Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

21.02.2022

Geschäftszahl

W235 2193434-1

Spruch


W235 2193439-1/41E

W235 2193434-1/19E

W235 2193433-1/19E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. römisch 40 , geb. römisch 40 alias römisch 40 , 2. mj. römisch 40 , geb. römisch 40 und 3. mj. römisch 40 , geb. römisch 40 , 2. und 3. gesetzlich vertreten durch: römisch 40 , alle StA.: Iran, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.03.2018, Zl. 15-1067914601-150488693 (ad 1.), Zl. 15-1077383800-150830308 (ad 2.) und Zl. 18-1184102509-180249089 (ad 3.), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 und am 29.06.2021 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3, Absatz eins,, 8 Absatz eins,, 10 Absatz eins, Ziffer 3 und 57 AsylG, Paragraph 9, BFA-VG, Paragraphen 46,, 52 und 55 FPG als unbegründet abgewiesen

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Alle drei Beschwerdeführer sind iranische Staatsangehörige. Die Erstbeschwerdeführerin reiste gemeinsam mit ihrem damaligen Lebensgefährten, Herrn römisch 40 , unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am römisch 40 .05.2015 – ebenso wie ihr mitgereister, damaliger Lebensgefährte – einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Im Rahmen ihrer Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 13.05.2015 gab die Erstbeschwerdeführerin zunächst zu ihrer Person an, dass sie am römisch 40 in Teheran geboren und traditionell sowie standesamtlich verheiratet sei. Sie sei zuvor schon einmal verheiratet gewesen und wurde diese Ehe vor ca. sieben Jahren geschieden. Die Erstbeschwerdeführerin gehöre der Volksgruppe der Perser an und sei ohne religiöses Bekenntnis. Von 1990 bis 2002 habe sie in Teheran die Grundschule besucht. Sie leide an keinen Krankheiten, sei jedoch im siebten Monat schwanger. Neben ihren Eltern und drei Halbgeschwistern befinde sich noch ihre achtjährige Tochter aus erster Ehe im Iran. Vor ca. einem Monat sei sie aus dem Iran ausgereist und über die Türkei schlepperunterstützt nach Griechenland gelangt. Ab Griechenland wisse die Erstbeschwerdeführerin die Routen nicht mehr, über die sie die Schlepper nach Österreich gebracht hätten.

Zu ihrem Fluchtgrund brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie und ihr Mann Anhänger von römisch 40 seien. Sie sei aktiv für ihn tätig gewesen. römisch 40 sei inhaftiert und würden seine Anhänger Teufelsanbeter genannt. Die Leute, die mit der Erstbeschwerdeführerin zusammen gearbeitet hätten und mit ihr in einer Gruppe gewesen wären, seien gefangen genommen worden. Sie habe Angst, dass ihr dasselbe widerfahren könne. Die Strafe sei die Hinrichtung. Bei einer Rückkehr in den Iran habe sie Angst hingerichtet zu werden.

1.3. Am römisch 40 wurde in Österreich der Zweitbeschwerdeführer als Sohn der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 geboren. Herr römisch 40 stellte am 10.07.2015 als gesetzlicher Vertreter (= Vater) für den Zweitbeschwerdeführer ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.4. Am 11.08.2015 erfolgte eine Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi sowie in Anwesenheit einer Vertrauensperson. Im Rahmen dieser Einvernahme gab die Erstbeschwerdeführerin zunächst an, dass sie die gesetzliche Vertreterin des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers sei. Es bestünden Bindungen zu Österreich und zwar habe ihr Gatte im Iran für die Firmen römisch 40 und römisch 40 gearbeitet. Daher hätten sich die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann dazu entschieden, vom Iran aus nach Österreich zu gehen.

1.5. Aufgrund von vorgebrachten psychischen Problemen wurde die Erstbeschwerdeführerin einer Untersuchung zwecks Verfassens einer gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren durch eine Ärztin für Allgemeinmedizin, psychosomatische und psychotherapeutische Medizin und Psychotherapeutin unterzogen. Dieser gutachterlichen Stellungnahme vom römisch 40 .09.2015 ist verfahrenswesentlich zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin zu ihrem Ausreisegrund vorbrachte, sie sei bei christlichen Gebeten dabei gewesen, da es sie interessiert und beruhigt habe. Ihre Tochter aus erster Ehe habe dies ihrem Vater berichtet und daher habe die Erstbeschwerdeführerin nach der Scheidung und ihrer neuerlichen Eheschließung Probleme bekommen. Der iranische Geheimdienst habe ihr Haus aufgesucht. Daher habe sie ihre Tochter bei ihrem Ex-Mann gelassen und sei mit dem jetzigen Ehemann ausgereist. Behördliche Gewalt habe sie keine erleiden müssen, aber Gewalt durch den Ex-Mann.

Die sachverständige Ärztin kam nach Anamnese und Befundaufnahme zu dem Schluss, dass eine reaktive Depression und eine Anpassungsstörung schweren Ausmaßes vorliege. Sonstige psychische Krankheitssymptome würden nicht vorliegen. Die Erstbeschwerdeführerin distanziere sich deutlich vom Suizid. Im Vordergrund stehe die Sorge um den Zweitbeschwerdeführer.

1.6. Am 05.10.2016 wurde die Erstbeschwerdeführerin nach Zulassung zum Verfahren erneut vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Farsi einvernommen und gab dabei im Wesentlichen und zusammengefasst an, dass sie sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Der Zweitbeschwerdeführer habe dieselben Fluchtgründe und dieselbe Rückkehrbefürchtung wie die Erstbeschwerdeführerin. Die Erstbeschwerdeführerin sei am römisch 40 in Teheran geboren, iranische Staatsangehörige, väterlicherseits Aseri und habe keine Religion. Wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit habe sie keine Probleme im Heimatland gehabt. Die Erstbeschwerdeführerin sei wegen Depressionen in Behandlung und nehme Medikamente. Diese Depressionen hätten auf der Flucht begonnen. Neuere Befunde habe sie nicht. In Österreich lebe die Schwester ihres Mannes mit ihren drei Kindern. Diese Schwester sei seit 2005 anerkannter Flüchtling. Allerdings bestehe kein Kontakt zu diesen Verwandten. Im Iran würde ihre Mutter noch in Teheran leben, ihre Halbbrüder in römisch 40 und ihre Halbschwester in römisch 40 . Die Tochter der Erstbeschwerdeführerin lebe bei ihrem Vater. Über ihren eigenen Vater wisse die Erstbeschwerdeführerin nichts. Ihre Ehe sei am römisch 40 1392 [Anm.: römisch 40 2013] in Teheran am Standesamt im Bezirk römisch 40 geschlossen worden. Es gebe auch eine Heiratsurkunde, die sich in ihrem Haus [im Iran] befinde. „Sie“ hätten ihre Mutter mitgenommen und das Haus versiegelt. 1386 sei die Erstbeschwerdeführerin geschieden worden. Ihr erster Mann sei gewalttätig gewesen und habe sie verprügelt. Gegen Ende 1391 habe sie ihren jetzigen Mann kennengelernt und zwar habe eine Freundin der Erstbeschwerdeführerin den Cousin ihres jetzigen Mannes geheiratet. Die Erstbeschwerdeführerin habe die Obsorge über ihre Tochter aus erster Ehe bis zu deren 9. Lebensjahr erhalten. Bedingung sei jedoch gewesen, wenn sie wieder heirate, bekomme ihr Ex-Mann die Obsorge. Daher habe die Erstbeschwerdeführerin versucht, ihre Verehelichung geheim zu halten, aber ihr Ex-Mann sei dahintergekommen und habe ihre Tochter ca. eine Woche vor der Ausreise abgeholt und nicht wieder zurückgebracht. Zuletzt habe sie ca. zweieinhalb Jahre von der Hochzeit bis zur Ausreise in römisch 40 gelebt. Die Erstbeschwerdeführerin habe immer viel gearbeitet. Sie habe ca. ein Jahr bis zur Ausreise in einem Schönheitssalon einen Raum gehabt, wo sie Kleiderschauen geführt habe und auch im Verkauf tätig gewesen sei. Davor habe sie ca. drei oder vier Jahre für einen Kulturradiosender Skripten geschrieben.

Die Erstbeschwerdeführerin sei Mitglied der Faradarmani. Sie habe einen Flash-Stick mit Aufnahmen von sich mit römisch 40 bei Zusammenkünften vor seiner Verhaftung. Zu ihrem Fluchtgrund brachte sie vor, dass sie vorgehabt hätten, Flugblätter zur Freilassung von römisch 40 zu verteilen. Es sei geplant gewesen, dass sie sich in der Wohnung treffen und die Flugblätter verteilen. Ihre Mutter, ihre Schwester [Anm.: es handelt sich um die Halbschwester; der Einfachheit halber wird diese in der Folge mit „Schwester“ bezeichnet] mit Kind und auch andere Freunde. In der Nähe des Hauses hätten sie zwei Autos der Sicherheitskräfte gesehen, die ihre Mutter, ihre Schwester und deren Kind bereits zu einem der Fahrzeuge gebracht hätten. Als sie das gesehen hätten, hätten sie umgedreht und seien zu einem Freund des Ehemanns der Erstbeschwerdeführerin namens römisch 40 gefahren. Die Erstbeschwerdeführerin sei damals schon mit dem Zweitbeschwerdeführer schwanger gewesen und habe wegen ihrer Familie ein schlechtes Gewissen gehabt. Danach habe der Freund ihres Mannes die Ausreise organisiert. Die Mutter der Erstbeschwerdeführerin sei die erste gewesen, die sich römisch 40 angeschlossen habe. Danach habe dies auch ihre Schwester getan. Die Erstbeschwerdeführerin sei dann von ihrer Mutter und von ihrer Schwester „Schritt für Schritt“ eingeführt worden und nach einiger Zeit sei sie mehr engagiert gewesen als ihre Angehörigen. Die Erstbeschwerdeführerin habe 1384 das erste Semester gemacht. Sie habe sehr viel Kontakt mit römisch 40 gehabt. Bevor seine Probleme begonnen hätten, habe er selbst seine Kurse veranstaltet. Es habe in den Häusern der Mitglieder Zusammenkünfte gegeben und da sei er persönlich gekommen und habe diese Runden geführt. Bis er verhaftet worden sei, habe ein sehr regelmäßiger Kontakt bestanden. Die [vorgelegten] Fotos auf dem Stick seien grundlos bei verschiedenen Zusammenkünften entstanden. Diese seien in einem Privathaus gemacht worden. römisch 40 sei auch auf den Fotos. Es sei jedenfalls vor seiner Verhaftung 1390 gewesen. An das genaue Datum könne sie sich nicht mehr erinnern.

An welchem Tag sie vor ihrem Haus geflohen seien, wisse die Erstbeschwerdeführerin nicht mehr. Es sei während der Woche gewesen, weil da ihre Schwester öfter bei ihr zu Hause gewesen sei, um ihrer Mutter zu helfen. Ihr Mann habe römisch 40 von unterwegs ca. zehn Minuten nach der Flucht mit dem Handy angerufen und ca. eine halbe Stunde später seien sie bei ihm gewesen. Dass die Wohnung versiegelt worden sei, wisse sie, da Freunde ihres Mannes auf einer Rückreise zu ihrem Haus gekommen seien, um sie überraschend zu besuchen. Da hätten sie gesehen, dass die Tür versiegelt sei. Daraufhin hätten diese Freunde ihren Mann angerufen und der habe von den Problemen berichtet. Damals seien sie schon in Österreich gewesen. Dadurch, dass „alles“ bei der Erstbeschwerdeführerin zu Hause stattgefunden habe, habe man ihre Mutter und ihre Schwester gehen lassen. „Sie“ hätten ihre Mutter und ihre Schwester einige Tage angehalten und nach der Erstbeschwerdeführerin gefragt. Ob es weitere Schritte gegeben habe, wisse sie nicht. In ihrer neuen Unterkunft sei ihre Mutter nicht mehr belästigt worden und es habe auch keine Vorfälle bei ihren Geschwistern gegeben. Woher die Behörden von ihren Aktivitäten hätten erfahren können, wisse die Erstbeschwerdeführerin nicht. Es könnte ein Nachbar gewesen sein oder ihr Ex-Mann oder auch ein Freund. Das erste Semester Faradaramani habe sie bei ihrer Schwester zu Hause gemacht. Ihre Schwester sei ein Master. Einige Unterrichtseinheiten habe sie auch bei römisch 40 gehabt. Die Erstbeschwerdeführerin habe auch eine Ausbildung zum Master gemacht. Es seien dafür acht Einheiten, die je zwei bis drei Monate dauern würden, nötig. 1386 habe sie das erste Semester gemacht und dann alle drei Monate mit der nächsten Einheit begonnen. Es habe drei bis vier Jahre gedauert. 1390 habe die Erstbeschwerdeführerin den Mastertitel erhalten. Ihre Mutter sei kein Master. Als Master habe sie die Aufgabe gehabt, andere über diese Wissenschaft zu unterrichten. Nach Aufforderung beschrieb die Erstbeschwerdeführerin das Aussehen des Masterdiploms und beantwortete Fragen über römisch 40 und Psymentology vergleiche AS 315 und AS 317 im Akt der Erstbeschwerdeführerin). Dieses Wissen habe ihr und dem Zweitbeschwerdeführer viel geholfen. Der Zweitbeschwerdeführer habe verschiedene gesundheitliche Probleme gehabt als er auf die Welt gekommen sei. Die Erstbeschwerdeführerin habe zahlreiche „Heilungsankündigungen“ durchgeführt und die anfänglichen Probleme hätten sich schnell wieder gegeben. In Österreich praktiziere sie ihre mystische Überzeugung nicht. Sie habe keinen Internetzugang und es sei auch finanziell nicht möglich. Ihrem Mann habe sie im Iran unterrichtet; hier habe sie diesen Unterricht vorerst gestoppt. Ihr Mann sei ein sehr religiöser Mensch gewesen und habe nun sein Spektrum erweitert. Die Erstbeschwerdeführerin habe festgestellt, dass römisch 40 im Grunde die Hauptelemente des Christentums in „diesen Rahmen“ verpackt und im Iran verbreitet habe.

1.7. Im Verwaltungsakt befindet sich ein Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich an die Staatsanwaltschaft römisch 40 vom römisch 40 .08.2017, dem im Wesentlichen und zusammengefasst zu entnehmen ist, dass die Erstbeschwerdeführerin ihren Ehemann beschuldigt habe, von römisch 40 .05.2015 bis römisch 40 .08.2017 ihr gegenüber immer wieder gewalttätig geworden zu sein. Am römisch 40 .08.2017 sei die Polizei wegen eines Familienstreits in die gemeinsame Wohnung gerufen worden. Diesbezüglich habe die Erstbeschwerdeführerin angegeben, von ihrem Mann ins Gesicht geschlagen worden zu sein. Dieser habe jedoch ausgesagt, dass die Erstbeschwerdeführerin unter einer psychischen Krankheit leide und daher regelmäßig „durchdrehe“. Dies sei auch im aktuellen Fall so gewesen. Aufgrund der behaupteten psychischen Erkrankung sei die Amtsärztin hinzugezogen worden, die zu dem Schluss gekommen sei, dass keine aktuelle Gefährdung der Erstbeschwerdeführerin aufgrund einer psychischen Krankheit vorliege. Die Erstbeschwerdeführerin habe ihr im Laufe des Gespräches mitgeteilt, dass es eine gängige Methode unter Asylwerbern sei, eine psychische Krankheit vorzutäuschen, um einer eventuellen Abschiebung zu entgehen. Auch die Erstbeschwerdeführerin selbst habe nicht wirklich eine psychische Krankheit, sondern sei damals nur über die Situation traurig gewesen. In der Folge wurde gegen den Ehegatten der Erstbeschwerdeführerin ein Betretungsverbot ausgesprochen. Einen Antrag auf Erlassung einer Einstweiligen Verfügung stellte die Erstbeschwerdeführerin nicht.

1.8. In den Verwaltungsakten finden sich folgende verfahrensrelevante Unterlagen betreffend die Beschwerdeführer:

●             Konsiliarbefund Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom römisch 40 .06.2015 mit der Diagnose PTSD betreffend die Erstbeschwerdeführerin samt Laborbefund sowie vorläufiger Arztbrief vom römisch 40 .06.2015;

●             Aufenthaltsbestätigung eines Landesklinikums (ohne Diagnose) betreffend die Erstbeschwerdeführerin vom römisch 40 .06.2015;

●             Ärztlicher Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom römisch 40 .06.2015 mit den Diagnosen posttraumatische Belastungsstörung und schwergradig depressive Episode betreffend die Erstbeschwerdeführerin;

●             Mutter-Kind-Pass (in Bezug auf den Zweitbeschwerdeführer) ohne Auffälligkeiten;

●             Vorläufiger Arztbrief eines Landesklinikums vom römisch 40 .06.2015 mit einem Hinweis auf Kontrollen gemäß Mutter-Kind-Pass;

●             Bestätigung für die Krankenkasse vom römisch 40 .05.2015 mit dem Hinweis auf eine posttraumatische Belastungsstörung der Erstbeschwerdeführerin und auf erbetene psychotherapeutische Unterstützung;

●             Schreiben eines Landesklinikums vom römisch 40 .07.2015 mit einigen Diagnosen (Trinkschwierigkeiten, Pendelhoden, Herzklappeninsuffizienz) betreffend den Zweitbeschwerdeführer;

●             Aufenthaltsbestätigung der Erstbeschwerdeführerin vom römisch 40 .07.2015 eines Krankenhaus aufgrund der Geburt des Zweitbeschwerdeführers samt Arztbrief vom römisch 40 .07.2015 ohne Auffälligkeiten;

●             Rezept vom römisch 40 .07.2015 für Schmerzmittel (der Erstbeschwerdeführerin aufgrund des Kaiserschnittes verschrieben);

●             Geburtsurkunde des Zweitbeschwerdeführers vom römisch 40 .07.2015, in der als Vater Herr römisch 40 und als Mutter die Erstbeschwerdeführerin eingetragen sind;

●             Aufenthaltsbestätigung des Zweitbeschwerdeführers zu einer stationären Behandlung in einem Landesklinikum von römisch 40 bis römisch 40 .07.2015 samt Blutbild;

●             Aufenthaltsbestätigung für die Erstbeschwerdeführerin als Begleitperson in einem Landesklinikum von römisch 40 .07.2015 bis römisch 40 .07.2015;

●             Arztbrief betreffend den Zweitbeschwerdeführer vom römisch 40 .07.2015 mit diversen Diagnosen (Trinkschwierigkeiten, Pulmonalstenose, Pendelhoden);

●             Terminbestätigung Kinderambulanz für den römisch 40 .09.2015;

●             Bestätigung vom römisch 40 .08.2015, dass die Erstbeschwerdeführerin auf der Warteliste eines Psychotherapiezentrums für ein Erstgespräch steht;

●             Schreiben einer Praxisgemeinschaft Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde vom römisch 40 .08.2015, dem zu entnehmen ist, dass beim Zweitbeschwerdeführer ein angeborener Herzfehler mit daraus resultierendem Lungenhochdruck sowie ein Leistenhoden links und ein Nabelbruch vorliegen;

●             Empfehlungsschreiben vom römisch 40 .09.2016 (für die Beschwerdeführer und ihren Ehegatten bzw. Vater);

●             Ambulanzbrief vom römisch 40 .08.2016 betreffend den Zweitbeschwerdeführer wegen einer stationären Aufnahme von römisch 40 .11.2016 bis römisch 40 .11.2016 zur Operation eines Hodenhochstandes und eine Phimose;

●             Vorläufiger Arztbrief eines Landesklinikums vom römisch 40 .02.2016 betreffend die Behandlung einer Kehlkopfentzündung des Zweitbeschwerdeführers samt Befund;

●             Schreiben einer Praxisgemeinschaft Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde vom römisch 40 .09.2015 betreffend den Zweitbeschwerdeführer ohne Auffälligkeiten;

●             Ärztliche Bestätigung einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom römisch 40 .08.2016, dass beim Zweitbeschwerdeführer ein angeborener Herzfehler mit daraus resultierenden Lungenhochdruck, ein Leistenhoden links und ein Narbenbruch vorliegen;

●             Mutter-Kind-Pass vom römisch 40 .09.2017;

●             Geburtsurkunde der Drittbeschwerdeführerin vom römisch 40 .03.2018, in der als Vater Herr römisch 40 und als Mutter die Erstbeschwerdeführerin eingetragen sind und

●             Ärztliche Bestätigung einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom römisch 40 .12.2017, dass die Erstbeschwerdeführerin unter Schwangerschaftsdepressionen und der Zweitbeschwerdeführer an einem angeborenen Herzfehler leiden

Ferner finden sich nachstehende, verfahrensrelevante Unterlagen im Verwaltungsakt:

●             Iranischer Führerschein der Erstbeschwerdeführerin mit dem Geburtsdatum (umgerechnet: römisch 40 ), ausgestellt am römisch 40 .07.2012 vergleiche hierzu die vom Bundesamt eingeholte deutsche Übersetzung, AS 393 im Akt der Erstbeschwerdeführerin) und

●             Personalausweis (= „nationale Ausweiskarte“) der Erstbeschwerdeführerin mit dem Geburtsdatum (umgerechnet: römisch 40 ) und einer Gültigkeit bis zum römisch 40 .06.2019 vergleiche hierzu ebenso die deutsche Übersetzung, AS 391 im Akt der Erstbeschwerdeführerin)

1.9. Am römisch 40 wurde in Österreich die Drittbeschwerdeführerin als Tochter der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 geboren. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am römisch 40 .03.2018 als gesetzliche Vertreterin ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz für die Drittbeschwerdeführerin.

2. Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die Anträge aller drei Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkte römisch eins.). Unter den jeweiligen Spruchpunkten römisch II. dieser Bescheide wurden die Anträge der Beschwerdeführer hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat Iran gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen. Ferner wurde ihnen unter den jeweiligen Spruchpunkten römisch III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt. Weiters wurde gegen sie gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkte römisch IV.) und unter den jeweiligen Spruchpunkten römisch fünf. gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in den Iran gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkte römisch VI.).

Begründend wurde im Bescheid der Erstbeschwerdeführerin ausgeführt, dass sie widersprüchliche Angaben zu ihrem Geburtsdatum gemacht habe. Ferner hätten sie und ihr Gatte widersprüchliche Angaben in Zusammenhang mit der Eheschließung getätigt. Auch habe die Erstbeschwerdeführerin widersprüchliche Angaben zu ihrer Glaubenseinstellung gemacht. Es sei davon auszugehen, dass sie grundsätzlich gesund sei. Ihre Ausreisegründe hätten nicht glaubhaft gemacht, dass die Erstbeschwerdeführerin im Herkunftsstaat einer hinreichend intensiven GFK-relevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei oder im Rückkehrfall wäre. In ihrem Fall sei eine gemeinsame Außerlandesbringung mit ihrem Gatten und dem Zweit- sowie der Drittbeschwerdeführerin beabsichtigt. Hinsichtlich ihres Privat- und Familienlebens ergebe sich kein Rückkehrhindernis. Mit näherer Begründung sowie unter Anführung zahlreicher Widersprüche wurde ausgeführt, dass davon ausgegangen werden könne, dass die Erstbeschwerdeführerin dem schiitischen Glauben zuzurechnen sei. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass sie dem Christentum nahestehe oder ein maßgebliches Interesse an den sufitischen Lehren von römisch 40 habe oder als konfessionslos zu bezeichnen sei. Betreffend ihres Gesundheitszustandes sei darauf zu verweisen, dass die Erstbeschwerdeführerin seit August 2016 keine ärztlichen Schreiben in Vorlage gebracht habe, die eine psychische Beeinträchtigung belegen würden. Auch habe sie eingestanden, dass sie eine psychische Erkrankung nur vorgeschützt habe, um einer eventuellen Abschiebung zu entgehen. Das Vorbringen zu den Gründen der Asylantragstellung sei insgesamt nicht glaubhaft. Es hätten sich keinerlei Rückkehrhemmnisse betreffend die Beschwerdeführer oder ihren Gatten bzw. Vater ergeben. Es liege ein Familienverfahren gemäß Paragraph 34, AsylG vor.

In den Bescheiden der beiden minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die beiden Beschwerdeführer in Österreich geboren seien. Der Zweitbeschwerdeführer sei mit einem angeborenen Herzfehler zur Welt gekommen. Dieses Krankheitsbild stelle kein maßgebliches Rückkehrhindernis dar. Die Drittbeschwerdeführerin sei gesund. Für die beiden minderjährigen Beschwerdeführer seien keine eigenen Gründe für die Antragstellungen vorgebracht worden. Die von der Erstbeschwerdeführerin sowie vom Vater der beiden Beschwerdeführer vorgebrachten Ausreisegründe seien nicht glaubhaft. Es hätten sich keine Rückkehrhindernisse ergeben und würde die Außerlandesbringung der minderjährigen Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrer Kernfamilie erfolgen. Darüber hinaus wurde auf den Inhalt der Bescheide der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 verwiesen.

Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.03.2018 wurde den Beschwerdeführern amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Erstbeschwerdeführerin gemeinsam mit Herrn römisch 40 für sich und als gesetzliche Vertreterin auch für die beiden minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer fristgerecht am 18.04.2018 im Wege ihrer damals ausgewiesenen Vertretung Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Begründend wurde nach Wiederholung des wesentlichen Vorbringens der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 in Bezug auf die Beschwerdeführer zusammengefasst ausgeführt, dass die Länderfeststellungen des Bundesamtes veraltet seien. In der Folge zitierte die Beschwerde wörtlich einen Bericht der schweizerischen Flüchtlingshilfe aus dem Jahr 2016 zur „Efran-e Halgheh“ sowie einen Bericht von Amnesty International betreffend die Diskriminierung von Frauen und Mädchen und zur Religionsfreiheit aus 2017/18. Die Behörde habe ihre Ermittlungspflicht verletzt, da sie trotz Vorbringens, dass die Erstbeschwerdeführerin unter einer Angststörung/Depression leide, kein fachärztliches Gutachten eingeholt habe. Dieses werde nunmehr beantragt. Auch betreffend den Zweitbeschwerdeführer werde die Einholung eines fachärztlichen Gutachtens beantragt, da dieser unter einer schweren Herzerkrankung leide, die der Behandlung in Österreich bedürfe. Weiters wurde ausgeführt, dass sich die Behörde nicht mit dem iranischen Eherecht auseinandergesetzt habe, da ihr sonst bewusst gewesen wäre, dass eine standesamtliche Ehe im Iran gleichzeitig auch als religiöse Ehe gelte, auch wenn keine religiöse Ehezeremonie abgehalten worden sei. Die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 hätten am römisch 40 2013 geheiratet und hätten dies immer so angegeben. Sie hätten nie angegeben, im Jahr 2015 geheiratet zu haben.

Die Familie der Erstbeschwerdeführerin sei wieder freigelassen worden, da sie sich darauf berufen habe, dass die gesamten religiösen Unterlagen, die im Haus gefunden worden seien, der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 gehören würden und, dass sie nichts von den religiösen Umtrieben gewusst hätten. Die Mutter der Erstbeschwerdeführerin sei überdies auch nur zu Besuch gewesen. Dies sei falsch protokolliert worden.

4. Am 18.09.2019 wurden die Beschwerdeführer und Herr römisch 40 aus Deutschland nach Österreich überstellt.

5. Nachdem der Erstbeschwerdeführerin im Wege ihrer ausgewiesenen Vertretung am 22.03.2021 die Ladung zur mündlichen Verhandlung für den 28.04.2021 zugestellt wurde, langte am römisch 40 2021 eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher die Erstbeschwerdeführerin erstmals behauptet, dass sie nicht mit Herrn römisch 40 verheiratet sei. Sie seien im Iran nicht standesamtlich getraut worden und es bestehe keine eheliche Bindung zwischen ihnen. Zu den gegenteiligen Aussagen vor dem Bundesamt sei es aufgrund von Angst „Schande über ihre Familie“ zu bringen, gekommen, da sie als unverheiratetes Paar Kinder zusammen hätten. Ferner seien die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 seit ca. fünf Monaten kein Paar mehr und würden auch in getrennten Wohnungen leben. Der Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin würden vorwiegend bei der Erstbeschwerdeführerin leben und ihren Vater nur sehr selten sehen. Daher werde der Antrag gestellt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Verhandlung vertagen, da die Erstbeschwerdeführerin von Herrn römisch 40 bedroht werde und ihr nicht zugemutet werden könne am selben Tag wie dieser an der Verhandlung teilzunehmen.

6.1. Am 28.04.2021, 14:00 Uhr, fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Farsi statt, an der die Erstbeschwerdeführerin und ihre Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat mit Schreiben vom römisch 40 2021 auf die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verzichtet. Bereits mit der Ladung wurden den Verfahrensparteien die Länderfeststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes zur aktuellen Situation im Iran zur Kenntnis gebracht.

Eingangs der Verhandlung wurde die Stellungnahme der Erstbeschwerdeführerin vom römisch 40 2021 erörtert. Weiters brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass es ihr nach der Trennung von Herrn römisch 40 vor fünf Monaten sehr schlecht gegangen sei. Jetzt gehe es ihr besser. Medikamente nehme sie nicht. Auch vor der Trennung sei es der Erstbeschwerdeführerin nicht so gut gegangen und sie habe sich auch viele Gedanken um die Zukunft gemacht. Durch diese Ungewissheit habe sie auch Probleme mit ihrem Mann gehabt. Früher habe sie starke Depressionen gehabt und dagegen das Medikament Sertralin genommen. Jetzt gehe es ihr besser. Auf Vorhalt, die am römisch 40 .08.2017 zugezogene Amtsärztin habe bei der Erstbeschwerdeführerin keine psychische Krankheit feststellen können und habe diese der Ärztin gegenüber gesagt, dass es eine gängige Methode sei, eine psychische Krankheit vorzutäuschen, um einer eventuellen Abschiebung zu entgehen, gab die Erstbeschwerdeführerin an, zu Beginn sei es ihr nicht gut gegangen. Sie sei schwanger gewesen und habe auch Geburtsdepressionen gehabt. Als sie sich von römisch 40 getrennt habe, sei es ihr auch nicht gut gegangen. Sie habe keine besondere Krankheit gehabt, aber an Depressionen gelitten. Auch habe sie eine Zyste auf der Schilddrüse, die operiert werden müsse, aber da sie niemanden für die minderjährigen Beschwerdeführer habe, habe sie den chirurgischen Eingriff absagen müssen. Sie könne die beiden minderjährigen Beschwerdeführer nicht zu Herrn römisch 40 geben, weil er ihr gedroht habe, sie ihr wegzunehmen. Es stimme nicht, dass sie zu der Amtsärztin gesagt habe, dass sie gar nicht psychisch krank sei. Sie habe wirklich Depressionen gehabt und es sei ihr schlecht gegangen. Auf Vorhalt, dass keine medizinischen Unterlagen nach dem Jahr 2016 im Akt seien, gab die Erstbeschwerdeführerin an, nachdem sie Medikamente genommen habe, sei es ihr besser gegangen. Sie habe keine Krankheiten, sondern es seien die Umstände und die Lebenssituation, die einen Druck auf sie ausüben würden. Der Zweitbeschwerdeführer habe drei Löcher im Herzen gehabt, aber jetzt gehe es ihm besser. Der Arzt habe gesagt, dass es gut aussehe, aber sie wisse noch nicht, ob die Löcher wieder zugegangen seien. Aber der Arzt habe gesagt, dass es ihm gut gehe. Die Erstbeschwerdeführerin gehe mit dem Zweitbeschwerdeführer zu Kontrollen. Der Zweitbeschwerdeführer benötige weder Medikamente, Therapien oder Übungen. Er müsse nur einmal im Jahr zum Arzt, damit dieser das Herz kontrolliere. Die Drittbeschwerdeführerin sei gesund.

Die letzte Einvernahme vor dem Bundesamt sei schnell gegangen, weil die Dolmetscherin keine Zeit gehabt habe und ihr Kind vom Kindergarten habe abholen müssen. Deswegen habe sie die Fragen nicht ausführlich beantworten können. Am Ende der Einvernahme sei ihr gesagt worden, dass sie auf jeder Seite unterschreiben solle. Es sei aber rückübersetzt worden. Die Erstbeschwerdeführerin habe im erstinstanzlichen Verfahren einmal gelogen. Sie habe Herrn römisch 40 im Iran nicht geheiratet bzw. seien sie nicht verheiratet gewesen, aber vor der österreichischen Behörde habe sie angegeben, dass sie verheiratet seien. Das habe sie deshalb gemacht, weil die Schwester von Herrn römisch 40 , die in Österreich lebe, gesagt habe, es sei besser, wenn sie angebe, dass sie verheiratet seien. Da die Erstbeschwerdeführerin mit den iranischen Gesetzen aufgewachsen sei, habe sie gewusst, dass die Steinigung drohe, wenn ein uneheliches Kind entstehe. Den Dolmetscher vor der Polizei habe sie nicht verstanden, weil die afghanische Sprache anders als die persische sei. Auf die Frage, welche Probleme es bei der Erstbefragung mit dem Dolmetscher gegeben habe, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie sich an die Niederschrift vor der Polizei nicht mehr erinnern könne.

Die Erstbeschwerdeführerin sei am römisch 40 (umgerechnet: römisch 40 ) geboren. Ihre Eltern hätten als Geburtsdatum jedoch den römisch 40 (umgerechnet: römisch 40 ) angegeben, damit sie früher in die Schule gehen könne. In der Folge legte die Erstbeschwerdeführerin ihre Geburtsurkunde im Original vor, der das Geburtsdatum römisch 40 (umgerechnet: römisch 40 ) zu entnehmen ist. Auf Vorhalt, dass dieses Geburtsdatum mit jenem im Verfahren übereinstimmt, brachte sie vor, dass ihre Eltern den römisch 40 angegeben hätten, aber ihr richtiges Geburtsdatum der römisch 40 (umgerechnet: römisch 40 ) sei. Auf Vorhalt dieser Widersprüche gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie sich bei dem Tag vertan habe. Ihre Eltern hätten nicht den römisch 40 , sondern den römisch 40 angegeben. Ihr iranischer Führerschein und ihre ID-Karte würden immer noch beim Bundesamt liegen.

