Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

28.02.2022

Geschäftszahl

W178 2236568-1

Spruch


W178 2236568-1/24E

SCHRIFTLICHE AUSFERTIGUNG DES AM 14.01.2022 VERKÜNDETETEN ERKENNTNISSES

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerden der römisch 40 und des römisch 40 , beide vertreten durch RA Ing. Mag Hamza OVACIN, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, vom 04.09.2020, Zl. römisch 40 , betreffend die Ausbildungspflicht ihrer Tochter römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.01.2022 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und entsprechend dem Antrag der Beschwerdeführer festgestellt, dass die Ausbildung der Frau römisch 40 , im UIKZ („Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie“) eine Maßnahme ist, die die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, Ausbildungspflichtgesetz (APflG) erfüllt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Mit Antrag vom 16.06.2020 begehrten römisch 40 (Erstbeschwerdeführerin, im Folgenden: BF1) und römisch 40 (Zweitbeschwerdeführer, im Folgenden: BF2) die Feststellung, dass ihre Tochter römisch 40 (im Folgenden: Mitbeteiligte) die Ausbildungspflicht mit dem Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie bei der Kultusgemeinde der Union islamischer Kulturzentren in Österreich (im Folgenden: UIKZ) erfüllt.

2. Mit Bescheid vom 04.09.2020 wies das Sozialministeriumservice (im Folgenden: belangte Behörde bzw. SMS) den Antrag vom 16.06.2020 ab und stellte fest, dass der Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie bei der UIKZ die Ausbildungspflicht nicht erfülle.

Begründend wird ausgeführt, dass in Paragraph 4, Absatz 2, Ausbildungspflichtgesetz (APflG) in erster Linie (Aus-)Bildungen im formalen (Aus-)Bildungssystem angeführt seien, weshalb zu prüfen sei, ob der gegenständliche Ausbildungslehrgang diesen Kriterien entspreche. Dies sei zu verneinen. Er stelle keine gesetzlich anerkannte schulische Ausbildung dar und sei mangels behördlicher Anerkennung keine Berufsausbildungsmaßnahme, wie in Paragraph 4, Absatz 2, Ziffer 4, APflG angeführt. In ihrem Parteiengehör hätten die Beschwerdeführer geschrieben, dass es sich bei dem Lehrgang um eine berufliche Qualifizierung handle, die zu beurteilen bzw. anzuerkennen nach Artikel 15, StGG allein der Glaubensgemeinschaft obliege. Richtig sei, dass Artikel 15, StGG die inneren Angelegenheiten von Kirchen und Religionsgesellschaften schütze. Die Ausbildung von Imamen und Predigern sei eine innerkonfessionelle Angelegenheit, sofern durch besondere gesetzliche Regelungen keine anderen Anordnungen getroffen würden. Eine solche stelle Paragraph 24, IslamG dar, der dem Bund auftrage, an der Universität Wien zum Zwecke der wissenschaftlichen Heranbildung des geistlichen Nachwuchses islamischer Religionsgesellschaften eine theologische Ausbildung vorzusehen. Eine formal anerkannte islamisch-theologische-seelsorgerische Ausbildung sei in Österreich somit nur im Rahmen dieses Studiums möglich und anerkannt und könne mittels des gegenständlichen Ausbildungslehrgangs nicht erreicht werden. Dieser sei als informeller Lehrgang der UIKZ zu beurteilen. Die von der BF1 und dem BF2 vorgebrachte BFG-Entscheidung sei nicht einschlägig. Die Annahme, dass sich die Frage der Berufsausbildung nach dem APflG mit dem Begriff der Berufsausbildung nach dem FLAG 1967 decke, sei aufgrund des klaren, vom Gesetzgeber formulierten Zweckes des APflG verfehlt. Auch wenn der gegenständliche Ausbildungslehrgang nicht die formalen Voraussetzungen des Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfülle, sei zu fragen, ob durch diesen nicht doch, wie in Paragraph 8, Absatz 4, APflG angeführt, die arbeitsmarktbezogenen Chancen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer verbessert würden. Der Begriff der „Bildung und Ausbildung“ des APflG bedeute: eine schulische oder berufliche Ausbildung, die allgemein auf dem österreichischen Arbeitsmarkt verwertbar ist, um den Jugendlichen in Zukunft bessere und nachhaltige Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Dies bedeute, dass die Ausbildung nicht bloß persönlich verwertbar sein müsse, sondern auf dem Arbeitsmarkt verwertbar und daher eine gewisse Breite für auf dem Arbeitsmarkt allgemein angebotene Beschäftigungen aufweisen müsse. Ausbildungen mit fast zur Gänze religiösen Inhalten, wie der gegenständliche Ausbildungslehrgang, würden zur Erfüllung der Ausbildungspflicht generell und unabhängig von der Konfession nicht anerkannt, da es an einer allgemeinen Verwertbarkeit der erlernten Inhalte auf dem Arbeitsmarkt mangle. Gerade für den Altersbereich der ausbildungspflichtigen Jugendlich würden durch den Lehrgang keine Qualifikationen oder sonstige Inhalte vermittelt, die die Chancen auf eine nachhaltige und umfassende Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben erhöhen und die den zunehmenden Qualifizierungsanforderungen der Wirtschaft entsprechen würden.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben die BF1 und der BF2 (sowie die Mitbeteiligte) fristgerecht Beschwerde und begehrten die Feststellung, dass der verfahrensgegenständliche Ausbildungslehrgang die Ausbildungspflicht nach Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfüllt, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde, sowie die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Zur Beschwerdelegitimation wird angeführt, dass nicht nur der BF1 und dem BF2 ein berechtigtes Interesse an den gestellten Anträgen zukomme, sondern auch die Mitbeteiligte sei durch den bekämpften Bescheid in ihren Rechten eingeschränkt. Sie sei aufgrund des Bescheides verpflichtet, ihre aktuelle Ausbildung abzubrechen und eine andere Ausbildung anzugehen. Damit sei sie in ihrem Recht auf freie Wahl des Berufes verletzt.

