Bundesverwaltungsgericht
15.02.2022
G308 2245756-1
G308 2245756-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der römisch 40 GesmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christian SCHOBERL in 8010 Graz, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark, vom 04.03.2021, Zahl: römisch 40 , zu Recht:
A) Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Mit Bescheid vom 04.03.2021, Zahl: römisch 40 , sprach die Österreichische Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (in der Folge: belangte Behörde) gemäß Paragraph 410, Absatz eins, Ziffer 2, in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 2, ASVG sowie Paragraphen eins,, 1a und 6 BMSVG aus, dass
- Mag. Dr. römisch 40 (nachfolgend: Mag. Dr. L.), SVNR römisch 40 , von 01.01.2016 bis 28.02.2018,
- römisch 40 (nachfolgend: A.), SVNR römisch 40 , von 01.04.2018 bis 31.08.2018,
- DI römisch 40 (nachfolgend: DI B.), SVNR römisch 40 , von 01.01.2016 bis 31.12.2018, und
- Dr. römisch 40 (nachfolgend: Dr. A.), SVNR römisch 40 , von 01.01.2016 bis 31.12.2018,
aufgrund ihrer Tätigkeit für die römisch 40 GesmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin oder kurz BF) als Lehrbeauftragte dem Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbstständigenvorsorgegesetz (BMSVG) unterliegen und entsprechende Versicherungsmeldungen von Amts wegen vorgenommen werden (Spruchpunkt römisch eins).
Gemäß Paragraph 410, Absatz eins, Ziffer 7, in Verbindung mit Paragraphen 44, Absatz eins,, 49 Absatz eins und 2 und 54 Absatz eins, ASVG sowie Paragraph 6, Absatz eins und Absatz 3, BMSVG wurde weiters ausgesprochen, dass die BF verpflichtet sei, die für die in Spruchpunkt römisch eins. genannten Personen für die dort bezeichneten Zeiten anfallenden allgemeinen Beiträge zur Mitarbeitervorsorgekasse sowie Verzugszinsen im Betrage von insgesamt EUR 1.788,26 nachzuentrichten (Spruchpunkt römisch II.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die in Spruchpunkt römisch eins. angeführten Personen wären in den dort ebenfalls angeführten Zeiträumen als externe Lehrbeauftragte tätig gewesen und würden unstrittig gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG in Verbindung mit Paragraph 47, Absatz eins und Absatz 2, EStG 1988 und Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 der Pflichtversicherung unterliegen. Die vortragenden Lehrbeauftragten seien von der BF bis Ende 2018 in der Beitragsgruppe „D1p“ (bzw. entsprechend der jeweiligen Altersgruppe in „D2p“, „D2pu“, etc.) als lohnsteuerpflichtige Dienstnehmer, im Falle einer geringfügigen Beschäftigung in der Beitragsgruppe „N24“, auf dem Beitragskonto Nr. 227453-1 gemeldet worden. In die Beitragsgruppe „D1p“ bzw. die weiteren genannten Gruppen je nach Alter würden Personen fallen (ausgenommen Vorstände), die der Lohnsteuerpflicht gemäß Paragraph 47, Absatz eins und Absatz 2, EStG 1988 unterliegen und deswegen Dienstnehmer iSd Paragraph 4, Absatz 2, ASVG seien, sofern sie nicht dem Angestelltengesetz unterliegen würden. Für diese Lehrbeauftragen seien ordnungsgemäß die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden, hingegen seien Beiträge an die betriebliche Mitarbeitervorsorgekasse unterblieben. Im Zuge der gemeinsamen Prüfung von Lohnabgaben und Beiträgen (GPLB) für den Zeitraum 01.01.2016 bis 31.12.2018 seien der BF mit Beitragsabrechnung vom 06.07.2020 die Beiträge zur Mitarbeitervorsorgekasse für die im Prüfbericht vom 07.07.2020 genannten externen Lehrbeauftragten in Höhe von EUR 178.398,25 exklusive Zinsen vorgeschrieben worden. Die BF habe daraufhin am 08.07.2020 einen Antrag auf Bescheidausfertigung gestellt. Die belangte Behörde habe sich sodann mit der BF darauf geeinigt, das Verfahren aus verwaltungsökonomischen Gründen als Musterverfahren betreffend die vier verfahrensgegenständlichen Lehrbeauftragten zu führen. Dieser Sachverhalt sei sowohl seitens der belangten Behörde als auch der BF außer Streit gestellt worden.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass die vier gegenständlichen Lehrbeauftragten der BF auf Basis freier Dienstverträge tätig werden, diese aber aufgrund der Bestimmungen des Einkommenssteuergesetzes, konkret Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG in Verbindung mit Paragraph 47, Absatz eins und Absatz 2, EStG, der Lohnsteuerpflicht unterliegen würden und damit ex lege gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG Pflichtversicherung eingetreten sei. Somit würden externe Lehrbeauftragte, die vertragsrechtlich als freie Dienstnehmer zu qualifizieren seien, aufgrund der Fiktion des Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG sozialversicherungsrechtlich unbestritten als echte Dienstnehmer gelten. Gemäß Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG würden die Bestimmungen des ersten und zweiten Teils des BMSVG für freie Dienstverhältnisse iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG und für freie Dienstverhältnisse von geringfügig beschäftigten Personen gelten, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen würden. Somit würden auch lohnsteuerpflichtige freie Dienstnehmer, die aufgrund der Fiktion nach Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG für den Bereich des ASVG als echte Dienstnehmer gelten würden, in analoger Anwendung des Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG dessen Bestimmungen unterliegen. Sämtliche Arbeitsverhältnisse würden auf privaten Verträgen beruhen, weshalb analog zu Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG auch gemäß Paragraph eins, Absatz eins, BMSVG dieses zur Anwendung gelange. Es seien daher auch für externe Lehrbeauftragte Beiträge zur betrieblichen Mitarbeitervorsorgekasse zu leisten gewesen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF fristgerecht (Poststempel 25.03.2021) mit Schriftsatz ihrer bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 25.03.2021, bei der belangten Behörde am 30.03.2021 einlangend, das Rechtsmittel der Beschwerde. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos beheben; in eventu der Beschwerde stattgeben und den angefochtenen Bescheid beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid beheben und das Verfahren an die belangte Behörde zurückverweisen.
Begründend wurde – zusammengefasst ausgeführt - ausgeführt, dass die belangte Behörde unzuständig sei, da die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens des Anspruches eine zivilrechtliche Frage sei, die auf dem Zivilrechtsweg zu klären sei und die belangte Behörde somit ihre Zuständigkeit überschreite. Paragraph 6, Absatz 2, BMSVG verweise jedoch ausschließlich zum Zwecke der Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge und allfälliger Verzugszinsen auf Paragraphen 409 und 417a ASVG. Die belangte Behörde habe diesbezüglich lediglich die Funktion einer Inkassostelle und sei vom BMSVG nicht dazu berufen, über die Einbeziehung gewisser Gruppen freier Dienstnehmer in das BMSVG dem Grunde nach zu entscheiden. Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Zusammenhang mit dem BMSVG würden in die Zuständigkeit der Zivilgerichte fallen (Paragraph 50, Absatz eins, Ziffer eins, bzw. 2 ASGG). Demnach dürfe die belangte Behörde gemäß Paragraph 409, ASVG in Verbindung mit Paragraph 6, Absatz 2, BMSVG nur Bescheide über die Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge und allfälliger Verzugszinsen erlassen. Entscheidungen hinsichtlich der Beitragspflicht dem Grunde nach seien jedoch auf dem Zivilrechtsweg herbeizuführen. Zur Rechtsfrage, ob die belangte Behörde im Verwaltungsweg über den Geltungsbereich des Paragraph 6, Absatz 2, BMSVG hinaus entscheiden dürfe, liege bisher keine Entscheidung eines Gerichtes vor. Der Bescheid sei bereits wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde ersatzlos zu beheben.
