Berufe von einer so persönlichen Entscheidung wie dem Bekenntnis zu einer religiösen Glaubensgemeinschaft abhängig ist. Dies mag zwar ein gewisses Risiko bergen, dass der Mitbeteiligte im Falle einer Abwendung von seinem Glauben, die Berufe, für die er ausgebildet wurde, nicht mehr ausüben kann, allerdings ist diese Gefahr mitunter auch bei anderen Ausbildungen, die nach dem APflG anerkannt werden, gegeben (z.B. Pflegekräfte, die aus persönlichen Gründen eine Covid-19-Schutzimpfung ablehnen und bei einer Impfpflicht für Pflegepersonal von einem großen Teil des Arbeitsmarktes ausgeschlossen werden könnten; ausgebildete Büchsenmacher_innen, die aufgrund einer Änderung der persönlichen Überzeugung nicht mehr mit Waffen zu tun haben möchte). Dieser Umstand ist damit sehr wohl problematisch, reicht aber nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um im gegebenen Fall die Erfüllung der Ausbildungspflicht nach dem APflG zu verneinen.

Das Gericht kommt somit zum Ergebnis, dass der gegenständliche Ausbildungslehrgang des UIKZ die Voraussetzungen nach Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfüllt.

Dieser ist als religiös-theologische Ausbildung durch die IGGÖ anerkannt und bietet eine Berufsausbildung als Basis für entgeltliche Beschäftigungen im religiös-seelsorgerischen Bereich bei den Kultusgemeinden, sowie als Religionslehrer_innen an öffentlichen Schulen.

Das Erfordernis die arbeitsmarktbezogenen Chancen zu verbessern und das Ziel der Steigerung der beruflichen Qualifizierung durch entsprechende Aus- und Weiterbildung wird damit durch diese Ausbildung erfüllt.

Es ist daher der Beschwerde Folge zu geben und entsprechend dem Antrag des Beschwerdeführers festzustellen, dass der Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie der UIKZ, den der Mitbeteiligte besucht, eine Maßnahme ist, die die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfüllt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine klare Rechtslage stützen vergleiche VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Es war lediglich die Frage der Arbeitsmarktchancen des Bf bzw. der Absolvent_innen zu klären.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2022:W178.2239674.1.00