Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

27.01.2021

Geschäftszahl

W208 2230554-1

Spruch


W208 2230554-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde von römisch 40 , vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Walter PIRKER, Graben 28, 1010 WIEN, gegen den Bescheid der Vorsteherin des Bezirksgerichtes Donaustadt, Zl. Jv 312/20i-14l, vom 21.02.2020 wegen Zeugengebühren zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer 2, GebAG und Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, GebAG mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Entschädigung für Zeitversäumnis mit € 289,91 bestimmt wird und die Gesamtsumme der Gebühr im angefochtenen Bescheid daher € 467,45 beträgt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) war beklagte Partei im Strafverfahren vor dem Bezirksgericht Donaustadt (im Folgenden: BG) zu Jv 312/20i-14l, in welcher römisch 40 (im Folgenden: Zeugin) in der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2020 von 09:00 Uhr bis 10:40 Uhr als Zeugin einvernommen wurde (Ladung vom 20.01.2020).

In der Folge machte die Zeugin mit Gebührenbestimmungsantrag vom 13.02.2020 fristgerecht Reisekosten für einen Flug und die Benützung der Öffentlichen Verkehrsmittel iHv insgesamt € 152,64, Kosten für Verpflegung in Form einer Nächtigungspauschale iHv € 12,40, eines Frühstücks iHv € 4,00 und eines Mittagessens iHv € 8,50 sowie als Entschädigung für Zeitversäumnis einen Verdienstentgang iHv € 520,00 geltend und legte entsprechende Unterlagen vor. Darunter befand sich eine Bestätigung ihres Arbeitgebers, wonach die Zeugin als Osteopathin in seinem Therapiezentrum mit Umsatzbeteiligung angestellt sei und ihre dem Gerichtstermin geschuldete Abwesenheit eine Gehaltsminderung von € 520,00 zur Folge habe.

2. Mit dem beschwerdegegenständlichen Bescheid der Vorsteherin des BG vom 21.02.2020 wurden die Gebühren der Zeugin für die Teilnahme an der Verhandlung gemäß Gebührenanspruchsgesetz 1975 (GebAG) mit Reisekosten iHv insgesamt € 152,64, Kosten für Verpflegung iHv insgesamt € 24,90 sowie einer Entschädigung für Zeitversäumnis in Form eines Verdienstentganges iHv € 520,00, insgesamt daher mit € 697,60 bestimmt. Die zugesprochenen „Reisekosten“ und „Aufenthaltskosten“ iHv insgesamt € 177,54 sind mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen.)

Begründend wurde ausgeführt, dass die Zeugin zur Verhandlung am 13.02.2020 geladen wurde und die unmittelbare Vernehmung erforderlich gewesen sei. Die Zeugin sei mit dem Flugzeug angereist, zumal bei Anreise mit der Bahn höhere Kosten entstanden wären. Der Verdienstentgang sei bestätigt worden.

3. Gegen diesen Bescheid (zugestellt am 26.02.2020) richtet sich die am 23.03.2020 eingebrachte Beschwerde der beklagten Partei des Grundverfahrens und nunmehrigen BF. In dieser wird der Bescheid hinsichtlich der Zuerkennung des Verdienstentganges iHv € 520,00 angefochten und beantragt, den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, den Verdienstentgang in der tatsächlich nachgewiesenen Höhe festzusetzen. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, die belangte Behörde habe angegeben, dass der Verdienstentgang bestätigt worden sei. Tatsächlich seien aber jegliche Grundlagen für die Berechnung und somit auch für die Bescheinigung des Verdienstentganges nicht im Bescheid angeführt. Im Bescheid sei nicht einmal erwähnt, ob die Zeugin den Verdienstentgang als selbstständig oder als unselbstständig Erwerbstätige bescheinigt habe. Ebensowenig sei dem Bescheid zu entnehmen, wie das tatsächlich entgangene Einkommen ausgerechnet worden sei. Es sei auch nicht ersichtlich, ob der Verdienstentgang gemäß Paragraph 18, Absatz eins, GebAG mittels Pauschalentschädigung ausgemittelt worden sei. Diesfalls wäre die Entschädigung für Zeitversäumnis für 36,6 Stunden zu je € 14,20 ausgemittelt worden. Dies sei nicht nachvollziehbar. Jedenfalls sei die Ladung zur Vernehmung der Zeugin rechtzeitig abgefertigt worden, sodass die Zeugin entsprechende Dispositionen zur Vermeidung von Kollisionen mit dem gerichtlichen Ladungstermin treffen habe können. Es sei zumutbar, bei gerichtlicher Vorladung Termine so zu koordinieren, damit kein Einnahmenausfall entstehe. All dies habe die belangte Behörde weder ausdrücklich festgestellt noch begründend dargelegt, weshalb der Bescheid rechtswidrig sei.