Falls das Bundesverwaltungsgericht dennoch die Zuständigkeit der belangten Behörde bejahe, so werde hilfsweise die Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides geltend gemacht. Nach Anführung des mit Vereinbarung vom 15.02.2021 mit der belangten Behörde gemeinsam außer Streit gestellten Sachverhalts sowie ergänzendem Sachverhaltsvorbringen zur konkreten Vertragsausgestaltung der gegenständlichen Lehrauftragsnehmer wurde ausgeführt, dass nach Ansicht der BF gegenständlich der Anwendungsbereich des BMSVG nicht eröffnet sei. Verträge über Lehraufträge seien keine Arbeitsverhältnisse im Sinne des
§ 1 Absatz eins, BMSVG. Entgegen den Bestimmungen des Paragraph 4, ASVG beziehe sich der Begriff des Arbeitsverhältnisses in Paragraph eins, Absatz eins, BMSVG nicht auf den sozialversicherungs- bzw. steuerrechtlichen Begriff, sondern auf den arbeits- bzw. zivilrechtlichen vergleiche OGH vom 26.02.2019, 8 ObS 1/18g; vom 28.03.2017, 8 ObA 18/17f). Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG sehe deswegen auch eine Erweiterung des Anwendungsbereiches des BMSVG vor. Dort wären aber Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG in Verbindung mit Paragraph 47, EStG ebenfalls nicht angeführt. Der Anspruch auf Mitarbeitervorsorge werde auch von der Literatur als arbeitsrechtlich eingeordnet. Die zivilrechtliche Einordnung von Lehrauftragsnehmern sei streng von der sozialversicherungs- bzw. steuerrechtlichen Betrachtungsweise zu trennen. Dazu habe der OGH vergleiche etwa OGH vom 19.09.2001, 9 ObA 223/01m) bereits ausgesprochen, dass die Sozialversicherungspflicht freier Dienstverträge an der zivilrechtlichen Einordnung von Arbeitsverhältnissen nichts ändere. Gegenständliche Lehrauftragsnehmer würden arbeitsrechtlich freie Dienstnehmer seien und somit jedenfalls nicht Paragraph eins, Absatz eins, BMSVG unterfallen.
Weiters wäre auch nicht Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG im gegenständlichen Fall „analog“ anwendbar, da sich diese Bestimmung ausdrücklich und abschließend nur auf freie Dienstverhältnisse iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG, freie Dienstverhältnisse von geringfügig beschäftigten Personen nach Paragraph 5, Absatz 2, ASVG sowie freie Dienstverhältnisse von Vorstandsmitgliedern im Sinne des Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 6, ASVG, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen, beziehen würde. Lehrauftragsnehmer seien jedoch freie Dienstnehmer, die unstrittig gemäß der Fiktion des Paragraph 4, Absatz 2, letzter Satz ASVG unterfallen würden und somit nicht in den Anwendungsbereich des BMSVG einbezogen worden seien, zumal es sich um eine taxative Aufzählung handle. Taxative Aufzählungen seien in der Regel nicht analogiefähig und handle es sich gegenständlich auch nicht um eine planwidrige Lücke im Gesetz. Allgemein habe der VwGH zur Analogie im öffentlichen Recht ausgeführt, dass im Zweifel keine Lücke anzunehmen sei. Weiters sei zur Argumentation der planwidrigen Lücke noch auszuführen, dass Lehrauftragsnehmer wie die verfahrensgegenständlichen auch nach anderen Gesetzen, wie etwa dem FLAG oder dem Kommunalsteuergesetz keine Beiträge/Steuern abführen müssten. Es sei daher von einer systematischen Sonderstellung der Lehrauftragsnehmer auszugehen, die sich insbesondere aus dem nebenberuflichen Charakter der Lehrtätigkeit ergebe, da diese ja nachweislich einer (weiteren) voll sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachzugehen hätten.
Schließlich wurden noch Ausführungen zur Abgrenzung freier Dienstnehmer und echter Dienstnehmer, zur allenfalls bereits eingetretenen Verjährung der Beiträge vor dem 01.02.2017 sowie zu behaupteten Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte erstattet.
3. Der maßgebliche Verwaltungsakt wurde von der belangten Behörde samt Beschwerde und Vorlagebericht vom 20.08.2021 dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt und der Gerichtsabteilung G308 am 25.08.2021 zugewiesen.
Im Vorlagebericht der belangten Behörde wurde zum Einwand der Unzuständigkeit der belangten Behörde zusammengefasst ausgeführt, dass die Überprüfung einer etwaigen Versicherungspflicht von nicht oder nicht ordnungsgemäß angemeldeten Personen durch den Krankenversicherungsträger erfolge. Dies umfasse auch die Zuordnung zu einer bestimmten Beschäftigungsgruppe. Damit einher gehe auch die Feststellungsmöglichkeit des Unterliegens oder Nichtunterliegens gewisser Gruppen von (freien) Dienstnehmern unter den Anwendungsbereich des BMSVG. Gemäß Paragraph 41 a, ASVG habe die belangte Behörde die Einhaltung aller für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Tatsachen zu prüfen. Dazu gehöre nach Ziffer eins, leg. cit. insbesondere die Prüfung der Einhaltung der Meldeverpflichtungen in allen Versicherungs- und Beitragsangelegenheiten und der Beitragsabrechnung, welche ebenfalls die Frage der Anwendung bzw. Nichtanwendung des BMSVG für bestimmte Berufsgruppen beinhalte. Auch Paragraph 6, Absatz 5, BMSVG verweise auf den Entgeltbegriff des Paragraph 49, ASVG. Zudem widerspreche auch die gängige Verwaltungspraxis dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach über das Bestehen bzw. Nichtbestehen von BMSVG-Beiträgen seit der Einführung des BMSVG der Krankenversicherungsträger entscheide.
Zur vorgebrachten Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides werde festgehalten, dass die belangte Behörde ihre Rechtsansicht in erster Linie auf Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG stütze und folge sie damit der Rechtsansicht des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger (damals Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger) wonach basierend auf einer rechtlichen Stellungnahme des BMWA, Sektion römisch III, vom 20.12.2007 ergänzend darauf hingewiesen worden sei, dass lohnsteuerpflichtige freie Dienstnehmer, die aufgrund der Fiktion des Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG für den Bereich des ASVG als „echte“ Dienstnehmer gelten würden, auch in analoger Anwendung des Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG dem BMSVG unterliegen würden. Für die Einbeziehung externer Lehrbeauftragter in das BMSVG spreche zudem auch die sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung von freien Dienstnehmern gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG mit echten Dienstnehmern gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG. Auch den Materialien zur Regierungsvorlage 300 BlgNR römisch 23 . Gesetzgebungsperiode sei zu entnehmen, dass es die eindeutige Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, eine umfassende Einbeziehung aller privatrechtlichen (freien) Dienstverhältnisse, die der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegen, in den Anwendungsbereich des BMSVG zu gewährleisten. Nach Ansicht der belangten Behörde liege eine planwidrige Lücke vor, deren Schließung durch analoge Anwendung des Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG zulässig und auch geboten sei.
Es werde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge die Beschwerde als unbegründet abweisen.
4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.09.2021 wurde der BF der Vorlagebericht der belangten Behörde vom 20.08.2021 zur Stellungnahme binnen drei Wochen übermittelt.
5. Am 24.09.2021 langte die mit 23.09.2021 datierte Stellungnahme der Rechtsvertretung der BF beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Betreffend die vorgebrachte Unzuständigkeit der belangten Behörde wurde darin ergänzt,
§ 41a ASVG biete keine Grundlage für die Zuständigkeit der belangten Behörde, über Rechtsfragen – wie gegenständlich über die Reichweite des Geltungsbereichs des BMSVG – abzusprechen. Auch der Argumentation der belangten Behörde betreffend den Verweis auf den sozialversicherungsrechtlichen Entgeltbegriff des Paragraph 49, ASVG in Paragraph 6, Absatz 5, BMSVG könne nicht gefolgt werden. Die angeführte „gängige Verwaltungspraxis“ sei bisher noch keinerlei gerichtlichen Überprüfung unterzogen worden. Gemäß Paragraph eins, JN seien Rechtssachen im Zweifel zudem den ordentlichen Gerichten zuzuordnen. Die belangte Behörde sei unzuständig und der angefochtene Bescheid daher ersatzlos zu beheben.
Zum Eventualvorbringen bezüglich der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides werde auf die Punkte B und C römisch II der Beschwerde verwiesen.
Weder die Auslegung von Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG im Hinblick auf den Willen des historischen Gesetzgebers noch der Gesetzeswortlaut könnten eine Einbeziehung der gegenständlichen Lehrauftragsnehmer in das BMSVG begründen. Sogar das BMWA selbst sehe in seiner Stellungnahme von 2007 bei strenger Wortinterpretation keinen Anknüpfungspunkt dafür im Gesetz. Die Argumentation der belangten Behörde, der Gesetzgeber habe alle unselbstständigen nach dem ASVG pflichtversicherten Arbeits- und freien Dienstverhältnisse in den Anwendungsbereich des BMSVG bringen wollen und, dass die einzigen Ausnahmen vom Anwendungsbereich des BMSVG explizit in Paragraph eins, Absatz 2, BMSVG angeführt seien, halte einer näheren Betrachtung nicht stand, seien doch etwa Heimarbeiter nach dem Heimarbeitsgesetz, welche gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 7, ASVG pflichtversichert seien, nach Paragraph 27 b, des Heimarbeitsgesetzes nach wie vor der „Abfertigung alt“ unterstellt. Nach Ansicht der BF liege (mit näher ausgeführter Begründung) auch keine planwidrige Lücke vor, zumal für die Gruppe der Lehrauftragnehmer auch etwa bei der Kommunalsteuer Sonderregelungen getroffen worden seien. Ebenfalls nicht dem BMSVG würden GmbH-Geschäftsführer unterliegen, die gemäß
§ 47 Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG und Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer eins, Litera b, EStG unterlägen. Dabei handle es sich um Gesellschaftergeschäftsführer mit einer Beteiligung von bis zu 25 Prozent und einer im Gesellschaftsvertrag verankerten Sperrminorität. Diese wären ebenfalls fiktiv Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG und würden dennoch nicht dem BMSVG unterliegen.
