Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

22.12.2020

Geschäftszahl

W104 2216195-1

Spruch


W104 2216195-1/109E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Christian Baumgartner als Vorsitzenden und die Richter Dr. Werner Andrä und Dr. Günther Grassl als Beisitzer über die Beschwerden

der römisch 40

der römisch 40

der römisch 40

der römisch 40

1.           des römisch 40 sowie

2.           von römisch 40 , vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. Elisabeth Moser-Marzi und Mag. Milorad Erdelean (BF 6),

gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 15.01.2019, Zl. RU4-U-864/046-2018, mit dem dem Land Niederösterreich, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Andrew P. Scheichl (PW), die UVP-Genehmigung für das Vorhaben „B17 Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2“ erteilt wurde,

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

römisch eins.          Der angefochtene Bescheid wird aufgrund der Beschwerden wie folgt abgeändert:

römisch eins.1.      Auflage römisch eins.3.6 (Ökologische Bauaufsicht) wird wie folgt geändert:

In Aufzählungspkt. ba) wird der Klammerausdruck „(Vögel, Kriechtiere, Fledermäuse….)“ ersetzt durch „(Vögel, Kriechtiere, Fledermäuse, Ziesel, Hamster…..)“

In Aufzählungspkt. cc) werden nach dem Wort „Biotopinitiierungen“ die Worte „Lenkung und Übersiedlung von Zieseln“ eingefügt.

römisch eins.2.      In Auflage römisch eins.4.8.17 (Fachbereich Lärmschutz) wird in der Aufzählung nach der Überschrift „Überschreitungen nach Paragraph 6, (1)“ eingefügt: „§ Lichtenwörth, römisch 40 , Michael-Hofer-Straße 133, Fassade 281, EG“

römisch eins.3.       Nach Auflage römisch eins.4.11.4 (Fachbereich Naturschutz – Ausgleichsmaßnahmen) wird folgende neue Auflage römisch eins.4.11.4a eingefügt:

„I.4.11.4a Die für Ziesel vorgesehene Ausgleichsfläche auf den Gst. 1757/1, 1757/6, beide KG Wr. Neustadt, und 840/3, KG Obereggendorf, ist zweimal jährlich zu mähen, wobei die erste Mahd nicht vor dem 1. Juli liegen darf und der Zeitpunkt der zweiten Mahd sich nach der Höhe des Aufwuchses (über 20 cm) richtet. Das Mähgut ist nach dem Abtrocknen zu entfernen. Auf den Gst. 1757/1 und 840/3 sind drei Altgrasstreifen im Ausmaß von je 0,4 Hektar zu belassen (z.B. 20 m x 200 m). Diese Altgrasstreifen sind jährlich zu variieren und von der Mahd auzusparen.“

römisch eins.4.       Nach Auflage römisch eins.4.11.12 (Fachbereich Naturschutz – Sonstige Maßnahmen) wird folgende neue Auflage römisch eins.4.11.12a eingefügt:
„I.4.11.12a Bautätigkeiten, durch die es zu erheblichen Erschütterungen in von Zieseln besiedelten Bereichen kommen kann, sind nur in der Zeit außerhalb des Winterschlafs der Tiere zulässig.“

römisch eins.5.      In Auflage römisch eins.4.11.20 (Fachbereich Naturschutz - Zerschneidungseffekte) werden nach dem Wort „Kleintierdurchlässe“ die Worte „einschließlich Zieselquerungshilfen“ und nach dem Wort „Wildschutzzäune“ die Worte „einschließlich Zieselleiteinrichtungen“ eingefügt.

römisch eins.6.      Nach Auflage römisch eins.4.11.20 (Fachbereich Naturschutz – Zerschneidungseffekte) wird folgende neue Auflage römisch eins.4.11.20a eingefügt:
„I.4.11.20a Zieselquerungshilfen sind so zu errichten, dass entweder ein freier Durchmesser von 12-14 cm zur Verfügung steht, oder die Rohrenden nicht bodengleich, sondern etwas ggü. dem angrenzenden Gelände erhöht angeordnet werden.“

römisch eins.7.      Nach Auflage römisch eins.4.14.44 werden folgende neue Auflagen eingefügt:
„I.4.15 Verkehrstechnik (Nebenbestimmung gem. Paragraph 24 f, Absatz 2, Ziffer 2, i.V.m. Paragraph 17, Absatz 4, UVP-G 2000)
Bauphase

römisch eins.4.15.1 Der Projektwerber hat ein verbindliches Routenkonzept für den vorhabensbedingten externen Lkw-Baustellenverkehr (Lkw-Fahrten außerhalb der Baustelle) für den Zeitraum Werktag-Tag zu erstellen. Im Routenkonzept müssen für alle vorhabensbedingten externen Lkw-Fahrten Baustellenein- bzw. -ausfahrt, Quelle, Ziel und die verwendeten Streckenabschnitte zwischen Quelle und Ziel dargelegt werden. Das Routenkonzept ist unter der Maßgabe zu erstellen, dass Wohn- und andere lärm- und luftschadstoffsensible Gebiete möglichst gering betroffen sind. Zusammen mit dem Routenkonzept ist der UVP-Behörde ein Monitoringkonzept vorzulegen. Das Monitoringkonzept hat konkrete Vorschläge für die Überprüfung des Routenkonzeptes in Bezug auf dessen Umweltauswirkungen zu beinhalten (Standort der Zählstellen und Zählzeiten) und insbesondere die Methodik der Routendokumentation für alle Lkw-Fahrten und Routen zu umfassen. Das Monitoringkonzept hat auch einen inhaltlich definierten Vorschlag für den Monitoringbericht zu beinhalten.
Das Routen- und das Monitoringkonzept sind spätestens zwei Monate vor Beginn der Massenverfuhr mit Lkw der UVP-Behörde vorzulegen. Änderungen des Routen- und/oder des Monitoringkonzepts sind der UVP-Behörde einen Monat vor Inkrafttreten der Änderung zu übermitteln.

römisch eins.4.15.2 Die Einhaltung der in den Einreichunterlagen festgelegten Anzahl an täglichen und wöchentlichen Lkw-Fahrten und des verbindlichen Routenkonzeptes ist vom Projektwerber mittels geeigneter Methodik gemäß Monitoringkonzept (z.B. Verkehrszählungen mittels Seitenradar oder Schleifen in Stundenintervallen) unter Angabe der Tagesstunde und Richtung zu überwachen und zu dokumentieren. Die Dokumentation der täglichen und wöchentlichen Lkw-Fahrten inklusive deren Routen ist der örtlichen Bauaufsicht monatlich bzw. jederzeit auf Anfrage zur Verfügung zu stellen. Der UVP-Behörde sind Monitoringberichte mit den Ergebnissen als Quartalsberichte bis zum 15. des Folgemonats zu übermitteln.

Betriebsphase

römisch eins.4.15.3 Auf der B 17 Umfahrung Wiener Neustadt Ost Teil 2 ist nach Inbetriebnahme der Umfahrung für die Dauer von zumindest 11 Jahren eine Dauerzählstelle einzurichten. Die gezählten Verkehrsmengen, unterschieden in PkwÄ und LkwÄ, sind mit den Prognosewerten für 2030 aus dem Verkehrsmodell zu vergleichen und zu interpretieren. Wenn die im Verkehrsmodell berechneten Kfz-Verkehrsbelastungswerte tatsächlich überschritten werden (getrennt betrachtet für PkwÄ und LkwÄ), ist zu überprüfen, ob die vorgeschriebenen und zulässigen Immissionswerte an relevanten Stellen überschritten werden. Gegebenenfalls sind kompensatorische Maßnahmen (z.B. zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen oder verkehrsorganisatorische Maßnahmen der Reduktion des zulässigen Tempolimits mit der zuständigen Behörde und/oder Änderungen von VLSA-Steuerungen) einzuleiten, um die Einhaltung der Immissionswerte sicherzustellen. Nach Durchführung der Messungen und Auswertungen sind die Jahresergebnisse binnen 4 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres gesammelt, ausgewertet und interpretiert der UVP-Behörde zu übermitteln.

römisch eins.4.15.4 Ein Jahr vor und nach Inbetriebnahme der Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2, danach alle fünf Jahre, bis elf Jahre nach Inbetriebnahme sind die Verkehrsmengen gemäß der Modellberechnung für das Jahr 2030 durch Querschnittszählungen an den Zulaufstrecken:

●             B 53 östlich der Kreuzung mit der Umfahrung (zwischen der Kreuzung mit der Umfahrung und der Ungarfeldgasse)

●             B 53 westlich der Kreuzung mit der Umfahrung (zwischen der Kreuzung mit der Nestroystraße und der Kreuzung mit der Umfahrung)

●             B 60 östlich der Kreuzung mit der Umfahrung (zwischen der Kreuzung mit der Umfahrung und der Michael Hainisch-Straße)

●             B 60 westlich der Kreuzung mit der Umfahrung (zwischen Niederländergasse und Am Schafflerhof)

über vier Monate, über das Jahr verteilt im Februar, Mai, August und November, mit anschließender Hochrechnung auf einen JDTVW zu kontrollieren. Im Falle von Überschreitungen der prognostizierten Verkehrszahlen 2030 (getrennt betrachtet für PkwÄ und LkwÄ), ist zu überprüfen, ob die vorgeschriebenen und zulässigen Immissionswerte an relevanten Stellen überschritten werden. Gegebenenfalls sind kompensatorische Maßnahmen (z.B. zusätzliche Lärmschutzmaßnahmen oder verkehrsorganisatorische Maßnahmen der Reduktion des zulässigen Tempolimits mit der zuständigen Behörde und/oder Änderungen von VLSA-Steuerungen) einzuleiten, um die Einhaltung der Immissionswerte sicherzustellen. Nach Durchführung der Messungen und Auswertungen sind die Jahresergebnisse binnen 4 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres gesammelt, ausgewertet und interpretiert der UVP-Behörde zu übermitteln.

römisch eins.4.15.5 Ein Jahr vor und nach Inbetriebnahme der Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2, danach alle fünf Jahre, bis elf Jahre nach Inbetriebnahme sind die Verkehrsmengen gemäß der Modellberechnung für das Jahr 2030 durch Querschnittszählungen an den entlasteten Strecken:

●             B 60 östlich der Kreuzung mit der Stadionstraße

●             Stadionstraße (zwischen der Kreuzung mit der B 60 und der Rudolf Kumbein-Gasse)

●             Nestroystraße (zwischen der Kreuzung mit der B 53 und der Heinrich-Heine-Gasse)

●             B 17 Grazer Straße (zwischen der Kreuzung mit der B 53 und der B 60)

●             L 4089 Ortsdurchfahrt Lichtenwörth

über vier Monate, über das Jahr verteilt im Februar, Mai, August und November, mit anschließender Hochrechnung auf einen JDTVW zu kontrollieren. Im Falle von Überschreitungen der prognostizierten Verkehrszahlen 2030 (getrennt betrachtet für PkwÄ und LkwÄ) im betroffenen, entlasteten Straßennetz bzw. einer geringeren Entlastungswirkung sind vom Projektwerber gemeinsam mit dem zuständigen Straßenerhalter geeignete Maßnahmen zur nachhaltigen und langfristigen Sicherung der prognostizierten Entlastungswirkung zu konzipieren und umzusetzen (zum Beispiel niedrigere Tempolimits mit begleitenden baulichen Maßnahmen, Verbesserung der Querungsmöglichkeiten für FußgängerInnen und RadfahrerInnen und Bevorrangung des öffentlichen Verkehrs). Sollte dies nicht im Einflussbereich des Projektwerbers liegen, hat sich dieser beim zuständigen Straßenerhalter nachweislich für geeignete Maßnahmen zur Vermeidung dieser Überschreitungen einzusetzen. Die jährlichen Zählergebnisse samt Erläuterung, Interpretation und gegebenenfalls ein Maßnahmenkonzept sind der UVP – Behörde binnen 4 Monaten nach Ende des entsprechenden Kalenderjahres als Nachweis vorzulegen.

römisch eins.4.15.6 Die Radwegverbindung zwischen Lichtenwörth und Wiener Neustadt über die Kapellengasse und den Haderäckerweg ist aufrecht zu erhalten. Neigungen im Zuge einer Unter- oder Überführung dürfen 5 % nicht überschreiten. Alternativ dazu kann eine durchgehende asphaltierte und mindestens 2,5 m breite Radverkehrsverbindung zwischen Lichtenwörth-Kapellengasse, der geplanten Begleitwegquerung im Zuge des Objektes WN.03, der Kläranlage und dem Haderäckerweg geschaffen werden.

römisch eins.4.15.7 Das Vorhaben darf unter der Bedingung betrieben werden, dass die von der Projektwerberin geplanten Begleitmaßnahmen der Verkehrsberuhigung in Lichtenwörth (Pkt. römisch III dieses Erkenntnisses) in der Form umgesetzt werden, dass im besiedelten Bereich der L 4089 zwischen km 0,8 (ca. Kreuzung Michael Hainisch Straße) und Km 2,6 (ca. Kreuzung Kreuthgasse) eine Tempo-30-Zone verordnet wird, in Verbindung mit einer verkehrsberuhigenden Straßenraumgestaltung; alternativ dazu kann eine Tempo-30-Zone mit permanenter Geschwindigkeitsüberwachung verordnet werden.

römisch eins.8.       Pkt. römisch eins.5 des Bescheides (Befristungen gemäß Paragraph 17, Absatz 6, UVP-G 2000) wird dahingehend geändert, dass die Bauvollendungsfrist (Pkt. römisch eins.5.1) bis 31.12.2029, die Bewilligungsdauer zur Versickerung und zur Einleitung (Pkt. römisch eins.5.2) jeweils bis 31.12.2059, sowie die Fristen zur Realisierung der dauernden und befristeten Rodungen und der Ersatzaufforstungen (Pkt. römisch eins.5.3) bis jeweils 31.12.2029 verlängert werden.

römisch eins.9. Pkt. römisch eins.6 des Bescheides (Vorhabensbeschreibung) wird in Pkt. römisch eins.6.9.3 (Bauablauf im Detail) dahingehend geändert, dass in der Aufzählung nach der Wortfolge „Im Zuge der Projekterrichtung sind innerhalb des Baufeldes folgende Baustelleneinrichtungs- und Lagerflächen vorgesehen:“ der Punkt „- Baustelleneinrichtungsfläche Km 0+650, rechts der Trasse, Fläche ca. 1.300 m²“ entfällt.

römisch eins.10. Dem Pkt. römisch eins.6 des Bescheides (Vorhabensbeschreibung) wird nach Pkt. römisch eins.6.9 folgender Pkt. römisch eins.6.10 angefügt:

„I.6.10 Maßnahmen zum Schutz des Ziesels

Auf dem bereits im Projekt enthaltenen Steinsatz zwischen Vorhabens-km 0,431 und 0,550 beidseits der B21b werden 40 cm hohe Leitwände (Leiteinrichtungen) errichtet. Verrohrungen unter der Straße zur Herstellung einer Lebensraum-Konnektivität werden bei Vorhabens-km 0,650 und 0,700 errichtet. Solche Röhren werden auch innerhalb von 50 Metern nördlich und südlich des Kreuzungsplateaus B21b/B17/B60 an der B60 errichtet. Die Lage dieser Anlagen ist aus der Stellungnahme samt Urkundenvorlage der Projektwerberin vom 30.10.2020, Ergänzungen gemäß Verhandlung-BVwG, Lageplanausschnitt, ersichtlich.

römisch II.        Im Übrigen werden die Beschwerden abgewiesen.

römisch III. Die von der Projektwerberin während des Beschwerdeverfahrens eingereichten Projektänderungen und -präzisierungen

●             Beschreibung der angenommenen Begleitmaßnahmen der Verkehrsberuhigung in Lichtenwörth, Pkt. 5 der Einlage TP 02.01-01E1 (Eingabe vom 20.11.2019)

●             Ziesel – Ergänzende Maßnahmen, Pkt. 2.3.1 der Einlage RU 02.02-01E1 „Naturraum und Bodennutzungen“ (Eingabe vom 27.8.2020)

●             Stellungnahme samt Urkundenvorlage der Projektwerberin vom 30.10.2020, Ergänzungen gemäß Verhandlung-BVwG, Lageplanausschnitt sowie Pkt. 3 der Beilage („im Projekt vorgesehene Maßnahmen“)

bilden einen untrennbaren Bestandteil dieses Erkenntnisses. Die Genehmigung des Vorhabens erfolgt auf Grundlage dieser Projektunterlagen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Mit Genehmigungsbescheid der Niederösterreichischen Landesregierung (belangte Behörde) wurde dem Land Niederösterreich (PW) in Erledigung seines Antrages vom 8.7.2016 die Bewilligung für die Umsetzung des Straßenbauvorhabens „B17 Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2“ nach dem UVP-G 2000 unter Anwendung materienrechtlicher Bestimmungen erteilt.

2. Dagegen erhoben die im Spruch angeführten Personen (BF 1-6) Beschwerde.

2.1. Die BF 1 brachte in ihrer Beschwerde zusammengefasst vor:

●             Es sei nicht eindeutig bezeichnet, welche Behörde den Bescheid erlassen habe und an welche Adresse eine Beschwerde zu richten sei,

●             Der Untersuchungsraum betreffend die Auswirkungen auf das Schutzgut „Triel“ sei zu eng gewählt worden und könnten Auswirkungen auf diese Vogelart nicht ausgeschlossen werden; ebenso seien Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Wachtelkönig“ nicht erhoben worden,

●             Die fachliche Eignung des verkehrstechnischen behördlichen Sachverständigen wird in Zweifel gezogen, es liege in Wahrheit keine Begutachtung des Fachbereichs Verkehrstechnik vor,

●             Einwendungen zum Verkehrsmodell und der Verkehrsuntersuchung,

●             Die BstLärmIV sei im gegenständlichen Vorhaben nicht anzuwenden, mittlerweile wäre die LSt-LärmIV erlassen worden, welche anzuwenden sei,

●             Einwendungen zur Schalltechnik: eine verkehrsträgerübergreifende Betrachtung und eine Berücksichtigung von Gebieten mit geringer Vorbelastung und hoher Zusatzbelastung sei unterblieben; Rechenunsicherheiten seien zu groß; spätere Detailuntersuchung genüge nicht, um objektseitigen Lärmschutz schon im Verfahren festlegen zu können,

●             Das Einreichprojekt entspreche nicht dem Stand der Technik; die NO2 Emissionen wären mit der EBEFA Version 3.3 signifikant höher, dies hätte der Projektwerber und nicht der Sachverständige darlegen müssen. Der Sachverständige gebe an, dass mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Gesamtbelastung in diesem Bereich beim NO2 HMWmax unter dem Grenzwert von 200 μg/m³ zu liegen komme. Die Höhe dieser Wahrscheinlichkeit werde nicht angegeben, höhere relevante Zusatzbelastungen seien möglich und seien auch vom Sachverständige nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen worden.

2.2. Die BF 2 brachte in ihrer Beschwerde zusammengefasst vor:

●             Es liege ein Schnellstraßenvorhaben und somit ein Vorhaben der Spalte 1 des Anhangs des UVP-G 2000 vor, womit kein vereinfachtes Verfahren durchgeführt hätte werden dürfen; es wird ein Vorabentscheidungsverfahren angeregt,

●             Es liege ein Verstoß gegen Paragraph 12, letzter Satz in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz eins, NÖ StraßenG vor, weil das Vorhaben nicht auf die Feldhamsterpopulation und andere Spezies ausreichend Bedacht nehme,

●             Mit dem Vorhaben gehe eine erhebliche Bodenversiegelung einher; entsprechende Ausgleichsmaßnahmen seien nicht vorgeschrieben worden,

●             Die Immissionsbelastung sei iSd Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer 2, Litera b, UVP-G 2000 möglichst gering zu halten, was nicht geschehen sei, weil insbesondere ein altes Verkehrsgutachten verwendet worden sei,

●             Das Gutachten Naturschutz sei unschlüssig, weil angeblich nur ein punktueller Eingriff und kaum Beeinträchtigungen für Tiere entstünden, aber dennoch Auflagen vorzuschreiben seien,

●             Es seien veraltete Verkehrsdaten verwendet worden, womit das gesamte verkehrstechnische Gutachten unschlüssig sei. Nach einer Überarbeitung müssten auch alle anderen Gutachten aktualisiert werden, da diese auf dem verkehrstechnischen Gutachten basierten,

●             Die PW habe vor allen anderen Parteien Kenntnis vom Genehmigungsbescheid erlangt, womit die Waffengleichheit verletzt sei; Befangenheit der Organwalterin wird vermutet.

2.3. Die BF 3 brachte in ihrer Beschwerde zusammengefasst vor:

●             Es komme zur Versiegelung fruchtbarer Böden, womit eine Beeinträchtigung gegeben sei; die Auswirkungen der Versiegelung (wie Überschwemmungsgefahr) seien nicht berücksichtigt worden,

●             Das Vorhaben bewirke einen massiven Eingriff in die dinglichen Rechte der Bürger (Lärm, Abgase, Landschaftsbild, Einschränkung von Radwegen etc., Wertminderungen von Liegenschaften,

●             Ausgleichsflächen für geschützte Tierarten seien unzureichend, insbesondere würde das Teilgebiet zwischen Hofermühle, Warmer Fischa und Werksbach („Mühlbach“) abgeschnitten. Betroffen seien geschützte Tierarten (z.B. Feldhamster). Der Feldhamster komme im Gebiet vor, das würden Augenzeugenberichte beweisen,

●             Für gerodete Waldflächen gebe es keine ausreichenden Ersatzflächen,

●             Die Luftqualität würde sich erheblich verschlechtern; es sei nicht nachvollziehbar, dass aus einer Befahrung mit 14.000 Fahrzeugen täglich nur eine irrelevante Zusatzbelastung resultiere; die vorherrschende Windsituation sei nicht berücksichtigt worden,

●             Eine Kumulierung von Lärmimmissionen sei nicht berücksichtigt worden, wie der gleichzeitige Ausbau der Pottendorfer Linie der ÖBB,

●             Das öffentliche Interesse sei im Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt worden,

●             Sowohl der Alltagsrad- und Fußverkehr als auch der Freizeitrad- und Fußverkehr würden massiv beeinträchtigt werden (mit Beispielen für Einschränkungen bei konkreten Rad- und Fußwegen); die wissenschaftliche Publikation des Institutes für Raumplanung und ländliche Neuordnung „Auswirkungen der geplanten Ostumfahrung Wiener Neustadt Teil 2 auf den Radverkehr im Bereich Am Triangel“ würde das belegen,

●             Die Prognosegrundlagen und Planzahlen, die verwendet worden seien, seien unschlüssig und veraltet. Ein öffentliches Interesse könne daraus nicht abgeleitet werden, die Verkehrsentlastung treffe nicht zu und zum Teil würden Daten fehlen; als Beispiele für mangelhafte Prognosen werden die Grazer Straße und die Nestroystraße angeführt; Die behauptete Aufwertung als Wirtschaftsstandort sei nicht gegeben; die Verkehrsmodellrechnung und die Verkehrsuntersuchung Planfall 1-2030 seien mangelhaft bzw. nicht nachvollziehbar; die Planungen würden zudem den Zielsetzungen im Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ widersprechen,

●             Es liege ein Widerspruch zur FFH-RL vor; der Feldhamster sei nicht berücksichtigt worden; die Feldlerche verliere Brutraum; das Natura 2000-Gebietes „Leithaauen“ sei durch dauerhafte Rodungen unmittelbar betroffen. Laut Bescheid solle die Erfassung naturschutzfachlich relevanter Arten erst vor Baubeginn erfolgen (Bescheid Sitzung 14, Pkt. 1.3.6 ba), was bedeute, dass eine solche noch gar nicht erfolgt sei,

●             Als Verfahrensmangel wird moniert, dass die detaillierten Einreichunterlagen nicht bzw. nicht mehr auf der Homepage veröffentlicht seien,

●             Auf Sitzung 31 des Bescheides würde eine nicht-existente Straße („Am Schaffelhof“) erwähnt, was Zweifel an der Richtigkeit der Angaben erwecke.

2.4. Die BF 4 brachte in ihrer Beschwerde zusammengefasst vor:

●             Das Vorhaben sei abzuweisen, weil das öffentliche Interesse nicht dargelegt werden habe können und nicht dargelegt werde, dass sich ungünstige Verkehrsverhältnisse verbessern würden,

●             Auf die Interessen der Radfahrer und Fußgeher würde zu wenig Bedacht genommen und die Auswirkungen auf diese seien nicht analysiert worden; Hinweis auf wissenschaftliche Publikation des Institutes für Raumplanung und ländliche Neuordnung „Auswirkungen der geplanten Ostumfahrung Wiener Neustadt Teil 2 auf den Radverkehr im Bereich Am Triangel“; Wege (Beispiele angeführt) würden angeschnitten werden,

●             Die Prognosegrundlagen und Planzahlen, die verwendet worden seien, seien unschlüssig und veraltet. Ein öffentliches Interesse könne daraus nicht abgeleitet werden, die Verkehrsentlastung treffe nicht zu und zum Teil würden Daten fehlen; als Beispiele für mangelhafte Prognosen werden die Grazer Straße und die Nestroystraße angeführt; die Verkehrsmodellrechnung und die Verkehrsuntersuchung Planfall 1-2030 seien mangelhaft bzw. nicht nachvollziehbar; die Planungen würden zudem den Zielsetzungen im Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ widersprechen.

2.5. BF 5 brachte in seiner Beschwerde zusammengefasst vor:

●             Es komme zu einer deutlichen Wertminderung seiner Liegenschaften. Er habe diese 1997 bzw. 2012 im Vertrauen drauf gekauft, dass durch die Ausweisung des Natura 2000-Gebietes keine baulichen Tätigkeiten in diesem Bereich vorgenommen würden,

●             Er sei durch negative Auswirkungen hinsichtlich Staub-, Lärm- und Abgasemissionen betroffen,

●             Das öffentliche Interesse am Vorhaben liege nicht vor, im Teilgutachten Verkehrstechnik würden bestenfalls geringfügige Entlastungen für einzelne Straßenabschnitte prognostiziert; die entsprechenden Erhebungen seien nicht nachvollziehbar,

●             Die behauptete Aufwertung als Wirtschaftsstandort sei nicht gegeben,

●             Die Anträge auf Bezahlung einer Aufschließungsabgabe sowie Einleitung von Gas, Wasser und Strom in eine Liegenschaft des BF 5 seien nicht behandelt worden,

●             Der Antrag auf den Einbau von Lärmschutzfenstern sei nicht behandelt worden,

●             Der Antrag auf Erstellung eines Gutachtens betreffend die Wertminderung seiner Liegenschaften sei nicht behandelt worden,

●             Der Antrag auf Erstellung einer Studie zur Messbarkeit kumulativer Lärmimmissionen sei nicht behandelt worden.

2.6. Die BF 6 brachten in ihrer Beschwerde zusammengefasst vor:

●             Die BF 6 seien als Nachbarn unmittelbar von einer Wertminderung ihrer Liegenschaft, von Lärm- Staub- und Abgasemissionen, einer nachteiligen Beeinflussung der Flora und Fauna, einer Erhöhung der CO2-Emissionen, einer Veränderung des Grundwasserhaushalts und Beeinträchtigung der Wasserversorgung sowie einer Veränderung der Funktionszusammenhänge bzw. einer Trennwirkung und der Veränderung des Erscheinungsbildes betroffen,

●             Es sei nicht erörtert worden, warum das angenommene öffentliche Interesse bei der forstrechtlichen Interessenabwägung höher bewertet worden sei, als das öffentliche Interesse an der Erhaltung der 1.317 m² Waldflächen und warum an der Erhaltung von Wald-, Weide- und Wiesenflächen offenbar überhaupt kein öffentliches Interesse bestehe,

●             Es sei eine Verbesserung für die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs angenommen worden, es sei aber nicht dargelegt worden, ob die Entlastung überhaupt wahrnehmbar sei,

●             Bezugnehmend auf den UVE-Bericht „Siedlung und Raum“, wo auf Sitzung 2 die Eingriffserheblichkeit verschiedener Teilräume beschrieben wird, monieren die BF6, dass eine Würdigung, was als umweltverträglich bezeichnet werden könne, nicht erläutert werde,

●             Das Vorhaben liege in einem ausgewiesenen Hochwassergebiet und die Versiegelung von Boden führe zu negativen Entwicklungen, die weitergehende Maßnahmen erfordern würden. Diese seien nicht beschrieben worden, da eine Folgenabschätzung fehle,

●             Das Vorhaben liege in den Wasserschutz- und Schongebieten „Wiener Neustadt – Katzelsdorf“ und „Mitterndorfer Senke“,

●             Es sei ungeklärt, ob es nicht zu einer weiteren Absenkung des Grundwasserspiegels, insbesondere im Bereich der Liegenschaft der BF6, komme. Die BF6 deckten ihren Wasserbedarf ausschließlich durch Grundwasserbrunnen, die bereits zweimal tiefer gelegt hätten werden müssen,

●             Die BF 6 monieren, dass die Faktizitäten des Klimawandels auch im Zusammenhang mit dem Flächenverbrauch von ca. 17 ha Boden nicht berücksichtigt würden. Ins Treffen geführt wird auch der durch den Klimawandel verursachte steigende Schadholzanfall,

●             Beim Flächenverlust an landwirtschaftlichen Böden würden die ca. 4 ha für die Ersatzmaßnahmen nicht berücksichtigt, weshalb in Wahrheit von mehr Flächenverlust als ca. 17 ha Versiegelung auszugehen sei. Eine Umwidmung von wertvollen Wiesen oder landwirtschaftlichen Nutzflächen in Waldflächen bewirke etwa einen Lebensraumverlust für Insekten,

●             Das Insekten- und Bienensterben sei ohnehin dramatisch und würde durch das Vorhaben verschlimmert. Die Fledermäuse würden durch das Vorhaben beeinträchtigt, ebenso seien die Ausgleichsmaßnahmen für die Feldlerche ungeeignet; insbesondere sei die Nahrungsaufnahme dieser Tierarten durch das Insektensterben auf Grund des Vorhabens nicht sichergestellt,

●             Der Bescheid sei unschlüssig und rechtswidrig, weil die Einwendungen nicht detailliert, sondern nur durch pauschale Verweisungen behandelt worden seien,

●             Die Interessenabwägung sei verfehlt, weil die belangte Behörde die Versiegelung landwirtschaftlicher Flächen und den Klimawandel nicht als öffentliche Interessen iSd NÖ Straßengesetzes berücksichtigt hätte. Durch die Reduktion landwirtschaftlicher Flächen könne der Konsumbedarf der Österreicher nicht mehr gedeckt werden und sei die Existenz der Österreicher ein massives öffentliches Interesse,

●             Die Paragraphen 17, Absatz 2 bis 5; 17a Absatz 4 ;, 18 und 19 Forstgesetz 1975 seien verfassungswidrig, weil eine Ungleichbehandlung von Waldboden und anderen Böden damit gesetzlich verankert sei. Diese Bestimmungen würden zur Ausweitung der Waldfläche beitragen, wohingegen es für sonstige Bodenflächen (Wiese, Acker) keine entsprechenden Bestimmungen gäbe. Da der Verlust an sonstigen Bodenflächen lebensbedrohliche Folgen habe (z.B. auf Grund des Klimawandels), würden die Bestimmungen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzen,

●             Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Eigentum der BF 6 sei verletzt, da das Aussterben der Insekten- und Pflanzenarten negative Auswirkungen auf die Liegenschaft der BF habe. Dieses Aussterben könne auch zu einer Dürre und sohin zur Stabilität des Grundbodens führen, was auch das Eigentumsrecht verletze,

●             Auch würden die zitierten Bestimmungen des Forstgesetzes 1975 gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, da dort nur eine Ausgleichsmaßnahme im Fall einer Rodung vorgesehen ist. Adressat einer solchen Maßnahme könne daher ausschließlich der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstücks sein, weshalb Eigentümer von Wiesen und Weiden benachteiligt bzw. ungleich behandelt würden. Die BF regen daher einen Antrag nach Artikel 140, B-VG an.

3. Mit Beschwerdemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts vom 7.5.2019 wurden die Parteien des Verfahrens von den Beschwerden informiert.

4. Mit Schreiben vom 23.5.2019 brachte die PW eine Stellungnahme zu den Beschwerden ein und legte eine Beilage vor.

5. Mit Schreiben vom 27.5.2019 legten die BF 6 eine Stellungnahme vor.

6. Mit Beschlüssen vom 23.7.2019, 01.8.2019 und 29.8.2019 wurden Sachverständige (SV) für die Fachbereiche Verkehrstechnik, Luftreinhaltetechnik, Lärmschutz, Agrartechnik/Boden, Naturschutz, Grundwasserhydrologie, Forstökologie, Wasserbautechnik/Gewässerökologie, Umwelthygiene und Raumordnung/Landschaftsbild im Beschwerdeverfahren bestellt. Ihnen wurde ein zuvor im kurzen Wege abgestimmter Beschwerdepunktekatalog zur Bearbeitung übermittelt und sie wurden in der Folge ersucht, ihre Gutachten schriftlich bis Mitte Dezember 2019 dem Gericht vorzulegen.

7. Der SV für Verkehrstechnik forderte ergänzende Unterlagen zu seinem Fachbereich von der PW, wobei in einer Besprechung am 17.09.2019 die Nachforderung aus rechtlichen Gründen reduziert wurde.

8. Die PW legte die ergänzenden Unterlagen am 20.11.2019 dem Gericht vor, das den Beschwerdeführern die Möglichkeit einräumte, von diesen im Wege der Akteneinsicht Kenntnis zu nehmen.

9. Die SV erstatteten ihre Gutachten bis Mitte Dezember 2019. Diese wurden an die Verfahrensparteien übermittelt.

10. Eine für 27.-29.1.2020 anberaumte mündliche Verhandlung musste mit Schreiben vom 15.1.2020 wegen Krankheit der verfahrensleitenden Richterin abberaumt werden.

11. Mit Schreiben vom 30.1.2020 nahm die PW zu den Gutachten Raumordnung und Verkehrstechnik Stellung und brachte den Leitfaden „Landesstraßen Neubauvorhaben in NÖ – Standardisierte Vorgangsweise zum Nachweis des öffentlichen Interesses“ aus 2017 ins Verfahren ein, der allen Verfahrensparteien zur Kenntnis gebracht wurde.

12. Mit 6.3.2020 kam es zu einem Wechsel der zuständigen Gerichtsabteilung. Mit Schreiben vom 25.5.2020 wurde für 3.,4.,18. und 21.9. eine mündliche Verhandlung anberaumt.

13. Mit Schreiben vom 13., 14. und 15.7.2020 übermittelten die BF 2, 3 und 6 Stellungnahmen zu den ergänzenden Gutachten der gerichtlich bestellten Sachverständigen.

14. Mit Eingabe vom 28.8.2020 übermittelte die PW eine Stellungnahme zu den von den Beschwerdeführern vorgebrachten Feldhamster- und Zieselvorkommen; diese wurde direkt von der PW auch an die Sachverständige für Naturschutz und die BF übermittelt.

15. Am 2. und 3.9.2020 fand der erste Teil der mündlichen Beschwerdeverhandlung statt. In der Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage zu den Fachbereichen Forstökologie, Landschaftsbild, Naturschutz, Boden und Landwirtschaft, Wasserbautechnik und Grundwasserhydrologie, sowie Lärmschutz und sämtliche Gutachten dazu erörtert. Zu den Fachbereichen Forstökologie, Landschaftsbild, Naturschutz mit Ausnahme der Auswirkungen auf die Zieselpopulation, Boden und Landwirtschaft, Wasserbautechnik und Grundwasserhydrologie wurde der Schluss des Ermittlungsverfahrens verkündet.

16. Mit Schreiben vom 11.9.2020 legte die PW den vom SV für Lärmschutz in der Verhandlung vom 3./4.9. geforderten Nachweis zu den Fassadenpunkten-Betriebsphase vor.

17. Am 17.9.2020 langten Stellungnahmen der BF1, 2 und 3 zum Thema „Ziesel“ ein, am 18.9. auch eine Stellungnahme der BF 6 zu den Bereichen Lärmschutz und Umwelthygiene.

18. Am 18. und 21.9.2020 fand der zweite Teil der mündlichen Beschwerdeverhandlung statt. In der Verhandlung wurde die Sach- und Rechtslage zu den Fachbereichen Verkehr, Lärmschutz, Raumordnung, Luftreinhaltetechnik und Umwelthygiene und sämtliche Gutachten dazu erörtert. Zu diesen Fachbereichen wurde auch der Schluss des Ermittlungsverfahrens verkündet.

19. Mit Schriftsatz vom 25.9.2020 nahm die PW zu artenschutzrechtlichen Aspekten und zum öffentlichen Interesse Stellung.

20. Am 2.10.2020 langte eine Stellungnahme der BF 6 zum Thema „Ziesel“ ein.

21. Am 6.10.2020 langten eine Stellungnahme der BF 3 zum Thema „Ziesel“ und eine Stellungnahme der BF 1 zu artenschutzrechtlichen Fragen ein.

22. Am 7.10.2020 fand der dritte Teil der mündlichen Beschwerdeverhandlung statt. In der Verhandlung wurde ausschließlich die Sach- und Rechtslage zum artenschutzrechtlichen Themenbereich „Ziesel“ erörtert.

23. Mit Schreiben vom 9.10.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die PW um eine planliche Darstellung der Lärmschutzwände, Zieselleiteinrichtungen und Zieselquerungshilfen, mit Schreiben vom 13.10.2020 um Vorlage eines Fachgutachtens zur Frage, ob die Zieselpolulation im Vorhabensraum nach Errichtung des Vorhabens in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt, binnen drei Wochen.

24. Mit Schriftsatz vom 9.10.2020 ersuchte die PW um Erstreckung der Bauvollendungsfristen um die Dauer des Beschwerdeverfahrens.

25. Mit Stellungnahme samt Urkundenvorlage vom 30.10.2020 übermittelte die PW eine Präzisierung der in der Verhandlung vom 7.10.2020 bekanntgegebenen Projektergänzung in Bezug auf Leiteinrichtungen und Querungshilfen für den Ziesel durch Vorlage ener planlichen Darstellung samt textlicher Beschreibung, sowie eine gutachterliche Stellungnahme zur Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung.

