Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

28.09.2021

Geschäftszahl

W195 2241960-1

Spruch


W195 2241960-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Vorsitzenden sowie die Richter Dr. Werner DAJANI, LL.M. und Dr. Thomas HORVATH als Beisitzer über die Beschwerde von römisch 40 , vertreten durch Freshfields Bruckhaus Deringer Rechtsanwälte PartG mbB, Seilergasse 16, 1010 Wien, gegen den Bescheid der Kommunikationsbehörde Austria vom 26.03.2021, Zl. römisch 40 , betreffend die Feststellung der Anwendbarkeit des Kommunikationsplattformen-Gesetzes (KoPl-G), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 07.07.2021, zu Recht erkannt:

A)

römisch eins. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

römisch II. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach unionsrechtlichen Grundsätzen wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 26.02.2021 stellte die römisch 40 (im Folgenden: Beschwerdeführerin) einen an die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria; im Folgenden: belangte Behörde) gerichteten „Antrag auf Feststellung der Ausnahme vom Anwendungsbereich gemäß Paragraph eins, Absatz 5, Kommunikationsplattformengesetz“; in eventu einen „Antrag auf Feststellung der Ausnahme vom Anwendungsbereich des Kommunikationsplattformen-Gesetz nach allgemeinen Grundsätzen“. Im Wesentlichen begründete die Beschwerdeführerin ihren Antrag damit, dass sie als Diensteanbieterin mit satzungsmäßigem Sitz in einem anderen Mitgliedstaat aufgrund des Herkunftslandprinzips des Artikel 3, der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-Richtlinie; im Folgenden: E-Commerce-RL) nicht dem Anwendungsbereich des Kommunikationsplattformengesetzes (im Folgenden: KoPl-G) unterliegen würde.

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26.03.2021, Zl. römisch 40 , stellte die belangte Behörde gemäß Paragraph eins, Absatz 5, KoPl-G fest, dass die Beschwerdeführerin „durch das Anbieten der Kommunikationsplattformen

a.           ‚ römisch 40 ‘ ( römisch 40 ) und

b.           ‚ römisch 40 ‘ ( römisch 40 )

dem Anwendungsbereich des KoPl-G unterliegt.“

Eingangs hielt die belangte Behörde zunächst fest, dass die offene Formulierung des Paragraph eins, Absatz 5, KoPl-G, wonach beantragt werden könne, ob der betreffende Diensteanbieter unter den Anwendungsbereich des KoPl-G fällt, auch eine Subsumtion des Begehrens auf eine negative Feststellung unter den Wortlaut des Paragraph eins, Absatz 5, KoPl-G zulassen würde. Als Zwischenergebnis hielt die belangte Behörde fest, dass „sich der auf die Feststellung gerichtete verfahrensgegenständliche Antrag, dass die [Beschwerdeführerin] nicht dem KoPl-G unterliegt, im Rahmen jener Kognitionsbefugnis bewegt die [ihr als] Aufsichtsbehörde vom Gesetzgeber im Rahmen des Paragraph eins, Absatz 5, KoPl-G zuerkannt“ worden sei, weshalb auf den von der Beschwerdeführerin gestellten Eventualantrag nicht näher einzugehen gewesen sei.

Weiters begründete die belangte Behörde ihre Entscheidung im Zusammenhang mit dem Anwendungsbereich des KoPl-G im Wesentlich damit, dass – in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin – davon auszugehen sei, dass die beiden verfahrensgegenständlichen Dienste „ römisch 40 “ und „ römisch 40 “ die geforderten Kriterien für eine Kommunikationsplattform iSd Paragraph 2, Ziffer 4, KoPl-G erfüllen. Nach Ansicht der belangten Behörde erfüllen diese beiden Dienste mit der unmittelbaren Möglichkeit der Interaktion, die zwischen einem Nutzer und einem in der Regel größeren, unbestimmten Personenkreis stattfindet und die des Ausdrucks in Wort, Schrift, Ton oder Bild bedarf, geradezu prototypisch diese gesetzlich normierten Qualifikationsmerkmale. Unbestritten sei schließlich auch, dass die Beschwerdeführerin als überwiegend werbefinanziertes Unternehmen ihre Dienste mit Gewinnerzielungsabsicht erbringen würde.

Bei den beiden Diensten der Beschwerdeführerin handle es sich somit jeweils um Kommunikationsplattformen im Sinne von Paragraph 2, Ziffer 4, KoPl-G, wobei beide Plattformen jeweils sowohl mehr als 100.000 Nutzer als auch mehr als EUR 500.000 Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr hätten, weshalb damit auch die in Paragraph eins, Absatz 2, KoPl-G genannten Schwellenwerte überschritten werden.

Dem Vorbringen, dass die Beschwerdeführerin als Diensteanbieterin mit satzungsmäßigem Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat insbesondere aufgrund des Herkunftslandprinzips des Artikel 3, E-Commerce-RL in europarechtskonformer Interpretation nicht dem Anwendungsbereich des KoPl-G unterliegen könne, folgt die belangte Behörde – mit Verweis auf den besonderen Teil der ErläutRV 463 BlgNR 27. Gesetzgebungsperiode – ausdrücklich nicht.

Zwar übe die Beschwerdeführerin ihre Geschäftstätigkeit in Europa im Sinne der Definition des Artikel 2, Litera c, der E-Commerce-RL in römisch 40 aus und gelte damit für die Zwecke des Artikel 3, E-Commerce-RL als dort niedergelassen, sodass die Rechtshoheit über die Regelungen im koordinierten Bereich iSd Richtlinie grundsätzlich römisch 40 zukommen würde. Dies sei jedoch für die Frage der Anwendbarkeit des KoPl-G auf die Beschwerdeführerin nicht von Bedeutung, da von einer (zulässigen) Derogation im Sinne des Artikel 3, Absatz 4, bzw. 5 E-Commerce-RL auszugehen sei. Begründend wird seitens der belangten Behörde ausgeführt, dass sich die Republik Österreich in ihrer Notifizierung an die Kommission auf die Derogationsklausel des Artikel 3, Absatz 4, Litera a, (i) erster Spiegelstrich der E-Commerce-RL berufen habe. Dieser nehme mit dem „Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere Verhütung, Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Hetze“ insbesondere auf jene Maßnahmen, die den Regelungsgegenstand des KoPl-G darstellen, Bezug.

Es sei weiters darauf zu verweisen, dass es die E-Commerce-RL den Mitgliedstaaten, in denen der Diensteanbieter nicht niedergelassen ist, nicht schlechthin verbietet, im koordinierten Bereich mitgliedstaatliche Anforderungen vorzuschreiben, etwa Verfahren für die Entfernung einer Information oder die Sperrung des Zugangs zu ihr festzulegen (Artikel 14, Absatz 3, leg. cit.), sowie Sorgfaltspflichten aufzutragen, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern (ErwGr. 48), solange das durch die Richtlinie eingeräumte Haftungsprivileg der Diensteanbieter nicht berührt werde. Im Sinne der gebotenen Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sei darauf zu verweisen, dass durch das KoPl-G gewisse Sorgfaltspflichten spezifiziert werden, und dies auch nur im Hinblick auf jene Kommunikationsplattformen, die über eine große Nutzerschaft in Österreich verfügen. Sanktionen würden sich nicht auf einzelne Beschwerden beziehen, sondern würden nur für den Fall eines gesamthaften, systematischen Versagens angeordnet. Dem Einwand der Beschwerdeführerin in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag, wonach es sich gegenständlich nicht um eine Maßnahme im Hinblick auf einen bestimmten Dienst im Sinne des Artikel 3, Absatz 4, E-Commerce-RL, sondern um eine generell-abstrakte Norm handeln würde, könne entgegengehalten werden, dass tatsächlich einem „bestimmten Dienst“, im vorliegenden Fall insbesondere jenen der Beschwerdeführerin, eine konkrete Verpflichtung, nämlich die objektive Verhinderung gewisser Straftaten auferlegt werde. Dies ergebe sich insbesondere auch aus dem allgemeinen Teil der Erläuterungen zum KoPl-G (ErläutRV 463 BlgNR 27 GP.), wo ausgeführt werde, dass unter anderem auf dem von der Beschwerdeführerin angebotenen Dienst „ römisch 40 “ rund 51 % des online stattfindenden Rassismus, der dem Verein ZARA gemeldet wurde, von dessen Nutzern stamme.

Zwar traten seitens der Kommission – wie auch von der Beschwerdeführerin zutreffend ausgeführt – tatsächlich Zweifel am österreichischen Gesetzgebungsvorschlag auf. Die Kommission habe jedoch ausdrücklich anerkannt, „dass die Regelungsziele des KoPl-G ‚es grundsätzlich rechtfertigen können, vom Grundsatz der Herkunftslandkontrolle abzuweichen und die Freiheit zur Erbringung grenzüberschreitender Dienste der Informationsgesellschaft einzuschränken.“ Beklagt worden seien jedoch Begründungsmängel.

Zusammenfassend gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass „für den verfahrensgegenständlichen Feststellungsantrag, hinsichtlich des Gesetzeswortlauts ‚ausländische Diensteanbieter‘ zwischen EU-ausländischen und zwar in der EU, nicht aber in Österreich niedergelassenen Anbietern, zu differenzieren und letztere aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes als ausgenommen zu beurteilen, angesichts des insofern klaren Gesetzeswortlauts kein Spielraum“ verbleiben würde.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23.04.2021 rechtzeitig Beschwerde. In ihrer Beschwerde bringt die Beschwerdeführerin vor, dass der angefochtene Bescheid in mehrfacher Weise wegen Widerspruchs zu den Bestimmungen der E-Commerce-RL rechtswidrig sei.

Konkret wird vorgebracht, dass mit dem KoPl-G in Widerspruch zu den materiellen Bedingungen für ein Abweichen vom Herkunftslandprinzip der E-Commerce-RL nicht gerechtfertigte und damit rechtswidrige Einschränkungen festgelegt worden seien, die entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben

             eine generell-abstrakte Regulierung von Diensten vorsehen würden,

             sich daher nicht gegen einen individuell-konkreten Adressaten richten würden und daher keine „Maßnahmen“ seien, und

             unverhältnismäßige Verpflichtungen auferlegen würden.

Diese rechtswidrigen Einschränkungen seien zudem unter Verletzung der unabdingbaren verfahrensrechtlichen Bedingungen für ein Abweichen vorgenommen worden, indem

              römisch 40 , als Sitzstaat u.a. der Beschwerdeführerin, unbestritten nicht, wie vorgesehen, vorher aufgefordert worden sei, Maßnahmen zu ergreifen und folglich auch tatsächlich keine solchen Maßnahmen ergreifen habe können,

             weder die Kommission noch römisch 40 vom KoPl-G entsprechend den Vorgaben der E-Commerce-RL vorweg unterrichtet worden sei und

             eine Notifizierung nach der Notifizierungs-Richtlinie diese spezifisch erforderliche Unterrichtung nach der E-Commerce-RL nicht ersetzen könne (weder bezüglich der Kommission noch für römisch 40 ).

Die Missachtung dieser verfahrensrechtlichen Bedingungen könne keinesfalls unter Verweis auf das Vorliegen eines dringlichen Falles gerechtfertigt werden, weil

             kein dringlicher Fall gegeben gewesen sei,

             weder der Kommission noch römisch 40 eine Mitteilung über die Gründe für das Vorliegen eines dringlichen Falles erstattet worden sei und

             es jedenfalls an einem (auch bei fälschlicherweise angenommener Dringlichkeit notwendigen) Nachholen der Verfahrensschritte fehlen würde.

Mangels einer tragfähigen Begründung des Bescheides zu all diesen Punkten, insbesondere zur Frage der Dringlichkeit, sei auch ein wesentlicher Verfahrensmangel gegeben, weshalb der angefochtene Bescheid infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften rechtswidrig sei. Hätte sich die belangte Behörde eingehend und substantiiert mit dem erstatteten Vorbringen und insbesondere auch mit den Voraussetzungen einer Dringlichkeit auseinandergesetzt, hätte sie nach Ansicht der Beschwerdeführerin zu einem anderen Ergebnis kommen müssen, nämlich, dass das KoPl-G auf die von der Beschwerdeführerin angebotenen Dienste unionsrechtlich keine Anwendung finden könne.

Weiters wird in der Beschwerde ausgeführt, dass die aufgezeigten Verletzungen der E-Commerce-RL „im Ergebnis jedenfalls zu einer unionsrechtlich bedingten, zwingend gebotenen Unanwendbarkeit des KoPl-G auf die Beschwerdeführerin“ führen würden.

Schließlich stellte die Beschwerdeführerin die

„Anträge,

das zuständige Verwaltungsgericht möge,

1. eine einstweilige Anordnung erlassen, wonach die Beschwerdeführerin als Anbieterin der Kommunikationsplattformen römisch 40 und römisch 40 vorläufig und bis zur Entscheidung über die Beschwerde vom Anwendungsbereich des KoPl-G ausgenommen ist bzw. jene als Einschränkungen des Herkunftslandprinzips zu wertenden Verpflichtungen des KoPl-G, insbesondere Paragraph 3, (Melde- und Überprüfungsverfahren), Paragraph 4, (Berichtspflichten), Paragraph 5, (Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten etc.) und Paragraph 8, Absatz 3, u 4 (Finanzierungsbeiträge), nicht umzusetzen hat (in eventu wird eine Maßnahme vergleichbarer Art und Wirkung beantragt);

2. eine mündliche Verhandlung durchzuführen, und

3. in der Sache selbst entscheiden und den angefochtenen Bescheid dahin abändern, dass festgestellt wird, dass die Beschwerdeführerin als Anbieterin der Kommunikationsplattformen römisch 40 und römisch 40 nicht dem Anwendungsbereich des KoPl-G unterliegt.“

4. Mit Schriftsatz vom 28.04.2021, Zl. römisch 40 , legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den dazugehörigen Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Neben dem Hinweis, wonach die Beschwerdeführerin einen Antrag auf „Erlassung einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Ausnahme aus dem Anwendungsbereich des Kommunikationsplattformen-Gesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 151 aus 2020, (KoPl-G), in eventu einer Maßnahme gleicher Wirkung“ gestellt habe, wird seitens der belangten Behörde schließlich noch festgehalten, dass ihrerseits auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich verzichtet wird.