Die bisherigen Anträge wurden wiederholt.
6. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.09.2021 wurde der belangten Behörde die Stellungnahme der BF vom 23.09.2021 zur Gegenäußerung binnen drei Wochen übermittelt.
7. Am 22.10.2021 langte die mit 19.10.2021 datierte Stellungnahme der belangten Behörde beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Der BF werde insofern zugestimmt, als zur Zuständigkeitsfrage noch keinerlei gerichtliche Überprüfung stattgefunden habe. Es werde seitens der belangten Behörde dennoch an den diesbezüglichen Ausführungen im Vorlagebericht vom 20.08.2021 festgehalten.
Das nunmehr geltende Abfertigungssystem des BMSVG habe sich zu einem beitragsabhängigen Versicherungssystem entwickelt, dass seinem Wesen nach dem Bereich der Sozialversicherung zuzuordnen sei und seien sehr enge Anknüpfungen an Bestimmungen des ASVG gegeben. Das System sei mit jenem betreffend Schlechtwetterentschädigungen vergleichbar. Beide Systeme seien ein beitragsabhängiges, an das Entgelt iSd Paragraph 49, ASVG gebundenes, Versicherungssystem. Gemäß Paragraph 12, Absatz 5, Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetz wären Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Leistung des Schlechtwetterentschädigungsbeitrages nach dem für die Sozialversicherungsbeiträge geltenden Verfahren zu entscheiden und komme in diesem Verfahren der Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAG) Parteistellung zu. Eine vergleichbare ausdrückliche Regelung fehle im BMSVG. Aufgrund einer vergleichbaren Anwendung bzw. Durchführung beider Systeme könne jedoch auch gegenständlich von einer bei der belangten Behörde liegenden Zuständigkeit ausgegangen werden.
Zum Vorbringen der BF der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des Bescheides werde ergänzt, dass mit dem ursprünglichen Gesetzesentwurf lediglich freie Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG, die gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 14, ASVG hinsichtlich der Vollversicherung den Dienstnehmern ach Paragraph 4, Absatz 2, ASVG gleichgestellt seien, in das BMSVG einbezogen hätten werden sollen. Erst aufgrund des Begutachtungsverfahrens sei der Personenkreis erweitert worden. Es sei daher eindeutige Absicht des Gesetzgebers gewesen, eine umfassende Einbeziehung aller privatrechtlichen freien Dienstverhältnisse, die der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegen, zu gewährleisten. Eine der BF vorschwebende Einschränkung widerspreche dem Vorsorgegedanken.
Es sei der BF zuzustimmen, dass auch das BMWA bei strenger Wortinterpretation den lohnsteuerpflichtigen freien Dienstnehmern, die aufgrund der gegenständlich relevanten Fiktion der Vollversicherungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG unterliegen würden, nicht vom BMSVG erfasst sei. Dennoch gehe das BMWA von einer planwidrigen Lücke und einer analogen Anwendbarkeit der Bestimmungen des BMSVG aus. Darüber hinaus würden die Lehrauftragsnehmer ohne die Fiktion des Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG mit einem freien Dienstverhältnis nach Paragraph 4, Absatz 4, ASVG der Pflichtversicherung unterliegen und würden dann sehr wohl in den Anwendungsbereich des BMSVG fallen.
Es werde beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Nachfolgender Sachverhalt wurden von der BF und der belangten Behörde mit Schreiben vom 15.02.2021 gemeinsam außer Streit gestellt und wird – mangels Hinweisen des erkennenden Gerichtes, dass diesbezüglich tatsächlich ein anderer Sachverhalt vorliegt – auch der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt [Fehler im Original, Anm.] vergleiche aktenkundiges Schreiben vom 15.02.2021):
„Die römisch 40 Gesellschaft mbH [BF, Anm.] betreibt unter der Geschäftsanschrift […] eine Fachhochschule. Für die von ihr angebotenen Studien- und Lehrgänge beauftragt sie für die Vortragstätigkeit eine Vielzahl an externen Lehrbeauftragten.
Die vortragenden Lehrbeauftragten wurden von der [BF] bis Ende 2018 in der Beitragsgruppe D1p (bzw. entsprechend der jeweiligen Altersgruppen in D2p, D2pu etc.) als lohnsteuerpflichtige Dienstnehmer, im Fall einer geringfügigen Beschäftigung in der Beitragsgruppe N24 als geringfügig beschäftigte Angestellte auf dem Beitragskonto 227453-1 gemeldet.
In die Beitragsgruppe D1p (inkl. der entsprechenden dazugehörigen Altersgruppe) fallen Personen (ausgenommen Vorstände), die der Lohnsteuerpflicht gemäß Paragraph 47, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG 1988 unterliegen und deshalb Dienstnehmer gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG sind, sofern diese Personen nicht dem Angestelltengesetz unterliegen.
Die externen Lehrbeauftragen unterliegen unstrittigerweise Paragraph 4, Absatz 2, ASVG in Verbindung mit Paragraph 47, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG 1988 in Verbindung mit Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988.
Für die Lehrbeauftragten wurden von der [BF] ordnungsgemäß die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge abgeführt, Beiträge an die Betriebliche Mitarbeitervorsorgekasse wurden nicht entrichtet.
Im Rahmen der gemeinsamen Prüfung Lohnabgaben und Beiträge (GPLB) für den Zeitraum 1.1.2016 bis 31.12.2018 wurde von der [BF] mit Beitragsabrechnung vom 6.7.2020 die Beiträge zur Mitarbeitervorsorgekasse für die im Prüfbericht vom 7.7.2020 genannten externen Lehrbeauftragten auf dem Beitragskonto 227453-1 gemeldeten Personen in den dort angeführten Zeiträumen in Rechnung gestellt.
Mit Schreiben vom 8.7.2020 beauftragte die [BF] die Ausfertigung eines Bescheides über den in der Beitragsabrechnung vom 6.7.2020 bzw. im Prüfbericht vom 7.7.2020 ausgewiesenen Betrag iHv € 178.398,25 exkl. Zinsen.
In weiterer Folge kam die Österreichische Gesundheitskasse mit der [BF] überein, dass das Verfahren aus verwaltungsökonomischen Gründen als ein Musterverfahren anhand von vier von der [BF] (namentlich: Herr römisch 40 , Herr römisch 40 , Herr römisch 40 sowie Herr römisch 40 ) durchzuführen ist.
Um eine Vorausleistung der strittigen BV-Beiträge (vor endgültiger Klärung der Rechtsfrage durch die Gerichte) an die jeweilige Mitarbeitervorsorgekasse durch die ÖGK zu vermeiden, wurde seitens der ÖGK das vorläufige Prüfungsergebnis auf dem Beitragskonto 227453-1 der [BF] vorläufig auf 0 gesetzt.
Vorstehender Sachverhalt wird von den Parteien außer Streit gestellt.“
1.2. Ergänzend werden vom Bundesverwaltungsgericht nachfolgende Feststellungen getroffen:
Mit den verfahrensgegenständlichen Lehrauftragsnehmern wurden Lehrverträge iSd Fachhochschulgesetzes abgeschlossen. Bei den gegenständlichen Lehrauftragsnehmern handelt es sich ausschließlich um nebenberufliche Lehrauftragsnehmer, die zusätzlich zum Lehrauftrag nachweislich einer anderen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgingen oder im Ruhestand iSd Paragraph 7, Absatz 2, Ziffer 3, FHG waren vergleiche aktenkundige Vertragskopien sowie allgemeine Vertragsbedingungen der BF für die Durchführung des Lehrauftrages Stand Mai 2016 sowie vom 21.06.2018; darüber hinaus unstrittig).