Die belangte Behörde übersehe, dass der Paragraph 4, Absatz 2, neben der Ziffer 4, APflG weitere Bedingungen nenne, durch welche die Ausbildungspflicht erfüllt werde. Nach dem APflG sei bereits eine arbeitsmarktpolitische Maßnahme ausreichend, die Jugendliche auf das Berufsleben vorbereiten solle (z.B. Jugendcoaching, AMS-Kurse), sodass die Kriterien des APflG bereits bei Erreichen eines sehr niedrigen Niveaus gegeben seien. Es sei zudem eine behördliche Anerkennung der gegenständlichen Ausbildung gegeben, da diese von der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (im Folgenden: IGGÖ) als oberste Instanz in islamisch religiösen Fragen anerkannt werde. Die Ausbildung von Imamen und Predigern sei eine interkonfessionelle Angelegenheit, Paragraph 24, IslamG bedeute aber nicht, dass diese Ausbildung ausschließlich der Universität zuzuweisen sei. Zweck dieser Bestimmung sei, dass die Ausbildung in Österreich erfolge, da die Tätigkeit von im Ausland gebildeten Personen oftmals zu einer Divergenz der Lebensrealitäten der Gläubigen und der Theologen führe. Gerade dies werde durch die hier gegenständliche Kultusgemeinde und deren Ausbildung bezweckt. Des Weiteren wird darauf verwiesen, dass laut Bundesfinanzgericht bei der gegenständlichen Ausbildung eine Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 vorliege. Würden die Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung im Sinne des FLAG 1967 bei der Beurteilung der Ausbildungspflicht nicht berücksichtigt werden, führe dies zu einer Rechtsunsicherheit. Für Rechtsunterworfene wäre dies unbegreiflich. Sämtliche der vom VwGH aufgestellten Kriterien für das Vorliegen einer Berufsausbildung seien durch das Curriculum der gegenständlichen Ausbildung erfüllt. Die Ausbildung entsprechender Religionsdiener in Österreich sei ein gesellschaftsrechtliches Interesse und die Qualität der gegenständlichen Ausbildung sei durch das Curriculum und die Anerkennung durch die IGGÖ untermauert. Von einer fehlenden bzw. unzureichenden Berufsqualifikation könne daher keine Rede sein. Der Gesetzgeber habe nicht die von der Behörde herangezogene unklare Formulierung verwendet, dass eine Ausbildung allgemein auf dem österreichischen Arbeitsmarkt verwertbar sein müsse. Das APflG habe nicht das Ziel, nur bestimmte Berufe für die Erfüllung der Ausbildungspflicht zu erlauben. So würden Ausbildungen für „aussterbende“ Berufe nicht die Ausbildungspflicht erfüllen, da bei diesen die Gefahr bestehe, dass sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht verwertet werden könnten. Aus den Erläuterungen zum APflG gehe hervor, dass eine unzureichende Berufsqualifikation bei problematischen Drop-Outs von Jugendlichen aus Schule und Lehrberuf vorliege. Gegenständlich liege kein Abbruch vor. Die Behörde gehe ohne ausreichende Beweise davon aus, dass die gegenständliche Ausbildung nicht verwertbar sei. Dazu werde festgehalten, dass in Österreich weit über 700.000 muslimische Mitbürger leben würden, deren religiöse Anliegen ebenfalls als gesellschaftliche Anliegen zu werten seien. Eine andere Würdigung würde de facto die Religionsfreiheit aushebeln. Im gegenständlichen Fall werde die Qualifikation nicht von der Wirtschaft, sondern von der zuständigen Religionsgemeinschaft bestimmt. Da die Ausbildung den gesellschaftlichen Anforderungen entspreche und dem gesellschaftlichen Frieden diene, sei der Zweck der Ausbildungspflicht erfüllt. Es stelle eine Entmündigung von Jugendlichen dar, wenn die Behörde argumentiere, dass gerade für den Altersbereich der ausbildungspflichtigen Jugendlichen keine Qualifikationen und Inhalte durch die gegenständliche Ausbildung vermittelt würden. Die angebotene Ausbildung habe ein derartiges Niveau, dass die Ausübung der Tätigkeiten eines Imams, Vorbeters oder Seelsorgers ermögliche. Sich lediglich auf die Qualifizierungsanforderungen der Wirtschaft zu stützen, sei eine zu enge Betrachtungsweise und finde keine Deckung in der Intention des Gesetzgebers. Es müssten auch die Anforderungen der Gesellschaft mitberücksichtigt werden.

4. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5. Über Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts erstattete das Kultusamt (BKA-II/4) am 11.02.2021 eine Stellungnahme betreffend den gegenständlichen Ausbildungslehrgang.

Der Lehrgang sei für einen der Zweige islamischer Lehre unter dem Dach der IGGÖ, welcher in einer Kultusgemeinde organisiert ist, repräsentativ. Imame, die in der Türkei eine staatliche Ausbildung durchlaufen, seien traditionell nicht bei der UIKZ tätig, weswegen eine eigene theologische Ausbildung verfolgt werde. Es handle sich um eine interkonfessionelle Ausbildung, welche aus Sicht des Kultusamtes grundsätzlich durch staatliche Behörden nicht genehmigungsfähig sei. Eine berufliche Betätigung im Kontext religiöser Einrichtungen der UIKZ als Absolvent dieses Lehrganges entspreche den vorhandenen Informationen hinsichtlich der theologischen Relevanz, nähere Informationen lägen jedoch nicht vor. Insbesondere fehle für die Ermittlung konkreter beruflicher Perspektiven eine kultusrechtliche Grundlage. Die kultusrechtliche Zurechenbarkeit des Lehrgangs zu einer anerkannten Religionsgesellschaft (IGGÖ) werde bestätigt. Hinsichtlich einschlägiger Bestimmungen für islamische Religionslehrer sei das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung befasst worden, in dessen Stellungnahme insbesondere festgehalten wird, dass es sich bei der gegenständlichen Ausbildung um keine Befähigung für den Religionsunterricht als islamische Religionslehrperson an (öffentlichen) Schulen handle. Da es sich um eine innerreligiöse Ausbildung handle, unterstehe diese nicht der Zuständigkeit des Bildungsministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung, sondern der IGGÖ.

6. Über Anfrage des Bundesverwaltungsgerichts nahm die UIKZ zu Fragen betreffend die Berufsaussichten aufgrund des gegenständlichen Ausbildungslehrgangs in ihrem Schreiben vom 26.02.2021 Stellung. Insbesondere wird darin ausgeführt, dass die AbsolventInnen des Lehrgangs berechtigt seien, als SeelsorgeInnen, VorbeterInnen, Muezzins, PredigerInnen oder ReligionsdienerInnen zu arbeiten. Sie könnten auch bei Bedarf an öffentlichen Schulen als islamische ReligionslehrerInnen angestellt werden. Die AbsolventInnen würden befähigt, in allen Einrichtungen der IGGÖ und auch außerhalb der IGGÖ in islamischen seelsorgerischen Berufsfeldern tätig zu werden. Aufgrund der berechtigten Intention des Staates, den Import von Religionsdienern aus dem Ausland zu unterbinden, werde die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt stetig steigen.