5. Am 07.07.2021 führte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche, mündliche Verhandlung durch, an welcher neben Vertretern der gewillkürten Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin auch Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Im Zuge der mündlichen Verhandlung bekräftigten die Parteien – im Wesentlichen – ihre im angefochtenen Bescheid bzw. der gegen diesen Beschied gerichteten Beschwerde vertretenen Rechtsansichten.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt römisch eins. wiedergegebene Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt, wobei präzisierend und konkretisierend – in Übereinstimmung mit der belangten Behörde – folgende (ergänzenden und entscheidungswesentlichen) Feststellungen getroffen werden:

Die römisch 40 ist eine zur Registriernummer römisch 40 beim „ römisch 40 “ in römisch 40 , römisch 40 , eingetragene Gesellschaft mit Sitz in römisch 40 .

Die Gesellschaft ist eine Tochter römisch 40 , ein zur Registriernummer römisch 40 in römisch 40 , römisch 40 , registriertes Unternehmen mit Sitz in römisch 40 .

Die römisch 40 bietet unter anderem folgende Dienste in Österreich an:

1. römisch 40

römisch 40 bietet eine Vielzahl von Kommunikationsmöglichkeiten, darunter die Möglichkeit, private Profile, Unternehmensseiten sowie Gruppenseiten zu erstellen. Dem registrierten Nutzer ist es möglich, sich mit anderen Nutzern sowie Gruppen zu vernetzen und Kommentare zu posten. Einzig die Möglichkeit, sich direkt mit Freunden zu verbinden, ist auf 5.000 Freunde beschränkt, ansonsten ist eine unbeschränkte Zahl von Abonnenten möglich. Dem nicht-registrierten Nutzer ist es möglich, Unternehmensseiten und Gruppenseiten, soweit deren Zugang vom Administrator der Seite nicht beschränkt wurde, zu besuchen und sich u.a. mittels Wort, Schrift, Ton oder Bild mitzuteilen.

Die Finanzierung des Dienstes erfolgt im Wesentlichen über kommerzielle Kommunikation, wobei der Nutzer durch Annahme der AGB unter anderem in die Bedingung einwilligt, dass ihm von Unternehmen und Organisationen bezahlte Werbung angezeigt werden kann. Zur Individualisierung der Werbung werden persönliche Daten (u.a. Aktivitäten und Interessen) genutzt, wobei die Anonymität des Nutzers gegenüber den werbenden Unternehmen gewahrt wird, es sei denn, es wird eine ausdrückliche Einwilligung zur Nutzung persönlicher Daten erteilt. Unternehmen erhalten Performance-Berichte über allgemeine geografische und Interessen von Nutzern.

Die Zahl der registrierten, zugangsberechtigten Nutzer von römisch 40 in Österreich hat 2020 100.000 Personen überschritten. Der mit dem Betrieb in Österreich erzielte Umsatz hat 2020 EUR 500.000,- überschritten.

2. römisch 40

römisch 40 ist ein Dienst zum Teilen von Bildern und Videos, die auch von Text begleitet werden können. Es bestehen eine Vielzahl von Kommunikationsmöglichkeiten, darunter unter anderem die Möglichkeit, private Profile und Unternehmensseiten zu erstellen. Dem registrierten Nutzer ist es möglich, sich mit anderen Nutzern zu vernetzen und Kommentare zu posten. Dem nicht-registrierten Nutzer ist es möglich, öffentliche Nutzerprofile über einen Web-Browser zu besuchen. Eine unbeschränkte Zahl von Abonnenten ist zulässig.

Die Finanzierung des Dienstes erfolgt im Wesentlichen über kommerzielle Kommunikation, wobei der Nutzer bei der Annahme der AGB unter anderem in die Bedingung einwilligt, dass ihm bezahlte Werbung angezeigt werden kann, für deren Bewerbung innerhalb und außerhalb der Produkte der römisch 40 -Unternehmen von Unternehmen und Organisationen bezahlt wird. Zur Individualisierung der Werbung werden persönliche Daten (u.a. Aktivitäten und Interessen) genutzt, wobei die Anonymität des Nutzers gegenüber den werbenden Unternehmen gewahrt wird, es sei denn, es wird eine ausdrückliche Einwilligung zur Nutzung persönlicher Daten erteilt. Unternehmen erhalten Performance-Berichte über ihre Zielgruppen, wie etwa die Interessen von Nutzern.

Die Zahl der registrierten, zugangsberechtigten Nutzer von römisch 40 in Österreich hat 2020 100.000 Personen überschritten. Der mit dem Betrieb in Österreich erzielte Umsatz hat 2020 EUR 500.000,- überschritten.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte und (soweit) entscheidungsrelevante Sachverhalt stützt sich insbesondere auf die Feststellungen der belangten Behörde sowie auf den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Von der Beschwerdeführerin wurde in ihrer Beschwerde der durch die belangte Behörde festgestellte Sachverhalt nicht bestritten, weshalb die im Verwaltungsverfahren getroffenen Sachverhaltsfeststellungen auch im nunmehrigen Beschwerdeverfahren unbedenklich herangezogen werden können.

Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen betreffend die Inhalte der seitens der Beschwerdeführerin angebotenen Plattformen „ römisch 40 “ und „ römisch 40 “ sowie das jeweilige Überschreiten der im Gesetz genannten Schwellenwerte im Hinblick auf die Anzahl an Nutzer und des in Österreich erzielten Umsatzes vergleiche Paragraph eins, Absatz 2, Ziffer eins und Ziffer 2, KoPl-G) stehen im Wesentlichen auch im Einklang mit den seitens der Beschwerdeführerin in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag vom 26.02.2021 selbst gemachten Ausführungen. Darin führt sie insbesondere Folgendes aus: „Die Antragstellerin [nunmehr Beschwerdeführerin] ist ferner als Diensteanbieter (Paragraph 2, Ziffer 3, KoPl-G) tätig und stellt in dieser Funktion in Österreich mit den sozialen Netzwerken römisch 40 und römisch 40 zwei Kommunikationsplattformen (Paragraph 2, Ziffer 4, KoPl-G) zur Verfügung, die die Definition des Paragraph eins, Ziffer 2, KoPl-G zu erfüllen scheinen. Während nicht bestritten wird, dass die Antragstellerin [nunmehr Beschwerdeführerin] die in Paragraph eins, Absatz 2, KoPl-G definierten Schwellenwerte mit den Diensten römisch 40 und römisch 40 überschreitet, erscheint zugleich eine Anwendung des KoPl-G [auf die Beschwerdeführerin], die ihren Sitz nicht in Österreich, sondern in römisch 40 hat, aufgrund des in der E-Commerce-Rl zwingend festgelegten Herkunftslandprinzips nach Paragraph eins, Absatz 2, KoPl-G ausgeschlossen.“

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zur Abweisung der Beschwerde:

3.1.       Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Allgemeines:

Gemäß Artikel 129, Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) besteht für jedes Land ein Verwaltungsgericht des Landes. Für den Bund bestehen ein als Bundesverwaltungsgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes und ein als Bundesfinanzgericht zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes für Finanzen.

Gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht des Bundes erkennt gemäß Artikel 131, Absatz 2, B-VG, soweit sich aus Absatz 3, nichts anderes ergibt, über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß Artikel 132, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß Paragraph 36, KommAustria-Gesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden in jenen Fällen, in denen die KommAustria belangte Behörde ist, durch Senat. Aus diesem Grund liegt gegenständlich eine Senatszuständigkeit vor.

Die Zuweisung der gegenständlichen Rechtssache an die Gerichtsabteilung W195 im Rahmen der Zuweisungsgruppe SUB erfolgte gemäß der im Zuweisungszeitpunkt in Kraft stehenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts.

Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Im Falle der Zurückweisung hat die Entscheidung gemäß Paragraph 31, Absatz eins, VwGVG mit Beschluss zu ergehen.

3.2.       Zu den im Beschwerdefall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen:

3.2.1 Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des KoPl-G, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 151 aus 2020,, lauten auszugsweise:

„1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen und Definitionen

Gegenstand und Anwendungsbereich

Paragraph eins, (1) Dieses Bundesgesetz dient der Förderung des verantwortungsvollen und transparenten Umgangs mit Meldungen der Nutzer über nachfolgend genannte Inhalte auf Kommunikationsplattformen und der unverzüglichen Behandlung solcher Meldungen.

(2) In- und ausländische Diensteanbieter, die mit Gewinnerzielungsabsicht Kommunikationsplattformen (Paragraph 2, Ziffer 4,) anbieten, unterliegen diesem Bundesgesetz, außer

1. die Anzahl der mittels Registrierung für die Kommunikationsplattform zugangsberechtigten Nutzer in Österreich im vorangegangenen Kalenderjahr hat im Durchschnitt 100 000 Personen unterschritten und

2. der mit dem Betrieb der Kommunikationsplattform im vorangegangenen Kalenderjahr in Österreich erzielte Umsatz beträgt weniger als 500 000 Euro.

(3) Diensteanbieter von Kommunikationsplattformen,

1. die nur der Vermittlung oder dem Verkauf von Waren oder Dienstleistungen sowie der Vermittlung von Immobilien oder Stellenanzeigen dienen,

2. deren Hauptzweck in der Bereitstellung nicht gewinnorientierter

a) Online-Enzyklopädien oder

b) Bildungs- und Lernplattformen zur Wissensvermittlung liegt, oder

3. die von Medienunternehmen (Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer 6, des Mediengesetzes – MedienG, Bundesgesetzblatt Nr. 314 aus 1981,) in unmittelbaren Zusammenhang mit ihren journalistisch gestalteten Inhaltsangeboten angeboten werden,

sind jedenfalls von den Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz ausgenommen.

(4) Diensteanbieter von Video-Sharing-Plattformen (Paragraph 2, Ziffer 12,) sind in Hinblick auf die dort bereitgestellten Sendungen (Paragraph 2, Ziffer 9,) und nutzergenerierten Videos (Paragraph 2, Ziffer 7,) von den Verpflichtungen dieses Bundesgesetzes ausgenommen.

(5) Auf Verlangen eines Diensteanbieters hat die Aufsichtsbehörde festzustellen, ob dieser unter den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fällt.

[...]

Begriffsbestimmungen

Paragraph 2, Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeutet

[...]

2. Dienst der Informationsgesellschaft: ein in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellter Dienst (Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer 2, des Notifikationsgesetzes 1999 – NotifG 1999, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 183 aus 1999,), insbesondere der Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers speichern (Paragraph 3, Ziffer eins, des E-Commerce-Gesetzes – ECG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 152 aus 2001,);

3. Diensteanbieter: die natürliche oder juristische Person, die eine Kommunikationsplattform anbietet;

4. Kommunikationsplattform: ein Dienst der Informationsgesellschaft, bei dem der Hauptzweck oder eine wesentliche Funktion darin besteht, im Wege der Massenverbreitung den Austausch von Mitteilungen oder Darbietungen mit gedanklichem Inhalt in Wort, Schrift, Ton oder Bild zwischen Nutzern und einem größeren Personenkreis anderer Nutzer zu ermöglichen;

[…]

8. rechtswidrige Inhalte: Inhalte, die einen der folgenden Tatbestände objektiv verwirklichen und nicht gerechtfertigt sind: Nötigung (Paragraph 105, StGB, Bundesgesetzblatt Nr. 60 aus 1974,), Gefährliche Drohung (Paragraph 107, StGB), Beharrliche Verfolgung (Paragraph 107 a, StGB), Fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation (Paragraph 107 c, StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (Paragraph 113, StGB), Beleidigung (Paragraph 115, StGB), Unbefugte Bildaufnahmen (Paragraph 120 a, StGB), Erpressung (Paragraph 144, StGB), Herabwürdigung religiöser Lehren (Paragraph 188, StGB), Pornographische Darstellungen Minderjähriger (Paragraph 207 a, StGB), Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (Paragraph 208 a, StGB), Terroristische Vereinigung (Paragraph 278 b, StGB), Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (Paragraph 278 f, StGB), Aufforderung zu terroristischen Straftaten und Gutheißung terroristischer Straftaten (Paragraph 282 a, StGB), Verhetzung (Paragraph 283, StGB), Paragraph 3 d,, Paragraph 3 g, oder Paragraph 3 h, des Verbotsgesetzes, StGBl. Nr. 13/1945;

[...]

2. Abschnitt

Anforderungen an Kommunikationsplattformen

Melde- und Überprüfungsverfahren

Paragraph 3, (1) Diensteanbieter müssen ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit und die Erledigung von Meldungen über auf der Kommunikationsplattform verfügbare, behauptetermaßen rechtswidrige Inhalte einrichten.

