Bundesverwaltungsgericht
17.01.2022
W260 2229821-1
W260 2229821-1/14E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus BELFIN als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geboren am römisch 40 , VSNR römisch 40 , vertreten durch UNDOK - Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 13.02.2020, betreffend das Nichtbestehen einer versicherungspflichtigen Tätigkeit, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Entscheidungsgründe:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. römisch 40 (im Folgenden „Beschwerdeführer“) sprach am 02.07.2019 bei der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden „belangte Behörde“) betreffend seine Tätigkeit bei der römisch 40 (im Folgenden „Dienstgeberin“) vor. Er habe im Zeitraum vom 04.04.2018 bis 28.02.2019 bei der Dienstgeberin ein Praktikum als Behindertenbetreuer absolviert, sei jedoch nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden. Dabei sei ein Nettostundenlohn von EUR 10,00 vereinbart worden, er habe jedoch kein Entgelt erhalten. Er habe jeden Tag in der Früh anwesend sein und dort auf Aufträge warten müssen. Im Durchschnitt habe er zwischen 20 und 25 Wochenstunden - meistens alleine - gearbeitet. Das Praktikum habe er schließlich ein Monat vor dem vereinbarten Enddatum 31.03.2019 auf Anraten der Schulkoordinatorin der römisch 40 beendet. Der Beschwerdeführer legte Stundenaufzeichnungen und die Praktikumsvereinbarung vor.
2. Die belangte Behörde leitete in weiterer Folge ein Ermittlungsverfahren ein und forderte die Dienstgeberin auf, zu den Ausführungen des Beschwerdeführers Stellung zu nehmen. Mit E-Mail vom 10.09.2021 führte die Dienstgeberin zusammengefasst aus, dass man den Beschwerdeführer auf Wunsch der Schule römisch 40 (im Folgenden „ römisch 40 “) als Praktikanten aufgenommen habe, um ihm zu ermöglichen, seine dort begonnene Ausbildung abzuschließen. Aufgrund seines negativen Asylbescheides sei ein Beschäftigungsverhältnis rechtlich nicht möglich gewesen und habe nur die Möglichkeit bestanden, ein Praktikum ohne Entgeltanspruch zu vereinbaren, bei dem die Ausbildung im Vordergrund stand. Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass ein Stundenlohn von EUR 10,-- vereinbart worden sei, sei falsch. Im Falle der Entgeltlichkeit hätte der Beschwerdeführer wie alle anderen Assistenten EUR 11,-- pro Stunde verdient. Zumal von den vom Beschwerdeführer betreuten Kunden kein Geld verlangt worden sei, habe die Dienstgeberin auch keinen Vorteil aus der Tätigkeit des Beschwerdeführers generiert. Der Beschwerdeführer habe viel Zeit ohne zu arbeiten im Büro verbracht, insbesondere in den letzten Monaten seines Praktikums, als es ihm psychisch nicht gut gegangen sei. Seine Tätigkeiten im Betrieb seien für die Dienstgeberin nicht notwendig und kaum nützlich gewesen. Aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers sei ein vorzeitiger Abbruch des Praktikums vereinbart worden.
3. Am 27.11.2019 wurde namens des Beschwerdeführers, nunmehr vertreten von der UNDOK-Anlaufstelle zur gewerkschaftlichen Unterstützung undokumentiert Arbeitender, einen Antrag auf Ausstellung eines Bescheides bei der belangten Behörde eingebracht. Eine Vollmacht wurde beigelegt.
4. Mit Schreiben vom 05.12.2019 übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführervertreterin den Erhebungsbericht der belangten Behörde, demzufolge kein Dienstverhältnis im sozialversicherungsrechtlichen Sinn vorliege und eine Kontaktaufnahme mit dem Beschwerdeführer aufgrund seines Aufenthaltes im Ausland nicht möglich gewesen sei. Die belangte Behörde erkundigte sich, ob der Antrag auf Erlassung eines Bescheides trotz der erfolgten Abschiebung des Beschwerdeführers aufrechterhalten wird.
5. Die Beschwerdeführervertreterin gab bekannt, dass das Bescheidbegehren aufrechterhalten werde.
6. In der Folge übermittelte die belangte Behörde der Beschwerdeführervertreterin die Stellungnahme der Dienstgeberin mit der Möglichkeit ihrerseits dazu Stellung zu nehmen.
7. Die Beschwerdeführervertreterin führte in ihrer Replik aus, dass geprüft werden müsse, ob faktisch der Ausbildungszweck oder das Interesse des Betriebsinhabers an der Arbeitsleistung überwogen habe. Die belangte Behörde sei ihrer diesbezüglichen Ermittlungspflicht jedoch nicht nachgekommen. Der Beschwerdeführer habe die gleichen Tätigkeiten wie andere Dienstnehmer verrichtet und zusätzlich auch ausbildungsfremde Tätigkeiten übertragen bekommen. Die Arbeitszeit habe sich vereinbarungswidrig nicht auf Mittwoch und Donnerstag beschränkt, sondern sei der Beschwerdeführer täglich in die Firma gefahren. Es liege daher ein Dienstverhältnis vor.