Dieser Stellungnahme ist ein Schreiben der IGGÖ vom 10.04.2019 angeschlossen. Darin wird angeführt, es sei verfassungsrechtlich geschützt, dass Religionsgesellschaften Ausbildungsinstitutionen einrichten und betreiben, sowie ihre inneren Angelegenheiten selbstständig verwalten würden. Die fundierte islamisch-theologische Ausbildung durch die UIKZ ermögliche es, dass die Absolvent_innen der Ausbildung in sämtlichen Einrichtungen der IGGÖ, in seelsorgerischen Bereichen tätig werden könnten. Sie würden eine solche Qualifikation erhalten, die notwendig sei, um als Seelsorger_innen, Imame, Vorbeter, Prediger, Muezzine, Religionsdiener_innen und durch besondere Ernennung der IGGÖ bei erhöhtem Bedarf auch als Religionslehrer_innen tätig zu werden.

7. Mit den Stellungnahmen der belangten Behörde vom 11.03.2021, der BF1 und des BF2 vom 27.01.2021, sowie des Arbeitsmarktservice, Landesstelle Tirol, vom 04.03.2021, wurde mitgeteilt, dass für die Mitbeteiligte kein Perspektiven- oder Betreuungsplan bestehe.

Der Stellungnahme der belangten Behörde vom 11.03.2021 ist zudem eine „Fallbeschreibung“ angefügt, in der beschrieben wird, welche Schritte das SMS bzw. die Koordinierungsstelle zur Betreuung der Mitbeteiligten bei der Erfüllung der Ausbildungspflicht gesetzt habe.

8. Am 12.08.2021 langte eine Stellungnahme der BF1 und des BF2 vom 10.08.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wird ergänzendes Vorbringen betreffend die Zulassungsvoraussetzungen und Unterrichtssprache des Lehrgangs erstattet, sowie insbesondere zur Frage, in welchen Einrichtungen die Absolvent_innen des Lehrgangs beschäftigt werden.

Die fachliche Qualifikation der Ausbildung werde über die Staatsgrenzen hinaus anerkannt, insbesondere im europäischen Raum. Mit erfolgreichen Abschluss des Lehrganges könne in islamisch-theologischen Tätigkeitsfeldern Dienste ausgeübt werden. Insbesondere solle durch die Ausbildung in Österreich gewährleistet werden, dass die PredigerInnen auf die Bedürfnisse der in Österreich lebenden Gesellschaften sensibilisiert ihre Tätigkeiten ausüben würden und so einen Beitrag zu leisten zu einem Umgang, der durch gegenseitiges Verständnis und Respekt gekennzeichnet sei.

In der Beilage wurde eine Liste von Absolvent_innen des gegenständlichen Lehrgangs und deren momentanen Dienstgeber übermittelt, sowie Arbeitsbestätigungen, Dienstverträge und ähnliche Unterlagen. Darunter befindet sich auch der Name des in der mündlichen Verhandlung einvernommen Zeugen.

9. Am 14.01.2022 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, an der die BF1, der BF2 und die Mitbeteiligte in Anwesenheit ihrer rechtsfreundlichen Vertretung, sowie die belangte Behörde teilnahmen. Der BF2 und die Mitbeteiligte wurden zu den Inhalten und Rahmenbedingungen des gegenständlichen Lehrgangs und den Berufsaussichten der Mitbeteiligten befragt. Der Zeuge römisch 40 (im Folgenden: MP), ein Absolvent des gegenständlichen Lehrgangs, wurde ebenfalls zu seiner Ausbildung, seinem beruflichen Werdegang und seiner derzeitigen Tätigkeit als islamischer Religionslehrer an einer Pflichtschulde befragt.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die UIKZ (Kultusgemeinde der Union islamischer Kulturzentren) besteht aus 5 Kultusgemeinden und ist ein Mitglied der IGGÖ (Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich). Sie bietet den verfahrensgegenständlichen Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie an.

Die Mitbeteiligte, geboren am römisch 40 , ist die Tochter der BF1 und des BF2. Die BF1 und der BF2 sind die Erziehungsberechtigten der Mitbeteiligten.

Es wurde kein Perspektiven- oder Betreuungsplan für die Beschwerdeführerin erstellt.

Die Mitbeteiligte besucht seit Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht den von der UIKZ angebotenen Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie. Zur Zeit absolviert sie ihre Praxis (Unterricht von Kindern) und ist aufgrund dieser Tätigkeit seit 21.07.2021 bis laufend in einem sozialversicherungspflichten Dienstverhältnis beim römisch 40 angestellt. Im Juni 2022 wird die Mitbeteiligte voraussichtlich die Ausbildung abschließen. Ihr wurde bereits eine Stelle als Religionslehrerin und Seelsorgerin in der UIKZ angeboten.

Der verfahrensgegenständliche Ausbildungslehrgang dauert 10 Semester (5 Jahre) und ist in 3 Phasen aufgeteilt (Vorbereitungslehrgang, Aufbaulehrgang und Vertiefungslehrgang, in dem auch Praxiszeiten vorgesehen sind).

Der Ausbildungslehrgang umfasst die Ausbildung in sunnitischer Glaubenslehre, seelsorgerischen Fähigkeiten, gesellschaftlichen Werten und der hanafitischen Rechtsschule. Es wird die osmanische und arabische Sprache gelehrt. Der Unterricht wird auf Deutsch, Arabisch bzw. Türkisch abgehalten.

Die Paragraphen 4 und 5 des Curriculums des Ausbildungslehrgangs lauten (auszugsweise):

„§ 4 Abschluss

[…]

Mit dem Abschluss des Vertiefungslehrgangs für „Islamische Theologie“ wird ein Abschlusszeugnis von der Kultusgemeinde ausgestellt und berechtigt den Teilnehmer als Seelsorger gem. Artikel 23 Verfassung der IGGÖ in den Einrichtungen der Kultusgemeinden tätig zu werden.

Paragraph 5, Berufsmöglichkeiten bzw. Berufsbezeichnung /Tätigkeitsfelder

Durch den erfolgreichen Abschluss des Ausbildungslehrgangs können die Teilnehmer gemäß Artikel 19 Abs. (1) der Verfassung der IGGÖ und gemäß Paragraph eins, Abs. (2) der Statuten der Kultusgemeinde in islamischen Einrichtungen als Seelsorger, Vorbeter, Muezzin, Prediger und Religionsdiener agieren. Weiteres können die Absolventen die Betreuung von Moscheebesuchern in islamischen Angelegenheiten vornehmen.

Hauptaugenmerk ist es den seelischen und sozialen Bedürfnissen der Muslime zu entsprechen. Ihr Aufgabenbereich umfasst unter anderem die Punkte nach Artikel 23 Abs. (3) der Verfassung der IGGÖ.

Der Absolvent soll neben dem theoretischen Wissen jene Fähigkeiten aneignen, um das Erlernte in der Praxis im Sinne der Muslime und der Allgemeingesellschaft einzusetzen.