Den Lehrauftragnehmern wurde bei der Abhaltung ihres Lehrauftrages eine gemäß Paragraph 8, Absatz 3, Ziffer 5, FHG entsprechende Autonomie mit ausdrücklicher Weisungsfreiheit bezüglich der wissenschaftlichen Inhalte und der methodischen Gestaltung iSd Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer eins, FHG eingeräumt vergleiche aktenkundige Vertragskopien sowie allgemeine Vertragsbedingungen der BF für die Durchführung des Lehrauftrages Stand Mai 2016 sowie vom 21.06.2018; darüber hinaus unstrittig).
Die Lehrauftragsnehmer waren auch bezüglich der Festsetzung der Termine für die Abhaltung der Lehrveranstaltung unter Berücksichtigung pädagogischer Grundsätze und organisatorischer Voraussetzungen in Abstimmung mit dem Studiengangleiter frei. Es bestanden keine Ansprüche auf Urlaub oder Honorierungsansprüche für nicht abgehaltene Unterrichtseinheiten. Im Falle einer Verhinderung hatten die Lehrauftragsnehmer für eine Vertretung zu sorgen und für die Honorierung des Vertreters selbst zu sorgen vergleiche aktenkundige Vertragskopien sowie allgemeine Vertragsbedingungen der BF für die Durchführung des Lehrauftrages Stand Mai 2016 sowie vom 21.06.2018; darüber hinaus unstrittig).
In den Vertragsbedingungen zum Stand 21.06.2018 wird zudem auszugsweise ausdrücklich festgehalten:
„[…]
5. Die Leistungserbringung erfolgt in persönlicher Unabhängigkeit, insbesondere in selbstbestimmter freier Zeiteinteilung und freier Ortswahl. Allerdings kann sich aus der Natur der Leistung hinsichtlich Zeit und Ort Abweichendes ergeben. Bei der Festsetzung der Termine und Orte für die Abhaltung der Lehrveranstaltung und Prüfungen ist die/der Lehrende unter Rücksichtnahme auf pädagogische Grundsätze, betrieblichen und organisatorischen Voraussetzungen in Abstimmung mit der Studienleitung frei.
[…]
7. Die/Der Lehrende verfügt über ein Vertretungsrecht gemäß Paragraph 7, Absatz 3, FHStG bzw. hat er/sie sich bei Verhinderung vertreten zu lassen und kann GehilfInnen einsetzen, dies alles auf eigene Kosten und eigenes Risiko. Von einer Vertretung während der Lehrveranstaltung hat der/die Lehrende die Studiengangsleitung vorab unter Nennung der Vertretung zu verständigen.
[…]
10. Die Begründung eines echten Dienstverhältnisses in zivil-/arbeitsrechtlicher Hinsicht wird von den Parteien keinesfalls intendiert. Kollektivvertragliche oder sonstige arbeitsrechtliche Normen, insbesondere hinsichtlich Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaub, Pflegefreistellung, Sonderzahlungen etc., kommen nicht zur Anwendung. Die Auslegung des Vertrages hat strikt unter diesen Gesichtspunkten zu erfolgen. Es besteht insbesondere auch kein Anspruch auf Honorierung – aus welchen Gründen auch immer – nicht gehaltener Unterrichtseinheiten.
[…]
13. Der/Die Lehrende bestätigt, in seinem Hauptberuf wirtschaftlich versorgt zu sein und erklärt ausdrücklich im Rahmen seines Hauptberufes einer voll sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit im Sinne des Paragraph 7, Absatz 2, Ziffer 3, FHStG nachzugehen; die Tätigkeit im Rahmen des Lehrauftrages ist eine nebenberufliche.
14. Der Erhalter wird, sofern nach Prüfung des Lehrauftrages eine Sozialversicherungspflicht festgestellt wurde, die/den Lehrenden beim zuständigen Sozialversicherungsträger – in der Regel über einen Zeitraum von 6 Monaten – zur Anmeldung bringen. Diesfalls werden die allfälligen auftragnehmer- bzw. auftraggeberseitigen Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt. Im Fall einer festgestellten Lohnsteuerpflicht wird der Erhalter die anteilige Lohnsteuer einbehalten und an das zuständige Finanzamt abführen.
[…]“
Der Lehrumfang der gegenständlichen und nebenberuflichen Lehrauftragsnehmer umfasst maximal 6 Semesterwochenstunden (in Einklang mit Paragraph 7, Absatz 2, Ziffer 2, FHG). Sie unterliegen keiner Zeiterfassungspflicht, erhalten keine persönlichen Weisungen in Hinblick auf die Dienstleistung und sind im Sinne der Hochschulautonomie frei in der Gestaltung der Lehrveranstaltungen. Sie bekommen von der BF auch keinerlei Arbeitsmittel wie Lehrunterlagen oder Laptops gestellt vergleiche Beschwerde vom 25.03.2021; darüber hinaus unstrittig).
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Gerichtsakts.
Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und sind darüber hinaus seitens der Parteien außer Streit gestellt worden bzw. unstrittig. Diese Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.
Strittig sind im gegenständlichen Fall zudem ausschließlich Rechtsfragen. Diesbezüglich wird auf die rechtliche Beurteilung verwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Anzuwendendes Recht:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. römisch eins Nr. 2013/33 idgF. BGBl. römisch eins 2018/57, geregelt (Paragraph eins, leg. cit.).
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Paragraph 27, VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des Paragraph 9, VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Absatz eins, Ziffer 3 und Ziffer 4, leg. cit. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.
Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Paragraph 31, Absatz eins, VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Stattgabe der Beschwerde:
Im gegenständlichen Fall ist einerseits strittig, ob der belangten Behörde als Krankenversicherungsträger die Zuständigkeit dahingehend zukommt, bescheidmäßig festzustellen, dass bestimmte (freie) und sozialversicherungspflichtige Dienstverhältnisse in den Anwendungsbereich des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbstständigenvorsorgegesetzes (BMSVG) fallen oder nicht. Andererseits ist strittig, ob die verfahrensgegenständlichen Lehrauftragsnehmer in den Anwendungsbereich des BMSVG fallen und somit von der BF entsprechende Beiträge zur Mitarbeitervorsorgekasse zu leisten gewesen wären.
3.2.1. Zur Zuständigkeit der belangten Behörde:
Gemäß Paragraph 5, BMSVG idgF Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 199 aus 2021, sind, soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, diese in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.
Gemäß Paragraph 6, Absatz 2, BMSVG (jeweils gleichlautend in der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung der belangten Behörde am 09.03.2021 sowie zum Entscheidungszeitpunkt des erkennenden Gerichtes geltenden Fassungen Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 135 aus 2020, sowie Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 78 aus 2021,) sowie auch bereits seit Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 36 aus 2005,) sind für die Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge und allfälliger Verzugszinsen die Paragraphen 59,, 62, 64 und 409 bis 417a ASVG anzuwenden. Weiters sind die Paragraphen 65 bis 68 und 69 ASVG anzuwenden. Der zuständige Träger der Krankenversicherung hat die Einhaltung der Melde- und Beitragspflichten durch den Arbeitgeber im Zuge der Sozialversicherungsprüfung gemäß Paragraph 41 a, ASVG zu prüfen.
Mit dem Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 36 aus 2005, wurde in Paragraph 6, Absatz 2, BMVG klargestellt, dass hinsichtlich des Eintreibungsverfahrens der gesamte Abschnitt „Verfahren vor den Versicherungsträgern“ (Paragraphen 409 bis 417a ASVG) und nicht nur der bisher ausdrücklich angeführte Paragraph 410, ASVG anzuwenden ist vergleiche 853 dBlgNR römisch 22 . GP, S 3).
Die Paragraphen 417 und 417a ASVG (betreffend die Nichterklärung von Bescheiden sowie die Zurückverweisung durch den Landeshauptmann und das Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales) wurden mit Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2013, aufgehoben und traten gemäß
§ 673 Absatz 2, ASVG (Schlussbestimmung zu Artikel eins, des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2013, (80. Novelle)) mit Ablauf des 31.12.2013 außer Kraft.
Demnach sind im gegenständlichen Verfahren die Paragraphen 409, (Zuständigkeit der Versicherungsträger in Verwaltungssachen), 410 (Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen), 411 (Wirkung der Bescheide der Krankenversicherungsträger in anderen Versicherungen), 412 (Entscheidungen über die Versicherungs(Leistungs)zugehörigkeit und –zuständigkeit), 412a bis 412e (Verfahren zur Klärung der Versicherungszuordnung), 413 (Entscheidungen über Streitigkeiten zwischen Versicherungsträgern (und dem Dachverband)), 414 (Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht), 415 (Revision) und 416 (Nichtigerklärung von Bescheiden) ASVG anzuwenden.