Darüber hinaus beanstandete die Beschwerdeführervertreterin, dass die belangte Behörde mit ihrem Schreiben vom 08.11.2020 zwar formal Parteiengehör gewährt habe, jedoch die Grundsätze des Verwaltungsverfahrens, wonach das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens vorzuhalten sei, nicht eingehalten habe.
8. Mit Bescheid vom 13.02.2020 stellte die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer aufgrund seiner Tätigkeit als Praktikant bei der Dienstgeberin in der Zeit vom 04.04.2018 bis 28.02.2019 weder in einem die Vollversicherungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) begründenden Beschäftigungsverhältnis stehe, noch als freier Dienstnehmer der Vollversicherungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 14, in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 4, ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß Paragraph eins, Absatz 8, AlVG unterliege.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer bei der Dienstgeberin aufgrund der Ausbildungsvorgaben der römisch 40 ein Pflichtpraktikum absolviert habe, durch die erbrachten Tätigkeiten, die nicht über die Erfordernisse eines Pflichtpraktikums hinausgegangen seien, jedoch weder ein Dienstverhältnis noch ein freier Dienstvertrag begründet worden sei. Die Tätigkeiten würden nicht jenen Tätigkeiten, die von persönlichen Assistenten nach erfolgter Ausbildung und absolviertem Pflichtpraktikum erbracht werden entsprechen. Das Praktikum sei zweifelsfrei unentgeltlich ausgeübt worden.
9. Die Vertretung des Beschwerdeführers erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und stellte den Antrag, den Bescheid wegen materieller und verfahrensrechtlicher Rechtswidrigkeit zu beheben und die Vollversicherungspflicht gem. gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Absatz 2, ASVG und die Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Litera a, AlVG, in eventu die Vollversicherungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 14, in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz 4, ASVG und die Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß Paragraph eins, Absatz 8, AlVG, festzustellen. In eventu soll der Bescheid wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens aufgehoben und an die belangte Behörde zurückverwiesen werden. Darüber hinaus wurde der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt.
Begründend wurde ausgeführt, dass für das Vorliegen einer die Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung nicht deren Bezeichnung relevant sei, sondern, ob ein Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit vorliege. Aufgrund der Praktikumsvereinbarung habe der der Beschwerdeführer für bestimmte Zeit nicht frei über seine Arbeitszeit und Arbeitskraft verfügen können. Die Tätigkeiten des Beschwerdeführers seien mit jenen der übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ident gewesen, er habe selbständig Assistenzdienste ohne Aufsicht geleistet. Die Frage der Entgeltlichkeit sei in der Praktikumsvereinbarung nicht geregelt, im Zweifel gelte Entgeltlichkeit als vereinbart.
Hinsichtlich der Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens wurde vorgebracht, dass die belangte Behörde keinerlei Ermittlungsschritte zur Klärung der Frage, ob der Ausbildungszweck oder das Interesse des Betriebsinhabers an der Arbeitsleistung dominiert habe.
Aufgrund eines personellen Wechsels in der UNDOK-Rechtsberatung wurde eine neue Vollmacht beigelegt.
10. Die belangte Behörde erließ keine Beschwerdevorentscheidung und übermittelte den Beschwerdeakt dem Bundesverwaltungsgericht am 23.03.2020 zur Entscheidung.
11. Am 22.11.2021 brachte die Dienstgeberin eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht ein und wiederholte im Wesentlichen ihre bisherigen Ausführungen, bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers sei der Ausbildungszweck im Vordergrund gestanden.
12. Mit Schreiben vom 09.12.2021 legte die Beschwerdeführervertreterin Stellungnahmen von zwei ehemaligen Mitarbeitern der Dienstgeberin, römisch 40 und römisch 40 , vor. Diese würden darlegen, dass der Beschwerdeführer zu eigenständigen Einsätzen bei Kunden, bei denen der Ausbildungszweck nicht dominiert habe, eingeteilt worden sei. Es werde die zeugenschaftliche Einvernahme von römisch 40 beantragt.
Zur Stellungnahme der Dienstgeberin wurde ergänzend vorgebracht, dass es für die Beurteilung des gegenständlichen Falles keinen Unterschied mache, ob die Dienstgeberin von ihren Kunden für die Tätigkeiten des Beschwerdeführers Geld verlangt habe. Auch aus einer unentgeltlichen Tätigkeit könne ein Nutzen generiert werden.
Weiters werde ersucht, den Beschwerdeführer im Rahmen der Amtshilfe einzuvernehmen bzw. eine Bestätigung dafür auszustellen, dass seine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung unerlässlich sei, um seine Chancen auf ein Einreisevisum zu erhöhen.