(2) Ein derartiges Verfahren muss jedenfalls so ausgestaltet sein, dass Nutzer mittels leicht auffindbarer, ständig verfügbarer und einfach handhabbarer Funktionalitäten auf der Kommunikationsplattform

1. Inhalte mitsamt den für eine Beurteilung erforderlichen Angaben dem Diensteanbieter melden können,

2. eine Erklärung erhalten, wie mit ihrer Meldung verfahren wird und was das Ergebnis des betreffenden Verfahrens war, und

3. unverzüglich über die wesentlichen Entscheidungsgründe zur Erledigung der betreffenden Meldung einschließlich des allfälligen Zeitpunkts einer Entfernung oder Sperre in Kenntnis gesetzt werden und über die Möglichkeit eines Antrags zur Durchführung eines Überprüfungsverfahrens (Absatz 4,) sowie der Teilnahme an einem Beschwerdeverfahren (Paragraph 7,) informiert werden, wobei diese Informationen auch jener Nutzer, für den der betreffende Inhalt auf der Kommunikationsplattform gespeichert wurde, erhalten muss.

(3) Zusätzlich haben Diensteanbieter durch die Ausgestaltung der inneren Organisation des Meldeverfahrens

1. dafür zu sorgen, dass gemeldete Inhalte,

a) soweit deren Rechtswidrigkeit bereits für einen juristischen Laien ohne weitere Nachforschungen offenkundig ist, unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Meldung, entweder entfernt werden oder der Zugang dazu gesperrt wird;

b) soweit sich deren Rechtswidrigkeit erst nach einer detaillierten Prüfung herausstellt, unverzüglich nach Abschluss dieser Prüfung, spätestens aber binnen sieben Tagen gerechnet ab dem Eingang der Meldung entfernt werden oder der Zugang dazu gesperrt wird;

2. im Falle einer Sperrung oder Löschung den davon betroffenen Inhalt, den Zeitpunkt seiner Erstellung sowie die zur Identifikation des Nutzers, für den der betreffende Inhalt auf der Kommunikationsplattform gespeichert wurde, erforderlichen und bereits beim Diensteanbieter vorhandenen Daten zu Beweiszwecken, einschließlich zu Zwecken der Strafverfolgung, zu sichern und für die Dauer von längstens zehn Wochen zu speichern; diese Frist darf im Falle eines ausdrücklichen Ersuchens einer Strafverfolgungsbehörde im Einzelfall überschritten werden, wenn anderenfalls die Beweissicherung vereitelt wäre; die Daten sind zu löschen, wenn der der Verarbeitung zugrunde liegende Zweck nicht länger besteht.

(4) Diensteanbieter müssen darüber hinaus dafür sorgen, dass ein wirksames und transparentes Verfahren zur Überprüfung ihrer Entscheidung über die Sperrung oder Löschung eines gemeldeten Inhalts (Absatz 3, Ziffer eins,) eingerichtet ist. Eine Überprüfung hat stattzufinden, wenn

1. im Falle der Unterlassung der Sperrung oder Löschung eines Inhalts jener Nutzer, der die Meldung erstattet hat, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Entscheidung einen auf Überprüfung dieser Entscheidung gerichteten Antrag (Absatz 3, Ziffer 2,) stellt;

2. im Falle einer Sperrung oder Löschung eines Inhalts der Nutzer, für den der Inhalt auf der Kommunikationsplattform gespeichert wurde, innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Entscheidung einen auf Überprüfung dieser Entscheidung gerichteten Antrag (Absatz 3, Ziffer 2,) stellt.

Die in Ziffer eins und 2 genannten Nutzer sind über das Ergebnis der Überprüfung unverzüglich vom Diensteanbieter zu informieren. Das Überprüfungsverfahren ist innerhalb von zwei Wochen ab Antragstellung abzuschließen.

(5) Personenbezogene Daten über die die Meldung erstattende Person dürfen ausschließlich gegenüber dieser Person beauskunftet werden.

(6) Der Diensteanbieter ist nicht zur Durchführung eines Melde- oder Überprüfungsverfahrens verpflichtet, wenn er insbesondere auf Grund der Art oder der Häufigkeit der eingelangten Meldungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, dass die Meldungen entweder automatisiert oder sonst auf missbräuchliche Art veranlasst wurden.

(7) Die Aufsichtsbehörde kann durch Verordnung nähere Bestimmungen zur Ausgestaltung des Meldevorgangs, insbesondere betreffend Mindeststandards für die dabei verwendeten Meldeformulare, erlassen.

Berichtspflicht

Paragraph 4, (1) Diensteanbieter sind verpflichtet, jährlich, im Fall von Kommunikationsplattformen mit über einer Million registrierten Nutzern halbjährlich, einen Bericht über den Umgang mit Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte zu erstellen. Der Bericht ist der Aufsichtsbehörde spätestens einen Monat nach Ende des im Bericht erfassten Zeitraumes zu übermitteln und gleichzeitig auf der eigenen Website ständig und leicht auffindbar bereitzustellen.

(2) Der Bericht hat jedenfalls folgende Punkte zu beinhalten:

1. Allgemeine Ausführungen, welche Anstrengungen ein Diensteanbieter unternimmt, um rechtswidrige Inhalte auf der Plattform hintanzuhalten;

2. Darstellungen über die Ausgestaltung und die Benutzerfreundlichkeit des Meldeverfahrens (Paragraph 3, Absatz eins bis 3) sowie über die Entscheidungskriterien für die Löschung oder Sperrung von rechtswidrigen Inhalten einschließlich der dabei vorgenommenen Prüfungsschritte, ob ein rechtswidriger Inhalt vorliegt oder ob gegen vertragliche Regelungen zwischen Diensteanbieter und Nutzer verstoßen wurde;

3. Darstellungen über die Anzahl der im Berichtszeitraum eingegangenen Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte;

4. Übersicht über die Anzahl der Meldungen über behauptete rechtswidrige Inhalte, die im Berichtszeitraum zur Löschung oder Sperrung des beanstandeten Inhalts geführt haben, einschließlich der Information, welcher Schritt der Prüfung (Ziffer 2,) zur Löschung oder Sperrung geführt hat sowie eine zusammenfassende Beschreibung der Art der Inhalte;

5. Übersicht über Anzahl, Inhalt und Ergebnis der Überprüfungsverfahren (Paragraph 3, Absatz 4,);

6. Darstellung über Organisation, personelle und technische Ausstattung, fachliche Kompetenz des für die Bearbeitung von Meldungen sowie für die Überprüfungsverfahren zuständigen Personals sowie Ausbildung, Schulung und Betreuung der für die Bearbeitung von Meldungen und Überprüfungen zuständigen Personen;

7. Übersicht über die Zeiträume zwischen Meldungseingang beim Diensteanbieter, Beginn der Überprüfung und Löschung oder Sperrung eines rechtswidrigen Inhalts, aufgeschlüsselt nach den Zeiträumen „innerhalb von 24 Stunden“, „innerhalb von 72 Stunden“, „innerhalb von sieben Tagen“ und „zu einem späteren Zeitpunkt“;

8. Übersicht über Anzahl und Art jener Fälle, in denen der Diensteanbieter von der Durchführung eines Melde- und Überprüfungsverfahrens abgesehen hat (Paragraph 3, Absatz 7,).

(3) Die Aufsichtsbehörde hat durch Verordnung nähere Bestimmungen zur Ausgestaltung der Berichte und zum Umfang der Berichtspflicht zu erlassen, um die Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Berichte sicherzustellen.

Verantwortlicher Beauftragter und Zustellungsbevollmächtigter

Paragraph 5, (1) Diensteanbieter haben eine Person zu bestellen, die die Voraussetzungen gemäß Paragraph 9, Absatz 4, des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG, Bundesgesetzblatt Nr. 52 aus 1991,, erfüllt. Diese Person hat

1. die Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes zu gewährleisten,

2. über eine für die Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes erforderliche Anordnungsbefugnis zu verfügen,

3. die für die Zusammenarbeit mit Behörden und Gerichten erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache zu besitzen, sowie

4. über die für die Besorgung ihrer Aufgaben erforderliche Ressourcenausstattung zu verfügen.

(2) Die Kontaktdaten des verantwortlichen Beauftragten müssen ständig leicht und unmittelbar zugänglich sein. Der verantwortliche Beauftragte hat für seine Erreichbarkeit für die Aufsichtsbehörde zu sorgen.

(3) Der verantwortliche Beauftragte hat sich für eine Zustellung durch einen Zustelldienst im Sinne der Paragraphen 28 b und 35 des Zustellgesetzes – ZustG, Bundesgesetzblatt Nr. 200 aus 1982,, anzumelden und bei der Anmeldung mitzuteilen, dass es keine Zeiträume gibt, innerhalb derer die Zustellung ausgeschlossen sein soll.

(4) Der Diensteanbieter hat eine natürliche oder juristische Person als Bevollmächtigten für behördliche und gerichtliche Zustellungen zu bestellen. Absatz eins, Ziffer 3,, Absatz 2, erster Satz und Absatz 3, sind anzuwenden.

(5) Die Aufsichtsbehörde ist unverzüglich über die Person des verantwortlichen Beauftragten und des Zustellungsbevollmächtigten zu informieren.

Durchsetzung

Paragraph 6, (1) Kommt ein Diensteanbieter seiner Verpflichtung zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten oder eines Zustellungsbevollmächtigten nicht von sich aus nach, so hat ihn die Behörde schriftlich zur Bestellung binnen einer Frist von sieben Tagen aufzufordern. Sofern ein Diensteanbieter über keinen Sitz, keine Zweigniederlassung oder auch sonst keine Betriebsstätte im Inland verfügt und es erweist sich, dass eine rechtswirksame Zustellung dieser Aufforderung ins Ausland nicht oder in nicht angemessener Zeit durchführbar ist, ist die Aufforderung durch Veröffentlichung auf der Website der Aufsichtsbehörde bekannt zu machen. Die Aufforderung gilt mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung als dem Diensteanbieter zugestellt. Die Veröffentlichung hat auch den Hinweis zu enthalten, dass weitere Verfügungen der Behörde mit Hinterlegung bei der Behörde und Bereitstellung zur Abholung als zugestellt gelten.

(2) Kommt der Diensteanbieter der auf Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten oder eines Zustellungsbevollmächtigten gerichteten Aufforderung der Aufsichtsbehörde nicht nach, so hat diese über ihn eine Geldstrafe (Paragraph 10, Absatz eins,) zu verhängen. Sofern der Diensteanbieter über keinen Sitz, keine Zweigniederlassung oder auch sonst keine Betriebsstätte im Inland verfügt und auch keinen verantwortlichen Beauftragten oder Zustellungsbevollmächtigten bestellt hat, an den rechtswirksam zugestellt werden könnte, sind Bescheide oder sonstige Verfügungen der Aufsichtsbehörde bei der Aufsichtsbehörde zu hinterlegen. Die Verständigung des Diensteanbieters von der Hinterlegung hat auf der Website der Aufsichtsbehörde zu erfolgen. Sie hat auch den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung (Absatz 3,) hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag der Veröffentlichung der Verständigung auf der Website. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Beschwerdeverfahren

Paragraph 7, (1) Nutzer können sich bei Beschwerden über die Unzulänglichkeit des Meldeverfahrens nach Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer eins bis 3 oder die Unzulänglichkeit des Überprüfungsverfahrens nach Paragraph 3, Absatz 4, an die Beschwerdestelle wenden. Für die Anrufung der Beschwerdestelle ist Voraussetzung, dass sich der Nutzer zuvor an den Diensteanbieter gewandt hat und entweder von diesem keine Antwort erhalten hat oder die beiden Streitteile keine Beilegung der Streitigkeit erreichen konnten. Die Beschwerdestelle hat eine einvernehmliche Lösung durch Erarbeitung eines Lösungsvorschlags herbeizuführen oder dem Nutzer und dem Diensteanbieter ihre Ansicht zum herangetragenen Fall mitzuteilen.

(2) Die Beschwerdestelle hat nach Anhörung der Aufsichtsbehörde Richtlinien für die Durchführung dieses Verfahrens festzulegen, wobei insbesondere der jeweiligen Sachlage angepasste Fristen für die Beendigung des Verfahrens zu bestimmen sind. Die Richtlinien haben sich an den Grundsätzen des Paragraph 6, Absatz 2 und Absatz 6, Ziffer eins,, Paragraph 7, Absatz eins,, Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins und 2 und Absatz 2, des Alternative Streitbeilegung-Gesetzes – AStG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 105 aus 2015,, zu orientieren und sind in geeigneter Form zu veröffentlichen.

(3) Die Beschwerdestelle hat über die anhängig gemachten Fälle jährlich einen Bericht zu erstellen, der im Rahmen des Tätigkeitsberichts nach Paragraph 19, Absatz 2, des KommAustria-Gesetzes – KOG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 32 aus 2001,, zu veröffentlichen ist. Darüber hinaus hat die Beschwerdestelle der Aufsichtsbehörde monatlich eine Zusammenfassung über Anzahl, Art und Inhalt der von ihr erledigten und der neuen Beschwerdefälle zur Verfügung zu stellen.

3. Abschnitt

Aufsicht und Sanktionen

Aufsichtsbehörde, Beschwerdestelle, Finanzierungsbeiträge

Paragraph 8, (1) Aufsichtsbehörde im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die gemäß Paragraph eins, KOG eingerichtete Kommunikationsbehörde Austria.

(2) Die administrative Unterstützung der KommAustria in Angelegenheiten dieses Bundesgesetzes und die Funktion der Beschwerdestelle obliegen der RTR-GmbH unter der Verantwortung des Geschäftsführers für den Fachbereich Medien.

[...]

Aufsichtsverfahren

Paragraph 9, (1) Langen bei der Beschwerdestelle innerhalb eines Monats mehr als fünf begründete Beschwerden (Paragraph 7,) über die Unzulänglichkeit der von einem Diensteanbieter ergriffenen Maßnahmen ein, so hat die Aufsichtsbehörde zu prüfen, ob diese Maßnahmen zur Erfüllung der in Paragraph 3, normierten Anforderungen angemessen waren.