4. Mit am 27.04.2020 beim BVwG eingelangtem Schreiben legte die belangte Behörde die Beschwerde und den gegenständlichen Verwaltungsakt – ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen – dem BVwG zur Entscheidung vor.

5. Das BVwG veranlasste mit Schreiben vom 28.04.2020 eine Beschwerdemitteilung an den Revisor des Oberlandesgerichtes Wien sowie an die Zeugin und räumte diesen die Möglichkeit zu einer Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens ein.

6. In der daraufhin fristgerecht am 20.05.2020 eingelangten Stellungnahme führte die Zeugin Folgendes aus:

Sie sei unselbstständig mit einem leistungsbezogenen Lohn, wenn sie weniger Patienten behandle und somit weniger Umsatz mache, verdiene sie folglich auch weniger. Jeder Therapeut in der Praxis habe seine festen Arbeitszeiten, die an einen strikten Raumbelegungsplan gekoppelt seien. Die Räume seien von morgens bis spät abends voll belegt und somit gebe es keine Möglichkeiten außerhalb ihrer festen Arbeitszeiten Patienten zu behandeln. Des Weiteren seien sie in der Praxis üblicherweise mindestens vier bis fünf Wochen im Voraus ausgebucht. Es würde ihr also nur übrig bleiben ihren Patienten abzusagen.

Sie würde immer mittwochs von 13:40 Uhr bis 20:20 Uhr und donnerstags immer von 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr (siehe Anhang Wochenplan) behandeln. Um sicher pünktlich beim Gerichtstermin am 13.02.2020 um 09:00 Uhr zu erscheinen, habe sie bereits am Abend zuvor anreisen müssen. Selbst für den spätesten und somit preisgünstigsten Flug am Mittwoch 12.02.2020 um 21:50 Uhr habe sie noch die letzten vier Patienten ab 17:40 Uhr absagen müssen. Für Donnerstag, 13.02.2010 seien alle elf Patienten ab 17:40 Uhr gestrichten worden, da sie von ihrer Schwester gewusst habe, dass es bei der ersten Hauptverhandlung am 19.09.2019 zu mehreren Stunden Verspätung gekommen sei. Folglich sei der genaue Zeitpunkt der Rückreise nicht knapp kalkulierbar gewesen. Es sei somit zu 15 Patienten-/Terminausfällen gekommen, die aus oben genannten Gründen nicht verlegt oder ersetzt hätten werden können. Diese 15 Patienten hätten jeweils € 66,00 (Preisliste siehe Anhang) für ihr Behandlung bezahlt, was ein Gesamtumsatz von € 990,00 gewesen wäre. Aufgrund ihrer leistungsbezogenen Lohnzahlungen wären ihr davon € 520,00 zugestanden (genaue Berechnung siehe Tabelle im Anhang). Ergänzend wolle sie noch einmal darauf hinweisen, dass es der ausdrückliche Wunsch der BF gewesen sei, sie erneut vorzuladen. Denn von der ersten Hauptverhandlung am 19.09.2019 sei sie aufgrund der weiten Anreise vom Richter des Grundverfahrens freigestellt worden. Gleichzeitig übermittelte sie in Ergänzung zu den bereits vorgelegten Unterlagen eine Berechnungstabelle für den Lohn, eine Preisliste der Ordination, einen Terminplan ihrer Behandlungen, ein Schreiben über Praxisabläufe ihres Arbeitgebers und ihren Arbeitsvertrag.

7. Mit Schreiben vom 29.05.2020 übermittelte das BVwG der BF sowie dem Revisor des Oberlandesgerichtes Wien die oben genannte Stellungnahme der Zeugin zur Kenntnis und allfälligen Äußerung binnen zwei Wochen ab Zustellung.

8. In der daraufhin fristgerecht am 16.06.2020 eingebrachten Stellungnahme der BF, führte diese durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen Folgendes aus: Die Aufstellung der Zeugin, wonach 15 Termine abgesagt hätten werden müssen und wonach sämtliche Umsätze in der Höhe von € 990,00 ausgefallen seien, würden nicht nachvollziehbar erscheinen. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass immer wieder Termine bei einem Osteopathen abgesagt werden müssten und dass diese dann später nachgeholt werden könnten. Es sei schlicht lebensfremd, dass die Patienten keine Möglichkeit hätten, ihre Therapeutin auszusuchen. Weiters sei davon auszugehen, dass man auch mit Arbeitskollegen tauschen könne, denn der Umsatzausfall im Falle einer Abwesenheit treffe ja alle Arbeitskollegen gleichermaßen. Die Zeugin schildere den denkbar maximalen Umsatzausfall, dies dürfte aber nicht der Realität entsprechen. Es sei ausgehend von den Angaben der Zeugin mit dieser Tätigkeit ein leistungsbezogener Lohn in einem ganzen Monat mit etwa € 10.000,00 brutto anzusetzen. Angesichts des allgemeinen Lohnniveaus in Deutschland erscheine dies als eine erhebliche Überbezahlung. Es sei wenig glaubhaft, dass der leistungsbezogene Lohn pro Monat eine Größenordnung bei einer normalen Arbeitszeit von ca. € 10.000,00 erreiche. Der Verdienstentgang sei daher entsprechend auf ein angemessenes und realistisches Maß zu kürzen. Der Umstand, dass hier ein Bruttolohn angesetzt werde, sei ebenfalls nicht sachgerecht, zumal die Zeugin unselbstständig erwerbstätig sei. Aufgrund der Tatsache, dass der wesentliche Anteil leistungsbezogen sei, werde ein Verdienstentgang iHv € 150,00 anerkannt. Der darüberhinausgehende Verdienstentgang bleibe bestritten.