13. Am 21.12.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentlich mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Beschwerdeführervertreterin, einer Vertreterin der belangten Behörde, Mag. römisch 40 - ein informierter Vertreter der Dienstgeberin - sowie des Zeugen römisch 40 durch. Der Beschwerdeführer war ebenso wie Vertreter der AUVA, der PVA und des AMS nicht anwesend.
Die Beschwerdeführervertreterin legte als weiteres Beweismittel den E-Mail-Verkehr mit dem Beschwerdeführer vor, in dem dieser seine Tätigkeit bei der Dienstgeberin nochmals konkretisierte.
Der informierte Vertreter der Dienstgeberin gab befragt an, dass bei der Tätigkeit des Beschwerdeführers der Ausbildungsweck dominiert habe und aufgrund des Asylstatus eine Beschäftigung nicht möglich gewesen sei. Die Dienstgeberin habe ihren Kunden für die Assistenzleistungen des Beschwerdeführers folglich nichts verrechnet und somit von seiner Tätigkeit nicht profitiert. Ein Stundenlohn sei nicht vereinbart worden. Zudem gebe es in ihrem Betrieb generell keine, wie vom Beschwerdeführer vorgebrachte, Entgeltvereinbarung iHv EUR 10,--. Im Falle der Entgeltlichkeit hätte der Beschwerdeführer wie alle anderen Assistenzen EUR 11,-- verdient. Die Kunden würden sich die Assistenten selber besorgen, man könne sowohl bestimmte Arbeitszeiten als auch Arbeitstätigkeiten sanktionslos ablehnen. Die Assistenten führen Stundenlisten, die von den Kunden gegengezeichnet werden.
Der Zeuge schilderte, den Beschwerdeführer von Tätigkeiten für Veranstaltungen und Teamsitzungen sowie im Zusammenhang mit dem Versenden von Weihnachtsgeschenkpaketen zu kennen. Er wisse, dass der Beschwerdeführer auch Kunden betreut habe, habe jedoch mit ihm nicht über diese Tätigkeit gesprochen. Dem Antrag der Beschwerdeführervertreterin auf Verfassen einer abschließenden Stellungnahme wurde stattgegeben.
14. Am 27.12.2021 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführervertreterin ein.
Darin würde ausgeführt, dass auch die übrigen Beschäftigten als freie Dienstnehmer Arbeitsaufträge von Kunden ablehnen würden dürfen. Dem relevanten äußeren Erscheinungsbild nach habe sich daher die Tätigkeit des Beschwerdeführers nicht von den übrigen Beschäftigten unterschieden und liege folglich kein Volontariat vor. Der Beschwerdeführer habe keine größere Gestaltungsfreiheit gehabt.
Der Antrag auf Einvernahme des Beschwerdeführers wurde zurückgezogen.
15. Die Stellungnahme der Beschwerdeführervertreterin wurde der Dienstgeberin und der belangten Behörde zum Parteiengehör weitergeleitet. Die Dienstgeberin brachte eine Stellungnahme ein und führte darin ergänzend aus, dass der Beschwerdeführer viel Arbeitszeit im Büro verbracht habe, in der ihm administrative Angelegenheiten erklärt wurden und er unter anderem bei Praktikumsberichten unterstützt wurde. Bei den übrigen Assistenten seien derartige Aktivitäten kein Teil ihrer Arbeitsaufgaben.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer besuchte seit dem Sommersemester 2018 die römisch 40 .
Im Zuge dieser Ausbildung war unter anderem ein sogenanntes Hauptpraktikum -mit oder ohne Anstellung - im Ausmaß von 580 Stunden zu absolvieren und diesbezüglich eine Dienstzeitbestätigung vorzulegen.
Der Beschwerdeführer schloss mit der Dienstgeberin zu diesem Zweck eine Vereinbarung für ein Langzeitpraktikum im Rahmen der Ausbildung zum Behindertenbetreuer im Ausmaß von 580 Stunden ab, wobei als Praktikumstage Mittwoch und Donnerstag vereinbart wurde.
Die vorgesehenen Tätigkeitsbereiche umfassten die persönliche Assistenz im Privat- und Arbeitsbereich, die Mithilfe bei Veranstaltungen sowie das Kennenlernen von Institutionen und die Begleitung der MitarbeiterInnen bei Exkursionen. Vereinbart wurde ebenfalls, dass der Beschwerdeführer über seine Tätigkeit eine Stundenaufzeichnung zu führen hat.
Da angenommen wurde, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines aufenthaltsrechtlichen Status keiner entgeltlichen Beschäftigung nachgehen dürfte, wurde mündlich vereinbart, dass es sich bei dem Praktikum um ein unentgeltliches Ausbildungsverhältnis handeln soll. Es wurde kein Taschengeld vereinbart.