Mit erfolgreichem Abschluss des Lehrgangs für „Islamische Theologie“ können die Absolventen in islamisch-theologischen Tätigkeitsfeldern Dienste ausüben und eingesetzt werden.“

Artikel 19 Abs. (1) der Verfassung der IGGÖ lautet: „Kultusgemeinden sind Teile der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich; sie sind zugleich selbstständige Körperschaften öffentlichen Rechts. Sie haben für die Befriedigung der religiösen, kulturellen und sozialen Bedürfnisse ihrer Mitglieder und der bewährten Traditionen, sowie für die Bereitstellung der dafür erforderlichen Einrichtungen sowie für die Ausbildung des erforderlichen Personals zu sorgen.“

Artikel 23, Abs. (3) der Verfassung der IGGÖ lautet:

„Die Seelsorger

(1) Die Seelsorgerinnen und Seelsorger sind Diener der Mitglieder der Gemeinschaft der Muslime und haben sich um das ausgeglichene Verhältnis zwischen Physischem, Geistigem und Spirituellem, welche in ihrem komplexen Zusammenspiel den Zustand der Seele darstellen, unter Berücksichtigung der islamischen Lehre und Vorschriften zu kümmern und deren allgemeinen Zustand zu verbessern. Sie sollen allen Mitgliedern der Gemeinde ein Vorbild im Islam (Gottestreue und Friedfertigkeit), Iman (Glauben und Gottvertrauen) und Ihsan (Gottesliebe und Aufrichtigkeit) sein.

(2) Zu den Seelsorgeorganen gehören: 1. die Ersten Imame 2. Imame (Vorbeter) 3. Vaez (Prediger) 4. Religionsdiener für spezielle Aufgaben wie rituelle Totenwäsche, Beaufsichtigung der rituellen Schächtung etc.

(3) Ihr Aufgabenbereich umfasst: 1. Die Religiöse und religionsrechtliche Aufklärung und moralisch-religiöse Unterweisung der Muslime; 2. Koranlesung, Koranerklärung und Koranunterricht; 3. Leitung von Gottesdiensten, insbesondere die Leitung gemeinschaftlicher Gebete; 4. Predigen an Feiertagen, Festtagen und religiösen Anlässen; 5. Aufnahme und Belehrung von Konvertierten; 6. Mitarbeit beim Aufbau einer lebendigen Gemeinde; 7. Seelisch-geistige Erbauung der Gläubigen und deren Beratung in Ritualfragen; 8. Betreuung; 9. Beratung in familiären Angelegenheiten und Durchführung von religiösen Eheschließungen; 10. Beratung in sozialen Angelegenheiten; 11. Schwangerschaftsberatung; 12. Beratung bei Erziehungsfragen; 27 13. Trost und Beistand in Krisensituationen; 14. Sterbebegleitung; 15. Rituelle Waschung, Ausstattung und Bestattung von Verstorbenen.

(4) die Bestellung und Abberufung der Seelsorger wird von der jeweiligen Kultusgemeinde und der jeweiligen Moscheegemeinde besorgt.“

Die beruflichen Möglichkeiten nach Absolvierung der Ausbildung sind daher die Tätigkeit als Seelsorger_innen, Imame, Vorbeter_innen, Prediger_innen, Muezzine und Religionsdiener_innen (im In- und Ausland).

Der Ausbildungslehrgang wird von der IGGÖ zur Ausübung dieser Berufe anerkannt.

Die Ausbildung allein berechtigt nicht zur Tätigkeit als Religionslehrer_in. Bei erhöhtem Bedarf können die Absolvent_innen aber durch die IGGÖ (Fachinspektion) durch besondere Ernennung auch als Reilgionslehrer_innen beschäftigt werden. Die Entscheidung, wer als Religionslehrer_in zugelassen wird, trifft die IGGÖ.

Die Absolvent_innen können damit in verschiedenen religiösen Anstellungen tätig sein, wenn auch nur im Bereich der islamischen Religionsgemeinschaft.

Die Absolvent_innen werden von den Kultusgemeinden und Vereinen in der Regel in einem entgeltlichen Dienstverhältnis angestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt basiert auf dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, dem Vorbringen der BF1 und des BF2, den vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Stellungnahmen diverser Organisationen und Behörden, sowie insbesondere auf den Einvernahmen des BF2, der Mitbeteiligten und des Zeugen MP in der mündlichen Verhandlung am 14.01.2022.

Die Inhalte des Ausbildungslehrgangs und dessen Ablauf ergeben sich aus dem bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren vorgelegten Curriculum, das sich mit den entsprechenden Informationen auf der Website der UIKZ deckt vergleiche https://www.uikz.org/bildungsangebote/, letzter Zugriff am 17.02.2022). Auch die Zitate betreffend Tätigkeitsfelder der Absolvent_innen wurden aus diesem vorgelegten Curriculum entnommen.

Die Zitate aus der Verfassung der IGGÖ basieren auf dem von der IGGÖ auf ihrer Website zur Verfügung gestellten Dokument (Verfassung_IGGOe_12.02.2020.pdf (derislam.at), letzter Zugriff am 17.02.2022).

Dass der gegenständliche Lehrgang durch die IGGÖ anerkannt wird und zur Ausübung der angeführten Berufe berechtigt, ergibt sich aus deren Bestätigung vom 10.04.2019. Auch das Kultusamt (Bundeskanzleramt) bestätigte mit Stellungnahme vom 11.02.2021 die kultusrechtliche Zurechenbarkeit des Lehrgangs zu einer anerkannten Religionsgesellschaft (IGGÖ).

Die Feststellungen zum derzeitigen Fortschritt der Mitbeteiligten bei der Ausbildung und zu deren Dienstverhältnis ergeben sich aus ihren glaubhaften und unbestritten gebliebenen Angaben in der mündlichen Verhandlung, sowie dem Auszug aus dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger vom 13.01.2022. Dass für die Mitbeteiligte kein Perspektiven- oder Betreuungsplan erstellt wurde, ergibt sich aus den übereinstimmenden Stellungnahmen der belangten Behörde vom 11.03.2021, der BF1 und des BF2 vom 27.01.2021, sowie des Arbeitsmarktservice, Landesstelle Tirol, vom 04.03.2021.

Die Feststellungen zu den beruflichen Perspektiven der Absolvent_innen und insbesondere der Mitbeteiligten basieren auf den Ausführungen im Curriculum des Ausbildungslehrgangs, der Stellungnahme der UIKZ vom 26.02.2021, der Bestätigung der IGGÖ vom 10.04.2019, der von der BF1 und dem BF2 vorgelegten Liste der Absolvent_innen und deren momentanen Dienstverhältnissen (Beilage zur Stellungnahme vom 10.08.2021), sowie insbesondere aus den Aussagen der Mitbeteiligten und des Zeugen MP in der mündlichen Verhandlung.

