Bundesverwaltungsgericht
13.09.2021
W109 2220586-1
W109 2220586-1/414E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richter Mag. BÜCHELE als Vorsitzenden und Dr. ANDRÄ und Dr. GRASSL als Beisitzer über die Beschwerden
1. des Vereins römisch 40 ,
2. der Bürgerinitiative römisch 40 ,
3. der Bürgerinitiative römisch 40 ,
4. des römisch 40 , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Josef UNTERWEGER,
5. der Bürgerinitiative römisch 40 , vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH,
6. der Bürgerinitiative römisch 40 , vertreten durch Ing. römisch 40 ,
7. der Bürgerinitiative römisch 40 , vertreten durch Ing. römisch 40 ,
8. der Bürgerinitiative römisch 40 , vertreten durch römisch 40 ,
9. des römisch 40 ,
10. des römisch 40 ,
11. des römisch 40 ,
12. des römisch 40 und
13. der römisch 40 , beide vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH,
14. des römisch 40 ,
15. der römisch 40 ,
16. des römisch 40 ,
17. der römisch 40 und
18. des römisch 40 ,
gegen den Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 16.04.2019, Zl. BMVIT-312.408/0010-IV/IVVS-ALG/2019, mit dem der römisch 40 GmbH als Bevollmächtigte der römisch 40 die Genehmigung für den Antrag vom 19.07.2011 auf Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung des Bundesstraßenbauvorhabens „S 8 Marchfeld Schnellstraße, Abschnitt Knoten S 1/S 8 – ASt. Gänserndorf/Obersiebenbrunn (L 9) (Abschnitt West), im Bereich der Gemeinden Aderklaa, Raasdorf, Deutsch-Wagram, Parbasdorf, Markgrafneusiedl, Gänserndorf und Obersiebenbrunn“ (S 8 Abschnitt West) als Antragstellerin und als erstmitbeteiligte Partei, vertreten durch die Haslinger, Nagele Rechtsanwälte GmbH, sowie dem Land römisch 40 über den Antrag vom 03.04.2014, als zweitmitbeteiligte Partei, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH, gemäß Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) und auf Erlassung eines teilkonzentrierten Genehmigungsbescheides gemäß Paragraph 24, Absatz eins, UVP-G 2000 in Verbindung mit Paragraph 24 h, Absatz eins, UVP-G 2000, Paragraph 4, Absatz eins, BStG 1971 und §17 ForstG erteilt wurde, beschlossen:
A) Der Bescheid wird gemäß Paragraph 28, Absatz 3, zweiter Satz VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverwiesen.
B) Die Revision ist nicht zulässig.
Begründung:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Verwaltungsbehördliches Verfahren:
1.1. Verfahrenseinleitender Antrag der erstmitbeteiligten Partei:
Mit Schreiben vom 19.07.2011 brachte die erstmitbeteiligte Partei als Bevollmächtigte der römisch 40 bei der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie den Antrag auf Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) gemäß UVP-G 2000 und auf Erlassung eines teilkonzentrierten Genehmigungsbescheides gemäß Paragraph 24, Absatz eins, UVP-G 2000 insbesondere in Verbindung mit Paragraph 24 h, Absatz eins, UVP-G 2000, Paragraph 4, Absatz eins, BStG 1971 und Paragraph 17, ForstG für das Bundesstraßenbauvorhaben „S 8 Marchfeld Schnellstraße, Abschnitt Knoten S 1/S 8 – ASt. Gänserndorf/Obersiebenbrunn (L 9) (S 8, Abschnitt West), im Bereich der Gemeinden Aderklaa, Raasdorf, Deutsch-Wagram, Parbasdorf, Markgrafneusiedl, Gänserndorf und Obersiebenbrunn“ ein.
Dem Antrag waren die nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen (Einreichprojekt 2010), einschließlich der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE), angeschlossen.
Für dieses Bundesstraßenbauvorhaben ist nach Paragraph 23 a, Absatz eins, Ziffer eins, UVP-G 2000 eine UVP durchzuführen. Paragraph 24, Absatz eins, UVP-G 2000 (in der Fassung vor der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 77 aus 2012,) sieht vor, dass der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) als Behörde die UVP und ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen hat. Gegenstand des teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens ist die Bestimmung des Straßenverlaufes gemäß Paragraph 4, Absatz eins, BStG 1971 und die Rodung von Flächen, jeweils in Verbindung mit Paragraph 24 h, UVP-G 2000.
Die Behörde bestellte Sachverständige bzw. zog diese bei; weiters wurde ein externer UVP-Koordinator bestellt. Nach der Befassung der Sachverständigen mit dem Genehmigungsantrag erteilte die Behörde mehrere Verbesserungsaufträge nach Paragraph 13, Absatz 3, AVG (vom 24.01.2012, 06.03.2013). Die erstmitbeteiligte Partei legte der Behörde verbesserte und ergänzte Unterlagen vor (nach mehreren Fristerstreckungsanträgen mit Eingaben vom 30.07.2012 bzw. 10.09.2013 jeweils zum Fachbereich Straßenwässer, 30.06.2014 zum Fachbereich Lärm). Die Behörde bestätigte sodann die Vollständigkeit und Auflagefähigkeit des Einreichprojektes.
1.2. Vorgeschichte des Vorhabens:
Die Vorgeschichte zur Entwicklung der Trassenlage der S 8 Marchfeld Schnellstraße bis zur Einreichung bei der Behörde stellt sich wie folgt dar (Angaben teilweise lt. OZ 321, Sitzung 12):
1999 Studie zur Gestaltung des Straßennetzes im Donaueuropäischen Raum durch das damalige Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten erstellt (Empfehlung verkehrsträgerübergreifende Korridoruntersuchung);
2000 Korridoruntersuchung der Ostregion, Studie der Planungsgemeinschaft Ostregion;
2004 – 2005 Korridoruntersuchung Marchfeld durch die römisch 40 Landesregierung, Marchfeldkorridor „Marchfeldteam“ (Empfehlung für den Korridor Mitte Süd);
2005 Strategische Prüfung Verkehr/SP-V (Verkehrsträgerübergreifende Alternativenprüfung, (Empfehlung für den Korridor Mitte Süd);
2006 Aufnahme in das Bundesstraßengesetz (BStG 1971) Anlage 2, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 58 aus 2006, vom 06.05.20006, S 8 Marchfeld Schnellstraße, Knoten bei Raasdorf (S 1) bis Staatsgrenze bei Marchegg;
2007 Vorbereitung des Vorprojektes durch die erstmitbeteiligte Partei (Korridoruntersuchung inkl. Natura 2000 Alternativenprüfung);
2008 Vorprojekt der erstmitbeteiligten Partei (Lagealternativen in den Korridoren aufbauend auf SP-V / BStG Anhang 2 und Vorbereitung Vorprojekt);
2008 – 2010 Im Gegensatz zum Vorprojekt wurde das Einreichprojekt auf zwei Abschnitte aufgeteilt: den hier verfahrensgegenständlichen ersten Abschnitt West, vom Anschluss an die S 1 bis zur L9 ASt Gänserndorf / Obersiebenbrunn; sowie den östlichen Abschnitt von Gänserndorf/ Obersiebenbrunn bis zur Staatsgrenze, der in einem eigenen späteren UVP- Verfahren in Hinblick bewilligt werden soll.
2010 Planung des Einreichprojekts S 8 Marchfeld Schnellstraße durch die erstmitbeteiligte Partei;
2011 Erklärung eines Bundesstraßenplanungsgebietes im Bereich der Gemeinden Aderklaa, Raasdorf, Deutsch-Wagram, Parbasdorf, Markgrafneusiedl, Gänserndorf, Obersiebenbrunn, Untersiebenbrunn, Lassee und Marchegg mit Bundesgesetzblatt Nr. 37 aus 2011, vom 07.02.2011;
Einreichung bei der Behörde am 19.07.2011 nach dem UVP-G.
In der SP-V wurden zur Berücksichtigung von Wechselwirkungen zwischen dem Verkehrssystem und der Verkehrsnachfrage verschiedene Szenarien der Raumentwicklung unterstellt und verschiedene Alternativen (Planfälle) untersucht. Im Zuge der Vorprüfung wurden verschiedene Alternativvarianten ausgeschieden.
1.3. Antrag der zweitmitbeteiligten Partei:
Mit Schreiben vom 03.04.2014 trat das Land römisch 40 dem Genehmigungsverfahren gemäß Paragraph 24, Absatz eins, UVP-G 2000 in der zum Zeitpunkt der Antragstellung (19.07.2011) geltenden Fassung dem Antrag der erstmitbeteiligten Partei, beide jeweils mit Stand des nunmehr geänderten Projekts vom 18.09.2013, hinsichtlich bestimmter Vorhabensteile im Hinblick auf Paragraph 2, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 24, Absatz eins und Paragraph 24 a, UVP-G 2000 hinsichtlich bestimmter Vorhabensteile als Mitantragstellerin bei. Dies umfasste verschiedene Zulaufstrecken zur S 8 sowie von verschiedenen Straßenverlegungen und Straßenüberführungen im Zusammenhang mit der S 8.
1.4. Weiterer Gang des Behördenverfahrens:
Das weitere Ermittlungsverfahren der Behörde stellte sich – soweit hier wesentlich – zusammenfassend wie folgt dar:
Öffentliche Auflage des Projekts, Stellungnahmen und Einwendungen
Die beiden Genehmigungsanträge samt Unterlagen wurden für acht Wochen vom 14.07.2014 bis einschließlich 08.09.2014 in den Standortgemeinden und der Behörde aufgelegt. Es langten von verschiedenen Anrainerinnen/Anrainern, Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen Einwendungen gegen das Projekt ein (im Wesentlichen von den nunmehrigen Beschwerdeführerinnen/Beschwerdeführern). Weiters wurde die öffentliche Auflage durch Edikt öffentlich kundgemacht (Paragraph 24, Absatz 8, in Verbindung mit Paragraph 9, UVP-G 2000 und Paragraphen 44 a, f AVG). Nach Kundmachung der öffentlichen Auflage des Umweltverträglichkeitsgutachtens langten verschiedene Stellungnahmen ein. Im Zuge dessen wurden die Bürgerinitiativen gebildet (Paragraph 24 f, Absatz 8, in Verbindung mit Paragraph 19, Absatz 4, UVP-G 2000).
Umweltverträglichkeitsgutachten, erste mündliche Verhandlung
Das Umweltverträglichkeitsgutachten wurde bis zum Februar 2016 erstellt und im September 2016 ergänzt. Aufgrund des Umweltverträglichkeitsgutachtens wurden von der erstmitbeteiligten Partei ergänzende Unterlagen zu den Fachbereichen Verkehr, Luftschadstoffe und Klima, Tiere und ihre Lebensräume sowie Grundwasser nachgefordert.
Aufgrund der Stellungnahmen zum Umweltverträglichkeitsgutachten wurden von der erstmitbeteiligten Partei weitere Verbesserungen bzw. Ergänzungen der Projektunterlagen in den Fachbereichen Lärm bzw. Luftschadstoffe und Klima nachgefordert.
Die mündliche Verhandlung wurde im April und Mai 2016 durchgeführt. Es langten sodann weitere Stellungnahme von Verfahrensparteien ein. Im April 2016 wurden der erstmitbeteiligten Partei weitere Verbesserungsaufträge erteilt (Fachbereich Luftschadstoffe, Hydrogeologie und Grundwasser sowie Boden und Landwirtschaft).
Ergänzung des Projekts und der Gutachten, weitere mündliche Verhandlung ergänzendes Ermittlungsverfahren, zweite mündliche Verhandlung
Mit Schreiben vom 31.08.2016 beantragte die erstmitbeteiligte Partei eine Projektsänderung zum Entwässerungssystem. Die Behörde erteilte der erstmitbeteiligten Partei im September 2016 einen weiteren Verbesserungsauftrag zu den Fachbereichen Lärm, Luftschadstoffe und Grundwasser.
Die Behörde holte vor dem Hintergrund des bisherigen Verfahrens eine Ergänzung des Umweltverträglichkeitsgutachtens sowie der Teilgutachten Verkehr und Verkehrssicherheit, Lärm, Luftschadstoffe und Klima, Humanmedizin, Tiere und deren Lebensräume, Pflanzen und deren Lebensräume, Gewässerökologie und Fischerei, Wildökologie, Jagd und Wald, Boden und Landwirtschaft, Oberflächenwässer und Straßenwässer und Hydrogeologie und Grundwasser sowie Forsttechnik ein. Die Ergänzungen der Unterlagen und Gutachten wurden mit Edikt vom 06.10.2016 kundgemacht.
Im November 2016 wurde eine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt.
Es folgte ein weiteres Ermittlungsverfahren zu den Fachbereichen Lärm, Luftschadstoffe und Klima, Oberflächen- und Straßenwässer sowie Hydrogeologie und Grundwasser.
Ergänzendes Ermittlungsverfahren, Schluss des Ermittlungsverfahrens für Teilbereiche
Die Behörde ergänzte das Ermittlungsverfahren zu den Fachbereichen Lärm und Luftschadstoffe (aufgrund von Einwendungen zur Lärmberechnung und der Neuversion des Handbuchs Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs). Zu den Eingaben der erstmitbeteiligten Partei und den weiteren eingeholten Fachgutachten führte die Behörde ein Parteiengehör durch bzw. wurden diese mit Edikt vom 04.07.2017 kundgemacht. Im Mai 2018 forderte die Behörde ergänzende Unterlagen von der erstmitbeteiligten Partei nach (Vorlage im August 2018). Die Behörde erklärte das Ermittlungsverfahren mit Wirkung vom 13.12.2018 bis auf den Teilbereich Tiere und ihre Lebensräume für geschlossen (Paragraph 39, Absatz 3, AVG in Verbindung mit Paragraphen 16, Absatz 3 und 24 Absatz 7, UVP-G 2000).
Ergänzendes Verfahren zum Triel
Zu den Auswirkungen des Vorhabens auf den Triel wurde nach der Verhandlung im November 2016 ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt (Bescheid Sitzung 69 ff/Pkt. römisch eins.13.). Aufgrund der Stellungnahmen der Verfahrensparteien ersuchte die Behörde eine Beurteilung durch den Sachverständigen der Behörde für Tiere und deren Lebensräume.
Mit Stellungnahme vom 12.06.2018 teilte der behördliche Sachverständige für den Fachbereich Tiere und deren Lebensräume mit, dass sich 2018 die Situation bezüglich des Triels geändert habe, da nunmehr in einem Grundstück auf der geplanten Trasse mindestens ein Rufrevier und damit ein Brutrevier des Triels bestehe. Da der Triel nun so nahe an der Trasse brüte, dass davon ausgegangen werden müsse, dass die Trasse eine Teilfläche des Brutraums des Triels beanspruche, seien nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im Vogelschutzgebiet nicht auszuschließen.
Die erstmitbeteiligte Partei sowie die Projektgegner übermittelten im Oktober und November 2018 dazu Stellungnahmen.
Der behördliche Sachverständige wies die Behörde am 10.01.2019 darauf hin, dass in der Bauphase die Fläche als Niststätte verkleinert und beschädigt werde; dies komme einer Zerstörung der Brutstätte der Vogelart Triel gemäß Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 3, NÖ NSchG gleich. In der Betriebsphase würde die Niststätte nicht mehr bestehen. Eine allfällig übrigbleibende Fläche der nicht humusierten Grube zwischen der Straße S 8 und dem parallel dazu verlaufenden Querweg südlich davon, der das Vogelschutzgebiet begrenze, wäre voraussichtlich zu klein und durch betriebsbedingte Störwirkung (Lärm) nicht mehr als Niststätte geeignet. Der behördliche Sachverständige bewertete jedoch insgesamt die vorgeschlagene CEF-Maßnahme als ausreichend vergleiche UVP-Bescheid, Sitzung 371/372).
Die Behörde holte in weiterer Folge ein „Rechtsgutachten zu gebiets- und artenschutzrechtlichen Fragen (‚Triel‘) im Vorhabensbereich der S 8 Marchfeld Schnellstraße“ vom 01.02.2019 von Univ. Prof. Dr. römisch 40 und Univ. Prof. Dr. römisch 40 ein. Dieses nahm zum Gebietsschutzregime im Hinblick auf außerhalb des Gebietes gelegene Habitate des Triels, „erhebliche Beeinträchtigung“ des Schutzgebietes im Hinblick auf seine Erhaltungsziele, Anforderungen an ein „faktisches Vogelschutzgebiet“ und zur Verwirklichung eines artenschutzrechtlichen Verbotstatbestands Stellung.
2. Genehmigungsbescheid der belangten Behörde:
Mit Bescheid vom 16.04.2019 der Behörde wurde den beiden mitbeteiligten Parteien die Genehmigung nach Paragraph 24 f, UVP-G 2000 in Verbindung mit Paragraph 4, Absatz eins, BStG 1971 (Bestimmung des Straßenverlaufes) und Paragraph 17, Forstgesetz 1975 (Rodungen) für das Bundesstraßenbauvorhaben S 8 Marchfeld Schnellstraße, Abschnitt Knoten S 1/S 8 – ASt. Gänserndorf/Obersiebenbrunn (L 9) (Abschnitt West), unter der Bestimmung von Auflagen und Bedingungen erteilt. Die Einwendungen von verschiedenen Verfahrensparteien wurden ab- bzw. zurückgewiesen bzw. wurde auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
3. Beschwerdeverfahren des Verwaltungsgerichtes:
3.1. Beschwerdevorbringen:
Gegen den Bescheid des BMVIT, der (nunmehr) belangten Behörde wurden Beschwerden eingebracht. Es wurden verschiedene verfahrensrechtliche Aspekte des Verfahrens sowie Aspekte verschiedener Fachbereiche wie Lärm, Luftschadstoffe, Grundwasser und Verkehr kritisiert. Zum Bereich Tiere und ihre Lebensräume wurde u.a. ausgeführt, das Vorhaben werde in einem faktischen Vogelschutzgebiet errichtet. Zum Vogel Triel wurde ausgeführt, dieser sei nicht ausreichend geschützt, es sei von einem faktischen Vogelschutzgebiet auszugehen; weiters sei das geschützte Ziesel durch das Vorhaben gefährdet. Dem Vorhaben sei insgesamt die Genehmigung zu versagen. Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
3.2. Ergänzendes Ermittlungsverfahren bis zur ersten Tagsatzung im Februar 2020:
Mit Schreiben vom 02.07.2019 wurde im Zuge der Beschwerdemitteilung vom Gericht mitgeteilt, es werde in Aussicht genommen, Dr. römisch 40 zum Sachverständigen für den Bereich Ornithologie für das gerichtliche Beschwerdeverfahren zu bestellen. In diesem Zusammenhang wurde sein Schreiben vom selben Tag zu einer möglichen Befangenheit im gegenständlichen Verfahren übermittelt.
Die beiden mitbeteiligten Parteien sowie die belangte Behörde traten den Beschwerden entgegen und beantragten deren Zurück- bzw. Abweisung.
Zur möglichen Bestellung des Ornithologen als Sachverständiger langten verschiedene Stellungnahmen ein. Die Beschwerdeführer/innen brachten vor, der Sachverständige sei befangen. Die mitbeteiligten Parteien sowie die belangte Behörde äußerten sich nicht.
Mit Beschluss vom 03.10.2019 bzw. 04.11.2019 bestellte das Verwaltungsgericht Dr. römisch 40 zum Sachverständigen für die Bereiche Ornithologie und Naturschutz (gerichtlicher Sachverständiger für Ornithologie und Naturschutz). Das Gericht sah keine Gründe für eine Befangenheit des Sachverständigen nach Paragraphen 7 und 53 AVG.
Weiters wurden für den Fachbereich Lärm bzw. Akustik mit Beschluss vom 03.07.2019 Univ. Prof. Dr. römisch 40 (Sachverständige für Akustik) und Univ. Prof. Dr. römisch 40 mit Beschluss vom 04.11.2019 für den Bereich Verkehr (Sachverständiger für Verkehr) bestellt. Frau römisch 40 , MAS ETH RP; MAS (Mediation) wurde mit Beschluss vom 31.07.2019 zur Koordinatorin des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht bestellt. Weiters wurde Frau römisch 40 , MAS ETH RP; MAS (Mediation) mit Beschluss vom 27.07.2019 als Sachverständige für Raumordnung bestellt.
Das Verwaltungsgericht ersuchte die römisch 40 Landesregierung um Übermittlung der Gutachten zur Gebietsabgrenzung zum Vogelschutzgebiet, nämlich von Dr. römisch 40 im Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission gegen Österreich, aus dem Jahr 2001 sowie weiters die dazu ergangene gemeinsame Stellungnahme von Dr. römisch 40 und Dr. römisch 40 , dem späteren behördlichen Sachverständigen.
Mit Schreiben des Verwaltungsgerichts vom 22.10.2019 wurde der gerichtliche Sachverständige für Ornithologie und Naturschutz mit der Beantwortung verschiedener Fragen beauftragt. Weiters wurde ihm in diesem Schreiben aufgetragen, ehebaldig eine Ersteinschätzung zu diesen Fragen zu erstellen.
Mit der Ersteinschätzung vom 05.11.2019 legte der gerichtliche Sachverständige für Ornithologie und Naturschutz zu den ihm vom Verwaltungsgericht übermittelten Fragen eine erste Stellungnahme vor. In dieser wurde u.a. ausgeführt, eine endgültige Beurteilung sei derzeit nicht möglich, da dafür noch verschiedene Unterlagen fehlen würden. Weiters wurde zur Frage 3.1. (Betrifft das gegenständliche Projekt einen Bereich, der nach den fachlichen Kriterien als faktisches Vogelschutzgebiet zu identifizieren ist, oder ist die bestehende Ausweisung des Europaschutzgebiets Sandboden und Praterterrasse fachlich korrekt?) ausgeführt, diese Frage lasse sich möglicherweise auf der fachlichen Ebene alleine nicht abschließend beantworten, weil dazu eine Klärung von Rechtsfragen erforderlich sein könnte. Zu den Kriterien für die Identifizierung von faktischen Vogelschutzgebieten unterscheiden sich nämlich die vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rs. C-97/17, Kommission gegen Bulgarien, und die dort zitierte Judikatur sowie VwGH (16.04.2004, 2001/10/0156) angewendeten Kriterien so deutlich, dass daraus unterschiedliche fachliche Ergebnisse resultieren könnten.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 07.11.2019 forderte das Verwaltungsgericht von den mitbeteiligten Parteien sowie der Behörde die Übermittlung von verschiedenen Dokumenten ein. Gleichzeitig wurde darauf hingewiesen, dass die beiden in der Ersteinschätzung angeführten Gutachten bzw. Stellungnahmen von Mag. Dr. römisch 40 vom Dezember 2005 sowie von Dr. römisch 40 und Dr. römisch 40 vom Juni 2008 zur Abgrenzung des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrassen“ inzwischen dem Verwaltungsgericht vorlägen. Diese Schriftstücke wurden mit der verfahrensleitenden Anordnung zur Kenntnisnahme übermittelt. In Bezug auf die Ausführungen im Gutachten von Dr. römisch 40 wurde auf den (aus der fachlich-ornithologischen Sicht) auszuweisenden Bereich verwiesen. Dieser umfasse unter anderem jenen Bereich, in dem in den letzten drei Jahren das Randrevier des Triels nachgewiesen worden sei. Weiters wurde auf die Stellungnahme von Dr. römisch 40 und Dr. römisch 40 hingewiesen, dass der Ausweisungsvorschlag (und damit die letztendliche Ausweisung) durch das Land römisch 40 vom fachlichen Vorschlag von Dr. römisch 40 „aufgrund rechtlicher (und nicht aufgrund fachlicher) Belange bei zwei Flächen“ abweiche, d.h. nun eine geringere Fläche als fachlich erforderlich, aufweise. Das Gericht führte im Begleitschreiben aus, es gehe vorläufig davon aus, dass somit von Beginn an eine fachlich nicht korrekte Ausweisung des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrassen“ vorgelegen sei. Das Gericht gehe zudem von der vorläufigen Annahme aus, dass u.U. die Voraussetzungen für ein faktisches Vogelschutzgebiet nach den Kriterien der ständigen Judikatur des EuGH (Hinweis auf Judikatur beginnend mit der Rs. C-355/90, Santoña) vorlägen.
Mit Schreiben jeweils vom 25.11.2019 sowie weiter vom 11.12.2019 nahmen die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien sowie die Behörde dazu Stellung (OZ 200, 201 sowie 206 und 207). Sie traten der vorläufigen Annahme zum Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes entgegen. Gleichzeitig wurden die geforderten Dokumente vorgelegt.
Mit Gutachten vom 11.11.2019 nahm der Sachverständige für Lärm zur Geeignetheit der bioakustischen Untersuchungen Stellung (OZ 192).
Am 15.11.2019 führte der gerichtlich bestellte Sachverständige für Ornithologie und Naturschutz einen Lokalaugenschein im Europaschutzgebiet „Sandboden Pratertrassen“ durch, an dem auch der verfahrensführende Richter teilnahm.
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 18.11.2019 forderte das Verwaltungsgericht Unterlagen zu Plänen und Projekten ab 1995/Verkehrsprognose (OZ 198).
Am 16.12.2019 fand ein weiterer Lokalaugenschein statt, an dem die erstmitbeteiligte Partei, der erkennende Senat des Verwaltungsgerichts sowie der Sachverständige für Ornithologie und Naturschutz teilnahmen; es wurden verschiedene Punkte an der Trasse der S 8 besichtigt.
Mit Schreiben vom 17.12.2019 übermittelte der Verfassungsdienst des Bundes die Unterlagen zum Vertragsverletzungsverfahren Nr. 1999/2119 und C-535/07, die u.a. das strittige Gebiet bei Markgrafneusiedl betrafen (OZ 215).
3.3. Erstes Gutachten Naturschutz, Parteiengehör, erste Tagsatzung im Februar 2020, erster Schluss des Ermittlungsverfahrens:
Mit Gutachten vom 20.01.2020 beantwortete der Sachverständige für Ornithologie und Naturschutz die ihm vom Gericht aufgetragenen Fragen zur Vollständigkeit der Projektsunterlagen, zur Anwendbarkeit des Gebietsschutz-Regime auf Triel-Brutpaare auf der Trasse der S 8, zum Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes, zu verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit der Naturverträglichkeitsprüfung (NVP), zur Anwendung des Artenschutz-Regimes sowie zur Untersuchungsmethodik.
Das Verwaltungsgericht übermittelte mit Schreiben vom 20.01.2020 die beiden Gutachten des Sachverständigen für Ornithologie und Naturschutz und des Sachverständigen für Lärm an die erst- sowie die zweitmitbeteiligte Partei, die belangte Behörde sowie die Erst- bis Achtbeschwerdeführer/innen zur Stellungnahme nach Paragraph 45, Absatz 3, AVG. Gleichzeitig wurde eine Verhandlung für den 19.02.2020 (lediglich) für den Fachbereich Naturschutz anberaumt. Zu den Erst- bis Achtbeschwerdeführerinnen/-führern führte das Verwaltungsgericht aus, dass nur diese Beschwerdeführer/innen zur Verhandlung geladen seien und berechtigt seien, im Verfahren die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften aus dem Bereich Naturschutz geltend zu machen.
Mit Schreiben vom 30.01.2020 korrigierte der Sachverständige für Naturschutz und Ornithologie sein Gutachten in Bezug auf eine Gutachtensfrage (Ausführungen zum Ziesel) mit dem Zusatz, diese Korrektur ändere nichts an seiner abschließenden Beurteilung.
Die erst- und die zweitmitbeteiligte Partei sowie die Fünftbeschwerdeführerin übermittelten zum Gutachten schriftliche Stellungnahmen.
Am 19. und 20.02.2020 fand vor dem Verwaltungsgericht die erste Tagsatzung der öffentlichen mündliche Beschwerdeverhandlung unter Beiziehung der vom Gericht bestellten Sachverständigen für den Fachbereich Lärm und Naturschutz statt. Am Ende der Verhandlung erklärte das Verwaltungsgericht mit Beschluss das Ermittlungsverfahren für den Teilbereich „Naturschutz“ gemäß den Paragraph 40, Absatz 4 und 16 Absatz 3, UVP-G i.V.m. Paragraphen 17, VwGVG und 39 Absatz 3, AVG wegen gegebener Entscheidungsreife für geschlossen (VHS 19./20.02.2020, OZ 280).
Die Verhandlungsschrift samt Beilagen wurde den Verfahrensparteien der Verhandlung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit zur Einwendung nach Paragraph 14, Absatz 3 und Absatz 7, AVG übermittelt. Zur Verhandlungsschrift wurden verschiedene Stellungnahmen eingebracht.
3.4. Weiteres Vorbringen bis zur Ausweitung des Vogelschutzgebietes am 15.04.2020:
Mit Schreiben vom 04.03.2020 der erstmitbeteiligten Partei wurden (erstens) ergänzende Rechtsausführungen vorgebracht, (zweitens) eine Antragsmodifikation samt Urkunden vorgelegt und (drittens) ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht (OZ 273).
Die Fünftbeschwerdeführerin gab dazu eine Äußerung ab.
Mit Schreiben vom 06.03.2020 wies die Naturschutzabteilung der römisch 40 Landesregierung das Verwaltungsgericht in Bezug auf das Beschwerdeverfahren auf die laufenden Managementmaßnahmen für den Triel hin (OZ 275).
3.5. Verordnung zur Ausweitung des Europaschutzgebietes im April 2020:
Mit Schreiben vom 20.03.2020 avisierte die Naturschutzabteilung der römisch 40 Landesregierung dem Verwaltungsgericht eine geplante Änderung der Gebietsgrenzen des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“. Das für die geplante Novellierung der ggst. Europaschutzgebietsverordnung erforderliche Begutachtungsverfahren sei mit Datum 12.03.2020 begonnen worden; die Begutachtungsfrist ende am 09.04.2020. Gleichzeitig wurde die Übersichtskarte für die vorgesehene Erweiterung des Trielschutzgebietes sowie die Erläuterung zum Entwurf der Verordnungsnovellierung zur Information angeschlossen und darüber hinaus auf einen Link zum Begutachtungsverfahren verwiesen (OZ 287).
Mit Schreiben vom 02.04.2020 informierte das Gericht die Parteien des Verfahrens über die geplante Änderung der Gebietsabgrenzung und darüber, dass voraussichtlich die Novelle Ende April im Landesgesetzblatt erscheinen und in Kraft treten soll. Diese Erweiterung des Trielschutzgebiets und somit die Änderung der Rechtslage habe – unter Umständen – auch Auswirkungen auf den Ausgang des Beschwerdeverfahrens des Gerichtes. Vor diesem Hintergrund wurden die Verfahrensparteien darüber informiert, dass das Bundesverwaltungsgericht diese für Ende April 2020 angekündigte Änderung abwarten und diese voraussichtlich neue Rechtslage seiner Entscheidung zu Grunde legen werde.
Mit Novelle vom 15.04.2020, NÖ Landesgesetzblatt Nr. 33 aus 2020,, wurden die Gebietsgrenzen des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ ausgeweitet. Es wurde um zusätzliche Flächen im Trassenbereich der S 8 im Bereich Markgrafneusiedl, u.a. die strittigen Bereiche „Zinsäcker“ und „Turmhöhe“ im Süd-Osten, vergrößert.
3.6. Fortgesetztes Ermittlungsverfahren nach der Gebietsausweitung im April 2020, zweite Tagsatzung im Oktober 2020, zweiter Schluss des Ermittlungsverfahrens:
Mit Beschluss vom 22.04.2020 wurde das verwaltungsgerichtliche Ermittlungsverfahren zum Bereich Naturschutz fortgesetzt.
Die Erstbeschwerdeführerin legte mit Schreiben vom 21.04.2020 ein Informationsschreiben zum Begutachtungsverfahren und zur Gebietsausweitung sowie verschiedene Unterlagen und Berichte zur Korridoruntersuchung und zur Projektshistorie vor (OZ 318).
Mit Schriftsatz vom 24.04.2020 übermittelte die erstmitbeteiligte Partei die Auswahlschritte und Prüfungen bezüglich der eingereichten Trasse (OZ 321).
Der gerichtliche Sachverständige für Verkehr gab mit Zwischenbericht vom 05.05.2020 eine Stellungnahme für den Fachbereich Verkehrstechnik und Verkehrsplanung ab (OZ 327).
Mit verfahrensleitender Anordnung vom 22.05.2020 wurden vom Verwaltungsgericht Unterlagen zur Alternativenprüfung von der Behörde und den mitbeteiligten Parteien angefordert (OZ 331).
Mit Schreiben vom 17.06.2020 wurde von der belangten Behörde die Strategische Prüfung Verkehr (SP-V) aus dem Jahr 2005 vorgelegt (OZ 337).
Mit Schriftsätzen vom 17.06.2020 und 19.06.2020 wurden von der erstmitbeteiligten Partei die vom Verwaltungsgericht angeforderten Unterlagen zur Auswahl zur eingereichten Trasse dem Verwaltungsgericht übermittelt (Vorbereitung des Vorprojekts, Korridoruntersuchung inkl. Natura 2000 Alternativenprüfung aus dem Jahr 2007 samt dazu ergangenem Bericht; Vorprojekt, insbesondere die Lagealternativen in den Korridoren sowie dem dazu ergangenen Bericht; die aktuelle Raumwiderstandsanalyse – OZ 338 und 339).
Mit Stellungnahme vom 15.07.2020 wurden vom gerichtlichen Sachverständigen für Verkehr das Schreiben der erstmitbeteiligten Partei vom 19.06.2020 sowie die Grundlagen der Erheblichkeitsbeurteilung und Alternativenprüfung fachlich erörtert; weiters wurde die Berücksichtigung eines Zwischenplanfalls für das Jahr 2030 moniert (OZ 345).
Mit Schriftsatz vom 01.09.2020 wurden von der erstmitbeteiligten Partei eine Habitatmodellierung, ein Grundlagenbericht Lärm und eine Aktualisierung der Verkehrsprognose und darauf aufbauend eine aktualisierte Eingriffsbewertung (Auswirkungsanalyse und Alternativenprüfung) vorgelegt (OZ 350).
Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 21.09.2020 den Endbericht zur Korridoruntersuchung Marchfeld 2005 vor (OZ 356).
Mit Schriftsätzen vom 21.09. bzw. 22.09.2020 der erstmitbeteiligten Partei wurde der Endbericht „Empfehlungen des Marchfeldteams“ vom Oktober 2005 vorgelegt (OZ 357) sowie eine weitere Aktualisierung der Verkehrsuntersuchung und der Fachbericht Luft und Klima (Verkehrsszenario 2035) sowie Unterlagen im Zusammenhang mit der SP-V vorgelegt (OZ 360).
Am 05.10.2021 wurde vom gerichtlichen Sachverständigen für Naturschutz der zweite Teil des Gutachtens vorgelegt (OZ 373).
Am 13.10.2020 fand die zweite Tagsatzung der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts statt. In dieser wurde das zweite naturschutzfachliche Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen erörtert. Sodann wurde das Ermittlungsverfahren neuerlich für geschlossen erklärt (VHS 13.10.2020, OZ 383).
Mit Schriftsätzen jeweils vom 19.10.2020 brachten sowohl die erst- als auch die zweitmitbeteiligte Partei einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens ein. Diesem war ein Umsetzungskonzept „Erhaltung Triel„ angeschlossen (OZ 384 und 386).
Mit Schreiben vom 19.10.2020 (beim Verwaltungsgericht eingelangt am 04.11.2020) brachte ein Bürgermeister einer Gemeinde in der Nachbarschaft zur Trasse der S 8 einen Antrag auf Wiedereröffnung des Verfahrens ein (OZ 395).
Mit Schriftsätzen vom 05.11.2020 brachte die erstmitbeteiligte Partei Einwendungen gegen die Verhandlungsschrift zur zweiten Tagsatzung ein (OZ 396).
römisch II. Rechtsgrundlagen:
1. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG):
Die hier relevanten Bestimmungen des AVG, Bundesgesetzblatt Nr. 51 aus 1991, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 58 aus 2018,, lauten auszugsweise:
„Befangenheit von Verwaltungsorganen
Paragraph 7, (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:
[…]
3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
[…]
Niederschriften
Paragraph 14, […]
(3) Die Niederschrift ist den vernommenen oder sonst beigezogenen Personen, wenn sie nicht darauf verzichten, zur Durchsicht vorzulegen oder vorzulesen; wenn ein ‚Schallträger verwendet (Absatz 7,) oder die Niederschrift elektronisch erstellt wird’, kann ihr Inhalt auch auf andere Weise wiedergegeben werden. Der Leiter der Amtshandlung kann auch ohne Verzicht von einer Wiedergabe absehen; die beigezogenen Personen können diesfalls bis zum Schluß der Amtshandlung die Zustellung einer Ausfertigung verlangen und binnen zwei Wochen ab Zustellung Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Niederschrift erheben.
[…]
(7) Die Niederschrift oder Teile davon können unter Verwendung eines ‚Schallträgers’ oder in Kurzschrift aufgenommen werden. Die Angaben gemäß Absatz 2,, die Feststellung, daß für die übrigen Teile der Niederschrift ein ‘Schallträger’ verwendet wird, und die Tatsache der Verkündung eines mündlichen Bescheides sind in Vollschrift festzuhalten. Die Aufzeichnung und die in Kurzschrift aufgenommenen Teile der Niederschrift sind unverzüglich in Vollschrift zu übertragen. Die beigezogenen Personen können bis zum Schluß der Amtshandlung die Zustellung einer Ausfertigung der Übertragung verlangen und binnen zwei Wochen ab Zustellung Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Übertragung erheben. Wird eine solche Zustellung beantragt, so darf die Aufzeichnung frühestens einen Monat nach Ablauf der Einwendungsfrist, ansonsten frühestens einen Monat nach erfolgter Übertragung gelöscht werden.
Paragraph 15, Soweit nicht Einwendungen erhoben wurden, liefert eine gemäß Paragraph 14, aufgenommene Niederschrift über den Verlauf und den Gegenstand der betreffenden Amtshandlung vollen Beweis. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges bleibt zulässig.
[…]
Paragraph 39, (1) Für die Durchführung des Ermittlungsverfahrens sind die Verwaltungsvorschriften maßgebend.
[…]
(3) Wenn die Sache zur Entscheidung reif ist, kann die Behörde das Ermittlungsverfahren durch Verfahrensanordnung für geschlossen erklären. Die Erklärung hat nach Möglichkeit in der mündlichen Verhandlung, in allen anderen Fällen schriftlich zu ergehen.
(4) Das Ermittlungsverfahren ist auf Antrag fortzusetzen, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass Tatsachen oder Beweismittel ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeiführen würden. Die Entscheidung über den Antrag erfolgt durch Verfahrensanordnung. Die Behörde kann das Ermittlungsverfahren jederzeit von Amts wegen fortsetzen.
(5) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, gilt das Ermittlungsverfahren als nicht geschlossen, wenn der Bescheid nicht binnen acht Wochen ab jenem Zeitpunkt, zu dem erstmals einer Partei gegenüber das Ermittlungsverfahren für geschlossen erklärt worden ist, gegenüber einer Partei erlassen wird.
[…]
Befangenheit
Paragraph 53, (1) Auf Amtssachverständige ist Paragraph 7, anzuwenden. Andere Sachverständige sind ausgeschlossen, wenn einer der Gründe des Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins,, 2 und 4 zutrifft; außerdem können sie von einer Partei abgelehnt werden, wenn diese Umstände glaubhaft macht, die die Unbefangenheit oder Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel stellen. Die Ablehnung kann vor der Vernehmung des Sachverständigen, später aber nur dann erfolgen, wenn die Partei glaubhaft macht, daß sie den Ablehnungsgrund vorher nicht erfahren oder wegen eines für sie unüberwindbaren Hindernisses nicht rechtzeitig geltend machen konnte.
(2) Die Entscheidung über den Ablehnungsantrag erfolgt durch Verfahrensanordnung.“
2. Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG):
Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins,, die Absatz 3 und Absatz 4,, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 107 aus 2021,, lautet auszugsweise:
„Artikel 130. (1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1. gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
[…]
(3) Außer in Verwaltungsstrafsachen und in den zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Bundes für Finanzen gehörenden Rechtssachen liegt Rechtswidrigkeit nicht vor, soweit das Gesetz der Verwaltungsbehörde Ermessen einräumt und sie dieses im Sinne des Gesetzes geübt hat.
4) Über Beschwerden gemäß Absatz eins, Ziffer eins, in Verwaltungsstrafsachen hat das Verwaltungsgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Über Beschwerden gemäß Absatz eins, Ziffer eins, in sonstigen Rechtssachen hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“
3. Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):
Die hier relevanten Bestimmungen des Paragraph 28 und des Paragraph 33, VwGVG, BGBl. Nr. Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 109 aus 2021,,, lauten auszugsweise:
„Erkenntnisse
Paragraph 28, (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Absatz 2, nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
(4) Hat die Behörde bei ihrer Entscheidung Ermessen zu üben, hat das Verwaltungsgericht, wenn es nicht gemäß Absatz 2, in der Sache selbst zu entscheiden hat und wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückzuverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
[…].“
„Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Paragraph 33, (1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Vorlageantrags ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil die anzufechtende Beschwerdevorentscheidung fälschlich ein Rechtsmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat oder die Beschwerdevorentscheidung keine Belehrung zur Stellung eines Vorlageantrags, keine Frist zur Stellung eines Vorlageantrags oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Absatz eins bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Absatz 2, ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. Paragraph 15, Absatz 3, ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
(4a) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrags auf Ausfertigung einer Entscheidung gemäß Paragraph 29, Absatz 4, ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil auf das Erfordernis eines solchen Antrags als Voraussetzung für die Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof und einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht hingewiesen wurde oder dabei die zur Verfügung stehende Frist nicht angeführt war. Der Antrag ist binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung einer Entscheidung, die einen Antrag auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß Paragraph 29, Absatz 4,, eine Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit eines Antrags auf Ausfertigung der Entscheidung gemäß Paragraph 29, Absatz 4, Kenntnis erlangt hat,
beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen. Über den Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht.
(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags findet keine Wiedereinsetzung statt. […]“
4. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000):
Die hier relevanten Bestimmungen des UVP-G 2000, Bundesgesetzblatt Nr. 697 aus 1993, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 111 aus 2017,, lauten auszugsweise:
„Begriffsbestimmungen
Paragraph 2, […]
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
[…]
Entscheidung
§ 17. (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Absatz 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Die Genehmigung ist in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen.
[…]
(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des Paragraph 77, Absatz 2, der Gewerbeordnung 1994 führen,
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
(3) Für Vorhaben der Ziffer 9 bis 11 und Ziffer 16, des Anhanges 1 sind an Stelle des Absatz 2, die Kriterien des Paragraph 24 f, Absatz eins und 2 anzuwenden. Gleiches gilt für Vorhaben der Ziffer 14,, sofern sie Flughäfen gemäß Paragraph 64, des Luftfahrtgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 253 aus 1957,, betreffen; für diese Vorhaben der Ziffer 14, sowie für Vorhaben der Ziffer 9 bis 11 des Anhanges 1 sind weiters die Bestimmungen des Paragraph 24 f, Absatz 15, Satz 1 und 2 sowie die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes anzuwenden.
(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach Paragraph 10,, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.
(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.
[…]
Partei- und Beteiligtenstellung
sowie Rechtsmittelbefugnis
§ 19. (1) Parteistellung haben
1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind; hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit;
[…]
5. Gemeinden gemäß Absatz 3 ;,
[…]
(4) Eine Stellungnahme gemäß Paragraph 9, Absatz 5, kann durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt werden, wobei Name, Anschrift und Geburtsdatum anzugeben und die datierte Unterschrift beizufügen ist. Die Unterschriftenliste ist gleichzeitig mit der Stellungnahme einzubringen. Wurde eine Stellungnahme von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt, dann nimmt diese Personengruppe (Bürgerinitiative) am Verfahren zur Erteilung der Genehmigung für das Vorhaben und nach Paragraph 20, als Partei oder als Beteiligte (Absatz 2,) teil. Als Partei ist sie berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen und Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und Revision an den Verwaltungsgerichtshof sowie Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof zu erheben.
(6) Umweltorganisation ist ein Verein oder eine Stiftung,
1. der/die als vorrangigen Zweck gemäß Vereinsstatuten oder Stiftungserklärung den Schutz der Umwelt hat,
2. der/die gemeinnützige Ziele im Sinn der Paragraphen 35 und 36 BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, verfolgt und
3. der/die vor Antragstellung gemäß Absatz 7, mindestens drei Jahre mit dem unter Ziffer eins, angeführten Zweck bestanden hat.
(7) (Verfassungsbestimmung) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister/der Bundesministerin für Wirtschaft und Arbeit auf Antrag mit Bescheid zu entscheiden, ob eine Umweltorganisation die Kriterien des Absatz 6, erfüllt und in welchen Bundesländern die Umweltorganisation zur Ausübung der Parteienrechte befugt ist. Gegen die Entscheidung kann auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. [Anmerkung: Paragraph 19, Absatz 7, letzter Satz trat mit Ablauf des 31.12.2013 außer Kraft.]
[…]
(10) Eine gemäß Absatz 7, anerkannte Umweltorganisation hat Parteistellung und ist berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß Paragraph 9, Absatz eins, schriftlich Einwendungen erhoben hat. Sie ist auch berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
[…]
3. ABSCHNITT
UMWELTVERTRÄGLICHKEITSPRÜFUNG FÜR BUNDESSTRASSEN UND HOCHLEISTUNGSSTRECKEN
Anwendungsbereich für Bundesstraßen
Paragraph 23 a, (1) Für folgende Vorhaben von Bundesstraßen ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (Paragraph eins,) nach diesem Abschnitt durchzuführen:
1. Neubau von Bundesstraßen oder ihrer Teilabschnitte, ausgenommen zusätzliche Anschlussstellen,
2. Ausbau einer bestehenden Bundesstraße von zwei auf vier oder mehr Fahrstreifen mit einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km,
3. Errichtung einer zweiten Richtungsfahrbahn auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km.
(2) Für folgende Vorhaben von Bundesstraßen ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung (Paragraph eins,) im vereinfachten Verfahren nach diesem Abschnitt durchzuführen:
1. Neubau zusätzlicher Anschlussstellen oder Ausbau bestehender Anschlussstellen, wenn
a) auf allen Rampen insgesamt eine jahresdurchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (JDTV) von mindestens 8 000 Kfz in einem Prognosezeitraum von fünf Jahren zu erwarten ist oder
b) dieser Schwellenwert voraussichtlich
aa) gemeinsam mit den Rampen einer noch nicht oder in den letzten 10 Jahren dem Verkehr freigegebenen Anschlussstelle bei ihrem Ausbau oder
bb) gemeinsam mit einer noch nicht oder in den letzten 10 Jahren dem Verkehr freigegebenen benachbarten Anschlussstelle
erreicht wird.
2. Vorhaben des Absatz eins, Ziffer 2, oder 3 unter 10 km Länge, wenn gemeinsam mit daran unmittelbar anschließenden, noch nicht oder in den letzten 10 Jahren dem Verkehr freigegebenen Teilstücken eine durchgehende Länge von mindestens 10 km erreicht wird;
3. Ausbaumaßnahmen sonstiger Art an Bundesstraßen, wenn ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorien A, B, C, D oder E des Anhanges 2 berührt wird und im Einzelfall zu erwarten ist, dass unter Berücksichtigung des Ausmaßes und der Nachhaltigkeit der Umweltauswirkungen der schützenswerte Lebensraum (Kategorie B des Anhanges 2) oder der Schutzzweck, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E des Anhanges 2) festgelegt wurde, wesentlich beeinträchtigt wird; ausgenommen sind
a) der Neubau von Anschlussstellen, die ein schutzwürdiges Gebiet der Kategorie E berühren,
b) die Berührung von schutzwürdigen Gebieten ausschließlich durch Schutzbauten zur Beseitigung von Gefahrenbereichen oder durch auf Grund von Katastrophenfällen oder durch Brückenneubauten bedingte Umlegungen von bestehenden Trassen,
c) die Errichtung zusätzlicher Parkplätze mit weniger als 750 Stellplätzen,
d) die Errichtung zusätzlicher Betriebe gemäß Paragraph 27, des Bundesstraßengesetzes 1971 mit einer Flächeninanspruchnahme von weniger als 5 ha,
e) die Zulegung von Kriechspuren und Rampenverlegungen,
f) die Errichtung von zusätzlichen Einzelrampen bei bestehenden Knoten oder Anschlussstellen,
g) Änderungen der Straßenachse oder der Nivelette um weniger als 5 m,
h) Anlagen für den Straßenbetrieb und Umweltschutzmaßnahmen und
i) sonstige bauliche Maßnahmen an bestehenden Bundesstraßen, durch die im Vergleich zum Bestand die Verkehrsrelationen nicht erweitert werden.
Bei der Entscheidung im Einzelfall ist Paragraph 24, Absatz 5, anzuwenden.“
Verfahren, Behörde
Paragraph 24, (1) Wenn ein Vorhaben gemäß Paragraph 23 a, oder Paragraph 23 b, einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist, hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die Umweltverträglichkeitsprüfung und ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen. In diesem Genehmigungsverfahren sind alle vom Bund zu vollziehenden, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen anzuwenden, auch soweit sie in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden fallen. Der Landeshauptmann kann mit der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung, des teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens und der Entscheidung ganz oder teilweise betraut werden, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.
(2) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie ist auch zuständige Behörde für das Feststellungsverfahren gemäß Absatz 5, Für den Vollzug der Strafbestimmungen ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig.
(3) Die Landesregierung hat ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen, in dem sie alle vom Land zu vollziehenden, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen Genehmigungsbestimmungen, auch soweit sie in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallen, anzuwenden hat. Die Bezirksverwaltungsbehörde kann mit der Durchführung des teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens und der Entscheidung ganz oder teilweise betraut werden, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.
(4) Die Zuständigkeit nach Absatz eins und 3 erstreckt sich auf alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach den im teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren jeweils betroffenen Verwaltungsvorschriften und auf Änderungen gemäß Paragraph 24 g, Sie beginnt mit Antragstellung gemäß Paragraph 24 a, Ab diesem Zeitpunkt ist in den Angelegenheiten gemäß Absatz eins und 3 die Zuständigkeit der nach den Verwaltungsvorschriften sonst zuständigen Behörden auf die Mitwirkung an der Vollziehung dieses Bundesgesetzes eingeschränkt. Die Zuständigkeit nach Absatz eins und 3 endet zu dem in Paragraph 24 h, Absatz 3, bezeichneten Zeitpunkt. Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß Paragraph 45, Ziffer 2, Litera a, oder b, hat die Behörde nach Absatz eins, die in Paragraph 360, Absatz eins, der Gewerbeordnung 1994 genannten Maßnahmen zu treffen.
(5) Die Behörde nach Absatz 2, hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde, des Umweltanwaltes oder einer Standortgemeinde festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist und welcher Tatbestand der Paragraphen 23 a, oder 23b durch das Vorhaben verwirklicht wird. Diese Feststellung kann auch von Amts wegen erfolgen. Der Projektwerber/die Projektwerberin hat der Behörde Unterlagen vorzulegen, die zur Identifikation des Vorhabens und zur Abschätzung seiner Auswirkungen gemäß Paragraph 23 a, Absatz 2, oder Paragraph 23 b, Absatz 2, ausreichen, im Fall einer Einzelfallprüfung ist hiefür Paragraph 3, Absatz 8, mit der Maßgabe anzuwenden, dass sich die Beschreibung gemäß Ziffer 2 und Ziffer 3, für Vorhaben nach Paragraphen 23 a, Absatz 2, Ziffer 3 und 23b Absatz 2, Ziffer 2, auf die voraussichtlich wesentliche Beeinträchtigung des schützenswerten Lebensraumes (Kategorie B des Anhanges 2) oder des Schutzzweckes, für den das schutzwürdige Gebiet (Kategorien A, C, D und E des Anhangs 2) festgelegt wurde, zu beziehen hat. Bei Vorhaben gemäß Paragraphen 23 a, Absatz 2, Ziffer 3 und 23b Absatz 2, Ziffer 2, ist die Veränderung der Auswirkungen auf das schutzwürdige Gebiet maßgeblich. Hat die Behörde eine Einzelfallprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen, so hat sie sich dabei hinsichtlich Prüftiefe und Prüfumfang auf eine Grobprüfung zu beschränken. Die Entscheidung ist innerhalb von acht Wochen mit Bescheid zu treffen. In der Entscheidung sind nach Durchführung einer Einzelfallprüfung (Paragraphen 23 a, Absatz 2, Ziffer 3 und 23b Absatz 2, Ziffer 2 und Ziffer 3,) unter Verweis auf die in Paragraph 3, Absatz 5, angeführten und für das Vorhaben relevanten Kriterien, die wesentlichen Gründe für die Entscheidung, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist oder nicht, anzugeben. Bei Feststellung, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, ist in der Entscheidung auf allfällige seitens des Projektwerbers/der Projektwerberin geplante projektintegrierte Aspekte oder Maßnahmen des Vorhabens, mit denen erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen vermieden oder verhindert werden sollen, Bezug zu nehmen. Die Antragsberechtigten haben Parteistellung und das Recht, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, die Standortgemeinde auch Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Vor der Entscheidung ist das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zu hören. Die Entscheidung ist von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen und der Bescheid jedenfalls zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen und auf der Internetseite der UVP-Behörde, auf der Kundmachungen gemäß Paragraph 9, Absatz 3, erfolgen, zu veröffentlichen; der Bescheid ist als Download für sechs Wochen bereitzustellen. Der Umweltanwalt und die mitwirkenden Behörden sind von der Verpflichtung zum Ersatz von Barauslagen befreit.
(5a) Stellt die Behörde gemäß Absatz 5, fest, dass für ein Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, ist eine gemäß Paragraph 19, Absatz 7, anerkannte Umweltorganisation oder ein Nachbar/eine Nachbarin gemäß Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer eins, berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Ab dem Tag der Veröffentlichung im Internet ist einer solchen Umweltorganisation oder einem solchen Nachbarn/ einer solchen Nachbarin Einsicht in den Verwaltungsakt zu gewähren. Für die Beschwerdelegitimation der Umweltorganisation ist der im Anerkennungsbescheid gemäß Paragraph 19, Absatz 7, ausgewiesene Zulassungsbereich maßgeblich.
(6) Bei der Prüfung gemäß Paragraph 23 a, Absatz 2, Ziffer 3, sowie Paragraph 23 b, Absatz 2, Ziffer 2 und 3 sind schutzwürdige Gebiete der Kategorien A, C, D und E nur zu berücksichtigen, wenn sie am Tag der Antragstellung ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Kategorie A des Anhanges 2) aufgenommen sind.
(7) Soweit in den folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes nicht anderes geregelt ist, sind im Verfahren nach Absatz eins, anzuwenden: Paragraph 2, (Begriffsbestimmungen) mit der Maßgabe, dass auch die Behörde nach Absatz 3, zu den mitwirkenden Behörden zählt; Paragraph 4, (Vorverfahren und Investorenservice); Paragraph 6, (Umweltverträglichkeitserklärung) mit der Maßgabe, dass die Behörde festlegen kann, dass bestimmte Angaben und Unterlagen, soweit sie nicht für eine Abschätzung der Umweltauswirkungen in diesem Verfahrensstadium notwendig sind, erst in einem späteren Genehmigungsverfahren vorzulegen sind; Paragraph 10, Absatz eins bis 6 und 8 (grenzüberschreitende Auswirkungen); Paragraph 16, (mündliche Verhandlung und weiteres Verfahren).
(8) Paragraph 9, (öffentliche Auflage) ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Partei- oder Beteiligtenstellung der Bürgerinitiativen in den Genehmigungsverfahren hinzuweisen ist. Für die Entstehung der Bürgerinitiative gilt Paragraph 19, Absatz 4,
(9) Im vereinfachten Verfahren ist Paragraph 24 c, (Umweltverträglichkeitsgutachten) nicht anzuwenden, stattdessen gelten Paragraph 24 d, (zusammenfassende Bewertung der Umweltauswirkungen) und Paragraph 24 f, Absatz 8, vierter Satz.
(10) Vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Einzelfallprüfung dürfen für Vorhaben, die einer Prüfung gemäß Paragraph 23 a, oder Paragraph 23 b, unterliegen, Genehmigungen nicht erteilt werden und kommt nach Verwaltungsvorschriften getroffenen Anzeigen keine rechtliche Wirkung zu. Entgegen dieser Bestimmung erteilte Genehmigungen können von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, innerhalb einer Frist von 3 Jahren als nichtig erklärt werden.
(11) Bedingen sich Vorhaben des Paragraph 23 a und Paragraph 23 b, gegenseitig, so kann die Umweltverträglichkeitsprüfung koordiniert durchgeführt werden. Die Behörde kann ein gemeinsames Umweltverträglichkeitsgutachten (Paragraph 24 c,) oder eine gemeinsame zusammenfassende Bewertung (Paragraph 24 d,) in Auftrag geben.
Entscheidung
Paragraph 24 f, (1) Genehmigungen (Absatz 6,) dürfen nur erteilt werden, wenn im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zusätzlich nachstehende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden oder
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinn des Paragraph 77, Absatz 2, der Gewerbeordnung 1994 führen, und
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
(1a) Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist.
(2) Wird im Einzelfall durch die Verwirklichung des Vorhabens ein wesentlich größerer Kreis von Nachbarn bestehender Verkehrsanlagen dauerhaft entlastet als Nachbarn des Vorhabens belastet werden, so gilt die Genehmigungsvoraussetzung des Absatz eins, Ziffer 2, Litera c, als erfüllt, wenn die Belästigung der Nachbarn so niedrig gehalten wird, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann. Bestehen besondere Immissionsschutzvorschriften, so ist insoweit die Gefährdung im Sinn des Absatz eins, Ziffer 2, Litera a und die Zumutbarkeit einer Belästigung im Sinn des Absatz eins, Ziffer 2, Litera c, nach diesen Vorschriften zu beurteilen.
(3) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach Paragraph 10,, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.
(4) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten
[…]
„Rechtsmittelverfahren
Paragraph 40, (1) Über Beschwerden in Angelegenheiten nach diesem Bundesgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht. Dies gilt nicht in Verfahren nach Paragraph 45, Werden in einer Beschwerde Einwendungen oder Gründe erstmals vorgebracht, so sind diese nur zulässig, wenn in der Beschwerde begründet wird, warum sie nicht bereits während der Einwendungsfrist im Verwaltungsverfahren geltend gemacht werden konnten und der Beschwerdeführer oder die Beschwerdeführerin glaubhaft macht, dass ihn oder sie am Unterbleiben der Geltendmachung während der Einwendungsfrist kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Wenn dies bei sämtlichen Beschwerdegründen nicht glaubhaft gemacht werden kann, ist die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen, wenn jedoch nur teilweise Gründe betroffen sind, ist die Beschwerde in diesen Punkten nicht zu behandeln.
(2) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Senate, ausgenommen in Verfahren nach Paragraph 3, Absatz 7,
[…]
(5) Im Verfahren über Beschwerden gegen Bescheide nach den Paragraphen 17 bis 18b sowie 24f und 24g hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls die Paragraphen 3 b,, 5 Absatz 6 und 10 Absatz 4, anzuwenden. Paragraph 16, Absatz 3 und Absatz 4, sind anzuwenden.“
5. Bundesstraßengesetz 1971 (BStG 1971):
Die hier relevanten Bestimmungen des BStG 1971, Bundesgesetzblatt Nr. , lauten auszugsweise:
„Bestimmung des Straßenverlaufes, Ausbau und Auflassung von Straßenteilen
Paragraph 4, (1) Vor dem Bau einer neuen Bundesstraße oder ihrer Teilabschnitte oder vor der Zulegung einer zweiten Richtungsfahrbahn oder vor Ausbaumaßnahmen sonstiger Art an Bundesstraßen hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie über Antrag des Bundes (Bundesstraßenverwaltung) unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen der Paragraphen 7 und 7a, die Umweltverträglichkeit und die Erfordernisse des Verkehrs, darüber hinaus die funktionelle Bedeutung des Straßenzuges sowie unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse der Anhörung (Absatz 5,) den Straßenverlauf im Rahmen der Verzeichnisse durch Festlegung der Straßenachse, im Falle eines Ausbaues durch Beschreibung, beides auf Grundlage eines konkreten Projektes, durch Bescheid zu bestimmen. Hiezu können im Bescheid die erforderlichen Auflagen, Bedingungen und Befristungen vorgeschrieben werden. Dieser Bescheid hat dingliche Wirkung und tritt außer Kraft, wenn nicht binnen 10 Jahren ab Rechtskraft mit wesentlichen Baumaßnahmen zur Errichtung begonnen wurde. Wenn dies zweckmäßig erscheint, kann die Verwirklichung des Straßenbauvorhabens über Antrag in Abschnitten genehmigt werden.
[…]
(5) Vor Erlassung eines Bescheides nach Absatz eins, sind ausreichende Plan- und Projektunterlagen sowie Unterlagen zur Darlegung der Umweltverträglichkeit durch sechs Wochen in den berührten Gemeinden zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Zeit und Ort der Auflage sind durch einmalige Veröffentlichung im Amtsblatt zur Wiener Zeitung und in einer im betreffenden Bundesland weit verbreiteten Tageszeitung sowie durch Anschlag an den Amtstafeln des Gemeindeamtes (Rathauses) der berührten Gemeinden kundzumachen. Innerhalb dieser Auflagefrist kann jedermann schriftlich eine Stellungnahme und können Nachbarn (Paragraph 7 a,) schriftlich Einwendungen beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie einbringen.
[…]
römisch II. Planung, Bau, Betrieb und Erhaltung
Grundsätze und objektiver Nachbarschutz
Paragraph 7, (1) Die Bundesstraßen sind derart zu planen, zu bauen und zu erhalten, daß sie nach Maßgabe und bei Beachtung der straßenpolizeilichen und kraftfahrrechtlichen Vorschriften von allen Straßenbenützern unter Bedachtnahme auf die durch die Witterungsverhältnisse oder durch Elementarereignisse bestimmten Umstände ohne Gefahr benützbar sind; hiebei ist auch auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sowie auf die Umweltverträglichkeit Bedacht zu nehmen.
(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie erläßt die für die Planung, den Bau und die Erhaltung der Bundesstraßen erforderlichen Verordnungen und Dienstanweisungen.
(3) Bei Planung, Bau und Betrieb von Bundesstraßen ist vorzusorgen, dass Beeinträchtigungen von Nachbarn vermindert oder vermieden werden. Maßnahmen zur Vermeidung oder Verminderung von Beeinträchtigungen sind nur zu ergreifen, wenn dies im Verhältnis zum Erfolg mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand erreicht werden kann.
(4) Die Vorsorge gegen Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den Bau und den Betrieb der Bundesstraße (Absatz 3,) kann auch dadurch erfolgen, dass auf fremden Grundstücken mit Zustimmung des Eigentümers geeignete Maßnahmen gesetzt werden, insbesondere Baumaßnahmen an Gebäuden, Einbau von Lärmschutzfenstern und dergleichen, sofern die Erhaltung und allfällige Wiederherstellung durch den Eigentümer oder einen Dritten sichergestellt ist.
(5) In Fällen, in denen mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand durch Maßnahmen nach Absatz 3 und Absatz 4, kein entsprechender Erfolg erzielt werden kann, können mit Zustimmung des Eigentümers Grundstücke oder Grundstücksteile vom Bund (Bundesstraßenverwaltung) nach den Grundsätzen des Paragraph 18 und der Paragraphen 4 bis 8 des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes – EisbEG, Bundesgesetzblatt Nr. 71 aus 1954,, eingelöst werden, sofern durch den Bau oder den Betrieb der Bundesstraße die Benützung eines Grundstücks oder Grundstücksteiles unzumutbar beeinträchtigt wird. Gleiches gilt, wenn die unzumutbare Beeinträchtigung durch bauliche Anlagen im Zuge einer Bundesstraße (Paragraph 3,), zum Beispiel durch Beeinträchtigung des Lichtraumes, erfolgt.
(6) Im Falle, dass sich Maßnahmen in der Umgebung von Bundesstraßen für die Abwicklung des Verkehrs und seiner Auswirkungen auf die Umwelt als zweckmäßiger und wirtschaftlicher erweisen als Baumaßnahmen an der Bundesstraße, können auch solche an Stelle dieser Baumaßnahmen getroffen werden.
(7) Bei der Planung, dem Bau, dem Betrieb und der Erhaltung von Bundesstraßen ist auch auf die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen. Im Rahmen einer Verordnung im Sinne des Absatz 2, ist der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie ermächtigt, Bestimmungen betreffend die Prüfung wirtschaftlicher Aspekte von Bauvorhaben und Erhaltungsmaßnahmen zu erlassen. In einer solchen Verordnung können insbesondere der Anwendungsbereich, Zuständigkeiten und die Methoden und Tiefe der Prüfung beschrieben und festgelegt werden.
(8) Durch diese Bestimmungen werden keine subjektiven Rechte begründet.
Subjektiver Nachbarschutz
Paragraph 7 a, (1) Eine Bestimmung des Straßenverlaufes nach Paragraph 4, Absatz eins, ist nur zulässig, wenn bei Bau und Betrieb der Bundesstraße vermieden wird,
a) dass das Leben und die Gesundheit von Nachbarn gefährdet werden und
b) dass das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn gefährdet werden.
(2) Nachbarn im Sinne dieser Bestimmung sind alle Personen, die durch den Bau oder den Betrieb, oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte dadurch gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Bundesstraße aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind. Als Nachbarn gelten jedoch die Inhaber von Einrichtungen, in denen sich, wie etwa in Beherbergungsbetrieben, Krankenanstalten und Heimen regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen, und die Erhalter von Schulen hinsichtlich des Schutzes der Schüler, der Lehrer und der sonst in Schulen ständig beschäftigten Personen.
(3) Einwendungen, die sich auf zivilrechtliche Ansprüche beziehen, sind auf den Zivilrechtsweg zu verweisen.
(4) Einwendungen, die eine Verletzung subjektiver öffentlicher Rechte, abgesehen von den Rechten nach Absatz eins, Litera a,, zum Inhalt haben, sind als unbegründet abzuweisen, wenn das öffentliche Interesse an der Errichtung der Bundesstraße größer ist, als der Nachteil, der der Partei durch die Bestimmung des Straßenverlaufes erwächst. Subjektive Rechte gemäß Absatz eins, Litera b, können nach Maßgabe der Bestimmungen über die Enteignung (Paragraphen 17 f, f,) eingeschränkt werden.
(5) Im Rahmen einer Verordnung im Sinne des Paragraph 7, Absatz 2, ist der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie auch ermächtigt, Bestimmungen über betriebs- und baubedingte Immissionen von Bundesstraßenvorhaben zu erlassen. In einer solchen Verordnung können insbesondere der Anwendungsbereich, die Ermittlungsmethoden, Schwellen- und Grenzwerte, ein Beurteilungsmaßstab, Umfang und Dauer des Anspruchs auf Maßnahmen zum Schutz vor Immissionen und die Art der Festlegung und der Durchführung von Maßnahmen geregelt werden.
(6) Bei der Beurteilung der Auswirkungen von Immissionen ist darauf abzustellen, wie sich diese auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
(7) Wird bei objektseitigen Lärmschutzmaßnahmen die Zustimmung durch den Eigentümer oder sonst Berechtigten zur Umsetzung verweigert oder trotz Zustimmung in Folge die Umsetzung der Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht, ist der Nachbar so zu behandeln, als wären die Maßnahmen gesetzt worden. Der Anspruch des Eigentümers oder sonst Berechtigten auf Umsetzung der Maßnahmen bleibt jedenfalls für einen Zeitraum von drei Jahren ab Verkehrsfreigabe aufrecht.“
6. Vogelschutz-Richtlinie (VSch-RL):
Die Stammfassung der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 wurde durch die nunmehr gültige Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (VSch-RL) aufgehoben (Artikel 18, der RL, mit Ausnahme einiger weniger fortgeltender Fristenregelungen) und inhaltlich weitgehend ersetzt.
Die hier relevanten Bestimmungen der VSch-RL (RL 2009/147/EG vom 30. November 2009 i.d.F. der RL 2013/17/EU des Rates vom 13. Mai 2013) lauten:
„Artikel 1
(1) Diese Richtlinie betrifft die Erhaltung sämtlicher wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welches der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind. Sie hat den Schutz, die Bewirtschaftung und die Regulierung dieser Arten zum Ziel und regelt die Nutzung dieser Arten.
(2) Sie gilt für Vögel, ihre Eier, Nester und Lebensräume.
Artikel 2
Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um die Bestände aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht, wobei den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird.
[…]
Artikel 4
(1) Auf die in Anhang römisch eins aufgeführten Arten sind besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.
In diesem Zusammenhang sind zu berücksichtigen:
a) vom Aussterben bedrohte Arten;
b) gegen bestimmte Veränderungen ihrer Lebensräume empfindliche Arten;
c) Arten, die wegen ihres geringen Bestands oder ihrer beschränkten örtlichen Verbreitung als selten gelten;
d) andere Arten, die aufgrund des spezifischen Charakters ihres Lebensraums einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.