Der Beschwerdeführer war vom 04.04.2018 bis 28.02.2019 bei der Dienstgeberin tätig.
Der schriftliche Vertrag wurde erst am 16.05.2018 errichtet. Das Praktikum wurde vorzeitig beendet.
Die vom Beschwerdeführer verrichteten Tätigkeiten umfassten die Unterstützung und Begleitung körperlich behinderter Menschen, insbesondere blinder Menschen und Rollstuhlfahrern, organisatorische und administrative Tätigkeiten, sowie Unterstützung im Veranstaltungsbereich.
Der Beschwerdeführer war im Rahmen der persönlichen Assistenz an keine Dienstzeiten gebunden und vereinbarte die Assistenztätigkeiten selbständig mit den Kunden.
Er konnte einzelne Tätigkeiten jederzeit ablehnen.
Die Dienstgeberin stellte den Kunden, aufgrund des Ausbildungsverhältnis des Beschwerdeführers, die von diesem verrichteten Tätigkeiten nicht in Rechnung und generierte auch keinen anderwärtigen wirtschaftlichen Vorteil aus der Tätigkeit des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer unterlag bei den Assistenztätigkeiten keiner Kontrolle durch die Dienstgeberin, die Arbeitszeitaufzeichnungen dienten als Nachweis der Absolvierung der von der römisch 40 vorgeschriebenen Praktikumsstunden.
Einen Teil seiner Arbeitszeit verbrachte der Beschwerdeführer im Büro, wo ihm diverse administrative Angelegenheiten erklärt wurden und ihm unter anderem bei Praktikumsberichten geholfen wurde.
Darüber hinaus verweilte er auch oft im Büro ohne zu arbeiten. Aufgrund des während des Praktikums zunehmend schlechter werdenden psychischen Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers, nahm dieser Anteil am reinen Verweilen im Verlauf des Praktikums immer stärker zu.
Der Beschwerdeführer wurde von der Dienstgeberin nicht zur Sozialversicherung angemeldet.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus dem übermittelten Akteninhalt der belangten Behörde und aus der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.12.2021.
2.2. Die Feststellungen hinsichtlich der Ausbildung des Beschwerdeführers bei der römisch 40 und der damit verbundenen Praktikumsverpflichtungen ergeben sich aus dem mit dem Beschwerdeführer abgeschlossenen Aufnahmevertrag sowie den Praktikumsregelungen der römisch 40 für die Ausbildung zum Behindertenbetreuer und sind unstrittig.
2.3. Unstrittig ist ebenfalls, dass der Beschwerdeführer mit der Dienstgeberin eine Vereinbarung für ein Langzeitpraktikum im Rahmen der Ausbildung zum Behindertenbetreuer abschloss.
Aus den Angaben des Beschwerdeführers und der Dienstgeberin geht hervor, dass die Vereinbarung zunächst mündlich abgeschlossen wurde und am 04.04.2018 begann. Übereinstimmend wurde auch angegeben, dass zunächst das Ende des Praktikums mit 31.03.2019 vereinbart worden war, dieses jedoch aufgrund von Unstimmigkeiten zwischen der Dienstgeberin und dem Beschwerdeführer vorzeitig per 28.02.2019 beendet wurde. Wie anhand des schriftlichen Praktikumsvertrags ersichtlich und von den Parteien nicht bestritten, wurde diese Vereinbarung am 16.05.2018 verschriftlicht.
2.4. Der informierte Vertreter der Dienstgeberin schilderte dem Bundesverwaltungsgericht schlüssig, dass aufgrund der Annahme, dass der Beschwerdeführer wegen seines aufenthaltsrechtlichen Status in Österreich keiner entgeltlichen Beschäftigung nachgehen dürfe, Unentgeltlichkeit vereinbart wurde vergleiche Seite 6 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2021, Aussage des informierten Vertreters).
Der Praktikumsvertrag enthält keine entgeltrechtliche Bestimmung.
Die Angaben des Beschwerdeführers, wonach ein Stundenlohn in der Höhe von EUR 10,-- netto vereinbart worden wäre vergleiche Niederschrift der belangten Behörde vom 02.07.2019) erscheinen bereits aufgrund dessen nicht plausibel. Dieser Eindruck verstärkt sich dadurch, dass der informierte Vertreter in der mündlichen Verhandlung glaubhaft darlegte, dass jene Assistenten, die als freie Dienstnehmer tätig sind, einheitlich EUR 11,-- brutto pro Stunde verdienen würden und der Beschwerdeführer im Falle einer Vereinbarung eines Entgelts diesbezüglich gleich behandelt worden wäre. Eine Abweichung von EUR 1,-- erscheint daher widersinnig. Der Angabe des Beschwerdeführers, wonach es sich bei seiner Entgeltvereinbarung um einen Nettolohn gehandelt habe, darf aufgrund seiner eingeschränkten Deutschkenntnisse keine zu große Bedeutung beigemessen werden, würde jedoch bei der richtigen Unterscheidung der Begriffe Netto- und Bruttolohn, dazu führen, dass der Beschwerdeführer einen höheren Entgeltanspruch als die übrigen freien Dienstnehmer gehabt hätte und ist somit auch unter diesem Aspekt nicht glaubwürdig.