26. Mit Schreiben vom 13.11.2020 übermittelte die naturschutzfachliche Sachverständige eine Stellungnahme dazu.

27. Zu den unter 25 und 26 zitierten Unterlagen langten in der Folge Stellungnahmen der BF 1, 2 und 3 ein.

28. Am 9.12.2020 wurde zu Fragen der artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung eine weitere mündliche Verhandlung durchgeführt, nachdem die BF 1, 2 und 3 eine solche beantragt hatten.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen und Beweiswürdigung:

1.1. Allgemeines:

Der Sachverhalt ergibt sich insbesondere aus den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakten und den im Beschwerdeverfahren eingeholten Stellungnahmen wie auch den Ergebnissen der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um gemäß Paragraph 19, Absatz 7, UVP-G 2000 anerkannte Umweltorganisationen, Nachbarn und ordnungsgemäß zustande gekommene Bürgerinitiativen. Die Beschwerden wurden fristgerecht eingebracht.

Mit dem Vorhaben „Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2“ soll der noch fehlende vierte Teil der von der PW geplanten Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen im Raum Wiener Neustadt verwirklicht werden. Bereits umgesetzt wurden 2006 die B 17 Niveaufreimachung ÖBB, 2008 die B 21b Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 1, und 2012 die B 17 Umfahrung Sollenau- Theresienfeld. Ziel des Umfahrungsprojekts ist die Entlastung der Ortskerne von Wiener Neustadt und Lichtenwörth vom Durchzugsverkehr und damit eine Verringerung der Belastungen durch Luftschadstoffe und Lärm sowie eine Verminderung der Trennwirkung. Durch die geplanten Maßnahmen soll die Lebensqualität in den entlasteten Wohngebieten angehoben, die Verkehrssicherheit erhöht, die Unfallzahlen gesenkt und eine hochwertige Straßeninfrastruktur zur Verkehrsbündelung im Raum Wiener Neustadt geschaffen werden.

Das Projekt umfasst die Errichtung der B 17 – Umfahrung Wiener Neustadt Ost auf einer Länge von 4.324 m, den Umbau der bestehenden Knoten B 21b/B 60 im Norden und S 4/B 53 im Süden, die Anpassung der bestehenden Knotenzufahrten von S 4, B 21b, B 53 und B 60 sowie die Verlegung der L 4089. Bei Km 2+014 wird die Anbindung „Alte Fabrik“ auf einer Länge von 231 m errichtet, welche einen Anschluss des untergeordneten Straßennetzes an die B 17 darstellt.

Im Verlauf der B 17 – Umfahrung Wiener Neustadt Ost werden insgesamt fünf Brückenobjekte errichtet. Bei Km 0+754 überquert die B 17 mit dem Objekt B17.01 – „Brücke der B 17 über die Warme Fischa bei Lichtenwörth“ die „Warme Fischa“, mit dem Objekt B17.02 – „Brücke der B 17 über einen Wirtschaftsweg bei Lichtenwörth“ bei Km 0+861 einen Wirtschaftsweg und mit dem Objekt B17.03 – „Brücke der B 17 über einen Werkskanal bei Lichtenwörth“ bei Km 0+957 den „Fischa – Mühlbach“. Die beiden weiteren Objekte stellen Überführungen über die B 17 dar, bei Km 2+894 quert die „Wiener Neustädter Straße“ die B 17 mit dem Objekt B17.Ü01 – „Brücke der Gemeindestraße „Am Triangel“ über die B 17 bei Wiener Neustadt“, bei Km 3+409 ein Wirtschaftsweg mit dem Objekt B17.Ü02 – „Brücke der Gemeindestraße „Rechte Kanalzeile“ über die B 17 bei Wiener Neustadt“.

Der bestehende Kreisverkehr am Knoten zwischen der B 21b und der B 60 wird durch eine Verkehrslichtsignalanlage ersetzt, die Anbindung der L 4089 wird entlang der B 60 Richtung Nord-Osten verlegt und erfolgt mit einem neu zu errichtenden T-Knoten, der ebenfalls mit einer Verkehrslichtsignalanlage geregelt wird. Der zweistreifige Bestandsquerschnitt der B 21b wird von B 17 Projekt- Km 0+468 in eine Aufweitung für den Knoten B 60 übergeführt, die B 60 wird in 2 Abschnitten auf einer Gesamtlänge von 485 m an die Knotenumbauten angepasst. Zusätzlich wird entlang der B 60 auf der Südseite vom Fußgängerübergang bei der Niederländergasse bis zur Ausfahrt von der Tankstelle ein kombinierter Geh- und Radweg hergestellt. Dabei werden auch die betroffenen privaten Grundstückszufahrten entsprechend adaptiert.

Dies ergibt sich aus Pkt. römisch eins.6.1 und römisch eins.6.3 des angefochtenen Bescheides. Das Bundesverwaltungsgericht hält auch die dazugehörige Beweiswürdigung der belangten Behörde für richtig.

1.2. Verkehr und öffentliches Interesse:

Die Feststellungen und beweiswürdigenden Ausführungen zu diesen Fachbereichen ergeben sich im Wesentlichen aus der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) und den verkehrsbezogenen Projektunterlagen, dem Umweltverträglichkeitsgutachten (UV-GA), dem Teilgutachten (TGA) 18 Verkehrstechnik, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten des SV für Verkehrstechnik (GA BVwG Verkehrstechnik) im Beschwerdeverfahren vom 10.12.2019 sowie den Unterlagen, die im Beschwerdeverfahren nachgereicht wurden, wie z.B. die Verkehrsuntersuchung 2019 und die Ergänzungen betreffend Auswirkungen des Sicherheitsausbaus der S4, sowie aus den Darlegungen dazu in der mündlichen Verhandlung.

1.2.1.   Die BF 1 brachte Einwendungen zum Verkehrsmodell und zur Verkehrsuntersuchung ein (Beschwerde, Sitzung 8-11).

Bemängelt wird von der BF 1 die Qualitätssicherung und Validierung der Verkehrsuntersuchung. Qualivermo etwa gelte als erprobt und würde den Stand der Technik darstellen. Der SV Verkehrstechnik führte in seinem GA BVwG auf Sitzung 19-20 aus, dass die Darlegung der Konfidenzintervalle der Bestandsumlegung gemäß dem Forschungsbericht Qualivermo gängige Praxis in UVP-Verfahren von Straßenprojekten ist und im gegenständlichen Verfahren von ihm nachgefordert wurde. Die dementsprechend vorgelegte Verkehrsuntersuchung 2019 zeigte nach den Angaben des SV Verkehrstechnik, dass die Übereinstimmung zwischen der Modellrechnung und den Zählwerten 2013 als gut einzustufen ist. Die relativen Konfidenzintervalle für die Abweichungen betragen zwischen 14 % und 15 %, das absolute Konfidenzintervall 1.600 Kfz/24h bis 2.030 Kfz/24h. Auf Grund der bestehenden Abweichungen gibt es nach den schlüssigen Ausführungen des SV Verkehrstechnik keinen Hinweis darauf, dass die Verkehrsstärkenermittlung nicht zumindest näherungsweise einer zufälligen Wahrscheinlichkeitsverteilung folgt. Manuelle Korrektureingriffe (die nicht einer allgemein gültigen Regel folgen und die Erklärungsqualität der Ergebnisse nicht anheben) haben das Ergebnis zudem nicht wesentlich beeinflusst.

Die Einwendungen der BF 1 zur Qualitätssicherung und Validierung der Verkehrsuntersuchung waren insofern nachvollziehbar, als auch der SV Verkehrstechnik entsprechende Unterlagen nachforderte und begutachtete. Im Ergebnis ergaben sich aber keine fachlich nachvollziehbaren Bedenken an der Qualität der Verkehrsuntersuchung und solche wurden auch nicht von der BF 1 vorgebracht. Die Anmerkungen der BF 1 zu nicht eruierbaren manuellen Eingriffen gehen vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen ebenso ins Leere.

Die BF 1 führte weiters ins Treffen, dass für die Referenzplanfälle möglicherweise eine besonders starke Verkehrsentwicklung im Bestandsnetz angesetzt und hohe Prognosewerte ausgewiesen worden seien, um den Maßnahmenplanfall günstiger aussehen zu lassen. Im Ergebnis würde dies eine (unbegründete) Verzerrung der Verkehrsentwicklung zugunsten der Projektwerberin mit größeren Entlastungseffekten bzw. geringeren oder verschleierten Belastungen durch das Vorhaben jeweils im Vergleich zum jeweiligen Referenzplanfall bedeuten. Inwieweit dies beim gegenständlichen Vorhaben angenommen werden müsse, sei noch vertieft zu überprüfen.

Zunächst übersieht die BF 1, dass sie fachlich begründete Einwendungen vorbringen müsste, um die Plausibilität der Referenzplanfälle in Zweifel zu ziehen.

Der SV Verkehrstechnik forderte in diesem Zusammenhang auf Grund der Veraltung des Verkehrsmodells ergänzend eine Evaluierung der Verkehrsentwicklungen 2013 bis 2018. Nachvollziehbar legte er dar, dass in der Zeitspanne zwischen 2013 und 2017 von einer durchschnittlichen jährlichen Steigerungsrate von 1,8 % im DTVMo-Fr und in der Zeitspanne zwischen 2013 und 2018 von einer durchschnittlichen jährlichen Steigerungsrate von 1,6 % im DTVMo-Fr auszugehen ist. Dem ist die in der Verkehrsprognose berücksichtigte Zunahme der Verkehrsleistung zwischen 2013 und 2030 um ca. 35 % im Untersuchungsgebiet gegenüber zu stellen. Aus dieser Zunahme errechnen sich mittlere jährliche Zunahmen der Verkehrsleistung um 1,8 % bis zum Jahr 2030. Den Vergleich aus Verkehrsstärken an Zählstellen (DTVMo-Fr) und der Verkehrsleistung aus dem Modell beurteilte der SV als fachlich zulässig, womit sich die Entwicklungen 2013 bis 2018 an verschiedenen Zählstellen gut in die Entwicklungen 2013 bis 2030 aus den Verkehrsuntersuchungen 2014 und 2019 einfügen (Kap. 3.6. bis 3.8. des GA BVwG Verkehrstechnik).

Festgestellt wird:

Unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums bis 2030 um 13%, einer 1%igen Zunahme der Kfz-Fahrten pro Person und Jahr für den Quell-, Ziel- und Außenverkehr von Wiener Neustadt und der Verkehrserzeugung zusätzlicher konkreter Nutzungen und Siedlungsentwicklungen ergibt sich im Untersuchungsgebiet eine Zunahme der Verkehrsleistung bis 2030 um 35% gegenüber dem Jahr 2013. Für diese Trendprognose wird von einer leicht positiven Wirtschaftsentwicklung und von weitgehend unveränderten verkehrspolitischen Rahmenbedingungen ausgegangen. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist die Verkehrsprognose 2030 aus der Verkehrsuntersuchung 2014 auch nach heutigem Wissensstand als plausibel zu bewerten und ist als Grundlage für die Abschätzung der Umweltauswirkungen geeignet. Auch das in den aktuellen ÖROK-Prognosen, gegenüber dem Ansatz aus der Verkehrsuntersuchung 2014, etwas nach oben korrigierte Bevölkerungswachstum bis 2030 ändert an dieser Einschätzung nichts.

Im Zusammenhang mit der Klimaschutz- und Klimawandeldebatte geänderte verkehrspolitische Rahmenbedingungen und umgesetzte verkehrspolitische Maßnahmen, negative Wirtschaftsentwicklungen, Veränderungen im Modal Split und veränderte Treibstoffpreise würden zu einer geringeren Zunahme der Verkehrsbelastungen bis 2030 führen. Dies ist aber aus heutiger Sicht nicht in ausreichendem Maße abschätzbar. Eine Trendprognose liegt tendenziell auf der sicheren Seite.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren GA BVwG Verkehrstechnik, Kap. 9.

Der Sachverständige hat bei der Prüfung der Plausibilität des Verkehrsmodells sowohl die Qualität der Bestandsumlegung, die Strukturdaten und Strukturprognosen sowie sonstige Eingabedaten wie absehbare Entwicklungen und deren Verkehrserzeugung eingehend geprüft. Es kann nicht davon gesprochen werden, dass die „Messlatte“ niedrig angelegt wurde.

Eine Sensitivitätsanalyse für den Prognosefall ist nicht gängige Praxis. Etwaige Festlegungen und Abschätzungen, die dafür getroffen werden müssen, sind auf ihre Art willkürlich und mit Unsicherheiten behaftet. Aus diesem Grund ist daraus keine größere Erklärungsqualität ableitbar.

Die „Corona-Krise“ hat Auswirkungen auf die Verkehrsbelastungen. Aus heutiger Sicht ist ein Szenario ähnlich der Wirtschaftskrise 2008 nicht unwahrscheinlich. Die Wirtschaftskrise 2008 hat zu einer Verzögerung der Entwicklungen geführt. Ähnliches ist auch im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu erwarten. Dies stellt die angeführte Trendprognose nicht grundsätzlich in Frage.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen des verkehrstechnischen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung Sitzung 55-56 sowie 65 der Verhandlungsschrift).

Festzustellen ist weiters:

Es ist auch davon auszugehen, dass die Wirkungen auf das untergeordnete Straßennetz realistisch dargestellt werden konnten, da nicht davon auszugehen ist, dass im untergeordneten Straßennetz (Anliegerstraßen) relevante Wirkungen eintreten werden, dies insb. auch deshalb, da im Maßnahmenplanfall 1-2030 keine begleitenden verkehrsberuhigenden Maßnahmen im Stadtgebiet Wr. Neustadt berücksichtigt werden, die Ausweichverkehre ins untergeordnete Straßennetz verursachen würden. Die Zulaufstrecken zur Umfahrung Wr. Neustadt sind aber vollständig abgebildet (Kap. 3.6 GA BVwG Verkehrstechnik).

Der induzierte Verkehr des Vorhabens (zusätzliche 3.500 Kfz-Fahrten/Tag) wurde ausreichend berücksichtigt. Dies ergibt sich schlüssig aus Kap. 4.2.1. GA BVwG Verkehrstechnik.

Das Untersuchungsgebiet für den Fachbereich Verkehr wurde ausreichend groß gewählt um alle relevanten Auswirkungen des Vorhabens zu erfassen. Das in den Verkehrsbelastungsplänen dargestellte Untersuchungsgebiet reicht insbesondere für die Beurteilung des Vorhabens hinsichtlich der Auswirkungen auf die Verkehrsqualität und auf die Verkehrssicherheit aus. Dies ergibt sich schlüssig aus Kap. 3.1. GA BVwG Verkehrstechnik.

Verkehrsentlastung Prognosereichweite: Ein „Wiederauffüllen“ frei werdender Kapazitäten im Kfz-Verkehr würde die positiven Auswirkungen auf die Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs konterkarieren. Zur Kontrolle wird das Verkehrsmonitoring durch eine zusätzliche Auflage auch auf die entlasteten Strecken ausgedehnt.

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig aus den Kap. 4.4. und 5 GA BVwG Verkehrstechnik.

1.2.2. Zur Durchgängigkeit für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr (diese wurde moniert von BF 1, 3 und 4):

Bei der Beurteilung der Verkehrsqualität im Radverkehr ist die Anzahl an Alternativen in der hauptsächlich angesprochenen Relation Lichtenwörth-Wiener Neustadt zu berücksichtigen. Es macht in der Bewertung einen Unterschied, ob eine einzige Alternative durch das Projekt unterbrochen wird oder ob im Bestand bereits mehrere Alternativen vorhanden sind. Insgesamt kann die Verkehrsqualität für den Alltagsradverkehr, die sich über die Erreichbarkeiten und die Verkehrssicherheit für die radfahrenden VerkehrsteilnehmerInnen definiert, für alle bedeutenden Alltagsradrouten aufrechterhalten werden. Die Unterbrechung der Radverbindung von Lichtenwörth über den Kapellenweg und den Haderäckerweg zur Anbindung des Fischabach-Radweges, die von großer Bedeutung ist, durch das Vorhaben stellt eine deutliche Verschlechterung dar, die durch die neue Auflage römisch eins.4.15.6 vermieden wird. Die sonstigen Unterbrechungen bestehender Radverkehrsverbindungen stellen unter Berücksichtigung der Alternativen keine relevanten Verschlechterungen dar. Eine Steigung von 5 % über eine relativ kurze Weglänge bei der unmittelbaren Überführung stellt eine vertretbare Steigung dar. Im Bereich des Anschlusses des Vorhabens an die B60 Pottendorfer Straße kommt es durch die Umgestaltung der Kreuzung von einem Kreisverkehr zu einer lichtsignalgeregelten Kreuzung zu einer Verbesserung für den Radverkehr.

Dies ergibt sich aus den Aussagen des verkehrstechnischen Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsschrift Sitzung 48-49)

1.2.3. Die BF 2 meinten, die Immissionsbelastung sei iSd Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer 2, Litera b, UVP-G 2000 möglichst gering zu halten, was nicht geschehen sei, weil insbesondere ein altes Verkehrsgutachten verwendet worden sei (Beschwerde, Sitzung 4-5).

Basis für das Verkehrsmodell war die Verkehrsnachfrage 2013 und Verkehrsbefragungen aus dem Jahr 2008. Seither sind einige Jahre vergangen. Wesentlich ist in diesem Zusammenhang, ob die Entwicklungen zwischen 2013 und 2018 von den Entwicklungen bis 2030 aus den Verkehrsuntersuchungen abweichen bzw. ob die Verkehrsprognose 2030 aus den Verkehrsuntersuchungen nach derzeitigem Wissensstand aufrechterhalten werden kann. Zur Beantwortung dieser Frage wurde vom unterzeichnenden Sachverständigen eine Evaluierung der Verkehrsentwicklungen 2013 bis 2018 gefordert.

Siehe dazu oben die Feststellungen bei Pkt. 1.2.1., wonach sich eine Plausibilität der Trendprognose ergibt.

1.2.4. Die BF 3, 4, 5 und 6 machten im Ergebnis auch geltend, das öffentliche Interesse am Vorhaben sei nicht nachgewiesen worden. Die Prognosegrundlagen und Planzahlen, die verwendet worden seien, seien unschlüssig und veraltet. Ein öffentliches Interesse könne daraus nicht abgeleitet werden, die Verkehrsentlastung treffe nicht zu und zum Teil würden Daten fehlen. Als Beispiele für mangelhafte Prognosen wurden die Grazer Straße und die Nestroystraße angeführt. Die Verkehrsmodellrechnung und die Verkehrsuntersuchung Planfall 1-2030 seien mangelhaft bzw. nicht nachvollziehbar. Die Planungen würden zudem den Zielsetzungen im Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ widersprechen. Das Vorhaben sei abzuweisen, weil das öffentliche Interesse nicht dargelegt werden hätte können und nicht dargelegt würde, dass sich ungünstige Verkehrsverhältnisse verbessern würden. Das öffentliche Interesse am Vorhaben liege nicht vor, da im Teilgutachten Verkehrstechnik bestenfalls geringfügige Entlastungen für einzelne Straßenabschnitte prognostiziert würden; die entsprechenden Erhebungen seien nicht nachvollziehbar. Es sei eine Verbesserung für die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs angenommen worden, es sei aber nicht dargelegt worden, ob die Entlastung überhaupt wahrnehmbar sei.

Dazu enthalten sowohl der angefochtene Bescheid Sitzung 135 ff) als auch das GA BVwG Verkehrstechnik (Kap. 4.4.) Aussagen, die in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vertieft wurden. Auf dieser Grundlage wird festgestellt:

1.2.4.1. Zu Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs:

Die Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2 ist das letzte fehlende Teilstück des „Umfahrungsringes“ Wiener Neustadt. Durch diesen „Lückenschluss“ wird grundsätzlich die Möglichkeit für weitergehende Verkehrsverlagerungen und damit Entlastungen im Kfz-Verkehr geschaffen. Im Planfall 1-2030 führt das zusätzliche Netzelement Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2 zu Entlastungen im innerstädtischen Straßennetz von Wiener Neustadt. Die größten Entlastungen ergeben sich im Ortsgebiet von Lichtenwörth auf der L 4089. Wesentlich geringer entlastet werden die B 17-Grazer Straße, die Stadionstraße bzw. die Nestroystraße und die B 60 westlich der Umfahrung Ost. Dies ist plausibel, da für die Ortsdurchfahrt von Lichtenwörth im Verkehrsmodell für den Planfall 1-2030 eine starke Verkehrsberuhigung unterstellt wird, während im Zentrum von Wiener Neustadt keine begleitenden verkehrsberuhigenden Maßnahmen im Verkehrsmodell berücksichtigt sind. Die dargelegten Entlastungen kompensieren die prognostizierten Verkehrszunahmen bis 2030 zumindest zum Teil.

Die hohen Anteile an Aus- und vor allem EinpendlerInnen im Berufsverkehr und an Einkaufs- und Erledigungsverkehr in Wiener Neustadt (Quell- und Zielverkehr) lassen den Schluss zu, dass das Verlagerungspotenzial innerhalb des „Umfahrungsringes“ von Wiener Neustadt, vor allem ohne begleitende innerstädtische Verkehrsberuhigungsmaßnahmen, eingeschränkt ist. Die dargelegten Entlastungen kompensieren die prognostizierten Verkehrszunahmen bis 2030 zumindest zum Teil.

Konkret kommt es zu folgenden Veränderungen infolge der Errichtung des Vorhabens:

Kfz/24h und Lkw-Anteile in % für den DTVW für die Planfälle 0-2030 und 1-2030 inkl. Veränderung Straßenquerschnitt

Planfall 0 – 2030

Planfall 1 – 2030

Veränderung Kfz

Kfz/24h

Lkw-Anteil

Kfz/24h

Lkw-AL Lkw-Anteil

B 17 Grazer Straße

30.300

5 %

27.900

5 %

-8 %

B 60 Pottendorfer Straße

18.200

5 %

15.100

5 %

-17 %

B 53 westl. Zubr S 4

23.500

7 %

24.700

8 %

+5 %

B 53 östl. Zubr S 4

17.800

7 %

20.600

8 %

+16 %

Nestroystr.

15.300

5 %

14.400

5 %

-6 %

Stadionstr.

12.300

5 %

10.100

5 %

-18 %

B 21b östlich Umfahrung Sollenau-Theresienfeld

15.000

11 %

18.800

11 %

+25 %

L 4089 Zentrum Lichtenwörth

10.000

7 %

6.100

5 %

-40 %

B 17 Umfahrung Sollenau

10.300

11 %

11.400

11 %

+11 %

S 4 Wr. Neustadt Süd und Knoten Wr.Neustadt

28.600

8 %

28.900

8 %

+1 %

A 2 Wr.Neustadt West und Wöllersdorf

109.500

11 %

106.400

11 %

-3 %

Umfahrung Ost; Teil 2

-

-

14.200

10 %

-

Der Einfluss des Sicherheitsausbaus der S4 auf diese Veränderungen ist unwesentlich. Siehe dazu unten Pkt. 1.2.5.

Wenn auch das Verlagerungspotenzial ohne begleitende verkehrsberuhigende Maßnahmen im Zentrum von Wiener Neustadt nicht vollständig ausgeschöpft wird, können die in den Verkehrsuntersuchungen 2014 und 2019 dargestellten Entlastungen gegenüber dem Planfall 0-2030 entlang der Route B 60 – Stadionstraße – Nestroystraße, auf der B 17 Grazer Straße und insbesondere in der Ortsdurchfahrt von Lichtenwörth auf der L 4089 die Flüssigkeit des Verkehrs und die Verkehrssicherheit in unterschiedlichem Ausmaß positiv beeinflussen. Auf die Anforderungen an die Fuß- und Radverkehrsanlagen wird, unter Berücksichtigung des Auflagenvorschlages zur Aufrechterhaltung der Radverkehrsverbindung Nadelburg-Radweg – Kapellengasse, ausreichend Bedacht genommen.

Ein „Wiederauffüllen“ freiwerdender Kapazitäten im Kfz-Verkehr würde die positiven Auswirkungen auf die Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs konterkarieren. Zur Kontrolle wird das Verkehrsmonitoring durch die neue Auflage römisch eins.4.15.5 auch auf die entlasteten Strecken ausgedehnt.

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Kap. 4.2.1 und 4.4 des GA BVwG Verkehrstechnik.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung hat der Sachverständige für Verkehrstechnik weiters klargestellt, dass die Verkehrsbelastungen im Stadtgebiet von Wiener Neustadt nicht in dem Maße vermindert werden, dass es mehr als leichte Verbesserungen die Trennwirkung betreffend geben wird (Verhandlungsschrift Sitzung 71) und dass der Einfluss des Vorhabens in der eingereichten Form auf die Verkehrssicherheit gering ist. Dies gilt sowohl für die Verbesserung, als auch für eine etwaige Verschlechterung durch eine Zunahme der Verkehrsbelastungen (Verhandlungsschrift Sitzung 64/65).

1.2.4.2. Zu Verbesserung ungünstiger Verkehrsverhältnisse:

Ungünstige Verkehrsverhältnisse im Hinblick auf die Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs können durch die Verkehrsentlastungen in unterschiedlichem Ausmaß positiv beeinflusst werden. Weitergehende Verlagerungswirkungen und weitergehende Entlastungen im innerstädtischen Straßennetz, auch im Sinne einer Attraktivierung, einer Erhöhung der Aufenthaltsqualität im Straßenraum und einer Minderung der Trennwirkungen für den nichtmotorisierten Verkehr, können durch verkehrsberuhigende Begleitmaßnahmen im innerstädtischen Straßennetz und Ausschöpfung des Verlagerungspotenzials erreicht werden. Durch die Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2 wird grundsätzlich die Möglichkeit für weitergehende Verkehrsverlagerungen und damit Entlastungen im Kfz-Verkehr geschaffen. Dies ist aber nicht Teil des Vorhabens selbst.

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus den Kap. 4.2.1. und 4.4 des GA BVwG Verkehrstechnik, die dieser in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erläutert hat Sitzung 65 der Verhandlungsschrift).

1.2.4.3. Zu Vermeidung größerer Zeitaufwände:

Durch das Vorhaben werden insbesondere die Erreichbarkeiten von Einrichtungen und Arbeitsplätzen im Stadtteil Civitas Nova, des zukünftigen Standortes des Krankenhauses Wiener Neustadt und des geplanten Standortes des Stadions Wiener Neustadt verbessert. Reisezeitgewinne ergeben sich insbesondere für den Quell- und Zielverkehr im Stadtgebiet zwischen der B 60, der B 21b und der B 17, aus und in Richtung S 4 und/oder A 2.

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus Kap. 4.4 des GA BVwG Verkehrstechnik.

1.2.4.4. Zum übergeordneten Bedarf:

Das Vorhaben ist mit einem Realisierungshorizont bis 2025 als Maßnahme der Kategorie 1 im Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ enthalten. Landesstraßenprojekte wurden in das Mobilitätskonzept aufgenommen, wenn sie für das niederösterreichische Gesamtstraßennetz relevant sind (GA BVwG Verkehrstechnik, Kap. 4.4) Das Mobilitätskonzept 2030+ ist von der Landesregierung am 30.6.2015 beschlossen worden und manifestiert die verkehrspolitische Gesamtplanung des Landes Niederösterreich und damit die Wahrnehmung der infrastrukturellen Planentscheidungskompetenz der Landesregierung. Dies legte die Projektwerberin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung dar Sitzung 58 der Verhandlungsschrift, Kap. 8.6.11 des angefochtenen Bescheides). Wirkungsanalysen zur Priorisierung von Straßenbauvorhaben in Niederösterreich haben eine Einordnung des Vorhabens in die Kategorie 1 ergeben (Kap. 8.6.12 des angefochtenen Bescheides).

Allgemeine Vorgaben wie die verpflichtende EU-Vorgabe zur CO2-Reduktion bis 2030 und Klimaneutralität bis 2050, die insbesondere auch den emissionsstarken Verkehrssektor betrifft, wurden bei der Planung und Einreichung des Vorhabens nicht berücksichtigt. Studien und Befragungen zum zukünftigen Mobilitätsverhalten, wie eine von BF 3 angeführte Studie des VCÖ, wonach jeder 6. Autofahrer damit rechne, 2025 kein Auto mehr zu besitzen, wurden in der Analyse des übergeordneten Bedarfs ebenfalls nicht berücksichtigt (Verhandlungsschrift Sitzung 58/59).

Im angefochtenen Bescheid (Kap. 8.6 der Begründung) führt die Behörde zum übergeordneten Bedarf an: Belebung des Ortskerns von Lichtenwörth, Anbindung des Zentrums für Medizinische Infrastruktur (Ionenforschungszentrum MedAustron, Logistikzentrum Wr. Neustadt, Neubau Landesklinikum), Erschließung von Entwicklungsflächen mit gewerblicher und industrieller Nutzung, Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des Straßennetzes und der Verkehrsqualität im Raum Wr. Neustadt.

In der Projektbegründung Einlage UV 01.02-02 der Vorhabensunterlagen der Projektwerberin wird bei den Projektzielen (Kap. 4.2) auch explizit darauf eingegangen, dass das Ziel der Entlastung der Orts- und Stadtkerne vom Durchzugsverkehr und damit eine Verminderung der Trennwirkung im Zusammenhang mit den anderen Modulen Umfahrung Wr. Neustadt Ost Teil 1 und Umfahrung Sollenau erreicht werden soll.

1.2.5. In ihrer Stellungnahme zum GA BVwG Verkehrstechnik vom 15.7.2020 wies die BF 2 auf den bevorstehenden Ausbau der S4 hin, wonach diese ab dem Jahr 2021 zwischen Wr. Neustadt und Mattersburg vierstreifig ausgebaut und dann möglicherweise mit 130 km/h befahrbar sein werde. Die dadurch möglicherweise verursachte Verkehrserhöhung sei nicht berücksichtig worden.

Dazu wird festgestellt, dass der Sicherheitsausbau der S4 an sich aufgrund ausreichender Leistungsfähigkeit und ausreichender Kapazitäten im Bestand zu keinen maßgebenden Verkehrsverlagerungen führt. Eine Geschwindigkeitserhöhung auf der S4 führt jedoch tendenziell zu großräumigeren Verkehrsverlagerungen und zu einem Verkehrsanstieg auf der S4 selbst. Die Veränderungen im Stadtgebiet von Wiener Neustadt, am Vorhaben selbst und an den durch das Vorhaben beeinflussten Straßenzügen hingegen sind als gering zu bewerten. Grund dafür ist auch der hohe Anteil an Quell- und Zielverkehr, für den eine Geschwindigkeitserhöhung auf der S4 nicht maßgebend ist. Die von der Projektwerberin diesbezüglich vorgelegten Prognosewerte sind plausibel.

Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren und plausiblen Aussagen des verkehrstechnischen Sachverständigen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift Sitzung 46 mit Beilagen 2 und 9).

1.3. Schall

Die Feststellungen zu diesem Fachbereich ergeben sich aus der UVE und den schallbezogenen Projektunterlagen, dem UV-GA, TGA 11 Lärmschutz, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten des SV für Lärmschutz (GA BVwG Lärmschutz) im Beschwerdeverfahren vom Dezember 2019, sowie aus der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.3.1.   Die BF 1 monierte, die BstLärmIV sei im gegenständlichen Vorhaben nicht anzuwenden, mittlerweile wäre die LStLärmIV erlassen worden, welche anzuwenden sei (Beschwerde, Sitzung 11).

Das TGA Lärmschutz zum UV-GA wurde jedoch unter Anwendung der besonderen Immissionsschutzvorschrift, der NÖ Landesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung (NÖ LStLärmIV) erstellt. Darüber hinaus wurden durch die Sachverständigen der Fachbereiche Umwelthygiene und Lärmschutz einvernehmlich Schutzziele formuliert, die teils über die Anforderungen dieser Verordnung hinausgehen.

Dies ergibt sich schlüssig aus dem GA BVwG Lärmschutz Sitzung 5 in Verbindung mit dem TGA Lärmschutz Sitzung 37/38.

1.3.2. Die BF 1 brachte weiters vor, eine verkehrsträgerübergreifende Betrachtung und eine Berücksichtigung von Gebieten mit geringer Vorbelastung und hoher Zusatzbelastung sei unterblieben; Rechenunsicherheiten seien zu groß; eine spätere Detailuntersuchung genüge nicht, um objektseitigen Lärmschutz schon im Verfahren festlegen zu können (Lärmschutz, Beschwerde, Sitzung 11-12). Auch die BF 3 befürchtete, dass das Vorhaben einen massiven Eingriff, wie durch Lärm, in die dinglichen Rechte der Bürger bewirke (Beschwerde, Sitzung 3), und dass eine Kumulierung von Lärmimmissionen, wie der gleichzeitige Ausbau der Pottendorfer Linie der ÖBB, nicht berücksichtigt worden sei (Beschwerde, Sitzung 3).

Dazu wird aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des GA BVwG Lärmschutz, Sitzung 6/7, festgestellt:

Es gibt bis dato keine standardisierten Regelwerke zur Berechnung der Immissionen von Quellen mit unterschiedlichen Geräuschcharakteristika, wie z.B. Bahnlärm, Fluglärm und Straßenverkehrslärm. Die Kumulation von gleichartigen Quellen (wie z.B. Straßenverkehrsgeräuschen) wurde bei den Berechnungen der UVE miteinbezogen. Diese Vorgangsweise entspricht dem derzeitigen Stand der Technik.

In Bereichen mit besonders niedriger Vorbelastung kommt es in der Betriebsphase zu Anhebungen der Immissionssituation, jedoch werden die durch die Sachverständigen der Fachbereiche Lärmschutz und Umwelthygiene festgelegten Schutzziele, die teils über die Anforderungen der NÖ LStLärmIV hinausgehen, bei Realisierung der in der UVE vorgesehenen Maßnahmen und bei Einhaltung der formulierten Auflagen erfüllt bzw. die Grenzwerte deutlich unterschritten.

Im Teilgutachten Lärmschutz wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten in der Bauphase durch die Korridorauflage römisch eins.4.8.9 in Verbindung mit Auflage römisch eins.4.8.10 definiert und es sind im Sinne des Paragraph 14, der NÖ LStLärmIV Detailuntersuchungen gemäß Auflage römisch eins.4.8.11 (Raumnutzungserhebung und Begehungen) durchzuführen. In der Betriebsphase wurde der Kreis der Anspruchsberechtigten durch Auflistung aller für Objektschutz in Frage kommender Gebäude/Fassaden festgelegt. Sämtliche aus schalltechnischer Sicht betroffenen Gebäude/Fassaden sind in Auflage römisch eins.4.8.17 des angefochtenen Bescheides aufgelistet und sind ebenfalls im Sinne des Paragraph 14, der NÖ LStLärmIV Detailuntersuchungen (Raumnutzungserhebung und Begehung) durchzuführen.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung bekräftigte der SV für Lärmschutz, dass es zur Kumulation unterschiedlicher Lärmquellen keine standardisierten Regelwerke und auch keine Grundlagen zur Entwicklung eines Standes der Technik gibt, und wies insbesondere darauf hin, dass die WHO in ihrer neuesten Leitlinie 2018 schon wie bisher auf Richtwerte für die einzelnen Quellen ohne die Berücksichtigung möglicher Wechselwirkungen eingeht (Verhandlungsschrift Sitzung 43-44).

Aufgrund der Aktualisierung der Verkehrszahlen aus Anlass des Sicherheitsausbaus der S4 hat der SV für Schallschutz eine Überprüfung der Rechenergebnisse durchgeführt. Diese hat ergeben, dass gemäß Paragraph 6, Absatz eins, LStLärmIV nunmehr eine zusätzliche Fassade Anspruch auf objektseitige Maßnahmen hat (Verhandlungsschrift Sitzung 73-74). Auf Grundlage der diesbezüglich schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des SV wird dazu festgestellt:

Die Pegelanhebungen liegen bei allen trassennahen Gebäuden im Zehntel-dB-Bereich bei 0,1 bis 0,2 dB. Bei der Fassade 281, römisch 40 liegt eine Änderung von vormals 45,0 dB auf 45,2 dB vor, wodurch sich die Beurteilung (Grenzwert 45,0 dB) von gerade eingehalten auf überschritten ändert.

Der SV schlägt daher die Änderung der Auflage römisch eins.4.8.17 in Pkt. römisch eins.2 des Spruches dieses Erkenntnisses vor.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung hat der SV für Lärmschutz weiters schlüssig und nachvollziehbar zur Frage der Rechengenauigkeit der verwendeten Computersoftware zur Berechnung der Lärmimmissionen Stellung genommen (Verhandlungsschrift Sitzung 80). Aufgrund dessen wird festgestellt:

Die im ggstdl. Projekt verwendete Software wurde in Österreich durch Ringversuche erfolgreich getestet. In der RVS 04.02.11 „Lärm und Luftschadstoffe; Lärmschutz“ wird in Kapitel 13 Testbeispiele für Rechenprogramme eine Genauigkeit von +/- 0, 1 dB (Emissionen) und +/- 0,2 dB (Immissionen) gefordert. Die Testbeispiele zur RVS werden unter Beachtung spezieller Qualitätssicherungsnormen erstellt. Die Methodik zur Beurteilung mittels Lärmindizes fußt auf der europäischen Umgebungslärmrichtlinie 2002/49/EG. Bei der Festlegung von Grenzwerten auf Basis von Dosis-Wirkungsrelationen sind die systemimmanenten Unsicherheiten berücksichtigt. Zusätzliche Sicherheitsmargen sind nicht erforderlich und auch nicht vorgesehen.

1.3.3. Der BF 5 vermeinte, er sei durch negative Auswirkungen hinsichtlich Lärmemissionen betroffen (Beschwerde, Sitzung 3), sein Antrag auf den Einbau von Lärmschutzfenstern sei nicht behandelt worden (Beschwerde, Sitzung 4) und sein Antrag auf Erstellung einer Studie zur Messbarkeit kumulativer Lärmimmissionen sei nicht behandelt worden (Beschwerde, Sitzung 4). Die BF 6 vermeinten als Nachbarn unmittelbar von Lärmemissionen betroffen zu sein (Beschwerde, Sitzung 6).

Dazu wird auf Grundlage des schlüssigen und nachvollziehbaren GA BVwG Lärmschutz, Sitzung 8/9, festgestellt:

Die Auswirkungen durch Lärmemissionen und -immissionen wurden in der fachlichen Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen zum UV-GA im behördlichen Verfahren detailliert behandelt.