Zu ihrem Familienstand brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, sie sei sechs Jahre von ihrem ersten Mann getrennt gewesen als sie Herrn römisch 40 kennengelernt habe. 2013 sei sie dann mit ihm zusammengezogen und habe bis vor ca. fünf Monaten auch mit ihm zusammengelebt. Von ihrem ersten Mann habe sich die Erstbeschwerdeführerin 2008 scheiden lassen, was auch in ihrer heute vorgelegten Geburtsurkunde angeführt sei. Auf Vorhalt, Herr römisch 40 habe angegeben, dass sie eine sogenannte „Zeit-Ehe“ geschlossen hätten, brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie ein Problem mit der islamischen Eheschließung habe. Sie sei ohne Religionsbekenntnis. Die „Zeit-Ehe“ sei ihrer Meinung nach nur dazu da, dass sich die Frau an den Mann verkaufe, damit sie vergewaltigt werden könne. Davon halte sie nichts. Sie sei mit Herrn römisch 40 keine „Zeit-Ehe“ eingegangen. Es stimme zwar, dass ihr Ex-Mann ihr, wenn sie Herrn römisch 40 offiziell geheiratet hätte, ihre gemeinsame Tochter hätte wegnehmen können, aber da sie mit der islamischen Religion nichts anfangen könne, habe sie auch mit den „Zeit-Ehen“ nichts zu tun haben wollen. Ihrer Familie habe sie Herrn römisch 40 schon als ihren Ehemann vorgestellt und es hätten auch alle gedacht, dass sie verheiratet seien. Obwohl sie in einem Haushalt gelebt hätten, habe niemand gewusst, dass es keine Eheschließung gegeben habe. Ihr Ex-Mann habe nichts von Herrn römisch 40 gewusst. Es könne aber sein, dass ihre Tochter Herrn römisch 40 gegenüber dem Ex-Mann erwähnt habe. Aus Angst, dass ihr ihr Ex-Mann die Tochter wegnehme, habe die Erstbeschwerdeführerin nicht heiraten wollen und der Grund für die Ausreise aus dem Iran sei gewesen, dass sie unehelich schwanger gewesen sei und daher weggehen habe müssen, da sie keine Beweise oder Unterlagen habe, die darlegen würden, dass sie mit Herrn römisch 40 verheiratet sei. Das sei im Iran höchst strafbar. Auf die Frage, wieso sie Herrn römisch 40 nicht geheiratet habe, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass seine Familie sie nicht akzeptiert habe, da sie geschieden gewesen sei und daher im Iran „keinen Stellenwert“ mehr gehabt habe. Es werde nicht gerne gesehen, wenn eine Frau geschieden sei und mit einem Kind in das Haus des neuen Mannes gehe. Außerdem sei die Familie von Herrn römisch 40 sehr streng gläubig. Sie habe auch Angst gehabt, dass sie ihre Tochter bei einer erneuten Eheschließung verliere. Die Familie von Herrn römisch 40 habe die Erstbeschwerdeführerin beschimpft und - als sie schwanger gewesen sei – gefragt, ob es überhaupt sein Kind sei. Die Familie von Herrn römisch 40 habe gewusst, dass sie nicht verheiratet seien. Sie hätten auch Probleme damit gehabt. Auch in Österreich habe es viele Probleme deshalb gegeben und habe die Schwester von Herrn römisch 40 den Zweitbeschwerdeführer als „unehelich“ beschimpft. Auf Vorhalt, dass dies wohl stimme, wenn sie nicht verheiratet seien, gab die Erstbeschwerdeführerin an, in ihrem Kulturkreis sei das ein Schimpfwort und sehr beleidigend. Auf Vorhalt, sie habe vor dem Bundesamt angegeben, dass es eine Heiratsurkunde gebe, was nach ihren jetzigen Angaben nicht stimmen könne, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass ihre Ausreise nicht geplant gewesen sei. Sie habe den Iran verlassen müssen, weil sie Probleme gehabt habe. Die Probleme hätten sich auf ihre uneheliche Schwangerschaft bezogen, die im Iran verboten sei. Sonst habe sie im Iran alles gehabt. Die Schwester von Herrn römisch 40 habe gesagt, dass sie sagen solle, sie seien verheiratet und das habe die Erstbeschwerdeführerin dann auch getan. Auf Vorhalt, als sie von der Heiratsurkunde gesprochen habe, sei sie schon eineinhalb Jahre in Österreich gewesen und hätte wissen müssen, dass es in Österreich egal sei, ob man verheiratet sei, wenn man ein Kind bekomme, zumal sie keine gläubige Moslemin sei, brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, wenn man als Iranerin sage, dass man nicht geheiratet habe und uneheliche Kinder bekommen habe, werde man „schief angesehen“ und „anders betrachtet“. Auch dann, wenn sie mit der österreichischen Kultur vertraut seien. Es stimme, dass die Erstbeschwerdeführerin nicht gläubig sei, aber als Mensch halte sie die Vorurteile der iranischen Community nicht aus. Herr römisch 40 habe immer, wenn sie andere Leute getroffen hätten, gesagt, dass sie nicht verheiratet seien. Dies habe er vor allem dann getan, wenn sie zuvor gestritten hätten. Die Erstbeschwerdeführerin habe schon zuvor der Behörde mitteilen wollen, dass sie nicht verheiratet seien, aber Herr römisch 40 habe gemeint, das sei nicht gut für das Verfahren. Die Erstbeschwerdeführerin habe all die Jahre mit dieser Last leben müssen, aber nach der Trennung habe sie das hinter sich lassen wollen. Sie habe nie verstanden, warum Herr römisch 40 vor „unwichtigen Personen“ die Wahrheit sage, dies aber vor den Behörden verschwiegen habe.

Im Rahmen dieser Verhandlung wurde vereinbart, dass die Erstbeschwerdeführerin sämtliche, dem Gericht vorzulegende Unterlagen mit einem Beilagenverzeichnis versehen, bis eine Woche vor dem nächsten Verhandlungstermin vorlegt; ein ergänzendes Vorbringen wurde freigestellt. Ferner wurde vereinbart, dass eine schriftliche Stellungnahme zu den Länderberichten mit den Beweismitteln vorgelegt wird.

6.2. Am 24.06.2021 – und sohin verspätet – langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführer beim Bundesverwaltungsgericht ein. In Ergänzung der verspäteten Stellungnahme langten am 30.06.2021 (sohin nach Schluss der mündlichen Verhandlung) zwei weitere Stellungnahmen ein.

6.3. Am 29.06.2021 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht die Fortsetzung der öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Zuhilfenahme einer geeigneten Dolmetscherin für die Sprache Farsi statt, an der die Erstbeschwerdeführerin und ihre Vertreterin teilnahmen. Ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist nicht erschienen; das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat sich mit E-Mail vom 21.06.2021 für diesen Verhandlungstermin entschuldigt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Eingangs der Verhandlung gab die Erstbeschwerdeführerin auf die Frage, warum sie vor dem Bundesamt betreffend ihre Ehe mit Herrn römisch 40 gelogen habe, an, dass sie mit iranischen Gesetzen aufgewachsen sei. Sie habe sich mit den Gesetzen in Österreich nicht ausgekannt. Außerdem habe die Schwester von Herrn römisch 40 gesagt, dass sie sagen sollten, sie wären verheiratet. Die Erstbeschwerdeführerin sei nie mit Herrn römisch 40 verheiratet gewesen und zwar auch nicht in Form einer „Ehe auf Zeit“. Zum Vorhalt ihrer Angaben zur Eheschließung vor dem Bundesamt, führte sie aus, dass sie sich an dieser Adresse mit Freunden in einem Restaurant getroffen und ihre Beziehung offiziell gemacht hätten. Von diesem Tag an hätten sie auch in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Auf die Frage, ob sie eine Erklärung dafür habe, dass Herr römisch 40 angebe, sie hätten eine „Ehe auf Zeit“ geschlossen, brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, er habe gesagt, sie sollten „das“ so sagen. Sie sei mit ihm nicht verheiratet und auch nicht in Form einer „Zeit-Ehe“. Sie habe nicht standesamtlich heiraten können, da ihr ihr Ex-Ehemann sonst die Tochter hätte wegnehmen können. Man solle Herrn römisch 40 danach fragen, wo der „offizielle Zettel“ für die Zeiteheschließung sei. Einer der Hauptgründe der Flucht sei gewesen, dass die Erstbeschwerdeführerin von Herrn römisch 40 schwanger gewesen sei und dies im Iran ein Verbrechen sei. Auf Vorhalt, die Erstbeschwerdeführerin selbst habe vor dem Bundesamt gesagt, dass ihre Heiratsurkunde in ihrem Haus sei, gab sie an, sie habe gelogen, weil ihr das von der Schwester von Herrn römisch 40 so gesagt worden sei. Wenn sie nichts vor den österreichischen Behörden gesagt hätte, würde niemand wissen, ob sie verheiratet seien. Sie habe es aber nicht mehr mit ihrem Gewissen vereinbaren können. Sie habe deshalb fünf Jahre gewartet, weil Herr römisch 40 das nicht zugelassen habe. Er habe ihr gesagt, sie solle das nicht machen und habe sie auch bedroht. Wenn er sie geschlagen habe, habe sie ihn auch geschlagen. An einem Tag habe die Erstbeschwerdeführerin zu Herrn römisch 40 gesagt, dass sie jetzt zu den Behörden gehe und erzähle, dass sie nie verheiratet gewesen seien. Daraufhin habe sich Herr römisch 40 selbst geschlagen und verletzt. Als die Polizei gekommen sei, habe man sie von dem Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin getrennt und man habe ihr nicht geglaubt, dass sie nichts gemacht habe. Ihr Mann habe gesagt, dass die Erstbeschwerdeführerin psychische Probleme habe. Sie habe schon psychische Probleme gehabt, da sie hochschwanger gewesen sei und eine Tochter im Iran zurückgelassen habe. Sie habe Schwangerschaftsdepressionen gehabt. Wann sie von Herrn römisch 40 zuletzt bedroht worden sei, daran könne sie sich nicht mehr erinnern. Sie sei bei ihrem Freund römisch 40 gewesen und Herr römisch 40 sei dorthin gekommen und habe vor dem Fenster Schimpfwörter verwendet und dies mit dem Handy aufgenommen. Dann sei die Polizei gekommen. Das sei vor ca. einem Monat gewesen. Sie sei sieben Jahre mit Herrn römisch 40 zusammen gewesen und immer wieder erniedrigt, geschlagen und beschimpft worden. Aktuell sei sie mit ihrem Freund römisch 40 zusammen, denke aber nicht an das Heiraten. Ihren ersten Mann habe sie 2001 geheiratet und ihre gemeinsame Tochter sei am römisch 40 geboren. Die Tochter lebe bei ihrem Vater und die Erstbeschwerdeführerin habe keinen Kontakt zu ihr.

Die Erstbeschwerdeführerin sei Turkmenin und Atheistin. Wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit habe sie im Iran keine Probleme gehabt, aber ihre Familie – vor allem ihr Vater – sei sehr strenggläubig. Sie sei keine Turkmenin, sondern türkische Iranerin. Alle Männer aus ihrer Familie seien streng islamisch gläubig. Im Iran würden noch ihre Eltern, eine Halbschwester und zwei Halbbrüder leben. Die Erstbeschwerdeführerin habe bis 2006 in Teheran gelebt und danach bis zur Ausreise in römisch 40 . Sie habe mit ihrer Mutter und ihrer Tochter zusammengelebt und ab römisch 40 2013 auch mit Herrn römisch 40 . Auf Vorhalt, in der Beschwerde wurde vorgebracht, dass sie nicht mit ihrer Mutter zusammengelebt habe, gab die Erstbeschwerdeführerin, sie hätten zusammengelebt und habe ihre Mutter auch auf ihre Tochter aufgepasst. In dieser Wohnung lebe niemand mehr, da sie von den iranischen Behörden versiegelt worden sei. Ihre Mutter lebe bei einem ihrer (Halb)brüder. Die Erstbeschwerdeführerin habe regelmäßigen Kontakt zu ihrer Mutter und zu ihrer (Halb)schwester. Den Angehörigen gehe es gut; ihre Mutter sei Pensionistin und ihre Schwester stelle Schmuck her. Ein (Halb)bruder habe ein Kosmetikgeschäft. Die Erstbeschwerdeführerin habe zwölf Jahre die Schule besucht und im Zweig „Computer“ maturiert. Gearbeitet habe sie in diesem Zweig jedoch nicht. Sie habe sich in einem Friseursalon ein Zimmer gemietet und Damenmode verkauft. Die letzten beiden Jahre bevor sie nach Österreich gekommen sei, habe sie für einen Radiosender Kindergeschichten geschrieben, die dann ausgestrahlt worden seien. Mit diesen Tätigkeiten habe sie ihren Lebensunterhalt verdient und ihre wirtschaftliche Lage sei gut gewesen.

Zu ihrer Integration in Österreich gab die Erstbeschwerdeführerin an, sie sei ledig und nicht verheiratet. Abgesehen von dem Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin habe sie in Österreich keine Verwandten. Sie führe eine partnerschaftliche Beziehung mit Herrn römisch 40 . Sie kenne ihn seit sieben Jahren und er sei zuvor ein Freund der Familie gewesen. Er habe Asylstatus. Die Erstbeschwerdeführerin sei zwar mit ihm zusammen, glaube aber nicht, dass er sie heiraten wolle. Es lebe jeder in seinem eigenen Haushalt. Sie seien aktuell in der „Kennenlernphase“ und würden sehen, ob sie überhaupt in einem gemeinsamen Haushalt leben würden wollen. Vor ca. fünf Monaten habe ihr Herr römisch 40 seine Gefühle gezeigt und gemeint, wenn sie nicht mehr mit Herrn römisch 40 zusammenbleibe, wolle er gerne eine Beziehung mit ihr führen. Die Erstbeschwerdeführerin sei zu Deutschkursen gegangen und habe im „ römisch 40 “ Markt gearbeitet. Eine Deutschprüfung habe sie nicht abgelegt. Sie habe seit ca. fünf Jahren ehrenamtliche Tätigkeiten ausgeübt. Die Erstbeschwerdeführerin sei auch immer wieder zur römisch 40 gegangen und habe gesagt, dass sie arbeiten wolle. Aber außer bei ehrenamtlichen Tätigkeiten habe sie keinen Erfolg gehabt. Ihren Lebensunterhalt verdiene sie in Österreich durch die Grundversorgung. Sonstige Ausbildungen habe die Erstbeschwerdeführerin in Österreich nicht absolviert und sie besuche auch keine Vereine oder Kurse. Beim „ römisch 40 “- Markt habe sie Regale ein- und ausgeräumt. Sie habe auch Preisetiketten ausgedruckt und auf die Waren geklebt. Seit der Trennung von Herrn römisch 40 könne sie das jedoch nicht mehr machen, da sie niemanden für die minderjährigen Beschwerdeführer habe. In Österreich habe die Erstbeschwerdeführerin einen Freundes- und Bekanntenkreis.

Zum aktenkundigen Vorfall vom römisch 40 .08.2017 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass Herr römisch 40 damals Rückenschmerzen gehabt und dagegen Tabletten verschrieben bekommen habe. Die Erstbeschwerdeführerin habe gemeint, dass diese Tabletten süchtig machen würden und daher sei es zu einem kleinen Streit gekommen. Obwohl Herr römisch 40 ihr zugesichert habe, mit diesen Tabletten aufzuhören, habe sie einige Tage später mehrere Packungen in seinen Sachen gefunden. Als sie ihn darauf angesprochen habe, habe er nur gesagt, er wolle diese Tabletten verkaufen. Da die Erstbeschwerdeführerin schwanger und müde gewesen sei und darüber hinaus von Herrn römisch 40 nicht erwartet hätte, dass er mit Drogen handle, habe sie zu schreien begonnen und nicht aufgehört. Daraufhin habe ihr Herr römisch 40 eine Windel des Zweitbeschwerdeführers auf den Mund gelegt und sie habe keine Luft mehr bekommen. Daher habe sie die Polizei gerufen. Auf Vorhalt, es habe auch Erhebungen betreffend einen Verdacht auf fortgesetzte Gewaltausübung durch Herrn römisch 40 gegeben, brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass er sie geschlagen habe. Sie wolle über das Thema nicht reden, da es ihr dabei schlecht gehe. Sie wolle nur dann darüber reden, wenn es mit dem Asylgrund zu tun habe. Auf Vorhalt, dass Herr römisch 40 diese Anschuldigungen bestreite, gab sie an, sie habe die ganzen Beweise und Fotos von den Verletzungen. Er habe sie immer wieder geschlagen, aber sie habe sich auch verteidigt und zurückgeschlagen. Auch habe Herr römisch 40 beim Geschäft „ römisch 40 “ gestohlen und habe ein Jahr Hausverbot bei „ römisch 40 “ gehabt. Weiters habe die Erstbeschwerdeführerin für ihn die Strafe in der Höhe von € 200,00 zahlen müssen. Die Erstbeschwerdeführerin habe immer wieder versucht, die Beziehung zu retten. Sie habe sich nicht früher getrennt, weil Herr römisch 40 immer gesagt habe, sie sollten warten bis das Asylverfahren beendet sei. Sie habe nur einmal die Polizei gerufen.

Zu Integration der beiden minderjährigen Beschwerdeführer gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass der Zweitbeschwerdeführer im letzten Kindergartenjahr sei und im Herbst in die Volksschule komme. Die Drittbeschwerdeführerin gehe noch in den Kindergarten. Beide hätten Freunde. Der Zweitbeschwerdeführer gehe auch in eine Therapie, wo er sitze und male. Das tue ihm gut, weil er hier keine Großeltern, Tanten und Onkel habe. römisch 40 habe eine Tochter, die älter sei als die minderjährigen Beschwerdeführer. Diese Tochter sei jedoch eifersüchtig auf die minderjährigen Beschwerdeführer, da diese ein gutes Verhältnis zu Herrn römisch 40 hätten. Die Erstbeschwerdeführerin sehe Herrn römisch 40 an den Wochenenden und er sei ein guter Freund, mit dem sie auch zusammen sei. Wenn sich in Zukunft herausstelle, dass sie gut zusammenpassen würden, würden sie eine Beziehung eingehen und zusammenziehen. Wenn nicht, dann würde jeder auf seinem Platz bleiben.

Zu ihren Reisebewegungen befragt, gab die Erstbeschwerdeführerin an, sie wisse nicht genau, wann sie ausgereist seien, aber es sei sieben Jahre her. Als Herr römisch 40 und sie vor ihrer Wohnung festgestellt hätten, dass der Geheimdienst dort gewesen sei, habe ihr Neffe per SMS geschrieben, dass sie auf keinen Fall kommen sollten. Daher seien sie weitergefahren und Herr römisch 40 habe einen Freund namens römisch 40 angerufen, der sie noch am selben Abend nach römisch 40 gebracht habe. Vor dort aus seien sie schlepperunterstützt mit PKWs und Autobussen über die Türkei, Griechenland, Serbien und Ungarn nach Österreich gereist. römisch 40 sei auch ein Freund der Erstbeschwerdeführerin, der auch bei der Gruppe römisch 40 dabei gewesen sei.

Zu den Fluchtgründen brachte die Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass sie ab 2005 an Seminaren bzw. Sitzungen von römisch 40 teilgenommen habe. Ihre Mutter und ihre Schwester hätten schon zuvor an diesen Seminaren teilgenommen. Von den iranischen Behörden seien diese Seminare, die zuvor „offiziell“ gewesen seien, verboten worden, da sie als Abfall vom Islam gesehen worden seien. Als die Erstbeschwerdeführerin beigetreten sei, sei „es“ schon geheim gewesen und es habe sich um Hausseminare gehandelt, an denen sie teilgenommen habe. Viele dieser Seminare seien bei ihrer Schwester gewesen, aber manchmal auch bei anderen Mitgliedern zu Hause. Vor ihrer Ausreise aus dem Iran sei römisch 40 eingesperrt worden und sei sein Todesurteil in dem Jahr, in dem die Erstbeschwerdeführerin aus dem Iran geflohen sei, ausgesprochen worden. Vor ihrer Ausreise habe sie mit anderen Mitgliedern um seine Freilassung bzw. dass er nicht die Todesstrafe bekomme „gerufen“. Es sei keine Demonstration im engeren Sinn gewesen, sondern sie hätten sich auf der Straße getroffen, in Ecken versammelt und Transparente hochgehalten. Die iranische Behörde habe das strengstens untersagt. Es sei auch verboten gewesen, dass Menschen sich im Namen römisch 40 treffen bzw. Sitzungen oder Seminare zu Haus abhielten. Wenn sie Personen erwischt hätten, die diese Sachen organisiert hätten, seien diese sofort eingesperrt worden. Es sei auch vorgekommen, wenn sie auf der Straße mit den Transparenten ruhig gestanden seien, dass wenn jemand erkannt worden sei, diese Person zu Hause vom Geheimdienst aufgesucht und abgeholt worden sei. Der Grund ihrer Ausreise sei gewesen, dass die Erstbeschwerdeführerin zu Hause diese Plakate mit dem Inhalt, dass römisch 40 nicht gehängt werden solle und, dass es keinen Grund gebe, dass ein Mensch sterben müsse, weil er seine Gedanken geäußert habe, geschrieben habe. Diese Plakate seien an andere Mitglieder weitergegeben worden und diese hätten sie wieder an Menschen, denen sie vertraut hätten, weitergegeben. An dem Tag, als die Erstbeschwerdeführerin mit Herrn römisch 40 noch Plakate habe abholen wollen, habe sie gesehen, dass Autos vom Geheimdienst vor ihrer Wohnung gestanden seien. Der Sohn ihrer Schwester habe dann eine SMS geschickt, dass sie nicht nach Hause kommen solle. Dann habe sie gesehen, wie „sie“ ihren Neffen und ein paar Mitglieder rausgebracht hätten. Herr römisch 40 habe daraufhin Gas gegeben und sie hätten ihren Freund römisch 40 angerufen, dessen Frau ebenfalls bei der Erstbeschwerdeführerin zu Hause gewesen sei. Diese Frau sei ebenfalls festgenommen worden und als sie römisch 40 angerufen hätten, habe der schon von seiner Frau gewusst, was passiert sei. Alle Festgenommenen hätten gesagt, dass sie nur Gäste der Erstbeschwerdeführerin gewesen seien und sie die Bewohnerin sei. Daher seien sie auch freigekommen. Ihr Haus sei von der iranischen Behörde versiegelt worden. Auf Vorhalt, die Erstbeschwerdeführerin habe vor dem Bundesamt, jedoch nicht vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgesagt, dass auch ihre Mutter und ihre Schwester festgenommen worden seien, brachte sie vor, sie seien festgenommen und eine bis zwei Wochen festgehalten worden. Dann seien sie freigekommen.

Die Seminare der Lehre von römisch 40 hätten die Mutter und die Schwester der Erstbeschwerdeführerin geleitet. Die Erstbeschwerdeführerin selbst habe auch an Seminaren, die römisch 40 persönlich geleitet habe, teilgenommen. römisch 40 sei endgültig 2008/2009 festgenommen worden, sei aber auch davor schon im Gefängnis gewesen. Wenn sie vor dem Bundesamt gesagt habe, sie sei ein „Master“ dieser Lehre, heiße das, sie habe die Gruppen gelehrt. Es sei kein Master im Sinne eines Studiums gewesen, sondern wie ein Lehrer. Diese Lehre habe gelehrt, dass alles vom Gehirn ausgestrahlt werde, was heiße, wenn man sich mit Energie und Positivität fortbewege, werde dies auch so gesehen. Die Welt bestehe aus zwei Treppen; eine Treppe sei Liebe und die zweite sei das Gehirn. Diese Lehre habe die Erstbeschwerdeführerin bei ihrer Mutter und bei ihrer Schwester gesehen. Auf Vorhalt, sie habe zuvor angegeben, dass ihr Vater und die männlichen Mitglieder ihrer Familie strenggläubige Moslems seien bzw. auf die Frage, ob ihr Vater dies ihrer Mutter nicht verboten habe, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass ihre Eltern getrennt seien. Herr römisch 40 sei bei den Treffen dabei gewesen und sie hätten auch über das Thema gesprochen, aber die Erstbeschwerdeführerin wisse nicht, ob er wirklich Interesse gehabt habe. Ihre Mutter und ihre Schwester hätten keine Probleme im Iran, weil sie Anhänger von römisch 40 seien, da sie nicht aktiv seien und da sie bei der Erstbeschwerdeführerin zu Hause festgenommen worden seien, gehe die Behörde davon aus, dass sie für diese Sitzung verantwortlich sei. Ihre Mutter habe zwar auch dort gewohnt, aber die Wohnung habe auf die Erstbeschwerdeführerin gelautet. Man müsse sich im Iran nicht unbedingt dort melden, wo man auch tatsächlich wohne. Auf Vorhalt, sie habe bei der letzten Verhandlung ausgesagt, sie habe den Iran verlassen, weil sie unehelich schwanger geworden sei und sich ihre Probleme auf die uneheliche Schwangerschaft bezogen hätten, habe jedoch römisch 40 und römisch 40 nicht erwähnt, gab die Erstbeschwerdeführerin an, ihre Gründe seien beide Gründe. Die Schwangerschaft und Dr. römisch 40 . Ihr Ex-Mann sei kein Anhänger von römisch 40 gewesen. Als die Erstbeschwerdeführerin diese Seminare besucht habe, sei sie bereits getrennt von ihm gewesen. Auf Vorhalt, der gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren sei zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin der dortigen Ärztin gesagt habe, sie habe den Iran verlassen, weil sie bei christlichen Gebeten dabei gewesen sei und ihre (ältere) Tochter dies ihrem Ex-Mann erzählt habe, brachte sie vor, das stimme, weil von römisch 40 auch die Sicht zum Christentum hingedeutet werde. Es werde schon ein Teil des Christentums herausgenommen. Als die Erstbeschwerdeführerin schwanger gewesen sei, habe sie Gebete gebetet, aber nicht, weil sie Christin sei, sondern, weil die Gebete des Christentums für sie alle logisch seien. Das habe ihre Tochter damals dem Vater gesagt. An dem Tag, als der Geheimdienst gekommen sei, sei ihre Tochter beim Vater gewesen.

In Österreich nehme die Erstbeschwerdeführerin an den „ römisch 40 Zoom-Meetings“ teil. In sieben Monaten habe sie an zwei „Zoom-Meetings“ teilgenommen. Sie habe in Österreich gelernt, dass man auch frei leben könne, ohne sich festzulegen und trotzdem Nächstenliebe weitergeben könne. Sie habe Menschen kennen gelernt, die keinen Glauben hätten, aber trotzdem menschlicher seien als Menschen mit Religionen. Die Lehre von römisch 40 sei für die Erstbeschwerdeführerin eine Gemeinde, die frei denken könne und die Sichtweise erkennen solle. Auch in Österreich gebe es Anhänger von Dr. römisch 40 . Zwei oder drei Leute hätten die Erlaubnis von römisch 40 bekommen, in Österreich diese Sitzungen abzuhalten. Die Frage, was die Erstbeschwerdeführerin in Österreich in dieser Organisation mache, beantwortete sie dahingehend, dass sie nicht die finanziellen Mitteln hätte, um nach Wien zu fahren und darüber hinaus viel in ihrem Privatleben passiert sei. Sie müsse sich um die Zweit- und Drittbeschwerdeführer kümmern. Auf Vorhalt, sie habe ein Empfehlungsschreiben vorgelegt, in dem angeführt werde, die gesamte Familie sei muslimischen Glaubens, gab die Erstbeschwerdeführerin an, sie habe gesagt, sie sei in eine muslimische Familie hineingeboren, aber selbst keine Moslemin. Vielleicht sei dies missverstanden worden. Auf weiteren Vorhalt, dass römisch 40 im April 2019 freigelassen worden sei und nunmehr in Kanada lebe, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, dass römisch 40 aus dem Iran geflohen und nicht legal ausgereist sei. Außerdem sei er mehrere Jahre eingesperrt gewesen. Wenn die Erstbeschwerdeführerin als Frau eingesperrt wäre, könne sie sich vorstellen, was man mit einer Frau in der Haft im Iran anstelle. Ihre Wohnung sei von der Regierung versiegelt worden und man warte nur darauf, dass sie zurückkomme. Dann werde sie eingesperrt und auch getötet. Auch werde sie verfolgt bzw. bestraft, weil sie ein bzw. zwei uneheliche Kinder geboren habe. Als alleinstehende Frau könne sie im Iran niemand beschützen. römisch 40 sei bekannt und die ganze Welt habe um seine Freilassung gebeten. Sie sei jedoch ein Niemand für die Behörde und daher könne sie leicht beseitigt werden und niemand würde es merken. Der Präsident im Iran habe alle zum Tode verurteilt, die politisch aktiv gewesen seien oder die, die sich für eine andere oder gar keine Religion interessiert hätten. Die Erstbeschwerdeführerin könne nicht im Iran leben, da sie uneheliche Kinder zur Welt gebracht habe. Diesbezüglich werde sie im Iran bestraft oder vielleicht sogar getötet.

Zu den Fluchtgründen des Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass diese keinen offiziellen Vater im Iran hätten, der dokumentiert sei und das heiße, sie seien aus einer unehelichen Beziehung entstanden. Sie wolle auch, dass die Drittbeschwerdeführerin frei und selbstständig leben könne.

7. Im Beschwerdeverfahren legte die Erstbeschwerdeführerin an bis dato noch nicht vorgelegten, nachstehende Unterlagen vor:

●             Bestätigung betreffend ehrenamtliche Mitarbeit bei einem Non-Profit-Unternehmen vom römisch 40 .08.2018;

●             ambulanter Arztbrief Chirurgie eines Universitätsklinikums vom römisch 40 .05.2021 betreffend eine Operationsvorbereitung wegen eines Adenoms (= gutartiger Tumor im Bereich des Darms) bei der Erstbeschwerdeführerin rechts;

●             psychologischer Befund des Zweitbeschwerdeführers vom römisch 40 .02.2021 mit dem Ergebnis, dass seine kognitive Leistungsfähigkeit der Altersnorm mit Defiziten im induktiven Denken entspricht und

●             Konvolut an (schlecht erkennbaren) Kopien von Fotos, die die Erstbeschwerdeführerin mit römisch 40 zeigen sollen

8. Am 10.08.2021 langte ein Abschluss-Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom römisch 40 .07.2021 beim Bundesverwaltungsgericht ein, dem zu entnehmen ist, dass die Erstbeschwerdeführerin beschuldigt werde, am römisch 40 .07.2021 ihren Ex-Mann römisch 40 wissentlich einer strafrechtlichen Verfolgung aufgrund falscher Anschuldigungen ausgesetzt zu haben. Sie habe angegeben, von diesem mit einer Gabel am Rücken verletzt worden zu sein. Da die Kratzwunden nur im unteren Bereich bestünden, den sie selbst erreichen könne und am nächsten Tag eine Obsorgeverhandlung stattgefunden habe, werde davon ausgegangen, dass sie sich selbst verletzt und ihren Mann wissentlich falsch beschuldigt habe.

9. Aufgrund einer Nachfrage des Bundesverwaltungsgerichtes gab die Erstbeschwerdeführerin im Wege ihrer ausgewiesenen Vertretung mit Schreiben vom 28.12.2021 bekannt, dass hinsichtlich des gerichtlichen Obsorgestreits zwischen der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 bis dato keine Entscheidung übermittelt worden sei.

Ferner wurden einige medizinische Unterlagen vorgelegt, denen zusammengefasst entnommen werden kann, dass bei der Erstbeschwerdeführerin am römisch 40 .08.2021 eine Operation an der Schilddrüse vorgenommen wurde. Aufgrund dieses komplikationslos verlaufenden Eingriffs war die Erstbeschwerdeführerin von römisch 40 .08.2021 bis römisch 40 .09.2021 stationär in einem Krankenhaus aufhältig. Bei einer Kontrolluntersuchung am römisch 40 .12.2021 zeigte sich die Erstbeschwerdeführerin subjektiv zufrieden und beschwerdefrei. Als Therapie wurde die Einnahme einer Tablette Thyrex 75 täglich und eine Kontrolle der Schilddrüsenfunktionsparameter einmal jährlich empfohlen vergleiche Arztbrief Schilddrüsenambulanz vom römisch 40 .12.2021). Ein Vorbringen wurde hierzu nicht erstattet.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

1.1.1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin. Alle drei Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Iran. Bis 2006 lebte die Erstbeschwerdeführerin in Teheran und dann in römisch 40 . Aus einer im Jahr 2001 geschlossenen ersten Ehe der Erstbeschwerdeführerin stammt eine am römisch 40 geborene, minderjährige Tochter, die bei ihrem Vater im Iran lebt. Im Jahr 2008 wurde die Erstbeschwerdeführerin vom Vater ihrer Tochter geschieden. Am römisch 40 2013 schloss sie mit Herrn römisch 40 in Teheran eine sogenannte „Ehe auf Zeit“ und lebe ab diesem Zeitpunkt bis zur Ausreise gemeinsam mit Herrn römisch 40 in ihrer eigenen Wohnung in römisch 40 . Abgesehen von ihrer minderjährigen Tochter leben im Iran noch die Eltern der Erstbeschwerdeführerin, eine Halbschwester und zwei Halbbrüder. Zu ihrer Mutter und zu ihrer Halbschwester hat die Erstbeschwerdeführerin regelmäßigen Kontakt. Hingegen hat die Erstbeschwerdeführerin zu ihrem Vater, der schon jahrelang von ihrer Mutter getrennt lebt, keinen Kontakt. Im April 2015 verließ sie gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten den Iran und reiste über die Türkei, Griechenland, Nordmazedonien, Serbien und Ungarn unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am römisch 40 .05.2015 – ebenso wie ihr mitgereister Lebensgefährte - einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am römisch 40 wurde der Zweitbeschwerdeführer als Sohn der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 in Österreich geboren und stellte am 10.07.2015 im Wege seines Vaters als gesetzlicher Vertreter ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz. Ferner wurde am römisch 40 die Drittbeschwerdeführerin als Tochter der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 in Österreich geboren und stellte am römisch 40 .03.2018 im Wege der Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin ebenso einen Antrag auf internationalen Schutz. Die beiden minderjährigen Beschwerdeführer sind ebenso wie der ehemalige Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin in Österreich lediglich als Asylwerber aufhältig. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag wurde in dessen Verfahren eine inhaltlich gleichlautende Entscheidung getroffen.

1.1.2. Nicht als Sachverhalt zugrunde gelegt werden sämtliche Angaben der Erstbeschwerdeführerin zur behaupteten Bedrohungssituation in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran. Insbesondere wird nicht festgestellt, dass sie aufgrund ihrer Teilnahme an Sitzungen bzw. Seminaren der Gruppe „ römisch 40 “ um römisch 40 vom iranischen Geheimdienst gesucht bzw. verfolgt wurde. Nicht festgestellt wird, dass die Erstbeschwerdeführerin eine führende Position in der Gruppe römisch 40 hatte bzw. dort als Lehrende bzw. als „Master“ tätig war. Ebenso wenig wird festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin wegen eines behaupteten „Abfalls vom islamischen Glaubens“ im Iran einer konkreten Verfolgung bzw. Bedrohung von Seiten des iranischen Staates bzw. von Seiten staatlicher Behörden ausgesetzt ist. Die Erstbeschwerdeführerin pflegt in Österreich einen progressiven Kleidungsstil und trägt kein Kopftuch. Festgestellt wird, dass sie während ihres Aufenthalts in Österreich keine Lebensweise oder Werthaltung verinnerlicht hat, die ein Leben im Herkunftsstaat im Sinne einer Verfolgung, Gefahr oder Bedrohung unmöglich machen würde. Die Erstbeschwerdeführerin hat mit ihrem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht. Auch betreffend den minderjährigen Zweit- und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin wurden keine Fluchtgründe im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention geltend gemacht.

Nicht festgestellt wird, dass die Erstbeschwerdeführerin im Fall einer Rückkehr in den Iran aus Gründen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Ebenso wenig wird festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin bei einer Rückkehr in den Iran aus sonstigen, in ihrer Person gelegenen Gründen (etwa wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Gesinnung) einer asylrelevanten Gefährdung ausgesetzt wäre. Insbesondere droht der Erstbeschwerdeführerin keine asylrelevante Verfolgung aufgrund einer unehelichen Schwangerschaft. Auch eine drohende asylrelevante Verfolgung aus anderen Gründen ist nicht hervorgekommen, und zwar weder aufgrund des Vorbringens der Erstbeschwerdeführerin noch aus amtswegiger Wahrnehmung. Ebenso wenig wird festgestellt, dass der minderjährige Zweitbeschwerdeführer und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin im Fall einer Rückkehr in den Iran aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention taxativ aufgezählten Gründen einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt sind.