9. In der Folge trug das BVwG der Zeugin mit Parteiengehör vom 18.11.2020 die Beantwortung einzelner Fragen insbesondere zur Ermittlung ihres Nettoverdienstentganges auf und ersuchte sie gleichzeitig um Vorlage entsprechender Beweismittel.

10. Mit fristgerechten Schreiben vom 07.12.2020 (beim BVwG am 14.12.2020 eingelangt) erstattete die Zeugin nachstehende Stellungnahme: Sie habe den Brief über die 65%-Umsatzbeteiligungsberechnung von Januar bis April 2020 mit der dazu gehörigen Gehaltsabrechnung vom Steuerbüro beigelegt, um die aktuell bestehende 65%-Beteiligung zu bestätigen. Für die Brutto-Netto Berechnung habe sie sich eines Online-Rechners bedient. Dessen Berechnungen für den Monat April würden mit denen des Steuerbüros übereinstimmen. Sie habe nur nicht einfach € 520,00 in den Rechner eingeben könne, da man in Deutschland mit so geringem Bruttolohn keine Steuern zahlen würde (Mini-Job Konditionen. Deshalb habe sie die € 520,00 zum Aprilgehalt addiert und diesen Betrag in den Brutto Netto Rechner eingetragen. Die Differenz zwischen den beiden Berechnungen betrage € 298,91 netto. Sie habe den April gewählt, da die Zahlungseingänge der Patienten meist zeitverzögert eingehen und somit die möglichen Februar Patienten erst im März bezahlt hätten, was ihr wiederum erst mit dem Aprilgehalt ausgezahlt werden würde. Da sie als Therapeutin der medizinischen Schweigepflicht unterliege dürfe sie keine Terminpläne mit Patientenbelegung aushändigen. Deshalb würden ihr nur einige Wochenpläne an Urlaubs- und Krankentagen von 2018 und 2019 zur Verfügung stehen, um ihre langjährigen festen Arbeitszeiten zu belegen. Ihr Chef habe dies auch noch schriftlich bestätigt. Stundenzettel würde es keine geben, da sie nach dem gemachten Umsatz bezahlt werde. Die Tatsache, dass sie und das ganze Team vor der Pandemie generell über Wochen hinweg ausgebucht gewesen seien und sie aufgrund des mangelnden freien Raumes keine Ausweichtermine außerhalb ihrer festen Arbeitszeiten habe, könne sie dies nur mit der Aussage ihres Arbeitgebers bestätigen. Denn dies würde die Offenlegung der Terminpläne aller Therapeuten fordern, was gegen ihre Schweigepflicht verstoßen würde. Ein schriftlicher Raumplan würde nicht existieren, da sich die Raumbelegung durch die festen Arbeitszeiten eines jeden Therapeuten ergebe. In diesem Zusammenhang wolle sie noch darüber informieren, dass es ihr aufgrund ausgebuchter Flüge nicht möglich gewesen sei, rechtzeitig zurückzukehren, um überhaupt am Tag nach der Verhandlung, den 14.02.2020, noch zu arbeiten. Die Fahrplan-Ausbuchung habe sie schlecht nachweisen können, daher habe sie den weiteren Verlust von € 207,00 brutto gar nicht erst angegeben und selbst in Kauf genommen. Sie habe den spätesten und billigsten Flug zur Anreise gebucht. Eine Bahnfahrt koste ohne Frühbucherrabatt erheblich mehr und dauere Stunden länger, was wieder von der Arbeitszeit hätte wegfallen müssen. Sie habe bereits versucht, die Kosten so gering wie möglich zu halten, aber es sei ihr zum Leid ihrer Patienten nicht möglich gewesen, diese 2,5 Arbeitstage aufgrund der Raum-Arbeitszeit-Belegung zeitnah nachzuholen.