Sämtliche aus schalltechnischer Sicht in der Betriebsphase betroffenen Gebäude/Fassaden sind in Auflage römisch eins.4.8.17 des angefochtenen Bescheides aufgelistet und es sind im Sinne des §14 der NÖ LStLärmIV Detailuntersuchungen (Raumnutzungserhebung und Begehungen) durchzuführen. Darüber hinaus gehende, projektkausale, objektseitige Maßnahmen sind aus schalltechnischer Sicht nicht begründbar. In Bezug auf bestehende Straßen wird auf die Richtlinie „Lärmschutz an Landesstraßen“ des Amtes der NÖ Landesregierung verwiesen.

Im gegenständlichen Fall ist bei der Beurteilung die „besondere Immissionsschutzvorschrift“ NÖ LStLärmIV anzuwenden. Im Übrigen gibt es bis dato keine standardisierten Regelwerke zur Berechnung der Immissionen von Quellen mit unterschiedlichen Geräuschcharakteristika, wie z.B. Bahnlärm, Fluglärm und Straßenverkehrslärm. Die Kumulation von gleichartigen Quellen (wie z.B. Straßenverkehrsgeräuschen) wurde bei den Berechnungen der UVE miteinbezogen. Diese Vorgangsweise entspricht dem derzeitigen Stand der Technik. Die Erstellung von Studien sprengt den Rahmen von Genehmigungsverfahren und ist facheinschlägigen, dafür autorisierten bzw. akkreditierten Institutionen außerhalb von Genehmigungsverfahren vorbehalten.

1.3.4. In ihrer Stellungnahme zum GA BVwG Verkehrstechnik vom 15.7.2020 wies die BF 2 auf den bevorstehenden Ausbau der S4 hin, wonach diese ab dem Jahr 2021 zwischen Wr. Neustadt und Mattersburg vierstreifig ausgebaut und dann möglicherweise mit 130 km/h befahrbar sein werde. Die dadurch möglicherweise verursachte Verkehrserhöhung (samt Auswirkungen auf den Schall sei nicht berücksichtigt) worden.

Dazu wurde eine Auflage geändert. Siehe die Ausführungen zu Pkt. 1.3.2.

1.4. Luftschadstoffe

Die Feststellungen zu diesem Fachbereich ergeben sich aus der UVE und den luftbezogenen Projektunterlagen, dem UV-GA, TGA 13 Luftreinhaltetechnik, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten des SV für Luftreinhaltetechnik (GA BVwG Luftschadstoffe) im Beschwerdeverfahren vom November 2019 sowie der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.4.1. Auswirkungen des Vorhabens auf die Luftqualität

Für Stickstoffdioxid (NO2) bleiben in den Betriebsfällen 2022 und 2030 die prognostizierten Gesamtbelastungen unter dem Grenzwert gemäß IG-L für den Jahresmittelwert. Zusatzbelastungen über der Relevanzgrenze treten nur in Bereichen auf, in denen eine Grenzwertüberschreitung nicht zu erwarten ist. In der Bauphase überschreiten die prognostizierten Zusatzbelastungen bei den Aufpunkten AP_05 und AP_13 zwar die Irrelevanzgrenze, die Gesamtbelastung bleibt jedoch an allen Aufpunkten merklich unter dem derzeitigen Grenzwert von 30+5 μg/m³ sowie dem Genehmigungskriterium von 40 μg/m³.

Im Kurzzeitmittel verhalten sich die Veränderungen ähnlich wie im Jahresmittel, wobei die Absolutbeträge naturgemäß höher sind. Die Zunahmen liegen überwiegend im Bereich der Relevanzgrenze, z.T. auch darüber. Die Gesamtbelastungen bleiben aber merklich unterhalb des Grenzwertes von 200 μg/m³.

Für Feinstaub (PM10) verhalten sich in den Betriebsfällen 2022 und 2030 die projektbedingten Veränderungen bezüglich des Jahresmittelwerts im Großen und Ganzen wie bei NO2. Einzelne Reduktionen stehen Bereichen mit Zunahmen im irrelevanten Bereich gegenüber. Der Grenzwert bleibt bei den betrachteten Aufpunkten eingehalten. Während der Bauphase bleiben die prognostizierten Gesamtbelastungen im Jahresmittel an den Aufpunkten unter dem Grenzwert von 40 μg/m³.

Die Anzahl der Tage mit einem Tagesmittelwert größer 50 μg/m³ verhält sich proportional zum Jahresmittelwert. Im Betriebsjahr 2022 kommt es bei einigen wenigen Aufpunkten mit Anrainerbezug zu einer Zunahme von einem Überschreitungstag, im Jahr 2030 wird bei neun Aufpunkten ein zusätzlicher Überschreitungstag ermittelt. Bei zwei Aufpunkten (AP_02 und AP_05) liegen für beide Betriebsjahre 2 Überschreitungstage vor. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass das Genehmigungskriterium nach IG-L mit zulässigen 35 Überschreitungstagen eingehalten wird.

Für die Bauphase werden im ungünstigsten Baujahr bis zu 30 zusätzliche Überschreitungstage prognostiziert. Der Großteil des emittierten PM10 ist der Manipulation von staubenden Gütern sowie dem Fahren auf nicht befestigten Oberflächen zuzuordnen und damit geogenen Ursprungs.

Die Veränderungen bei der Partikelfraktion der PM2,5 Immissionsbelastungen in der Betriebsphase bleiben im Jahresmittel merklich unterhalb der Relevanzgrenze. Während der Bauphase überschreiten die prognostizierten Zusatzbelastungen an mehreren Aufpunkten die Irrelevanzgrenze, die Gesamtbelastung bleibt im Jahresmittel überall deutlich unter dem Grenzwert.

Für Ozon (O3) wurde keine eigene Ausbreitungsrechnung gemacht, sondern die projektbedingte Änderung der Vorläufersubstanzen auf das Ozonbildungspotenzial grob abgeschätzt. Das Ozonbildungspotenzial verändert sich im räumlich stark begrenzten Untersuchungsraum (nur neue Trasse ohne großräumige Entlastungswirkungen) um rund 25 %. In Bezug auf einen für die Ozonbildung relevanten Raum (wie z.B. Wien-Graz-Budapest) ist dies aber von untergeordneter Bedeutung. Auswirkungen auf die Ozonbelastung sind bei derart kleinräumig betrachteten Veränderungen nicht zu erwarten. Die projektbezogenen Auswirkungen auf die Ozonbildung sind als nicht relevant einzustufen.

Für die Deposition von Staub und Staubinhaltsstoffen wurden nur Berechnungen für die Bauphase durchgeführt. Dort wird mit den prognostizierten Zusatzbelastungen der IG-L Grenzwert eingehalten. In der Betriebsphase ist von deutlich geringeren Zusatzbelastungen auszugehen, sodass auch hier eine Einhaltung des Grenzwerts zu erwarten ist.

Der Grenzwert für Stickstoffoxide (NOX) zum Schutz der Ökologie ist für die emissionsseitigen Gegebenheiten des Untersuchungsraumes nicht anzuwenden. Die fachlich relevante Relevanzschwelle von einer Zusatzbelastung von 10% des Grenzwertes, d.h. 3 μg/m³ NOX als NO2, ist bereits ab einer Entfernung von ca. 70 m von der Trasse nicht mehr erreicht, im Betriebsfall 2030 ab einer Entfernung von ca. 25 m. Zur Gesamtdeposition von Stickstoffverbindungen: Für Stickstoff wird ein Gesamteintrag im Betriebsfall 2030 von bis zu 12 kg(N)/ha/a straßennah prognostiziert, wobei die Grundbelastung bereits mit 11 kg(N)/ha/a (Acker/Wiese) anzusetzen ist. Im Betriebsfall 2022 werden bis zu 13 kg(N)/ha/a straßennah prognostiziert.

Die projektbedingte Schwefeldeposition ist aufgrund der marginalen Schwefelemissionen vernachlässigbar.

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem TGA 13 – Luftreinhaltetechnik des UV-GA.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung ist der SV für Luftreinhaltung auf die Aktualisierung der Verkehrszahlen aus Anlass des Sicherheitsausbaus der S 4 und ihre Auswirkungen auf die Luftqualität eingegangen. Dabei hat der SV für Luftreinhaltetechnik eine Überprüfung der Rechenergebnisse durchgeführt. Diese hat ergeben, dass die Gesamtbelastungen bei Stickstoffdioxid und Stickstoffoxiden weiterhin weit unter den Genehmigungsvoraussetzungen nach IG-L, aber auch unter dem NO2-Jahresmittelgrenzwert nach IG-L bleiben, sowie bezüglich Feinstaub zwar bis zu zwei zusätzliche Überschreitungstage auftreten, aber die Genehmigungsvoraussetzungen gem. IG-L-JMW 40 μg/m³ und die Anzahl der Überschreitungstage unter 35 eingehalten weiterhin eingehalten werden (Verhandlungsschrift Sitzung 85 i.V.m. Beilage 14). Auf Grundlage der diesbezüglich schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des SV wird dazu festgestellt:

Die Feststellungen zum Schutzgut Luft ändern sich durch die Berücksichtigung des Sicherheitsausbaus der S 4 nicht.

1.4.2.   Das Einreichprojekt entspricht nach Angaben der BF 1 nicht dem Stand der Technik. Die NO2 Emissionen wären mit der EBEFA Version 3.3 signifikant höher und dies hätte der Projektwerber und nicht der Sachverständige darlegen müssen. Dieser gebe an, dass mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass die Gesamtbelastung in diesem Bereich beim NO2 HMWmax unter dem Grenzwert von 200 μg/m³ zu liegen komme. Die Höhe dieser Wahrscheinlichkeit werde nicht angegeben, höhere relevante Zusatzbelastungen seien möglich und wären auch vom Sachverständigen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen worden (Beschwerde, Sitzung 12).

Zum Thema HBEFA Version 3.3 legt das GA BVwG Luftschadstoffe schlüssig und nachvollziehbar dar, dass zeitgleich zur Erstellung des UVP-Teilgutachtens Luftreinhaltetechnik ein Update der Emissionsfaktoren-Datenbank HBEFA von 3.2 auf 3.3 erfolgt sei. Dabei wurden die NOx-Emissionsfaktoren von dieselbetriebenen PKW an die neue Faktenlage angepasst. Diese Änderung lässt sich emissionsseitig einfach quantifizieren und deren Auswirkung immissionsseitig qualitativ gut beschreiben. Da die Belastung durch NO2 im unmittelbaren Bereich der Neubautrasse im Betriebsfall merklich unterhalb der Grenzwerte gem. IG-L zu liegen kommt, ist eine qualitative Abschätzung ausreichend. Diese wurde im Zuge der UVP Erstellung vom SV für Luftreinhaltetechnik durchgeführt.

Zur Gesamtbelastung HMWmax 200 μg/m³: Die Gesamtbelastungen bleiben bei allen relevanten behandelten Aufpunkten merklich unterhalb des Grenzwertes von 200 μg/m³. Die aufgrund der Anpassungen der NOx-Emissionsfaktoren (HBEFA 3.3) abgeschätzten Veränderungen der prognostizierten Immissionskonzentrationen führen zu keinen relevant anderen Aussagen. Die vom BF1 monierte Anmerkung, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die Gesamtbelastung beim HMWmax NO2 unter dem Grenzwert zu liegen kommt und diese Wahrscheinlichkeit nicht angegeben wurde, ist wie folgt zu begründen: Bei konsensgemäßem Betrieb ist die projektbedingte Zusatzbelastung nicht ausreichend, um zu einer Überschreitung des Grenzwertes für den max. HMW bei NO2 zu führen. Einzelsituationen aufgrund von unvorhergesehenen Emissionsereignissen (z.B. lokale Baustelle mit kurzzeitig sehr hohem Emissionsniveau) und außergewöhnlich hohen Umwandlungsraten NO-NO2, die zu Grenzwertüberschreitungen führen könnten, sind jedoch nie auszuschließen, wenn auch ihr Auftreten sehr selten – und vor allem nicht prognostizierbar - ist.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Luftschadstoffe.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift Sitzung 85 i.V.m. Beilage 14) legte der SV für Luftreinhaltung zudem schlüssig und nachvollziehbar dar, dass auch bei Berücksichtigung der inzwischen herausgekommenen Version 4.1 der Emissionsdatenbank HBEFA es zwar zu einer weiteren Erhöhung der Zusatzbelastungen mit NO2 kommt, die Genehmigungsvoraussetzungen gem. IG-L aber für alle Schadstoffe problemlos eingehalten werden.

1.4.3. Die BF 3 befürchtete, die Luftqualität würde sich erheblich verschlechtern. Es sei nicht nachvollziehbar, dass aus einer Befahrung mit 14.000 Fahrzeugen täglich nur eine irrelevante Zusatzbelastung resultiere. Die vorherrschende Windsituation sei auch nicht berücksichtigt worden (Beschwerde, Sitzung 3).

Dazu legt das GA BVwG Luftschadstoffe schlüssig und nachvollziehbar dar, dass die Zusatzbelastungen bei den berechneten Aufpunkten für NO2 im Jahresmittel für den Betriebsfall 2022 zwischen einer Reduktion von 1,5 μg/m³ und einer Zunahme von knapp 3,5 μg/m³ zu liegen kommt, der Jahresmittelwert mit maximal 25,6 μg/m³ (IG-L Grenzwert 30+5 μg/m³, Genehmigungsgrenzwert gem. IG-L 40 μg/m³) prognostiziert wurde und für PM10 bis zu 2 zusätzliche Überschreitungstage bei gleichzeitigem Einhalten der Grenzwerte des IG-L und der Genehmigungskriterien gem. IG-L prognostiziert wurden. Die Ausbreitungsrechnungen wurden nach dem Stand der Technik unter Berücksichtigung der lokalen Verteilung der Windgeschwindigkeiten, -richtungen und Ausbreitungsklassen durchgeführt, die im Zuge des UVP-Verfahrens erstellten und beurteilten Unterlagen zur Bewertung der Auswirkungen luftgetragener Schadstoffe waren schlüssig und nachvollziehbar.

Zur Befürchtung des BF 5, durch negative Auswirkungen hinsichtlich Staub- und Abgasemissionen betroffen zu sein (Beschwerde, Sitzung 3), legt das GA BVwG Luftschadstoffe schlüssig und nachvollziehbar dar, dass sich das Haus des BF in einer Entfernung von knapp über 100 Metern von der geplanten Trasse der Ostumfahrung befinde, im Fachbericht Luftreinhaltetechnik der UVP die prognostizierte projektbedingten Zusatzbelastung und die Gesamtbelastung in grafischer Form dargestellt sowie für einzelne Aufpunkte tabellarisch aufgelistet worden sei, für die Liegenschaft des Beschwerdeführers aber keine detaillierte Auswertung vorliege. In einer ähnlichen Nahelage zum Projekt finde sich jedoch Aufpunkt AP04 Zwillingsdorfer Gasse 3, noch näher Aufpunkte wie z.B. Michael Hofer Straße 262 (AP05) bzw. 132 (AP07). Das GA BVwG Luftschadstoffe legt schlüssig und nachvollziehbar dar, dass davon auszugehen ist, dass auch für die Liegenschaft des BF die Grenzwerte eingehalten werden, da dies für die genannten, dem Projekt näher gelegenen Aufpunkte zutrifft.

Auch die BF 6 befürchteten als Nachbarn unmittelbar von Staub- und Abgasemissionen sowie einer Erhöhung der CO2-Emissionen betroffen zu sein (Beschwerde, Sitzung 6). Für diese Liegenschaft wurde im entsprechenden UVE Teilbericht ein eigener Aufpunkt AP12 festgelegt, für den die prognostizierten Belastungen angeführt wurden. Trotz der Nähe zum Projekt bleiben die Genehmigungskriterien sowohl für NO2 als auch für PM10 und PM2,5 mit großem Abstand zu den Genehmigungsgrenzwerten eingehalten.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Luftschadstoffe.

1.5. Raumordnung

Die Feststellungen zu diesen Fachbereichen ergeben sich im Wesentlichen aus den UVE-Berichten Siedlung und Raum, Orts- und Landschaftsbild sowie Freizeit und Erholung, dem UV-GA, TGA 16 Raumordnung/Landschaftsbild, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten des SV Raumordnung/Landschaftsbild im Beschwerdeverfahren vom 20.11.2019 (GA BVwG Raumordnung/Landschaftsbild) sowie aus der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.5.1.   Das Vorhaben bewirkt nach Angabe der BF 3 massive Eingriffe in die dinglichen Rechte der Bürger, wie durch Beeinträchtigung von Radwegen, Wertminderung der Liegenschaften und die Veränderung des umgebenden Landschaftsbildes (Beschwerde BF 3, Sitzung 3). Auch die BF 6 vermeinten, sie seien als Nachbarn unmittelbar von einer Veränderung des Erscheinungsbildes betroffen und ihre Liegenschaft würde einer Wertminderung unterliegen (Beschwerde BF 6, Sitzung 6).

Festgestellt wird dazu, dass es durch das Vorhaben zu keiner Nutzungseinschränkung in Siedlungsgebieten kommt. Dies ergibt sich aus dem GA BVwG Raumordnung/Landschaftsbild, Sitzung 7. Diese Darlegung findet auch Deckung in den Ausführungen der UVE und des UV-GA, Teilgutachten Raumordnung/Landschaftsbild.

Das Vorbringen der BF 3 und BF 6 blieb in diesem Punkt oberflächlich und vage und war auch nicht geeignet die fachlichen Ausführungen der UVE und des SV Raumordnung/Landschaftsbild in Zweifel zu ziehen. Insbesondere das Vorbringen der beiden BF zur behaupteten Wertminderung ihrer Liegenschaft wurde nicht substantiiert untermauert. Die betroffenen können Grundstücke auch weiterhin in der bisherigen Art benutzt werden.

1.5.2.   Die BF 3 monierte, sowohl der Alltagsrad- und Fußverkehr als auch der Freizeitrad- und Fußverkehr würden massiv beeinträchtigt werden (mit Beispielen für Einschränkungen bei konkreten Rad- und Fußwegen). Die BF 4 monierte, auf die Interessen der Radfahrer und Fußgeher würde zu wenig Bedacht genommen, die Auswirkungen auf diese seien nicht analysiert worden und es würden mehrere Wege angeschnitten werden. Beide BF verweisen auf die wissenschaftliche Publikation des Institutes für Raumplanung und ländliche Neuordnung „Auswirkungen der geplanten Ostumfahrung Wiener Neustadt Teil 2 auf den Radverkehr im Bereich Am Triangel“ (Beschwerde BF 3, Sitzung 4 und Beschwerde BF 4, Sitzung 3-4).

Der SV Raumordnung/Landschaft, führt zum Freizeitradverkehr in seinem GA BVwG auf Sitzung 6 allgemein aus:

Durch das Projektgebiet verlaufen – neben den überregional bedeutenden Radwegen (Eu-rovelo 9 und dem Thermenradweg) – regionale Radwege (Nadelburg-Radweg und Rosalia-Radweg) sowie lokal bedeutende Verbindungsrouten. Grundsätzlich ist jedoch das gesamte Netz an Wirtschaftswegen im Untersuchungsraum für das Radfahren und andere Freizeitaktivitäten (Laufen, Spazierengehen, etc.), besonders für die ansässige Bevölkerung, geeignet. Darüber hinaus besitzt das landwirtschaftliche Wegenetz im Gebiet zwischen Wiener Neustadt und Lichtenwörth eine für die Freizeit und Erholung wichtige Verbindungsfunktion zwischen dem Stadtgebiet von Wiener Neustadt und dem Erholungsgebiet Leithaauen.

Zahlreiche Radwege bzw. Wirtschaftswege werden durch das Projekt gequert, insbesondere die Rechte Kanalzeile, die Franz von Furtenbach-Straße und die Kapellengasse. Es kommt daher teilweise zu Unterbrechungen des bestehenden Wegenetzes und somit zur Umlegung von funktionalen Verbindungen. Von besonderer Relevanz sind dabei der Wirtschaftsweg südlich des Werkskanals Fischa-Mühlbach, die Gemeindestraße bei der Kreuzung Haderäckerweg/Kapellengasse, sowie der Wirtschaftsweg Franz von Furtenbach-Straße. Diese Verbindungen werden in der bestehenden Form nicht wieder hergestellt. Es ergibt sich teilweise ein nicht zu vernachlässigender Umwegeaufwand. Auch beim Knoten B 21b/B 60 kommt es aufgrund der Neuorganisation der Kreuzung zu einer veränderten Streckenführung für Radfahrer und Fußgänger.

Zu beachten ist, dass sich durch das neu angelegte Begleitwegenetz teilweise neue Verbindungen für den nicht motorisierten Verkehr, also auch den Radverkehr ergeben. Diese Verbindungen entstehen entlang der geplanten Trasse.

Zur von den BF 3 und 4 zitierten wissenschaftlichen Arbeit führte der SV im GA BVwG Raumordnung/Landschaftsbild auf Sitzung 7 aus, dass es sich um eine Bachelorarbeit an der BOKU handelt, in der Radverkehrsströme im Bereich Triangel erfasst und das Nutzerverhalten und Meinungen zum geplanten Vorhaben erhoben wurden. Eine massive Beeinträchtigung des Freizeitradverkehrs werde in der Arbeit nicht behauptet, wenngleich die Bedeutung des Wegenetzes für den Freizeitradverkehr auch aus Sicht des SV nicht bestritten werde. Betreffend den Alltags- und Freizeitradverkehr stellte der SV fest, dass es durch das Projekt zur Umlegung von funktionalen Verbindungen durch Adaptierungen im Wegenetz kommt. Es ergibt sich zwar eine veränderte Streckenführung für Radfahrer, eine Trennung von Verflechtungen tritt aber nicht auf.

Aus den fachlichen Ausführungen zu einzelnen Verbindungen auf Sitzung 8 des GA BVwG Raumordnung/Landschaftsbild ergibt sich nachvollziehbar, dass durch das Vorhaben bei einzelnen bestehenden Rad- bzw. Fußwegen aus Sicht des Freizeitradverkehrs teils keine Einschränkung des Radverkehrs und teils keine vollständige Unterbrechung einer Verbindung gegeben sein wird, wenngleich bei manchen Verbindungen mit einem Umwegeaufwand zu rechnen ist.

Die Einwendungen der BF 3 und 4 betreffend die Wegeverbindungen erwiesen sich zwar als nachvollziehbar, es wird damit aber nicht aufgezeigt, dass es durch das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen des Freizeitradverkehrs bzw. des Fußverkehrs kommen wird.

1.5.3.   Laut BF 3 und BF 4 würden die Planungen den Zielsetzungen im Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ widersprechen, da sowohl für Radfahrer wie auch für Fußgeher Barrieren gesetzt würden (Beschwerde, Sitzung 5-6).

Der SV Raumordnung/Landschaftsbild verwies in seinem GA BVwG auf Sitzung 9 auf das genannte Mobilitätskonzept, wo das Vorhaben als Maßnahme der Kategorie 1 (Realisierung bis 2025) enthalten ist vergleiche Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+, Sitzung 99, http://www.noe.gv.at/noe/NOEL_Mobilitaetskonzept_180815_Druckversion.pdf).

Auf Sitzung 47-49 des genannten Konzeptes hingegen wird eine bessere Ausschöpfung vorhandener Potentiale bezüglich des Fahrrad- und Fußverkehrs angestrebt. Daraus ergibt sich, wie die BF 3 und BF 4 zurecht vorbringen, ein Zielkonflikt.

Der SV führte dazu aus, dass es in raumrelevanten Konzepten durchaus üblich ist, dass es widersprechende Ziele und somit Zielkonflikte geben kann. Es handelt sich bei solchen Konzepten um Absichtserklärungen eines politischen Gremiums, das eben keine Bindungswirkung entfaltet. Den Einwendungen der BF 3 und BF 4 war daher grundsätzlich beizupflichten, dass sich aufgrund des angeführten Konzepts Konflikte im Hinblick auf den Freizeitverkehr ergeben.

1.5.4.   Bezugnehmend auf den UVE-Bericht Siedlung und Raum, wo auf Sitzung 2 die Eingriffserheblichkeit verschiedener Teilräume beschrieben wird, monierten die BF 6, dass eine Würdigung, was als umweltverträglich bezeichnet werden könne, nicht erläutert werde (Beschwerde, Sitzung 9-10).

Der SV Raumordnung/Landschaftsbild führte dazu in seinem GA BVwG auf Sitzung 10 aus: Im UVE-Bericht Siedlung und Raum wird die Eingriffserheblichkeit nach der Methodik der RVS 04.01.11 „Umweltuntersuchung“ vorgenommen. Ein Hinweis darauf, welche Einstufungen zu einer Umweltverträglichkeit führen und welche nicht, findet sich in Kapitel 3.3 auf Seite 15.

In der UVE Siedlung und Raum wird die Untersuchungsmethodik, die der genannten RVS folgt, auf Sitzung 13-16 sehr detailliert beschrieben. Auch auf den weiteren Seiten erfolgt von der Darstellung der konkreten Ist-Situation über die Eingriffsintensität und -erheblichkeit des Vorhabens über geplante Ausgleichsmaßnahmen und deren Wirksamkeit bis hin zu den verbleibenden Auswirkungen die Anwendung der zuvor beschriebenen Untersuchungsmethode auf das gegenständliche Vorhaben.

1.6. Naturschutz

Die Feststellungen zu diesem Fachbereich ergeben sich im Wesentlichen aus den UVE-Berichten Pflanzen und deren Lebensräume sowie Tiere und deren Lebensräume, dem UV-GA, TGA 14 Naturschutz, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten im Beschwerdeverfahren der ASV Naturschutz vom 5.12.2019 (GA BVwG Naturschutz) sowie der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.6.1. Die BF 1 brachten vor, das Gutachten Naturschutz sei unschlüssig, weil angeblich nur ein punktueller Eingriff und kaum Beeinträchtigungen für Tiere entstünden, aber dennoch Auflagen vorzuschreiben seien. Das sei ein Widerspruch (Beschwerde, Sitzung 5).

Dazu wird festgestellt: Auch wenn ein Projekt nur punktuelle Eingriffe in sensible Lebensräume vorsieht, soll durch die entsprechenden Auflagen sichergestellt werden, dass sich die Auswirkungen des Projekts in der Bau- und Betriebsphase auf Pflanzen, Tiere und Lebensräume im gesamten Vorhabensbereich auf ein Minimum beschränken. Insbesondere soll durch die Vorschreibung einer ökologischen Bauaufsicht die projektsgemäße Umsetzung des Vorhabens in qualifizierter Weise überwacht werden. Durch eine entsprechende Abgrenzung sollen die sensiblen Bereiche vor den Baumaßnahmen geschützt werden. Durch das anschließende Monitoring soll sichergestellt werden, dass sich die projektierten Ausgleichsflächen entsprechend der Zielvorgabe entwickeln. Die sonstigen Auflagen unter Pkt. römisch eins.4.11. des Bescheides präzisieren im Projekt bereits enthaltene Maßnahmen oder sichern deren Einhaltung ab.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Naturschutz, Sitzung 4.

1.6.2. Nach den Angaben der BF 2 liegt ein Verstoß gegen Paragraph 12, letzter Satz i.V.m. Paragraph 9, Absatz eins, NÖ StraßenG vor, weil das Vorhaben nicht auf die Feldhamsterpopulation und andere Spezies ausreichend Bedacht nehme (Beschwerde, Sitzung 4).

Dazu wird festgestellt: Im Projektgebiet kommen keine Feldhamster vor. Es ist möglich, dass Hamster auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen durchziehen, da praktisch das gesamte südliche Steinfeld im Bereich Wr. Neustadt ein potenzielles Gebiet für den Feldhamster darstellt. Es ist möglich, dass Hamster dort gesichtet werden, aber als Lebensraum ist das Gebiet sehr schlecht geeignet, weil es intensiv landwirtschaftlich genutzt wird und nur wenige Brachen oder Feldraine vorhanden sind. Trotzdem wird vor Baubeginn der gesamte Trassenbereich in Hinblick auf relevante Tiervorkommen (z.B. Hamsteransiedlungen) kontrolliert und werden ggf. geeignete Maßnahmen vor Baubeginn eingeleitet. Zur Minderung der Trennwirkungen sind Brücken über die Warme Fischa und den Mühlbach sowie drei Kleintierdurchlässe vorgesehen, sodass eine Querung des Trassenbauwerks, insb. für bodengebundene Organismen, und ein Austausch zwischen (Teil-) Populationen weiterhin möglich ist.

Dies ergibt sich zunächst aus der Beilage zur Stellungnahme der PW vom 23.5.2019. Danach konnten im Rahmen der Kartierung der Säugetiere im Untersuchungsraum keine Feldhamster nachgewiesen werden, wobei eine Ansiedlung aber nicht gänzlich auszuschließen ist. Im Einreichprojekt wurden bereits vorsorglich Maßnahmen zum Schutz der (bis dato nicht nachgewiesenen) Feldhamster aufgenommen (Maßnahme TI-BA-05). Weiters sind im Einreichprojekt umfangreiche Ausgleichsmaßnahmen, welche auch dem Feldhamster zugutekommen können, vorgesehen (Maßnahmen TI-BE-01 bis TI-BE-04). Gemäß den UVE-Berichten Pflanzen und deren Lebensräume (RU 02.01-01) sowie Tiere und deren Lebensräume (RU 02.02-01) sind ein pflanzenökologisches, ein tierökologisches und ein ornithologisches Monitoring vorgesehen. Ziel ist die Überprüfung der Ausgleichsflächen (Vegetation, Feldlerche) sowie die Funktionsfähigkeit der relevanten Querungsmöglichkeiten (Kleintierdurchlässe, Brücken) im Bereich des Vorhabens.

Die ASV für Naturschutz bestätigte diese Angaben in ihrem GA BVwG Naturschutz im Wesentlichen. Ergänzend führte sie aus, dass eine Ansiedlung des Feldhamsters zwar nicht gänzlich auszuschließen sei. Die vorhandenen stark gedüngten Ackerflächen seien aber mangels krautreichem Unterwuchs und breiteren Feldrainen nur bedingt als Habitat geeignet. Die nächstgelegenen Funde finden sich nach den plausiblen Angaben der ASV östlich der Leitha sowie westlich von Wr. Neustadt. Aufgabe der ökologischen Bauaufsicht ist jedenfalls, vor Baubeginn das Baufeld auf naturschutzrelevante Arten wie den Feldhamster abzusuchen und ggf. geeignete Maßnahmen zu veranlassen (z.B. Vergrämen der Tiere durch Bodenbearbeitung außerhalb der Zeiten für die Winterruhe und Jungenaufzucht).

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung legte die SV dar, sie habe das Gebiet selbst im August nochmals begangen. Sie sei die ganze Trasse mit einem Hund abgegangen und habe keine Hinweise auf Hamstervorkommen gefunden.

Das Vorbringen geht schon deswegen ins Leere, da eine Feldhamsterpopulation im Vorhabensgebiet nicht vorgefunden wurde. Unabhängig führen eine Reihe von Maßnahmen und Auflagen auch zu einer Minimierung der Beeinträchtigung für eine sich möglicherweise (neu) ansiedelnde Feldhamsterpopulation. Die ökologische Bauaufsicht ist zudem gefordert, vor Baubeginn das Baufeld auf Arten wie den Feldhamster abzusuchen und im Fall des Auffindens geeignete Maßnahmen zu setzen.

1.6.3. Zu den Zieselvorkommen:

1.6.3.1.  Zum Ausmaß der Zieselpopulation, zur geplanten Umsiedlung und zur Auswirkung auf Natura-2000-Gebiete wird festgestellt:

Bei den Erhebungen zur UVE wurden im Projektgebiet keine Ziesel nachgewiesen. Mittlerweile sind Ziesel, offenbar von Westen her, zugewandert. Diese Zieselvorkommen befinden sich nun östlich der Pottendorfer-Linie entlang der Böschungen der Spange B60. Der nördliche Teil der geplanten Trasse berührt somit Zieselhabitate.

Im Bereich des Natura-2000-Gebietes Steinfeld, auf den Flächen des Betriebsgebietes Nova-City und auch auf dem Flughafen Wr. Neustadt Ost gibt es eine sehr große Zieselkolonie mit mind. 1 000-1 500 Tieren. Die Ziesel haben von den letzten beiden trockenen Jahren profitiert. Wenn der Bestand zunimmt, nimmt auch die Tendenz zu, sich auszubreiten. Auch die zunehmende Verbauung im Betriebsgebiet ist eine Ursache für deren Ausbreitung. Für dieses Betriebsgebiet wurde bereits vor 20 Jahren eine Ausgleichsfläche von der Stadt Wr. Neustadt angelegt. Diese Ausgleichsfläche befindet sich südlich des Tritol-Werks, zwischen der B17-Umfahrung und dem Wr. Neustädter Kanal. Sie reicht auch bis zur Spange B60 und ein Stück weiter südlich. Diese Ausgleichsfläche wird seit vielen Jahren zieselgerecht bewirtschaftet. Mittlerweile haben die Ziesel diese Ausgleichsfläche vom Süden her auch entdeckt und auch im Norden der Fläche ist bereits ein Vorkommen nachgewiesen. Im mittleren Bereich ist die Fläche von Zieseln erst sehr dünn besiedelt.

Das Ziesel wird in Anhang 2 der FFH-Richtlinie angeführt. Der Erhaltungszustand wurde aufgrund der (in den letzten Jahren zunehmenden) Population für die kontinentale Region Österreichs von U2 auf U1 hinaufgestuft. Das bedeutet, die Einschätzung des Erhaltungszustandes ist immer noch ungünstig, aber in den letzten Jahren hat sich der Zustand verbessert. Diese Angaben stammen aus dem letzten Bericht Österreichs gem. Artikel 17, FFH-Richtlinie aus dem Jahr 2019. Die Population insgesamt in der kontinentalen Region Österreichs wird derzeit auf 157 000 Individuen geschätzt.

Das Ziesel gilt in Niederösterreich als vom Aussterben bedroht, obwohl sich die Bestände in den letzten Jahren erholt haben.

Eine Zieselfamilie wohnt innerhalb des Natura-2000-Gebietes außerhalb der Auwaldgrenze der Warmen Fischa auf einer Wiese. Das Ziesel ist auch ein Schutzgut des Europaschutzgebietes Feuchte Ebene – Leithaauen, wobei die bisherige Population weit ab der Trasse liegt.

Für das FFH-Gebiet Feuchte Ebene – Leithaauen geht keines der Erhaltungsziele auf das Ziesel ein. Am ehesten trifft das Erhaltungsziel „Erhaltung von einem ausreichenden Ausmaß an extensiv genutzten offenen Trockenlandschaften, wie niedrigwüchsige Rasen auf Schotterriegeln und trockene strukturreiche Ackerbaugebiete“ auf den Schutz und die Erhaltung der Ziesel zu. Solche Landschaften existieren jedoch im Projektgebiet nicht, dieses Erhaltungsziel wird demnach auch nicht beeinträchtigt.

Das Vorhaben kommt deutlich außerhalb des Natura-2000-Gebietes Steinfeld zu liegen. Nur die Ausgleichsfläche, in die ggf. einige Ziesel umgesiedelt werden sollen, liegt in diesem Gebiet. Die Umsiedlung dorthin stört auch nicht bereits vorhandene Zieselpopulationen, weil die Fläche noch nicht bis dünn besiedelt ist und dieselbe Population betroffen ist. Damit besteht keine Gefahr der Übertragung von Krankheitserregern zwischen Populationen. Es wird mehr als ausreichend Lebensraum für diese Tiere auf der neuen Fläche vorhanden sein. Auf die Zieselpopulation in diesem FFH-Gebiet hat das Vorhaben sohin keine Auswirkung.

Aufgrund der Zieselfunde hat die PW ergänzende Maßnahmen in das Projekt aufgenommen (Pkt. römisch eins.10 und römisch III des Spruchs dieses Erkenntnisses). So sollen die Baustellenflächen, Lagerflächen und Zufahrten so optimiert werden, dass die Zieselbauten ausgespart bleiben. Im Verbreiterungsbereich der Spange B60 soll die Böschungsbeanspruchung dadurch minimiert werden, dass dort ein Steinsatz eingesetzt wird, sodass nur der unmittelbare Nahbereich der geplanten Trasse beansprucht wird. Dort, wo wirklich in vorhandene Bauten eingegriffen wird, soll in einem mehrstufigen System der Humus und Oberboden abgeschoben und der Bereich dadurch unattraktiv gemacht werden; dadurch sollen die Tiere zum Abwandern aus diesem unmittelbaren Trassenbereich veranlasst werden. Der Baubereich soll dann durch Holzplanken und einem Untergrabungsschutz von Zieseln freigehalten werden. Nur wenn sie trotzdem den Baubereich nicht verlassen sollten, werden sie eingefangen und auf der zuvor erwähnten Ausgleichsfläche ausgesetzt. Für diese Umsiedlung werden im Bereich der Ausgleichsfläche Röhren vorgebohrt und die Tiere direkt in diese Röhren entlassen, sodass sie sich gleich verstecken können. Die dargestellte Vorgangsweise stellt eine gängige Methode dar, die schon des Öfteren erfolgreich eingesetzt wurde. Die Maßnahmen eines Humusabschubs zur Ziesellenkung bzw. Vergrämung werden dabei ganz gezielt in den Zeitfenstern durchgeführt, wo ein Schaden an Einzeltieren bei planmäßigem Vorgehen nicht zu erwarten ist.

Die in den Vorabsätzen getroffenen Feststellungen ergeben sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der Gerichtssachverständigen für Naturschutz in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 3.9.2020 Sitzung 7 ff der Verhandlungsschrift) und am 7.10.2020 Sitzung 101). Auf Nachfrage eines Richters hat die SV auch bestätigt, dass die von der PW vorgesehenen Maßnahmen, die gesetzt werden, bevor Eingriffe erfolgen, mit Sicherheit geeignet sind, dass jedes einzelne Mitglied der Population wirksam zu einer Ersatzbrutstätte kommt Sitzung 10 und 11 der Verhandlungsschrift).

Allerdings stellen die im Bereich der Ausgleichsfläche vorgebohrten Röhren, in die die Tiere entlassen werden, keine vollständigen Baue statt. Diese müssen sie sich in der Folge selbst errichten. Dies ergibt sich aus den Aussagen der Sachverständigen in der Verhandlung am 7.10.2020 Sitzung 102 der Verhandlungsschrift).