Bei den Bewertungen werden Tendenzen und Schwankungen der Bestände der Vogelarten berücksichtigt.
Die Mitgliedstaaten erklären insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind.
(2) Die Mitgliedstaaten treffen unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang römisch eins aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.
(3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle sachdienlichen Informationen, so dass diese geeignete Initiativen im Hinblick auf die erforderliche Koordinierung ergreifen kann, damit die in Absatz 1 und die in Absatz 2 genannten Gebiete ein zusammenhängendes Netz darstellen, das den Erfordernissen des Schutzes der Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, Rechnung trägt.
(4) Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Die Mitgliedstaaten bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.
[…]
Artikel 5
Unbeschadet der Artikel 7 und 9 erlassen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Artikel 1 fallenden Vogelarten, insbesondere das Verbot
a) des absichtlichen Tötens oder Fangens, ungeachtet der angewandten Methode;
b) der absichtlichen Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern;
c) des Sammelns der Eier in der Natur und des Besitzes dieser Eier, auch in leerem Zustand;
d) ihres absichtlichen Störens, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtzeit, sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt;
e) des Haltens von Vögeln der Arten, die nicht bejagt oder gefangen werden dürfen.
[…]
Artikel 9
(1) Die Mitgliedstaaten können, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt, aus den nachstehenden Gründen von den Artikeln 5 bis 8 abweichen:
a) — im Interesse der Gesundheit und der öffentlichen Sicherheit,
— im Interesse der Sicherheit der Luftfahrt,
— zur Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern,
— zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt;
[…]
ANHANG I
[…]
CHARADRIIFORMES
[…]
Burhinidae
Burhinus oedicnemus [Triel]“
7. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) bzw. Habitatrichtlinie:
Die hier relevanten Bestimmungen der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-RL) lauten auszugsweise:
„Artikel 4
(1) Anhand der in Anhang römisch III (Phase 1) festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Informationen legt jeder Mitgliedstaat eine Liste von Gebieten vor, in der die in diesen Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs römisch eins und einheimischen Arten des Anhangs römisch II aufgeführt sind. Bei Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, entsprechen diese Gebiete den Orten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten, welche die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweisen. Für im Wasser lebende Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, werden solche Gebiete nur vorgeschlagen, wenn sich ein Raum klar abgrenzen läßt, der die für das Leben und die Fortpflanzung dieser Arten ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweist. Die Mitgliedstaaten schlagen gegebenenfalls die Anpassung dieser Liste im Lichte der Ergebnisse der in Artikel 11 genannten Überwachung vor.
Binnen drei Jahren nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie wird der Kommission diese Liste gleichzeitig mit den Informationen über die einzelnen Gebiete zugeleitet. Diese Informationen umfassen eine kartographische Darstellung des Gebietes, seine Bezeichnung, seine geographische Lage, seine Größe sowie die Daten, die sich aus der Anwendung der in Anhang römisch III (Phase 1) genannten Kriterien ergeben, und werden anhand eines von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 ausgearbeiteten Formulars übermittelt.
(2) Auf der Grundlage der in Anhang römisch III (Phase 2) festgelegten Kriterien und im Rahmen der fünf in Artikel 1 Buchstabe c) Ziffer iii) erwähnten biogeographischen Regionen sowie des in Artikel 2 Absatz 1 genannten Gesamtgebietes erstellt die Kommission jeweils im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten aus den Listen der Mitgliedstaaten den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind.
Die Mitgliedstaaten, bei denen Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) und einer oder mehreren prioritären Art(en) flächenmäßig mehr als 5 v. H. des Hoheitsgebiets ausmachen, können im Einvernehmen mit der Kommission beantragen, daß die in Anhang römisch III (Phase 2) angeführten Kriterien bei der Auswahl aller in ihrem Hoheitsgebiet liegenden Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung flexibler angewandt werden.
Die Liste der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewählt wurden und in der die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en) ausgewiesen sind, wird von der Kommission nach dem Verfahren des Artikels 21 festgelegt.
(3) Die in Absatz 2 erwähnte Liste wird binnen sechs Jahren nach Bekanntgabe dieser Richtlinie erstellt.
(4) Ist ein Gebiet aufgrund des in Absatz 2 genannten Verfahrens als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bezeichnet worden, so weist der betreffende Mitgliedstaat dieses Gebiet so schnell wie möglich – spätestens aber binnen sechs Jahren – als besonderes Schutzgebiet aus und legt dabei die Prioritäten nach Maßgabe der Wichtigkeit dieser Gebiete für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eines natürlichen Lebensraumtyps des Anhangs römisch eins oder einer Art des Anhangs römisch II und für die Kohärenz des Netzes Natura 2000 sowie danach fest, inwieweit diese Gebiete von Schädigung oder Zerstörung bedroht sind.
(5) Sobald ein Gebiet in die Liste des Absatzes 2 Unterabsatz 3 aufgenommen ist, unterliegt es den Bestimmungen des Artikels 6 Absätze 2, 3 und 4.
[…]
Artikel 6
(1) Für die besonderen Schutzgebiete legen die Mitgliedstaaten die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest, die gegebenenfalls geeignete, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art umfassen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang römisch eins und der Arten nach Anhang römisch II entsprechen, die in diesen Gebieten vorkommen.
(2) Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten.
(3) Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw. Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, daß das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben.
(4) Ist trotz negativer Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art ein Plan oder Projekt durchzuführen und ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, so ergreift der Mitgliedstaat alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen, um sicherzustellen, daß die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Der Mitgliedstaat unterrichtet die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen.
Ist das betreffende Gebiet ein Gebiet, das einen prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder eine prioritäre Art einschließt, so können nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden.
Artikel 7
Was die nach Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/409/EWG zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Artikel 4 Absatz 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Artikel 6 Absätze 2, 3 und 4 der vorliegenden Richtlinie ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der Richtlinie 79/409/EWG zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Artikel 4 Absatz 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409/EWG ergeben.
Artenschutz
Artikel 12
(1) Die Mitgliedstaaten treffen die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang römisch IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet:
a) alle absichtlichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten;
b) jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten;
c) jede absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur;
d) jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.
(2) Für diese Arten verbieten die Mitgliedstaaten Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren; vor Beginn der Anwendbarkeit dieser Richtlinie rechtmäßig entnommene Exemplare sind hiervon ausgenommen.
(3) Die Verbote nach Absatz 1 Buchstaben a) und b) sowie nach Absatz 2 gelten für alle Lebensstadien der Tiere im Sinne dieses Artikels.
(4) Die Mitgliedstaaten führen ein System zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang römisch IV Buchstabe a) genannten Tierarten ein. Anhand der gesammelten Informationen leiten die Mitgliedstaaten diejenigen weiteren Untersuchungs- oder Erhaltungsmaßnahmen ein, die erforderlich sind, um sicherzustellen, daß der unbeabsichtigte Fang oder das unbeabsichtigte Töten keine signifikanten negativen Auswirkungen auf die betreffenden Arten haben.
Artikel 16
(1) Sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, daß die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13 und 14 sowie des Artikels 15 Buchstaben a) und b) im folgenden Sinne abweichen:
a) zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume;
b) zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;
c) im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;
d) zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht, einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen;
e) um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs römisch IV zu erlauben.
(2) Die Mitgliedstaaten legen der Kommission alle zwei Jahre einen mit dem vom Ausschuß festgelegten Modell übereinstimmenden Bericht über die nach Absatz 1 genehmigten Ausnahmen vor. Die Kommission nimmt zu diesen Ausnahmen binnen zwölf Monaten nach Erhalt des Berichts Stellung und unterrichtet darüber den Ausschuß.
(3) In den Berichten ist folgendes anzugeben:
a) die Arten, für die die Ausnahmeregelung gilt, und der Grund der Ausnahme, einschließlich der Art der Risiken sowie gegebenenfalls der verworfenen Alternativlösungen und der benutzten wissenschaftlichen Daten;
b) die für Fang oder Tötung von Tieren zugelassenen Mittel, Einrichtungen oder Methoden und die Gründe für ihren Gebrauch;
c) die zeitlichen und örtlichen Umstände der Ausnahmegenehmigungen;
d) die Behörde, die befugt ist, zu erklären, daß die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind, bzw. zu kontrollieren, ob sie erfüllt sind, und die beschließen kann, welche Mittel, Einrichtungen oder Methoden innerhalb welcher Grenzen und von welchen Stellen verwendet werden dürfen sowie welche Personen mit der Durchführung betraut werden;
e) die angewandten Kontrollmaßnahmen und die erzielten Ergebnisse.
[…]
Anhang IV
ANHANG IV
STRENG ZU SCHÜTZENDE TIER- UND PFLANZENARTEN VON GEMEINSCHAFTLICHEM INTERESSE
Die in diesem Anhang aufgeführten Arten sind angegeben:
- mit dem Namen der Art oder Unterart oder
- mit allen Arten, die zu einem höheren Taxon oder einem bestimmten Teil des genannten Taxons gehören.
Die Abkürzung ‚spp.‘ nach dem Namen einer Familie oder Gattung dient zur Bezeichnung aller Arten, die zu dieser Gattung oder Familie gehören.
a) TIERE“
8. Naturschutzgesetzes 2000 (NÖ NSchG 2000):
Die hier relevanten Bestimmungen des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 (NÖ NSchG 2000) lauten auszugsweise:
„§ 9
Europaschutzgebiet
(1) Die folgenden Bestimmungen (Paragraphen 9 und 10) dienen dem Aufbau und dem Schutz des europäischen ökologischen Netzes ‚Natura 2000‘, insbesondere dem Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete. Die getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Pflanzen- und Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.
(2) Im Sinne der Paragraphen 9 und 10 bedeuten:
1. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie: Richtlinie 92/43/ EWG des Rates vom 21. März [sic!] 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl.Nr. L 206 vom 22.7.1992, Sitzung 7), die zuletzt durch die Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27. Oktober 1997 (ABl.Nr. L 305 Sitzung 42) geändert worden ist.
2. Vogelschutz-Richtlinie: Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl.Nr. L 20 vom 26. Jänner 2010, Sitzung 7.
3. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung: die in die Liste nach Artikel 4 Absatz 2, Satz 3 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie eingetragenen Gebiete.
4. Europäische Vogelschutzgebiete: Gebiete zur Erhaltung wildlebender Vogelarten im Sinne des Artikel 4 Absatz eins und 2 der Vogelschutz-Richtlinie.
5. Prioritäre natürliche Lebensraumtypen: vom Verschwinden bedrohte Lebensraumtypen, für deren Erhaltung der Gemeinschaft besondere Verantwortung zukommt und die in Anhang römisch eins der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet sind.
6. Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums: die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funktionen sowie das Überleben seiner charakteristischen Arten auswirken können.
7. Prioritäre Arten: wildlebende Tiere und Pflanzen für deren Erhaltung der Gemeinschaft besondere Verantwortung zukommt und die in Anhang römisch II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet sind.
8. Erhaltungszustand einer Art: die Gesamtheit der Einflüsse, die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten auswirken können.
9. Erhaltungsziele: Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in Anhang römisch eins der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie aufgeführten natürlichen Lebensräume und der in Anhang römisch II dieser Richtlinie aufgeführten Tier- und Pflanzenarten, die in einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung vorkommen sowie der in Anhang römisch eins der Vogelschutz-Richtlinie aufgeführten und der in Artikel 4 Absatz 2, dieser Richtlinie genannten Vogelarten sowie ihrer Lebensräume, die in einem Europäischen Vogelschutzgebiet vorkommen.
(3) Gebiete gemäß Absatz eins, sind durch Verordnung der Landesregierung zu besonderen Schutzgebieten mit der Bezeichnung ‚Europaschutzgebiete‘ zu erklären. Zu Europaschutzgebieten können insbesondere auch bereits bestehende Natur- und Landschaftsschutzgebiete erklärt werden.
(4) Die Verordnung nach Absatz 3, hat die flächenmäßige Begrenzung des Schutzgebietes, den jeweiligen Schutzgegenstand, insbesondere prioritäre natürliche Lebensraumtypen und prioritäre Arten, die Erhaltungsziele sowie erforderlichenfalls zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes notwendige Gebote und Verbote festzulegen. Zu verbieten sind insbesondere Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder einer wesentlichen Beeinträchtigung des Schutzgebietes oder seiner Bestandteile führen können. Weitergehende Schutzvorschriften nach diesem Gesetz bleiben unberührt.
(5) Für die Europaschutzgebiete sind die nötigen Pflege-, Entwicklungs- und Erhaltungsmaßnahmen hoheitlicher oder vertraglicher Art zu treffen, die den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang römisch eins und der Arten nach Anhang römisch II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie sowie der Vogelarten des Anhanges römisch eins der Vogelschutzrichtlinie, die in diesen Gebieten vorkommen, entsprechen (Managementplan). Diese Maßnahmen sind soweit sie Auswirkungen auf die Raumordnung haben dem Raumordnungsbeirat vorzulegen. Ausgenommen sind Förderungen von Maßnahmen zur Verwaltung von Europaschutzgebieten.
(6) Die Landesregierung hat den Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen zu überwachen und zu dokumentieren. Die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten sind hiebei besonders zu berücksichtigen.
Paragraph 10 <, b, r, /, >, fünf e, r, t, r, ä, g, l, i, c, h, k, e, i, t, s, p, r, ü, f, u, n, g, <, b, r, /, >, (, eins,) Projekte,
- die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Europaschutzgebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind und
- die ein solches Gebiet einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten,
bedürfen einer Bewilligung der Behörde.
(2) Die Behörde hat auf Antrag eines Projektwerbers oder der NÖ Umweltanwaltschaft mit Bescheid festzustellen, dass das Projekt weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes führen kann. Dabei sind bereits erfolgte Prüfungen in vorausgegangenen oder gleichzeitig durchzuführenden Verfahren zu berücksichtigen.
(3) Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens hat die Behörde eine Prüfung des Projektes auf Verträglichkeit mit den für das betroffene Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen, insbesondere die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in diesem Gebiet, durchzuführen (Naturverträglichkeitsprüfung).
(4) Hat die Behörde aufgrund der Ergebnisse der Naturverträglichkeitsprüfung festgestellt, dass das Gebiet als solches nicht erheblich beeinträchtigt wird, ist die Bewilligung zu erteilen.
(5) Hat die Behörde aufgrund der Ergebnisse der Naturverträglichkeitsprüfung festgestellt, dass das Gebiet als solches erheblich beeinträchtigt wird (negatives Ergebnis der Naturverträglichkeitsprüfung), hat sie Alternativlösungen zu prüfen.
(6) Ist eine Alternativlösung nicht vorhanden, darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn das Projekt
- bei einem prioritären natürlichen Lebensraumtyp und/oder einer prioritären Art aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt und nach Stellungnahme der Europäischen Kommission auch aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses
- ansonsten aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art
gerechtfertigt ist (Interessenabwägung).
(7) Dabei hat die Behörde alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen vorzuschreiben, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Die Europäische Kommission ist von diesen Maßnahmen zu unterrichten.
[…]
Paragraph 18,
Artenschutz
(1) Die Vorschriften zum Artenschutz dienen dem Schutz und der Pflege der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Vielfalt. Der Artenschutz umfasst
1. den Schutz der Tiere und Pflanzen und ihrer Lebensgemeinschaften vor Beeinträchtigungen durch den Menschen, insbesondere durch den menschlichen Zugriff,
2. den Schutz, die Pflege, die Entwicklung und die Wiederherstellung der Lebensräume wildlebender Tier- und Pflanzenarten sowie die Gewährleistung ihrer sonstigen Lebensbedingungen und
3. die Ansiedlung von Tieren und Pflanzen verdrängter wildlebender Arten in geeigneten Biotopen innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes.
(2) Wildwachsende Pflanzen oder freilebende Tiere, die nicht Wild im Sinne des NÖ Jagdgesetzes 1974, Landesgesetzblatt 6500, sind, deren Bestandsschutz oder Bestandspflege
1. wegen ihrer Seltenheit oder der Bedrohung ihres Bestandes,
2. aus wissenschaftlichen oder landeskundlichen Gründen,
3. wegen ihres Nutzens oder ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt oder
4. zur Erhaltung von Vielfalt oder Eigenart von Natur und Landschaft erforderlich ist, sind durch Verordnung der Landesregierung gänzlich oder, wenn es für die Erhaltung der Art ausreicht, teil- oder zeitweise unter Schutz zu stellen. In der Verordnung können die Tier- und Pflanzenarten, deren Vorkommen im Landesgebiet vom Aussterben bedroht ist, bestimmt werden.
(3) Durch Verordnung können nichtheimische Arten besonders geschützten heimischen Arten gleichgestellt werden, wenn deren Bestandsschutz erforderlich ist, um im Geltungsbereich dieses Gesetzes Ursachen ihres bestandsgefährdenden Rückgangs zu beschränken oder auszuschließen, und die
1. in einem anderen Bundesland oder in ihrem Herkunftsland einen besonderen Schutz genießen,
2. in internationalen Übereinkommen, denen Österreich beigetreten ist, mit einer entsprechenden Kennzeichnung aufgeführt sind oder
3. nach gesicherten Erkenntnissen vom Aussterben bedroht sind, ohne in ihrem Herkunftsland geschützt zu sein.
(4) Es ist für die nach den Absatz 2 und 3 besonders geschützten Arten verboten:
1. Pflanzen oder Teile davon auszugraben oder von ihrem Standort zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, in frischem oder getrocknetem Zustand zu erwerben, zu verwahren, weiterzugeben, zu befördern oder feilzubieten. Dieser Schutz bezieht sich auf sämtliche ober- und unterirdische Pflanzenteile;
2. Tiere zu verfolgen, absichtlich zu beunruhigen, zu fangen, zu halten, zu verletzen oder zu töten, im lebenden oder toten Zustand zu erwerben, zu verwahren, weiterzugeben, zu befördern oder feilzubieten;
3. Eier, Larven, Puppen oder Nester dieser Tiere oder ihre Nist-, Brut-, Laich- oder Zufluchtstätten zu beschädigen, zu zerstören oder wegzunehmen sowie
4. Störungen an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten der vom Aussterben bedrohten und in der Verordnung aufgeführten Arten, insbesondere durch Fotografieren oder Filmen, zu verursachen.
[…]
(7) Das Entfernen, Beschädigen oder Zerstören der Brutstätten oder Nester besonders geschützter Tiere ist, wenn sie keine Jungtiere enthalten und sich in Baulichkeiten befinden, von Oktober bis Ende Februar gestattet, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt.
(8) Erforderlichenfalls können in der Verordnung auch Maßnahmen zum Schutz des Lebensraumes und der Bestandserhaltung und -vermehrung der besonders geschützten Arten festgelegt werden sowie Handlungen verboten oder eingeschränkt werden, die die Bestände weiter verringern können.
[…]
Paragraph 20,
Ausnahmebewilligungen
(1) Das Sammeln in größeren Mengen als in Paragraph 17, Absatz 2, festgelegt und das erwerbsmäßige Sammeln von wildwachsenden Pflanzen (Pflanzenteilen) sowie das Sammeln freilebender Tiere (Entwicklungsformen oder Teilen) ist vier Wochen vor Aufnahme der Tätigkeit der Behörde anzuzeigen.
(2) In der Anzeige sind die sammelnden Personen, Umfang, Zeit (höchstens ein Kalenderjahr), Ort, Zweck und Art des Sammelns anzugeben.
(3) Die Behörde hat das Sammeln zu untersagen, wenn im Sammelgebiet ein bedrohlicher Rückgang der zu sammelnden Art zu befürchten ist oder die anzuwendende Fangart mit einer unnötigen Tierquälerei verbunden ist.
(4) Durch Bescheid kann die Landesregierung Ausnahmen von den Vorschriften nach Paragraph 18, gestatten, sofern es keine anderweitige zufrieden stellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmegenehmigung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. In der Bewilligung ist zumindest festzulegen,
1. für welche Arten die Ausnahme gilt,
2. die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden und
3. welche Kontrollen vorzunehmen sind.
(5) Eine Bewilligung gemäß Absatz 4, darf nur erteilt werden
1. zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume;
2. zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;
3. im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;
4. zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen;
5. um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten zu erlauben.
(6) Die Landesregierung kann mit Verordnung Ausnahmen von den Verboten nach Paragraph 18, Absatz 4, für einzelne Tier- und Pflanzenarten zulassen, sofern es keine andere zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, wenn einer der folgenden Gründe vorliegt:
1. im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit, insbesondere bei Gefahr für Leib und Leben, oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;
2. zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume;
3. zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;
4. zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen;
5. um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten, spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten zu erlauben.
(7) In der Verordnung nach Absatz 6, sind anzugeben:
1. für welche Art die Ausnahme gilt,
2. zugelassene Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden,
3. Art der Risiken und zeitliche und örtliche Umstände für die Ausnahme,
4. Maßnahmen zur strengen Überwachung,
5. Art der Kontrollen und
6. Beweissicherungsmaßnahmen.“
9. NÖ Artenschutzverordnung:
Die hier relevanten Bestimmungen der NÖ Artenschutzverordnung, LGBl. 5500/2-0, lauten:
„Die NÖ Landesregierung hat am 5. Juli 2005 aufgrund des Paragraph 18, Absatz 2 und 3 des NÖ Naturschutzgesetzes 2000, Landesgesetzblatt 5500–3, verordnet:
[…]
Anlage 2
Gänzlich geschützte freilebende Tierarten
Legende:
Art | Die Tierart wird mit dem deutschen und dem wissenschaftlichen Namen bezeichnet. Prioritäre Arten nach Anhang römisch II Litera , der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins, NÖ NSchG 2000) sind mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet. |
FFH / VSR | Arten, die in den Anhängen römisch II Litera , oder römisch IV Litera , der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) angeführt sind sowie Vogelarten des Anhangs römisch eins der Vogelschutz-Richtlinie (VSR; Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 2, NÖ NSchG 2000) werden mit ‘X’ bezeichnet. |
Rote Liste | ‘Rote Listen’ dokumentieren den Seltenheits- oder Bedrohungsgrad von Pflanzen- und Tierarten, basierend auf naturwissenschaftlichen Fachdaten. Diese Tierarten sind wegen ihrer ‘Seltenheit oder Bedrohung ihres Bestandes’ (Paragraph 18, Absatz 2, Ziffer eins, NÖ NSchG 2000) angeführt und betreffen grundsätzlich die Kategorien ‘0’ = ‘ausgestorben oder verschollen’, ‘1’ = ‘vom Aussterben bedroht’ und ‘I’ = ‘gefährdete Vermehrungsgäste’. |
! für NÖ | Tierarten, die von besonderer wissenschaftlicher oder landeskundlicher Bedeutung für Niederösterreich sind (Paragraph 18, Absatz 2, Ziffer 2, NÖ NSchG 2000) und in ‘Roten Listen’ geführt werden, werden mit ‘X’ bezeichnet. Berücksichtigt sind hier vor allem Arten, die in nerhalb Österreichs bzw. der Europäischen Union ausschließlich in Niederösterreich vorkommen, hier ihren Verbreitungsschwerpunkt oder bedeutende Populationsanteile haben. Bei den Vögeln sind hier auch jene a ngeführt, die bedeutende Überwinterungs- Populationen in Niederösterreich haben. |
Weitere relevante Arten | Tierarten der ‘Roten Listen’ (hier auch die Kategorien ‘2’ = ‘stark gefährdet’ und ‘3’ = ‘gefährdet’), die darüber hinaus in besonderem Maß wegen ihres Nutzens oder ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt oder zur Erhaltung von Vielfalt oder Eigenart von Natur und Landschaft im Sinne des Paragraph 18, Absatz 2, Ziffer 3 und 4 NÖ NSchG 2000 erforderlich sind, werden mit ‘X’ bezeichnet. |
Art |
| VSR | Rote Liste | ! für NÖ | Weitere relevante Arten |
Vögel | Aves |
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[…] | […] |
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Triel | Burhinus oedicnemus | X | 1 | X |
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[…]
Art |
| FFH | Rote Liste | ! für NÖ | Weitere relevante Arten |
Säugetiere | Mammalia |
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Ziesel | Spermophilus citellus | X | 1 | X |
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10. Das Europaschutzgebiet Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse in der Fassung bis zur Änderung im April 2020:
Die Verordnung über die gemeldeten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vor dem Inkrafttreten LGBl. 5500/6-5 durch die Novelle 15.04.2020 lautet auszugsweise:
„§ 14
Europaschutzgebiet
Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse
(1)
1. Das Europaschutzgebiet umfasst die in den Anlagen 1 bis 21 zu Paragraph 14, ausgewiesenen Grundstücke und Grundstücksteile in Eckartsau, Engelhartstetten, Glinzendorf, Groß-Enzersdorf, Großhofen, Haringsee, Lassee, Leopoldsdorf im Marchfelde, Marchegg, Markgrafneusiedl, Obersiebenbrunn, Orth an der Donau, Parbasdorf, Raasdorf, Untersiebenbrunn, Weiden an der March und Weikendorf. In Anlage A zu Paragraph 14, ist das Europaschutzgebiet auf einem Übersichtsplan dargestellt.
2. Die Anlagen 1 bis 21 zu Paragraph 14, (LGBl. 5500/6-3) werden durch Auflage beim Amt der NÖ Landesregierung zur öffentlichen Einsichtnahme kundgemacht. Die öffentliche Einsichtnahme kann während der Amtsstunden beim Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Landesamtsdirektion, erfolgen.
[…]
(2) Schutzgegenstand des Vogelschutzgebietes Sandboden und Praterterrasse, AT1213V00, sind folgende Vogelarten und ihre Lebensräume:
- die in Anhang römisch eins der Vogelschutz-Richtlinie angeführten Brutvogelarten:
[…] Triel (Burhinus oedicnemus), […]
- die in Anhang römisch eins der Vogelschutz-Richtlinie angeführten Durchzügler und Wintergäste:
[…]
- die im gegenständlichen Gebiet regelmäßig auftretenden Zugvogelarten.
(3) Für das Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse werden folgende Erhaltungsziele festgelegt:
Erhaltung oder Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und einer ausreichenden Flächengröße der Lebensräume aller unter Absatz 2, genannten Arten. Im Speziellen sind dies die Erhaltung von einem ausreichenden Ausmaß an:
- großflächigen, durch das weitgehende Fehlen von Gehölzen gekennzeichneten und weithin überblickbaren Offenlandlebensräumen mit Steppencharakter,
- einer extensiven Landwirtschaft mit abwechslungsreicher Fruchtfolge,
- möglichst störungsfreien Brut- und Nahrungsflächen für die Großtrappen,
- frühen, offenen Sukzessionsstadien in abgebauten, möglichst störungsfreien Schottergruben als Brutlebensräume,
- trocken-steinigen, lückig bewachsenen Ackerbrachen in den schotterterrassengeprägten Landschaftsteilen,
- naturnahen Zonen an den Dorfrändern mit einem hohen Obst- bzw. Nussbaumanteil,
- straßen- bzw. wegbegleitenden Alleen aus hochstämmigen Obst- bzw. Nussbäumen,
- lichten, aufgelockerten Kiefernwäldern in den gehölzgeprägten Landschaftsteilen,
- an Sonderstrukturen wie Hecken, Buschgruppen, Einzelgehölze, Waldränder, Ruderalflächen, Brachen, breite, unbehandelte Ackerraine in den gehölzgeprägten Landschaftsteilen.
(4) Die Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes (Paragraph 9, Absatz 4, NÖ NSchG 2000) der in Absatz 2, genannten Vogelarten wird im Europaschutzgebiet vor allem durch privatrechtliche Verträge gewährleistet.“
11. Europaschutzgebiet Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse in der Fassung der Novelle NÖ Landesgesetzblatt 33 vom 15.04.2020:
LGBl. 5500/6-0 in der Fassung Landesgesetzblatt 33 aus 2020,, lautet:
„1. Abschnitt
Allgemeines
Paragraph eins,
Gegenstand
Die im Folgenden beschriebenen Vogelschutzgebiete und Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) werden zu besonderen Schutzgebieten erklärt. Für diese Gebiete mit der Bezeichnung “Europaschutzgebiete” werden Schutzgegenstände, Erhaltungsziele und notwendige Erhaltungsmaßnahmen festgelegt.
2. Abschnitt
Europaschutzgebiete Vogelschutzgebiete
[…]
Paragraph 14,
Europaschutzgebiet
Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse
(1)
1. Das Europaschutzgebiet umfasst die in den Anlagen 1 bis 21 zu Paragraph 14, ausgewiesenen Grundstücke und Grundstücksteile in […] Markgrafneusiedl, […]. In Anlage A zu Paragraph 14, ist das Europaschutzgebiet auf einem Übersichtsplan dargestellt.
[…]
(2) Schutzgegenstand des Vogelschutzgebietes Sandboden und Praterterrasse, AT1213V00, sind folgende Vogelarten und ihre Lebensräume:
- die in Anhang römisch eins der Vogelschutz-Richtlinie angeführten Brutvogelarten:
[…] Triel (Burhinus oedicnemus), […]
(3) Für das Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse werden folgende Erhaltungsziele festgelegt:
Erhaltung oder Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und einer ausreichenden Flächengröße der Lebensräume aller unter Absatz 2, genannten Arten. Im Speziellen sind dies die Erhaltung von einem ausreichenden Ausmaß an:
- großflächigen, durch das weitgehende Fehlen von Gehölzen gekennzeichneten und weithin überblickbaren Offenlandlebensräumen mit Steppencharakter,
- einer extensiven Landwirtschaft mit abwechslungsreicher Fruchtfolge,
- möglichst störungsfreien Brut- und Nahrungsflächen für die Großtrappen,
- frühen, offenen Sukzessionsstadien in abgebauten, möglichst störungsfreien Schottergruben als Brutlebensräume,
- trocken-steinigen, lückig bewachsenen Ackerbrachen in den schotterterrassengeprägten Landschaftsteilen,
- naturnahen Zonen an den Dorfrändern mit einem hohen Obst- bzw. Nussbaumanteil,
- straßen- bzw. wegbegleitenden Alleen aus hochstämmigen Obst- bzw. Nussbäumen,
- lichten, aufgelockerten Kiefernwäldern in den gehölzgeprägten Landschaftsteilen,
- an Sonderstrukturen wie Hecken, Buschgruppen, Einzelgehölze, Waldränder, Ruderalflächen, Brachen, breite, unbehandelte Ackerraine in den gehölzgeprägten Landschaftsteilen.
(4) Die Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes (Paragraph 9, Absatz 4, NÖ NSchG 2000) der in Absatz 2, genannten Vogelarten wird im Europaschutzgebiet vor allem durch privatrechtliche Verträge gewährleistet.“
12. Bundesgesetz über die strategische Prüfung im Verkehrsbereich (SP-V-Gesetz):
Das SP-V-Gesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 96 aus 2005, hat folgenden Wortlaut:
„Zweck
Paragraph eins, (1) Zweck dieses Bundesgesetzes ist es, vorgeschlagene Netzveränderungen bereits vor Erstellung von Gesetzes- und Verordnungsentwürfen, die der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie der Bundesregierung zur Beschlussfassung vorzulegen beabsichtigt und deren Gegenstand diese vorgeschlagenen Netzveränderungen sind, einer strategischen Prüfung zu unterziehen.
(2) Durch dieses Bundesgesetz wird die Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. Nr. L 197/30 vom 21. Juli 2001, umgesetzt.
Begriffsbestimmungen
Paragraph 2, (1) ‘Netzveränderung’ bedeutet jede Änderung des bundesweiten hochrangigen Verkehrswegenetzes.
(2) Zum ‘bundesweiten hochrangigen Verkehrswegenetz’ gehören:
1. Hochleistungsstrecken,
2. Wasserstraßen,
3. Bundesstraßen.
(3) ‘Umweltstellen’ sind die Umweltanwälte der betroffenen Länder gemäß Paragraph 2, Absatz 4, des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000), Bundesgesetzblatt Nr. 697 aus 1993,, die Landesregierungen der betroffenen Länder und der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.
(4) Ein Land ist ein ‘betroffenes Land’, wenn es von den direkten oder indirekten Auswirkungen einer Netzveränderung berührt werden kann.
(5) Unter ‘Öffentlichkeit’ ist eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen zu verstehen.
(6) Initiator ist, wer eine Netzveränderung vorschlägt. Eine Netzveränderung vorzuschlagen sind berechtigt:
1. der Bund, vertreten durch den Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie,
2. die Länder,
3. die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft,
4. die ÖBB-Infrastruktur Bau Aktiengesellschaft,
5. die via donau – Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft m.b.H.,
6. sonstige befugte Errichtungsgesellschaften.
(7) ‘Befugte Errichtungsgesellschaften’ sind Gesellschaften, die entweder durch Bundesgesetz oder Staatsvertrag, oder auf Basis einer bundesgesetzlichen oder staatsvertraglichen Ermächtigung errichtet wurden und deren satzungsmäßiger oder gesellschaftsvertragsmäßiger Zweck es ist, Bundesstraßen, Hochleistungsstrecken oder Wasserstraßen zu finanzieren, zu planen, zu bauen oder zu erhalten oder deren Finanzierung, Planung, Bau oder Erhaltung zu bewirken.
Anwendungsbereich der strategischen Prüfung
Paragraph 3, (1) Einer strategischen Prüfung sind gemäß Paragraph 4, vorgeschlagene Netzveränderungen zu unterziehen. Der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie hat eine strategische Prüfung vor Erstellung nachstehender Entwürfe, die er/sie der Bundesregierung zur Beschlussfassung vorzulegen beabsichtigt und deren Gegenstand vorgeschlagene Netzveränderungen sind, durchzuführen:
1. Verordnungsentwürfe, die zum Gegenstand haben:
a) die Erklärung von weiteren geplanten oder bestehenden Eisenbahnen zu Hochleistungsstrecken gemäß Paragraph eins, Hochleistungsstreckengesetz – HlG, BGBl. Nr. 135/1989;
b) die Änderung von Verordnungen gemäß Paragraph eins, HlG;
2. Gesetzesentwürfe über die Erklärung von weiteren Gewässern zu Wasserstraßen im Sinne des Paragraph 15, Schifffahrtsgesetz und
3. Gesetzesentwürfe, mit welchen zusätzliche Straßenzüge in die Verzeichnisse zum Bundesstraßengesetz 1971 aufgenommen oder bereits festgelegte Straßenzüge aus den Verzeichnissen gestrichen oder geändert werden.
(2) Eine vorgeschlagene Netzveränderung ist dann nicht einer strategischen Prüfung zu unterziehen, wenn der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie nach Einbeziehung der Umweltstellen und unter Berücksichtigung der in Anhang römisch II der Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. Nr. L 197 vom 21.07.2001 Sitzung 30, angeführten Kriterien in Form einer Einzelfallprüfung feststellt, dass diese vorgeschlagene Netzveränderung eine geringfügige Netzveränderung ist und diese voraussichtlich keine erheblichen Auswirkungen auf die im Paragraph 5, Ziffer 4, Litera a,) bis j) angeführten Ziele und auf die Umwelt erwarten lässt. Diese Feststellung ist vom Bundesminister/von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie unter Angabe der Gründe, die dieser Feststellung zu Grunde liegen, auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie zu veröffentlichen.
(3) Jedenfalls nicht durchzuführen ist eine strategische Prüfung im Sinne des Absatz eins, vor Erstellung von:
1. Verordnungsentwürfen in dem Umfang, in dem die Erklärung bestehender Eisenbahnen, die keiner oder keiner umfangreichen Baumaßnahmen zur Optimierung der Verkehrsbedienung bedürfen, zu Hochleistungsstrecken gemäß Paragraph eins, HlG vorgeschlagen ist;
2. Verordnungsentwürfen für eine Änderung von Verordnungen gemäß Paragraph eins, HlG in dem Umfang, in dem die Erklärung bestehender Eisenbahnen zu Hochleistungsstrecken, die keiner oder keiner umfangreichen Baumaßnahmen zur Optimierung der Verkehrsbedienung bedürfen, vorgeschlagen ist;
3. Verordnungsentwürfen für eine Änderung von Verordnungen gemäß Paragraph eins, HlG in dem Umfang, in dem vorgeschlagen ist, die Erklärung von geplanten oder bestehenden Eisenbahnen zu Hochleistungsstrecken zurück zu nehmen;
4. Gesetzesentwürfen, mit denen ein Straßenzug gegenüber der Beschreibung im Verzeichnis durch Verschiebung, Verlängerung oder Verkürzung von einer politischen Gemeinde zu einer unmittelbar angrenzenden Gemeinde, innerhalb von Städten mit Gemeindebezirken von einem Gemeindebezirk zu einem unmittelbar angrenzenden Gemeindebezirk, verändert wird, sofern der/die Bundesminister/in für Verkehr, Innovation und Technologie nach Einbeziehung der Umweltstellen unter Berücksichtigung der in Anhang römisch II der Richtlinie 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl. Nr. L 197 vom 21.07.2001 Sitzung 30, angeführten Kriterien die Feststellung veröffentlicht, dass voraussichtlich keine erheblichen Auswirkungen durch die vorgeschlagene Netzveränderung zu erwarten sind.
Vorschlag einer Netzveränderung
Paragraph 4, Die Initiatoren können Vorschläge für Netzveränderungen einbringen. Außer in den Fällen des Paragraph 3, Absatz 3, beinhaltet der Vorschlag einer Netzveränderung auch die Erstellung eines Umweltberichtes (Paragraph 6,) in Abstimmung mit dem Bundesminister/der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie. Die von den Auswirkungen einer vorgeschlagenen Netzveränderung betroffenen übrigen Initiatoren, die Umweltstellen betroffener Länder sowie der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sind vor der Erstellung eines Umweltberichtes zu konsultieren, wobei den genannten Stellen eine Frist von vier Wochen einzuräumen ist. Dem Initiator gebührt für seine Aufwendungen kein Kostenersatz.
Strategische Prüfung
Paragraph 5, Im Zuge einer strategischen Prüfung sind
1. der vom Initiator erstellte Umweltbericht (Paragraph 6,) zu veröffentlichen,
2. der Öffentlichkeit, den Umweltstellen und anderen Initiatoren die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme einzuräumen (Paragraph 8,),
3. bei erheblichen Auswirkungen der vorgeschlagenen Netzveränderung auf die Umwelt eines anderen Staates gemäß Paragraph 7, vorzugehen,
4. bei Erstellung der im Paragraph 3, Absatz eins, angeführten Entwürfe der Umweltbericht, die Ergebnisse der Beteiligung der Öffentlichkeit, der Umweltstellen und der Initiatoren und das Ergebnis durchgeführter Konsultationen (Paragraph 7, Absatz 3,) zu berücksichtigen. Außerdem muss die vorgeschlagene Netzveränderung die nachstehenden, mit einem bundesweit hochrangigen Verkehrswegenetz verbundenen Ziele, berücksichtigen:
a) Sicherstellung eines nachhaltigen Personen- und Güterverkehrs unter möglichst sozialverträglichen und sicherheitsorientierten Bedingungen;
b) Verwirklichung der Ziele der Europäischen Gemeinschaft insbesondere im Bereich der Verwirklichung eines Europäischen Verkehrsnetzes und des Wettbewerbs;
c) Sicherstellung eines hohen Umweltschutzniveaus durch Einbeziehung von Umwelterwägungen;
d) Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in Österreich und in der Gemeinschaft,
e) Bereitstellung einer qualitativ hochwertigen Verkehrsinfrastruktur zu möglichst vertretbaren wirtschaftlichen Bedingungen;
f) Erhaltung der komparativen Vorteile aller Verkehrsträger;
g) Sicherstellung einer optimalen Nutzung der vorhandenen Kapazitäten;
h) Herstellung der Interoperabilität und Intermodalität innerhalb der und zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern;
i) Erzielung eines möglichst hohen gesamtwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Verhältnisses;
j) Herstellung eines Anschlusses an die Verkehrswegenetze der Nachbarstaaten und die gleichzeitige Förderung der Interoperabilität und des Zugangs zu diesen Netzen.
Umweltbericht
Paragraph 6, (1) Die voraussichtlich erheblichen Umweltauswirkungen der vorgeschlagenen Netzveränderung und die vernünftigen Alternativen, welche die Ziele und den geographischen Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Netzveränderung berücksichtigen, sind zu ermitteln und im Umweltbericht zu beschreiben und zu bewerten.
(2) Der Umweltbericht hat folgende Informationen in einem der vorgeschlagenen Netzveränderung entsprechenden Detaillierungsgrad zu enthalten:
1. Eine Darstellung des Inhalts und der wichtigsten Ziele der vorgeschlagenen Netzveränderung sowie der Beziehung zu anderen relevanten Plänen und Programmen;
2. eine Begründung für die vorgeschlagene Netzveränderung sowie eine Darstellung der erwarteten Nutzen der vorgeschlagenen Netzveränderung;
3. eine Darstellung der intermodalen und netzübergreifenden Alternativenprüfung sowie eine Begründung für die Wahl der geprüften Alternativen und eine Beschreibung, wie die Bewertung der Auswirkungen auf die Umwelt vorgenommen wurde;
4. eine Darstellung der relevanten Aspekte des derzeitigen Umweltzustandes und dessen voraussichtliche Entwicklung bei Nichtdurchführung der vorgeschlagenen Netzveränderung;
5. eine Beschreibung der Umweltmerkmale der Gebiete, die von der vorgeschlagenen Netzveränderung voraussichtlich erheblich beeinflusst werden;
6. eine Darstellung der derzeitigen für die vorgeschlagene Netzveränderung relevanten Umweltprobleme, insbesondere der Probleme, die sich auf schutzwürdige Gebiete des Anhangs 2 UVP-G 2000, Bundesgesetzblatt Nr. 697 aus 1993, beziehen;
7. eine Beschreibung der für die vorgeschlagene Netzveränderung maßgeblichen Umweltschutzziele;
8. eine Beschreibung der voraussichtlich erheblichen Umweltauswirkungen, einschließlich der Auswirkungen auf Aspekte wie die biologische Vielfalt, die Bevölkerung, die Gesundheit des Menschen, Fauna, Flora, Boden, Wasser, Luft, klimatische Faktoren, Sachwerte, das kulturelle Erbe einschließlich der architektonisch wertvollen Bauten und der archäologischen Schätze, die Landschaft und die Wechselbeziehung zwischen den genannten Faktoren, einschließlich sekundärer, kumulativer, synergetischer, kurz-, mittel- und langfristiger, ständiger und vorübergehender, positiver und negativer Auswirkungen;
9. eine Darstellung der geplanten Maßnahmen, mit denen erhebliche negative, mit der Durchführung der vorgeschlagenen Netzveränderung verbundene Umweltauswirkungen verhindert, verringert oder, so weit wie möglich, ausgeglichen werden sollen sowie eine Beschreibung der entsprechenden geplanten Überwachungsmaßnahmen;
10. die Angabe allfälliger Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der erforderlichen Informationen (insbesondere technische Lücken oder fehlende Kenntnisse);
11. eine nichttechnische Zusammenfassung der in Ziffer eins bis 10 angeführten Informationen.
(3) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie kann durch Verordnung nähere Bestimmungen für die Erstellung der Unterlagen für die strategische Prüfung, insbesondere für die des Umweltberichtes, im Einvernehmen mit dem Bundesminister/der Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft festlegen.
Grenzüberschreitende Umweltauswirkungen
Paragraph 7, (1) Wenn eine vorgeschlagene Netzveränderung voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt eines anderen Staates haben könnte oder wenn ein Staat, der von den Auswirkungen der vorgeschlagenen Netzveränderung voraussichtlich erheblich betroffen sein könnte, ein entsprechendes Ersuchen stellt, so hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie diesen Staat spätestens bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Umweltberichtes (Paragraph 8,) von der vorgeschlagenen Netzveränderung zu benachrichtigen. Dem von der vorgeschlagenen Netzveränderung betroffenen Staat ist eine angemessene Frist für die Mitteilung, ob er an der strategischen Prüfung teilnehmen will, einzuräumen.
(2) Teilt der andere Staat mit, an der strategischen Prüfung teilnehmen zu wollen, hat ihm der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie den Planentwurf für die vorgeschlagene Netzveränderung sowie den Umweltbericht zu übermitteln. Dem anderen Staat ist eine angemessene Frist zur Stellungnahme einzuräumen.
(3) Auf Ersuchen des anderen Staates hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Konsultationen über die voraussichtlichen grenzüberschreitenden Auswirkungen, die eine vorgeschlagene Netzveränderung auf die Umwelt haben kann, sowie über geplante Maßnahmen zur Verminderung oder Vermeidung solcher Auswirkungen zu führen. Für die Konsultationen ist ein angemessener Zeitrahmen zu vereinbaren.
(4) Wird im Rahmen einer in einem anderen Staat durchgeführten Umweltprüfung von Plänen und Programmen im Verkehrsbereich der Umweltbericht oder der Entwurf eines Planes oder Programms übermittelt, so hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die Länder, auf welche die Durchführung des Planes oder Programms voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann sowie die in den Ländern lebende Öffentlichkeit und die Umweltstellen gemäß Paragraph 8, einzubeziehen. Der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie hat die eingelangten Stellungnahmen dem anderen Staat zu übermitteln.
(5) Unter Staat im Sinne des Absatz eins bis 4 ist ein an das österreichische Staatsgebiet grenzender Mitgliedstaat der Europäischen Union, beziehungsweise eine Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und im Falle der Gegenseitigkeit auch die Schweizerische Eidgenossenschaft zu verstehen.
(6) Staatsvertragliche Regelungen bleiben unberührt.
Beteiligung
Paragraph 8, (1) Die vorgeschlagene Netzveränderung und der Umweltbericht sind vom Bundesminister/von der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie im Internet auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie zu veröffentlichen. Auf diese Veröffentlichung ist in mindestens zwei Tageszeitungen hinzuweisen, die in dem Gebiet verbreitet sind, das von der vorgeschlagenen Netzveränderung betroffen ist. Die Veröffentlichung hat einen Hinweis darauf zu enthalten, in welcher Form und bei welcher Stelle Stellungnahmen abgegeben werden können. Jedermann hat die Möglichkeit, innerhalb von sechs Wochen ab Veröffentlichung im Internet und dem Tag des Erscheinens beider Tageszeitungen Stellungnahmen abzugeben.
(2) Die Umweltstellen sind in geeigneter Form und zeitgerecht von der Veröffentlichung gemäß Absatz eins, zu informieren. Sie haben die Möglichkeit, innerhalb von sechs Wochen ab Einlangen der Information Stellungnahmen abzugeben.
Information
Paragraph 9, (1) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie hat unverzüglich nach Fertigstellung des Gesetzes- bzw. Verordnungsentwurfes folgende Informationen im Internet auf der Internetseite des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie zu veröffentlichen:
1. den Gesetzentwurf über die Erklärung von Gewässern zur weiteren Wasserstraße bzw. über die Erklärung von Straßenzügen zu Bundesstraßen bzw. den Verordnungsentwurf gemäß Paragraph eins, HlG,
2. eine zusammenfassende Erklärung. Diese besteht aus einer Darstellung;
a) wie die Umwelterwägungen in den Gesetzes- bzw. Verordnungsentwurf einbezogen wurden,
b) wie der Umweltbericht nach Paragraph 6, sowie die Stellungnahmen nach Paragraphen 7 und 8 berücksichtigt wurden,
c) aus welchen Gründen, nach Abwägung der geprüften Alternativen, die Erstellung des Gesetzes- bzw. Verordnungsentwurfes erfolgt ist,
d) der Überwachungsmaßnahmen nach Paragraph 10,, sowie,
e) der Festlegungen für allfällige aus der vorgeschlagenen Netzveränderung resultierenden Projekte.
(2) Im Falle einer grenzüberschreitenden Beteiligung gemäß Paragraph 7, hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie dem konsultierten Staat den Gesetzes- bzw. Verordnungsentwurf in geeigneter Form bekannt zu geben.
Überwachung
Paragraph 10, (1) War eine in einem Bundesgesetz oder in einer auf Grundlage eines Bundesgesetzes erlassenen Verordnung normierte Netzveränderung Gegenstand einer strategischen Prüfung, hat der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die erheblichen Auswirkungen dieser Netzveränderung auf die Umwelt zu überwachen, um unter anderem frühzeitig unvorhergesehene Auswirkungen zu ermitteln und geeignete Abhilfemaßnahmen ergreifen zu können. Die erforderlichen Überwachungsmaßnahmen sind auf der Grundlage der Angaben in der zusammenfassenden Erklärung festzulegen.
(2) Bei der Überwachung sind die Umweltstellen zu beteiligen. Die Beschreibung der durchgeführten Überwachungsmaßnahmen sowie das Ergebnis der Überwachung sind im Internet zu veröffentlichen.
Vollziehung
Paragraph 11, Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister/die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betraut.“
römisch III. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes:
Gemäß Paragraph 40, Absatz eins, UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden in Angelegenheiten nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht. Zur Zuständigkeit des BVwG zur Überprüfung naturschutzrechtlicher Fragen im Verfahren nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 vergleiche die Ausführungen unter Pkt. römisch III.4.5.1.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Bundes-Verfassungsgesetz – B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Zur Zurückverweisung an die belangte Behörde wegen mangelnder Entscheidungsreife vergleiche die Ausführungen unter Pkt. römisch III.4.7.
2. Beschwerdelegitimation:
Die Erst- und Viertbeschwerdeführerin sind mit Bescheiden des (vormaligen) Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) vom 07.12.2013 bzw. 20.6.2005 (Überprüfungsbescheid vom 09.10.2019) anerkannte Umweltorganisationen nach Paragraph 19, Absatz 7, UVP-G 2000. Das Vorhaben soll im Bundesland römisch 40 errichtet werden, welches sich somit im Tätigkeitsbereich dieser Umweltorganisationen befindet. Die in offener Frist eingebrachten Beschwerden sind zulässig.
Die Zweit- und Dritt- sowie die Fünft- bis Achtbeschwerdeführerinnen sind Bürgerinitiativen, die sich in Entsprechung der Vorgaben des Paragraph 19, Absatz 4, UVP-G 2000 (mindestens 200 datierte Unterschriften mit Name, Geburtsdatum, Anschrift, Unterstützung einer konkreten Stellungnahme zum Vorhaben) gebildet haben. Die rechtmäßige Entstehung aller Bürgerinitiativen wurde durch die belangte Behörde bestätigt (Bescheid Sitzung 53). Diese Feststellung wurde nicht weiter bestritten. Die in offener Frist eingebrachten Beschwerden sind zulässig.
Eine nach UVP-G 2000 rechtmäßig zustande gekommene Bürgerinitiative sowie eine nach UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisation hat Parteistellung im UVP-Genehmigungsverfahren und ist berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften, nicht aber sonstige öffentliche Interessen, als subjektives Recht geltend zu machen. Voraussetzung für die Parteistellung der Bürgerinitiative ist, dass sie während der Auflagefrist gemäß Paragraph 9, Absatz 5, UVP-G 2000 eine Stellungnahme abgegeben hat, die von mindestens 200 Personen, die in der Standortgemeinde oder den Nachbargemeinden zum Gemeinderat wahlberechtigt sind, unterstützt wird. Dies ist bei den oben angeführten Beschwerdeführerinnen der Fall.
Bei den übrigen Beschwerdeführerinnen/-führern (es handelt sich um natürliche Personen) kann es im Hinblick auf das Ergebnis des Verfahrens dahingestellt bleiben, ob diese in ihren Rechten verletzt worden sind, da der angefochtene Bescheid aufgrund des Beschwerdevorbringens der Umweltorganisationen und der Bürgerinitiativen zurückzuverweisen war.
3. Feststellungen und Beweiswürdigung:
3.1. Zum Vorliegen und zur Beeinträchtigung eines faktischen Vogelschutzgebietes bis zur Ausweitung im April 2020:
In mehreren Beschwerden wurde vorgebracht, das Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ sei zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht entsprechend den Vorgaben des Unionsrechtes ausgewiesen worden (z.B. Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin, Sitzung 39). Das Gebiet hätte bereits bei der Erlassung der Schutzgebietsverordnung größer ausgewiesen werden müssen und das Brutvorkommen des Triels habe sich seit der Ausweisung nach Norden verlagert (Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin, Sitzung 49), was eine Erweiterung des Schutzgebietes erforderlich mache. Auch habe sich der ornithologische Wissensstand gegenüber dem Zeitpunkt der Gebietsabgrenzung geändert; die Abgrenzung müsse daher dem neuen Sachverhalt angepasst werden. Insgesamt sei von einem faktischen Vogelschutzgebiet auszugehen (z.B. Beschwerde der Fünftbeschwerdeführerin, Sitzung 23); dieses werde durch die Errichtung und den Betrieb der S 8 erheblich beeinträchtigt.
3.1.1. Zum Schutzstatus des Triels
3.1.1.1. Es wird festgestellt, dass der Triel in der Europäischen Union und im Land römisch 40 eine geschützte Vogelart ist und auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten steht.
Dies ergibt sich aus Anhang römisch eins der VSch-RL und aus der Anlage 2 der NÖ Artenschutzverordnung, LGBl. 5500/2-0.
3.1.1.2. Es wird festgestellt, dass der Triel in Österreich und im Gebiet des Schutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ keinen günstigen Erhaltungszustand aufweist.
Dies ergibt sich aus den Ausführungen zur Beweiswürdigung zu Pkt. römisch II.3.1.7.1.
3.1.1.3. Es wird festgestellt, dass der Triel in Österreich noch an zwei verbleibenden Standorten vorkommt: im Steinfeld in der Nähe von Wr. Neustadt und im Gebiet von Markgrafneusiedl, wo sich auch das Schutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ befindet. In den nördlich von Österreich liegenden Staaten Deutschland, Tschechische Republik, Polen ist die Art zwischenzeitlich ausgestorben. In den übrigen mitteleuropäischen Staaten ist ein Rückgang der Bestände zu verzeichnen. Diese Umstände erhöhen die Bedeutung dieses Vorkommens.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (in Bezug auf das Steinfeld z.B. Sitzung 61) und dem Gutachten von Dr. römisch 40 (2005, OZ 189, S 13) getroffen werden und ist unbestritten. Der Rückgang in Ungarn ergibt sich aus der Verhandlungsschrift vom 19.02.2020, OZ 280, Sitzung 84.
3.1.2. Zur Ausweisung des Schutzgebietes ohne die strittigen Flächen
3.1.2.1. Es wird festgestellt, dass die vom Trassenbereich der S 8 betroffene Flur „Zinsäcker“ bis zur Ausweitung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ im April 2020 durch die Novelle NÖ Landesgesetzblatt 33 vom 15.04.2020 nicht als Vogelschutzgebiet ausgewiesen war. Dieser Bereich ist Teil des von BirdLife Österreich ausgewiesenen Important Bird Area „Zentrales Marchfeld“.
Dass der Trassenbereich der S 8 in betroffenen Flur „Zinsäcker“ bis zur Ausweitung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ bis April 2020 nicht als Vogelschutzgebiet ausgewiesen war, ist unstrittig und ergibt sich aus der Verordnung der NÖ Landesregierung vom 29.07.2009, 5500/6-3. Aus dem Gutachten Naturschutz/Teil 2 (Karte Sitzung 17) ergibt sich, dass der vom Trassenbereich der S 8 betroffene Flur „Zinsäcker“ in der Karte des Important Bird Areas von BirdLife aufscheint.
3.1.3. Zur Ausweisung einer fachlich zu geringen Fläche im Jahr 2009
3.1.3.1. Es wird festgestellt, dass im Jahr 2009 vom Land römisch 40 nicht das zum damaligen Zeitpunkt aus fachlicher Sicht geeignetste Gebiet als Vogelschutzgebiet ausgewiesen wurde. Das Europaschutzgebiet wurde mit einer zu geringen Fläche ausgewiesen; dabei wurde auch die Flur „Zinsäcker“ ausgespart. Die nicht ausgewiesenen Teile des Gebiets qualifizierten sich zum damaligen Zeitpunkt anhand der ornithologischen Kriterien, die in Abstimmung mit der Europäischen Kommission etabliert wurden, für sich alleine nicht als eines der zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung im Gutachten von Dr. römisch 40 aus dem Jahr 2005 in Verbindung mit dem Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen, der ergänzenden Stellungnahme der Republik Österreich vom 19.05.2006, der fachlichen Konkretisierung von Dr. römisch 40 aus dem Jahr 2006, aus der Stellungnahme von Dr. römisch 40 und Dr. römisch 40 vom Juni 2008 in Verbindung mit der Aussage von Dr. römisch 40 in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts, aus dem Gutachten/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen in Verbindung mit der Aussage des behördlichen Sachverständigen in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts, den Erläuterungen zur Ausweitung des Europaschutzgebietes im April 2020 sowie aus dem Vorbringen der erstmitbeteiligten Partei und den Karten des Managementkonzepts im Bericht zur Habitatmodellierung getroffen werden.
Zunächst ist auf die Überprüfung des Abgrenzungsvorschlages durch Dr. römisch 40 zu verweisen, der am 06.07.2005 damit vom Amt der römisch 40 Landesregierung beauftragt wurde. Er wurde vor dem Hintergrund des an die Republik Österreich ergangenen Mahnschreibens der Europäischen Kommission ersucht, den Entwurf zu den Abgrenzungen der Vogelschutzgebiete nach der VSch-RL des Landes römisch 40 vom Jänner 2005 auf deren österreichweite Kohärenz zu überprüfen und ergänzende Abgrenzungsvorschläge bzw. Kriterien für die Feinabgrenzung zu erarbeiten (OZ 189, Sitzung 5). Im Mahnschreiben wurden insgesamt in Bezug auf römisch 40 fünf von der Kommission eingemahnte Abgrenzungsvorschläge untersucht. Dazu legte Dr. römisch 40 im Dezember 2005 den Endbericht vor.
In Bezug auf den Vorschlag zum Schutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ im Marchfeld führte er aus, dass das Hauptaugenmerk der Beurteilung entsprechend dem Mahnschreiben bei der Berücksichtigung des Triels liege Sitzung 12). Ein Vergleich zwischen den aktuellen Nachweisgebieten des Triels und der neuen Grenzziehung zeige, dass mehr als die Hälfte der derzeit vom Triel genutzten Flächen zwischen Markgrafneusiedl und Strasshof nicht im neuen Abgrenzungsvorschlag enthalten seien. Ziehe man als Referenz die als geeignet eingestuften Bereiche nach BirdLife (2003) hinzu, so liege der Prozentsatz der nicht berücksichtigten Fläche noch höher Sitzung 14). Weiters wird ausgeführt (OZ 189, Sitzung 15):
„Der Abgrenzungsvorschlag3 entspricht in diesem Bereich keinesfalls den aufgezeigten Defiziten im Mahnschreiben4. Laut Mahnschreiben4 sollen Schutzgebiete nach der Vogelschutzrichtlinie in Verbindung mit Management nicht nur zum puren Erhalt des Status Quo, sondern auch zur Verbesserung der Situation von Vogelpopulationen beitragen. Ein Weglassen von grundsätzlich geeigneten Flächen ist nur bei Vorliegen fachlicher Gründe möglich (Seite 14 Absatz 3, Mahnschreiben4). Die Errichtung zB. von infrastrukturellen Maßnahmen ist laut mehrerer Urteile des Europäischen Gerichtshofes kein solcher fachlicher Grund. Die Grenzziehung ist also so vorzunehmen, dass die Erhaltung dieser Population im gegenständlichen Vogelschutzgebiet soweit wie möglich gesichert werden kann. Das bedeutet, dass Habitatansprüche und artbedingte Eigenheiten in die Grenzziehung einzubeziehen sind.
[…]
Ein Weglassen relevanter Flächen ist nur für den Nahbereich entlang des größeren Waldstückes im Norden gerechtfertigt.
Erforderliche Ergänzungen: In die Abgrenzung sind alle Bereiche einzubeziehen, die als Reviere genutzt werden bzw. wurden (siehe Abb. 5 in römisch 40 & Berg 2005)13 zuzüglich eines ‚Pufferstreifen‘ mit einem Mindestabstand von 400 Metern zu den ermittelten Reviergrenzen (in nördlicher Richtung ab dem Feldweg im Bereich Neurisse und Zinsäcker und östlich ‚Außerer Graben‘ lt. ÖK 50). An der Südgrenze und des südlichen Teils der Ostgrenze des Brutareals (Abb. 5 in römisch 40 & Berg 2005)13 ist dieser Pufferstreifen nicht erforderlich (Beginn zum bebauten Gebiet). Bei Berücksichtigung dieser räumlichen Rahmenbedingungen und Parameter, die den Raumansprüchen des Triels gerecht werden, bestehen die Voraussetzungen um ein längerfristiges Überleben dieser Population zu ermöglichen, vor allem in Verbindung mit Managementmaßnamen (siehe aktuellen Bericht zu den schadenbegrenzenden Maßnahmen zu Gunsten des Triels von R. römisch 40 )9.“
Im Gutachten von Dr. römisch 40 findet sich sodann Sitzung 16) folgender Kartenausschnitt zur erforderlichen Ergänzung (rot) zum Schutz des Triel-Lebensraums mit dem Abgrenzungsvorschlag des Landes (türkis) sowie dem Abgrenzungsvorschlag von BirdLife (grün) und dem Important Bird Area (grau) zwischen Markgrafneusiedl, Deutsch-Wagram und Strasshof.
In der ergänzenden Stellungnahme der Republik Österreich vom 19.05.2006 zum Mahnschreiben der Europäischen Kommission vom 18.10.2004 im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 1999/2115 betreffend die Umsetzung der Richtlinien 79/406/EWG und 92/43/EWG wurde zum Vorschlag der Gebietsabgrenzung ausgeführt (OZ 215):
„Erstens resultiert er aus einer fachlichen Konkretisierung des Abgrenzungsvorschlags von Dr. römisch 40 (Dezember 2005) aufgrund von Daten, die im Zuge eines im Auftrag des Landes römisch 40 im ggst. Gebiet bereits seit 1998 für den Triel durchgeführten Artenschutzprojektes ermittelt wurden. Dieses Artenschutzprojekt wurde unter fachlicher Leitung des Ornithologen Mag. Rainer römisch 40 abgewickelt; auch der ggst. Abgrenzungsvorschlag wurde bezüglich der fachlichen Gesichtspunkte von Herrn Mag. Rainer römisch 40 erstellt.
[…]
Die Prüfung auf Kompatibilität des aus ornithologischen Gesichtspunkten ‚bestgeeigneten‘ Gebietes mit aus der Zeit vor 1995 stammenden rechtsgültigen Bewilligungen ergibt, dass der bereits vor 1995 gegebene Rechtsbestand den Zielen der Sicherung der Lebensraumansprüche des Triels bereichsweise nicht entspricht. (...) Damit sind aufgrund bestehender Verpflichtungen aus der Zeit vor 1995 Lebensraumverhältnisse, die eine Ausweisung als ‚bestgeeignetes‘ Gebiet für den Triel fachlich nicht zulassen, herzustellen. Ein hoheitsrechtlicher Eingriff in diese bestehenden Rechte ist auch im Rahmen der relevanten Rechtsmaterien nicht möglich.
Aus diesem Grund waren daher zumindest größere von derartigen rechtlichen Gegebenheiten betroffene Flächen im unmittelbaren Randbereich des fachlich ‚bestgeeigneten“ Gebietes – diese sind in der beiliegenden Karte zusätzlich pink schraffiert – auszusparen. Die konkret betroffene Fläche mit der Kennzeichnungszahl ‚16‘ ist zudem bereits zu 100% derart rekultiviert sowie darüber hinaus von gehölzbestandenen Flächen umgeben (siehe auch die Tabelle zur Begründung fachlicher Abänderungen), sodass bereits derzeit weder eine Eignung als Brut- noch als Nahrungshabitat gegeben ist. Die Fläche mit der Kennzeichnungsnummer ‚17’ umfasst großteils einen derzeit noch in Abbau befindlichen und Zug um Zug – allerdings ebenfalls nicht ‚trielkonform’ – zu rekultivierenden Bereich.
Die Änderung der Gebietsabgrenzung in Hinblick auf eine Herausnahme der gegenständlichen mit ‚16’ und ‚17’ gekennzeichneten Flächen aus der Gebietskulisse erscheint daher erforderlich.
Somit resultiert der übermittelte Gebietsvorschlag für das Gebiet ‚Sandboden und Praterterrasse’ aus einer Kombination aus in erster Ebene gegebenen ornithologischen und in zweiter Ebene aus der Zeit vor 1995 bestehenden rechtlichen Gegebenheiten.“
Der Stellungnahme war folgende Abbildung beigegeben:
In diesem Zusammenhang wird im Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen (OZ 231) ausgeführt Sitzung 41/42):
„Die Grenzziehung durch das Land römisch 40 orientierte sich am Gutachten von römisch 40 (2005), folgte diesem jedoch nicht vollständig. Daher ist erstens relevant, ob die Abgrenzung von römisch 40 (2005) dem ornithologischen Wissensstand entsprach, und zweitens, ob die Abweichungen von römisch 40 Vorschlag ornithologisch begründet waren.
römisch 40 (2005) stützte seinen Abgrenzungsvorschlag auf die bis dahin vorliegenden Monitoringergebnisse. Dabei war ihm bewusst, dass die in den Berichten abgegrenzten Reviere nicht alle Nachweise von Trielen aus dem betrachteten Gebiet enthielten. Ebenso waren ihm methodische Limitierungen der Brutbestandserhebung bekannt, und er wog die Sachlage hinsichtlich einer möglichen Bedeutung des von ihm als 3. Schlag (im Verfahrensakt als nördlicher Stoß) bezeichneten Bereichs in den Fluren ‚Neurisse’ und ‚Zinsäcker’ als Lebensraum für den Triel sorgfältig ab. Sein Vorschlag nahm sowohl darauf Bezug, dass BirdLife Österreich den gesamten nördlichen Stoß bis zum Wald als geeignetes Habitat eingeschätzt hatte, als auch auf die Tatsache, dass nur wenige konkrete Beobachtungen vorlagen, und auf die wissenschaftliche Literatur zum Einfluss von Waldflächen auf die Habitatwahl des Triels. Dass der (z. B. zur Nahrungssuche) nutzbare Lebensraum näher an Wälder heranreicht und grundsätzlich nicht ausreichend bekannt war, weil Beobachtungen in der Nacht weitgehend fehlten, war römisch 40 bewusst (alles siehe Befundpunkt f). In Abwägung dieser Faktoren definierte römisch 40 (2005) ein Kriterium für die erforderliche Erweiterung des Gebiets, das sich mit der Teilung des nördlichen Stoßes im Verhältnis von ca. 400 m (innerhalb des Gebiets) zu 600 m (außerhalb des Gebiets) an die von ihm zitierten Literaturangaben zur Fluchtdistanz bzw. zur Habitatnutzung anlehnte (g). Es handelt sich daher um ein ornithologisches Kriterium, das auf Grundlage des damaligen Wissensstandes festgelegt wurde. Der Abgrenzungsvorschlag von römisch 40 (2005) basierte auf einer umfassenden Kenntnis und fachkundigen Interpretation der vorliegenden Daten und der damaligen publizierten ornithologischen Fachliteratur.
römisch 40 Abgrenzung wurde im Auftrag des Landes römisch 40 von R. römisch 40 einer ‚fachlichen Konkretisierung’ unterzogen (h). Eine Diskussion der Unterschiede kann unterbleiben, denn entscheidend ist, dass das Land römisch 40 über die fachlichen Adaptierungen von römisch 40 hinaus zwei weitere Gebietsveränderungen vorgenommen und dies mit rechtlichen Gegebenheiten argumentiert hat (h). römisch 40 (2008) stellten dem entsprechend fest, dass der Abgrenzungsvorschlag des Landes römisch 40 aufgrund rechtlicher (und nicht aufgrund fachlicher) Belange von der Detailabgrenzung durch römisch 40 abwich (i). In ihrer Stellungnahme schrieben die Verfasser ausdrücklich, dass das von römisch 40 festgelegte Gebiet das ‚geeignetste Gebiet’ umfasst (i), und auch die Republik Österreich bestätigte, dass dies das nach ornithologischen Gesichtspunkten bestgeeignete Gebiet sei (h). Die Änderungen der Abgrenzung durch das Land römisch 40 , durch die dieses geeignetste Gebiet von 775 ha auf 674 ha (also um ca. 13 %) verkleinert wurde, ist durch die fachliche Konkretisierung von römisch 40 nicht gerechtfertigt.