1.1.3. Bei der Erstbeschwerdeführerin wurden im Jahr 2015 eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwergradige depressive Episode diagnostiziert. Ferner litt die Erstbeschwerdeführerin vor der Geburt der Drittbeschwerdeführerin an einer Schwangerschaftsdepression. Eine aktuelle diesbezügliche Behandlungsbedürftigkeit der Erstbeschwerdeführerin wird nicht festgestellt. Weiters wurde bei der Erstbeschwerdeführerin am römisch 40 .08.2021 eine Operation an der Schilddrüse durchgeführt, die komplikationslos verlaufen ist. Aufgrund dieses Eingriffs war die Erstbeschwerdeführerin von römisch 40 .08.2021 bis römisch 40 .09.2021 in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus. Abgesehen von der Einnahme einer Tablette Thyrex 75 täglich und einer Kontrolle der Schilddrüsenfunktionsparameter einmal jährlich besteht keine Behandlungsbedürftigkeit. Auch betreffend eines bei der Erstbeschwerdeführerin diagnostizierten gutartigen Tumors im Bereich des Darms rechts besteht keine Behandlungsbedürftigkeit. Der Zweitbeschwerdeführer leidet seit seiner Geburt an einem angeborenen Herzfehler, nämlich an einer Herzklappeninsuffizienz, mit daraus resultierenden Lungenhochdruck, an einem Leistenhoden links und an einem Narbenbruch. Aufgrund dieser Erkrankungen war der Zweitbeschwerdeführer nach seiner Geburt am römisch 40 bis zum römisch 40 .07.2015 in stationärer Behandlung. Ferner war er wegen einer Operation eines Hodenhochstandes und einer Phimose von römisch 40 .11.2016 bis römisch 40 .11.2016 ebenfalls stationär in einem Krankenhaus aufhältig. In psychologischer Hinsicht entspricht seine kognitive Leistungsfähigkeit der Altersnorm mit Defiziten im induktiven Denken. Der Zweitbeschwerdeführer benötigt aktuell weder Medikamente noch Therapien oder Übungen. Einmal jährlich wird eine Kontrolluntersuchung seines Herzes durchgeführt. Die Drittbeschwerdeführerin ist gesund. Im Gesamtzusammenhang betrachtet wird festgestellt, dass alle drei Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leiden, die einer Abschiebung in den Iran aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht. Ferner gehören die drei Beschwerdeführer keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 an. Die COVID-19 Pandemie stellt für die Beschwerdeführer kein „real risk“ im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat dar.

Die Beschwerdeführer verfügen über eine gesicherte Existenzgrundlage im Iran. Die Erstbeschwerdeführerin hat im Iran zwölf Jahre die Schule besucht und im Zweig „Computer“ maturiert. In weiterer Folge hat sie Damenmode verkauft und die letzten beiden Jahre vor der Ausreise auch Kindergeschichten für einen Radiosender geschrieben. Durch diese Tätigkeiten konnte die Erstbeschwerdeführerin im Iran ihren Lebensunterhalt verdienen. Ferner besitzt sie eine Eigentumswohnung in römisch 40 . Die Mutter der Erstbeschwerdeführerin lebt als Pensionistin bei einem ihrer Söhne (= Halbbruder der Erstbeschwerdeführerin). Ihre Halbschwester stellt Schmuck her und ihr Halbbruder führt ein Kosmetikgeschäft. Die wirtschaftliche Lage der Angehörigen ist gut. Festgestellt wird sohin, dass die Erstbeschwerdeführerin über eine zwölfjährige Schulbildung mit Matura sowie über Berufserfahrung einerseits im Verkauf von Damenmoden und andererseits mit dem Schreiben von Kindergeschichten verfügt und arbeitsfähig ist sowie, dass sie im Fall ihrer Rückkehr in den Iran ein familiäres- bzw. soziales Netz vorfinden und sohin nicht in eine existenzgefährdende Lage geraten würde.

Betreffend die beiden minderjährigen Beschwerdeführer wird festgestellt, dass diese gemeinsam mit ihrer Mutter in den Iran zurückkehren werden. Auch der Vater der minderjährigen Beschwerdeführer, Herr römisch 40 , wird in den Iran zurückkehren, sodass festgehalten wird, dass der minderjährige Zweit- und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin im Iran über beide Elternteile verfügen bzw. der Kontakt auch zum nicht obsorgeberechtigten Elternteil aufrechterhalten werden kann. Da sowohl der Vater als auch die Mutter der beiden minderjährigen Beschwerdeführer über einen Schulabschluss mit Matura sowie über Berufserfahrung verfügen, arbeitsfähig sind und darüber hinaus es von Seiten beider Elternteile sowohl Angehörige als auch Unterkunftsmöglichkeiten gibt, wird festgestellt, dass eine Abschiebung der beiden minderjährigen Beschwerdeführer in den Iran nicht dem Kindeswohl widerspricht.

Nicht festgestellt wird, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der drei Beschwerdeführer in den Iran eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

1.1.4. Die Erstbeschwerdeführerin ist strafrechtlich unbescholten. Mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten und Vater der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer, römisch 40 , führt die Erstbeschwerdeführerin seit dem Ende der Beziehung und dem Verlassen der gemeinsamen Wohnung durch Herrn römisch 40 im Dezember 2020 einen sogenannten „Rosenkrieg“, der sich zum einen um die Obsorge über die gemeinsamen Kinder dreht und zum anderen in wechselseitigen Anzeigen gipfelt. Allerdings gab es schon zuvor – im August 2017 – häusliche Probleme, im Zuge derer es auch zu einem Polizeieinsatz samt Gerichtsverfahren gekommen ist, bei dem der ehemalige Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen wurde.

Festgestellt wird, dass die Erstbeschwerdeführerin seit Antragstellung am römisch 40 .05.2015 auf der Grundlage einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich lebt. Ein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht ist nicht ersichtlich. Ende Dezember 2018 reisten die Beschwerdeführer mit dem damaligen Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin bzw. Vater der Zweit- und Drittbeschwerdeführer nach Deutschland und suchten dort um Asyl an. Am 18.09.2019 wurden die Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrem (damaligen) Lebensgefährten bzw. Vater von Deutschland nach Österreich überstellt. Die Erstbeschwerdeführerin ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Von März 2018 bis Dezember 2018 und nach der Überstellung aus Deutschland bis Dezember 2020 war die Erstbeschwerdeführerin freiwillig in einem Sozialmarkt tätig. Aktuell verrichtet die Erstbeschwerdeführerin keine ehrenamtliche Tätigkeit. Sie hat zwar Deutschkurse besucht, jedoch keine Prüfung abgelegt. Festgestellt wird, dass sich die Erstbeschwerdeführerin halbwegs in deutscher Sprache verständigen kann, obwohl sie die Grammatik nicht beherrscht. In Österreich führt die Erstbeschwerdeführerin eine nicht allzu enge Beziehung mit einem asylberechtigten iranischen Staatsangehörigen. Ein gemeinsamer Haushalt und/oder wechselseitige Abhängigkeiten finanzieller oder sonstiger Natur bestehen nicht. Darüber hinaus verfügt sie in Österreich über einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis.

Der Zweitbeschwerdeführer besucht seit dem Schuljahr 2021/2022 die erste Klasse der Volksschule. Die Drittbeschwerdeführerin geht aktuell in den Kindergarten. Eine Tante des Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin (= Schwester ihres Vaters) ist österreichische Staatsangehörige und lebt mit ihren drei volljährigen Kindern in Österreich. Ein (familiäres) Naheverhältnis im Sinne einer besonders engen Beziehung zwischen den minderjährigen Beschwerdeführern und diesen Angehörigen besteht nicht. Beide minderjährige Beschwerdeführer verfügen über einen altersadäquaten Freundeskreis und sind in der Lage sich sowohl in Deutsch als auch in Farsi altersgemäß zu verständigen. Festgestellt wird, dass sich die beiden minderjährigen Beschwerdeführer in einem anpassungsfähigen Alter befinden.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor. Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung der drei Beschwerdeführer in den Iran gemäß Paragraph 46, FPG unzulässig wäre.

1.2. Zur Lage im Iran:

1.2.1. COVID-19:

Iran gilt als eines der am stärksten von Corona betroffenen Länder (DW 18.11.2020) und ist nun auch von einer dritten COVID-19-InfektionsweNe stark betroffen. Regionale Schwerpunkte sind dabei kaum auszumachen, da das Ansteckungsrisiko flächendeckend sehr hoch ist. Städte und Provinzen sind je nach Infektionszahlen in unterschiedliche Risikogruppen eingeteilt (rot = kritische Situation, orange = hohes Risiko, gelb = geringes Risiko) (AA 1.12.2020). Die Zahl der Neuinfektionen bewegt sich den offiziellen Zahlen zufolge weiterhin auf einem hohen, und weiter steigenden Niveau, die Zahl der täglichen Todesopfer ist auch im Steigen begriffen (WKO 28.11.2020). Aktuelle Informationen und detaillierte Zahlen bieten das iranische Gesundheitsministerium und die Weltgesundheitsorganisation WHO (AA 1.12.2020). Die Auslastung der medizinischen Einrichtungen ist sehr hoch, verschiedentlich gibt es Engpässe bei der Versorgung mit Schutzausrüstung und Medikamenten (WKO 28.11.2020). Die Spitäler kämpfen mit Überlastung (WKO 28.11.2020; vergleiche ZDF.de 18.10.2020). Für alle der 31 Provinzen inklusive Teheran gilt die Situation als sehr besorgniserregend (WKO 28.11.2020).

Personen, die in den Iran auf dem Luftweg einreisen wollen, haben einen negativen molekularbiologischen Test auf SARS-CoV-2 aus dem Abreisestaat in englischer Sprache mit sich zu führen und vorzuweisen. Das ärztliche Zeugnis darf bei der Einreise nicht älter als 96 Stunden sein. Kann das Gesundheitszeugnis nicht vorgelegt werden, wird ausländischen Staatsangehörigen die Einreise nach Iran verwehrt. Iranische Staatsangehörige (Doppelstaatsbürger reisen in der Regel mit ihrem iranischen Reisepass ein) werden unter Aufsicht des Gesundheitsministeriums in ein Flughafenhotel eingewiesen, dessen Kosten selbst zu tragen sind. Mit eigenhändiger Unterschrift ist zu bestätigen, dass das Hotel nicht verlassen werden darf. Die 14-tägige Quarantäne kann durch einen negativen molekularbiologischen Test beendet werden (BMeiA 1.12.2020; vergleiche AA 1.12.2020). Positiv auf COVID-19 getestete Passagiere werden in ein Krankenhaus in Teheran oder andere Isolationsstationen verbracht (AA 1.12.2020).

Seit 21. November 2020 gilt für alle Provinzhauptstädte und zahlreiche weitere Städte ein zunächst zweiwöchiger Lockdown mit weitreichenden Verkehrseinschränkungen (BMeiA 1.12.2020; vergleiche DW 18.11.2020), obwohl sich die iranische Regierung - aus Angst vor Protesten - lang gegen einen Lockdown gewehrt hat (DW 18.11.2020). Der Reiseverkehr zwischen diesen rot eingestuften Städten ist grundsätzlich untersagt. In Teheran gilt von 21 Uhr bis 4 Uhr ein Fahrverbot für Privatfahrzeuge (BMeiA 1.12.2020; vergleiche DW 18.11.2020). Ab 22 Uhr gilt dies auch für den öffentlichen Nahverkehr. Taxis verkehren auch nach 22 Uhr (AA 1.12.2020). Es kommt - abgesehen vom Lebensmittelhandel und systemrelevanten Einrichtungen - ebenfalls zu landesweiten Betriebsschließungen (BMeiA 1.12.2020). Im Alltag ist derzeit vor allem in orangen und roten Regionen wieder mit Einschränkungen bei Öffnungszeiten und Serviceangebot zu rechnen. Vorübergehend werden weitergehende Beschränkungen eingeführt (z.B. Schließungen von Restaurants, Sporteinrichtungen, religiösen Einrichtungen usw.). Einrichtungen für den essentiellen Lebensbedarf wie Supermärkte und Apotheken bleiben geöffnet. Davon sind u.a. Teheran sowie der Großteil der Provinzhauptstädte und weitere Großstädte betroffen. In roten Regionen bleiben Touristenziele teilweise geschlossen. Camping in öffentlichen Parks ist grundsätzlich untersagt (AA 1.12.2020). Behörden bleiben geöffnet, werden aber nur mit einem Drittel der üblichen Mitarbeiter besetzt (DW 18.11.2020). In allen Schulen und Universitäten wird auf Fernunterricht umgestellt (WKO 28.11.2020; vergleiche DW 18.11.2020).

Die iranischen Behörden rufen weiterhin dazu auf, möglichst soziale Kontakte zu meiden sowie persönliche Hygiene- und Schutzmaßnahmen zu ergreifen und öffentliche Transportmittel zu meiden. Es gilt eine generelle Maskenpflicht an allen öffentlichen Orten, in geschlossenen Räumlichkeiten sowie im öffentlichen Nahverkehr (AA 1.12.2020; vergleiche WKO 28.11.2020). Künftig soll die Polizei stärker gegen Verstöße vorgehen, Strafen für Verstöße gegen die Auflagen wurden angekündigt (AA 1.12.2020).

Die Regierung hat ein Hilfspaket für Haushalte und Arbeitgeberbetriebe in der Höhe von 24 Mrd. USD beschlossen. 4 Mio. Haushalte sollen einen zinsfreien Mikrokredit von umgerechnet 62 bzw. 124 USD erhalten (WKO 28.11.2020).

1.2.2. Politische Lage:

Iran ist seit 1979 eine Islamische Republik (AA 4.3.2020b). Das Staatssystem beruht auf dem Konzept der „velayat-e faqih", der Stellvertreterschaft des Rechtsgelehrten. Dieses besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage ist, eine legitime Regierung zu führen, bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten wird. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel „Revolutionsführer“ (GIZ 9.2020a; vergleiche BS 2020). Der Revolutionsführer (auch Oberster Führer) ist seit 1989 Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei. Er steht noch über dem Präsidenten (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche USDOS 11.3.2020). Er wird von einer Klerikerversammlung (Expertenrat) auf Lebenszeit gewählt, ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte (AA 4.3.2020a; vergleiche FH 4.3.2020, USDOS 11.3.2020) und wesentlich mächtiger als der Präsident. Des weiteren unterstehen ihm unmittelbar die Revolutionsgarden (Pasdar- an oder IRGC), die mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative. Für die entscheidenden Fragen ist letztlich der Revolutionsführer verantwortlich (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche FH 4.3.2020). Doch obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Diese Zugehörigkeiten und Allianzen unterliegen dabei einem ständigen Wandel. Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt (AA 26.2.2020).

Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidiales: an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident. Amtsinhaber ist seit 2013 Hassan Rohani, er wurde im Mai 2017 wiedergewählt (ÖB Teheran 10.2020). Der Präsident ist, nach dem Revolutionsführer, der zweithöchste Beamte im Staat (FH 4.3.2020). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive. Zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt, da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 9.2020a). Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird das Einkammerparlament, genannt Majles, mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 10.2020). Hauptaufgabe des Parlaments ist die Ausarbeitung neuer Gesetze, die von der Regierung auf den Weg gebracht werden. Es hat aber auch die Möglichkeit, selbst neue Gesetze zu initiieren. Die letzten Parlamentswahlen fanden im Februar 2020 statt (GIZ 9.2020a). Erstmals seit der Islamischen Revolution von 1979 lag die Wahlbeteiligung unter 50%. Zahlreiche Anhänger des moderaten Lagers um Präsident Hassan Rohani hatten angekündigt, der Wahl aus Enttäuschung über die politische Führung fernzubleiben. Tausende moderate Kandidaten waren zudem von der Wahl ausgeschlossen worden (DW 23.2.2020). Nach dem die Erwartungen des Volks vom moderat-reformorientierten Parlament nicht erfüllt wurden und die Wirtschaftslage und die finanzielle Situation des Volks nach den US-Sanktionen immer schlechter wurde, kamen nach den Parlamentswahlen 2020 hauptsächlich die konservativen und erzkonservativen Kräfte ins Parlament. Die Mehrheit der Abgeordneten der neuen Legislaturperiode verfolgt sowohl gegenüber der Regierung von Rohani als auch gegenüber westlichen Werten eine sehr kritische Linie (ÖB Teheran 10.2020).

Entscheidende Gremien sind des Weiteren der vom Volk direkt gewählte Expertenrat mit 86 Mitgliedern, sowie der Wächterrat mit zwölf Mitgliedern (davon sind sechs vom Obersten Führer ernannte Geistliche und sechs von der Judikative bestimmte Juristen). Der Expertenrat ernennt den Obersten Führer und kann diesen (theoretisch) auch absetzen. Der Wächterrat hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch wesentlich mächtiger. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei allen nationalen Wahlen (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche GIZ 9.2020a, FH 4.3.2020, BS 2020). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 9.2020a). Des weiteren gibt es noch den Schlichtungsrat. Er vermittelt im Gesetzgebungsverfahren und hat darüber hinaus die Aufgabe, auf die Wahrung der „Gesamtinteressen des Systems" zu achten (AA 4.3.2020a; vergleiche GIZ 9.2020a). Er besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Die Interessen des Systems sind unter allen Umständen zu wahren und der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 9.2020a).

Die Basis des Wahlsystems der Islamischen Republik sind die Wahlberechtigten, also jeder iranische Bürger ab 16 Jahren. Das Volk wählt das Parlament, den Präsidenten sowie den Expertenrat (GIZ 9.2020a) in geheimen und direkten Wahlen (AA 26.2.2020). Das System der Islamischen Republik kennt keine politischen Parteien. Theoretisch tritt jeder Kandidat für sich alleine an. In der Praxis gibt es jedoch Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die westlichen Vorstellungen von Parteien recht nahe kommen (GIZ 9.2020a; vergleiche AA4.3.2020a). Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Folglich können iranische Wähler nur aus einem begrenzten und vorsortierten Pool an Kandidaten auswählen (FH 4.3.2020). Von den 1.499 Männern und 137 Frauen, die sich im Rahmen der Präsidentschaftswahl 2017 für die Kandidatur zum Präsidentenamt registrierten, wurden sechs männliche Kandidaten vom Wächterrat zugelassen. Frauen werden bei Präsidentschaftswahlen grundsätzlich als ungeeignet abgelehnt. Die Wahlbeteiligung 2017 betrug 73%. Unabhängige Wahlbeobachter werden nicht zugelassen. Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen sind in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert (AA 26.2.2020).

1.2.3. Sicherheitslage:

Der Iran verfügt über eine stabile politische Ordnung und Infrastruktur. Es bestehen jedoch gewisse Spannungen, die periodisch zunehmen. Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken. Die schwierige Wirtschaftslage und latente Spannungen im Land führen periodisch zu Kundgebungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Preiserhöhungen oder mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei muss mit schweren Ausschreitungen und gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten sowie mit Straßenblockaden gerechnet werden. Zum Beispiel haben im November 2019 Proteste gegen die Erhöhung der Treibstoffpreise Todesopfer und Verletzte gefordert (EDA 2.12.2020).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Im Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Diese haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. Im September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte (EDA 2.12.2020; vergleiche AA 2.12.2020b). 2019 gab es einen Anschlag auf einen Bus der Revolutionsgarden in der Nähe der Stadt Zahedan (AA 2.12.2020b).

In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Die iranischen Behörden haben seit einiger Zeit die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zum Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran erhöht (AA 2.12.2020b).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen. Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrt Sicherheits- und Personenkontrollen. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA2.12.2020b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan, stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen (EDA 2.12.2020).

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen sowie Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 2.12.2020b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften. Bisweilen kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften (EDA 2.12.2020). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 10.2020).

1.2.4. Rechtsschutz / Justizwesen:

Seit 1979 ist Iran eine Islamische Republik, in welcher versucht wird, demokratische und islamische Elemente miteinander zu verbinden. Die iranische Verfassung besagt, dass alle Gesetze sowie die Verfassung auf islamischen Grundsätzen beruhen müssen. Mit einer demokratischen Verfassung im europäischen Sinne kann sie daher nicht verglichen werden (ÖB Teheran 10.2020). Das in der iranischen Verfassung enthaltene Gebot der Gewaltentrennung ist praktisch stark eingeschränkt. Der Revolutionsführer ernennt für jeweils fünf Jahre den Chef der Judikative. Dieser ist laut Artikel 157 der Verfassung die höchste Autorität in allen Fragen der Justiz. Die Unabhängigkeit der Gerichte ist in der Verfassung festgeschrieben, unterliegt jedoch Begrenzungen. Immer wieder wird deutlich, dass Exekutivorgane, v.a. der Sicherheitsapparat, trotz des formalen Verbots, in Einzelfällen massiven Einfluss auf die Urteilsfindung und die Strafzumessung nehmen. Zudem ist zu beobachten, dass fast alle Entscheidungen der verschiedenen Staatsgewalten bei Bedarf informell durch den Revolutionsführer und seine Mitarbeiter beeinflusst und gesteuert werden können. Auch ist das Justizwesen nicht frei von Korruption (AA26.2.2020; vergleiche BS 2020). In Iran gibt es eine als unabhängige Organisation aufgestellte Rechtsanwaltskammer (Iranian Bar Association; IBA). Allerdings sind die Anwälte der IBA staatlichem Druck und Einschüchterungsmaßnahmen, insbesondere in politischen Verfahren, ausgesetzt (AA 26.2.2020). Das Justizsystem wird als Instrument benutzt, um Regimekritiker und Oppositionelle zum Schweigen zu bringen (FH 4.3.2020).

Richter werden nach religiösen Kriterien ernannt. Internationale Beobachter kritisieren weiterhin den Mangel an Unabhängigkeit des Justizsystems und der Richter und, dass die Verfahren internationale Standards der Fairness nicht erfüllen (USDOS 11.3.2020). Iranische Gerichte, insbesondere die Revolutionsgerichte, verletzen immer wieder die Regeln für faire Gerichtsverfahren. Geständnisse, die wahrscheinlich unter Anwendung von Folter erlangt wurden, werden als Beweis vor Gericht verwendet (HRW 14.1.2020; vergleiche AA 26.2.2020, HRC 28.1.2020). Die Behörden setzen sich ständig über die Bestimmungen hinweg, welche die Strafprozessordnung von 2015 für ein ordnungsgemäßes Verfahren vorsieht, wie z.B. das Recht auf einen Rechtsbeistand (AI 18.2.2020; vergleiche HRW 14.1.2020).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach dem iranischen Strafgesetzbuch (IStGB) wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische

Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 26.2.2020).

Wenn sich Gesetze nicht mit einer spezifischen Rechtssituation befassen, dann dürfen Richter ihrem Wissen und ihrerAuslegung der Scharia Vorrang einräumen. Nach dieser Methode können Richter eine Person aufgrund ihres eigenen „göttlichen Wissens" [divine knowledge] für schuldig befinden (USDOS 11.3.2020).

In der Strafjustiz existieren mehrere voneinander getrennte Gerichtszweige. Die beiden wichtigsten sind die ordentlichen Strafgerichte und die Revolutionsgerichte. Daneben sind die Pressegerichte für Taten von Journalisten, Herausgebern und Verlegern zuständig. Die „Sondergerichte für die Geistlichkeit" sollen abweichende Meinungen unter schiitischen Geistlichen untersuchen und ihre Urheber bestrafen. Sie unterstehen direkt dem Revolutionsführer und sind organisatorisch außerhalb der Judikative angesiedelt (AA 9.12.2015; vergleiche BS 2018).

Die Zuständigkeit der Revolutionsgerichte beschränkt sich auf folgende Delikte:

●             Straftaten betreffend die innere und äußere Sicherheit des Landes, bewaffneter Kampf gegen das Regime, Verbrechen unter Einsatz von Waffen, insbesondere „Feindschaft zu Gott" und „Korruption auf Erde";

●             Anschläge auf politische Personen oder Einrichtungen;

●             Beleidigung des Gründers der Islamischen Republik Iran und des jeweiligen Revolutionsführers;

●             Spionage für fremde Mächte;

●             Rauschgiftdelikte, Alkoholdelikte und Schmuggel;

●             Bestechung, Korruption, Unterschlagung öffentlicher Mittel und Verschwendung von Volksvermögen (AA 9.12.2015).

Gerichtsverfahren, vor allem Verhandlungen vor Revolutionsgerichten, finden nach wie vor unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und sind extrem kurz. Manchmal dauert ein Verfahren nur wenige Minuten (AI 22.2.2018).

Die iranische Strafrechtspraxis unterscheidet sich stark von jener der europäischen Staaten: Körperstrafen sowie die Todesstrafe werden verhängt (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche AA 26.2.2020). Im iranischen Strafrecht sind körperliche Strafen wie die Amputation von Fingern, Händen und Füßen vorgesehen. Berichte über erfolgte Amputationen dringen selten an die Öffentlichkeit. Wie hoch die Zahl der durchgeführten Amputationen ist, kann nicht geschätzt werden (AA 26.2.2020). Die Amputation z.B. eines Fingers bei Diebstahl fällt unter Vergeltungsstrafen (Qisas), ebenso wie die Blendung, die auch noch immer angewendet werden kann (ÖB Teheran 10.2020). Bei derartigen Vergeltungsstrafen können die Angehörigen der Opfer gegen Zahlung eines Blutgeldes (Diya) auf den Vollzug der Strafe verzichten. Unter der Präsidentschaft Rohanis hat die Zahl der Aussetzung der hohen Strafen bis hin zur Todesstrafe wegen des Verzichts der Angehörigen auf den Vollzug der Strafe stark zugenommen (AA 26.2.2020). Durch Erhalt einer Kompensationszahlung (Diya) kann also der ursprünglich Verletzte auf die Anwendung einer Blendung verzichten. Derzeit ist bei Ehebruch noch die Strafe der Steinigung vorgesehen. Auch auf diese kann vom „Geschädigten" gegen Diya verzichtet werden. Im Jahr 2002 wurde ein Moratorium für die Verhängung der Steinigungsstrafe erlassen, seit 2009 sind keine Fälle von Steinigungen belegbar (ÖB Teheran 10.2020). Zudem sieht das iranische Strafrecht bei bestimmten Vergehen wie zum Beispiel Alkoholgenuss, Missachten des Fastengebots oder außerehelichem Geschlechtsverkehr auch Auspeitschung vor. Regelmäßig besteht aber auch hier die Möglichkeit, diese durch Geldzahlung abzuwenden (AA 26.2.2020).

Aussagen hinsichtlich einer einheitlichen Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis sind nur eingeschränkt möglich, da sich diese durch Willkür auszeichnet. Rechtlich möglich wird dies vorrangig durch unbestimmte Formulierungen von Straftatbeständen und Rechtsfolgen sowie eine uneinheitliche Aufsicht der Justiz über die Gerichte. Auch willkürliche Verhaftungen kommen vor und führen dazu, dass Personen ohne ein anhängiges Strafverfahren festgehalten werden. Wohl häufigster Anknüpfungspunkt für Diskriminierung im Bereich der Strafverfolgung ist die politische Überzeugung. Beschuldigten bzw. Angeklagten werden grundlegende Rechte vorenthalten, die auch nach iranischem Recht garantiert sind. Untersuchungshäftlinge werden bei Verdacht eines Verbrechens unbefristet ohne Anklage festgehalten. Oft erhalten Gefangene während der laufenden Ermittlungen keinen rechtlichen Beistand, weil ihnen dieses Recht verwehrt wird oder ihnen die finanziellen Mittel fehlen. Bei bestimmten Anklagepunkten - wie z.B. Gefährdung der nationalen Sicherheit - dürfen Angeklagte zudem nur aus einer Liste von zwanzig vom Staat zugelassenen Anwälten auswählen. Insbesondere bei politisch motivierten Verfahren gegen Oppositionelle erheben Gerichte oft Anklage aufgrund konstruierter oder vorgeschobener Straftaten. Die Strafen sind in Bezug auf die vorgeworfene Tat zum Teil unverhältnismäßig hoch, besonders deutlich wird dies bei Verurteilungen wegen Äußerungen in sozialen Medien oder Engagement gegen die Hijab-Pflicht (AA 26.2.2020).

Darüber hinaus ist die Strafverfolgungspraxis auch stark von aktuellen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen bestimmt. Im August 2018 wurde angesichts der kritischen Wirtschaftslage ein Sondergericht für Wirtschaftsstraftaten eingerichtet, das bislang schon einige Menschen wegen Korruption zum Tode verurteilt hat (AA 12.1.2019).

Hafterlass ist nach Ableistung der Hälfte der Strafe möglich. Amnestien werden unregelmäßig vom Revolutionsführer auf Vorschlag des Chefs der Justiz im Zusammenhang mit hohen religiösen Feiertagen und dem iranischen Neujahrsfest am 21. März ausgesprochen (AA 26.2.2020).

Rechtsschutz ist oft nur eingeschränkt möglich. Anwälte, die politische Fälle übernehmen, werden systematisch eingeschüchtert oder an der Übernahme der Mandate gehindert. Der Zugang von Verteidigern zu staatlichem Beweismaterial wird häufig eingeschränkt oder verwehrt. Die Unschuldsvermutung wird mitunter - insbesondere bei politisch aufgeladenen Verfahren - nicht beachtet. Zeugen werden durch Drohungen zu belastenden Aussagen gezwungen. Insbesondere Isolationshaft wird genutzt, um politische Gefangene und Journalisten psychisch unter Druck zu setzen. Gegen Kautionszahlungen können Familienmitglieder die Isolationshaft in einzelnen Fällen verhindern oder verkürzen (AA 26.2.2020).

1.2.5. Sicherheitsbehörden:

Diverse Behörden teilen sich die Verantwortung für die innere Sicherheit; etwa das Informationsministerium, die Ordnungskräfte des Innenministeriums, die dem Präsidenten berichten, und die Revolutionsgarden (Sepah-e Pasdaran-e Enghelab-e Islami - IRGC), welche direkt dem Obersten Führer Khamenei berichten. Die Basij-Kräfte, eine freiwillige paramilitärische Gruppierung mit lokalen Niederlassungen im ganzen Land, sind zum Teil als Hilfseinheiten zum Gesetzesvollzug innerhalb der Revolutionsgarden tätig. Basij-Einheiten sind oft bei der Unterdrückung von politischen Oppositionellen oder bei der Einschüchterung von Zivilisten involviert (USDOS 11.3.2020). Organisatorisch sind die Basij den Revolutionsgarden unterstellt und ihnen gehören auch Frauen an (AA 26.2.2020). Basijis sind ausschließlich gegenüber dem Obersten Führer loyal und haben oft keinerlei reguläre polizeiliche Ausbildung, die sie mit rechtlichen Grundprinzipien polizeilichen Handelns vertraut gemacht hätten. Basijis haben Stützpunkte u.a. in Schulen und Universitäten, wodurch die permanente Kontrolle der iranischen Jugend gewährleistet ist. Schätzungen über die Zahl der Basijis gehen weit auseinander und reichen bis zu mehreren Millionen (ÖB Teheran 10.2020).

Die Polizei unterteilt sich in Kriminalpolizei, Polizei für Sicherheit und öffentliche Ordnung (Sittenpolizei), Internetpolizei, Drogenpolizei, Grenzschutzpolizei, Küstenwache, Militärpolizei, Luftfahrtpolizei, eine Polizeispezialtruppe zur Terrorbekämpfung und Verkehrspolizei. Die Polizei hat auch einen eigenen Geheimdienst (AA 26.2.2020). Irans Polizei ist traditionellerweise verantwortlich für die innere Sicherheit und für Proteste oder Aufstände. Sie wird von den Revolutionsgarden und den Basij Milizen unterstützt. Die Polizeikräfte arbeiten ineffizient. Getrieben von religiösen Ansichten und Korruption, geht die Polizei gemeinsam mit den Kräften der Basij und der Revolutionsgarden rasch gegen soziale und politische Proteste vor, ist aber weniger eifrig, wenn es darum geht, die Bürger vor kriminellen Aktivitäten zu schützen (BS 2020).

Im Zuge der steigenden inneren Herausforderungen verlagerte das herrschende System die Verantwortung für die innere Sicherheit immer mehr zu den Revolutionsgarden (BS 2020). Letztere nehmen eine Sonderrolle ein, ihr Auftrag ist formell der Schutz der Islamischen Revolution. Als Parallelarmee zu den regulären Streitkräften durch den Staatsgründer Khomeini aufgebaut, haben die Revolutionsgarden neben ihrer herausragenden Bedeutung im Sicherheitsapparat im Laufe der Zeit Wirtschaft, Politik und Verwaltung durchsetzt und sich zu einem Staat im Staate entwickelt. Militärisch kommt ihnen eine höhere Bedeutung als dem regulären Militär zu. Sie verfügen über fortschrittlichere Ausrüstung als die reguläre Armee, eigene Gefängnisse und eigene Geheimdienste, die auch mit Inlandsaufgaben betraut sind, sowie engste Verbindungen zum Revolutionsführer (AA 26.2.2020). Die Revolutionsgarden sind eng mit der iranischen Wirtschaft verbunden (FH 4.3.2020). Sie betreiben den Imam Khomeini International Airport in der iranischen Hauptstadt und verfügen damit allein durch Start- und Landegebühren über ein äußerst lukratives Geschäft. Auch an den anderen Flug- und Seehäfen im Land kontrollieren die Truppen der Revolutionsgarden Irans Grenzen. Sie entscheiden, welche Waren ins Land gelassen werden und welche nicht. Sie zahlen weder Zoll noch Steuern. Sie verfügen über Land-, See- und Luftstreitkräfte, kontrollieren Irans strategisches Waffenarsenal und werden auf eine Truppenstärke von mehr als 120.000 geschätzt. Außerdem sind die Revolutionswächter ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen, das Augenkliniken betreibt, Kraftfahrzeuge, Autobahnen, Eisenbahnstrecken und sogar U-Bahnen baut. Sie sind eng mit der Öl- und Gaswirtschaft des Landes verflochten, bauen Staudämme und sind im Bergbau aktiv (DW 18.2.2016). Khamenei und den Revolutionsgarden gehören rund 80% der iranischen Wirtschaft. Sie besitzen außer den größten Baufirmen auch Fluggesellschaften, Minen, Versicherungen, Banken, Elektrizitätswerke, Telekommunikationsfirmen, Fußballklubs und Hotels. Für die Auslandsaktivitäten gibt das Regime Milliarden aus (Menawatch 10.1.2018). Längst ist also aus den Revolutionsgarden ein bedeutender Machtfaktor geworden - gesellschaftlich, wirtschaftlich, militärisch und politisch. Präsident Hassan Rohani versucht zwar, die Garden und ihre Chefebene in die Schranken zu weisen. Das gelingt ihm jedoch kaum (Tagesspiegel 8.6.2017; vergleiche BS 2020). Die paramilitärischen Einheiten schalten und walten nach wie vor nach Belieben - nicht nur in Iran, sondern in der Region. Es gibt nur wenige Konflikte, an denen sie nicht beteiligt sind. Libanon, Irak, Syrien, Jemen - überall mischen die Revolutionsgarden mit und versuchen, die islamische Revolution zu exportieren. Ihre Al-Quds-Brigaden sind als Kommandoeinheit speziell für Einsätze im Ausland trainiert (Tagesspiegel 8.6.2017).