Die Mitbeteiligte konnte glaubhaft darlegen, dass ihr aufgrund dieser Ausbildung bereits eine Stelle als Religionslehrerin und Seelsorgerin bei der UIKZ angeboten wurde. Insbesondere vor dem Hintergrund ihres aktuell bereits bestehenden Dienstverhältnisses ergaben sich auch keine Anhaltspunkte an diesen Angaben zu zweifeln.

Auch die Aussagen des Zeugen MP, der ebenfalls Absolvent dieses Ausbildungslehrgangs ist, bieten ein Beispiel für die in Frage kommenden Beschäftigungen. Der Zeuge, der einen sehr überlegten und glaubhaften Eindruck machte, schilderte ausführlich, dass er nahezu unmittelbar nach Absolvierung der Ausbildung als Seelsorger und Vorbeter tätig war. Derzeit ist er als Religionslehrer an öffentlichen Pflichtschulen tätig. Diesbezüglich schilderte er ausführlich, wie das Aufnahmeverfahren durch die IGGÖ erfolgt. Seinen Angaben zufolge musste er einige Zeit warten bis ein entsprechender Bedarf bei der IGGÖ für Religionslehrer_innen bestand und wurde dann nach erfolgreicher Ablegung einer mündlichen Prüfung bzw. eines fachlichen Bewerbungsgesprächs als Religionslehrer eingestellt. Dies bestätigt die Angaben der IGGÖ, wonach Absolvent_innen dieses Lehrgangs bei erhöhtem Bedarf durch besondere Ernennung als Religionslehrer_innen tätig werden können. Auch aus der vorgelegten Liste der Absolvent_innen geht hervor, dass sowohl Frauen als auch Männer, die diesen Lehrgang besucht haben, nunmehr als Religionslehrer_innen an Pflichtschulen tätig sind. Zudem legt diese Liste dar, dass dieser Lehrgang tatsächlich die im Curriculum angeführten Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnet und dass die Absolvent_innen auch üblicherweise in Dienstverhältnissen angestellt werden.

Angesichts dessen, dass die Absolvent_innen dieser Ausbildung nur bei erhöhtem Bedarf und nach besonderer Ernennung als Religionslehrer_innen herangezogen werden, besteht auch kein Widerspruch zwischen der Stellungnahme der IGGÖ vom 10.04.2019 und der Stellungnahme des Kultusamtes vom 11.02.2021.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgabe der Beschwerde

3.1. maßgebliche Rechtsgrundlagen

3.1.1. Das Ausbildungspflichtgesetz (APflG) in der anzuwendenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 62 aus 2016,) lautet auszugsweise:

„§ 2. (1) Zweck dieses Bundesgesetzes ist, den Jugendlichen durch eine Bildung oder Ausbildung eine Qualifikation zu ermöglichen, welche die Chancen auf eine nachhaltige und umfassende Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben erhöht und den zunehmenden Qualifizierungsanforderungen der Wirtschaft entspricht. Dies soll durch verstärkte Präventionsmaßnahmen zur Verhinderung von Schul- und Ausbildungsabbruch in den Bereichen der Bildungspolitik, Wirtschaftspolitik, Arbeitsmarktpolitik, Jugendpolitik und durch den sukzessiven Aufbau eines lückenlosen Ausbildungsangebotes erreicht werden.

[...]

Paragraph 3, Die Ausbildungspflicht betrifft Jugendliche bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben und sich nicht nur vorübergehend in Österreich aufhalten.

Paragraph 4, (1) Die Erziehungsberechtigten sind verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Jugendliche, die die allgemeine Schulpflicht erfüllt haben, bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres einer Bildungs- oder Ausbildungsmaßnahme oder einer auf diese vorbereitenden Maßnahme nachgehen. Die Ausbildungspflicht endet vor Vollendung des 18. Lebensjahres, wenn nach Erfüllung der allgemeinen Schulpflicht eine mindestens zweijährige (berufsbildende) mittlere Schule, eine Lehrausbildung nach dem BAG oder nach dem LFBAG, eine gesundheitsberufliche Ausbildung von mindestens 2500 Stunden nach gesundheitsrechtlichen Vorschriften oder eine Teilqualifizierung gemäß Paragraph 8 b, Absatz 2, (auch in Verbindung mit Paragraph 8 c,) BAG oder gemäß Paragraph 11 b, LFBAG erfolgreich abgeschlossen wurde.

(2) Die Ausbildungspflicht kann insbesondere erfüllt werden durch

1. einen gültigen Lehr- oder Ausbildungsvertrag nach dem BAG oder nach dem LFBAG,

2. eine Ausbildung nach gesundheitsrechtlichen Vorschriften,

3. den Besuch weiterführender Schulen wie den Besuch einer allgemein bildenden höheren oder berufsbildenden mittleren oder höheren Schule,

4. den Besuch von auf schulische Externistenprüfungen oder auf einzelne Ausbildungen vorbereitenden Kursen, zB Lehrgänge zur Vorbereitung auf die Pflichtschulabschlussprüfung, oder Berufsausbildungsmaßnahmen,

5. die Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen,

6. die Teilnahme an einer Maßnahme für Jugendliche mit Assistenzbedarf (Paragraph 10 a, Absatz 3, des Behinderteneinstellungsgesetzes – BEinstG, Bundesgesetzblatt Nr. 22 aus 1970,), die deren persönliche Leistungsfähigkeit erhöht und deren Integration in den Arbeitsmarkt erleichtert,

7. eine nach Absatz 3, zulässige Beschäftigung.

(3) Die Erfüllung der Ausbildungspflicht gemäß Absatz 2, Ziffer 5 bis 7 setzt voraus, dass eine derartige Maßnahme oder Beschäftigung mit einem Perspektiven- oder Betreuungsplan, der gemäß Paragraph 14, Absatz 2, vom Arbeitsmarktservice (AMS) oder vom Sozialministeriumservice (SMS) oder in deren Auftrag erstellt wurde, vereinbar ist. Für die Erstellung von Perspektiven- und Betreuungsplänen sind Grundsätze festzulegen; vor deren Erlassung oder Änderung ist der Beirat (Paragraph 10, Absatz 3,) anzuhören.

[...]

Paragraph 5, (1) Außerhalb ausbildungsfreier Zeiträume nach Paragraph 4, Absatz 4, erfüllen Jugendliche, die keine Schule besuchen, die Ausbildungspflicht mit einem Arbeitsverhältnis nur dann, wenn die im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses ausgeübte Beschäftigung von einem aktuellen Perspektiven- oder Betreuungsplan umfasst ist.

[...]

Paragraph 8, [...]