(2) Gelangt die Aufsichtsbehörde aufgrund der Häufigkeit und Art der Beschwerden, der Ergebnisse bisheriger Aufsichtsverfahren, einer Mitteilung der Beschwerdestelle oder eigener vorläufiger Einschätzung zur Auffassung, dass die in diesem Bundesgesetz normierten Pflichten verletzt werden, hat sie ein Aufsichtsverfahren einzuleiten und

1. außer in den Fällen der Ziffer 2, dem Diensteanbieter mit Bescheid aufzutragen, den rechtmäßigen Zustand herzustellen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden; der Diensteanbieter hat diesem Bescheid binnen der von der Aufsichtsbehörde festgesetzten, längstens vierwöchigen Frist zu entsprechen und im Wege des verantwortlichen Beauftragten darüber der Aufsichtsbehörde zu berichten;

2. in den Fällen, in denen gegen einen Diensteanbieter bereits mehr als einmal ein Bescheid gemäß Ziffer eins, ergangen ist, wenn der Diensteanbieter einem Bescheid gemäß Ziffer eins, nicht entspricht, in einem Verfahren nach Paragraph 10, eine Geldstrafe zu verhängen.

(3) Bei ihrer Beurteilung der Angemessenheit und beim Auftrag zu geeigneten Vorkehrungen hat die Aufsichtsbehörde zu berücksichtigen, dass die dem Diensteanbieter nach diesem Bundesgesetz abverlangten Maßnahmen nicht in einer allgemeinen Vorabkontrolle der Inhalte resultieren dürfen. Die aufgetragenen Vorkehrungen und die dabei abverlangten Maßnahmen müssen zur Erreichung der verfolgten Ziele – wie insbesondere denen der Steigerung der Effizienz der Mechanismen zum Schutz der Nutzer, des Schutzes der Allgemeinheit vor rechtswidrigen Inhalten und der Wahrung der Interessen der von solchen Inhalten betroffenen Personen – unter Berücksichtigung der rechtlichen Interessen der Diensteanbieter geeignet und verhältnismäßig sein.

Geldstrafen

Paragraph 10, (1) Wer es als allein oder als ein Teil eines Organs zur Vertretung eines Diensteanbieters nach außen berufene oder als eine mit der Befugnis, Entscheidungen im Namen des Diensteanbieters zu treffen, ausgestattete Person in einer Führungsposition trotz Aufforderung der Aufsichtsbehörde (Paragraph 6, Absatz eins,) unterlässt, der Pflicht zur Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten gemäß Paragraph 5, Absatz eins, oder der Pflicht zur Bestellung eines Zustellbevollmächtigten gemäß Paragraph 5, Absatz 4, nachzukommen, ist mit einer Geldstrafe in der Höhe von bis zu einer Million Euro zu bestrafen. Die Aufsichtsbehörde hat von einer Bestrafung abzusehen, wenn für denselben Verstoß bereits eine Geldstrafe über die juristische Person im Sinne des Absatz 2, verhängt wurde und keine besonderen Umstände vorliegen, die einem Absehen von der Bestrafung entgegenstehen.

(2) Die Aufsichtsbehörde hat je nach Schwere des Verstoßes und nach Maßgabe des Paragraph 9, Absatz 2, über einen Diensteanbieter eine Geldstrafe in der Höhe von bis zu zehn Millionen Euro zu verhängen, wenn

1. dieser

a) entgegen Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer eins bis 3 kein Meldeverfahren bereitstellt oder zwar ein solches System bereitstellt, dieses aber nicht alle Funktionalitäten nach Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer eins bis 3 aufweist,

b) entgegen Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer eins, keine Maßnahmen zur Beurteilung und darauf beruhender Sperrung oder Entfernung von rechtswidrigen Inhalten ergreift,

c) entgegen Paragraph 3, Absatz 3, Ziffer 2, nicht dafür sorgt, dass ein von einer Löschung oder Sperrung betroffener Inhalt zu Beweiszwecken gesichert und gespeichert wird,

d) entgegen Paragraph 3, Absatz 4, kein Überprüfungsverfahren bereitstellt oder zwar ein solches System bereitstellt, dieses aber nicht gemäß Paragraph 3, Absatz 4, wirksam und transparent ausgestaltet ist,

e) entgegen Paragraph 3, Absatz 5, anderen Personen Auskünfte erteilt,

f) entgegen Paragraph 4, Absatz eins und Absatz 2, seiner Berichtspflicht nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unvollständig nachkommt,

g) entgegen Paragraph 5, Absatz eins, keinen verantwortlichen Beauftragten bestellt, oder

h) entgegen Paragraph 5, Absatz 4, keinen Zustellbevollmächtigten bestellt,

und

2. es

a) der verantwortliche Beauftragte oder

b) – weil entgegen Paragraph 5, Absatz eins, kein verantwortlicher Beauftragter bestellt ist – eine allein oder als Teil eines Organs zur Vertretung eines Diensteanbieters nach außen berufene oder als eine mit der Befugnis, Entscheidungen im Namen des Diensteanbieters zu treffen, ausgestattete Person in einer Führungsposition

unterlassen hat, in Ausübung seiner bzw. ihrer Anordnungs- und Kontrollbefugnis dafür zu sorgen, dass den in Ziffer eins, angeführten Pflichten entsprochen wird.

(3) Bei der Bemessung der Höhe der Geldstrafe gemäß Absatz eins, oder 2 sind insbesondere folgende Umstände zu berücksichtigen:

1. die Finanzkraft des Diensteanbieters, wie sie sich beispielweise aus dessen Gesamtumsatz ablesen lässt;

2. die Anzahl der registrierten Nutzer der Plattform;

3. frühere Verstöße;

4. das Ausmaß und die Dauer der Nachlässigkeit des Diensteanbieters bei der Einhaltung der aufgetragenen Verpflichtung;

5. der Beitrag zur Wahrheitsfindung sowie

6. das Ausmaß der zur Verhinderung eines Verstoßes getroffenen Vorkehrungen oder der Anleitung der Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten.

(4) Wer als verantwortlicher Beauftragter

1. entgegen Paragraph 5, Absatz 2, erster Satz nicht dafür sorgt, dass seine Kontaktdaten ständig leicht und unmittelbar zugänglich zur Verfügung stehen, oder

2. entgegen Paragraph 5, Absatz 2, zweiter Satz für die Aufsichtsbehörde nicht für seine Erreichbarkeit sorgt oder

3. der in Paragraph 5, Absatz 3, geregelten Verpflichtung nicht entspricht,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Aufsichtsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.

(5) Wer als Zustellungsbevollmächtigter

1. entgegen Paragraph 5, Absatz 2, erster Satz in Verbindung mit Absatz 4, zweiter Satz nicht dafür sorgt, dass seine Kontaktdaten ständig leicht und unmittelbar zugänglich zur Verfügung stehen, oder

2. der in Paragraph 5, Absatz 3, in Verbindung mit Absatz 4, zweiter Satz geregelten Verpflichtung nicht entspricht,

begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Aufsichtsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 10 000 Euro zu bestrafen.

(6) Wer als Diensteanbieter

1. der Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften zur Feststellung seiner Eigenschaft als diesem Bundesgesetz unterliegender Diensteanbieter oder

2. der Verpflichtung zur Erteilung von Auskünften und zur Gewährung der Einschau in Aufzeichnungen und Bücher (Paragraph 8, Absatz 4, in Verbindung mit Paragraph 35, Absatz 13, KOG)

trotz Aufforderung nicht nachkommt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Aufsichtsbehörde mit Geldstrafe bis zu 58 000 Euro zu bestrafen.

[...]

Verweisungen und Bezeichnungen

Paragraph 12, (1) Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anders bestimmt, bleiben die Bestimmungen des Audiovisuelle Mediendienste-Gesetzes – AMD-G, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 84 aus 2001,, und des ECG unberührt.“

3.2.2. Die im Beschwerdefall maßgeblichen unionsrechtlichen Bestimmungen der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce-RL) lauten in den hier interessierenden Teilen wie folgt:

„Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

[...]

h) „koordinierter Bereich“ die für die Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft und die Dienste der Informationsgesellschaft in den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten festgelegten Anforderungen, ungeachtet der Frage, ob sie allgemeiner Art oder speziell für sie bestimmt sind.

i) Der koordinierte Bereich betrifft vom Diensteanbieter zu erfüllende Anforderungen in bezug auf

— die Aufnahme der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft beispielsweise Anforderungen betreffen Qualifikation, Genehmigung oder Anmeldung;

– die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft, beispielsweise Anforderungen betreffend das Verhalten des Diensteanbieters, Anforderungen betreffend Qualität oder Inhalt des Dienstes, einschließlich der auf Werbung und Verträge anwendbaren Anforderungen, sowie Anforderungen betreffend die Verantwortlichkeit des Diensteanbieters.

[...]

Artikel 3

Binnenmarkt

(1) Jeder Mitgliedstaat trägt dafür Sorge, daß die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in seinem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht werden, den in diesem Mitgliedstaat geltenden innerstaatlichen Vorschriften entsprechen, die in den koordinierten Bereich fallen.

(2) Die Mitgliedstaaten dürfen den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat nicht aus Gründen einschränken, die in den koordinierten Bereich fallen.

(3) Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung auf die im Anhang genannten Bereiche.

(4) Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen ergreifen, die im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft von Absatz 2 abweichen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) Die Maßnahmen

i) sind aus einem der folgenden Gründe erforderlich:

– Schutz der öffentlichen Ordnung, insbesondere Verhütung, Ermittlung, Aufklärung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich des Jugendschutzes und der Bekämpfung der Hetze aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens oder der Nationalität, sowie von Verletzungen der Menschenwürde einzelner Personen,

– Schutz der öffentlichen Gesundheit,

– Schutz der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Wahrung nationaler Sicherheits- und Verteidigungsinteressen,

– Schutz der Verbraucher, einschließlich des Schutzes von Anlegern;

ii) betreffen einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft, der die unter Ziffer i) genannten Schutzziele beeinträchtigt oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Ziele darstellt;

iii) stehen in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen.

b) Der Mitgliedstaat hat vor Ergreifen der betreffenden Maßnahmen unbeschadet etwaiger Gerichtsverfahren, einschließlich Vorverfahren und Schritten im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung,

– den in Absatz 1 genannten Mitgliedstaat aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, und dieser hat dem nicht Folge geleistet oder die von ihm getroffenen Maßnahmen sind unzulänglich;

– die Kommission und den in Absatz 1 genannten Mitgliedstaat über seine Absicht, derartige Maßnahmen zu ergreifen, unterrichtet.

(5) Die Mitgliedstaaten können in dringlichen Fällen von den in Absatz 4 Buchstabe b) genannten Bedingungen abweichen. In diesem Fall müssen die Maßnahmen so bald wie möglich und unter Angabe der Gründe, aus denen der Mitgliedstaat der Auffassung ist; daß es sich um einen dringlichen Fall handelt, der Kommission und dem in Absatz 1 genannten Mitgliedstaat mitgeteilt werden.

(6) Unbeschadet der Möglichkeit des Mitgliedstaates, die betreffenden Maßnahmen durchzuführen, muß die Kommission innerhalb kürzestmöglicher Zeit prüfen, ob die mitgeteilten Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind; gelangt sie zu dem Schluß, daß die Maßnahme nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, so fordert sie den betreffenden Mitgliedstaat auf, davon Abstand zu nehmen, die geplanten Maßnahmen zu ergreifen, bzw. bereits ergriffene Maßnahmen unverzüglich einzustellen.

[…]

ANHANG

AUSNAHMEN IM RAHMEN VON ARTIKEL 3

Bereiche gemäß Artikel 3 Absatz 3, auf die Artikel 3 Absätze 1 und 2 keine Anwendung findet:

— Urheberrecht, verwandte Schutzrechte, Rechte im Sinne der Richtlinie 87/54/EWG und der Richtlinie 96/9/EG sowie gewerbliche Schutzrechte;

— Ausgabe elektronischen Geldes durch Institute, auf die die Mitgliedstaaten eine der in Artikel 8 Absatz 1 der Richtlinie 2000/46/EG vorgesehenen Ausnahmen angewendet haben;

— Artikel 44 Absatz 2 der Richtlinie 85/611/EWG;

— Artikel 30 und Titel römisch IV der Richtlinie 92/49/EWG, Titel römisch IV der Richtlinie 92/96/EWG sowie die Artikel 7 und 8 der Richtlinie 88/357/EWG und Artikel 4 der Richtlinie 90/619/EWG;

— Freiheit der Rechtswahl für Vertragsparteien;

— vertragliche Schuldverhältnisse in bezug auf Verbraucherverträge;

— formale Gültigkeit von Verträgen, die Rechte an Immobilien begründen oder übertragen, sofern diese Verträge nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem sich die Immobilie befindet, zwingenden Formvorschriften unterliegen;

— Zulässigkeit nicht angeforderter kommerzieller Kommunikation mittels elektronischer Post.“

3.3. Zum Grundsatz des Herkunftslandprinzips der E-Commerce-RL:

Aus dem in Artikel 3, der E-Commerce-RL normierten Herkunftslandprinzip ergibt sich im Wesentlichen, dass sich die rechtlichen Anforderungen an den in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Diensteanbieter nach dem Recht dieses Staates (konkret also des Sitzstaats) zu richten haben. Artikel 3, Absatz 2, E-Commerce-RL normiert weiters, dass der freie Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft nicht durch andere rechtliche Anforderungen als jene des Sitzstaates eingeschränkt werden darf, soweit es sich hierbei um Vorschriften handelt, die in den koordinierten Bereich der Richtlinie fallen. Im Sinne der E-Commerce-RL betrifft der koordinierte Bereich neben der Aufnahme der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft vor allem auch die Ausübung der Tätigkeit eines Dienstes der Informationsgesellschaft. Hierzu zählen insbesondere die rechtlichen Anforderungen an das Verhalten des Diensteanbieters und die Anforderungen im Zusammenhang mit seiner rechtlichen Verantwortlichkeit vergleiche Artikel 2, Litera h, E-Commerce-RL). Mit anderen Worten soll demnach ein ausländisches Unternehmen, wie im vorliegenden Fall die Beschwerdeführerin, die ihren satzungsmäßigen Sitz in römisch 40 hat, grundsätzlich – soweit es den koordinierten Bereich betrifft – auch lediglich den diesbezüglichen innerstaatlichen Vorschriften ihres Sitzstaates, im konkreten Fall somit römisch 40 , unterliegen.