Entgegen der oben zitieren Aussagen handelte es sich bei der Begründung des Landes römisch 40 jedoch nicht um eine rein rechtliche, sondern um eine gemischt rechtlich-fachliche Argumentation. Der rechtliche Teil besteht darin, dass ein aus der Zeit vor 1995 stammender Rechtsbestand vorliege, in den kein hoheitsrechtlicher Eingriff möglich sei und der die Bescheidinhaber zu einem bestimmten Handeln verpflichte (h). Der fachliche Teil besagt, dass dieser Rechtsbestand den Zielen der Sicherung der Lebensraumansprüche des Triels nicht entspreche und dass für die bereits entsprechend dieses Rechtsbestandes rekultivierte Fläche weder eine Eignung als Brut- noch als Nahrungshabitat für den Triel gegeben sei (h).“
In den Anmerkungen von Dr. römisch 40 und Dr. römisch 40 vom Juni 2008 (OZ 190) wird zu den acht Stellungnahmen zur Änderung der Verordnung über die Europaschutzgebiete Paragraph 14, Europaschutzgebiet Vogelschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ im Bereich Markgrafneusiedl ausgeführt Sitzung 1d/2):
„Der vorliegende Abgrenzungsvorschlag für den verfahrensgegenständlichen Teil des Gebiets ‚Sandboden und Praterterrasse‘ beruht in erster Linie auf einem Abgrenzungsvorschlag von Dr. römisch 40 (Dezember 2005) aufgrund von Daten, die im Zuge eines im Auftrag des Landes römisch 40 im ggst. Gebiet bereits seit 1998 für den Triel durchgeführten Artenschutzprojektes ermittelt wurden. Dieses Artenschutzprojekt wurde unter fachlicher Leitung des Ornithologen Mag. Rainer römisch 40 abgewickelt.
Im Mai 2006 wurde Mag. Rainer römisch 40 vom Land römisch 40 gebeten, auf Basis des Abgrenzungsvorschlages von Dr. römisch 40 , einen detailliert fachlich begründeten Vorschlag zur Abgrenzung des Europaschutzgebietes im Bereich Markgrafneusiedl zu erstellen. Der Vorschlag von römisch 40 umfasste insgesamt 775 ha und somit alle fachlich notwendigen Bereiche, um einen nachhaltigen und langfristigen Trielschutz sicherstellen zu können. Dieser Abgrenzungsvorschlag gewährleistete auch den von Dr. römisch 40 aus fachlicher Sicht für erforderlich erachteten Abstand von mindestens 400 m zwischen der Außengrenze des Gebiets und den Brutrevieren.
Auch die Ergebnisse der letzten beiden Jahre und des heurigen Jahres belegen, dass das von römisch 40 festgelegte Gebiet das ‚geeignetste Gebiet‘ umfasst. Der Abrenzungsvorschlag des Landes römisch 40 weicht allerdings aufgrund rechtlicher (und nicht aufgrund fachlicher) Belange bei zwei Flächen vom Vorschlag römisch 40 ab.“
Abschließend folgt in der Anmerkung von Dr. römisch 40 und Dr. römisch 40 die Schlussfolgerung, es bestehe aus fachlicher Sicht keine Notwendigkeit, die vorgeschlagene Gebietsabgrenzung des Vogelschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ im Bereich Markgrafneusiedl zu verändern Sitzung 4).
Dr. römisch 40 wurde in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts (OZ 280, Sitzung 21/22) durch das Verwaltungsgericht zu seiner oben wiedergegebenen Schlussfolgerung vom Juni 2008 (OZ 190) befragt. Er gab an, dass sich diese Feststellung darauf bezog, dass sein fachlicher Abgrenzungsvorschlag keiner Veränderung bedürfe. Auf Nachfrage bestätigte er, dass damit sein Vorschlag und nicht die davon abweichende Abgrenzung durch das Land römisch 40 gemeint war.
Der behördliche Sachverständige wurde in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts (OZ 280, Sitzung 24 ff) am 19.02.2020 durch das Verwaltungsgericht befragt.
In Bezug auf den Erhaltungszustand des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Pratertrasse“ sowie in Österreich gab er an, er halte sein UVP-Teilgutachten „Tiere und ihre Lebensräume“ aus 2016 im Verfahren der Behörde vom Stand 08.02.2016 in diesem Punkt nicht weiter aufrecht. Denn der zugrundeliegende Sachverhalt, nämlich die Bestandsentwicklung des Triels im VSch-Gebiet und in Österreich, aktualisiert in der roten Liste der Vögel Österreichs, habe sich wesentlich geändert und der Erhaltungszustand sei nun anders zu beurteilen. Er gab an, er schließe sich in diesem Punkt dem gerichtlichen Sachverständigen inhaltlich an. In Bezug auf das faktische Vogelschutzgebiet des gegenständlichen Gebietes gab der behördliche Sachverständige an, es sei nunmehr davon auszugehen, dass ein solches vorliege. Er habe das in seiner Stellungnahme vom 10.01.2019 noch verneint; dies sei aus heutiger Sicht nicht mehr haltbar. Das Gutachten aus 2016 bzw. die Stellungnahme in diesem Punkt werde nicht weiter aufrechterhalten, da sich der zugrundeliegende Sachverhalt, wie in der Mitteilung vom 12.06.2018 aufgezeigt, geändert habe.
In der Erläuterung zur Vergrößerung des Trielschutzgebietes im April 2020 (OZ 287/Beilage), die dem Verwaltungsgericht von der Naturschutzabteilung RU5 der römisch 40 Landesregierung übermittelt wurde, wird ausgeführt, die Erweiterung um 196,71 ha sei wegen der Verschiebung der Reviere des Triels in nordöstlicher Richtung notwendig. Daraus kann geschlossen werden, dass das Trielschutzgebiet bisher zu klein ausgewiesen wurde. In den Erläuterungen bzw. im Begleitschreiben der Landesregierung wird zwar nicht auf das Beschwerdeverfahren beim Verwaltungsgericht zur Bewilligung der S 8 Bezug genommen, jedoch ist davon auszugehen, dass die erweiterte Ausweisung unmittelbar nach der ersten Tagsatzung und des in der Verhandlung diskutierten Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen sowie den Aussagen des behördlichen Sachverständigen und von Dr. römisch 40 – der Leiter der Abteilung Naturschutz der römisch 40 Landesregierung war bei dieser Verhandlung zugegen – in einem direkten Zusammenhang stehen.
Die erstmitbeteiligte Partei bestätigte in der zweiten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts, dass nun die Ausweisung korrekt sei (OZ 383, Sitzung 12).
Weiter ergibt sich aus den Karten des Managementkonzepts, die im Bericht der Habitatmodellierung widergegeben sind (OZ 350, Beilage 1.2 „Habitatmodell zur Beurteilung der Auswirkung der geplanten Schnellstraße S 8 auf den Triel im Bereich Markgrafneusiedl“, Sitzung 82), dass dieser Bereich weiter ein potentieller Lebensraum des Triels ist. Denn diese Flächen sollen durch geeignete Maßnahmen aufgewertet werden.
Insgesamt ergibt sich für das Verwaltungsgericht, dass die Ausweisung des Europaschutzgebietes bis zum April 2020 zu klein erfolgte und zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ein faktisches Vogelschutzgebiet vorlag. Auch wenn in der ersten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts das Bestehen eines faktischen Vogelschutzes von der belangten Behörde, den beiden mitbeteiligten Parteien sowie von der Naturschutzbehörde noch bestritten wurde, so wurde dies durch die Ausweitung der Gebietsausweisung sowie letztlich in der zweiten Tagsatzung außer Streit gestellt.
3.1.4. Gründe für eine geringere Ausweisung waren nicht fachlich begründet
3.1.4.1. Es wird festgestellt, dass die Gründe für diese geringere Ausweisung im Wesentlichen nicht wissenschaftlich begründet waren.
Dies ergibt sich aus der Stellungnahme der Republik Österreich zum Mahnschreiben in der Europäischen Kommission, der Stellungnahme römisch 40 und römisch 40 (2008), dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen, 1. Teil, und den Karten des Managementkonzepts in der Habitatmodellierung.
In der ergänzenden Stellungnahme der Republik Österreich vom 19.05.2006 (OZ 215), zum Mahnschreiben in der Europäischen Kommission vom 18.10.2004 im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 1999/2115 Zl. 99/2115/0005-V/A/8/2006, betreffend die Umsetzung der Richtlinien 79/406/EWG und 92/43/EWG wurde zum Vorschlag der Gebietsabgrenzung ausgeführt (der Wortlaut ist oben unter Pkt. römisch II.3.1.3.1. auszugsweise wiedergegeben), dass der übermittelte Gebietsvorschlag für das Gebiet „Sandboden und Praterterrasse“ aus einer Kombination aus in erster Ebene gegebenen ornithologischen und in zweiter Ebene aus der Zeit vor 1995 bestehenden rechtlichen Gegebenheiten resultiere.
In der Stellungnahme von Dr. römisch 40 und Dr. römisch 40 vom Juni 2008 (OZ 190) wird ausgeführt, dass die Ergebnisse der letzten beiden Jahre und des heurigen Jahres belegen, dass das von römisch 40 festgelegte Gebiet das „geeignetste Gebiet“ umfasse. Der Abgrenzungsvorschlag des Landes weiche allerdings aufgrund rechtlicher (und nicht aufgrund fachlicher) Belange bei zwei Flächen vom Vorschlag römisch 40 ab.
Aus dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen, 1. Teil, (OZ 231), geht hervor, dass in die Abgrenzung des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ durch das Land römisch 40 rechtliche und nicht ornithologische Erwägungen eingeflossen seien; diese seien auch nicht wissenschaftlich begründet und fehlerhaft begründet worden. Dies habe dazu geführt, dass zwei Bereiche (und zwar die Flächen 16 und 17 in der Karte oben unter Pkt. römisch II.3.1.3.1. wiedergegeben) nicht Teil des Europaschutzgebiets wurden. Diese hätten jedoch nach der übereinstimmenden Ansicht von BirdLife Österreich (2003) und römisch 40 (2005), der auch römisch 40 in seiner fachlichen Konkretisierung nicht widersprochen hat, in das Vogelschutzgebiet aufgenommen werden müssen. Diese Bereiche seien darüber hinaus nach übereinstimmender Aussage von römisch 40 & römisch 40 (2008) und der Republik Österreich Teil des nach ornithologischen Gesichtspunkten „geeignetsten Gebiets“ (S.44).
Im Gutachten/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen (OZ 280) wird in Bezug auf die Begründung des Landes römisch 40 zur Gebietsabgrenzung in der Stellungnahme zum Mahnschreiben ausgeführt Sitzung 43/44):
„Was den fachlichen Teil der Argumentation anlangt, zeigt sich, dass die gegenüber der Europäischen Kommission behauptete Nichteignung als Lebensraum (h) den Tatsachen widerspricht. Erstens ist im Naturschutzbescheid nur festgelegt, dass eine 0,5 m dicke Humus-schicht aufgebracht werden soll (j). Über den zulässigen Schotteranteil in dieser Schicht wird darin nichts ausgesagt. Ebenso ist eine Nachnutzung etwa als beweideter Halbtrockenrasen keineswegs ausgeschlossen. Daher ließe sich unter Einhaltung der Bescheidauflage ohne weiteres ein hochwertiger Lebensraum für den Triel herstellen. Aus Berichten, die im Auftrag des Landes römisch 40 erstellt wurden, geht weiters hervor, dass der bereits rekultivierte Bereich in der Flur ‚Turmhöhe“ zumindest bis 2009 Teil eines Triel-Reviers und somit des Kernlebensraums der Art war; eine Nutzung als Nahrungsfläche im Herbst ist zumindest bis zum Jahr 2014 – also so lange Berichte der Gebietsbetreuung vorliegen – nachgewiesen (k). Schließlich wurde bei der Argumentation verkannt, dass Triele bei der Nahrungssuche durchaus nicht auf karge, steinige Flächen angewiesen sind, sondern dafür auch produktivere, landwirtschaftlich genutzte Flächen aufsuchen (Caccamo 2011). Die von der Republik Österreich vorgebrachte Argumentation ist also fachlich nicht haltbar (1).
In seiner Funktion als behördlicher Sachverständiger hat römisch 40 – abweichend von seiner gemeinsam mit römisch 40 verfassten Stellungnahme – die Gebietsabgrenzung durch das Land römisch 40 nachträglich gerechtfertigt (l). Seine Ausführungen beruhten jedoch auf einem Irrtum: Er stellte nämlich fest, dass bei der Abgrenzung der Abstand von mindestens 400 m zwischen der Außengrenze des Gebiets und den Brutrevieren eingehalten worden sei. Die Tatsache, dass die Fläche in der Flur ‚Zinsäcker’ nicht in das Europaschutzgebiet aufgenommen wurde, interpretierte er dahingehend, dass damals die Brutreviere in diesem Bereich über 400 m weiter südlich lagen (l). Das ist nicht der Fall. Weder die Grenze zur Flur ‚Zinsäcker’ noch jene zur Flur ‚Turmhöhe’ hielt den 400 m-Abstand ein; in der Flur Turmhöhe lagen sogar Teile von Revieren außerhalb der Europaschutzgebiets-Grenze (m).
Darüber hinaus berief sich der behördliche Sachverständige zum einen auf die früher intensive Abbaunutzung des gegenständlichen Bereichs (als Grund dafür, den Bereich nicht auszuweisen) und zum anderen darauf, dass eine Änderung dieser Nutzung nicht vorhergesehen wurde (l). Zweiteres zeigt beispielhaft die Problematik auf, die damit verbunden ist, eine Gebietsabgrenzung auf derartige Vorhersagen zu gründen. Es gehört außerdem gar nicht zum Fachgebiet der Ornithologie, Aussagen über das künftige wirtschaftliche Handeln von Personen oder Unternehmen zu treffen. Insofern ist dieses Kriterium kein ornithologisches (1) und daher nicht Gegenstand einer fachlichen Bewertung der Abgrenzung (7).
In die endgültige Abgrenzung des Europaschutzgebiets Sandboden und Praterterrasse durch das Land römisch 40 sind somit nicht-ornithologische (rechtliche) Erwägungen sowie nicht wissenschaftlich begründete und fehlerhafte, somit nur scheinbar ornithologische Kriterien eingeflossen. Diese haben dazu geführt, dass zwei Bereiche (und zwar die Flächen 16 und 17 in der Karte in Befundpunkt h) nicht Teil des Europaschutzgebiets wurden, die nach übereinstimmender Ansicht von BirdLife Österreich (2003) und römisch 40 (2005), der auch römisch 40 in seiner fachlichen Konkretisierung nicht widersprochen hat, in das Vogelschutzgebiet hätten aufgenommen werden müssen. Diese Bereiche waren darüber hinaus nach übereinstimmender Aussage von römisch 40 & römisch 40 (2008) und der Republik Österreich Teil des nach ornithologischen Gesichtspunkten geeignetsten Gebiets.“
3.1.5. Anerkennung der Abgrenzung durch die Europäische Kommission
3.1.5.1. Es wird festgestellt, dass die Europäische Kommission die Abgrenzung des Gebiets in Kenntnis der ins Treffen geführten rechtlichen und fachlichen Argumente als ausreichend anerkannt hat.
Dies ergibt sich – unbestritten – aus den Unterlagen zum Vertragsverletzungsverfahren Nr. 1999/2115 (OZ 215), die dem Verwaltungsgericht vom Bundeskanzleramt übermittelt worden sind.
In der mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 12.12.2006 der Europäischen Kommission zum Vertragsverletzungsverfahren 1999/2115 wurde festgestellt Sitzung 6):
„ römisch 40 :
[…] Die Standarddatenbögen und Karten der fünf BSGs wurden mit Schreiben vom 28. November 2006 übermittelt. Die fachliche Prüfung dieser Informationen bestätigte das Ergebnis, dass die Definition der Grenzen dieser fünf römisch 40 BSGs nunmehr den ornithologischen Kriterien und wissenschaftlichen Informationen, wie von der Richtlinie verlangt, entsprechen.“
3.1.6. Zur Verlagerung der Triel-Brutreviere nach Norden
3.1.6.1. Es wird festgestellt, dass zwischen 2008 und 2019 sich die Brutreviere des Triels nach Norden verlagert haben. Spätestens seit 2017 oder 2018 durchquert die Trasse der S 8 in der Flur „Zinsäcker“ ein Brutrevier des Triels, das bis April 2020 außerhalb des verordneten Vogelschutzgebiets lag.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund des – diesbezüglich unbestrittenen – Berichts des behördlichen Sachverständigen vom 12.06.2018, der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen, Teil 1, sowie aus dem Bericht zur Habitatmodellierung der mitbeteiligten Partei vom 02.09.2020 getroffen werden.
Aus dem Bericht des behördlichen Sachverständigen vom 12.06.2018 (Behördenakt Sitzung 363) geht hervor, dass sich im Jahr 2018 die Situation gegenüber jener, die seinem Gutachten zugrunde lag, geändert hat. Seit 2018 bestand mindestens ein Rufrevier und damit ein Brutrevier des Triels in einem Grundstück auf der Trasse der S 8. Da der Triel nun so nahe an der Trasse brütete, ging der behördliche Sachverständige davon aus, dass die Trasse eine Teilfläche des Brutraums des Triels beanspruchte und daher nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im Vogelschutzgebiet nicht auszuschließen waren.
In der Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin (OZ 157, Sitzung 49) wurde die Vermutung geäußert, dass über die Untersuchungsperiode ein Trend zu verzeichnen sei, dass sich Reviere/Brutplätze nach Norden verschoben und daher näher an die Trasse heranrückten.
Aus dem Gutachten Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen (OZ 231, Sitzung 45) geht hervor, dass die von der Beschwerdeführerin vermutete Verschiebung der Triel-Reviere nach Norden nicht nur ein subjektiver Eindruck sei, sondern einer statistischen Überprüfung standhalte. Auch habe sich die Verteilung der Einzelbeobachtungen statistisch signifikant verschoben, so dass den Fluren „Zinsäcker“ und „Turmhöhe“ mittlerweile sowohl zur Brutzeit als auch im Herbst eine deutlich größere prozentuelle Bedeutung zukomme als in den Jahren unmittelbar nach der Gebietsausweisung. Daraus resultiere eine klare fachliche Einschätzung der Situation in den Jahren 2017 bis 2019: Dass in diesem Zeitraum ein Triel-Revier unmittelbar an der nördlichen Grenze des Europaschutzgebiets lag (2017), deutlich über diese hinausreichte (2018) und schließlich ganz oder überwiegend außerhalb der Abgrenzung lag (2019), sei nicht isoliert zu sehen, sondern Teil und Konsequenz einer langfristigen Entwicklung. Denn eine logische Grundannahme der Wissenschaft der Ökologie bestehe darin, dass Tiere sich nicht zufällig in der Landschaft verteilen, sondern dass ihre Verteilung jener der für sie wesentlichen Ressourcen folge. Von einem naturwissenschaftlichen Standpunkt sei der beschriebene Sachverhalt daher dadurch zu erklären, dass sich der geeignete oder zumindest der am besten geeignete Brutlebensraum für den Triel im Marchfeld nach Norden (und im Zuge dessen teilweise aus dem bestehenden Schutzgebiet hinaus) verlagert habe. Die alternative Erklärung, es handle sich dabei sozusagen um einen „Irrtum der Triele“, die Flächen außerhalb des Europaschutzgebiets aufsuchen, obwohl die geeignetsten Flächen innerhalb lägen, sei unwissenschaftlich. Auch ohne eine genaue Analyse, wie sich die Eignung des Gebiets als Triel-Lebensraum seit der Verordnung des Europaschutzgebiets verändert hat, sei die Schlussfolgerung, dass sich die geeigneten Bereiche verlagert haben, fachlich zwingend.
Die Verteilung der Reviere des Triels und des geeigneten Brutlebensraums im Marchfeld unterscheide sich daher heute signifikant von jener Situation, auf die sich die Abgrenzung des Europaschutzgebiets durch das Land römisch 40 gegründet habe. Dasselbe gelte für die herbstlichen Nahrungsflächen. Das erfordere eine Überprüfung der Gebietsabgrenzung. Da der im Standarddatenbogen des Gebiets angegebene Brutbestand mittlerweile nicht mehr erreicht werde vergleiche dazu die Ausführungen zu römisch II.3.1.8.2), ergebe sich aus fachlicher Sicht die Notwendigkeit, alle Gebietsteile, die zum Erhalt dieses ohnehin schon zu niedrigen Bestandes beitragen (können), in das Schutzgebiet aufzunehmen.
Im angefochtenen Bescheid wird zur Abgrenzung des Schutzgebietes ausgeführt Sitzung 370):
„Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Abgrenzung des Teilgebietes des Vogelschutzgebietsteils bei Markgrafneusiedl für den Triel abgesehen davon, dass sie (wie auch in der Stellungnahme der Konsenswerberin vom 4.10.2018 ausgeführt) anerkannt ist, weil die Kommission ihr nach Annullierung und Neumeldung des Gebiets auf wissenschaftlicher Grundlage ( römisch 40 2003a) in Kenntnis der Rahmenbedingungen (wechselnde Schottergruben als Brutraum) zugestimmt hat, auch fachlich gerechtfertigt ist, weil sie alle bis zur Abgrenzung erfassten Brutreviere mit einem 400m-Puffer rundherum einschließt und somit der wissenschaftlichen Grundlage der Neuausweisung ( römisch 40 2003a,b) genügt, und weil das über diese Umgrenzung hinaus ragende Brutrevier aus 2018 absehbar ein vorübergehender zusätzlicher Brutplatz ist, dessen Wegfall die ökologische Funktionalität des Schutzgebiets als solches nicht gefährdet.“
In der Stellungnahme der mitbeteiligten Partei vom 17.02.2020 (OZ 258, Sitzung 5) wird unter Berufung auf Erhebungsdaten von Dr. römisch 40 die Ansicht vertreten, die vom gerichtlichen Sachverständigen festgestellte vermeintliche Verlagerung der Brutstätten des Triels sei infolge fehlender Detaildaten überzogen und zu revidieren. Zwar sei eine vereinzelte Brutstättenwahl außerhalb des Schutzgebiets zu konstatieren, aber keinesfalls eine signifikante flächige Verschiebung des Lebensraums über eine längere Zeitreihe.
Dieses Vorbringen steht jedoch im Widerspruch zum Gutachten der beiden Fachgutachter der mitbeteiligten Partei, das ebenfalls vom 17.02.2020 datiert. Darin wird unter Berufung auf dieselben Daten des Tenischen Büro römisch 40 festgestellt, es sei fachlich belegt und auch nie bestritten worden, dass sich die Reviere in den letzten Jahren mehr nach Norden verlagert hätten.
Mit Schreiben vom 20.03.2020 der römisch 40 Landesregierung (OZ 287), Naturschutzabteilung RU5, wurde dem Verwaltungsgericht mitgeteilt, dass seitens des Landes eine Änderung der Gebietsgrenzen des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ eingeleitet worden sei. Das erforderliche Begutachtungsverfahren habe am 12.03.2020 begonnen. Gleichzeitig wurden die Übersichtskarte für die vorgesehene Erweiterung des Trielschutzgebiets sowie die Erläuterung zum Entwurf der Verordnungsnovellierung als Anhänge zu dieser Information angeschlossen. In den Erläuterungen wird im allgemeinen Teil unter Punkt 2 zum Ziel des Entwurfs ausgeführt:
„2. Ziel des Entwurfes
Das Vogelschutzgebiet ‚Sandboden und Praterterrasse‘ (AT1213V00) wird um 196,71 ha vergrößert. Betroffen ist das Gebiet der Gemeinde Markgrafneusiedl. Die Erweiterung erfolgt aufgrund einer Verschiebung der Reviere des Triels (Burhinus oedicnemus) in nordöstlicher Richtung. Zur Sicherung der Trielreviere bzw. Brutgebiete wird eine Vergrößerung des Vogelschutzgebietes im Norden und Nordosten des Gebietes vorgenommen. Die Abgrenzung der Erweiterungsfläche erfolgt parzellenscharf.“
Aus der angeschlossenen Übersichtskarte geht hervor, dass nunmehr auch die Flur „Zinsäcker“ in das Europaschutzgebiet einbezogen werden soll.
Mit Schreiben vom 15.04.2020 der römisch 40 Landesregierung (OZ 309), Naturschutzabteilung RU5, wurde das Verwaltungsgericht darüber informiert, dass die in Aussicht gestellte räumliche Erweiterung des für den Triel relevanten Teilgebietes des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ am 14.04.202 beschlossen und mit Landesgesetzblatt 33 aus 2020, kundgemacht worden sei. Aufgrund von im Begutachtungsverfahren eingelangten fachlichen Stellungnahmen sei dieses Gebiet gegenüber dem ursprünglichen Begutachtungsentwurf um weitere zusätzliche Flächen im Bereich der Riede „Turmhöhe“ im SO vergrößert worden. Gleichzeitig wurden die der aktuellen Verordnung angeschlossenen Karten als Beilagen angeschlossen.
3.1.7. Erhebliche Beeinträchtigung des nicht ausgewiesenen Gebietes durch die S 8
3.1.7.1. Es wird festgestellt, dass spätestens seit 2018 die Trasse der S 8 in der Flur „Zinsäcker“ nördlich der Grenze des verordneten Vogelschutzgebiets ein Brutrevier des Triels durchquert. Durch die Errichtung und den Betrieb der S 8 kommt es in der Flur „Zinsäcker“ zu erheblichen Beeinträchtigungen des Triels.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen, nach Einsicht in den Verwaltungsakt sowie den Ausführungen in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts getroffen werden. Dazu ist zunächst auf den Bericht des behördlichen Sachverständigen im Verfahren der Behörde sowie den angefochtenen Bescheid zu verweisen.
Aus dem Bericht des behördlichen Sachverständigen vom 12.06.2018 geht hervor:
„Da der Triel nun so nah an der Trasse brütet, dass davon ausgegangen werden muss, dass die Trasse eine Teilfläche des Brutraums des Triels beansprucht, sind nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im VSch-Gebiet nicht auszuschließen.“
Im Bescheid der belangten Behörde wird festgestellt Sitzung 406):
„Die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels außerhalb des Europaschutzgebietes ‚Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse‘ stellt schon per se keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebiets im Hinblick auf seine Erhaltungsziele dar.“
In der Stellungnahme der erstmitbeteiligten Partei vom 11.12.2019 wird ausgeführt Sitzung 14/15):
„Damit ist im Hinblick auf den Gebietsschutz rechtlich allein relevant, ob durch die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels auf einem Grundstück auf der geplanten Trasse der S 8 Marchfeld Schnellstraße außerhalb des Schutzgebietes eine erhebliche Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes ‚Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse‘ als solches eintritt, was im Hinblick auf die Erhaltungsziele dieses Gebietes zu prüfen ist.“
In der ersten Tagsatzung der mündlichen Verhandlung führte der gerichtliche Sachverständige aus, es stehe für ihn außer Zweifel, dass es zu einer Beeinträchtigung des faktischen Vogelschutzgebiets komme. Auch von der erstmitbeteiligten Partei seien Maßnahmen vorgesehen, was voraussetze, dass eine Beeinträchtigung gegeben sei. Diese Maßnahmen seien zwar momentan als CEF-Maßnahmen vorgesehen, aber sie seien auch schon als mögliche Maßnahmen aus dem Gebietsschutz ins Treffen geführt worden. Die Beeinträchtigung bestehe zum einen darin, dass das in den letzten Jahren genutzte Revier von der S 8 durchquert werde und es damit zu einem unmittelbaren Lebensraumverlust komme, und zum anderen darin, dass es durch Fernwirkungen zu einem weiteren Lebensraumverlust komme, der im Detail noch zu quantifizieren sei. Im bisherigen Verfahren sei davon ausgegangen worden, dass eine dort befindliche Fortpflanzungs- und Ruhestätte verloren gehen würde. Angesichts eines Bestands von momentan maximal zwei Brutpaaren, von denen eines betroffen ist, sei eine erhebliche Beeinträchtigung gegeben, falls der betroffene Bereich als Vogelschutzgebiet zu sehen sei (VHS 20.02.2020, OZ 280, Sitzung 116 f). Auf Nachfrage durch das Gericht ergänzte der gerichtliche Sachverständige seine Beurteilung in Bezug auf die von der zweitmitbeteiligten Partei vorgeschlagenen Maßnahmen zum Ausgleich der Beeinträchtigungen. Auch wenn man diese bei der Beurteilung einbeziehe, könne nicht mit ausreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass eine Beeinträchtigung behoben wird. Bei der Beurteilung der Sicherheit sei auf die Funktion der jeweiligen Fläche abzustellen, die diese momentan habe und ob diese durch eine andere Fläche mit ausreichender Sicherheit übernommen werden kann. Die Fläche sei konkretisiert worden. Der behördliche Sachverständige habe im Behördenverfahren ausgeführt, dass die Fläche in irgendeiner Form vom Triel genutzt werde. Es könne jedoch aus mehreren Gründen nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass diese Fläche vom Triel auch als Brutplatz genutzt werde, auch wenn diese in der beschriebenen Art und Weise hergestellt wird.
Unabhängig davon, ob die Maßnahmen nun wirken oder nicht, liegen sie außerhalb des damaligen faktischen Vogelschutzgebiets. An der Beeinträchtigung eben dieses faktischen Vogelschutzgebiets könnten sie daher selbst dann nichts ändern, wenn ihre Wirksamkeit außer Zweifel stünde.
Der behördliche Sachverständige führte dazu in der ersten Tagsatzung der Verhandlung aus, er habe die Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele auf das Europaschutzgebiet im UVP-Teil-Gutachten „Tiere und ihre Lebensräume“ im Jahr 2016 beschrieben. Diese Ausführungen würden, da zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens ein Flächenverbrauch außerhalb des Schutzgebiets oder Auswirkungen von außen auf den Bestand des Triels die möglichen relevanten Auswirkungen waren, Bezug auf die einzelnen lebensraumbezogenen Erhaltungsziele nehmen, nicht aber explizit auf das zugrundeliegende Erhaltungsziel gemäß NÖ NSchG 2000 Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 9, Er halte sein Gutachten in diesem Punkt nicht mehr aufrecht. Denn es habe sich der zugrundeliegende Sachverhalt, nämlich die Verteilung der Brutplätze des Triels, seit Erstellung des Teil-Gutachtens verändert. Eine Beanspruchung oder eine Beeinträchtigung des Brutplatzes des Triels stehe im Widerspruch zum allgemeinen Ziel der FFH-RL und der VSch-RL bzw. zur Bestimmung des NÖ NSchG 2000 Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 9,, einen günstigen Erhaltungszustand der Arten und Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen. Dies sei auch Inhalt seiner Mitteilung vom 12.06.2018 gewesen, die wie folgt gelautet habe:
„Da der Triel nun so nah an der Trasse brütet, dass davon ausgegangen werden muss, dass die Trasse eine Teilfläche des Brutraums des Triels beansprucht, sind nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im VSch-Gebiet nicht auszuschließen. Dass das festgestellte Brutrevier knapp außerhalb vom VSch-Gebiet liegt, spielt keine Rolle, weil auch Auswirkungen von außen auf in VSch-Gebieten geschützte Arten relevant und auf ihre Erheblichkeit zu prüfen sind. Erneut zu prüfende Auswirkungen sind besonders Flächenverbrauch und Lärm“.
Da aber zu erwarten sei, dass ausgehend vom Ist-Zustand 2018/2019 der Brutraum des Triels, der aktuell mit einem Brutrevier knapp außerhalb und knapp innerhalb des VSch-Gebietes liege, durch das Vorhaben wesentlich beeinträchtigt werde und da das entsprechende Brutpaar des Triels zum Bestand des VSch-Gebiets gehöre, stehe das Vorhaben im Widerspruch mit dem Ziel der Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes nach der VSch-RL. Der behördliche Sachverständige schloss sich sodann dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen an (VHS 20.02.2020, Sitzung 26 f, OZ 280).
Letztlich blieb es im Verfahren unbestritten, dass es zu einer Beeinträchtigung des Triels bzw. von Lebensräumen des Triels im Bereich „Zinsäcker“ kommen wird; die Verfahrensparteien sind dem Gutachten und den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen in diesem Zusammenhang nicht entgegengetreten.
Somit ist auch aus dieser Hinsicht davon auszugehen, dass spätestens seit 2018 die Trasse der S 8 in der Flur „Zinsäcker“ nördlich der Grenze des verordneten Vogelschutzgebiets ein faktisches Vogelschutzgebiet beeinträchtigt.
3.1.8. Die ursprünglich nicht ausgewiesenen Teile des Vogelschutzgebietes gehörten alleine nicht zum Kreis der geeignetsten Gebiete
3.1.8.1. Es wird festgestellt, dass die ursprünglich nicht ausgewiesenen Teile für sich alleine nicht zum Kreis der geeignetsten Gebiete gehörten.
Die Tatsache, dass diese beiden Gebietsteile für sich alleine keine geeignetsten Gebiete sind, blieb im Verfahren unbestritten. Weiters konnte diese Feststellung vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231, Sitzung 47) des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden. In diesem wird ausgeführt:
„- Erstens hat der VwGH (zustimmend?) eine Judikatur des deutschen BVerwG zitiert, wonach nur Lebensräume und Habitate, die für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung in dem betreffenden Mitgliedstaat beitragen, zum Kreis der geeignetsten Gebiete gehören (8).
Die beiden fraglichen Bereiche in den Fluren ‚Zinsäcker‘ und ‚Turmhöhe‘ haben bisher das 10 %-Kriterium, das römisch 40 (2003) für die Ausweisung von Vogelschutzgebieten bei Arten mit einem Bestand von 1–49 Brutpaaren entwickelt hat, weder für den Triel noch für den Brachpieper ‚regelmäßig‘ (wie von römisch 40 2003 gefordert) erreicht. Keiner dieser beiden Bereiche und auch nicht beide gemeinsam qualifizieren sich daher für sich genommen als eines der geeignetsten Gebiete Österreichs für eine der beiden relevanten Arten. Diese Bedeutung bestand (zumindest bisher) stets nur in Verbindung mit dem verordneten Europaschutzgebiet. Umgekehrt hatte aber auch das Europaschutzgebiet ohne den Bereich ‚Zinsäcker‘ diese Bedeutung im Jahr 2019 (einmalig?) nicht.“
Die erstmitbeteiligte Partei führte aus, es könne keine Rede davon sein, dass der VwGH für eine isolierte Betrachtung von Gebietsteilen eintrete (Stellungnahme vom 11.12.2019, Sitzung 8, OZ 206). In diese Richtung wurde auch von der belangten Behörde argumentiert (Stellungnahme des BMVIT vom 11.12.2019, Sitzung 4, OZ 208). Hingegen wurde von der zweitmitbeteiligten Partei diese Auffassung vertreten und die zitierte Aussage sehr wohl als Judikatur des VwGH betrachtet (Stellungnahme vom 11.12.2019, OZ 207, Sitzung 18). Außerdem hat sich die Behörde in ihrer Frage an den behördlichen Sachverständigen und in ihren rechtlichen Erwägungen auf eine Betrachtung der beiden Gebietsteile für sich bezogen (angefochtener Bescheid Sitzung 369/370), und auch der Sachverständige betrachtete das ausgewiesene Gebiet und die nicht ausgewiesenen Gebietsteile gesondert (angefochtener Bescheid Sitzung 369/370).
3.1.8.2. Es wird festgestellt, dass zwischen 2008 und 2019 der Bestand des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ so weit abgenommen hat, dass die im Standarddatenbogen angegebene Bestandsgröße im mehrjährigen Durchschnitt nicht mehr erreicht wurde.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat durch Einsicht in den Akt der Behörde, aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen sowie in der ersten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts getroffen werden.
Mit Stellungnahme vom 12.06.2018 informierte der behördlich bestellte Sachverständige für den Fachbereich Tiere und deren Lebensräume die Behörde über eine wesentliche Änderung des ornithologischen Erkenntnisstandes (Bescheid Sitzung 65).
Der gerichtlich bestellte Sachverständige führte im ersten Teil seines Gutachtens (Gutachten Naturschutz/Teil 1, Sitzung 20 ff) aus, dass sich der wissenschaftliche Erkenntnisstand zwischen dem Jahr 2015 (das ist die letzte im UVP-Teilgutachten Tiere berücksichtigte Brutsaison) und dem Verfassen der Stellungnahme des Behördensachverständigen im Juni 2018 jedoch noch in einer weiteren Hinsicht wesentlich verändert habe. Während nämlich 2014 noch von einer Zunahme des gesamtösterreichischen Triel-Brutbestands um 20 – 30 % ausgegangen worden sei, habe sich in den folgenden Jahren für den Triel ein negativer Trend im Ausmaß von 40 – 50 % ergeben. Aus den Monitoringergebnissen ergibt sich, dass der Brutbestand im Marchfeld mittelfristig abgenommen hat. Dabei handelte es sich nicht nur um kurzfristige, ungerichtete Bestandsschwankungen, sondern um einen anhaltenden, statistisch signifikanten Rückgang. Diese Abnahme führte dazu, dass der im Standarddatenbogen des Gebiets angeführte Brutbestand im Jahr 2016 erstmals seit Ausweisung des Gebiets unterschritten, im Jahr 2018 nur unter Einbeziehung des teilweise außerhalb des Gebiets gelegenen Reviers erreicht und 2019 neuerlich unterschritten wurde. Für den Zeitraum 2013 bis 2019 wurde der Bestand des Standarddatenbogens durchschnittlich nicht mehr erreicht. Überdies ist im Jahr 2017 der Brutbestand im zweiten österreichischen Brutgebiet des Triels, im Europaschutzgebiet Steinfeld, markant eingebrochen. Dieser vom gerichtlich bestellten Sachverständigen in seinem Gutachten aufgezeigten falschen Darstellung des Erhaltungszustands traten die Verfahrensparteien in der Verhandlung am 19.02.2020 nicht entgegen. Mit Bezug auf Österreich hat die erstmitbeteiligte Partei den schlechten Erhaltungszustand jedenfalls bestätigt.
3.1.9. Zwischenresümee faktisches Vogelschutzgebiet bis zur Ausweitung im April 2020
In Bezug auf die Frage, ob bis zur Ausweitung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ bei Markgrafneusiedl ein faktisches Vogelschutzgebiet bestand, sieht es der erkennende Senat als erwiesen an, dass ein solches bis zur Ausweitung im April 2020 bestand. Der behördliche Sachverständige schloss sich in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichtes dem Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen an. Jedoch wurde von den rechtsfreundlichen Vertretern der erstmitbeteiligten Partei die gegenteilige Auffassung vertreten. Auch blieb unbestritten, dass die ursprünglich nicht ausgewiesenen Teile für sich alleine nicht zum Kreis der geeignetsten Gebiete gehörten; die erstmitbeteiligte Partei zog daraus eine andere rechtliche Schlussfolgerung. Schließlich verordnete die römisch 40 Landesregierung im April 2020 kurz nach der ersten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts das strittige Gebiet nördlich des Europaschutzgebietes, in dem die S 8 trassiert ist, als Vogelschutzgebiet und erweiterte so die Ausweisung des BSG. Da nunmehr die strittigen Bereiche nachträglich ausgewiesen wurden, ist davon auszugehen, dass aus Sicht der römisch 40 Landesregierung auch vor dem April 2020 die Kriterien für eine Ausweisung als BSG vorlagen. Einer solchen nachträglichen Ausweisung kommt besondere Beweiskraft zu vergleiche EuGH in der Rs. C-186/06, Rz 31 sowie die Schlussanträge der Generalanwältin in der Rs. C-141/14).
3.2. Zum Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes nach der Ausweitung im April 2020:
3.2.1. Es wird festgestellt, dass ab April 2020 im Bereich der Flur Zinsäcker durch die Ausweitung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ kein faktisches Vogelschutzgebiet mehr besteht.
Dies ergibt sich aus NÖ Landesgesetzblatt Nr. 33 aus 2020,, vom 15.04.2020, mit dem das Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ durch die Verordnung der römisch 40 Landesregierung, u.a. um die Flur „Zinsäcker“vergrößert wurde.
3.2.2. Es wird festgestellt, dass durch die Erweiterung nun das zum gegenwärtigen Zeitpunkt geeignetste Gebiet als Vogelschutzgebiet verordnet ist. Die Trasse der S 8 befindet sich nicht mehr in einem faktischen Vogelschutzgebiet.
Dies ergibt sich aus dem Gutachten Naturschutz/Teil 2 (OZ 280, Sitzung 19/20) des gerichtlichen Sachverständigen, das für den erkennenden Senat nachvollziehbar und begründet ist. In diesem wird ausgeführt, dass aus der Erweiterung eine Schutzgebietsfläche resultiere, die deutlich größer sei als in den beiden fachlichen Vorschlägen, nämlich ca. 960 ha gegenüber 878 ha (Gutachten Dr. römisch 40 , OZ 189) bzw. 775 ha (Gutachten Dr. römisch 40 OZ 190). Von insgesamt 1.812 Triel-Beobachtungen, die zwischen dem 19.04.1994 und dem 23.07.2020 dokumentiert wurden, würden dadurch nun 1.808 (= 99,8 %) innerhalb der Grenzen des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ in seiner aktuellen Form liegen. Da die Erhebungen nicht auf das Schutzgebiet beschränkt waren, sei davon auszugehen, dass tatsächlich eine praktisch vollständige Abdeckung des relevanten Bereichs gegeben sei. Dies zeige sich auch anhand der Reviere des Triels für den Zeitraum 1994 bis 2019. Mit Ausnahme von unbedeutenden „Grenzüberschreitungen“ im Südosten des Gebiets würden sämtliche Reviere zur Gänze innerhalb des Europaschutzgebiets liegen. Damit sei gewährleistet, dass es sich bei der nun vorliegenden Gebietsabgrenzung tatsächlich um das derzeit geeignetste Gebiet für den Triel im Marchfeld handle.
Dies wurde von der erstmitbeteiligten Partei außer Streit gestellt. Sie bestätigte, dass „die Ausweisung jetzt korrekt“ sei. Es bestehe kein Schutzdefizit mehr und auch kein faktisches Vogelschutzgebiet (VHS 13.10.2020 S.12).
Auch der ornithologische Sachverständige der Fünftbeschwerdeführerin bestätigte, dass aufgrund der vorliegenden Daten das Vogelschutzgebiet nun richtig ausgewiesen sei. Die erweiterte Ausweisung hätte jedoch auf der Grundlage zusätzlicher Untersuchungen der tatsächlichen Raumnutzung des Triels erfolgen müssen. So gebe es Beobachtungen des Triels außerhalb des neu ausgewiesenen Schutzgebietes. Dies weise darauf hin, dass es Nahrungsgebiete außerhalb des Gebietes gebe. Eine korrekte Ausweisung hätte diese Nahrungsgebiete miteinbeziehen müssen. Das Land römisch 40 habe nach der ersten mündlichen Verhandlung im Februar „in einem Schnellverfahren“ und anlassbezogen eine Ausweisung verfügt, ohne die tatsächlichen Aufenthaltsgebiete des Triels zu erkunden. Dies sei nur durch telemetrische Untersuchungen möglich; dieser Umstand sei dem Land römisch 40 schon lange bekannt (VHS 13.10.2020 S.12).
Damit wurde das Gutachten Naturschutz/Teil 2 des gerichtlichen Sachverständigen in diesem Punkt insgesamt bestätigt. Zum einen bestätigten die erstmitbeteiligte Partei und der Sachverständige der Fünftbeschwerdeführerin die korrekte Ausweisung (die zweitmitbeteiligte Partei äußerte sich in diesem Zusammenhang nicht). Zum Einwand des Sachverständigen der Fünftbeschwerdeführerin, es müsse auch weiteres Nahrungsgebiet außerhalb des Schutzgebietes berücksichtigt werden, ist auf das Gutachten Naturschutz/Teil 2 des gerichtlichen Sachverständigen zu verweisen. Aus diesem ergibt sich, dass die nunmehrige Ausweisung korrekt nach ornithologischen Kriterien vorgenommen worden ist. Der diesbezügliche Einwand des Sachverständigen der Beschwerdeführerin blieb in diesem Zusammenhang gegenüber den Ausführungen des gerichtlichen Gutachtens ohne gleichwertige Substanz. Die Ausführungen, das Land römisch 40 habe „in einem Schnellverfahren“ anlassbezogen eine Ausweisung verfügt, traten dem Gutachten inhaltlich nicht entgegen. Der Einwand des Sachverständigen der Fünftbeschwerdeführerin, die tatsächlichen Aufenthaltsgebiete des Triels seien nicht erkundet worden, steht somit im Widerspruch dazu, dass nun nahezu alle bekannten Beobachtungen des Triels im Europaschutzgebiet liegen.
3.2.3. Es wird festgestellt, dass der Entwurf zur Verordnung römisch 40 Landesgesetzblatt 33 aus 2020, vom 15.04.2020 zur Stellungnahme aufgelegt wurde.
Dies ergibt sich aus dem Aviso der römisch 40 Landesregierung, Abteilung Naturschutz – RU5, vom 06.03.2020 zur Ausweitung des Schutzgebietes. In diesem wird einerseits ausgeführt, es seien bereits die erforderlichen Gespräche mit den Grundeigentümern angelaufen. Andererseits führt der Vertreter des Zwölftbeschwerdeführers sowie der Dreizehntbeschwerdeführerin aus, „das Land römisch 40 [hat] offensichtlich aufgrund der Initiative der römisch 40 das Natura 2000 Gebiet mit VO massiv erweitert. Diese Erweiterung wurde offensichtlich willkürlich durchgeführt. Im Normalfall geht einer derartigen Verordnung ein ausreichender fachlicher Diskurs voran. Insbesondere ist auch festzuhalten, dass nicht einmal mit dem Grundeigentümern Kontakt aufgenommen wurde, was aber in Österreich in so einem Fall üblich ist.“ Letztlich kann es jedoch dahingestellt bleiben, ob tatsächlich Konsultationen und Informationen der betroffenen Grundstückseigentümer stattgefunden haben, da Konsultationen und Information von Liegenschaftseigentümern rechtlich nicht weiter relevant sind vergleiche dazu näher unter Pkt. römisch II.4.2.3.).
3.2.4. Es wird festgestellt, dass die Erweiterung des Vogelschutzgebiets bisher nicht an die Europäische Kommission gemeldet wurde.
Dies ergibt sich aus der Stellungnahme des Vertreters des Landes römisch 40 , Abteilung Naturschutz – RU5 (VHS 13.10.2020, OZ 383, S.12). Meldungen von Änderungen der Gebietskulisse würden mit der Europäischen Kommission jeweils zum Jahresende im Rahmen von Korrekturen abgewickelt; dies erfolge auch heuer für dieses Gebiet. Der Vertreter der Erstbeschwerdeführerin führte dazu aus, es stelle sich nun die Frage, ob nicht doch noch ein faktisches Vogelschutzgebiet vorliegt. Denn die erweiterte Gebietsausweisung müsse an die Europäischen Kommission gemeldet werden und auf der Gemeinschaftsliste aufscheinen. In diesem Zusammenhang kann es jedoch dahingestellt bleiben, ob die Ausweitung an die Europäische Kommission gemeldet wurde, da dies nicht weiter relevant ist vergleiche dazu näher unter Pkt. römisch II.4.2.3.).
3.3. Zur Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung unter Berücksichtigung der Erhaltungsziele des Europaschutzgebietes:
In den Beschwerden wurde vorgebracht, es sei zu prüfen, ob es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Triel“ komme (Erstbeschwerdeführerin Sitzung 34/35). Es könne auf Basis des von der Behörde ermittelten Sachverhalts eine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgutes nicht ausgeschlossen werden.
Dazu ist zunächst darauf zu verweisen, dass es im behördlichen Verfahren unbestritten war, dass das Vorhaben zu einer Verkleinerung des Kommunikationsraums des Triels innerhalb des Gebiets führt. Hingegen war es umstritten, ob das Ausmaß dieser Verkleinerung korrekt berechnet wurde und diese Verkleinerung erheblich oder nicht erheblich ist.
Darüber hinaus war umstritten, ob der Verlust von Habitaten des Triels außerhalb des damals ausgewiesenen Gebiets bei der Erheblichkeitsbeurteilung berücksichtigt werden musste oder nicht.
Weiters war im Verfahren strittig, ob es sich bei der von der erstmitbeteiligten Partei beantragten und in das Projekt aufgenommenen Maßnahme um eine bei der Beurteilung der Naturverträglichkeit zu berücksichtigende schadensbegrenzende Maßnahme oder um eine Ausgleichsmaßnahme i.S.d. Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL handelt. So brachte die Erstbeschwerdeführerin vor, die Maßnahmen der jüngsten Vorlage der Projektwerberin zum Fachbereich Tiere und deren Lebensräume (04.10.2018) würden neue Ausgleichsflächen für das Schutzgut Triel darstellen, die in keiner Weise (Lage, Eignung Verfügbarkeit) konkretisiert worden seien. Es sei klar, dass diese Ausgleichsflächen eine Genehmigungsvoraussetzung darstellen würden und deshalb einer Konkretisierung bedürften. Von der Fünftbeschwerdeführerin wurde darauf hingewiesen, dass Ausgleichsmaßnahmen unter Artikel 6, Absatz 4, der FFH-RL fallen Sitzung 33 ff).
3.3.1. Beurteilung der erheblichen Auswirkungen auf den Triel durch die Behörde
3.3.1.1. Es wird festgestellt, dass der verfahrensgegenständliche Abschnitt der S 8 nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ in Verbindung steht und auch hierfür nicht notwendig ist.
Dies ist evident und steht im Verfahren außer Streit. In der Verordnung der römisch 40 Landesregierung vom 29.07.2009, LGBl. 5500/6-3, wird unter Paragraph 14, Absatz 3, als Ziel der Verordnung „die Erhaltung oder Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und einer ausreichenden Flächengröße der Lebensräume aller unter Absatz 2, genannten Arten“ (u.a. des Triels) angegeben. Die Errichtung und der Betrieb der S 8 ist in der Verordnung nicht angeführt.
3.3.1.2. Es wird festgestellt, dass die Erheblichkeitsprüfung der Behörde sich in Bezug auf die Betriebsauswirkungen der S 8 in verschiedenen Punkten nicht auf präzise Ergebnisse stützen konnte. Das Gutachten für Tiere war zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Behörde nicht mehr aktuell. Weiters war der Bereich Bioakustik nicht fachlich fundiert.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen in den Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231) des gerichtlichen Sachverständigen sowie zur Bioakustik des gerichtlichen Sachverständigen für Lärm (OZ 192), weiters aus dem von der Behörde eingeholten Gutachten, das vom behördlichen Sachverständigen in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts zurückgezogen wurde, getroffen werden. Zudem konnten diese Feststellungen aufgrund der nachfolgenden Beweiswürdigung unter Pkt. römisch III.3.3.1.3. bis römisch III.3.3.3.12. getroffen werden.
3.3.1.3. Es wird festgestellt, dass die Behörde nur einen Teil der kumulativen Wirkungen der S 8 mit anderen relevanten Vorhaben (Kiesabbau- bzw. Deponievorhaben) berücksichtigte.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231, Sitzung 58) des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden. Demnach beschränkte sich der behördliche Sachverständige in Bezug auf kumulative Wirkungen auf wenige Kiesabbau- bzw. Deponievorhaben. Demgegenüber ist im letzten Jahresbericht der Gebietsbetreuung eine deutlich größere Zahl an relevanten Plänen und Projekten angeführt, insbesondere Aufforstungen, die Errichtung von Windkraftanlagen, die Errichtung und Erweiterung eines Reitstallareals sowie die Errichtung eines Gewerbegebiets. So wurden nach dem Bericht aus dem Jahr 2015 des Betreuers des Europaschutzgebietes ausgeführt (OZ 231, Sitzung 56):
„Im Ostteil des Trielgebietes werden bzw. wurden bereits Teile der verfüllten Schottergruben mit Bäumen bepflanzt, was zu einer Entwertung des östlichsten Teils des Trielgebietes führen wird. Im Jahr 2007 wurde von der Universität für Bodenkultur eine Versuchsfläche mit Koniferen auf einer bereits verfüllten Grube von Herzer im Teilgebiet AO im unmittelbaren Anschluss an eine bereits bestehende Aufforstungsfläche angelegt.
Im September 2000 wurde im Teilgebiet West im südwestlichsten Teil des Gebietes Obere Höhe (OH) eine Windkraftanlage errichtet. Im Jänner 2004 wurden im Teilgebiet Ost im östlichen Randbereich des Gebietes OH die zwei weiteren Windkraftanlagen des Windparks Markgrafneusiedl römisch II errichtet.
(...)
Einige Flächen im Untersuchungsgebiet ‚Triel‘ werden in den nächsten Jahren möglicherweise gravierenden Änderungen unterliegen, da im Nordteil die Marchfeldschnellstraße S8 sowie ein Gewerbegebiet mit einer Größe von bis zu 305 ha und im Ostteil sowohl Aufforstungen als auch eine Erweiterung des Reitstallareals geplant sind. Im Südostteil ist auf rund 110 ha der sogenannte ‚Marchfeldkogel‘ und angrenzend ein Reitsportzentrum geplant.“
Die erstmitbeteiligte Partei ist in diesem Punkt in ihrer Stellungnahme vom 17.02.2020 sehr allgemein entgegengetreten und hat dabei nur auf Abbauvorhaben Bezug genommen, nicht aber auf die von Dr. römisch 40 genannten anderen Vorhaben und Vorhabenstypen (OZ 258, Sitzung 25/26). Außerdem hat sie den Standpunkt vertreten, die „Abstimmung der Auflagen und Vorschreibungen mit jenen bestehender Vorhaben kann aus den oben erwähnten kompetenzrechtlichen Gründen dem naturschutzbehördlichen Verfahren vorbehalten bleiben“ (OZ 258, Sitzung 26). Beides geht jedoch am Thema vorbei, weil das Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten nicht erst nachträglich betrachtet werden kann, wenn entschieden werden muss, ob die vorliegende Trasse verträglich ist.
3.3.1.4. Es wird festgestellt, dass die kumulativen Wirkungen von weiteren verkehrsrelevanten Vorhaben nur teilweise berücksichtigt wurden. Weiters wurden bei der Beurteilung kumulativer Effekte ungeeignete Szenarien verwenden vergleiche dazu unten näher die Ausführungen in Bezug auf die Mangelhaftigkeit der bioakustischen Untersuchung).
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231) des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden. Aus dem Gutachten geht hervor, dass die Rahmenbedingungen für die bioakustische Analyse mangelhaft waren. Denn die fachlich relevante Fragestellung lautete, welche Auswirkungen das Vorhaben im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten auf den Bestand und den Lebensraum des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ haben würde. Die Rahmenbedingungen für die bioakustische Analyse weichen davon wesentlich ab. So wurde beim Vergleich der Wirkung der prognostizierten Gesamtverkehrsbelastung die Umwidmung von Baulandreserven für Industrie- und Gewerbegebiete bis zum Jahr 2025 von 38 ha der S 8 zugeschlagen, die Umwidmung von 60 ha jedoch dem Nullplanfall. Dies Vorgangsweise führte dazu, dass die kumulative Wirkung der prognostizierten Gesamtverkehrsbelastung für das Jahr 2025 nicht mit dem Ist-Zustand verglichen wurde. Stattdessen diente ein Szenario, das für sich betrachtet bereits eine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzguts annimmt, als Vergleich. Denn erstens müssten dafür auch bereits abgeschlossene Pläne und Projekte (z.B. Widmungen) berücksichtigt werden, die sich auf die Verkehrsstärken auf den relevanten Straßenabschnitten auswirken. Dabei kann es notwendig sein, sogar aus der Zeit vor dem EU-Beitritt datierende Vorhaben in die Analyse einzubeziehen. Umgekehrt sollten noch nicht eingereichte Pläne und Projekte nicht berücksichtigt werden. Ein Splitting in der gewählten Form, bei dem ein Großteil der erwarteten Vorhaben einem hypothetischen Ist-Zustand und nur der kleinere Teil der kumulativen Betrachtung des untersuchten Straßenbauprojekts zugerechnet wird, steht damit nicht im Einklang. Entweder haben die genannten Betriebsgebiete einen Status (z. B. als Plan oder Teil eines Plans), der ihre Berücksichtigung erforderlich macht; in diesem Fall sind sie im vollen Umfang kumulativ mit der S 8 zu betrachten. Oder sie sollten gemäß den Standards der Europäischen Kommission noch nicht berücksichtigt werden; dann sollten sie natürlich in keinem der beiden Planfälle enthalten sein (OZ 231, Sitzung 96).
Weiters ergibt sich aus dem Gutachten von Dr. römisch 40 aus dem Jahr 2009 (OZ 194):
„Da unser Erheblichkeits-Kriterium auf einem relativen Vergleich der Kommunikationsflächen mit und ohne S8 beruht, haben unterschiedliche Annahmen zur Hörphysiologie keinen Einfluss auf die Schlussfolgerungen. Dagegen hat es großen Einfluss welchen Vergleichszeitpunkt man heranzieht, da unabhängig vom geplanten S8-Bau es zu einer erheblichen Verschlechterung der Kommunikationsbedingungen im Zeitraum 2008 bis 2025 kommt. Bei einem Vergleich mit dem Bestand 2008 sind daher auch alle Schallschutzmaßnahmen bei Bau der S8 nicht ausreichend, um eine erhebliche Verschlechterung der Kommunikationsbedingungen zu verhindern.“
Insgesamt zeigt sich eine unvollständige Berücksichtigung kumulativer Effekte. Denn die Prüfung von erheblichen Auswirkungen eines Vorhabens, in der das Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten nicht ausreichend untersucht wurde, ist nicht vollständig. Dies wurde im Verfahren von den Parteien nicht substantiiert bestritten vergleiche dazu die obigen Ausführungen zu OZ 258, Sitzung 25/26).
3.3.1.5. Es wird festgestellt, dass das UVP-Teilgutachten „Tiere und ihre Lebensräume“ bei der Bescheiderlassung nicht mehr aktuell war.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des behördlichen Sachverständigen getroffen werden. Dazu ist zunächst auf den Hinweis des Sachverständigen der Behörde an die Behörde vom 14.06.2018 zu verweisen. Er wies die Behörde darauf hin, dass er eine Aktualisierung seiner Prüfung für notwendig halte. Nach mehreren Triel-Beobachtungen im Frühling 2018 durch den Sachverständigen übermittelte er an die Behörde folgenden Hinweis (UVP-Bescheid, Sitzung 363):
„Im Befund zum Vorhaben S 8 Marchfeld Schnellstraße 2015 wurde daher festgestellt, dass vom Vorhaben keine Grundbeanspruchung von Brutgebiet oder geeigneten Brutflächen des Triels zu erwarten ist, und es wurden Fernwirkungen ins Vogelschutzgebiet hinein unter besonderer Berücksichtigung von Lärmimmissionen, besonders von nächtlichem Dauerlärm, behandelt. Im Jahr 2018 hat sich diese Situation geändert.
Somit besteht 2018 mindestens ein Rufrevier und damit ein Brutrevier des Triels in einem Grundstück auf der Trasse der S 8 Marchfeld Schnellstraße.
Damit hat sich der Sachverhalt, der dem Teilgutachten Tiere und deren Lebensräume zur S 8 Marchfeld Schnellstraße zugrunde liegt, geändert: Da der Triel nun so nah an der Trasse brütet, dass davon ausgegangen werden muss, dass die Trasse eine Teilfläche des Brutraums des Triels beansprucht, sind nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im Vogelschutzgebiet nicht auszuschließen. Dass das festgestellte Brutrevier knapp außerhalb vom Vogelschutzgebiet liegt, spielt keine Rolle, weil auch Auswirkungen von außen auf in Vogelschutzgebieten geschützte Arten relevant und auf ihre Erheblichkeit zu prüfen sind. Erneut zu prüfende Auswirkungen sind besonders Flächenverbrauch und Lärm.“
Die belangte Behörde holte jedoch nach diesem Hinweis des behördlichen Sachverständigen seine diesbezügliche Fachmeinung zu den von ihm genannten Auswirkungen nicht ein, obwohl dies fachlich notwendig gewesen wäre vergleiche dazu unten). Denn aus der oben wiedergegebenen Mitteilung des behördlichen Sachverständigen an die Behörde ergibt sich, dass er in Bezug auf die Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im Vogelschutzgebiet sein Gutachten nicht erst in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts, sondern bereits am 12.06.2018 zurückgezogen hat. Die Behörde konnte damit ihrem Bescheid nicht mehr ein gültiges Gutachten zugrunde legen.
3.3.1.6. Es wird festgestellt, dass das UVP-Teilgutachten Tiere auf einer unklaren Verkehrsprognose aufbaute.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231) des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden. In diesem wird auf das UVP-Teilgutachten Tiere der Behörde verwiesen. Demnach ging der behördliche Sachverständige davon aus, dass die tatsächliche Verkehrsstärke und Lärmbelastung von den Prognosen abweichen können und dass möglicherweise zusätzliche (nicht konkretisierte) Maßnahmen erforderlich sein würden. Er hielt in seinem UVP-Teilgutachten Tiere unter anderem folgende Maßnahmen für notwendig Sitzung 116/117):
„Die benötigten Querschnittszählungen des Verkehrs im Bereich des Trielbrutgebietes sind in Maßnahme 1.13 festgelegt. Für das Trielmonitoring sind jedenfalls Querschnittszählungen an der L6 auf Höhe des Trielbrutgebietes (zwischen Parbasdorf und Markgrafneusiedl) und an der L11 auf Höhe des Trielbrutgebietes (südlich der ASt Markgrafneusiedl) heranzuziehen. Die Ergebnisse der Zählungen sind auszuwerten, zu interpretieren und mit den Prognosen des Einreichprojektes zu vergleichen. Bei Abweichungen von der Prognose ist die Berechnung des Kommunikationsraums des Triels wie für die Einreichunterlagen (UVE, Einlagen 3-10.1 und WU5) vorzunehmen. Jeweils bis zum Jahresende ist der Naturschutzbehörde ein entsprechender Bericht vorzulegen, der auch eine auf den für das Untersuchungsjahr ermittelten Daten beruhende Prognose für die folgenden 5 Jahre zu enthalten hat. Bei einer festgestellten oder prognostizierten Verkleinerung des Kommunikationsraums um mehr als das in den Einreichunterlagen prognostizierte Ausmaß von 3,4 % sind Maßnahmen zu treffen.“
Der behördliche Sachverständige für den Fachbereich Tiere folgte damit der Ansicht des behördlichen Sachverständigen für Verkehr und Verkehrssicherheit. Der behördliche Sachverständige für Verkehr und Verkehrssicherheit charakterisierte die Verkehrsprognosen jedoch als Schätzungen mit ungewissem Konfidenzbereich und erachtete ein Monitoring für notwendig. Im UVP-Teilgutachten Verkehr stellte der behördliche Sachverständige fest Sitzung 10/11):
„Die Abschätzung der zukünftigen Verkehrsnachfrage erfolgt mit Hilfe eines Verkehrsmodells, dessen Ergebnisse eine Schätzung darstellen und naturgemäß einer Streuung unterliegen. Damit die reale Verkehrsnachfrageentwicklung die der UVP zu Grunde liegenden Ergebnisse nicht überschreitet, erfolgt ein Vergleich der tatsächlichen gegenüber der prognostizierten verkehrlichen Nachfrageentwicklung, auf dessen Basis die Verträglichkeit der Auswirkungen ermittelt wurde. Durch ein vorgesehenes Monitoring der tatsächlich eintretenden Verkehrsnachfrage und ein Vergleich mit der der UVP zu Grunde liegenden prognostizierten Verkehrsnachfrage wird die Einhaltung der Umweltverträglichkeit in der Realität für den Zeitraum des Monitorings sichergestellt. […] Gegebenenfalls sind kompensatorische Maßnahmen (z.B. verkehrsberuhigende Maßnahmen) einzuleiten.“
Wenn aber ein solches Risikomanagement erforderlich ist, dann sind die darauf aufbauenden Feststellungen über die Auswirkungen offensichtlich nicht endgültig. Überdies wurden die nach Ansicht des behördlichen Sachverständigen für Naturschutz erforderlichen Maßnahmen nicht weiter spezifiziert, so dass auch dadurch nicht nachvollziehbar gewährleistet ist, dass der Kommunikationsraum des Triels nicht über das genannte Maß hinaus verkleinert wird.
3.3.1.7. Es wird festgestellt, dass die bioakustische Analyse in der UVE sowie im Behördenverfahren nicht den einschlägigen fachlichen Standards entsprach und in mehreren Aspekten mangelhaft ist.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung im Gutachten des gerichtlich Sachverständigen für Lärm (OZ 192) getroffen werden. Demnach waren die schalltechnischen Methoden in der vorliegenden Form nicht dazu geeignet, um Grundlagen für eine präzise bioakustische Analyse zu liefern. Mit diesem Gutachten wird der UVE-Fachbeitrag zur „Überprüfung der Projektauswirkungen auf Natura 2000-Gebiete“ (Einlage 3 – 10.1) bewertet, der für die geplante S 8 die Grundlagen zur bioakustischen Untersuchung zur Kommunikation des Triels beschreibt. Demnach ist diese in mehreren Aspekten mangelhaft. So entsprächen die gewählten schalltechnischen Methoden zur bioakustischen Analyse in mehreren Punkten keinem etablierten Stand der Technik Sitzung 2 ff). In Bezug auf die Messung der Rufe des Triels wurde ausgeführt:
„Ausbreitung der Vogelrufe
Die Schallausbreitung der Vogelrufe erfolgte anhand der Norm ÖNORM ISO 9613-2 [5]. Dieses Regelwerk beschreibt einen Stand der Technik zur Berechnung der Dämpfung von Schall bei der Ausbreitung im Freien. Damit können die Pegel von verschiedenen Arten von Schallquellen an entfernten Orten prognostiziert werden, wobei darin explizit energieäquivalente A-bewertete Dauerschalldruckpegel von Quellen bekannter Schallemission unter meteorologischen Bedingungen, die die Ausbreitung begünstigen, bezeichnet sind. Es eignet sich damit insbesondere zur Prognose von Lärmindizes von Verkehrsgeräuschen sowie Beurteilungspegel für Industrie, Gewerbe und Baulärm. Die Berechnung der Dämpfung erfolgt für einzelne Oktavbänder. Es werden ausschließlich ausbreitungsgünstige Schallausbreitungsverhältnisse berücksichtigt. Selbst wenn die internationale Norm zur Berechnung von Langzeitpegeln auch eine meteorlogische Korrektur vorsieht, welche ausschließlich geringere Immissionspegel ergibt, wird diese im nationalen Vorwort zur ÖNORM ISO 9613-2 nicht zugelassen. Damit erfolgt eine Prognose von belästigenden oder gesundheitsgefährdenden Schallimmissionen im Sinne der betroffenen Anrainer.
[…]
Zusammengefasst eignen sich die angewandten Methoden für die Prognose der Schallausbreitung um einen Lärmindex oder Beurteilungspegel für standardisierte Bedingungen zu ermitteln. In Österreich werden für die Prognose im Sinne der Anrainer auch immer schallausbreitungsgünstige meteorologische Situationen unterstellt. Werden dieselben Methoden jedoch angewandt um einen konkreten Schallpegel für ein Signal-Rausch-Verhältnis zu ermitteln, so sind die Limitationen des Verfahrens in einer genauen Unsicherheitsbetrachtung zu berücksichtigen. Während man für Anrainer auch höhere, tatsächlich oft durchschnittlich nicht eintretende Immissionen, annehmen darf, so kann dies nicht im gleichen Maße für die Rufe des Vogels gelten. In diesem Falle müsste wohl gerade eine umgekehrte Betrachtung für nicht schallausbreitungsgünstige Verhältnisse erfolgen, wollte man weitere Unsicherheitsbetrachtungen vermeiden.“
Der gerichtliche Sachverständigen für Lärm kam sodann zusammenfassend zum Ergebnis, es gäbe eine Vielzahl an aufklärungsbedürftigen Aspekten, die im Gutachten wie folgt festgehalten wurden Sitzung 7 f):
„Die gewählten schalltechnischen Methoden zur bioakustischen Analyse entsprechen keinem etablierten Stand der Technik. […] Die Vielzahl an aufklärungsbedürftigen Aspekten wird im Folgenden nur zusammengefasst.
Die Messung der Emissionsschallpegel von Trielrufen unterliegt Unsicherheiten, welche mit den dargestellten Unterlagen nicht abschätzbar sind. So sind die bestimmten schalltechnischen Größen und deren Messmethoden nicht klar definiert. Das Vorliegen von geeichten und kalibrierten Geräten ist nicht ersichtlich. Die Angaben zur Messung des Verkehrslärmspektrums erlauben keine Abschätzung zur Präzision der Ergebnisse. Die Darstellung eines beispielhaften Berechnungsvorgangs zur Bestimmung des Signal-Rausch Verhältnisses ist nicht schlüssig. Bei der Prognose der Schalldruckpegel der Trielrufe kommt eine Methode zur Verwendung, welche sich insbesondere zur Prognose von belästigenden Immissionen durch die Ermittlung von Lärmindizes eignet. Dabei werden standardisierte Bedingungen für die Emission als auch Transmission festgelegt, da sich auch die Dosis-Wirkungsbeziehungen und etwaige Grenzwerte auf standardisierte Bedingungen beziehen (zB durch Definition des Lnight oder Lden). In Österreich werden für die Prognose ausschließlich schallausbreitungsgünstige meteorologische Verhältnisse festgelegt. Während dies für Beurteilung von Belästigung im Sinne der Anrainer angenommen werden darf, kann dies nicht im gleichen Ausmaß für die Rufe der Vögel gelten. Hierfür wären auch Situationen zu berücksichtigen, bei der die Rufe des Vogels durch meteorologische Bedingungen stärker gedämpft werden, als für die Standardsituation zur Ermittlung von Anrainerimmissionen. Während die Methode für die Darstellung von Lärmindizes zur Quantifizierung von Belästigung und Gesundheitsgefährdung keiner zusätzlichen Unsicherheitsbetrachtung bedarf, so ist diese für die Fragestellung der Hörbarkeit von Vogelrufen jedoch von Bedeutung. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine Berücksichtigung der Unsicherheiten und Aufklärung der im Befund dargestellten Mängel jedenfalls andere Ergebnisse der bioakustischen Analyse ergibt. Unsicherheiten wirken sich sowohl bei der Bestimmung des Verkehrslärms, als auch jener der Vogelrufe aus. Möglicherweise liegen die Pegel durch die Verkehrsgeräusche im überwiegenden Teil des zu untersuchenden Gebietes derart niedrig, dass die Betrachtung eines Signal-Rauschverhältnisses keiner wesentlichen Variation unterliegt. Umgekehrt kann aber ein geringere[r] Emissionspegel der Vogelrufe und eine weitaus stärkere Dämpfung in der Atmosphäre auch gänzlich ungünstigere Ergebnisse zur Bioakustik und damit weit höhere Implikationen auf das Schutzgut ergeben.