Gemäß Paragraph 409, ASVG idgF Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2013, sind die Versicherungsträger im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zur Behandlung der Verwaltungssachen berufen. Zur Behandlung der Verwaltungssachen, welche die Versicherungspflicht sowie den Beginn und das Ende der Versicherung von Vollversicherten, von in der Kranken- und Unfallversicherung Teilversicherten (Paragraph 7, Ziffer eins und Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer 4,) und von in der Unfall- und Pensionsversicherung Teilversicherten (Paragraph 7, Ziffer 2,) und von in der Unfallversicherung Teilversicherten (Paragraph 7, Ziffer 3, Litera a,) und die Beiträge für solche Versicherten betreffen, soweit deren Einhebung den Trägern der Krankenversicherung obliegt, sind, unbeschadet der Bestimmung des Paragraph 411,, die Träger der Krankenversicherung berufen. Das gleiche gilt für die Zuständigkeit zur Behandlung von Verwaltungssachen, welche die Versicherungsberechtigung sowie den Beginn und das Ende der Versicherung von in der Kranken- und Pensionsversicherung Selbstversicherten (Paragraph 19 a,) betreffen.
Entgegen den diesbezüglichen Ausführungen in der Beschwerde, wonach nach Ansicht der BF die belangte Behörde gemäß Paragraph 409, ASVG lediglich dazu berufen sei, über die Eintreibung nicht rechtzeitig entrichteter Beiträge und allfälliger Verzugszinsen Bescheide zu erlassen, konstituiert Paragraph 409, ASVG auch eine Zuständigkeit der belangten Behörde zur Behandlung der (aller) Verwaltungssachen, welche die Beiträge für (in Paragraph 409, ASVG genannte) Versicherte betreffen, soweit deren Einhebung den Trägern der Krankenversicherung obliegt.
Gemäß Paragraph 6, BMSVG obliegt die Eintreibung/Einhebung der Beiträge zur betrieblichen Mitarbeitervorsorge dem für den Arbeitnehmer zuständigen Krankenversicherungsträger. Somit ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes in Verbindung mit Paragraph 409, ASVG auch die Zuständigkeit der belangten Behörde in allen anderen diesbezüglichen Verwaltungssachen gegeben. Insbesondere ist die belangte Behörde gemäß Paragraph 6, Absatz 2, BMSVG dazu berufen, die Einhaltung der Beitragspflichten zu prüfen.
Gemäß Paragraph 6, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph eins, Absatz eins, BMSVG ist zwar nicht das Bestehen der Pflichtversicherung nach dem ASVG vergleiche hingegen Paragraphen 49 und 62 BMSVG, wo jeweils - unter anderem - an die Pflichtversicherung nach dem GSVG bzw. nach dem BSVG, FSVG und NVG angeknüpft wird), jedoch das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses, das auf einem privatrechtlichen Vertrag beruht, (notwendige) Voraussetzung (und damit Vorfrage) für die von der belangten Behörde festzustellende Beitragspflicht vergleiche VwGH vom 14.01.2013, 2012/08/0292).
Die Einbeziehung eines Arbeitsverhältnisses in das BMSVG ist somit eine notwendige Vorfrage, deren Beurteilung unerlässliche Voraussetzung dafür ist, ob eine Beitragspflicht überhaupt besteht und in weiterer Folge, ob Melde- und Beitragspflichten eingehalten wurden.
Wenngleich im 1. Teil des BMSVG betreffend die Mitarbeitervorsorge keine derart deutliche Bestimmung vorhanden ist, so normiert zudem der 4. Teil des BMSVG betreffend die Selbstständigenvorsorge für Personen, die der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem GSVG unterliegen, in Paragraph 52, Absatz 2, BMSVG betreffend Beitragsrecht und Beitragsleistung ausdrücklich, dass die Feststellung der Beitragsverpflichtung dem Grunde und der Höhe nach eine Verwaltungssache gemäß der Paragraphen 409 bis 417a ASVG in Verbindung mit Paragraph 194, GSVG ist.
Sofern dazu seitens der BF noch angeführt wird, dass Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Zusammenhang mit dem BMSVG gemäß Paragraph 50, Absatz eins, Ziffer eins, bzw. 2 ASGG durchzusetzen wären, ist damit nichts gewonnen, da diese Bestimmungen nicht einschlägig sind. Arbeitnehmer haben im Bereich des BMSVG gemäß Paragraph 14, Absatz eins, BMSVG Ansprüche gegenüber der Mitarbeitervorsorgekasse auf Abfertigung, nicht jedoch gegenüber dem Arbeitgeber. Derartige Ansprüche sind zivilrechtliche Ansprüche und gemäß Paragraph 50, Absatz eins, Ziffer 7, ASGG auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen.
Wie auch der OGH in seiner Entscheidung vom 26.11.2012, 9 ObA 120/12f, ausgeführt hat, enthält das BMSVG eine Gliederung in der – so wie im ASVG – zwischen „Beitragsrecht“ und „Leistungsrecht“ unterschieden wird vergleiche dazu auch die Ausführungen des OGH in der Entscheidung vom 28.03.2017, 8 ObA 18/17f).
Während somit Ansprüche der Arbeitnehmer aus dem BMSVG dem „Leistungsrecht“ zuordenbar und wie auch im ASVG auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen sind, ist das „Beitragsrecht“ dem Verwaltungsrecht zuzuordnen und auf dem Verwaltungsweg, daher durch Bescheid der belangten Behörde und eine allfällige Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht geltend zu machen.
Insgesamt kann dem Einwand der BF, es wäre im gegenständlichen Fall hinsichtlich der Feststellung der Beitragspflicht dem Grunde nach erst eine Entscheidung auf dem Zivilrechtsweg herbeizuführen, daher nicht gefolgt und eine Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht erkannt werden.
3.2.2. Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides:
3.2.2.1. Rechtsgrundlagen:
Paragraph 4, ASVG (diesbezüglich jeweils gleichlautend in der von 01.01.2014 bis 31.08.2016 geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 187 aus 2013, sowie in der seit 01.09.2016 geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 75 aus 2016,) lautet auszugsweise:
„§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den Paragraphen 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach Paragraph 7, nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;
[…]
6. Vorstandsmitglieder (Geschäftsleiter) von Aktiengesellschaften, Sparkassen, Landeshypothekenbanken sowie Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit und hauptberufliche Vorstandsmitglieder (Geschäftsleiter) von Kreditgenossenschaften, alle diese, soweit sie auf Grund ihrer Tätigkeit als Vorstandsmitglied (GeschäftsleiterIn) nicht schon nach Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, pflichtversichert sind;
14. die den Dienstnehmern im Sinne des Absatz 4, gleichgestellten Personen.
(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 45 aus 2005,, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach Paragraph 47, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um
1. Bezieher von Einkünften nach Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, Litera a, oder b EStG 1988 oder
2. Bezieher von Einkünften nach Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, Litera c, EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder
3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.
Anmerkung, Absatz 3, aufgehoben durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 139 aus 1997,)
(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für
1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),
wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,
a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins bis 3 GSVG oder Paragraph 2, Absatz eins, BSVG oder nach Paragraph 2, Absatz eins und 2 FSVG versichert sind oder
b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer eins, Litera f, B-KUVG handelt oder
c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder
d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.“
Gemäß Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 (jeweils gleichlautend in der von 01.01.2016 bis 31.12.2017 geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 34 aus 2015, sowie in der von 01.01.2018 bis 29.10.2019 geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 105 aus 2017,) sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Arbeitslohn) Bezüge, Auslagenersätze und Ruhe-(Versorgungs-)Bezüge von Vortragenden, Lehrenden und Unterrichtenden, die diese Tätigkeit im Rahmen eines von der Bildungseinrichtung vorgegebenen Studien-, Lehr- oder Stundenplans ausüben und zwar auch dann, wenn mehrere Wochen- oder Monatsstunden zu Blockveranstaltungen zusammengefasst werden.
Paragraph 47, EStG 1988 in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 34 aus 2015, (in Geltung von 01.01.2016 bis 22.10.2019) lautet auszugsweise:
„§ 47. (1) Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Paragraph 25,) wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), wenn im Inland eine Betriebsstätte (Paragraph 81,) des Arbeitgebers besteht. Arbeitnehmer ist eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des Paragraph 25, auszahlt. Die Einkommensteuer für Bezüge und Vorteile von ausländischen Einrichtungen im Sinne des Paragraph 5, Ziffer 4, des Pensionskassengesetzes ist durch Abzug vom Arbeitslohn auch dann zu erheben, wenn die ausländische Einrichtung im Sinne des Paragraph 5, Ziffer 4, des Pensionskassengesetzes im Inland über keine Betriebsstätte (Paragraph 81,) verfügt; für die Erhebung ist das Finanzamt Graz-Stadt zuständig.