2.5. Der informierte Vertreter der Beschwerdeführerin konnte, in Übereinstimmung mit den Angaben im Verwaltungsverfahren, glaubhaft darlegen, dass die vom Beschwerdeführer verrichteten Tätigkeiten mit jenen in der Praktikumsvereinbarung übereinstimmen.
Weiters schilderte er überzeugend, dass der Beschwerdeführer entgegen dessen Angaben bei der Veranstaltung am Heldenplatz nicht bei den Aufräumarbeiten geholfen habe vergleiche Seite 8 ff. der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2021, Aussage des informierten Vertreters und Stellungnahme der Dienstgeberin vom 10.09.2019).
Zwar gab der Beschwerdeführer zunächst in seiner Einvernahme durch die belangte Behörde an, auch zu anderen Tätigkeiten eingeteilt worden zu sein, schilderte in der Folge jedoch nur Tätigkeiten, die von der Praktikumsvereinbarung mitumfasst waren vergleiche Niederschrift der belangten Behörde vom 02.07.2019).
Seine Ausführungen zu den Arbeitszeiten überzeugen das erkennende Gericht nicht, zumal die vom Beschwerdeführer eigenständig geführten Arbeitszeitaufzeichnungen von jenen Arbeitszeitaufzeichnungen, die gemeinsam mit den Kunden geführt wurden, abweichen. Zudem gab der Beschwerdeführer an, mehrmals die Nacht über bei Kunden gearbeitet zu haben. In den von ihm vorgelegten Arbeitszeitaufzeichnungen scheint jedoch kein einziger Kundendienst nach 22.00 Uhr auf.
Die Angaben des Beschwerdeführers, wonach er jeden Vormittag bei der Dienstgeberin anwesend sein habe müssen, sind bereits deshalb nicht plausibel, weil der Beschwerdeführer auch die römisch 40 besuchen musste.
Weiters stehen die Schilderungen des Beschwerdeführers, wonach er bis Mitternacht beim Abbauen der Veranstaltung am Heldenplatz geholfen habe, im klaren Widerspruch zu den Angaben des jedenfalls anwesenden informierten Vertreters, der dem erkennenden Gericht einen glaubwürdigen Eindruck vermittelte.
2.6. Hinsichtlich der Dienstzeiten sowie einer etwaigen persönlichen Arbeitsverpflichtung schilderte der informierte Vertreter der Dienstgeberin dem Bundverwaltungsgericht glaubwürdig, dass aufgrund der schulischen Verpflichtungen des Beschwerdeführers als Praktikumstage Mittwoch und Donnerstag vereinbart worden waren, es aus Sicht der Dienstgeberin jedoch keine Rolle spielte, wann er die für die Schule zu verrichtenden Praktikumsstunden absolvierte.
Darüber hinaus legte der informierte Vertreter schlüssig dar, dass der Beschwerdeführer, so wie alle freien Dienstnehmer im Betrieb, seine Assistenzdienste mit den Kunden persönlich vereinbarte und jede Tätigkeit ablehnen konnte. Einer Aufsicht unterlag er dabei ebenso wenig vergleiche Seite 7 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2021, Aussage des informierten Vertreters).
Zum Ausmaß der vom Beschwerdeführer verrichteten Assistenztätigkeiten wurde eine vom Beschwerdeführer selbständig geführte Stundenaufzeichnung sowie eine Stundenaufzeichnung, bei der die einzelnen Assistenztätigkeiten von den Kunden jeweils einzeln und unmittelbar nach der verrichteten Tätigkeit gegengezeichnet werden, vorgelegt. Da letztere gemeinsam mit den Kunden geführt wurde und keine begründeten Zweifel an deren Unrichtigkeit dargelegt wurden, wird dieser Glauben geschenkt.
2.7. Der informierte Vertreter schilderte dem erkennenden Gericht schlüssig, dass die Dienstgeberin aufgrund des Ausbildungsverhältnis des Beschwerdeführers, die von diesem verrichteten Tätigkeiten nicht in Rechnung stellte und folglich keinen wirtschaftlichen Vorteil aus der Tätigkeit des Beschwerdeführers generierte. Weiters legte er dar, dass aufgrund der Unentgeltlichkeit die Dienstgeberin vielmehr um ihren Profit fiel. Ein Großteil der vom Beschwerdeführer verrichteten Tätigkeiten wären aufgrund der Förderbestimmungen des Fonds Soziales Wien bei Entgeltlichkeit überhaupt nicht nachgefragt worden wären vergleiche Seite 5 der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2021, Aussage des informierten Vertreters).