Mit den vorliegenden Beschreibungen zur Methode und dem damit präsentierten Datenmaterial ist aber keine genauere Beurteilung möglich. Damit kann zusammengefasst werden, dass die angewandten schalltechnischen Methoden in der vorliegenden Form nicht dazu geeignet sind, um Grundlagen für eine präzise bioakustische Analyse zu liefern.“
Weiters ergibt sich aus dem Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231) des gerichtlichen Sachverständigen, dass die bioakustische Untersuchung in ihrer Letztfassung weder dem Stand der Technik noch dem Stand der Wissenschaft entspreche (unter Hinweis auf die Ausführungen auf das Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen für Lärm, OZ 192). Sie enthalte große Unsicherheitsfaktoren und erlaube keine präzise Beurteilung der Auswirkungen des Betriebs der S 8 auf das Vorkommen des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“.
Weiters ist auf die obigen Feststellungen und beweiswürdigenden Ausführungen im Zusammenhang mit der mangelhaften Berücksichtigung kumulativer Effekte zu verweisen.
Ein weiterer Mangel im Behördenverfahren ergibt sich in Bezug auf die Bioakustik aus der fehlenden Aktualität der Daten. So ist bei der bioakustischen Untersuchung selbst zwischen der ursprünglichen Studie (von Dr. römisch 40 im Jahr 2009) und der Ergänzung durch die erstmitbeteiligte Partei zu unterscheiden. Die Untersuchung von Dr. römisch 40 entspricht nicht nur dem Stand der Wissenschaft, sondern hat diesen zum damaligen Zeitpunkt mit definiert. Die Ergänzung durch die erstmitbeteiligte Partei, in die Dr. römisch 40 offenbar nicht mehr eingebunden war, entspricht jedoch, was die verwendeten Tonaufnahmen und deren Analyse anlangt, nicht dem Stand der Wissenschaft. (OZ 213, Sitzung 97 f). Die Problematik war der erstmitbeteiligten Partei grundsätzlich durchaus bewusst, wenn auch der Hinweis darauf sehr zurückhaltend ausgefallen ist (so ihre Stellungnahme vom 14.11.2017 im Verfahren der Behörde, Sitzung 3 f). Offenbar konnte jedoch keine adäquate Lösung gefunden werden. Im Unterschied zur Untersuchung von Dr. römisch 40 im Jahr 2009 wurden die ergänzenden Berechnungen der erstmitbeteiligten Partei auf das gesamte Europaschutzgebiet bezogen (Stellungnahme vom 14.11.2017 im Verfahren der Behörde, Sitzung 7). Zwar ist das als zusätzlicher Indikator für das potenzielle Habitat sinnvoll, aber in erster Linie hätten das aktuell konkret genutzte Brutgebiet und das aktuell geeignete Habitat berücksichtigt werden müssen. Eine Erheblichkeitsprüfung muss sich nämlich auf aktuelle Daten zu den geschützten Arten stützen. Da sich der geeignete Lebensraum und die beobachteten Reviere des Triels aktuell im nördlichen Teil des Europaschutzgebiets und außerhalb desselben konzentrieren, wo der Lärmeinfluss durch die S 8 am höchsten ist, wurde durch die gewählte Vorgangsweise die tatsächliche Beeinträchtigung unterschätzt. Damit wurde auch die Chance vergeben, die zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aktuelle Untersuchung von Dr. römisch 40 auf den neuesten Stand zu bringen.
In der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts vom 19. und 20.02.2020, hat der gerichtliche Sachverständige ausgeführt (Verhandlungsschrift OZ 280, Sitzung 67), dass die Ergänzung der bioakustischen Untersuchung durch die erstmitbeteiligte Partei einen Modellierungsfehler aufweise, durch den der Einfluss der S 8 auf den Kommunikationsraum des Triels erheblich unterschätzt werde. Das sei ein weiterer Grund, warum die vorliegende bioakustische Untersuchung für die Eingriffsbewertung ungeeignet sei. Die erstmitbeteiligte Partei ist diesen Ausführungen nicht entgegengetreten.
Erschwerend kommt hinzu, dass die für die schalltechnischen Prognosen verwendeten Verkehrsstärken nach Aussage des behördlichen Sachverständigen für den Fachbereich Verkehr und Verkehrssicherheit eine Schätzung darstellen, für die aber kein Konfidenzintervall angegeben werden kann (außer, dass es deutlich größer ist als +/- 17 bis 24 %). Nach Ansicht des behördlichen Sachverständigen sind die Prognoseunsicherheiten bei der Interpretation der Verkehrsmodellabschätzungen zu beachten (UVP-Teilgutachten Verkehr Sitzung 26). Das fügt den vom gerichtlich bestellten Sachverständigen für Lärm in seinem Gutachten festgestellten Unsicherheitsquellen eine weitere hinzu.
Auch der Rechtsvertreter der erstmitbeteiligten Partei kam in der ersten Tagsatzung der Verhandlung zum Schluss, dass die bioakustische Untersuchung des Projektes mangelhaft ist (VHS 19.02.2020, OZ 280, Sitzung 63 ff), weil die Validität der Messdaten der Modelle so unsicher ist, da bestimmte Normerfordernisse nicht erfüllt sind. Da es einen fundamentalen Fehler in den Daten gäbe, sei hier von einem „Wurzelmangel“ im Bereich der Bioakustik auszugehen. Er beantragte in der Folge die Erhebung der „lärmtechnischen Fundamentaldaten“ durch das Gericht. Mit diesem Antrag ist letztlich davon auszugehen, dass die erstmitbeteiligte Partei in der ersten Tagsatzung den UVE-Fachbeitrag in der Einlage 3 – 10.1 zur „Überprüfung der Projektauswirkungen auf Natura 2000-Gebiete“ für die geplante S 8 zurückzog. Schließlich wurde mit der Eingabe der erstmitbeteiligten Partei vom 04.03.2020 (OZ 273) das beantrage Vorhaben in straßenbau- und lärmschutztechnischer Hinsicht abgeändert, um dadurch die Lärmimmissionen auf den Triel zu vermindern.
Im Verfahren durch die Behörde wurden die Auswirkungen auf das bis zum April 2020 ausgewiesene Vogelschutzgebiet nicht ausreichend geprüft.
Insgesamt ist in Bezug auf die bioakustische Untersuchung der eingereichten UVE und der diesbezüglichen Ermittlungen der Behörde festzuhalten, dass angesichts der aufgezeigten Mängel in den verwendeten verkehrsplanerischen und schalltechnischen Grundlagen, in der bioakustischen Analyse sowie in der Modellierung das Verfahren der Behörde grob mangelhaft war. Aus der vorliegenden Untersuchung können keine zur Bewertung des Vorhabens dienlichen Schlussfolgerungen gezogen werden, außer dass die tatsächliche negative Auswirkung auf den Bestand und den Lebensraum des Triels, die das Vorhaben im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten verursacht, höchstwahrscheinlich deutlich über sämtlichen errechneten Werten liegt.
In der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichtes stand es letztlich außer Streit, dass die bioakustische Beurteilung der erstmitbeteiligten Partei nicht als Grundlage für eine Auswirkungsbetrachtung des Vorhabens auf den Triel verwendet werden kann. Die erstmitbeteiligte Partei beantragte in der Verhandlung, das diesbezügliche Dokument binnen einer Frist von einem Monat überarbeiten zu können und zur neuerlichen Beurteilung vorzulegen. Damit ist jedoch davon auszugehen, dass die erstmitbeteiligte Partei als Mitantragstellerin ein zentrales Dokument der UVE zur ornithologische Beurteilung zurückgezogen hat.
3.3.1.8. Es wird festgestellt, dass der Erhaltungszustand des Triels (Erhaltungsgrad) im Europaschutzgebiet so ungünstig ist, dass eine Bagatellschwelle zur Beeinträchtigung nicht gerechtfertigt werden kann.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231) des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden. Dazu ist zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid hinzuweisen. In diesem wird ausgeführt Sitzung 102):
„Anhand einer Modellierung der Auswirkungen des Straßenlärms mittels einer bioakustischen Studie wird Verkleinerung des Kommunikationsraums im Brutgebiet des Triels im Schotterabbaugebiet bei Markgrafneusiedl um 3,8 % gegenüber dem Zustand ohne Projekt errechnet. Diese Auswirkung wird als nicht erheblich eingestuft.“
Weiters wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt Sitzung 401):
„Auch nach den ergänzenden Berechnungen durch die Projektwerberin hielt der Sachverständige in der Stellungnahme vom 21. Dezember 2017 seine fachgutachterliche Bewertung aufrecht ‚Die vorhabeninduzierte prognostizierte Verkleinerung des Aktionsraumes des Triels im Vogelschutzgebiet bleibt demnach auch für eine theoretische Betrachtung des Gesamtgebiets und für laute und leise Ruftypen tagsüber und in der Nacht und im Flug und am Boden bei weitem überwiegend deutlich unter 10%, für die maßgebenden Fälle unter 5%. Die entsprechenden Schlussfolgerungen aus dem Teilgutachten 5 Tiere und deren Lebensräume bleiben daher aufrecht.‘“
In diesem Zusammenhang wird im Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen ausgeführt (OZ 231, Sitzung 65 – 66):
„Der behördliche Sachverständige hat sich jedoch ohne nähere Begründung auf seine gutachterliche Beurteilung berufen (a), und auch römisch 40 (2009) leitete seinen Schwellenwert nicht nachvollziehbar ab, sondern stellte sogar fest, es sei nicht bekannt, wie groß die Störung sein muss, um einen erheblichen Einfluss festzustellen (b). Diesbezüglich haben römisch 40 et al. (2016) ausgeführt, dass die Beurteilung der Erheblichkeit nicht willkürlich entschieden werden kann, sondern auf fachlichen Standards aufbauen sollte (2).
Während also keine Begründung für die Annahme gegeben wurde, dass ein bestimmter Verlust an Kommunikationsraum nicht erheblich sei, gibt es Gründe, die im gegenständlichen Fall für eine sehr restriktive Handhabung sprechen:
- Der Erhaltungszustand des Triels in Österreich sowie der Erhaltungszustand (Erhaltungsgrad) des Triels im Europaschutzgebiet sind nicht günstig, ungeachtet der Einstufung im Standarddatenbogen. Erstens ist die Definition des günstigen Erhaltungszustandes gemäß der FFH-Richtlinie (c) mit jener der Gefährdungskategorie ‚vom Aussterben bedroht‘ gemäß der österreichischen Roten Listen (d) logisch unvereinbar. Für eine Art, die mit 50 %iger Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten 10 Jahre aussterben wird, ist die Annahme nicht gerechtfertigt, dass sie langfristig weiterhin ein lebensfähiges Element ihres Lebensraumes bilden wird. Zweitens haben römisch 40 (2010) den günstigen Erhaltungszustand für den Triel in den einzigen beiden Europaschutzgebieten mit Vorkommen der Art auf Grundlage fachlicher Erwägungen konkretisiert (e), und weder die aktuelle Bestandsgröße noch der aktuelle Bestandstrend in Österreich oder im Gebiet Sandboden und Praterterrasse entsprechen diesem fachlichen Kriterium (siehe Gutachtensfrage 2.1.). Schließlich wurde in den letzten Jahren der im Standarddatenbogen für das Gebiet Sandboden und Praterterrasse angegebene Bestand durchschnittlich nicht mehr erreicht (siehe Gutachtensfrage 2.1.). Daher muss der Erhaltungszustand (Erhaltungsgrad) des Triels im Gebiet Sandboden und Praterterrasse von der offensichtlich falschen offiziellen Einstufung in Stufe ‚B‘ auf die niedrigste Stufe ‚C‘ korrigiert werden. Für den Fall eines solchen ungünstigen Erhaltungsgrads im Gebiet sehen römisch 40 et al. (2016) jegliche Beeinträchtigung als erheblich an.
- Wie ich in Beantwortung der Gutachtensfrage 3.1. gezeigt habe, ist das ausgewiesene Vogelschutzgebiet zumindest um 13 % kleiner als das nach ornithologischen Kriterien geeignetste Gebiet. Unabhängig von der Frage, ob es sich bei den nicht ausgewiesenen Teilen um ein faktisches Vogelschutzgebiet handelt oder nicht, ist der Lebensraum des Triels von der Ausweisung unvollständig erfasst.
- In diesem ohnehin schon ungenügenden Lebensraum wurden die fachlich für notwendig erachteten Maßnahmen zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes bis zum Jahr 2020 zwar definiert (e), aber dem besten Gebietskenner sind keine darauf aufbauenden Umsetzungsmaßnahmen bekannt (f). Seit 2015 werden gemäß dem Wissensstand des besten Gebietskenners weder ein Monitoring noch die laufende Sicherung von Brutplätzen finanziert (f). Ich empfehle dem Gericht, vom Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung RU5, genaue Informationen zu diesem Punkt einzuholen.
- Die Beeinträchtigung ist prinzipiell unbegrenzt wirksam, und es besteht keine Möglichkeit für eine Regeneration. Vielmehr werden die akustischen Verhältnisse im Gebiet dauerhaft verändert, was ebenfalls erschwerend wirkt (2).
Zusammenfassend ist also festzustellen, dass der Triel in Österreich vom Aussterben bedroht ist und im Gebiet Sandboden und Praterterrasse keinen günstigen Erhaltungszustand aufweist. Das Gebiet wurde aus fachlicher Sicht zu klein ausgewiesen, die notwendigen Maßnahmen zur Verbesserung des Lebensraumangebots wurden wahrscheinlich nicht gesetzt, und vor einigen Jahren wurde wahrscheinlich das Management des Gebiets eingestellt. Diese Faktoren haben dazu beigetragen, dass die Habitatverfügbarkeit für den Triel für die Sicherung des im Standarddatenbogen angegebenen Bestands offenbar nicht mehr ausreicht. Vor diesem Hintergrund ist es gegenwärtig fachlich undenkbar, auch noch eine Schwelle festzulegen, unterhalb derer eine weitere, nicht reversible Veränderung einer maßgeblichen Lebensraumeigenschaft als nicht erheblich angesehen werden könnte. Jede Beeinträchtigung des Lebensraums des Triels in diesem Schutzgebiet und seinem für den Triel relevanten Umfeld ist mit den Erhaltungszielen des Europaschutzgebiets Sandboden und Praterterrasse unvereinbar.“
Der behördliche Sachverständige bestätigte die Ansicht des gerichtlichen Sachverständigen in der ersten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts (OZ 280, VHS Sitzung 27):
„VR: Gut. Die Frage zwei mit der Bagatellschwelle, auf das müssen Sie noch eingehen.
römisch 40 : Die Bagatellschwelle habe ich nicht als schriftliche Frage.
VR: Also die Frage 2 war ein mögliches nicht erhebliches Maß der Beeinträchtigung des Lebensraum Triels.
römisch 40 : Bei der Beantwortung dieser Frage gehe ich nun nicht auf die Bioakustik ein, die ist schon sehr ausführlich beantwortet worden, weil sie meiner Meinung nach sofort überlagert wird durch die räumliche Änderung der Verteilung der Brutplätze im VSch-Gebiet knapp außerhalb. Auf Deutsch: es ist auch schon egal. Ich halte mein GA aus 2016 in diesen Punkt nicht aufrecht, weil sich der zugrundeliegende Sachverhalt, nämlich die Verteilung der Brutplätze des Triels seit Erstellung des Teil-GA in den von vorher beanspruchten Bereich verlagert hat. Eine Beanspruchung oder eine Beeinträchtigung eines Brutplatzes wäre als erheblich zu bewerten, weil das Brutpaar naturgemäß dem Bestand im VSch-Gebiet zuzurechnen ist. Das ist mein Punkt. [...]“
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist die erstmitbeteiligte Partei dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen in dieser Hinsicht nur insofern entgegengetreten, als nicht der Erhaltungszustand der Art, sondern der Erhaltungsgrad ihrer Habitatselemente im Gebiet relevant sei und dieser Erhaltungsgrad günstig sei (VHS zur zweite Tagsatzung, OZ 384, Sitzung 14). Die übrigen Verfahrensparteien äußerten sich dazu nicht.
Im Gutachten des Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei wird in diesem Zusammenhang ausgeführt (Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, Beilage zu OZ 381, Sitzung 2):
„(4) Die für Naturschutz zuständige Behörde hat den Erhaltungsgrad des Gebiets jedoch niemals von ‚B,gut‘ auf ‚C,schlecht‘ herabgestuft. Das Vogelschutzgebiet ist bezüglich des Schutzguts Triel seit seiner Ausweisung in einem guten Zustand (B).“
Die erstmitbeteiligte Partei hat jedoch eingeräumt, dass eine Verbesserung des Erhaltungsgrads um eine Stufe (und nicht nur ein Bewahren des gegenwärtigen Erhaltungsgrades) erforderlich ist (Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, Beilage zu OZ 381, Sitzung 3):
„Aufgrund des sehr schlechten Erhaltungszustands des Triel[s] in Österreich hat das Vogelschutzgebiet Sandboden-Praterterrasse als eines von zwei für den Triel ausgewiesenen Schutzgebieten in Österreich einen besonderen Beitrag zur Kohärenz zu tragen, was bedeutet, dass der Erhaltungsgrad B in einem gewissen Zeitrahmen in einen Erhaltungsgrad A übergehen muss.“
Insbesondere hat die erstmitbeteiligte Partei keine konkrete Schwelle genannt, bis zu der sie einen Verlust an Habitat für den Triel als nicht erheblich einstufen würde, und hat keine fachliche Argumentation vorgelegt, mit der eine solche Schwelle untermauert werden könnte. Da es im Verfahren unbestritten blieb, dass eine Verbesserung des Erhaltungsgrads notwendig ist, hat die erstmitbeteiligte Partei keinem einzigen der fachlichen Kriterien, die der gerichtliche Sachverständige gegen die Möglichkeit einer Bagatellschwelle angeführt hat, widersprochen. Denn das durch die Diskussion um den Erhaltungsgrad angegriffene fachliche Kriterium besteht darin, dass eine Reduktion des Habitats nicht unerheblich sein kann, wenn das Erhaltungsziel in einer Vergrößerung des Habitats besteht. Dabei kann es letztlich dahingestellt bleiben, ob man den verbesserungsbedürftigen Erhaltungsgrad als „günstig“ oder „ungünstig“ bezeichnet bzw. ob die Verbesserung von Stufe C auf B (so der gerichtlich bestellte Sachverständige) oder von B auf A (so die Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei römisch 40 ) erfolgen muss.
3.3.1.9. Insgesamt wird festgestellt, dass der aktuelle Erhaltungszustand des Triel-Bestandes durch die Behörde falsch beurteilt wurde.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231) des gerichtlichen Sachverständigen, nach Einsicht in den Akt der Behörde sowie aus den Ausführungen in der Verhandlung zur ersten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts getroffen werden.
Mit Stellungnahme vom 12.06.2018 informierte der behördlich bestellte Sachverständige für den Fachbereich Tiere und deren Lebensräume die Behörde von einer wesentlichen Änderung des ornithologischen Erkenntnisstandes (Bescheid Sitzung 65).
Die Behörde fragte den Sachverständigen, ob eine Verschlechterung des Erhaltungszustands durch das Projekt zu erwarten sei (UVP-Bescheid, Sitzung 372, Frage e), fragte aber nicht danach, ob der Erhaltungszustand immer noch günstig sei bzw. ob die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes durch das Projekt verhindert oder erschwert werde. Die Behörde stellte sodann fest, dass „damit auch weiterhin ein günstiger Erhaltungszustand iSv Paragraph 9, Absatz 4, NÖ NSchG 2000 im Gebiet gegeben“ sei (UVP-Bescheid, Sitzung 405, zweiter Absatz, letzter Satz), ohne sich zu dieser Tatsachenfeststellung auf ein Gutachten des behördlichen Sachverständigen stützen zu können. Der behördliche Sachverständige hat sodann in der ersten Tagsatzung des Verwaltungsgerichtes ausgeführt (VHS 19/20.02.2020, OZ 280, Sitzung 25): „Ich erhalte mein GA aus 2016 in diesem Punkt nicht aufrecht, weil sich der zugrundeliegende Sachverhalt, nämlich die Bestandsentwicklung des Triels im VSch-Gebiet und in Österreich, aktualisiert in der roten Liste der Vögel Österreichs (Dworak et al 2017), wesentlich geändert hat und daher der Erhaltungszustand anders zu beurteilen ist.“
Der gerichtlich bestellte Sachverständige führte im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231, Sitzung 20 ff) aus, dass sich der wissenschaftliche Erkenntnisstand zwischen dem Jahr 2015 (der letzten im UVP-Teilgutachten Tiere berücksichtigten Brutsaison) und dem Verfassen der Stellungnahme des Behördensachverständigen im Juni 2018 wesentlich verändert habe. Während nämlich 2014 noch von einer Zunahme des gesamtösterreichischen Triel-Brutbestands um 20 – 30 % ausgegangen worden sei, habe sich für den Triel ein negativer Trend im Ausmaß von 40 – 50 % ergeben. Aus den Monitoringergebnissen ergibt sich, dass der Brutbestand im Marchfeld mittelfristig abgenommen hat. Dabei handelte es sich nicht nur um kurzfristige, ungerichtete Bestandsschwankungen, sondern um einen anhaltenden, statistisch signifikanten Rückgang. Diese Abnahme führte dazu, dass der im Standarddatenbogen des Gebiets angeführte Brutbestand im Jahr 2016 erstmals seit Ausweisung des Gebiets unterschritten, im Jahr 2018 nur unter Einbeziehung des teilweise außerhalb des Gebiets gelegenen Reviers erreicht und 2019 neuerlich unterschritten wurde. Für den Zeitraum 2013 bis 2019 wurde der Bestand des Standarddatenbogens durchschnittlich nicht mehr erreicht. Überdies ist im Jahr 2017 der Brutbestand im zweiten österreichischen Brutgebiet des Triels, im Europaschutzgebiet Steinfeld, markant eingebrochen. Dieser vom gerichtlich bestellten Sachverständigen in seinem Gutachten aufgezeigten falschen Darstellung des Erhaltungszustandes traten die Verfahrensparteien in der Verhandlung am 19.02.2020 nicht entgegen.
Die erstmitbeteiligte Partei hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch selbst eingeräumt, dass der Erhaltungszustand des Triels in Österreich „sehr schlecht“ sei (OZ 381, Beilage zum Schriftsatz vom 12.10.2020, Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, Sitzung 3)
Für den erkennenden Senat steht fest, dass der Erhaltungszustand des Triels in Österreich und im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ schlecht ist. Diese für die Beurteilung des Eingriffs relevante Tatsache wurde von der belangten Behörde verkannt.
3.3.2. Beurteilung der Erheblichkeit des Eingriffs in ein außerhalb des Europaschutzgebiets gelegenes Habitat des Triels
3.3.2.1. Es wird festgestellt, dass das Brutpaar des Triels, dessen Revier außerhalb des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ von der geplanten Trasse der S 8 durchquert wird, zum Bestand des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ gehört.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231) des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden.
Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Zuordnung des Brutpaars zum Gebietsbestand fachlich unbestritten ist.
Der behördliche Sachverständige führte in seiner Stellungnahme vom 12.06.2018 aus (angefochtener Bescheid, Sitzung 363):
„Da der Triel nun so nah an der Trasse brütet, dass davon ausgegangen werden muss, dass die Trasse eine Teilfläche des Brutraums des Triels beansprucht, sind nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im Vogelschutzgebiet nicht auszuschließen. Dass das festgestellte Brutrevier knapp außerhalb vom Vogelschutzgebiet liegt, spielt keine Rolle, weil auch Auswirkungen von außen auf in Vogelschutzgebieten geschützte Arten relevant und auf ihre Erheblichkeit zu prüfen sind. Erneut zu prüfende Auswirkungen sind besonders Flächenverbrauch und Lärm.“
Diese vom behördlichen Sachverständigen geforderte neuerliche Prüfung der Auswirkungen – besonders Flächenverbrauch und Lärm – wurde von der belangten Behörde nicht in Auftrag gegeben.
Die erstmitbeteiligte Partei führte in ihrer Stellungnahme vom 04.10.2018 an die Behörde aus Sitzung 7):
„Gemäß Artikel 6, der FFH Richtlinie sind jene Maßnahmen innerhalb und außerhalb eines Natura 2000 Gebiets zu prüfen, die auf die Schutzgüter innerhalb des Natura 2000 Gebiets erhebliche Wirkungen haben könnten.
Das gem. Meldung des UVP-SV in der Saison 2018 knapp außerhalb des Europaschutzgebietes festgestellte Brutrevier des Triels ist aus fachwissenschaftlicher Sicht zum Bestand der Population des Europaschutzgebietes zu zählen. Der UVP-SV meint, dass damit eine gebietsschutzrechtliche Prüfung erforderlich sei.“
Im Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen wird dazu ausgeführt (OZ 231, Sitzung 52/53):
„In seiner ersten Stellungnahme zum gegenständlichen Brutrevier des Triels hat der behördliche Sachverständige – entsprechend seines damaligen Kenntnisstandes – von einem knapp außerhalb des Vogelschutzgebiets gelegenen Revier gesprochen (a). Die gesamten im UVP-Bescheid dokumentierten Beobachtungsdaten lassen jedoch erkennen, dass sowohl die Beobachtungen aus dem Zeitraum der Revierbesetzung (Anfang April bis Anfang Mai) als auch jene aus der Brutphase (Anfang Mai bis Anfang Juni) teilweise innerhalb, teilweise außerhalb des Vogelschutzgebiets lagen (b). Dabei erfolgten mehr Registrierungen innerhalb als außerhalb des Gebiets (b). Der sichere Brutnachweis erfolgte ebenfalls innerhalb des Vogelschutzgebiets, und zwar durch die Beobachtung von Jungvögeln, die noch von den Altvögeln geführt wurden (b). Die genaue Lage des Brutplatzes ist nicht bekannt; er könnte innerhalb oder außerhalb des Gebiets gelegen sein. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Brutplatz nahe des Jungvogel-Nachweises (also innerhalb des Gebiets) lag, am größten. Das gegenständliche Revier des Triels lag daher keineswegs eindeutig ganz oder auch nur überwiegend außerhalb des Europaschutzgebiets, sondern muss aufgrund der vorliegenden Daten überwiegend dem Vogelschutzgebiet zugerechnet werden.
Auch unabhängig von der konkreten Abgrenzung des Aktionsraums, die durch die vorliegenden Beobachtungen ja nur näherungsweise repräsentiert wird, gehört das Brutpaar aus naturschutzfachlicher Sicht jedenfalls zum Bestand des Gebiets. Das Vorkommensgebiet des Triels im Marchfeld (einschließlich der bisher bekanntgewordenen Nahrungsflächen und Sammelplätze) reicht zwar über das verordnete Europaschutzgebiet hinaus, setzt sich aber danach nicht weiter fort. Das gegenständliche Brutrevier kann nicht fachlich sinnvoll einer anderen Gruppe von Triel-Brutpaaren zugeordnet werden, weil der nächste solche Bestand erst südlich der Donau zu finden ist. Insofern ist es fachlich nicht argumentierbar, das gegenständliche Randrevier vom Gebietsbestand abzutrennen, nur weil die Gebietsgrenze durch den Aktionsraum des Paares verläuft. Gerade beim Triel als einer außerhalb der Brutzeit geselligen Art, die herbstliche Sammelplätze aufsucht, besteht nicht nur eine räumliche, sondern auch eine biologische Verbindung zum restlichen Bestand. Wie ich unter der Gutachtensfrage 2.1. ausgeführt habe, liegt außerdem der Gebietsbestand seit 2013 sogar unter Einbeziehung dieses Paares im Mittel unter der im Standarddatenbogen angegebenen Größe. Auch dies spricht dagegen, das Paar vom Bestand des Vogelschutzgebiets abzutrennen. Im Jahr 2019 verschärfte sich die Situation schließlich so, dass ein Brutpaar außerhalb des Schutzgebiets den gesamten sicheren Brutbestand darstellte (Dragonetti 2019) und damit vom ‚Gebietsbestand‘ erst recht nicht zu trennen war, sondern diesen im wesentlichen ausmachte.“
Die Zuordnung des Brutpaars zum Gebietsbestand ist insgesamt fachlich unbestritten geblieben.
3.3.2.2. Es wird festgestellt, dass der Triel selbst Schutzgegenstand des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ ist und der Schutz nicht nur die Habitate des Triels umfasst.
Dazu wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt Sitzung 404):
„Der Gebietsschutz hat das jeweilige Gebiet in seiner Eigenschaft als natürlicher Lebensraum und – anders als der Artenschutz – nicht die Tierart zum Schutzgegenstand. Die damit rechtlich allein relevante Frage einer erheblichen Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes ‚Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse‘ als solches unter Berücksichtigung seiner Erhaltungsziele durch die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels auf einem Grundstück auf der geplanten Trasse der S 8 Marchfeld Schnellstraße außerhalb des Schutzgebietes ist im Folgenden zu prüfen. “
Die erstmitbeteiligte Partei führte in ihrer Stellungnahme an die Behörde vom 11.12.2019 aus (OZ 206, Sitzung 14/15):
„Der Gebietsschutz hat demnach das jeweilige Gebiet in seiner Eigenschaft als natürlicher Lebensraum und – anders als der Artenschutz – nicht die Tierart zum Schutzgegenstand. Damit ist im Hinblick auf den Gebietsschutz rechtlich allein relevant, ob durch die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels auf einem Grundstück auf der geplanten Trasse der S 8 Marchfeld Schnellstraße außerhalb des Schutzgebietes eine erhebliche Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes ‘Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse’ als solches eintritt, was im Hinblick auf die Erhaltungsziele dieses Gebietes zu prüfen ist.“
Weiter führte die erstmitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme vom 17.02.2020 an das Verwaltungsgericht aus (OZ 258, Sitzung 18):
„Der Gebietsschutz hat das jeweilige Gebiet in seiner Eigenschaft als natürlicher Lebensraum und – anders als der Artenschutz – nicht die Tierart zum Schutzgegenstand. Damit ist die rechtlich allein relevante Frage jene, ob durch die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels auf einem Grundstück auf der geplanten Trasse der S 8 außerhalb des Schutzgebietes eine erhebliche Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes ‚Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse‘ als solches unter Berücksichtigung seiner Erhaltungsziele erfolgt.“
Aus der ausdrücklichen Regelung der Verordnung über die NÖ Europaschutzgebiete Paragraph 14, Absatz 2, erster Spiegelstrich, in der Fassung LGBl. 5500/6-5, ergibt sich jedoch, dass der Triel selbst Schutzgegenstand ist.
Somit widerspricht die im Verfahren wiederholt vertretene Auffassung der belangten Behörde und der erstmitbeteiligten Partei, wonach der Triel selbst nicht Schutzgegenstand des Gebietsschutzes sei, den einschlägigen Rechtsgrundlagen.
3.3.2.3. Es wird festgestellt, dass die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands für den Triel im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ ein Erhaltungsziel des Gebiets ist.
Im Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen wird dazu schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt (OZ 231, Sitzung 53):
Die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der in einem Europaschutzgebiet vorkommenden Vogelarten des Anhangs römisch eins der Vogelschutzrichtlinie ist eines der primären Erhaltungsziele jedes römisch 40 Europaschutzgebiets (g). Angesichts des aktuell ungünstigen Erhaltungszustandes (siehe Frage 4.2.) ist im Zuge einer Naturverträglichkeitsprüfung besondere Sorgfalt geboten. Insbesondere ist darauf Bedacht zu nehmen, die Wiederherstellung des günstigen Erhaltungszustandes keinesfalls zu erschweren oder gar zu verhindern.“
In der ersten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts bestätigte dies auch der behördliche Sachverständige und führte dazu aus (VHS OZ 280, Sitzung 26):
„ römisch 40 : Die Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele für das ESG sind im UVP-Teil-GA 5 ‚Tiere und ihre Lebensräume‘ aus 2016 beschrieben. Diese Ausführungen nehmen, da zum Zeitpunkt der Erstellung des GA Flächenverbrauch außerhalb des Schutzgebiets oder Auswirkungen von außen auf den Bestand des Triels im Innschutzgebiet, die relevanten als mögliche erachteten Auswirkungen waren, Bezug auf die im Managementplan angeführten einzelnen lebensraumbezogenen Erhaltungsziele, nicht aber explizit auf das zugrundeliegende Erhaltungsziel gemäß NÖ-Naturschutzgesetz Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 9, Ich beantworte die Frage wie folgt: Ich halte mein GA aus 2016 in diesem Punkt nicht aufrecht, weil sich der zugrundeliegende Sachverhalt, nämlich die Verteilung der Brutplätze des Triels seit Erstellung des Teil-GA in den vom Vorhaben beanspruchten Bereich verlagert hat und daher das dem zugrundeliegenden Erhaltungsziel gemäß NÖ-Naturschutzgesetz Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 9, angesprochen ist.“
In der Stellungnahme der erstmitbeteiligten Partei vom 11.12.2019 wird ausgeführt (OZ 206, Sitzung 3/4):
Der SV Dr. römisch 40 hat daher zurecht die Frage der ‚Prüfung auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Europaschutzgebiets (NVP)‘ aufgeworfen (die allerdings im Verfahren nach Auffassung der mitbeteiligten Partei ausreichend behandelt und dahin beantwortet wurde, dass die Erhaltungsziele des Schutzgebietes nicht erheblich beeinträchtigt werden).
Die von ihm ebenfalls gestellte ‚Frage nach dem aktuellen Erhaltungszustand des Triels (im Europaschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse bzw. in Österreich)‘ ist allerdings in dieser Form nicht von entscheidender Bedeutung für die Beurteilung des Vorhabens: Sowohl Artikel 4, VSchRL als auch Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL beziehen die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten bzw die Prüfung der Auswirkungen auf das für den Triel eingerichtete Gebiet, nicht auf den ‚Erhaltungszustand des Triels‘ selbst.“
In diesem Zusammenhang führte der naturschutzfachliche Sachverständige der erstmitbeteiligten Partei in der zweiten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts aus (VHS OZ 383, Sitzung 14):
„ römisch 40 : Bei der Frage der Erheblichkeitsbewertung und dem Einbezug von allfälligen Maßnahmen wird laufend ein falscher Parameter herangezogen und das ist der Erhaltungszustand der Art in Österreich. Auch vom SV römisch 40 wurde in diesem Zusammenhang Erhaltungszustand und Erhaltungsgrad vermischt und das Regime und die Aufgabe des Schutzgebietsnetzwerks verkannt. Die Rolle des Schutzgebiets ist, den Erhaltungszustand der Art auf nationaler Ebene zu erhalten oder wiederherzustellen. Die Prüfung ist, ob das Vorhaben auf das Gebiet als solches, in dem Fall auf die Habitate, eine erhebliche Beeinträchtigung hat oder nicht.“
Zu der von der erstmitbeteiligten Partei vorgebrachten Ansicht, wonach der Erhaltungszustand des Triels kein Erhaltungsziel und für die Prüfung auf Verträglichkeit nicht maßgeblich sei, ist darauf zu verweisen, dass dies dem NÖ NSchG 2000 widerspricht. Insbesondere normiert Paragraph 10, Absatz 3, NÖ NSchG 2000 ausdrücklich die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der wildlebenden Tierarten in einem Gebiet als bei der Naturverträglichkeitsprüfung zu berücksichtigendes Erhaltungsziel. Die in Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 8, wiedergegebene Definition des Erhaltungszustands stellt auf Verbreitung und Größe der Populationen geschützter Arten ab, nicht nur darauf, ob ausreichend Habitat vorhanden ist. Somit folgt aus dem Materiengesetz, dass der Erhaltungszustand einer Art im Gebiet und nicht nur der Erhaltungsgrad der Habitatselemente dieser Art beurteilungsrelevant ist.
3.3.2.4. Es wird festgestellt, dass die Zerstörung von Habitaten des Triels außerhalb des ausgewiesenen Gebiets bei der Beurteilung der Erheblichkeit des Vorhabens unter Berücksichtigung der Erhaltungsziele des Gebiets einzubeziehen ist.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 (OZ 231) des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden.
Dazu ist auf die Stellungnahme vom 12.06.2018 des behördlichen Sachverständigen hinzuweisen vergleiche angefochtener Bescheid, Sitzung 363):
„Da der Triel nun so nah an der Trasse brütet, dass davon ausgegangen werden muss, dass die Trasse eine Teilfläche des Brutraums des Triels beansprucht, sind nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im Vogelschutzgebiet nicht auszuschließen. Dass das festgestellte Brutrevier knapp außerhalb vom Vogelschutzgebiet liegt, spielt keine Rolle, weil auch Auswirkungen von außen auf in Vogelschutzgebieten geschützte Arten relevant und auf ihre Erheblichkeit zu prüfen sind. Erneut zu prüfende Auswirkungen sind besonders Flächenverbrauch und Lärm.“
Der gerichtliche Sachverständigen führte in diesem Zusammenhang in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 1 aus (OZ 231, Sitzung 53/54):
„Wenn wesentliche Teile des Brutreviers eines Triel-Paares zerstört werden, so kann das Paar dadurch reagieren, dass es in der Nähe ein neues Revier gründet – es muss dies aber nicht tun. Anhand des mir bekannten Wissensstandes ist keineswegs auszuschließen, dass das betroffene Triel-Paar das Brutgebiet im Marchfeld insgesamt räumt und sich anderswo ansiedelt. Dies würde die Chancen, den günstigen Erhaltungszustand im Gebiet wieder zu erreichen, erheblich verringern.
[…]
Der Sachverhalt um das gegenständliche Revier des Triels entspricht somit der von der Generalanwältin in Rn. 49 ihrer Schlussanträge in der Rs. C-461/17 beschriebenen Situation […]“
Hingegen führte die Behörde dazu im angefochtenen Bescheid aus Sitzung 403):
Für die Frage, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung auch bei einem Vorhaben durchgeführt werden muss, das außerhalb eines Schutzgebietes realisiert werden soll, ist demnach zunächst zu klären, ob durch das Vorhaben überhaupt im Gebiet erhebliche Beeinträchtigungen der maßgeblichen Gebietsbestandteile entstehen können, weil sich das Schutzregime des Artikel 6, FFH-Richtlinie im Gegensatz zum ubiquitären Artenschutz flächenmäßig grundsätzlich auf das Schutzgebiet in seinen administrativen Grenzen beschränkt und damit an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche anknüpft vergleiche nur Anliegen Natur 2015, 92 (‚FFH-Verträglichkeitsprüfung außerhalb von Natura 2000-Gebieten?‘, mwN). Es wäre vor diesem Hintergrund verfehlt, zB gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Vgl dt BVerwG 23.01.2015, 7 VR 6.14, Rn 16; dt BVerwG 14.10.2010, 9 A 5.08, Rn 32. Es ist somit nicht so, dass im Schutzgebiet vorkommende Tierarten den Gebietsschutz gleichsam wie einen Rucksack über die Grenzen des Schutzgebietes hinaus mit sich tragen würden und daher allfällige Pläne oder Projekte aus diesem Grunde daran zu messen wären.“
Auch die erstmitbeteiligte Partei führte dazu in ihrer Stellungnahme vom 11.12.2019 aus (OZ 2006, Sitzung 14/15):
„Dem entspricht die Rechtsprechung des EuGH, wonach mitgliedstaatliche Aktivitäten außerhalb besonderer Gebietsschutzregime (nur) dann erfasst sein können, wenn diese ‚erhebliche Auswirkungen‘ auf benachbarte Schutzgebiete haben können vergleiche EuGH 10.01.2006, C-98/03, Kommission/Deutschland, Rn 31 ff (45); 24.11.2011, C-404/09, Kommission/Spanien, Rn 87 ff; siehe auch VwSlg 18.538 A/2012).
Damit erstreckt sich zwar das Gebietsschutzregime des Artikel 6, FFH-RL tatsächlich auch auf Aktivitäten außerhalb, aber nur, sofern dadurch eine (negative) Auswirkung auf die wesentlichen Merkmale des Gebietes und damit auf das Gebiet selbst in seiner Eigenschaft als natürlicher Lebensraum stattfindet vergleiche EuGH 24.11.2011, C-404/09, Kommission/Spanien, Rn 87; 15.05.2014, Rs 521/12, Briels ua, Rn 20 f mwN, 24).
[...]
Das Schutzregime des Artikel 6, FFH-RL und des NÖ Naturschutzgesetzes (Paragraph 10, Absatz eins und Absatz 4, NÖ NSchG 2000) beschränkt sich damit in seinem räumlichen Auswirkungsbereich flächenmäßig grundsätzlich auf das Schutzgebiet in seinen verordneten Grenzen vergleiche Artikel eins, Litera j, FFH-RL: ein ‚Gebiet‘ ist ‚ein geographisch definierter Bereich mit klar abgegrenzter Fläche‘; Litera l, :, ein ‚besonderes Schutzgebiet‘ ist ‚ein […] ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden‘). Ebenso sind gemäß Paragraph 10, Absatz eins, NÖ NSchG nur solche Projekte bewilligungspflichtig, die ‚ein solches Gebiet‘, also ein Europaschutzgebiet gem Paragraph 9, leg cit, erheblich beeinträchtigen können.
Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen, zumal – wie oben ausgeführt – in dem in Rede stehenden Bereich kein ‚faktisches Vogelschutzgebiet‘ besteht, und es gelangt das Gebietsschutzregime nur dann zur Anwendung, wenn Maßnahmen außerhalb des Gebietes durch ihre Immissionen das Schutzgebiet als solches unter Berücksichtigung seiner Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen.
Wie das OVG Berlin-Brandenburg 15.11.2012, OVG 10 A 10.09, treffend ausgesprochen hat, ist es daher nicht so, dass im Schutzgebiet vorkommende Tierarten den Gebietsschutz wie einen Rucksack über die Grenzen des Schutzgebietes hinaus mit sich tragen würden (‚vom Gebietsschutz umfasste Tiere [transportieren] diesen Schutz nicht […] außerhalb des Gebietes mit sich‘; OVG Berlin-Brandenburg aaO, Rn 53).“
Weiters führte die erstmitbeteiligte Partei in ihrer Stellungnahme vom 17.02.2020 aus (OZ 258, Sitzung 16/18):
„Diese Rsp hat der EuGH jüngst in der Rs C-461/17, Holohan ua, bestätigt. Der EuGH stellt dort in Anschluss an die Schlussanträge der Generalanwältin fest, dass eine Prüfung nach Artikel 6, Absatz 3, der FFH-RL ,auch die Auswirkungen auf die außerhalb der Grenzen dieses Gebiets vorhandenen Lebensraumtypen und Arten nennen und erörtern muss’ sowie ,,dass Lebensräume und charakteristische Arten in die angemessene Prüfung einzubeziehen sind, wenn sie zur Erhaltung der für das geschützte Gebiet ausgewiesenen Lebensraumtypen und Arten erforderlich sind‘, jedoch immer nur, ,,soweit diese Auswirkungen geeignet sind, die Erhaltungsziele des Gebiets zu beeinträchtigen.
Weiter in OZ 258, Sitzung 16/18:
Aus dem folgt, dass Einwirkungen von außen auf in Vogelschutzgebieten geschützte Arten nur dann iS des Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL relevant sein können, wenn sie sich auf das Schutzgebiet als solches in seiner Eigenschaft als Lebensraum für die geschützte Tierart auswirken. Der Gebietsschutz hat das jeweilige Gebiet in seiner Eigenschaft als natürlicher Lebensraum und – anders als der Artenschutz – nicht die Tierart zum Schutzgegenstand. Damit ist die rechtlich allein relevante Frage jene, ob durch die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels auf einem Grundstück auf der geplanten Trasse der S 8 außerhalb des Schutzgebietes eine erhebliche Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes ‘Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse‘ als solches unter Berücksichtigung seiner Erhaltungsziele erfolgt.“
Weiter in OZ 258, Sitzung 20 und 21:
„Es ist jedoch völlig auszuschließen, dass einzelne Tiere, mögen sie auch zur Population eines Schutzgebiets zählen, den Gebietsschutz gleichsam ,als Rucksack’ mit sich tragen und so durch ihre schlichte Anwesenheit außerhalb des Schutzgebietes (zB zur Nahrungssuche, zur Fortpflanzung usw) die mit Verordnung festgelegten Grenzen des Schutzgebietes erweitern.
[...]
Wenn das BVwG – entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei – von dieser Beurteilung abweichen wollte, würde es damit unweigerlich verfassungsrechtliche wie auch die unionsrechtlichen Prämissen in Frage stellen. Diesfalls müsste das BVwG zumindest vorab folgende Vorlagefrage an den EuGH richten:
Ist das Regime des Gebietsschutzes nach Artikel 6, FFH-RL auch auf gebietsexterne Flächen anwendbar, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Arten fallweise (zB zur Nahrungssuche oder zu Brutzwecken) genutzt werden, sodass die vom Gebietsschutz umfassten Tiere diesen Schutz außerhalb des Gebietes mit sich transportieren oder unterfallen diese Sachverhalte den artenschutzrecht/ichen Verbotsbestimmungen gem Artikel 5, VschRL?“
Der behördliche und der gerichtliche Sachverständige zeigten in ihren Gutachten fachlich begründet den Zusammenhang zwischen der Zerstörung von Habitat außerhalb des Europaschutzgebiets und den Erhaltungszielen dieses Gebiets auf. Dem sind die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien auf der fachlichen Ebene nicht entgegengetreten. Sowohl die belangte Behörde als auch die erstmitbeteiligte Partei vertraten im Verfahren die Ansicht, dass der Gebietsschutz nicht außerhalb des Gebiets anwendbar sei. Dies widerspricht jedoch der Judikatur des EuGH vergleiche dazu näher Pkt. römisch III.4.3.1.).
3.3.2.5. Es wird festgestellt, dass nicht ausgeschlossen werden konnte, dass es durch die Zerstörung von Habitaten des Triels außerhalb des zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die belangte Behörde ausgewiesenen Gebiets zu einer erheblichen Beeinträchtigung durch das Vorhaben unter Berücksichtigung der Erhaltungsziele des Gebiets kommen würde.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden.
Dazu ist zunächst auf die Ausführungen des behördlichen Sachverständigen hinzuweisen. Dieser führte im Verfahren der Behörde in seiner Stellungnahme vom 12.06.2018 aus vergleiche angefochtener Bescheid, Sitzung 363):
„Da der Triel nun so nah an der Trasse brütet, dass davon ausgegangen werden muss, dass die Trasse eine Teilfläche des Brutraums des Triels beansprucht, sind nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf den Brutbestand des Triels im Vogelschutzgebiet nicht auszuschließen. Dass das festgestellte Brutrevier knapp außerhalb vom Vogelschutzgebiet liegt, spielt keine Rolle, weil auch Auswirkungen von außen auf in Vogelschutzgebieten geschützte Arten relevant und auf ihre Erheblichkeit zu prüfen sind. Erneut zu prüfende Auswirkungen sind besonders Flächenverbrauch und Lärm.“
Weiters führte der behördliche Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 12.06.2018 aus vergleiche angefochtener Bescheid, Sitzung 370):
„Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Abgrenzung des Teilgebietes des Vogelschutzgebietsteils bei Markgrafneusiedl für den Triel abgesehen davon, dass sie (wie auch in der Stellungnahme der Konsenswerberin vom 4.10.2018 ausgeführt) anerkannt ist, weil die Kommission ihr nach Annullierung und Neumeldung des Gebiets auf wissenschaftlicher Grundlage ( römisch 40 2003a) in Kenntnis der Rahmenbedingungen (wechselnde Schottergruben als Brutraum) zugestimmt hat, auch fachlich gerechtfertigt ist, weil sie alle bis zur Abgrenzung erfassten Brutreviere mit einem 400 m-Puffer rundherum einschließt und somit der wissenschaftlichen Grundlage der Neuausweisung ( römisch 40 2003a,b) genügt, und weil das über diese Umgrenzung hinaus ragende Brutrevier aus 2018 absehbar ein vorübergehender zusätzlicher Brutplatz ist, dessen Wegfall die ökologische Funktionalität des Schutzgebiets als solches nicht gefährdet.“
Weiters führte der behördliche Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 12.06.2018 aus vergleiche angefochtener Bescheid, Sitzung 373):
„Handelt es sich bei den von der Projektwerberin vorgeschlagenen Maßnahmen um CEF-Maßnahmen? – Da die vorgesehenen Maßnahmen, die Einrichtung einer Trielbrutfläche und ihre umfassende fachliche Betreuung, hinsichtlich Lage und Größe der Fläche, vorgesehenem Management und Betreuung geeignet sind, die ökologische Funktionalität des Brutgebietes des Triels bei Markgrafneusiedl auch bei Verlust einer kurzzeitig bestehenden Brutfläche aus 2018 aufrecht zu erhalten und zu fördern, handelt es sich bei den von der Projektwerberin vorgeschlagenen Maßnahmen um CEF-Maßnahmen.“
Hingegen wird zu einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung im angefochtenen Bescheid ausgeführt Sitzung 404/405):
„Der neue ornithologische Befund eines weiteren Ruf- und damit nach Einschätzung des Sachverständigen für Tiere und ihre Lebensräume auch Brutreviers des Triels auf einem Grundstück auf der geplanten Trasse außerhalb des Europaschutzgebietes ‚Vogelschutzgebiet Sandboden und Praterterrasse‘ vermag daran nichts zu ändern. Schutzobjekt des Gebietsschutzregimes der FFH-RL ist, wie ausgeführt, das Schutzgebiet als solches – dieses darf als solches im Lichte seiner Erhaltungsziele nicht erheblich beeinträchtigt werden. Die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels außerhalb des Schutzgebietes stellt damit schon in rechtlicher Hinsicht keine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes als solches dar vergleiche EuGH 07.09.2004, Rs C-127/02, Waddenvereniging und Vogelsbeschermingvereniging (‚Muschelfischer‘), Rn 34 (‚soweit sie dieses Gebiet als solches nicht beeinträchtigen‘)).
[…]
Eine Beeinträchtigung des Schutzgebiets iS des Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL im Hinblick auf seine Erhaltungsziele aufgrund von Auswirkungen des Projekts auf eine Brutstätte außerhalb des Schutzgebiets ist daher im Ergebnis schon aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen. Kommt hinzu, dass nach der in der Stellungnahme vom 12.Juni 2018 eingeforderten näheren Untersuchung in der ergänzten fachgutachterlichen Stellungnahme des Sachverständigen für Tiere und ihre Lebensräume nunmehr ohnehin auch aus ornithologischer Sicht eindeutig festgestellt wird, dass ‚der Wegfall [des Brutreviers aus 2018] die ökologische Funktionalität des Schutzgebiets als solches nicht gefährdet‘, mithin eine erhebliche Beeinträchtigung von vornherein keinesfalls vorliegt.“
Der gerichtliche Sachverständige führte in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 1 wie folgt aus und bestätigte die damaligen Bedenken des behördlichen Sachverständigen (OZ 231, Sitzung 53/54):
„Wenn wesentliche Teile des Brutreviers eines Triel-Paares zerstört werden, so kann das Paar dadurch reagieren, dass es in der Nähe ein neues Revier gründet – es muss dies aber nicht tun. Anhand des mir bekannten Wissensstandes ist keineswegs auszuschließen, dass das betroffene Triel-Paar das Brutgebiet im Marchfeld insgesamt räumt und sich anderswo ansiedelt. Dies würde die Chancen, den günstigen Erhaltungszustand im Gebiet wieder zu erreichen, erheblich verringern.“
Es ist somit offensichtlich, dass die belangte Behörde ihrem eigenen Sachverständigen die Frage nach einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung nicht neuerlich gestellt hat, obwohl dieser in seiner Stellungnahme von 12.06.2018 eine Neubegutachtung für erforderlich hielt. Zugleich hat die belangte Behörde eine in einem anderen Zusammenhang getätigte Aussage des behördlichen Sachverständigen als Aussage zu eben dieser nicht gestellten Frage interpretiert und eine erhebliche Beeinträchtigung ausgeschlossen.
Dieser Schluss der Behörde steht somit im Widerspruch zur ausdrücklichen anderslautenden Aussage des behördlichen Sachverständigen in der Stellungnahme von 12.06.2018, wonach nachteilige Auswirkungen auf Brutbestand des Vogelschutzgebiets nicht auszuschließen seien, und seiner differenzierenden Aussage in der Fragebeantwortung zum Artenschutz, wonach die ökologische Funktionalität unter Einbeziehung der vorgesehenen Maßnahmen gewahrt sei. Die belangte Behörde hat aus Eigenem fachliche Schlüsse zu Fragen getroffen, die sie ihrem Sachverständigen nicht gestellt hat; eine solche Fragestellung wäre jedoch fachlich für die Behörde geboten gewesen.
Der übereinstimmenden fachlichen Argumentation des behördlichen und des gerichtlichen Sachverständigen, wonach negative Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des Europaschutzgebiets durch die Zerstörung von Habitat außerhalb dieses Gebiets im konkreten Fall nicht ausgeschlossen werden können, sind die belangte Behörde und die mitbeteiligten Parteien auf der fachlichen Ebene nicht entgegengetreten.
3.3.3. Ergänzende Beurteilung der erheblichen Auswirkungen durch das Verwaltungsgericht
Das Verwaltungsgericht hatte aufgrund der Erweiterung des Europaschutzgebietes im April 2020 durch die römisch 40 Landesregierung eine ergänzende Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung im UVP-Verfahren durchzuführen vergleiche Pkt. römisch III.4.3.2.). Diese Beurteilung kommt zum Ergebnis, dass es durch die Errichtung und den Betrieb der S 8 zu einem beträchtlichen Habitatverlust für den Triel im nun erweiterten Europaschutzgebiet kommen wird. Dies ergibt sich aus den folgenden Feststellungen und der diesen zugrunde liegenden Beweiswürdigung, in Ergänzung zu den obigen Ausführungen (Pkt. römisch III.3.3.1. sowie Pkt. römisch III.3.3.2.).
3.3.3.1. Es wird festgestellt, dass der Bau der S 8 zur teilweisen Beanspruchung und Zerschneidung des aktuellen Kernlebensraums einer in Österreich vom Aussterben bedrohten Art des Anhangs römisch eins der VSch-RL im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ führt. Der Bau und der Betrieb der S 8 steht mit den Schutzzielen, insbesondere dem Erreichen eines günstigen Erhaltungszustandes für den Triel, nicht im Einklang.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen im Gutachten Naturschutz/Teil 2 des gerichtlichen Sachverständigen (OZ 373) getroffen werden. Aus diesem geht hervor Sitzung 67 ff), dass gemäß den Berechnungen der erstmitbeteiligten Partei durch den Bau und den Betrieb der S 8 ca. 9,1 % des Habitatpotentials im Europaschutzgebiet verloren geht. Wieviel an Habitat für den Triel tatsächlich verloren geht, konnte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren jedoch nicht mit hinreichender Sicherheit geklärt werden, da die Methodik der erstmitbeteiligten Partei fehlerhaft ist.
Dass der Triel eine in Österreich vom Aussterben bedrohten Art des Anhangs römisch eins der VSch--RL ist, ist im Verfahren unbestritten. Auch ist unbestritten, dass der Triel im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ vorkommt und dieses u.a. zum Schutz dieser Vogelart verordnet wurde. Der Triel kommt nur mehr im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ sowie in einem zweiten Gebiet bei Wr. Neustadt vor.
Dass der Triel in Österreich nicht in einem günstigen Erhaltungszustand ist, ergibt sich aus den Ausführungen unter Pkt. römisch II.3.3.1.8. und römisch II.3.3.1.9.
Die Errichtung einer Schnellstraße durch eines von maximal zwei lokalen Revieren einer vom Aussterben bedrohten Vogelart des Anhangs römisch eins der VSch-RL, die überdies im Gebiet und in Österreich einen negativen Bestandstrend und ungünstigen Erhaltungszustand aufweist, stellt eine erhebliche Beeinträchtigung des betroffenen Natura 2000-Gebiets dar vergleiche dazu das Gutachten Naturschutz/Teil 1, OZ 231 Sitzung 60 ff des gerichtlichen Sachverständigen).
Dazu waren vom Verwaltungsgericht zunächst folgende drei Vorfragen zu beurteilen:
Erste Vorfrage: Gibt es eine Bagatellschwelle für ein nicht erhebliches Ausmaß der Reduzierung des Habitats für den Triel?
In diesem Zusammenhang hat die erstmitbeteiligte Partei argumentiert, dass kein Zusammenhang zwischen Habitat und Brutbestand bestehe. In diesem Fall würde eine verminderte Fläche oder Qualität an Habitat die Eignung des Gebiets für den Triel nicht beeinflussen.
3.3.3.2. Es wird festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen dem Bestand des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ und der in diesem Gebiet vorhandenen Vielfalt und Flächengröße seiner Lebensräume besteht.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in den beiden Teilen seines Gutachtens getroffen werden.
Dazu ist vorauszuschicken, dass die erstmitbeteiligte Partei im Verfahren in diesem Zusammenhang widersprüchliche Ansichten vertreten hat,
– wie sich das Bruthabitat des Triels zwischen Mitte der 1990er Jahre und Mitte der 2000er Jahre verändert; und
– ob der Bestand des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ durch Größe und Qualität des Lebensraums in diesem Gebiet beeinflusst wird oder nicht.
Zur ersten Aussage, wie sich das Bruthabitat des Triels zwischen Mitte der 1990er Jahre und Mitte der 2000er Jahre verändert hat, wurde
– ausgeführt, das Bruthabitat habe sich im Vergleich der Jahre 1998, 2008 und 2019 verändert. Im Jahr 2008 sei das geringste flächenmäßige Ausmaß an geeigneten Habitaten zur Verfügung gestanden (Gutachten römisch 40 vom 17.02.2020, OZ 258, Sitzung 2); später wurde
– die Auffassung vertreten, das Jahr 2008 repräsentiere den besten bisherigen Zustand des Gebiets (Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, OZ 381, Sitzung 3/4); schließlich wurde
– ausgeführt, im Zeitverlauf von 1998 über 2008 bis 2019 sei eine Zunahme der Habitateignung zu verzeichnen gewesen (Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, OZ 381, Sitzung 2/3); demnach wäre im Jahr 2008 ein mittleres Ausmaß an geeignetem Habitat zur Verfügung gestanden.
Zur zweiten Aussage, ob der Bestand des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ durch Größe und Qualität des Lebensraums in diesem Gebiet beeinflusst wird oder nicht, wurde ausgeführt,
– die Verbesserung des Bruthabitats im Zeitraum 1994 bis 2004 habe zu einer Bestandszunahme im selben Zeitraum geführt (Stellungnahme der erstmitbeteiligten Partei im behördlichen Verfahren vom 20.08.2019, Sitzung 77; zur Konkretisierung der Maßnahmenflächen für den Triel im gerichtlichen Verfahren mit Schreiben vom 04.03.2020, OZ 273, Sitzung 4; Einlage 1.1 Bericht Alternativenprüfung Markgrafneusiedl vom August 2020 OZ 350, Sitzung 26); an anderer Stelle wurde dazu wiederum ausgeführt,
– ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Habitatfläche im Schutzgebiet und Populationsgröße sei nicht vorhanden. Eine Zu- oder Abnahme um 150 ha geeigneter Habitatfläche habe keinen Einfluss auf den Bestand (Gutachten römisch 40 vom 17.02.2020, OZ 258, Sitzung 2; Gutachten römisch 40 vom 17.02.2020, OZ 258, Sitzung 7).
Der gerichtliche Sachverständige hat dazu auf den Erfahrungssatz hingewiesen, dass eine logische Grundannahme der Wissenschaft der Ökologie darin bestehe, dass Tiere sich nicht zufällig in der Landschaft verteilen, sondern dass ihre Verteilung jener der für sie wesentlichen Ressourcen folge (Gutachten Naturschutz/Teil 1, OZ 231, Sitzung 45).
Weiters kritisierte der gerichtliche Sachverständige die Abgrenzung des geeigneten Habitats durch die erstmitbeteiligte Partei. Die erstmitbeteiligte Partei habe dafür ein anderes Kriterium verwendet als jene objektiven fachlichen Kriterien, die für die von der mitbeteiligten Partei angewendeten Methode der Habitatmodellierung entwickelt wurden vergleiche Gutachten Naturschutz/Teil 2, OZ 373, Sitzung 59/60). Die korrekte Grenzziehung sei aber wesentlich, da sich die Habitatfläche in verschiedenen Eignungsstufen nicht parallel entwickelt habe. Im Vergleich der drei Basisszenarien 2008, 2019 und 2035 nehme die Fläche mit höchster Habitateignung ab, während Flächen mit mittlerer Habitateignung stagnierten und solche mit geringer Habitateignung zunehmen würden vergleiche Gutachten Naturschutz/Teil 2, OZ 373, Sitzung 60 in Verbindung mit Sitzung 44).
Insgesamt ist hier den fachlich fundierten und widerspruchsfreien Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu folgen.
3.3.3.3. Vor dem Hintergrund, dass ein Zusammenhang zwischen dem Habitat und dem Brutbestand des Triels besteht, wird festgestellt, dass eine Bagatellschwelle für ein nicht erhebliches Ausmaß der Reduzierung des Habitats für den Triel fachlich nicht gerechtfertigt werden kann.
Dazu wird auf die obigen Ausführungen unter Pkt. römisch III.3.3.1.8., ob eine Bagatellschwelle für ein nicht erhebliches Ausmaß der Reduzierung des Habitats für den Triel gerechtfertigt ist, verwiesen.
Zweite Vorfrage: Ist die von der erstmitbeteiligten Partei projektierte Schaffung neuer Flächen für Triel-Habitate bei der Naturverträglichkeitsprüfung zu berücksichtigen?
3.3.3.4. Es wird festgestellt, dass durch die Errichtung der S 8 Lebensraum des Triels innerhalb des Europaschutzgebiets durch Verbauung verlorengeht und weiterer Lebensraum innerhalb des Gebiets durch andere Einflüsse, v.a. Lärm, beeinträchtigt wird.
Dazu ist auf die Ausführungen der erstmitbeteiligten Partei im fortgesetzten Verfahren zur Alternativenprüfung vom August 2020 hinzuweisen (Schriftsatz vom 01.09.2020, OZ 350, Einlage 1.1 Bericht Alternativenprüfung Markgrafneusiedl, Sitzung 38):
„Der direkte Flächenverbrauch durch die Trasse unterscheidet sich innerhalb des Vogelschutzgebietes (unabhängig vom Prognoseszenario, da er nicht durch die Habitateignung beeinflusst ist) deutlich zwischen den verschiedenen geplanten Trassenverläufen. Während er bei der geplanten Einreichprojekttrasse (EP) bei ca. 18,0 ha liegt, ist dieser Wert bei dem alternativen Trassenverlauf C mit ca. 19,2 ha etwas höher und bei dem alternativen Trassenverlauf D mit ca. 28,9 ha deutlich höher.“
Im Bericht zur Habitatmodellierung vom August 2020 wird dazu weiter ausgeführt (OZ 350, Einlage 1.2 Habitatmodell zur Beurteilung der Auswirkung der S 8 auf den Triel in Markgrafneusiedl, Sitzung 111):
„Somit würde es trotz Errichtung der geplanten Schnellstraße S8 zu einer leichten Erhöhung des geeigneten Habitats für den Triel kommen, obwohl die Errichtung der Einreichprojekttrasse das geeignete Habitat um 32,9 ha reduziert, da diese Fläche durch Anlegen der S8-Maßnahmeflächen um zusätzliche 54,8 ha geeignetes Habitat verbessert werden. Diese können den negativen Effekt der geplanten Einreichprojekttrasse kompensieren.“
3.3.3.5. Es wird festgestellt, dass die von der erstmitbeteiligten Partei beantragte und in das Projekt aufgenommene Maßnahme darin besteht, an anderer – außerhalb des Einflussbereichs der S 8 gelegener – Stelle im Gebiet neuen Lebensraum für den Triel zu schaffen, und zwar auf derzeit wenig bis gar nicht als Lebensraum geeigneten Flächen. Diese Maßnahme vermeidet oder vermindert nicht den Verlust von Lebensraum, der durch den Bau und Betrieb der S 8 verursacht wird, sondern sie kompensiert diesen Verlust an anderer Stelle. Es entspricht daher dem allgemeinen fachlichen Sprachgebrauch (so auch von der erstmitbeteiligten Partei), bei einer solchen Maßnahme von Ausgleich bzw. Kompensation zu sprechen.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten und in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts getroffen werden.
In diesem Zusammenhang ist zuerst auf das Gutachten der Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei vom 17.02.2020 hinzuweisen, wo ausgeführt wird (OZ 258, Gutachten römisch 40 , Sitzung 17/18):
„Durch die Beseitigung einer Habitatfläche und die (vorgelagerte) Schaffung einer neuen Habitatfläche im Zuge dieses Projekts wird also ein natürliches Charaktermerkmal des Lebensraums des Triels bzw. ein wirtschaftlich-kulturelles Phänomen der Kulturlandschaft im Schutzgebiet schlichtweg simuliert.“
Weiter wird in der Stellungnahme der 17.02.2020 ausgeführt Sitzung 28):
„Wie im beiliegenden naturschutzfachlichen Gutachten von römisch 40 dargestellt wird, wird vor dem Verlust der offenen, als Brutplatz geeigneten Schotterfläche außerhalb des Vogelschutzgebietes [Anmerkung: nach Erweiterung des Europaschutzgebiets liegt diese Schotterfläche innerhalb] eine besser geeignete neue Lebensraumfläche innerhalb des geschützten Gebiets angelegt.“
Der gerichtliche Sachverständige führt in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 1 aus (OZ 231, Sitzung 69 – 71):
„Die Projektwerberin hat die in erster Linie als CEF-Maßnahme für Artenschutz-Aspekte geplante Schaffung von geeignetem Habitat für den Triel auch als mögliche schadensbegrenzende Maßnahme im Rahmen des Gebietsschutzes ins Spiel gebracht (a). Seitens der Beschwerdeführer wurde diese Maßnahme hingegen konsequent als Ausgleichsmaßnahme bezeichnet. In Anbetracht meiner Beantwortung der Gutachtensfragen 3.1., 3.2. und 4.2. halte ich es für erforderlich, auf die korrekte fachliche Zuordnung – als schadensbegrenzende Maßnahme oder als Ausgleichsmaßnahme – relativ ausführlich einzugehen. Dieser Frage könnte nämlich für das weitere Verfahren wesentliche Bedeutung zukommen.
Zuerst ist festzuhalten, dass die Maßnahme nach Aussage der Projektwerberin in der Schaffung von Lebensraum für den Triel besteht, indem eine Fläche, die derzeit wenig bis gar nicht als Lebensraum für die Art geeignet ist, dauerhaft gepflegt wird (b).
Die Unterscheidung zwischen schadensbegrenzenden Maßnahmen („mitigation“) und Ausgleichsmaßnahme (‘compensation’) ist keine Innovation der FFH-Richtlinie. Weder wurde der Begriff der Ausgleichsmaßnahme in der FFH-Richtlinie neu eingeführt, noch wurde die Unterscheidung zwischen Schadensbegrenzung und Ausgleich im Leitfaden der Europäischen Kommission (2000) erstmals entwickelt. Vielmehr greifen sowohl die Richtlinie als auch der Leitfaden auf ein in der Naturschutzpraxis bereits zuvor fest etabliertes fachliches Konzept zurück, für das im deutschen Sprachgebrauch keine einheitliche Bezeichnung verfügbar ist und das im internationalen Gebrauch als ‘mitigation hierarchy’ bekannt ist. Trotz der etwas unglücklichen Bezeichnung stellen nicht alle Stufen in dieser Hierarchie schadensbegrenzende Maßnahmen im Sinne des Artikel 6-Leitfadens dar.