(2) Ein Dienstverhältnis liegt vor, wenn der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft schuldet. Dies ist der Fall, wenn die tätige Person in der Betätigung ihres geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Ein Dienstverhältnis ist weiters dann anzunehmen, wenn bei einer Person, die an einer Kapitalgesellschaft nicht wesentlich im Sinne des Paragraph 22, Ziffer 2, beteiligt ist, die Voraussetzungen des Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer eins, Litera b, vorliegen. Ein Dienstverhältnis ist weiters bei Personen anzunehmen, die Bezüge gemäß Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4 und 5 beziehen.
[…]“
Der mit „Geltungsbereich“ betitelte Paragraph eins, des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbstständigenvorsorgegesetzes (BMSVG) in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 102 aus 2007, lautete:
„§ 1. (1) Die Bestimmungen des 1., 2. und 3. Teiles gelten für Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen.
(1a) Die Bestimmungen des 1. und 2. Teiles und Paragraph 48, Absatz eins, gelten für freie Dienstverhältnisse im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), Bundesgesetzblatt Nr. 189 aus 1955,, für freie Dienstverhältnisse von geringfügig beschäftigten Personen (Paragraph 5, Absatz 2, ASVG) sowie für freie Dienstverhältnisse von Vorstandsmitgliedern im Sinne des Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 6, ASVG, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen mit der Maßgabe, dass
1. an die Stelle der Begriffe „Arbeitgeber“, „Arbeitnehmer“ und „Arbeitsverhältnis“ die Begriffe „Dienstgeber“, „freier Dienstnehmer“ und „freies Dienstverhältnis“ in der richtigen grammatikalischen Form treten,
2. die Paragraphen 6, Absatz 4,, 7 Absatz 6 und 6a, 9 Absatz 2, 4. bis 6. Satz, Absatz 3 und 4, 10 Absatz 2 und 3, 14 Absatz 2, Ziffer 4, letzter Satz nicht anzuwenden sind,
3. für freie Dienstnehmer, welchen das Entgelt für längere Zeiträume als einen Monat gebührt, das monatliche Entgelt im Hinblick auf die Berechnung der fiktiven Bemessungsgrundlage nach Paragraph 7, Absatz 3, oder 4 nach Paragraph 44, Absatz 8, ASVG zu berechnen ist.
(2) Ausgenommen sind Arbeitsverhältnisse und freie Dienstverhältnisse
1. zu Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden;
2. der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter im Sinne des Landarbeitsgesetzes 1984, Bundesgesetzblatt Nr. 287;
3. zum Bund, auf die dienstrechtliche Vorschriften anzuwenden sind, die den Inhalt der Arbeitsverhältnisse zwingend regeln;
4. zu Stiftungen, Anstalten, Fonds oder sonstigen Einrichtungen, auf die das Vertragsbedienstetengesetz 1948 (VBG), Bundesgesetzblatt Nr. 86, gemäß Paragraph eins, Absatz 2, VBG oder auf Grund sonstiger gesetzlicher Bestimmungen anzuwenden ist;
5. die dem Kollektivvertrag gemäß Paragraph 13, Absatz 6, des Bundesforstegesetzes 1996, Bundesgesetzblatt Nr. 793, unterliegen.“
3.2.2.2. Für den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus:
Die verfahrensgegenständlichen Lehrauftragsnehmer beziehen unstrittig gemäß Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit und unterliegen als solche gemäß Paragraph 47, Absatz eins und 2 EStG 1988 der Lohnsteuerpflicht. Gemäß Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG gelten die Lehrauftragsnehmer daher aufgrund dieser gesetzlichen Fiktion als nach dem ASVG vollversicherte Dienstnehmer.
Im gegenständlichen Fall ist daher ausschließlich strittig, ob die Lehrauftragsnehmer in den Geltungsbereich des BMSVG fallen oder nicht.
Das BMSVG gilt gemäß Paragraph eins, Absatz eins, leg. cit. für Arbeitsverhältnisse, die auf einem privatrechtlichen Vertrag beruhen. Nach herrschender Ansicht vergleiche Spielbüchler, AR I4 49; Löschnigg, AR13 Rz 4/001 ff) ist das Arbeitsverhältnis ein Rechtsverhältnis, das zur Arbeitsleistung für einen anderen verpflichtet; es wird durch einen Arbeitsvertrag (Paragraph 1151, Absatz eins, ABGB) begründet vergleiche K. Mayr in Neumayr/Reissner, ZellKomm³ Paragraph eins, BMSVG Rz 1 (Stand 01.01.2018, rdb.at)).
Wesentliche Elemente eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses sind: a) ein zeitliches Verpflichtungsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, b) Arbeit unter der Leitung und Führung, c) mit den Arbeitsmitteln des Arbeitgebers, d) persönliche Arbeitspflicht und persönlicher Anspruch auf die Arbeit, e) Treue- und Diligenzpflicht des Arbeitnehmers auf der einen und Fürsorgepflicht des Dienstgebers auf der anderen Seite, f) persönliche und wirtschaftliche Unterordnung des Arbeitnehmers in den Organismus des Unternehmens des Arbeitgebers vergleiche OGH 26.02.1952 EvBl 1952, 212, ähnlich OGH 20.09. 1951 Arb 5300); ausschließliches Zurverfügungstellen der ganzen Arbeitskraft ist nicht erforderlich (LGZ Wien 25.10.1935 JBl 1936, 126); g) der wirtschaftliche Erfolg der Arbeitsleistung kommt dem Dienstgeber zugute (OGH 02.10.1956 SozM römisch eins A e 174) vergleiche Mayr, Arbeitsrecht Paragraph 1151, ABGB E 1 (Stand 01.12.2020, rdb.at)).
Der Arbeitsvertrag im Sinne des Paragraph 1151, ist vor allem durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers, also durch dessen Unterworfenheit unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers, gekennzeichnet, die sich in organisatorischer Gebundenheit, insbesondere an Arbeitszeit, Arbeitsort und Kontrolle – nicht notwendig auch an Weisungen über die Art der Ausführung der Tätigkeit – äußert vergleiche Mayr, Arbeitsrecht Paragraph 1151, ABGB E 2, mwN).
Die Paragraphen 1151, ff ABGB erfassen und regeln also (unmittelbar) nur den Arbeitsvertrag (Rz 8). Verträge über Dienste, bei denen die Dienstleistung nicht in persönlicher Abhängigkeit erfolgt, fallen daher nicht unter „Dienstvertrag“ iSd Paragraphen 1151, ff. Nicht alle diese Verträge erfüllen aber die Voraussetzungen eines Werkvertrags iSd Paragraphen 1165, ff oder der Geschäftsbesorgung. Die Vertragsfreiheit ermöglicht es, Verträge über Dienste bzw. Arbeiten abzuschließen, die keinem gesetzlichen Vertragstypus entsprechen. Als solcherart unbenannter Vertragstyp (Innominatkontrakt) über Dienstleistungen hat sich der freie Dienstvertrag herausgebildet vergleiche Rz 127 ff). Da der freie Dienstvertrag gesetzlich nicht geregelt ist, kann er verschieden gestaltet werden. Für ihn gelten nur die allgemeinen Bestimmungen für Verträge; manche arbeitsrechtlichen Vorschriften, auch aus den Paragraphen 1151, ff, werden analog angewendet (Rz 129 ff) vergleiche Rebhahn in Neumayr/Reissner, Zellkomm³ Paragraph 1151, ABGB Rz (Stand 01.01.2018, rdb.at))
Fachschullektoren sind freie Dienstnehmer vergleiche OGH 28.11.2007, 9 ObA 165/07s, ecolex 2008/127, 353); ebenso ein Lektor, der weder Weisungen noch der Kontrolle durch die Universität unterlag und nur sehr lose in die Organisation ihres Betriebs eingebunden war, die abgehaltene Lehrveranstaltung zeitlich und örtlich seinem Wunsch entsprechend festgelegt wurde und auch deren Gestaltung – abgesehen vom vorgegebenen Thema – ihm überlassen war und er sich nach seinem Ermessen bei Verhinderung von einem anderen Lektor vertreten lassen konnte oder aber den Termin nachholen oder entfallen lassen konnte vergleiche OGH 18.11.2019, 8 ObA 49/19t, N@HZ 2020/244, 30 = RdW 2020/229, 276) vergleiche Mayr, Arbeitsrecht Paragraph 1151, ABGB E 260e (Stand 01.12.2020, rdb.at)).