Die Sachverständige hat in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auch nachvollziehbar dargelegt, dass für die von BF 1 angesprochene Philopatrie (Brutortstreue) bei Zieseln aufgrund der bisherigen Umsiedlungserfolge keine Anhaltspunkte bestehen Sitzung 94/95 der Verhandlungsschrift) und daher anzunehmen ist, dass die neuen Fortpflanzungsstätten auch angenommen werden.

Zum Nachweis der Besiedlung dient Holzwolle vor den Eingängen. Für das Ziesel ist es kein Problem, dort die Holzwolle zur Seite zu schieben. Der Eingang wird nicht hermetisch verschlossen, sondern nur ein kleines Hindernis angebracht, um die Besiedlung nachweisen zu können Sitzung 24 der Verhandlungsschrift).

1.6.3.2. Zum Tötungsrisiko aufgrund des Straßenverkehrs in der Betriebsphase wird festgestellt:

Durch die Errichtung der von der PW ins Projekt aufgenommenen Leiteinrichtungen und Rohre unter der Trasse (Pkt. römisch eins.10. und römisch III des Spruches dieses Erkenntnisses), um einen Austausch der Population zwischen den Teillebensräumen zu ermöglichen, in Verbindung mit den vorgesehenen Lärmschutzwänden, kann die Mortalität auf ein normales Ausmaß reduziert werden. Teilweise ergibt sich eine Verbesserung zur bisherigen Situation an der B60 bzw. am Knoten. Die Wirksamkeit der Rohre ergibt sich aus dem Monitoringbericht über das Jahr 2018 für die Umfahrung B17/Spange B60 = B21b. Die Monitoringberichte für diese beiden Straßenzüge betreffen dieselbe Zieselpopulation, die nun auch beim ggst. Vorhaben aufgetaucht ist. Das Risiko für Einzelindividuen, im Straßenverkehr getötet zu werden, geht somit nicht über das normale Lebensrisiko hinaus.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der Gerichtssachverständigen für Naturschutz in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 17.10.2020 Sitzung 99, 104).

Es ist auch keine erhöhte Mortalität aufgrund des Straßenlärms zu erwarten. Bezüglich Maskierung von Ziesellauten durch Straßenverkehr – und einer dadurch u.U. gegebenen Gefahr einer erhöhten Mortalität durch Raubvögel etc. – gibt es erst sehr wenige Untersuchungen, die aber keine derartigen Auswirkungen belegen. Die Tatsache, dass die Ziesel von selbst ihre Bauten unmittelbar neben stark befahrenen Straßen und Flughäfen anlegen, lässt ebenfalls auf eine sehr geringe Empfindlichkeit gegenüber Lärm schließen. Dies ergibt sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der Sachverständigen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung Sitzung 94/95 der Verhandlungsschrift).

1.6.3.3. Zur vorgesehenen Ausgleichsfläche wird festgestellt:

Es handelt sich um die gleiche Fläche, die bereits vor 20 Jahren als Ausgleichsfläche für die Verbauung des Industriegebietes Nova City festgelegt wurde. Diese wurde bereits vom Süden her von den Zieseln entdeckt. Im Norden gibt ist sie bereits länger von Zieseln besiedelt. Der mittlere Bereich ist zurzeit sehr schwach besiedelt. Dorthin sollten dann die Ziesel des ggstdl. Vorhabens umgesiedelt werden, die tatsächlich betroffen sind. Die Ausgleichsfläche wird auch in ihrem mittleren Teil von den Zieseln angenommen werden, weil die natürliche Ausbreitung der Besiedlung von den Rändern der Fläche her zu beobachten war, in Richtung des mittleren Teils. Diese Ausbreitung ist jedoch noch nicht so stark fortgeschritten, dass sie zu einer dichten Zieselkolonie im mittleren Teil geführt hat. Die Fläche selbst ist relativ homogen. Es ist daher unwahrscheinlich, dass gerade der mittlere Teil nicht besiedelt würde. Es ist davon auszugehen, dass die gesamte Ausgleichsfläche von den Zieseln angenommen wird.

Die Eignung der vorgesehenen Ausgleichsfläche als Zieselhabitat für die zu übersiedelnden Tiere ergibt sich auch aus dem Monitoringbericht 2018 zur B17/B21b, wonach im Jahr 2018 eine deutliche Ausbreitung des Ziesels in diese Ausgleichsfläche hinein erfolgte. Der Grund, warum es so lange gedauert hat, bis diese Ausgleichsfläche angenommen wurde, liegt einerseits darin, dass erst durch die Verlegung von Plastikrohren im Bereich des Kleintierdurchlasses und bei der Radwegquerung beim Wr. Neustädter Kanal diese vorhandenen Querungen besser angenommen wurden. Der andere Grund ist ein deutliches Anwachsen der Population aufgrund der optimalen Wetterbedingungen im Jahr 2018 i.V.m. einer zusätzlichen Verbauung im Bereich Civitas Nova. Dadurch stieg der Ausbreitungsdruck für das Ziesel.

Es besteht noch ein sehr großer Raum für eine weitere Besiedelung der Ausgleichsfläche. Die Ausgleichsfläche wird im Wesentlichen einheitlich bewirtschaftet. Wenn sie jetzt in Teilbereichen bereits besiedelt ist und dort zusätzlich Bereicherungen durch den Humusauftrag vorgenommen wurden, ist davon auszugehen, dass die Ausgleichsfläche als Ausgleichsfläche auch für das ggstdl. Vorhaben geeignet ist.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der Gerichtssachverständigen für Naturschutz in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 3.9. und am 7.10.2020 Sitzung 17, 20, 94, 95 und 100 der Verhandlungsschrift).

Die zieselgerechte Bewirtschaftung der Fläche beruht derzeit auf einer freiwilligen Verpflichtung der Stadt Wiener Neustadt. Dies ergibt sich aus der mündlichen Verhandlung am 9.12.2020 Sitzung 4 der Verhandlungsschrift vom 9.12.2020). Entscheidend für die Aufrechterhaltung der Funktion der Fläche als Ausgleichsfläche ist die Mahd der Fläche zweimal jährlich, wobei die erste Mahd nicht vor dem 1. Juli liegen sollte, weil sonst die Jungenaufzucht beeinträchtigt werden kann. Die zweite Mahd ist nicht genau festzulegen, sie richtet sich nach der Höhe des Aufwuchses. Das Mähgut ist zu entfernen nach dem Abtrocknen. Es ist wichtig, dass die Insekten, die im Heu sitzen, auswandern können. Für die Insekten bedeutsam ist, dass für die nördliche Fläche drei Altgrasstreifen im Ausmaß von je 0,4 Hektar belassen werden (z.B. 20 m x 200 m) und nicht immer die ganze Fläche gemäht wird. Diese Altgrasstreifen sollen jährlich variieren und von der Mahd ausgespart werden. Dies ergibt sich aus den Aussagen der SV in der mündlichen Verhandlung am 9.12.2020 Sitzung 15-16 der Verhandlungsschrift).

1.6.3.4.  Zu möglichen Auswirkungen sonst möglicher Störungen der Zieselpopulation wird festgestellt:

Durch die Umsiedelung und den Verkehr in der neuen Straße wird es zu keiner Verminderung der Überlebenschancen, des Fortpflanzungserfolges, oder der Reproduktionsfähigkeit der Ziesel kommen. Diese Handlungen werden auch nicht zu einer Verringerung ihres Verbreitungsgebiets führen.

Allerdings wird es mit Sicherheit zu einer Beunruhigung einzelner Tiere durch Bauarbeiten kommen.

Diese Feststellungen ergeben sich einerseits aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der Gerichtssachverständigen für Naturschutz in der mündlichen Beschwerdeverhandlung am 7.10.2020 Sitzung 102 der Verhandlungsschrift).

Der Sachverhalt folgt auch daraus, dass zahlreiche Zieselbaue, auch wenn sie nicht unmittelbar durch den Bau der Straße zerstört werden, doch in unmittelbarer Nähe der Trasse und somit der Bauarbeiten liegen und es beim Bau zu erschütterunsintensiven Tätigkeiten kommen wird; vergleiche die planlichen Darstellungen in der Nachreichung der PW vom 27.8.2020, OZ 50, und die Präsentation der BF 3 in der Verhandlung am 7.10.2020, OZ 71, i.V.m. den Aussagen der PW, dass bei der Teilfläche C ein Teil der Straßenfläche abgetragen wird Sitzung 97 der Verhandlungsschrift).

1.6.3.5.  Zum Verbleib der Population in einem günstigen Erhaltungszustand (als Voraussetzung für die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung) wird festgestellt:

Bei der Zieselpopulation im Bereich Civitas Nova/Flugfeld Wiener Neustadt-Ost handelt es sich um eine Kernpopulation mit rd. 1500-2000 Individuen und einer ausreichenden Habitatfläche (inkl. Ausgleichsfläche südlich des Tritolwerks rd. 99 ha). Der Verlust an Ziesellebensräumen durch die Bauarbeiten beträgt rd. 1.570 m², d. h. rd. 0,16 % des aktuellen Lebensraumes. Bei einer durchschnittlichen Dichte von 17 Zieseln pro Hektar geht somit rechnerisch der Lebensraum für drei Zieseln verloren (rd. 590 m² pro Ziesel). Bei der Populationsgröße von 1.500 Tieren sind somit ca. 0,2 % des Bestandes betroffen.

Die natürliche Mortalität einer Zieselpopulation liegt bei rd. 50 %, d. h. bei der gegenständ-lichen Zieselpopulation bei ca. 750 Tieren jährlich. Durch das Vorhaben werden keine Ziesel getötet, sondern es werden lediglich (prognostiziert) bis zu vier Tieren übersiedelt.

Die Ausgleichsfläche hat ein Ausmaß von rd. 30 ha, wobei nördlich der B 21b noch rd. 17 ha unbesiedelt sind. Bei einer durchschnittlichen Siedlungsdichte von 17 Tieren pro Hektar ergibt das ein Potential für mind. 290 Tiere auf dieser noch unbesiedelten Fläche.

Die in den letzten Jahren erfolgte Ausbreitung der Kernpopulation ist einerseits auf die zu-nehmende Verbauung im Bereich Civitas Nova zurückzuführen, andererseits auf günstige Wetterbedingungen und damit eine Verringerung der Sterblichkeit der Ziesel. Die Ausbrei-tung nach Norden wurde erst durch die bauliche Modifikation der Kleintierdurchlässe unter der B 21b möglich. Diese werden nun nachweislich angenommen. Die Ausbreitung nach Osten in den Vorhabensbereich hinein erfolgte entlang der Straßenböschungen der B 21b. Eine weitere Ausbreitung von dort ist nur mehr in Richtung Norden entlang der B 60 möglich. Richtung Süden grenzt das Stadtgebiet von Wiener Neustadt an. Im Osten begrenzt die Warme Fischa und das Fehlen von Trockenrasen das Lebensraumpotential. Die Aus-breitungsmöglichkeit nach Norden wird durch das geplante Vorhaben nicht eingeschränkt.

Daraus ist ersichtlich, dass der Erhaltungszustand der Zieselpopulation im Bereich Civitas Nova/Flugfeld Ost/Ausgleichsfläche durch eine Umsiedlung von (prognostiziert) bis zu 4 Zieseln (keine Tötung!) bei einer Populationsgröße von 1.500 Tieren und einem Lebensraumverlust von weniger als 0,2 % nicht verschlechtert wird. Der großflächige Lebensraum der Kernpopulation wird weder direkt (durch Flächenbeanspruchung) noch indirekt (durch Degradation) betroffen. Auch eine zukünftige positive Bestandsentwicklung wird durch das Vorhaben nicht konterkariert, da keine für die Ausbreitung relevanten Lebensräume im Anschluss an die Kernpopulation betroffen sind und auch die weitere Migration auf potentielle Lebensräume nicht eingeschränkt wird.

Alle dies Feststellungen ergeben sich schlüssig nachvollziehbar aus der gutachterlichen Stellungnahme der Sachverständigen Naturschutz-BVwG vom 13.11.2020 und ihren Erläuterungen dazu in der Verhandlung vom 9.12.2020.

Wenn moniert wurde, dass die letzten Erhebungen zur Größe der Zieselpopulation aus dem Jahr 2017 bis 2018 stammen und somit nicht mehr aktuell sein könnten, ist zunächst auf den Monitoringbericht 2018 zu den Ökologischen Ausgleichsmaßnahmen und Begleitmaßnahmen zur B17-Umfahrung Sollenau-Theresienfeld (im Folgenden nur: Monitoringbericht 2018) hinzuweisen, der in seiner Zusammenfassung auf Sitzung 4 feststellt, dass die Ziele des Pflege- und Monitoringkonzepts innerhalb des vorgesehenen Zeitraums vollständig erfüllt wurden und der Großteil der regelmäßigen ökologischen Erhebungen daher mit der Saison 2019 eingestellt werden könne. Aus Kap. 6 dieses Berichts ergibt sich, dass sich die Zieselpopulation im Jahr 2018 gut entwickelt hat und langfristig eine weitere Ausbreitung und Stärkung der Population erwartet werden kann. Wie sich aus den Angaben der SV in der Verhandlung vom 9.12.2020 Sitzung 5 und 6 der Verhandlungsschrift) ergibt, haben sich die klimatischen und sonstigen äußeren Bedingungen gegenüber dem Jahr 2018 nicht wesentlich verändert. Daraus erfließt für das Bundesverwaltungsgericht, dass die Population seit 2018 stabil ist und es keiner neuerlichen umfassenden Erhebung der Populationszahlen für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung bedarf, wie von den BF gefordert.

Es handelt sich bei der von den Baumaßnahmen betroffenen Population um den Kreisverkehr und die umgebenden Anschlüsse um keine eigene Population. Dies ergibt sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen der SV in der mündlichen Verhandlung am 9.12.2020, wo sie ausführlich dargelegt hat, dass die dort lebenden Tiere nur von der eigentlichen Kernpopulation mit 2.000 Tieren aus den vier Teilflächen Flugfeld Wr. Neustadt Ost, Wirtschaftspark Civitas Nova, Freiflächen östlich des Wirtschaftsparks und Ausgleichsfläche stammen können, und eine lokale Population von 20 Tieren mangels genetischen Austausches nicht überleben würde; das Vorbringen der BF, dass es sich um eine abgeschottete, kaum vernetzte eigene lokale Population handeln würde, ist demgegenüber nicht stichhaltig, da diese für ihre Behauptungen nur vorbringen konnten, es gebe wenige Brücken über den Wiener Neustädter Kanal und es sei zu wenig untersucht, ob die Besiedelung genauso stattgefunden habe, wie von der SV behauptet.

Erschütterungen während der Aktivitätsphasen der Ziesel sind vernachlässigbar, vor allem, wenn es sich um kurzfristige Maßnahmen im Zuge von Bautätigkeiten handelt. Während des Winterschlafs könnten sich Erschütterungen allenfalls negativ auswirken, ebenso während der Aufzucht der Jungen. Dies ergibt sich aus den nachvollziehbaren Aussagen der SV in der mündlichen Verhandlung am 9.12.2020, wo sie auch eine weitere Auflage dazu vorgeschlagen hat Sitzung 6 der Verhandlungsschrift vom 9.12.2020).

Dass die Ausgleichsflächen aufgrund der vorgesehenen Maßnahmen (Kleintierdurchlässe in Form von Rohren) mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, ergibt sich aus den Aussagen der SV in der mündlichen Verhandlung vom 9.12.2020. Die gegenteiligen Befürchtungen der BF sind demgegenüber nicht stichhaltig, ergibt sich doch aus dem im Verfahren von der SV vorgelegten Monitoringbericht 2018 eindeutig, dass aufgrund von Spurfallenversuchen begründet angenommen werden kann, dass die Rohre zur Durchwanderung verwendet werden Sitzung 37 und 38 des Berichts). Der Bericht empfiehlt allerdings aufgrund von Verstopfungen mit Sand, den Durchmesser der Kleintierrohre größer zu gestalten bzw. darauf zu achten, dass die Rohröffnungen höher als Bodenniveau zu liegen kommen. Aus diesem Grund wurde von der SV eine entsprechende Auflage Sitzung 7 der Verhandlungsschrift vom 9.12.2020) vorgeschlagen. Auch aus den unwidersprochenen Hinweisen der SV in der Verhandlung auf die funktionierenden Durchlässe in der Graf-Zeppelin-Straße ergibt sich die Schlüssigkeit ihrer Aussage zu den Kleintierdurchlässen.

Trotz der beobachteten Beeinträchtigungen durch freilaufende Hunde hat sich die Zieselpopulation im Jahr 2018 besonders gut entwickelt vergleiche Aussage der SV Sitzung 12 der Verhandlungsschrift vom 9.12.2020, Monitoringbericht 2018, Sitzung 39).

1.6.4. Die BF 1 monierte, der Untersuchungsraum betreffend die Auswirkungen auf das Schutzgut „Triel“ sei zu eng gewählt worden und es könnten Auswirkungen auf diese Vogelart nicht ausgeschlossen werden. Ebenso seien Beeinträchtigungen des Schutzgutes „Wachtelkönig“ nicht erhoben worden (Beschwerde, Sitzung 3-6).

Dazu wird festgestellt:

Die Natura 2000- Schutzgüter Triel und Wachtelkönig kommen im Untersuchungsgebiet nicht vor, der betroffene Bereich ist als Lebensraum für diese Vogelarten ungeeignet. Die Vorkommen des Triels im Wiener Becken werden regelmäßig kartiert, sie beschränken sich auf die Schotterabbaugebiete im nördlichen Steinfeld bzw. den Truppenübungsplatz Großmittel, die angrenzenden kargen Ackerböden dienen zusätzlich als Nahrungsraum. Selbst wenn davon ausgegangen wird, dass die Wirkungen einer Straße auf diese Vögel ein paar hundert Meter weit reichen, so befinden sich im Umfeld der neuen Straße keine geeigneten Lebensräume für Triel und Wachtelkönig. Für diese beiden Vogelarten ist der Untersuchungsraum korrekt abgegrenzt.

Zur möglichen Beeinflussung von Trielvorkommen an der B17-Umfahrung Sollenau/Theresienfeld: Dort haben aktuelle Lebensräume bis an die Trasse herangereicht, was einen entsprechend gravierenden Eingriff darstellte. Dort wurden aber in sehr großem Maß Ausgleichsflächen angelegt, die bis heute vorbildlich bewirtschaftet und vom Triel angenommen werden. Aus den vorliegenden Monitoringberichten geht hervor, dass die B17-Umfahrung nicht zu Rückgängen der Triel-Population geführt hat.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem GA BVwG Naturschutz Sitzung 3) und den nachvollziehbaren und plausiblen Ausführungen der SV in der mündlichen Beschwerdeverhandlung Sitzung 12-13 der Verhandlungsschrift).

Bei der Umfahrung B17 Sollenau/Theresienfeld wurde bereits der Endausbau und damit auch der durch das ggst. Vorhaben zu erwartende Verkehr berücksichtigt und hinterlegt. Dies ergibt sich aus dem von der PW vorgelegten Bericht aus der UVE zum Vorhaben B 17 Umfahrung Sollenau/Theresienfeld (Beilage 5 der Verhandlungsschrift) und den nachvollziehbaren Darlegungen der PW in der mündlichen Beschwerdeverhandlung dazu Sitzung 12 und 25 der Verhandlungsschrift).

Das Vorbringen der BF 2, der Untersuchungsraum sei zu knapp bemessen gewesen, entbehrt einerseits jeglicher fachlichen Grundlage, da der Untersuchungsraum sogar jenen Bereich der B17 (Umfahrung Sollenau) umfasst, der durch das Vogelschutzgebiet verläuft. Andererseits konnte fachlich überzeugend sowohl in der UVE vergleiche UVE-Bericht Tiere und deren Lebensräume, Sitzung 78 und 99-100) als auch im UG-VA dargelegt werden, dass das Schutzgut Triel durch das Vorhaben nicht erheblich beeinträchtigt wird. Fachliche Gegenargumente haben die BF auch nicht vorgebracht, beschränken sie sich doch auf den Einwand, dass Auswirkungen auf den Triel nicht ausreichend untersucht worden seien. Damit gelingt den BF 2 kein substantiiertes Vorbringen auf gleicher fachlicher Ebene mit den Projekterstellern und der behördlichen bzw. gerichtlichen Gutachterin für Naturschutz.

Mit dem Verweis der BF 1, ihr Einwand im Behördenverfahren Ob der ebenfalls lärmempfindliche Wachtelkönig (Crex crex) beeinträchtigt werden kann, wäre vertieft zu überprüfen sei unbehandelt geblieben und es wären die Auswirkungen der Zulaufstrecken und gegebenenfalls das Vorliegen faktischer Schutzgebiete mit zu prüfen gewesen stellt kein Vorbringen auf einer fachlichen Ebene dar, welches geeignet ist, die fachlichen Ausführungen in der UVE und der SV für Naturschutz zu entgegnen. Zum einen wurde der Untersuchungsraum ausreichend groß betrachtet – wie oben bereits dargelegt – und zum anderen konnten sowohl direkte (Flächenverbrauch) als auch indirekte Auswirkungen (Störwirkungen) des Vorhabens auf den Wachtelkönig ausgeschlossen werden.

1.6.5. Nach Meinung der BF 3 liegt ein Widerspruch zur FFH-Richtlinie vor. Der Feldhamster sei nicht berücksichtigt worden, die Feldlerche verliere Brutraum und es entstehe eine unmittelbare Betroffenheit des Natura-2000-Gebietes „Leithaauen“ durch dauerhafte Rodungen (Beschwerde, Sitzung 8-9).

Was das Vorbringen zu den Feldhamstern betrifft, wird auf Pkt. 1.6.2. verwiesen.

Zu den Rodungen wird festgestellt:

Von den Rodungen ist eine Gesamtfläche von 2 900 m² von Auwäldern und Ufergehölz betroffen. Von diesen Ufergehölzstreifen wird das meiste wieder bestockt, es handelt sich um temporäre Eingriffe während der Bauphase, d.h. es wird der Ufergehölzstreifen bis auf den tatsächlich benötigten Bereich dann wiederhergestellt. Dauerhafte Rodungen im Natura 2000 Gebiet Feuchte Ebene-Leithaauen beschränken sich auf ca. 1.000 m2 Auwald sowie ca. 500 m2 Ufergehölzstreifen. Demgegenüber steht die Anlage von ca. 0,4 ha neuen Auwaldflächen im Nahbereich. Die Gesamtfläche an Erlen-Eschen-Weidenauen im Natura 2000 Gebiet Feuchte Ebene-Leithaauen beträgt ca. 1.000 ha, der Verlust durch das Vorhaben ist daher vernachlässigbar gering. Es sind nur wenige Einzelbäume betroffen. Dieser betroffene Auwald ist ein relativ junger Weidenbestand und im Trassenbereich von dieser neuen Anbindung der L4089 stehen noch 3 etwas ältere Eschen. Diese 3 Eschen werden entfernt, sie liegen genau auf der Trasse. Es wurden dieser Bestand bzw. die Ufergehölze dem FFH-Lebensraumtyp der Erlen-Eschen-Weidenauen zugeordnet, obwohl die Ausprägung nicht typisch ist für diesen Lebensraumtyp. Selbst, wenn diese Einordnung trifft, käme es zu einem Verlust von nur 0,029% dieses Lebensraumtyps. De facto werden wenige Einzelbäume gerodet. Aus diesem Grund liegt keine erhebliche Beeinträchtigung für das FFH-Gebiet im Gesamten vor. Dieser Auwald ist der einzige betroffene Lebensraumtyp.

Zu einer erheblichen Betroffenheit des Natura 2000-Gebietes „Leithaauen“ kommt es insgesamt nicht.

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Naturschutz Sitzung 5) i.V.m. dem TGA Naturschutz des UV-GA Sitzung 20 ff) und den Darlegungen der SV in der mündlichen Beschwerdeverhandlung Sitzung 6, 17 der Verhandlungsschrift), wo sie auf Ersuchen des vorsitzenden Richters ausdrücklich ausführte, dass es sich bei den vom Vorhaben in Anspruch genommenen feuchtegetönten Begleitlebensräumen nicht um FFH-Lebensraumtypen handle, insb. nicht um ausgedehntes, tw. spätgemähtes Grünland, sondern um Bereiche, die stark von Brennnesseln dominiert sind. Der Eingriff beschränkt sich auf knapp 700 m² inkl. Bauphase. Dieser Eingriff ist als „nicht erheblich“ für das Gebiet bzw. für die Erhaltungsziele zu sehen (Verhandlungsschrift Sitzung 9-10). Weiters erläuterte die SV in der Beschwerdeverhandlung, dass es im Natura-2000-Gebiet Feuchte Ebene-Leitha-Auen noch 100 000, wenn nicht Millionen Eschen-Einzelexemplare gebe, wodurch eine Naturverjüngung im Gebiet, auch durch diese Vielzahl von Bäumen, gesichert und auch zu beobachten sei. Aufgrund der Häufigkeit der Brennnessel und der Tatsache, dass sie schnell Lebensräume wiederbesiedle, sei eine Auswirkung der Entfernung von Brennesseln auf Insekten im gesamten Gebiet mit Sicherheit nicht zu befürchten. Brennnesselfluren gebe es im Gebiet vermutlich quadratkilometerweise Sitzung 17 der Verhandlungsschrift).

Zu Verschlechterungen für Feldlerche und Rebhuhn wird festgestellt:

Die Verluste von Reproduktionseinheiten für die Feldlerche und das Rebhuhn werden durch die Anlage von 4,3 ha Dauerbrache innerhalb der Ackerfluren sowie von Blühstreifen im Ausmaß von 10 m Breite und 300 m Länge, jeweils im Umkreis von max. 10 km Entfernung zur Trasse, bereits vor der Bauphase ausgeglichen. Dadurch entstehen auch neue Insektenlebensräume und wird somit das Nahrungsangebot für die Feldlerche sichergestellt. Die Maßnahme dient auch dem Rebhuhn und anderen Vogelarten, die das Gebiet als Nahrungs- und Ruheraum nutzen.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Naturschutz, Sitzung 6 f.

Die PW erläuterte zudem zum Schutzgut Feldlerche auf Sitzung 28 der Beilage zur Stellungnahme vom 23.5.2019: Zur Kompensation des direkten Lebensraumverlustes durch Überbauung und der trassennahen Beeinträchtigungen durch Störwirkungen auf die Feldlerche werden Ausgleichsfläche speziell für diese Art umgesetzt. Eine ausführliche Darstellung der Wirkungen und der Ableitung der Kompensationsflächen ist in den Einreichunterlagen dargelegt. Um gewährleisten zu können, dass die vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen auf Projektdauer erhalten bleiben, ist zur Beweissicherung als weitere Maßnahme ein Monitoring der Ausgleichsflächen vorgesehen. Zudem sind Nachweise über die Verfügbarkeit der Flächen im Rahmen einer Auflage im UVP-Bescheid vorgeschrieben.

Nach diesen fachlich überzeugenden Ausführungen blieb kein Raum für die Annahme, die Feldlerche verliere durch das Vorhaben im Ergebnis an Brutraum. Dafür, dass die im Projekt vorgesehenen Ausgleichsflächen als ungenügend beurteilt würden, haben sich im Verfahren keine Hinweise ergeben und brachten dies die Beschwerdeführer auch nicht vor. Der Einwand der BF 3 betreffend die Feldlerche ging daher ins Leere, vor allem, da der Punkt Verlust des Brutraums der Feldlerche ohne jegliche Begründung genannt wurde.

Zur während des Beschwerdeverfahrens aufgeworfenen Frage einer Beeinträchtigung des Naturschutzgebiets Kalkschottersteppe Eggendorf durch Mehrverkehr auf der Tritolstraße: Dieses Naturschutzgebiet liegt im unmittelbaren Anschluss östlich des Wr. Neustädter Kanals und südlich der Tritolstraße, demnach einige km entfernt vom Vorhaben. Bei dem dort vorhandenen Trockenrasen könnte es grundsätzlich durch Emissionen von Stickoxiden zu einem Düngeeffekt kommen. Die Verkehrszahlen sind aber so gering, dass ein Düngeeffekt auf die Trockenrasen ausgeschlossen werden kann. Das Naturschutzgebiet wird schon seit vielen Jahren gepflegt, durch Mahd und Beweidung wird ein Austrag von Nährstoffen bewirkt, der höher ist als der Eintrag über die Fahrzeuge, die dort vorbeifahren. Es wurden dort keine Ziesel gefunden. Bei den geringen Verkehrszahlen sind auch Auswirkungen auf lärmempfindliche Vogelarten, z.B. Triel, sehr unwahrscheinlich.

Dies ergibt sich aus den Darlegungen der SV BVwG Naturschutz in der mündlichen Beschwerdeverhandlung Sitzung 7 der Verhandlungsschrift).

1.6.6. Die BF 3 brachten weiters vor, wenn laut Bescheid die Erfassung naturschutzfachlich relevanter Arten erst vor Baubeginn erfolgen solle (Bescheid Sitzung 14, Pkt. 1.3.6 ba), bedeute dies, dass eine solche noch gar nicht erfolgt sei (Beschwerde, Sitzung 9).

Dazu wird festgestellt: Die naturschutzrelevanten Arten wurden bereits bei der Erstellung der UVE erhoben. Die Vorschreibung, wonach naturschutzfachlich relevante Arten vor Baubeginn neuerlich zu erfassen sind, dient zur Berücksichtigung von Tieren, die sich zu Baubeginn tatsächlich gerade im unmittelbaren Baufeld aufhalten. Darüber hinaus können Arten zusätzlich berücksichtigt werden, deren Vorkommen zum Zeitpunkt der Erhebungen im Zuge des UVP-Verfahrens bzw. der Gutachtenserstellung noch nicht nachgewiesen wurde und die eventuell bis zum tatsächlichen Baubeginn neu auftreten.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Naturschutz, Sitzung 5.

1.6.7. Die BF 3 kritisierten die Ausgleichsflächen für geschützte Tierarten als unzureichend, insbesondere würde das Teilgebiet zwischen Hofermühle, Warmer Fischa und Werksbach („Mühlbach“) abgeschnitten. Betroffen seien geschützte Tierarten (z.B. Feldhamster). Der Feldhamster komme im Gebiet vor, das würden Augenzeugenberichte beweisen (Beschwerde, Sitzung 3).

Zunächst siehe zu diesem Vorbringen bereits oben Pkte. 1.6.2., 1.6.4. und 1.6.5.

Weiters wird dazu festgestellt:

Relevante Lebensräume für geschützte Arten aus der Gruppe der Fledermäuse, Amphibien, Altholzkäfer und Vögel, die durch das Vorhaben beansprucht werden, betreffen die Auwälder und Ufergehölzstreifen im Bereich von Mühlbach und Warmer Fischa. Dieser werden nur in sehr geringem Ausmaß beansprucht und durch die Anlage von Ausgleichsflächen (0,4 ha Auwald im Anschluss an bestehende Ufergehölzstreifen und Auwaldbereiche an Mühlbach bzw. Warmer Fischa, ca. 0,1 ha feuchte Staudenfluren-Hecken-Komplexe sowie da. 0,4 ha trockene Staudenfluren-Heckenkomplexe entlang der Trasse im Bereich der Agrarlandschaft bzw. am südlichen Ende der Trasse) in ausreichendem Maß ausgeglichen.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Naturschutz, Sitzung 4.

1.6.8. Die BF 6 brachten vor, beim Flächenverlust an landwirtschaftlichen Böden würden jene ca. 4 ha für die Ersatzmaßnahmen nicht berücksichtigt, weshalb in Wahrheit von mehr Flächenverlust als ca. 17 ha Versiegelung auszugehen sei. Eine Umwidmung von wertvollen Wiesen oder landwirtschaftlichen Nutzflächen in Waldflächen bewirke etwa einen Lebensraumverlust für Insekten (Beschwerde, Sitzung 15).

Dazu wird festgestellt: Vom Vorhaben sind nur in sehr geringem Ausmaß artenreiche Wiesen und Brachen betroffen, diese werden im Verhältnis 1:1 ausgeglichen. Intensiv genutzte landwirtschaftliche Nutzflächen sind für Insekten aufgrund des Insektizid-Einsatzes als Lebensraum kaum nutzbar. Insgesamt werden 4,3 ha Dauerbrachen angelegt, zusätzlich für Insekten besonders wertvolle Blühstreifen im Ausmaß von 10 m Breite und 300 m Länge. Der Verlust an Insektenlebensraum wird daher ausreichend ausgeglichen.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Naturschutz, Sitzung 6.

1.6.9. Nach den Angaben der BF 6 ist das Insekten- und Bienensterben ohnehin dramatisch und würde durch das Vorhaben verschlimmert. Die Fledermäuse würden durch das Vorhaben beeinträchtigt, ebenso seien die Ausgleichsmaßnahmen für die Feldlerche ungeeignet. Insbesondere sei die Nahrungsaufnahme dieser Tierarten durch das Insektensterben auf Grund des Vorhabens nicht sichergestellt (Beschwerde, Sitzung 16-17).

Dazu wird festgestellt:

Das Insekten- und Bienensterben ist in der Tat dramatisch. Das steht v.a. im Zusammenhang mit dem zunehmenden Verlust an Lebensräumen, v.a. artenreicher Wiesen und Brachen, sowie dem Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft. Vom Vorhaben sind nur in sehr geringem Ausmaß artenreiche Wiesen und Brachen betroffen, diese werden im Verhältnis 1:1 ausgeglichen. Insgesamt werden 4,3 ha Dauerbrachen angelegt, zusätzlich für Insekten besonders wertvolle Blühstreifen im Ausmaß von 10 m Breite und 300 m Länge. Eine Verschlimmerung des Insekten- und Bienensterbens durch das Vorhaben ist somit nicht zu befürchten.

Zwar müssen einzelne im Baufeld gelegene Altbäume mit Quartiereignung für Fledermäuse im Bereich der Ufergehölzstreifen und Auwälder entlang von Mühlbach und Warmer Fischa gefällt werden. Diese Eingriffe sind jedoch als gering einzustufen. Durch die Lärmschutzwände in den Brückenbereichen und die lichte Höhe der Brücken von 2-4 m wird einerseits das Kollisionsrisiko für Fledermäuse minimiert, andererseits gewährleistet, dass ein Unterqueren der Straße im Bereich der Brücken für diese Tiere möglich ist. Die Flug- bzw. Ausbreitungskor-ridore entlang der Gewässer bleiben somit aufrecht.

Bei den Fledermäusen gibt es baumbrütende Arten. Es ist nicht bekannt, ob diese in den wenigen Einzelbäumen sitzen, die gefällt werden müssen, und zwar zu dem Zeitpunkt, wo deren Fällung notwendig ist, was noch Jahre dauern kann. Es sind jedoch entlang der Flussläufe ausreichend gleichartige Bäume vorhanden. Das bedeutet für die Gesamtpopulation der Fledermäuse, die diese Flussläufe als Leitlinien verwenden, dass die Fällung der wenigen Bäume keine spürbaren Auswirkungen haben wird. Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Rückschnitt von Uferbegleitgehölzen auch im Natura-2000-Gebiet jederzeit durchgeführt werden kann.

Während der Betriebsphase kann ein geringes Meideverhalten durch die Fledermäuse nicht ausgeschlossen werden. Die Fledermäuse fliegen allerdings hauptsächlich in der Dämmerung bzw. in den Nachtstunden, wenn die Verkehrsfrequenzen gering sind. Die Auswirkungen des Betriebs werden daher gering sein.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Naturschutz, Sitzung 6, sowie aus den Darlegungen der SV für Naturschutz in der mündlichen Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift Sitzung 7, 19, 20, 24).

1.6.10. Die BF 6 vermeinten als Nachbarn unmittelbar von einer nachteiligen Beeinflussung der Flora und Fauna sowie einer Veränderung der Funktionszusammenhänge bzw. einer Trennwirkung und der Veränderung des Erscheinungsbildes betroffen zu sein (Beschwerde, Sitzung 6).

Dazu wird festgestellt: Die Beeinflussung der Fauna und Flora durch das Vorhaben ist sehr gering und wird durch entsprechende Ausgleichsflächen und sichernde Maßnahmen zusätzlich reduziert. Die Trennwirkung für Tiere wird durch die vorgesehenen Brücken, Flutmulden und Kleintierdurchlässe deutlich verringert, der Populationsaustausch für Rehe und sonstige Kleintiere bleibt dadurch gewährleistet.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Naturschutz, Sitzung 5.

1.7. Landschaft

Die Feststellungen zu diesen Fachbereichen ergeben sich im Wesentlichen aus den UVE-Berichten Siedlung und Raum, Orts- und Landschaftsbild sowie Freizeit und Erholung, dem UV-GA, TGA 16 Raumordnung/Landschaftsbild, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten des SV Raumordnung/Landschaftsbild im Beschwerdeverfahren vom 20.11.2019 (GA BVwG Raumordnung/Landschaftsbild) sowie aus der mündlichen Verhandlung.

Das Vorhaben bewirke nach Angabe der BF 3 massive Eingriffe in die dinglichen Rechte der Bürger, wie durch Beeinträchtigung von Radwegen, Wertminderung der Liegenschaften und die Veränderung des umgebenden Landschaftsbildes (Beschwerde BF 3, Sitzung 3). Auch die BF 6 vermeinten, sie seien als Nachbarn unmittelbar von einer Veränderung des Erscheinungsbildes betroffen und würde ihre Liegenschaft einer Wertminderung unterliegen (Beschwerde BF 6, Sitzung 6).

Der SV Raumordnung/Landschaftsbild führte dazu in seinem GA BVwG auf Sitzung 7 zusammenfassend aus, dass es durch das Vorhaben zu wahrnehmbaren Veränderungen, jedoch zu keinen unzumutbaren negativen Auswirkungen kommen wird. Diese Darlegungen finden auch Deckung in den Ausführungen der UVE und des UV-GA, Teilgutachten Raumordnung/Landschaftsbild. Zum Landschaftsbild führte der SV im GA BVwG Raumordnung/Landschaftsbild auf Sitzung 5 auszugsweise aus:

[…] befinden sich in landschaftlicher Hinsicht unterschiedlich sensible Teilbereiche im Projektgebiet. Die agrarisch geprägten Räume sind von einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung und einer geringen Strukturvielfalt gekennzeichnet und somit gering bis mäßig sensibel. Die Räume um die Warme Fischa, die Leitha und den Akademiepark sind aufgrund ihrer Naturnähe und/oder regionalen Eigenart als hoch sensibel einzustufen.