Das Ministerium für Information ist als Geheimdienst (Vezarat-e Etela’at) mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, Gegenspionage und der Beobachtung religiöser und illegaler politischer Gruppen beauftragt. Aufgeteilt ist dieser in den Inlandsgeheimdienst, Auslandsgeheimdienst, Technischen Aufklärungsdienst und eine eigene Universität (Imam Ali Universität). Dabei kommt dem Inlandsgeheimdienst die bedeutendste Rolle bei der Bekämpfung der politischen Opposition zu. Der Geheimdienst tritt bei seinen Maßnahmen zur Bekämpfung der politischen Opposition nicht als solcher auf, sondern bedient sich überwiegend der Sicherheitskräfte und der Justiz (AA 26.2.2020).

Das reguläre Militär (Artesh) erfüllt im Wesentlichen Aufgaben der Landesverteidigung und Gebäudesicherung. Neben dem „Hohen Rat für den Cyberspace“ beschäftigt sich die iranische Cyberpolizei mit Internetkriminalität mit Fokus auf Wirtschaftskriminalität, Betrugsfällen und Verletzungen der Privatsphäre im Internet sowie der Beobachtung von Aktivitäten in sozialen Netzwerken und sonstigen politisch relevanten Äußerungen im Internet. Sie steht auf der EU- Menschenrechtssanktionsliste (AA 26.2.2020).

Die Regierung hat volle Kontrolle über die Sicherheitskräfte und über den größten Teil des Landes, mit Ausnahme einiger Grenzgebiete (BS 2020). Der Oberste Führer hat die höchste Autorität über alle Sicherheitsorganisationen. Straffreiheit innerhalb des Sicherheitsapparates ist weiterhin ein Problem. Menschenrechtsgruppen beschuldigen reguläre und paramilitärische Sicherheitskräfte (wie zum Beispiel die Basij), zahlreiche Menschenrechtsverletzungen zu begehen. Es gibt keinen transparenten Mechanismus, um Fehlverhalten der Sicherheitskräfte zu untersuchen oder zu bestrafen. Es gibt nur wenige Berichte, dass die Regierung Täter zur Rechenschaft zieht (USDOS 11.3.2020). In Bezug auf die Überwachung der Bevölkerung, ist nicht bekannt, wie groß die Kapazität der iranischen Behörden ist. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018). Insbesondere die kurdische Region scheint stärker überwacht zu sein, als der Rest des Landes (DIS 7.2.2020).

Mit willkürlichen Verhaftungen kann und muss jederzeit gerechnet werden, da die Geheimdienste (der Regierung und der Revolutionsgarden) sowie die Basijis nicht nach iranischen rechtsstaatlichen Standards handeln. Auch Verhaltensweisen, die an sich (noch) legal sind, können das Misstrauen der Basijis hervorrufen. Bereits auffälliges Hören von (insbesondere westlicher) Musik, ungewöhnliche Bekleidung oder Haarschnitt, die Äußerung der eigenen Meinung zum Islam, Partys oder gemeinsame Autofahrten junger, nicht miteinander verheirateter Männer und Frauen könnte den Unwillen zufällig anwesender Basijis bzw. mit diesen sympathisierender Personen hervorrufen. Willkürliche Verhaftungen oder Misshandlung durch Basijis können in diesem Zusammenhang nicht ausgeschlossen werden (ÖB Teheran 10.2020).

1.2.6. Allgemeine Menschenrechtslage:

Die iranische Verfassung (IRV) vom 15. November 1979 enthält einen umfassenden Grundrechtskatalog. Der Generalvorbehalt des Einklangs mit islamischen Prinzipien des Artikel 4, IRV lässt jedoch erhebliche Einschränkungen zu. Der im Jahr 2001 geschaffene „Hohe Rat für Menschenrechte“ untersteht unmittelbar der Justiz. Das Gremium erfüllt allerdings nicht die Voraussetzungen der 1993 von der UN-Generalversammlung verabschiedeten „Pariser Prinzipien“ (AA 26.2.2020).

Iran hat folgende UN-Menschenrechtsabkommen ratifiziert:

●             Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

●             Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

●             Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung

●             Übereinkommen über die Rechte des Kindes (unter Vorbehalt des Einklangs mit islamischem Recht)

●             Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie

●             Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen

●             Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes

●             UNESCO Konvention gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen

●             Konvention über die Rechte behinderter Menschen

●             UN-Apartheid-Konvention

●             Internationales Übereinkommen gegen Apartheid im Sport (AA 26.2.2020)

Iran hat folgende UN-Menschenrechtsabkommen nicht ratifiziert:

●             Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe

●             Fakultativprotokoll zur Antifolterkonvention

●             Zweites Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe

●             Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau

●             Übereinkommen zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen

●             Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten (AA 26.2.2020).

Iran zählt zu den Ländern mit einer anhaltend beunruhigenden Lage der Menschenrechte, die jedoch besser ist als in der Mehrzahl der Nachbarländer (ÖB Teheran 10.2020). Der iranische Staat verstößt regelmäßig gegen die Menschenrechte nach westlicher Definition, jedoch auch immer wieder gegen die islamisch definierten (GIZ 9.2020a). Zu den wichtigsten Menschenrechtsfragen gehören: Hinrichtungen für Verbrechen, die nicht dem internationalen Rechtsstandard der „schwersten Verbrechen" entsprechen und ohne einen fairen Prozess; rechtswidrige oder willkürliche Tötungen, Verschwindenlassen und Folter durch Regierungsbeamte; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; systematische Inhaftierungen, einschließlich Hunderter von politischen Gefangenen (USDOS 11.3.2020; vergleiche AI 18.2.2020, FH 4.3.2020, HRW 14.1.2020). Weiters gibt es unrechtmäßige Eingriffe in die Privatsphäre; erhebliche Probleme mit der Unabhängigkeit der Justiz, insbesondere der Revolutionsgerichte; Beschränkungen der freien Meinungsäußerung, der Presse und des Internets - einschließlich Gewalt, Androhung von Gewalt sowie ungerechtfertigter Festnahmen und Strafverfolgung gegen Journalisten, Zensur, Blockieren von Webseiten und Kriminalisierung von Verleumdungen; erhebliche Eingriffe in das Recht auf friedliche Versammlung und Vereinigungsfreiheit, wie z.B. die restriktiven Gesetze für Nichtregierungsorganisationen (NGO); Einschränkungen der Religionsfreiheit; Beschränkungen der politischen Beteiligung durch willkürliche Kandidatenprüfung; weitverbreitete Korruption auf allen Regierungsebenen; rechtswidrige Rekrutierung von Kindersoldaten durch Regierungsakteure zur Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien; Menschenhandel; Gewalt gegen ethnische Minderheiten; strenge staatliche Beschränkungen der Rechte von Frauen und Minderheiten; Kriminalisierung von sexuellen Minderheiten sowie Verbrechen, die Gewalt oder Gewaltdrohungen gegen LGBTI-Personen beinhalten; und schließlich das Verbot unabhängiger Gewerkschaften (USDOS 11.3.2020; vergleiche FH 4.3.2020, HRW 14.1.2020). Die Regierung unternimmt kaum Schritte, um verantwortliche Beamte zur Rechenschaft zu ziehen. Viele dieser Missstände sind im Rahmen der Regierungspolitik zu verantworten. Straffreiheit ist auf allen Ebenen der Regierung und der Sicherheitskräfte weit verbreitet (USDOS 11.3.2020).

Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität, die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze infrage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weit gefasste Straftatbestände vergleiche Artikel 279 bis 288 iStGB) sowie Staatsschutzdelikte (insbesondere Artikel eins bis 18 des 5. Buches des iStGB). Personen, deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten, laufen Gefahr, der Spionage beschuldigt zu werden (AA 26.2.2020). Die Tätigkeit als Frauen- und Menschenrechtsaktivist wird regelmäßig strafrechtlich verfolgt (Vorwurf der Propaganda gegen das Regime o.ä.) und hat oft die Verurteilung zu Haft- oder auch Körperstrafen zur Folge (ÖB Teheran 10.2020). Auch Umweltaktivisten müssen mit strafrechtlicher Verfolgung rechnen (HRW 14.1.2020; vergleiche BS 2020, ÖB Teheran 10.2020).

1.2.7. Religionsfreiheit:

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Artikel 13, der iranischen Verfassung anerkannten „Buchreligionen“ (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als „mo- hareb“ (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden (AA 26.2.2020; vergleiche ÖB Teheran 10.2020). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018). Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 26.2.2020; vergleiche ÖB Teheran 10.2020). Selbst anerkannte religiöse Minderheiten - Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen - werden also diskriminiert. Vertreter dieser religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung - im Vergleich mit anderen Ländern der Region - nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen. Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa - unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke - eigene Vertreter im Parlament (ÖB Teheran 10.2020). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA 23.5.2018; vergleiche FH 4.3.2020). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA 23.5.2018; vergleiche FH 4.3.2020, BAMF 3.2019) und ihre politische Vertretung bleibt schwach (FH 4.3.2020). Wichtige politische Ämter stehen ausschließlich schiitischen Muslimen offen (AI 18.2.2020).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche Open Doors 2021). Nicht anerkannte religiöse Gruppen - Baha’i, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten - werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert (ÖB Teheran 10.2020).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt (AI 18.2.2020).

Schiitische Religionsführer, welche die Regierungspolitik nicht unterstützen, sind weiterhin Einschüchterungen und Verhaftungen ausgesetzt. Laut der in den USA ansässigen NGO „United for Iran" befanden sich 2019 mindestens 109 Angehörige religiöser Minderheitengruppen aufgrund des Praktizierens ihrer Religion in Haft (USDOS 10.7.2020).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, laufen Gefahr, willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt oder wegen Apostasie (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 18.2.2020). In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie jedoch sehr selten (wenn überhaupt noch vorhanden), bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gab es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war (ÖB Teheran 10.2020).

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch, aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 10.2020). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „mohareb“ („Waffenaufnahme gegen Gott"), „mofsid-fil-arz/fisad-al-arz“ („Verdorbenheit auf Erden“), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie sehr selten, wenn überhaupt noch vorhanden. Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen „mohareb“ (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche DIS/DRC 23.2.2018).

Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 10.2020).

Die Rückkehr von Konvertiten in den Iran führt nicht zwingend zu einer Festnahme oder Inhaftierung (BAMF 3.2019). Wenn ein Konvertit den Behörden auch zuvor nicht bekannt war, dann ist eine Rückkehr nach Iran weitgehend problemlos. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden nicht von Interesse. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, kann sich die Situation anders darstellen. Auch Konvertiten, die ihre Konversion öffentlich machen, können sich womöglich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen berichtet, besteht die Möglichkeit, dass die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang hängt davon ab, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein „high-profile"- Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, ist eine harsche Strafe eher unwahrscheinlich. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein führt zumeist nicht zu einer Verfolgung, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird diese aller Wahrscheinlichkeit nach auch nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das aber durchaus zu Problemen führen (DIS/DRC 23.2.2018). Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 10.2020).

1.2.8. Frauen:

Generell genießt die Familie in Iran, ebenso wie in den meisten anderen islamischen Gesellschaften, einen hohen Stellenwert. Der Unterschied zwischen Stadt und Land macht sich aber auch hier bemerkbar, in Bezug auf das Verhältnis zwischen Mann und Frau sowie auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Auf dem Land hat das traditionelle islamische Rollenmodell weitgehende Gültigkeit, der Tschador, der Ganzkörperschleier, dominiert hier das Straßenbild. IN den großen Städten hat sich dieses Rollenverständnis verschoben, wenn auch nicht in allen Stadtteilen. Während des Iran-Irak-Krieges war, allen eventuellen ideologischen Bedenken zum Trotz, die Arbeitskraft der Frauen schlicht unabdingbar. Nach dem Krieg waren Frauen aus dem öffentlichen Leben nicht mehr wegzudenken oder gar zu entfernen. Die unterschiedliche und sich verändernde Stellung der Frau zeigt sich auch an den Kinderzahlen: Während in vielen ländlichen, gerade den abgelegenen Gebieten fünf Kinder der Normalfalls sind, sind es in Teheran und Isfahan im Durchschnitt unter zwei. Insbesondere junge Frauen begehren heute gegen die nominell sehr strikten Regeln auf, besonderes anhand der Kleidungsvorschriften für Frauen wird heute der Kampf zwischen einer eher säkular orientierten Jugend der Städte und dem System in der Öffentlichkeit ausgefochten. Eine Bewegung, die sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut, ist der islamische Feminismus. Dieser will die Rechte der Frau mittels einer islamischen Argumentation durchsetzen (GIZ 9.2020c).

Auch wenn die Stellung der Frau in Iran, entgegen aller Vorurteile gegenüber der Islamischen Republik, in der Praxis sehr viel besser ist als in vielen anderen Ländern der Region, sind Frauen auch hier nicht gleichberechtigt (GIZ 9.2020c). Verschiedene gesetzliche Verbote machen es Frauen unmöglich, im gleichen Maße wie Männer am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen (strenge Kleiderordnung, Verbot des Zugangs zu Sportveranstaltungen, Fahrradverbot). In rechtlicher, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind iranische Frauen also vielfältigen Diskriminierungen unterworfen, die jedoch zum Teil relativ offen diskutiert werden (AA 26.2.2020).

Iran hat die „Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“ als einer von wenigen Staaten weltweit nicht unterzeichnet. Im Global Gender Gap Report 2020 des World Economic Forum liegt Iran an Stelle 148 von 153 (WEF 2020). Von einigen staatlichen Funktionen (u.a. Richteramt, Staatspräsident) sind Frauen gesetzlich oder aufgrund entsprechender Ernennungspraxis ausgeschlossen (AA 26.2.2020; vergleiche BAMF 7.2020). Es ist hier anzumerken, dass es sehr wohl einige Richterinnen – insbesondere an Familiengerichten – gibt. Ihnen steht es aber nicht zu, ein Urteil auszusprechen oder den Prozess zu leiten. Sie dürfen unter der Aufsicht eines männlichen Richters lediglich beratend tätig werden (BAMF 7.2020).

Die Erwerbsquote von Frauen liegt nur bei etwa 12%. Viele Frauen sind im informellen Sektor tätig (BS 2020). Zusätzlich sind Frauen seit dem Beginn der Coronakrise stärker als Männer vom Verlust ihres Arbeitsplatzes betroffen. Bereits zum Ende des Frühjahres 2020 haben 145.000 Frauen offiziell ihren Arbeitsplatz verloren. Da Arbeitgeber durch die Pandemie wirtschaftlich unter Druck geraten sind, versuchen diese, den ausbleibenden Umsatz durch eine Reduzierung der Lohnzahlungen auszugleichen. Am stärksten davon, aber auch vom Verlust des Arbeitsplatzes, betroffen sind die Lohnzahlungen von Frauen (BAMF 7.2020). Laut offiziellen Angaben liegt die Arbeitslosenrate bei Frauen bei 20,8% (1,11 Millionen). Unter Frauen mit höherer Bildung liegt sie noch deutlich höher. Auch nach der Population Situation Analysis der Universität Teheran vom Sommer 2016 besteht im Bereich der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt erhöhter Nachholbedarf. Allerdings ist der Spielraum der Regierung beschränkt, da konservative Vertreter immer wieder die traditionelle Rolle der Frau in der islamischen Familie betonen (AA 26.2.2020). Die stagnierende wirtschaftliche Lage Irans hat ein stetiges Wachstum der Arbeitslosenrate in den vergangenen Jahren zur Folge gehabt. Insbesondere hat die hohe Arbeitslosigkeit im Land auch Einfluss auf die wirtschaftliche Situation von alleinstehenden Frauen genommen; u.a. sieht das Gesetz nicht die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern vor. Außerdem haben selbst gut qualifizierte Frauen Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu finden. Weiters legt das Gesetz es Frauen nahe, sich für drei Viertel der regulären Arbeitszeit von Männern zu bewerben und Frauen brauchen das Einverständnis ihres Ehemannes, um eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen. Außerdem werden Stellen oft geschlechtsspezifisch ausgeschrieben, sodass es Frauen verwehrt wird, sich – ungeachtet ihrer Qualifikation – für bestimmte Positionen zu bewerben. Auch von sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz wird berichtet. Die gravierenden Einschränkungen der Versammlungsfreiheit verhindern außerdem den Zusammenschluss erwerbstätiger Frauen in Gewerkschaften, um Frauenrechte effektiver vertreten und einfordern zu können (ÖB Teheran 10.2020).

In rechtlicher Hinsicht unterliegen Frauen einer Vielzahl diskriminierender Einschränkungen. Prägend ist dabei die Rolle der (Ehe-)frau als dem (Ehe-)mann untergeordnet, wie es sich sowohl in Fragen der Selbstbestimmung des Sorgerechtes, der Ehescheidung als auch des Erbrechts erkennen lässt (AA 26.2.2020; vergleiche HRW 14.1.2020, ÖB Teheran 10.2020, AI 26.2.2019, BAMF 7.2020). Beispielsweise darf eine verheiratet Frau nicht ohne die schriftliche Genehmigung ihres Mannes (oder Vaters) keinen Reisepass erhalten oder ins Ausland reisen (HRW 14.1.2020; vergleiche FH 4.3.2020, BAMF 7.2020). Kinder unter 18 Jahren benötigen für die Ausstellung des Reisepasses die schriftliche Erlaubnis ihres Vaters. Wenn der Ehemann oder der Vater nicht anwesend ist, hat die Frau sich bei einem Wunsch zur Ausreise an die zuständige Behörde des Außenministeriums zu wenden, sofern die schriftliche Erlaubnis nicht vorliegt. Während dieses Verfahrens werden auch Unterschrift sowie personenbezogenen Angaben überprüft (BAMF 7.2020). Unverheiratete und geschiedenen Frauen und Witwen benötigen keine Erlaubnis ihres Vaters oder eines männlichen Vormunds um zu reisen (Cedoca 30.3.2020). Nach dem Zivilgesetzbuch hat ein Ehemann das Recht, den Wohnort zu wählen, und kann seine Frau daran hindern, bestimmte Berufe auszuüben (HRW 14.1.2020; vergleiche BAMF 7.2020). Im Straf- bzw. Strafprozessrecht sind Mädchen bereits mit neun Jahren vollumfänglich strafmündig (Buben mit 15 Jahren). Zeugenaussagen von Frauen werden hingegen nur zur Hälfte gewichtet (AA 26.2.2020; vergleiche BAMF 7.2020) und die finanzielle Entschädigung, die der Familie eines weiblichen Opfers nach ihrem Tod gewährt wird, ist nur halb so hoch, wie die Entschädigung für ein männliches Opfer (FH 4.3.2020; vergleiche BAMF 7.2020). Weitere diskriminierende Vorschriften finden sich im Staatsangehörigenrecht, internationalen Privatrecht, Arbeitsrecht sowie im Sozialversicherungsrecht (AA 26.2.2020).

Bei Verstößen gegen gesetzliche Verbote müssen Frauen mit Strafen rechnen. So kann etwa eine Frau, die ihre Haare oder die Konturen ihres Körpers nicht verhüllt, mit Freiheitsstrafe (zehn Tage bis zu zwei Monaten) und/oder Geldstrafe bestraft werden. Grundsätzlich ist auch die Verhängung von bis zu 74 Peitschenhieben wegen Verstoßes gegen die öffentliche Moral möglich; dazu kommt es in der Regel nicht, da die Familien von der Möglichkeit des Freikaufs überwiegend Gebrauch machen (AA 26.2.2020).

Laut Gesetz darf eine Jungfrau nicht ohne Einverständnis ihres Vaters, Großvaters oder eines Richters heiraten (USDOS 11.3.2020). Väter und Großväter können bei Gericht eine Erlaubnis einholen, wenn sie das Mädchen früher verheiraten wollen. Das gesetzliche Heiratsalter für Mädchen liegt bei 13 Jahren (AA 26.2.2020; vergleiche ÖB Teheran 10.2020, AI 22.2.2018, BAMF 7.2020), jenes für Buben bei 15 Jahren. Kinder- und Zwangsehen sind daher weiterhin ein Problem, besonders im sunnitischen und ländlichen Raum sind Kinderehen häufig, weil der „Wert“ der Braut mit dem Alter abnimmt (ÖB Teheran 10.2020).

Im Oktober 2019 genehmigte der Wächterrat eine Änderung des Zivilgesetzbuchs des Landes, die es iranischen Frauen, die mit ausländischen Männern verheiratet sind, ermöglicht, für ihre Kinder die Staatsbürgerschaft zu beantragen (USDOS 11.3.2020; vergleiche HRW 14.1.2020, AI 18.2.2020, BAMF 7.2020). Frauen müssen diese Übertragung jedoch eigens beantragen, und ihre Kinder müssen sich einer Sicherheitsüberprüfung durch das Geheimdienstministerium unterziehen, während die Staatsbürgerschaft iranischer Männer automatisch an deren Kinder übertragen wird (AI 18.2.2020; vergleiche BAMF 7.2020):

Gesetzliche Regelungen räumen geschiedenen Frauen das Recht auf Alimente ein. Angaben über mögliche (finanzielle) Unterstützung vom Staat für alleinerziehende bzw. alleinstehende Frauen sind nicht eruierbar. Das Gesetz sieht vor, dass geschiedenen Frauen vorzugsweise das Sorgerecht für ihre Kinder bis zu deren siebentem Lebensjahr gegeben werden soll. Danach soll das Sorgerecht dem Vater übertragen werden, außer dieser ist dazu nicht imstande. Heiraten geschiedene Frauen erneut, verlieren sie das Sorgerecht für Kinder aus einer früheren Ehe (ÖB Teheran 10.2020).

Alleinstehende, nicht geschiedenen Frauen haben Schwierigkeiten, selbstständig eine Wohnung zu mieten und alleine zu wohnen, da gesellschaftliche Normen verlangen, dass eine unverheiratete Frau im Schutze ihrer Familie oder eines männlichen Familienmitglieds lebt. Im Gegensatz dazu dürfte es gesellschaftlich akzeptiert sein, dass geschiedene Frauen alleine wohnen. Aufgrund der Schwierigkeit für Frauen, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist der familiäre Rückhalt für alleinstehende Frauen umso bedeutender. Jedoch erhalten manche Frauen, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm leben (wie zum Beispiel lesbische Frauen oder Prostituierte), keine Unterstützung durch die Familie und können Opfer von häuslicher Gewalt und Zwangsheirat werden (ÖB Teheran 10.2020).

Häusliche Gewalt ist in Iran sehr weit verbreitet und die Gesetze dagegen sind schwach. Ein Drittel der Frauen gibt an, Opfer physischer Gewalt geworden zu sein, über die Hälfte gibt an, mit psychischer Gewalt konfrontiert worden zu sein. Krisenzentren und Frauenhäuser nach europäischem Modell existieren in Iran nicht. Angeblich sollen staatlich geführte Einrichtungen für alleinstehende Frauen, Prostituierte, Drogenabhängige oder Mädchen, die von Zuhause davon gelaufen sind, vorhanden sein. Informationen über diese Einrichtungen sind der Öffentlichkeit nicht zugänglich (ÖB Teheran 10.2020).

Der Staat ist verpflichtet, Frauen vor sexueller Gewalt zu schützen. Frauen, die ehelicher oder häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, können aber nicht uneingeschränkt darauf vertrauen, dass effektiver staatlicher Schutz gewährt wird. Fälle von Genitalverstümmelung sind nicht bekannt (AA 26.2.2020). Vergewaltigung ist illegal und unterliegt strengen Strafen, einschließlich der Todesstrafe (USDOS 11.3.2020). Das Gesetz betrachtet Geschlechtsverkehr innerhalb der Ehe per Definition als einvernehmlich und behandelt daher keine Vergewaltigung in der Ehe, auch nicht in Fällen von Zwangsheirat (USDOS 11.3.2020; vergleiche ÖB Teheran 10.2020). Die meisten Vergewaltigungsopfer melden Verbrechen nicht, weil sie staatliche Vergeltungsmaßnahmen oder Strafen für Vergewaltigungen befürchten, wie zum Beispiel Anklagen wegen Unanständigkeit, unmoralischem Verhalten oder Ehebruch. Ehebruch wiederum ist ebenfalls mit der Todesstrafe bedroht. Auch gesellschaftliche Repressalien oder Ausgrenzung werden von Vergewaltigungsopfern befürchtet (USDOS 11.3.2020).

Der Wächterrat ließ keine der 137 Frauen, die bei der Präsidentschaftswahl 2017 antreten wollten, für eine Kandidatur zu. Im Rahmen des gesetzlichen Zwangs, eine Kopftuch (Hidschab) zu tragen, stehen Frauen im Visier von Polizei und paramilitärischen Kräften. Manchmal werden sie schikaniert und festgenommen, wenn Haarsträhnen unter ihrem Kopftuch hervorschauen, wenn sie stark geschminkt sind oder eng anliegende Kleidung tragen (AI 22.2.2018). Gegen Frauen, die sich gegen die Kopftuchpflicht einsetzen, kommt es mitunter zu staatlich unterstützten Verleumdungskampagnen (AI 18.2.2020). Seit Ende Dezember 2017 fordern aber immer mehr iranische Frauen eine Abschaffung der Kopftuchpflicht. Als Protest nehmen sie in der Öffentlichkeit ihre Kopftücher ab und hängen sie als Fahne auf. Auch gläubige Musliminnen, die das Kopftuch freiwillig tragen, ältere Frauen, Männer und angeblich auch einige Kleriker haben sich den landesweiten Protesten angeschlossen (Kleine Zeitung 3.2.2018). Die Proteste wurden von den Sicherheitskräften rasch eingedämmt, von der Judikative wurden schwere Strafen (z. T. mehrjährige Haft) verhängt. Dennoch wurde dadurch eine öffentliche Debatte angestoßen. Das Forschungszentrum des Parlaments veröffentlichte etwa eine Studie, welche die geringe Zustimmung zum Kopftuchzwang thematisierte und sogar dessen Abschaffung in Erwägung zog (ÖB Teheran 10.2020). Im Oktober 2018 kam es wieder zu vereinzelten Berichten über Frauen, die ihr Kopftuch abgenommen hatten (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche BS 2020). Auch 2019 wurden diesbezüglich von Verhaftungen berichtet (ÖB Teheran 10.2020) und die Diskussion über den Zugang von Frauen zu Sportveranstaltungen ist immer noch Gange. Im Oktober 2019 durften Frauen auf Druck der FiFA erstmals ein Fußball-Länderspiel im Stadion verfolgen (AA 26.2.2020). Das Thema ist für Frauen nach wie vor wichtig. Anfang September 2019 zündete sich eine Frau an, als ihr eine Haftstrafe drohte (sie hatte sich als Mann verkleidet, um an einem Fußballmatch teilzunehmen) (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche FH 4.3.2020, BAMF 7.2020). Die 2022 vorgesehene Weltmeisterschaft erlaubt der FIFA starken Druck auf Iran auszuüben, um Frauen den Zugang zu ermöglichen (ÖB Teheran 10.2020).

1.2.9. Grundversorgung:

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Der Mindestlohn liegt bei ca. 15,7 Mio. Rial im Monat (ca. 110 Euro). Das durchschnittliche monatliche pro Kopf Einkommen liegt bei ca. 54,6 Mio. Rial (ca. 400 Euro) (AA 26.2.2020).

Angesichts der immer schärferen US-Sanktionen gegen Iran und des dramatischen Währungsverfalls hat sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtert (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche BS 2020). Sowohl auf Grund der „Maximum Pressure"-Politik der USA als auch wegen der Zurückhaltung westlicher Unternehmen bei der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Iran aber auch wegen der Folgen der Corona-Pandemie steht die iranischen Wirtschaft schlechter da wie nie zuvor. Die Erdölexporte sind auf ein Minimum gesunken, auch die Devisenreserven sind erschöpft. Insofern sind die mittelfristigen Prognosen für die iranische Wirtschaft nicht gut (ÖB Teheran 10.2020).

Aufgrund der im Vergleich zu Europa extrem jungen Bevölkerung strömen jedes Jahr viele Berufseinsteiger auf den Arbeitsmarkt. Um diesen Menschen Arbeit zu geben, wäre die Schaffung von rund einer Million Arbeitsplätzen pro Jahr erforderlich. Neben Arbeitslosigkeit spielt in Iran auch Unterbeschäftigung eine Rolle. Ausgebildete Arbeitskräfte (Facharbeiter, Uni-Absolventen) finden oft keine ihrer Ausbildung entsprechende Jobs. Daraus folgen soziale Spannungen aber auch ein gewaltiger „brain drain", der die iranische Gesellschaft und Wirtschaft nachhaltig beeinträchtigt (ÖB Teheran 10.2019).

Die iranische Wirtschaft ist weitestgehend zentralisiert und steht zu großen Teilen unter staatlicher Kontrolle (GIZ 9.2020b). Der staatliche Sektor (staatliche und halbstaatliche Unternehmen) macht etwa 80% der iranischen Wirtschaftstätigkeit aus, während der private und kooperative Sektor nur 20% ausmacht (BS 2020). So haben viele iranische Unternehmen neben wirtschaftlichen auch politische Ziele zu erfüllen. Durch regelmäßige staatliche Eingriffe über Preisregulierungen und Subventionen, die in aller Regel politische Ursachen haben, konnte sich bisher eine eigenständige Wirtschaft nur bedingt entwickeln. Eine etablierte Privatwirtschaft gibt es vor allem auf dem Basar, in der Landwirtschaft und im Dienstleistungsgewerbe (GIZ 9.2020b). Die iranische Regierung ist der größte Monopolist des Landes, gefolgt von den Revolutionsgarden und anderen einflussreichen Institutionen und Menschen. Es gibt ein Gesetz gegen das Monopol, obwohl noch nie ein Unternehmen oder eine Person für monopolistische Maßnahmen zur Rechenschaft gezogen wurde (BS 2020). Erst in den letzten eineinhalb Jahrzehnten wurden, vor allem durch die 2001 gegründete Iranian Privatization Organization, vermehrt Anstrengungen zur Privatisierung weiterer Teile der Wirtschaft unternommen. Der wichtigste Sektor der iranischen Wirtschaft ist die Erdöl- und Erdgasproduktion. Die Ölförderung ist durch die National Iranian Oil Company monopolisiert, 80-85% der staatlichen Einnahmen stammen aus dem Ölverkauf. Da zudem etwa 60% dieses Budgets in die Finanzierung staatlicher Unternehmen und Institutionen fließen, ist Iran nahezu komplett von den Einnahmen aus dem Ölexport abhängig. Nicht nur die Wirtschaft, auch der Lebensstandard vieler Iraner hängt vom Ölpreis ab. Problematisch sind auch die völlig veralteten Förderanlagen und Raffinerien des Landes. Aufgrund der Sanktionen konnten diese nicht modernisiert werden. Hindernisse bei der Modernisierung iranischer Förderanlagen und Raffinerien führten nicht zuletzt dazu, dass in den letzten Jahren immer wieder große Mengen an Benzin importiert werden mussten, um den heimischen Bedarf zu decken. Da Benzin lange staatlich subventioniert wurde, kostete dies den Staat in den letzten Jahren etwa 11% des BIP. Hebt die Regierung den Benzinpreis an oder begrenzt die ausgegebenen Rationen, führt das immer wieder zu teils gewaltsamen Ausschreitungen (GIZ 9.2020b). Soziale Unzufriedenheit war in den letzten Jahren mehrmals der Hintergrund von Unruhen in der Bevölkerung (Landinfo 12.8.2020). Die letzten Proteste diesbezüglich entfachten sich im November 2019, als der Treibstoffpreis erhöht wurde. Dies war das jüngste Zeichen einer Wirtschaftskrise, die durch eine Kombination aus von den USA geführten Handelssanktionen und Misswirtschaft durch das Regime ausgelöst wurde. Die Krise bereitet der iranischen Bevölkerung ernsthafte Schwierigkeiten und macht sie anfälliger für Ausbeutung (FH 4.3.2020). Bei den gewalttätigen Unruhen im November 2019 starben Hunderte Menschen (Landinfo 12.8.2020).

Ein wichtiger, in nicht wenigen Bereichen sogar zentraler Faktor der iranischen Wirtschaft sind die halbstaatlichen religiösen Stiftungen, die Bonyads (GIZ 9.2020b; vergleiche BS 2020). Heute gibt es etwa 120 davon. Hier verschmelzen Religion, Politik und Wirtschaft am deutlichsten. Entsprechend islamischer Grundsätze ist die Hauptaufgabe einer religiösen Stiftung die öffentliche Wohlfahrt, etwa in Form des Erhalts von Straßen oder der Pflege eines Pilgerzentrums. Daneben sind viele der Stiftungen heute jedoch international agierende Großkonzerne. Die größte Stiftung des Landes ist die Ostan-e Qods-e Rezavi, die Imam Reza Stiftung, die sich der Instandhaltung des religiösen Zentrums in Maschhad widmet. Daneben ist die Stiftung jedoch im (Teil-)Besitz zahlreicher Industrieunternehmen, wie etwa der Teheraner Busgesellschaft, und setzt jährlich geschätzte 14 Milliarden Dollar um. Zudem ist sie der größte Grundbesitzer des Landes. Die Bonyad-e Mostazafan wa Dschanbazan, die Stiftung der Unterdrückten und Kriegsveteranen, offiziell zuständig für die Versorgung der Kriegsversehrten und Armen, steht hingegen hinter der National Iranian Oil Company. Politisch steht sie den Revolutionswächtern nahe, viele ihrer hohen Beamten kommen aus deren Reihen. Vor allem mit Hilfe dieser Stiftungen, die beide offiziell direkt dem Revolutionsführer unterstehen, setzt der iranische Staat seine Vorstellungen einer islamischen Wirtschaftspolitik um und verteilt großzügig Gelder für politische Gefälligkeiten (GIZ 9.2020b). Diese Institutionen sind weder der Regierung noch der Justiz gegenüber rechenschaftspflichtig. Außerdem genießen die Bonyads viele Privilegien wie Steuerbefreiungen und einen ausschließlichen Zugang zu lukrativen Regierungsverträgen (BS 2020).

1.2.10. Sozialbeihilfen:

Dem Arbeitsministerium ist die Verantwortung für Sozialhilfe und Versicherungswesen übertragen. Es gibt verschiedene Versicherungsträger, welche alle dem im Sozialministerium angesiedelten „Hohen Versicherungsrat“ (HIC) unterstehen, der die Versicherungspolitik plant, koordiniert, durchführt und überwacht. Ein Hauptversicherer ist die „Organisation für Sozialversicherung“ (SSIO). Alle Arbeitgeber und -nehmer zahlen in dessen System ein und erhalten dafür gewisse Unterstützungsleistungen. Viele Kliniken und Spitäler dieser Organisation befinden sich in städtischen Gegenden (ÖB Teheran 10.2020). Alle angestellten Arbeitnehmer unterliegen einer Sozialversicherungspflicht, die die Bereiche Rente, Unfall und Krankheit umfasst. Der Rentenanspruch entsteht in voller Höhe nach 30 Beitragsjahren. Nachdem in die Sozialversicherungskasse zwei Jahre eingezahlt wurde, entsteht für Angestellte ein monatlicher Kindergeldanspruch in der Höhe von ca. 20 Euro pro Kind. Ebenfalls besteht ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Höhe von 70-80% des Gehaltes, das für mindestens ein Jahr gezahlt wird. Schließlich erhält ein geringer Teil der nicht oder gering verdienenden iranischen Bevölkerung zur Sicherung der Grundversorgung monatlich 450.000 IRR (ca. 3 Euro, sog. Yarane) (AA 26.2.2020). Selbstständige und Beamte sind nicht Teil der Arbeitslosenversicherung, da angenommen wird, dass ihre Arbeitsverträge nicht gekündigt werden können (Landinfo 12.8.2020).