Gleichzeitig legte sie folgende Unterlagen vor:

             Bestätigung ihres Arbeitgebers vom 08.12.2020, aus der hervorgeht, dass die Zeugin bereits seit 2015 mit 65% Umsatzbeteiligung und konstanten Arbeitszeiten bei ihm angestellt sei und ihre Arbeitszeiten auf Montag 11:40 – 19:00 Uhr, Dienstag 08:00 bis 14:00 Uhr, Mittwoch 13:40 bis 20:20 Uhr, Donnerstag 08:00 bis 16:00 Uhr und Freitag 12:20 – 16:20 Uhr festgelegt gewesen seien. Nur zu diesen Zeiten sei ein Raum für sie reserviert gewesen, außerhalb dieser Zeiten werde der Raum von einem der 16 anderen Therapeuten genutzt. Da sie mit nur 9 Räumen auskommen müssten, würden die Zeiten aufgeteilt und die festen Arbeitszeiten der Mitarbeiter daran gebunden. Dank der maximalen Auslastung würden sie es auf an die 1000 Behandlungseinheiten pro Woche schaffen. Es sei in diesen komplexen Rahmenbedingungen absolut nicht möglich 2 bis 3 Arbeitstage innerhalb einer Woche zu verschieben oder aufzufangen. Da es sich um eine medizinische Einrichtung handle, würden sie der ärztlichen Schweigepflicht und der Datenschutzverordnung unterliegen, wenn es um Patientendaten gehe.

             Vier Gehaltsberechnungen über ihre Umsatzbeteiligung iHv 65% und vier Gehaltsabrechnungen von Jänner – April 2020.

             Eine brutto-netto Berechnung aus dem Online-Gehaltsrechner, welche zunächst einen Nettoverdienst für den Monat April iHv € 1477,78 ausweist und unter Hinzurechnung der geltend gemachten € 520,00 einen Gesamtbetrag netto iHv € 1.676,69, woraus sich eine Nettodifferenz des Gehaltes iHv € 289,91 ergibt.

             Terminpläne über den Zeitraum von 8 Wochen, welcher ihre Krankenstands- und Urlaubstage ausweist.

11. Mit Schreiben vom 18.12.2020 übermittelte das BVwG der BF sowie dem Revisor des Oberlandesgerichtes Wien die oben genannte Stellungnahme der Zeugin zur Kenntnis und allfälligen Äußerung binnen vier Wochen ab Zustellung.

12. In der daraufhin fristgerecht am 19.01.2020 eingebrachten Stellungnahme der BF, führte diese durch ihren Rechtsvertreter im Wesentlichen Folgendes aus:

Die Zeugin sei der Aufforderung des BVwG nicht in substantiierter Weise nachgekommen. Insbesondere fehle bis dato eine nachvollziehbare Darstellung für die Ermittlung des Nettoverdienstes. Kontoauszüge und andere Beweismittel habe die Zeugin unter Berufung auf die medizinische Schweigepflicht nicht vorgelegt. Wochenpläne, Urlaubs- und Krankentage habe sie ebenfalls nicht in urkundlicher Form vorlegen könne. Die volle Belegung der Therapieräume werde zwar behauptet, aber niemals nachvollziehbar nachgewiesen. Aus den von der Zeugin vorgelegten Abrechnungen ergebe sich, dass monatlich etwa € 2.500,00 bis € 2.700,00 netto zur Auszahlung gelangen. Dies sei mit einem Verdienstentgang eines einzigen Tages von netto € 500,00 nicht in Einklang zu bringen. Es würden somit alle gestellten Anträge aufrecht gehalten. Weiters verwies sie auf ein Schreiben der Zeugin betreffend das strafrechtliche Grundverfahren vom 02.12.2020.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der im Punkt römisch eins.1. angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt wird festgestellt.

Insbesondere wird festgestellt:

Die Anwesenheit der Zeugin beim BG ist am Donnerstag, dem 13.02.2020 von 09:00 Uhr bis 10:40 Uhr erforderlich gewesen. Um pünktlich zur Gerichtsverhandlung am BG in römisch 40 zu erscheinen ist die Zeugin einen Tag vor der Vernehmung, dem 12.02.2020, von ihrem Wohnort in römisch 40 mit einem Flug aus römisch 40 um 21:50 Uhr angereist. Ihren Rückflug trat die Zeugin am Sonntag, dem 16.02.2020, an.

Die in Deutschland, römisch 40 , wohnhafte Zeugin ist als Osteopathin in einem Therapiezentrum in römisch 40 angestellt. Ihr Gehalt setzt sich aus einem Fixgehalt und einer leistungsabhängigen Zahlung in Form einer 65%-igen Umsatzbeteiligung zusammen.