Dass im vorliegenden Fall von der Ausübung eines Dienstes im sog. koordinierten Bereich iSd Artikel 2, Litera h, E-Commerce-RL auszugehen ist, ist insoweit unstrittig, als dieser Umstand bereits von der belangten Behörde im nunmehr angefochtenen Bescheid festgestellt und insoweit in der Beschwerde auch nicht bestritten wurde.

Zutreffend ist weiters, dass – wie im Beschwerdeschriftsatz ausgeführt wird – „der grundlegenden Bedeutung des Herkunftslandprinzips“ von der belangten Behörde „im angefochtenen Bescheid per se auch gar nicht entgegengetreten wurde.“ Im Unterschied zu der in der Beschwerde vertretenen Ansicht geht die belangte Behörde jedoch von einem zulässigen Abweichen von dem in Artikel 3, E-Commerce-RL normierten Herkunftslandprinzip aus (arg. „[Die römisch 40 zukommende Rechtshoheit im koordinierten Bereich] ist jedoch gegenständlich [...] für die Frage der Anwendbarkeit des KoPl-G auf die [Beschwerdeführerin] nicht von Bedeutung, da von einer (zulässigen) Derogation im Sinne des Artikel 3, Absatz 4, bzw. 5 E-Commerce-RL auszugehen ist.“).

3.4. Zur Zulässigkeit von Maßnahmen anderer Mitgliedstaaten:

Vorweg gilt es festzuhalten, dass es ein wesentliches Ziel der E-Commerce-RL – welches insbesondere durch das in Artikel 3, Absatz eins und 2 leg. cit. normierte und unter der Überschrift „Binnenmarkt“ zu findende Herkunftslandprinzip präzisiert wird – ist, „einen rechtlichen Rahmen zur Sicherstellung des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten zu schaffen, nicht aber, den Bereich des Strafrechts als solchen zu harmonisieren.“ (ErwGr 8 der E-Commerce-RL).

Das Herkunftslandprinzip gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Neben einer allgemeinen Bereichsausnahme (Artikel 3, Absatz 3, in Verbindung mit Anhang römisch eins der E-Commerce-RL) besteht für die anderen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3, Absatz 4, E-Commerce-RL zudem die Befugnis unter engen Voraussetzungen (abweichende) Maßnahmen im Hinblick „auf einen bestimmten Dienst“ der Informationsgesellschaft zu ergreifen.

Auf Grund des Urteils des EuGH vom 19.12.2019, C-390/18 (airbnb Ireland) ist festzuhalten, dass Mitgliedstaaten im Hinblick auf einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft, der in den koordinierten Bereich fällt, unter zwei kumulativen Voraussetzungen Maßnahmen ergreifen und so vom Grundsatz des freien Verkehrs von Diensten der Informationsgesellschaft abweichen dürfen. Konkret führte der EuGH dazu Folgendes aus: „Zum einen muss die betreffende einschränkende Maßnahme in Anwendung von Artikel 3, Absatz 4, Buchst. a der Richtlinie 2000/31 erforderlich sein, um den Schutz der öffentlichen Ordnung, der öffentlichen Gesundheit oder der Verbraucher zu gewährleisten, einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft betreffen, der diese Schutzziele tatsächlich beeinträchtigt oder eine ernsthafte und schwerwiegende Gefahr der Beeinträchtigung dieser Ziele darstellt, und schließlich in einem angemessenen Verhältnis zu diesen Schutzzielen stehen. Zum anderen muss der betreffende Mitgliedstaat gemäß Artikel 3, Absatz 4, Buchst. b zweiter Gedankenstrich vor Ergreifen der betreffenden Maßnahmen – unbeschadet etwaiger Gerichtsverfahren, einschließlich Vorverfahren und Schritten im Rahmen einer strafrechtlichen Ermittlung – die Kommission und den Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Erbringer der genannten Dienstleistung ansässig ist, über seine Absicht, die betreffenden restriktiven Maßnahmen zu ergreifen, unterrichtet haben.“ vergleiche EuGH 19.12.2019. C-390/18, airbnb Ireland Rz 83-85).

Eine Einschränkung des Herkunftslandprinzips durch einen Mitgliedstaat ist somit dann zulässig, wenn neben den materiellen Bedingungen des Artikel 3, Absatz 4, Litera a, E-Commerce-RL zusätzlich auch die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des Artikel 3, Absatz 4, Litera b, E-Commerce-RL (Unterrichtung der Kommission und des Sitzstaates des Dienstanbieters) eingehalten werden. Demnach darf ein Mitgliedstaat in Abweichung vom Herkunftslandprinzip eine Maßnahme ergreifen, soweit diese aus einem der in Artikel 4, Litera a, i) E-Commerce-RL genannten Gründen erforderlich ist und entsprechend Artikel 4, Litera a, ii) E-Commerce-RL einen bestimmten Dienst der Informationsgesellschaft betrifft, sofern dadurch zumindest ein in der Richtlinie konkret genanntes Schutzziel beeinträchtigt wird, oder eine ernsthafte oder schwerwiegende Gefahr einer Beeinträchtigung dieser Ziele vorliegt, wobei diese Maßnahme entsprechend Artikel 3, Absatz 4, Litera a, iii) E-Commerce-RL auch verhältnismäßig sein muss. Weiters ist es erforderlich, dass der jeweilige Mitgliedstaat vor Ergreifen einer entsprechenden Maßnahme die Kommission und den Sitzstaat des Diensteanbieters über die Absicht, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, vorab informiert. Als Ausnahme von dieser gemäß Artikel 3, Absatz 4, Litera b, E-Commerce-RL grundsätzlich im Vorhinein zu erfolgenden Mitteilung besteht jedoch nach Artikel 3, Absatz 5, E-Commerce-RL für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit „in dringlichen Fällen von der in Absatz 4 Buchstabe b)“ somit der Vorabinformation abzuweichen. In diesem Fall müssen jedoch sowohl die konkret ergriffene Maßnahme als auch die Gründe für die vermeintliche Dringlichkeit der entsprechenden Maßnahme nicht nur der Kommission, sondern auch dem entsprechenden Sitzstaat „so bald wie möglich“ im Nachhinein mitgeteilt werden.

3.5. Zum Beschwerdevorbringen:

Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerdeführerin mit ihren beiden Diensten „ römisch 40 “ und „ römisch 40 “ die in Paragraph eins, Absatz 2, KoPl-G genannten Schwellenwerte überschreitet und somit grundsätzlich dem Anwendungsbereich des KoPl-G unterliegen kann. Dieser Umstand wurde von der Beschwerdeführerin auch gar nicht bestritten, sondern wurde dies bereits im verfahrenseinleitenden Antrag vom 26.02.2021 ausdrücklich zugestanden. Vorliegend ist somit unstrittig, dass die Beschwerdeführerin die in Paragraph eins, Absatz 2, KoPl-G genannten Voraussetzungen (im vorangegangenen Kalenderjahr durchschnittlich mehr als 100.000 Nutzer in Österreich und mehr als EUR 500.000 Umsatz) erfüllt, sodass sie den Grund für ihre Ausnahme vom Anwendungsbereich des KoPl-G auf rechtlicher Ebene ausmacht.

Die Beschwerde rügt dementsprechend, dass der angefochtene Bescheid wegen Widerspruchs zu den Bestimmungen der E-Commerce-RL rechtswidrig sei, da mit dem KoPl-G in Widerspruch zu den materiellen Bedingungen für ein Abweichen vom Herkunftslandprinzip nicht gerechtfertigte und damit rechtswidrige Einschränkungen festgelegt worden seien. Diese rechtswidrigen Einschränkungen seien zudem unter Verletzung der unabdingbaren verfahrensrechtlichen Bedingungen der E-Commerce-RL vorgenommen worden. Die Missachtung dieser verfahrensrechtlichen Bedingungen könne auch keinesfalls unter Verweis auf das Vorliegen eines dringlichen Falles gerechtfertigt werden.

3.5.1. Zur Beschwerderüge der Unionsrechtswidrigkeit des KoPl-G wegen generell-abstrakter Regelungen:

Die Beschwerde bringt zunächst – zusammengefasst – vor, dass mit dem KoPl-G eine nicht gerechtfertigte und damit rechtswidrige Einschränkung des Herkunftslandprinzips festgelegt werde. Entgegen den unionsrechtlichen Vorgaben sehe das KoPl-G eine generell-abstrakte Regulierung von Diensten vor und würde sich daher nicht gegen einen individuell-konkreten Adressaten richten. Dies sei nicht als zulässige Maßnahme nach der E-Commerce-RL anzusehen. Darüber hinaus würden damit den Diensteanbietern auch unverhältnismäßige Verpflichtungen auferlegt werden.

Dazu ist einleitend auf die einschlägigen Ausführungen der Erwägungsgründe zur E-Commerce-RL zu verweisen. Zunächst führt ErwGr 10 aus, dass „insbesondere in Bereichen, in denen ein Handeln auf Gemeinschaftsebene geboten ist, ein hohes Schutzniveau für die dem Allgemeininteresse dienenden Ziele, insbesondere für den Jugendschutz, den Schutz der Menschenwürde, den Verbraucherschutz und den Schutz der öffentlichen, gewährleistet“ werden soll. Ferner ergibt sich bereits aus den weiteren Erwägungsgründen, dass ein Abweichen vom Herkunftslandprinzip gerechtfertigt sein kann (arg. „Unbeschadet der Regel, daß Dienste der Informationsgesellschaft an der Quelle zu beaufsichtigen sind, ist es im Zusammenhang mit dieser Richtlinie gerechtfertigt, dass die Mitgliedstaaten unter den in der Richtlinie festgelegten Bedingungen Maßnahmen ergreifen dürfen, um den freien Verkehr der Dienste der Informationsgesellschaft einzuschränken.“ ErwGr 24 der E-Commerce-RL). In diesem Zusammenhang können Diensteanbieter bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen insbesondere verpflichtet werden, Handlungen zu setzen, um „rechtswidrige Tätigkeiten zu verhindern oder abzustellen“, wobei die „Bestimmungen [der E-Commerce-] Richtlinie eine geeignete Grundlage für die Entwicklung rasch und zuverlässig wirkender Verfahren zur Entfernung unerlaubter Informationen und zur Sperrung des Zuganges zu ihnen bilden“ sollen (ErwGr 40 der E-Commerce-RL). Zur beschränkten Verantwortlichkeit von Vermittlern wird in ErwGr 45 der E-Commerce-RL festgehalten, dass dieser beschränkten Verantwortlichkeit ungeachtet „die Möglichkeit von Anordnungen unterschiedlicher Art unberührt“ bleibt, die „insbesondere in gerichtlichen oder behördlichen Anordnungen bestehen [können], die die Abstellung oder Verhinderung einer Rechtsverletzung verlangen, einschließlich der Entfernung rechtswidriger Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu ihnen.“ Weiters soll die E-Commerce-RL „die Möglichkeit der Mitgliedstaaten unberührt [lassen], spezifische Anforderungen vorzuschreiben, die vor der Entfernung von Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu ihnen unverzüglich zu erfüllen sind.“ (ErwGr 46 der E-Commerce-RL). Schließlich ist noch auf den ErwGr 47 und ErwGr 48 der E-Commerce-RL hinzuweisen, wonach Mitgliedstaaten nur dann gehindert sind, Überwachungspflichten einzufordern, wenn es sich dabei um solche von allgemeiner Art handelt. Davon nicht umfasst sind demnach „Überwachungspflichten in spezifischen Fällen und berührt [sind] insbesondere nicht Anordnungen, die von einzelstaatlichen Behörden nach innerstaatlichem Recht getroffen werden.“ Zudem soll die Richtlinie „die Möglichkeit unberührt [lassen], daß die Mitgliedstaaten von Diensteanbietern, die von Nutzern ihres Dienstes bereitgestellte Informationen speichern, verlangen, die nach vernünftigem Ermessen von ihnen zu erwartende und in innerstaatlichen Rechtsvorschriften niedergelegten Sorgfaltspflicht anzuwenden, um bestimmte Arten rechtswidriger Tätigkeiten aufzudecken und zu verhindern.“

Dies zeigt, dass das Herkunftslandprinzip des Artikel 3, E-Commerce-RL nicht uneingeschränkt gilt, sondern eine Einschränkung bzw. ein Abweichen insbesondere dann gerechtfertigt sein kann, wenn es für das Erreichen und/oder die Beibehaltung eines hohen Schutzniveaus für hochwertige Güter wie beispielsweise den Jugendschutz oder den Schutz der Menschenwürde erforderlich ist vergleiche hierzu auch Artikel 3, Absatz 4, Litera a, i) E-Commerce-RL).