Die Mitgliedschaft in der Sozialversicherung ist für alle Arbeitnehmer verpflichtend. Die Sozialversicherung schützt im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Berufsunfällen und auch bei altersbedingtem Ausscheiden. Seit 2003 wurden die zuständigen Institutionen überholt und zusammengelegt, um Ineffektivität und Redundanzen zu vermeiden. Das System deckt alle Angestellten und Freiberuflichen ab, wobei letztere zwischen verschiedenen Stufen wählen können. Freiwillige Abdeckung ist für vorher versicherte Personen bis 55 Jahre verfügbar (mindestens 30 Tage) sowie für die Gruppe der Berufskraftfahrer. Spezielle Systeme gibt es darüber hinaus für Staatsangestellte und Militärangehörige. Solange Rückkehrende für eine iranische Organisation/Firma arbeiten, übernehmen die Arbeitgeber den Großteil der Beiträge. Ansonsten muss (je nach gewähltem Angebot) selbst eingezahlt werden. Für Angestellte müssen 7% des monatlichen Gehalts abgegeben werden, während Selbstständige und Private einen individuell abgestimmten Beitrag in Gänze bezahlen (IOM 2019). Die Mittel für die Altersrente werden durch gemeinsame Beiträge der versicherten Person, des Arbeitgebers und der Regierung gedeckt und variiert je nach Beitragsjahren. Die Altersrente wird über die Pensionskasse für Beamte, die Organisation für soziale Sicherheit sowie 16 weitere Pensionsfonds in Iran bereitgestellt. Die Hinterbliebenenrente wird an Angehörige einer versicherten verstorbenen Person gezahlt. Zu den Angehörigen zählen Witwe/Witwer, Kinder (das heißt Söhne bis zum Alter von 20 Jahren und Töchter bis zur Heirat) und Eltern. Die Rente des Ehepartners beträgt 50% der Alters- oder Invalidenrente der versicherten Person, während sie für Waisen 25% und für Eltern 20% beträgt. Die kombinierte Hinterbliebenenrente darf nicht unter dem gesetzlichen Mindestlohn oder über der Rente des Verstorbenen liegen. In Iran gibt es einen gesetzlichen monatlichen Mindestlohn für ungelernte Arbeitnehmer, der unter Berücksichtigung der Inflation jährlich neu berechnet wird. Im April 2020 lag der Mindestlohn bei 18,34 Millionen Rial (113 USD). Darüber hinaus zahlt der Staat (praktisch) jeder Familie eine Wohnungs- und Lebensmittelzulage in Form von monatlichen Geldtransfers (yaraneh-ye naqdi), wobei der Gesamtbetrag für einen unverheirateten Arbeitnehmer 25 Millionen Rial (155 USD) und 30 Millionen Rial (186 USD) für einen verheirateten Arbeiter pro Monat beträgt. Familienbeihilfe wird im Rahmen von Sozialversicherungssystemen für Eltern gewährt, die mindestens 720 Tage gearbeitet und Beiträge gezahlt haben. Die Familienbeihilfe wird gezahlt, bis das Kind 18 Jahre alt ist oder - wenn es studiert - bis das Studium abgeschlossen ist. Die Familienbeihilfe wird monatlich gezahlt und als das Dreifache des gesetzlichen täglichen Mindestlohns eines ungelernten Arbeitnehmers für jedes Kind berechnet. Die Leistungen werden jährlich angepasst (Landinfo 12.8.2020).

Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und ihre Familien sind nicht bekannt. Im Übrigen gibt es soziale Absicherungsmechanismen, wie z.B. Armenstiftungen, Kinder-, Alten-, Frauen- und Behindertenheime. Hilfe an Bedürftige wird durch den Staat, die Moscheen, religiöse Stiftungen, Armenstiftungen und oft auch durch NGOs oder privat organisiert (z.B. Frauengruppen) (AA 26.2.2020). Kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung sind als Teil des Sozialwesens für alle iranischen Bürger gewährleistet. Weitere Leistungen können vom Arbeitgeber und privaten Anbietern oder Organisationen angeboten werden (IOM 2019).

Der Kampf gegen die Armut wird vor allem unter religiösen Vorzeichen geführt. Die großen religiösen Stiftungen haben hier theoretisch ihren Hauptaufgabenbereich. Außerdem liegt die Versorgung der Armen in der Verantwortung der Gesellschaft, das Almosengeben ist eine der Säulen des Islam. Die blauen Spendenbehälter, vom Staat aufgestellt um die „sadeqe", die Almosen, zu sammeln, finden sich in jeder Straße. Ein Ansatz, gerade der Armut auf dem Land entgegenzuwirken, ist Bildung. Der Staat schickt beispielsweise Studenten, die als Pflichtteil des Studiums in Dörfern abgelegener Regionen unterrichten müssen. Viele weitere staatliche Anstrengungen zur Bekämpfung der Armut werden jedoch dadurch behindert, dass der Staat selbst aufgrund des Verfalls des Ölpreises in finanziellen Schwierigkeiten steckt (GIZ 12.2020b). Die staatliche Wohlfahrtsorganisation betreibt Selbsthilfegruppen für Familien in schwierigen Situationen, die in Familienzentren organisiert sind. Einige erhalten Unterstützung bei der Arbeitssuche. Ein Projekt mit einem Mikrofinanzierungsansatz umfasst 50.000 Menschen - nicht nur Frauen, sondern auch Landbevölkerung und andere. Ziel ist es, die Armut zu verringern. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf weiblichen Ernährern. Es gibt ca. drei Millionen Familien, die von Frauen geführt werden. 180.000 von ihnen werden von der staatlichen Wohlfahrtsorganisation betreut. Das Budget ist begrenzt und nicht alle Bedürftigen erhalten Hilfe. Die Leistungen gehen nicht unbedingt an die Frauen, sondern könnten beispielsweise die Bildung für Kinder abdecken (Landinfo 12.8.2020).

1.2.11. Medizinische Versorgung:

Seit der islamischen Revolution hat sich das iranische Gesundheitssystem konstant stark verbessert. Die iranische Verfassung sichert jedem Staatsbürger das Recht zu, den jeweiligen höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Die Verwirklichung dieses Zieles obliegt dem Ministerium für Gesundheit und medizinische Ausbildung. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität, deren Rektor die Verantwortung für das Gesundheitswesen in der betroffenen Provinz trägt (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche IOM 2019). Neben dem zuständigen Ministerium und den Universitäten gibt es auch Gesundheitsdienstleister des privaten Sektors und NGOs (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche Landinfo 12.8.2020, IOM 2019). Diese bedienen jedoch eher die sekundäre und tertiäre Versorgung, während die Primär-/Grundversorgung (z.B. Impfungen, Schwangerschaftsvorsorge) staatlich getragen wird (ÖB Teheran 10.2020; vergleiche IOM 2019). Darüber hinaus gibt es im ganzen Land viele NGOs und Wohltätigkeitsorganisationen, die Gesundheitseinrichtungen betreiben, deren Zugang auf einer Bedarfsanalyse basiert, ohne dass auf einen vorherigen Versicherungsschutz Bezug genommen wird. Die Mahak-Gesell- schaft zur Unterstützung krebskranker Kinder ist beispielsweise ein bekanntes gemeinnütziges Forschungs-, Krankenhaus- und Rehabilitationszentrum für Kinder mit Krebs. Die Patienten werden von Ärzten im ganzen Land an Mahak überwiesen. Laut einem Vertreter von Mahak wird jedes Kind, bei dem Krebs diagnostiziert wird, entweder im Mahak-Krankenhaus oder in anderen Krankenhäusern behandelt. Mahak deckt auch die Behandlung von Patienten in anderen Krankenhäusern im Iran ab. Die Behandlung ist kostenlos und die Patienten müssen nicht versichert sein, um eine Behandlung zu erhalten. Selbst Verwandte können bei der Begleitung ihrer kranken Kinder eine Finanzierung für die Unterkunft erhalten. Mahak empfängt Krebspatienten auch aus mehreren Nachbarländern (Landinfo 12.8.2020).

Notfallhilfe bei Natur- oder menschlich verursachten Katastrophen wird durch den gut ausgestatteten und flächendeckend organisierten iranischen Roten Halbmond besorgt (ÖB Teheran 10.2020). Der Rote Halbmond ist auch die zentrale Stelle für den Import von speziellen Medikamenten, die für Patienten in speziellen Apotheken erhältlich sind. In jedem Bezirk gibt es Ärzte sowie Kliniken, die dazu verpflichtet sind, Notfälle zu jeder Zeit aufzunehmen. In weniger dringenden Fällen sollte der Patient zunächst sein Gesundheitscenter kontaktieren und einen Termin vereinbaren (IOM 2019).

Im Gesundheitswesen zeigt sich ein Stadt-Land-Gefälle. Das Gesundheitswesen ist zwar fast flächendeckend - laut WHO haben 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung, die Qualität schwankt jedoch (GIZ 12.2020c). Die spezialisierte, medizinische Versorgung ist in weiten Landesteilen medizinisch, hygienisch, technisch und organisatorisch nicht auf der Höhe der Hauptstadt und nicht vergleichbar mit europäischem Standard. In Teheran ist die medizinische Versorgung in allen Fachdisziplinen meist auf einem recht hohen Niveau möglich (AA 30.12.2020a). Auch wenn der Zugang zu gesundheitlicher Erstversorgung größtenteils gewährleistet ist, gibt es dennoch gravierende Qualitätsunterschiede einzelner Regionen. Zum Beispiel liegt der Unterschied der Lebenserwartung im Vergleich mancher Regionen bei bis zu 24 Jahren. Folgende sieben Provinzen weisen eine niedrigere Qualität als die Referenz-Provinz Teheran auf: Gilan, Hamadan, Kermanschah, Khuzestan, Tschahar Mahal und Bachtiyari, Süd-Khora- san, sowie Sistan und Belutschistan. Politische Reformen wurden bereits unternommen, um einen gleichmäßigeren Zugang zu Gesundheitsdiensten zu schaffen. Nichtsdestotrotz gibt es noch eine Vielzahl an Haushalten, die sich keine ausreichende gesundheitliche Versorgung leisten können. Gesundheitsdienste sind geographisch nicht nach Häufigkeit von Bedürfnissen, sondern eher nach Wohlstand verteilt (ÖB Teheran 10.2020).

Die medizinische Grundversorgung basiert auf ca. 19.000 ländlichen Gesundheitshäusern, die von jeweils einem männlichen und einer weiblichen „Behvarz“ (Gesundheitspersonal, das nach der regulären elfjährigen Schulbildung zwei Jahre praktisch und theoretisch ausgebildet wird) geleitet werden. Jedes dieser Gesundheitshäuser ist für Gesundheitsvorsorge (u.a. Impfungen, Betreuung von Schwangerschaften) und für durchschnittlich ca. 1.500 Personen zuständig, wobei die Qualität der Versorgung als zufriedenstellend beurteilt wird, und mehr als 85% der ländlichen Bevölkerung in dieser Weise „nahversorgt“ werden. In Städten übernehmen sogenannte „Gesundheitsposten“ in den Bezirken die Aufgabe der ländlichen Gesundheitshäuser. Auf der nächsten Ebene sind die ländlichen Gesundheitszentren (ca. 3.000 landesweit) zu finden, die jeweils von einem Allgemeinmediziner geleitet werden. Sie überwachen und beraten die Gesundheitshäuser, übernehmen ambulante Behandlungen und übergeben schwierigere Fälle an ca. 730 städtische, öffentliche Krankenhäuser, die in jeder größeren Stadt zu finden sind (ÖB Teheran 10.2020). 90% der Bevölkerung in ländlichen als auch ärmeren Regionen hat Zugang zu essenziellen Gesundheitsdienstleistungen (IOM 2019). Weitere staatliche Institutionen wie die Iranian National Oil Corporation, die Justiz und Revolutionsgarden betreiben ihre eigenen Krankenhäuser. Die medizinische Belegschaft im Iran umfasst insgesamt mehr als 51.000 Allgemeinärzte, 32.000 Fachärzte, 115.000 Krankenschwestern, 33.000 Hebammen und 35.000 örtliche Gesundheitshelfer (behvarz) (Landinfo 12.8.2020).

Es ist anzuführen, dass der Anteil der Out-of-pocket-Zahlungen durch die Patienten in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen ist. Vor dem Health Transformation Plan im Jahr 2014 waren Out-of-pocket-Zahlungen die Hauptfinanzierungsquelle, und lagen über 50% der Kosten. 2010 erreichten die Zahlungen einen Höchststand von 58%, während sie bis 2016 auf 35,5% zurückgingen. Dies ist jedoch noch weit von dem erklärten Ziel entfernt, die Out-of-pocket-Zahlungen auf unter 30% zu senken. Dies bedeutet, dass das Zahlungssystem nach wie vor weitgehend auf Servicegebühren sowohl im öffentlichen als auch im privaten Gesundheitswesen basiert (Landinfo 12.8.2020). Die Kosten für Krankenhäuser werden unter anderem dadurch gesenkt, dass die Versorgung des Kranken mit Gütern des täglichen Bedarfs, etwa Essen, immer noch weitestgehend seiner Familie zufällt (GIZ 12.2020c). Der Iran verwendet interne Referenzpreise für Arzneimittel, was bedeutet, dass Arzneimittel zum Preis des Referenz-Arzneimittels erstattet werden und die Patienten die Möglichkeit haben, teurere Arzneimittel zu kaufen und die zusätzlichen Kosten zu bezahlen. Der Erstattungspreis wird von der Regierung festgelegt, während Hersteller, Händler oder Einzelhändler ihren eigenen Arzneimittelpreis festlegen können (Landinfo 12.8.2020).

Die Regierung versucht kostenfreie medizinische Behandlung und Medikamentenversorgung für alle Iraner zu gewährleisten, insofern gibt es zwei verschiedene Krankenversicherungen: entweder durch die Arbeit oder privat. Beide gehören zur staatlichen iranischen Krankenversicherung TAMIN EJTEMAEI www.tamin.ir/. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt. Versicherung durch Arbeit: Regierungsangestellte profitieren vom kostenfreien Zugang zur staatlichen Krankenversicherung. Private Firmen decken die Unfallversicherung für ihre eigenen Mitarbeiter. Private Versicherung: Mit Ausnahme von Regierungsangestellten müssen sich alle iranischen Bürger selbst privat versichern, wenn deren Arbeitgeber dies nicht bereits erledigen. Um die Versicherung zu erhalten, sind eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto und eine komplette medizinische Untersuchung notwendig (IOM 2019).

Salamat Versicherung: Diese neue Versicherung wird vom Ministerium für Gesundheit angeboten und deckt bis zu 90% der Behandlungskosten. Die Registrierung erfolgt online unter: http://www.bimesalamat.ir/isc/ISC.html . Die Registrierung erfordert eine geringe Gebühr (IRR 20.000). Pro Jahr sollten 2,450.000 IRR vom Begünstigten eingezahlt werden. Es gibt Ärzte und private Zentren, die eine öffentliche und/oder SALAMAT-Versicherung akzeptieren, um einen Teil der Ausgaben zu decken. Um zu 90% abgedecktzu sein, muss man sich auf staatliche bzw. öffentliche Krankenhäuser und Zentren beziehen. TAMIN EJTEMAEI Krankenhäuser decken 100% der versicherten Kunden ab (IOM 2019). Die „Organisation für die Versicherung medizinischer Dienste" (MSIO) wurde 1994 gegründet, um Beamte und alle Personen, die nicht von anderen Versicherungsorganisationen berücksichtigt wurden, zu versichern. Für anerkannte Flüchtlinge wurde eine eigene Versicherungsorganisation geschaffen. Daneben kümmern sich Wohltätigkeitsorganisationen, u.a. die „Imam Khomeini Stiftung", um nicht versicherte Personen, etwa Mittellose oder nicht anerkannte Flüchtlinge, wobei letztere kaum Chancen auf eine gute Gesundheitsversorgung haben (ÖB Teheran 10.2020).

Alle iranischen Staatsbürger inklusive Rückkehrende haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen (PHC) sowie weitere Angebote. Es gibt, wie bereits oben beschrieben, zwei verschiedene Arten von Krankenversicherung: Versicherung über den Arbeitsplatz oder private Versicherung. Beide werden von der öffentlichen Versicherung im Iran TAMIN EJTEMAEI verwaltet. Die Anmeldung erfolgt über www.tamin.ir/. Die Leistungen variieren dabei je nach gewähltem Versicherungsschema. Informationen zu verschiedenen Varianten erhält man bei der Anmeldung. Notwendige Dokumente: Eine Kopie der iranischen Geburtsurkunde, ein Passfoto, und ein vollständiges medizinisches Check-up sind notwendig. Weitere Dokumente können noch verlangt werden. Zuschüsse hängen von der gewählten Versicherung des Klienten ab, über die er/sie während der Registrierung ausführlich informiert wird. Jegliche Kosten werden vom Arbeitgeber getragen, sobald die Person eine Arbeit in Iran aufnimmt. Andernfalls müssen die Kosten selber getragen werden (IOM 2019).

Für schutzbedürftige Gruppen im Iran gibt es zwei Arten von Zentren: Öffentliche und private. Die öffentlichen Einrichtungen sind in der Regel überlaufen und es gibt lange Wartezeiten, weshalb Personen, die über die nötigen Mittel verfügen sich oft an kleinere spezialisierte private Zentren wenden. Die populärste Organisation ist BEHZISTI, welche Projekte zu Genderfragen, älteren Menschen, Behinderten (inklusive psychischer Probleme), ethnischer und religiöser Minderheiten, etc. anbietet. Außerdem werden Drogensüchtige, alleinerziehende Mütter, Personen mit Einschränkungen etc. unterstützt. Zu den Dienstleistungen zählen unter anderem psychosoziale Betreuung, Beratungsgespräche, Unterkünfte, Rehabilitationsleistungen, Suchtbehandlungen, etc. Es gibt einige Zentren unter Aufsicht der BEHZISTI Organisation, welche Personen in Not Hilfe gewähren. Solche Leistungen sind kostenfrei. Aufgrund der hohen Nachfrage und einiger Beschränkungen bevorzugen viele zahlungspflichtige private Zentren (IOM 2019).

Im Zuge der aktuellen Sanktionen gegen den Iran ist es zu gelegentlichen Engpässen beim Import von speziellen Medikamentengruppen gekommen (IOM 2019; vergleiche Landinfo 12.8.2020). Obwohl auf dem Papier Medikamente und Lebensmittel von den Sanktionen nicht betroffen sind, ist es seit 2020 u.a. wegen fehlenden Zahlungskanälen zu mehr Engpässen bei bestimmten Medikamenten wie z.B. Insuline gekommen. Das Gesundheitsministerium ist sehr bemüht, den Bedarf an Medikamenten zu decken. Aufgrund der mangelnden Devisen aber steigen die Preise der Medikamente die vom Ausland eingeführt werden sollen von Tag zu Tag, so dass schwache Gesellschaftsschichten sich diese nicht mehr leisten können. Diese Situation wird bei offiziellen Gesprächen von iranischen Funktionären immer wieder als Kritikpunkt gegenüber der Politik des Westens angesprochen (ÖB Teheran 10.2020). Im Generellen gibt es aber keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Pharmazeutika werden zumeist unter Führung des Gesundheitsministeriums aus dem Ausland importiert. Zusätzlich gibt es für Bürger Privatkrankenhäuser mit Spezialleistungen in größeren Ballungsräumen. Die öffentlichen Einrichtungen bieten zwar grundsätzlich fast alle Leistungen zu sehr niedrigen Preisen an, aber aufgrund langer Wartezeiten und überfüllter Zentren, entscheiden sich einige für die kostenintensivere Behandlung bei privaten Gesundheitsträgern (IOM 2019).

1.2.12. Rückkehr:

Allein der Umstand, dass eine Person einen Asylantrag gestellt hat, löst bei Rückkehr keine staatlichen Repressionen aus (AA 26.2.2020). In der iranischen Gesetzgebung gibt es kein Gesetz, das die Beantragung von Asyl im Ausland strafbar macht (Cedoca 30.3.2020). In der Regel dürften die Umstände der Wiedereinreise den iranischen Behörden gar nicht bekannt werden. Trotzdem kann es in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen. Bisher wurde kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden (AA 26.2.2020). Allerdings gibt es zum Thema Rückkehrer nach wie vor kein systematisches Monitoring, das allgemeine Rückschlüsse auf die Behandlung von Rückkehrern zulassen würde. In Einzelfällen konnte im Falle von Rückkehrern aus Deutschland festgestellt werden, dass diese bei niederschwelligem Verhalten und Abstandnahme von politischen Aktivitäten, mit Ausnahme von Einvernahmen durch die iranischen Behörden unmittelbar nach der Einreise, keine Repressalien zu gewärtigen hatten. Allerdings ist davon auszugehen, dass Rückkehrer keinen aktiven Botschaftskontakt pflegen, der ein seriöses Monitoring ihrer Situation zulassen würde. Auch IOM Iran, die in Iran Unterstützungsleistungen für freiwillige Rückkehrer im Rahmen des ERIN-Programms anbietet, unternimmt ein Monitoring nur hinsichtlich der wirtschaftlichen Wiedereingliederung der Rückkehrer, nicht jedoch im Hinblick auf die ursprünglichen Fluchtgründe und die Erfahrungen mit Behörden nach ihrer Rückkehr. Australien zahlt Rückkehrhilfe an eine bislang überschaubare Gruppe an freiwilligen Rückkehrern in Teheran in Euro aus (ÖB Teheran 10.2020).

Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, können von den iranischen Auslandsvertretungen ein Passersatzpapier bekommen und nach Iran zurückkehren. Eine Einreise ist lediglich mit einem gültigen iranischen Reisepass möglich. Die iranischen Auslandsvertretungen sind angewiesen, diesen jedem iranischen Staatsangehörigen auf Antrag auszustellen (AA 26.2.2020).

Iranische Flüchtlinge im Nordirak können offiziell nach Iran zurückkehren. Dafür werden iranische Identitätsdokumente benötigt. Wenn Personen diese Dokumente nicht besitzen, können sie diese beantragen. Für die Rückkehr nach Iran braucht man eine offizielle Erlaubnis des iranischen Staates. Die Rückkehr wird mit den Behörden von Fall zu Fall verhandelt. Iranische Rückkehrer, die nicht aktiv kurdische Oppositionsparteien, wie beispielsweise die KDPI oder Komala unterstützen, werden nicht direkt von den Behörden ins Visier genommen werden. Sie können aber durchaus zu ihrem Leben im Nordirak befragt werden. Der Fall kann aber anders aussehen, wenn Rückkehrer Waffen transportiert haben, oder politisch aktiv sind und deshalb Strafverfolgung in Iran riskieren. Die Rückkehr aus einem der Camps in Nordirak kann als Zugehörigkeit zu einer der kurdischen Oppositionsparteien gedeutet werden und deshalb problematisch sein (DIS/DRC 23.2.2018).

In Bezug auf Nachkommen von politisch aktiven Personen wird berichtet, dass es solche Rückkehrer gibt, aber keine Statistiken dazu vorhanden sind. Es ist auch durchaus üblich, dass Personen die Grenze zwischen Irak und Iran überqueren. Auch illegale Grenzübertritte sind weit verbreitet. Nachkommen von politisch aktiven Personen riskieren nicht notwendigerweise Strafverfolgung, wenn sie nach Iran zurückkehren. Ob solch ein Rückkehrer Strafverfolgung befürchten muss, würde von den Profilen der Eltern und wie bekannt diese waren, abhängen. Befragungen durch Behörden sind natürlich möglich, aber wenn sie beweisen können, dass sie nicht politisch aktiv sind und nicht in bewaffneten Aktivitäten involviert waren, wird das Risiko für Repressionen eher gering ausfallen (DIS/DRC 23.2.2018).

Iraner, die im Ausland leben, sich dort öffentlich regime-kritisch äußern und dann nach Iran zurückkehren, können von Repressionen betroffen sein (AA 26.2.2020). Wenn Kurden im Ausland politisch aktiv sind, beispielsweise durch Kritik an der politischen Freiheit in Iran in einem Blog oder anderen Online-Medien, oder wenn eine Person Informationen an die ausländische Presse weitergibt, kann das bei einer Rückreise eine gewisse Bedeutung haben. Die Schwere des Problems für solche Personen hängt aber vom Inhalt und Ausmaß der Aktivitäten im Ausland und auch vom persönlichen Aktivismus in Iran ab (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Verbot der Doppelbestrafung gilt nur stark eingeschränkt. Nach IStGB wird jeder Iraner oder Ausländer, der bestimmte Straftaten im Ausland begangen hat und in Iran festgenommen wird, nach den jeweils geltenden iranischen Gesetzen bestraft. Bei der Verhängung von islamischen Strafen haben bereits ergangene ausländische Gerichtsurteile keinen Einfluss. Insbesondere bei Betäubungsmittelvergehen drohen drastische Strafen. In jüngster Vergangenheit sind keine Fälle einer Doppelbestrafung bekannt geworden (AA 26.2.2020).

2. Beweiswürdigung:

Neben den Verwaltungs- und Gerichtsakten der Beschwerdeführer wurde Beweis erhoben durch Einsicht in die Verwaltungs- und Gerichtsakten des ehemaligen Lebensgefährten der Erstbeschwerdeführerin und Vater der minderjährigen Beschwerdeführer römisch 40 (hg. Zl. W235 römisch 40 ).

2.1. Zu den Beschwerdeführern:

2.1.1. Die Feststellungen zu den Beschwerdeführern, zu ihren familiären Verhältnissen zueinander, zu ihrer Staatsangehörigkeit, zu den Wohnorten und den Familienangehörigen der Erstbeschwerdeführerin im Iran und zum regelmäßigen Kontakt zu ihrer Mutter und zu ihrer Halbschwester, zur Ausreise aus dem Iran sowie zum weiteren Reiseweg ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem bezüglich dieser Feststellungen widerspruchsfreien und daher glaubhaften Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin im gesamten Verfahren. Ebenso gründen die Feststellungen zur ersten Ehe der Erstbeschwerdeführerin, zu ihrer minderjährigen Tochter aus dieser Ehe und zu ihrer Scheidung auf den Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht. Auch dass die Erstbeschwerdeführerin keinen Kontakt zu ihrem schon jahrelang von ihrer Mutter getrennt lebenden Vater hat, basiert auf ihren Aussagen in der mündlichen Verhandlung. Ferner ist für die zuständige Einzelrichterin auch kein Grund erkennbar, weshalb diese Angaben unwahr sein sollten, zumal diese das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin zu ihrer behaupteten Bedrohungssituation nicht stützen. Darüber hinaus ergeben sich die Feststellungen zur unrechtmäßigen Einreise der Erstbeschwerdeführerin in das österreichische Bundesgebiet und zur Stellung ihres Antrags auf internationalen Schutz aus dem Akteninhalt.

Betreffend die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin mit Herrn römisch 40 eine sogenannte „Ehe auf Zeit“ schloss, folgt das Bundesverwaltungsgericht den diesbezüglichen Angaben von Herrn römisch 40 in dessen Verfahren und nicht dem gegenteiligen Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, sie seien niemals verheiratet gewesen. Diesbezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch ihr ehemaliger Lebensgefährte während des gesamten Verfahrens – vor dem Bundesamt und auch im Beschwerdeverfahren – vorbrachten, miteinander verheiratet zu sein. Weder das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl noch das Bundesverwaltungsgericht hatten Zweifel an dieser Angabe bis die Erstbeschwerdeführerin – nach Erhalt der Ladung für die mündliche Verhandlung am 28.04.2021 – erstmals behauptete niemals mit Herrn römisch 40 verheiratet gewesen zu sein. Herr römisch 40 gab zu dieser Behauptung in seiner mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 an, dass er mit der Erstbeschwerdeführerin eine sogenannte „Zeit-Ehe“ geschlossen habe, die jedoch kein Enddatum gehabt habe. Dies hätten sie getan, da die Erstbeschwerdeführerin schon einmal verheiratet gewesen sei, aus dieser Ehe eine Tochter stamme und sie Angst gehabt hätten, ihr Ex-Mann könne ihr die Tochter wegnehmen, wenn er von einer zweiten Eheschließung erfahren würde. So seien sie zwar vor den iranischen Behörden verheiratet, aber die „Zeit-Ehe“ werde nicht in die Geburtsurkunde eingetragen und es gebe auch keine große Feier, sodass der Ex-Mann nicht so einfach Kenntnis von der Eheschließung zwischen der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 erlangen könnte. Ferner gab Herr römisch 40 an, dass es sich bei der „Zeit-Ehe“ um eine traditionelle Ehe im iranischen Staat handle und daher habe er vor dem Bundesamt auch gesagt, sie seien verheiratet. Dieses Vorbringen ist für das Bundesverwaltungsgericht schlüssig und nachvollziehbar. Hingegen sind die diesbezüglichen Angaben der Erstbeschwerdeführerin nicht glaubhaft. Wie erwähnt gab die Erstbeschwerdeführerin (wie auch ihr ehemaliger Lebensgefährte Herr römisch 40 ) während des gesamten Verfahrens bis wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 an, dass sie verheiratet seien, wobei kein Zweifel an der Richtigkeit dieser Angabe bestand. In ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 05.10.2016 gab sie diesbezüglich an, dass ihre Ehe am römisch 40 1392 (= römisch 40 2013) in Teheran am Standesamt im Bezirk römisch 40 geschlossen worden sei. Die Erstbeschwerdeführerin habe die Obsorge über ihre Tochter aus erster Ehe bis zu deren 9. Lebensjahr erhalten, wobei die Bedingung gewesen sei, wenn sie wieder heirate, bekomme ihr Ex-Mann die Obsorge. Daher habe sie versucht, die Verehelichung geheim zu halten, aber ihr Ex-Mann sei dahinter gekommen und habe ihre Tochter ca. eine Woche vor der Ausreise abgeholt und nicht wieder zurückgebracht. Diese Aussagen entsprechen im Wesentlichen jenen, die auch Herr römisch 40 getätigt hat. Hingegen ist die Begründung für die nach sechs Jahren erfolgte Änderung ihrer Aussage für das Bundesverwaltungsgericht weder glaubhaft noch nachvollziehbar. In der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 brachte die Erstbeschwerdeführerin diesbezüglich vor, sie habe vor den österreichischen Behörden angegeben, mit Herrn römisch 40 verheiratet zu sein, da dessen Schwester, die in Österreich lebe, gesagt habe, das sei besser. Abgesehen davon, dass Herr römisch 40 bestreitet, dass seine Schwester einen derartigen Rat gegeben haben soll, ist auch die weitere Erklärung der Erstbeschwerdeführerin, sie sei mit iranischen Gesetzen aufgewachsen und wisse, dass die Steinigung drohe, wenn ein uneheliches Kind entstehe, nicht überzeugend. Zum einen erklärt dies nicht, warum sie in Österreich angibt, verheiratet zu sein, wenn im Iran die Steinigung droht und zum andern ist nicht plausibel, dass sie eben im Iran nicht geheiratet haben will, wenn ebendort die Steinigung droht. Auch das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, sie habe ein Problem mit der islamischen Eheschließung, da die „Zeit-Ehe“ nur dazu da sei, dass sich die Frau an den Mann verkaufe, damit sie vergewaltigt werden könne, ist vor dem Hintergrund der Angabe von Herrn römisch 40 , die „Zeit-Ehe“ sei ohne Enddatum geschlossen worden, nicht plausibel. Auch vor dem Hintergrund der Verhältnisse im Iran und aufgrund des Umstandes, dass die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 von April 2013 bis zur Ausreise – sohin ca. zwei Jahre – gemeinsam in der Wohnung der Erstbeschwerdeführerin, wo auch ihre Tochter aus erster Ehe lebte, gewohnt haben, ist das Vorbringen ihres ehemaligen Lebensgefährten, sie hätten eine „Ehe auf Zeit“ geschlossen, nachvollziehbarer und glaubhafter als die – nach ca. sechsjähriger Verfahrensdauer plötzlich geänderte – Angabe der Erstbeschwerdeführerin, es habe nie eine Eheschließung gegeben. Letztlich ist in Zusammenhang mit den Angaben der Erstbeschwerdeführerin betreffend eine Eheschließung (bzw. Nicht-Eheschließung) auf einen weiteren Widerspruch in ihren Aussagen zu verweisen. So gab sie in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 05.10.2016 an, es gebe eine Heiratsurkunde, die sich in ihrem Haus im Iran befinde. Hingegen erwiderte sie in der Verhandlung am 29.06.2021 auf Vorhalt der Angaben von Herrn römisch 40 zur „Ehe auf Zeit“, man solle ihn fragen, wo der „offizielle Zettel“ für die Zeiteheschließung sei. Auf Vorhalt, sie selbst habe vor dem Bundesamt gesagt, dass ihre Heiratsurkunde im Iran sei, führte die Erstbeschwerdeführerin aus, sie habe gelogen, weil ihr das von der Schwester von Herrn römisch 40 so gesagt worden sei. Lediglich der Vollständigkeit halber wird angemerkt, dass eine „Ehe auf Zeit“ der österreichischen Rechtsordnung bzw. dem „ordre public“ widerspricht und daher die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 in gegenständlichem Verfahren nicht als (ehemalige) Ehepartner, sondern als (ehemalige) Lebensgefährten geführt werden.