[…]

Unter Berücksichtigung der vom Vorhaben berührten Landschaftsräume, der Geländemorphologie (weitläufige Ebene), sowie dem geringen Anteil an sichtverschattenden Gehölzstrukturen sind wesentliche optische Wirkungen auf das Landschaftsbild durch das Vorhaben gegeben. In der Betriebsphase entfaltet die Straßentrasse aufgrund der Dammlage, der Brückenbauwerke und der fast durchgängig vorhandenen Lärmschutzwände eine hohe visuelle Präsenz und bildet somit ein neues Landschaftselement. Das Landschaftsbild wird deutlich verändert.

Aufgrund des linearen Charakters der Straße und der vertikalen Ausprägung des Erscheinungsbildes (Dammlage, Lärmschutzwände) wirkt das Vorhaben in der Betriebsphase als Sichtbarriere im Landschaftsraum. Lokale Sichtbeziehungen zu Landschaftselementen und Siedlungsrändern werden regional beeinträchtigt und bereichsweise unterbrochen. Gerade für Objekte, die sich nahe an der Straßentrasse befinden, wie beispielsweise der Siedlungsteil am Haderäckerweg, sind von einer starken Sichtverschattung betroffen.

In den sensibelsten Bereichen (Leithaauen, Akademiepark) sind aufgrund der Abstände und der geringen Sichtbeziehungen hingegen keine Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes gegeben.

Zur Verringerung der Auswirkungen des Vorhabens auf das Landschaftsbild sind im Projekt Maßnahmen zur gestalterischen Einbindung der Trasse in die Umgebung, sowie zur Verringerung der Fremdkörperwirkung vorgesehen. Eine Zerschneidung der Landschaft ist auch unter Berücksichtigung der vorgesehenen Maßnahmen gegeben. Die negativen Auswirkungen können jedoch durch eine optische Einbindung des Vorhabens in den Umgebungsbereich minimiert werden.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung Sitzung 28-29 der Verhandlungsschrift) hat der SV für Raumordnung/Landschaftsbild erläutert, welche Maßnahmen zur Einbindung in das Landschaftsbild vorgesehen sind:

-             Vorpflanzung im Bereich der Dammböschungen bzw. Bepflanzung der Lärmschutzwände mit trockenheitsresistenten Kletterpflanzen

-             Dammbepflanzung im Bereich Brücke „Am Triangel“

-             Dammbepflanzung im Bereich Brücke „Rechte Kanalzeile“

Es verbleibt eine mittlere Resterheblichkeit auf einer Skala von 1-5 bei 3. Die Straße wird eine optische Blickbarriere darstellen und lokale Sichtbeziehungen beeinträchtigen bzw. unterbrechen. Es kommt etwa zu einer Sichtverschattung im Bereich der Siedlung Haderäckerweg. In 100 m Entfernung können bereits dahinterliegende Strukturen wie das Leithagebirge und sonstige Strukturen, die über die Ebene dieses Planungsraums hinausgehen, gesehen werden. Von der Stadtkante Wr. Neustadt kann die Straße bestenfalls als kleines grünes Band wahrgenommen, aber jedenfalls erkannt werden.

Zum Erholungswert der Landschaft hat der SV für Raumplanung/Landschaftsbild in der mündlichen Beschwerdeverhandlung erläutert, dass

-             keine erholungsrelevanten naturschutzrechtlichen Festlegungen (Landschaftsschutzgebiet, Naturpark, Naturdenkmale etc.),

-             eine hohe technogene Vorbelastung,

-             keine touristischen Strukturen und Einrichtungen sowie eine

-             agrarisch intensiv genutzte, optisch wenig attraktive Landschaft

vorliege und daher der zwar ein geringfügiger lokaler Erholungswert (Radfahren, Spazierengehen), aber kein hoher Erholungswert insgesamt vorliegt. Die Straße stellt ein weiteres technogenes Element dar, das allerdings durch die Bepflanzung auch als zusätzliches Strukturelement in der ausgeräumten Landschaft gesehen werden kann. Es gibt keine Beeinträchtigung des Erholungswerts durch das Vorhaben für Radwege bzw. die Nutzung von Feldwegen als Wanderwege, da die Radwege durchgehend erhalten bleiben, wenngleich sie in Teilbereichen anders geführt werden.

Diese schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen werden als entscheidungserheblicher Sachverhalt zum Schutzgut „Landschaft“ festgestellt.

1.8.       Forstökologie

Die Feststellungen zum Fachbereich Forst- und Jagdökologie ergeben sich im Wesentlichen aus den UVE-Berichten Forstwirtschaft und Waldökologie und Jagd und Wildökologie sowie dem Forstrechtlichen Einreichoperat und dem Rodungs- und Aufforstungsplan, dem UV-GA, TGA 8 Forst- und Jagdökologie, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten im Beschwerdeverfahren des ASV Forst- und Jagdökologie vom 18.12.2019 (GA BVwG Forst- und Jagdökologie).

1.8.1. Für gerodete Waldflächen gibt es nach Ansicht der BF 3 keine ausreichenden Ersatzflächen (Beschwerde, Sitzung 3).

Festgestellt wird, dass im Projekt ausreichende Ersatzflächen für die vorzunehmenden Rodungsflächen vorgesehen sind. Für die dauerhafte Verwendung von insgesamt 0,1317 ha Waldfläche oder 1.317 m² Waldfläche zu anderen Zwecken als jener der Waldkultur wird in direkter Nachbarschaft insgesamt die dreifache Fläche (0,3950 ha oder 3.950 m²) mit wertvollen Mischbaumarten als Ersatz aufgeforstet. Bei der kleinen Waldfläche, welche zum Zweck der Errichtung des Vorhabens gerodet werden muss, handelt es sich um einen eher schmalen bachbegleitenden Uferbewuchs aus schnellwüchsigen und auch ökologisch nicht sehr wertvollen Baumindividuen der Baumarten Esche, Pappel und Weiden. Demgegenüber bietet sich die Möglichkeit, durch Neubepflanzung einer bisher offenen Fläche, eine wertvolle Begleit- und daher auch Leitstruktur entlang der Warmen Fischa zu etablieren.

Durch die dreifache Ersatzaufforstung, die unter forstbehördlicher Aufsicht zu 100 % anwachsen wird, ist die Kompensation der bestehenden, sehr kleinen Waldfläche auf jeden Fall gegeben und stellt aus forstfachlicher Sicht eine echte Verbesserung bzw. einen echten Zuwachs an Waldfläche vor Ort dar.

Bereits für die Erstellung der UVE wurde nach geeigneten Grundflächen gesucht und wurden im forstlichen TGA für den Fall einer Rodungsgenehmigung durch die zuständige Behörde derartige Flächen empfohlen und in den forstlichen Auflagen festgehalten, dass eine Ersatzfläche in dreifachem Ausmaß der zu rodenden Fläche erforderlich ist. In diesen Auflagen wurde auch formuliert, dass vor Beginn der eigentlichen Rodung nachgewiesen werden muss, dass die Projektwerberin eine schriftliche Einverständniserklärung der betroffenen Grundeigentümer vorweisen kann. Die in der UVE geplante Situierung dieser Ersatzflächen würde zusätzlich zur Erfüllung der forstlichen Auflagen einen positiven ökologischen Effekt für sämtliche Lebensräume und deren Schutzgüter vor Ort bedeuten.

Diese Feststellungen ergeben sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Forst- und Jagdökologie, Sitzung 2-3, und den Darlegungen des SV in der mündlichen Beschwerdeverhandlung Sitzung 19 der Verhandlungsschrift).

1.8.2. Es ist nach Meinung der BF 6 nicht erörtert worden, warum das angenommene öffentliche Interesse bei der forstrechtlichen Interessenabwägung höher bewertet worden sei, als das öffentliche Interesse an der Erhaltung der 1.317 m² Waldflächen und warum an der Erhaltung von Wald-, Weide- und Wiesenflächen überhaupt kein öffentliches Interesse bestehe (Beschwerde, Sitzung 9).

Festzuhalten ist, dass es sich bei der forstrechtlichen Interessenabwägung um eine Rechtsfrage handelt und sich die Darlegung des öffentlichen Interesses durch den ASV für Forst- und Jagdökologie im Teilgutachten des UV-GA in diesem Punkt als aussagekräftiger als die entsprechende Darlegung im forstrechtlichen Einreichoperat, auf das sich die BF beziehen, erweist.

Aufgrund der schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen in diesem Teilgutachten, Sitzung 11, wird festgestellt:

Aus der Kombination der Kriterien für die Einschätzung und Bewertung des öffentlichen Interesses an der Walderhaltung (zwei – zu acht +) geht ebenfalls hervor, dass jedenfalls ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung vorliegt.

Daraus ist schlüssig abzuleiten, dass bei Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der Rodung (Straßenverkehr), dieses das öffentliche Interesse an der Walderhaltung in jedem Fall überwiegen muss. Dass ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung gegenständlich vorliegt ist somit unbestritten und der Einwand erweist sich daher als nicht zielführend. Im Übrigen ist auf die rechtlichen Ausführungen in Pkt. 2.8. zu verweisen.

1.8.3. Die BF 6 monierten, dass die Faktizitäten (gemeint: die Auswirkungsgegebenheiten) des Klimawandels auch im Zusammenhang mit dem Flächenverbrauch von ca. 17 ha Boden nicht berücksichtigt würden. Ins Treffen geführt wurde auch der durch den Klimawandel verursachte steigende Schadholzanfall (Beschwerde, Sitzung 13-14).

Zum Thema Bodenverbrauch, der in erster Linie landwirtschaftliche Flächen betrifft, wird auf die Feststellungen unter Pkt. 1.9. und 2.6. verwiesen.

Zum Schadholzanfall wird festgestellt: Das Vorhaben bewirkt keine negativen Auswirkungen auf den Schadholzanfall in Niederösterreich.

Diese Feststellung beruht auf folgenden Erwägungen:

Der ASV für Forst- und Jagdökologie führt in seinem GA BVwG in für das BVwG schlüssiger art und Weise aus: Es kann weder ein Zusammenhang zwischen der Rodung einer derart marginalen Waldfläche bei gleichzeitiger Entstehung einer dreifach größeren Ersatzfläche und dem allgemeinen Flächenverbrauch erkannt werden. Zudem erschließt sich der Sinn der Äußerungen der BF 6 bezüglich dem vermeintlich klimawandelbedingten erhöhten Schadholzanfall in Niederösterreich und dem ggs. Projekt in keiner Weise.

Weder aus dem Projekt noch aus dem Teilgutachten des ASV Forst- und Jagdökologie ergibt sich ein negativer Einfluss des Vorhabens auf den Schadholzanfall in Niederösterreich.

Als Auswirkungen des Vorhabens im gegenständlichen Fachbereich erkannte der ASV plausibel vor allem die Verwendung des Waldbodens, also die Rodungen. Darüber hinaus traf er noch Ausführungen zu weiteren möglichen Auswirkungen in seinem Teilgutachten zum UV-GA, Sitzung 10:

Theoretisch mögliche negative Auswirkungen des Flächenverbrauches können beispielsweise durch den Verlust waldökologisch hochwertiger Bestände oder von Beständen mit hoher Wertigkeit der überwirtschaftlichen Waldfunktionen, durch mögliche Randschäden (mechanische Wurzel- und Stammverletzungen, Sonnenbrand), durch Störung des Mikroklimas, Veränderungen des Bodenhaushaltes und Erhöhung des Windwurf- oder Schneebruchrisikos entstehen. Hierzu darf angemerkt werden, dass im ggs. Fall keine derartigen Einflüsse auf die Waldbestände zu erwarten sind, der Flächenverbrauch wird mehr als kompensiert und damit der theoretische, in der Realität jedoch nicht messbare, weil derart minimale Einfluss auf die Wohlfahrtsfunktion einer sehr geringen Waldfläche ausgeglichen.

Damit kann nachvollziehbar ausgeschlossen werden, dass es zu negativen Auswirkungen auf den Schadholzanfall oder andere negative Auswirkungen kommt – abgesehen vom oben bereits beschriebenen Waldflächenverlust, der jedoch dreifach ausgeglichen wird.

1.9. Boden/Landwirtschaft:

Die Feststellungen zu diesen Fachbereichen ergeben sich im Wesentlichen aus der UVE Landwirtschaft und Boden, dem UV-GA, TGA 1 Agrartechnik/Boden, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten der ASV für Agrartechnik und Boden (GA BVwG Agrartechnik/Boden) im Beschwerdeverfahren vom 12.12.2019.

1.9.1. Mit dem Vorhaben geht nach Meinung der BF 2 eine erhebliche Bodenversiegelung einher und es seien entsprechende Ausgleichsmaßnahmen nicht vorgeschrieben worden (Beschwerde, Sitzung 4). Auch die BF 3 monierten die Versiegelung fruchtbarer Böden (Beschwerde, Sitzung 3).

Im TGA 1 Agrartechnik/Boden wurde unter Risikofaktor 8 Sitzung 14 und 15) auf die Flächeninanspruchnahme eingegangen.

Die ASV Agrartechnik/Boden führt in ihrem GA BVwG schlüssig und nachvollziehbar aus: Zur Erhaltung der Regelfunktion für den Wasser- und Stoffhaushalt bzw. der Funktion als Filter, Puffer und Transformator von Schadstoffen werden Ersatzmaßnahmen wie Ableitungen in Sickerbecken, Retentionsbecken etc. errichtet.

Da davon ausgegangen wird, dass die benötigten Flächen für die Durchführung des Projektes unbedingt erforderlich sind und weil verbrauchter Boden nicht ersetzt werden kann, können bezüglich Flächeninanspruchnahme keine Verminderungsmaßnahmen vorgeschlagen werden.

Dies wird als entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt.

Im TGA 1 Agrartechnik/Boden, Sitzung 14-15, wird ausgeführt und dies ergibt sich auch aus dem Einreichprojekt, dass es vorhabensbedingt zum Verlust landwirtschaftlicher Flächen (rund 17 ha) kommen wird. Die Nutzung der Böden wird insofern beeinträchtigt, als sie der bisherigen Nutzung entzogen werden und ihre ursprünglichen Funktionen nicht mehr erfüllen können. Das konkrete Projekt, das in etwa einem Tagesverbrauch an Boden in Österreich entspricht, bildet einen für sich unerheblichen Anteil und es sind keine direkten Auswirkungen abzuleiten, wie sich aus den Feststellungen ergibt.

Auch diese schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen werden als entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt.

Bereits im TGA 1 Agrartechnik/Boden führte die ASV zudem aus: Bezüglich der dauerhaft gestörten Funktionen, die sich im konkreten Fall in einem vergleichsweise geringen Rahmen halten (die tägliche Flächeninanspruchnahme in Österreich beträgt laut Umweltbundesamt 16,1 ha/Tag im Durchschnitt der Drei-Jahres- Periode 2012-2015), kann eine Lösung nicht im einzelnen Anlassfall gefunden werden, sondern muss in strategischer Planung erfolgen („EU-Strategie für nachhaltige Entwicklung“; „Die Österreichische Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung“, beschlossen 2002 durch die Bundesregierung). In „Die Österreichische Strategie zur Nachhaltigen Entwicklung“ wurde festgehalten, dass es zukünftig eine der zentralen Aufgaben der Raumplanung sein wird, für gesellschaftspolitisch erforderliche, ressourcenverbrauchende Nutzungen eine Standortoptimierung vorzunehmen, die alle relevanten Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt. In Wahrheit ist daher die Frage des Verlustes an Böden durch Flächeninanspruchnahme nicht eine Frage des Fachgebietes Landwirtschaft, sondern vielmehr der Raumplanung.

Das Thema Bodenverbrauch wird im Übrigen in den rechtlichen Ausführungen behandelt und dementsprechend auf Pkt. 2.6. verwiesen.

1.9.2. Die BF 6 monierten, dass die Auswirkungsgebenheiten des Klimawandels auch im Zusammenhang mit dem Flächenverbrauch von ca. 17 ha Boden nicht berücksichtigt würden (Beschwerde, Sitzung 13-14).

Dazu führte die ASV Agrartechnik/Boden in ihrem GA BVwG auf Sitzung 4 aus: […] Das Problem des Klimawandels ist differenzierter zu sehen. So geht aus Berichten hervor, dass die Landwirtschaft nicht nur Opfer, sondern zum Teil auch Verursacher des globalen Klimawandels ist. Immerhin stammen 10-12 % der weltweiten anthropogenen Treibhausgas-Emissionen aus der Landwirtschaft. Der Anteil der Landwirtschaft an der gesamten Lachgas-Emission liegt sogar bei 60 % und der an den Methan-Emissionen bei 50 %. Das Deutsche Umwelt Bundesamt geht für Deutschland von rund 60% der gesamten Methan-Emission und 80% der Lachgas-Emissionen aus der Landwirtschaft aus. Lachgas entsteht hauptsächlich durch die künstliche Düngung und entweicht dann dem Boden. Die Hauptquelle für die Emission von Methan ist u.a. die Rinderzucht. Laut Veröffentlichungen des österr. Umweltbundesamtes ist die Landwirtschaft mit der Emission von 8,2 Mio. Tonnen Treibhausgasen (THG) pro Jahr unter den großen Verursachern der THG-Emissionen. (Zitat: wiki.bildungsserver.de, www.umweltbundesamt.de, www.umweltbundesamt.at) […]

Aufgrund dieser schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen wird festgestellt, dass aufgrund der Änderungen bei der Bodennutzung durch das Vorhaben keine Auswirkungen auf das globale Klima quantifiziert werden können.

Das Thema Klimawandel wird im Übrigen in den rechtlichen Ausführungen behandelt und dementsprechend auf Pkt. 2.6. verwiesen.

1.9.3. Beim Flächenverlust an landwirtschaftlichen Böden würden nach Ansicht der BF 6 jene ca. 4 ha für die Ersatzmaßnahmen nicht berücksichtigt, weshalb in Wahrheit von mehr Flächenverlust als ca. 17 ha Versiegelung auszugehen sei. Eine Umwidmung von wertvollen Wiesen oder landwirtschaftlichen Nutzflächen in Waldflächen bewirke etwa einen Lebensraumverlust für Insekten (Beschwerde, Sitzung 15).

Nach den Angaben der ASV Agrartechnik/Boden in ihrem GA BVwG auf Sitzung 5 gehen landwirtschaftliche Flächen im angeführten Ausmaß verloren. Dieser Flächenverlust wurde im TGA 1 Agrartechnik/Boden unter Risikofaktor 8 Sitzung 14 und 15) behandelt.

Aus fachlicher Sicht der ASV handelt es sich bei der Umwandlung von landwirtschaftlichen Flächen in Wald und Ausgleichsflächen für den Naturschutz nachvollziehbar nicht um Versiegelung, die die Funktionen des Bodens verunmöglichen.

Das Vorbringen der BF 6 geht ohnehin ins Leere, da eine Verletzung ihrer subjektiven Rechte nicht ersichtlich ist.

1.10. Gewässer

Die Feststellungen und beweiswürdigenden Ausführungen zu diesem Bereich ergeben sich im Wesentlichen aus der UVE Grundwasser, Oberflächengewässer und Untergrund, dem UV-GA, TGA 19 Wasserbautechnik/Gewässerökologie, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und den Gutachten im Beschwerdeverfahren des ASV Wasserbautechnik/Gewässerökologie vom 4.9.2019 (GA BVwG Wasserbautechnik/Gewässerökologie) und des SV Grundwasserhydrologie vom November 2019 (GA BVwG Grundwasserhydrologie) sowie aus den Aussagen dieser SV in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.10.1 Die BF 3 brachte vor, es käme zur Versiegelung fruchtbarer Böden, womit eine Beeinträchtigung gegeben sei. Die Auswirkungen der Versiegelung (wie Überschwemmungsgefahr) seien nicht berücksichtigt worden (Beschwerde, Sitzung 3). Die BF 6 brachten vor, das Vorhaben liege in einem ausgewiesenen Hochwassergebiet und die Versiegelung von Boden führe zu negativen Entwicklungen, die weitergehende Maßnahmen erfordern würden. Diese seien nicht beschrieben worden, da eine Folgenabschätzung fehle (Beschwerde, Sitzung 10).

Die Auswirkungen der Versiegelung, etwa auf das Hochwasserabflussgeschehen und eine potentielle Überschwemmungsgefahr sowie die fachliche Notwendigkeit zusätzlicher Maßnahmen, wurden bereits in der UVE und im UV-GA (TGA 19, Sitzung 20ff) behandelt. Das Vorbringen erwies sich damit als unrichtig.

Der ASV führte im UV-GA in Übereinstimmung mit der UVE aus, dass der Einfluss und die Auswirkungen des geplanten Bauvorhabens auf das Hochwasserabflussgeschehen von Warmer Fischa und Fischa-Mühlbach geprüft wurden. Der Fragenkomplex Beeinflussung der Oberflächengewässer durch Geländeveränderungen/Flächeninanspruchnahme wurde in Risikofaktor 5 beurteilt.

Trotz der bautechnischen Maßnahmen mit Geländeabsenkungen und 2 Flutöffnungen ergab die Abflussmodellierung bei HQ100 im anstromigen östlichen Bereich der Trasse eine Zunahme der Überflutungsflächen um 3.250 m2. Die Erhöhung der Hochwasserspiegellagen im Überflutungsbereich wurde mit 0 bis 15 cm berechnet. In zwei sehr kleinräumigen Bereichen ist ein Wasserspiegelanstieg von 20 cm zu erwarten. Als Überflutungsdauer wurde eine Zeitdauer von etwa 3,5 Stunden berechnet. Die betroffenen Flächen sind ausschließlich landwirtschaftlich genutzt. Die Beeinträchtigungen der zusätzlich betroffenen landwirtschaftlich genutzten Flächen, so das UV-GA weiter, führen aufgrund der ermittelten Dauer der Überflutung im Bereich von 3 bis 4 Stunden zu keinen relevanten Nachteilen bei der Bewirtschaftung der Grundstücke. Die Erhöhung der Überflutungshöhe um bis zu 15 cm, in zwei kleinen Bereichen bis zu 20 cm, ist als Beurteilungsmaßstab für die Beeinträchtigung nicht entscheidend, da der Überflutungsbereich in freiem Gefälle abfließt und nicht ausschließlich versickert. Zusätzliche Maßnahmen wurden vom ASV nicht für erforderlich erachtet.

Diese schlüssigen und nachvollziehbaren Aussagen werden als entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt.

Im GA BVwG Wasserbautechnik/Gewässerökologie gab der ASV an, dass die bisherigen Ausführungen vollinhaltlich aufrecht bleiben, da sich zum einen die Rahmenbedingungen nicht geändert haben und zum anderen keine nachvollziehbaren oder begründeten Beschwerden vorgebracht wurden. Das Vorbringen blieb tatsächlich unbegründet und vage und war nicht geeignet, die fachlichen Ausführungen des ASV zu entkräften, wonach es durch das Vorhaben zwar zu einer minimalen Verschärfung des Hochwasserabflusses kommt, sich die Beeinträchtigungen auf Grund der geringen Zeitdauer von wenigen Stunden und der Betroffenheit von nur landwirtschaftlichen Grundstücken aber im geringfügigen Ausmaß bewegen.

Damit geht auch das Beschwerdevorbringen der BF 6 zur Hochwasserproblematik ins Leere, da deren Grundstück kein landwirtschaftliches Grundstück darstellt und somit nicht betroffen ist.

1.10.2. Die BF 6 brachten vor, als Nachbarn unmittelbar u.a. von einer Veränderung des Grundwasserhaushalts und einer Beeinträchtigung ihrer Trinkwasserversorgung betroffen zu sein (Beschwerde, Sitzung 6). Die BF würden ihren Wasserbedarf ausschließlich durch Grundwasserbrunnen, die bereits zweimal tiefer gelegt hätten werden müssen, decken (Beschwerde, Sitzung 11).

Der ASV führte im GA BVwG Wasserbautechnik/Gewässerökologie dazu auszugsweise auf Sitzung 3 aus: Vereinfacht formuliert versteht man unter Grundwasserhaushalt die Summe aus Zu- und Abfluss in den unterirdischen Grundwasserspeicher inklusive der Änderung des Speicherinhaltes. Vom gegenständlichen Bauvorhaben betroffen ist der Grundwasserkörper Südliches Wiener Becken. Aufgrund seiner Mächtigkeit von zig Metern und seiner Längsausdehnung von etwa 70 km ist eine Veränderung des geplanten Straßenabschnittes auf den Grundwasserhaushalt des Grundwasserkörpers Südliches Wiener Becken 100024 weder messbar noch theoretisch rechnerisch gegeben. Von nur etwa 600 lfm der Trasse wird das gesammelte Straßenwasser am Beginn und Ende der Trasse nicht entsprechend dem derzeit natürlichen Zustand versickert, sondern in Fließgewässer abgeleitet. In Relation zum Grundwasservolumen im Trassenbereich ist das zukünftig hier dem Grundwasser entzogene Niederschlagswasser von 600 lfm Straße so gering, dass eine Veränderung weder messbar noch theoretisch rechnerisch nachweisbar ist. Weiters fügte er ergänzend an, durch die geplanten Maßnahmen wäre eine theoretisch mögliche Absenkung des Grundwasserspiegels nur denkbar, wenn die Grundwasserneubildung durch die geplanten Maßnahmen in einem relevanten Ausmaß verringert würden, oder wenn Grundwasserentnahmen in einem ebenso relevanten Ausmaß mit dem Vorhaben verbunden wären. Da beides nicht im Entferntesten der Fall sei (keine Grundwasserentnahme und keine Verringerung der Grundwasserneubildung des Grundwasserkörpers durch das geplante Vorhaben) könne die Befürchtung einer vorhabensbedingten Absenkung des Grundwasserspiegels fachlich gesichert ausgeschlossen werden.

Der SV Grundwasserhydrologie führte im GA BVwG Grundwasserhydrologie auf Sitzung 3 aus, dass das geplante Bauvorhaben nur auf einer Länge von knapp 66 lfm gegenüber der Länge des grundwassererfüllten Troges der Mitterndorfer Senke von rund 70 km dem Grundwasser die sonst zukommende Niederschlagsmenge entzieht. Diese Beeinträchtigungen sind weder messbar noch theoretisch rechnerisch nachweisbar. Weiters führte er aus, dass bei den geplanten Baumaßnahmen und dem Betrieb der Straße keine Grundwasserentnahmen beabsichtigt sind und die Grundwasserneubildung in keinem relevanten Ausmaß verringert wird. Zudem kann durch die Hochlage von 1 m über dem ursprünglichen natürlichen Niveau keine Grundwasserabsenkung seitlich der Straße hervorgerufen werden.

Die Befürchtung der BF 6, der Grundwasserspiegel könnte vorhabensbedingt sinken und die Wasserentnahme beeinträchtigen, konnte somit auf Grund der fachlich überzeugenden Ausführungen der beiden SV entkräftet werden.

Eine Veränderung des Grundwasserhaushaltes durch das Vorhaben im Bereich der Liegenschaft der BF 6 und eine dadurch bewirkte Beeinträchtigung der Wasserentnahme aus den Grundwasserbrunnen ist nach den plausiblen Ausführungen der beiden SV weder messbar noch theoretisch rechnerisch nachweisbar.

Zur Thematik der Trinkwasserversorgung konnte der ASV eine Beeinträchtigung dieser durch Schadstoffe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf Sitzung 3-4 des GA BVwG Wasserbautechnik/Gewässerökologie ausschließen: […] In diesem dem Grundstück nahe gelegenem Trassenabschnitt werden die Straßenwässer breitflächig in Bodenfiltermulden abgeleitet, gereinigt und versickert. […] Unter Hinweis auf die Details in diesem Abschnitt des Gutachtens kann zusammenfassend festgehalten werden, dass die straßenspezifischen Schadstoffe durch die Bodenfilterpassage nach dem Stand der Technik gereinigt und der Schutz des Grundwassers vor anthropogenen Verunreinigungen durch das Straßenwasser gewährleistet ist. Die Berechnungen der Auswirkungen von Chlorid aus dem Winterstreudienst ergab eine rechnerische Konzentration von etwa 120 mg/l Chlorid im Grundwasser im Bereich 2 m neben der Trasse im abstromigen Grundwasserbereich. Eine qualitative Beeinträchtigung des Trinkwasserbrunnens, die eine zukünftige Nutzung für Trinkwasserzwecke verhindern würde, durch straßenspezifische Schadstoffe oder Chlorid auf der Liegenschaft […] kann damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden.

Der SV Grundwasserhydrologie ergänzte in seinem GA BVwG auf Sitzung 3, wie bereits im Behördenverfahren, dass sich das Grundstück der BF 6 grundwasserstromseitlich der östlich daran vorbeiführenden Straße befindet und der Zustrom zu diesem Grundstück bzw. den Brunnen aus SW und nicht aus dem Bereich der Straße erfolgt. Somit sind auch keinerlei negativen Auswirkungen durch das geplante Bauvorhaben zu erwarten.

Die fachlichen Ausführungen der beiden SV erwiesen sich als nachvollziehbar, diesen wurden keine substantiierten Einwendungen entgegengesetzt. Auf Grundlage der angeführten plausiblen und nachvollziehbaren Ausführungen in den Gutachten der gerichtlich bestellen SV wird daher festgestellt, dass das Vorhaben keine Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung durch Hausbrunnen der BF 6 haben wird.

1.10.3. Die BF 6 brachten auch vor, dass das Vorhaben in den Wasserschutz- und Schongebieten Wiener Neustadt – Katzelsdorf und Mitterndorfer Senke situiert sei (Beschwerde, Sitzung 10).

Dazu führte der ASV Wasserbautechnik/Gewässerökologie bereits im UVGA (allgemein im TGA 19, Sitzung 13ff und speziell im Anhang zum UVGA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen, Sitzung 176-177) aus:

Die beiden vom Vorhaben berührten Schongebiete Wiener Neustadt-Katzelsdorf, LGBl. 6950/25-0, und Mitterndorfer Senke, Bundesgesetzblatt Nr. 126 aus 1996,, beinhalten keine Bestimmungen in Hinblick auf die Versickerung von Straßenwässern, die betreffend Reinigung der Straßenwässer über das Ausmaß hinausgehen, das außerhalb der Schongebiete nach den Bestimmungen des WRG 1959 und den einschlägigen Normen und Richtlinien erforderlich ist. Die Straßenentwässerung mit Vorreinigung der Straßenwässer und Versickerung dieser Wässer erfolgt nach den Vorgaben der RVS 04.04.11 „Gewässerschutz an Straßen“, wodurch der Schutz des Grundwassers entsprechend den rechtlichen Vorgaben unter Berücksichtigung der beiden zitierten Schongebietsverordnungen sichergestellt ist.

Weiters führte der ASV für Wasserbautechnik und Gewässerökologie zu den aufgrund des geplanten Sicherheitsausbaus der S 4 geänderten verkehrlichen Grundlagen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung aus, betreffend die im Projekt ausgewiesene Chloridberechnung ändere die Erhöhung der Verkehrszahlen nichts, da die Salzstreuung im Winterdienst unabhängig von der Verkehrsbelastung ausschließlich witterungsbedingt durchgeführt wird. Die Ausführung der Gewässerschutzanlagen (Becken und Mulden) wird durch die Änderung der Verkehrszahlen ebenfalls nicht beeinflusst, da die Ausführung gemäß den Projektunterlagen nach der gültigen RVS 04.04.11 geplant wurde. Gewässerschutzanlagen nach dieser RVS sind so konzipiert, dass sie für Verkehrsbelastungen bis in sehr hohe Bereiche (150 000 bis 200 000 JDTV) Gültigkeit haben. Dies bedeutet, dass die Schadstoffe im Straßenwasser zwar durch die höheren Verkehrszahlen zunehmen, jedoch diese höheren Schadstofffrachten mit den bestehenden, projektierten Gewässerschutzanlagen soweit reduziert werden können, dass die Emissions- und Immissionsziele eingehalten werden können.

Eine Beeinträchtigung der beiden Schongebiete ist nach diesen schlüssigen Ausführungen des ASV, denen auch vom SV Grundwasserhydrologie in dessen GA BVwG auf Sitzung 3 beigepflichtet wurde, auszuschließen, was als entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt wird.

Ebenso wird aufgrund der oben angeführten schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des SV für Wasserbautechnik und Gewässerökologie festgestellt, dass auch durch die erhöhten Verkehrszahlen die Gewässerschutzmaßnahmen (Becken und Mulden) in der Lage sind, das Straßenwasser soweit zu reinigen, dass eine Verschlechterung des Grundwasserkörpers vermieden wird und auch keine Verschmutzung im Sinne der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser erfolgt.

1.11.     Menschliche Gesundheit und Wohlbefinden

Die Feststellungen zu diesem Fachbereich ergeben sich aus dem UV-GA, TGA 17 Umwelthygiene, dem Anhang zum UV-GA Fachliche Auseinandersetzung mit den eingelangten Stellungnahmen/Einwendungen und dem Gutachten des SV Umwelthygiene (GA BVwG Umwelthygiene) im Beschwerdeverfahren vom Dezember 2019, sowie aus der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

1.11.1. Auswirkungen des Vorhabens auf die menschliche Gesundheit:

Eine Gefahr für die Gesundheit der Nachbarn durch Stickstoffdioxidimmissionen während der Bau- oder Betriebsphase ist nicht zu befürchten.

Unter Berücksichtigung der vorgesehenen zusätzlichen Maßnahmen sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Tätigkeiten in der Bauphase und damit auch die damit verbundenen Immissionen nur kurze Zeit einwirken werden und es sich bei PM10 im konkreten Fall weitgehend um geogenen Feinstaub handelt, ist davon auszugehen, dass die projektbedingten Einwirkungen durch Feinstaub in der Bauphase keine Gefahr für die Gesundheit der Anwohner darstellen werden. Eine erhebliche Belästigung durch die Deposition von Gesamtstaub ist nicht zu erwarten.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Teilgutachten Umwelthygiene zum UV-GA, Sitzung 26-29.

Die Immissionen an Feinstaub, die vom Betrieb der geplanten Umfahrung ausgehen, sind ebenfalls nicht gesundheitsgefährdend.

Unter Berücksichtigung der formulierten Vorgaben (Grenzwerte) sowie der gemäß Teilgutachten Lärmschutz zusätzlich erforderlichen Auflagen und der vor Baubeginn durchzuführenden Detailuntersuchung und den damit in Zusammenhang stehenden und während des Baues notwendigen und daher erforderlichen passiven Schallschutzmaßnahmen sind die verbleibenden Einwirkungen durch den gegenständlichen Baulärm als nicht erheblich belästigend zu beurteilen; auch stellt der Baulärm keine Gefahr für die Gesundheit der nächsten Anrainer dar.

Aufgrund der noch durchzuführenden Detailuntersuchung sind unter Berücksichtigung der in diesem Gutachten formulierten Vorgaben (Grenzwerte), der im lärmtechnischen Gutachten formulierten Auflagen und der gemäß NÖ Landesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung geltenden Vorgaben, und den damit in Zusammenhang stehenden und vor Verkehrsfreigabe zu ergreifenden passiven Schallschutzmaßnahmen allfällige Einwirkungen durch den gegenständlich zu beurteilenden Betriebslärm als nicht erheblich belästigend zu beurteilen, auch stellen die allenfalls zu erwartenden vorhabensbedingten Immissionserhöhungen keine Gefahr für die Gesundheit der Anrainer dar.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem Teilgutachten Umwelthygiene, Sitzung 50-51.

Aus den Neuberechnungen i.Z.m. dem Sicherheitsausbau der S4 ergeben sich keine Änderungen an diesen Bewertungen. Dies ergibt sich aus den schlüssigen Aussagen des SV für Umwelthygiene in der mündlichen Beschwerdeverhandlung Sitzung 81, 89 und 90 der Verhandlungsschrift).

Zur Möglichkeit einer Gesamtlärmbetrachtung aus medizinischer Sicht wird darüber hinaus festgestellt:

Festgestellt wird, dass eine Gesamtlärmbetrachtung bzw. eine Gesamtlärmberechnung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich ist.

Dies erfließt aus den plausiblen Darlegungen des umwelthygienischen SV in der mündlichen Beschwerdeverhandlung, wo er darlegte, dass der 2019 erstellte Abschlussbericht des deutschen Umweltbundesamtes zur Gesamtlärmbewertung vom Jänner 2019 zur VDI Richtlinie 3722 aus 2013 ausführe, dass neuere Expositionswirkungsfunktionen zur Lärmbelästigungen und Schlafstörungen sowie Erkrankungsrisiken vorliegen, sodass deren Verwendung an Stelle der zwischenzeitlich überalterten Midemakurven zu empfehlen sei. Dies bedeute, dass die Grundannahmen der VDI Richtlinien aus 2013 nicht mehr dem derzeitigen Stand der Technik entsprechen würden.

Es ist sohin zurzeit noch nicht klar, welches Wirkungsmodell zum Gesamtlärm anzuwenden ist. Daher kann auf gutachterlicher Ebene dem zweifelsohne nachvollziehbaren Wunsch nach einer Gesamtlärmbetrachtung bzw. Gesamtlärmberechnung zurzeit nicht Folge geleistet werden. Eine über die im ggstdl. Verfahren zu den Auswirkungen auf den menschlichen Organismus gesetzten (sachverständigen) Ermittlungsschritte hinausgehende Beurteilung wäre derzeit zu spekulativ bzw. würde nicht dem Stand der Wissenschaft i.S.d. Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer eins, UVP-G 2000 entsprechen (zu alldem Verhandlungsschrift Sitzung 81-85).

1.11.2 BF 5 monierte, er sei durch negative Auswirkungen hinsichtlich Staub-, Lärm- und Abgasemissionen betroffen (Beschwerde, Sitzung 4).

Auf das Wohngebäude 1. OG bezogen werden für alle Himmelsrichtungen projektbezogene Immissionserhöhungen von -0,6 bis 1,0 dB ausgewiesen. Diese projektbezogenen Immissionserhöhungen sind als nicht relevant anzusehen. Die Einwirkungen, die vom geplanten Projekt ausgehen, sind daher weder als erheblich belästigend noch als gesundheitsgefährdend zu beurteilen.