(3) Das SMS hat auf seiner Homepage im Internet die gemäß Paragraph 11, Absatz 6, Ziffer 2, kundgemachte Liste jener Berufs- und Ausbildungsmaßnahmen zur Verfügung zu stellen, deren Absolvierung oder erfolgreicher Abschluss die bestehende Ausbildungspflicht erfüllt.

(4) Auf Antrag der Erziehungsberechtigten hat das SMS mit Bescheid festzustellen, ob eine Maßnahme oder eine Beschäftigung im Einzelfall die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, erfüllt. Dabei ist insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob die Maßnahme oder Beschäftigung die arbeitsmarktbezogenen Chancen der Jugendlichen verbessern kann.

[...]

Paragraph 21, (1) Dieses Bundesgesetz tritt, mit Ausnahme der Paragraphen 4,, 13 und 17, mit 1. August 2016 in Kraft und gilt in Bezug auf Jugendliche, die frühestens mit Ende des Schuljahres 2016/2017 ihre allgemeine Schulpflicht erfüllt haben. Vorbereitungshandlungen zur Durchführung dieses Bundesgesetzes, einschließlich des Abschlusses entsprechender Vereinbarungen und Verträge, können bereits ab dem Tag nach der Kundmachung dieses Bundesgesetzes begonnen werden.

(2) Paragraph 4, tritt mit 1. Juli 2017 in Kraft. [...]“

3.1.2. maßgebliche Rechtsgrundlagen betreffend Religionsfreiheit und Religionsunterricht:

Gemäß Artikel 15, StGG hat jede gesetzlich anerkannte Kirche und Religionsgesellschaft das Recht der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung, ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbständig, bleibt im Besitze und Genusse ihrer für Cultus-, Unterrichts- und Wohlthätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und Fonde, ist aber, wie jede Gesellschaft, den allgemeinen Staatsgesetzen unterworfen.

Paragraph 24, IslamG (in der geltenden Fassung) lautet:

Theologische Studien

Paragraph 24, (1) Der Bund hat ab dem 1. Jänner 2016 zum Zwecke der theologischen Forschung und Lehre und für die wissenschaftliche Heranbildung des geistlichen Nachwuchses islamischer Religionsgesellschaften den Bestand einer theologischen Ausbildung zu erhalten. Für diese sind insgesamt bis zu sechs Stellen für Lehrpersonal vorzusehen.

(2) Für jede Religionsgesellschaft nach diesem Bundesgesetz ist ein eigener Zweig im Studium vorzusehen.

(3) Als Lehrpersonal gemäß Absatz eins, kommen Universitätsprofessorinnen und Universitätsprofessoren, Universitätsdozentinnen und Universitätsdozenten, Privatdozentinnen und Privatdozenten sowie assoziierte Professorinnen und Professoren im Sinne des Kollektivvertrages für die ArbeitnehmerInnen der Universitäten gemäß Paragraph 108, Absatz 3, Universitätsgesetz in Betracht.

(4) Vor der Besetzung von Stellen nach Absatz eins, ist mit den Religionsgesellschaften in Fühlungnahme über die in Aussicht genommene Person zu treten, wobei im theologischen Kernbereich darauf Bedacht zu nehmen ist, dass es sich um Anhänger der in der jeweiligen nach diesem Bundesgesetz anerkannten Religionsgesellschaft vertretenen Glaubenslehre (Rechtsschule, Glaubensströmung) handelt.

Maßgebliche §§ des ReligionsunterrichtsG (in der geltenden Fassung):

Paragraph 2, (1) Der Religionsunterricht wird durch die betreffende gesetzlich anerkannte Kirche oder Religionsgemeinschaft besorgt, geleitet und unmittelbar beaufsichtigt. Dem Bund steht jedoch – soweit Paragraph 7 d, nicht anderes bestimmt – das Recht zu, durch seine Schulaufsichtsorgane den Religionsunterricht in organisatorischer und schuldisziplinärer Hinsicht zu beaufsichtigen.

(2) Die Lehrpläne für den Religionsunterricht werden hinsichtlich des Lehrstoffes und seiner Aufteilung auf die einzelnen Schulstufen von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft im Rahmen der staatlich festgesetzten Wochenstundenzahl für den Religionsunterricht erlassen und sodann – soweit Paragraph 7 d, nicht anderes bestimmt – vom zuständigen Bundesminister bekanntgemacht. Den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ist vor der Festsetzung und vor jeder Änderung der Wochenstundenanzahl für den Religionsunterricht Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

[...]

Paragraph 3, (1) Die Religionslehrer an den öffentlichen Schulen, an denen Religionsunterricht Pflichtgegenstand oder Freigegenstand ist, werden entweder

a) von der Gebietskörperschaft (Bund, Länder), die die Diensthoheit über die Lehrer der entsprechenden Schulen ausübt, angestellt oder

b) von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft bestellt.

(2) Die Anzahl der Lehrerstellen, die gemäß Absatz eins, Litera a, besetzt werden, bestimmt die Gebietskörperschaft auf Antrag der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Behörde.

(3) Alle Religionslehrer unterstehen hinsichtlich der Vermittlung des Lehrgutes des Religionsunterrichtes den Vorschriften des Lehrplanes und den kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Vorschriften und Anordnungen; im übrigen unterstehen sie in der Ausübung ihrer Lehrtätigkeit den allgemeinen staatlichen schulrechtlichen Vorschriften.

Paragraph 4, (1) Die gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Litera a, von den Gebietskörperschaften (Bund, Länder) angestellten Religionslehrer sind Bedienstete der betreffenden Gebietskörperschaft. Auf sie finden die für die Lehrer an den betreffenden öffentlichen Schulen geltenden Vorschriften des Dienstrechtes einschließlich des Besoldungsrechtes und, sofern es sich um Religionslehrer handelt, die zu der Gebietskörperschaft in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, auch einschließlich des Pensions- und des Disziplinarrechtes unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der folgenden Absatz 2 bis 5 Anwendung.

(2) Die Gebietskörperschaften (Bund, Länder) dürfen nur solche Personen als Religionslehrer anstellen, die von der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Behörde als hiezu befähigt und ermächtigt erklärt sind. Vor Aufnahme in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis als Religionslehrer und vor Verleihung einer schulfesten Stelle an einen Religionslehrer ist die zuständige kirchliche (religionsgesellschaftliche) Behörde zu hören.

(3) Wird einem unter Absatz eins, fallenden Religionslehrer die ihm erteilte Ermächtigung (Absatz 2,) nach erfolgter Anstellung von der zuständigen kirchlichen (religionsgesellschaftlichen) Behörde entzogen, so darf er für die Erteilung des Religionsunterrichtes nicht mehr verwendet werden.