Die Feststellung, dass die „Ehe auf Zeit“ am römisch 40 2013 geschlossen wurde, gründet auf folgenden Überlegungen: Übereinstimmend gaben die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 mehrfach im Verfahren an, dass sie seit 1392 [= 2013] gemeinsam in der Wohnung der Erstbeschwerdeführerin (mit ihrer Tochter aus erster Ehe) in römisch 40 gelebt hätten. Wie oben erwähnt ist vor dem Hintergrund der Verhältnisse im Iran bzw. der Haltung des iranischen Staates zu außerehelichen Lebensgemeinschaften nachvollziehbar, dass die Ehe (auf Zeit) zu diesem Zeitpunkt geschlossen wurde. Weiters ist einer undatierten Stellungnahme des Standesamtes römisch 40 als Datum der Eheschließung in Teheran der römisch 40 2013 zu entnehmen. Auch in der im Wege der damaligen ausgewiesenen Vertretung erhobenen Beschwerde wurde darauf verwiesen, dass die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 am römisch 40 2013 geheiratet und dies auch immer so angegeben hätten. In ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 05.10.2016 gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie Herrn römisch 40 gegen Ende 1391 [= 2012] kennengelernt und am römisch 40 1392 [= römisch 40 2013] in Teheran im Bezirk römisch 40 geheiratet habe. Während die Erstbeschwerdeführerin im Zuge der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 nunmehr vorbrachte, mit Herrn römisch 40 nicht verheiratet zu sein, sondern dies nur vor der österreichischen Behörde angegeben zu haben, gab Herr römisch 40 vor dem Bundesverwaltungsgericht wiederum widersprüchlich zum Hochzeitsdatum römisch 40 2013 an, im Jahr 1394 [= 2015] in Teheran in der Straße römisch 40 mit der Erstbeschwerdeführerin eine „Zeit-Ehe“ geschlossen zu haben. Allerdings lässt sich das Eheschließungsdatum römisch 40 2015 nicht mit dem weiteren Akteninhalt in Einklang bringen. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass nach den übereinstimmenden Angaben der Erstbeschwerdeführerin und ihres ehemaligen Lebensgefährten diese „vor ca. einem Monat“ den Iran verlassen hätten. Bei Zugrundelegung des Datums der Erstbefragung (13.05.2015) war das Mitte April 2015. Hinzu kommt, dass sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch Herr römisch 40 aussagten, dass die Familie von Herrn römisch 40 mit der Eheschließung nicht einverstanden gewesen sei, da die Erstbeschwerdeführerin geschieden sei. In seiner mündlichen Verhandlung am 30.06.2021 gab Herr römisch 40 diesbezüglich an, dass seine Familie mit der Eheschließung nicht einverstanden gewesen sei, aber die Erstbeschwerdeführerin nach der Heirat dann doch als Schwiegertochter angesehen worden sei. Diese führte in der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 aus, dass sie ihrer Familie Herrn römisch 40 schon als ihren Ehemann vorgestellt habe und alle gedacht hätten, sie seien verheiratet. Wenn man davon ausgeht, dass die Familie von Herrn römisch 40 zumindest ein paar Tage Zeit gebraucht hat, um die Erstbeschwerdeführerin als Schwiegertochter zu akzeptierten bzw. dass Herr römisch 40 ihrer Familie wohl auch erst ein paar Tage nach der Eheschließung als Ehemann vorgestellt wurde und der Reiseweg ca. ein Monat betrug, ist das Eheschließungsdatum römisch 40 2015 schlichtweg nicht möglich. Hinzu kommt, dass eine Heiratsurkunde (die behauptetermaßen existiert bzw. existiert hat) im gesamten Verfahren nicht vorgelegt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht geht sohin vom römisch 40 2013 als Datum der Schließung der „Ehe auf Zeit“ aus.

Die Feststellungen zum minderjährigen Zweitbeschwerdeführer und zur minderjährigen Drittbeschwerdeführerin gründen auf den diesbezüglichen Akteninhalten, insbesondere auf den vorgelegten Geburtsurkunden vom römisch 40 .07.2015 und vom römisch 40 .03.2018. Ebenso auf den unbedenklichen Akteninhalten basiert die Feststellung, dass sich die beiden minderjährigen Beschwerdeführer und der ehemalige Lebensgefährte der Erstbeschwerdeführerin (= Vater des Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin) als Asylwerber in Österreich aufhalten und im Verfahren des ehemaligen Lebensgefährten mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag eine inhaltlich gleichlautende Entscheidung getroffen wurde.

2.1.2. Die Erstbeschwerdeführerin wurde im gegenständlichen Verfahren im Zuge der mündlichen Verhandlung ausführlich zu ihren Ausreisegründen befragt, es ist ihr jedoch nicht gelungen, mit ihrem Vorbringen eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen. Dies aus folgenden Gründen:

Betreffend das generelle Aussageverhalten der Erstbeschwerdeführerin bzw. ihre Glaubwürdigkeit ist auf einen Abschlussbericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich an die Staatsanwaltschaft römisch 40 vom römisch 40 .08.2017 zu verweisen. Dieser Bericht bezieht sich auf einen Polizeieinsatz vom römisch 40 .08.2017 aufgrund eines Familienstreits zwischen der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 , wobei Herr römisch 40 angab, dass die Erstbeschwerdeführerin an einer psychischen Erkrankung leide. Daher wurde im Zuge dieses Polizeieinsatzes eine Amtsärztin hinzugezogen, der gegenüber die Erstbeschwerdeführerin erwähnte, dass es eine gängige Methode unter Asylwerbern sei, eine psychische Krankheit vorzutäuschen, um einer eventuellen Abschiebung zu entgehen. Auch sie selbst habe nicht wirklich eine psychische Krankheit, sondern sei damals nur über die Situation traurig gewesen. Ein solches Aussageverhalten ist wohl ein deutliches Indiz dafür, dass die Erstbeschwerdeführerin keine Probleme damit hat, falsche Angaben zu tätigen, um sich selbst Vorteile im Verfahren zu verschaffen. Auch war sie nicht in der Lage, den diesbezüglichen Vorhalt in der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 zu entkräften. Die Erstbeschwerdeführerin gab lediglich ausweichend an, „zu Beginn“ sei es ihr nicht gut gegangen. Sie sei schwanger gewesen und habe auch Geburtsdepressionen gehabt. Es stimme nicht, dass sie zu der Amtsärztin gesagt habe, dass sie gar nicht psychisch krank sei. Allerdings ist für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund ersichtlich, warum die Amtsärztin eine solche Aussage der Erstbeschwerdeführerin festhalten sollte, wenn diese nicht getätigt wurde. Auch lässt sich dem Abschlussbericht kein Hinweis auf ein etwaiges Missverständnis entnehmen, sodass das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass die Erstbeschwerdeführerin diese Aussage sehr wohl getätigt hat.

Auffallend ist, dass die Erstbeschwerdeführerin mehrfach unterschiedliche Ausreisegründe nannte. So gab sie in ihrer Erstbefragung an, dass sie eine Anhängerin von römisch 40 und aktiv für ihn tätig gewesen sei. Leute, die mit ihr zusammen gearbeitet hätten, seien gefangen genommen worden und sie habe Angst, dass ihr dasselbe widerfahren könne. Hingegen brachte die Erstbeschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 11.08.2015 vor, dass Bindungen zu Österreich bestünden, da Herr römisch 40 im Iran für die Firmen römisch 40 und römisch 40 gearbeitet habe. Daher hätten sich die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 dazu entschieden, vom Iran nach Österreich zu gehen. Wieder andere Fluchtgründe nannte die Erstbeschwerdeführerin gegenüber einer Ärztin im Zuge der Untersuchung zur gutachterlichen Stellungnahme im Zulassungsverfahren. Dieser gutachterlichen Stellungnahme vom römisch 40 .09.2015 ist zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin zu ihrem Ausreisegrund vorbrachte, sie sei bei christlichen Gebeten dabei gewesen, da sie das interessiert und beruhigt habe. Ihre Tochter aus erster Ehe habe dies ihrem Vater berichtet und daher habe sie nach der Scheidung und der neuerlichen Eheschließung [Anm.: mit Herrn römisch 40 ] Probleme bekommen. Hingegen gab sie in der folgenden Einvernahme vor dem Bundesamt am 05.10.2016 an, dass sie Flugblätter zur Freilassung von römisch 40 verteilen hätten wollen und sich zu diesem Zweck in der Wohnung der Erstbeschwerdeführerin mit ihrer Mutter, ihrer Schwester, deren Kind und anderen Freunden treffen hätten wollen. Als sie in der Nähe des Hauses gewesen seien, hätten sie zwei Autos der Sicherheitskräfte gesehen sowie, dass die Mutter, die Schwester und deren Kind zu einem der Fahrzeuge gebracht worden seien. Als sie das gesehen hätten, seien sie umgekehrt und zu einem Freund von Herrn römisch 40 gefahren, der dann die Ausreise organisiert habe. Einen wieder anderen Ausreisegrund nannte die Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021. In Zusammenhang mit dem Widerspruch zwischen ihren nunmehrigen Angaben und jenen von Herrn römisch 40 betreffend die Schließung einer sogenannten „Ehe auf Zeit“ brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass der Grund für die Ausreise aus dem Iran gewesen sei, dass sie unehelich schwanger gewesen sei und daher habe weggehen müssen, da sie keine Beweise oder Unterlagen habe, die darlegen würden, dass sie mit Herrn römisch 40 verheiratet sei und dies sei im Iran höchst strafbar. Auf Vorhalt, dass sie vor dem Bundesamt ausgesagt habe, dass es eine Heiratsurkunde gebe, gab die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.04.2021 an, dass ihre Ausreise nicht geplant gewesen sei. Sie habe den Iran verlassen müssen, weil sie Probleme gehabt habe, die sich auf ihre uneheliche Schwangerschaft bezogen hätten, die im Iran verboten sei. Sonst habe sie im Iran alles gehabt. Andere Ausreisegründen – insbesondere in Zusammenhang mit einer Anhängerschaft zu römisch 40 – erwähnte die Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 nicht. Auch eingangs der Verhandlung am 29.06.2021 führte die Erstbeschwerdeführer aus – wieder in Zusammenhang mit Widersprüchen betreffend die „Ehe auf Zeit“ -, dass einer der Hauptgründe für die Flucht gewesen sei, dass sie von Herrn römisch 40 schwanger gewesen sei und dies im Iran ein Verbrechen sei. Erst als die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht am 29.06.2021 konkret nach ihren Fluchtgründen gefragt wurde, brachte sie vor, dass sie an dem Tag als sie mit Herrn römisch 40 Plakate habe abholen wollen, gesehen habe, dass Autos vom Geheimdienst vor ihrer Wohnung gestanden hätten. Der Sohn ihrer Schwester habe ihr eine SMS geschickt, dass sie nicht nach Hause kommen solle und habe die Erstbeschwerdeführerin dann gesehen, wie ihr Neffe und ein paar Mitglieder [Anm.: von römisch 40 ] rausgebracht worden seien. Dann habe Herr römisch 40 Gas gegeben und seinen Freund römisch 40 angerufen.

Nicht nur, dass die Erstbeschwerdeführerin mehrfach vollkommen verschiedene Ausreisegründe nannte, was sie nicht nachvollziehbar aufklären konnte, finden sich auch Widersprüche in ihrem Vorbringen betreffend ihre Mitgliedschaft bei römisch 40 bzw. ihre Anhängerschaft zu Dr. römisch 40 . Vorauszuschicken ist in diesem Zusammenhang, dass es das Bundesverwaltungsgericht durchaus für möglich hält, dass die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 Anhänger der römisch 40 bzw. von römisch 40 waren, da beide in der Lage waren, wesentlich Punkte dieser Lehre zu nennen bzw. zu erläutern. Eine daraus resultierende persönliche und aktuell drohende Verfolgungsgefahr konnten allerdings weder die Erstbeschwerdeführerin noch Herr römisch 40 glaubhaft machen.

Zunächst ist auf die Angabe der Erstbeschwerdeführerin in ihrer Erstbefragung zu verweisen, wo sie vorbrachte, die Leute, die mit ihr zusammen gearbeitet [gemeint: für die römisch 40 ] hätten und mit ihr in einer Gruppe gewesen seien, seien gefangen genommen worden. Mit keinem Wort erwähnte die Erstbeschwerdeführerin, dass es sich bei den „Leuten“ (unter anderem) auch um ihre Mutter und ihre Schwester gehandelt haben soll. Dies gab sie erst in der Einvernahme vom 05.10.2016 an. Hier brachte sie vor, dass sie gesehen habe, dass ihre Mutter, ihre Schwester und deren Kind zu einem der Fahrzeuge der Sicherheitskräfte gebracht worden seien. Hingegen führte sie in der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2021 aus, dass sie gesehen habe, dass ihr Neffe und „ein paar Mitglieder“ rausgebracht worden seien. Erst auf Vorhalt, dass sie vor dem Bundesamt ausgesagt habe, dass auch ihre Mutter und ihre Schwester festgenommen worden seien, gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass diese auch festgenommen und eine bis zwei Wochen festgehalten worden seien. Anzumerken ist, dass die Erstbeschwerdeführerin sohin drei verschiedene Versionen vorbrachte, wer bzw. welche Personengruppen von den Sicherheitskräften rausgebracht bzw. mitgenommen wurden, was gegen die Glaubwürdigkeit dieses Vorbringens spricht. Hinzu kommt, dass die Erstbeschwerdeführerin – wären tatsächlich ihre Mutter und ihre Schwester von den Sicherheitskräften mitgenommen worden – dies wohl von sich aus und auch schon bei der Erstbefragung erwähnt hätte.

Erstmals in der mündlichen Verhandlung am 29.06.2021 brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, dass sie von ihrem Neffen per SMS gewarnt worden sei, dass sie nicht nach Hause kommen solle. Dass die Erstbeschwerdeführerin diese SMS – die ja erklären würde, warum sie und Herr römisch 40 offenbar unbemerkt von den Sicherheitskräften bzw. vom Geheimdienst weiterfahren konnten – nicht schon in einer der früheren Einvernahmen erwähnt hat, ist nicht nachvollziehbar, wobei hinzu kommt, dass Herr römisch 40 selbst diese SMS nicht bemerkt hat, sondern auf diesbezüglichen Vorhalt vor dem Bundesverwaltungsgericht lediglich angab, er wisse nicht, ob die Erstbeschwerdeführerin gewarnt worden sei.

Ferner ist auf einen weiteren Widerspruch im Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin betreffend den Verbleib ihrer Tochter im Iran zu verweisen. So gab sie in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 11.08.2015 an, da der iranische Geheimdienst ihr Haus aufgesucht habe, habe sie ihre Tochter bei ihrem Ex-Mann gelassen und sei mit Herrn römisch 40 (in dieser Einvernahme als „jetziger Ehemann“ bezeichnet) ausgereist. Hingegen brachte sie in der Einvernahme vom 05.10.2016 vor, sie habe zwar versucht ihre Verehelichung (mit Herrn römisch 40 ) geheim zu halten, aber ihr Ex-Mann sei dahinter gekommen und habe ihre Tochter ca. eine Woche vor der Ausreise abgeholt und nicht wieder zurückgebracht.

Aber auch zum Vorbringen von Herrn römisch 40 sind die Angaben der Erstbeschwerdeführerin widersprüchlich. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin (wie auch bei ihrem ehemaligen Lebensgefährten) um durchaus gebildete Personen handelt, wären derartige Widersprüchlichkeiten nicht erklärbar, sollte das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin den Tatsachen entsprechen.

Auch wenn die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 ihre Ausreisegründe ähnlich schilderten, finden sich doch einige wesentliche Widersprüche beim Vergleich ihrer Aussagen, die ein deutliches Zeichen dafür sind, dass die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 ihre Fluchtgeschichten zwar zunächst aufeinander abgestimmt, jedoch in der Folge, insbesondere nach ihrer Trennung, nicht mehr darauf geachtet haben, was wohl zu den Widersprüchen in ihren Angaben geführt hat. Die Erstbeschwerdeführerin sprach vor dem Bundesamt von ihrer Mutter, ihrer Schwester und lediglich einem Kind, die zu einem der Fahrzeuge gebracht worden seien und gab auch in der mündlichen Verhandlung an, dass sie gesehen habe, wie der Geheimdienst ihren Neffen und „ein paar Mitglieder“ rausgebracht hätten. Hingegen gab Herr römisch 40 sowohl vor dem Bundesamt als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass seine Schwiegermutter, seine Schwägerin und deren beide Kinder bzw. Söhne in ein Auto gesetzt worden seien. Aber auch betreffend den Freund von Herrn römisch 40 , römisch 40 , der ihnen bei der Ausreise geholfen haben soll, finden sich Widersprüche. So brachte Herr römisch 40 vor, dass römisch 40 kein Mitglied von römisch 40 gewesen sei, aber seine Frau. Widersprüchlich hierzu gab die Erstbeschwerdeführerin allerdings an, dass römisch 40 auch bei der Gruppe römisch 40 dabei gewesen sei und seine Frau sogar damals bei der (fluchtauslösenden) Sitzung in der Wohnung der Erstbeschwerdeführerin gewesen und auch festgenommen worden sei.

Ebenso gründet die Negativfeststellung, es wird nicht festgestellt, dass die Erstbeschwerdeführerin eine führende Position in der Gruppe „ römisch 40 “ hatte bzw. dort als Lehrende bzw. als „Master“ tätig war, auf dem Umstand, dass die diesbezüglichen Angaben der Erstbeschwerdeführerin widersprüchlich und zum Teil auch nicht nachvollziehbar waren. Anzuführen ist in diesem Zusammenhang, dass die Erstbeschwerdeführerin im Verfahren mehrfach die Lehre römisch 40 mit dem Christentum in Zusammenhang bringt. Beispielsweise gab sie in ihrer Einvernahme vom 05.10.2016 an, dass römisch 40 die Hauptelemente des Christentums in „diesen Rahmen“ verpackt und im Iran verbreitet habe. Auch vor dem Bundesverwaltungsgericht führte sie aus, dass von römisch 40 auf die Sicht zum Christentum hingedeutet und ein Teil des Christentums herausgenommen werde. Gemäß dem (auch in der Beschwerde zitierten) Bericht der schweizerischen Flüchtlingshilfe wird römisch 40 zusammengefasst als spirituelle Doktrin oder mystische Weltanschauung beschrieben, die auf einer Verbindung mit der Intelligenz, die das Universum regiert, basiert. Die Einsichten von römisch 40 entsprechen ferner dem Rahmen des iranischen Sufismus, der die mystischen Konzepte sowohl in der Theorie als auch in der Praxis in Bezug auf alle Menschen untersucht. Die praktische Seite basiert darauf eine Verbindung zu den verschiedenen Kreisen des kosmischen Bewusstseins herzustellen, durch die sich ein ganzer Pfad von Erforschung und Transformation öffnet und im täglichen Leben anwendbar wird. Die Anhänger glauben daran, dass das Universum eine qualitative und eine quantitative Seite hat. Sie glauben, dass ein großer Teil der Existenz mit Dingen in Verbindung steht, die „hinter dem Vorhang“ passieren. Ihrer Vorstellung nach ist römisch 40 der Weg diesen Vorhang zu öffnen. Ein Bezug zum Christentum bzw. eine Annäherung an das Christentum – wie von der Erstbeschwerdeführerin erwähnt – findet sich weder in diesem Bericht noch in anderen Quellen zur römisch 40 , was die Erstbeschwerdeführerin hätte wissen müssen, wäre sie tatsächlich ein Master dieser Lehre. Widersprüchlich sind auch die Angaben der Erstbeschwerdeführerin betreffend den Beginn ihrer behaupteten Ausbildung zum Master. In ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt am 05.10.2016 gab sie zunächst an, sie habe 1384 (= 2005) das erste Seminar gemacht, um in weiterer Folge derselben Einvernahme vorzubringen, dass sie 1386 (= 2007) das erste Seminar gemacht habe. Hinzu kommt, dass die Erstbeschwerdeführerin kein offensichtliches Interesse daran hat, in Österreich weiter nach dieser Lehre zu leben bzw. Kontakt zu römisch 40 Gruppen aufzunehmen, was nicht nachvollziehbar ist, sollte sie tatsächlich die (ihrem Vorbringen zufolge) vierjährige Ausbildung zum Master gemacht haben. Vor dem Bundesamt gab die Erstbeschwerdeführerin an, dass sie in Österreich ihre mystische Überzeugung nicht praktiziere, weil sie keinen Internetzugang habe und es finanziell nicht möglich sei. In der mündlichen Verhandlung gab sie zwar an, in sieben Monaten an zwei „ römisch 40 Zoom-Meetings“ teilgenommen zu haben, beantwortete jedoch die Frage, was sie in Österreich in dieser Organisation mache, ausweichend dahingehend, dass sie nicht die finanziellen Mittel hätte, um nach Wien zu fahren und darüber hinaus viel in ihrem Privatleben passiert sei. Aus all diesen Gründen kommt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, die Behauptung der Erstbeschwerdeführerin, ein „Master“ von römisch 40 gewesen zu sein, eine Scheinbehauptung darstellt, um ihrer Fluchtgeschichte einen weiteren Gefährdungsaspekt hinzuzufügen. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht an dieser Stelle nicht, dass die Erstbeschwerdeführerin in der Lage war das Aussehen des Masterdiploms der römisch 40 vor dem Bundesamt zu beschreiben, was allerdings nicht den alleinigen Schluss zulässt, dass sie dieses Diplom auch tatsächlich selbst erlangt hat, zumal – ihren eigenen Angaben zufolge – ihre Schwester ein Master der römisch 40 ist.

Wie bereits eingangs festgehalten, hält es das Bundesverwaltungsgericht nicht für ausgeschlossen, dass die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 Anhänger der römisch 40 bzw. von römisch 40 waren, erachtet es jedoch als nicht glaubhaft, dass die Erstbeschwerdeführerin (und Herr römisch 40 ) aufgrund der Teilnahme an Sitzungen bzw. Seminaren der Gruppe „ römisch 40 “ vom iranischen Geheimdienst gesucht bzw. verfolgt wurden. Diesbezüglich ist auf die obige Beweiswürdigung zu verweisen vergleiche hierzu auch die im Rahmen der Beweiswürdigung im Verfahren von Herrn römisch 40 , hg. Zl. W235 römisch 40 , getätigten Ausführungen). Die von der Erstbeschwerdeführerin (und von Herrn römisch 40 ) geschilderten fluchtauslösenden Gründe sind nicht glaubhaft. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass Anhänger von römisch 40 – dass die Erstbeschwerdeführerin ein „Master“ dieser Lehre ist, wurde nicht festgestellt - durchaus ins Visier der iranischen Behörden geraten können, wobei hierbei nicht übersehen werden darf, dass römisch 40 im April 2019 von den iranischen Behörden freigelassen wurde und den Iran verlassen durfte. Sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch Herr römisch 40 gaben in ihren jeweiligen Verfahren an, dass sie sich für die Freilassung von römisch 40 eingesetzt hätten und auch mit Plakaten sowie Broschüren um seine Freilassung „gerufen“ hätten. Die Erstbeschwerdeführerin gab vor dem Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich an, dass dies keine Demonstration im engeren Sinn gewesen sei, sondern man habe sich auf der Straße getroffen, in Ecken versammelt und Transparente hochgehalten. Dies sei untersagt gewesen. Obwohl die Erstbeschwerdeführerin und ihr damaliger Lebensgefährte an derartigen Kundgebungen teilgenommen haben, wurden sie im Zuge dieser Veranstaltungen niemals von den iranischen Behörden angehalten, mitgenommen bzw. befragt oder festgenommen. Ein derartiges Vorbringen wurde nicht einmal im Ansatz erstattet. Sohin ist wohl ersichtlich, dass der Erstbeschwerdeführerin (und Herrn römisch 40 ) aufgrund ihrer Anhängerschaft zu römisch 40 bzw. zur Gruppe römisch 40 im Iran nicht die Gefahr einer Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit droht, zumal – wie erwähnt – römisch 40 selbst bereits vor fast drei Jahren freigelassen wurde. Hinzu kommt, dass die Mutter und die Schwester - die den Angaben der Erstbeschwerdeführerin zufolge - ein Master von römisch 40 ist – vollkommen unbehelligt im Iran leben können. Sowohl vor dem Bundesamt als auch in ihrer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gab die Erstbeschwerdeführerin betreffend ihre Schwester und ihre Mutter an, dass ihre Mutter in ihrer neuen Unterkunft nicht belästigt worden sei und es auch keine Vorfälle mit ihren Geschwistern gegeben habe sowie, dass ihre Mutter und ihre Schwester keine Probleme im Iran hätten, weil sie Anhänger von römisch 40 seien, da sie nicht aktiv seien. Zur weiteren Begründung, die Mutter und die Schwester der Erstbeschwerdeführerin seien deshalb nicht gefährdet, weil die fluchtauslösende Sitzung in der Wohnung der Erstbeschwerdeführerin stattgefunden habe und die Mutter sowie die Schwester gesagt hätten, dass sie nur zu Besuch gewesen seien, ist darauf zu verweisen, dass das Bundesverwaltungsgericht die von der Erstbeschwerdeführerin geschilderte Situation aufgrund mehrfacher Widersprüche für nicht glaubhaft erachtet und daher nicht davon ausgeht, dass diese Sitzung, bei der der Geheimdienst angeblich erschienen sein soll, tatsächlich stattgefunden hat.

Zusammengefasst ist sohin auszuführen, dass die von der Erstbeschwerdeführerin geschilderte fluchtauslösende Situation aufgrund von Widersprüchen (auch zum Vorbringen ihres ehemaligen Lebensgefährten) nicht glaubhaft ist. Ebenso wenig glaubhaft ist, dass die Erstbeschwerdeführerin eine führende Position in Form einer Lehrenden bzw. eines Masters in der Gruppe „ römisch 40 “ hatte. Allein der Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin vor ihrer Ausreise aus dem Iran an Sitzungen bzw. Seminaren von römisch 40 teilgenommen hat, begründet keine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung, zumal – wie erwähnt – die Mutter und die Schwester der Erstbeschwerdeführerin, ebenfalls Anhängerinnen von römisch 40 , von den iranischen Behörden vollkommen unbehelligt im Iran leben können. Lediglich ergänzend ist diesbezüglich auf eine Entscheidung des (deutschen) Verwaltungsgerichtes Würzburg vom 30.09.2015, W6K 15.30435, zu verweisen, das auf der Basis einer Stellungnahme des deutschen Auswärtigen Amtes vom 18.03.2015 ausführt, dass nicht für alle Mitglieder der römisch 40 die gleiche Verfolgungsgefahr bestehe. Gemäß einer Nachfrage bei den Europäischen Vertretungen in Teheran sei darauf zu schließen, dass einfache Mitglieder von römisch 40 nicht verfolgt würden, wobei darauf zu verweisen ist, dass diese Einschätzung der Lage zu einem Zeitpunkt erging, als römisch 40 noch in Haft war. Auch ein COI-Bericht der Dänischen Einwanderungsbehörde aus dem Jahr 2019 zeichnet kein anderes Bild vergleiche weiters VG Würzburg vom 13.11.2017, W8K 17.31790).

Das Bundesverwaltungsgericht übersieht auch nicht, dass die Erstbeschwerdeführerin im Verfahren mehrfach angegeben hat, ohne religiöses Bekenntnis bzw. Atheistin zu sein. Allerdings kann in diesem Zusammenhang nicht festgestellt werden, dass sie wegen eines behaupteten „Abfalls vom islamischen Glaubens“ im Iran einer konkreten Verfolgung ausgesetzt ist bzw. sein wird. In einer Gesamtbetrachtung erweckt das Aussageverhalten der Erstbeschwerdeführerin, insbesondere in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, nicht den Eindruck, dass sie ihren Atheismus bzw. den „Abfall vom Islam“ verinnerlicht hat. Wie bereits erwähnt engagiert sich die Erstbeschwerdeführerin in Österreich nicht in der römisch 40 und hat – abgesehen von der Teilnahme an zwei „Zoom-Meetings“ - sich nicht mehr mit dieser Lehre befasst bzw. praktiziert – ihren eigenen Angaben zufolge – diese mystische Überzeugung in Österreich schon seit einigen Jahren nicht, sodass es ihr zumutbar ist, hierauf auch bei einer Rückkehr in den Iran zu verzichten bzw. auch nicht mehr an Sitzungen und/oder Seminaren der römisch 40 teilzunehmen. Ferner ist den Angaben der Erstbeschwerdeführerin nicht zu entnehmen, dass sie ihren Atheismus tatsächlich – im Sinne einer „Verinnerlichung“ – lebt. In der mündlichen Verhandlung vom 28.04.2021 führte sie im Rahmen der Befragung zu ihrer nunmehr vorgebrachten Angabe, sie sei niemals mit Herrn römisch 40 verheiratet gewesen, auf Vorhalt, nach einem ca. eineinhalbjährigen Aufenthalt in Österreich hätte sie wissen müssen, dass es in Österreich egal sei, ob man verheiratet sei, wenn man ein Kind bekomme, zumal sie keine gläubige Moslemin sei, aus, dass wenn man als Iranerin sage, dass man nicht geheiratet und uneheliche Kinder bekommen habe, werde man „schief angesehen“ und „anders betrachtet“. Es stimme, dass sie nicht gläubig sei, aber als Mensch halte sie die Vorurteile der iranischen Community nicht aus. Ebenso brachte sie vor, dass die Schwester von Herrn römisch 40 den Zweitbeschwerdeführer als unehelich beschimpft habe und gab auf Vorhalt, wenn sie nicht verheiratet sei, stimme dies wohl, an, das sei in ihrem Kulturkreis ein Schimpfwort und sehr beleidigend. Aufgrund dieser Aussagen und auch aufgrund des persönlichen Eindrucks, den die erkennende Einzelrichterin im Zuge der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte, gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass die Erstbeschwerdeführerin ihren Atheismus nicht derart verinnerlicht hat, dass es ihr bei einer Rückkehr in den Iran nicht zugemutet werden kann, zumindest nach außen „moslemisch“ zu leben. Hinzu kommt, dass die Erstbeschwerdeführerin selbst ein Empfehlungsschreiben vorgelegt hat, in welchem ausgeführt wurde, dass die gesamte Familie moslemischen Glaubens sei. Auf Vorhalt dieses Schreibens in der mündlichen Verhandlung gab die Erstbeschwerdeführerin lediglich an, sie habe gesagt, sie sei in ein moslemische Familie hineingeboren, aber selbst keine Moslemin. Diese Angabe überzeugt allerdings nicht, da zum einen die Erstbeschwerdeführerin dieses Schreiben, welches von ihr selbst vorgelegt wurde, nicht von sich aus korrigiert, sondern dieses Vorbringen erst auf Vorhalt erstattet hat und zum anderen ist davon auszugehen, dass jemand, der ein Empfehlungsschreiben für ein Asylverfahren verfasst, die Personen, die dieses Schreiben betrifft, wohl gut kennt, sodass für die Verfasserin dieses Schreibens feststand, dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin um eine Moslemin bzw. bei der gesamten Familie um eine moslemische Familie handelt. Der Erstbeschwerdeführerin ist es sohin im Gesamtzusammenhang betrachtet nicht gelungen, die erkennende Einzelrichterin von einer verinnerlichten Hinwendung zum Atheismus, dessen Leugnung ihr bei einer Rückkehr in den Iran nicht zugemutet werden kann, zu überzeugen.

Dass die Erstbeschwerdeführerin in Österreich einen nicht-konservativen Kleidungsstil pflegt, wird nicht in Abrede gestellt. Sie konnte jedoch nicht glaubhaft machen, dass sie eine „westliche Lebensweise“ in Österreich angenommen hat, bei deren weiterer Pflege im Herkunftsstaat sie einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre. Diesbezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass ein derartiges Vorbringen weder vor dem Bundesamt noch vor dem Bundesverwaltungsgericht substanziiert erstattet wurde. Ferner ist festzuhalten, dass es der Erstbeschwerdeführerin bereits vor ihrer Ausreise möglich war, eine zwölfjährige Schulausbildung zu absolvieren, die sie mit Matura abschloss. Weiters war sie in unterschiedlichen Berufen tätig; sie hat Damenmode verkauft und Kindergeschichten für einen Radiosender geschrieben. Vor dem Bundesamt gab sie diesbezüglich an, dass sie immer viel gearbeitet habe. Auch konnte sich die Erstbeschwerdeführerin im Iran frei bewegen und (was vom Bundesverwaltungsgericht nicht ausgeschlossen wird) gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer Schwester die Sitzungen und Seminare von römisch 40 besuchen. Aus ihrem Vorbringen konnte auch nicht ersehen werden, dass sich die Erstbeschwerdeführerin von ihrer Lebensführung im Iran seit ihrer Einreise nach Österreich maßgeblich entfernt hat. So hat sie im Rahmen ihres bisherigen fast siebenjährigen Aufenthalts keinen Deutschkurs erfolgreich absolviert und geht derzeit keiner – auch nicht ehrenamtlich – Beschäftigung nach. Ihr Leben in Österreich dreht sich aktuell in erster Linie um Kindererziehung bzw. Kinderbetreuung.

Betreffend die minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer ist anzumerken, dass für diese keine eigenen, glaubhaften Fluchtgründe geltend gemacht wurden. In der mündlichen Verhandlung am 29.06.2021 gab die Erstbeschwerdeführerin als gesetzliche Vertreterin lediglich an, dass diese keinen offiziellen Vater im Iran hätten, der dokumentiert sei. Diesbezüglich wird auf die ausführliche Beweiswürdigung zum Thema „Ehe auf Zeit“ verwiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgestellt, dass zwischen der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 am römisch 40 2013 eine „Ehe auf Zeit“ geschlossen wurde und sohin ein „offizieller Vater“ für die beiden minderjährigen Beschwerdeführer feststeht, wobei hinzu kommt, dass Herr römisch 40 auf den österreichischen Geburtsurkunden der beiden minderjährigen Beschwerdeführer als Vater angeführt ist. Das Bundesverwaltungsgericht zweifelt auch nicht daran, dass Herr römisch 40 bei einer Rückkehr in den Iran seine Vaterschaft zu den beiden während der „Zeit-Ehe“ geborenen Kindern den iranischen Behörden gegenüber bekannt gibt und diese eintragen lässt. Herr römisch 40 gab betreffend den minderjährigen Zweit- und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht an, dass sie in Österreich zur Welt gekommen und nie im Iran gewesen seien. Sie würden den Iran nicht kennen und hätten daher dort auch keine Probleme. Zum Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung, sie wolle auch, dass die Drittbeschwerdeführerin frei und selbstständig leben könne, ist auszuführen, dass die Drittbeschwerdeführerin im Entscheidungszeitpunkt vier Jahre alt ist und einen Kindergarten besucht. Eine „freie und selbstständige“ Lebensführung ist für die Drittbeschwerdeführerin schon aufgrund ihres Alters auch in Österreich nicht möglich und ist nicht ersichtlich, inwiefern sich eine Rückkehr in den Iran auf die aktuelle Lebensführung der Drittbeschwerdeführerin derart auswirken kann, dass diese asylrelevante Intensität erreicht.

2.1.3. Dass bei der Erstbeschwerdeführerin im Jahr 2015 eine posttraumatische Belastungsstörung und eine schwergradige depressive Episode diagnostiziert wurden, ergibt sich aus dem diesbezüglich vorgelegten ärztliche Befundbericht eines Facharztes für Psychiatrie und Neurologie vom römisch 40 .06.2015. Die weitere Feststellung betreffend die Schwangerschaftsdepression vor der Geburt der Drittbeschwerdeführerin gründet auf der diesbezüglichen ärztlichen Bestätigung einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom römisch 40 .12.2017 und wurde ebenso von der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 angeführt. Zur Feststellung des Nichtvorliegens einer diesbezüglichen aktuellen Behandlungsbedürftigkeit wird zunächst auf die obige Beweiswürdigung betreffend die Angabe der Erstbeschwerdeführerin gegenüber einer Amtsärztin vom römisch 40 .08.2017, dass es eine gängige Methode unter Asylwerbern sei, eine psychische Krankheit vorzutäuschen, um einer eventuellen Abschiebung zu entgehen, verwiesen. Hinzu kommt, dass die Erstbeschwerdeführerin seit 2016 keine medizinischen Unterlagen vorgelegt hat und auf den diesbezüglichen Vorhalt in der mündlichen Verhandlung auch angab, dass sie keine Krankheiten habe, sondern die Umstände und die Lebenssituation würden Druck auf sie ausüben. Aus diesem Grund war auch dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Einholung eines fachärztlichen Gutachtens nicht näher zu treten. Die Feststellungen zur Operation an der Schilddrüse der Erstbeschwerdeführerin, zu deren komplikationslosen Verlauf, zur Dauer des stationären Aufenthalts, zur medikamentösen Behandlung sowie zur einmal jährlichen Kontrolle gründen auf den von der Erstbeschwerdeführerin am 28.12.2021 übermittelten medizinischen Unterlagen, insbesondere auf dem Arztbrief vom römisch 40 .12.2021. Aus diesen Unterlagen ergibt sich weiters die Feststellung zur Behandlungsbedürftigkeit. Dass betreffend eines bei der Erstbeschwerdeführerin diagnostizierten gutartigen Tumors im Bereich des Darms rechts ebenso keine Behandlungsbedürftigkeit besteht, basiert auf dem Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin abgesehen von einem ambulanten Arztbrief vom römisch 40 .05.2021 diesbezüglich weder Unterlagen vorgelegt noch ein Vorbringen erstattet hat (auch nicht mit zuletzt eingebrachten Schreiben vom 28.12.2021), sodass davon auszugehen ist, dass diesbezüglich keine weiteren medizinischen und/oder therapeutischen Maßnahmen erforderlich sind.