In den Schlussanträgen zur Rs. C-521/12 ging die Generalanwältin konkret auf dieses Konzept ein: Sie stellte fest, dass die ‘mitigation hierarchy’ unter Umweltfachleuten allgemein akzeptiert ist (Rn. 30), und führte an derselben Stelle weiter aus: Die drei wesentlichen Phasen oder Stufen lauten in absteigender Reihenfolge ihrer Präferenz: Vermeidung, Schadensbegrenzung, Ausgleich. Weiters sah sie die Anerkennung von Schadensbegrenzungsmaßnahmen als ein für Artikel 6, Absatz 3, relevantes Konzept, das sich von Ausgleichsmaßnahmen im Sinne des Artikel 6, Absatz 4, unterscheidet, ebenfalls als unstreitig an (Rn. 33). Außerdem stellte sie fest, dass die Stellung des Artikel 6, Absatz 3, innerhalb der Gesamtsystematik des Artikel 6, jener des Begriffs ‘Schadensbegrenzung oder Minimierung’ in der ‘mitigation hierarchy’ entspricht (Rn. 33), und sie bezeichnete die semantische Unterscheidung zwischen Schadensbegrenzung und Ausgleich als nicht besonders kontrovers (Rn. 36). [...]
Der EuGH hat jedoch mit Bezug auf Artikel 6, Absatz 3, der FFH-Richtlinie festgelegt und mehrfach bestätigt, dass Ausgleichsmaßnahmen darin nicht berücksichtigt werden dürfen (siehe Urteil in der Rs. C-164/17 Rn. 47 und die dort zitierte Judikatur). Ausgleichsmaßnahmen sind nur dann zu ergreifen, wenn ein Vorhaben trotz negativer Naturverträglichkeitsprüfung im Rahmen des Ausnahmeverfahrens umgesetzt werden soll (Urteil in der Rs. C-521/12, Rn. 34). Dabei hat der EuGH ebenfalls wiederholt darauf hingewiesen, dass es unzulässig ist, durch sogenannte abmildernde Maßnahmen, die in Wirklichkeit Ausgleichsmaßnahmen sind, die Bestimmungen des Artikel 6, der FFH-Richtlinie zu umgehen (Urteil in der Rs. C-521/12 Rn. 33; Rs. C-387/15 und 388/15 Rn. 58). Es scheint mir daher für die Beantwortung der Gutachtensfrage zweckmäßig zu sein, die vorgeschlagene Maßnahme zuerst im Hinblick auf die tatsächliche naturschutzfachliche Charakteristik von schadensbegrenzenden Maßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen zu beleuchten (‘in Wirklichkeit’). Danach gehe ich auf einige verbreitete Argumente für eine weite Auslegung des Begriffs schadensbegrenzende Maßnahmen ein (‘sogenannte abmildernde Maßnahmen’), und abschließend werde ich zeigen, dass der naturschutzfachliche Sachverhalt im gegenständlichen Verfahren mit jenem in der Rs. C-164/17 unmittelbar vergleichbar ist.
a) Naturschutzfachliche Charakteristik der Maßnahmentypen
Für eine von den Diskussionen im Zusammenhang mit dem Artikel 6-Leitfaden noch unbeeinflusste Darstellung des fachlichen Inhalts der Stufen der ‘mitigation hierarchy’ beziehe ich mich auf die älteste mir bekannte, über das Internet verifizierbare Referenz (1). Die drei von der Generalanwältin in der Rs. C-521/12 hervorgehobenen Stufen sind wie folgt definiert (meine Übersetzung und Hervorhebung):
(a) Gänzliches Vermeiden der Auswirkungen, indem eine bestimmte Handlung oder Teile der Handlung nicht gesetzt werden.
(b) Verringern der Auswirkungen, indem Ausmaß oder Größenordnung einer Handlung und ihrer Umsetzung begrenzt werden.
(e) Ausgleich der Auswirkungen, indem Ressourcen oder Lebensräume verlagert oder ersetzt werden.
Es ist offensichtlich, dass die gegenständliche Maßnahme nicht darin besteht, eine Handlung oder Teile der Handlung (nämlich der Errichtung der S 8) nicht zu setzen. Sie begrenzt auch nicht das Ausmaß oder die Größenordnung der Handlung, denn die Anlage und Pflege einer für den Triel geeigneten Fläche an anderer Stelle im Gebiet hat nichts mit der Größe des Bauvorhabens zu tun. Hingegen wird die Maßnahme damit, Ressourcen oder Lebensräume zu verlagern oder zu ersetzen, zutreffend beschrieben. Die Maßnahme ist daher gemäß obigem Schema als Ausgleichsmaßnahme zu werten.
Dasselbe Ergebnis liefert ein Vergleich mit den Leitfäden der Europäischen Kommission. Zwar fehlt eine vergleichbar klare Definition, aber von den verschiedenen Beispielen für schadensbegrenzende Maßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen in Europäische Kommission (2000, 2001, 2019) trifft nur eines exakt zu: die Verbesserung des verbleibenden Lebensraums entsprechend dem durch das Projekt bzw. den Plan entstandenen Verlust, die auf Sitzung 38 in Europäische Kommission (2001) und auf Sitzung 64 in Europäische Kommission (2016) zu den Ausgleichsmaßnahmen gezählt wird.
Bei römisch 40 et al. (2016) finden sich auf Sitzung 100 mögliche schadensbegrenzende Maßnahmen für den Fall, dass der Verkehrslärm einer zu errichtenden Straße die akustische Kommunikation von Vogelarten beeinträchtigt. Die Aufwertung von Lebensraum an anderer Stelle zählt nicht dazu. Ausgleichsmaßnahmen hingegen werden auf Sitzung 117 wie folgt charakterisiert: Typischerweise handelt es sich dabei um die Wiederherstellung oder Neuschaffung von Flächen für Lebensraumtypen sowie von Habitaten von Tier- und Pflanzenarten; eventuell auch um die Verbesserung von Lebensräumen oder Habitaten, sofern dies nicht unter die ohnehin notwendigen Erhaltungsmaßnahmen fällt. (...) Im Allgemeinen ist die Anlage von Ausgleichsmaßnahmen mit dem Erwerb oder zumindest der dauerhaften Sicherung von Flächen verbunden. Auch gemäß römisch 40 et al. (2016) ist die geplante Maßnahme also eine Ausgleichsmaßnahme.
Die Judikatur des EuGH lässt sich, soweit sie diesen fachlichen Aspekt betrifft, klar zuordnen: In den Schlussanträgen zur Rs. C-521/12 schloss die Generalanwältin, dass es sich um Ausgleichsmaßnahmen handelt, weil die ergriffenen oder geplanten Maßnahmen (...) keine adäquate Reduzierung der Umweltverschmutzung bewirken bzw. nicht verhindern, dass die Verschmutzung die der Autobahn am nächsten gelegenen Pfeifengraswiesen erreicht (Rn. 37 und 38) (d. h. eben keine schadensbegrenzende Maßnahmen sind). In den drei Urteilen in den Rs. C-521/12, C-387/15 und C-388/15 sowie C-164/17 hat der EuGH die unter Artikel 6, Absatz 3, nicht anwendbaren Maßnahmen dadurch charakterisiert, dass beeinträchtigten Anteilen eines Lebensraumtyps oder des Habitats einer Art die Neuanlage oder Sicherstellung anderer (zumindest gleich großer) Flächen des Lebensraumtyps bzw. Habitats gegenübersteht. Dies entspricht erwartungsgemäß einer fachlichen Einordnung als Ausgleichsmaßnahmen.
Schließlich weise ich darauf hin, dass auch die Projektwerberin dort, wo es nicht um das Artikel 6-Verfahren geht, die Unterscheidung in Vermeidung und Minderung auf der einen Seite und Ausgleich (Kompensation) auf der anderen Seite in fachüblicher Art und Weise zu treffen weiß und etwa die Anlage und Pflege von Brachen sowie die Schaffung von Trockenrasen und Ruderalstandorten korrekt den Ausgleichsmaßnahmen zuordnet (c).
Daher ist die Gutachtensfrage damit zu beantworten, dass die in das Projekt aufgenommene Anlage von Flächen mit hoher Eignung für den Triel die fachlichen Kriterien dafür, gegebenenfalls als schadensbegrenzende Maßnahme in die NVP einbezogen zu werden, nicht erfüllt. Es handelt sich dabei aus fachlicher Sicht ohne jeden Zweifel um eine Ausgleichsmaßnahme.“
Die erstmitbeteiligte Partei ist diesen Ausführungen letztlich fachlich nicht entgegengetreten. Vielmehr ist die erstmitbeteiligte Partei der Diskussion des inhaltlichen Unterschieds zwischen schadensbegrenzenden Maßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen ausgewichen und hat versucht, die Diskussion auf die Fragen der Gewissheit und Rechtzeitigkeit zu beschränken. Dazu wird im Gutachten der erstmitbeteiligten Partei von DI römisch 40 und Mag. römisch 40 vom 17.02.2020 ausgeführt (Beilage zu OZ 258, Sitzung 17/18):
„(3) Sowohl die ‘Gewissheit der Wirksamkeit’ als auch die ‘Rechtzeitigkeit’ machen den vorliegenden Fall zu einem spezifischen Fall, der unmittelbar mit den besonderen Lebensraumgewohnheiten des Triels im Zusammenhang stehen, und der nicht ohne weiteres auf andere Arten und schon gar nicht auf andere Lebensraumtypen anzuwenden ist und damit keinesfalls ein Präzedenzfall ist. In diesem Sinne ersparen wir uns weitere ausführliche Verweise auf bisherige Darstellungen der allgemeinen Unterschiedlichkeiten von schadensbegrenzenden Maßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen, sondern fokussieren uns nur auf die Frage, ob die Verhinderung eines möglichen Schadens in diesem Projekt durch die geplanten Maßnahmen glaubwürdig, nachvollziehbar und zweifelsfrei möglich ist.“
Weiters wird im Gutachten der erstmitbeteiligten Partei dazu fachlich ausgeführt (Gutachten römisch 40 römisch II vom 11.10.2020, Beilage zu OZ 381, Sitzung 6):
„(25) Weiters werden vom SV römisch 40 die projektintegralen Maßnahmen des Vorhabens weiterhin als Ausgleichsmaßnahmen kategorisiert, was aus meiner Sicht keinesfalls zutrifft. Hier wurden bereits unzählige Teile von Schlussanträgen und Urteilen bemüht, die die Bewertung der Situation nahezu unlesbar und kompliziert machen. Ich möchte eine aus meiner Sicht zentrale Aussage von Fr. Generalanwältin Sharpston aus dem Schlussantrag C-521/12 Rn 39 zitieren, in dem sie zu der Kategorisierung von Maßnahmen klar ausführt, dass in der Bestimmung des Artikel 6, Absatz 3, ‘weder Schadensbegrenzungs-noch Ausgleichsmaßnahmen erwähnt werden, sondern das angestrebte Ergebnis – keine Beeinträchtigung des ‘Gebiet als solches’ –in den Mittelpunkt gestellt wird.“
Dass jedoch auch die erstmitbeteiligte Partei die Ansicht, es handle sich keinesfalls um Ausgleichsmaßnahmen, nicht konsequent vertritt, sondern teilweise vom selben fachlichen Sprachverständnis ausgeht wie der gerichtliche Sachverständige, ergibt sich aus der UVE, Tiere und deren Lebensräume, Einlage 3-8.1, Sitzung 193), in der ausgeführt wird:
„Zur Vermeidung und Minderung von betriebsbedingten Auswirkungen auf die Fauna wurden Maßnahmen entwickelt wie etwa:
o Schutzwände in sensiblen Trassenabschnitten
o Blend- und Kollisionsschutzeinrichtungen
o Vorkehrungen zur Lebensraumvernetzung (Kleintierdurchlässe, Grünbrücken) entwickelt
Als Kompensationsmaßnahmen dienen:
o Ausgleichsmaßnahmen wie Anlage und Pflege von Brachen, Schaffung von Trockenrasen und Ruderalstandorten, Anlage von Laichgewässern sowie die Entwicklung und Aufwertung von Struktur und nahrungsreichen Waldbeständen“
Weiter wird von der erstmitbeteiligten Partei im Bericht zur Habitatmodellierung vom August 2020 ebenso ausgeführt Sitzung 111):
„Somit würde es trotz Errichtung der geplanten Schnellstraße S8 zu einer leichten Erhöhung des geeigneten Habitats für den Triel kommen, obwohl die Errichtung der Einreichprojekttrasse das geeignete Habitat um 32,9 ha reduziert, da diese Fläche durch Anlegen der S8-Maßnahmeflächen um zusätzliche 54,8 ha geeignetes Habitat verbessert werden. Diese können den negativen Effekt der geplanten Einreichprojekttrasse kompensieren.“
Der erkennende Senat folgt hier den nachvollziehbaren und fachlich fundierten Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten, wonach die von der erstmitbeteiligten Partei in das Projekt aufgenommene Anlage von Flächen mit hoher Eignung für den Triel nicht die fachlichen Kriterien dafür erfüllen, gegebenenfalls als schadensbegrenzende Maßnahme in die NVP einbezogen zu werden.
3.3.3.6. Es wird festgestellt, dass der Eingriff und die geplante Maßnahme zur S 8 in fachlicher Hinsicht mit dem Ausgangsverfahren in der Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, unmittelbar vergleichbar sind.
Dazu wird im Gutachten der erstmitbeteiligten Partei von DI römisch 40 und Mag. römisch 40 vom 17.02.2020 ausgeführt, dass der verfahrensgegenständliche Fall über spezifische Merkmale verfüge (Beilage zu OZ 258, Sitzung 17/18):
„(3) Sowohl die ‘Gewissheit der Wirksamkeit’ als auch die ‘Rechtzeitigkeit’ machen den vorliegenden Fall zu einem spezifischen Fall, der unmittelbar mit den besonderen Lebensraumgewohnheiten des Triels im Zusammenhang stehen, und der nicht ohne weiteres auf andere Arten und schon gar nicht auf andere Lebensraumtypen anzuwenden ist und damit keinesfalls ein Präzedenzfall ist. In diesem Sinne ersparen wir uns weitere ausführliche Verweise auf bisherige Darstellungen der allgemeinen Unterschiedlichkeiten von schadensbegrenzenden Maßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen, sondern fokussieren uns nur auf die Frage, ob die Verhinderung eines möglichen Schadens in diesem Projekt durch die geplanten Maßnahmen glaubwürdig, nachvollziehbar und zweifelsfrei möglich ist.“
Der gerichtliche Sachverständige führt in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 1 aus (OZ 231, Sitzung 75-77):
„Von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der gegenständlichen Maßnahme ist die Rs. C-164/17. Meines Wissens handelt es sich dabei um den bisher einzigen Fall, in dem sich der EuGH mit Bezug auf das Habitat einer Vogelart zur Frage geäußert hat, ob eine bestimmte Maßnahme eine schadensbegrenzende Maßnahme oder eine Ausgleichsmaßnahme ist. Es ist daher sinnvoll, zu überprüfen, ob die fachlichen Rahmenbedingungen mit jenen im Fall der S 8 vergleichbar sind oder sich von jenen wesentlich unterscheiden.
Auf den ersten Blick besteht ein solcher wesentlicher Unterschied darin, dass im Fall der S 8 die Beeinträchtigung (zumindest jener Teil davon, um den es gerade geht) außerhalb des verordneten Vogelschutzgebiets erfolgen soll. [...] [Anmerkung: Nach Erweiterung des Europaschutzgebiets im April 2020 erfolgt die Beeinträchtigung innerhalb.]
Unter dieser wesentlichen Einschränkung sind die in den beiden Projekten prognostizierten Wirkungen auf den Lebensraum einer geschützten Vogelart ebenso vergleichbar wie die in den Projekten vorgesehenen Maßnahmen:
- Für den Windpark, der den Hintergrund für die Rs. C-164/17 bildet, wurde eine dauerhafte Zerstörung (Verbauung) von 9 ha an (potenziellem) Lebensraum angenommen. Überdies wurde angenommen, dass die Kornweihe den Nahbereich von Windenergieanlagen bis ca. 250 m Entfernung meidet, was einem Verlust an für die Kornweihe nutzbarer Fläche von 162,7 ha entspricht (Urteil Rs. c-164/17, Rn. 12). Im Vergleich dazu schätze ich die dauerhafte Zerstörung von (potenziellem) Lebensraum in der Flur ‘Zinsäcker’ auf ca. 2–3 ha. Der Verlust an für den Triel nutzbarer Fläche durch Verlärmung beträgt nach Annahme der Projektwerberin 14 ha (aktueller Kernlebensraum). Es handelt sich also in beiden Fällen um eine ‘gemischte’ Beeinträchtigung aus einem kleineren direkten Flächenverlust und einem größeren Bereich, der durch die Veränderung wesentlicher Habitateigenschaften für die Art entwertet wird.
- Die geplante Maßnahme besteht jeweils darin, an anderer – also an von den Wirkungen der Windkraftanlagen bzw. der Straße möglichst unbeeinflusster – Stelle im Vogelschutzgebiet Lebensraum bereitzustellen. In beiden Fällen geht es dabei um die wesentliche Verbesserung von Teilen des Schutzgebiets, die ohne die Maßnahme für Art nicht nutzbar wären. (Andernfalls wäre durch die Aufwertung ja nicht viel zu gewinnen.) In beiden Fällen sind dafür wiederkehrende Eingriffe in den Vegetationsbestand notwendig: bei C-164/17 Schlägerungen in zu dichten Forstbeständen (Urteil Rs. C-164/17, Rn. 13), bei der S 8 das Verhindern einer für den Triel ungünstigen Sukzession in Richtung hochwüchsige Brachen (b).
- In beiden Fällen wird eine Wirksamkeit der Maßnahme zum Zeitpunkt des Eingriffs angenommen. Allerdings ist bei C-164/17 diese fachliche Wirksamkeitsprognose Teil der Voraussetzungen, unter denen der EuGH zu seiner Entscheidung gelangt ist (Urteil Rs. C-164/17, Rn. 18), während im Fall der S 8 die Wirksamkeit der Maßnahme bei genauerer Betrachtung keineswegs gewährleistet ist (siehe meine Ausführungen zu den Fragen 2.2. und 5.1.).
- In beiden Fällen finden die Eingriffe in einem Gebiet statt, in dem geeignetes Habitat für die betroffene Vogelart in erster Linie durch die menschliche Bewirtschaftung entsteht: In der Rs. C-164/17 wird auf forstwirtschaftliche Maßnahmen hingewiesen, ohne die keine geeigneten Nahrungsflächen für die Kornweihe vorhanden wären (Urteil Rs. C-164/17, Rn. 19), und im Marchfeld schafft der Schotterabbau geeignete Brutflächen für den Triel.
Vor diesem Hintergrund weise ich darauf hin, dass in der Rechtssache C-164/17 eine Reihe von Argumenten dafür vorgebracht wurden, die beschriebenen Maßnahmen als ‘schadensbegrenzende Maßnahmen’ anzuerkennen (siehe die Schlussanträge des Generalanwalts in der Rs. C-164/17, Rn. 40 bis 44). Der EuGH ist in seinem Urteil all diesen Argumenten nicht gefolgt.“
Die erstmitbeteiligte Partei ist diesen Ausführungen nur insoweit entgegengetreten, als sie die Ansicht vertreten hat, die fachliche Wirksamkeit der Maßnahme sei in der Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, unsicher gewesen. In der Verhandlung zur ersten Tagsatzung wurde dazu vom naturschutzfachlichen Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei in Bezug auf EuGH C-164/17 ausgeführt, es gäbe eine Unsicherheit der Beurteilung der Wirkungen auf der fachlichen Ebene (VHS OZ 280, Sitzung 122 ff).
Der erkennende Senat folgt daher den nachvollziehbaren und fachlich fundierten Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten, wonach Eingriff und Maßnahmen hinsichtlich der geschützten Vogelart Triel im Fall der S 8 mit Eingriff und Maßnahmen hinsichtlich der geschützten Vogelart Kornweihe im Fall der Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, unmittelbar vergleichbar ist.
Dritte Vorfrage: Hat die belangte Behörde bzw. hat die erstmitbeteiligte Partei das Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten korrekt berücksichtigt?
3.3.3.7. Es wird festgestellt, dass die erstmitbeteiligte Partei Pläne und Projekte, die bis zur Ausweisung des Europaschutzgebiets im Jahr 2008 umgesetzt wurden, nicht in ihrer Betrachtung kumulativer Wirkungen berücksichtigt hat. Die Auswirkungen von Plänen, die für die Verkehrsstärke auf der S 8 und anderen Straßenverbindungen des Betrachtungsraums relevant sind, wurden teilweise dem Referenzplanfall, teilweise (als induzierter Verkehr) der S 8 zugeschlagen.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten und in der Verhandlung des Verwaltungsgerichts getroffen werden.
Im Bericht zur Habitatmodellierung der erstmitbeteiligten Partei wird ausgeführt (OZ 350, Einlage 1.2 Habitatmodell zur Beurteilung der Auswirkung der S 8 auf den Triel in Markgrafneusiedl, Sitzung 29):
„Der für die Beurteilung des Vorhabens besonders hervorzuhebende Nullplanfall 2035 inklusive geplanter und genehmigter Bescheidauflagen (siehe Kapitel 7.3.) beinhaltet bereits Fremdprojekte und die Umsetzung von Bescheidauflagen, insbesondere Schotterabbau- und Deponieprojekte, Ausweitung des Gewerbegebiets und andere Straßenprojekte, als auch ein Natura-2000-konformes Gebietsmanagement des Landes. Die Differenz vom Basisszenario 2008 zum Nullplanfall 2035 beschreibt daher die positiven als auch negativen kumulativen Effekte.“
In der Stellungnahme der erstmitbeteiligten Partei vom 25.11.2019 im behördlichen Verfahren wird ausgeführt Sitzung 3):
„Für zwei Industrie- und Gewerbegebiete im Marchfeld wurde eine eigene Prognose der Verkehrserzeugung in den verkehrlichen Planfällen angesetzt. Das Betriebsgebiet Markgrafneusiedl-Strasshof weist große Flächenreserven auf, die entsprechend dem Status-Quo nicht als Bauland, sondern als Aufschließungszone oder als Grünland gewidmet sind, deren entsprechende Baulandwidmung jedoch – insbesondere mit dem Ausbau der Verkehrsinfrastruktur in der Region östlich von Wien – zu erwarten ist. Für diesen Bereich wurden auf der Grundlage eines ,Betriebsflächenkonzepts B8 Gemeinden Bockfließ, Deutsch-Wagram, Markgrafneusiedl, Strasshof an der Nordbahn’ abhängig von der Realisierung der S 8 unterschiedliche Szenarien der Flächennutzung entwickelt, welche in die Verkehrsprognosen eingeflossen sind. Im Falle ohne S 8 weist dieser Bereich ein sehr geringes Nutzungsausmaß auf. Im Falle mit S 8 hingegen wird dieser Bereich durch die optimale Erschließung über die S 8 in größerem Ausmaß genutzt werden. Insgesamt stehen hier Flächen in einem Ausmaß von 131 ha zur Verfügung. Davon wurden im Falle der Nichtrealisierung der S 8 insgesamt 38 ha als genutzt angesetzt, im Falle der Realisierung der S 8 West hingegen 68 ha. In der Gemeinde Marchegg besteht ein von ecoplus errichtetes und aufgeschlossenes Betriebsgebiet (‚Wirtschaftspark Marchegg‘) mit einem Flächenausmaß von insgesamt 45 ha. Im Falle ohne S 8 wurden davon 22 ha als genutzt angesetzt, im Falle mit Ausbau der S 8 West hingegen 30 ha.“
Der gerichtlich bestellte Sachverständige führt in diesem Zusammenhang nachvollziehbar und schlüssig aus, dass die kumulativen Auswirkungen nur mangelhaft berücksichtigt wurden (Gutachten/Teil 1, OZ 231, Sitzung 58 und Sitzung 96 bzw. die Ausführungen unter Pkt. römisch III.3.3.1., römisch III.3.3.3.8. sowie die Ausführungen im Gutachten/Teil 2, OZ 373, Sitzung 63, bzw. die Ausführungen unter Pkt. römisch III. 3.5.3.2. im Zusammenhang zur naturschutzrechtlichen Alternativenprüfung). Es ist den konsistenten und letztlich von den Verfahrensparteien unwidersprochenen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu folgen.
3.3.3.8. Es wird festgestellt, dass die erstmitbeteiligte Partei das bisherige sowie ein angenommenes künftiges Gebietsmanagement als „positive Kumulation“ in die Definition ihrer Planfälle aufgenommen hat.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten getroffen werden.
Von der erstmitbeteiligten Partei wird im Bericht zur Habitatmodellierung ausgeführt (OZ 350, Einlage 1.2 Habitatmodell zur Beurteilung der Auswirkung der S 8 auf den Triel in Markgrafneusiedl, Sitzung 29):
„Der für die Beurteilung des Vorhabens besonders hervorzuhebende Nullplanfall 2035 inklusive geplanter und genehmigter Bescheidauflagen (siehe Kapitel 7.3.) beinhaltet bereits Fremdprojekte und die Umsetzung von Bescheidauflagen, insbesondere Schotterabbau- und Deponieprojekte, Ausweitung des Gewerbegebiets und andere Straßenprojekte, als auch ein Natura-2000-konformes Gebietsmanagement des Landes. Die Differenz vom Basisszenario 2008 zum Nullplanfall 2035 beschreibt daher die positiven als auch negativen kumulativen Effekte.“
Vom gerichtlichen Sachverständigen wird in diesem Zusammenhang die Habitatmodellierung kritisiert, wonach ein Defizit in der Datenaufbereitung durch die erstmitbeteiligte Partei in Bezug auf die kumulativ zu berücksichtigenden Pläne und Projekte, so wie im behördlichen Verfahren, bestehe (Gutachten/Teil 2, OZ 373, Sitzung 63, mit Hinweis auf die bereits im Gutachten Teil 1; Sitzung 96 geäußerte Kritik). Auch sei das Gebietsmanagement nicht zu den kumulativ zu betrachtenden Plänen und Projekten zu zählen, könne daher nicht einfach bilanzierend gegengerechnet werden.
Die Tatsache, dass die erstmitbeteiligte Partei Maßnahmen nach Artikel 6, Absatz eins und 2 der FFH-RL als „positive kumulative Effekte“ in ihre Vorhabensbeurteilung einbezogen hat, ist somit unstrittig.
Ergänzende Erheblichkeitsbeurteilung durch das Verwaltungsgericht unter Berücksichtigung der Erhaltungsziele
In weiter Folge ist durch das Verwaltungsgericht die Erheblichkeit der Auswirkungen des Vorhabens unter Berücksichtigung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ zu klären.
3.3.3.9. Es wird festgestellt, dass die Errichtung der S 8 zu direktem Flächenverbrauch innerhalb des Europaschutzgebiets in einem Ausmaß von 18 ha führt. Dies ist im Verfahren unbestritten und auch aus der Alternativenprüfung Markgrafneusiedl vom August 2020 der erstmitbeteiligten Partei ersichtlich (Einlage 1.1 Bericht Alternativenprüfung Markgrafneusiedl vom August 2020, OZ 350, Sitzung 37):
„Der direkte Flächenverbrauch durch die Trasse unterscheidet sich innerhalb des Vogelschutzgebietes (unabhängig vom Prognoseszenario, da er nicht durch die Habitateignung beeinflusst ist) deutlich zwischen den verschiedenen geplanten Trassenverläufen. Während er bei der geplanten Einreichprojekttrasse (EP) bei ca. 18,0 ha liegt, ist dieser Wert bei dem alternativen Trassenverlauf C mit ca. 19,2 ha etwas höher und bei dem alternativen Trassenverlauf D mit ca. 28,9 ha deutlich höher.“
3.3.3.10. Es wird festgestellt, dass es über den direkten Flächenverbrauch hinaus zu einem weiteren Habitatverlust, insbesondere durch den Einfluss des Verkehrslärms, kommt. Die erstmitbeteiligte Partei war jedoch nicht in der Lage, diesen Verlust vollständig, präzise und endgültig zu quantifizieren.
Diese Feststellung ist im Verfahren ebenfalls unbestritten und ergibt sich weiter aus den Ausführungen zur dritten Vorfrage zur Kumulation. Weiters hat der gerichtliche Sachverständige auch die neue Methode zur Eingriffsbewertung nicht als korrekt anerkannt. Erörterung und Klärung dieser Frage in der zweiten Tagsatzung konnten unterbleiben, weil (erstens) wegen der fehlerhaften Kumulation selbst eine korrekte Berechnungsmethode keine korrekten Ergebnisse liefern könnte und (zweitens) das exakte Ausmaß nicht ermittelt werden musste, weil es jedenfalls über 18 ha liegt und weil keine Bagatellschwelle gerechtfertigt werden kann (dazu die obigen Ausführungen zur ersten Vorfrage).
3.3.3.11. Es wird festgestellt, dass Maßnahmen zur Schaffung von Trielhabitaten im Verfahren gemäß Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL nicht berücksichtigt werden.
Dies ergibt sich aus den Ausführungen zur zweiten Vorfrage. Aufgrund der angeführten Unsicherheiten (dazu die Ausführungen zur letzten Feststellung) wäre aber selbst bei einer bilanzierenden Gesamtbetrachtung nicht gewährleistet, dass die Zugewinne durch die Schaffung von Habitaten die Verluste von Habitaten durch Verbauung und Verlärmung ausgleichen oder überwiegen.
3.3.3.12. Die neue Eingriffsbewertung der erstmitbeteiligten Partei ist fehlerhaft. Sie lässt keine sichere Feststellung über das Gesamtausmaß der Beeinträchtigung zu.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden (OZ 373, Sitzung 61).
Vor allem sind die mit Schriftsatz vom 01.09.2020 vorgelegten Grundlagen der erstmitbeteiligten Partei zur Beurteilung der Auswirkung der geplanten Schnellstraße S 8 auf den Triel im Bereich Markgrafneusiedl vom August 2020 (OZ 350) grob fehlerhaft und lassen deshalb keine sichere Feststellung über das Gesamtausmaß der Beeinträchtigung zu. So wird z.B. eine Untersuchung von Trielen beim Fluss Taro in Italien falsch interpretiert Sitzung 12/13 sowie Sitzung 14).
Dazu hat der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2, gestützt u.a. auf Satellitenbilder, ausgeführt (OZ 373, Sitzung 61):
„Bemerkenswert ist die Fehlinterpretation der Arbeit von Caccamo (2006): Eine Verträglichkeitsprüfung, die in Wirklichkeit die Verteilung von Triel-Nestern vor Errichtung einer Landesstraßenbrücke (Strada provinciale SP120) bzw. im ersten Jahr der Bauarbeiten dokumentiert (s), wird in der Literaturstudie zu einer Aussage darüber, wie nahe Triele an einer bestehenden Autobahnbrücke brüten können (t).“
Die erstmitbeteiligte Partei bestritt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht die Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung der Nestdichte von Trielen um eine Straßenbahnbrücke, aus der sie die relevante Distanz von 200 m abgeleitet hat, diese Brücke noch gar nicht errichtet, sondern erst geplant war. Jedoch wurde von der erstmitbeteiligten Partei behauptet, dass dies auf ihre Analyse keinen Einfluss hätte. In ihrer Stellungnahme zum Gutachten Naturschutz/Teil 2 des gerichtlichen Sachverständigen (OZ 373, Sitzung 9) führt die erstmitbeteiligte Partei aus:
„Bei der Diplomarbeit von C. Caccamo aus Italien liegt das Brutrevier der Triele direkt neben der Autobahn. Der Bau der Brücke stellt nur einen zusätzlichen Störfaktor dar, ändert aber nichts daran, dass die Triele nur ca. 200 m neben der Autobahn brüten.“
Zur referenzierten Autobahn parallel zum Fluss Taro (die entgegen der den Fluss querenden Landesstraße tatsächlich bereits zum Zeitpunkt der Untersuchung bestand) wurde die entsprechende Distanz von der erstmitbeteiligten Partei ursprünglich jedoch selbst nicht mit ca. 200 m, sondern mit 300 – 650 m angegeben, wie aus dem Bericht zur Habitatmodellierung der erstmitbeteiligten Partei hervorgeht (OZ 350, Einlage 1.2 Habitatmodell zur Beurteilung der Auswirkung der S 8 auf den Triel in Markgrafneusiedl, Sitzung 14):
„Besonders auffällig ist, dass die Nester der Triele auf den Schotterbänken des Flusses sehr nahe an der Autobahn liegen. In Abb. 7 ist die Autobahn etwas deutlicher zu erkennen (linke rote Begrenzungslinie des Untersuchungsgebietes liegt genau über der Autobahn). Die von den Trielen zum Brüten benutzte Schotterbank ist daher nur ca. 300 – 650 m von der Autobahn entfernt. Die Autobahnnähe hat für den Triel hier keine signifikante negative Auswirkung.“
Die Distanz von 200 m wurde hingegen, wie vom gerichtlichen Sachverständigen korrekt dargestellt, offensichtlich aus der „Lage“ der (erst noch zu errichtenden) Brücke abgeleitet (OZ 350, Einlage 1.2 Habitatmodell zur Beurteilung der Auswirkung der S 8 auf den Triel in Markgrafneusiedl, Sitzung 12/13):
„1.2.3. Caccamo 2006. La Valutazione di Incidenza: contesto normativo e applicazione a un sito di rete Natura 2000
In diesem Paper wird eine Untersuchung von Trielen beim Fluss Taro in Italien vorgestellt. Unter anderem wurde um eine Autobahnbrücke die ‘Nestdichte‘ von Trielen untersucht. Die beiden untenstehenden Abbildungen sind der Arbeit entnommen. Abb. 7 und 8 zeigen, dass schon bei einem Abstand von 200 m zur Brücke die Anzahl der Nester nicht signifikant reduziert ist im Vergleich zu den größeren untersuchten Abständen.“
In ihrer Stellungnahme zum Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen vom 05.10.2020 (OZ 373, Sitzung 9) hat die erstmitbeteiligte Partei jedoch nicht weiter begründet, warum aus ursprünglich 350 – 600 m Abstand von der (tatsächlich existierenden) Autobahn nun 200 m wurden. Außerdem hat die mitbeteiligte Partei keine Nestdichten für die unterschiedlichen Distanzen von 300 – 650 m verglichen, so dass sich die ursprüngliche Aussage, dass ab einem bestimmten Abstand die Anzahl der Nester sich nicht signifikant reduziert, im Vergleich zu größeren untersuchten Abständen, sich nicht rechtfertigen lässt. Im Effekt ist der Abstand von der Straße, bis zu dem eine Beeinträchtigung angenommen wird, nicht durch wissenschaftliche Erkenntnisse belegt.
3.3.4. Zwischenresümee zur Erheblichkeitsprüfung
Insgesamt kann festgestellt werden, dass das Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ durch den Bau und Betrieb der S 8 erheblich beeinträchtigt wird. Insgesamt können die Auswirkungen der projektierten S 8 auf den Lebensraum des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ weder aus dem Verfahren der Behörde noch aus dem ergänzenden Ermittlungsverfahren des Verwaltungsgerichts exakt quantifiziert werden. Gesichert ist lediglich, dass es durch die S 8 im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten zu einem erheblichen Habitatverlust in einem Ausmaß von mehr als 18 ha kommen würde und dass die aktuell wichtigsten Bruthabitate des Triels am stärksten betroffen wären. Die Bedingung, dass anhand der Naturverträglichkeitsprüfung jeder vernünftige Zweifel hinsichtlich der Auswirkungen des gegenständlichen Projekts auf das Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ ausgeräumt sein muss, ist nur insofern erfüllt, als zweifelsfrei feststeht, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ nicht vereinbar ist.
Das Mindestmaß an Habitatverlust durch den Bau der S 8 und die Tatsache, dass es darüber hinaus durch den Betrieb der S 8 zu weiteren Habitatsverlusten kommt, blieben im Verfahren insgesamt unbestritten.
3.4. Exkurs: zum (gebietsunabhängigen) Artenschutz:
In den Beschwerden wird vorgebracht (Erstbeschwerdeführerin, Sitzung 36), das Artenschutzregime sei nicht in korrekter Weise angewandt worden. Weiters werde durch den Bau der S 8 Marchfeld Schnellstraße der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand der Beschädigung oder Zerstörung einer Brutstätte verwirklicht (Fünftbeschwerdeführerin, Sitzung 31).
In den Beschwerden (z.B. der Erstbeschwerdeführerin, Sitzung 80/81) wird weiters vorgebracht, es komme zu einer besonderen Gefährdung des Ziesels. Durch seinen Zustand U2- „unfavourable bad“ mit negativer Bestandsentwicklung werde diese in Österreich nur im pannonischen Raum vorkommende Art als eine der gefährdetsten der Roten Liste angesehen. Es fehle die projektübergreifende Betrachtung. Der Ziesel werde durch eine Vielzahl an Bauprojekten betroffen, in denen jeweils Vergrämungsmaßnahmen, Abfangen, (gescheiterte) Umsiedlungsversuche vorgesehen bzw. bewilligt worden seien, die für sich allein vielleicht weniger bedenklich erscheinen mögen, als dies in der Gesamtschau der Fall sei.
3.4.1. Zur Beschädigung oder Zerstörung einer Niststätte des Triels
3.4.1.1. Im Hinblick auf den Triel ist eine enge Auslegung des Begriffs Fortpflanzungsstätte fachlich angemessen. Der konkrete Aufzuchtbereich ist für die konkrete Fortpflanzungsstätte im Zusammenhang mit dem Artenschutz relevant, nicht jedoch das gesamte Brutgebiet des Triels bei Markgrafneusiedl.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen getroffen werden. In diesem wird dazu ausgeführt (OZ 231, Sitzung 81/82):
„Hingegen bedarf der Begriff der Fortpflanzungsstätte einer genaueren Betrachtung. Im Artikel 12-Leitfaden (Europäische Kommission 2007) werden dazu fachliche Empfehlungen ausgesprochen. Gemäß der Definition der Europäischen Kommission (2007) umfasst die Fortpflanzungsstätte nicht nur das Nest, sondern auch dessen Umgebung, wenn diese für die Nachwuchspflege benötigt wird (1). Beim Triel, dessen Junge Nestflüchter sind, die sich bis zum Flüggewerden zumeist in einem begrenzten Bereich um das Nest aufhalten, ist dieser Aufenthaltsbereich der Jungvögel – ohne den eine erfolgreiche Fortpflanzung nicht möglich ist – jedenfalls Teil der Fortpflanzungsstätte. Zugleich wäre es beim Triel nicht sinnvoll, den gesamten Aktionsraum als Fortpflanzungsstätte anzusehen, da er eine Art mit hohen Raumanspruch ist (1). Damit ist die Fortpflanzungsstätte biologisch am besten durch das eigentliche Nest einschließlich des Aufenthaltsbereichs der noch nicht flüggen Jungvögel definiert.“
In diesem Zusammenhang wird im angefochtenen Bescheid die Stellungnahme des behördlichen Sachverständigen wiedergegeben Sitzung 371):
„b) Handelt es sich gem. der Sachverhaltsdarstellung vom 12. Juni 2018 um eine Brutstätte der geschützten Vogelart des Triels?
Der Triel benötigt als ursprünglicher Brutvogel der Steppen und der ausgedehnten Schotterbänke in natürlichen Aulandschaften weitgehend ebene oder leicht gewellte offene Flächen mit trockenem sandigem bis steinigem Rohboden mit spärlicher krautiger Vegetation in offener Umgebung. Seine Brutvorkommen liegen in Flusslandschaften mit Schotterbänken (z.B. Italien), in Steppen (z.B. Crau in Frankreich), in extensivem Weideland (z.B. Steinfeld), in Grasland und in geeignetem Ackerland (z.B. England, s. frühere Stellungnahmen im Verfahren). Wasserstellen in der Nähe sind förderlich, der Niststandort ist aber trocken. Wo diese Bedingungen an einen Brutplatz erfüllt sind, brütet der Triel auch in Schottergruben (Kiesgruben, Sandgruben).
Die Bedingungen an einen Brutplatz sind bei dem Brutrevier 2018 in der nicht humusierten Grube angrenzend an das Vogelschutzgebiet erfüllt. Die überwiegend trockene weitgehend offene Fläche ist trocken, vegetationsarm, groß genug (über 10 ha groß, die Brutreviere im Gebiet sind meist etwa 3 bis etwas über 10 ha groß, s. Jahresberichte der Artenschutzbetreuung Triel und UVP-Teilgutachten 05 Tiere und ihre Lebensräume), weitgehend ungestört, und eine Wasserfläche ist als Vernässung bei Regen vorhanden.
Trielreviere werden zumeist akustisch, anhand der Rufe der Männchen und der Paare, festgestellt. Bei den in der Sachverhaltsdarstellung vom 12. Juni 2018 mitgeteilten Beobachtungen wurden unter anderem Paarrufe, bei denen ein Partner vom Nest aus dem anderen antwortet, festgestellt. Derartige Rufe werden nur von verpaarten Individuen geäußert und gelten als Nachweis eines Brutreviers.
Bei dem in der Sachverhaltsdarstellung vom 12. Juni 2018 beschriebenen Rufrevier handelt es sich um eine Brutstätte der geschützten Vogelart Triel. Es handelt sich also sowohl um ein Nest im Sinne der Vogelschutzrichtlinie als auch um eine Fortpflanzungsstätte im Sinne der FFH-Richtlinie.“
Die beiden Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei führten dazu in ihrem Gutachten vom 17.02.2020 aus (OZ 258, Sitzung 19):
„(10) Der Umstand, dass der Triel Jahr für Jahr im Bereich des überschaubaren Schutzgebiets mehr oder weniger neu entscheidet, welches Habitat er als Bruthabitat auswählt, und dabei durchaus vorhersehbar bestimmte Habitatelemente präferiert (insbesondere schottrige schütter bewachsene Flächen, die besonders großflächig und störungsfrei sind, und die nicht in Waldnähe liegen), lässt den logischen Schluss zu, dass die gesamte Menge an geeigneten Habtiatelementen, die in dem überschaubaren Schutzgebiet zu Verfügung stehen, als Fortpflanzungs- und Ruhestätten gesehen werden kann. Aus diesem Sample werden Jahr für Jahr vom Triel Habitate für seine Brut, Jungenaufzucht, Nahrungssuche, etc. ausgewählt. Ähnlich könnte man das z.B. für den Kiebitz oder die Feldlerche bewerten. Der Fall wäre anders gelegen, wenn es sich um ein sehr großes Schutzgebiet mit mehreren geeigneten Habitatteilräumen handelte. In diesem Fall könnten diese Teilräume als Fortpflanzungs- und Ruhestätte gesehen werden. Wiederum anders wäre der Fall bei Vogelarten, die punktuelle Fortpflanzungs- und Ruhestätten nutzen (z.B. Winterschlafplätze, Horste). In diesem Fall wäre der einzelne punktuelle Bereich, z.B. der Horst die Fortpflanzungs- und Ruhestätte.“
Somit geht sowohl der behördliche als auch der gerichtliche Sachverständige davon aus, dass die konkrete Kiesgrube (die sogenannte „Haindl-Grube“) als Fortpflanzungsstätte anzusehen ist und diese auch durch das Vorhaben beschädigt wird. Hingegen sehen die beiden Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei „die gesamte Menge“ [richtig wohl: „das gesamte Gebiet“] geeigneter Habitatelemente als Fortpflanzungsstätten an.
Die Sicht des behördlichen und des gerichtlichen Sachverständigen entspricht auch der Auslegung der Europäischen Kommission zur FFH-RL. Denn eine weite Auslegung des Begriffs Fortpflanzungsstätte eignet sich nach Ansicht der Europäischen Kommission eher für Arten mit kleinem Aktionsraum. Hingegen ist die Situation bei Arten, die große Lebensräume beanspruchen, anders zu bewerten. Denn hier könne es ratsam sein, die Festlegung einer Fortpflanzungsstätte auf einen klar abgegrenzten Raum zu beschränken, z.B. den Bau bei Ottern vergleiche Europäische Kommission, Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG, Sitzung 50). Daher schließt sich der erkennende Senat der Ansicht des behördlichen als auch des gerichtlichen Sachverständigen an, die auch der einschlägigen Fachmeinung der Europäischen Kommission entspricht.
3.4.1.2. Es wird festgestellt, dass bei der Verwirklichung des Vorhabens eine Fortpflanzungsstätte des Triels beschädigt oder zerstört wird.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen in seinem Gutachten gemacht werden. Dazu ist zunächst auf die Stellungnahme des behördlichen Sachverständigen vom 10.01.2019 hinzuweisen, in der wie folgt ausgeführt wird vergleiche UVP-Bescheid, Sitzung 371/372):
„Vorausgesetzt, die Brutstätte des Triels besteht zum Zeitpunkt des Eingriffs, wird durch Grundinanspruchnahme mit Fahrzeugaktivität und Erdarbeiten in der Bauphase die Fläche als Niststätte verkleinert und beschädigt, was einer Zerstörung der Brutstätte der Vogelart Triel gemäß Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 3, NÖ NSchG gleichkommt.
In der Betriebsphase würde die Niststätte nicht mehr bestehen. Eine allfällig übrig bleibende Fläche der nicht humusierten Grube zwischen der Straße S 8 und dem parallel dazu verlaufenden Querweg südlich davon, der das Vogelschutzgebiet begrenzt, wäre voraussichtlich zu klein und durch betriebsbedingte Störwirkung (Lärm) nicht mehr als Niststätte geeignet.“
In diesem Zusammenhang wird im Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen ausgeführt (OZ 231, Sitzung 82):
„Wenn diese Fortpflanzungsstätte dann, wenn mit den Bauarbeiten der S 8 begonnen wird, noch besteht, so ist damit – wie der behördliche Sachverständige korrekt ausgeführt hat (b) – eine Beschädigung dieser Stätte verbunden.“
Die erstmitbeteiligte Partei vertritt hier unterschiedliche Standpunkte. So geht sie einmal davon aus, dass die Fortpflanzungsstätte zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt wird; ein anderes Mal geht sie wiederum davon aus, dass die aktuelle Fortpflanzungsstätte beseitigt, aber davor eine neue angelegt wird, und widerspricht sich damit selbst (Gutachten römisch 40 vom 17.02.2020, OZ 258, Sitzung 19 und 20).
Damit ist zwar außer Streit gestellt, dass es zu einer Zerstörung des betroffenen Bereichs kommt. Die Ausführungen der erstmitbeteiligten Partei zur Frage, ob dadurch nun eine (räumlich klar abgrenzbare) Fortpflanzungsstätte zerstört wird oder aber eine (aus einer größeren Zahl nicht konkretisierter Einzelflächen zusammengesetzte) Fortpflanzungsstätte ohne Unterbrechung zur Verfügung steht, sind widersprüchlich. Insgesamt folgt der erkennende Senat hier den widerspruchsfreien Ausführungen des behördlichen und des gerichtlichen Sachverständigen, die auch der einschlägigen Fachmeinung der Europäischen Kommission entspricht.
3.4.1.3. Die von der erstmitbeteiligten Partei vorgeschlagene Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war nicht geeignet, als CEF-Maßnahme gewertet zu werden.
In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass die Wirkung der vorgeschlagenen Maßnahme nicht sicher ist. Der behördliche Sachverständige hat dazu festgestellt, es sei nicht sicher, ob – und wenn ja, wann – der Triel diese Fläche zur Brut nutzen werde. Dieser fachlichen Beurteilung schloss sich auch der gerichtliche Sachverständige in der ersten Tagsatzung des Gerichtes an (VHS 19./20.02.2020, OZ 280, Sitzung 122 ff). Hier ist auch auf die Erfahrungen im Steinfeld im Zusammenhang mit der Genehmigung der B17 und dem dort vorkommenden Triel-Habitat zu verweisen. Dort hat sich gezeigt, dass solche Flächen zwar sehr schnell für die Nahrungssuche genutzt werden, ein Brutnachweis aber noch aussteht. Hier ist den schlüssigen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu folgen, der hier noch weiter als der behördliche Sachverständige geht und es für bisher nicht als erwiesen ansah, dass die vorgesehene Maßnahmenfläche dieselbe Eignung aufweisen würde wie die aktuelle Fortpflanzungsstätte vergleiche auch die Beantwortung der Gutachtensfrage 2.2. im Gutachten Naturschutz/Teil 1). Da es aber dann, wenn eine „funktionserhaltende Maßnahme“ den Verlust einer Fortpflanzungsstätte entgegenwirken soll, darum geht, genau diese Funktion als Fortpflanzungsstätte lückenlos sicherzustellen, reicht es nicht, wenn der Triel die Maßnahmenfläche irgendwann in irgendeiner Form (z.B. als Nahrungsfläche) nutzen wird. In diesem Zusammenhang weist die Europäische Kommission darauf hin, dass gemäß dem Vorsorgeprinzip Maßnahmen, die die kontinuierliche ökologische Funktionsfähigkeit einer Stätte nicht gewährleisten, nicht die Anforderungen von Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d) der FFH-RL erfüllen vergleiche Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG, Sitzung 54).
Der behördliche Sachverständige hat die Maßnahme in seine Beurteilung einbezogen, obwohl er nicht mit Sicherheit beurteilen konnte, ob der Triel diese Fläche als Brutplatz annehmen wird. Der gerichtliche Sachverständige hat die Maßnahme nicht berücksichtigt. Er hat dazu schlüssig ausgeführt, dass aufgrund des bereits hohen Gefährdungsgrads des Triels fallbezogen eine besonders hohe Sicherheit dafür gegeben sein muss, dass die Maßnahme auch tatsächlich wirkt. Auf Nachfrage der erstmitbeteiligten Partei hat er in der ersten Tagsatzung schlüssig ausgeführt, aus welchen fachlichen Gründen die Wirksamkeit der ursprünglich vorgesehenen Maßnahme nicht gewährleistet war. Diese Tatsache wurde auch von der erstmitbeteiligten Partei in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Gerichts eingeräumt (OZ 280, Sitzung 121) und die Maßnahme noch in der Verhandlung abgeändert, unter anderem durch eine Verdopplung der Fläche. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung hier somit auf eine offensichtlich nicht ausreichend konkrete und innerhalb der festgelegten Rahmenbedingungen grundsätzlich nicht ausreichende Maßnahme gegründet.
3.4.2. Zur Beschädigung oder Zerstörung einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte des Ziesels
3.4.2.1. Es wird festgestellt, dass im Hinblick auf das Ziesel eine weite Auslegung des Begriffs Fortpflanzungsstätte fachlich angemessen ist.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Fortpflanzungs- und Ruhestätten unterschiedlich definiert werden können. So ist eine engere – individuenbezogene – Definition möglich. So wäre jedenfalls eine Beschädigung und Zerstörung solcher Stätten gegeben und die Maßnahme daher mit den Schutzerfordernissen nicht vereinbar. Denn die Maßnahme besteht gerade darin, Baue so zu beschädigen, dass die diese Baue bewohnenden Ziesel daraus vergrämt werden. Hingegen werden (natürlich) keine Maßnahmen gesetzt, um die Funktionalität eben dieser Baue aufrechtzuerhalten.
Andererseits ist eine weitere – flächenbezogene – Definition von Fortpflanzungs- und Ruhe-stätten möglich. In diesem Sinn könnte man den gesamten Lebensraum, der von einer Ziesel-Population genutzt wird, als eine solche Stätte ansehen. In diesem Fall ist nur die Funktionalität dieser umfassender definierten Stätte zu gewährleisten, nicht die Funktionalität jedes einzelnen Baus. Dass dabei einzelne Baue zerstört werden können, ohne dass dadurch die entsprechende Bestimmung der FFH-RL verletzt würde, ist offenbar durchaus im Sinn der Europäischen Kommission: Im Artikel 12-Leitfaden der Europäischen Kommission wird zu den Vorteilen dieser Auslegung neben jenem eines ganzheitlichen Schutzansatzes ausdrücklich auch die größere Flexibilität bei der Beurteilung von Eingriffen gezählt.
In diesem Zusammenhang haben sowohl der behördliche, als auch der gerichtliche sowie die beiden Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei (Beilage zu OZ 258, Sitzung 22) im Fall des Ziesels mit einer weiten Definition des Begriffs „Fortpflanzungs- und Ruhestätten“ argumentiert. Der gerichtliche Sachverständige hat zusätzlich auf abweichende Meinungen in der rechtswissenschaftlichen Literatur [Mauerhofer römisch fünf. (2019): EU-Gebiets- und Arten-schutz-Judikatur: CEF-Maßnahmen ade? (Teil 1). Gleichzeitig eine Analyse der einschlägigen EuGH-Judikatur seit 2014. Recht der Umwelt 2019/37: 66-70] und Judikatur hingewiesen. Allerdings hat der VwGH klargestellt (Erkenntnis VwGH 18.12.2012, 2011/07/0190), dass es sich dabei in erster Linie um eine naturschutzfachliche Frage handelt. Auf dieser Ebene besteht zwischen den Sachverständigen der Behörde, der erstmitbeteiligten Partei und des Gerichtes Einigkeit darüber, dass die weite Definition anzuwenden ist.
Der erkennende Senat folgt somit der erweiterten Definition von Fortpflanzungs- und Ruhe-stätten. Somit sind die vorgesehenen Maßnahmen grundsätzlich mit dem Schutz derselben vereinbar, sofern geeignete CEF-Maßnahmen umgesetzt werden (dazu näher unter Pkt. römisch III.3.4.2.3.).
3.4.2.2. Es wird festgestellt, dass durch das Vorhaben eine Fortpflanzungsstätte des Ziesels beschädigt oder zerstört würde.
Dazu ist zunächst auf die folgenden Ausführungen des behördlichen Sachverständigen in seinem UVP-Teilgutachten Nr. 5, Tiere und deren Lebensräume hinzuweisen Sitzung 40):
„Oberbodenabschub oder -abhub bedeutet für das Ziesel Lebensraum- und Bauverlust, da Veränderungen an der Oberfläche wie Bodenbearbeitung, Vegetationswachstum bis über eine gewisse Höhe und bleibende Vernässung das Ziesel zur Aufgabe des jeweiligen Baus und zur Meidung der Fläche veranlassen. Um Verluste an Zieselbauen durch Flächenbeanspruchung bei Bauvorhaben zu vermeiden, hat sich unter bestimmten Bedingungen Habitatgestaltung bewährt. Umlenkung durch Habitatgestaltung ist dann der Umsiedlung vorzuziehen, wenn geeigneter Lebensraum in der Nähe des Zieselvorkommens besteht. Umsiedlungen sind dagegen risikoreich, weil umgesiedelte Ziesel meist schon aufgrund des Schocks der Umsiedlung die Flucht ergreifen, auch wenn der Lebensraum, in dem sie ausgesetzt werden, geeignet ist, wie mittlerweile zahlreiche Bespiele zeigen (z.B. Lampe 2008, eigene Erfahrungen). […] Sind auf beanspruchtem Grund Zieselbaue vorhanden, ist für den Fall, dass in der Nähe, also in für Ziesel erreichbarer Entfernung, geeigneter Ziesellebensraum gegeben ist, die Methode der Vergrämung mittels Oberbodenabhub geeignet.“
Dies wurde insgesamt im Verfahren nicht bestritten.
3.4.2.3. Es wird festgestellt, dass die Eignung der von der erstmitbeteiligten Partei vorgeschlagenen CEF-Maßnahmen zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht hinreichend nachgewiesen ist.
Was den unmittelbaren Flächenverlust anlangt, ist diese Voraussetzung offenbar gegeben. Außerdem kann die Vernetzung der Lebensraumflächen östlich und westlich des Zubringers zur S 8 aufrechterhalten werden. Jedoch besteht eine unterschiedliche Beurteilung darin, ob eine Grünbrücke als einziges Vernetzungselement der Vorkommen nördlich und südlich der S 8 ausreicht. Die Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei, DI römisch 40 und Mag. römisch 40 , führten in ihrem Gutachten vom 17.02.2020 aus (Beilage zu OZ 258, Sitzung 24), durch die geplante Grünbrücke werde zudem die Konnektivität von Räumen nördlich bzw. südlich der S 8 aufrechterhalten, sodass auch im Hinblick auf die Fragmentierung keine Beschädigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten erfolge. Somit würde der Verbotstatbestand der Beschädigung oder Vernichtung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht erfüllt. In diesem Sinn hat dies auch der behördliche Sachverständige beurteilt. Im gegenständlichen Fall erfolge mittels vorgezogener angepasster Pflege der bestehenden Bracheflächen eine Verbesserung der Habitatqualität für das Ziesel. Weiters werde durch die vorgezogene Anlage einer zusätzlichen Habitatfläche direkt angrenzend an die bestehende Fortpflanzungs- oder Ruhestätte eine Erweiterung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätte errichtet. Somit stünden für betroffene Ziesel zum Zeitpunkt des Eingriffes bereits besiedelbare Habitate im – gegenüber dem Eingriff – größeren Ausmaß zu Verfügung, sodass ein negativer Einfluss auf die lokale Population vermieden werden könne.
Hingegen hat der gerichtliche Sachverständige ausgeführt, dass das Vorhaben zu einer Fragmentierung der Vorkommen und somit zu einer dauerhaften Beschädigung einer Fortpflanzungs- und Ruhestätte des Ziesels führe, die nicht durch geeignete CEF-Maßnahmen ausgeglichen wird.
Keiner der vier Sachverständigen hat sich in seiner Beurteilung nachvollziehbar auf konkrete Erkenntnisse der Fachliteratur oder konkretisierte eigene Erfahrungen gestützt. Der erkennende Senat gelangte daher zu keiner abschließenden Beurteilung des Sachverhalts.
Da das verwaltungsgerichtliche Ermittlungsverfahren für die Frage, ob es zu einer Störung an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten des Ziesels kommt, zu einem eindeutigen Ergebnis geführt hat vergleiche Pkt. römisch III.3.4.2.), konnte letztlich dahingestellt bleiben, ob die Fortpflanzungs- und Ruhestätte des Ziesels beschädigt wird oder nicht. Beide Bestimmungen lösen dieselben Verfahrensfolgen aus. Es ist allerdings festzustellen, dass sich die belangte Behörde zur möglichen Beschädigung der Fortpflanzungsstätte auf einen nicht ausreichend erhobenen Befund gestützt hat.
3.4.2.4. Es wird festgestellt, dass durch das Vorhaben Triele absichtlich beunruhigt werden bzw. es durch das Vorhaben zu einer Störung an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten des Triels kommt.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung des Sachverständigen für Naturschutz in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 1 getroffen werden.
Dazu ist zunächst auf die folgenden Ausführungen des behördlichen Sachverständigen in seinem UVP-Teilgutachten Nr. 5, Tiere und deren Lebensräume hinzuweisen Sitzung 92):
„Triel: Tötungsrisiko und Zerstörung des Nistplatzes ausgeschlossen, weil Bau außerhalb des Brutgebietes, Störung durch lärmmindernde Maßnahmen in Bauphase und Betriebsphase vermieden, s. Text, daher kein Verbotstatbestand erfüllt.“
Dazu ergingen von der Behörde folgende abschließende Fragen an den behördlichen Sachverständigen (UVP-Bescheid Sitzung 371 und 374):
„c) Kommt es vorhabensbedingt zu einer Schädigung oder Zerstörung der Brutstätte der Vogelart (Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 4, NÖ NSchG)? Welche funktionellen Beeinträchtigungen der Brutstätte der Vogelart können festgestellt werden (getrennt in Bau- und Betriebsphase des Vorhabens)?
[…]
f) Können die sonstigen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände wie das Tötungsverbot oder das Verbot der Entnahme oder Zerstörung von Eiern vorliegen?“
Weiters stellte die Behörde folgende abschließende Fragen an den behördlichen Sachverständigen (UVP-Bescheid, Sitzung 372):
„d) Kommt es vorhabensbedingt in der Bau- oder Betriebsphase zu einer absichtlichen Beunruhigung der geschützten Art (Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 2, NÖ NSchG), die auf die Erhaltung der geschützten Vogelart nachteilige Auswirkungen hat?
[Anzumerken ist, dass zu dieser Frage der behördliche Sachverständige im Verfahren sodann wie folgt Stellung genommen hat:] Vorausgesetzt, die Brutstätte des Triels besteht zum Zeitpunkt des Eingriffs, und vorausgesetzt, der Eingriff erfolgt zur Brutzeit, würde durch Bautätigkeit eine Beunruhigung des Triels in Kauf genommen werden, die einer absichtlichen Beunruhigung der geschützten Art (Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 2, NÖ NSchG) gleichkäme. In der Betriebsphase würde die Brutstätte nicht mehr bestehen. Eine allfällig übrigbleibende Fläche der nicht humusierten Grube zwischen der Straße S 8 und dem parallel dazu verlaufenden Querweg südlich davon, der das Vogelschutzgebiet begrenzt, wäre voraussichtlich zu klein und durch betriebsbedingte Störwirkung (Lärm) nicht mehr als Brutstätte geeignet, weshalb sich die Frage nach der Beunruhigung nicht mehr stellt. Für einen theoretischen dennoch erfolgenden Brutversuch wäre Beunruhigung gegeben.“
Zur Stellungnahme des Sachverständigen mit Schreiben vom 10.01.2019 führte die Behörde im UVP-Bescheid aus Sitzung 416/417):
„Bei der Beurteilung des konkreten Falls auf der Grundlage der vorliegenden sachverständigen Stellungnahmen ist zu differenzieren:
Soweit in der Bauphase aufgrund der Bauzeitplanung Arbeiten in der Nähe eines allenfalls bestehenden Brutplatzes während der Brut- und Aufzuchtzeit vermieden werden, liegt von vornherein keine Störung vor (siehe den entsprechenden Maßnahmenkatalog im UVP-Gutachten zum Punkt ‘05. Tiere und deren Lebensräume’ (Umweltverträglichkeitsgutachten ‘S 8 Marchfeld Schnellstraße, Abschnitt West’ vom Februar 2016, 399 ff); siehe weiters römisch 40 , Teilgutachten 05 (‚Tiere und deren Lebensräume‘) zum Umweltverträglichkeitsgutachten ‚S 8 Marchfeld Schnellstraße, Abschnitt West‘ v 08.02.2016, 106 ff). Selbst wenn es dennoch zu kurzfristigen Störungen (Beunruhigungen) kommen sollte, wären diese im Hinblick auf Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 2, NÖ NSchG 2000 wohl unbedenklich.
Soweit vor dem Beginn der Bauarbeiten im betroffenen Gebiet iSd oben behandelten CEF-Maßnahmen geeignete Ersatzbrutstätten im räumlichen und funktionellen Nahebereich zum bestehenden (möglichen) Brutplatz geschaffen werden, sind nachteilige Einwirkungen auf diesen bestehenden Brutplatz sowohl während der Bau- als auch während der Betriebsphase nicht tatbestandsmäßig iS des Artikel 5, Litera d, Vogelschutz-Richtlinie. Bei Aufrechterhaltung der Funktion der betreffenden Lebensstätte (durch die Schaffung von Ersatzbrutplätzen) ist im Licht der vorliegenden fachlichen Stellungnahme keine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Vogelart zu erwarten vergleiche römisch 40 , Stellungnahme zum Triel S 8 Marchfeld Schnellstraße v 10.01.2019, 6 ff.).‘
Die Verwirklichung des Verbotstatbestandes des Artikel 5, Litera d, Vogelschutz-Richtlinie ist daher ausgeschlossen.“
Das Verwaltungsgericht stellte dem gerichtlich bestellten Sachverständigen die Frage, ob durch das Vorhaben ein Nest des Triels oder eine Fortpflanzungsstätte (Niststätte) des Triels beschädigt oder zerstört werde bzw. durch das Vorhaben eine Störung an einer Brutstätte des Triels verursacht werde.
Der gerichtliche Sachverständige kam in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 1 zu folgenden Schlussfolgerungen (OZ 231, Sitzung 82/83):
„Der Betrieb der S 8 würde außerdem (falls der Bereich dann noch eine Funktion als Fortpflanzungsstätte hat, was zweifelhaft ist) zu einer Störung bis hin zum vollständigen Verlust der Funktion führen. Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es gemäß Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 4, NÖ NatSchG 2000 verboten ist, Störungen an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten der vom Aussterben bedrohten, geschützten Arten zu verursachen. In dieser Regelung besteht ein wesentlicher Unterschied zu Artikel 5, d) Vogelschutz-Richtlinie, die eine absichtliche Störung bei allen Arten verbietet, aber nur dann, wenn sich diese auf die Zielsetzungen der Richtlinie erheblich auswirkt. Bei vom Aussterben bedrohten Arten ist also in römisch 40 – im Unterschied zur Regelung in Artikel 5, d) der Vogelschutz-Richtlinie – weder eine Absicht noch eine fachliche Beurteilung, ob diese Störung erheblich ist, normiert. Abgesehen davon steht aus fachlicher Sicht fest, dass eine Störung, die zur Aufgabe eines der letzten zehn Brutplätze einer in Österreich vom Aussterben bedrohten Art führen könnte, sich jedenfalls erheblich auf die Ziele der Richtlinie auswirken würde.“
Insgesamt kommt der erkennende Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung des Sachverständigen für Naturschutz zum Ergebnis, dass es durch die Errichtung und den Betrieb der S 8 zu einer Störung an einer Brutstätte von Trielen bis hin zum vollständigen Verlust der Brutstätte kommen wird.
3.4.2.5. Es wird festgestellt, dass das Ziesel durch Bau und Betrieb des Vorhabens absichtlich beunruhigt wird bzw. durch das Vorhaben eine Störung an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten des Ziesels verursacht wird.
Diese Feststellungen konnten vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen ergänzenden Ausführungen vom 30.01.2020 in der Korrektur des Gutachtens Naturschutz/Teil 1 getroffen werden:
Dazu ist wiederum zunächst auf die folgenden Ausführungen des behördlichen Sachverständigen in seinem UVP-Teilgutachten Nr. 5, Tiere und deren Lebensräume hinzuweisen Sitzung 98):
„Ziesel: Um nachteilige Auswirkungen des Vorhabens auf ein Vorkommen des Ziesels im Projektgebiet und auf vom Vorhaben beanspruchtem Grund zu verhindern, sind im Projekt und im Gutachten Maßnahmen vorgesehen (s.o., Gutachten). Das Tötungsrisiko auf der Baustelle ist durch sachgerechte Zieselschutzwände, das Tötungsrisiko auf der Straße in der Betriebsphase ist durch artgerechte Zieseldurchlässe auf dem Stand des Wissens und Zieselschutzwände, jeweils unter fachlicher Betreuung, zu verhindern. Störung an der Fortpflanzungsstätte und Vernichtung von Fortpflanzungsstätten (Zieselbauen) sind beim Bau durch geeignete Ziesellenkungsmaßnahmen (s. Maßnahmen) zu verhindern, Beeinträchtigung durch Trennwirkung in der Betriebsphase durch Zieseldurchlässe und die Grünbrücke nördlich vom Schotterabbaugebiet (s.o., Gutachten). Bei Umsetzung der Maßnahmen wird kein Verbotstatbestand erfüllt.“
Der gerichtliche Sachverständige kam in diesem Zusammenhang in seiner Korrektur vom 30.01.2020 seines Gutachtens Naturschutz/Teil 1 zu folgenden Schlussfolgerungen (OZ 236, Sitzung 2):
„Außerdem stellt die geplante Form der Vergrämung auch eine Störung dar. Das Ziesel wird in der NÖ Artenschutzverordnung als ‚vom Aussterben bedroht‘ geführt, in der letzten Roten Liste für Österreich jedoch als ‚stark gefährdet‘ (Kategorie EN) (Spitzenberger 2005). Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich Paragraph 18, Absatz 3, Ziffer 4, NÖ NSchG 2000 im Unterschied zu Artikel 12, Absatz eins, c) der FFH-Richtlinie nur auf die vom Aussterben bedrohten Arten bezieht. Die FFH-Richtlinie verbietet hingegen die Störung aller Arten. Daher sind mehrere Fälle zu unterscheiden:
- Wenn das Ziesel strikt nach der NÖ Artenschutzverordnung und dem NÖ NSchG 2000 behandelt wird, so ist erstens gemäß NÖ NSchG 2000 jede Störung (und nicht nur jede absichtliche Störung) verboten, und zweitens betrifft das Verbot jede Störung an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten dieser Arten. In der fachlichen Beurteilung besteht dann kein Spielraum; es kommt jedenfalls zu einer Störung an der Lebensstätte einer vom Aussterben bedrohten Art.“
Die erstmitbeteiligte Partei trat dem Ergänzungsgutachten des gerichtlichen Sachverständigen inhaltlich nicht entgegen. Sie führte in diesem Zusammenhang auf rechtlicher Ebene aus, der gerichtliche Sachverständige habe in diesem Zusammenhang die unionsrechtliche Regelung bzw. das NÖ NSchG verkannt (Gutachten DI römisch 40 und Mag. römisch 40 vom 17.02.2020, Beilage zu OZ 258, Sitzung 23/24).
3.5. Zur naturschutzfachlichen Alternativenprüfung nach Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL bzw. Paragraph 10, NÖ NSchG 2000:
Da die Prüfung zum Ergebnis gekommen ist, dass es durch das Vorhaben zu erheblichen Auswirkungen auf das Europaschutzgebiet kommt (Pkt. römisch III.3.3.), ist nunmehr die Alternativenprüfung nach den Vorgaben des Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL zu klären.