Paragraph 5, (1) Die gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Litera b, von den gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften bestellten Religionslehrer müssen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und – außer dem Erfordernis der kirchlich (religionsgesellschaftlich) erklärten Befähigung und Ermächtigung für die Erteilung des Religionsunterrichtes – hinsichtlich der Vorbildung die besonderen Anstellungserfordernisse erfüllen, die für die im Paragraph 3, Absatz eins, Litera a, genannten Religionslehrer gelten. In besonders begründeten Ausnahmefällen kann – soweit Paragraph 7 d, nicht anderes bestimmt – der zuständige Bundesminister von dem Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft Nachsicht erteilen.

(2) Durch die Bestellung dieser Religionslehrer wird ein Dienstverhältnis zu den Gebietskörperschaften (Bund, Länder) nicht begründet.

3.2. Zur mangelnden Beschwerdelegitimation der Mitbeteiligten

Gemäß Paragraph 8, AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitzt, kann anhand des AVG alleine nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den verwaltungsrechtlichen Vorschriften abgeleitet werden. Auf dem Boden des materiellen Verwaltungsrechts muss sie nach dem Gegenstand des betreffenden Verwaltungsverfahrens und nach dem Inhalt der zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften beurteilt werden. Das Tatbestandsmerkmal der Parteistellung in Verwaltungsangelegenheiten bestimmt sich demnach nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Die Begriffe "Rechtsanspruch" und "rechtliches Interesse" gewinnen erst durch die jeweils zur Anwendung kommende Verwaltungsvorschrift an einem konkreten Inhalt, wonach allein die Frage der Parteistellung beantwortet werden kann. (VwGH 16.11.2021, Ra 2020/03/0152, mwH)

Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, APflG sind nur die Erziehungsberechtigten zur Stellung eines Antrages auf bescheidmäßige Feststellung, ob eine Maßnahme oder eine Beschäftigung im Einzelfall die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, erfüllt, berechtigt. Dies ist auch konform damit, dass nur den Erziehungsberechtigten bei schuldhafter Verletzung der Ausbildungspflicht die in Paragraph 17, APflG vorgesehen Verwaltungsstrafen drohen. Die Mitbeteiligte hat somit weder ein Antragsrecht nach Paragraph 8, Absatz 4, APflG, noch drohen ihr bei Verletzung der Ausbildungspflicht Sanktionen. Ihr kommen daher in diesem Verfahren über die Feststellung, ob diese Maßnahme im Einzelfall die Ausbildungspflicht erfüllt, keine subjektiven öffentlichen Rechte und damit auch keine Parteistellung gem. Paragraph 8, AVG zu. Es wird zwar anerkannt, dass die Frage, ob der Ausbildungslehrgang die Ausbildungspflicht erfüllt, für die Mitbeteiligte von Relevanz ist, allerdings stellt dies ein bloß faktisches Interesse dar vergleiche zur Abgrenzung VwGH 12.11.2012, 2011/06/0145).

Daher wird festgehalten, dass sie im gegenständlichen Verfahren als Mitbeteiligte zu behandeln war und nicht als Beschwerdeführerin (bzw. „BF1“), wie in der Beschwerde vorgebracht und im Verhandlungsprotokoll zum Teil irrtümlich angeführt.

3.3. Zur Feststellung, dass der Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie eine Maßnahme ist, die die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfüllt:

Eingangs ist festzuhalten, dass der gegenständliche Ausbildungslehrgang weder in der Aufzählung des Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfasst ist, noch in der auf der Homepage des SMS gemäß Paragraph 8, Absatz 3, APflG zu veröffentlichen Liste bzw. in der ab 01.01.2021 dazu zu erlassenden Verordnung (Ausbildungspflicht-Verordnung, Bundesgesetzblatt Teil 2, Nr. 50 aus 2021,) angeführt wird. Diese sind jedoch nicht als taxative Aufzählungen zu verstehen. Vielmehr sind das APflG und die Verordnung so zu verstehen, dass der Besuch der dort genannten Einrichtungen die Ausbildungspflicht jedenfalls erfüllt. Darüber hinaus sieht Paragraph 8, Absatz 4, APflG ein Antragsrecht für Ausbildungen vor, die nicht ohnehin schon in einer dieser Listen erfasst sind und formuliert die maßgeblichen Kriterien für die Beurteilung.

Nach dem Gesetzestext ist bei einer Entscheidung nach Paragraph 8, Absatz 4, APflG insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, ob die Maßnahme oder Beschäftigung die arbeitsmarktbezogenen Chancen der Jugendlichen verbessern kann.

Darüber hinaus ist auch die allgemeine Zielsetzung des APflG zu berücksichtigen. Gemäß Paragraph 2, Absatz eins, APflG ist es Zweck dieses Bundesgesetzes, den Jugendlichen durch eine Bildung oder Ausbildung eine Qualifikation zu ermöglichen, welche die Chancen auf eine nachhaltige und umfassende Teilhabe am wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben erhöht und den zunehmenden Qualifizierungsanforderungen der Wirtschaft entspricht.

Nach den Gesetzesmaterialien vergleiche Erläut Regierungsvorlage 1178 BlgNR 25.GP, Allgemeiner Teil, S.1) wird eine aus wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Gründen erforderliche Steigerung der beruflichen Qualifizierung durch entsprechende Aus- und Weiterbildung angestrebt. Durch ein Mindestmaß an beruflicher und schulischer Qualifikation sollen arbeitsmarktpolitisch schwer korrigierbare Spätfolgen fehlender Qualifikation vermieden werden, vergleiche dazu auch die Ausführungen im angefochtenen Bescheid.

Das Gericht teilt somit die Einschätzung der belangten Behörde betreffend die Zielsetzungen des Gesetzes. Auch den Ausführungen der Behörde, wonach die (höchstgerichtliche) Judikatur zur Frage des Vorliegens einer Berufsausbildung nach dem FLAG 1967 nicht ohne weiteres auf die Frage der Erfüllung der Ausbildungspflicht übertragen werden kann, schließt sich das Gericht an. Dem Umstand, dass das Bundesfinanzgericht den gegenständlichen Ausbildungslehrgang als Berufsausbildung ansieht (Erkenntnis des BFG vom 29.08.2019, RV/1100503/2018), kommt daher lediglich Indizwirkung zu. Aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens kann aber die Schlussfolgerung, dass der gegenständliche Lehrgang die Ausbildungspflicht nicht erfüllt, nicht geteilt werden.