Die Feststellungen zu den seit Geburt bestehenden Erkrankungen des Zweitbeschwerdeführers (Herzklappeninsuffizienz mit daraus resultierenden Lungenhochdruck, Leistenhoden links, Narbenbruch) gründen auf den diesbezüglich zum Großteil schon im Verfahren vor dem Bundesamt vorgelegten medizinischen Unterlagen (Arztbrief vom römisch 40 .07.2015, Schreiben eines Landesklinikums vom römisch 40 .07.2015, Schreiben einer Praxisgemeinschaft Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde vom römisch 40 .08.2015, ärztliche Bestätigung vom römisch 40 .08.2016). Dass der Zweitbeschwerdeführer aufgrund dieser Erkrankungen nach seiner Geburt am römisch 40 bis zum römisch 40 .07.2015 in stationärer Behandlung war, basiert auf der diesbezüglichen Aufenthaltsbestätigung eines Landesklinikums. Die Feststellung zum weiteren stationären Aufenthalt zwischen römisch 40 .11.2016 und römisch 40 .11.2016 ergibt sich aus dem vorgelegten Ambulanzbrief betreffend die Vorbereitung dieser Operation vom römisch 40 .08.2016. Dass die kognitive Leistungsfähigkeit des Zweitbeschwerdeführers in psychologischer Hinsicht der Altersnorm mit Defiziten im induktiven Denken entspricht, gründet auf dem psychologischen Befund vom römisch 40 .02.2021. Die Feststellung, dass der Zweitbeschwerdeführer aktuell weder Medikamente noch Therapien oder Übungen benötigt sowie dass einmal jährlich eine Kontrolluntersuchung seines Herzens durchgeführt wird, ergibt sich aus den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht am 28.04.2021 und aus dem Umstand, dass darüber hinausgehende bzw. anderslautende Unterlagen nicht vorgelegt wurden (und zwar auch nicht mit aktuellem Schreiben vom 28.12.2021). Aus diesen Gründen war auch dem in der Beschwerde gestellten Antrag auf Einholung eines fachärztlichen Gutachtens betreffend den Zweitbeschwerdeführer nicht näher zu treten, zumal dieser Antrag lediglich unbegründet in den Raum gestellt bzw. nicht einmal ausgeführt wurde, aus welchem Fachgebiet dieses Gutachten eingeholt werden soll.

Ebenso aus den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht ergibt sich die Feststellung, dass die Drittbeschwerdeführerin gesund ist. Daher war im Gesamtzusammenhang die Feststellung zu treffen, dass alle drei Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leiden, die einer Abschiebung in den Iran aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht. Dass alle drei Beschwerdeführer keiner Risikogruppe in Zusammenhang mit COVID-19 angehören, ergibt sich zum einen aus dem Umstand, dass es sich bei ihnen um eine junge, nicht an schwerwiegenden Erkrankungen leidende Personengruppe im Alter von 37, sechseinhalb und fast vier Jahren handelt, die sohin nicht unter die Risikogruppe der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen fällt. Darüber hinaus wurde weder in der mündlichen Beschwerdeverhandlung noch nach der Verhandlung bis zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt ein derartiges Vorbringen erstattet.

Die Feststellungen zu den Familienangehörigen der Erstbeschwerdeführerin sowie zu deren Leben und Beschäftigungen im Herkunftsstaat, zu ihrer (Schul)ausbildung mit Matura im Zweig „Computer“, zu ihren beruflichen Tätigkeiten bzw. beruflichen Erfahrungen im Iran sowie zum Verdienen ihres Lebensunterhalts durch diese beruflichen Tätigkeiten und zum Besitz einer Eigentumswohnung in römisch 40 gründen auf den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin im gesamten Verfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Aus all diesen Angaben der Erstbeschwerdeführerin ergibt sich auch die Feststellung zum Vorliegen einer Existenzgrundlage. Bei der Erstbeschwerdeführerin handelt es sich um eine arbeits- bzw. erwerbsfähige, junge Frau ohne schwerwiegende gesundheitliche Beeinträchtigungen mit einer guten Ausbildung und beruflicher Erfahrung, die zudem über familiäre bzw. soziale Kontakte in ihrem Herkunftsstaat verfügt. Es wird nicht verkannt, dass die Erstbeschwerdeführerin nunmehr Mutter von zwei (weiteren) minderjährigen Kindern im Alter von sechseinhalb und vier Jahren ist, was die Arbeitsuche bzw. Verfestigung am Arbeitsmarkt durchaus erschweren kann, wobei allerdings darauf zu verweisen ist, dass die Erstbeschwerdeführerin vor ihrer Ausreise die Obsorge über ihre damals neunjährige Tochter hatte, die auch bei ihr (und Herrn römisch 40 ) lebte und kein Vorbringen dahingehend erstattet wurde, dass die Kinderbetreuung die Erstbeschwerdeführerin von einer beruflichen Tätigkeit abgehalten und/oder diese erschwert hätte, sondern – im Gegenteil – gab sie vor dem Bundesamt an, dass sie immer viel gearbeitet habe. Ferner ergibt sich aus den Länderfeststellungen, dass die Verhältnisse im Iran nicht das Ausmaß erreichen, um von einer Gefährdung ausgehen zu können, die in den Nahebereich des Artikel 3, EMRK gelangen könnte.

Dass die beiden minderjährigen Beschwerdeführer gemeinsam mit ihren Eltern (Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 ) in den Iran zurückkehren werden und diese sohin im Iran über beide Elternteile verfügen, ergibt sich aus dem gegenständlichen Erkenntnis sowie aus dem Erkenntnis im Verfahren von Herrn römisch 40 vergleiche hg. Zl. W235 römisch 40 ). Die Feststellung zur Aufrechterhaltung des Kontakts zum nicht obsorgeberechtigten Elternteil gründet auf folgenden Überlegungen: Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass das Verhältnis zwischen der Erstbeschwerdeführerin und Herrn römisch 40 angespannt ist, allerdings war für die erkennende Einzelrichterin aufgrund des persönlichen Eindrucks sowohl von der Erstbeschwerdeführerin als auch von Herren römisch 40 in ihren jeweiligen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht deutlich erkennbar, dass beide Elternteile – auch wenn sie selbst kein friktionsfreies Verhältnis zueinander haben – das Beste für ihre beiden Kinder, die minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer, wollen. So gab Herr römisch 40 in seiner mündlichen Verhandlung vom 30.06.2021 an, dass er sich immer um den Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin gekümmert und nahezu täglich telefonischen Kontakt zu ihnen habe. Die Drittbeschwerdeführerin komme immer zu ihm und laufe ihm in die Arme. Auch wurden der Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin während der mündlichen Verhandlung der Erstbeschwerdeführerin am 28.04.2021 von Herrn römisch 40 betreut, was sich dem Verhandlungsprotokoll entnehmen lässt. Aus diesem Grund sowie aufgrund der Umstände, dass sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch Herr römisch 40 über eine gute Ausbildung sowie Berufserfahrung verfügen, arbeitsfähig sind und von Seiten beider Elternteile Angehörige vorhanden sind und Unterkunftsmöglichkeiten bestehen, war im Gesamtzusammenhang die Feststellung zu treffen, dass eine Abschiebung des minderjährigen Zweitbeschwerdeführers und der minderjährigen Drittbeschwerdeführerin nicht dem Kindeswohl widerspricht.

2.1.4. Dass die Erstbeschwerdeführerin strafrechtlich unbescholten ist, basiert auf einem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Strafregisterauszug vom 07.02.2022. Die Feststellung zum sogenannten „Rosenkrieg“ zwischen der Erstbeschwerdeführerin und ihrem ehemaligen Lebensgefährten wurde von der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht ausführlich geschildert und lässt sich ebenso zweifelsfrei dem Akteninhalt entnehmen. Sowohl die Erstbeschwerdeführerin als auch Herr römisch 40 gaben in ihren jeweiligen mündlichen Verhandlungen an, dass ein Gerichtsverfahren betreffend die Obsorge der beiden minderjährigen Kinder anhängig sei. Dieses Verfahren ist im nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt noch offen. Ferner ist dem Akteninhalt zu entnehmen, dass die Erstbeschwerdeführerin und Herr römisch 40 sich wechselseitig der unterschiedlichen Vergehen beschuldigen und auch vor gegenseitigen Anzeigen nicht zurückschrecken vergleiche zuletzt Abschluss-Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom römisch 40 .07.2021). Die weitere Feststellung betreffend die häuslichen Probleme im August 2017 ist darüber hinaus einem im Akt der Erstbeschwerdeführerin befindlichen Abschluss-Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich an die Staatsanwaltschaft römisch 40 vom römisch 40 .08.2017 zu entnehmen vergleiche AS 331).

Die Feststellung zum Aufenthalt in Deutschland sowie zur Überstellung von Deutschland nach Österreich ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere aus der Mitteilung der Bundespolizeiinspektion Flughafen römisch 40 vom 12.09.2019, und wurde darüber hinaus auch von der Erstbeschwerdeführerin bestätigt. Dass die Erstbeschwerdeführerin von März 2018 bis Dezember 2018 und nach der Überstellung aus Deutschland bis Dezember 2020 freiwillig in einem Sozialmarkt tätig war, ergibt sich aus der Bestätigung eines Non-Profit-Unternehmens vom römisch 40 .08.2018 in Verbindung mit den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht, denen zu entnehmen ist, dass sie diese Tätigkeit seit der Trennung von Herrn römisch 40 (sohin seit Dezember 2020) nicht mehr ausübe. Auf den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin basiert auch die Feststellung, dass sie aktuell keine ehrenamtlich Tätigkeit ausübt. Die Feststellungen zur fehlenden Selbsterhaltungsfähigkeit sowie zum Bezug der Grundversorgung ergibt sich aus dem aktuellen Auszug aus dem GVS-Register vom 07.02.2022, dem zu entnehmen ist, dass die Erstbeschwerdeführerin von der Antragstellung bis zum Entscheidungszeitpunkt als „aktiv“ gemeldet ist und Leistungen aus der Grundversorgung bezieht. Dass die Erstbeschwerdeführerin zwar Deutschkurse besucht, aber keine Prüfung abgelegt hat, gründet ebenfalls auf ihrer eigenen Aussage vor dem Bundesverwaltungsgericht und auf dem Umstand, dass sich die Erstbeschwerdeführerin halbwegs in deutscher Sprache verständigen kann. Von diesen Deutschkenntnissen konnte sich die erkennende Einzelrichterin in der mündlichen Verhandlung selbst überzeugen vergleiche Verhandlungsschrift vom 29.06.2021, Seite 12). Die Feststellungen zur Beziehung der Erstbeschwerdeführerin mit einem asylberechtigten iranischen Staatsangehörigen ergeben sich aus ihren eigenen Ausführungen vor dem Bundesverwaltungsgericht. Diesbezüglich brachte sie vor, dass sie mit diesem Mann zusammen sei, aber nicht glaube, dass sie ihn heiraten werde. Jeder lebe in seinem eigenen Haushalt und sie seien in der „Kennenlernphase“. Man werde sehen, ob sie überhaupt in einem gemeinsamen Haushalt leben wollten. Sie würden sich an den Wochenenden sehen und wenn sich in Zukunft herausstelle, dass sie gut zusammenpassen, würden sie eine Beziehung eingehen und zusammenziehen. Wenn nicht, würde jeder auf seinem Platz bleiben. Finanzielle oder sonstige Abhängigkeiten sind aus diesem Vorbringen nicht ersichtlich, sodass die diesbezüglichen Feststellung zu treffen war. Weiters ergibt sich die Feststellung, dass die Erstbeschwerdeführerin in Österreich einen Freundes- bzw. Bekanntenkreis hat, ebenfalls aus ihren Angaben und ist auch aufgrund der Aufenthaltsdauer in Österreich nachvollziehbar.

Die Feststellungen zu den beiden minderjährigen Beschwerdeführern ergeben sich ebenfalls aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der Verhandlung am 29.06.2021. Betreffend den Zweitbeschwerdeführer brachte sie vor, dass dieser im Herbst in die Volksschule komme und hinsichtlich der Drittbeschwerdeführerin gab sie an, dass diese noch in den Kindergarten gehe. Hieraus ergibt sich auch die Feststellung, dass die beiden minderjährigen Beschwerdeführer über einen altersadäquaten Freundeskreis verfügen. Da sie die Volksschule bzw. den Kindergarten besuchen, ist davon auszugehen, dass sie in der Lage sind, sich in deutscher Sprache altersgemäß zu verständigen. Dass sie sich ebenso altersgemäß in Farsi verständigen können, gründet auf dem Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin mit ihren Kindern Farsi spricht, was die erkennende Einzelrichterin zu Beginn der mündlichen Verhandlung am 28.04.2021 selbst wahrnehmen konnte. Die Feststellung zur Tante der beiden minderjährigen Beschwerdeführer und ihrer Familie gründet auf den unbedenklichen Akteninhalten. Ein besonderes (familiäres) Naheverhältnis zwischen den minderjährigen Beschwerdeführern und diesen Angehörigen wurde im gesamten Verfahren nicht vorgebracht und ist auch aus den Akteninhalten nicht ersichtlich.

2.2. Die aktuellen Feststellungen zur Situation im Iran, welche dem Bundesamt selbstverständlich bekannt sind, beruhen auf der Länderinformation der Staatendokumentation vom 19.03.2021 sowie auf den dort angeführten Quellen und wurden der Erstbeschwerdeführerin bzw. ihrer Vertretung mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Die Vertreterin der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung an, dass hierzu eine schriftliche Stellungnahme übermittelt werde. Mit Stellungnahmen vom 24.06.2021 und vom 29.06.2021 erstattete die Erstbeschwerdeführerin im Wege ihrer Vertretung ein Vorbringen betreffend Apostasie sowie betreffend die Situation von Frauen und Mädchen im Iran, welches mit der Länderinformation der Staatendokumentation in Einklang zu bringen ist. Auch wurde im Beschwerdeverfahren keine Kritik an diesen Länderberichten geübt. Allerdings ist betreffend die beiden Stellungnahmen auszuführen, dass diese dem eigenen Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin widersprechen. So wird in der Stellungnahme vom 24.06.2021 ausgeführt, dass sich die Erstbeschwerdeführerin in Österreich mit den Lehren der römisch 40 beschäftige, wobei die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst angegeben hat, sich in Österreich - abgesehen von der Teilnahme an zwei „Zoom-Meetings“ - nicht in der römisch 40 zu engagieren bzw. diese mystische Überzeugung in Österreich nicht mehr zu praktizieren. In der Stellungnahme vom 29.06.2021 wird wiederum – vollkommen unsubstanziiert und ohne nähere Begründung – ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin im Iran mit keiner finanziellen Unterstützung von Seiten ihrer Familie für die medizinische Behandlungen ihrer psychischen Erkrankung und der Herzkrankheit des Zweitbeschwerdeführers rechnen könne, obwohl die Erstbeschwerdeführerin vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst ausgesagt hat, selbst keine Krankheiten zu haben und, dass der Zweitbeschwerdeführer weder Medikamente noch Therapien oder Übungen benötige. Das zu den eigenen Angaben der Erstbeschwerdeführerin widersprüchliche Vorbringen in den beiden Stellungnahmen ist sohin als Scheinbehauptung zu werten.

Bei den von der Staatendokumentation herangezogenen Quellen in der Länderinformation vom 19.03.2021 handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation im Iran ergeben. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Im Hinblick auf die weltweite Ausbreitung des COVID-19-Erregers kann unter Zugrundelegung der medial ausführlich kolportierten Entwicklungen (auch) im Iran bislang keine derartige Entwicklung erkannt werden, die im Hinblick auf eine Gefährdung nach Artikel 2 und Artikel 3, EMRK eine entscheidungsrelevante Lageänderung erkennen lässt, wobei anzuführen ist, dass ein derartiges Vorbringen auch in der mündlichen Verhandlung nicht erstattet wurde. Auch gehört der Iran nicht zu den zehn am meisten betroffenen Ländern. Was die Folgen der COVID-19 Pandemie im Iran betrifft, ist überdies festzuhalten, dass es sich hierbei definitionsgemäß um eine weltweite Problematik handelt und kein Staat absolute Sicherheit vor dieser Erkrankung bieten kann, was auch durch die Entwicklungen in der Europäischen Union und in den Vereinigten Staaten von Amerika belegt wird. Wie festgestellt handelt es sich bei den Beschwerdeführern um eine junge Frau und zwei Kinder, die an keinen schwerwiegenden Erkrankungen leiden, sodass sie keiner Risikogruppe angehören und ist auch aus diesem Grund von keiner realen Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK auszugehen. Zusammengefasst ist sohin festzuhalten, dass eine Rückkehr der Beschwerdeführer in den Iran aufgrund der derzeitigen Gesundheits- und Versorgungslage zumutbar ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. römisch eins 2013/33 in der Fassung BGBl. römisch eins 2013/122, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Zur Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten:

3.2.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht.

Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.2.1.2. Sohin ist nach Paragraph 3, Absatz eins, AsylG Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die Glaubhaftmachung, dass dem Asylwerber im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), demnach aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung droht vergleiche VwGH vom 23.01.2019, Ra 2018/01/0442, mwN). Voraussetzung für die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten ist also, dass die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen steht vergleiche VwGH vom 05.03.2020, Ra 2018/19/0576, mwN).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche VwGH vom 21.05.2021, Ro 2020/19/0001, mit Hinweis auf VwGH vom 12.03.2020, Ra 2019/01/0472, mwN).

Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche z.B. VwGH vom 23.02.2011, Zl. 2011/23/0064 sowie VwGH vom 28.10.2009, Zl. 2006/01/0793) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann vergleiche VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256 mwN).

3.2.1.3. Im Fall der drei Beschwerdeführer ergibt sich keine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.

Da es der Erstbeschwerdeführerin nicht gelungen ist, mit ihrem Vorbringen eine Verfolgung bzw. eine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft zu machen, ergibt sich bereits unter diesem Aspekt keine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“. Eine konkret für die Beschwerdeführer bestehende Verfolgungsgefahr ist nicht erkennbar, sodass – wie bereits in der Beweiswürdigung ausführlich begründet – in einer Gesamtbetrachtung nicht glaubhaft ist, dass der Erstbeschwerdeführerin in ihrem Herkunftsstaat Iran in Zusammenhang mit der von ihr behaupteten ausreisekausalen Bedrohungssituation Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Auch betreffend die minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer ist im Verfahren keine „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ bzw. keine asylrelevante Verfolgungsgefahr hervorgekommen bzw. wurde eine solche nicht substanziiert behauptet.

Wie in der Beweiswürdigung ausführlich begründet führt alleine die Teilnahme an Sitzungen und/oder an Seminaren der römisch 40 nicht zu einer persönlichen und aktuell drohenden Gefahr einer Verfolgung durch die iranischen Behörden. Ein daraus resultierende Verfolgungsgefahr konnte die Erstbeschwerdeführerin nicht glaubhaft machen, zumal den getroffenen Feststellungen zufolge die Erstbeschwerdeführerin keine führende Position in der Gruppe „ römisch 40 “ hatte und dort auch nicht als Lehrende oder als „Master“ tätig war.

Ebenso wenig ist es der Erstbeschwerdeführerin gelungen, eine Verfolgung aufgrund ihres behaupteten „Abfalls vom islamischen Glauben“ glaubhaft darzulegen. Diesbezüglich ist grundsätzlich darauf zu verweisen, dass die Verfolgung aus Gründen der Religion, wozu auch atheistische Glaubensüberzeugungen zählen, zur Gewährung von Asyl führen kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Asylwerber aufgrund seiner atheistischen Lebensweise im Herkunftsstaat tatsächlich Gefahr läuft, verfolgt zu werden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Asylwerber seine Konfessionslosigkeit als innere Überzeugung und identitätsstiftendes Merkmal versteht, die er auch im Herkunftsstaat leben wird vergleiche hierzu EuGH vom 04.10.2018, Bahtiyar Fathi, C-56/17 sowie z.B. VwGH vom 22.11.2021, Ra 2020/19/0207 und vom 05.10.2020, Ra 2020/19/0308). Wie der umfangreichen Beweiswürdigung zu entnehmen ist, ist es der Erstbeschwerdeführerin eben nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, dass ihre Konfessionslosigkeit zu einem identitätsstiftenden Merkmal geworden ist, das sie aus innerer Überzeugung auch im Herkunftsstaat leben wird.

Gemäß den unbedenklichen Länderfeststellungen laufen Personen, die sich zum Atheismus bekennen, Gefahr willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt oder wegen Apostasie zum Tode verurteilt zu werden. Da jedoch nicht ersichtlich ist, dass sich die Erstbeschwerdeführerin öffentlich zum Atheismus bekennen wird, da dieser kein identitätsstiftendes Merkmal ihrer Persönlichkeit geworden ist, ist sohin auch keine diesbezügliche Verfolgungsgefahr erkennbar, wobei hinzu kommt – wie ebenfalls den Länderfeststellungen zu entnehmen ist -, dass in der Praxis Verurteilungen wegen Apostasie sehr selten bzw. wenn überhaupt noch vorhanden sind.

Wie der Beweiswürdigung, derzufolge das ausreisekausale Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin nicht glaubhaft ist, zu entnehmen ist, ist nicht davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführerin für die iranischen Behörden von Interesse ist bzw. unter Beobachtung steht, zumal sie in Österreich keinerlei Aktivitäten in Bezug auf den von ihr behaupteten Atheismus getätigt hat. Ebenso kann nicht davon ausgegangen werden, dass der iranische Staat sämtliche Aktivitäten iranischer Staatsbürger im Ausland überwacht (auch nicht im Internet), da er hierzu auch nicht die faktischen Möglichkeiten hat. Die Erstbeschwerdeführerin hat den Iran nicht vorverfolgt verlassen, sich in keiner Weise exponiert und kann aufgrund ihres Vorbringens nicht davon ausgegangen werden, dass sie im Rückkehrfall in den Fokus der iranischen Behörden geraten oder für diese von Interesse sein könnte.

Es ist in den Verfahren auch nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführer – insbesondere die Erst- und die Drittbeschwerdeführerinnen – im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmal wie etwa eine westlich-orientierte Lebensweise, die sich eklatant von jener im Herkunftsstaat üblichen unterscheidet, einer Verfolgung ausgesetzt wären.

Es ergaben sich auch keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer, insbesondere die Erstbeschwerdeführerin, alleine aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit im Iran einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wäre, zumal die Erstbeschwerdeführerin gar kein Bewusstsein betreffend ihre Volksgruppe hat. So gab sie in der mündlichen Verhandlung am 29.06.2021 an, dass sie Turkmenin sei, um sich danach dahingehend zu korrigieren, dass sie keine Turkmenin, sondern türkischer Iranerin sei. Jedenfalls brachte sie diesbezüglich vor, wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit im Iran keine Probleme gehabt zu haben.

Auch aus der allgemeinen Lage im Iran lässt sich konkret für die Beschwerdeführer kein Status von Asylberechtigten ableiten. Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation kann nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als hinreichender Grund für eine Asylgewährung herangezogen werden vergleiche VwGH vom 28.05.2005, Zl. 2002/01/0414), wobei in Bezug auf die Verhältnisse im Iran ohnehin nicht vom Vorliegen einer „allgemeinen desolaten wirtschaftlichen und sozialen Situation“ ausgegangen werden kann.

Der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status von Asylberechtigten durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl war daher der Erfolg zu versagen.

3.2.2. Zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.2.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ist gemäß Absatz 2, leg. cit. mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.

Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG) offensteht.

Gemäß Artikel 2, EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3, EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention beinhalten die Abschaffung der Todesstrafe.

3.2.2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mit der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zum realen Risiko einer drohenden Verletzung der Artikel 2 und Artikel 3, EMRK sowie zur ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im innerstaatlichen Konflikt auseinandergesetzt und diese wie folgt zusammengefasst vergleiche hierzu auch VwGH vom 17.09.2019, Ra 2019/14/0160):

Die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK setzt eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr („real risk“) insbesondere einer gegen Artikel 2, oder Artikel 3, verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche etwa VwGH vom 08.09.2016, Ra 2016/20/0053 mwN). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3, EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Artikel 3, EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen. Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung festgehalten, dass, wenn im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage herrscht, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen – höheres Risiko besteht, einer dem Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen vergleiche VwGH vom 17.09.2019, Ra 2019/14/0160).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass ein „real risk“ vorliegt, wenn stichhaltige Gründe („substantial grounds“) dafür sprechen, dass die betroffene Person im Fall der Rückkehr in die Heimat das reale Risiko (insbesondere) einer Verletzung ihrer durch Artikel 3, EMRK geschützten Rechte zu gewärtigen hätte. Dafür spielt es grundsätzlich keine Rolle, ob dieses reale Risiko in der allgemeinen Sicherheitslage im Herkunftsstaat, in individuellen Risikofaktoren des Einzelnen oder in der Kombination beider Umstände begründet ist. Allerdings betont der EGMR in seiner Rechtsprechung auch, dass nicht jede prekäre allgemeine Sicherheitslage ein reales Risiko im Sinne des Artikel 3, EMRK hervorruft. Im Gegenteil lässt sich der Judikatur entnehmen, dass eine Situation genereller Gewalt nur in sehr extremen Fällen („in the most extreme cases“) diese Voraussetzung erfüllt. In den übrigen Fällen bedarf es des Nachweises von besonderen Unterscheidungsmerkmalen („special distinguishing features“), aufgrund derer sich die Situation des Betroffenen kritischer darstellt als für die Bevölkerung im Herkunftsstaat im Allgemeinen vergleiche hierzu etwa EGMR vom 28.11.2011, Nr. 8319/07 und 11449/09, Sufi und Elmi vs. Vereinigtes Königreich).

Zusammengefasst kann sohin gesagt werden, dass der maßgebliche Unterschied zwischen einem „realen Risiko“ und einer „bloßen Möglichkeit“ im Vorliegen oder Nichtvorliegen von „special distinguishing features“ zu erblicken ist, die auf ein persönliches („personal“) und vorhersehbares („foreseeable“) Risiko schließen lassen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur in sehr extremen Fällen („most extreme cases“), wenn die allgemeine Lage im Herkunftsstaat so ernst ist, dass praktisch jeder, der dorthin abgeschoben wird, einem realen und unmittelbar drohenden („real and imminent“) Risiko einer Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt ist. Diesfalls ist das reale Risiko bereits durch die extreme allgemeine Gefahrenlage im Zielstaat indiziert vergleiche hierzu „Thurin, Der Schutz des Fremden vor rechtswidriger Abschiebung“, 2. Auflage).

Auch im Urteil der großen Kammer vom 23.08.2016, Nr. 59166/12, J.K. u.a. vs. Schweden, führte der EGMR aus, dass die Beweislast für das Vorliegen eines realen Risikos in Bezug auf individuelle Gefährdungsmomente für eine Person grundsätzlich bei dieser liegt. Gleichzeitig sind jedoch die Schwierigkeiten, mit denen ein Asylwerber bei der Beschaffung von Beweismitteln konfrontiert ist, in Betracht zu ziehen und bei einem entsprechend substanziierten Vorbringen des Asylwerbers, weshalb sich seine Lage von jener anderer Personen im Herkunftsstaat unterscheidet, im Zweifel zu seinen Gunsten zu entscheiden. Soweit es um die allgemeine Lage im Herkunftsstaat geht, ist jedoch ein anderer Ansatz heranzuziehen. Diesbezüglich hätten die Asylbehörden vollen Zugang zu den relevanten Informationen und es liegt an ihnen, die allgemeine Lage im betreffenden Staat (einschließlich der Schutzfähigkeit der Behörden im Herkunftsstaat) von Amts wegen festzustellen und nachzuweisen.

Der Tatbestand einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes in Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG orientiert sich an Artikel 15, Litera c, Status-RL und umfasst eine Schadensgefahr allgemeiner Art, die sich als willkürlich erweist, d.h. sich auf Personen ungeachtet ihrer persönlichen Situation erstrecken kann. Entscheidend für die Annahme einer solchen Gefährdung ist nach den Ausführungen des EuGH, dass der den bewaffneten Konflikt kennzeichnenden Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson liefe bei Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder in dieser Region tatsächlich Gefahr, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. Dabei ist zu beachten, dass der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, damit der Antragsteller Anspruch auf subsidiären Schutz hat, umso geringer sein wird, je mehr er möglicherweise zu belegen vermag, dass er aufgrund von seiner persönlichen Situation innenwohnenden Umständen spezifisch betroffen ist vergleiche EuGH vom 17.02.2009, C-465/07, Elgafaji und vom 30.01.2014, C-285/12, Diakité).

Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte zu verweisen, wonach es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Fall der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung drohen würde vergleiche VwGH vom 05.10.2016, Ra 2016/19/0158).

3.2.2.3. Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in den Iran keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes treffen würde.

Weder aus den Angaben der Erstbeschwerdeführerin noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist in den konkreten Fällen ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Artikel 3, EMRK erscheinen zu lassen vergleiche VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Eine Gefährdung durch staatliche Behörden bloß aufgrund des Faktums der Rückkehr ist nicht ersichtlich, auch keine sonstige allgemeine Gefährdungslage durch Dritte.

Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer in wesentlichen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht gesagt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthalts aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter Paragraph 8, Absatz eins, AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen zu sein. In diesem Zusammenhang ist auch auf das Urteil des EGMR vom 09.03.2010, Fall R.C., Appl. 41.827/07, zu verweisen, wonach zwar die im Iran herrschende, sehr angespannte Situation, in welcher der Respekt für die grundlegenden Menschenrechte seit den Wahlen 2009 erheblich abgenommen hat, nicht außer Acht gelassen werden darf, diese schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen alleine die Rückführung eines Iraners in seinen Herkunftsstaat aber noch nicht unzulässig im Sinne des Artikel 3, EMRK erscheinen lassen.

Da sich der Herkunftsstaat der Beschwerdeführer nicht im Zustand willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes befindet, kann bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen nicht festgestellt werden, dass für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines solchen internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes besteht. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf ein jüngeres Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, zur Frage der Zuerkennung von subsidiärem Schutz, in welchem sich der Verwaltungsgerichtshof mit der Frage einer Rückkehrgefährdung im Sinne des Artikel 3, EMRK aufgrund der bloßen allgemeinen Lage (im angeführten Erkenntnis betreffend den Irak), insbesondere wegen wiederkehrenden Anschlägen und wegen kumulativ mit der allgemeinen Lage zu berücksichtigenden individuellen Faktoren, befasst hat und die Revision als unbegründet abgewiesen wurde.

Hinweise auf das Vorliegen einer allgemeinen existenzbedrohenden Notlage (allgemeine Hungersnot, Seuchen, Naturkatastrophen oder sonstige diesen Sachverhalten gleichwertige existenzbedrohende Elementarereignisse) liegen nicht vor und zwar auch nicht unter Berücksichtigung der aktuellen Lage in Zusammenhang mit der COVID-19 Pandemie, weshalb aus diesem Blickwinkel bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen kein Hinweis auf das Vorliegen eines Sachverhaltes gemäß Artikel 2, und/oder Artikel 3, EMRK abgeleitet werden kann. Selbst wenn sich für die Erstbeschwerdeführerin infolge der seitens der iranischen Behörden zur Verhinderung der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus gesetzten Maßnahmen die Wiedereingliederung im Heimatland wegen schlechterer wirtschaftlicher Aussichten schwieriger als vor Beginn der Maßnahmen darstellen würde, kommt es darauf bei der Frage, ob im Fall der Rückführung der Beschwerdeführer eine Verletzung des Artikel 3, EMRK zu gewärtigen ist, nicht an, solange diese Maßnahmen nicht dazu führen, dass die Sicherung der existenziellen Grundbedürfnisse als nicht mehr gegeben anzunehmen wäre vergleiche VwGH vom 07.09.2020, Ra 2020/20/0314).

Zusammengefasst ist sohin auszuführen, dass in den vorliegenden Fällen nach den getroffenen Sachverhaltsfeststellungen keinerlei Umstände vorliegen, welche eine Rückkehr der Beschwerdeführer in den Iran als unzulässig erscheinen ließen, da in diesem Staat weder eine objektiv extreme Gefahrenlage (wie im oben geschilderten Sinn) noch eine konkrete Gefährdung der Beschwerdeführer aus in ihren Personen gelegenen Gründen zu befürchten ist. Hinzu kommt, dass die Grundversorgung im Iran gesichert ist, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt. Sohin kann im Sinn der maßgeblichen Rechtsprechung keineswegs von einer realen Gefahr der Verletzung von Bestimmungen der EMRK für Rückkehrer schlechthin – etwa aufgrund eines landesweiten Bürgerkrieges oder einer Hungersnot – ausgegangen werden.

Aus dem Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin sowie aus den Länderberichten lässt sich insbesondere keineswegs eine reale Gefahr ableiten, dass eine volljährige, nicht an ernsthaften Erkrankungen leidende, arbeitsfähige Frau im Iran keinerlei Existenzgrundlage vorfindet oder sonst einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt sein könnte. Diesbezüglich ist zunächst darauf zu verweisen, dass die Beschwerdeführer über familiäre und soziale Anknüpfungspunkte im Iran verfügen. So leben die Eltern, zwei ältere Halbbrüder und eine ältere Halbschwester der Erstbeschwerdeführerin im Iran. Gemäß ihren eigenen Angaben hat die Erstbeschwerdeführerin zu ihrer Mutter und zu ihrer Halbschwester regelmäßigen Kontakt. Schon alleine aufgrund dieser familiären bzw. sozialen Bindungen ist kein Grund ersichtlich, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr in den Iran – zumindest für die Anfangszeit – nicht Unterstützung von den genannten Angehörigen erhalten könnten. Hinzu kommt, dass die Erstbeschwerdeführerin in römisch 40 eine Eigentumswohnung besitzt, die sie – wenn sie sie nicht selbst nützen will – verkaufen und aus dem Erlös (zumindest in der Anfangszeit) den Lebensunterhalt für sich und die beiden minderjährigen Beschwerdeführer finanzieren kann. Lediglich der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass das Fluchtvorbringen der Erstbeschwerdeführerin als nicht glaubhaft gewertet wurde und sohin auch die Aussage, ihre Wohnung sei von den Behörden versiegelt worden, unglaubwürdig ist und daher das Bundesverwaltungsgericht davon ausgeht, dass diese Wohnung nach wie vor existent und in Besitz der Erstbeschwerdeführerin ist.