Wie die BF in ihrer Beschwerde zutreffend ausführt, sind die Lehrauftragsnehmer zur Wahrung des Prinzips der Freiheit der Lehre in ihrem Verantwortungsbereich betreffend die Inhalte und didaktische Gestaltung der Lehrveranstaltungen völlig frei, was einerseits bereits gesetzlich in Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer eins, FHG verankert und in den Verträgen noch einmal ausdrücklich festgehalten wurde. Auf terminliche Wünsche der Lehrauftragsnehmer und die Stundenplangestaltung wurde überwiegend eingegangen. Sowohl gesetzliche als auch vertragliche Voraussetzung für die Annahme eines Lehrauftrages war es weiters, dass es sich diesbezüglich um eine Nebenbeschäftigung neben einer weiteren, vollversicherten Tätigkeit handelt. Es werden keine Zeitaufzeichnungen erstellt, die Lehrauftragsnehmer können bzw. müssen für eine Vertretung im Fall der Verhinderung sorgen, für deren Honorierung sie selbst aufkommen müssen.
Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes ist der BF dahingehend zu folgen, dass es sich aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Lehraufträge der Lehrauftragsnehmer nicht um Arbeitsverträge iSd Paragraph 1151, ABGB handelt. Zivilrechtlich handelt es sich bei den Verträgen über ihren Lehrauftrag um freie Dienstverträge und hat diesen Umstand schließlich auch die belangte Behörde nicht bestritten.
Im gegenständlichen Fall liegt somit kein Anwendungsfall des Paragraph eins, Absatz eins, BMSVG vor.
Ebenso unbestritten ist, dass die verfahrensgegenständlich vorliegende Konstruktion, nämlich die Fiktion der Sozialversicherungspflicht der gegenständlichen Lehrauftragsnehmer gemäß
§ 4 Absatz 2, dritter Satz ASVG in Verbindung mit Paragraph 47, Absatz eins und Absatz 2, EStG 1988 sowie Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 bei strenger Wortinterpretation des Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG nicht in den Anwendungsbereich des BMSVG fällt, zumal es sich diesbezüglich um eine taxative Aufzählung handelt.
Dazu hat selbst das damals zuständige Bundesministerium (BMWA) in der von der belangten Behörde vielzitierten Stellungnahme vom 20.12.2007 eingeräumt, dass bei strenger Wortinterpretation der taxativen Aufzählung des Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG ein lohnsteuerpflichtiger freier Dienstnehmer, der aufgrund der Fiktion des Paragraph 47, Absatz 2, EStG 1988 als Dienstnehmer im Sinne des Steuerrechts gilt und aufgrund der Übernahme dieser Fiktion in Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG wie ein „echter“ Dienstnehmer versicherungspflichtig wird, nicht vom BMSVG erfasst wird.
Das Bundesministerium und darauf gestützt auch die belangte Behörde sehen diesbezüglich jedoch eine planwidrige Lücke im BMSVG vor, die durch Analogie zu schließen wäre. Nach dem ursprünglichen Begutachtungsentwurf (131 mE BlgNR 23. Gesetzgebungsperiode hätten lediglich freie Dienstnehmer iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG, die gemäß Paragraph 4, Absatz eins, z 14 ASVG hinsichtlich der Vollversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung „echten“ Dienstnehmern iSd Paragraph 4, Absatz 2, ASVG gleichgestellt sind, in das BMSVG einbezogen werden sollen. Entsprechend der Ergebnisse des Begutachtungsverfahrens sei jedoch der „Katalog“ der von Paragraph eins, Absatz eins a, BMSVG erfassten freien Dienstverhältnisse auf die freien Dienstverhältnisse von geringfügig beschäftigten Personen iSd Paragraph 5, Absatz 2, ASVG und die freien Dienstverhältnisse von Vorstandsmitgliedern iSd Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 6, ASVG ausgedehnt worden. Nach der eindeutigen Absicht des Gesetzgebers hätte daher – wie auch die Materialien zur Regierungsvorlage 300 Blg NR 23. Gesetzgebungsperiode belegen würden – eine umfassende Einbeziehung aller privatrechtlichen freien Dienstverhältnisse, die der Pflichtversicherung nach dem ASVG unterliegen, in das BMSVG erfolgen sollen. Bereits die sozialversicherungsrechtliche Gleichstellung von freien Dienstnehmern iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG mit echten Arbeitnehmern spreche nach Ansicht des BMWA für deine Einbeziehung aufgrund der Fiktion nach Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG vollversicherten „Dienstnehmer“. Wenn nach dem Willen des Gesetzgebers freie Dienstnehmer iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG in das BMSVG einbezogen werden würden, die nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 14, ASVG echten Dienstnehmern gleichgestellt seien, sollte dies im Wege des Größenschlusses umso mehr für freie Dienstnehmer gelten, die für die Zwecke des ASVG – wenn auch nur im Wege einer Fiktion – vorweg als echte Dienstnehmer gelten würden. Wesentlich sei auch, dass ohne die Fiktion des Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG lohnsteuerpflichtige Fachhochschullektoren mit einem freien Dienstverhältnis der Pflichtversicherung nach dem ASVG aufgrund des freien Dienstverhältnisses [gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG, Anm.] – und damit auch dem BMSVG – unterliegen würden.
Nach der Rechtsprechung setzt ein Analogieschluss das Vorliegen einer echten Gesetzeslücke, also das Bestehen einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Ein Abweichen vom Gesetzeswortlaut ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt hat, als er zum Ausdruck gebracht hat, so beispielsweise wenn den Gesetzesmaterialien mit Sicherheit entnommen werden kann, dass der Wille des Gesetzgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen ist, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt. Im Zweifel ist das Unterbleiben einer bestimmten Regelung im Bereich des öffentlichen Rechts als beabsichtigt anzusehen vergleiche etwa VwGH vom 29.07.2020, Ra 2019/07/0079, mwN). Eine Lücke ist demnach nur dort anzunehmen, wo das Gesetz (gemessen an der mit der seiner Erlassung verfolgten Absicht und seiner immanenten Teleologie) unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und wo seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht vergleiche VwGH vom 25.02.2021, Ro 2019/16/0015, Rz 37 mit Verweis auf VwGH vom 24.05.2016, Ra 2015/20/0047, mwN).
Da das öffentliche Recht, im Besonderen das Verwaltungsrecht, schon von der Zielsetzung her nur einzelne Rechtsbeziehungen unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses zu regeln bestimmt ist, muss eine auftretende Rechtslücke im Zweifel als beabsichtigt angesehen werden. Eine durch Analogie zu schließende echte Lücke ist nur dann gegeben, wenn das Gesetz anders nicht vollziehbar ist oder wenn es in eine Regelung einen Sachverhalt nicht einbezieht, auf den - unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes und gemessen an den mit der Regelung verfolgten Absichten des Gesetzgebers - dieselben Wertungsgesichtspunkte zutreffen wie auf die im Gesetz geregelten Fälle und auf den daher - schon zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich bedenklichen Ungleichbehandlung - auch dieselben Rechtsfolgen angewendet werden müssen vergleiche VwGH vom 10.10.2018, Ra 2018/08/0189, Rz 19, mit Verweis auf VwGH vom 04.05.2017, Ro 2014/08/0060, mwN).
Aus den Materialien zur Regierungsvorlage 300 BlgNR 23. Gesetzgebungsperiode zum Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 102 aus 2007, ergibt sich auszugsweise:
„Vorblatt
Probleme:
- Für freie Dienstnehmer/innen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG), für Personen, die in der Krankenversicherung oder Pensionsversicherung nach dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG), in der Pensionsversicherung nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG), in der Pensionsversicherung nach dem Freiberuflich Selbständigen-Sozialversicherungsgesetz (FSVG) sowie in der Pensionsversicherung nach dem Notarversicherungsgesetz (NVG) pflichtversichert sind, sowie für Rechtsanwälte/innen und Ziviltechniker/innen fehlt ein mit der Abfertigung neu für Arbeitnehmer/innen vergleichbares zusätzliches Vorsorgemodell.
[…]
Inhalt:
- Einbeziehung der vorgenannten Personengruppen in das BMSVG durch Schaffung entsprechender Regelungen für eine Selbständigenvorsorge, die sich soweit wie möglich an den für Arbeitnehmer/innen geltenden Regelungen des BMSVG orientieren;
[…]
Erläuterungen
Allgemeiner Teil
Das moderne Erwerbsleben ist unter anderem dadurch geprägt, dass von Arbeitnehmer/innen gleichermaßen wie von Selbständigen ein erhöhtes Maß an Flexibilität gefordert wird, die durch soziale Absicherung begleitet und unterstützt werden muss. Die globalisierte Wirtschaft macht es erforderlich, dass der/die Einzelne sich ergebende, in Art und Intensität, aber auch in der jeweiligen Rechtsform wechselnde Erwerbschancen ergreift. Damit geht einher, dass moderne „Erwerbskarrieren“ vor allem durch wechselnde Übergänge von der Unselbständigkeit in die selbstständige Erwerbstätigkeit und umgekehrt gekennzeichnet sind. Auf Grund der aber noch immer berufsspezifisch unterschiedlich geregelten sozialrechtlichen Absicherung der einzelnen Berufsgruppen kommt es dadurch zu nicht gerechtfertigten Brüchen. Wurde für Unselbständige ein Vorsorgemodell in Form der „Abfertigung neu“ (BMSVG) geschaffen, fehlt eine solche Absicherung bisher für freie Dienstnehmer/innen und Selbständige.