Eine solche wurde von der Erstbeschwerdeführerin in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht gefordert und die Auffassung vertreten, dass verträglichere Alternativen vorlägen Sitzung 49):
„Insgesamt ergibt sich, dass eine Erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgutes Triel nicht auszuschließen und daher eine Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, FFH Richtlinie durchzuführen sein wird. Hierfür ist festzuhalten, dass ausreichend Alternativen zur Verfügung stehen andere Trassenkorridore oder die von uns bereits erwähnte Tunnelvariante – analog zu jener mit Untertunnelung des Lauteracher Rieds an der S18. Es wäre daher aus Gründen der fehlenden Genehmigungsfähigkeit auch verfahrensökonomisch weise jetzt schon [eine] andere Richtung einzuschlagen.“
Hingegen hat die erstmitbeteiligte Partei ausgeführt, dass und warum nach ihrer Ansicht keine Alternativen zum Einreichprojekt vorhanden sind. Demnach seien beim vorliegenden Vorhaben der S 8 die folgenden Alternativen geprüft worden: (1) Konzeptalternativen im Rahmen des Beteiligungsverfahrens im Marchfeldteam sowie in der SP-V; die strategische Prüfung habe zur Aufnahme der S 8 in Anlage 2 des Verzeichnisses gemäß BStG geführt Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 58 aus 2006,). (2) Standortalternativen im Rahmen der Vorbereitung des Vorprojekts und des Vorprojekts selbst; das Vorprojekt habe zur Verordnung des Bundesstraßenplanungsgebiets nach Paragraph 14, BStG geführt. (3) Durch die Ausführungsalternativen im Rahmen des Einreichprojekts sei die Trasse der S 8 optimiert und auch im Bereich des Natura 2000-Gebietes angepasst worden (Stellungnahme vom 24.04.2020, OZ 321, Sitzung 8 – 20):
„Zusammenfassend kann folglich festgehalten werden, dass die großräumigen Abschichtungsvorgänge im Rahmen der Projektgeschichte dazu geführt haben, dass alle Alternativen mit dem Querungspunkt Angern aufgrund der höheren negativen Wirkungen auf die Natura 2000 Schutzgebiete in Österreich und der Slowakei ausgeschieden wurden. Die alternative Variante Süd wurde in weiterer Folge ausgeschieden, da sie die Projektziele besonders im Hinblick auf die Entlastung der B 8 zum Schutz der Gesundheit und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit nicht erfüllen kann; in Verbindung mit der Variante Süd müssten auch mehrfache und umfassende Ortsumfahrungen entlang der B8 zusätzlich zur S 8 errichtet werden. Mit diesen Schritten wird schlüssig eine Trassenlage im Korridor der Trasse des Einreichprojektes begründet hergeleitet. Alle dem Bundesverwaltungsgericht im Verwaltungsakt vorliegenden Ermittlungsergebnisse bestätigen somit die verfahrensgegenständliche Trassenwahl. Es können daher infolge der bereits vorgenommenen Alternativenprüfung – wenn überhaupt – nur kleinräumige lokale Alternativen zu einer weiteren Prüfung verbleiben. Diese sind nur zwischen dem Wald südlich von Strasshof und dem Ortsgebiet von Markgrafneusiedl denkbar. Eine Aktualisierung der Bewertung dieser lokalen Alternativen muss nunmehr im Lichte der Anpassung der Gebietsgrenzen (Änderung der Rechtslage) erfolgen. Die Bewertung dieser lokalen Alternativen wird durch die mitbeteiligte Partei unter Berücksichtigung des Methodikkonzeptes, Berücksichtigung der aktuellen Verbreitungsdaten des Triels sowie der aktuellen Rechtslage und aktueller Daten dem Bundesverwaltungsgericht zeitnahe übermittelt werden.“
In weiterer Folge hat die erstmitbeteiligte Partei eine Raumwiderstandsanalyse und einen Vergleich der kleinräumigen Trassenvarianten im Hinblick auf den Triel erstellt. In der Raumwiderstandsanalyse hat die erstmitbeteiligte Partei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit eben dieser Analyse die Prüfung großräumiger Alternativen abgeschlossen sei (16.06.2020, Beilage zu OZ 339, Sitzung 3).
Zur Beurteilung der Frage, ob eine Alternativenprüfung nach den Vorgaben des Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL bereits durchgeführt wurde oder aber auf Basis vorhandener Unterlagen durchgeführt werden konnte, waren einerseits die Unterlagen zur bereits durchgeführten strategischen Prüfung Verkehr (SP-V) zur S 8 Marchfeld Schnellstraße aus dem Jahr 2005 des damaligen Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie durch das Verwaltungsgericht anzufordern. Andererseits war es aufgrund der Änderung der Rechtslage durch die Erweiterung des Europaschutzgebietes durch die Verordnung Landesgesetzblatt Nr. 33 aus 2020, erforderlich, zusätzliche bzw. aktualisierte Unterlagen zur Prüfung von Trassenalternativen anzufordern. Vom Verwaltungsgericht wurden die belangte Behörde bzw. die beiden mitbeteiligten Parteien mit verfahrensleitender Anordnung vom 22.05.2020 (OZ 331) aufgefordert, weitere Unterlagen vorzulegen. Dabei wurde auf die „Stellungnahme zur Erweiterung des Europaschutzgebietes und zur verfahrensleitenden Verfügung vom 17.04.2020" der erstmitbeteiligten Partei vom 24.04.2020, OZ 321, Tabelle auf Sitzung 12, Bezug genommen. An die belangte Behörde erging (erstens) der Auftrag, die SP-V (Verkehrsträgerübergreifende Alternativenprüfung) aus dem Jahr 2005 samt den dazu ergangenen Stellungnahmen zu übermitteln. Weiters wurden (zweitens) der erst- und zweitmitbeteiligten Partei der Auftrag erteilt, die Vorbereitung des Vorprojekts (Korridoruntersuchung inkl. Natura 2000 Alternativenprüfung) aus dem Jahr 2007 zu übermitteln (auf diese wurde im Verfahrensakt zum angefochtenen Bescheid Bezug genommen). Schließlich erging (drittens) an die erst- und zweitmitbeteiligte Partei der Auftrag, das Vorprojekt samt den Lagealternativen in den Korridoren sowie der dazu ergangene Bericht vorzulegen.
Mit Schriftsatz vom 17.06.2020 (OZ 338) legte die erstmitbeteiligte Partei gemäß der verfahrensleitenden Anordnung vom 22.05.2020 die Vorbereitung des Vorprojekts (Korridoruntersuchung inkl. Natura 2000 Alternativenprüfung) aus dem Jahr 2007 samt dazu ergangenem Bericht und das Vorprojekt, insbesondere die Lagealternativen in den Korridoren sowie den dazu ergangenen Bericht vor. Von der belangten Behörde wurde die SP-V aus dem Jahr 2005 übermittelt (OZ 337).
Die erstmitbeteiligte Partei hatte vor dem Hintergrund der geänderten Sach- und Rechtslage die Prüfung in Form einer Raumwiderstandsanalyse vorgenommen. Diese wurde mit Schriftsatz vom 19.06.2020 vorgelegt (OZ 339). Mit dieser wurden zum Einreichprojekt weitere Untersuchungen zu kleinräumigen Trassen (die Alternativvarianten A bis D) untersucht. Diese Alternativvarianten liegen in einem nahen Bereich zur ursprünglichen Trasse des Einreichprojekts der S 8 (bis zu 800 m Trassenabstand).
In ihrer Stellungnahme vom 24.04.2020, OZ 321, Sitzung 9/10 hat die erstmitbeteiligte Partei behauptet, dass wesentliche Prüfschritte bereits erfolgt seien:
„Die mitbeteiligte Partei hat im Rahmen der Erarbeitung des Einreichprojektes und der diesem vorangegangenen Strategischen Umweltprüfung alternative Projektvarianten geprüft und diese Prüfungen in die vorliegenden Einreichunterlagen aufgenommen, welche von der belangten Behörde beurteilt wurden vergleiche im Einzelnen unten Punkte 3.1. bis 3.3. dieses Schriftsatzes sowie das Umweltverträglichkeitsgutachten und den angefochtenen Bescheid, etwa in Bezug auf den Fachbereich Naturschutz: S 82 f, Punkt 3.1.1.; S 99 ff, Punkt 3.1.5 – Tiere und ihre Lebensräume; siehe weiters etwa S 163 und insbesondere S 368 und Seite 392 ff, Punkt römisch VI.1.4. zur Alternativenprüfung nach Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL). Durch eine nunmehr vom BVwG vorzunehmende Beurteilung, ob eine Ausnahmegenehmigung grundsätzlich erlangt werden kann, werden daher nicht etwa völlig neue, bisher noch gar nicht vorliegende Unterlagen zu beschaffen sein, sondern es ist nur eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens beim BVwG vorzunehmen.“
Somit ist zunächst zu beurteilen, ob bereits eine Alternativenprüfung oder Teile einer solchen Prüfung für den strittigen naturschutzfachlichen Bereich nach den fachlichen Vorgaben des Artikel 6, Absatz 4, durchgeführt wurden. Weiters ist zu beurteilen, ob die vorhandenen Unterlagen ausreichend fundiert und aktuell sind, um darauf ggf. eine Alternativenprüfung durch das Verwaltungsgericht zu gründen. Dabei werden entsprechend der Erläuterungen der erstmitbeteiligten Partei die Ebenen der Konzeptalternativen, der großräumigen Standortalternativen und der kleinräumigen Standortalternativen unterschieden.
3.5.1. Konzeptalternativen
3.5.1.1. Es wird festgestellt, dass durch die Strategische Prüfung Verkehr der S 8 durch das damalige Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie aus dem Jahr 2005 die naturschutzfachlichen Anforderungen an eine Alternativenprüfung nach den Vorgaben des Artikel 6, Absatz 4, der FFH-RL nicht erfüllt sind und dass die in der SP-V dokumentierten Unterlagen weder ausreichend fundiert noch ausreichend aktuell sind, um darauf eine Alternativenprüfung nach den Vorgaben des Artikel 6, Absatz 4, der FFH-RL zu gründen.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung des Sachverständigen für Naturschutz in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 getroffen werden (OZ 373, Sitzung 31 – 34).
Dazu richtete das Verwaltungsgericht an den gerichtlichen Sachverständigen für Naturschutz zur Frage von bereits durchgeführten Alternativenprüfungen folgende Frage (Gutachtensfrage 2):
„Mit Schreiben der erstmitbeteiligten Partei vom 24.04.2020 wurde auf bereits im Vorfeld der Einreichung zur UVP erfolgte Prüfschritte, insbesondere die SP-V, hingewiesen.
Sind durch diese Prüfschritte die fachlichen Anforderungen an eine Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, der FFH-RL erfüllt?
Sind die vorgelegten Unterlagen ausreichend fundiert und aktuell, um eine Prüfung von verschiedenen Trassenvarianten aus [Ihrer] fachlichen Sicht vorzunehmen?
Die Prüfung hat dabei auch die ‚verkehrsträgerübergreifende Alternativen‘ einzubeziehen.“
Zu den Ausführungen der erstmitbeteiligten Partei führte der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 aus (OZ 373, Sitzung 31 – 34), er könne sich dem aus naturschutzfachlicher Sicht – im Wesentlichen aus drei Gründen – nicht anschließen. So unterscheide sich (erstens) eine Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL hinsichtlich der fachlichen Untersuchungstiefe grundlegend von einer SP-V Sitzung 31). Weiters würden sich (zweitens) weder die Ziele noch die Auswirkungen des in der SP-V untersuchten Vorhabens mit dem eingereichten Vorhaben decken Sitzung 32). Schließlich würde sich (drittens) zeigen, dass der Umweltbericht zur SP-V Marchfeld Straße Mängel aufweise, die eine Verwendung als Grundlage für eine Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL ausschließen Sitzung 32 ff).
Im Einzelnen führte der gerichtliche Sachverständige aus, eine Alternativenprüfung nach Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL unterscheide sich hinsichtlich der fachlichen Untersuchungstiefe aus folgenden Gründen von einer SP-V (OZ 373, Sitzung 31):
„Für die SP-V ist explizit eine rein qualitative Auswirkungsbeurteilung vorgesehen, um Scheingenauigkeit und Fehlannahmen auf der strategischen Ebene zu vermeiden (1). Die für eine genauere Bewertung erforderliche technische Konkretisierung der Alternativen ist zum Zeitpunkt einer SP-V noch nicht gegeben. Die angemessene Methode ist eine Raumwiderstandsanalyse (2). Während die SP-V eigentlich zum Ziel hat, die voraussichtlich erheblichen Umweltauswirkungen zu ermitteln und zu bewerten (1), wurde im Umweltbericht zur SP-V Marchfeld Straße ausdrücklich festgestellt, dass Ausmaß und Erheblichkeit der Beeinträchtigung bedeutender Schutzgüter in der damaligen Planungsphase nicht ausreichend beurteilt werden konnten (f).
Dem gegenüber kommt die Alternativenprüfung erst dann zur Anwendung, wenn bereits eine Verträglichkeitsprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL durchgeführt wurde (3), also wenn vollständige, präzise und endgültige Feststellungen über die Auswirkungen eines Vorhabens auf die Erhaltungsziele des betroffenen Gebiets möglich sind (4). Die mit einer Alternativenprüfung verbundene Abwägung ist nur dann möglich, wenn genau bekannt ist, welche Beeinträchtigungen durch die verschiedenen Alternativen entstehen würden (3).
Es ist also bereits aufgrund der unterschiedlichen methodischen Vorgaben unwahrscheinlich, dass eine 15 Jahre alte SP-V eine Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL (weitgehend) vorwegnehmen kann. Im konkreten Fall konnte im Umweltbericht zur SP-V Marchfeld Straße nicht einmal die für eine SP-V eigentlich vorgesehene Aussageschärfe gewährleistet werden, insbesondere weil das Ausmaß der Beeinträchtigung durch die verschiedenen Alternativen nicht beurteilt werden konnte. Die SP-V zur Marchfeld Straße ist daher nicht dazu geeignet, als Alternativenprüfung zur S 8 oder als Grundlage für eine solche Prüfung Verwendung zu finden.“
Weiters erläuterte der gerichtliche Sachverständige, warum sich weder die Ziele noch die Auswirkungen des in der SP-V untersuchten Vorhabens mit dem eingereichten Vorhaben decken Sitzung 32):
„Zweitens decken sich weder die Ziele noch die Auswirkungen des in der SP-V untersuchten Vorhabens mit dem eingereichten Vorhaben. Da mit der S 8 insgesamt auch das Ziel einer hochrangigen Verbindung zwischen Wien und Bratislava verfolgt wird (g), war dies in der SP-V dementsprechend zu berücksichtigen. Hingegen soll das verfahrensgegenständliche Projekt – neben einer Entlastung der Ortsdurchfahrten – nur eine Verbindung zwischen Wien und Gänserndorf herstellen (g). Daraus resultiert auch, dass bei der SP-V mehrere naturschutzfachliche Konfliktbereiche identifiziert wurden (h), die für das verfahrensgegenständliche Projekt keine Rolle spielen, etwa die Marchquerung.
Es handelt sich also um zwei unterschiedliche Projekte mit unterschiedlichen Zielen und unterschiedlichen damit verbundenen Beeinträchtigungen. Die Annahme, dass eine Alternativenprüfung zum eingereichten Projekt notwendigerweise zum selben Ergebnis führen muss wie die SP-V zur Marchfeld Straße, ist logisch nicht zulässig. Eine solche Vermutung wäre zumindest theoretisch dann gerechtfertigt, wenn zum einen die SP-V zur Marchfeld Straße lege artis erfolgt wäre und zum anderen die S 8-Ost und die auf slowakischer Seite erforderlichen Maßnahmen kumulativ mit der S 8-West beurteilt würden, sich also beide Prüfungen auf denselben Projektumfang beziehen würden. Beides trifft nicht zu: Eine Prüfung durch den Rechnungshof hat bei der SP-V zur Marchfeld Straße gravierende Mängel ergeben (Rechnungshof 2018), und die S 8-West wird im gegenständlichen Verfahren unabhängig von einer möglichen Umsetzung der S 8-Ost als allein verkehrswirksames Projekt betrachtet (g).“
Der gerichtliche Sachverständige wies weiters darauf hin, dass der Umweltbericht zur SP-V Marchfeld Straße Mängel aufweise, die eine Verwendung als Grundlage für eine Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL aus folgenden Gründen ausschließe Sitzung 32 ff):
„– Das Brutgebiet des Triels im Raum Markgrafneusiedl – Deutsch-Wagram – Strasshof wurde zwar als Konfliktbereich erkannt (h), aber nicht als Natura 2000-Gebiet berücksichtigt (i). Das rührt daher, dass dieser Bereich zum damaligen Zeitpunkt tatsächlich noch nicht als Europaschutzgebiet verordnet war. Er war allerdings Gegenstand des Vertragsverletzungsverfahrens Nr. 1999/2115 und, wie sich durch die nachträglichen Ausweisungsschritte bestätigt hat, zum Zeitpunkt der SP-V faktisches Vogelschutzgebiet (Gutachten Teil 1, Frage 3.1). Da Natura 2000- Gebiete im Rahmen einer SP-V die höchste Sensibilität im Themenbereich Natur und Landschaft anzeigen (2), in der SP-V jedoch das relevante Gebiet gar nicht enthalten war, baute die SP-V in diesem Schlüsselaspekt auf falschen Voraussetzungen auf und gelangte so zu einer falschen Einschätzung des Raumwiderstandes (j). Die Annahme eines nur ‘mittleren’ Raumwiderstandes für die Querung eines faktischen Vogelschutzgebiets ist eine krasse Fehleinschätzung. Das spiegelt sich nicht zuletzt im bisherigen Verlauf des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wider.
– Im Widerspruch zu Feststellungen über die sehr limitierten Aussagemöglichkeiten (f) wurden im Umweltbericht zur SP-V Marchfeld Straße Detailaussagen über die Wirkung von schadensbegrenzenden Maßnahmen für den Triel getroffen (k). Mangels einer ausreichend exakten Formulierung des Projekts und der Maßnahmen waren jedoch solche Aussagen zum damaligen Zeitpunkt fachlich gar nicht möglich. Die Einschätzung, dass Störwirkungen auf den Triel durch Lärmschutzwände und Begleitdämme weitgehend reduziert werden könnten (k), war fachlich nicht fundiert. Das zeigt sich daran, dass diese technischen Maßnahmen nicht ausreichen, um eine erhebliche Beeinträchtigung des Triels im Europaschutzgebiet ‘Sandboden und Praterterrasse’ zu vermeiden (siehe Gutachten Teil 1, Frage 4.1 und Frage 3 dieses Gutachtens).“
Abschließend fasste der gerichtliche Sachverständige seine fachliche Beurteilung der SP-V wie folgt zusammen Sitzung 33):
„Zusammenfassend folgt daraus, dass die SP-V zur Marchfeld Straße selbst die grundlegendsten naturschutzfachlichen Anforderungen an eine Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL verfehlt. Eine ‘Alternativenprüfung’, der nicht einmal eine korrekte Abgrenzung des betroffenen Natura 2000-Gebiet zu Grunde gelegt werden kann, ist fachlich unhaltbar. Der in der SP-V dokumentierte Sachverhalt zur naturschutzfachlichen Beurteilung der Konzeptalternativen ist außerdem nicht nur veraltet, weil sich der Sachverhalt seither wesentlich geändert hat (Gutachten Teil 1, Frage 2.1), sondern die Untersuchungstiefe hätte bereits zum damaligen Zeitpunkt für eine Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL nicht ausgereicht. Schließlich ist das der SP-V zu Grunde gelegte Vorhaben nicht mit dem verfahrensgegenständlichen Projekt identisch, sondern geht weit darüber hinaus. Dadurch sind sowohl die Projektziele und die daran anknüpfenden öffentlichen Interessen als auch die Beeinträchtigungen von Natura 2000-Gebieten nicht deckungsgleich.“
Diesen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, wonach die SP-V die fachlichen Anforderungen an eine Alternativenprüfung nach den Vorgaben des Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL nicht erfüllt habe und die darin dokumentierten Grundlagen sowohl veraltet als auch schon ursprünglich fachlich nicht adäquat gewesen seien, traten die Verfahrensparteien in der Folge fachlich nicht entgegen.
3.5.1.2. Es wird festgestellt, dass in der SP-V Trassenalternativen identifiziert wurden, die gemäß dem damaligen Wissensstand zu einer geringeren Beeinträchtigung des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ führen würden und die nicht offensichtlich zu unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen in anderen Kriterien führen würden.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung des Sachverständigen für Naturschutz in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 getroffen werden (OZ 373, Sitzung 70).
In diesem Zusammenhang führte der gerichtliche Sachverständige zur Frage des Verwaltungsgerichts, ob eine das Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ weniger beeinträchtigende Alternativlösung vorhanden ist, aus (Gutachten/Teil 2, OZ 373, Sitzung 70):
„In der SP-V wurden mehrere verkehrsträgerübergreifende Alternativen untersucht. Unter diesen sind (abgesehen von der Nullvariante) solche, die beim Kriterium ‚Naturraum + Ökologie‘ geringere Auswirkungen aufweisen (Gutachten Teil 2, Frage 2). Eine davon (MIV 0 /ÖV+) hat das beste Nutzen-Kosten-Verhältnis aller untersuchten Verkehrslösungen; der Rechnungshof (2018) hat unter anderem kritisiert, dass nicht diese Variante, sondern eine mit deutlich schlechterem Nutzen-Kosten-Verhältnis zur Umsetzung ausgewählt wurde.“
Diesen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen traten die Verfahrensparteien in der Folge fachlich nicht entgegen.
Aus der Zusammenfassenden Bewertung der voraussichtlichen Raum- und Umweltauswirkungen zur SP-V (Umweltbericht Strategische Prüfung im Verkehrsbericht Marchfeld Schnellstraße, OZ 337, Sitzung 423) ist ersichtlich, dass z.B. die Alternative „Umfahrungen Nord, ÖV+“ (Planfall 5) der schließlich gewählten Alternative „Schnellstraße Mitte Süd, ÖV S-Bahn“ (Planfall 7) in den Wirkungen zumindest vergleichbar ist: Ungünstigeren Wirkungen in den Kriterien „Wirtschaftsraum“ und „Bodennutzungen“ stehen günstigere Wirkungen in den Bereichen „Lärm“, „Luft“, „Klima“, „Naturraum + Ökologie“, „Wasser“ sowie „Ort- und Landschaftsbild“ gegenüber. Beim Planfall 5 entsteht ebenso wie beim Planfall 7 eine (bis zu) „deutliche Verbesserung“ (Luft statt Wirtschaftsraum), aber keine (bis zu) „deutliche Verschlechterung“. Beim Planfall 7 treten solche Verschlechterungen bei zwei Kriterien auf (Klima und Naturraum + Ökologie):
3.5.2. Großräumige Standortalternativen
3.5.2.1. Es wird festgestellt, dass durch das Vorprojekt zur S 8 die naturschutzfachlichen Anforderungen an eine Alternativenprüfung nach den Vorgaben des Artikel 6, Absatz 4, der FFH-RL nicht erfüllt sind und dass die im Vorprojekt dokumentierten Unterlagen nicht ausreichend aktuell sind, um darauf eine Alternativenprüfung nach den Vorgaben des Artikel 6, Absatz 4, der FFH-RL zu gründen.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung des Sachverständigen für Naturschutz in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 getroffen werden, in dem wie folgt ausgeführt wird (OZ 373, Sitzung 33/34).
“– Auch die wesentlichen naturschutzfachlichen Ergebnisse des Vorprojekts für den Abschnitt West sind nachvollziehbar. Dass bei der Variante Nord schwerwiegende Auswirkungen auf Natura 2000-Schutzgüter zu erwarten waren, wurde richtig erkannt; folgerichtig wurde dieser Variante eine ‚sehr geringe’ Zielerfüllung für das Kriterium ‚Tiere und ihre Lebensräume inkl. Wildökologie’ attestiert (m). Ebenso zutreffend ist das deutlich geringere Konfliktpotenzial für die Variante Süd, die kein Natura 2000-Gebiet beeinträchtigt. Während diese Unterschiede aus dem Umweltbericht zur SP-V Marchfeld Straße kaum ersichtlich sind, wurden sie in der Nutzen/Kosten-Untersuchung zum Vorprojekt klar herausgearbeitet (n).
Nicht nachvollziehbar ist hingegen der weitere Weg der Entscheidungsfindung für den Abschnitt West. Obwohl die Variante Nord durch die voraussichtliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets eine ‚sehr geringe’ Zielerfüllung im entsprechenden Kriterium aufweist, wurde sie der Variante Süd vorgezogen (o). Letztere vermeidet aber nicht nur jegliche Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten, sondern führt auch bei keinem anderen Kriterium zu einer ‚sehr niedrigen’ Zielerfüllung (n). Darüber hinaus hat sie unter den drei untersuchten Varianten die wenigsten Kriterien mit ‚niedriger’ Zielerfüllung (n). Da andere Kriterien die Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes nicht ohne weiteres überwiegen können (5), wären im Rahmen einer Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, detaillierte Überlegungen zur Zumutbarkeit der Alternativen erforderlich gewesen vergleiche römisch 40 et al. 2016). Zwar gibt es in der Nutzen/Kosten-Untersuchung zum Vorprojekt weiterführende Überlegungen; diese sind jedoch methodisch nicht adäquat: Erstens wurde eine Nutzwertanalyse durchgeführt, bei der dem Kriterium ‚Tiere und ihre Lebensräume‘ (das die Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets beinhaltet) nur 3 bis 5 von 100 Punkten zugeordnet wurden; der Mittelwert der drei Gewichtungsvarianten beträgt 3,67 Punkte (p). Jedem der sieben Einzelkriterien aus den Themenbereichen ‚Verkehrswirksamkeit’ und ‚Kosten’ wurde ein höheres Gewicht beigemessen (mit Ausnahme des Öffentlichen Verkehrs), und insgesamt überwiegen beide Themenbereiche die Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes um ein Mehrfaches (p). Das widerspricht den methodischen Leitlinien der Europäischen Kommission diametral (5). Am selben Problem krankt auch die Kostenwirksamkeitsanalyse (q). Schließlich wurde eine ‚Überprüfung Projektziele’ vorgenommen (r), die sich aber lediglich auf eine auszugsweise Wiedergabe der Wirkungstabelle stützt (n) und in der zum Beispiel nicht erläutert wird, warum für manche Projektziele ein ‚mittlerer’ Zielerfüllungsgrad offenbar als ausreichend angesehen wird, für andere jedoch nicht.
Aus dem Verfahrensakt ist für mich schließlich nicht ersichtlich, welche Behörde auf Basis der Nutzen/Kosten-Untersuchung zum Vorprojekt in welcher Form und mit welchem Ergebnis eine Alternativenprüfung durchgeführt hat.“
Zur Aktualität der Daten aus dem Vorprojekt stellte der gerichtliche Sachverständige fest Sitzung 4):
„Für die im Vorprojekt berücksichtigte Alternative (Variante Süd) liegt kein aktueller naturschutzfachlicher Befund vor, weil die Planungen seit Ende des Vorprojekts nicht weiter ausgearbeitet wurden. Da mittlerweile seit Ende des Vorprojekts 12 Jahre verstrichen sind, müsste dieser Befund für eine Alternativenprüfung gegebenenfalls neu erhoben werden.“
Diesen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen traten die Verfahrensparteien in der Folge fachlich nicht entgegen.
3.5.2.2. Es wird festgestellt, dass im Vorprojekt zur S 8 eine Alternative identifiziert wurde, die gemäß dem damaligen Wissensstand zu einer geringeren Beeinträchtigung des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ führen würde und die nicht offensichtlich zu unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen in anderen Kriterien führen würde.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung des Sachverständigen für Naturschutz in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 getroffen werden (OZ 373, Sitzung 34).
Dazu ist zuerst auf die zusammenfassende Wirkungsanalyse zu verweisen, mit der die erstmitbeteiligte Partei in ihrer Nutzen/Kosten-Untersuchung die Ergebnisse ihrer Erhebungen zusammengefasst hat:
Der gerichtliche Sachverständige hat in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 ausgeführt (OZ 373, Sitzung 34):
„Nicht nachvollziehbar ist hingegen der weitere Weg der Entscheidungsfindung für den Abschnitt West. Obwohl die Variante Nord durch die voraussichtliche Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets eine ‚sehr geringe’ Zielerfüllung im entsprechenden Kriterium aufweist, wurde sie der Variante Süd vorgezogen (o). Letztere vermeidet aber nicht nur jegliche Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten, sondern führt auch bei keinem anderen Kriterium zu einer ‚sehr niedrigen’ Zielerfüllung (n). Darüber hinaus hat sie unter den drei untersuchten Varianten die wenigsten Kriterien mit ‚niedriger’ Zielerfüllung (n). Da andere Kriterien die Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes nicht ohne weiteres überwiegen können (5), wären im Rahmen einer Alternativenprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 4, detaillierte Überlegungen zur Zumutbarkeit der Alternativen erforderlich gewesen vergleiche römisch 40 et al. 2016). Zwar gibt es in der Nutzen/Kosten-Untersuchung zum Vorprojekt weiterführende Überlegungen; diese sind jedoch methodisch nicht adäquat: Erstens wurde eine Nutzwertanalyse durchgeführt, bei der dem Kriterium ‚Tiere und ihre Lebensräume‘ (das die Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets beinhaltet) nur 3 bis 5 von 100 Punkten zugeordnet wurden; der Mittelwert der drei Gewichtungsvarianten beträgt 3,67 Punkte (p). Jedem der sieben Einzelkriterien aus den Themenbereichen ‚Verkehrswirksamkeit’ und ‚Kosten’ wurde ein höheres Gewicht beigemessen (mit Ausnahme des Öffentlichen Verkehrs), und insgesamt überwiegen beide Themenbereiche die Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebietes um ein Mehrfaches (p). Das widerspricht den methodischen Leitlinien der Europäischen Kommission diametral (5). Am selben Problem krankt auch die Kostenwirksamkeitsanalyse (q). Schließlich wurde eine ‚Überprüfung Projektziele’ vorgenommen (r), die sich aber lediglich auf eine auszugsweise Wiedergabe der Wirkungstabelle stützt (n) und in der zum Beispiel nicht erläutert wird, warum für manche Projektziele ein ‚mittlerer’ Zielerfüllungsgrad offenbar als ausreichend angesehen wird, für andere jedoch nicht.“
Diesen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen traten die Verfahrensparteien in der Folge fachlich nicht entgegen.
3.5.3. Kleinräumige Standortalternativen
3.5.3.1. Es wird festgestellt, dass die Untersuchung der kleinräumigen Standortalternativen durch die erstmitbeteiligte Partei fehlerhaft ist.
Dazu ist zuerst auf die fehlerhafte Berücksichtigung kumulativer Wirkungen und die fehlerhafte Ermittlung des Eingriffsausmaßes durch die erstmitbeteiligte Partei zu verweisen (Pkt. römisch III.3.3.1 und römisch III.3.3.3.).
Weiters konnte diese Feststellung vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung des Sachverständigen für Naturschutz in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 getroffen werden (OZ 373, Sitzung 62-65).
„Für eine UVP und auch für eine NVP ist vorrangig der Einfluss des geplanten Vorhabens auf den aktuell vorhandenen Zustand der Schutzgüter relevant (3). Die zentrale Bedeutung des Ist-Zustandes in der UVP war ausschlaggebend dafür, dass der behördliche Sachverständige 2018 darauf hingewiesen hat, dass eine erhebliche Beeinträchtigung nicht mehr auszuschließen ist (Gutachten Teil 1). Darüber hinaus muss die NVP auch den Beeinträchtigungen des Entwicklungspotenziales eines Schutzgebietes nachgehen (3).
Daraus folgt, dass aus den umfangreichen Tabellen, die von der Projektwerberin zur Verfügung gestellt wurde, nur einige wenige Angaben relevant sind. In erster Linie ist das der Unterschied zwischen dem Referenzplanfall 2019 und den jeweiligen Maßnahmen-Planfällen für die einzelnen Trassen.
[...]
Zur möglichen zukünftigen Situation hat die Projektwerberin zwei verschiedene Grundlagen erarbeitet: zum einen eine anhand der Bescheidlage erstellte Prognose der Habitateignung im Jahr 2035, zum anderen eine Prognose der Habitateignung im Jahr 2035 unter Einbeziehung eines im Auftrag des Landes römisch 40 erstellten Entwicklungskonzepts (siehe Bericht zur Habitatmodellierung). Ein Potenzial ist jedoch nicht gleichzusetzen mit einem oder zwei bestimmten Szenarien für den möglichen künftigen Zustand des Gebiets, sondern umfasst sämtliche realistisch erreichbaren Zustände. Daher muss kritisch hinterfragt werden, inwieweit die beiden Szenarien für 2035 dazu geeignet sind, das Potenzial des Gebiets abzubilden:
- Anhand der Karte des Entwicklungskonzepts ist ersichtlich, dass grundsätzlich flächendeckend das Potenzial vorhanden ist, hochwertigen Triel-Lebensraum zu schaffen (aa). Es gibt also keinen fachlich zwingenden Grund dafür, drei als Brutplätze geeignete Schotterflächen auf der Trasse C anzulegen und keine einzige auf der Trasse EP (aa). Der Grund scheint vielmehr der zu sein, dass das Entwicklungskonzept – durchaus nachvollziehbar – die aktuelle Trasse berücksichtigt. Dadurch entsteht für diese Trasse in der Prognose für 2035 ein Korridor geringer Habitateignung. Falls jedoch eine Alternativenprüfung zu einer anderen Trasse führen sollte, könnte ein modifiziertes Entwicklungskonzept diese in gleicher Weise berücksichtigen.
- Die Karte der bescheidmäßig festgelegten Trielschutzflächen zeigt vor allem, dass sich diese Form des Gebietsmanagements bisher stark auf das ursprünglich ausgewiesene Vogelschutzgebiet konzentriert und der nördlich davon gelegene, neue Gebietsteil viel weniger berücksichtigt wurde (ab). Auch die lange bekannte Lage des S 8-Einreichprojekts mag dazu beigetragen haben, dass auf der Trasse EP keine bescheidmäßig verordneten Trielschutzflächen liegen. Eine solche Vorgangsweise liegt nahe, weil dadurch vermieden wird, dass Schutzmaßnahmen letztendlich unsinnig sind. Auch diese Praxis ist aber natürlich veränderbar, wenn eine andere Trassenentscheidung getroffen wird.
Daher können die beiden Prognosen letztlich nur wenig zu einer Trassenentscheidung beitragen. Vielmehr müssen, wenn das Potenzial berücksichtigt werden soll, Faktoren betrachtet werden, die durch das Gebietsmanagement nicht so flexibel gestaltet werden können. Dazu gehören insbesondere die Nähe zu größeren Baulandflächen oder zu größeren Waldflächen. Vor diesem Hintergrund drängt es sich wieder auf, eine weitere Alternative (westlicher Teil Trasse A, östlicher Teil Trasse B) zu untersuchen. Je näher diese Trasse am Betriebsgebiet bzw. am Wald liegt, desto stärker fällt sie in Bereiche, deren Habitatpotenzial ohnehin dauerhaft und unveränderbar verringert ist. Die Beeinträchtigung durch die S 8 und die Beeinträchtigungen durch Betriebsgebiet und Wald würden sich in diesem Fall nicht einfach addieren, sondern überlagern. Die Gesamtbeeinträchtigung wäre bei einer optimierten Trassenführung geringer als die Summe der einzelnen Beeinträchtigungen. Überdies hätte eine solche Trasse den Vorteil, nahezu keine Fragmentierung des Gebiets zu verursachen.
[...]
Dem gegenüber vergleicht die Projektwerberin in der Alternativenprüfung der römisch 40 einen modellierten Referenz-Zustand für das Jahr 2008 mit einem modellierten Planfall-Zustand für das Jahr 2035. Die Auswirkungen der S 8 auf den aktuellen Zustand der Schutzgüter erschließen sich zwar aus Tabelle 5 auf Sitzung 48, werden aber in den Kapiteln 9 (Auswirkungen durch das Vorhaben S8) und 10 (Bewertung der Trassenvarianten / Alternativenprüfung) auf Sitzung 49–54 nicht erwähnt. In die Bewertung des Vorhabens bzw. der Alternativen fließt diese Information daher nicht ein. Dadurch wird das Beweisthema der UVP, das zugleich das vorrangige Beweisthema der NVP ist (3), von der Projektwerberin verfehlt. Schon aus diesem Grund sind die Ausführungen dem gegebenen Zweck nicht angemessen. Der Bewertungsansatz steht weiters im Widerspruch zu den Anforderungen an eine Verträglichkeitsprüfung gemäß Artikel 6, Absatz 3,, wie sie vom EuGH in ständiger Rechtsprechung definiert wurden (4). Denn Feststellungen darüber, wie der Zustand des Gebiets in 15 Jahren sein wird, können schon aus grundsätzlichen Überlegungen nicht vollständig, präzise und endgültig sein. Anhand der getroffenen Annahmen kann daher aus wissenschaftlicher Sicht nicht jeglicher vernünftige Zweifel über die Auswirkungen des Vorhabens ausgeräumt werden (4).“
Diesen Ausführungen hat die erstmitbeteiligte Partei insofern widersprochen, als (erstens) nicht der aktuell vorhandene Zustand der Schutzgüter, sondern der vergangenheitlich beste Zustand zu betrachten sei und (zweitens) die von ihr erstellten Prognosen für den Zustand des Gebiets im Jahr 2035 präzise und endgültige Aussagen zulasse.
Im Gutachten des Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei wird in diesem Zusammenhang ausgeführt (Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, Beilage zu OZ 381, Sitzung 4):
„(13) Die Projektwerberin hat das Jahr 2008 als Referenzzeitpunkt ausgewählt, da es zu diesem Zeitpunkt vergleichsweise wenig Störeinflüsse im Gebiet gab, sowie eine gute geeignete Habitataustattung und eine ebenfalls gute Ausstattung an Brutrevieren und Brutpaaren des Triel(5 Brutpaare)vorhanden waren. Das bedeutet nicht, das dies der einzig mögliche Referenzzeitpunkt wäre. Die Habitateignungsflächen haben sich vor und nach 2008 verschoben und flächenmäßig verändert. Man könnte durchaus auch andere Referenzjahre (z.B. 2006) heranziehen, betreffend die Habitateigungsflächen gibt es jedoch zwischen diesen Jahren nur unwesentliche Unterschiede. Eine nachvollziehbare Begründung für ein Referenzjahr nach 2008 wird dadurch erschwert, dass –trotz gleichen Erhaltungsgrads in allen Jahren –entweder die Habitatquantität und -qualität nach 2008 nicht relevant besser geworden ist oder die Anzahl der im Gebiet anwesenden Brutpaare deutlich geringer geworden ist.
(14) SV römisch 40 lehnt das Referenzjahr 2008 jedoch aus Gründen ab, die für mich unter Betrachtung der dahinterliegenden Prüffrage (Werden die natürlichen Lebensräume und Habitate des Gebiets durch das geplante Vorhabenverschlechtert?) in keiner Weise nachvollziehbar ist. [...]
(15) Die gesamten Ausführungen des SV römisch 40 gehen jedoch in dieser Hinsicht an der Bedeutung dieses Referenzjahres vollkommen vorbei. Denn eine Verschlechterung ist zweifelsfrei nicht vom gewünschten oder geforderten sehr guten Erhaltungsrad eines Gebiets zu bemessen, sondern vom jeweils besten bisherigen Zustand. Es ist also gar nicht die Frage, ob – wie römisch 40 schreibt – die geeigneten Habitatflächen 2008 ausreichendwaren, sondern ob dieses Jahr ein guter, nachvollziehbarer geeigneter Zeitpunkt ist, um die eventuelle Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate zu bemessen.“
Dieses Vorbringen steht jedoch im Widerspruch zu anderen Aussagen desselben Sachverständigen. Dieser hat ursprünglich die Auffassung vertreten, im Jahr 2008 sei das geringste flächenmäßige Ausmaß an geeigneten Habitaten zu Verfügung gestanden (Gutachten römisch 40 vom 17.02.2020, OZ 258, Sitzung 2). Auch im selben Gutachten stellt der Sachverständige der erstmitbeteiligten Partei an anderer Stelle fest, im Zeitverlauf von 1998 über 2008 bis 2019 sei eine Zunahme der Habitateignung zu verzeichnen gewesen (Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, OZ 381, Sitzung 2/3). Gemäß dem Bericht zur Alternativenprüfung Markgrafneusiedl der erstmitbeteiligten Partei waren außerdem sowohl die gewichtete Habitatseignung als auch die Fläche an geeignetem Habitat im Jahr 2019 größer als im Jahr 2008 (Bericht Alternativenprüfung Markgrafneusiedl vom August 2020 OZ 350, Sitzung 48). Die Aussage, 2008 sei der beste bisherige Zustand gewesen, widerspricht also der Fachgrundlage, auf die sich der Sachverständige der erstmitbeteiligten Partei stützt.
Weiters wird im Gutachten des Sachverständigen der erstmitbeteiligten Partei in diesem Zusammenhang ausgeführt (Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, Beilage zu OZ 381, Sitzung 5-7):
„(22) Es ist also korrekt und nachvollziehbar, dass seitens der Projektwerberin zur Bewertung einer eventuellen Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate die Jahre 2008 und 2035 herangezogen wurden. 2008, weil dieses Jahr einen vergleichsweisen guten gesamten Zustand des Schutzgebiets abbildet, 2035 weil es betreffend die Wirkungen den realistischen und korrekten Zustand im Gebiet abbildet. Wenn diese beiden Zeitpunkte festgelegt sind, dann ist noch offen, welche Habitate in das Prognosejahr 2035 einberechnet werden können. Hier hat die Projektwerberein sowohl Bescheidauflagen als auch die projektintegrale Maßnahme des Vorhabens mit hineingerechnet.
(23) SV römisch 40 kritisiert diese Vorgangsweise schwer und behauptet, man könne nicht sagen, wie der Zustand des Gebiets in 15 Jahren sein wird. Das ist teilweise unrichtig. Natürlich lässt sich die gesamte Habitatentwicklung in diesem Gebiet nicht mit Sicherheit vorhersehen. Die Pläne, die das Land NÖ im Umsetzungskonzept11 darlegt, sind –verglichen mit anderen Managementplänen in Österreich –überaus präzise und klar. Aber es lässt sich aus heutiger Sicht nicht mit Sicherheit feststellen, wie erfolgreich das Land NÖ dieses Konzept tatsächlich umsetzt. Eine Einbeziehung des Umsetzungskonzepts in die Berechnung der 2035 zu Verfügung stehenden Flächen ist daher meines Erachtens –wie auch SV römisch 40 feststellt -nicht zulässig.
(24) Anders verhält es sich mit bisherigen Bescheidauflagen. Die Projektwerberinhat in der Prognose der Habitateignung 2035 jene bereits abgeschlossenen bzw. klar absehbaren Auflagen anhand der aktuellen Bescheidlage mitgerechnet, um ein reales und eben nicht lückenhaftes Gesamtbild für das Jahr 2035 darzustellen.Diese Vorgangsweisegleicht der Vorgangsweise, die gemäß üblicher Praxis und gemäß des Leitfadens der EK12zur Auslegung des Artikel 6, für die Berechnung der kumulativen negativenEffekte herangezogen werden soll, damitdieWirkungen präzise und nicht lückenhaft bewertet werden. Es geht also hier nicht –wie SV römisch 40 behauptet –um schwer abschätzbare Szenarien, wie das Gebiet in 15 Jahren sein wird13, sondern um präzise und endgültige Feststellungen.
[…]
(31) Die von der Projektwerberin durchgeführte Berechnung der im Jahr 2035 mit Sicherheit vorhandenen Habitatflächen ist fachlich nachvollziehbar und korrekt, weil sie die Gesamtsituation im Gebiet real abbilden. Aller Voraussicht nach wird diese Situation sogar besser sein, als seitens der Projektwerberin dargelegt, weil das Land NÖ vorhat, die gesetzten quantifizierten Erhaltungsziele des Umsetzungskonzepts (4 –7 Brutpaare) mit geeigneten Maßnahmen auch zügig zu realisieren. Diese Plänesind aber noch zu vage und vor allem nicht verpflichtend und deshalb nicht für die Bilanzierung geeignet.“
Diese Ausführungen sind in sich widersprüchlich: Wenn unklar ist, in welchem Umfang (und an welcher Stelle) Maßnahmen aus dem angesprochenen Umsetzungskonzept umgesetzt werden, so kann der Unsicherheit auch nicht dadurch abgeholfen werden, dass das Umsetzungskonzept überhaupt nicht berücksichtigt wird. Die Aussage, dass „die gesamte Habitatentwicklung in diesem Gebiet nicht mit Sicherheit vorherzusehen“ ist, steht im Widerspruch zu der wenige Zeilen später getroffenen Aussage, dass die erstmitbeteiligte Partei ein „reales und eben nicht lückenhaftes Gesamtbild für das Jahr 2035“ darstellen und dadurch „präzise und endgültige Feststellungen“ über den künftigen Zustand der Habitate im Gebiet treffen könne. Die Aussage, dass die Gesamtsituation real abgebildet werde, wenn im nächsten Satz festgestellt wird, dass die Situation aller Voraussicht eine andere (nämlich eine bessere) sein werde, widerspricht offensichtlich den Denkgesetzen.
Insgesamt ist den schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu folgen.
3.5.3.2. Es wird festgestellt, dass im Vorprojekt zur S 8 eine Alternative identifiziert wurde, die zu einer geringeren Beeinträchtigung des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ führen würde und die nicht offensichtlich zu unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen in anderen Kriterien führen würde.
Diese Feststellung konnte vom erkennenden Senat aufgrund der nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführung des Sachverständigen für Naturschutz in seinem Gutachten Naturschutz/Teil 2 getroffen werden (OZ 373, Sitzung 63-65).
„Lässt man die kumulativen Effekte, die bei den drei untersuchten Trassen mehr oder weniger gleich sind, einmal außer acht, so zeigt sich, dass die Trasse C den bei weitem geringsten Verlust an aktuell vorhandenem Triel-Habitat verursacht (w). Dies ist umso bemerkenswerter, als die Trasse C bei den technischen Lärmschutzmaßnahmen dadurch rechnerisch benachteiligt ist, dass bei ihr nur südlich ein Steildamm vorgesehen ist (bei EP und D nördlich und südlich; x). Der rechnerische Gesamtverlust an Habitateignung ist bei der Trasse EP 10mal so hoch wie bei der Trasse C, bei der Trasse D knapp 20mal so hoch. Dieses eindeutige Ergebnis steht mit einer korrekten Interpretation der Befunde der Raumwiderstandsanalyse im Einklang (siehe oben). Die Karten der Triel-Beobachtungen für die Jahre 2020 (y) und 2019 (z) lassen erkennen, dass das aktuelle Aktivitätszentrum des Triel von der Trasse D zentral und von der Trasse EP randlich durchschnitten wird, während die Trasse C nördlich davon verläuft. Auch daraus ergibt sich eine mit dem Ergebnis der Habitatmodellierung konsistente Eingriffsbewertung für die drei untersuchten Alternativen.“
Diesen Ausführungen ist die erstmitbeteiligte Partei dadurch entgegengetreten, dass sie für den Zustand der Schutzgüter ein anderes Referenzjahr verwendet und einen künftigen Zustand der Schutzgüter prognostiziert hat. Durch die von ihr prognostizierte Verlagerung der Habitate des Triels bis zum Jahr 2035 hat die erstmitbeteiligte Partei eine andere Trasse – nämlich die Einreichtrasse – als die am wenigsten beeinträchtigende Alternative ermittelt (Bericht Alternativenprüfung Markgrafneusiedl vom August 2020 OZ 350, Sitzung 54):
„Die Variante Einreichprojekt (EP) weist im Hinblick auf den Triel gegenüber den anderen beiden Varianten die geringste Beeinflussung der Habitateignung auf. Weiters ist durch diese Variante im Vergleich zu den beiden anderen Varianten mit drei weiteren für das Schutzgebiet relevanten Arten eine geringere Anzahl betroffen. Auch im Hinblick auf die betroffenen Reviere der jeweiligen Arten ist bei Variante EP eine geringere Beeinflussung als bei den beiden anderen Varianten zu verzeichnen. Insgesamt weist die Variante EP somit die geringsten Beeinträchtigungen auf und ist somit gegenüber den anderen Varianten als die günstigste Variante zu bewerten.“
Dazu wird auf die Erwägungen unter Pkt. römisch III.4.5. verwiesen. Weiters ist auf die Rechtsprechung des VwGH zu verwiesen, wonach die Frage allfälliger Auswirkungen des Vorhabens auf geschützte Güter aufgrund einer Prognose zu lösen sein wird, die einerseits von der gegenwärtigen Beschaffenheit der Naturgüter, andererseits von Erfahrungswerten bei vergleichbaren Projekten bzw. gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen ausgeht (VwGH 16.04.2004, 2001/10/0156).
Daher ist in der Frage der verträglichsten kleinräumigen Standortalternative den schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen zu folgen, der von der tatsächlichen gegenwärtigen Beschaffenheit der Naturgüter (anstatt einer angenommenen künftigen Beschaffenheit der Naturgüter) ausgegangen ist.
Weiters ergibt sich aus der Raumwiderstandsanalyse der erstmitbeteiligten Partei vom Juni 2020, dass die zusammenfassende Tabelle im Kapitel 7.1 für die Variante C in keinem Themenbereich einen „sehr hohen“ oder „hohen“ Raumwiderstand aufweist, mit Ausnahme des Themenbereichs „Tiere“, in dem alle Varianten (insbesondere auch die Trasse Einreichprojekt) einen „sehr hohen“ Raumwiderstand aufweisen. Im Vergleich zur Trasse Einreichprojekt liegt der einzige Unterschied in einem „mittleren“ Raumwiderstand der Trasse C im Themenbereich „Siedlungsraum“, wo für die Trasse Einreichprojekt ein „geringer“ Raumwiderstand ermittelt wurde. Gemäß den Ausführungen im Kapitel 6.2.1 Sitzung 26) entspricht ein mittlerer Raumwiderstand einem „Sachverhalt, der bei der zu erwartenden vorhabensbedingten Beeinträchtigung mittlere Umweltauswirkungen erwarten lässt“. In derselben Tabelle werden ein hoher Raumwiderstand als „jedenfalls genehmigungsrelevant“ und erst ein sehr hoher Raumwiderstand als „bedeutendes Genehmigungsrisiko“ definiert.
3.5.4. Zwischenergebnis
Insgesamt ergibt sich, dass noch keine (vollständige) naturschutzfachliche Alternativenprüfung durchgeführt wurde. Somit ist weiter zu klären, ob es ausgeschlossen werden kann, dass eine verträglichere Alternative außerhalb des Bundesstraßenplanungsgebiets möglich ist. Auf der Ebene der Konzeptalternativen, der großräumigen Standortalternativen und der kleinräumigen Standortalternativen wurden jeweils Alternativen identifiziert, die hinsichtlich des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“ verträglicher sind und die nicht offensichtlich – ohne vernünftigen Zweifel – zu unverhältnismäßigen Beeinträchtigungen in anderen Kriterien führen würden.
Allerdings liegen keine geeigneten Unterlagen vor, um auf dieser Grundlage eine Alternativenprüfung und eine Interessensabwägung nach Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL bzw. Paragraph 10, NÖ NSchG 2000 durchführen zu können. Die vorhandenen Daten sind fehlerhaft und hinsichtlich der SP-V und des Vorprojekts – schon allein aufgrund der langen Dauer des behördlichen Verfahrens – zu veraltet, um eine solche Prüfung durch die bloße Ergänzung vorhandener Unterlagen durchführen zu können. Vielmehr müsste der Befund im Wesentlichen neu erhoben werden.
Anhand der Ergebnisse des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine sowohl verträglichere als auch zumutbare Alternative außerhalb des Bundesstraßenplanungsgebiets möglich ist. Andererseits kann aufgrund des Fehlens geeigneter Unterlagen auch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass eine solche Lösung möglich ist.
Weiters ist auf den Schriftsatz der erstmitbeteiligten Partei vom 16.10.2020 (OZ 384, Sitzung 13/14) nicht weiter einzugehen, da dieser in weiterer Folge erst nach der zweiten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts und somit nach dem Schluss des Ermittlungsverfahrens eingebracht worden ist vergleiche dazu auch Pkt. römisch III.4.1.2.).
3.6. Zur Prüfung anderweitiger zufrieden stellender Lösungen nach Artikel 9, Absatz eins, VSch-RL, Artikel 16, Absatz eins, FFH-RL bzw. Paragraph 20, Absatz 4, NÖ NSchG 2000:
Es kann nicht festgestellt werden, ob bei Verwirklichung des Vorhabens die Populationen der betroffenen Arten Triel und Ziesel in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz einer allfälligen Ausnahmegenehmigung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen werden. Es wird festgestellt, dass auf der Grundlage der Ergebnisse des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine verträglichere anderweitige zufrieden stellende Lösung außerhalb des Bundesstraßenplanungsgebiets möglich ist. Andererseits kann jedoch auch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass eine solche Lösung möglich ist.
Dies ergibt sich aus der obigen artenschutzrechtlichen Prüfung (Pkt. römisch III.3.4.). Diese ist zum Ergebnis gekommen, dass es durch das Vorhaben zu Störungen an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten der vom Aussterben bedrohten Arten Triel und Ziesel kommen würde und überdies die besonders geschützte Art Triel beunruhigt würde.
In diesem Zusammenhang ist auf die Positionen der Parteien in Bezug auf das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen alternativer Lösungen und auf die entsprechenden Ausführungen zur naturschutzfachlichen Alternativenprüfung nach Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL bzw. Paragraph 10, NÖ NSchG 2000 zu verweisen (Pkt. römisch III.3.4.).
Es ergibt sich insgesamt, dass noch keine (vollständige) Prüfung möglicher anderweitiger zufriedenstellender Lösungen durchgeführt wurde. Die vorhandenen Daten sind zu unvollständig und zu veraltet, um eine solche Prüfung durch die bloße Ergänzung vorhandener Unterlagen durchführen zu können. Vielmehr müsste der Befund im Wesentlichen neu erhoben werden.
Somit kann auf der Grundlage der Ergebnisse des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht ausgeschlossen werden, dass eine verträglichere anderweitige zufriedenstellende Lösung außerhalb des Bundesstraßenplanungsgebiets möglich ist. Andererseits kann jedoch auch nicht zweifelsfrei festgestellt werden, dass eine solche Lösung möglich ist.
4. Rechtliche Würdigung:
4.1. Verschiedene verfahrensrechtliche Fragen:
4.1.1. Befangenheit des Sachverständigen für Naturschutz
Im Zuge der Bestellung von Dr. römisch 40 als Sachverständigen für Ornithologie im Juli 2019 brachten verschiedene beschwerdeführende Parteien vor, dieser stehe in einem Nahverhältnis zur erstmitbeteiligten Partei und zum Sachverständigen des Behördenverfahrens. Es sei kein objektives Gutachten zu erwarten, der Sachverständige sei befangen. Die zweitmitbeteiligte Partei brachte im Zuge der zweiten mündlichen Verhandlung am 13.10.2020 vor, der gerichtlich bestellte Sachverständige für Ornithologie sei befangen. Er bevorzuge die von den Beschwerdeführerinnen/-führern vorgelegten Gutachten und Unterlagen, unterziehe hingegen die von der erstmitbeteiligten Partei vorgelegten Dokumente einer tendenziösen und nicht wissenschaftlich begründeten Kritik und beurteile Bereiche außerhalb seines Fachgebietes.
Dazu ist zunächst auf die diesbezügliche Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach das Wesen der Befangenheit in der Hemmung einer unparteiischen Entschließung durch unsachliche psychologische Motive besteht, wobei das Element der Unsachlichkeit nicht schlechthin, wohl aber in Bezug auf die konkreten, vom Sachverständigen zu beurteilenden Fachfragen gegeben sein muss; von Befangenheit ist insbesondere dann zu sprechen, wenn die Möglichkeit besteht, dass ein Organ durch seine persönliche Beziehung zu der den Gegenstand einer Beratung und Beschlussfassung bildenden Sache oder zu den an dieser Sache beteiligten Personen in der unparteiischen Amtsführung bzw. in einem unparteiischen Tätigwerden beeinflusst sein könnte. Im Interesse dieser Sicherstellung ist es erforderlich, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Unbefangenheit bzw. der Unabhängigkeit von sachverständigen Personen einschließlich eines allfälligen diesbezüglichen Vorbringens von Verfahrensparteien sorgfältig prüft und die Heranziehung in der Form eines (verfahrensleitenden) Beschlusses anordnet, wobei gegebenenfalls zu begründen ist, wenn von den Parteien vorgebrachte Bedenken hinsichtlich der vollen Unbefangenheit nicht zutreffen vergleiche zu allem VwGH 22.06.2016, Ra 2016/03/0027, mwN). Im Zusammenhang mit der Befangenheit von Amtssachverständigen hat der VwGH darauf abgestellt, ob konkrete Umstände zumindest den Anschein erwecken könnten, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist vergleiche VwGH 27.04.2017, Ra 2015/07/0117, mwN; zuletzt VwGH Ro 15.10.2020, 2019/04/0021, Rz 291).
Weiters kann nach der Rechtsprechung des VwGH die allfällige Befangenheit eines Sachverständigen nur dann mit Erfolg eingewendet werden, wenn sich sachliche Bedenken gegen die Erledigung dieses Verwaltungsorganes ergeben oder besondere Umstände hervorkommen, die geeignet sind, die volle Unbefangenheit desselben in Zweifel zu ziehen, etwa wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung gefolgert werden kann. Jeder Vorwurf einer Befangenheit hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Sachverständigen in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist. Nur eindeutige Hinweise, dass ein Entscheidungsträger seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit ist, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen vergleiche zu allem VwGH 31.01.2012, 2010/05/0212, mwN; zuletzt Ro 15.10.2020, 2019/04/0021, Rz 292).
4.1.1.1. Befangenheitsanträge verschiedener Beschwerdeführerinnen/-führern zum Sachverständigen für Naturschutz
Mit Beschwerdemitteilung vom 02.07.2019 (OZ 159) wurden die Verfahrensparteien darüber informiert, dass das Verwaltungsgericht beabsichtige, Mag. Dr. römisch 40 zum Sachverständigen für den Bereich Ornithologie für das gerichtliche Beschwerdeverfahren zu bestellen. In diesem Zusammenhang wurde das Schreiben des Sachverständigen vom 02.07.2019 zu einer möglichen Befangenheit im gegenständlichen Verfahren übermittelt. Weiters wurde ausgeführt, das Gericht gehe vorläufig von der Rechtsansicht aus, wonach keine Gründe für Befangenheit nach Paragraphen 7 und 53 AVG vorlägen.
In der Folge wandten sich verschiedene Beschwerdeführer/innen gegen die Bestellung des Sachverständigen, da dieser nicht unabhängig sei und als befangen abgelehnt werde.
Mit verfahrensleitendem Beschluss vom 03.10.2019 (OZ 180) des Verwaltungsgerichtes wurden die Befangenheitseinwendungen der Beschwerdeführer/innen zurück- bzw. abgewiesen. In rechtlicher Hinsicht wurde auf die oben referierte Rechtsprechung hingewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, aus dem Umstand, wonach der gerichtlich bestellte Sachverständige mit dem Sachverständigen der belangten Behörde in der Vergangenheit zusammengearbeitet habe, ergebe sich kein Befangenheitsgrund. Denn aus dem fachlich-wissenschaftlichen Austausch zweier Ornithologen, auch wenn dieser im Verfahren seinen Niederschlag finde, folgten keine Zweifel an der Unbefangenheit. Denn nur eindeutige Hinweise, dass jemand seine vorgefasste Meinung nicht nach Maßgabe der Verfahrensergebnisse zu ändern bereit sei, können seine Unbefangenheit in Zweifel ziehen (VwGH 27.08.13, 2010/06/0205). Dass der Sachverständige als Mitverfasser die Publikation „Natura 2000 & Artenschutz. Empfehlungen für die Planungspraxis beim Bau von Verkehrsinfrastruktur“ für die erstmitbeteiligte Partei verfasst habe und deshalb in einem Naheverhältnis zur Projektwerberin stehe, mache ihn nicht befangen. Bei der genannten Publikation handle es sich um ein Standardwerk für die Planung von linienförmigen Infrastrukturvorhaben, das frei im Internet zugänglich sei. Es handle sich um eine in der Fachwelt anerkannte Fachpublikation, die gerichtsnotorisch in der Praxis in Verwendung sei und deren wissenschaftliche Qualität in den verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren nicht in Frage gestellt worden sei.
Auch aus dem Umstand, dass der Sachverständige von einer früher geäußerten Fachmeinung Abstand genommen habe, seien keine Zweifel an seiner Fachkunde erkennbar. Dazu seien auch keine konkreten Umstände aufgezeigt worden, die die Fachkunde des Sachverständigen in Zweifel ziehen lassen (VwGH 25.06.2009, Zl. 2007/07/0050; 04.07.2019, Ra 2018/06/0100, mwN).
Auch aus dem Einwand, der Sachverständige sei bereits am Vorprojekt zur S 8 beteiligt gewesen, sei keine Befangenheit zu erkennen. Er sei weder an der Projektierung, noch an der Planung beteiligt gewesen; auch habe er in diesem Projektstadium keine Gutachten erstellt. Er sei in dieser Phase als externer Experte beigezogen worden, da es sich bei ihm um einen österreichweit einzigartig anerkannten Fachmann für die Vogelart Triel handle.
Aus den Statuten zur „Fachlichen Begleitung Natura 2000 im Marchfeld“ ergäbe sich, dass die externen Experten nach Beendigung der fachlichen Begleitung nicht mehr an die Verpflichtungen der Standesregeln für Betreiber von Technischen Büros, Bundesgesetzblatt Nr. 726 aus 1990,, gebunden seien (wonach z.B. nach Paragraph 3, Ziffer eins, die Interessen des jeweiligen Auftraggebers unbeeinflusst von den eigenen und den Interessen Dritter zu wahren sind). Die Beteiligung habe vor der Einreichung des Einreichprojekts geendet.
Auch aus dem Umstand, dass das Land römisch 40 , die zweitmitbeteiligte Partei des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, mit der Erstellung von Monitoringberichten (u.a. auch für das projektgegenständliche Vogelschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ im Marchfeld, einem von insgesamt zwei Triel-Lebensräumen in Österreich) den Sachverständigen beauftragt habe, sei ist keine Befangenheit ableitbar. Dazu wurde ausgeführt, es sei keine Befangenheit daraus ableitbar, dass der Sachverständige einerseits für das Land römisch 40 in behördlichen Verfahren und andererseits für das Land als Privatrechtsträgerin (der nunmehrigen zweitmitbeteiligten Partei als Mitantragstellerin) tätig geworden sei (VwGH 15.05.2012, 2009/05/0083, mwN).
Insgesamt bestand für das Verwaltungsgericht an der fachlichen Qualifikation und Integrität des Sachverständigen kein Zweifel.
Im Zuge der Bestellung des Sachverständigen wurde weder von der erst- noch von der zweitmitbeteiligten Partei der Vorwurf der Befangenheit gemacht. Auch wurde von keinem der Beschwerdeführer im späteren Verlauf des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens der Vorwurf einer Befangenheit geäußert.
4.1.1.2. Befangenheitsantrag der zweitmitbeteiligten Partei zum Sachverständigen für Naturschutz
In der zweiten mündlichen Verhandlung am 13.10.2020 brachte die zweitmitbeteiligte Partei vor, der gerichtlich bestellte Sachverständige für Ornithologie sei befangen (OZ 383, VHS Sitzung 9 ff). Dieser mache (so der erste Vorwurf), eine auffallende Unterscheidung zwischen den von Projektwerbern vorgelegten Unterlagen und jenen der Beschwerdeführer/innen. Die von den Beschwerdeführer/innen vorgelegten Urkunden und Unterlagen seien vom Sachverständigen als „neutrale wissenschaftliche Quelle“ zitiert worden, ohne einen einzigen Verweis darauf, dass es sich dabei um privatgutachterliche Meinungen handle. Umgekehrt, im Hinblick auf die von der erstmitbeteiligten Partei vorgelegten Unterlagen und Sachverständigen-Gutachten, mache er das nicht.
Diesem Vorwurf ist entgegenzuhalten, dass die Wendung „neutrale wissenschaftliche Quelle“ im Gutachten des Sachverständigen nicht vorkommt; dies lässt sich schon anhand einer automatischen Textsuche leicht verifizieren. Es wurden von den Beschwerdeführer/innen vorgelegte Urkunden und Unterlagen im beanstandeten zweiten Teil des naturschutzfachlichen Gutachtens an zwei Stellen zitiert. Es wurde vom Sachverständigen auf Sitzung 59 des zweiten Gutachtens die von der erstmitbeteiligten Partei durchgeführte Literaturanalyse unter anderem aus folgendem Grund kritisiert: „Dem gegenüber wurden mindestens neun Arbeiten mit konkreten Angaben zum Einfluss von Straßen auf den Triel nicht in die Analyse einbezogen (Christen 1980, Clarke & Liley 2013, Day 2003, Henderson 2013, Liley & Hoskin 2017, Nipkow 1990, Sharp et al. 2008, Taylor et al. 2007, Vogel & Vogel 1972)." In dieser Aufzählung findet sich mit Liley & Hoskin (2017) ein von den Beschwerdeführer/innen vorgelegtes Gutachten. An dieser Stelle wurde jedoch keine Aussagen über den jeweiligen wissenschaftlichen Gehalt dieser Studien getroffen, sondern lediglich die Berücksichtigung in einer Literaturstudie gefordert. Es kann keine Befangenheit des Sachverständigen erkannt werden, wenn dieser auf diese Quelle hingewiesen hat. Es gehört zum Wesen einer Literaturstudie, sich mit dem fachlichen Gehalt der berücksichtigten Quellen auseinanderzusetzen. Auch haben die Aussagen eines Privatsachverständigen grundsätzlich keinen geringeren Wert (VwGH 29.03.2005, 2004/10/0223), so dass ein Privatgutachten aus einer Literaturstudie nicht schon aus diesem Grund ausgeschlossen werden kann.
Weiters wird auf Sitzung 66 des zweiten naturschutzfachen Gutachtens ausgeführt: „Weiters liegen mehrere Stellungnahmen von Sachverständigen der Beschwerdeführer vor, die allesamt zu dem Schluss kommen, dass die S 8 nicht naturverträglich ist. Besonders hervorzuheben ist, dass diese Gutachten neben jenen österreichischeren Ornithologen über einen langen Zeitraum hinweg (Eisner 2010, Zwicker 2019) auch solche von international ausgewiesenen Experten für die betroffene Art umfassen (Liley & Hoskin 2017, Dragonetti 2019)." Hier hat sich der Sachverständige explizit auf eine von den Beschwerdeführer/innen vorgelegte Unterlage bezogen. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der Sachverständige sich regelmäßig auf Unterlagen der Beschwerdeführer/innen bezieht und diese nicht als solche kennzeichnet. Auch die Behauptung, der Sachverständige habe diese Quellen „ohne einen einzigen Verweis, dass es sich dabei um privatgutachterliche Meinungen handelt" zitiert, entspricht somit nicht den Tatsachen. Ein Grund für eine Befangenheit des Sachverständigen ist aus diesem Vorbringen nicht zu erkennen.