Weiters verfügt die Erstbeschwerdeführerin über eine zwölfjährige Schulbildung mit Maturaabschluss im Zweig „Computer“ und über Berufserfahrung. Sie hat Damenmode verkauft und die letzten beiden Jahre vor ihrer Ausreise Kindergeschichten für einen Radiosender geschrieben. Ihren eigenen Angaben zufolge konnte sie durch diese Tätigkeiten im Iran ihren Lebensunterhalt verdienen. An dieser Stelle ist auch auf ihre Angaben vor dem Bundesamt zu verweisen, dass sie immer viel gearbeitet habe. Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass die Erstbeschwerdeführerin zwischenzeitig Mutter von zwei (weiteren) minderjährigen Kindern ist, was ihre Rückkehr in den Iran erschwert. Allerdings ist nicht ersichtlich, dass dieser Umstand die Beschwerdeführer in eine existenzbedrohende Lage versetzen wird. Bereits vor ihrer Ausreise und bevor sie die „Ehe auf Zeit“ mit Herrn römisch 40 geschlossen hat, war die Erstbeschwerdeführerin in der Lage, für sich und ihre minderjährige Tochter aus erster Ehe zu sorgen. Den Angaben der Erstbeschwerdeführerin ist zu entnehmen, dass sie 2008 von ihrem ersten Mann bzw. dem Vater ihrer Tochter geschieden wurde. Seit ihrer Scheidung – also seit 2008 – lebte sie allein mit ihrer Tochter, die im Zeitpunkt der Scheidung ca. eineinhalb Jahre alt war, und ihrer Mutter in ihrer Eigentumswohnung in römisch 40 bis im April 2013 Herr römisch 40 zu ihnen zog. Die Erstbeschwerdeführerin war sohin über einen Zeitraum von fünf Jahren in der Lage, für sich und ihre Tochter zu sorgen und ist nicht ersichtlich, dass sie bei einer Rückkehr in den Iran nicht ebenso für sich und die beiden minderjährigen Beschwerdeführer sorgen wird können, zumal ihr ehemaliger Lebensgefährte und Vater des Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin auch in den Iran zurückkehren und die gemeinsamen Kinder dort auch finanziell unterstützen wird bzw. unterstützen wird können. Für das Bundesverwaltungsgericht ist kein Grund erkennbar, dass der gut ausgebildete, erwerbsfähige und über eine langjährige Berufserfahrung verfügende Vater der beiden minderjährigen Beschwerdeführer diese im Iran nicht ebenso wie in Österreich unterstützen wird. In einer Gesamtbetrachtung ist daher auszuführen, dass die Erstbeschwerdeführerin durchaus in der Lage sein wird, - wie auch schon in der Vergangenheit bzw. vor ihrer Ausreise - sich auch ohne Unterstützung mittelfristig selbst zu erhalten und ein eigenes Einkommen für sich und die beiden minderjährigen Beschwerdeführer zu erwirtschaften. Die Erstbeschwerdeführerin selbst brachte in der mündlichen Verhandlung vor, dass sie ihren Lebensunterhalt durch den Verkauf von Damenmode und durch das Schreiben von Kindergeschichten für einen Radiosender verdienen konnte und, dass ihre wirtschaftliche Situation gut war. Die Erstbeschwerdeführerin hat im Iran eine gute Schulbildung – abgeschlossen mit Matura - erlangt und wurde dadurch dort alphabetisiert. Weiters ist davon auszugehen, dass die Erstbeschwerdeführerin mit den im Iran herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist. Sohin wird sie bei ihrer Wiedereingliederung in die iranische Gesellschaft keine Schwierigkeiten haben, was im Übrigen im gesamten Verfahren nicht einmal ansatzweise behauptet wurde. Auch die minderjährigen Beschwerdeführer werden sich in die iranische Gesellschaft einfügen können und haben hierbei nicht nur die Unterstützung ihrer Eltern, sondern auch von weiteren Verwandten sowohl väterlicher als auch mütterlicherseits. Ferner wird darauf verwiesen, dass gemäß den Länderfeststellungen im Iran nicht nur die Grundversorgung der Bevölkerung grundsätzlich gewährleistet ist, sondern auch die medizinische Versorgung. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit des Bezugs von Sozialbeihilfen. Eine völlige Perspektivenlosigkeit kann somit für die Beschwerdeführer nicht erkannt werden. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu gewähren. Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Artikel 3, EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können oder um eine innerstaatliche Fluchtalternative zu verneinen vergleiche VwGH vom 27.05.2019, Ra 2019/14/0153 u.a.).

3.2.2.4. Wie festgestellt wurden bei der Erstbeschwerdeführerin im Jahr 2015 eine posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwergradige depressive Episode diagnostiziert und sie litt vor der Geburt der Drittbeschwerdeführerin an einer Schwangerschaftsdepression. Betreffend diese psychischen Erkrankungen wurde keine Behandlungsbedürftigkeit festgestellt. Am römisch 40 .08.2021 wurde bei der Erstbeschwerdeführerin eine komplikationslose Operation an der Schilddrüse durchgeführt, wobei abgesehen von der Einnahme einer Tablette Thyrex 75 täglich und einer jährlichen Kontrolle der Schilddrüsenfunktionsparameter ebenso keine Behandlungsbedürftigkeit besteht. Ferner wurde bei der Erstbeschwerdeführerin ein gutartiger Tumor im Bereich des Darms rechts diagnostiziert, der auch nicht behandlungsbedürftig ist. Der Zweitbeschwerdeführer leidet gemäß den getroffenen Feststellungen seit seiner Geburt an einer Herzklappeninsuffizienz mit daraus resultierenden Lungenhochdruck, an einem Leistenhoden links und an einem Narbenbruch. Diesbezüglich war der Zweitbeschwerdeführer unmittelbar nach seiner Geburt im Juli 2015 und im November 2016 in stationärer Behandlung. Aktuell benötigt er weder Medikamente noch Therapien oder Übungen. Eine Kontrolluntersuchung seines Herzens wird einmal jährlich durchgeführt. Betreffend die Drittbeschwerdeführerin wurden keine Erkrankungen vorgebracht vergleiche zu alldem auch die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung). Gemäß den getroffenen Länderfeststellungen sichert die iranische Verfassung jedem Staatsbürger das Recht zu, den jeweils höchst erreichbaren Gesundheitszustand zu genießen. Jede Provinz beheimatet mindestens eine medizinische Universität, deren Rektor die Verantwortung für das Gesundheitswesen in der betroffenen Provinz trägt. Der Rote Halbmond ist die zentrale Stelle für den Import von speziellen Medikamenten, die für Patienten in speziellen Apotheken erhältlich sind. Auch wenn die Qualität schwankt, ist das Gesundheitswesen flächendeckend, da 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung haben. Ebenso ist die medizinische Versorgung von Kindern gewährleistet. Generell gibt es keine ernsten Mängel an Medizin, Fachärzten oder Equipment im öffentlichen Gesundheitssystem. Darüber hinaus steht der Erstbeschwerdeführerin im Fall ihrer Rückkehr in den Iran die Möglichkeit offen, sich bei der iranischen Krankenversicherung zu registrieren, um Behandlungsmöglichkeiten zu erhalten. Kinder sind zumeist durch die Krankenversicherung der Eltern abgedeckt. Alle iranischen Staatsbürger, inklusive Rückkehrende, haben Anspruch auf grundlegende Gesundheitsleistungen sowie weitere Angebote. Es ist daher davon auszugehen, dass allfällige gesundheitliche Aspekte einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihre Heimat nicht entgegenstehen. Unabhängig davon ist darauf zu verweisen, dass im Allgemeinen ein Fremder kein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt vergleiche Fall Ndangoya; VfGH vom 07.11.2008, U 48/08). Eine prinzipielle Zugangsmöglichkeit zu einer solchen Behandlung muss für den betreffenden Fremden aber gegeben sein vergleiche EGMR vom 13.12.2016, Appl. 41738/10, Paposhvili vs. Belgien sowie EGMR (Große Kammer) vom 07.12.2021, Savran gegen Dänemark, in welchem die in Paposhvili gegen Belgien aufgestellten Kriterien betreffend die Abschiebung kranker Personen bestätigt wurden).

Im Hinblick auf die derzeit bestehende COVID-19 Pandemie ist auf die diesbezüglichen Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu verweisen und festzuhalten, dass die Beschwerdeführer eine Personengruppe im Alter von 37, sechseinhalb und fast vier Jahren sind und sohin nicht unter die Risikogruppen der älteren Personen sowie jener der Personen mit spezifischen physischen Vorerkrankungen fallen, sodass auch keine hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Iran eine COVID-19 Erkrankung mit schwerwiegendem oder tödlichem Verlauf bzw. mit dem Bedarf einer intensivmedizinischen Behandlung bzw. einer Behandlung in einem Krankenhaus zu gewärtigen hätten. Hinzu kommt, dass ein derartiges Vorbringen in den gesamten Verfahren nicht erstattet wurde.

Da keine Hinweise auf eine allgemein existenzbedrohende Notlage im Iran vorliegen und die Grundversorgung der Bevölkerung gesichert ist, ist im Rahmen einer Gesamtschau sohin davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer im Fall ihrer Rückkehr in den Iran ihre dringendsten Bedürfnisse befriedigen könnten und nicht in eine über allfällige Anfangsschwierigkeiten hinausgehende dauerhaft aussichtslose Lage geraten würden. Sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten, sind in den gegenständlichen Verfahren weder hervorgekommen noch wurde ein derartiges Abschiebehindernis vorgebracht.

Es ergibt sich somit kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung der Beschwerdeführer in den Iran zu einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Daher bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin nicht geeignet war, den Beschwerdeführern den Status von subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.

3.2.3. Zur Rückkehrentscheidung:

3.2.3.1. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Ziffer eins und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird.

Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1.           wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraus-setzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt ei-ne Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechts-kräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,

2.           zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitender Prostitutionshandel oder

3.           wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Erstbeschwerdeführerin befindet sich seit ihrer Antragstellung am römisch 40 .05.2015, der minderjährige Zweit- und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin seit ihrer Geburt am römisch 40 bzw. am römisch 40 mit einer Unterbrechung von Ende Dezember 2018 bis 18.09.2019, als die Erstbeschwerdeführerin in Deutschland um Asyl angesucht hatte, im Bundesgebiet. Ihr Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Die Erstbeschwerdeführerin ist auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und ebenso wenig ein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG liegen daher in den Fällen der Beschwerdeführer nicht vor, wobei dies weder in den Verfahren vor dem Bundesamt noch in den Beschwerdeverfahren auch nur ansatzweise behauptet worden war.

3.2.3.2. Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Die Beschwerdeführer sind weder begünstigte Drittstaatsangehörige noch kommt ihnen ein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

3.2.3.3. Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:

Paragraph 9, (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.           die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.           das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.           die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.           der Grad der Integration,

5.           die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.           die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.           Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.           die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.           die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre.

Im Hinblick auf Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG (früher: Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, AsylG 2005 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011,) ist festzuhalten, dass bei jeder Rückkehrentscheidung auf das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Asylwerbers nach Artikel 8, Absatz eins, EMRK Bedacht zu nehmen ist, wobei in diesem Zusammenhang Artikel 8, Absatz 2, EMRK eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs erfordert und somit eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen verlangt vergleiche VwGH vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479).

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden im Sinne des Artikel 8, Absatz eins, EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt vergleiche EGMR Kroon sowie VfGH vom 28.06.2003, G 78/00). Der Begriff des Familienlebens ist nicht auf Familien beschränkt, die sich auf eine Heirat gründen, sondern schließt auch andere de facto Beziehungen ein; maßgebend ist beispielsweise das Zusammenleben eines Paares, die Dauer der Beziehung, die Demonstration der Verbundenheit durch gemeinsame Kinder oder auf andere Weise vergleiche EGMR Marckx, EGMR vom 23.04.1997, römisch zehn u.a.). Zur Frage, ob eine nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK begründet, stellt der EGMR auf das Bestehen enger persönlicher Bindungen ab, die sich in einer Reihe von Umständen – etwa dem Zusammenleben, der Länge der Beziehung oder der Geburt gemeinsamer Kinder – äußern können vergleiche VwGH vom 29.11.2017, Ra 2017/18/0425).

Unter „Privatleben“ sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessensabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt.

Bei dieser Interessensabwägung sind - wie in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - insbesondere die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert, die Bindungen zum Heimatstaat, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen das Einwanderungsrecht, Erfordernisse der öffentlichen Ordnung sowie die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, zu berücksichtigen vergleiche VfSlg. 18.224/2007 sowie VwGH vom 03.04.2009, Zl. 2008/22/0592; vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216; vom 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479 und vom 26.01.2006, Zl. 2002/20/0423).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind gemäß Paragraph 9, Absatz eins und 2 BFA-VG bei einer Rückkehrentscheidung, von welcher Kinder bzw. Minderjährige betroffen sind, die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatstaat begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgebliche Bedeutung kommt hinsichtlich der Beurteilung des Kriteriums zum Heimatstaat nach Paragraph 9, Absatz 5, BFA-VG dabei den Fragen zu, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaates sprechen und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter befinden vergleiche VwGH vom 30.08.2017, Ra 2017/18/0070 bis 0072 sowie VwGH vom 25.04.2019, Ra 2018/22/0251).

3.2.3.4. Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen sowie der in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK zu berücksichtigen sind, ist in den gegenständlichen Fällen Folgendes auszuführen:

Das Verhältnis der Beschwerdeführer zueinander sowie jenes der minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführers zu ihrem Vater ist zweifellos als Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK anzusehen. Da allerdings der Vater der beiden minderjährigen Beschwerdeführer kein dauerhaft in Österreich aufenthaltsberechtigter Fremder ist und mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag eine inhaltlich gleichlautende Entscheidung getroffen wurde, wird der Vater des Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin ebenso in den Iran zurückkehren, sodass kein Eingriff in ihr Familienleben vorliegt.

Die Erstbeschwerdeführerin gibt an, dass sie eine nicht allzu enge Beziehung mit einem asylberechtigten iranischen Staatsangehörigen führt. Eine Lebensgemeinschaft im Sinne eines faktischen Zusammenlebens bzw. des Führens eines gemeinsamen Haushalts liegt nicht vor. Hinzu kommt, dass die Erstbeschwerdeführerin diese Beziehung selbst als nicht sonderlich eng schilderte. So gab sie vor dem Bundesverwaltungsgericht an, sie würde ihren Freund an den Wochenenden sehen und er sei ein guter Freund, mit dem sie auch zusammen sei. Wenn sich herausstellen sollte, dass sie gut zusammenpassen, würden sie eine Beziehung eingehen. Wie festgestellt bzw. von der Erstbeschwerdeführerin selbst vorgebracht, besteht zwischen ihr und ihrem Freund keine enge Beziehung im partnerschaftlichen Sinn. Auch wenn sich die Erstbeschwerdeführerin und ihr Freund an den Wochenende sehen und darüber hinaus vermutlich auch regelmäßiger telefonischer Kontakt und/oder Kontakt über soziale Medien besteht, kann – in Ermangelung eines gemeinsamen Haushalts oder gemeinsamer Kinder – nicht vom Vorliegen eines Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK gesprochen werden vergleiche zu einem ähnlich gelagerten Sachverhalt VwGH vom 31.01.2019, Ra 2019/20/0028).

Betreffend die Tante der minderjährigen Beschwerdeführer, die österreichische Staatsangehörige ist, und ihren drei volljährigen Kindern ist auf die Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung zu verweisen, denen zufolge kein (familiäres) Naheverhältnis zwischen den beiden minderjährigen Beschwerdeführern und diesen Angehörigen festgestellt wurde und sohin kein Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK besteht.

Auch liegt kein Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführer vor, welcher zur Erreichung der in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele nicht geboten oder zulässig wäre. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am römisch 40 .05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Allerdings hat sie das österreichische Bundesgebiet (mit den beiden minderjährigen Beschwerdeführern, denen diesbezüglich selbstverständlich kein Vorwurf zu machen ist) – während des noch laufenden Beschwerdeverfahrens – Ende Dezember 2018 verlassen, um in Deutschland ebenfalls um Asyl anzusuchen. Nachdem sie am 18.09.2019 von Deutschland nach Österreich überstellt wurden, hielten sich die Beschwerdeführer durchgehend im österreichischen Bundesgebiet auf. Allerdings war ihr Aufenthalt lediglich aufgrund ihrer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz rechtmäßig, wobei das Gewicht des Aufenthaltes im Bundesgebiet dadurch gemindert ist, als es sich lediglich auf die Stellung eines letztlich unberechtigten Antrages auf internationalen Schutz stützt.

Eine fortgeschrittene und entscheidungserhebliche Integration der Erstbeschwerdeführerin während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet kann seitens der erkennenden Einzelrichterin darüber hinaus nicht festgestellt werden. Dies aus folgenden Gründen:

Die Erstbeschwerdeführerin geht in Österreich keiner legalen Arbeit nach bzw. ist nicht selbsterhaltungsfähig erwerbstätig, sondern lebt seit der Antragstellung von Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Es wird von Seiten der zuständigen Einzelrichterin nicht verkannt, dass sie durchaus eine gewisse „Arbeitswilligkeit“ aufweist, die sich darin zeigte, dass sie zwischen März und Dezember 2018 sowie nach der Überstellung aus Deutschland bis Dezember 2020 freiwillig in einem Sozialmarkt tätig war. Allerdings geht sie aktuell keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Den Angaben der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung am 29.06.2021 ist zwar zu entnehmen, dass sie mehrmals bei der römisch 40 wegen einer Arbeit nachgefragt hat, dass sie jedoch darüber hinaus einen Versuch unternommen hätte, ihre Selbsterhaltungsfähigkeit zu erlangen – beispielsweise durch die Stellung eines Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung -, kann weder ihren Angaben noch dem Akteninhalt entnommen werden. In diesem Zusammenhang kommt es auch nicht entscheidungswesentlich darauf an, ob den Betroffenen ein „Vorwurf“ im Hinblick auf eine unterlassene Integration am Arbeitsmarkt zu machen ist, sondern darauf, ob ihnen diese objektiv gelungen ist oder nicht vergleiche VwGH vom 19.04.2012, Zl. 2010/21/0242). Eine berufliche Integration in den österreichischen Arbeitsmarkt der Erstbeschwerdeführerin ist sohin nicht zu erkennen.

Die Erstbeschwerdeführerin kann sich zwar halbwegs in deutscher Sprache verständigen, beherrscht allerdings die Grammatik nicht. Ihren eigenen Angaben zufolge hat sie Deutschkurse besucht, jedoch keine Prüfungen gemacht. Es kann daher gesagt werden, dass ihr eine sprachliche Integration auf einem geringen Level zumindest etwas geglückt ist. Allerdings ist in diesem Zusammenhang – auch unter Berücksichtigung ihrer vormaligen freiwilligen Tätigkeit, der Führung einer (wenn auch nicht sonderlich engen) Beziehung mit einem in Österreich aufenthaltsberechtigen Mann und dem Vorhandensein eines Freundes- bzw. Bekanntenkreises - auf die höchstgerichtliche Judikatur zu verweisen, wonach selbst die - hier bei weitem nicht vorhandenen - Umstände, dass selbst ein Fremder, der perfekt Deutsch spricht sowie sozial vielfältig vernetzt und integriert ist, über keine über das übliche Maß hinausgehenden Integrationsmerkmale verfügt und diesen daher nur untergeordnete Bedeutung zukommt vergleiche VwGH vom 06.11.2009, Zl. 2008/18/0720 sowie vom 25.02.2010, Zl. 2010/18/0029).

Der Umstand, dass die Erstbeschwerdeführerin strafrechtlich unbescholten ist, stellt laut Judikatur weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen dar vergleiche VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/18/0420). Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält, als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält.

Im Hinblick auf die Verfahrensdauer von fast sieben Jahren ist darauf zu verweisen, dass diese – wenn auch nur in geringem Maße - ebenso auf das Verhalten der Erstbeschwerdeführerin zurückzuführen ist. Die Erstbeschwerdeführerin hat Ende Dezember 2018 das Bundesgebiet freiwillig verlassen, in Deutschland einen Asylantrag gestellt und sich in der Folge bis zur Überstellung aus Deutschland am 18.09.2019 in Deutschland aufgehalten, was die Verfahrensdauer von nahezu sieben Jahren relativiert. Ferner ist in Zusammenhang mit der Verfahrensdauer auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, aus der sich ergibt, dass etwa ab einem zehnjährigen Aufenthalt im Regelfall die privaten Interessen am Verbleib in Österreich die öffentlichen Interessen überwiegen können vergleiche VwGH vom 09.05.2003, Zl. 2002/18/0293). Gleiches gilt für einen siebenjährigen Aufenthalt, wenn eine berufliche und soziale Verfestigung vorliegt vergleiche VwGH vom 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124), was jedoch im Fall der Erstbeschwerdeführerin eindeutig verneint werden kann.

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, da das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0216 mwN). Die Erstbeschwerdeführerin reiste mit ihrem damaligen Lebensgefährten illegal nach Österreich ein und durfte sich bislang nur aufgrund ihres Antrags auf internationalen Schutz, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war im Bundesgebiet aufhalten vergleiche hierzu EGMR vom 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen).

Soweit Kinder von einer Ausweisung betroffen sind, sind nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder zu berücksichtigen und es ist eine Auseinandersetzung mit den Auswirkungen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme auf das Kindeswohl erforderlich vergleiche VwGH vom 10.09.2021, Ra 2021/18/0158 bis 0163 sowie vom 11.01.2021, Ra 2020/01/0295 u.a.). Das Kindeswohl ist ein Rechtsbegriff, der letztlich von den Behörden und Gerichten zu beurteilen ist. Paragraph 138, ABGB enthält eine nicht abschließende Aufzählung von für das Wohl des Kindes bedeutenden Aspekten, um in allen das minderjährige Kind betreffenden Angelegenheiten unter anderem den Behörden und Gerichten Anhaltspunkte für die Beurteilung dieses Rechtsbegriffs zu bieten vergleiche VwGH vom 15.05.2019, Ra 2018/01/0076).

Paragraph 138, ABGB dient auch im Bereich verwaltungsrechtlicher Entscheidungen, in denen auf das Kindeswohl Rücksicht zu nehmen ist, als Orientierungsmaßstab vergleiche VwGH vom 29.09.2021, Ra 2021/01/0294 bis 0295 u.a.). Insbesondere ist der Frage der angemessenen Versorgung und sorgfältigen Erziehung der Kinder (Ziffer eins,), der Förderung ihrer Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten (Ziffer 4,) sowie allgemein um die Frage ihrer Lebensverhältnisse (Ziffer 12,) nachzugehen. Aus der genannten Bestimmung ergibt sich überdies, dass auch die Meinung der Kinder zu berücksichtigen ist (Ziffer 5,) und dass Beeinträchtigungen zu vermeiden sind, die Kinder durch die Um- und Durchsetzung einer Maßnahme gegen ihren Willen erleiden könnten (Ziffer 6,). Ein weiteres Kriterium ist die Aufrechterhaltung von verlässlichen Kontakten zu wichtigen Bezugspersonen und von sicheren Bindungen zu diesen Personen (Ziffer 9,) vergleiche auch VwGH vom 30.04.2020, Ra 2019/21/0362 bis 0365).

Die Berücksichtigung des Kindeswohls stellt im Kontext aufenthaltsbeendender Maßnahmen lediglich einen Aspekt im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung dar. Das Kindeswohl ist daher bei der Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen von Fremden nicht das einzig ausschlaggebende Kriterium. Die konkrete Gewichtung des Kindeswohls im Rahmen der nach Paragraph 9, BFA-VG vorzunehmenden Gesamtbetrachtung bzw. Interessensabwägung hängt vielmehr von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab vergleiche VwGH vom 29.09.2021, Ra 2021/01/0294 bis 0295 sowie vom 08.09.2021, Ra 2021/20/0166 bis 0170).

Die beiden minderjährigen Zweit- und Drittbeschwerdeführer wurden jeweils in Österreich geboren und halten sich – abgesehen von dem bereits mehrfach erwähnten Aufenthalt in Deutschland zwischen Ende Dezember 2018 und 18.09.2019 – seitdem in Österreich auf. Dass die Kinder in Österreich geboren wurden, führt allein aber nicht dazu, dass die Kinder unter dem Blickwinkel des Kindeswohls in Österreich verbleiben dürfen vergleiche VwGH vom 05.05.2021, Ra 2021/18/0050 bis 0053 im Hinblick auf – wie in den vorliegenden Fällen der minderjährigen Beschwerdeführer – sieben- und knapp vierjährige Kinder).

Der sechseinhalbjährige Zweitbeschwerdeführer besucht seit dem Schuljahr 2021/2022 die erste Klasse der Volksschule. Die fast vierjährige Drittbeschwerdeführerin geht in den Kindergarten. Nachvollziehbar ist davon auszugehen, dass die Zweit- und Drittbeschwerdeführer im Zuge des Schul- bzw. Kindergartenbesuches freundschaftliche Beziehungen knüpfen und die deutsche Sprache altersadäquat erlernen konnten. Auch wenn die beiden minderjährigen Beschwerdeführer einen altersgemäßen Freundeskreis aufgebaut haben, stehen ihre Bindungen zu ihren Eltern im Mittelpunkt ihres Lebens. Von ihrer Geburt an bis zum Ende der Lebensgemeinschaft ihrer Eltern im Dezember 2020 lebten die beiden minderjährigen Beschwerdeführer mit beiden Elternteilen im gemeinsamen Haushalt; seit deren Trennung mit der Erstbeschwerdeführerin. Sie werden von der Erstbeschwerdeführerin versorgt und besteht intensiver Kontakt zu ihrem Vater, der die minderjährigen Beschwerdeführer ebenso unterstützt. Wie bereits erwähnt besteht zu der in Österreich lebenden Tante und ihren volljährigen Kinder keine gleichwertige Beziehungsintensität. Weiters ist darauf zu verweisen, dass die beiden minderjährigen Beschwerdeführer gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem Vater (auch wenn die Eltern keine Lebensgemeinschaft mehr führen, ist davon auszugehen, dass der Kontakt auch zum anderen Elternteil aufrechterhalten werden kann) in den Iran zurückkehren werden, wobei festzuhalten ist, dass beide Elternteile über einen Schulabschluss mit Matura und über Berufserfahrung verfügen sowie erwerbsfähig sind. Auch wenn nicht verkannt wird, dass die beiden minderjährigen Beschwerdeführer ihr bisheriges Leben in Österreich verbracht haben und demnach sechseinhalb bzw. fast vier Jahre im Bundesgebiet aufhältig sind, haben sie jedoch nicht nur im kulturellen und sprachlichen Umfeld Österreichs gelebt, sondern sind aufgrund der Herkunft und der Verhältnisse ihrer familiären Bezugspersonen (= Eltern) auch mit der Kultur des Iran und der Sprache Farsi vertraut. Wie bereits dargelegt beherrschen sie sowohl Deutsch als auch Farsi. Weiters ist hinsichtlich der beiden minderjährigen Beschwerdeführer auszuführen, dass aus den Länderberichten zum Iran nichts hervorgeht, das darauf schließen lassen würde, dass ihnen eine Rückkehr in den Iran aufgrund ihrer Eigenschaft als Kinder nicht zugemutet werden kann. Es geht aus den Länderberichten nicht hervor, dass Kinder überproportional von einem Konflikt betroffen oder aus anderen Gründen besonders vulnerabel sind. Der Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin wären durch die Einbindung in den Familienverband im Iran geschützt und abgesichert. Wie festgestellt sind die beiden minderjährigen Beschwerdeführer auch mit der Sprache Farsi vertraut und befinden sich in einem anpassungsfähigen Alter und ihre Schulbildung wurde in Österreich noch gar nicht (betreffend die Drittbeschwerdeführerin) bzw. erst in diesem Schuljahr (betreffend den Zweitbeschwerdeführer) begonnen. Auch wenn ein Orts- und Schul- bzw. Kindergartenwechsel einschließlich des damit einhergehenden Wechsels von gewonnen Freunden für die beiden minderjährigen Beschwerdeführer eine Belastung darstellen könnte, können keine unzumutbaren Härten im Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erkannt werden und es bestehen auch keine Hinweise, dass dadurch das Wohl und die Entwicklung des Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin nachhaltig beeinträchtigt werden würde. Allfällige ungünstige Entwicklungsmöglichkeiten im Ausland begründen für sich allein noch keine Gefährdung des Kindeswohls, vor allem dann, wenn die Familie von dort stammt. Zudem gehören die Eltern und deren sozioökonomischen Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes vergleiche OGH vom 08.07.2003, 4 Ob 146/03d).

Den privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Verbleib in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an der öffentlichen Sicherheit sowie an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8, Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu vergleiche z.B. VwGH vom 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251). Es besteht nämlich ein großes öffentliches Interesse an einem geordneten Fremdenwesen, das von Fremden grundsätzlich verlangt, dass sie nach negativer Erledigung ihres Antrags auf internationalen Schutz das Bundesgebiet wieder verlassen vergleiche z.B. VwGH vom 15.03.2018, Ra 2018/21/0034). Das öffentliche Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Bestimmungen wird daher nur in Ausnahmefällen vom Interesse eines Fremden an seinem Privatleben überwiegen.

Insgesamt hat sohin die Abwägung der persönlichen Interessen der Beschwerdeführer (auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls betreffend die Zweit- und Drittbeschwerdeführer) mit den öffentlichen Interessen ergeben, dass die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen sowie an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere aufgrund mangelnder Selbsterhaltungsfähigkeit der Erstbeschwerdeführerin sowie aufgrund des Umstandes, dass die fast siebenjährige Verfahrensdauer durch die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer nach Deutschland relativiert wurde und weiters ihr Aufenthalt in Österreich letztlich nur aufgrund der Stellung von unbegründeten Anträgen auf internationalen Schutz legal war, schwerer wiegen als die Auswirkungen der Rückkehrentscheidung auf die Lebenssituation der Beschwerdeführer. Auch wenn den Beschwerdeführen nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin gewisse Integrationsbemühungen, insbesondere betreffend den Schul- bzw. Kindergartenbesuch der beiden minderjährigen Beschwerdeführer sowie in sprachlicher Hinsicht, zuzugestehen sind, sind Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht nicht erkennbar.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass sich die Erstbeschwerdeführerin während ihres gesamten Aufenthalts im Bundesgebiet ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste, wodurch ihre Integrationsbemühungen relativiert werden, zumal sie nach wie vor Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht. Der Verwaltungsgerichtshof hat mehrfach darauf hingewiesen, dass es im Sinne des Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 8, BFA-VG maßgeblich relativierend ist, wenn integrationsbegründende Schritte zu einer Zeit gesetzt wurden, in der sich der Fremde seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Wenngleich minderjährigen Kindern dieser Vorwurf nicht zu machen ist, muss das Bewusstsein der Eltern über die Unsicherheit ihres Aufenthalts nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die Kinder durchschlagen, wobei diesem Umstand allerdings bei ihnen im Rahmen der Gesamtabwägung im Vergleich zu anderen Kriterien weniger Gewicht zukommt vergleiche z.B. VwGH vom 16.06.2021, Ra 2020/18/0457 bis 0460 sowie vom 28.02.2020, Ra 2019/14/0545).

Wie unter Punkt römisch II.3.2.2.3. dieses Erkenntnisses erwähnt kann davon ausgegangen werden, dass die Erstbeschwerdeführerin im Herkunftsstaat selbst für ihren Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der beiden minderjährigen Beschwerdeführer sorgen können wird, da es sich bei ihr um eine nicht an schweren Erkrankungen leidende, arbeitsfähige Frau handelt, die über eine (Schul)ausbildung mit Matura im Zweig „Computer“, über eine Berufserfahrung sowohl im Verkauf als auch im Schreiben von Kindergeschichten und nicht zuletzt über die notwendigen Sprachkenntnisse im Iran verfügt. Betreffend die beiden minderjährigen Beschwerdeführer ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass auch ihr Vater in den Iran zurückkehren wird und dieser ebenfalls als gut ausgebildeter, erwerbsfähiger Mann mit Berufserfahrung zu ihrem Lebensunterhalt beitragen können wird. Dass der Vater der minderjährigen Beschwerdeführer diese bei einer Rückkehr in den Iran nicht (finanziell) unterstützen würde, ist in den Verfahren nicht hervorgekommen und wurde derartiges auch nicht behauptet. Darüber hinaus leben im Iran die Eltern und drei Halbgeschwister der Erstbeschwerdeführerin, wobei sie zu ihrer Mutter und ihrer Halbschwester Kontakt hat. Ferner besitzt die Erstbeschwerdeführerin eine Eigentumswohnung in römisch 40 . Daher ist davon auszugehen, dass nach wie vor Anknüpfungspunkte zum Iran bestehen. Es kann daher nicht gesagt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin ihrem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in ihrer Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfinden würde. Da sich der Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin – wie erwähnt – in einem anpassungsfähigen Alter befinden und sie mit beiden Elternteilen zurück in den Iran kehren werden, werden sie in der Lage sein, sich dem Leben und den kulturellen Gegebenheiten im Iran anzupassen und – nach einer gewissen Eingewöhnungszeit – sich dort zurechtzufinden.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass in den gegenständlichen Fällen Rückkehrentscheidungen auf Dauer unzulässig wären. Die Erlassung von Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, FPG stellt sohin keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG in Verbindung mit Artikel 8, EMRK dar.

3.2.4. Zur Zulässigkeit der Abschiebung:

3.2.4.1. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Gemäß Paragraph 46, Absatz eins, FPG sind Fremde, gegen die eine Rückkehrentscheidung, eine Anordnung zur Außerlandesbringung, eine Ausweisung oder ein Aufenthaltsverbot durchsetzbar ist, von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Auftrag des Bundesamtes zur Ausreise zu verhalten (Abschiebung), wenn

1. die Überwachung ihrer Ausreise aus Gründen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit notwendig scheint,

2. sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind,

3. auf Grund bestimmter Tatsachen zu befürchten ist, sie würden ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen, oder

4. sie einem Einreiseverbot oder Aufenthaltsverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt sind.

3.2.4.2. Mit den angefochtenen Bescheiden wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer in den Iran zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Wie sich aus den Länderfeststellungen und aus den Feststellungen zu den Beschwerdeführern ergibt, besteht keine Gefahr, dass durch die Abschiebung der drei Beschwerdeführer Artikel 2, oder Artikel 3, EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würden oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen mit der Abschiebung eine ernsthafte Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes verbunden wäre. Auch sonst besteht kein Abschiebehindernis gemäß Paragraph 50, Absatz 2, oder Absatz 3, FPG, - ein solches wurde weder substanziiert von der Erstbeschwerdeführerin vorgebracht noch ist es aus dem Akteninhalt ersichtlich - sodass das Bundesamt die Abschiebung aller drei Beschwerdeführer in den Iran zurecht für zulässig erklärt hat.

3.2.5. Zur Frist für die freiwillige Ausreise:

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, leg. cit. zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden und sich auch sonst nicht ergeben haben, ist die Frist zu Recht mit zwei Wochen festgelegt worden.

Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Rückkehrentscheidungen und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde gegen die jeweiligen Spruchpunkte römisch III., römisch IV., römisch fünf. und römisch VI. der angefochtenen Bescheide ebenso wie jene gegen die jeweiligen Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Artikel 133, Absatz 4, erster Satz B-VG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012, ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche die unter Punkt römisch II.3.2. angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen, die bei den jeweiligen Erwägungen wiedergegeben wurde. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

4. Daher war nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2022:W235.2193434.1.00