Dementsprechend sieht das Regierungsprogramm der Bundesregierung eine Einbeziehung der freien Dienstnehmer/innen auch in das BMSVG vor.
[…]
Im Einzelnen werden im Entwurf folgende Maßnahmen getroffen:
[…]
- Einbeziehung der freien Dienstnehmer/innen nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 6, oder Absatz 4 und Paragraph 5, Absatz 2, ASVG in das BMSVG in den für Arbeitnehmer/innen geltenden 1., 2. und 3. Teil des BMSVG;
[…]
- durch die Änderungen im BMSVG notwendig gewordene Anpassungen im Einkommensteuergesetz 1988 (EStG 1988), ORF-Gesetz, Journalistengesetz (JournG), Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG), Bankwesengesetz (BWG), Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG), Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), im Landarbeitsgesetz 1984 (LAG 1984) und im Körperschaftssteuergesetz 1988 (KStG).
[…]
Besonderer Teil
[…]
Zu Ziffer 4,, 9 und 23 (Paragraphen eins,, 14 und 73 BMSVG):
Mit der Neuregelung des Paragraph eins, Absatz eins a, werden nunmehr auch die vom Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 6, oder Absatz 4, ASVG und Paragraph 5, Absatz 2, ASVG erfassten freien Dienstnehmer/innen in das BMSVG einbezogen und bei der Mitarbeitervorsorge mit Arbeitnehmer/innen gleichstellt. Lediglich jene Bestimmungen des BMSVG, die direkt auf arbeitsrechtliche Regelungsinhalte abstellen und nicht für freie Dienstnehmer/innen gelten, sind von der Anwendung auf diese Personengruppe ausgenommen. Freie Dienstnehmer/innen, die auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätig sind, unterliegen mit beiden Vertragsverhältnissen dem BMSVG.
[…]“
Wenngleich somit mit der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 102 aus 2007, des BMSVG eine erhebliche Erweiterung des Anwendungsbereiches/Geltungsbereiches des BMSVG – insbesondere auf selbstständig Erwerbstätige und auch freie Dienstnehmer – erfolgte, so ergibt sich aus den Materialien auch, dass explizit freie Dienstnehmer iSd Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 6, oder Absatz 4 und Paragraph 5, Absatz 2, ASVG in den Anwendungsbereich einbezogen wurden. Dies spricht gegen eine Absicht des Gesetzgebers, tatsächlich eine umfassende Einbeziehung aller möglichen freien Dienstnehmer (sei es in sozialversicherungs-, steuerrechtlicher oder zivilrechtlicher Hinsicht) intendiert zu haben.
Für ein aufgrund des Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 „steuerliches“ Dienstverhältnis, dass auch in der Folge sozialversicherungsrechtlich aufgrund der Fiktion des Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG in Verbindung mit Paragraph 47, Absatz eins und Absatz 2, EStG 1988 als vollversichertes Dienstverhältnis gilt, bestehen – neben der vorliegend strittigen An- bzw. Unanwendbarkeit des BMSVG – auch noch weitere Ausnahmen und Besonderheiten:
Bezüge gemäß Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 sind kein Teil der Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag gemäß Paragraph 41, Absatz 3, FLAG und darauf basierend auch keine Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gemäß Paragraph 122, Absatz 8, WKG sowie die Kommunalsteuer gemäß Paragraph 5, Absatz eins, Litera a, KommStG, sodass für (freie) Dienstverhältnisse wie im gegenständlichen Fall weder ein Dienstgeberbeitrag, ein Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag noch Kommunalsteuer zu entrichten sind. Auch das Arbeiterkammergesetz verweist in Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 7, leg. cit. nur auf freie Dienstnehmer iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG einschließlich jener gemäß Paragraph 4, Absatz 4, in Verbindung mit Paragraph 5, Absatz 2, ASVG vergleiche dazu auch Steiger in taxlex 2010, 252, Vortragende und Lehrende im Einkommenssteuer- und Sozialversicherungsrecht 2010 (Teil römisch II)).
Demnach werden Bezüge von Dienstverhältnissen iSd Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 gesetzlich mehrfach anders behandelt als solche nach Paragraph 4, Absatz 4, ASVG oder Paragraph 4, Absatz 4, in Verbindung mit Paragraph 5, Absatz 2, ASVG.
Dass in allen diesen gesetzlichen Bestimmungen ein „Redaktionsversehen“ oder eine planwidrige, durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke vorliegt, ergibt sich daher nach Ansicht des erkennenden Gerichtes für den Fall von Lehrauftragsnehmern nicht.
Die von der belangten Behörde im gegenständlichen Fall angeführte „planwidrige Lücke“ besteht seit dem Inkrafttreten der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 102 aus 2007, des BMSVG mit 01.01.2008. Das gegenständliche Problem der Fiktion eines vollversicherten Dienstverhältnisses gemäß
§ 4 Absatz 2, dritter Satz ASVG in Verbindung mit Paragraph 47, Absatz eins und Absatz 2, sowie Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 für nebenberufliche Lehrauftragsnehmer war dem zuständigen Ministerium schon vor Inkrafttreten der Novelle vergleiche dazu die Stellungnahme vom 20.12.2007) und seither auch dem Hauptverband/Dachverband der Sozialversicherungsträger bekannt. Der Gesetzgeber hätte somit seit über vierzehn Jahren Gelegenheit gehabt, die von der belangten Behörde gesehene Gesetzeslücke zu schließen, was bisher jedoch weder bezogen auf das BMSVG noch auf die anderen Bestimmungen betreffend Dienstgerbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag und Kommunalsteuer sowie Arbeiterkammergesetz erfolgt ist vergleiche dazu auch erneut VwGH vom 25.02.2021, Ro 2019/16/0015).
Da es sich im gegenständlichen Fall zudem um ausschließlich nebenberuflich ausgeübte Tätigkeiten handelt, deren gesetzliche und auch vertragliche Voraussetzung das Vorliegen einer vollversicherten (nach dem ASVG, GSVG oder FSVG) hauptberuflichen Erwerbstätigkeit ist und diesbezüglich auch der Anwendungsbereich des BMSVG eröffnet ist, tritt im gegenständlichen Fall nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auch der von der belangten Behörde angeführte „Versorgungsgedanke“ in den Hintergrund.
Die Rechtsprechung des VwGH hat die grundsätzliche Zulässigkeit der Analogie auch im öffentlichen Recht wiederholt anerkannt. Im Zweifel ist jedoch keine Gesetzeslücke anzunehmen vergleiche ua. VwGH vom 31.07.2020, Ra 2020/11/0086).
Insgesamt liegt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im gegenständlichen Fall daher keine planwidrige, durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke vor, sodass sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig erweist.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.
Zu Spruchteil B): Zulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), Bundesgesetzblatt Nr. 10 aus 1985,, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt und es an entsprechender höchstgerichtlicher Rechtsprechung fehlt.
Einerseits fehlt es an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zur Zuständigkeit der belangten Behörde, dem Grunde nach über die Einbeziehung eines Arbeits-/Dienstverhältnisses in den Anwendungsbereich des BMSVG bescheidmäßig abzusprechen.
Anderseits fehlt es auch an einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung dazu, ob im Fall der gegenständlichen Lehrauftragsnehmer mit privatrechtlich freiem Dienstverhältnis, die aufgrund der Fiktion des Paragraph 4, Absatz 2, dritter Satz ASVG in Verbindung mit Paragraph 47, Absatz eins und 2 sowie Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 5, EStG 1988 sozial- als auch steuerrechtlich als „echte“ und lohnsteuerpflichtige Dienstnehmer gelten und damit bei Wortinterpretation des Paragraph eins, BMSVG nicht in dessen Anwendungsbereich fallen, eine im Wege der Analogie zu schließende planwidrige Gesetzeslücke vorliegt, die sie in den Anwendungsbereich des BMSVG miteinbezieht.
ECLI:AT:BVWG:2022:G308.2245756.1.00