Dem besonderen Teil der Erläuterungen zum KoPl-G (ErläutRV 463 BlgNR 27. Gesetzgebungsperiode 3 und 4) ist wiederum zu entnehmen, dass mit dem Gesetzesvorhaben das Ziel verfolgt wird, der Verbreitung von Hass und Hetze und der sonst in Paragraph 2, Ziffer 8, KoPl-G genannten rechtwidrigen Inhalte über bestimmte Dienste der Informationsgesellschaft entgegenzuwirken. Unter einem soll dadurch zum Schutz vor schwerwiegenden Beeinträchtigungen der öffentlichen Ordnung, zur Achtung der Menschenwürde und damit verbunden zum Wohl des friedlichen Zusammenlebens der Gesellschaft und zur Hintanhaltung der Verbreitung gemeingefährlicher terroristischer und bestimmter strafrechtsbewährter pornografischer Inhalte beigetragen werden. Die mit den Bestimmungen des KoPl-G verfolgten Ziele entsprechen im Wesentlichen den in Artikel 3, Absatz 4, Litera a,) erster Spiegelstrich der E-Commerce-RL genannten Gründen.

In der Beschwerde wird auf den unionsrechtlich gesollten einzelfallbezogenen Charakter der nach der E-Commerce-RL zulässigen Maßnahmen verwiesen. Erlaubt sei nur ein individuelles Abweichen vom Herkunftslandprinzip in einem konkreten Einzelfall unter engen Bedingungen. Eine nach der E-Commerce-RL zulässige Maßnahme dürfe als individuelle Norm nur einen bestimmten Dienst betreffen, wobei dieser Dienst konkret bezeichnet und damit auch als Adressat individualisierbar sein müsse. Die im angefochtenen Bescheid vertretenen Auffassung, wonach es sich beim KoPl-G um eine einzelfallbezogene Maßnahme handeln würde und durch das Abstellen auf Kommunikationsplattformen als eine Kategorie von Diensten die Beschwerdeführerin als ausreichend individualisiert angesehen werden könne, sei daher verfehlt.

Der Beschwerde ist zwar darin zuzustimmen, dass es sich beim KoPl-G um eine generell-abstrakte Norm handelt. Allerdings wird damit nur die – mit Blick auf das strenge Legalitätsprinzip gemäß Artikel 18, Absatz eins, B-VG verfassungsrechtlich erforderliche – gesetzliche Grundlage für das Setzen von konkreten Maßnahmen gegen einen im jeweiligen Einzelfall in ausreichender Weise individualisierten Adressaten geschaffen.

Im vorliegenden Feststellungsverfahren auf Grund des verfahrenseinleitenden Antrags der Beschwerdeführerin vom 26.02.2021, mit welchem sie – unter Darlegung näherer Gründe – in erster Linie die Feststellung der Ausnahme vom Anwendungsbereich des KoPl-G begehrte, konnte es jedoch (noch) gar nicht zum Erlass einzelner und speziell gegen sie gerichteter Maßnahmen kommen. Bereits vorab und somit losgelöst von einem konkreten Einzel- bzw. Anlassfall wurde nämlich von der Beschwerdeführerin der angefochtene Feststellungsbescheid begehrt. Die diesbezüglichen Argumente bzw. Ausführungen der Beschwerde gehen somit insoweit ins Leere, weil mit dem KoPl-G – wie dies auch die Beschwerdeführerin ausführt – erst bei einem gehäuften Verstoß gegen die im Gesetz taxativ genannten (strafrechtlichen) Bestimmungen durch einen bestimmten Dienst konkrete Maßnahmen eingeleitet werden dürfen. Im vorliegenden Verfahren konnte dies jedoch aufgrund des Feststellungsbegehrens der Beschwerdeführerin als alleinigem Verfahrensgegenstand (noch) nicht der Fall sein.

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts führt dies jedoch nicht dazu, dass das KoPl-G mit dem Herkunftslandprinzip gemäß Artikel 3, E-Commerce-RL in Widerspruch steht. Denn die durch die Beschwerdeführerin geforderte Individualisierung von Einzelmaßnahmen gegenüber einzelnen Diensteanbietern wird in weiterer Folge durch individuell-konkrete Rechtsakte auf Grund des KoPl-G – insbesondere durch Bescheide gemäß Paragraphen 9, f KoPl-G – hergestellt werden. Dass hierfür zuvor eine gesetzliche Grundlage geschaffen wird, ist wegen des strengen Legalitätsprinzips des Artikel 18, Absatz eins, B VG verfassungsrechtlich notwendig. Dies führt nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht schon mangels vollständiger Individualisierung des von einer Einzelmaßnahme betroffenen Dienstes bereits im KoPl-G zu dessen Verstoß gegen die E Commerce RL. Die Anwendung des KoPl-G auf die Beschwerdeführerin scheidet also nicht schon deswegen aus.

3.5.2. Zur Verhältnismäßigkeit des KoPl-G:

Zur in der Beschwerde vorgebrachten Unverhältnismäßigkeit der Verpflichtungen im KoPl-G ist schließlich – entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde – sehr wohl von einer Verhältnismäßigkeit der durch das KoPl-G auferlegten Verpflichtungen auszugehen.

Dies ergibt sich zunächst daraus, dass vor einem Aufsichtsverfahren zur bescheidmäßigen Auferlegung von Maßnahmen, um Verletzungen des KoPl-G behördlich abzustellen, das in Paragraph 7, KoPl-G vorgesehene Beschwerdeverfahren zu durchlaufen ist. Auch für dessen Einleitung ist Voraussetzung, dass sich der Nutzer, der eine Unzulänglichkeit des Meldeverfahrens nach Paragraph 3, Absatz 2, Ziffer eins bis 3 leg. cit. oder des Überprüfungsverfahrens nach Paragraph 3, Absatz 4, leg. cit. behauptet, zuvor an den Diensteanbieter gewandt und entweder von diesem keine Antwort erhalten hat oder die beiden Streitteile keine Beilegung der Streitigkeit erreichen konnten. Erst danach darf sich der Nutzer an die Beschwerdestelle wenden, die wiederum eine einvernehmliche Lösung durch Erarbeitung eines Lösungsvorschlags herbeizuführen oder dem Nutzer und dem Diensteanbieter ihre Ansicht zum herangetragenen Fall mitzuteilen hat. Zudem sieht Paragraph 9, Absatz eins, KoPl-G vor, dass die Beschwerdestelle erst dann zu prüfen hat, ob die Maßnahmen des Diensteanbieters zur Erfüllung der in Paragraph 3, leg. cit. normierten Anforderungen angemessen waren, wenn bei ihr innerhalb eines Monats mehr als fünf begründete Beschwerden über die Unzulänglichkeit der von einem Diensteanbieter ergriffenen Maßnahmen einlangten. Erst danach darf überhaupt ein Aufsichtsverfahren eingeleitet werden; dies ist gemäß Paragraph 9, Absatz 2, KoPl-G auch nur dann zulässig, wenn „die Aufsichtsbehörde aufgrund der Häufigkeit und Art der Beschwerden, der Ergebnisse bisheriger Aufsichtsverfahren, einer Mitteilung der Beschwerdestelle oder eigener vorläufiger Einschätzung zur Auffassung, dass die in diesem Bundesgesetz normierten Pflichten verletzt werden“. Diese vorgelagerten Verfahrensschritte für die bescheidmäßige Auferlegung von konkreten Verpflichtung des Dienstanbieters auf der Grundlage des KoPl-G sprechen für die Verhältnismäßigkeit dieses Regelungssystems.

Auch in einem eingeleitet Aufsichtsverfahren hat die Behörde gemäß Paragraph 9, Absatz 3, KoPl-G bei ihrer Beurteilung der Angemessenheit und bei der bescheidmäßgen Auferlegung geeigneter Vorkehrungen zu berücksichtigen, dass die dem Diensteanbieter abverlangten Maßnahmen nicht in einer allgemeinen Vorabkontrolle der Inhalte resultieren dürfen. Die aufgetragenen Vorkehrungen und die dabei abverlangten Maßnahmen müssen zudem gemäß Paragraph 9, Absatz 3, KoPl-G zur Erreichung der verfolgten Ziele – wie insbesondere denen der Steigerung der Effizienz der Mechanismen zum Schutz der Nutzer, des Schutzes der Allgemeinheit vor rechtswidrigen Inhalten und der Wahrung der Interessen der von solchen Inhalten betroffenen Personen – unter Berücksichtigung der rechtlichen Interessen der Diensteanbieter geeignet und verhältnismäßig sein. Auch diese Beurteilungsmaßstäbe für Aufsichtsbescheide gemäß Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer eins, KoPl-G, mit welchen dem Diensteanbieter aufgetragen werden darf, den rechtmäßigen Zustand herzustellen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden, legen die Verhältnismäßigkeit dieses Systems der Aufsicht nahe.

Schließlich kommt gemäß Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 2, KoPl-G erst dann, wenn einem Diensteanbieter bereits mehr als einmal mit Bescheid aufgetragen wurde, den rechtmäßigen Zustand herzustellen und geeignete Vorkehrungen zu treffen, um künftige Rechtsverletzungen zu vermeiden, und dieser einem solchen Bescheid gemäß Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins, KoPl-G nicht entspricht, eine Bestrafung gemäß Paragraph 10, leg. cit. überhaupt in Betracht.

Zudem hat die Aufsichtsbehörde auch bei der Verhängung einer Geldstrafe die Schwere des Verstoßes zu berücksichtigen und darf eine solche nur bei Vorliegen von konkreten im Gesetz genannten und kumulativ vorliegenden Voraussetzungen verhängen vergleiche Paragraph 10, Absatz 2, KoPl-G), wobei auch hier wiederum auf die in Absatz 3, leg. cit. genannten Umstände (wie beispielsweise die Finanzkraft des Diensteanbieters, die Anzahl von früheren Verstößen oder auch die Anzahl der registrierten Nutzer der Plattform) Rücksicht zu nehmen ist.

Mit Blick darauf, welche Inhalte der Kommunikationsplattform überhaupt entgegengetreten werden sollen, darf auch nicht übersehen werden, dass es sich bei den in Paragraph 2, Ziffer 8, KoPl-G aufgezählten rechtswidrigen Inhalten um einen taxativen Katalog an strafgerichtlichen Tatbeständen handelt. Nicht schon jede Meldung eines vermeintlich sonst rechtswidrigen Inhaltes vermag somit bereits eine entsprechende Verpflichtung nach dem KoPl-G auszulösen. Ferner ist zu berücksichtigten, dass auch keine allgemeinen Überwachungs- bzw. Nachforschungspflichten vorgeschrieben werden, sondern Diensteanbieter Lösch- bzw. Sperrverpflichtung iSd Paragraph 3, Absatz 3, KoPl-G nur bei konkreten Meldungen nachzukommen haben.

In diesem Zusammenhang ist weiters auf den besonderen Teil der Erläuterungen zum KoPl-G hinzuweisen, wonach „die von diesem Gesetzesvorhaben betroffenen Dienste ‚lediglich‘ eine Organisationspflicht zur Einrichtung eines effektiven Beschwerdemanagements trifft [...], das ua. die Dienste dem Grunde nach in die Lage versetzt, bestimmte offensichtlich rechtswidrige Inhalte bzw. bestimmte sonstige rechtswidrige Inhalte innerhalb von 24 Stunden bzw. von sieben Tagen zu entfernen oder zu sperren. Nur ein ‚systematisches‘ Versagen bei der die Dienste treffenden Organisationspflicht stellt ein im Sinne des Paragraph 10, zu ahnendes Verhalten dar.“ Regierungsvorlage 463 BlgNR 27. Gesetzgebungsperiode 4). An dieser Stelle ist auch auf den angeführten ErwGr 47 der E-Commerce-RL hinzuweisen. Demnach sollen die von einzelstaatlichen Behörden nach innerstaatlichem Recht getroffenen spezifischen Überwachungspflichten, wie im vorliegenden Fall beispielsweise das entsprechend Paragraph 3, Absatz eins, KoPl-G einzurichtende Melde- und Überprüfungsverfahren, durch die E-Commerce-RL nicht beschränkt werden.

Im Ergebnis stellen sich die Hürden für bescheidmäßige Aufsichtsmaßnahmen als mehrstufig und hoch und für die Verhängung von Strafen über Diensteanbieter als noch höher dar. Auch sind die rechtswidrigen Inhalte iSd KoPl-G, deren Meldung eine Löschverpflichtung auslöst, durch einen taxativen Katalog strafgerichtlich strafbarer Tatbestände abgegrenzt. Mit Blick auf das dargestellte mehrstufige System, das durchlaufen werden muss, um Aufsichtsmaßnahmen und Strafen zu verhängen, sowie mit Blick darauf, dass nur Meldungen strafgerichtlich strafbarer Tatbestände zu einer Löschungsverpflichtung führen können und vor dem Hintergrund der die strikten inhaltlichen Verhältnismäßigkeitsvorgaben für Aufsichtsmaßnahmen in Paragraph 9, Absatz 3, KoPl-G stellt sich das hier niedergelegte Aufsichtssystem nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts als verhältnismäßig dar.

Auch gegen die Strafhöhe hegt das Bundesverwaltungsgericht keine Bedenken, zumal lediglich „große“ Anbieter, konkret solche die beide Schwellenwerte gemäß Paragraph eins, Absatz 2, KoPl-G überschreiten (mehr als 100.000 durchschnittliche Nutzer sowie Umsatz von mehr als EUR 500.000 pro Kalenderjahr) vom Anwendungsbereich des KoPl-G erfasst sein sollen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass keine Mindeststrafen, sondern ausschließlich Höchststrafen gesetzlich festgelegt sind.