Die zweitmitbeteiligte Partei bringt gegen den Sachverständigen weiters (so der zweite Vorwurf) vor, in seinem Gutachten sei „eine teilweise sogar sehr pauschale Diskreditierung von Aussagen ganzer Planungsteams“ erfolgt. Weiters wird dazu ausgeführt: „Dazu finden sich zahlreiche Beispiele, wie etwa auch Sitzung 58 des GA, wo andere Planer – wohlgemerkt fachfremd – als planerisch nicht besonders weitsichtig und ähnlich qualifiziert werden.“ (VHS Sitzung 9/10). In diesem Zusammenhang wird im zweiten Teil des naturschutzfachlichen Gutachten ausgeführt Sitzung 58):
„In der Zusammenfassung der Raumnutzungsanalyse bildet sich diese Ergebnisse nicht korrekt ab (c). Die dort vorgenommene Gruppierung von EP, A, B, und C auf der einen Seite und D und E auf der anderen Seite steht mit den Befunden nicht im Einklang. Insbesondere ist der Unterschied von EP zu D geringer als jener von EP zu A, B und C. Im Hinblick auf dieses Ergebnis ist die Schlussfolgerung, dass die Trasse EP die in Summe geringsten Raumwiderstände bei bestmöglicher Zielerfüllung aufweise (i), zwar formal korrekt, aber planerisch nicht besonders weitsichtig. Die Trasse C ist nur beim Themenbereich ‚Siedlungsraum‘ um eine Stufe ungünstiger als die Trasse EP, erreicht dort aber dennoch nur einen ‚geringen‘ Raumwiderstand. Für die Realisierbarkeit eines Projekts kommt naturgemäß den höchsten Raumwiderständen die größte Bedeutung zu. Die geringere Beeinträchtigung des Europaschutzgebiets durch die Trasse C ist daher in den Schlussfolgerungen unterbewertet. Dies umso mehr, als das Potenzial möglicher Minderungsmaßnahmen in der Raumwiderstandsanalyse nicht berücksichtigt wurde (j) und daher fraglich ist, ob der Raumwiderstand der Trasse C beim Themenbereich ‚Siedlungsraum‘ nicht noch verringert werden kann.“
In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass eine fachübergreifende Planung wie eine Raumwiderstandsanalyse immer und für jeden Fachgutachter in wesentlichen Teilen fachfremd ist. Das hindert einen Fachgutachter aber nicht daran, die Verletzung von generellen Planungsgrundsätzen zu erkennen und zu kritisieren; dies umso mehr, wenn dies in besonderer Weise den eigenen Fachbereich betrifft. Die vom Sachverständigen kritisierte mangelnde Weitsicht ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Raumwiderstandsanalyse der erstmitbeteiligten Partei das Prüfdatum 17.06.2020 aufweist, aber bereits mit Prüfdatum August 2020 eine detailliertere Alternativenprüfung der erstmitbeteiligten Partei vorgelegt wurde. Auf der groben Ebene einer Raumwiderstandsanalyse bei Vorliegen des höchstmöglichen Raumwiderstandes für sämtliche Varianten und ohne Berücksichtigung von Minderungsmaßnahmen eine bestimmte Variantenentscheidung zu argumentieren, wenn eine detailliertere Betrachtung bereits in Ausarbeitung ist, scheint fachlich – wie vom Sachverständigen zutreffend aufgezeigt – nicht sinnvoll. Auch der Vorwurf des rechtsfreundlichen Vertreters der zweitmitbeteiligten Partei, es sei zu einer „Diskreditierung von Aussagen“ gekommen, geht in diesem Zusammenhang ins Leere. Gehört es doch gerade zu den Kernaufgaben eines gerichtlich bestellten Sachverständigen, Aussagen von Fachbeitragserstellern aufzuzeigen und diese auf fachlicher Ebene zu kritisieren. Der Vorwurf des rechtsfreundlichen Vertreters, der Sachverständige habe „andere Planer […] als planerisch nicht besonders weitsichtig und ähnlich qualifiziert“, ist nicht nachvollziehbar. Solche Ausführungen in Form einer auf bestimmte Personen und nicht auf bestimmte Aussagen bezogenen Kritik sind im Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht zu finden. Dass der Sachverständige eine fachliche Auffassung vertritt, die von der zweitmitbeteiligten Partei nicht geteilten wird, begründet jedoch keine Befangenheit. Der Umstand, dass ein Sachverständiger eine für eine Partei ungünstige gutachterliche Stellungnahme erstattet hat, vermag eine Befangenheit nicht zu begründen vergleiche VwGH 24.10.2018, Ra 2016/04/0040, mwN; zuletzt Ro 15.10.2020, 2019/04/0021, Rz 292).
Der dritte Vorwurf lautete, der gerichtlich bestellte Sachverständige habe fachfremde Bereiche einer tendenziösen Kritik unterzogen. Dazu wird vom rechtsfreundlichen Vertreter in der zweiten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts ausgeführt (VHS 13.10.2020, OZ 383, Sitzung 10):
„Besonders auffällig dabei ist, dass derartige sehr tendenziöse Aussagen im Hinblick auch auf Fachexpertisen zum Thema SUP bzw. SPV erfolgen; dies einerseits dahingehend, dass Gegenstand der SUP natürlich bei weitem und überwiegend Untersuchungen sind, die nicht in die fachliche Kompetenz des SV fallen und gleichzeitig der SV in seinem eigenen GA das Wesen der SUP belegbarerweise etwa dahingehend verkennt, dass er ausführt, dass der SUP Projekte zu unterziehen sind und nicht Pläne und Programme. Es ist daher dokumentiert, dass der SV selbst fundamentale Grundzüge der SPV verkennt, gleichzeitig aber die SPV sehr tendenziös qualifiziert.“
Die Aussage, „dass der SUP Projekte zu unterziehen sind und nicht Pläne und Programme“, wurde im zweiten naturschutzfachlichen Gutachten nicht gemacht.
Zutreffend ist es jedoch, dass im Gutachten oft vergleichend auf SP-V und auf das verfahrensgegenständliche Projekt Bezug genommen wurde. Dabei wird teilweise der neutrale Begriff „Vorhaben“ verwendet, dieser jedoch nicht konsequent durchgehend verwendet. An mehreren Stellen findet sich der Begriff „Projekt“ (auch) mit Bezug auf die SP-V. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass im Umweltbericht zur SP-V der S 8 ebenfalls der Begriff „Projekt“ mit Bezug auf den konkreten Gegenstand der SP-V verwendet wird. Aus der gelegentlichen Verwendung dieser formal nicht korrekten Bezeichnung für das Vorhaben abzuleiten, dass fundamentale Grundzüge der SP-V verkannt würden, ist für das Verwaltungsgericht nicht nachvollziehbar. Eine Befangenheit aus diesem Vorbringen ist nicht zu erkennen.
Schließlich wurde der Vorwurf der „sehr tendenziösen Aussagen“ vom Vertreter der zweitmitbeteiligten Partei nicht näher ausgeführt. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass nicht jede kritische und auch nicht jede negative Aussage, die ein Sachverständiger über eine ihm vom Gericht zur Beurteilung übergebene Fachgrundlage trifft, im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs als „tendenziös“ zu bezeichnen ist. Der Begriff „tendenziös“ wird in Duden mit „von einer weltanschaulichen, politischen Tendenz beeinflusst und daher nicht objektiv“ definiert (https://www.duden.de/rechtschreibung/tendenzioes, Abrufdatum: 09.08.2021). Der Vorwurf, dass die gutachterlichen Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen von einer weltanschaulichen oder politischen Tendenz beeinflusst und daher nicht objektiv seien, kann nur als emotionaler Wortüberschwang des rechtsfreundlichen Vertreters der zweitmitbeteiligten Partei verstanden werden.
Mit dem schließlich vierten Befangenheitseinwand der zweitmitbeteiligten Partei wurde dem Sachverständigen vorgeworfen, er habe sein Gutachten nicht nach denklogischen Grundsätzen erstellt. Dazu wird ausgeführt (VHS Sitzung 10):
„Vor allem aber kommt es im GA zu methodisch ganz grundlegenden Irrtümern, und zwar insbesondere zur Vertretung eines Ergebnisses ohne, dass dafür denklogisch vorausgesetzte Untersuchungen oder Überlegungen angestellt worden wären. […] Diese fehlenden Begründungselemente begründen sich insbesondere in jeglichem Fehlen der Auseinandersetzung mit den Vorhabenszielen. […] In allen relevanten Leitfäden und allen relevanten Literaturstellen und auch nach elementaren Gesetzen der Denklogik ist es unmöglich, die Frage zu klären, ob alternativen (bspw. zu einem beantragten Vorhaben) bestehen, ohne zunächst definiert zu haben, in Hinblick auf welche Ziele denn die erhobenen anderen Ausführungsvarianten zu prüfen seien.“
Hier hat offensichtlich die zweitmitbeteiligte Partei das zweite naturschutzfachliche Gutachten falsch interpretiert, wonach der gerichtlich bestellte Sachverständige für seinen Fachbereich den Versuch unternommen habe, eine Alternativenprüfung durchzuführen, und dabei die Projektziele außer Acht gelassen habe. So sind auch die diesbezüglichen Fragen in diesem Zusammenhang vom Vertreter der zweitmitbeteiligten Partei an den gerichtlich bestellten Sachverständigen im Zuge der zweiten Tagsatzung zu verstehen vergleiche VHS 13.10.2020, OZ 383, Sitzung 22/23 – dazu näher die Ausführungen unter Pkt. römisch III.4.5.3. zur SUP und zur Alternativenprüfung nach Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL). Der Auftrag des Verwaltungsgerichts an den Sachverständigen war die sektorale Überprüfung der von der erstmitbeteiligten Partei vorgelegten Unterlagen zur Alternativenprüfung in seinem Fachbereich. Die Frage der Zumutbarkeit (die im Hinblick auf die Projektziele zu beantworten wäre) wurde damit für die Gesamtentscheidung ausdrücklich offengelassen. Denn diese war weder vom Gerichtsauftrag umfasst noch fiel dies in den Fachbereich Naturschutz.
Insgesamt konnte von der zweitmitbeteiligten Partei kein Umstand aufgezeigt werden, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige für den Fachbereich Naturschutz eine den Interessen einer Partei entgegenstehende Stellungnahme erstattet hat, die aus unsachlichen Motiven geleitet worden wäre und eine Befangenheit begründen könnte.
4.1.1.3. Resümee zu den Befangenheitsanträgen zum Sachverständigen für Naturschutz
Insgesamt konnte aus den – teilweise jeweils wohl advokatorisch überschießenden bzw. bis zu ehrenrührigen – Einwendungen der Beschwerdeführer/innen bzw. der zweitmitbeteiligten Partei zur behaupteten Befangenheit des gerichtlich bestellten Sachverständigen für den Bereich Ornithologie bzw. Naturschutz in keinster Weise Gründe für eine Befangenheit des gerichtlich bestellten Sachverständigen aufgezeigt werden. Eine unparteiische Begutachtung durch unsachliche Motive ist vom Verwaltungsgericht nicht ansatzweise zu erkennen. Für das Gericht bestehen keine Zweifel an der Redlichkeit der wissenschaftlich fundierten und objektiven Arbeitsweise des Sachverständigen. Für das Verwaltungsgericht besteht nicht der leiseste Zweifel an der Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke sowie am Pflichtbewusstsein des Sachverständigen (VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0094 mwN).
4.1.2. Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach dem Schluss des Ermittlungsverfahrens zur Wiederaufnahme des Ermittlungsverfahrens
Mit verfahrensleitendem Beschluss wurde am Ende der ersten Tagsatzung der mündlichen Verhandlung am 20.02.2020 das Ermittlungsverfahren gemäß Paragraphen 16, Absatz 3, in Verbindung mit 40 Absatz 5, zweiter Satz UVP-G 2000 für den Teilbereich Naturschutz für geschlossen erklärt. Mit Schriftsatz vom 04.03.2020 (OZ 273) brachte die erstmitbeteiligte Partei einen (ersten) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ein. Dazu ist anzumerken, dass dieser lediglich „vorsorglich“ für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht der erstmitbeteiligten Partei über den nachträglichen Wegfall der Entscheidungsreife nicht teilt, gestellt wurde. Nachdem das Verwaltungsgericht in der Folge mit Beschluss vom 22.04.2020 (OZ 316) das Ermittlungsverfahren wiedereröffnet hat, erübrigt sich ein Abspruch über diesen Antrag.
Mit verfahrensleitendem Beschluss wurde am Ende der zweiten Tagsatzung der mündlichen Verhandlung vom 13.10.2020 (OZ 383) das Ermittlungsverfahren gemäß Paragraphen 16, Absatz 3, in Verbindung mit 40 Absatz 5, zweiter Satz UVP-G 2000 für geschlossen erklärt.
Mit Schriftsatz vom 16.10.2020 (OZ 384) beantragte die erstmitbeteiligte Partei gemäß Paragraph 39, Absatz 4, AVG unter Erstattung eines ausführlichen Vorbringens die Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens sowie „vorsorglich“ die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist zur Erstattung ihres Sachvorbringens und der Vorlage eines in der Beilage vorgelegten Beweismittels gemäß Paragraph 33, Absatz eins, VwGVG.
Mit Schriftsatz vom 19.10.2020 (OZ 386) beantragte die zweitmitbeteiligte Partei nach Ausführungen zur Verpflichtung des Verwaltungsgerichts, das Ermittlungsverfahren wiederzueröffnen, die Erörterung eines vorgelegten Beweismittels als Verhandlungsgegenstand im Rahmen des wiedereröffneten Ermittlungsverfahrens und zudem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 33, Absatz eins, VwGVG.
Mit Schreiben vom 19.10.2020 (OZ 395 – eingelangt beim Verwaltungsgericht am 04.11.2020) des Bürgermeisters der Gemeinde Gänserndorf wird, unter Berufung auf seine Stellung als Bürgermeister und verfassungsmäßiger Vertreter der Standortgemeinde Gänserndorf und Vertreter der betroffenen Öffentlichkeit, die „Wiedereröffnung des Verfahrens“ beantragt. Weiters wird beantragt, ihm Gelegenheit zu geben, den Standpunkt der betroffenen Öffentlichkeit mündlich darzulegen und auch mit den Sachverständigen des Gerichts zu erörtern.
4.1.2.1. Zu den Anträgen auf Wiedereröffnung des Ermittlungsverfahrens der erstmitbeteiligten Partei und der Stadtgemeinde Gänserndorf
Gemäß Paragraph 39, Absatz 3, AVG kann die Behörde das Ermittlungsverfahren durch Verfahrensanordnung für geschlossen erklären. Die Erklärung hat nach Möglichkeit in der mündlichen Verhandlung, in allen anderen Fällen schriftlich zu ergehen.
Gemäß Paragraph 39, Absatz 4, erster Satz AVG ist das Ermittlungsverfahren auf Antrag fortzusetzen, wenn eine Partei glaubhaft macht, dass Tatsachen oder Beweismittel ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruchs anderslautenden Bescheid herbeiführen würden. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung erfolgt die Entscheidung über den Antrag durch Verfahrensanordnung. Die Behörde kann das Ermittlungsverfahren jederzeit von Amts wegen fortsetzen.
Gemäß Paragraph 16, Absatz 3, UVP-G 2000 ist Paragraph 39, Absatz 3, AVG mit der Maßgabe anzuwenden, dass neue Tatsachen und Beweismittel bis spätestens in der mündlichen Verhandlung vorzubringen sind und der Schluss des Ermittlungsverfahrens auch für einzelne Teilbereich der Sache erklärt werden kann. Paragraph 39, Absatz 4, erster und zweiter Satz und Absatz 5, AVG sind in UVP-Verfahren nicht anzuwenden.
Gemäß Paragraph 40, Absatz 5, letzter Satz UVP-G 2000 sind Paragraph 16, Absatz 3 und Absatz 4, UVP-G im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuwenden.
Nach der unmissverständlichen Anordnung des Paragraph 16, Absatz 3, letzter Satz UVP-G 2000 sind Paragraph 39, Absatz 4, erster und zweiter Satz AVG – also jene Bestimmungen, die der Partei ein Antragsrecht auf Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens einräumen – im UVP-Verfahren nicht anzuwenden.
Die Erläuterungen zur UVP-G-Novelle 2018 Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 80 aus 2018,) stellen ebenso klar, dass durch die Bestimmung des Paragraph 16, Absatz 3, UVP-G 2000 die Anwendung des neuen Paragraph 39, Absatz 4, erster und zweiter Satz UVP-G 2000 ausgeschlossen werden, und verweisen begründend auf das Urteil des EuGH 15.10.2015, C-137/14, Kommission gegen Deutschland (ErläutRV 275 BlgNR 26. Gesetzgebungsperiode 10). Legistisch soll durch die ausdrückliche Anordnung der Nichtanwendbarkeit von Paragraph 39, Absatz 4, erster und zweiter Satz AVG in Paragraph 16, Absatz 3, UVP-G der Rechtsbehelf, verspätetes Vorbringen – iSv Paragraph 39, Absatz 4,, angelehnt an die Regeln der Quasi-Wiedereinsetzung – doch noch erstatten zu können, beseitigt werden (Altenburger in Altenburger, Kommentar zum Umweltrecht2, Paragraph 16, UVP-G, Rz 28).
Ausführungen dazu, warum ein Antragsrecht ungeachtet des klaren Gesetzeswortlautes und der dahinterstehenden Teleologie dennoch bestehen soll, werden weder von der erstmitbeteiligten Partei noch vom Bürgermeister der Gemeinde Gänserndorf vorgebracht.
Die Ausführungen der zweitmitbeteiligten Partei, aus denen ein Antrag auf Wiedereröffnung des Ermittlungsverfahrens nicht klar hervorkommt, sondern lediglich die „zwingende Verpflichtung des BVwG, das Ermittlungsverfahren wiederzueröffnen“ betont wird, werden dagegen als bloße Anregung zur amtswegigen Wiedereröffnung des Ermittlungsverfahrens iSd Paragraph 39, Absatz 4, letzter Satz AVG, gedeutet vergleiche bspw. VwGH 12.11.2012, 2011/06/0145).
Die (formalen) Anträge der erstmitbeteiligten Partei und der Stadtgemeinde Gänserndorf auf Wiedereröffnung des Ermittlungsverfahrens waren damit unzulässig. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine weitere Erörterung, ob der Stadtgemeinde überhaupt im Beschwerdeverfahren – etwa als Standortgemeinde – eine Parteistellung und die damit verbundenen Rechte zukommt [vgl. bspw. N. Raschauer in Ennöckl/Raschauer/Bergthaler (Hrsg), UVP-G: Kommentar3 (2013) zu Paragraph 19, UVP-G 2000; Rz 67; dazu auch VwGH 26.02.2020, Ra 2019/05/0047].
Unabhängig davon ist auf die Erwägungen unter Pkt. römisch III.4.7. hinzuweisen, aus denen sich ergibt, dass die Entscheidungsreife – jedenfalls hinsichtlich der getroffenen zurückverweisenden Entscheidung – gegeben war.
4.1.2.2. Zu den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Gemäß Paragraph 33, Absatz eins, VwGVG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Im Hinblick auf die Anträge der erst- sowie der zweitmitbeteiligten Partei auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Erstattung weiteren Vorbringens und zur Vorlage weiterer Beweismittel ist zunächst zu beachten, dass das „Versäumen“ einer „Frist“ (wie etwa einer Beschwerdefrist, einer gesetzten Äußerungsfrist) wie auch einer mündlichen Verhandlung nicht ersichtlich ist. Eine solchermaßen gesetzte Frist wurde von der erstmitbeteiligten Partei auch nicht behauptet.
Die erstmitbeteiligte Partei macht unter Pkt. römisch III Ihres Schriftsatzes vom 16.10.2020 nichts Anderes geltend als eine Äußerung zum Sachverhalt, und zwar über Schutzmaßnahmen für den Triel, die – weil das Bundesverwaltungsgericht bereits die Entscheidungsreife als gegeben sah – nicht mehr erstattet werden konnte.
Wie oben dargelegt, hat jedoch der Gesetzgeber zur Fortsetzung des bereits gemäß Paragraph 39, Absatz 3, AVG geschlossenen Ermittlungsverfahrens ein gesondertes Antragsrecht geschaffen, dessen Voraussetzungen den Materialien zufolge jenen der Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Paragraph 69, Absatz eins, Ziffer 2, AVG entsprechen soll. Die besonders normierten Voraussetzungen sollen dabei dazu dienen, Verfahrensverschleppungen durch Parteien zu vermeiden (ErläutRV 193 BlgNR 26. Gesetzgebungsperiode 4). Bereits neben diesem Antragsrecht bleibt für einen gesonderten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kein Raum.
Mit Blick auf die bereits erläuterte Teleologie des Ausschlusses des Antragsrechts gemäß Paragraph 39, Absatz 4, erster Satz AVG durch Paragraph 16, Absatz 3, UVP-G 2000 kann dem Gesetzgeber auch nicht zugesonnen werden, er habe zwar das bereits eng gefasste Antragsrecht des Paragraph 39, Absatz 4, AVG ausschließen, den Parteien jedoch die Möglichkeit eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß Paragraph 33, Absatz eins, VwGVG geben wollen, um den Ausschluss des Antragsrechtes zu umgehen.
Auch dient die Schlusserklärung gerade der verfahrensrechtlichen Feststellung, dass es keiner Ermittlungen mehr bedarf vergleiche Marko, Der Schluss des Ermittlungsverfahrens im UVP-G 2000, ÖZW 4/2019, 114). Es ist nicht ersichtlich, dass der Ausspruch dieser Feststellung im Hinblick auf weiteres Vorbringen, dessen Erstattung sie gerade verhindern soll, überhaupt zu Säumnis iSd Paragraph 33, Absatz eins, VwGVG führen kann.
Die Anträge der erst- bzw. der zweitmitbeteiligten Partei vom 16.10.2020 bzw. 19.10.2020 erwiesen sich daher als unzulässig.
4.1.3. Sonstige verfahrensrechtliche Fragen:
In den Beschwerden werden verschiedene verfahrensrechtliche Fragen in der behördlichen Vorgangsweise kritisiert. Dazu ist anzumerken, dass allfällige Verfahrensmängel der belangten Behörde (Begründungsmängel des Bescheides; unzureichendes Eingehen auf Einwendungen; selektives Parteiengehör; fehlende Nachvollziehbarkeit von Unterlagen; Nichtbeeidigung von Sachverständigen; Befangenheit von Sachverständigen; ungerechtfertigter Schluss des Ermittlungsverfahrens; mangelnde Konkretisierung von Ausgleichsflächen; mögliche Mängel in der Verhandlung; Verstoß gegen das Überraschungsverbot in Bezug auf das Rechtsgutachten von römisch 40 und römisch 40 etc.) im Hinblick auf das nunmehrige Beschwerdeverfahren als saniert zu betrachten sind vergleiche etwa VwGH 27.05.2011, 2008/02/0049; 09.05.2017, Ro 2014/08/0065). Die Verfahrensparteien bekamen im gerichtlichen Verfahren und der abgehaltenen mündlichen Verhandlung ausreichend die Möglichkeit, sich zu den strittigen Punkten zu äußern und Fragen an die Sachverständigen sowie die anderen mitbeteiligten Parteien zu richten. Sämtliche weiteren, der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden, Ermittlungsergebnisse wurden den Parteien bei Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.
Im Zuge des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wurde von verschiedenen Parteien moniert, das Gericht habe es nicht allen Verfahrensparteien ermöglicht, am Lokalaugenschein des Sachverständigen bzw. des Gerichtes teilzunehmen. In diesem Zusammenhang ist auf die Bestimmung des Paragraph 54, AVG zu verweisen. Dieser Regelung kann nicht entnommen werden, dass eine Verpflichtung besteht, Parteien zu einem Augenschein eines Sachverständigen beizuziehen, der der Beweisaufnahme dient oder den Zweck hat, dem Gericht einen Eindruck von den lokalen Verhältnissen zu verschaffen (VwGH 09.09.1987, 87/10/0063; 18.10.1989, 89/02/0123). In diesem Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass am 15.11.2019 ein Lokalaugenschein des gerichtlichen Sachverständigen im Bereich des „faktischen Vogelschutzgebietes“ stattfand, an dem lediglich der verfahrensführende Richter teilnahm; zu diesem Augenschein wurde keine der Verfahrensparteien beigezogen. Bei einem weiteren Augenschein am 16.12.2019 wurde die Trasse der S 8 West mit Vertretern der erstmitbeteiligten Partei gemeinsam mit den Richtern des erkennenden Senats befahren; dazu wurde vom Verwaltungsgericht der gerichtliche Sachverständige beigezogen.
Weiter wurde von einzelnen Verfahrensparteien bemängelt, dass sich im Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen für den Fachbereich Naturschutz Rechtsausführungen fänden. Dies stehe einem Sachverständigen nicht zu. In diesem Zusammenhang ist auf die Ausführungen des VwGH zu verweisen, wonach der Umstand, dass sich ein Sachverständiger in seinem Gutachten mit Rechtsfragen auseinandersetzt, für sich alleine noch nicht zu dessen Mangelhaftigkeit führt. Eine solche wäre nur dann gegeben, wenn der Sachverständige anstelle der ihm abverlangten Beurteilung von Fachfragen Rechtsfragen erörtert, nicht jedoch, wenn er neben der Beantwortung von Fachfragen in einer Art und Weise, wie das von einem Gutachten zu fordern ist, auch Rechtsfragen beantwortet (VwGH, 20.10.2005, 2005/07/0045 mit Hinweisen auf Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, sechste Aufl., 1995, Rn. 358 und Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, fünfte Aufl., 1996, Sitzung 311 f). Weiters ist es bei einem Sachverständigen zweckmäßig, wenn dieser bei der Erstellung seines Gutachtens Kenntnis von der Rechtslage und der diesbezüglichen Judikatur der Höchstgerichte hat und darauf bei seinen Ausführungen Bedacht nimmt (VwGH 17.06.1992, 92/02/0134; 29.04.2003, 2001/02/0234; 03.10.2008, 2005/10/0078). Denn nur die Kenntnis der Rechtslage, der dazu ergangenen Auslegungsleitfäden (wie gegenständlich bspw. der Europäischen Kommission) sowie der einschlägigen Judikatur ermöglicht es einem Sachverständigen, die angewendeten fachlichen Standards bzw. die Fachgrundlagen, aus denen solche Standards abgeleitet werden können, anzuwenden. So sind Rechtsausführungen, die lediglich in Verweisen auf die zur Beantwortung der fachlichen Fragen maßgeblichen Rechtsvorschriften oder höchstgerichtlichen Entscheidungen bestehen, für ein fundiertes Gutachten unerlässlich. Dies dient der Offenlegung der Gutachtensgrundlagen und wurde vom VwGH explizit als der Sache dienlich angesehen vergleiche dazu die oben angeführte Rechtsprechung). Diese Ansicht wurde vom verfahrensführenden Richter auch in der ersten Tagsatzung der Verhandlung des Verwaltungsgerichts geäußert. Auch wird in diesem Zusammenhang Sachverständigen wiederholt zu Recht entgegenhalten, sie hätten sich nicht ausreichend mit den Rechtsgrundlagen zu den von ihnen zu lösenden Fragen nicht oder nur unzureichend auseinandergesetzt. Hingegen sind Ausführungen eines Sachverständigen, der sich überschießend zu Rechtsfragen äußert, für das Gericht unbeachtlich. Wenn sich hingegen ein Sachverständiger lediglich Rechtsfragen an Stelle von Fachfragen erörtert, führt dies zu einem mangelhaften Gutachten.
Mit Schriftsatz vom 05.11.2020 (OZ 396) wendet sich die erstmitbeteiligte Partei gegen die Richtigkeit und Vollständigkeit der Verhandlungsschrift vom 13.10.2020. Es werden verschiedene Richtigstellungen zur Syntax und Ergänzungen gemäß Paragraph 14, AVG beantragt. Die Verhandlungsschrift sei nicht geeignet, vollen Beweis im Sinne des Paragraph 15, AVG zu liefern (unter Hinweis auf VwGH 25.9.2008, 2007/07/0047). Eine Niederschrift, die nicht dem Paragraph 14, AVG entspreche, verliere zwar nicht jeglichen Beweischarakter; sie unterliege jedoch gemäß Paragraph 45, Absatz 2, AVG der freien Beweiswürdigung der Behörde. Es obliege dann nicht der Partei, den Gegenbeweis für die Unrichtigkeit des bezeugten Vorganges zu führen, vielmehr habe in diesem Fall die Behörde durch geeignete Ermittlungen von Amts wegen den vollen Beweis für den Inhalt der Amtshandlung darzulegen (mit Hinweis auf VwGH 20.03.1997, 95/20/0606). Das Verwaltungsgericht sei nicht berechtigt, das Vorbringen, dessen Protokollierung verweigert wurde, im weiteren Verfahrensverlauf zu übergehen, sondern werde sich damit auseinanderzusetzen und in weiterer Konsequenz – wie in diesem Vorbringen beantragt – das Verfahren fortzusetzen und zu ergänzen haben.
Zu diesem Vorbringen ist zunächst auf Paragraph 14, Absatz 3, AVG zu verweisen, wonach die Niederschrift den vernommenen oder sonst beigezogenen Personen, wenn sie nicht darauf verzichten, zur Durchsicht vorzulegen oder vorzulesen ist; wenn ein Schallträger verwendet (Absatz 7,) oder die Niederschrift elektronisch erstellt wird, kann ihr Inhalt auch auf andere Weise wiedergegeben werden. Der Leiter der Amtshandlung kann auch ohne Verzicht von einer Wiedergabe absehen; die beigezogenen Personen können diesfalls bis zum Schluss der Amtshandlung die Zustellung einer Ausfertigung verlangen und binnen zwei Wochen ab Zustellung Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Niederschrift erheben.
Gemäß Paragraph 14, Absatz 7, AVG können die Niederschrift oder Teile davon unter Verwendung eines Schallträgers oder in Kurzschrift aufgenommen werden. Im Fall der Aufzeichnung auf einem Schallträger oder in Kurzschrift sind die so aufgenommenen Teile der Niederschrift unverzüglich in Vollschrift zu übertragen. Die beigezogenen Personen können bis zum Schluss der Amtshandlung die Zustellung einer Ausfertigung der Übertragung verlangen und binnen zwei Wochen ab Zustellung der Vollschrift Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Übertragung erheben. Wird eine solche Zustellung beantragt, so darf die Aufzeichnung frühestens einen Monat nach Ablauf der Einwendungsfrist, ansonsten frühestens einen Monat nach erfolgter Übertragung gelöscht werden.
Im vorliegenden Fall wurde die Niederschrift jedoch nicht auf einem Schallträger aufgenommen (im Gegensatz zur ersten Verhandlung im Februar 2020). Lediglich für diesen Fall regelt das AVG, dass die Niederschrift den beigezogenen Personen zuzustellen ist (Paragraph 14, Absatz 3, zweiter Satz und Absatz 7, dritter Satz AVG). Nur in diesem Fall sind Einwendungen wegen behaupteter Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Übertragung zulässig vergleiche VwGH 29.03.2007, 2006/07/0082; 24.11.1993, 93/02/0216). Auch wenn die Niederschrift den rechtsfreundlichen Vertretern auf deren Antrag übermittelt wurde, eröffnet dies nicht die Möglichkeit für Einwendungen gegen die Richtigkeit der Niederschrift. Die Vertreter der erstmitbeteiligten Partei (sowohl deren rechtsfreundliche Vertreter als auch die weiteren 15 Verhandlungsteilnehmer dieser Verfahrenspartei) haben sich noch vor Durchsicht des Entwurfs der Niederschrift entfernt, ohne diese zu unterfertigen. Alle übrigen Beteiligten, die am Ende der Verhandlung noch anwesend waren, leisteten ihre Unterschrift. Eine Änderung der Niederschrift wäre daher nicht mehr zulässig. Die Einwendungen der erstmitbeteiligten Partei gegen die Niederschrift vom 13.10.2020 sind somit nicht zulässig.
4.2. Zum faktischen Vogelschutzgebiet:
4.2.1. Zu den Kriterien eines faktischen Vogelschutzgebietes
Die VSch-RL der Europäischen Union dient der Erhaltung der wildlebenden heimischen Vogelarten in den europäischen Gebieten der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (ausgenommen Grönland). Mit den Regelungen der Richtlinie sollen der Schutz dieser Vögel, ihrer Eier und ihrer Lebensräume und dessen Bewirtschaftung gewährleistet werden. Die Vogelschutzgebiete sind durch den Mitgliedstaat unverzüglich nach der Benennung des Gebiets nach Artikel 4, Absatz eins und 2 VSch-RL gegenüber der Kommission auszuweisen. Der EuGH betonte, es komme der Genauigkeit der Umsetzung in das innerstaatliche Recht in jenen Fällen besondere Bedeutung zu, in denen den Mitgliedstaaten die Verwaltung des gemeinsamen Erbes für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut sei (EuGH 17.01.1991, C-334/89, Kommission/Italien).
Anhang römisch eins der Richtlinie umfasst insgesamt 181 Vogelarten. Es sind dies vom Aussterben bedrohte Arten, aufgrund geringer Bestände oder kleiner Verbreitungsgebiete seltene oder durch ihre Habitatsansprüche besonders schutzbedürftige Arten. Anhang römisch II zählt bestimmte Arten auf, die gejagt werden dürfen. Anhang römisch III umfasst jene Arten, die unter bestimmten Voraussetzungen gehandelt werden dürfen. Anhang römisch IV führt die verbotenen Jagd- und Fangmethoden an. Anhang römisch fünf bezieht sich auf die Forschung.
Die wichtigste Maßnahme zur Erreichung der Ziele der VSch-RL ist der Gebietsschutz. Zum Schutz der wild lebenden Vogelarten ist die Einrichtung von Schutzgebieten (Special Protection Areas; Natura 2000-Gebiete) vorgesehen. Diese Schutzgebiete sind von allen Mitgliedstaaten für die in Anhang römisch eins aufgelisteten Vogelarten einzurichten. Diese Bestimmung wurde in Paragraph 9, Absatz 3 und 4 NÖ NSchG 2000 sowie in den entsprechenden Verordnungen zur Ausweisung von Vogelschutzgebieten umgesetzt, wonach Gebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu schützen sind.
Mit der FFH-RL (bzw. auch Habitatrichtlinie) verpflichten sich die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Lebensräume von gefährdeten Pflanzen und Tieren zu schützen. Wesentliches Ziel ist die Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt. Dieses Ziel soll mit dem Aufbau des europäischen Schutzgebietsnetzes – gemeinsam mit der VSch-RL – Natura 2000 erreicht werden. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Gebiete zu nennen, zu erhalten und zu entwickeln, in denen Arten und Lebensräume von europaweiter Bedeutung vorkommen.
In sechs Anhängen zur FFH-RL werden Details geregelt. So werden z.B. in Anhang römisch eins natürliche Lebensraumtypen von gemeinschaftlichem Interesse aufgelistet, für die Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. In Anhang römisch II werden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse aufgezählt, für deren Erhaltung BSG ausgewiesen werden müssen. Anhang römisch III listet Kriterien zur Auswahl der Gebiete, die als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung zu bestimmen sind und als Besondere Schutzgebiete (BSG) auszuweisen sind, auf. In Anhang römisch IV sind streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse aufgezählt. In Anhang römisch fünf sind Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und deren Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen sein können, aufgelistet. Anhang römisch VI zählt verbotene Methoden und Mittel des Fangs, der Tötung und Beförderung auf.
Die nach der VSch-RL und der FFH-RL ausgewiesenen Schutzgebiete bilden gemeinsam das zusammenhängende Netz „Natura 2000“. Ziel ist die Bewahrung des Naturerbes für künftige Generationen durch Erhaltung und Schutz wichtiger Lebensräume und wildlebender Tier- und Pflanzenarten. Diese Bestimmungen sind für das Land römisch 40 mit Paragraphen 9 und 10 NÖ NSchG 2000 in das innerstaatliche Recht umgesetzt worden.
Die Grenzen des Schutzgebietssystems „Natura 2000" – und damit auch der Vogelschutzgebiete – sind nicht fließend. Es handelt sich hierbei um kein dynamisches Regime im Sinne einer fortlaufenden Änderung der Gebietsgrenzen von Habitat-Schutzgebieten. Vielmehr beruht der Gedanke des Schutzgebietssystems nach der Etablierung des Gebietsnetzes auf einer statischen Konzeption des Gebietsschutzes.
Für die Abgrenzung von Vogelschutzgebieten gibt Artikel 4, Absatz eins, VSch-RL vor, dass in Bezug auf Anhang römisch eins „die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete“ auszuweisen sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH haben sich die Mitgliedstaaten bei der Gebietsauswahl ausschließlich an den ornithologischen Kriterien der Richtlinie zu orientieren (beginnend mit Rs C-355/90, Santoña, Rn. 26; weiters: Rs C-44/95, Lappel Bank, Rn. 25; C-3/96, Kommission/Niederlande, C-209/04, Kommission/Österreich); andere, insbesondere wirtschaftliche Interessen, haben nach der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich außer Betracht zu bleiben (Rs C-191/05, Kommission/Portugal). Der EuGH hat damit in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass auch im Fall einer fachlich unzutreffenden Abgrenzung eines Vogelschutzgebietes eine Pflicht zur Nachmeldung bestehen kann. Bei derartigen Flächen ist vom Rechtsinstitut des sogenannten faktischen Vogelschutzgebietes zu sprechen.
Die Mitgliedsstaaten, in deren Hoheitsgebiet Arten des Anhangs römisch eins der VSch-RL vorkommen, müssen für diese Arten die zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebiete bestimmen und können sich dieser Verpflichtung nicht durch den Erlass anderer Schutzmaßnahmen entziehen (EuGH Rs C-3/96, Kommission/Niederlande, Rn. 55, 56 und 58). Die selbe Verpflichtung besteht für die nicht in Anhang römisch eins der VSch-RL aufgeführten regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete (EuGH Rs C-209/04, Kommission/Österreich, Rn. 31). Mitgliedsstaaten müssen qualitativ und quantitativ in ausreichendem Maß Gebiete zu BSG erklären, um die Erhaltung der in Anhang römisch eins der VSch-RL aufgeführten Arten sicherzustellen (EuGH Rs C-3/96, Kommission/Niederlande, Rn. 31). Auch für weitverbreitete Arten nach der Regelung des Anhanges römisch eins muss ein Mitgliedsstaat Gebiete bestimmen, die für die Erhaltung der Art am geeignetsten sind, und wenn sich ihre Eignung erst später herausstellt (EuGH Rs C-209/04, Kommission/Österreich, Rn. 43), dann sind sie als BSG auszuweisen (EuGH Rs C-418/04, Kommission/Irland, Rn. 110).
Liegt ein faktisches Vogelschutzgebiet vor, unterliegt das Gebiet dem vorläufigen Schutzregime von Artikel 4, Absatz 4, erster Satz der VSch-RL (beginnend mit Rs C-355/90, Kommission/Spanien – Santoña). Der Mitgliedsstaat (bzw. damit in der innerstaatlichen Zuständigkeit für die Umsetzung in Österreich das jeweilige Bundesland) ist dauerhaft verpflichtet, u.a. die Lebensräume der geschützten Populationen zu erhalten, Störungen der wildlebenden Vogelarten zu vermeiden bzw. zu unterlassen und Schutzmaßnahmen zu treffen, um eine erhebliche Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie eine erhebliche Belästigung der Vögel zu vermeiden.
In faktischen Vogelschutzgebieten ist jegliche Beeinträchtigung der Schutzziele verboten (EuGH Rs C-374/98, Kommission/Frankreich – Basses Corbières). Nach Ansicht des EuGH könnten die Ziele der VSch-RL nicht erreicht werden, würden die Schutzbestimmungen nur dann greifen, wenn das Gebiet zuvor als BSG ausgewiesen wurde. Daher sind die Bestimmungen des Artikel 4, Absatz 4, VSch-RL anzuwenden, wenn es der Mitgliedsstaat unterlassen hat, das betreffende Gebiet unter Schutz zu stellen (EuGH Rs C-374/98). Im Fall des Gebietes Basses Corbières vertrat Frankreich die Ansicht, dass in einem nicht als Vogelschutzgebiet ausgewiesenen Gebiet allenfalls – wie in verordneten Gebieten – die Bestimmungen des Artikel 6, der FFH-RL anzuwenden wären, nicht die Bestimmungen des Artikel 4, Absatz 4, der VSch-RL. Andernfalls entstünde die paradoxe Situation, dass nicht ausgewiesene Vogelschutzgebiete einem strengeren Schutzregime unterliegen würden als rechtsgültig verordnete. Der EuGH stellte in seinem Urteil jedoch klar, dass erstens aus Artikel 7, der FFH-RL folgt, dass in einem solchen Fall tatsächlich Artikel 4, Absatz 4, VSch-RL anzuwenden sei, und dass dies zweitens in Übereinstimmung mit den Rechtsprinzipien der EU stehe. Denn kein Mitgliedsstaat dürfe sich dadurch einen Vorteil verschaffen, dass er Gemeinschaftsrecht bricht. Wenn daher ein Staat ein Gebiet, das sich als BSG qualifiziert, nicht ausweise, und dann dennoch die weniger strengen Bestimmungen des Artikel 6, FFH-RL anwende, könne er sich einen solchen Vorteil verschaffen. Es sei daher angemessen, das gänzliche Verbot von Beeinträchtigungen gemäß Artikel 4, Absatz 4, VS-RL anzuwenden vergleiche römisch 40 -Leitfaden zu Natura 2000 und Artenschutz3, Sitzung 59 f).
Wurden nur Teile eines aus fachlichen Gründen auszuweisenden Gebietes tatsächlich unter Schutz gestellt, können fehlende Gebietsteile ebenfalls die Kriterien eines faktischen Vogelschutzgebiets erfüllen. Die Verpflichtung zur Ausweisung von Vogelschutzgebieten erlischt nie (EuGH, Rs C-209/04, Kommission/Österreich – S 18 Bodensee-Schnellstraße). Auch können faktische Vogelschutzgebiete somit aufgrund veränderter Lebensraumentwicklungen auch im Lauf der Zeit neu entstehen vergleiche römisch 40 -Leitfaden zu Natura 2000 und Artenschutz3, Sitzung 62).
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 27.06.2002, 99/10/0159, die Auffassung vertreten, falls im Verfahren entsprechende Anhaltspunkte hervorgekommen sind, dass aus Artikel 4, VSch-RL eine Ermittlungspflicht der in einem Genehmigungsverfahren angerufenen Verwaltungsbehörde bzw. des Gerichts abzuleiten ist, ob ein von einem Vorhaben betroffenes Gebiet die Merkmale eines faktischen Vogelschutzgebietes aufweist. In diesem Fall sind auch ohne formelle Ausweisung eines BSG durch die zuständige Stelle des Mitgliedsstaates die auf die Vermeidung von Beeinträchtigungen abzielenden Regelungen des Artikel 4, Absatz 4, VSch-RL anzuwenden (zuletzt VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021, Rz. 580, zur 380 kV-Salzburgleitung; vergleiche weiter 13.06.2002, C-117/00, Kommission/Irland, Schottisches Moorschneehuhn/Owenduff – Nephin Beg Complex, 26.11.2002, C-202/01, Kommission/Frankreich, Plaine des Maures, 05.12.2002, C-324/01, Kommission/Belgien, 06.03.2003, C-240/00, Kommission/Finnland, 24.06.2003, C-72/02, Kommission/Portugal, zu Fragen der Unvollständigkeit der zur Umsetzung der Richtlinie getroffenen Maßnahmen; vergleiche zu den Kriterien weiters auch Madner, in Öffentliches Wirtschaftsrecht, Holoubek/Potacs, 4. Auflage, Anlagenrelevantes Umweltrecht – Naturschutzrecht, Sitzung 1364, Gellermann, Natura 2000, 110 ff mwN; Madner, Naturschutz und Europarecht, in Potacs (Hrsg.), Beiträge zum Kärntner Naturschutzrecht, 17, 52; Pürgy, Natura 2000 (2005); Ennöckl, Natura 2000; Mauerhofer, Das Schutzgebietsystem „Natura 2000" nach den Richtlinien 79/409 EWG „Vogelschutzrichtlinie" und 92/43/EWG „Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie", RdU 1999, 83; Feik, Die EG-Vogelschutzrichtlinie, RdU 1997, 3).
Zusammenfassend sind somit als faktische Vogelschutzgebiete aus rechtlicher Sicht solche Gebiete zu bezeichnen, welche die besonderen Anforderungen an ein Schutzgebiet im Sinne des Artikel 4, Absatz eins, vierter Satz VSch-RL erfüllen, vom jeweiligen Mitgliedsstaat jedoch entgegen diesen Vorgaben nicht zum Vogelschutzgebiet erklärt wurden. In diesen Gebieten ist jede Beeinträchtigung der Schutzziele ausnahmslos verboten.
4.2.2. Zum faktischen Vogelschutzgebiet im Verfahren der Behörde und im Beschwerdeverfahren des Verwaltungsgerichts bis zur Ausweitung im April 2020
Der VwGH äußerte sich zur Untersagung eines Vorhabens in einem Gebiet, das nicht nach den Vorgaben des Artikel 4, Absatz eins, letzter Satz VSch-RL als Vogelschutzgebiet ausgewiesen wurde, in seiner Entscheidung vom 16.04.2004, 2001/10/0156, Pkt. 15.1.2, (unter Hinweis auf seine Vorentscheidung vom 27.06.2002, 99/10/0159). Demnach sei im Hinblick auf die Begründungserwägungen des EuGH – entsprechende, im Verfahren hervorgekommene Anhaltspunkte vorausgesetzt – anzunehmen, dass aus Artikel 4, VSch-RL eine Pflicht der in einem Genehmigungsverfahren angerufenen Verwaltungsbehörde bzw. des Gerichts abgeleitet würde, zu ermitteln, ob ein von einem Vorhaben betroffenes Gebiet die Merkmale eines „faktischen" Vogelschutzgebietes aufweist, und gegebenenfalls auch ohne formelle Ausweisung eines BSG durch die zuständige Stelle des Mitgliedsstaates die auf die Vermeidung von Beeinträchtigungen abzielenden Regelungen des Artikel 4, Absatz 4, der VSch-RL anzuwenden. Diese Entscheidung wurde vom VwGH mit seinem Erkenntnis vom 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 u.a., Rn 579, bestätigt.
Der EuGH führte in seinem Urteil vom 19.01.1991 in der Rs. C-334/89, Kommission / Italien, Rz 8, im Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien aus, der Genauigkeit der Umsetzung in das innerstaatliche Recht komme besondere Bedeutung zu in einem Fall wie dem der VSch-RL, in dem die Verwaltung des gemeinsamen Erbes den Mitgliedstaaten für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut ist.
4.2.2.1. Zum Schutzstatus des Triels
Der EuGH führte in seinem Urteil vom 13.12.2007 in der Rs. C-418/04, Kommission / Irland, Rz 60, im Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland aus, dass BSG nach der VSch-RL in den Mitgliedstaaten, in denen bestimmte Arten vergleichsweise häufig vorkommen, vor allem den Erhalt von großen Teilen der Gesamtpopulation sichern. BSG sind allerdings auch notwendig, wo diese Arten eher selten sind. Dort dienen sie nämlich der geografischen Verbreitung der Arten. Der Triel ist in der Europäischen Union und in römisch 40 eine geschützte Vogelart und steht auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten (Anhang römisch eins der VSch-RL und Anlage 2 der NÖ Artenschutzverordnung, LGBl. 5500/2-0).
4.2.2.2. Zur Verordnung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ sowie dessen Schutzgegenstand und Erhaltungsziele
Mit der „Verordnung über die Europaschutzgebiete“, LGBl. 5500/6-0 in der Fassung Landesgesetzblatt Nr. 33 aus 2020,, werden von der römisch 40 ischen Landesregierung aufgrund des Paragraph 9, Absatz 3 und 4 des NÖ Naturschutzgesetzes 2000 Vogelschutzgebiete und Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) zu BSG erklärt.
Paragraph 14, verordnet das Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“.
Nach Absatz 2, dieser Bestimmung sind Schutzgegenstand dieses Vogelschutzgebietes die in Anhang römisch eins der VSch-RL angeführten Brutvogelarten und ihre Lebensräume; dies ist u.a. der Triel (Burhinus oedicnemus).
Nach Absatz 3, werden für dieses Vogelschutzgebiet folgende Erhaltungsziele festgelegt:
„Erhaltung oder Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und einer ausreichenden Flächengröße der Lebensräume aller unter Absatz 2, genannten Arten. Im Speziellen sind dies die Erhaltung von einem ausreichenden Ausmaß an:
- großflächigen, durch das weitgehende Fehlen von Gehölzen gekennzeichneten und weithin überblickbaren Offenlandlebensräumen mit Steppencharakter,
- einer extensiven Landwirtschaft mit abwechslungsreicher Fruchtfolge,
- möglichst störungsfreien Brut- und Nahrungsflächen für die Großtrappen,
- frühen, offenen Sukzessionsstadien in abgebauten, möglichst störungsfreien Schottergruben als Brutlebensräume,
- trocken-steinigen, lückig bewachsenen Ackerbrachen in den schotterterrassengeprägten Landschaftsteilen,
- naturnahen Zonen an den Dorfrändern mit einem hohen Obst- bzw. Nussbaumanteil,
- straßen- bzw. wegbegleitenden Alleen aus hochstämmigen Obst- bzw. Nussbäumen,
- lichten, aufgelockerten Kiefernwäldern in den gehölzgeprägten Landschaftsteilen,
- an Sonderstrukturen wie Hecken, Buschgruppen, Einzelgehölze, Waldränder, Ruderalflächen, Brachen, breite, unbehandelte Ackerraine in den gehölzgeprägten Landschaftsteilen.“
Nach Absatz 4, wird die Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes (Paragraph 9, Absatz 4, NÖ NSchG 2000) der in Absatz 2, genannten Vogelarten im Europaschutzgebiet vor allem durch privatrechtliche Verträge gewährleistet.
4.2.2.3. Zur Ausweisung einer fachlich zu geringen Fläche im Jahr 2009
Der EuGH führte in seinem Urteil vom 19.05.1998 in der Rs. C-3/96 im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Niederlande aus (Rz 55/56), dass Artikel 4, Absatz eins, VSch-RL die Mitgliedstaaten verpflichtet, diejenigen Gebiete zu BSG zu erklären, die für die Erhaltung der in Anhang römisch eins genannten Arten zahlen- und flächenmäßig am geeignetsten sind, und dass diese Verpflichtung nicht durch den Erlass anderer besonderer Schutzmaßnahmen umgangen werden könne. Aus dieser Vorschrift gehe hervor, dass ein Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet es solche Arten gibt, für diese Arten insbesondere Schutzgebiete bestimmen müsse. Folglich (Rz 62/63) seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle Gegenden zu BSG zu erklären, die nach ornithologischen Kriterien am geeignetsten für die Erhaltung der betreffenden Arten erscheinen. Habe somit ein Mitgliedstaat Gegenden zu BSG erklärt, deren Zahl und Gesamtfläche offensichtlich unter der Zahl und Gesamtfläche der Gegenden liegen, die für die Erhaltung der betreffenden Arten als die geeignetsten angesehen werden, so könne festgestellt werden, dass dieser Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtung aus Artikel 4, Absatz eins, VSch-RL verstoßen habe.
Das Verfahren des Verwaltungsgerichts hat ergeben (Pkt. römisch III.3.1.3.), dass bis zum April 2020 das Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ zum Schutze des Triels eine zu kleine Fläche ausgewiesen worden war.
4.2.2.4. Keine fachlichen Gründe für eine geringere Ausweisung
Der EuGH führte in seinem Urteil vom 13.12.2007 in der Rs. C-418/04 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland aus (Rz 39), dass die Mitgliedstaaten bei der Auswahl der BSG zwar über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen, doch gehorche die Ausweisung dieser Gebiete ausschließlich den in der VSch-RL festgelegten ornithologischen Kriterien (Hinweis auf EuGH vom 02.08.1993, Kommission/Spanien, C-355/90, Santoña, Rz 26). Die in Artikel 2, dieser Richtlinie genannten wirtschaftlichen Erfordernisse dürfen daher bei der Auswahl und Abgrenzung eines BSG nicht berücksichtigt werden (Urteil Kommission/Niederlande, Rz. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Kommission vertrete daher zu Recht die Auffassung (Rz 142), dass die Ausweisung eines BSG nicht das Ergebnis einer isolierten Prüfung des ornithologischen Werts jeder einzelnen der in Rede stehenden Flächen sein könne, sondern unter Berücksichtigung der natürlichen Grenzen des Feuchtgebiets erfolgen müsse und dass die ornithologischen Kriterien, auf denen die Ausweisung ausschließlich zu beruhen habe, wissenschaftlich begründet sein müssen. Denn die Verwendung fehlerhafter, angeblich ornithologischer Kriterien könnte auf eine falsche Festlegung der Grenzen von BSG hinauslaufen.
Weiters führte des EuGH im Urteil vom 26.04.2018 zur Rs. C-97/17 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Bulgarien unter Hinweis auf seine Vorjudikatur aus, (Rz 65), dass zwar zum einen die Mitgliedstaaten über einen gewissen Ermessensspielraum hinsichtlich der Auswahl der BSG verfügen. Die Entscheidung über ihre Ausweisung und ihre Abgrenzung habe aber ausschließlich auf den durch die VSch-RL festgelegten ornithologischen Kriterien zu beruhen. Folglich sei die Republik Bulgarien dadurch, dass sie zur Bestimmung der für die Ausweisung als BSG geeignetsten Gebiete eine Unterscheidung zwischen den für die Erhaltung der Arten im Sinne des Artikel 4, Absatz eins, dieser Richtlinie bedeutendsten Gebieten und den weniger bedeutenden und einem hohen Druck durch den Menschen ausgesetzten Gebieten getroffen hat, nicht innerhalb der Grenzen des den Mitgliedstaaten eingeräumten Ermessensspielraums geblieben.
Der EuGH führte in seinem Urteil vom 19.05.1998 in der Rs. C-3/96 im Vertragsverletzungsverfahren gegen die Niederlande zum Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten bei der Auswahl der am besten geeigneten Gebiete als BSG aus (Rz 61), dass sich dieser nicht auf die Frage der Angemessenheit der Ausweisung der Gebiete als BSG beziehe, die nach ornithologischen Kriterien am besten geeignet erscheinen, sondern nur auf die Anwendung dieser Kriterien, um die am besten geeigneten Gebiete für die Erhaltung der in Anhang römisch eins der Richtlinie aufgeführten Arten zu bestimmen.
Das Verfahren des Verwaltungsgerichts hat ergeben (Pkt. römisch III.3.1.4.), dass die Gründe für die Ausweisung einer zu geringen Fläche bis zur Ausweitung im April 2020 nicht fachlich begründet waren.
4.2.2.5. Zur Anerkennung der Abgrenzung durch die Europäische Kommission
Der VwGH führte aus, mit dem – in der FFH-RL allerdings nicht verwendeten – Begriff der „Meldung" in Paragraph 38, Absatz 6, NÖ NSchG 2000 verweise das Gesetz, soweit ein Kontext zum Begriff „Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung" vergleiche Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 3, NÖ NSchG 2000) hergestellt werde, offenbar auf die (den Mitgliedstaaten aufgetragene) Vorlage der Liste von Gebieten bei der Kommission nach Artikel 4, Absatz eins, FFH-RL, nachdem das betreffende „Gebiet" vom Mitgliedstaat – im Hinblick auf die Annahme, dass es ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung darstelle – in die Liste aufgenommen wurde.
Die VSch-RL sehe eine der Vorlage der Liste nach Artikel 4, Absatz eins, FFH-RL vergleichbare Vorgangsweise nicht vor; Artikel 4, Absatz 3, VSch-RL sehe lediglich die Übermittlung „sachdienlicher Informationen" – insbesondere hinsichtlich der von den Mitgliedstaaten selbst getroffenen Schutzmaßnahmen – vor. Im Hinblick auf die Wendung „als […] Vogelschutzgebiet gemeldetes Gebiet" sei Paragraph 38, Absatz 6, NÖ NSchG 2000 dahin zu deuten, dass eine (rechtswirksame) Meldung die bereits erfolgte Einrichtung eines Schutzgebietes auf der Ebene des betreffenden Mitgliedstaates voraussetze.
Vogelschutzgebiete erhalten ihre rechtliche Qualität nicht durch eine „Meldung" der Mitgliedstaaten, sondern allein dadurch, dass diese nach innerstaatlichem Recht Flächen als Vogelschutzgebiet erklären. Die „Meldung" als Vogelschutzgebiet (an die Kommission) hat somit rein informatorische Funktion (über die zuvor oder gleichzeitig vorgenommene Unterschutzstellung), während im Anwendungsbereich der FFH-RL (jedenfalls in dem dort vorgesehenen Normalfall) die Meldung zu den notwendigen Vorbedingungen zählt, von deren Erfüllung die Entstehung der Verpflichtung abhängt, das betreffende Gebiet unter Schutz zu stellen (VwGH 16.04.2004, 2001/10/0156, Pkt. 13.3. unter Hinweis auf Gellermann, Natura 2000, Europäisches Habitatschutzrecht und seine Durchführung in der Bundesrepublik Deutschland, 2. Aufl, 44 f mwN).
Es ist somit verfahrensgegenständlich ohne Bedeutung, dass die Kommission im Jahr 2006 die damalige Gebietsabgrenzung des Europaschutzgebietes akzeptierte.
4.2.2.6. Zur Verlagerung der Triel-Brutreviere nach Norden
Der EuGH führte in seinem Urteil vom 23.03.2006 in der Rs. C-209/04 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich aus (Rz 42 – 45), dem Vorbringen der österreichischen Regierung, dass die Behauptung der Kommission, das BSG Lauteracher Ried müsse geändert und ständig angepasst werden, falsch sei, weil ein solches Erfordernis einer Rechtsgrundlage entbehre, könne nicht gefolgt werden. Denn auch wenn die Verpflichtung zur Ausweisung der als BSG geeignetsten Gebiete für die Republik Österreich unstreitig am 01.01.1995 mit ihrem Beitritt zur Europäischen Union volle Wirkung entfaltete, ende eine solche Verpflichtung nicht an diesem Tag. Weder die VSch-RL noch der Wortlaut ihres Artikel 4, enthalten nämlich den geringsten Hinweis darauf, dass die Wirkungen der Verpflichtung zur Umsetzung dieser Richtlinie mit dem genannten Tag erschöpft waren. Wie außerdem auch die Generalanwältin ausgeführt habe, wäre es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelrichtlinie herausgestellt hat.
Das Vorbringen der österreichischen Regierung, dass sie sich auf die 1995 vom Umweltbundesamt in Zusammenarbeit mit BirdLife durchgeführte Studie „Important Bird Areas in Österreich“ als einzige verlässliche Bestandsaufnahme und wissenschaftliche Bewertung zur Zeit der Auswahl und Ausweisung des Lauteracher Rieds als BSG gestützt habe, genüge die Feststellung, dass die Ausweisungsverpflichtung, wie die Kommission zu Recht geltend mache, nicht durch den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt beschränkt werde.
In der Tat sei aus dem Akt ersichtlich, dass weitere ornithologische Studien und Gutachten mit wissenschaftlichem Charakter sowie jüngere Überwachungsergebnisse als diejenigen, aufgrund deren die Ausweisung des BSG Lauteracher Ried erfolgte, vorlägen. Auf der Grundlage dieser Anhaltspunkte, deren Richtigkeit von der Republik Österreich nicht bestritten werde, müsse also die Ausweisung dieses BSG überprüft werden.
Weiters führte der EuGH in seinem Urteil vom 13.12.2007 in der Rs. C-418/04 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland aus (Rz 47), dass zu diesem Zweck eine Aktualisierung der wissenschaftlichen Daten erforderlich sei, um die Lage der am meisten bedrohten Arten und der Arten, die ein gemeinsames Erbe der Gemeinschaft darstellen, zu ermitteln, damit die geeignetsten Gebiete zu BSG erklärt werden könne. Daher seien die aktuellsten wissenschaftlichen Daten heranzuziehen, die bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist verfügbar waren.
Verfahrensgegenständlich ist es somit entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid Sitzung 409 f) sehr wohl erheblich, dass sich das Brutgebiet des Triels nach der ersten Ausweisung nach Norden verlagerte.
4.2.2.7. Zu den ursprünglich nicht ausgewiesenen Teilen des Vogelschutzgebietes, die alleine nicht zum Kreis der geeignetsten Gebiete gehörten
Der EuGH führte in seinem Urteil vom 13.12.2007 in der Rs. C-418/04, Kommission / Irland, Rz 142, im Vertragsverletzungsverfahren gegen Irland aus, dass die Ausweisung eines BSG nicht das Ergebnis einer isolierten Prüfung des ornithologischen Werts jeder einzelnen der in Rede stehenden Flächen sein könne, sondern unter Berücksichtigung der natürlichen Grenzen des Feuchtgebiets erfolgen müsse und dass die ornithologischen Kriterien, auf denen die Ausweisung ausschließlich zu beruhen habe, wissenschaftlich begründet sein müssen. Denn die Verwendung fehlerhafter, angeblich ornithologischer Kriterien könnte auf eine falsche Festlegung der Grenzen von BSG hinauslaufen.
In den Schlussanträgen führte die Generalanwältin in diesem Zusammenhang zu Anforderungen des Artikel 4, VSch-RL zur Abgrenzung von BSG aus (Rz 65), dass diese Abgrenzung ausschließlich auf ornithologischen Kriterien beruhen müsse. Die Gebietsabgrenzung könne nicht allein auf einer isolierten Betrachtung der jeweils strittigen Flächen beruhen, sondern müsse sich daran orientieren, ob die Fläche aus ornithologischer Sicht Teil des Gesamtgebiets sei. Andernfalls könnte man ein Gesamtgebiet in beliebige Teilflächen aufteilen, die dann jeweils für sich alleine genommen nur von unerheblichen Teilen der Vogelpopulation in Anspruch genommen werden. Die so begründete Ausgrenzung einer Vielzahl isoliert unerheblicher Teilflächen könnte das BSG insgesamt in seiner Funktion erheblich beeinträchtigen oder sogar zerstören.
Die Tatsache, dass die beiden strittigen Gebietsteile für sich alleine keine geeignetsten Gebiete waren vergleiche römisch III.3.1.8), ist unbestritten. Das Erkenntnis des VwGH vom 16.04.2004, 2001/10/0156, (Ausführungen Pkt. 11.1. beginnend) widerspricht der oben referierten Rechtsprechung des EuGH und ist hier nicht anzuwenden.
Es ist somit verfahrensgegenständlich ohne Bedeutung, dass die ursprünglich nicht ausgewiesenen Teile des Vogelschutzgebiets für sich alleine nicht zum Kreis der geeignetsten Gebiete gehörten, sondern ihnen diese Bedeutung nur gemeinsam mit dem bereits ausgewiesenen Teilen des Vogelschutzgebiets zukam.
4.2.2.8. Zum Brutbestand des Triels, der die im Standarddatenbogen angegebenen Zahlen ohne die ursprünglich nicht ausgewiesenen Teile des Vogelschutzgebiets nicht mehr erreicht
In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil des EuGH vom 23.03.2006 in der Rs. C-209/04 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich zu verweisen, in dem ausgeführt wird (Rz 36), dass die Gebiete Soren und Gleggen-Köblern sowohl für den Wachtelkönig als auch für nicht in Anhang römisch eins aufgeführte Zugvogelarten wie die Bekassine, den Kiebitz und den Großen Brachvogel zumindest von vergleichbarer Bedeutung wie die Flächen innerhalb des BSG Lauteracher Ried seien. Außerdem werden die von der österreichischen Regierung im Standarddatenbogen angegebenen Zahlen bei diesen drei letztgenannten Zugvogelarten nur erreicht, wenn auch die Teilflächen außerhalb des genannten BSG berücksichtigt werden.
Verfahrensgegenständlich hat das Beweisverfahren ergeben (römisch III.3.1.8.), dass zwischen 2008 und 2019 der Bestand des Triels im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ so weit abgenommen hat, dass die im Standarddatenbogen angegebene Bestandsgröße im mehrjährigen Durchschnitt nicht mehr erreicht wurde.
In diesem Zusammenhang ist es nicht weiter relevant, ob der aktuelle Erhaltungsgrad des Triel-Bestandes durch die Behörde falsch beurteilt wurde. Denn die Rechtsprechung des EuGH bezieht sich nur auf die aktuelle Bestandsgröße im Vergleich zum Bestand nach dem Standarddatenbogen (EuGH vom 23.03.2006 in der Rs. C-209/0436, Rn 36, im Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich).
4.2.2.9. Zur nachträglichen Anerkennung der Notwendigkeit der Gebietsausweisung durch die zuständige Behörde
Der EuGH misst einer solchen nachträglichen Ausweisung besondere Beweiskraft zu vergleiche EuGH in der Rs. C-186/06, Rz 31, 32 sowie die Schlussanträge der Generalanwalt in der Rs. C-141/14, Rz 28, 29). Daher ist schon allein aufgrund der nachträglich erfolgten Ausweisung der strittigen Bereiche davon auszugehen, dass diese Gebietsteile bis zur Ausweitung des Europaschutzgebiets der Schutzregelung des Artikel 4, Absatz 4, Satz 1 VSch-RL unterlagen.
4.2.2.10. Erhebliche Beeinträchtigung des nicht ausgewiesenen Gebietes durch die S 8
Der EuGH führte in seinem Urteil vom 07.12.2000 in der Rs. C-374/98, Kommission/Frankreich – Basses Corbières, aus (Rz 47, 50-52 und 57), dass die Gebiete, die nicht zu BSG erklärt wurden, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, somit offenkundig weiterhin der Regelung des Artikel 4, Absatz 4, erster Satz VSch-RL unterliegen. Was im Übrigen das Vorbringen der Kommission betrifft, dies führe zu einer Dualität der anwendbaren Regelungen, so erscheint es auch gerechtfertigt, dass die genannten Gebiete nach Artikel 4, Absatz 4, erster Satz VSch-RL einer Regelung unterliegen, die strenger ist als diejenige, die in Artikel 6, Absatz 2 bis 4 FFH-RL für die zu BSG erklärten Gebiete vorgesehen sei. Ein Mitgliedstaat soll aus der Missachtung seiner gemeinschaftsrechtlichen Pflichten keinen Vorteil ziehen.
Könnte sich jedoch ein Mitgliedstaat, der unter Verstoß gegen die VSch-RL ein Gebiet nicht zum BSG erklärt hat, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, auf Artikel 6, Absatz 3 und 4 FFH-RL berufen, so entstünde diesem Staat möglicherweise ein solcher Vorteil. Demnach gelte Artikel 6, Absatz 2 bis 4 FFH-RL nicht für Gebiete, die nicht zu BSG erklärt wurden, obwohl dies erforderlich gewesen wäre.
In diesem Zusammenhang ist jedoch für den erkennenden Senat die Frage ungeklärt, ob die VSch-RL jegliche Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Gebiete untersagt oder „nur“ jede erhebliche Verschmutzung oder Beeinträchtigung. Denn es ist möglich, dass die Regelung gemäß Artikel 4, Absatz 4, der VSch-RL auch insofern strenger ist als jene gemäß Artikel 6, Absatz 2 bis 4 FFH-RL, und nicht nur im Hinblick darauf, dass die VSch-RL kein Ausnahmeverfahren kennt vergleiche dazu die Ausführungen des Generalanwalts in den Schlussanträgen zur Rs. C-57/89, Rz 33/34, unter Hinweis auf die unterschiedlichen Formulierungen in verschiedenen Sprachfassungen). Dies kann letztlich dahingestellt bleiben, da es hier nach dem Beweisverfahren zu einer erheblichen Beeinträchtigung des bis April 2020 nicht ausgewiesenen Teils durch das Vorhaben kommen wird (Pkt. römisch III.3.1.7.).
4.2.2.11. Zwischenresümee faktisches Vogelschutzgebiet bis zur Ausweitung im April 2020
Das Beweisverfahren hat ergeben, dass das Vorhaben bis zur Ausweitung im April 2020 nach der oben referierten Rechtsprechung des EuGH in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag. Dieser folgt der VwGH weitgehend. So sprach er – unter Hinweis auf das dt. BVerwG – aus, die Auswahlentscheidung der Gebietsabgrenzung eines BSG nach Artikel 4, Absatz eins und 2 VSch-RL habe sich ausschließlich an diesen ornithologischen Erhaltungszielen zu orientieren (Hinweis auf EuGH C-355/90, Santoña, Rs. C-44/95, Lappel Bank, Rs. C-3/96, Kommission / Niederlande). Eine Abwägung mit anderen Belangen finde nicht statt. Die in Artikel 2, VSch-RL erwähnten Gründe wirtschaftlicher oder freizeitbedingter Art hätten bei der Auswahl außer Betracht zu bleiben vergleiche EuGH Rs. C-355/90 und Rs. C-44/95). Denn Artikel 4, Absatz eins, vierter Satz VSch-RL sei das Ergebnis einer bereits vom Gemeinschaftsgesetzgeber getroffenen Abwägungsentscheidung, die keiner weiteren Relativierung zugänglich ist vergleiche EuGH Rs. C-247/85 und 262/85). Für Artikel 4, Absatz 2, VSch-RL gelte Entsprechendes (VwGH 16.04.2004, 2001/10/0156). Die Ausführungen in dieser VwGH-Entscheidung, wonach nur Lebensräume und Habitate, die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung in dem betreffenden Mitgliedstaat beitragen, zum Kreis der im Sinne des Artikel 4, VSch-RL geeignetsten Gebiete gehören, entspricht jedoch nicht der oben wiedergegebenen Judikatur des EuGH.
Da somit (erstens) alle Kriterien für das Vorliegen eines faktischen Vogelschutzgebietes bis vor der Erweiterung im April 2020 vorlagen und (zweitens) ersichtlich war, dass das Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des faktischen Vogelschutzgebiets geführt hätte, hätte das Verwaltungsgericht nach der damaligen Sach- und Rechtslage den Antrag der erst- und zweitmitbeteiligten Partei auf Bau und Betrieb der S 8 abweisen müssen.
4.2.3. Zum faktischen Vogelschutzgebiet nach der Ausweitung im April 2020:
Durch die Ausweitung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ ab April 2020 besteht im Bereich der Flur „Zinsäcker“ kein faktisches Vogelschutzgebiet mehr vergleiche Pkt. römisch III.3.2.). Somit wurden die Gebiete zu BSG erklärt, die zahlen- und flächenmäßig am geeignetsten für die Erhaltung der geschützten Arten sind vergleiche EuGH in der Rs. C-3/96, Rz 69). Durch diese Erweiterung ist nun das zum gegenwärtigen Zeitpunkt geeignetste Gebiet als Vogelschutzgebiet verordnet. Die Trasse der S 8 befindet sich nun nicht mehr in einem faktischen Vogelschutzgebiet.
In der zweiten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts brachten einige Beschwerdeführer vor, die Gebietsausweitung im April 2020 sei nichts rechtskonform erfolgt. Demnach sei der Entwurf zur Verordnung NÖ Landesgesetzblatt 33 aus 2020, vom 15.04.2020 nicht zur Stellungnahme aufgelegt worden. Darüber hinaus sei keine Information oder Abstimmung mit den betroffenen Grundeigentümern erfolgt.