2.8. Weiters legte der informierte Vertreter glaubhaft dar, dass der Beschwerdeführer einen Teil seiner anwesenden Zeit bei der Dienstgeberin ohne zu arbeiten in deren Büroräumlichkeiten verbrachte, weil er sich in seiner Asylunterkunft nicht wohl fühlte und führte zudem plausibel aus, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers aufgrund der ihm drohenden Abschiebung mit fortschreitender Dauer des Praktikums erheblich verschlechterte, und der Beschwerdeführer zunehmend ohne zu arbeiten bloß die Büroräumlichkeiten der Dienstgeberin als Aufenthaltsort nutzte vergleiche Seite 7 ff. der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.12.2021, Aussage des informierten Vertreters).
Zur Glaubwürdigkeit des informierten Vertreters wird ergänzend ausgeführt, dass dieser sich sehr für den Beschwerdeführer eingesetzt hatte und versucht hatte, dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Asylverfahren zu helfen. Der informierte Vertreter zeigte auch viel Verständnis für den sich verschlechternden Allgemeinzustand des Beschwerdeführers.
2.9. Dass der Beschwerdeführer nicht zur Sozialversicherung angemeldet wurde, ergibt sich aus dem Versicherungsdatenauszug, Stand 28.11.2019, sowie den damit übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und der Dienstgeberin.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Die im gegenständlichen Beschwerdefall maßgebenden Bestimmung des Allgemeinen Sozialversicherungsrechtes (ASVG) lauten:
Vollversicherung
Paragraph 4, (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den Paragraphen 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach Paragraph 7, nur eine Teilversicherung begründet:
1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;
2. die in einem Lehrverhältnis stehenden Personen (Lehrlinge);
3. die im Betrieb der Eltern, Großeltern, Wahl- oder Stiefeltern ohne Entgelt regelmäßig beschäftigten Kinder, Enkel, Wahl- oder Stiefkinder, die das 17. Lebensjahr vollendet haben und keiner anderen Erwerbstätigkeit hauptberuflich nachgehen, alle diese, soweit es sich nicht um eine Beschäftigung in einem land- oder forstwirtschaftlichen oder gleichgestellten Betrieb (Paragraph 27, Absatz 2,) handelt;
4. die zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, abgeschlossene Hochschulbildung erfordernden Beruf nach Abschluß dieser Hochschulbildung beschäftigten Personen, wenn die Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienst- oder Lehrverhältnisses erfolgt, jedoch mit Ausnahme der Volontäre;
5. Schülerinnen/Schüler an Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege und Auszubildende in Lehrgängen nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 108 aus 1997,, Schülerinnen/Schüler und Auszubildende in Lehrgängen zu einem medizinischen Assistenzberuf nach dem Medizinische Assistenzberufe-Gesetz (MABG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 89 aus 2012,, sowie Studierende an einer medizinisch-technischen Akademie nach dem MTD-Gesetz, BGBl. Nr. 460/1992;
[…]
14. die den Dienstnehmern im Sinne des Absatz 4, gleichgestellten Personen.
(2) Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 45 aus 2005,, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach Paragraph 47, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um
1. Bezieher von Einkünften nach Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, Litera a, oder b EStG 1988 oder
2. Bezieher von Einkünften nach Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 4, Litera c, EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen oder
3. Bezieher/innen von Geld- oder Sachleistungen nach dem Freiwilligengesetz.
(4) Den Dienstnehmern stehen im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für
1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,
2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit),
wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen; es sei denn,
a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins bis 3 GSVG oder Paragraph 2, Absatz eins, BSVG oder nach Paragraph 2, Absatz eins und 2 FSVG versichert sind oder
b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer eins, Litera f, B-KUVG handelt oder
c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder
d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes, handelt.
(6) Eine Pflichtversicherung gemäß Absatz eins, schließt für dieselbe Tätigkeit (Leistung) eine Pflichtversicherung gemäß Absatz 4, aus.
Paragraph 35, (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 3, pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.
(2) Bei den nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 4 und 5 Pflichtversicherten sowie den nach Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer 3, Litera c und m Teilversicherten gilt der Träger der Einrichtung, in der die Ausbildung, Beschäftigungstherapie oder Unterbringung erfolgt, bei den nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 8, Pflichtversicherten der Versicherungsträger, der die berufliche Ausbildung gewährt, bei den nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 9, Pflichtversicherten die Entwicklungshilfeorganisation, bei der die Versicherten beschäftigt oder ausgebildet werden, bei den nach Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 11 und Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer 4 a, Pflichtversicherten der jeweilige Träger nach dem Freiwilligengesetz als Dienstgeber. Bei Heimarbeitern (Paragraph 4, Absatz eins, Ziffer 7,) gilt als Dienstgeber der Auftraggeber im Sinne der gesetzlichen Vorschriften über die Heimarbeit, auch wenn sich der Auftraggeber zur Weitergabe der Arbeit an die Heimarbeiter einer Mittelsperson bedient. Bei den im Paragraph 3, Absatz 3, vorletzter Satz genannten Personen gilt der Beschäftiger im Sinne des Paragraph 3, Absatz 3, des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes als Dienstgeber. Bei der Überlassung von Arbeitskräften innerhalb eines Zusammenschlusses rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung insbesondere zur Übernahme einer Organfunktion gilt der/die Beschäftiger/in nicht als Dienstgeber/in; dies gilt sinngemäß auch für Körperschaften des öffentlichen Rechts.