In diesem Therapiezentrum sind mit Stand Dezember 2020 16 Therapeuten angestellt, welche allesamt feste und aufeinander abgestimmte Arbeitszeiten haben und sich die zum damaligen Zeitpunkt (Februar 2020) neun dort verfügbaren Behandlungsräume mit einer bereits für 4 - 5 Wochen im Voraus geplanten und fixen Raumbelegung teilen. Die Therapeuten sind an diese Raumaufteilung gebunden und es können die einzelnen Behandlungen aufgrund der maximalen Auslastung des Therapiezentrums nicht beliebig verschoben oder nachgeholt werden.

Die Zeugin behandelt dort seit 2015 zu konstanten Arbeitszeiten regelmäßig ihre Patienten, darunter Mittwoch 13:40 bis 20:20 Uhr und Donnerstag 08:00 bis 16:00 Uhr. Pro 40-Minuten-Einheit wird ein Betrag iHv € 66,00 (brutto) verrechnet.

Am Mittwoch, dem 12.02.2020, hatte die Zeugin vier Patiententermine von 17:40 Uhr bis 19:20 Uhr zu je 40 Minuten geplant. Am Donnerstag, den 13.02.2020 hatte sie elf Patiententermine von 08:00 Uhr bis 15:20 Uhr zu je 40 Minuten geplant.

Der Zeugin ist es aufgrund ihrer Anreise am 12.02.2020 nicht möglich gewesen die vier oben genannten Patientenbehandlungen ab 17:40 Uhr durchzuführen ist. Ebensowenig konnte sie ihre elf Patiententermine am 13.02.2020 zwischen 08:00 Uhr und 15:20 Uhr aufgrund der Teilnahme an der Verhandlung von 09:00 Uhr bis 10:40 Uhr wahrnehmen.

Eine Nachholung der genannten Termine war im Hinblick auf die fixe Raumeinteilung unter den Therapeuten und der maximalen Auslastung des Therapiezentrums nicht möglich. Der Zeugin sind daher 15 geplante Patiententermine von je 40 Minuten á € 66,00 entgangen, mit welchen sie einen Gesamtumsatz von € 990,00 brutto gemacht hätte, und letztlich € 520,00 brutto (65 % von € 990,00 und Abzug der Lohnnebenkosten) erhalten hätte.

Unter Heranziehung dieses Betrages in der Lohnabrechnung und nach Ermittlung des entsprechenden Nettoverdienstes ergibt sich, dass Zeugin durch die wegen ihrer Anwesenheit bei Gericht unverrichteten Behandlungen einen Betrag von € 289,91 netto verdient hätte.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Verfahrensgang ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt und dem vom BVwG durchgeführten Ermittlungsverfahren.

Die Reisezeiten der Zeugin wurden von ihr durch die vorgelegten Unterlagen (Flugticket, Ticket öffentliche Verkehrsmittel) ausreichend bescheinigt und blieben von der BF unbestritten.

Dass die Zeugin als Osteopathin in einem Therapiezentrum in römisch 40 angestellt ist und dort ein Fixgehalt und eine leistungsabhängige Zahlung in Form einer 65%-igen Umsatzbeteiligung bekommt, ist nachweislich durch ihren mit Stellungnahme vom 20.05.2020 vorgelegten Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2014 und die beiden Schreiben ihres Arbeitsgebers vom 16.05.2020 und vom 08.12.2020 bestätigt. Dass sich die im Arbeitsvertrag aus dem Jahr 2014 noch mit 50,70 % ausgewiesene Umsatzbeteiligung mittlerweile auf 65% erhöht hat, hat die Zeugin durch die Bestätigung im genannten Schreiben ihres Arbeitgebers vom 08.12.2020 nachgewiesen.

Ebenso hat der Arbeitgeber der Zeugin sowohl mit Schreiben vom 16.05.2020 als auch mit Schreiben vom 08.12.2020 nachvollziehbar dargelegt, dass in dem in Rede stehenden Therapiezentrum die angestellten Therapeuten feste Arbeitszeiten haben und einer geplanten und fixen Raumeinteilung für ihre Behandlungen unterliegen, was eine Verschiebung der Behandlungen im Hinblick auf die maximale Auslastung des Therapiezentrums nicht möglich macht. Diese Schilderungen decken sich mit den diesbezüglichen Ausführungen der Zeugin in ihrer Stellungnahme vom 20.05.2020 und vom 07.12.2020, sind nicht lebensfern und daher als glaubhaft zu werten. All das Gesagte entkräftet auch das Argument der BF, wonach die Zeugin ihre Termine im Vorhinein hätte koordinieren müssen, zumal die Zeugin mit Ladung vom 20.01.2020 – somit erst etwas mehr als 3 Wochen vor der Verhandlung – geladen wurde.