Die im konkreten Fall einwirkenden Luftschadstoffzusatzbelastungen an PM10 und PM2,5 im Jahresmittel leisten in der Betriebsphase keinen wesentlichen Beitrag zur Immissionsbelastung und sind daher im Sinne eines irrelevanten Eintrags zu beurteilen. Beim Luftschadstoff NO2 wird der aus medizinischer Sicht anzuwendende Grenzwert nicht überschritten. In der Bauphase sind im Nahbereich der Baustelle höhere Immissionen zu erwarten, aus medizinischer Sicht handelt es sich dabei aber um keine relevanten Einwirkungen, da diese nur während der Bauphase und daher kurzfristig auftreten und sie gemäß den Vorgaben in der UVE und gemäß den Auflagen im angefochtenen Bescheid soweit möglich minimiert werden.

Dies ergibt sich schlüssig und nachvollziehbar aus dem GA BVwG Umwelthygiene.

1.11.3. Zur Besonnungssituation am Grundstück der BF 6 wird festgestellt:

Die Grundstücksgrenze dieser liegt in einer Entfernung von ca. 18 von der Lärmschutzwand, die Entfernung bis zur Gebäudefront beträgt ca. 52 m. Unmittelbar an der Grundstücksgrenze auf dem Grundstück der BF ist eine Bestockung vorhanden.

Für die Beurteilung von vermehrt einwirkendem Schatten sind keine gesetzlichen Grundlagen vorhanden, wobei aus medizinischer Sicht ein gewisses Maß an Sonnenscheinstunden pro Jahr bzw. an natürlichem Licht i.S.d. der Himmelsstrahlung für das Wohlbefinden des Menschen als notwendig erscheint. Nach der DIN EN 17037, in der sich Kriterien zur Einstufung der Besonnung befinden, liegt an einem Stichtag zwischen dem 1. Februar und dem 21. März bei einer Besonnung von nur 1,5 h/d ein geringes Niveau, bei einer Besonnung von 3 h ein mittleres und ab einer Besonnung von 4 h ein hohes Niveau vor. Im Konkreten verunmöglicht die Lärmschutzwand ein hohes Niveau nicht und lässt daher keine erhebliche belästigende Einwirkung erwarten.

Es ist zwischen Belichtung und Besonnung zu unterscheiden. Belichtet sind die Fenster in jedem Fall, weil bei 52 m Entfernung bei Höhe der Lärmschutzwände von 5 m ab GOK kein Schattenwurf möglich ist.

Diese Feststellungen ergeben sich aus den schlüssigen und nachvollziehbaren Darlegungen des SV in der mündlichen Beschwerdeverhandlung Sitzung 92-93 der Verhandlungsschrift).

2. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Allgemeines und Verfahrensrecht

Gemäß Artikel 131, Absatz 4, Ziffer 2, Litera a, B-VG i.V.m. Paragraph 40, Absatz eins, UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß Paragraph 40, Absatz 2, UVP-G 2000 liegt Senatszuständigkeit vor.

Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Die Beschwerdeführer sind beschwerdelegitimiert und die Beschwerden erwiesen sich auch sonst als zulässig.

2.1.1.   Die BF 1 monierte, es sei nicht eindeutig bezeichnet, welche Behörde den Bescheid erlassen habe und an welche Adresse eine Beschwerde zu richten sei (Beschwerde, Sitzung 1-2).

Der angefochtene Bescheid weist im Kopf u.a. die Schriftzüge Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, Gruppe Raumordnung, Umwelt und Verkehr und Abteilung Umwelt- und Energierecht sowie die Adresse dieser Abteilung auf. Aus dem Spruch des Bescheides ergibt sich als genehmigende Behörde die NÖ Landesregierung. Schließlich wurde der Bescheid gefertigt mit NÖ Landesregierung und darunter Dr. Pernkopf (Landesrat der NÖ Landesregierung).

Aus dem Bescheid ergibt sich zweifelsfrei die Landesregierung als bescheiderlassende Behörde, nämlich durch die Formulierung im Spruch sowie die Fertigungsklausel. Nicht schädlich ist dabei die Nennung des Amtes der Landesregierung im Kopf des Bescheides vergleiche VwGH 19.12.2000, 2000/14/0196). Bei Entscheidungen von einzelnen Mitgliedern der Landesregierung in den ihnen zur selbständigen Erledigung zugewiesenen Angelegenheiten handelt es sich ferner um Entscheidungen der Landesregierung vergleiche VwGH 27.03.2014, 2013/10/0139).

Gemäß Paragraph 39, Absatz eins, UVP-G 2000 ist für Verfahren nach dem ersten und zweiten Abschnitt die Landesregierung die sachlich zuständige Behörde in gegenständlicher Angelegenheit. Da gegenständlich ein Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vorliegt, wurde die BF 1 nicht in ihrem Recht auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung verletzt.

Wenn die BF 1 weiters moniert, es sei nicht bezeichnet, an wen eine Beschwerde gegen den Bescheid zu richten sei, genügt der Hinweis darauf, dass ihre Beschwerde richtig eingebracht und als zulässig gewertet wurde.

2.1.2.   Die BF 2 monierten, dass die PW vor allen anderen Parteien Kenntnis vom Genehmigungsbescheid erlangt habe, womit die Waffengleichheit verletzt worden sei. Sie vermuteten auch eine Befangenheit der Organwalterin (Beschwerde, Sitzung 5-6).

Gemäß Paragraph 44 f, AVG kann die Behörde Schriftstücke durch Edikt zustellen, wenn der Antrag gemäß Paragraph 44 a, Absatz eins, kundgemacht worden ist. Hiezu hat sie gemäß Paragraph 44 a, Absatz 3, zu verlautbaren, dass ein Schriftstück bestimmten Inhalts bei der Behörde zur öffentlichen Einsicht aufliegt. Mit Ablauf von zwei Wochen nach dieser Verlautbarung gilt das Schriftstück als zugestellt. Da der Genehmigungsantrag durch Edikt kundgemacht worden ist, hat die Behörde auch den Bescheid per Edikt zugestellt, was im Rahmen der sog. „Großverfahrensbestimmungen“ des AVG zulässig und geboten ist.

Offenbar aufgrund des Ergebnisses der Sitzung der NÖ Landesregierung am 15.1.2019, bei der der angefochtene Bescheid von dieser genehmigt wurde, brachten die Niederösterreichischen Nachrichten aufgrund einer APA-Meldung von diesem Tag, 12 Uhr 06, die entsprechende Meldung, auf die die BF hinweist. Diese Nachricht wurde jedoch offensichtlich nicht von der Organwalterin, die den Bescheid vorbereitet und das Verfahren geführt hat, an die Medien weitergeleitet, sondern im Rahmen der üblichen Berichterstattung der Medien vom Inhalt der Beschlüsse des politischen Organs Landesregierung an die Öffentlichkeit weitergegeben. Eine Voreingenommenheit der Organwalterin kann darin nicht erkannt werden.

Im Übrigen ist nicht erkennbar, welchen Nachteil die BF durch eine spätere Bescheidzustellung erlitten haben sollen, wurde doch die ihnen zustehende Beschwerderfrist nicht verkürzt und hatten sie, wie dem Verfahrensgang entnommen werden kann, nach Erhebung ihrer Beschwerde noch mehr als ein Jahr Zeit, um diese beliebig zu ergänzen.

Als Verfahrensmangel wurde von der BF 3 moniert, dass die detaillierten Einreichunterlagen nicht bzw. nicht mehr auf der Homepage veröffentlicht seien (Beschwerde, Sitzung 10).

Dazu ist auf die Bestimmung des Paragraph 44 b, Absatz 2, AVG zu verweisen, wonach der Antrag, die Antragsunterlagen und die vorliegenden Gutachten der Sachverständigen nur während der Einwendungsfrist bei der Behörde und bei der Gemeinde zur öffentlichen Einsicht aufzulegen sind. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung besteht für die Behörde nicht.

2.1.3.   Die BF 1 zogen die fachliche Eignung des von der Behörde bestellten Sachverständigen für Verkehrstechnik in Zweifel und forderten die Bestellung eines neuen Sachverständigen für diesen Fachbereich (Beschwerde, Sitzung 7-8).

Mit diesem Einwand ist die BF im Recht. Im Beschwerdeverfahren wurde aus diesem Grund ein anderer verkehrstechnischer Sachverständiger bestellt, um ein verkehrstechnisches Gutachten zu erstellen und das Beschwerdevorbringen zu behandeln.

2.1.4.   Auf Sitzung 31 des Bescheides, so die BF 3, würde eine nicht-existente Straße („Am Schaffelhof“ statt „Am Schafflerhof“) erwähnt, was Zweifel an der Richtigkeit der Angaben erwecke (Beschwerde, Sitzung 11).

Dabei handelt es sich um einen bloßen Schreibfehler. Anhaltspunkte dafür, dass daraus irgendwelche Fehlbeurteilungen resultieren, gibt es nicht.

2.1.5.   Der Bescheid sei nach Ansicht der BF 6 unschlüssig und rechtswidrig, weil die Einwendungen nicht detailliert, sondern nur durch pauschale Verweisungen behandelt worden seien (Beschwerde, Sitzung 23-24).

Sowohl der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) als auch das Bundesverwaltungsgericht vergleiche BVwG 31.3.2020, W104 2216410-1) haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass gem. Paragraph 60, AVG in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen sind. Dies bedeutet, dass die Begründung eines Bescheides die Darstellung der Erwägungen verlangt, auf Grund derer die Behörde zur Überzeugung gelangt, dass ein konkreter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimmten Rechtsnorm vorliegt. Das AVG verlangt somit eine Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes unter jede angewendete Rechtsvorschrift. Jede strittige Sach- und Rechtsfrage von Relevanz sei in der Begründung des Bescheides ausreichend zu beantworten. Dem genügten kursorische Feststellungen nicht, wo nur in allgemeinen Phrasen auf die Schlüssigkeit der eingeholten Sachverständigengutachten eingegangen und allgemein konstatiert wird, dass die Vorbringen der Einwender weder formal noch inhaltlich geeignet seien, die Schlüssigkeit dieser Gutachten in Zweifel zu ziehen, zumal in den Gutachten selbst und in der Verhandlung auf die Einwendungen und Stellungnahmen eingegangen worden sei.

Selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, rechtfertigen allerdings keine Zurückverweisung (VwGH 10.9.2014, Ra 2014/08/0005).

Im Übrigen sind der belangten Behörde unterlaufene Begründungs- und Feststellungsmängel des Bescheides im Hinblick auf die Ergänzung des Verfahrens durch das Verwaltungsgericht als saniert zu betrachten vergleiche etwa VwGH vom 27.05.2011, 2008/02/0049). Die Beschwerdeführer bekamen im Verfahren des Verwaltungsgerichts und der abgehaltenen mündlichen Verhandlung ausreichend die Möglichkeit, sich zu den strittigen Punkten zu äußern und Fragen an die Sachverständigen und die mitbeteiligte Partei zu richten. Sämtliche weiteren, der vorliegenden Entscheidung zugrundeliegenden, Ermittlungsergebnisse wurden den Parteien bei Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Es ist festzuhalten, dass der der vorliegenden Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegende Sachverhalt mängelfrei unter Wahrung sämtlicher Parteienrechte ermittelt worden ist.

2.1.6. Der Sachverständige für Raumordnung konnte an der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG wegen (schwerer) Erkrankung nicht teilnehmen. Dies warf die Frage auf, ob die mündliche Verhandlung nach Gesundung des Sachverständigen fortzusetzen gewesen wäre oder ob zu diesem Zweck sogar ein neuer Sachverständiger für Raumplanung zu bestellen gewesen wäre.

Dies war nicht der Fall, und zwar aus folgenden Gründen:

Aufgabe des Sachverständigen für Raumordnung im UVP-Verfahren war es, gem. Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer eins, UVP-G 2000 die von der Projektwerberin vorgelegten Unterlagen im Bezug auf die Auswirkungen des Vorhabens auf Sach- und Kulturgüter sowie im Hinblick auf raumordnungsfachliche Gesichtspunkte zu bewerten und gem. Paragraph 12, Absatz 3, Ziffer 5, fachliche Aussagen zu den zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens auf die Entwicklung des Raumes unter Berücksichtigung öffentlicher Konzepte und Pläne zu treffen.

In seinem für die UVP-Behörde erstellten Fachgutachten (Teilgutachten 16) traf er diesbezügliche Aussagen zum Themenbereich Sach- und Kulturgüter und den Einfluss des Vorhabens auf bestehende sowie gewidmete Siedlungsgebiete. Diese Themenbereiche und Aussagen des Gutachtens dazu wurden in einigen Beschwerden angesprochen. Es wurden darin in sehr allgemeiner Form Wertminderungen von Liegenschaften und Nutzungseinschränkungen behauptet und es wurde auf Nutzungseinschränkungen für Radwege hingewiesen. Schließlich wurde eine Übereinstimmung mit den Zielsetzungen im Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ bestritten.

Der Gutachter traf dazu in seinem GA BVwG Raumordnung/Landschaftsbild Aussagen. Insbesondere traf er die Aussage, dass es in Siedlungsgebieten zu keinen Nutzungseinschränkungen komme, dass auf die Radfahrer in Bezug auf Freizeitnutzung von Radwegen ausreichend Rücksicht genommen worden sei und dass kein Widerspruch zum Mobilitätskonzept NÖ 2030+ vorliege, da es in raumrelevanten Konzepten durchaus üblich sei, dass es sich widersprechende Ziele und somit Zielkonflikte geben könne.

Dass es zu keinen derart erheblichen Nutzungseinschränkungen für bestehende Siedlungsgebiete kommt, dass diese nicht mehr nutzbar wären, wird bereits in den Beschwerden nicht behauptet. Aus den Gerichtsgutachten zu den Themenbereichen Luftschadstoffe, Schall und Umwelthygiene ergibt sich, dass es zu keinen Gesundheitsgefährdungen oder unzumutbaren Beeinträchtigungen der Nachbarn kommen wird. Es waren dazu auch keinerlei Rechtsfragen offen. Es war daher nicht notwendig, für die Prüfung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens gem. Paragraph 17, Absatz eins und 2 eine weitere Erörterung des GA BVwG Raumordnung/Landschaftsbild vorzunehmen.

Das Thema Radwege konnte im Zuge der Erörterung des verkehrstechnischen Gutachtens und der Präsentation der BF 4 dazu so erschöpfend erörtert werden, dass die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens gem. Paragraph 12 a, NÖ StraßenG, auch i.V.m. Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000, möglich ist. Das Thema eines öffentlichen Interesses am Vorhaben, insbesondere auch vor dem Hintergrund öffentlicher Pläne und Konzepte, wurde ebenfalls im Zuge der Erörterung des verkehrstechnischen Gutachtens erschöpfend erörtert und es wurden die rechtlichen genehmigungsrelevanten Aspekte dazu ausgeleuchtet.

Auf die ausdrückliche Frage des vorsitzenden Richters, ob Fragen zum GA BVwG Landschaftsbild/Raumordnung bestünden, wurde eine einzige Frage gestellt, nämlich zur Frage der Anbindung eines Gewerbegebietes an das Vorhaben und ob dieses Gewerbegebiet neu gewidmet worden sei oder schon bestehe; diese Frage wurde direkt in der Verhandlung mit Hilfe der Projektwerberin erschöpfend beantwortet und war außerdem zuvor vom – vor diesem Verhandlungsblock erkrankten – SV für Raumordnung bereits im ersten Verhandlungsblock in seiner Eigenschaft als Sachverständiger für Landschaftsbild fachlich beantwortet worden (Verhandlungsschrift Sitzung 71/72.).

Es verbleiben somit auch in Bezug auf Radwege und öffentliche Konzepte keine wesentlichen genehmigungsrelevanten Aspekte, die nicht erörtert wurden. Eine Vertagung der mündlichen Verhandlung und ggf. Neubestellung eines raumfachlichen Sachverständigen war somit i.S.d. Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 (Schigebiet Hochsonnberg) nicht geboten.

2.1.7. Die BF 2 brachte vor, es liege ein Schnellstraßenvorhaben und somit ein Vorhaben der Spalte 1 des Anhangs des UVP-G 2000 vor, womit kein vereinfachtes Verfahren durchgeführt hätte werden dürfen. Die BF 2 regte die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens an (Beschwerde, Sitzung 3-4).

Der Begriff der Schnellstraße ist begrifflich weder in der UVP-Richtlinie noch im UVP-G 2000 definiert. Beiden genannten Rechtsgrundlagen ist vielmehr gemein, dass sie den Schnellstraßenbegriff der Begriffsbestimmung des Europäischen Übereinkommens über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs vom 15.11.1975 beziehen. Dieses Übereinkommen definiert die Schnellstraße als eine dem Kraftfahrzeugverkehrs vorbehaltene, nur über Anschlussstellen oder besonders geregelte Kreuzungen erreichbare Straßen, auf denen insbesondere das Halten und das Parken verboten sind.

Die gegenständliche Straßenverbindung ist keine dem Kraftfahrzeugverkehr vorbehaltene Straße, weswegen schon aus diesem Grund eine Schnellstraße iSd UVP-G 2000 nicht vorliegt. Der von der BF behauptete Tatbestand der Ziffer 9, Litera a, des Anhanges 1 zum UVP-G 2000 ist damit nicht einschlägig, aufgrund der Projektparameter – weniger als 10 km Länge, keine Neuerrichtung einer zweiten Richtungsfahrbahn – aber auch kein anderer Tatbestand der Spalte 1 der Ziffer 9, des Anhanges 1 zum UVP-G 2000. Das Vorbringen ist unbegründet.

In diesem Zusammenhang ist die von der BF formulierte Anregung der Vorlage an den EuGH unverständlich, da nicht einmal ansatzweise erkennbar ist, mit welcher Frage sich der EuGH auseinandersetzen sollte. Der Begriff der Schnellstraße ist in allen zitierten Bestimmungen gleich definiert und hinreichend klar. Für eine wie auch immer geartete Auslegung durch den EuGH ist somit v.a. vor dem Hintergrund der Bestimmungen des AEUV kein Raum.

Im Übrigen ist daran zu erinnern, dass jedes Verfahren nach UVP-G 2000, somit auch das vereinfachte Verfahren, die Anforderungen der UVP-Richtlinie 2011/92/EU erfüllt (BVwG 24.10.2018, W127 2202311-1 Leiben Jungbunzlauer Zitronensäureproduktion; BVwG 22.7.2020, W2204219-1 Wien Stadtstraße Aspern, Pkt. 7.1.24).

2.2.       Schutzgutübergreifende Aspekte

2.2.1.   Schutzgutübergreifende Genehmigungsvoraussetzungen (UVP-G 2000 und NÖ StraßenG 1999):

Paragraph 17, Absatz eins,, 3 bis 5 UVP-G 2000 lautet:

„Entscheidung

Paragraph 17, (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Absatz 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Die Genehmigung ist in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen.

(2) […]

(3) Für Vorhaben der Ziffer 9 bis 11 und Ziffer 16, des Anhanges 1 sind an Stelle des Absatz 2, die Kriterien des Paragraph 24 f, Absatz eins und 2 anzuwenden. Gleiches gilt für Vorhaben der Ziffer 14,, sofern sie Flughäfen gemäß Paragraph 64, des Luftfahrtgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 253 aus 1957,, betreffen; für diese Vorhaben der Ziffer 14, sowie für Vorhaben der Ziffer 9 bis 11 des Anhanges 1 sind weiters die Bestimmungen des Paragraph 24 f, Absatz 15, Satz 1 und 2 sowie die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes anzuwenden.

(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach Paragraph 10,, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen, insbesondere auch für Überwachungsmaßnahmen für erhebliche nachteilige Auswirkungen, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge, ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen. Die Überwachungsmaßnahmen sind je nach Art, Standort und Umfang des Vorhabens sowie Ausmaß seiner Auswirkungen auf die Umwelt angemessen festzulegen, die aufgrund der mitanzuwendenden Verwaltungsvorschriften notwendigen Maßnahmen sind hierbei zu berücksichtigen.

(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten. […]“

Paragraph 24 f, Absatz eins, UVP-G 2000 lautet:

„§ 24f. (1) Genehmigungen (Absatz 6,) dürfen nur erteilt werden, wenn im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zusätzlich nachstehende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,

2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die

a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden oder

b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder

c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinn des Paragraph 77, Absatz 2, der Gewerbeordnung 1994 führen, und

3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.

(1a) […]

(2) Wird im Einzelfall durch die Verwirklichung des Vorhabens ein wesentlich größerer Kreis von Nachbarn bestehender Verkehrsanlagen dauerhaft entlastet als Nachbarn des Vorhabens belastet werden, so gilt die Genehmigungsvoraussetzung des Absatz eins, Ziffer 2, Litera c, als erfüllt, wenn die Belästigung der Nachbarn so niedrig gehalten wird, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck Bundesrecht konsolidiert www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 3 wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann. Bestehen besondere Immissionsschutzvorschriften, so ist insoweit die Gefährdung im Sinn des Absatz eins, Ziffer 2, Litera a und die Zumutbarkeit einer Belästigung im Sinn des Absatz eins, Ziffer 2, Litera c, nach diesen Vorschriften zu beurteilen.“

Die Paragraphen 9, Absatz eins,,10 und 12a NÖ StraßenG 1999 lauten:

Paragraph 9,

Planung, Bau und Erhaltung von Straßen

(1) Öffentliche Straßen sind so zu planen, zu bauen und zu erhalten, dass sie

- dem zu erwartenden Verkehr entsprechen,

- dem öffentlichen Interesse nach Paragraph 12 a, entsprechen,

- bestehende Natur- und Kunstdenkmale, Nationalparks sowie Schutzgebiete nach dem NÖ Naturschutzgesetz 2000, Landesgesetzblatt 5500, schonen,

- dem Landschafts- und Ortsbild angepaßt werden,

- keine Wasserschon- und -schutzgebiete beeinträchtigen,

- der erfolgten Bedachtnahme auf die Umwelt entsprechen und

- die bestehende Aufschließung von Grundstücken erhalten.

Paragraph 10,

Schutz der Umgebung

(1) Die Vorsorge des Straßenerhalters gegen unzumutbare Beeinträchtigungen von Personen, die sich nicht nur vorübergehend in der Umgebung der Straße aufhalten, und von Sachen durch den zu erwartenden Verkehr auf bestehenden Landesstraßen oder durch ein Straßenbauvorhaben des Landes (Paragraph 12,) darf durch geeignete Baumaßnahmen auf den Grundstücken Dritter erfolgen. Dazu gehören insbesondere Baumaßnahmen an Gebäuden (z. B. Einbau von Lärmschutzfenstern). Voraussetzungen für diese Baumaßnahmen sind:

a) die Zustimmung des betroffenen Grundstückseigentümers und

b) die Sicherstellung, dass die Bauwerke entweder durch den betroffenen Grundstückseigentümer oder einen Dritten erhalten und allenfalls wiederhergestellt werden.

Wird die Zustimmung verweigert, ist der betroffene Grundstückseigentümer so zu behandeln, als wäre die Baumaßnahme gesetzt worden.

[…]

(4) Die NÖ Landesregierung kann durch Verordnung nähere Regelungen zum Schutz der Umgebung vor baubedingten und betriebsbedingten Schallimmissionen für Straßenbauvorhaben des Landes samt deren Zulaufstrecken erlassen, die sowohl gemäß Paragraph 12, als auch nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl.Nr. 697/1993 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 14 aus 2014,, zu bewilligen sind.“

„§ 12a

Öffentliches Interesse

(1) Im Bewilligungsverfahren gemäß Paragraph 12, ist zu prüfen, ob das Straßenbauvorhaben im öffentlichen Interesse liegt.

(2) Ein Straßenbauvorhaben liegt insbesondere dann im öffentlichen Interesse, wenn

- die Sicherheit oder Flüssigkeit des Verkehrs verbessert wird, wobei insbesondere auf die Interessen der Fußgänger und Radfahrer Bedacht zu nehmen ist,

- durch Baumaßnahmen ungünstige Verkehrsverhältnisse verbessert werden können,

- durch das Straßenbauvorhaben für die Verkehrsteilnehmer ein größerer Zeitaufwand vermieden werden kann,

- unter Berücksichtigung überörtlicher und örtlicher Planungsakte, insbesondere der Raumordnungsprogramme des Landes und der betroffenen Gemeinden, ein Verkehrsbedürfnis oder, im Fall eines Straßenbauvorhabens des Landes, ein übergeordneter Bedarf vorhersehbar ist.

(3) Ein übergeordneter Bedarf liegt vor, wenn ein Straßenbauvorhaben für die Erhaltung und den erforderlichen Ausbau eines überörtlichen Straßennetzes in einer Region oder im ganzen Land notwendig ist. Dabei ist auf - die aktuellen und innerhalb eines Prognosezeitraums von 20 Jahren zu erwartenden Anforderungen an das Straßennetz und - die wirtschaftliche, kulturelle und soziale Vernetzung mit benachbarten Regionen Bedacht zu nehmen.

(4) Die öffentlichen Interessen im Sinne des Absatz 2, sind mit allfälligen gegenläufigen öffentlichen Interessen und den geschützten Rechten der vom Vorhaben betroffenen Parteien, insbesondere mit dem Schutz des Grundeigentums, abzuwägen.“

2.2.2.   Öffentliches Interesse

2.2.2.1. Gemäß Paragraph 12 a, Absatz eins, NÖ StraßenG ist im Bewilligungsverfahren für eine Straße zu prüfen, ob das Straßenbauvorhaben im öffentlichen Interesse liegt. Nähere Kriterien zur Bestimmung, wann ein Vorhaben im öffentlichen Interesse liegt, enthält Paragraph 12 a, Absatz 2, leg. cit.

In den Beschwerden wurde moniert, das öffentliche Interesse sei im Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt worden. Ein öffentliches Interesse könne aus dem Projekt nicht abgeleitet werden, da eine Verkehrsentlastung nicht zutreffe und die Prognose unrichtig sei. Die behauptete Aufwertung als Wirtschaftsstandort sei nicht gegeben und die Planungen würden den Zielsetzungen im Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ widersprechen. Es werde nicht dargelegt, dass sich ungünstige Verkehrsverhältnisse verbessern. Es würden bestenfalls geringfügige Entlastungen für einzelne Straßenabschnitte prognostiziert, die behauptete Aufwertung als Wirtschaftsstandort sei nicht gegeben.

Die Interessenabwägung sei verfehlt, weil die belangte Behörde die Versiegelung landwirtschaftlicher Flächen und den Klimawandel nicht als öffentliche Interessen i.S.d. NÖ StraßenG berücksichtigt habe. Durch die Reduktion landwirtschaftlicher Flächen könne der Konsumbedarf der Österreicher nicht mehr gedeckt werden und sei die Existenz der Österreicher ein massives öffentliches Interesse.

2.2.2.2. Zu den in Paragraph 12 a, Absatz 2, NÖ StraßenG 1999 angeführten Kriterien für das Vorliegen des öffentlichen Interesses (Verbesserung der Sicherheit oder Flüssigkeit des Verkehrs unter Bedachtnahme auf Interessen der Fußgänger und Radfahrer, Verbesserung ungünstiger Verkehrsverhältnisse, Vermeidung eines größeren Zeitaufwandes und Vorhandensein eines Verkehrsbedürfnisses oder eines übergeordneten Bedarfs) führt der angefochtene Bescheid (Punkt 8.6.6 der Begründung) eine angestrebte Verminderung der Trennwirkung im Bereich der Ortsdurchfahrt Lichtenwörth und im Bereich der B17 Grazerstraße, die Verminderung der Beeinträchtigung der Funktion der Ortszentren von Wiener Neustadt und Lichtenwörth als lokale Nahversorgungs- und Wirtschaftszentren, eine Verkehrsberuhigung der Ortsdurchfahrt von Lichtenwörth, Entlastungswirkungen von Siedlungsbereichen mit Wohnnutzung entlang der entlasteten Straßenzüge, die Anbindung medizinischer Infrastruktur, das Auftreten von in Beschleunigungseffekten durch die Entlastung der Straßenzüge im Innenstadtbereich von Wiener Neustadt, die Erschließung von Entwicklungsflächen mit gewerblicher und industrieller Nutzung, eine Aufwertung des Wirtschaftsstandorts Wiener Neustadt und die Aufnahme des Vorhabens ins Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ mit Priorität 1 an.

Diese teilweise unklar ausformulierten und sich z.T. auch möglicherweise widersprechenden Zielsetzungen wurden im Rahmen des GA BVwG Verkehrstechnik und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung näher beleuchtet:

Die Verbesserung der Flüssigkeit des Verkehrs ebenso wie die Vermeidung eines größeren Zeitaufwands (Reisezeitgewinne) gelingt vor allem dort, wo gleichzeitig in den entlasteten Straßenabschnitten Rückbau- und Verkehrsberuhigungsmaßnahmen getroffen werden. Dies ist in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Lichtenwörth der Fall, nicht jedoch in Bezug auf den innerstädtischen Verkehr von Wiener Neustadt (z.B. Grazerstraße). Auch in Bezug auf diese Straßenzüge werden aber durch das Vorhaben günstige Voraussetzungen für eine entsprechende Verkehrsberuhigung geschaffen. Zwar hat der Sachverständige klargestellt, dass im Raum Wiener Neustadt starker Ziel- und Quellverkehr stattfindet, der durch eine Umfahrung nur bedingt abgeleitet werden kann. Jener Anteil an (teilweisem) Durchgangsverkehr jedoch, der bei Verwirklichung von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen vom Vorhaben aufgenommen werden kann, schafft ein Potenzial, dass durch das Vorhaben i.V.m. möglichen zukünftigen Verkehrsberuhigungsmaßnahmen genutzt werden kann. Es ist anzunehmen, dass ohne das Vorhaben die Verwirklichung entsprechender Verkehrsberuhigungsmaßnahmen schwieriger wäre. Ohne zukünftige Verkehrsberuhigungsmaßnahmen im Bereich der Stadt Wiener Neustadt wird eine Verbesserung der Flüssigkeit des Verkehrs und die Vermeidung eines größeren Zeitaufwands nur in marginalem Ausmaß gelingen. Ohne solche Maßnahmen besteht zudem die Gefahr des „Wiederauffüllens“ freiwerdender Kapazitäten im Kfz-Verkehr, wodurch das Ziel des Vorhabens zusätzlich infrage gestellt wäre.

Auf die Sicherheit des Verkehrs wird das Vorhaben nur wenig Einfluss haben. Es kommt zu Verbesserungen in geringem Ausmaß, aber u.U. auch zu Verschlechterungen in geringem Ausmaß auf stärker belasteten Straßenzügen. Auch folgt für das Gericht aus den Verfahrensergebnissen, dass eine wesentliche Verbesserung der Sicherheit durch das Vorhaben unmittelbar nur im Bereich Lichtenwörth, nicht jedoch in Bereich Wiener Neustadt gelingen wird. Auch diesfalls werden zukünftig mögliche Verkehrsberuhigungsmaßnahmen durch die Stadt Wiener Neustadt einen entscheidenden Anteil haben.

Eine Bedachtnahme auf die Interessen der Fußgänger und Radfahrer besteht nach Ansicht des Gerichts durch das Vorhaben in ausreichendem Maß: Alle für den Alltagsradverkehr bedeuteten Routen werden aufrechterhalten bzw. wiederhergestellt. Auch die meisten Routen im Freizeitverkehr werden weiter befahrbar sein, oder sie werden nicht in einem unzumutbaren Ausmaß beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung von Interessen der Fußgänger wurde im Verfahren nicht begründet behauptet.

Für die mögliche Beseitigung ungünstiger Verkehrsverhältnisse durch Baumaßnahmen gilt das zur Flüssigkeit des Verkehrs Angeführte.

Durch das Vorhaben wird aber insbesondere die Erreichbarkeit von Einrichtungen und Arbeitsplätzen im Stadtteil Civitas Nova, der medizinischen Einrichtungen um den zukünftigen Standort des Krankenhauses Wiener Neustadt und des geplanten Stadions Wiener Neustadt aus der Region verbessert. Punktuell ergeben sich auch Zeitgewinne für den Quell-und Zielverkehr im Stadtgebiet Wiener Neustadt.

Das Bestehen eines übergeordneten Bedarfes unter Berücksichtigung der aktuellen und innerhalb eines Prognosezeitraums von 20 Jahren zu erwartenden Anforderungen an das Straßennetz und der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Vernetzung mit benachbarten Regionen ist durch die Aufnahme des Vorhabens als Maßnahme der Kategorie 1 im Mobilitätskonzept Niederösterreich 2030+ manifestiert. Diese Aufnahme des Vorhabens an prominenter Stelle in einem Verkehrskonzept des Landes ist ein starkes Indiz für das Bestehen eines übergeordneten Bedarfs im Sinne des Paragraph 12 a, Absatz 3, NÖ StraßenG 1999. Auch wenn von verschiedenen Seiten Kritik an der Verkehrspolitik öffentlicher Stellen geübt werden mag, so kommt es einem Verwaltungsgericht doch nicht zu, ohne handfester, konkreter Nachweise für falsche Planungsgrundlagen an öffentlichen verkehrspolitischen Konzepten zu zweifeln. Dem Bundesverwaltungsgericht liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Aufnahme des Vorhabens in das angeführte Konzept keine tauglichen Untersuchungen des übergeordneten Bedarfs vorangegangen sind.

Hauptziel des Projekts dürfte die Verbesserung der Erschließbarkeit von Gewerbegrundstücken sowie von regional und überregional bedeutender Infrastruktur, etwa Gesundheitseinrichtungen, sein.

Auch wenn nicht alle Sachverhaltselemente, die Paragraph 12 a, Absatz 2 und 3 NÖ StraßenG 1999 angeführt sind, in gleichem Maß erfüllt sind und einige der dort angeführten Zielsetzungen durch das Vorhaben unmittelbar in nur ganz untergeordnetem Ausmaß erfüllt werden, so schafft das Vorhaben doch das Potenzial für die Erreichung auch jener Zielsetzungen.

Ein öffentliches Interesse am Vorhaben im Sinne des Paragraph 12 a, NÖ StraßenG 1999 ist somit gegeben.

2.2.2.3. Gemäß Paragraph 12 a, Absatz 4, StraßenG 1999 sind die öffentlichen Interesse im Sinne des Absatz 2, mit allfälligen gegenläufigen öffentlichen Interessen und den geschützten Rechten der vom Vorhaben betroffenen Personen, insbesondere mit dem Schutz des Grundeigentums, abzuwägen.

Die Behörde hat in Kap. 8.9 der Begründung ihres angefochtenen Bescheides eine relativ umfassende Interessenabwägung nach dieser Bestimmung durchgeführt. Dabei wies sie darauf hin, dass unter gegenläufigen öffentlichen Interessen, die im Rahmen dieser Bestimmung mit den für die Errichtung des Vorhabens sprechenden Interessen abzuwägen sind, jene zu verstehen sind, auf die andere Bestimmungen des NÖ StraßenG abstellen, wie der Schutz der Umgebung, die Bedachtnahme auf die Umwelt, der schonende Umgang mit ausgewiesenen Naturschutzgebieten bzw. -objekten, die Berücksichtigung des Landschafts- und Ortsbildes sowie die Verhinderung von Beeinträchtigungen von Wasserschutz- und schongebieten. Zum Gewicht dieser Interessen und auch zur Bedeutung, die der durch das Vorhaben verursachte Bodenverbrauch und die zusätzliche Emission von klimaschädigenden Gasen im Rahmen des Betriebs des Vorhabens bei der Interessenabwägung nach Paragraph 12, Absatz 3, NÖ StraßenG 1999 zukommt, ist den Ausführungen im angefochtenen Bescheid zu folgen und wird auf diese verwiesen. Die Interessenabwägung der Behörde ist auch im Licht der Beschwerdevorbringen, des verkehrstechnischen Gutachtens und der Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung nicht zu beanstanden.

2.2.3.   Verkehrsbezogene Nebenbestimmungen, sonstige schutzgutübergreifende Genehmigungskriterien

2.2.3.1. Der SV Verkehrstechnik forderte mit Schreiben vom 14.8.2019 vergleiche OZ 8) ergänzende Unterlagen zur UVE, nämlich der Prognose der zu erwartenden Beeinträchtigungen von der PW. Es möge u.a. ein neuer Planfall unter Miteinbeziehung von in der Stadt Wr. Neustadt zu verwirklichenden Begleitmaßnahmen zur Verkehrsreduktion erstellt werden. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, gibt es zwar Ideen, solche Begleitmaßnahmen im Rahmen eines Verkehrskonzeptes Wr. Neustadt zu verwirklichen, jedoch weder planliche Darstellungen noch konkrete Darlegungen, wo welche Begleitmaßnahmen verwirklicht werden sollen. Dazu ist zunächst auf den UVE-Leitfaden (Umweltbundesamt 2012, Sitzung 95) zu verweisen:

Voraussichtlich erhebliche Auswirkungen

Für die Abschätzung möglicher erheblicher Auswirkungen sind hinsichtlich der Datendarstellung publizierte lokale, regionale und nationale Strategien in Betracht zu ziehen. Des Weiteren sind relevante Daten zusammenzustellen, die für eine Prognose der zukünftigen Umweltbedingungen notwendig sind.

Die Begleitmaßnahmen, die im Rahmen des Verkehrskonzeptes angedacht sind, könnten somit als Strategie i.S.d. des UVP-Leitfadens in Betracht gezogen werden. Die Judikatur zieht in dieser Frage allerdings eine Grenze dort, wo Entwicklungen nicht konkret absehbar sind. Die Behörde hat bei der Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung auszugehen und hat dabei nicht konkret absehbare Entwicklungen außer Betracht zu lassen. Nur wenn bereits konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es in absehbarer Zeit zu einer Änderung des Sachverhalts kommen wird, und die Behörde in der Lage ist, sich über die Auswirkungen dieser Änderung ein hinlängliches Bild zu machen, dann ist auf derartige Entwicklungen bei der Entscheidung über die Genehmigung des Vorhabens Bedacht zu nehmen (VwGH 27.05.1997, 97/04/0026; 20.12.2016, Ro 2014/03/0035; 12.09.2007, 2005/04/0115; 11.12.2009, 2006/10/0146; 24.11.2016, Ro 2014/07/0037).

Im gegenständlichen Fall ist absehbar und wahrscheinlich, dass in der Stadt nach Verwirklichung des gegenständlichen Vorhabens Begleitmaßnahmen zur innerstädtischen Verkehrsreduktion gesetzt werden. Es gibt aber weder Pläne darüber, welche Maßnahmen wo gesetzt werden sollen, noch eine strategische Überlegung, in welcher Größenordnung die Verkehrsreduktion stattfinden soll. Es war somit im Entscheidungszeitpunkt des Erkenntnisses nicht möglich, sich ein hinlängliches Bild über die Auswirkungen der Änderungen zu machen, weshalb die künftig zu setzenden Begleitmaßnahmen außer Acht zu lassen waren und auch kein entsprechender neuer Planfall vom Projektwerber vorzulegen war.