[…]
Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen
Paragraph 410, (1) Der Versicherungsträger hat in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach Paragraph 409, berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Hienach hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen insbesondere Bescheide zu erlassen:
[…]
7. wenn der Versicherte oder der Dienstgeber die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt,
[…]
Grundsätze der Sachverhaltsfeststellung
Paragraph 539 a, (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.
(2) Durch den Mißbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.
(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.
(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.
(5) Die Grundsätze, nach denen
1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,
2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie
3. die Zurechnung
nach den Paragraphen 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind.
Die maßgebende Bestimmung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) lautet:
Umfang der Versicherung
Paragraph eins, (1) Für den Fall der Arbeitslosigkeit versichert (arbeitslosenversichert) sind
a) Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind,
b) Lehrlinge,
c) Heimarbeiter,
d) Personen, die zum Zwecke der vorgeschriebenen Ausbildung für den künftigen, abgeschlossene Hochschulbildung erfordernden Beruf nach Abschluß dieser Hochschulbildung beschäftigt sind, wenn die Ausbildung nicht im Rahmen eines Dienst- oder Lehrverhältnisses erfolgt, jedoch mit Ausnahme der Volontäre, die kein Entgelt beziehen,
[…]
soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind.
[…]
(8) Freie Dienstnehmer im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), Bundesgesetzblatt Nr. 189 aus 1955,, sind Dienstnehmern gleich gestellt.
3.2. Das Gericht hat der Entscheidung folgende rechtliche Erwägungen zugrunde gelegt:
Wird ein Praktikant in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt, liegt Dienstnehmereigenschaft nach dem ASVG vor. Wird hingegen für einen Praktikanten kein Entgelt vereinbart, fehlt ein wesentliches Merkmal der Dienstnehmereigenschaft und es kommt zu keiner Pflichtversicherung als Dienstnehmer vergleiche Caroline Graf-Schimek, Unentgeltliche Ausbildungsverhältnisse im Arbeits- und Sozialrecht, ZAS 2015/11).
Zur Abgrenzung eines Pflichtpraktikanten von einem echten Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gem Paragraph 4, Absatz 2, ASVG hat der VwGH folgende Kriterien entwickelt:
Es kommt darauf an, ob nach einer Gesamtbeurteilung der Ausbildungszweck und nicht die betrieblichen Erfordernisse und Zwecke im Vordergrund stehen. Der Ausbildungszweck manifestiert sich im Interesse des Auszubildenden, sich entsprechend den schulrechtlichen Ausbildungsvorschriften praktische Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, während sich die betrieblichen Zwecke im Interesse des Betriebsinhabers an Arbeitsleistungen für seinen Betrieb äußern.
Voraussetzung ist weiters, dass der Schüler entsprechend der Fachrichtung seiner Ausbildung im Betrieb eingesetzt wird und Arbeiten, die nicht dem Ausbildungszweck dienen, nur in einem zeitlich vernachlässigbaren Ausmaß verrichtet werden. Für den Ausbildungszweck spricht es auch, wenn die zu verrichtenden Tätigkeiten ihrer Art nach wechseln und sich auf mehrere Betriebsbereiche erstrecken, und zwar tunlichst nach Wahl des Auszubildenden und nicht nach Maßgabe der am jeweiligen Arbeitsanfall orientierten Betriebserfordernisse.
Eine wesentliche Bedeutung kommt der freien Zeiteinteilung zu.
Entscheidend ist weiters der Umstand, dass bei einem Praktikanten dessen Bestimmungsfreiheit gegenüber dem Betriebsinhaber nicht weitgehend ausgeschaltet ist. Es schadet aber nicht, wenn sich der Praktikant aus Gründen der Betriebssicherheit, der notwendigen Anpassung an das Betriebsgeschehen auch an Arbeitsabläufe sowie an die Arbeitszeiten und die Arbeitsorte der Belegschaft hält und diesen Umständen entsprechende Weisungen befolgt, oder wenn er zur Erreichung des Ausbildungsziels während der gesamten betrieblichen Arbeitszeit tätig wird vergleiche u.a. VwGH 88/08/0269 ARD 4252/6/91; 90/08/0166 ARD 4308/27/91).