Im Übrigen weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass für eine Bestrafung nach den Bestimmungen des KoPl-G noch weitere gesetzliche Vorgaben getroffen sind, welche ebenfalls für eine Verhältnismäßigkeit dieser Strafbestimmungen sprechen. Zunächst wird bei der Verhängung von Geldstrafen nach Paragraph 10, KoPl-G danach detailliert differenziert, wer unter welchen Voraussetzungen (organschaftlicher Vertreter bzw. Führungskraft nach Absatz eins,, Diensteanbieter nach Absatz 2 und Absatz 6,, verantwortlicher Beauftragter nach Absatz 4, sowie Zustellbevollmächtigter nach Absatz 5,) zu bestrafen ist. Dabei ist die Höhe der jeweiligen Geldstrafe innerhalb des ausschließlich durch eine Höchst- ohne Mindeststrafe gesetzlich festgelegten Strafrahmens von der Behörde nach freiem Ermessen festzulegen. Für die Bemessung der Höhe der Geldstrafen von organschaftlichen Vertretern und Diensteanbietern – die eine Höhe von bis zu € 1 Mio. bzw. bis zu € 10 Mio. betragen können – sind in Absatz 3, leg. cit. demonstrativ besondere Strafbemessungsgründe festgelegt. Dazu zählen die Finanzkraft des Diensteanbieters, frühere Verstöße, das Ausmaß und die Dauer der Nachlässigkeit des Diensteanbieters bei der Einhaltung der aufgetragenen Verpflichtung sowie der Beitrag zur Wahrheitsfindung und das Ausmaß der zur Verhinderung eines Verstoßes getroffenen Vorkehrungen oder der Anleitung der Mitarbeiter zu rechtstreuem Verhalten. Dieses Regelungssystem stellt im Verbund mit den Festlegungen des in Strafverfahren zur Anwendungen gelangenden VStG – einschließlich der Strafbemessungsvorschriften gemäß Paragraph 19, VStG – die Verhältnismäßigkeit der Sanktionsfolgen her.

Das Argument der Beschwerdeführerin, wonach sich die Unverhältnismäßigkeit des KoPl-G aus künftig zu erlassenden Durchführungsverordnungen ergeben soll, vermag nicht zu überzeugen. Es mag zwar zutreffen, dass seitens der belangten Behörde noch keine Verordnungen gemäß Paragraph 3, Absatz 7, KoPl-G bzw. Paragraph 4, Absatz 4, KoPl-G erlassen worden sind. Die Behörde wird jedoch auch bei der Erlassung von Verordnungen auf Grund des KoPl-G die gebotene Verhältnismäßigkeit zu achten haben. Deshalb ist nicht ex ante davon auszugehen, dass sich die im Verordnungsweg konkretisierte Rechtslage als unverhältnismäßig darstellen wird. Allein der Umstand, dass die Erlassung einer unverhältnismäßigen Verordnung denkbar ist, bedeutet nicht, dass von einer solchen auszugehen ist.

Schließlich können – entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin – Spekulationen über eine künftige Entwicklung der Rechtslage auf europäischer Ebene – insbesondere betreffend eine möglicherweise künftige einschlägige Verordnung der Europäischen Union – nicht zur Unverhältnismäßigkeit der heute geltenden Rechtslage führen, zumal das betreffende europäische Legislativvorhaben erst am Beginn steht vergleiche Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Binnenmarkt für digitale Dienste [Gesetz über digitale Dienste] und zu Änderung der Richtlinie 2000/31/EG, COM [2020] 852 final.)

3.5.3. Zur unionsrechtskonformen Anwendung des KoPl-G:

Die Beschwerde bringt weiters vor, dass die Einschränkungen des Herkunftslandprinzips zudem unter Verletzung unabdingbarer verfahrensrechtlicher Bedingungen vorgenommen worden seien, welche die E-Commerce-RL vorsieht. Entgegen den Vorgaben von Artikel 3, Absatz 4, Litera b, E-Commerce-RL seien weder der Sitzstaat der Beschwerdeführerin aufgefordert worden, selbst Maßnahmen zur Erreichung der Ziele des KoPl-G zu ergreifen, noch sei die Kommission vorweg von den Einschränkungen des Herkunftslandprinzips durch das KoPl-G unterrichtet worden. Auch könne diese Missachtung der Verpflichtungen zur Aufforderung bzw. Information vorab keinesfalls unter Verweis auf das Vorliegen eines dringenden Falles gemäß Artikel 3, Absatz 5, E-Commerce-RL gerechtfertigt werden, sodass eine bloße Information im Nachhinein keinesfalls ausreichend sei. Im Übrigen würde es bislang – selbst bei fälschlicherweise angenommener Dringlichkeit – jedenfalls an einem Nachholen der Informationsschritte fehlen. Die erfolgte Notifizierung des Gesetzesvorhabens könne nämlich die Aufforderung an den Sitzstaat der Beschwerdeführerin, Maßnahmen zu ergreifen, und die Information der Kommission gemäß Artikel 3, Absatz 4, Litera b, E-Commerce-RL nicht ersetzen.

Der Beschwerdeführerin ist darin zuzustimmen, dass bislang tatsächlich keine Aufforderung an den Sitzstaat der Beschwerdeführer ergangen ist, dem KoPl-G entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Auch eine Vorabinformation der Kommission über Maßnahmen Österreichs, welche das Herkunftslandprinzip des Artikel 3, Absatz eins, E-Commerce-RL gegenüber der Beschwerdeführerin einschränken, ist bislang nicht erstattet worden.

Hierzu darf jedoch nicht übersehen werden, dass bislang noch keine Maßnahmen iSd Artikel 3, Absatz 4, E-Commerce-RL (gegenüber der Beschwerdeführerin) auf Grund des KoPl-G gesetzt wurden: Mit der Erlassung des KoPl-G wurde nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts bislang nämlich lediglich die – im Bereich der Hoheitsverwaltung nach dem Legalitätsprinzip gemäß Artikel 18, Absatz eins, B-VG verfassungsrechtlich notwendige – gesetzliche Rechtsgrundlage geschaffen, um in Österreich überhaupt Maßnahmen iSd Artikel 3, Absatz 4, E-Commerce-RL treffen zu dürfen. Erst künftig werden auf Grund des KoPl-G konkrete Maßnahmen iSd Artikel 3, Absatz 4, E-Commerce-RL gegen individualisierte Diensteanbieter – in Form von Bescheiden – getroffen werden. Anders als die Beschwerde geht das Bundesverwaltungsgericht zudem nicht davon aus, dass sich schon die gesetzliche Grundlage österreichischer Maßnahmen nur an einen schon im Gesetz individualisierten Diensteanbieter richten und gegenüber diesem auch nur eine schon im Gesetz für den Einzelfall festgelegte Maßnahme treffen darf. Eine solche Gesetzesgestaltung erschiene wohl auch mit Blick auf das verfassungsrechtliche Gebot gegenüber dem einfachen Gesetzgeber gemäß Artikel 7, B-VG, Gleiches gleich zu behandeln vergleiche hierzu für viele VfGH 24.06.1960, G13/59; G14/59; V41/59) nicht ohne weiteres unbedenklich. Denn die verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlung durch den einfachen Gesetzgeber wird am ehesten erzielt, wenn vergleichbare Diensteanbieter demselben regulatorischen Gesetzesregime unterworfen werden.

Nun ist der Beschwerde darin zuzustimmen, dass die Aufforderung des Sitzstaates eines Diensteanbieters, Maßnahmen gemäß Artikel 3, Absatz 4, E-Commerce-RL zu treffen, sowie die Information der Kommission über Maßnahmen, welche vom Herkunftslandprinzip gemäß Artikel 3, Absatz eins, E-Commerce-RL abweichen, Voraussetzung für die Übereinstimmung allfälliger österreichischer Maßnahmen mit den Anforderungen der E-Commerce-RL ist (EuGH vom 19.12.2019, C-390/18 airbnb Ireland Rz 88 ff). Die Aufforderung des Sitzstaates sowie die Information der Kommission hat gemäß Artikel 3, Absatz 4, Litera b, leg. cit. grundsätzlich vor Ergreifen der Maßnahme zu erfolgen; lediglich „in dringlichen Fällen“ iSd Artikel 3, Absatz 5, E-Commerce-RL genügt eine Information im Nachhinein und eine Begründung, weswegen ein „dringlicher Fall“ vorliegt.

Der Beschwerde ist ferner darin zuzustimmen, dass das KoPl-G diese Anforderungen gemäß Artikel 3, Absatz 4, E-Commerce-RL, vor Ergreifen von Maßnahmen den Sitzstaat aufzufordern, selbst Maßnahmen zu ergreifen und so Abhilfe zu schaffen, sowie die Kommission zu informieren, nicht vorsieht. Auch ist im KoPl-G keine Verpflichtung iSd Artikel 3, Absatz 5, KoPl-G vorgesehen, den Sitzstaat und die Kommission zumindest im Nachhinein über getroffene Maßnahmen Österreichs zu informieren. Insoweit rügt die Beschwerde zutreffend, dass das KoPl-G der E-Commerce-RL widerspricht.

Nun sieht die Beschwerdeführerin die E-Commerce-RL als unmittelbar anwendbar und geht letztlich davon aus, dass diese das als unionsrechtswidrig ausgemachte KoPl-G zur Gänze von der Anwendung verdränge. Zur Verdrängung von österreichischem Recht, das unmittelbar anwendbarem Unionsrecht widerspricht, und insbesondere zum Umfang dieser Verdrängung von der Anwendung führt der VwGH im Erkenntnis vom 16.03.2015 (Zl. 2015/04/0004), aus:

„Die unmittelbare Anwendung und den Vorrang von unionsrechtlichen Bestimmungen haben sowohl die Gerichte als auch die Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten zu beachten. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist jedes im Rahmen seiner Zuständigkeit angerufene nationale Gericht als Organ eines Mitgliedstaats verpflichtet, in Anwendung des in Artikel 4, Absatz 3, EUV niedergelegten Grundsatzes der Zusammenarbeit das unmittelbar geltende Unionsrecht uneingeschränkt anzuwenden und die Rechte, die es dem Einzelnen verleiht, zu schützen, indem es jede möglicherweise entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts, gleichgültig ob sie früher oder später als das Unionsrecht ergangen ist, – falls eine unionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich ist – aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt vergleiche E 23. Oktober 2013, 2012/03/0102).

Nationales Recht, das im Widerspruch zu unmittelbar anwendbarem Unionsrecht steht, ist verdrängt. Die Verdrängungswirkung des Unionsrechts hat zur Folge, dass die nationale Regelung in jener Gestalt anwendbar bleibt, in der sie nicht mehr im Widerspruch zum Unionsrecht steht. Nationales Recht bleibt insoweit unangewendet, als ein Verstoß gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht gegeben ist. Die Verdrängung darf also bloß jenes Ausmaß umfassen, das gerade noch hinreicht, um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen. Dabei sind die unionsrechtlichen Erfordernisse in das nationale Gesetz ‘hineinzulesen (siehe das hg. Erkenntnis vom 17. April 2008, 2008/15/0064, mwH).

Ist die Herbeiführung eines unionsrechtkonformen Zustandes auf unterschiedlichem Weg möglich, darf im Wege der Verdrängung von innerstaatlichem Recht nur jene von mehreren unionskonformen Lösungen zur Anwendung gelangen, mit welcher die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers so weit wie möglich erhalten bleibt (Hinweis E vom 17. April 2008, 2008/15/0064 sowie das E vom 25. Oktober 2011, 2011/15/0070).“

Die Beschwerdeführerin sieht das als unionsrechtswidrig ausgemachte KoPl-G zur Gänze als von der E-Commerce-RL der Anwendung verdrängt an. Die Unionsrechtskonformität der österreichischen Rechtslage so herzustellen, erschiene mit Blick auf dem zuvor beschriebenen Widerspruch des KoPl-G zur E-Commerce-RL jedoch als überschießend. Denn die Unanwendbarkeit des gesamten KoPl-G wäre der umfangreichste hier in Betracht kommende Eingriff in die Entscheidung des österreichischen Bundesgesetzgebers; daher scheidet diese Herbeiführung einer unionsrechtskonformen Rechtslage nach der zitierten Rechtsprechung des VwGH angesichts der Verfügbarkeit geringerer Eingriffe in die österreichische Rechtsordnung, um Unionsrechtskonformität zu erzielen, aus:

Denn hier genügt bereits eine richtlinienkonforme Auslegung des österreichischen Rechts, um Unionsrechtskonformität herzustellen. Ist die Herbeiführung eines unionsrechtkonformen Zustandes auf unterschiedlichem Weg möglich, darf im Wege der Verdrängung von innerstaatlichem Recht nur jene von mehreren unionskonformen Lösungen zur Anwendung gelangen, mit welcher die Entscheidung des nationalen Gesetzgebers so weit wie möglich erhalten bleibt (VwGH vom 16.03.2015, Zl. 2015/04/0004). Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts liegt der geringstmöglich Eingriff in die originär österreichische Rechtsordnung nämlich darin, in unionsrechtskonformer Auslegung davon auszugehen, dass auf das Ergreifen von Maßnahmen auf Grund des KoPl-G – also in Aufsichtsverfahren gemäß Paragraph 9 und Strafverfahren gemäß Paragraph 10, leg. cit. – Paragraph 23, Absatz eins und 2 ECG als anwendbar anzusehen. Denn Paragraph 23, Absatz eins und 2 ECG setzt bereits die Aufforderungs- und Informationspflichten gemäß Artikel 3, Absatz 4, Litera b und Absatz 5, E-Commerce-RL in österreichisches Recht um.