Wenn die PW dazu ergänzend auf die UVP-G-Novelle 2018 und dort Paragraph 6, Absatz eins, Ziffer 4, Litera d, UVP G 2000 verweist, wo der Gesetzgeber klargestellt habe, dass bei Beschreibung des Zusammenwirkens der Auswirkungen mit anderen Vorhaben bestehende oder genehmigte Vorhaben heranzuziehen seien, war darauf nicht weiter einzugehen. Die Novelle war gemäß ihrer Übergangsbestimmung in Paragraph 46, Absatz 28, Ziffer 2, auf den vorliegenden Fall noch nicht anzuwenden, da die neu eingefügte Bestimmung des Paragraph 6, Absatz eins, erst auf anhängige Verfahren, die nach dem 16.5.2017 beantragt wurden, anzuwenden ist. Das gegenständliche Vorhaben wurde bereits am 8.7.2016 beantragt.

Sehr wohl Projektgegenstand bilden allerdings die verkehrsberuhigenden Begleitmaßnahmen betreffend die Ortsdurchfahrt Lichtenwörth (Pkt. römisch III des Spruches). Diese sind allerdings so allgemein gehalten, dass sie einer Präzisierung bedürfen, die das Gericht in einer neuen Nebenbestimmung römisch eins.4.15.7 in Pkt. römisch eins.7 dieses Erkenntnisses aufgenommen hat.

2.2.3.2 Auflagen Monitoring

Die neuen Auflagen aus dem Fachbereich Verkehrstechnik in Spruchpunkt römisch eins.7. werden aufgrund Paragraph 17, Absatz 4, i.V.m. Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, UVP-G 2000 erlassen und sollen sicherstellen, dass für die Bauphase ein Routen- und Monitoringkonzept vorgelegt wird (römisch eins.4.15.1) und dessen Einhaltung auch zu überwachen ist (römisch eins.4.15.2). Für die Betriebsphase wird ein Verkehrsmonitoring für die Umfahrung selbst (römisch eins.4.15.3), für die Zulaufstrecken (römisch eins.4.15.4) und für die entlasteten Strecken (römisch eins.4.15.5) vorgeschrieben. Diese Auflagen entsprechen weitgehend den Vorschlägen des verkehrstechnischen SV in seinem GA BVwG.

2.2.3.3. Auflage Radverkehr

Die Auflage zur Aufrechterhaltung des Radverkehrs zwischen Lichtenwörth und Wr. Neustadt über den Haderäckerweg entspricht ebenso dem Vorschlag des verkehrstechnischen SV in seinem GA BVwG und erfolgt auf Basis des Paragraph 9, Absatz 2, i.V.m. Paragraph 12 a, Absatz 2, NÖ StraßenG 1999, wonach in die Beurteilung, ob die Sicherheit und Flüssigkeit des Verkehrs verbessert wird und daher eine Straße im öffentlichen Interesse liegt, auch die Interessen der Fußgänger und Radfahrer zu berücksichtigen sind.

Die PW hat sich gegen diese Auflage ausgesprochen, sie ist aber notwendig, um die Sicherheit und Flüssigkeit des Radverkehrs durch das Vorhaben nicht zu beeinträchtigen.

2.2.3.4. Paragraph 9, StraßenG

Im Beschwerdeverfahren ist nichts hervorgekommen, was darauf hinweisen würde, dass die geplante Straße nicht dem zu erwartenden Verkehr oder dem öffentlichen Interesse entsprechen, oder die bestehende Aufschließung von Grundstücken nicht erhalten würde. Zu den sonstigen in Paragraph 9, Absatz eins, angesprochenen Genehmigungsvoraussetzungen siehe unten Pkt. 2.5.3.

2.3.       Auswirkungen von Schall

2.3.1. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, NÖ StraßenG 1999 darf die Vorsorge des Straßenerhalters gegen unzumutbare Beeinträchtigungen von Personen, die sich nicht nur vorübergehend in der Umgebung der Straße aufhalten, und von Sachen durch den zu erwartenden Verkehr auf bestehenden Landesstraßen oder durch ein Straßenbauvorhaben des Landes (Paragraph 12,) durch geeignete Baumaßnahmen auf den Grundstücken Dritter erfolgen. Dazu gehören insbesondere Baumaßnahmen an Gebäuden (z. B. Einbau von Lärmschutzfenstern). Voraussetzungen für diese Baumaßnahmen sind a) die Zustimmung des betroffenen Grundstückseigentümers und b) die Sicherstellung, dass die Bauwerke entweder durch den betroffenen Grundstückseigentümer oder einen Dritten erhalten und allenfalls wiederhergestellt werden. Wird die Zustimmung verweigert, ist der betroffene Grundstückseigentümer so zu behandeln, als wäre die Baumaßnahme gesetzt worden. Gem. Absatz 4, dieser Bestimmung kann die NÖ Landesregierung durch Verordnung nähere Regelungen zum Schutz der Umgebung vor baubedingten und betriebsbedingten Schallimmissionen für Straßenbauvorhaben des Landes samt deren Zulaufstrecken erlassen, die sowohl gemäß Paragraph 12, als auch nach dem UVP-G 2000 zu bewilligen sind. Nach dieser Bestimmung wurde mit Landesgesetzblatt Nr. 22 aus 2018, die NÖ Landesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung (LStrLärmIV) erlassen.

Gemäß Paragraph 24 f, Absatz 2, UVP-G 2000 ist bei Bestehen besonderer Immissionsschutzvorschriften insoweit die Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen und die Zumutbarkeit einer Belästigung nach diesen Vorschriften zu beurteilen. Die LStrLärmIV stellt eine derartige Immissionsschutzvorschrift dar vergleiche zum Begriff der besonderen Immissionsschutzvorschrift bereits BVwG 16.11.2014, W102 2000176-1 Götzendorf Spange).

Diese Vorschrift stellt nur auf Straßenverkehrslärm ab. Der von anderen Schallquellen verursachte Lärm wird gem. Paragraph 6, Absatz 6, LStrLärmIV nur berücksichtigt, wenn er unmittelbar vorhabensbedingt ist.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung S1 Wiener Außenring Schnellstraße, Abschnitt Schwechat-Süßenbrunn vom 18.5.2018 (W104 2108274-1) zur – weitgehend regelungsidenten – Bundesstraßen-Lärmimmissionsschutzverordnung (BStLärmIV) ausgesprochen, dass sich der Verordnungsgeber der BStLärmIV dafür entschieden habe, bei der Beurteilung vorhabensbedingter Immissionserhöhungen aus Bundesstraßenvorhaben nur Straßenverkehrslärm und aus dem Vorhaben resultierenden Baulärm zu berücksichtigen, und zwar für die Berechnung der Zusatz- und der Gesamtbelastung. In Zusammenschau mit den in dieser römisch fünf genannten Berechnungsgrundlagen, die nur auf Straßenverkehrslärm abstellen, habe dies zur Konsequenz, dass andere Lärmquellen keine Berücksichtigung finden. Dies stelle eine Grundsatzentscheidung des Verordnungsgebers dar, die im Licht der Entscheidung des VfGH römisch fünf 162/2015 über den Prüfantrag des BVwG, wonach sich die Festlegungen der BStLärmIV innerhalb des Spielraumes des Bundesministers als oberstem Organ der Straßenverwaltung bewegen, und der Feststellungen des humanmedizinischen Sachverständigen im Verfahren, dass eine Gesamtlärmbetrachtung mit erheblichen praktischen Schwierigkeiten verbunden bzw. sehr aufwendig wäre, aus der Sicht des Anrainerschutzes nicht als unvertretbar zu werten sei. Dies gelte auch für den – gegenüber dem durch das gewerbliche Betriebsanlagenrecht gewährten Schutzniveau – herabgesetzten, nur durch Paragraph 6, Absatz eins, BStLärmIV gewährten – Schutz des Freiraums, und für die Kombinationswirkungen aus Lärm und Luftschadstoffen, deren Auswirkungen nach dem Stand der medizinischen Wissenschaften nicht präzise bestimmbar seien. Es liege bei diesen Themenbereichen keine Besonderheit des Einzelfalls vor, wie sie nach der Judikatur der Höchstgerichte bei Anwendung besonderer Immissionsschutzvorschriften in UVP-Verfahren zu berücksichtigen wäre.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem jüngst in seiner Entscheidung S1 Spange Seestadt Aspern vom 4.8.2020 (W248 2205132-1) weiter klargestellt, dass ein besonderer „Freiraumschutz“ nur dann zu gewährleisten ist, wenn keine besonderen Immissionsschutzvorschriften bestehen bzw. die anzuwendenden Immissionsschutzvorschriften einen Freiraumschutz ausdrücklich vorsehen. Nach der BstLärmIV als der für durch Bundesstraßenvorhaben verursachten Lärm maßgeblichen besonderen Immissionsschutzvorschrift würden primär Aufenthaltsräume iSd Paragraph 2, Ziffer 2, BStLärmIV geschützt; bei Gebäuden von Nachbarn wurde der maßgebende Immissionspunkt für die Berechnung der Lärmindizes (Paragraph 3, Absatz eins und 2 BStLärmIV) auf der Fassade in der Höhe der jeweiligen Geschoße des Objektes festgelegt. Dieser Immissionsort sei auch maßgeblich für die Beurteilung der Lärmauswirkungen und die Ermittlung allenfalls erforderlicher straßenseitiger oder objektseitiger Lärmschutzmaßnahmen (Paragraph 4, BStLärmIV). Ein allgemeiner Freiraumschutz sei hingegen in der BStLärmIV nicht vorgesehen.

Nichts Anderes gilt aber für die weitgehend regelungsidente LStrLärmIV.

Darüber hinaus haben im ggstdl. Verfahren die SV für Lärmschutz und Umweltmedizin klargestellt, dass eine Gesamtlärmbetrachtung derzeit nicht seriös möglich sei, also nicht dem Stand der Wissenschaften entspreche, und kein entsprechender Stand der Technik existiere. Es ist aber ferner nicht Aufgabe eines projektbezogenen UVP-Verfahrens, wissenschaftliche Grundlagenforschung zu beauftragen.

Die Einwendungen, die die Gewährung von Freiraumschutz und die Durchführung einer Gesamtlärmbetrachtung verlangen, gehen daher ins Leere.

2.3.2. Ebenso verhält es ich mit der Beschwerdebehauptung, eine Detailuntersuchung zur Festlegung der einzelnen objektseitigen Maßnahmen genüge nicht, objektseitiger Lärmschutz müsse schon im Verfahren festgelegt werden: Gemäß Paragraph 14, LStLärmIV sind im Bewilligungsbescheid die Qualitätsanforderungen an objektseitige Lärmschutzmaßnahmen gemäß Paragraph 9 und Paragraph 13, der Verordnung auf Basis von Detailberechnungen und die Bereiche, in denen diese Maßnahmen zu ergreifen sind, festzulegen. Zur näheren Konkretisierung der Maßnahmen kann die Behörde im Bewilligungsbescheid auftragen, Detailuntersuchungen (Raumnutzungserhebungen und Begehungen) vorzunehmen. Dies hat den Sinn, die Situation bei Baubeginn exakt und aktuell erfassen zu können. Eine exakte Festlegung aller Schallschutzanforderungen an alle konkreten Räume ist im Genehmigungsverfahren nicht möglich, da die konkrete Nutzung zu Bau- bzw. Betriebsbeginn noch nicht bekannt ist.

Die Qualitätsanforderungen an objektseitige (passive) Lärmschutzmaßnahmen wurden mit den Auflagen römisch eins.4.8.9 bis römisch eins.4.8.13, römisch eins.4.8.18, römisch eins.4.13.1., römisch eins.4.13.2. und römisch eins.4.13.3. des angefochtenen Bescheids festgelegt, in den Auflagen römisch eins.4.8.11., römisch eins.4.8.17, römisch eins.4.13.2. und römisch eins.4.13.3. wurden Aufträge für Detailuntersuchungen erteilt.

Durch die Erweiterung der Auflage römisch eins.4.8.17 (Spruchpunkt römisch eins.2.) wurde den aufgrund des geplanten Sicherheitsausbaus der S 4 zu erwartenden höheren Verkehrszahlen Rechnung getragen und ein zusätzliches Objekt aufgenommen (Auflagenvorschlag des schalltechnischen Gerichts-SV Sitzung 73/74 der Verhandlungsschrift).

Damit sind die Anforderungen der LStLärmIV erfüllt.

2.3.3. Die von den Sachverständigen für Schalltechnik und für Umwelthygiene in den Auflagen römisch eins.4.8.3 ff und römisch eins.4.13.1 ff des angefochtenen Bescheids festgelegten Auflagen legen dort Grenzwerte fest, wo nach der LStLärmIV eine Einzelfallbeurteilung durchzuführen ist und stellen die Einhaltung der in der LStLärmIV festgelegten Grenzwerte sicher. Damit werden aber die Bestimmungen der LStLärmIV eingehalten.

Die Beschwerdevorbringen, Grundstücke würden unzumutbar mit Schall belastet, sind damit vor dem Hintergrund der anzuwendenden Rechtsvorschriften unbegründet.

2.4.       Auswirkungen von Luftschadstoffen

2.4.1.   § 20 Immissionsschutzgesetz-Luft – IG-L samt Anlage 1 zu Paragraph 3, Absatz eins, leg.cit. lautet:

„Genehmigungsvoraussetzungen

Paragraph 20, (1) Anlagen, die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften des Bundes einer Genehmigungspflicht unterliegen, und der Neubau einer straßenrechtlich genehmigungspflichtigen Straße oder eines Straßenabschnittes bedürfen keiner gesonderten luftreinhalterechtlichen Genehmigung und es gelten die Bestimmungen der Absatz 2 und 3 als zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen.

(2) Emissionen von Luftschadstoffen sind nach dem Stand der Technik (Paragraph 2, Absatz 8, Ziffer eins, AWG 2002) zu begrenzen.

(3) Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung oder ein Neubau einer straßenrechtlich genehmigungspflichtigen Straße oder eines Straßenabschnittes genehmigt werden soll, bereits mehr als 35 Überschreitungen des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a oder eine Überschreitung

– des um 10 μg/m3 erhöhten Jahresmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a,

– des Jahresmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a,

– des Jahresmittelwertes für PM2,5 gemäß Anlage 1b,

– eines in einer Verordnung gemäß Paragraph 3, Absatz 5, festgelegten Immissionsgrenzwertes,

– des Halbstundenmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a,

– des Tagesmittelwertes für Schwefeldioxid gemäß Anlage 1a,

– des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid gemäß Anlage 1a,

– des Grenzwertes für Blei in PM10 gemäß Anlage 1a oder

– des Grenzwertes für Arsen, Kadmium, Nickel oder Benzo(a)pyren gemäß Anlage 1a

vorliegt oder durch die Genehmigung zu erwarten ist, ist die Genehmigung nur dann zu erteilen, wenn

1. die Emissionen keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten oder

2. der zusätzliche Beitrag durch emissionsbegrenzende Auflagen im technisch möglichen und wirtschaftlich zumutbaren Ausmaß beschränkt wird und die zusätzlichen Emissionen erforderlichenfalls durch Maßnahmen zur Senkung der Immissionsbelastung, insbesondere auf Grund eines Programms gemäß Paragraph 9 a, oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß Paragraph 10, dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 34 aus 2003,, ausreichend kompensiert werden, so dass in einem realistischen Szenario langfristig keine weiteren Überschreitungen der in diesem Absatz angeführten Werte anzunehmen sind, sobald diese Maßnahmen wirksam geworden sind.

[…]“

„Anlage 1: Konzentration

zu Paragraph 3, Absatz eins,

Anlage 1a: Immissionsgrenzwerte

Als Immissionsgrenzwert der Konzentration zum dauerhaften Schutz der menschlichen Gesundheit in ganz Österreich gelten die Werte in nachfolgender Tabelle:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Konzentrationswerte in µg/m3 (ausgenommen CO: angegeben in mg/m3; Arsen, Kadmium, Nickel, Benzo(a)pyren: angegeben in ng/m3)

 

Luftschadstoff

HMW

MW8

TMW

JMW

Schwefeldioxid

200 *)

 

120

 

Kohlenstoffmonoxid

 

10

 

 

Stickstoffdioxid

200

 

 

30 **)

PM10

 

 

50 ***)

40

Blei in PM10

 

 

 

0,5

Benzol

 

 

 

5

Arsen

 

 

 

6 ****)

Kadmium

 

 

 

5 ****)

Nickel

 

 

 

20 ****)

Benzo(a)pyren

 

 

 

1 ****)

 

 

 

 

 

________________

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

*) Drei Halbstundenmittelwerte pro Tag, jedoch maximal 48 Halbstundenmittelwerte pro Kalenderjahr bis zu einer Konzentration von 350 µg/m3 gelten nicht als Überschreitung.

**) Der Immissionsgrenzwert von 30 µg/m3 ist ab 1. Jänner 2012 einzuhalten. Die Toleranzmarge beträgt 30 µg/m3 bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes und wird am 1. Jänner jedes Jahres bis 1. Jänner 2005 um 5 µg/m3 verringert. Die Toleranzmarge von 10 µg/m3 gilt gleich bleibend ab 1. Jänner 2005 bis 31. Dezember 2009. Die Toleranzmarge von 5 µg/m3 gilt gleich bleibend ab 1. Jänner 2010. Im Jahr 2012 ist eine Evaluierung der Wirkung der Toleranzmarge für die Jahre 2010 und 2011 durchzuführen. Auf Grundlage dieser Evaluierung hat der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend gegebenenfalls den Entfall der Toleranzmarge mit Verordnung anzuordnen.

***) Pro Kalenderjahr ist die folgende Zahl von Überschreitungen zulässig: ab Inkrafttreten des Gesetzes bis 2004: 35; von 2005 bis 2009: 30; ab 2010: 25.

****) Gesamtgehalt in der PM10-Fraktion als Durchschnitt eines Kalenderjahres.

Anlage 1b: Immissionsgrenzwert für PM2,5

zu Paragraph 3, Absatz eins,

Als Immissionsgrenzwert der Konzentration von PM2,5 gilt der Wert von 25 µg/m3 als Mittelwert während eines Kalenderjahres (Jahresmittelwert). Der Immissionsgrenzwert von 25 µg/m3 ist ab dem 1. Jänner 2015 einzuhalten.“

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, IG-L gelten zwar im gesamten Bundesgebiet die unter Bedachtnahme auf die einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse in den Anlagen 1 und 2 festgelegten Immissionsgrenzwerte zum dauerhaften Schutz der menschlichen Gesundheit. Für die Genehmigung von Anlagen (Paragraph 2, Absatz 10, IG-L) gelten jedoch die Genehmigungsvoraussetzungen des Paragraph 20, Absatz 3, IG-L und somit die dort festgelegten, für PM10 und NO2 mit einem Puffer versehenen Grenzwerte. Die Grenzwerte für diese beiden Schadstoffe entsprechen damit nicht der Anlage 1 zu Paragraph 3, Absatz eins, IG-L, sondern den für diese Schadstoffe in der EU-Richtlinie 2008/50/EG (Luftqualitätsrichtlinie) festgelegten Grenzwerten. Der Gesetzgeber wollte damit eine Regelung schaffen, mit der Neugenehmigungen auch von emissionsarmen Anlagen in betroffenen Gebieten ermöglicht werden und dabei eine Anpassung an die Mindesterfordernisse der EU-Luftqualitätsrichtlinie erfolgen sollte (VwGH 20.11.2014, 2011/07/0244, Hojesky/Lenz/Wollansky, IG-L, Paragraph 20, Rz 21 f).

Diese Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit werden eingehalten. Die Emissionen in der Bauphase werden durch Einhaltung der Grenzwerte für Baumaschinen, die Feuchthaltungsmaßnahmen und Waschanlagen i.V.m. dem Monitoring, wie sie in den Auflagen des Kapitels römisch eins.4.9 des angefochtenen Bescheides vorgeschrieben werden, nach dem Stand der Technik begrenzt. Für die Betriebsphase gilt, dass die Straße selbst keine Emissionen verursacht und die einzelnen Fahrzeuge die Emissionsvorschriften, die für diese Fahrzeuge gelten, einzuhalten haben. Auch im Hinblick auf die Betriebsphase sind die Emissionen daher als nach dem Stand der Technik begrenzt anzusehen. Die Genehmigungsvoraussetzungen des Paragraph 20, Absatz 2 und 3 sind somit eingehalten.

2.4.2.   Die Immissionsbelastung sei nach Meinung der BF 2 i.S.d. Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer 2, Litera b, UVP-G 2000 möglichst gering zu halten, was nicht geschehen sei. Zum Immissionsminimierungsgebot siehe unten Pkt. 2.12 (Gesamtbewertung).

2.5.       Natur und Landschaft

2.5.1.   Naturverträglichkeitsprüfung – Schutzgebiete

Gemäß Paragraph 10, NÖ NschG 2000 bedürfen Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Europaschutzgebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind und die ein solches Gebiet einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen können, einer Bewilligung. Die Behörde hat auf Antrag festzustellen, dass das Projekt weder einzeln noch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes führen kann. Dabei sind bereits erfolgte Prüfungen in vorausgegangenen oder gleichzeitig durchzuführenden Verfahren zu berücksichtigen. Im Rahmen des Bewilligungsverfahrens hat die Behörde eine Prüfung des Projektes auf Verträglichkeit mit den für das betroffene Europaschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen, insbesondere die Bewahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in diesem Gebiet, durchzuführen (Naturverträglichkeitsprüfung). Hat die Behörde aufgrund der Ergebnisse der Naturverträglichkeitsprüfung festgestellt, dass das Gebiet als solches nicht erheblich beeinträchtigt wird, ist die Bewilligung zu erteilen.

Durch diese Bestimmung wird Artikel 6, Absatz 3, der europäischen Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie) in nationales Recht umgesetzt.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, kommt es durch das Vorhaben zu keiner Beeinträchtigung eines Europaschutzgebietes. Eine Bewilligungspflicht des Vorhabens nach §10 NÖ NSchG 2000 besteht daher nicht.

2.5.2. Artenschutz

2.5.2.1. Paragraph 18 und Paragraph 20, Absatz 4, NÖ NSchG 2000 lauten:

„§ 18

Artenschutz

(1) Die Vorschriften zum Artenschutz dienen dem Schutz und der Pflege der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Vielfalt. Der Artenschutz umfasst

1. den Schutz der Tiere und Pflanzen und ihrer Lebensgemeinschaften vor Beeinträchtigungen durch den Menschen, insbesondere durch den menschlichen Zugriff, 2. den Schutz, die Pflege, die Entwicklung und die Wiederherstellung der Lebensräume wildlebender Tier- und Pflanzenarten sowie die Gewährleistung ihrer sonstigen Lebensbedingungen und

3. die Ansiedlung von Tieren und Pflanzen verdrängter wildlebender Arten in geeigneten Biotopen innerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes.

(2) Wildwachsende Pflanzen oder freilebende Tiere, die nicht Wild im Sinne des NÖ Jagdgesetzes 1974, Landesgesetzblatt 6500, sind, deren Bestandsschutz oder Bestandspflege

1. wegen ihrer Seltenheit oder der Bedrohung ihres Bestandes,

2. aus wissenschaftlichen oder landeskundlichen Gründen,

3. wegen ihres Nutzens oder ihrer Bedeutung für den Naturhaushalt oder

4. zur Erhaltung von Vielfalt oder Eigenart von Natur und Landschaft erforderlich ist, sind durch Verordnung der Landesregierung gänzlich oder, wenn es für die Erhaltung der Art ausreicht, teil- oder zeitweise unter Schutz zu stellen. In der Verordnung können die Tier- und Pflanzenarten, deren Vorkommen im Landesgebiet vom Aussterben bedroht ist, bestimmt werden.

(3) Durch Verordnung können nichtheimische Arten besonders geschützten heimischen Arten gleichgestellt werden, wenn deren Bestandsschutz erforderlich ist, um im Geltungsbereich dieses Gesetzes Ursachen ihres bestandsgefährdenden Rückgangs zu beschränken oder auszuschließen, und die

1. in einem anderen Bundesland oder in ihrem Herkunftsland einen besonderen Schutz genießen,

2. in internationalen Übereinkommen, denen Österreich beigetreten ist, mit einer entsprechenden Kennzeichnung aufgeführt sind oder

3. nach gesicherten Erkenntnissen vom Aussterben bedroht sind, ohne in ihrem Herkunftsland geschützt zu sein.

(4) Es ist für die nach den Absatz 2 und 3 besonders geschützten Arten verboten:

1. Pflanzen oder Teile davon auszugraben oder von ihrem Standort zu entfernen, zu beschädigen oder zu vernichten, in frischem oder getrocknetem Zustand zu erwerben, zu verwahren, weiterzugeben, zu befördern oder feilzubieten. Dieser Schutz bezieht sich auf sämtliche ober- und unterirdische Pflanzenteile;

2. Tiere zu verfolgen, absichtlich zu beunruhigen, zu fangen, zu halten, zu verletzen oder zu töten, im lebenden oder toten Zustand zu erwerben, zu verwahren, weiterzugeben, zu befördern oder feilzubieten;

3. Eier, Larven, Puppen oder Nester dieser Tiere oder ihre Nist-, Brut-, Laich- oder Zufluchtstätten zu beschädigen, zu zerstören oder wegzunehmen sowie

4. Störungen an den Lebens-, Brut- und Wohnstätten der vom Aussterben bedrohten und in der Verordnung aufgeführten Arten, insbesondere durch Fotografieren oder Filmen, zu verursachen.“

„§ 20

Ausnahmebewilligungen

[…]

(4) Durch Bescheid kann die Landesregierung Ausnahmen von den Vorschriften nach Paragraph 18, gestatten, sofern es keine anderweitige zufrieden stellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmegenehmigung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. In der Bewilligung ist zumindest festzulegen,

1.           für welche Arten die Ausnahme gilt,

2.           die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und –methoden und

3.           welche Kontrollen vorzunehmen sind.

(5) Eine Bewilligung gemäß Absatz 4, darf nur erteilt werden

1.           zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume;

2.           zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;

3.           im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;

4.           zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen;

5.           um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten zu erlauben.

[…]“

Gemäß Paragraph 18, Absatz 3, NÖ NSchG 2000 sind wildwachsende Pflanzen oder freilebende Tiere, die nicht Wild im Sinne des NÖ Jagdgesetzes 1974 sind und deren Bestandsschutz oder Bestandspflege erforderlich ist, durch Verordnung der Landesregierung teil- oder zeitweise unter Schutz zu stellen. Eine derartige Verordnung wurde mit Landesgesetzblatt 5500-2 als NÖ Artenschutzverordnung erlassen. Sie enthält u.a. das Ziesel (Spermophilus citellus).

Für diese Arten ist u.a. verboten (Paragraph 18, Absatz 4,), Tiere zu verfolgen, absichtlich zu beunruhigen, zu fangen, zu halten, zu verletzen oder zu töten (Ziffer 2,), Brut- oder Zufluchtstätten zu beschädigen, zu zerstören oder wegzunehmen (Ziffer 3,) sowie Störungen der Arten zu verursachen (Ziffer 4,).

Gemäß Paragraph 20, Absatz 4, NÖ NSchG kann die Landesregierung Ausnahmen von den Vorschriften nach Paragraph 18, gestatten, sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmegenehmigung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. Eine solche Ausnahmebewilligung darf gem. Paragraph 20, Absatz 5, NÖ NSchG nur unter bestimmten Bedingungen erteilt werden.

Durch diese Bestimmungen werden Artikel 12,, 13 und 16 der EU-Richtlinie zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen vom 21.5.1992 (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, FFH-Richtlinie) in nationales Recht umgesetzt. Die entsprechende Judikatur des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dazu ist maßgeblich.

Zunächst ist zu untersuchen, ob es durch das Vorhaben zu einer Verwirklichung einer oder mehrerer Tatbestände des Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 2 bis 4 in Bezug auf das Ziesel kommt.

Zu Ziffer 2, – Absichtliches Töten, Verletzen, Beunruhigen oder Fangen von Tieren:

Dieses Verbot bezieht sich auf Einzelexemplare. Danach erfüllt jede absichtliche Tötungs- oder Verletzungshandlung in Bezug auf Einzelexemplare den Tatbestand, wobei auch jedes Inkaufnehmen als absichtliche Handlung gilt (EuGH 10.11.2016, C-504/14 Kyparissia; VwGH 10.8.2018, Ra 2018/03/0066; 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 380kV Salzburgleitung). Allerdings ist der Bezug auf das Individuum nach der Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts – angelehnt an das deutsche Bundesverwaltungsgericht – dadurch relativiert, dass der Tatbestand nur dann als erfüllt angesehen wird, wenn für einzelne Individuen eine signifikante Erhöhung des Risikos zu befürchten ist, die über jenes Risiko hinausgeht, dem die Exemplare im Rahmen des allgemeinen Naturgeschehens unterliegen (BVwG 22.1.2016, W113 2107242-1, Handalm Windpark; 26.2.2019, W155 2120762-1/478E 380kV-Salzburgleitung; vergleiche auch Hintermayr in Wiener Naturschutzrecht, Paragraph 10, Wr. NSchG Rz 7). Diese Sichtweise wurde inzwischen vom Verwaltungsgerichtshof bestätigt, der das Kriterium der signifikanten Erhöhung des Risikos der Tötung für geeignet hält, um zu beurteilen, wann von einem in Kauf nehmen gesprochen werden kann und nicht beanstandet hat, dass das Bundesverwaltungsgericht für die Frage der Erhöhung des Tötungsrisikos auf das allgemeine Naturgeschehen (und die damit verbundenen Gefahren) sowie darauf abgestellt hat, inwieweit im betroffenen Lebensraum unabhängig vom geplanten Vorhaben für die jeweiligen Tiere bereits Risiken - etwa aus der Nutzung dieses Lebensraumes durch den Menschen – resultieren (VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021 380kV Salzburgleitung, Rz 502).

Zu einer absichtlichen Tötung oder Verletzung einzelner Individuen kommt es in der Bauphase nicht. So wird der Bauablauf so optimiert, dass Zieselbauten ausgespart bleiben und dort, wo in vorhandene Bauten eingegriffen wird, in einem mehrstufigen System behutsam Schicht für Schicht der Humus und Oberboden abgeschoben werden; dadurch sollen die Tiere zum Abwandern aus diesem unmittelbaren Trassenbereich veranlasst werden. Der Baubereich soll dann durch Holzplanken und einem Untergrabungsschutz von Zieseln freigehalten werden. Nur, wenn sie trotzdem den Baubereich nicht verlassen sollten, werden sie eingefangen und auf der zuvor erwähnten Ausgleichsfläche ausgesetzt. Die Maßnahmen eines Humusabschubs zur Ziesellenkung bzw. Vergrämung werden dabei ganz gezielt in den Zeitfenstern durchgeführt, wo ein Schaden an Einzeltieren bei planmäßigem Vorgehen nicht zu erwarten ist. Auch während der Betriebsphase ist durch die Lärmschutzwände, die Leiteinrichtungen und die Verbindungsröhren dafür Sorge getragen, dass eine Tötung von Einzelexemplaren nicht in Kauf genommen wird.

Gefangen werden Tiere projektgemäß nur, wenn sie sich in Bauen im Baubereich befinden und diese trotz Deattraktivierung des Lebensraums nicht verlassen haben. Die aufgestellten Fallen werden in der Nähe der Baueingänge platziert und alle 15 Minuten kontrolliert, gefangene Tiere werden sofort in Abfangbeutel gelassen und auf die festgelegte Zielfläche gebracht, wo sie in vorgeborte Initialröhren entlassen werden.

Ein Fangen eines Individuums, um es ohne schuldhafte Säumnis sogleich an seinem Zielort freizulassen, stellt aber kein "Fangen" im Sinn der artenschutzrechtlichen Bestimmungen dar. Nicht anders kann das - auch Umsiedlungen und Transferierungen betreffende - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 18.12.2012, 2011/07/0190, verstanden werden, in welchem der Gerichtshof auch zu allfälligen Erfordernissen von Ausnahmebewilligungen Stellung nahm. Für die projektsgemäßen Umsiedlungsmaßnahmen ist daher eine Ausnahmebewilligung nicht erforderlich (US 26.8.2013, 3A/2012/19-51 Graz Murkraftwerk).

Allerdings wird es nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts zu einer Beunruhigung einzelner Ziesel beim Bau kommen. Es wird nämlich zu Lärm- und erschütterungsintensiven Tätigkeiten in unmittelbarer Nähe der Zieselbauten sowie zu einer absichtlichen Vergrämung kommen, um die Ziesel im Interesse der Vermeidung einer absichtlichen Tötung zu einem Verlassen ihrer Bauten zu bewegen.

Die Bestimmung in Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 2, NÖ NschG 2000 geht über die Erfordernisse des Artikel 12, Absatz eins, der FFH-Richtlinie hinaus und verbietet auch die bloße absichtliche „Beunruhigung“ jedes einzelnen Tieres. Dies schon aufgrund der Nennung in derselben Ziffer wie das Tötungs- oder Fangverbot. Aufgrund der Aufzählung in derselben Ziffer ist auch davon auszugehen, dass die Auslegung des EuGH in Bezug auf den Begriff der „Absichtlichkeit“ der Beunruhigung anzuwenden ist, es also ausreicht, dass das objektive Risiko auch nur in Kauf genommen wird vergleiche zur Übernahme von Begrifflichkeiten der FFH-Richtlinie für nationale Regelungsbereiche VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 Schigebiet Hochsonnberg).

Zu Ziffer 3, – Beschädigung oder Zerstörung von Nestern, Nist-, Brut- oder Zufluchtstätten:

Dieses Verbot greift nur, wenn die Zerstörung oder Beschädigung von Fortpflanzungsstätten damit einhergeht, dass ihre kontinuierliche ökologische Funktionalität verloren geht. Der Verwaltungsgerichtshof hat entschieden, dass dann, wenn die ökologische Funktion der vom Eingriff betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird, der Verbotstatbestand nicht verwirklicht sein kann (VwGH 18.12.2012, 2011/07/0190, unter Berufung auf das Urteil des dt. BVerwG vom 13. Mai 2009, 9 A 73/07, A 4 Düren-Kempen; VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021).

Dies schlägt auch die Europäische Kommission in ihrem Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG aus 2007 (RNr. 71 bis 79) vor. Danach erfüllen gemäß dem Vorsorgeprinzip Maßnahmen, die die kontinuierliche ökologische Funktionalität einer Stätte gewährleisten, die Anforderungen von Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d) der FFH-Richtlinie. Die Maßnahmen müssen mit großer Sicherheit ausreichen, um Beschädigungen oder Zerstörungen zu vermeiden. Die Beurteilung der Erfolgsaussichten muss sich auf objektive Informationen stützen und den Besonderheiten und spezifischen Umweltbedingungen der betreffenden Stätte Rechnung tragen. Darüber hinaus ist bei der Durchführung von funktionserhaltenden Maßnahmen der Erhaltungszustand der betreffenden Art zu berücksichtigen. So muss beispielsweise bei seltenen Arten mit einem ungünstigen Erhaltungszustand die Sicherheit, dass die Maßnahmen ihren Zweck erfüllen werden, größer sein als bei verbreiteten Arten mit einem günstigen Erhaltungszustand.

Obwohl anzuerkennen ist, dass die von der PW ins Projekt aufgenommenen Maßnahmen der Vergrämung, Lenkung und Umsiedelung darauf abzielen, dass sämtliche Tiere wirksam zu Ersatzbauen und damit zu neuen Lebens- und Fortpflanzungsstätten kommen, ist nach Ansicht des Gerichts durch diese Maßnahmen nicht sichergestellt, dass die Funktionalität der Zieselbaue zu jeder Zeit vollständig erhalten bleibt. Die Tiere werden nämlich aus ihren Bauen vertrieben und auf die Ausgleichsfläche geleitet, finden dort aber nur vorbereitete Löcher vor, in denen sie sich verstecken können. Neue Baue müssen sie sich anschließend selbst errichten.

Der Verbotstatbestand des Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 3, NÖ NschG 2000 ist daher ebenfalls erfüllt.

Für die Ziesel, die ihre Baue verlassen müssen, steht ein Ersatzlebensraum zur Verfügung. Die Eignung dieses Lebensraumes wurde von den Beschwerdeführern bezweifelt, jedoch wurde in der Beschwerdeverhandlung nachgewiesen, dass die Fläche einen geeigneten Lebensraum darstellt, aufnahmefähig ist und von den Tieren voraussichtlich auch angenommen werden wird. Es wurde auch bestritten, dass es zulässig sei, eine Fläche, die für eine andere menschliche Aktivität bereits einmal als Ausgleichsfläche festgelegt wurde (hier: die Verbauung eines Areals als Gewerbe- bzw. Stadtentwicklungsgebiet), ein weiteres Mal als Ausgleichsfläche für eine andere Aktivität (hier: einen Straßenbau) vorzusehen. Dazu ist der PW Recht zu geben, wenn sie argumentiert (Stn. OZ 66), eine Doppelbelegung von Ausgleichsflächen sei zulässig, wenn diese durch zwei oder mehrere sich nicht fachlich überschneidende oder konkurrierende Kompensationsziele erfolgt wie dies z.B. der Fall ist, wenn es die Kompensation bzw. Verlegung von Trockenrasenlebensräumen betrifft und die gleiche Fläche als Lebensraum für Ziesel ausgewiesen wird. Eine mehrfache Nennung der vorgesehenen Fläche als Kompensations- bzw. Zielfläche für Übersiedelungen ist auch dann möglich, wenn aufgrund der Größe und Ausstattung das Potential im Hinblick auf die Dichte nicht ausgeschöpft wird und ausreichend Flächen für eine Spontanbesiedelung verbleiben.

Zu Ziffer 4, – Störungen an Lebens-, Brut- und Wohnstätten:

Bei Paragraph 18, Absatz 3, Ziffer 4, NÖ NSchG 2000 kommt es auf eine „Absichtlichkeit“ nicht an.