Der geltend gemachte Behandlungstarif von € 66,00 pro 40-Minuten-Einheit brutto geht aus der von der Zeugin mit Stellungnahme vom 20.05.2020 vorgelegten Preisliste des Therapiezentrums hervor und erscheint für die in Rede stehende Behandlung auch verhältnismäßig. Die Abrechnung von Behandlungen in dieser (Brutto)-Höhe ist auch der vorgelegten Lohnabrechnungstabelle zu entnehmen.

Die insgesamt elf geplanten Termine am 12.02.2020 von 17:40 Uhr bis 19:20 Uhr und am Donnerstag, den 13.02.2020 von 08:00 Uhr bis 15:20 Uhr zu je 40 Minuten, ergeben sich aus dem von der Zeugin ebenfalls mit Stellungnahme vom 20.05.2020 vorgelegten Terminplan. Dass in dem Terminplan keine konkreten Patientennamen ausgewiesen sind ist für die gegenständliche Beurteilung nicht relevant.

Dass es der Zeugin aufgrund ihrer Anreise am 12.02.2020 nicht mehr möglich gewesen ist, die vier geplanten Behandlungen ab 17:40 Uhr durchzuführen, ergibt sich schlüssig aus dem Antritt des Fluges in römisch 40 um 21:50 Uhr und der notwendigen Anreisezeit zum Flughafen vom Therapiezentrum in römisch 40 . Dass ihr die Behandlung von elf Patienten am Verhandlungstag, dem 13.02.2020 von 08:00 bis 15:20 Uhr nicht möglich war, ist aufgrund der Dauer der Verhandlung bis 10:40 Uhr und der Distanz zwischen dem Ort der Verhandlung und des Therapiezentrums in römisch 40 , ebenfalls nachvollziehbar und wäre auch bei einem Rückflug am selben Tag direkt nach der Verhandlung im Hinblick auf die Rückreisezeit (Weg zum Flughafen Wien, Flugzeit, Weg vom Flughafen nach römisch 40 ) nicht möglich gewesen.

Dass die Zeugin ihre Heimreise erst am 16.02.2020 angetreten ist, ist daher nicht relevant, zumal sie auch keine entgangenen Patiententermine nach dem 13.02.2020 geltend macht und durch eine frühere Rückreise daher kein geringerer (zur Beurteilung stehender) Verdienstentgang entstanden wäre.

Aus dem von der Zeugin geltend gemachten Bruttobetrag iHv € 520,00, war der Nettobetrag zu ermitteln. Diesen Nettobetrag konnte die Zeugin durch die mit Stellungnahme vom 07.12.2020 vorgelegten vier Gehaltsberechnungen (jeweils Jänner 2020 bis April 2020) sowie vier Gehaltsabrechnungen nachvollziehbar darlegen, indem sie das durch den Verlust der 15 in Rede stehenden Patiententermine entgangene Gehalt iHv € 520,00 (brutto) zum Grundgehalt April addierte, der steuerlichen Berechnung unterzog und die Differenz zum (ohne diese 15 Behandlungen berechnete) Nettogehalt April mit netto € 289,91 auswies.

Die Zeugin hat damit ausreichend bescheinigt, dass ihr durch ihre Teilnahme an der Verhandlung am 13.02.2020 ein Nettogehalt iHv € 289,91 entgangen ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Die Beschwerde wurde gemäß Paragraph 7, Absatz 4, VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz) innerhalb der Frist von vier Wochen bei der belangten Behörde eingebracht. Der Vorlageantrag wurde gemäß Paragraph 15, Absatz eins, VwGVG fristgerecht binnen zwei Wochen gestellt. Es liegen auch sonst keine Anhaltspunkte für eine Unzulässigkeit der Beschwerde vor.

Gemäß Paragraph 6, Bundesverwaltungsgerichtsgesetz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Mangels materienspezifischer Sonderregelung liegt somit gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht - soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet - den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) zu überprüfen. Der Verfahrensgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens wird durch die Begründung und das darin enthaltene Begehren in der Beschwerde begrenzt, wobei kein Verbot einer „reformatio in peius“ besteht und kein Neuerungsverbot vergleiche Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, Paragraph 27,, K2; stRsp des VwGH, zB 29.06.2017, Ra 2017/16/0085 mwN). Von Amts wegen hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der den angefochtenen Bescheid erlassenden Behörde aufzugreifen; ebenso kann es eine relevante Verletzung der Verfahrensvorschriften als auch allfällige inhaltliche Rechtswidrigkeit (die nicht ausdrücklich in der Beschwerde geltend gemacht wurde) von Amts wegen aufgreifen; Grundsatz der Amtswegigkeit (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017 Paragraph 27,, K3).