In Paragraph 23, Absatz eins, ECG ist nämlich vorgesehen, dass eine Verwaltungsbehörde ihre Absicht zur Ergreifung von Maßnahmen, die den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat einschränken, der Kommission und der zuständigen Stelle des anderen Staates mitzuteilen und diese aufzufordern hat, geeignete Maßnahmen gegen den Diensteanbieter zu veranlassen. Ferner legt Paragraph 23, Absatz eins, ECG fest, dass die Behörde die von ihr beabsichtigten Maßnahmen erst durchführen darf, wenn die zuständige Stelle des anderen Mitgliedstaats dieser Aufforderung nicht innerhalb angemessener Frist Folge geleistet hat oder die von ihr ergriffenen Maßnahmen unzulänglich sind. Der Regelungsinhalt von Paragraph 23, Absatz eins, ECG entspricht also den Anforderungen gemäß Artikel 3, Absatz 4, Litera b, E-Commerce-RL.

Ferner legt Paragraph 23, Absatz 2, ECG fest, dass die Verwaltungsbehörde bei Gefahr in Verzug die von ihr beabsichtigten Maßnahmen auch ohne Verständigung der Kommission und Aufforderung der zuständigen Stelle des anderen Mitgliedstaats erlassen kann. In diesem Fall hat sie jedoch gemäß Paragraph 23, Absatz 2, letzter Satz ECG die von ihr ergriffene Maßnahme unverzüglich der Kommission und der zuständigen Stelle unter Angabe der Gründe für die Annahme von Gefahr im Verzug mitzuteilen. Dieser Regelungsinhalt entspricht wiederum den Anforderungen des Artikel 3, Absatz 5, E-Commerce-RL.

Insofern beseitigt die Anwendung von Paragraph 23, Absatz eins und 2 ECG auf Verfahren zur Erlassung Bescheiden nach dem KoPl-G dessen aufgezeigte Unionsrechtswidrigkeit zur Gänze. Zudem ordnet schon Paragraph 12, Absatz eins, letzter Satz KoPl G unter anderem an, dass die Bestimmungen des ECG unberührt bleiben, soweit das KoPl G nicht anderes bestimmt. Insofern legt auch diese gesetzgeberische Wertung nahe, die Unionsrechtskonformität durch die Anwendung von Paragraph 23, ECG herzustellen.

Will die Aufsichtsbehörde also künftig auf Grund des KoPl-G Bescheide, die die den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat einschränken – also Maßnahmen auf Grund von Paragraph 9, KoPl-G zu ergreifen oder Geldstrafen gemäß Paragraph 10, KoPl-G zu verhängen – so hat sie – um einen unionsrechtskonformen Zustand herbeizuführen – auch Paragraph 23, Absatz eins und 2 ECG zu beachten. Sie hat also grundsätzlich vor Erlassung von Bescheiden auf Grund des KoPl-G, die den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat einschränken, ihre Absicht dazu gemäß Paragraph 23, Absatz eins, ECG der Kommission und der zuständigen Stelle des Sitzstaates des Diensteanbieters mitzuteilen; zusätzlich hat sie die zuständige Stelle des Sitzstaates aufzufordern, geeignete Maßnahmen gegen den Diensteanbieter zu veranlassen. Erst wenn die zuständige Stelle des Sitzstaates dieser Aufforderung nicht innerhalb angemessener Frist Folge geleistet hat oder die von ihr ergriffenen Maßnahmen unzulänglich sind, darf die Aufsichtsbehörde mit Bescheid die Aussicht genommene Maßnahme treffen. Eine solche Vorgangsweise entspricht auch den Anforderungen gemäß Artikel 3, Absatz 4, Litera b, E-Commerce-RL

Lediglich bei Gefahr in Verzug darf die Aufsichtsbehörde gemäß Paragraph 23, Absatz 2, ECG vorgehen und sogleich bescheidmäßige Maßnahmen treffen: Nur in diesem Fall darf sie die von ihr beabsichtigten Maßnahmen auch ohne Verständigung der Kommission und Aufforderung der zuständigen Stelle des Sitzstaates erlassen. In diesem Fall hat sie die von ihr ergriffene Maßnahme dennoch unverzüglich der Kommission und der zuständigen Stelle des Sitzstaates unter Angabe der Gründe für die Annahme von Gefahr im Verzug mitzuteilen. Eine solche Vorgangsweise entspricht wiederum den Anforderungen gemäß Artikel 3, Absatz 5, E-Commerce-RL.

Bei Beachtung auch der Vorgaben gemäß Paragraph Paragraph 23, Absatz eins und 2 ECG geht das Bundesverwaltungsgericht daher von der Übereinstimmung des KoPl-G mit den Anforderungen der E-Commerce-RL aus, sodass dieses nicht von der Anwendung verdrängt wird; daher ist es auf die Beschwerdeführerin anzuwenden und die Beschwerde ist als unbegründet abzuweisen.

Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ist somit davon auszugehen, dass das KoPl-G auf die Beschwerdeführerin und die von ihr betriebenen Kommunikationsplattformen „ römisch 40 “ und „ römisch 40 “ anzuwenden ist.

Abschließend merkt das BVwG an, dass sich die Kommission bislang nicht dazu veranlasst sah, wegen Erlassung des KoPl-G ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich einzuleiten. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle auch angemerkt, dass in weiteren Mitgliedstaaten der Union, beispielsweise in Deutschland und Frankreich, ebenfalls bereits – im Wesentlichen – dem KoPl-G vergleichbare (nationale) Gesetze erlassen wurden. Auch in Dänemark ist ein diesbezügliches Vorhaben in Realisierung. Weder gegen Deutschland noch Frankreich wurde seitens der Kommission bislang ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.

Auf Grund der obigen Ausführungen war demnach spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.6.       Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach unionsrechtlichen Grundsätzen

In der Beschwerde wird unter Punkt römisch III. ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung gestellt. Dazu wird ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht als nationales Gericht eine unionsrechtliche Verpflichtung treffen würde, „aufgrund der offensichtlichen Zweifel an der Unionsrechtskonformität des KoPl-G bis zur endgültigen Entscheidung einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren und die Beschwerdeführerin bis dahin mittels einer einstweiligen Anordnung vom Anwendungsbereich des KoPl-G bzw. den darin normierten Verpflichtungen auszunehmen“. Hier gilt es auf Folgendes hinzuweisen:

Einstweilige Anordnungen sind im Verfahren nach dem VwGVG – ebenso wie im Revisionsverfahren nach dem VwGG – gesetzlich nicht vorgesehen. Der VwGH hat jedoch – der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) folgend – ausgesprochen, dass es sei nicht ausgeschlossen sei, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller eine Rechtsposition vorläufig einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Verwaltungsakt auf der Grundlage einer (möglicherweise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde. Die Erlassung einstweiliger Anordnungen nach dem Unionsrecht kommt daher nicht nur im Revisionsverfahren, sondern auch im Beschwerdeverfahren nach dem VwGVG in Betracht (VwGH vom 23.10.2015, Fr 2015/21/0012; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2019] Paragraph 22, VwGVG E1).

Ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht muss in der Lage sein, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen. Die Regelung des einzuhaltenden Verfahrens (einschließlich der Zuständigkeit) überlässt das Unionsrecht im Allgemeinen – das heißt, soweit nicht in den einzelnen unionsrechtlichen Rechtsvorschriften eigenständige Bestimmungen enthalten sind – den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Verfahrensautonomie, wobei das Äquivalenz- und das Effektivitätsprinzip zu beachten sind (EuGH vom 15.01.2021, C-416/10, Krizan u.a., Rz 107; EuGH vom 13.03.2007, C-432/05, Unibet, Rz 80ff; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2019] Paragraph 22, VwGVG E2).

In Ermangelung einer innerstaatlichen Vorschrift kann die Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht nur in unmittelbarer Anwendung von Unionsrecht erfolgen. Diesbezüglich hat der VwGH – der entsprechenden Rechtsprechung des EuGH folgend – bereits mehrmals ausgesprochen, dass es nicht ausgeschlossen sei, auf Grundlage der unmittelbaren Anwendung von Unionsrecht – über die im kassatorischen System der österreichischen Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgegebene Möglichkeit, der gegen einen Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen und den angefochtenen Bescheid im Fall seiner Rechtswidrigkeit aufzuheben, hinaus – einstweilige Anordnungen mit der Wirkung zu treffen, dem Antragsteller vorläufig eine Rechtsposition einzuräumen, deren Einräumung mit dem angefochtenen Bescheid auf Grundlage einer (möglicher Weise dem Unionsrecht widersprechenden) nationalen Rechtsvorschrift verweigert wurde vergleiche VwGH vom 29.10.2014, Ro 2014/04/0069; VwGH vom 13.10.2010, 2010/12/0169).

Nach der Rechtsprechung des EuGH können die nationalen Gerichte einstweilige Anordnungen nur unter den Voraussetzungen treffen, die für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes durch den Gerichtshof gelten. Zu diesen Voraussetzungen gehören neben der Glaubhaftmachung der Notwendigkeit der Erlassung der einstweiligen Anordnung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (fumus boni iuris), dem Feststehen der Dringlichkeit im Sinne der Verhinderung des Eintrittes eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens beim Antragsteller gegebenenfalls auch eine Abwägung aller bestehenden Interessen. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen, sodass der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen ist, wenn eine von ihnen fehlt (VwGH vom 13.10.2010, 2010/12/0169).

Da das VwGVG keine Bestimmungen über die Erlassung einstweiliger Anordnungen enthält, sind, soweit sich aus dem Unionsrecht die Notwendigkeit dafür ergibt, für die Zuständigkeit und das Verfahren die sachnächsten Regelungen sinngemäß heranzuziehen. Als solche sind in erster Linie die Regelungen des VwGVG über die Gewährung aufschiebender Wirkung anzusehen, geht es doch auch dabei um die Einräumung vorläufigen Rechtsschutzes, um die Effektivität des in der Hauptsache erhobenen Rechtsmittels sicherzustellen vergleiche VwGH vom 23.10.2015, Fr 2015/21/0012; Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2 [2019] Paragraph 22, VwGVG E3).

Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Feststellungsbegehren der Beschwerdeführerin gemäß Paragraph eins, Absatz 5, KoPl-G zugrunde, dass sie nicht unter dessen Anwendungsbereich falle. Mit Blick auf diesen Verfahrensgegenstand ist auf die Rechtsprechung des VwGH zu Anträgen auf aufschiebende Wirkung iZm Feststellungbegehren hinzuweisen. Nach der Rechtsprechung des VwGH kann zwar auch einem Rechtsmittel gegen einen Feststellungsbescheid die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, wenn dieser mittelbar der Vollstreckung dient. Sofern es sich um einen Feststellungsbescheid handelt, der der Vollstreckung nicht zugänglich ist, kann dem gegen diese gerichteten Rechtsmittel jedoch keine aufschiebende Wirkung zuerkannt werden (VwGH vom 15.03.1974, Zl. 0306/74 sowie VwGH vom 23.10.1962, Zl. 1517/61). Der hier angefochtene Bescheid gemäß Paragraph eins, Absatz 5, KoPl-G ist ein Feststellungsbescheid, der einer Vollstreckung nicht zugänglich ist; vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen ist der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde daher kein einstweiliger Rechtschutz zuzuerkennen, weil dieser keinem Vollzug zugänglich ist.

Angesichts der mangelnden Vollzugstauglichkeit des hier angefochtenen Bescheids gebietet es auch die Sicherstellung der vollen Wirksamkeit des Unionsrechts nicht, im Feststellungsverfahren gemäß Paragraph eins, Absatz 5, KoPl-G eine einstweilige Anordnung zu treffen. Selbst wenn nämlich die durch die Beschwerdeführerin gerügte Unvereinbarkeit des KoPl-G mit unmittelbar anwendbarem Unionsrecht gegeben sein sollte, würde für sie dessen volle Wirksamkeit frühestens dann unterlaufen, wenn sie durch Aufsichts- und Strafbescheide nach dem KoPl-G unionsrechtswidrig belastet würde. Insofern kann die Notwendigkeit, die volle Wirksamkeit des Unionsrechts durch Gewährung vorläufigen Rechtschutzes sicherzustellen, erst in Verfahren über Beschwerden gegen solche (Leistungs-)Bescheide nach dem KoPl-G auftreten. Hingegen tritt – selbst bei Zutreffen der unionsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin – im Verfahren über die Feststellung, ob das KoPl-G auf sie überhaupt anwendbar ist keine Gefährdung der vollen Wirksamkeit des Unionsrechts auf, der durch die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes begegnet werden dürfte.

Der auf die Erlassung einer einstweiligen Anordnung gerichtete Antrag ist daher als unzulässig abzuweisen.

Zu B) Zur Zulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Artikel 133, Absatz 4, B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In diesem Zusammenhang sprach der VwGH unter anderem aus, dass einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen kann, wenn sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und wenn die Entscheidung über die Revision von dieser Rechtsfrage abhängt vergleiche VwGH vom 24.02.2015, Ro 2014/05/0097).

Ist die Rechtslage eindeutig, liegt keine die Zulässigkeit einer Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor vergleiche VwGH vom 28.02.2018, Ro 2017/04/0120).

Im vorliegenden Fall ist die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig, weil bislang eine Rechtsprechung des VwGH zur Frage der Vereinbarkeit des KoPl-G mit den Bestimmungen der E-Commerce-RL fehlt inwieweit das KoPl-G auf in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Diensteanbieter anzuwenden ist oder aber durch die E-Commerce-RL von der Anwendung verdrängt wird. Diese Frage hat auch über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung, was sich insbesondere auch daraus ergibt, dass bereits weitere ähnlich gelagerte Beschwerden beim BVwG anhängig sind und davon auszugehen ist, dass auch in Zukunft mit einer Vielzahl von weiteren gleichgelagerte Beschwerdeverfahren zu rechnen ist.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2021:W195.2241960.1.00