In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil des EuGH vom 18.03.1999, Rs. C-166/97, Rz 12/13, zu verweisen, wonach sich ein Mitgliedstaat nach ständiger Rechtsprechung nicht auf Bestimmungen, Übungen oder Umstände seiner internen Rechtsordnung berufen kann, um die Nichteinhaltung der in einer Richtlinie festgelegten Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen.
Weiters wendeten Beschwerdeführer in der zweiten Tagsatzung ein, die Gebietsausweitung im April 2020 sei nicht rechtskonform erfolgt, weil die Erweiterung des Vogelschutzgebiets bisher nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die VSch-RL eine wie in Artikel 4, Absatz eins, FFH-RL vorgesehen Vorgangsweise der Vorlage der Liste an die Kommission nicht vorsieht. Artikel 4, Absatz 3, VSch-RL sieht lediglich die Übermittlung „sachdienlicher Informationen" – insbesondere hinsichtlich der von den Mitgliedstaaten selbst getroffenen Schutzmaßnahmen – vor. Denn Vogelschutzgebiete erhalten ihre rechtliche Qualität nicht durch eine „Meldung" der Mitgliedstaaten, sondern allein dadurch, dass diese nach innerstaatlichem Recht Flächen als Vogelschutzgebiet erklären. Die „Meldung" als Vogelschutzgebiet an die Kommission hat somit rein informatorische Funktion (über die zuvor oder gleichzeitig vorgenommene Unterschutzstellung), während im Anwendungsbereich der FFH-RL (jedenfalls in dem dort vorgesehenen Normalfall) die Meldung zu den notwendigen Vorbedingungen zählt, von deren Erfüllung die Entstehung der Verpflichtung abhängt, das betreffende Gebiet unter Schutz zu stellen (VwGH vom 16.04.2004, 2001/10/0156, Pkt. 13.3, unter Hinweis auf Gellermann, Natura 2000, Europäisches Habitatschutzrecht und seine Durchführung in der Bundesrepublik Deutschland2, 44 f mwN). Ein solche Meldung an die Europäische Kommission entfaltet keine rechtliche Wirkung, daher greifen die darauf gestützten Einwände der Beschwerdeführer nicht.
4.3. Erheblichkeitsbeurteilung unter Berücksichtigung der Erhaltungsziele des Europaschutzgebietes nach Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL bzw. Paragraph 10, NÖ NSchG 2000:
Das Prüfungsprogramm der Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß der UVP-RL und der Naturverträglichkeitsprüfung gemäß der FFH-RL sind unterschiedlich. Die UVP ist einerseits weiter, weil sämtliche Umweltgüter, einschließlich ihrer Wechselwirkungen, in die Betrachtung einzubeziehen sind, während sich die Naturverträglichkeitsprüfung darauf konzentriert, ob das Schutzgebiet die ihm zugedachte Aufgabe innerhalb des Netzwerkes „Natura 2000" im Falle der Verwirklichung des Projektes noch erfüllen können wird. Andererseits ist die UVP enger, weil sie nur den aktuell vorhandenen Zustand der Umweltgüter betrachtet, während die Naturverträglichkeitsprüfung auch den Beeinträchtigungen des Entwicklungspotenziales eines Schutzgebietes nachzugehen hat. Trotz der aufgezeigten unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe ist im Rahmen einer UVP eines Projektes darauf Rücksicht zu nehmen (VfSlg. 10.292/1984), dass es in einem Natura 2000-Gebiet geplant ist. Die Erheblichkeit der zu beurteilenden Auswirkungen auf die Umwelt wird in einem Natura 2000-Gebiet im Hinblick auf die besonderen Schutzobjekte nur unter Berücksichtigung dieses Umstandes und den sich daraus ergebenden besonderen Erhaltungszielen für das Gebiet zutreffend beurteilt werden können (VwGH 23.06.2009, 2007/06/0257, unter Hinweis auf Gellermann, Natura 2000, Sitzung 82 f).
4.3.1. Beurteilung der erheblichen Auswirkungen auf den Triel durch die Behörde
Die Erheblichkeitsprüfung der Behörde konnte sich in Bezug auf die Betriebsauswirkungen der S 8 in verschiedenen Punkten nicht auf präzise Ergebnisse stützen (Pkt. römisch III.3.3.1.).
Paragraph 10, Absatz 3, NÖ NSchG beruht auf Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL, weshalb diese Bestimmung im Sinne des Erfordernisses einer richtlinienkonformen Interpretation unter Bedachtnahme auf seine unionsrechtliche Grundlage auszulegen ist. Nach der Rechtsprechung des VwGH zu Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL bringt bereits der Wortlaut dieser Bestimmung zum Ausdruck, dass eine Prüfung der Verträglichkeit der Pläne und Projekte für ein BSG deren Genehmigung vorauszugehen hat, und die Gesamtwirkungen aus der Kombination dieser Pläne oder Projekte mit anderen Plänen und Projekten im Hinblick auf die für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu berücksichtigen sind. Eine solche Prüfung setzt somit voraus, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte des Planes oder Projekts zu ermitteln sind, die für sich oder in Verbindung mit anderen Plänen und Projekten diese Ziele beeinträchtigen könnten. Sie entspricht nicht den Vorgaben des Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL, wenn sie lückenhaft ist und keine vollständigen, präzisen und endgültigen Feststellungen enthält, die geeignet sind, jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel hinsichtlich der kumulativen Auswirkungen von Plänen oder Projekten auszuräumen. Bei der Untersuchung kumulativer Auswirkungen im Rahmen der nach Paragraph 10, Absatz 3, NÖ NSchG durchzuführenden Naturverträglichkeitsprüfung ist die Entstehung von Kumulationseffekten des gegenständlichen Projekts stets im Zusammenwirken mit der Gesamtheit aller in Betracht zu ziehenden anderen Pläne oder Projekte zu erforschen vergleiche zum Ganzen VwGH 25.01.2021, Ra 2018/04/0179, mwN).
So wurden bei der Beurteilung der kumulativen Wirkungen nur ein Teil der anderen relevanten Vorhaben berücksichtigt, was zu einem mangelhaften behördlichen Verfahren führte vergleiche EuGH 24.11.2011, Rs. C-404/09, Kommission / Spanien, Rz 100). Weiters war das UVP-Teilgutachten Tiere im Verfahren der belangten Behörde bei der Bescheiderlassung nicht mehr aktuell und baute auf einer unklaren Verkehrsprognose auf vergleiche Pkt. römisch III.3.3.1.). Die bioakustische Analyse in der UVE der erstmitbeteiligten Partei und auch der Behörde entsprach nicht den einschlägigen fachlichen Standards und ist in mehreren Aspekten mangelhaft.
Eine Verträglichkeitsprüfung entspricht dann nicht den Anforderungen des Artikel 6, Absatz 3, erster Satz FFH-RL und ist somit „nicht angemessen“, wenn sie lückenhaft ist und keine vollständigen, präzisen und endgültigen Feststellungen enthält, die geeignet sind, jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel hinsichtlich der Auswirkungen der Arbeiten, die in dem BSG geplant waren, auszuräumen vergleiche EuGH 24.11.2011, Rs. C-404/09, Rz 100, im Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien mit Verweis auf Rs. C-304/05, Rz 69). Eine Verträglichkeitsprüfung ist aber nicht „angemessen“ im Sinne von Artikel 6, Absatz 3, Satz 1 der Habitatrichtlinie, wenn aktualisierte Daten zu den Lebensräumen und geschützten Arten fehlen (EuGH 17. 04.2018, C-441/17, Rz 137, Kommission / Polen). Weiters hat die Behörde konkrete Maßnahmen vorzuschreiben, was im Fall einer Überschreitung zu tun ist (VwGH 18.12.2012, 2011/07/0190 mwH).
Bei der Entscheidung über die Bewilligungsfähigkeit der eingereichten Trasse nach dem 3. Abschnitt des UVP-G können keine geringeren Standards gelten als für die NVP selbst. Denn ansonsten wäre nicht sichergestellt, dass die Trassenentscheidung korrekt ist und bspw. die Naturschutzbehörde im nachgeordneten Verfahren rechtskonform entscheidet und zugleich die Trassenentscheidung der UVP-Behörde respektieren kann. Daher ist die entsprechende Judikatur des EuGH bereits im UVP-Verfahren aus Gründen der Rechtssicherheit zu berücksichtigen.
Sowohl die belangte Behörde als auch die erstmitbeteiligte Partei vertraten im Verfahren die Ansicht, dass der Gebietsschutz nicht außerhalb des Gebiets anwendbar sei. Dies widerspricht jedoch der Judikatur des EuGH. So sprach der EuGH mit Urteil vom 24.11.2016 in der Rs. C-461/14 im Vertragsverletzung gegen Spanien aus (Tenor):
„Art. 6 Absatz 3, der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ist dahin auszulegen, dass eine ‘angemessene Prüfung’ zum einen in vollem Umfang die Lebensraumtypen und Arten, für die ein Gebiet geschützt ist, erfassen und zum anderen sowohl die Auswirkungen des vorgeschlagenen Projekts auf die in dem Gebiet vorkommenden Arten, für die das Gebiet nicht ausgewiesen wurde, als auch die Auswirkungen auf die außerhalb der Grenzen dieses Gebiets vorhandenen Lebensraumtypen und Arten nennen und erörtern muss, soweit diese Auswirkungen geeignet sind, die Erhaltungsziele des Gebiets zu beeinträchtigen.“
In den Schlussanträgen der Generalanwältin in der Rs. C-461/14, Rn. 49, wurde ausgeführt:
„49. Darüber hinaus kann auch die Beeinträchtigung von Lebensräumen außerhalb von Schutzgebieten von Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere, wenn ein Schutzgebiet zwar bestimmte Arten schützt, aber nicht alle Lebensräume einschließt, die von diesen Arten genutzt werden. In diesem Fall könnten Verschlechterungen solcher Lebensräume außerhalb der Schutzgebiete die geschützten Vorkommen der Arten in den Schutzgebieten in Mitleidenschaft ziehen.“
Die belangte Behörde und die erstmitbeteiligte Partei versuchten jedoch unzulässig, diese jüngere Judikatur des EuGH durch ältere Rechtsprechungshinweise auf das deutsche BVerwG und das OVG Berlin-Brandenburg zu widerlegen.
Die belangte Behörde führte aus, der Triel selbst sei nicht Schutzgegenstand des Europaschutzgebiets „Sandboden und Praterterrasse“. Der Gebietsschutz habe das jeweilige Gebiet in seiner Eigenschaft als natürlicher Lebensraum und – anders als der Artenschutz – nicht die Tierart zum Schutzgegenstand. Die rechtlich allein relevante Frage einer erheblichen Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ als solches sei unter Berücksichtigung seiner Erhaltungsziele durch die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels auf einem Grundstück auf der geplanten Trasse der S 8 Marchfeld Schnellstraße außerhalb des Schutzgebietes im Folgenden zu prüfen (angefochtener Bescheid Sitzung 404). Auch die erstmitbeteiligte Partei vertrat in ihrer Stellungnahme diese Ansicht. Damit sei die rechtlich allein relevante Frage jene, ob durch die mögliche Zerstörung eines Brutreviers des Triels auf einem Grundstück auf der geplanten Trasse der S 8 außerhalb des Schutzgebietes eine erhebliche Beeinträchtigung des Europaschutzgebietes „Sandboden und Praterterrasse“ als solches unter Berücksichtigung seiner Erhaltungsziele erfolge (OZ 206, Sitzung 14/15; ebenso Stellungnahme vom 17.02.2020, OZ 258, Sitzung 18).
Dazu ist auf die ausdrückliche Regelung der Verordnung über die NÖ Europaschutzgebiete Paragraph 14, Absatz 2, erster Spiegelstrich, in der Fassung LGBl. 5500/6-5, zu verweisen, wonach der Triel selbst Schutzgegenstand ist.
Schließlich hat das Ermittlungsverfahren ergeben, dass die erstmitbeteiligte Partei das Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten nicht angemessen berücksichtigt hat. Erstens hat sie einen Teil der Pläne und Projekte, die im Zusammenwirken mit dem Vorhaben zu berücksichtigen sind, nicht in ihrer Betrachtung kumulativer Wirkungen berücksichtigt und Auswirkungen von Plänen, die für die Verkehrsstärke auf der S 8 und anderen Straßenverbindungen des Betrachtungsraums relevant sind, teilweise dem Referenzplanfall zugeschlagen, anstatt diese Wirkungen zusammen mit den Wirkungen der S 8 zu betrachten vergleiche Pkt. römisch III.3.3.3.7.). Im Zusammenhang mit der Prüfung kumulativer Effekte hat der EuGH festgestellt (EuGH 07.09.2004, C-127/02):
„52 Zum Begriff ‚Prüfung auf Verträglichkeit‘ im Sinne von Artikel 6 Absatz 3 der Habitatrichtlinie ist auszuführen, dass diese Richtlinie keine besondere Methode für die Durchführung einer solchen Prüfung festlegt.
53 Doch hat nach dem Wortlaut dieser Bestimmung eine Prüfung der Verträglichkeit der Pläne oder Projekte für das Gebiet deren Genehmigung vorauszugehen und die Gesamtwirkungen aus der Kombination dieser Pläne oder Projekte mit anderen Plänen oder Projekten im Hinblick auf die für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu berücksichtigen.“
Weiters ist die Judikatur des EuGH zur Richtlinie 85/337 zu berücksichtigen, wonach die Prüfung der kumulativen Effekte aller existierender Projekte erforderlich ist (EuGH 15.12.2011, C-560/08, RZ 100). Eine Prüfung, die einige tatsächlich durchgeführte andere Projekte nicht berücksichtigt und die einen Teil der Wirkungen berücksichtigter Pläne und Projekte nicht kumulativ mit dem verfahrensgegenständlichen Vorhaben betrachtet, steht offensichtlich nicht im Einklang mit der zitierten Judikatur des EuGH.
Zweitens hat die erstmitbeteiligte Partei Maßnahmen gemäß Artikel 6, Absatz eins und 2 der FFH-RL als „positive kumulative Effekte“ in ihre Vorhabensbeurteilung einbezogen vergleiche Pkt. römisch III.3.3.3.8.). Der EuGH hat diesbezüglich festgestellt (EuGH 07.11.2018, C-293/17 und 294/17):
„123 Insoweit ist festzustellen, dass es der praktischen Wirksamkeit von Artikel 6, Absatz eins und 2 der Habitatrichtlinie zuwiderliefe, wenn die Wirkungen von nach diesen Bestimmungen nötigen Maßnahmen herangezogen werden könnten, um einen Plan oder ein Projekt, der bzw. das sich auf das betreffende Gebiet auswirkt, nach Artikel 6, Absatz 3, zu genehmigen, bevor die Maßnahmen wirksam durchgeführt worden sind vergleiche in diesem Sinne Urteil vom 17. April 2018, Kommission/Polen [Wald von Białowieża], C-441/17, EU:C:2018:255, Rn. 213).
124 Die positiven Auswirkungen der nach Artikel 6, Absatz eins und 2 der Habitatrichtlinie nötigen Maßnahmen können ebenso wenig herangezogen werden, um Projekte, die sich auf die Schutzgebiete negativ auswirken, nach Artikel 6, Absatz 3, zu genehmigen.“
Die von der erstmitbeteiligten Partei gewählte Vorgangsweise widerspricht daher der Judikatur des EuGH, und zwar sowohl grundsätzlich (RZ 124) als auch, weil die Wirkungen eines Natura-2000-konformen Gebietsmanagements berücksichtigt wurden, bevor diese Maßnahmen wirksam durchgeführt worden sind (RZ 123).
Aus diesen Gründen erweisen sich die Projektunterlagen als ungeeignet dafür, die Auswirkungen des verfahrensgegenständlichen Vorhabens in einer Art und Weise zu prüfen, die gewährleistet, dass das Vorhaben das betroffene Europaschutzgebiet nicht einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigt vergleiche EuGH 15.12.2011, C-560/08, RZ 134).
4.3.2. Ergänzende Beurteilung der erheblichen Auswirkungen durch das Verwaltungsgericht
Da durch die Ausweitung des Vogelschutzgebietes im April 2020 eine geänderte Sach- und Rechtslage vorlag, war das Verfahren durch das Verwaltungsgericht fortzusetzen. Denn das Verwaltungsgericht hat nach Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten vergleiche VwGH 25.06.2019, Ra 2019/10/0012, mwN).
Das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen hat ergeben, dass der Bau der S 8 zur teilweisen Beanspruchung und Zerschneidung des aktuellen Kernlebensraums einer in Österreich vom Aussterben bedrohten Art des Anhangs römisch eins der VSch-RL im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ führt. Somit steht der Bau und der Betrieb der S 8 mit den Schutzzielen, insbesondere dem Erreichen eines günstigen Erhaltungszustandes für den Triel, nicht im Einklang (Pkt. römisch III.3.3.3.).
Weiter ergaben die Beweisausführungen, dass keine Bagatellschwelle zur Frage, ob es ein nicht erhebliches Ausmaß an Habitatsentzug für den Triel im Europaschutzgebiet „Sandboden und Praterterrasse“ gibt, zulässig ist (Pkt. römisch III.3.3.3./erste Vorfrage). In Deutschland wurden sogenannte Bagatellschwellen entwickelt, unterhalb derer Flächenverluste an geschützter Lebensraumtypen- oder Habitatfläche nicht erheblich iSd Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL sind. In diesem Zusammenhang wies der gerichtliche Sachverständige auf folgende Diskussion in Expertenkreisen hin vergleiche die Ausführungen Gutachten Naturschutz/Teil 1 des gerichtlichen Sachverständigen (OZ 231 Sitzung 64 f):
„Der Begriff ‚Bagatellschwelle‘ ist im Zusammenhang mit dem Artikel 6-Verfahren der FFH-Richtlinie nicht einheitlich oder verbindlich definiert. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde der Begriff von verschiedenen Seiten im Kontext der Naturverträglichkeitsprüfung und in einem Zusammenhang verwendet, bei dem die betreffende Fachfrage stets jene nach der Erheblichkeit des Eingriffs war. Auf meine Anfrage hin hat das Gericht klargestellt, dass sich auch die Gutachtensfrage auf die Erheblichkeitsschwelle bezieht (Email vom 17.12.2019). Übrigens werden auch die ausdrücklich zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der NVP in Deutschland konzipierten ‚Orientierungswerte‘ (Lambrecht & Trautner 2007) im allgemeinen Sprachgebrauch und selbst vom deutschen Bundesverwaltungsgericht häufig als ‚Bagatellschwellen‘ bezeichnet (siehe z. B. Fußnote 2 auf Sitzung 18 in Lambrecht & Trautner 2007).
Der behördliche Sachverständige hat keine Bagatellschwelle festgelegt, hat aber mehrfach Prozentwerte für den Verlust an Kommunikationsraum genannt, die seiner Beurteilung nach unter einer solchen nicht konkretisierten Schwelle für die Erheblichkeit lagen (a). römisch 40 (2009) legte zwar eine Schwelle fest, konnte diese aber weder aus Daten noch aus Erfahrungswerten unmittelbar ableiten (b).
Erste Hinweise zur Beantwortung der Frage, ob überhaupt eine nicht erhebliche Größe des Habitatverlusts angenommen werden kann, liefert die Fachliteratur zur Eingriffsbewertung: Lambrecht & Trautner (2007) haben festgestellt, dass in der Regel jede direkte Inanspruchnahme von Habitat einer Tierart als erheblich anzusehen ist; für vom Aussterben bedrohte Arten hielten die Autoren jede Angabe von Orientierungswerten für ggf. tolerable Habitatverluste für fachlich nicht gerechtfertigt (1). römisch 40 et al. (2016) vertraten in sehr ähnlicher Weise die Auffassung, dass bei hochgradig gefährdeten Schutzgütern mit großer Wahrscheinlichkeit jeder Eingriff als erheblich zu werten ist. Während Lambrecht & Trautner (2007) sich dabei auf Flächenverluste insbesondere durch Verbauung/Versiegelung bezogen, beschränkten römisch 40 et al. (2016) ihre Aussage nicht auf eine bestimmte Form der Beeinträchtigung. Da der Triel in Österreich vom Aussterben bedroht ist (Dvorak et al. 2017), ergibt sich aus den zitierten Leitfäden im allermindesten Fall die Notwendigkeit, eine mögliche Bagatellschwelle fachlich nachvollziehbar zu argumentieren, so wie das auch Lambrecht & Trautner (2007) mit Bezug auf direkten Flächenentzug tun.
Der behördliche Sachverständige hat sich jedoch ohne nähere Begründung auf seine gutachterliche Beurteilung berufen (a), und auch römisch 40 (2009) leitete seinen Schwellenwert nicht nachvollziehbar ab, sondern stellte sogar fest, es sei nicht bekannt, wie groß die Störung sein muss, um einen erheblichen Einfluss festzustellen (b). Diesbezüglich haben römisch 40 et al. (2016) ausgeführt, dass die Beurteilung der Erheblichkeit nicht willkürlich entschieden werden kann, sondern auf fachlichen Standards aufbauen sollte (2).“
Das Kriterium des „bezifferbaren Verlusts“ wurde vom EuGH und in den Schlussanträgen des Generalanwalts beim EuGH wiederholt verwendet und scheint überhaupt gegen die Möglichkeit nichterheblicher Flächenverluste zu sprechen (dazu bspw. die oben Pkt. römisch III.4.3.1. referierte Judikatur). Ebenso wurde das Kriterium verwendet, dass eine Auswirkung dann, wenn sie dauerhaft ist, jedenfalls zu einer Beeinträchtigung des Gebiets als solches führt vergleiche dazu EuGH 11.04.2013, C-258/11, Sweetman u.a., Rz 12, wonach bereits der endgültige Verlust einer Fläche von etwa 1,47 ha bei einer Gesamtfläche von 270 ha Kalk-Felspflaster – somit bereits 0,54 %, das einen in Anhang römisch eins der Habitatrichtlinie genannten prioritären Lebensraumtyp darstellt; weiters die Schlussanträge des Generalanwaltes in der Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, Rz 13, 25, 77; weiters EuGH 21.07.2016, Rs. C-387/15 und C-388/15, Orleans u.a., Rz 55).
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH zu Begriffen wie „nachhaltige Beeinträchtigung des Gefüges des Haushaltes der Natur im betroffenen Lebensraum", „Beeinträchtigung des ökologischen Gleichgewichts" und „Beeinträchtigung des Naturhaushaltes" setzt die gesetzmäßige Beurteilung eines solchen Tatbestandsmerkmales nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere und Pflanzen Bezug nehmende, naturwissenschaftliche, auf die qualitativen und quantitativen Aspekte des konkreten Falles, auf die Art der beantragten Maßnahme und die von dieser ausgehenden Auswirkungen auf die geschützten Güter Bedacht nehmende Feststellungen voraus.
Zur Frage der Feststellung eines Zusammenhanges zwischen den Auswirkungen, die von einem Vorhaben ausgehen, und den Beeinträchtigungen geschützter Güter, hat der VwGH nicht nur im Beschluss vom 18.12.2000, Zl. 2000/10/0116, sondern bereits im Erkenntnis vom 27.03.2000, Zl. 97/10/0149, ausgesprochen, dass der Beeinträchtigungstatbestand dann als verwirklicht angesehen werden kann, wenn vom Vorhaben ausgehende Auswirkungen „eindeutig und signifikant" im geschützten Gebiet (als Beeinträchtigungen) in Erscheinung treten (VwGH vom 16.04.2004, 2001/10/0156, Pkt. 19.5.1. und 19.5.2. mwN).
Der Verlust von mindestens 18 ha an geeignetem Lebensraum – wobei bei diesem Flächenausmaß nicht mehr von „geringfügig“ gesprochen werden kann – durch Verbauung ist für den erkennenden Senat sowohl „eindeutig“ als auch „signifikant“. Auch der VwGH scheint hier eine eher geringe Schwelle anzusetzen, denn signifikant kann bereits ein geringer Verlust sein, wenn er ohne jeden Zweifel feststeht.
Die Beweisausführungen haben ergeben, dass auch die neue Eingriffsbewertung (Beilage zu OZ 350) durch die erstmitbeteiligte Partei grob fehlerhaft ist und somit keine sichere Feststellung über das Gesamtausmaß der Beeinträchtigung zulässt (Pkt. römisch III.3.3.3./ergänzende Beurteilung). In diesem Zusammenhang wies der gerichtliche Sachverständige schließlich auch darauf hin, dass die Literaturstudie zum Einfluss von Straßen auf Brutvorkommen des Triels fehlerhaft sei und die Literaturstudie wesentliche Mängel aufweist. In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil des EuGH zur mangelhaften Erheblichkeitsprüfung wie folgt hinzuweisen (EuGH 07.09.2004, C-127/02:
„54 Eine solche Prüfung setzt somit voraus, dass unter Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtliche Gesichtspunkte des Planes oder des Projektes zu ermitteln sind, die für sich oder in Verbindung mit anderen Plänen oder Projekten diese Ziele beeinträchtigen könnten. Diese Ziele können, wie sich aus den Artikeln 3 und 4 der Habitatrichtlinie und insbesondere deren Artikel 4 Absatz 4 ergibt, nach Maßgabe der Wichtigkeit dieser Gebiete für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eines natürlichen Lebensraumtyps des Anhangs römisch eins oder einer Art des Anhangs römisch II und für die Kohärenz des Netzes Natura 2000 sowie danach festgelegt werden, inwieweit diese Gebiete von Schädigung oder Zerstörung bedroht sind.
[…]
56 Es erweist sich somit, dass die Genehmigung des in Rede stehenden Planes oder Projektes nur unter der Voraussetzung erteilt werden kann, dass die zuständigen nationalen Behörden Gewissheit darüber erlangt haben, dass sich der Plan oder das Projekt nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirkt.
57 Daher muss die zuständige Behörde die Genehmigung des Planes oder des Projektes versagen, wenn Unsicherheit darüber besteht, dass keine nachteiligen Auswirkungen auf das Gebiet als solches auftreten.
58 In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass das in Artikel 6 Absatz 3 Satz 2 der Habitatrichtlinie vorgesehene Kriterium für die Genehmigung den Vorsorgegrundsatz einschließt vergleiche Urteil vom 5. Mai 1998 in der Rechtssache C-157/96, National Farmers’ Union u. a., Slg. 1998, I-2211, Randnr. 63) und es erlaubt, Beeinträchtigungen der Schutzgebiete als solcher durch Pläne oder Projekte wirksam zu verhüten. Ein weniger strenges Genehmigungskriterium als das in Rede stehende könnte die Verwirklichung des Zieles des Schutzes der Gebiete, dem diese Bestimmung dient, nicht ebenso wirksam gewährleisten.“
Diesen Anforderungen ist die ergänzende Erheblichkeitsprüfung der erstmitbeteiligten Partei nicht gerecht geworden. Weder wurden die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse sämtlicher Gesichtspunkte des Planes oder des Projektes ermittelt, noch konnte ausgeräumt werden, ob Unsicherheiten darüber bestehen, dass keine nachteiligen Auswirkungen auf das Gebiet als solches auftreten.
4.3.3. Ist die von der erstmitbeteiligten Partei geplante Schaffung eines Trielhabitats bei der NVP zu berücksichtigen?
Das Beweisverfahren hat ergeben, dass die ergänzenden Maßnahmen der erstmitbeteiligten Partei zum Schutz des Triels nicht geeignet sind, um eine erhebliche Beeinträchtigung durch den Bau und Betrieb der S 8 zu vermeiden (Pkt. römisch III.3.3.3/zweite Vorfrage). Die erstmitbeteiligte Partei ist den Ausführungen fachlich nicht entgegengetreten. Stattdessen ist sie der Diskussion zur inhaltlichen Unterscheidung zwischen schadensbegrenzenden Maßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen ausgewichen und hat versucht, die Diskussion auf die Fragen der Gewissheit und Rechtzeitigkeit zu beschränken (Beilage zu OZ 258, Gutachten römisch 40 vom 17.02.2020, Sitzung 17/18).
Zunächst ist anzumerken, dass der VwGH bereits zum Ausdruck brachte, dass wenn der EuGH eine vollständige Analyse – somit unter Einbeziehung der Vermeidungs- bzw. Verminderungsmaßnahmen – für die Prüfungsphase vorsieht (und nicht auf die im Bereich des Gebietsschutzes ebenfalls vorgesehene Ausnahmeregelung nach Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL verweist), kein Grund zur Annahme besteht , dass im Bereich des Artenschutzes derartige Vermeidungs- bzw.- Verminderungsmaßnahmen nicht in der Prüfungsphase (nämlich der Prüfung, ob ein Verbotstatbestand verwirklicht ist), sondern – insoweit abweichend von dem für den Gebietsschutz vorgesehenen Konzept – erst bei der Prüfung der Ausnahmetatbestände berücksichtigt werden dürfen. Es besteht auch kein Problem dahingehend, dass bei dieser Sichtweise Vorbeugungs- und Ausgleichsmaßnahmen zu unterschiedlichen Zeitpunkten berücksichtigt würden, je nachdem, ob „ein Artenschutz- oder Gebietsschutzsachverhalt“ vorliege. Da es die vom EuGH in seiner zum Gebietsschutz ergangenen Rechtsprechung herangezogene „Vorprüfungsphase“ im Artenschutz nämlich nicht gibt, mangelt es diesbezüglich an einer Vergleichbarkeit vergleiche zu alldem VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 bis 0234, mit Hinweis u.a. auf die Ausführungen EuGH 17.04.2018, Rs C-441/17, Kommission/Polen).
In diesem Zusammenhang ist spezifisch auch auf die Entscheidungen des EuGH vom 15.05.2014, C-521/12, Briels u.a., zu verweisen, wo in einem Vorabentscheidungsersuchen aus den Niederlanden zu Artikel 6, Absatz 3 und 4 FFH-RL zur Prüfung der Verträglichkeit eines Plans oder Projekts zu einem Straßenbauvorhaben mit einem BSG und der Genehmigung eines Plans oder Projekts für ein Schutzgebiet und damit zusammenhängenden Ausgleichsmaßnahmen wie folgt entschieden wurde:
„25 Diese Beurteilung kann entgegen dem Standpunkt der niederländischen Regierung, die von der Regierung des Vereinigten Königreichs unterstützt wird, durch die vom Trassenprojekt Rijksweg A2 vorgesehenen Schutzmaßnahmen nicht in Frage gestellt werden.
26 Erstens ist nämlich zu beachten, dass das in Artikel 6, Absatz 3, Satz 2 der Habitatrichtlinie vorgesehene Genehmigungskriterium – da die Behörde die Genehmigung des Plans oder des Projekts versagen muss, wenn Unsicherheit darüber besteht, ob keine nachteiligen Auswirkungen auf das Gebiet als solches auftreten – den Vorsorgegrundsatz einschließt und es erlaubt, durch Pläne oder Projekte entstehende Beeinträchtigungen der Schutzgebiete als solche wirksam zu verhüten. Ein weniger strenges Genehmigungskriterium könnte die Verwirklichung des mit dieser Bestimmung verfolgten Ziels des Schutzes der Gebiete nicht ebenso wirksam gewährleisten […].
28 Daher hat die zuständige nationale Behörde nach dem Vorsorgegrundsatz im Rahmen der Durchführung von Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie die Verträglichkeit der Auswirkungen, die das Projekt auf das Natura-2000-Gebiet hat, mit den Erhaltungszielen für dieses Gebiet zu prüfen. Dabei hat sie die in das Projekt aufgenommenen Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen, mit denen die etwaigen unmittelbar verursachten schädlichen Auswirkungen auf das Gebiet verhindert oder verringert werden sollen, um dafür zu sorgen, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird.
29 Dagegen dürfen in einem Projekt vorgesehene Schutzmaßnahmen, mit denen dessen schädliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet ausgeglichen werden sollen, im Rahmen der Prüfung der Verträglichkeit des Projekts nach Artikel 6, Absatz 3, nicht berücksichtigt werden.
30 Dies wäre aber bei den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Maßnahmen der Fall, die in einer Situation, in der die zuständige nationale Behörde tatsächlich festgestellt hat, dass das Trassenprojekt Rijksweg A2 erhebliche, möglicherweise dauerhaft schädliche Auswirkungen auf den geschützten Lebensraumtyp des betroffenen Natura-2000-Gebiets haben kann, vorsehen, dass in einem anderen, von dem Projekt nicht unmittelbar berührten Teil des Gebiets ein neues, gleich großes oder größeres Areal dieses Lebensraumtyps geschaffen wird.
31 Es steht nämlich fest, dass die fraglichen Maßnahmen die durch das Trassenprojekt Rijksweg A2 verursachten erheblichen schädlichen Auswirkungen auf den Lebensraumtyp weder verhindern noch verringern, sondern sie später ausgleichen sollen. Vor diesem Hintergrund können die Maßnahmen nicht gewährleisten, dass das Projekt das Gebiet als solches nicht im Sinne von Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie beeinträchtigen wird.
32 Überdies lassen sich die etwaigen positiven Auswirkungen der künftigen Schaffung eines neuen – sei es auch größeren und qualitativ besseren – Lebensraums, der den Verlust an Fläche und Qualität desselben Lebensraumtyps in einem Schutzgebiet ausgleichen soll, im Allgemeinen nur schwer vorhersehen. Jedenfalls werden sie erst in einigen Jahren erkennbar sein, wie aus Rn. 87 der Vorlageentscheidung hervorgeht. Infolgedessen können sie im Rahmen des in der genannten Bestimmung vorgesehenen Verfahrens nicht berücksichtigt werden.
33 Zweitens soll, worauf die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen zutreffend hinweist, die praktische Wirksamkeit der in Artikel 6, der Habitatrichtlinie vorgesehenen Schutzmaßnahmen verhindern, dass die zuständige nationale Behörde durch sogenannte ‘abmildernde’ Maßnahmen, die in Wirklichkeit Ausgleichsmaßnahmen entsprechen, die in dieser Vorschrift festgelegten spezifischen Verfahren umgeht, indem sie nach Artikel 6, Absatz 3, Projekte genehmigt, die das betreffende Gebiet als solches beeinträchtigen.
38 In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Anwendung von Artikel 6, Absatz 4, der Habitatrichtlinie der Umstand, dass die beabsichtigten Maßnahmen in dem betroffenen Natura-2000-Gebiet durchgeführt werden sollen, für ihre eventuelle Einstufung als Ausgleichsmaßnahmen im Sinne dieser Bestimmung unerheblich ist. Aus den von der Generalanwältin in Nr. 46 ihrer Schlussanträge genannten Gründen erfasst Artikel 6, Absatz 4, nämlich jede zum Schutz der globalen Kohärenz des Netzes Natura 2000 geeignete Maßnahme, unabhängig davon, ob sie in dem beeinträchtigten Gebiet oder in einem anderen Gebiet des Netzes durchgeführt wird.
39 Daher ist Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie dahin auszulegen, dass durch nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines GGB in Verbindung stehende oder hierfür nicht notwendige Pläne oder Projekte, die schädliche Auswirkungen auf einen in dem Gebiet vorhandenen natürlichen Lebensraumtyp haben und Maßnahmen zur Schaffung eines gleich großen oder größeren Areals dieses Lebensraumtyps in diesem Gebiet vorsehen, das Gebiet als solches beeinträchtigt wird. Derartige Maßnahmen können in einem solchen Fall nur dann als ‘Ausgleichsmaßnahmen’ im Sinne von Artikel 6, Absatz 4, der Richtlinie eingestuft werden, wenn die in dieser Bestimmung festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind.“
Weiters entschied der EuGH mit Urteil vom 25.07.2018 in der Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, einem Vorabentscheidungsersuchen aus Irland zu Artikel 6, Absatz 3 und 4 FFH-RL im Zusammenhang mit einem Windparkprojekt und der VSch-RL. Er äußerte sich zur Frage, ob ein geeigneter Lebensraum, der sich im Lauf der Zeit verändert, vorübergehender oder dauerhafter Rückgang der notwendigen Flächen und in ein Projekt integrierte Maßnahmen, mit denen für die Dauer des Projekts sichergestellt werden soll, dass die für den natürlichen Lebensraum der Art tatsächlich geeignete Fläche nicht verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann. Dazu wurde wie folgt ausgeführt:
„25 Sodann ist im Hinblick auf den Wortlaut der vorgelegten Frage hinzuzufügen, dass in Artikel 6, dieser Richtlinie nicht von einer ‘Maßnahme zur Schadensbegrenzung’ die Rede ist (Urteile vom 21. Juli 2016, Orleans u. a., C-387/15 und C-388/15, EU:C:2016:583, Rn. 57, sowie vom 12. April 2018, People Over Wind und Sweetman, C-323/17, EU:C:2018:244, Rn. 25).
26 Der Gerichtshof hat bereits festgestellt, dass die praktische Wirksamkeit der in Artikel 6, der Habitatrichtlinie vorgesehenen Schutzmaßnahmen verhindern soll, dass die zuständige nationale Behörde durch sogenannte ‘abmildernde’ Maßnahmen, die in Wirklichkeit Ausgleichsmaßnahmen entsprechen, die in dieser Vorschrift festgelegten spezifischen Verfahren umgeht, indem sie nach Artikel 6, Absatz 3, Projekte genehmigt, die das betreffende Gebiet als solches beeinträchtigen (Urteil vom 21. Juli 2016, Orleans u. a., C-387/15 und C-388/15, EU:C:2016:583, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).
[…]
51 Nur wenn ausreichende Gewissheit besteht, dass eine Maßnahme wirksam dazu beitragen wird, eine Beeinträchtigung zu vermeiden, und gewährleistet, dass kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass das Gebiet als solches durch das Projekt nicht beeinträchtigt wird, kann eine solche Maßnahme bei der Verträglichkeitsprüfung berücksichtigt werden vergleiche in diesem Sinne Urteil vom 26. April 2017, Kommission/Deutschland, C-142/16, EU:C:2017:301, Rn. 38).
57 Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 6, der Habitatrichtlinie dahin auszulegen ist, dass, wenn ein Projekt in einem Gebiet verwirklicht werden soll, das zum Schutz und zur Erhaltung einer Art ausgewiesen ist, und dessen Fläche, die geeignet ist, den Bedürfnissen einer geschützten Art gerecht zu werden, sich im Lauf der Zeit verändert, und dieses Projekt zur Folge hat, dass bestimmte Teile dieses Gebiets vorübergehend oder dauerhaft keinen geeigneten Lebensraum für die betreffende Art mehr bieten können, der Umstand, dass dieses Projekt Maßnahmen umfasst, die nach Durchführung einer angemessenen Prüfung der Verträglichkeit dieses Projekts und für die Dauer dieses Projekts sicherstellen, dass der Teil dieses Gebiets, der konkret einen geeigneten Lebensraum bieten kann, nicht verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, bei der nach Artikel 6, Absatz 3, durchzuführenden Prüfung, mit der sichergestellt werden soll, dass das in Rede stehende Projekt das betreffende Gebiet als solches nicht beeinträchtigt, nicht berücksichtigt werden kann, sondern gegebenenfalls unter Absatz 4, dieses Artikels fällt.“
Weiters ist zur Abgrenzung von schadensbegrenzenden Maßnahmen zu Ausgleichsmaßnahmen auf die Schlussanträge des Generalanwaltes in der Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, zu verweisen:
„80. Daher komme ich zu dem Schluss, dass unter den Umständen des Ausgangsverfahrens die in einem Bewirtschaftungsplan im Rahmen eines Entwicklungsprojekts vorgeschlagenen Maßnahmen, die darauf ausgelegt sind, sicherzustellen, dass die Größe des als Lebensraum geeigneten Gebiets – dessen wesentlicher Zweck die Bereitstellung von Lebensraum für eine geschützte Art ist – zu keinem Zeitpunkt verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, aber bei einem Teil des Gebiets für die Dauer des Projekts ausgeschlossen ist, dass er einen geeigneten Lebensraum für diese Art bieten kann, die Voraussetzungen ausreichend schützender (schadensbegrenzender) Maßnahmen gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Auslegung von Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie nicht erfüllen.“
Weiters wurde in diesem Zusammenhang in den Schlussanträgen der Generalanwältin in den verbundenen Rs. C-293/17 und 294/17 wie folgt ausgeführt:
„71. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass die zuständige nationale Behörde bei der Prüfung nach Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie die in das Projekt aufgenommenen Schutzmaßnahmen zu berücksichtigen hat, mit denen die etwaigen unmittelbar verursachten schädlichen Auswirkungen auf das Gebiet verhindert oder verringert werden sollen, um dafür zu sorgen, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird.(31)
72. Dagegen dürfen in einem Projekt vorgesehene Schutzmaßnahmen, mit denen dessen schädliche Auswirkungen auf ein Natura-2000-Gebiet ausgeglichen werden sollen, im Rahmen der Prüfung der Verträglichkeit des Projekts nach Artikel 6, Absatz 3, nicht berücksichtigt werden.(32)
73. Maßnahmen, welche die durch ein Projekt verursachten erheblichen schädlichen Auswirkungen auf den Lebensraumtyp weder verhindern noch verringern, sondern sie später ausgleichen sollen, sind nämlich keine Schutzmaßnahmen, die gewährleisten, dass das Projekt das Gebiet als solches nicht im Sinne von Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie beeinträchtigen wird.(33)
74. Diese Abgrenzung zwischen Maßnahmen zur Schadensminderung, die im Rahmen von Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie herangezogen werden können, und Ausgleichsmaßnahmen, für die das nicht gilt, entspricht dem in Artikel 191, Absatz 2, AEUV niedergelegten Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen.(34) Dieses Ziel liegt, ähnlich dem Vorsorgeprinzip, der Umweltpolitik der Union und damit auch der Habitatrichtlinie zugrunde. In Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie kommt es besonders deutlich zum Ausdruck, da die Verträglichkeitsprüfung darauf ausgerichtet ist, Beeinträchtigungen zu identifizieren und zu verhindern, die von dem zu untersuchenden Plan oder Projekt ausgehen. Dieses Vorhaben wird somit als mögliche Quelle von Umweltbeeinträchtigungen untersucht.“
In den zitierten Urteilen in den Rs. C-521/12 und C-164/17 hat der EuGH ausschließlich darauf abgestellt, dass (erstens) Maßnahmen zur Schaffung eines gleich großen oder größeren Areals des betroffenen Lebensraumtyps bzw. (zweitens) Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Fläche des für eine Tierart konkret geeigneten Lebensraums nicht verkleinert (und möglicherweise sogar vergrößert) wird, nicht unter Artikel 6, Absatz 3, der FFH-RL berücksichtigt werden können, sondern allenfalls unter Artikel 6, Absatz 4, fallen.
Wie die Generalanwältin in den Schlussanträgen zu den Rs. C-293/17 und C-294/17 begründet hat, entspricht das auch einem wesentlichen Grundsatz des im AEUV verankerten Vorsorgeprinzips.
Das deutsche Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat mehrere Kriterien für schadensbegrenzende Maßnahmen klar herausgearbeitet. So müssen (erstens) diese direkt an den Auswirkungen anknüpfen, (zweitens) dürfen sie nicht einen Verlust an anderer Stelle kompensieren, sondern müssen ihn vermeiden, (drittens) darf an der Wirksamkeit kein Zweifel bestehen, und schließlich (viertens) müssen sie rechtzeitig wirken (BVerwG 12.06.2019, Zl. 9 A 2.18). Keine dieser Bedingungen ist verzichtbar, also auch nicht jene, dass es sich nicht um kompensatorisch wirkende Maßnahmen handeln darf.
4.3.4.1. Die erstmitbeteiligte Partei brachte im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor, es handle sich bei der projektierten S 8 um einen spezifischen Fall, der sich von den oben angeführten Fallkonstellationen unterscheide und daher anders zu beurteilen sei. So würden sowohl die „Gewissheit der Wirksamkeit“ als auch die „Rechtzeitigkeit“ den vorliegenden Fall zu einem spezifischen Fall machen, der unmittelbar mit den besonderen Lebensraumgewohnheiten des Triels im Zusammenhang stehe, und der nicht ohne weiteres auf andere Arten und schon gar nicht auf andere Lebensraumtypen anzuwenden sei und damit keinesfalls ein Präzedenzfall sei. Es sei daher auf die Frage zu fokussieren, ob die Verhinderung eines möglichen Schadens in diesem Projekt durch die geplanten Maßnahmen glaubwürdig, nachvollziehbar und zweifelsfrei möglich sei (Beilage zu OZ 258, Gutachten römisch 40 vom 17.02.2020, Sitzung 17/18). Zutreffend wurde in diesem Zusammenhang vom gerichtlichen Sachverständigen im Gutachten Naturschutz/Teil 1 ausgeführt (OZ 231 Sitzung 76), dass die beiden Verfahren zur S 8 und zur Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, aus fachlicher Sicht unmittelbar vergleichbar sind.
Zu diesen Ausführungen ist zunächst auf das vom gerichtlichen Sachverständigen zitierte Urteil des EuGH Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, hinzuweisen, in dem wie folgt ausgeführt wurde:
„23 Vor diesem Hintergrund hat der Supreme Court (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Können für den Fall, dass
a) der wesentliche Zweck eines Schutzgebiets darin liegt, einer bestimmten Art Lebensraum zu bieten,
b) die Natur des für diese Art günstigen Lebensraums bedeutet, dass sich der günstige Teil des Gebiets zwangsläufig mit der Zeit verändert, und
c) als Teil eines beantragten Projekts ein Bewirtschaftungsplan für das Gebiet als Ganzes (einschließlich Änderungen bei der Bewirtschaftung von Teilen des Gebiets, die nicht unmittelbar von dem Projekt selbst betroffen sind) zu erstellen ist, der darauf ausgelegt ist, sicherzustellen, dass die Größe des als Lebensraum geeigneten Gebiets zu keinem Zeitpunkt verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, aber
d) bei einem Teil des Gebiets für die Dauer des Projekts ausgeschlossen ist, dass er einen geeigneten Lebensraum bieten kann, Maßnahmen wie die in Buchst. c genannten richtigerweise als schadensbegrenzend angesehen werden?
[...]
57 Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 6, der Habitatrichtlinie dahin auszulegen ist, dass, wenn ein Projekt in einem Gebiet verwirklicht werden soll, das zum Schutz und zur Erhaltung einer Art ausgewiesen ist, und dessen Fläche, die geeignet ist, den Bedürfnissen einer geschützten Art gerecht zu werden, sich im Lauf der Zeit verändert, und dieses Projekt zur Folge hat, dass bestimmte Teile dieses Gebiets vorübergehend oder dauerhaft keinen geeigneten Lebensraum für die betreffende Art mehr bieten können, der Umstand, dass dieses Projekt Maßnahmen umfasst, die nach Durchführung einer angemessenen Prüfung der Verträglichkeit dieses Projekts und für die Dauer dieses Projekts sicherstellen, dass der Teil dieses Gebiets, der konkret einen geeigneten Lebensraum bieten kann, nicht verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, bei der nach Artikel 6, Absatz 3, durchzuführenden Prüfung, mit der sichergestellt werden soll, dass das in Rede stehende Projekt das betreffende Gebiet als solches nicht beeinträchtigt, nicht berücksichtigt werden kann, sondern gegebenenfalls unter Absatz 4, dieses Artikels fällt.“
Damit hat der EuGH in der unmittelbar mit der S 8 vergleichbaren Rs. C-164/17 unter der Voraussetzung entschieden, dass sichergestellt ist, dass der Lebensraum „für die Dauer des Projekts“ nicht verkleinert wird. Damit ist die Gewissheit der Wirksamkeit außer Zweifel gestellt, und da die „Dauer des Projekts“ auch den Baubeginn des Projekts miteinschließt, kann auch an der Rechtzeitigkeit der Maßnahmen kein Zweifel bestehen. Dies geht ganz klar aus der Formulierung der Vorlagefrage („zu keinem Zeitpunkt“) hervor. Die von der erstmitbeteiligten Partei behauptete Spezifität der verfahrensgegenständlichen S 8 besteht daher nicht.
In diesem Zusammenhang ist weiters darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Wirksamkeit und der Rechtzeitigkeit um zwei Kriterien handelt, die nicht nur für schadensbegrenzende Maßnahmen, sondern auch für Ausgleichsmaßnahmen stets gewährleistet sein müssen vergleiche Leitfaden der Europäischen Kommission (2019), Natura 2000 – Gebietsmanagement. Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, Sitzung 66-69). Sie eignen sich daher nicht zur Entscheidung darüber, ob eine Maßnahme nach Artikel 6, Absatz 3, oder nur nach Artikel 6, Absatz 4, der FFH-RL berücksichtigt werden kann.
4.3.4.2. Weiters brachte die erstmitbeteiligte Partei vor, die von ihr in das Verfahren eingebrachten Qualitäts- oder Flächenbilanzen seien zulässig und verwies in diesem Zusammenhang auf die Schlussanträge der Generalanwältin in der Rs. C-521/12, Briels u. a, (Gutachten römisch 40 römisch II, 11.10.2020, Beilage zu OZ 381 Sitzung 6).
„(26) Um zu verstehen, warum es sich bei den projektintegralen Maßnahmen keinesfalls um Ausgleichsmaßnahme handelt, ist es erforderlich, sich noch einmal die relevante Prüffrage zu vergegenwärtigen. Es geht bei der Beeinträchtigung des Gebiets als solches nicht um Einzelflächen, sondern um eine Gesamtbetrachtung. Diese Gesamtbetrachtung ist fallspezifisch und schutzgutspezifisch durchzuführen. Qualitäts- oder Flächenbilanzen sind dann fachlich zulässig, wenn sie gemäß den besten aktuellen wissenschaftlichen Kenntnissen zu keinem Zeitpunkt zu einer Verschlechterung (Artikel 6 /, 2,) oder zu einer Beeinträchtigung des Gebiets als solches (Artikel 6 /, 3,) führen.
(27) In diesem Zusammenhang sind ebenfalls die Ausführungen von Sharpston im Schlussantrag C-521/12 Rn 40 bis 42 aufschlussreich. Im Konkreten geht es darum, ob neu angelegte Pfeifengraswiesen als schadensbegrenzende Maßnahmen für dauerhaft beeinträchtigte Pfeifengraswiesen anerkannt werden können. Es wird ausgeführt, dass die Bewertung des Gebiets als solches einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden soll, in der eine Gesamtbilanzierung vorgenommen werden kann, die nicht auf unerhebliche vorübergehende Qualitäts- oder Flächenschwankungen abstellt sondern auf Einwirkungen, die den wesentlichen Charakter des Gebiets dauerhaft beeinträchtigen (Rn 41).“
Die in dieser Stellungnahme der erstmitbeteiligten Partei zitierten Ausführungen in den Schlussanträgen der Generalanwältin in der Rs. C-521/12 lauten wie folgt:
„40. Nach Ansicht der Niederlande und des Vereinigten Königreichs ist ‘das Gebiet als solches’ einer Gesamtbetrachtung anhand des sich bei einer Gesamtbilanzierung letztlich ergebenden Vor- oder Nachteils zu unterziehen: Es spiele keine Rolle, ob ein bestimmter Lebensraum in einem bestimmten Teil des Gebiets verloren gehe, sofern an einer anderen Stelle innerhalb des Gebiets ein gleicher Lebensraumtyp mit einer Fläche und Qualität zumindest gleichen (und vorzugsweise größeren) Umfangs geschaffen werde. Insbesondere das Vereinigte Königreich weist darauf hin, dass deshalb eine Ausgleichsmaßnahme dieser Art im Rahmen von Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie berücksichtigt werden dürfe.
41. Ich kann mich der Auffassung anschließen, dass ‘das Gebiet als solches’ in dem Sinne einer Gesamtbetrachtung unterzogen werden sollte, dass auf den dauerhaften wesentlichen Charakter des Gebiets und nicht auf unerhebliche und vorübergehende Qualitäts- oder Flächenschwankungen eines bestimmten Lebensraums abzustellen ist. Meines Erachtens ist jedoch eine langfristige Verschlechterung eines bestehenden natürlichen Lebensraums zwangsläufig als eine den dauerhaften wesentlichen Charakter betreffende Entwicklung anzusehen und nicht bloß als unerhebliche und vorübergehende Schwankung. Das Gleiche muss gelten, wenn es zur Beschleunigung einer im Gang befindlichen Qualitätseinbuße oder zur Hemmung einer möglichen Ausbreitung (was beides für Teile des hier in Rede stehenden Natura-2000-Gebiets erwartet wird) kommt (oder kommen könnte). In jedem Fall erfordert Artikel 6, Absatz 3, die Prüfung auf Verträglichkeit ‘mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen’ – hier eine Ausweitung der Fläche der Pfeifengraswiese und eine Verbesserung der Qualität. Falls sich eine Verschlechterung der beschriebenen Art nicht ausschließen lässt, folgt daraus meines Erachtens, dass gemessen an den Erhaltungszielen das Gebiet als solches tatsächlich beeinträchtigt ist.
42. Insoweit halte ich es für irrelevant, wenn an anderer Stelle des Gebiets neue Lebensräume geschaffen werden, selbst wenn dies voraussichtlich zu einer positiven Gesamtbilanz führt. Es kommt nämlich trotzdem zu einer negativen – womöglich sogar irreparablen – Einwirkung auf den bestehenden natürlichen Lebensraum und damit auf das Gebiet als solches. Der neue Lebensraum wird in gewissem Grad künstlich angelegt und kann erst nach einiger, möglicherweise langer Zeit zu einem wirklich natürlichen Lebensraum werden. Wie die Stichting in der mündlichen Verhandlung hervorgehoben hat, kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass die zur Schaffung eines neuen Areals für einen bestimmten Lebensraumtyp ergriffenen Maßnahmen tatsächlich jemals den gewünschten Erfolg haben, und in Anwendung des Vorsorgegrundsatzes gehört im Rahmen von Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie das Bestehen von Gewissheit zu den Genehmigungsvoraussetzungen(18). Selbst bei intensiver Bodenbewirtschaftung können keine Erfolge garantiert werden; umso problematischer ist eine Erfolgsgarantie, wenn man versucht, der Natur ihren Lauf zu lassen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die Schlussfolgerung, dass es zu keinen dauerhaften nachteiligen Auswirkungen auf das Gebiet als solches kommt, nur zulässig, wenn insoweit aus wissenschaftlicher Sicht kein Zweifel besteht. Derselbe Maßstab muss meiner Meinung nach auch für Erfolgsvorhersagen für geplante neue Areale eines erschaffenen ‘natürlichen’ Lebensraums gelten.“
Damit ist offenkundig, dass die Zitierung der Schlussanträge durch die erstmitbeteiligte Partei missverständlich ist. Zwar hat sie eine Gesamtbetrachtung, die unerhebliche Qualitäts- oder Flächenschwankungen außer Acht lässt, befürwortet. Die Generalanwältin hat in ihren Schlussanträgen jedoch betont, dass es irrelevant ist, wenn an anderer Stelle im Gebiet neue Lebensräume geschaffen werden, selbst wenn dies zu einer positiven Gesamtbilanz führt. Einer bilanzierenden Berücksichtigung von Verlusten und Zugewinnen an Fläche hat die Generalanwältin damit eine klare Absage erteilt.
4.3.4.3. In der zweiten Tagsatzung des Verwaltungsgerichts brachte die erstmitbeteiligte Partei den Vorschlag ein, die Maßnahme als auflösende Bedingung vorzuschreiben. Damit liege eine Konstellation zur Gewissheit von Maßnahmen vor, die in der Judikatur des EuGH bisher nicht abgesprochen worden sei (VHS 13.10.2020, OZ 383, Sitzung 13).
„ römisch 40 : SV römisch 40 hat aus der Entscheidung Sweetman eine Passage zitiert und auch mit PPT an die Wand geworfen, die die Wortfolge enthält, dass eine Maßnahme, die zur Vergrößerung des Gebiets ‚führen kann‘, nicht als Vermeidungs- sondern allenfalls als Ausgleichsmaßnahme zu berücksichtigen ist. Damit wird auf Konstellationen abgezielt, in der solche Maßnahmen als bloße Auflage vorgeschrieben werden, sodass tatsächlich zum Entscheidungszeitpunkt noch nicht gesichert gesagt werden kann, dass es zu dieser Maßnahme auch kommt. Davon grundlegend zu unterscheiden ist aber eine Konstellation, in der eine solche Maßnahme als Bedingung vorgeschrieben wird, weil bei einer Bedingung eine Suspensivwirkung eintritt, bei der sichergestellt ist, dass von der Genehmigung nur Gebrauch gemacht werden kann, wenn die Maßnahme wirksam geworden ist. Paraphrasiert man den zitierten Satz aus der Sweetman-Entscheidung im Hinblick auf eine solche Bedingung, dann müsste er lauten, dass es um eine Maßnahme geht, mit der Gebiet nicht bloß vergrößert werden kann, sondern gesichert vergrößert wird bzw. vor Inangriffnahme des Vorhabens vergrößert worden ist. Bei dieser Möglichkeit, nach österreichischem Recht, insb. nach Paragraph 24, f Absatz 4, UVP-G 2000, in der Genehmigung auch Bedingungen vorzuschreiben, handelt es sich um eine bedeutsame Erweiterung ggü der UVP-RL, die bekanntlich in Artikel 8 und Artikel 8 a, nur Berücksichtigungen und Umweltauflagen, aber keine Bedingungen vorsieht. Über diese Konstruktion hat der EuGH in den zitierten Fällen daher noch nie abgesprochen.“
Die erstmitbeteiligte Partei erklärte sich damit einverstanden, dass das Verwaltungsgericht eine solche Bedingung vorschreibe, dass mit der Inangriffnahme des Vorhabens erst dann begonnen werden dürfe, wenn die Wirksamkeit der Schadensvermeidungs- und Minderungsmaßnahmen nachgewiesen sei. Diese Bedingung solle sicherstellen, dass der Eingriff unerheblich bleibt und dies nachgewiesen ist. In diesem Fall sei der Eingriff als unerheblich zu bewerten; eine Alternativenprüfung – welche das BVwG nicht durchführen wolle – bedürfe es folglich nicht mehr (VHS 13.10.2020, OZ 383, Sitzung 11/12).
In diesem Zusammenhang ist auf das Urteil des EuGH zur Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, sowie auf die dazu ergangenen Schlussanträge der Generalanwältin in den verbundenen Rs. C-293/17 und 294/17 sowie auf die Urteile des EuGH in den verbundenen Rs. C-387/15 und 388/15 zu verweisen:
Im Urteil des EuGH in der Rs. C-164/17 wird ausgeführt:
„53 Nicht der Umstand, dass sich der im Ausgangsverfahren in Rede stehende Lebensraum ständig verändert und dieses Gebiet eine ‘dynamische’ Bewirtschaftung erfordert, ist die Quelle der Ungewissheit. Diese ergibt sich vielmehr aus der Feststellung gewisser oder möglicher Beeinträchtigungen des betreffenden Gebiets als solches als Lebensraum und zur Nahrungsbeschaffung und daher einer der grundlegenden Eigenschaften dieses Gebiets sowie aus der Einbeziehung künftiger, sich aus dem Erlass von Maßnahmen ergebender Vorteile, in die Verträglichkeitsprüfung, deren Eintritt zum Zeitpunkt dieser Prüfung lediglich möglich erscheint, da die Umsetzung dieser Maßnahmen noch nicht abgeschlossen ist. Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfung konnten diese Vorteile daher zu dem Zeitpunkt, zu dem die Behörden das in Rede stehende Projekt genehmigt haben, nicht mit der erforderlichen Sicherheit vorhergesehen werden.
[...]
57 Daher ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 6, der Habitatrichtlinie dahin auszulegen ist, dass, wenn ein Projekt in einem Gebiet verwirklicht werden soll, das zum Schutz und zur Erhaltung einer Art ausgewiesen ist, und dessen Fläche, die geeignet ist, den Bedürfnissen einer geschützten Art gerecht zu werden, sich im Lauf der Zeit verändert, und dieses Projekt zur Folge hat, dass bestimmte Teile dieses Gebiets vorübergehend oder dauerhaft keinen geeigneten Lebensraum für die betreffende Art mehr bieten können, der Umstand, dass dieses Projekt Maßnahmen umfasst, die nach Durchführung einer angemessenen Prüfung der Verträglichkeit dieses Projekts und für die Dauer dieses Projekts sicherstellen, dass der Teil dieses Gebiets, der konkret einen geeigneten Lebensraum bieten kann, nicht verkleinert wird, sondern sogar vergrößert werden kann, bei der nach Artikel 6, Absatz 3, durchzuführenden Prüfung, mit der sichergestellt werden soll, dass das in Rede stehende Projekt das betreffende Gebiet als solches nicht beeinträchtigt, nicht berücksichtigt werden kann, sondern gegebenenfalls unter Absatz 4, dieses Artikels fällt.“
In den Schlussanträgen der Generalanwältin in der Rs. C-164/17 wird ausgeführt:
„52. Art. 6 Absatz 3, der Habitatrichtlinie sieht ein von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden durchzuführendes Prüfverfahren vor, das durch eine vorherige Prüfung gewährleisten soll, dass Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des betreffenden Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die dieses jedoch erheblich beeinträchtigen könnten, nur genehmigt werden, soweit sie dieses Gebiet als solches nicht beeinträchtigen. Diese Bestimmung sieht demgemäß zwei Phasen vor. Die erste, in Artikel 6, Absatz 3, Satz 1 umschriebene Phase verlangt von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden der Mitgliedstaaten eine Prüfung der Verträglichkeit von Plänen oder Projekten mit einem geschützten Gebiet, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Pläne oder Projekte das Gebiet erheblich beeinträchtigen(27).
53. In der für diese Rechtssache relevanten Phase, die in Artikel 6, Absatz 3, Satz 2 der Habitatrichtlinie umschrieben ist und sich an die genannte Verträglichkeitsprüfung anschließt, wird die Genehmigung eines solchen Plans oder Projekts durch die zuständigen einzelstaatlichen Behörden vorbehaltlich Artikel 6, Absatz 4, nur erteilt, wenn das betreffende Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird (siehe Nrn. 57 und 58 der vorliegenden Schlussanträge)(28).“
In den Schlussanträgen der Generalanwältin in den verbundenen Rs. C-293/17 und 294/17 wird ausgeführt:
„94. Zum Zeitpunkt der Entscheidung, mit der ein Projekt genehmigt wird, darf jedoch aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass jenes sich nicht nachteilig auf das betreffende Gebiet als solches auswirkt.(44) Diese Hürde ist naturgemäß bei zukünftigen Maßnahmen und Entwicklungen besonders schwer zu überwinden, sowohl was die Wirksamkeit der Maßnahmen angeht als auch im Hinblick auf die Gewissheit, dass die Maßnahmen und Entwicklungen überhaupt stattfinden.
95. Auch wegen dieser zwangsläufigen Ungewissheit hat der Gerichtshof es abgelehnt, die positiven Auswirkungen neuer Lebensräume, die erst noch geschaffen werden sollen, bei der Prüfung nach Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie zu berücksichtigen.(45) Eine Überwachung sowie die Möglichkeit der Anpassung der Maßnahmen ließ er ebenfalls nicht ausreichen.(46)“
Im Urteil des EuGH in den verbundenen Rs. C-387/15 und 388/15 wird wie folgt ausgeführt:
„18 Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass die Gesetzgebungsabteilung des Raad van State (Staatsrat) in ihrer Stellungnahme zum Entwurf des Erlasses vom 24. Oktober 2014 Zweifel geäußert habe, dass der GRUP mit den nationalen Maßnahmen zur Umsetzung von Artikel 6, der Habitatrichtlinie in der Auslegung durch den Gerichtshof, insbesondere im Urteil vom 15. Mai 2014, Briels u. a. (C-521/12, EU:C:2014:330), vereinbar sei.
19 Die flämische Regierung sah diese Zweifel jedoch als unbegründet an. Unter den Umständen, die zum Urteil vom 15. Mai 2014, Briels u. a. (C-521/12, EU:C:2014:330), geführt hätten, habe das neue Areal des natürlichen Lebensraums nämlich erst nach der Beeinträchtigung des vorhandenen Gebiets geschaffen werden sollen. Daher sei zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung über den Entwurf erlassen worden sei, nicht sicher gewesen, dass dieser Entwurf das besondere Schutzgebiet als solches nicht beeinträchtige.
20 Im vorliegenden Fall werde nach dem in Rede stehenden GRUP die Entwicklung der betroffenen Gebiete erst nach der dauerhaften Errichtung von Habitaten und Lebensräumen von Arten in den Naturkerngebieten möglich. Außerdem müsse nach vorhergehender Einholung einer Stellungnahme der Agentur für Natur und Forstwesen in einer Entscheidung der flämischen Regierung die dauerhafte und effektive Einrichtung von Lebensräumen in den Naturkerngebieten festgestellt werden, und der Antrag auf Erteilung einer städtebaulichen Genehmigung zur Verwirklichung der Bestimmung des betreffenden Gebiets müsse auch diese Entscheidung einschließen.
21 Daher wären die Naturkerngebiete zu dem Zeitpunkt, zu dem es möglich werde, ein vorhandenes Gebiet zu beeinträchtigen, bereits Teil des betroffenen Natura-2000-Gebiets als solchem. Die Bestimmung der Naturkerngebiete in dem GRUP stelle daher keine Ausgleichsmaßnahme dar, sondern eine Erhaltungsmaßnahme im Sinne von Artikel 6, Absatz eins, der Habitatrichtlinie.
[…]
64 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Artikel 6, Absatz 3, der Habitatrichtlinie dahin auszulegen ist, dass Maßnahmen, die in einem Plan oder Projekt enthalten sind, der oder das nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung in Verbindung steht oder hierfür nicht notwendig ist, und die vorsehen, dass vor der Verwirklichung schädlicher Auswirkungen auf einen in dem Gebiet vorhandenen natürlichen Lebensraumtyp ein künftiges Areal dieser Art entwickelt wird, dessen Entwicklung aber erst nach der Prüfung der Erheblichkeit der etwaigen Beeinträchtigung dieses Gebiets als solchem abgeschlossen sein wird, bei dieser Prüfung nicht berücksichtigt werden können. Derartige Maßnahmen könnten gegebenenfalls nur dann als ‘Ausgleichsmaßnahmen’ im Sinne von Artikel 6, Absatz 4, der Richtlinie eingestuft werden, wenn die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind.“
Damit ist es offenkundig, dass die erstmitbeteiligte Partei folgenden Missverständnissen unterliegt:
So geht es zuerst einmal darum, dass die Fläche an geeignetem Lebensraum nicht verkleinert wird. Die Möglichkeit, dass diese Fläche darüber hinaus vergrößert werden kann, ist für das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich. Die erstmitbeteiligte Partei beschränkt ihre Ausführungen hingegen auf die mögliche Vergrößerung.
In der Rs. C-164/17, Grace und Sweetman, hat das vorlegende Gericht, der Irish Supreme Court, zwei Sachverhalte festgestellt, nämlich, dass (erstens) das Ausmaß an geeignetem Habitat mindestens erhalten wird, und, dass (zweitens) dieses Ausmaß wahrscheinlich sogar vergrößert werden kann. Der erste Sachverhalt ist nach der Feststellung des Gerichts und des EuGH sicher, der zweite jedoch nicht.
Auf die von der erstmitbeteiligten Partei angesprochene rechtliche Unsicherheit, ob eine aus fachlicher Sicht sicher rechtzeitig wirksame Maßnahme auch tatsächlich umgesetzt wird, haben die Generalanwältin in den Schlussanträgen zu den Rs. C-293/17 und C-294/17 und der EuGH in den Erwägungen seines Urteils C-164/17, Grace und Sweetman, hingewiesen. Denn in der Rs. C-164/17 geht es im Wesentlichen um die zweite Phase von Artikel 6, Absatz 3, FFH-RL, also die rechtliche Würdigung durch die Behörde. Die abschließende Beurteilung, ob die rechtliche Sicherheit gegeben ist oder nicht, hat der EuGH aber dem vorlegenden Gericht vorbehalten und (wohl aus diesem Grund) auch nicht in seinen Spruch einbezogen.
Weiters hat der EuGH in den zitierten Entscheidungen nicht die UVP-RL, sondern die FFH-RL ausgelegt. Die Tatsache, dass in der UVP-RL zwar Umweltauflagen, nicht aber Bedingungen vorgesehen sind, ist daher unbeachtlich. Denn in Artikel 6, Absatz 3 und 4 der FFH-RL wird auf die Art der Maßnahmenvorschreibung überhaupt nicht Bezug genommen. Es obliegt vielmehr dem Mitgliedstaat, durch geeignete Maßnahmen entsprechend dem nationalen Recht dafür zu sorgen, dass das erforderliche Maß an Gewissheit gewährleistet ist. In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass das NÖ NSchG 2000 in Paragraph 10, Absatz 3 und 4 die Vorschreibung von Bedingungen nicht vorsieht. Da der Landesgesetzgeber die Erteilung einer Bewilligung unter Bedingungen hier nicht vorgesehen hat, ist davon auszugehen, dass bei einer Bewilligung nach Paragraph 10, Absatz 4, NÖ NSchG 2000 Bedingungen nicht zulässig sind vergleiche VwGH 14.10.1991, 91/10/0028).