Der Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie basiert letztlich auf dem durch Artikel 15, StGG garantieren Recht jeder gesetzlich anerkannten Kirche und Religionsgesellschaft, ihre inneren Angelegenheiten selbständig zu ordnen und zu verwalten. Der von der Behörde in der Bescheidbegründung ins Treffen geführte Paragraph 24, IslamG normiert zwar eine Verpflichtung des Bundes, zum Zwecke der theologischen Forschung und Lehre und für die wissenschaftliche Heranbildung des geistlichen Nachwuchses islamischer Religionsgesellschaften den Bestand einer theologischen Ausbildung zu erhalten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass eine islamisch-theologische Ausbildung ausschließlich an einer Universität im Rahmen der sechs bereitzustellenden Stellen für Lehrpersonal stattfinden darf.

Die gegenständliche islamisch-theologische Ausbildung ist durch die IGGÖ anerkannt und die Dauer von 10 Semestern lässt zudem auf eine fundierte Ausbildung schließen.

Die durchgeführten Ermittlungen ergaben, dass sie zur Ausübung diverser Funktionen in der Religionsgemeinschaft berechtigt und dass diese Funktionen üblicherweise in entgeltlichen Dienstverhältnissen zu den Einrichtungen der Kultusgemeinden der IGGÖ ausgeübt werden. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Mitbeteiligte bereits in einem sozialversicherungspflichten Dienstverhältnis beschäftigt ist und ihr bei Beendigung der Ausbildung eine Stelle bei der UIKZ in Aussicht gestellt wurde.

Ob die Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer Jugend geeignet sind, die ins Auge gefassten Tätigkeiten auszuüben, haben die jeweiligen Institutionen, die sie beschäftigen zu beurteilen.

Im Hinblick auf die Ausführungen des angefochtenen Bescheides, wonach die Ausbildung die gewisse Breite für auf dem Arbeitsmarkt allgemein angebotenen Beschäftigungen aufweisen müsse, ist zuzugestehen, dass die gegenständliche Qualifikation nur zur Beschäftigung im innerreligiösen Bereich befähigt und sich damit auf einen engen Arbeitsmarkt bezieht, der für die Mitbeteiligte als Frau zudem noch etwas eingeschränkter ist. Damit schmälern sich zwar die Chancen am Arbeitsmarkt. Das allein kann die Anerkennung jedoch nicht ausschließen, weil auch die Aufzählung des Paragraph 4, Absatz 2, ApflG, sowie die in der Verordnung veröffentlichte Liste der anerkannten Ausbildungen nicht darauf abstellt, ob hinreichend freie Stellen nach Absolvierung der Ausbildung zur Verfügung stehen. Immerhin sind hier sämtliche Lehrberufe erfasst, bei denen mitunter nur ein sehr enger Arbeitsmarkt besteht.

Der in Betracht kommende Arbeitsmarkt wird zudem dadurch erweitert, dass die Ausbildung nicht nur im Inland, sondern auch darüber hinaus verwertet werden kann, wie die Anstellungsbestätigungen zeigen, Beilage zur Stellungnahme vom 10.08.2021. Daraus geht hervor, dass mehrere Absolventen auch in islamischen Einrichtungen und Organisationen in Deutschland beschäftigt sind.

Weiters bestätigt die aktuelle Beschäftigung der Mitbeteiligten seit Juli 2021, sowie das ihr bei Abschluss der Ausbildung in Aussicht gestellte konkrete Dienstverhältnis, dass die gegenständliche Ausbildung ihre Chancen auf eine Beschäftigung erhöht.

Neben den im Curriculum angeführten beruflichen Möglichkeiten als Seelsorger_innen, Imame, Vorbeter_innen, Prediger_innen, Muezzine und Religionsdiener_innen, ist zudem auch eine Anstellung als Religionslehrer_in an öffentlichen (Pflicht)Schulen möglich.

Diese Möglichkeit wird durch Paragraph 3, Absatz eins, Litera b, ReligionsunterrichtsG eröffnet, wonach die Religionslehrer an den öffentlichen Schulen nicht nur von den Gebietskörperschaften angestellt werden, sondern auch von der betreffenden gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft bestellt werden können. Auch wenn dies nur bei besonderem Bedarf erfolgt, wurde durch die Ermittlungen bestätigt, dass hierin eine nicht zu vernachlässigende weitere berufliche Möglichkeit für die Absolvent_innen besteht. Das ergab sich aus den Angaben des Zeugen MP, der Stellungnahme der IGGÖ vom 10.04.2019 und der Liste der Absolvent_innen (Beilage zur Stellungnahme vom 10.08.2021), die auch Personen enthält, die als Religionslehrer_innen an öffentlichen Pflichtschulen tätig sind.

Ebenfalls in die Abwägung miteinbezogen wurde der Umstand, dass die Ausübung der gegenständlichen Berufe von einer so persönlichen Entscheidung wie dem Bekenntnis zu einer religiösen Glaubensgemeinschaft abhängig ist. Dies mag zwar ein gewisses Risiko bergen, dass die Mitbeteiligte im Falle einer Abwendung von ihrem Glauben, die Berufe, für die sie ausgebildet wurde, nicht mehr ausüben kann, allerdings ist diese Gefahr mitunter auch bei anderen Ausbildungen, die nach dem APflG anerkannt werden, gegeben (z.B. Pflegekräfte, die aus persönlichen Gründen eine Covid-19-Schutzimpfung ablehnen und bei einer Impfpflicht für Pflegepersonal von einem großen Teil des Arbeitsmarktes ausgeschlossen werden könnten; ausgebildete Büchsenmacher_innen, die aufgrund einer Änderung der persönlichen Überzeugung nicht mehr mit Waffen zu tun haben möchte). Dieser Umstand ist damit sehr wohl problematisch, reicht aber nach Ansicht des Gerichts nicht aus, um im gegebenen Fall die Erfüllung der Ausbildungspflicht nach dem APflG zu verneinen.

Das Gericht kommt somit zum Ergebnis, dass der gegenständliche Ausbildungslehrgang des UIKZ die Voraussetzungen nach Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfüllt.

Dieser ist als religiös-theologische Ausbildung durch die IGGÖ anerkannt und bietet eine Berufsausbildung als Basis für entgeltliche Beschäftigungen im religiös-seelsorgerischen Bereich bei den Kultusgemeinden, sowie als Religionslehrer_innen an öffentlichen Schulen.

Das Erfordernis die arbeitsmarktbezogenen Chancen zu verbessern und das Ziel der Steigerung der beruflichen Qualifizierung durch entsprechende Aus- und Weiterbildung wird damit durch diese Ausbildung erfüllt.

Es ist daher den Beschwerden Folge zu geben und entsprechend dem Antrag der BF1 und des BF2 festzustellen, dass der Ausbildungslehrgang für Islamische Theologie der UIKZ, den die Mitbeteiligte besucht, eine Maßnahme ist, die die Ausbildungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, APflG erfüllt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine klare Rechtslage stützen vergleiche VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Strittig war die Frage der Einschätzung der Arbeitsmarktchancen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2022:W178.2236568.1.00