Die Anordnung von Überstunden spricht gegen den Ausbildungszweck, ebenso, wenn die Urlaubsvertretung ein Motiv für die Aufnahme des Praktikanten war. Das "Hinwegsehen" über ein Zuspätkommen an manchen Tagen unterstreicht eher die kontrollierte zeitliche Bindung. Wird, wie zB in Hotellerie und Gastronomie üblich, die Bestimmungsfreiheit der vermeintlichen Praktikanten ausgeschaltet, weil diese, sofern einmal die Dienstplaneinteilung erfolgt ist, ihre Beschäftigung nicht mehr in zeitlicher, örtlicher und vor allem in inhaltlicher Hinsicht selbst bestimmen können, spricht dies für ein echtes Dienstverhältnis vergleiche VwGH 93/08/0150 ARD 4308/27/91).
3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes:
Der Beschwerdeführer war aufgrund seiner Ausbildung zum Behindertenbetreuer in der römisch 40 verpflichtet, ein Praktikum im Ausmaß von 280 Stunden zu absolvieren und schloss mit der Dienstgeberin eine dahingehende Vereinbarung ab.
Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag bei der Dienstgeberin in der Unterstützung und Begleitung körperlich behinderter Menschen, darüber hinaus übernahm er organisatorische, administrative und veranstaltungsbezogene Tätigkeit.
Gesamtbetrachtet wurde der Beschwerdeführer daher entsprechend dem Ausbildungszweck eingesetzt und wurden ausbildungsfremde Tätigkeiten nur in einem zeitlich vernachlässigbaren Ausmaß verrichtet.
Der Beschwerdeführer konnte zudem unterschiedliche Tätigkeiten verrichteten und einzelne Tätigkeiten ablehnen.
Da der Beschwerdeführer seine Assistenztätigkeiten selbständig mit den Kunden vereinbarte, hatte er einen starken Einfluss auf die von ihm verrichteten Tätigkeiten und hatte hinsichtlich der Zeiteinteilung einen sehr großen Handlungsspielraum. Der Beschwerdeführer war auch nicht daran gebunden, mittwochs und donnerstags zu arbeiten, und absolvierte einen Teil seiner Praktikumsstunden an anderen Wochentagen.
Da zwischen der Dienstgeberin und dem Beschwerdeführer ein unentgeltliches Praktikum vereinbart wurde, fehlt ein wesentliches Merkmal der Dienstnehmereigenschaft.
Dass der Beschwerdeführer nicht dem Ersatz eines Dienstnehmers diente, kommt zunächst dadurch zum Ausdruck, dass ein Teil der vom Beschwerdeführer verrichteten Assistenztätigkeiten aufgrund der Förderbedingungen von den Kunden bei Entgeltlichkeit überhaupt nicht nachgefragt worden wäre. Darüber hinaus profitierte die Dienstgeberin aus finanzieller Sicht nicht von der Tätigkeit des Beschwerdeführers, da die Assistenztätigkeiten des Beschwerdeführers den Kunden nicht verrechnet wurden. Die Dienstgeberin verzichtete somit auf die ihr bei Entgeltlichkeit zukommenden Gewinnspanne.
Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt verbrachte der Beschwerdeführer einen, mit Fortdauer des Praktikums immer größer werdenden Teil seiner Anwesenheit bei der Dienstgeberin damit, bloß im Büro zu sitzen, ohne dabei Arbeitsleistungen zu erbringen. Dem äußeren Erscheinungsbild nach unterschied sich daher die Tätigkeit des Beschwerdeführers von jener der übrigen Beschäftigten.
Bei einer Gesamtbetrachtung ergibt sich daher, dass der Ausbildungszweck klar überwog und folglich ein „echtes“ Praktikum ohne Entgeltanspruch vorliegt.
Der Beschwerdeführer ist weder ein echter Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gem. Paragraph 4, Absatz , ASVG, noch ein freier Dienstnehmer gem. Paragraph 4, Absatz 4, ASVG.
Eine sozialversicherungsrechtliche Vollversicherungspflicht ist daher nicht gegeben.
3.4. Zur Verhandlung in Abwesenheit des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer wurde ordnungsgemäß über seinen Vertreter geladen. Wenn eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist, dann hindert dies gemäß Paragraph 45, Absatz 2, VwGVG weder die Durchführung der Verhandlung noch die Fällung des Erkenntnisses. Ein Einreiseverbot bildet keinen Entschuldigungsgrund iSd 19 Absatz 3, AVG. Der Beweisantrag hinsichtlich der Einvernahme des Beschwerdeführers wurde zudem in der schriftlichen Stellungnahme vom 23.12.2021 von der bevollmächtigten Vertreterin zurückgezogen.
3.5. Die Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
ECLI:AT:BVWG:2022:W260.2229821.1.00