Auch hinsichtlich des Beschwerdebegehrens nach Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 4, VwGVG ist eine Bindung des Verwaltungsgerichtes grundsätzlich zu verneinen; allerdings ist eine durch die Prozesserklärung bewirkte Teilrechtskraft (etwa von einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides) vom Verwaltungsgericht zu beachten vergleiche Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2. Auflage, 2017, Paragraph 27,, K6).

Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG hat über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Paragraph 24, VwGVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 26.01.2012, 2009/09/0187 und in diesem Sinne wohl auch 28.05.2014, Ra 2014/20/0017) ist nicht erforderlich. Die vorgelegten Verfahrensakten lassen nicht erkennen, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt ist sowohl der BF als auch der Verwaltungsbehörde und den übrigen Parteien bekannt. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht von solcher Komplexität, dass es dazu Erläuterungen in einer Verhandlung bedürfte.

Ein Entfall der Verhandlung widerspricht weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK), BGBl 1958/210, noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl Nr C 83 vom 30.03.2010 Sitzung 389.
Zu A)

3.2. Gesetzliche Grundlagen (Auszug, Hervorhebung durch BVwG)

Die maßgeblichen Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) lauten:

„Umfang der Gebühr

Paragraph 3, (1) Die Gebühr des Zeugen umfasst

1. den Ersatz der notwendigen Kosten, die durch die Reise an den Ort der Vernehmung, durch den Aufenthalt an diesem Ort und durch die Rückreise verursacht werden;

2.           die Entschädigung für Zeitversäumnis, soweit er durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet. […]

Entschädigung für Zeitversäumnis

Paragraph 17, Die Entschädigung für Zeitversäumnis (Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer 2,) bezieht sich, vorbehaltlich des Paragraph 4,, auf den Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muß.

Ausmaß der Entschädigung für Zeitversäumnis

Paragraph 18, (1) Als Entschädigung für Zeitversäumnis gebühren dem Zeugen
1.              14,20 € für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, für die dem Zeugen eine Entschädigung für Zeitversäumnis zusteht,
2.              anstatt der Entschädigung nach Ziffer eins <, b, r, /, >, a,)              beim unselbständig Erwerbstätigen der tatsächlich entgangene Verdienst,
b)              beim selbständig Erwerbstätigen das tatsächlich entgangene Einkommen,
c)              anstatt der Entschädigung nach den Buchstaben a) oder b) die angemessenen Kosten für einen notwendigerweise zu bestellenden Stellvertreter,
d)              die angemessenen Kosten für eine notwendigerweise beizuziehende Haushaltshilfskraft.

(2) Im Falle des Absatz eins, Ziffer eins, hat der Zeuge den Grund des Anspruches, im Falle des Absatz eins, Ziffer 2, auch dessen Höhe zu bescheinigen.“

Geltendmachung der Gebühr

Paragraph 19, (1) Der Zeuge hat den Anspruch auf seine Gebühr binnen 14 Tagen, im Fall des Paragraph 16, binnen vier Wochen nach Abschluß seiner Vernehmung, oder nachdem er zu Gericht gekommen, aber nicht vernommen worden ist, bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen. Dies gilt für die Beiziehung zur Befundaufnahme durch den Sachverständigen (Paragraph 2, Absatz eins,) mit der Maßgabe sinngemäß, daß der Zeuge den Anspruch auf seine Gebühr bei dem Gericht geltend zu machen hat, das den Sachverständigen bestellt hat.

(2) Soweit in diesem Abschnitt nicht anderes bestimmt ist und nicht feste Gebührensätze bestehen, hat der Zeuge die Umstände, die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, besonders durch Vorlage einer Bestätigung über den Verdienstentgang oder die Entlohnung eines Stellvertreters oder einer Hilfskraft, gegebenenfalls durch Vorlage einer von der zuständigen Dienststelle ausgestellten Bestätigung über die Höhe der sonst zustehenden Reisegebühren Paragraph 3, Absatz 2,), zu bescheinigen. [...]

In der Regierungsvorlage zu Bundesgesetzblatt 136 aus 1975, [zu Absatz 2, (gemeint: Paragraph 18, Absatz 2, GebAG)] wurde ausgeführt: „Der Ersatz [nach Paragraph eins, Ziffer 2 ], soll dem Zeugen aber nur dann zustehen, wenn er seine Ansprüche bescheinigt (s. Absatz 2,). Die Art der Bescheinigung wird verschieden sein, je nachdem, ob es sich um einen unselbständigen oder selbständigen Erwerbstätigen handelt. Der Lohn- oder Gehaltsempfänger wird in der Regel eine Bestätigung seines Arbeitgebers beizubringen haben, aus der hervorgeht, dass ihm wegen der Befolgung seiner Zeugenpflicht für jede Stunde seiner Abwesenheit von der Arbeit ein bestimmter Betrag an Arbeitseinkommen, das heißt auf dasjenige, was der Zeuge auf die Hand bekommen hätte. Ausdrücklich wird bestimmt, dass auch die dem Zeugen zusätzlich zu seinem Lohn oder Gehalt zustehende Vergütungen zu ersetzen sind (Absatz eins,). […]“

Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat dazu im Wesentlichen ausgeführt:

Die Entschädigung für Zeitversäumnis gebührt dem Zeugen nur, soweit er in dem in Paragraph 17, GebAG genannten Zeitraum (i.e. jener Zeitraum, den der Zeuge wegen seiner Vernehmung außerhalb seiner Wohnung bzw. Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit verbringen muss) durch die Befolgung der Zeugenpflicht einen Vermögensnachteil erleidet vergleiche VwGH 25.05.2005, Zahl: 2005/17/0085), denn das GebAG will dem Zeugen die mit seiner Mitwirkung an der Rechtspflege verbundenen finanziellen Einbußen ausgleichen, ihn aber nicht entlohnen (s. Krammer/Schmidt, SDG - GebAG³ [2001] Anmerkung 6 zu Paragraph 18, GebAG).

Gemäß Paragraph 19, Absatz 2, GebAG hat der Zeuge die Umstände die für die Gebührenbestimmung bedeutsam sind, zu bescheinigen. Nach der ständigen Rsp des VwGH bedeutet „bescheinigen“, dass der über den Anspruch entscheidende Organwalter von der Richtigkeit des Anspruches nicht überzeugt zu sein braucht, sondern ihn lediglich für wahrscheinlich halten muss (VwGH 18.09.2000, 96/17/0360; 08.09.2009, 2008/17/0235; 20.06.2012, 2010/17/0099).

3.3. Beurteilung des konkreten Sachverhaltes

3.3.1. Strittig ist im gegenständlichen Verfahren lediglich die der Zeugin zugesprochene Entschädigung für Zeitversäumnis iHv insgesamt € 520,00 nach Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, GebAG.

Die Geltendmachung der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 2, GebAG umfasst sowohl den Grund des Anspruches als auch dessen Höhe vergleiche VwGH 15.04.1994, 92/17/0231).

Die Entschädigung für Zeitversäumnis nach Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, GebAG umfasst gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Ziffer 2, GebAG beim unselbständig Erwerbstätigen den durch die Befolgung der Zeugenpflicht tatsächlich entgangenen Verdienst.

Die BF begründet ihre Beschwerde im Wesentlichen damit, dass im bekämpften Bescheid nicht angeführt worden sei, wie der tatsächlich entgangene (Netto-)Verdienst der Zeugin errechnet werde. Überdies sei es der Zeugin zumutbar gewesen, bei gerichtlicher Vorladung Termine so zu koordinieren, damit kein Verdienstentgang entstehe.

3.3.2. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage, der höchstgerichtlichen Judikatur und des festgestellten Sachverhaltes hat die Zeugin – entgegen der Ansicht der BF – mit der Vorlage sowie den beiden erläuternden Stellungnahmen vom 20.05.2020 und vom 07.12.2020 sowie den dazu übermittelten Unterlagen ihren aufgrund der Teilnahme an der Verhandlung vom 13.02.2020 entstandenen Verdienstentgang ausreichend bescheinigt.

Lediglich die konkrete Höhe des Verdienstentganges war aufgrund der Diskrepanz zwischen Brutto und Nettogehalt neu zu ermitteln bzw. zu korrigieren, zumal lediglich der Nettoverdienst als tatsächlich entgangener Verdienst ersatzfähig ist.

Wie in der Beweiswürdigung näher ausgeführt, wurde diese Berechnung von der Zeugin nach entsprechender Aufforderung schlüssig vorgenommen und konnte aufgrund der vorgelegten Unterlagen nachvollziehbar überprüft werden.

Entgegen der Ansicht der BF, war es der Zeugin auch nicht möglich, ihre Termine so zu koordinieren, dass ihr kein oder nur weniger Verdienstengang anfallen würde. Diesem Vorbringen der BF ist daher ebensowenig zu folgen.

Der Zeugin ist daher ein Verdienstentgang iHv € 289,91 zuzuerkennen.

3.3.3. Dem angefochtenen Bescheid haftet vor diesem Hintergrund im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit im Sinne des Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG an. Der Beschwerde ist daher mit der im Spruch genannten Maßgabe insofern stattzugeben, dass die Entschädigung für Zeitversäumnis mit € 289,91 (netto) statt mit € 520,-- (brutto) bestimmt wird, sodass die Gesamtsumme der der Zeugin zustehenden Gebühr im angefochtenen Bescheid € 467,45 beträgt.

B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die oben dargestellte Judikatur des VwGH wird verwiesen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2021:W208.2230554.1.00