Das Störungsverbot bezieht sich nicht auf einzelne Individuen, sondern auf Arten. Es ist auf Handlungen gerichtet, die in besonderer Weise geeignet sind, den Erhaltungszustand der geschützten Arten zu beeinträchtigen, insbesondere an Orten, die für diese Arten von besonderer Bedeutung sind oder wo sie bei der Fortpflanzung, Aufzucht, Überwinterung und Wanderung beeinträchtigt werden (Schlussanträge der Generalanwältin in den Rs C-473/19 und C-474/19 vom 10.9.2020).

Um eine Störung zu bewerten, sind ihre Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Art auf Populationsebene und biogeografischer Ebene in einem Mitgliedstaat zu berücksichtigen. So liegt eine „Störung“ im Sinne von Artikel 12 FFH-Richtlinie vor, wenn durch die betreffende Handlung die Überlebenschancen, der Fortpflanzungserfolg oder die Reproduktionsfähigkeit einer geschützten Art vermindert werden oder diese Handlung zu einer Verringerung des Verbreitungsgebiets führt (Leitfaden der Europäischen Kommission zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG, 2007, RNr. 39; VwGH 15.10.2020, Ro 2019/04/0021).

Wie in den Feststellungen dargelegt, werden derartige Störungen durch das Vorhaben nicht bewirkt, auch ohne dass es auf ein in Kauf nehmen eines objektiven Risikos überhaupt ankommen würde. Dieser Verbotstatbestand ist daher nicht erfüllt.

Ergebnis:

Es kommt somit insgesamt zur Erfüllung der Verbotstatbestände des Paragraph 18, Absatz 4, Ziffer 2 und 3 NÖ NSchG 2000. Eine Genehmigung des Vorhabens erweist sich daher nur als zulässig, wenn die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gem. Paragraph 20, Absatz 4 und 5 NÖ NSchG 2000 möglich ist.

2.5.2.2. Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung:

Gemäß Paragraph 20, Absatz 4, NÖ NSchG kann die Landesregierung Ausnahmen von den Vorschriften nach Paragraph 18, gestatten, sofern es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmegenehmigung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

Zunächst ist der PW darin Recht zu geben (Pkt. 1.4 ihrer Stellungnahme vom 27.8.2020, OZ 50), dass keine andere zufriedenstellende Lösung für das Vorhaben einer Umfahrung von Wiener Neustadt im Osten zur Verfügung steht. Eine andere zufriedenstellende Lösung läge nur vor, wenn das Vorhabensziel auch auf andere Weise erreicht werden könnte, durch die Alternative die Verletzung der Verbotstatbestände vermieden bzw. in ihrem Ausmaß und ihrer Schwere wesentlich vermindert werden könnten und diese Variante für den Antragsteller zumutbar wäre (Hintermayr in: Wiener Naturschutzrecht, Paragraph 11, Wr. NSchG Rz 19).

Lange bevor die Ziesel in das Vorhabensgebiet eingewandert sind – die Einwanderung erfolgte offenbar erst zwischen Projekterstellung oder Bescheiderlassung und mündlicher Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht – wurde das Gesamtvorhaben B 17 Niveaufreimachung ÖBB, B 21b Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 1, B 17 Umfahrung Sollenau-Theresienfeld und B 17 Umfahrung Wiener Neustadt Ost, Teil 2, geplant. Im Zuge des ersten Teils der Umfahrung Wiener Neustadt Ost wurden bereits Zwangspunkte geschaffen, an die der zweite Teil der Umfahrung nun anschließen muss. Da sich die Zieselpopulation unmittelbar am Kreisverkehr befindet, der den Anschluss an den ersten Teil der Umfahrung bildet, wird jede mögliche Fortsetzung der Trasse die Ziesel beeinträchtigen. Es ist nicht ersichtlich, welches andere Vorhaben, dessen Durchführung der PW zumutbar ist und das die Projektsziele erfüllen würde, bei dieser Faktenlage eine zufriedenstellende Lösung darstellen sollte.

Zur zweiten Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmegenehmigung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, ist zu beachten, dass die Erteilung einer Ausnahmebewilligung selbst dann nicht von vornherein ausgeschlossen ist, wenn sich eine Population in einem (sogar) ungünstigen Erhaltungszustand befindet. Die Struktur der Prüfung in den Fällen, in denen eine Art nicht in einem günstigen Erhaltungszustand verweilt, ist keine andere als in den Fällen, in denen eine Art im günstigen Erhaltungszustand ist. Aus dem „Wolfs-Urteil“ (EuGH 14.6.2007, C-342/05) ergibt sich, dass eine Ausnahmegenehmigung sogar dann zulässig ist, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der Populationen nicht verschlechtert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes nicht behindern kann vergleiche zur Rechtslage nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz VwGH 24.7.2014, 2013/07/0215, Graz Murkraftwerk). Freilich müssen alle nachteiligen Auswirkungen einer nachprüfbaren Kontrolle unterworfen werden. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung müssen bestimmt sein und die Ausnahmebewilligung kann nur zulässig sein, wenn sie mit Ausgleichsmaßnahmen verbunden ist.

Dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Zieselpopulation nicht verschlechtert und eine Verbesserung nicht verhindert wird, wurde durch die naturschutzfachliche Sachverständige in der mündlichen Beschwerdeverhandlung klargestellt. Dabei steht fest, dass es sich bei der vom Vorhaben betroffenen um einen integrierten Teil der umgebenden Gesamtpopulation handelt. Entscheidend ist zwar die Auswirkung auf den Erhaltungszustand der in Rede stehenden Population in einem größeren Rahmen (national und biogeografisch). Da aber eine Ausnahmeentscheidung den spezifischen Situationen Rechnung tragen muss, werden sich ihre Folgen in der Regel am unmittelbarsten in dem von ihr betroffenen lokalen Gebiet bemerkbar machen (EuGH 10.10.2019, C-674/17 Luonnonsuojeluyhdistys Tapiola, Rz 58, 59). Die für die Ausnahmeentscheidung betrachtete Ebene der lokalen/regionalen Population erscheint dem Gericht daher adäquat.

Für die nachprüfende Kontrolle wird im Bescheid und durch die in diesem Erkenntnis durchgeführte Präzisierungen (siehe dazu gleich unten) Sorge getragen. Die Voraussetzungen, unter denen die Ausnahmegenehmigung erteilt wird, ist durch die Projektpräzisierungen i.V.m. den Präzisierungen der Nebenbestimmungen klar umschrieben. Auch diese Voraussetzung ist daher insgesamt erfüllt.

Auch wenn sich die Population des Ziesels weder national noch bezogen auf die biogeografische Region in einem günstigen Erhaltungszustand befindet, so wird man nach den Feststellungen in diesem Erkenntnis zudem auch nach Verwirklichung des Vorhabens davon auszugehen können, dass die lokale/regionale Population ein lebensfähiges Element des natürlichen Lebensraumes, dem sie angehört, bildet und langfristig weiterhin bilden wird, das natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art hier weder abnimmt noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen wird und ein genügend großer Lebensraum vorhanden ist und wahrscheinlich weiterhin vorhanden sein wird, um langfristig ein Überleben der Population zu sichern vergleiche Artikel eins, Litera i,) zweiter Unterabs. FFH-Richtlinie).

Von den weiteren Voraussetzungen für die Erteilung eine Ausnahmebewilligung kommt schließlich nur der Grund des zwingenden überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich sozialer oder wirtschaftlicher Art, in Frage.

Mit dem Umweltsenat (US 26.8.2013, US 3A/2012/19-51 Graz Murkraftwerk) geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass das Attribut "zwingend" nicht eine besondere Qualifikation zum Ausdruck bringt: In seiner neueren Judikatur spricht der EuGH vom "Allgemeininteresse". Dies ergibt sich aus der Judikatur zur gleichartigen Formulierung in Artikel 6, Absatz 4, der FFH-RL. Der EuGH (EuGH 16.2.2012, C-182/10 Solvay, Rz 76 f) hat in einem solchen Fall entschieden, dass der Zweck, der "die Verwirklichung eines Plans oder Projekts rechtfertigen kann, zugleich 'öffentlich' und 'überwiegend' sein muss, d. h., es muss so wichtig sein, dass es gegen das mit der Habitatrichtlinie verfolgte Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen abgewogen werden kann. Es ist nicht auszuschließen, dass dies der Fall ist, wenn ein Projekt, obwohl es privater Natur ist, sowohl seinem Wesen nach als auch aufgrund seines wirtschaftlichen und sozialen Kontextes tatsächlich von überwiegendem öffentlichen Interesse ist und nachgewiesen wird, dass eine Alternativlösung nicht vorhanden ist". Beispielsweise hat der EuGH im erwähnten Fall entschieden, dass Bauarbeiten im Hinblick auf die Ansiedlung oder Erweiterung eines Unternehmens diese Voraussetzungen grundsätzlich nur in Ausnahmefällen erfüllen und die bloße Errichtung einer Infrastruktur zur Unterbringung eines Verwaltungszentrums grundsätzlich keinen zwingenden Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne von Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL darstellen kann (EuGH 16.2.2012, C-182/10). Andererseits hat der EuGH bejaht, dass Bergbautätigkeiten, die für die ortsansässige Wirtschaft von Bedeutung sind, einen zwingenden Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne von Artikel 6, Absatz 4, FFH-RL darstellen können (EuGH 24.11.2011, C-404/09 Alto Sil). Auch können mit der Bewässerung und der Trinkwasserversorgung zusammenhängende Gründe, aus denen ein Projekt für die Umleitung von Wasser betrieben wird (EuGH 11.9.2012, C-43/10 Acheloos) oder das Ziel, die Stromversorgungssicherheit eines Mitgliedstaats jederzeit zu gewährleisten (EuGH 29.6.2019, C-411/17 Doel), zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses begründen, mit denen die Verwirklichung eines Vorhabens gerechtfertigt werden kann, das die betreffenden Gebiete als solche beeinträchtigt Das deutsche Bundesverwaltungsgericht hat zum Begriff "zwingende" Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses festgestellt, gemeint sei nicht das "Vorliegen von Sachzwängen, denen niemand ausweichen kann, vielmehr meint Artikel 6, Absatz 4, Satz 1 und 3 FFH-RL ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln" (dt. BVerwG 27.1.2000, 4 C 2.99).

In Pkt. 2.2.2. dieser Begründung wurde auf die öffentlichen Interessen an der Verwirklchung des Vorhaben und auf die Abwägung mit gegenläufigen Interessen nach Paragraph 12, Absatz 4, NÖ StraßenG eingegangen. Dabei hat sich herausgestellt, dass Hauptziel des Projekts die Verbesserung der Erschließbarkeit von Gewerbegrundstücken sowie von regional und überregional bedeutender Infrastruktur, etwa Gesundheitseinrichtungen, sein dürfte und - auch wenn nicht alle Sachverhaltselemente, die Paragraph 12, Absatz 2 und 3 NÖ StraßenG 1999 angeführt sind, in gleichem Maß erfüllt sind und einige der dort angeführten Zielsetzungen durch das Vorhaben unmittelbar in nur ganz untergeordnetem Ausmaß erfüllt werden - das Vorhaben doch das Potenzial für die Erreichung auch jener Zielsetzungen schafft (dies betrifft etwa die Verbesserung der Sicherheit oder Flüssigkeit des Verkehrs). Ein öffentliches Interesse am Vorhaben im Sinne des Paragraph 12, NÖ StraßenG 1999 ist somit gegeben. Auch die von der Behörde gem. Paragraph 12, Absatz 4, NÖ StraßenG 1999 durchgeführte Abwägung mit anderen, gegenläufigen Interessen war ebenfalls nicht zu beanstanden.

Im Hinblick auf diese Beurteilung und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keine absichtliche Tötung von Individuen und keine Störung der Art Ziesel erfolgen wird und es zwar zu einer Beunruhigung von Tieren und zu einer Zerstörung von Lebens- und Fortpflanzungsstätten, wenngleich in nur sehr geringem Maß, kommen wird, erachtet das Gericht das dargestellte öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Projekts auch im Sinn des Paragraph 20, Absatz 5, NÖ NSchG 2000 als gegenüber dem Interesse an der Einhaltung des Verbotes als überwiegend.

Die Voraussetzungen der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach Paragraph 20, Absatz 4 und 5 NÖ NSchG 2000 liegen daher vor.

2.5.2.3. Zur Berner Konvention:

In der Beschwerdeverhandlung wurde von einem BF auf die Berner Konvention hingewiesen, die ein Vergrämen von Tieren wie Ziesel oder Feldhamster und die Zerstörung von deren Bauten verbiete. Die Berner Konvention (Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume vom 19.9.1979) wurde von Österreich ratifiziert und mit Bundesgesetzblatt Nr. 372 aus 1983, am 13.7.1983 kundgemacht, allerdings gem. Artikel 50, Absatz 2, Ziffer 4, B-VG mit Erfüllungsvorbehalt. Es ist daher nicht direkt anwendbar, sondern durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen. Die Berner Konvention wurde auch von der Europäischen Union ratifiziert und durch die FFH-Richtlinie umgesetzt. Die Berner Konvention geht daher in den hier anzuwendenden Bestimmungen nicht über die FFH-Richtlinie hinaus bzw. wären solche Bestimmungen von den Behörden und Gerichten nicht anzuwenden.

2.5.2.4. Projektänderungen und Änderung von Nebenbestimmungen:

Aufgrund artenschutzrechtlicher Überlegungen betreffend die Ziesel wurde das Projekt von der PW so geändert, dass nun die Leiteinrichtungen und die Querungshilfen, die nach Angaben der Sachverständigen eine zwingende Voraussetzung dafür darstellten, dass es zu keiner absichtlichen Tötung von Tieren kommt, einen Teil des Projekts darstellen, was in Pkt. römisch III des Spruchs zu berücksichtigen war. Weiters wurden im Interesse des Artenschutzes die entsprechenden Nebenbestimmungen des Bescheides im Spruch dieses Erkenntnisses geändert:

In Pkt. römisch eins.1 des Spruches (Änderung von Nebenbestimmung römisch eins.3.6 - Ökologische Bauaufsicht) wird dafür Sorge getragen, dass bei den Aufgaben der ökologischen Bauaufsicht das Ziesel ausdrücklich berücksichtigt wird. Dies ergibt sich aus den Diskussionen in der mündlichen Verhandlung am 7.10.2020 und den dort von den BF vorgebrachten Vorschlägen für Präzisierungen.

Die in Pkt. römisch eins.3. des Spruches eingefügte Nebenbestimmung römisch eins.4.11.4a trägt der Tatsache Rechnung, dass die notwendigen Pflegemaßnahmen, um die vorgesehene Ziesel-Ausgleichsfläche in einem für die Ziesel günstigen Zustand zu erhalten, bislang auf einer rechtlich offenbar nicht verbindlich festgelegten freiwilligen Maßnahme der Stadt Wiener Neustadt beruhen. Um den Erhalt der Ausgleichsfläche für das ggstdl. Projekt verbindlich sicherzustellen, muss der PW eine entsprechende Auflage erteilt werden. Die Auflage folgt dem Vorschlag der naturschutzfachlichen SV vergleiche Verhandlungsschrift vom 9.12.2020, Sitzung 15).

In Pkt. römisch eins.4. des Spruches (Nebenbestimmung römisch eins.4.11.12a) war eine von der naturschutzfachlichen SV in der Verhandlung vom 9.12.2020 vorgeschlagene Maßnahme zum Schutz der Zieselpopulation vor erheblichen Erschütterungen umzusetzen mit dem Ziel, einen günstigen Erhaltungszustand der lokalen/regionalen Population zu erhalten und deren Entwicklungsfähigkeit für die Zukunft nicht zu beeinträchtigen. Es wird nur der Schutz während der Zeit des Winterschlafs verankert, weitere, von der SV ebenfalls ins Spiel gebrachte Beschränkungen während der Zeit der Jungenaufzucht im April, Mai und Juni, wurden in die Auflage nicht aufgenommen, weil sie zum genannten Zweck nach den Aussagen der SV nicht notwendig sind.

In Pkt. römisch eins.5. des Spruches (Nebenbestimmung römisch eins.4.11.20 - Zerschneidungseffekte) wird ausdrücklich dafür Sorge getragen, dass auch die Zieselquerungshilfen und Zieselleiteinrichtungen dauerhaft gepflegt und freigehalten werden.

Pkt. römisch eins.6. des Spruches (Nebenbestimmung römisch eins.4.11.20a) setzt einen Vorschlag der SV in der Verhandlung vom 9.12.2020 um, wonach es auf Grundlage der Informationen im Monitoringbericht 2018 Verbesserungen an der Konzeption der Kleintierdurchlässe bedarf, um deren langfristige Wirksamkeit sicherzustellen.

2.5.2.5. Die Stellungnahme der BF 6 vom 1.10.2020 betreffend die Ziesel war nicht zu berücksichtigen, da die BF nur subjektiv-öffentliche Rechte geltend machen können. Bezüglich dieser Thematik bestehen keine derartigen Rechte. Als Nachbarn können die BF nur die durch Paragraph 17, Absatz 2, Ziffer 2, Litera a und c (bzw. hier: Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a und c) gewährleisteten Rechte geltend machen (Leben, Gesundheit, Belästigung, Eigentum; VwGH 22.11.2011, 2008/04/0212).

2.5.2.6. Zur Stellungnahme der BF 1 vom 6.10.2020, soweit sie sich auf den Triel bezieht, ist festzustellen, dass diese nach dem Schluss des Ermittlungsverfahrens zum Fachbereich Naturschutz (der in der Verhandlung am 4.9.2020 erfolgte und von dem nur die Auswirkungen auf das Ziesel ausgenommen waren) eingebracht wurde und daher gem. Paragraph 39, Absatz 3, AVG i.V.m. Paragraph 16, Absatz 4, UVP-G 2000 nicht zu berücksichtigen war. Zudem hat die BF mit Schreiben vom 16.12.2020 ausdrücklich von ihrer Forderung im Verfahren Abstand genommen, weitergehende Untersuchungen zu den Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Triel im Vogelschutzgebiet Steinfeld i.V.m. dem bereits in Betrieb stehenden Vorhaben B 17 Umfahrung Sollenau-Theresienfeld vorzunehmen.

2.5.3. Sonstige den Schutz der Natur betreffende Genehmigungsvoraussetzungen:

Gemäß Paragraph 7, NÖ NSchG bedürfen bestimmte Vorhaben einer naturschutzrechtlichen Bewilligung nach dieser Bestimmung, wobei die Bewilligung zu versagen ist, wenn das 1. das Landschaftsbild, 2. der Erholungswert der Landschaft oder 3. die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum erheblich beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weitgehend ausgeschlossen werden kann. Allerdings sind Straßen, auf die Paragraph 9, Absatz eins, des NÖ StraßenG 1999 anzuwenden ist, von der Bewilligungspflicht ausgenommen.

Gemäß Paragraph 9, Absatz eins, NÖ StraßenG 1999 sind öffentliche Landesstraßen allerdings so zu planen, zu bauen und zu erhalten, dass sie u.a.

-            bestehende Natur- und Kunstdenkmale, Nationalparks sowie Schutzgebiete nach dem NÖ Naturschutzgesetz 2000, schonen,

- dem Landschafts- und Ortsbild angepasst werden,

- keine Wasserschon- und -schutzgebiete beeinträchtigen und

- der erfolgten Bedachtnahme auf die Umwelt entsprechen.

Vom Vorhaben werden keine Schutzgebiete erheblich beeinträchtigt. Dennoch wird durch die Gestaltung des Projekts und entsprechende Auflagen dafür Sorge getragen, dass sich die Auswirkungen des Projekts in der Bau- und Betriebsphase auf Pflanzen, Tiere und Lebensräume im gesamten Vorhabensbereich auf ein Minimum beschränken, dies auch durch die Vorschreibung einer ökologischen Bauaufsicht. Relevante Lebensräume für geschützte Arten werden nur in sehr geringem Ausmaß beansprucht und durch die Anlage von Ausgleichsflächen ausgeglichen. Durch das anschließende Monitoring wird sichergestellt, dass sich die projektierten Ausgleichsflächen entsprechend der Zielvorgabe entwickeln.

Die Vorgabe der Schonung bestehender Schutzgebiete und der Bedachtnahme auf die Umwelt wird daher erfüllt (siehe zur „Bedachtnahme auf die Umwelt“ auch unten Pkt. 2.12. Gesamtbewertung).

Aufgrund der Feststellungen zum Schutzgut „Landschaft“ kann davon ausgegangen werden, dass das Vorhaben aufgrund des linearen Charakters der Straße und der vertikalen Ausprägung des Erscheinungsbildes (Dammlage, Lärmschutzwände) in der Betriebsphase als Sichtbarriere im Landschaftsraum wirkt und lokale Sichtbeziehungen zu Landschaftselementen und Siedlungsrändern regional beeinträchtigt und bereichsweise unterbrochen werden; in den sensibelsten Bereichen (Leithaauen, Akademiepark) sind aufgrund der Abstände und der geringen Sichtbeziehungen hingegen keine Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes gegeben.

Zur Verringerung der Auswirkungen des Vorhabens auf das Landschaftsbild sind im Projekt jedoch Maßnahmen zur gestalterischen Einbindung der Trasse in die Umgebung, sowie zur Verringerung der Fremdkörperwirkung vorgesehen. Eine Zerschneidung der Landschaft ist zwar auch unter Berücksichtigung der vorgesehenen Maßnahmen gegeben, die negativen Auswirkungen können jedoch durch eine optische Einbindung des Vorhabens in den Umgebungsbereich minimiert werden.

Das Gericht geht somit davon aus, dass das Vorhaben an das Landschafts- und Ortsbild angepasst wurde und auch diese Vorgabe des NÖ StraßenG 1999 erfüllt ist.

Wie ebenfalls den Feststellungen zu entnehmen ist, werden keine Wasserschutz- und Schongebiete beeinträchtigt. Auch diese Genehmigungsvoraussetzung ist somit erfüllt.

2.6.       Boden und Landwirtschaft

2.6.1.   Die BF 2 und 3 monierten in ihren Beschwerden die mit dem Vorhaben einhergehende Versiegelung landwirtschaftlicher Flächen und das entsprechende Fehlen von Ausgleichsflächen bzw. Auflagen.

Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, wird es vorhabensbedingt zum Verlust landwirtschaftlicher Flächen (rund 17 ha) kommen. Die Nutzung der Böden wird insofern beeinträchtigt, als sie der bisherigen Nutzung entzogen werden und ihre ursprünglichen Funktionen nicht mehr erfüllen können. Das konkrete Projekt, das in etwa einem Tagesverbrauches an Boden in Österreich entspricht, bildet einen für sich unerheblichen Anteil und es sind keine direkten Auswirkungen abzuleiten.

Im Gegensatz zum Forstgesetz, das den Wald durch strenge Rodungsverbote schützt bzw. strenge Regelungen in Form von Ersatzmaßnahmen für den Fall einer dennoch ausnahmsweise zuzulassenden Rodung vorsieht, gibt es für landwirtschaftliche Flächen keinen gesetzlichen Schutz, der eine Umwandlung in andere Nutzungsarten regelt bzw. verhindert.

Auch die Ausweisung des Projektgebietes als landwirtschaftliche Vorrangzone (zusammenhängende Flächen, die eine besondere natürliche Eignung für die landwirtschaftliche Nutzung aufweisen oder für das Erscheinungsbild der Kulturlandschaft von Bedeutung sind) gemäß Regionalem Raumordnungsprogramm Wiener Neustadt-Neunkirchen (NÖ LGBl. Nr. 8000/75-4) führt gem. dessen Paragraph 3, lediglich zu der Konsequenz, dass eine andere Widmungsart als Grünland oder Land- und Forstwirtschaft nur dann gewidmet werden darf, wenn im Gemeindegebiet für die beabsichtigte Widmung keine anderen Flächen in Betracht kommen.

Was die Forderung nach entsprechenden Auflagen betrifft, verhält es sich ähnlich: Auch aus dem NÖ Raumordnungsgesetz und dem NÖ Bodenschutzgesetz lassen sich weder Abweisungstatbestände wegen Bodenverbrauch noch die Verpflichtung zur Vorschreibung von entsprechenden Auflagen ableiten vergleiche BVwG 29.09.2017, W104 2120271-1).

Eine "bleibende Schädigung des Bodens" in der Region durch die Versiegelungen infolge des Vorhabens, die gemäß Paragraph 17, Absatz 3, i.V.m Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, UVP-G 2000 jedenfalls zu vermeiden wäre, wurde von der ASV Agrartechnik/Boden nicht festgestellt. Um eine entsprechende Auflage zur Kompensation durch Entsiegelung zu rechtfertigen, müssten andere materienrechtlich verankerte Verpflichtungen, oder zumindest rechtlich verankerte Zielbestimmungen vorliegen, die einen Anhaltspunkt dafür bieten, dass die Verhinderung von Bodenversiegelung ein Ziel des Umweltschutzes darstellt. Dabei ist klarzustellen, dass der Gesetzgeber wohl nicht jede Versiegelung des Bodens als „bleibende Schädigung des Bodens“ qualifiziert wissen wollte, da dieser Tatbestand sonst bei praktisch jedem Vorhaben verwirklicht wäre. Vom Bundesverwaltungsgericht – und ihm folgend vom Verwaltungsgerichtshof – wurden bisher Eingriffe unter diesen Tatbestand subsumiert, die konkret zu erwartende, weder vermeidbare noch kompensierbare, sowie systemzerstörende oder nachhaltig beeinträchtigende Umweltauswirkungen nach sich ziehen, wie etwa konkret Moorflächen in Verbindung mit dem seltenen Biotop eines mäandrierenden Hochgebirgsbaches (VwGH 22.11.2018, Ro 2017/07/0033; BVwG 26.6.2019, W104 2134902-1/203E, jeweils betreffend das Speicherkraftwerk Kühtai). Eingriffe in Böden, die im Projektgebiet verbreitet vorhanden oder gut ausgleichbar sind, wie dies beim ggstdl. Projekt der Fall ist, können diesen Tatbestand nicht erfüllen.

Wie bereits in BVwG W104 2120271-1 vom 29.9.2017 (A5 Nord B) ausführlich dargestellt, gilt auch für dieses Vorhaben nach wie vor, dass es insgesamt keine ausreichend positivierte Verpflichtung der Projektwerberin gibt, über eine möglichst sparsame Verwendung von Flächen, um unnötige Beeinträchtigungen von Schutzgütern zu vermeiden, hinaus, eine bestimmte Quantität von Flächennutzung für ihr Vorhaben nicht zu überschreiten.

Eine Auflage zum Ausgleich von Flächenverbrauch und Bodenversiegelung für sich oder gar eine Abweisung des Genehmigungsantrags wegen der Flächeninanspruchnahme des Vorhabens findet daher keine Basis in den anwendbaren Rechtsvorschriften bzw. wäre angesichts der nur ansatzweisen rechtlichen Verankerung eines dementsprechenden Gebots nicht verhältnismäßig. Dies gilt trotz zahlreicher fachlicher Empfehlungen zu einer drastischen Reduzierung des Flächenverbrauchs, bspw. der Österreichischen Bodencharta, und dringender Appelle, es müssten alle Register gezogen werden, um die Erhaltung der landwirtschaftlichen Produktion in Österreich zumindest auf derzeitigem Niveau zu sichern vergleiche Norer/Holzer, Bodenschutzrecht, 141 ff mwN).

Die UVP-Richtlinie i.d.F. der Änderungsrichtlinie 2014/52/EU erwähnt nunmehr an einigen Stellen die Schutzgüter "Flächen" und "Boden" (s. nunmehr auch die gesetzliche Verankerung in Entsprechung der Richtlinie in Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer eins, Litera b, UVP-G 2000 von „Fläche und Boden“ als eines der die Umwelt ausmachenden Schutzgüter). Aus der expliziten Anführung etwa in Anhang 1 Ziffer 4, leg. cit. ergibt sich, dass "Flächenverbrauch" und "Bodenversiegelung" erhebliche Umweltauswirkungen darstellen können, die vermieden werden sollen. Dies geht auch explizit aus Erwägungsgrund 9 der Änderungsrichtlinie 2014/52/EU hervor. Kraft der Übergangsbestimmung des Artikel 3, Absatz 2, der Änderungsrichtlinie gilt diese jedoch nicht für Genehmigungsverfahren, die vor der Umsetzungsfrist 16.05.2017 eingeleitet bzw. durchgeführt wurden vergleiche erneut BVwG 29.09.2017, W104 2120271-1).

2.6.2.   Die BF 6 bemängelten, dass die Faktizitäten des Klimawandels, was den Flächenverbrauch betrifft, nicht berücksichtigt worden seien.

Abgesehen davon, dass auch landwirtschaftliche Flächen, wie die ASV nachvollziehbar darlegte vergleiche Feststellungen in Pkt. 1.6.), in mehrfacher Hinsicht zum Klimawandel beitragen, ist dieses Thema eher im Fachbereich Luftschadstoffe von Bedeutung vergleiche Pkt. 2.4.). Da auch kein entscheidender Beitrag zum Klimawandel durch den vorhabensbedingten Flächenverbrauch attestiert wurde, ist der Einwand von vornherein nicht zielführend.

Eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentliche Rechte haben die BF 6 damit ebenso nicht dargetan.

2.6.3.   Insgesamt haben sich aus dem Fachbereich Agrartechnik/Boden keine schwerwiegenden Umweltauswirkungen ergeben und ist eine Vorschreibung von zusätzlichen Auflagen aus diesem Fachbereich weder erforderlich noch rechtlich geboten.

Zum weiteren Vorbringen der BF 3, dass die Auswirkungen der Bodenversiegelung, wie die Überschwemmungsgefahr, nicht berücksichtigt worden seien, reicht zur Widerlegung ein Verweis auf die TGA 1 und TGA 19, Sitzung 20ff, wo eine Auseinandersetzung mit diesem Thema umfassend stattfand. Im Übrigen wird auf die Ausführungen in diesem Erkenntnis in Pkt. 1.10.1. verwiesen.

2.7.       Wasser

Die belangte Behörde ging im Wesentlichen davon aus, dass die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung in Mitanwendung erforderlich sei und dass es durch das Vorhaben nicht zu unzulässigen bzw. nicht schonenden Nutzungen von Wasserressourcen komme, aufgrund der sachverständigen Ermittlungsergebnisse dabei in Bezug auf die Vorhaben der Stand der Technik gegeben sei und weder öffentliche Interessen noch fremde Rechte beeinträchtigt würden. In den Beschwerden wurden im Wesentlichen einzelne von der belangten Behörde getroffene Tatsachenfeststellungen bestritten. Eine Verletzung bestimmter, mitanzuwendender wasserrechtlicher Bewilligungsvoraussetzungen wurde nicht spezifisch behauptet.

Ein Konsenswerber hat nach den Bestimmungen des WRG dann einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung, wenn diese – und sei es auch nur unter zahlreichen erschwerenden Nebenbestimmungen – keine fremden Rechte verletzt, keine öffentliche Interessen beeinträchtigt und die Anlage dem Stand der Technik i.S.d. Paragraph 12 a, Absatz 2, leg. cit. entspricht vergleiche etwa VwGH 26.01.2012, 2010/07/0085). Dabei steht auch eine bloß geringfügige Verletzung von Rechten Dritter in qualitativer oder in quantitativer Hinsicht der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung entgegen, außer die Beeinträchtigung ist nicht „merkbar“ vergleiche VwGH 29.01.2015, Ro 2014/07/0018, m.w.N.). Auch eine Verschmutzung des Grundwassers kann eine Beeinträchtigung der Rechte Dritter darstellen vergleiche etwa VwGH 15.11.2007, 2007/07/0118). Nach Paragraph 12, Absatz 4, WRG hat ein Grundeigentümer überdies – bei sonstiger Pflicht zur Versagung – das Recht, dass sein Grundstück auf die bisher geübte Art benutzbar bleibt vergleiche etwa VwGH 20.09.2001, 97/07/0019).

Nach den zu den – soweit strittigen – Tatsachenfragen getroffenen Sachverhaltsfeststellungen ist davon auszugehen, dass die im Bescheid Sitzung 111 ff) genannten wasserrechtlichen Genehmigungsvoraussetzungen bei Errichtung und Betrieb des verfahrensgegenständlichen Vorhabens eingehalten werden. So ergibt sich, dass dessen Errichtung und Betrieb im Hinblick auf die mengenmäßigen Auswirkungen auf allfällige rechtmäßig geübte Wasserbenutzungen jedenfalls nicht merkbar sein werden, auch aus qualitativer Sicht kommt es in Anbetracht der Einhaltung der Schwellenwerte nach Anlage 1 der Qualitätszielverordnung Grundwasser Chemie zu keinen „Verschmutzungen“ des Grundwassers. Auch ist angesichts des festgestellten Sachverhalts nicht hervorgekommen, dass irgendein betroffenes Grundstück der Beschwerdeführer durch die Errichtung und den Betrieb der Vorhaben nicht mehr auf die bisher geübte Art benutzbar sein wird. Auch nach dem WRG geschützte öffentliche Interessen, wie insbesondere der Schutz des Grundwassers vor Verunreinigungen in seiner näheren Konkretisierung nach den Vorschriften des Paragraph 30 f, f, WRG vergleiche dazu insbesondere VwGH 11.03.1999, 99/07/0032, sowie VwGH 18.03.1994, 90/07/0126), werden durch Errichtung und Betrieb der Vorhaben nicht beeinträchtigt vergleiche dazu im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit den u.a. in Paragraphen 30, ff WRG dargelegten öffentlichen Interessen etwa VwGH 17.10.2002, 2001/07/0095, wonach aus auf das WRG gegründeten Verordnungen erschließbar sein kann, dass Beeinträchtigungen der Beschaffenheit des Wassers, die ein bestimmtes Ausmaß nicht übersteigen, einer Bewilligung nicht entgegenstehen).

2.8.       Wald

2.8.1. Es sei, so die BF 6, nicht erörtert worden, warum das angenommene öffentliche Interesse bei der forstrechtlichen Interessenabwägung höher bewertet worden sei, als das öffentliche Interesse an der Erhaltung der 1.317 m² Waldflächen und warum an der Erhaltung von Wald-, Weide- und Wiesenflächen überhaupt kein öffentliches Interesse bestehe (Beschwerde, Sitzung 9).

Paragraph 17, ForstG 1975 lautet:

„Rodung

Paragraph 17, (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Absatz eins, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Absatz 2, nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Absatz 3, sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz. (5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Absatz 2, oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Absatz 3, hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.“

Das ForstG nennt in seinem Paragraph 17, Absatz 4, ForstG ausdrücklich als Beispiel für ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung von Waldboden als zur Waldkultur den „öffentlichen Straßenverkehr“.

Die belangte Behörde führte auf Sitzung 146-147 des angefochtenen Bescheides die forstrechtliche Interessenabwägung durch, die aus Sicht des erkennenden Senates keinen Bedenken begegnet, weil die beanspruchten Waldflächen einerseits ein sehr geringes Ausmaß haben und überproportional ausgeglichen werden und andererseits das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens zwar nicht – wie die Behörde vermeint – durch überörtliche Planungsakte festgeschrieben, jedoch durch öffentliche Konzepte im Bereich der Verkehrsplanung und im ggstdl. Genehmigungsverfahren belegt wurde. Die Behörde kam zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens höher zu bewerten ist als das Interesse an der Walderhaltung. Weder das öffentliche Interesse am Vorhaben noch jenes an der Walderhaltung wurden von der Behörde und den dort herangezogenen Sachverständigen unrichtig beurteilt.

Wenn die Beschwerdeführer die forstrechtliche Interessenabwägung als unzureichend kritisieren, ist dazu auszuführen: Die vorzunehmende Interessenabwägung setzt voraus, dass zunächst festgestellt wird, ob und in welchem Ausmaß ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Flächen besteht (VwGH 27.08.2002, 2000/10/0025; VwGH 14.09.2004, 2001/10/0072; 14.12.1998, 97/10/0194). Ausgehend von diesen Bestimmungen ist es Sache der Behörde, gestützt auf entsprechende Ermittlungsergebnisse in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, ob und inwiefern am dargelegten Rodungszweck ein öffentliches Interesse besteht und gegebenenfalls, ob und aus welchen Gründen dieses öffentliche Interesse jenes an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald überwiegt. Der Verwaltungsgerichtshof hat auch wiederholt darauf hingewiesen, dass einem auf Grund einer Interessenabwägung ergehenden Bescheid eine Wertentscheidung zu Grunde liegt; in der Regel sind die konkurrierenden Interessen nicht berechenbar und damit an Hand zahlenmäßiger Größen konkret vergleichbar. Dieser Umstand erfordert es umso mehr, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzise zu erfassen und einander gegenüber zu stellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen. Die Behörde hat gegenständlich umfassend ermittelt, ob und welche öffentlichen Interessen einerseits an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Flächen bestehen und welche öffentlichen Interessen an der Erhaltung der Rodungsfläche andererseits bestehen. Projektunterlagen bzw. Gutachten lagen dementsprechend zu sämtlichen in Betracht kommenden öffentlichen Interessen aus den Bereichen Waldökologie und Forstwesen, Raumordnung und Straßenverkehr vor.

2.8.2. Nach Ansicht der BF 6 sind die Paragraphen 17, Absatz 2 bis 5, 17a Absatz 4,, 18 und 19 Forstgesetz 1975 verfassungswidrig, weil eine Ungleichbehandlung von Waldboden und anderen Böden damit gesetzlich verankert sei. Diese Bestimmungen würden zur Ausweitung der Waldfläche beitragen, wohingegen es für sonstige Bodenflächen (Wiese, Acker) keine entsprechenden Bestimmungen gäbe. Da der Verlust an sonstigen Bodenflächen lebensbedrohliche Folgen habe (z.B. auf Grund des Klimawandels), würden die Bestimmungen das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit sowie das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzen (Beschwerde, Sitzung 28-29).

Dieses Vorbringen ist nicht nachvollziehbar, da nicht erkennbar ist, worin eine Verfassungswidrigkeit liegen soll. Weder der Verfassungs- noch der Verwaltungsgerichtshof deuten in ihrer Judikatur solche Überlegungen an.

Im Übrigen handelt es sich bei den BF 6 um keine Forstgrundbesitzer und wird eine Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte daher nicht mit Erfolg geltend gemacht.

Auch würden oben zitierten Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, so die BF 6, gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, da dort nur eine Ausgleichsmaßnahme im Fall einer Rodung vorgesehen ist. Adressat einer solchen Maßnahme könne daher ausschließlich der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstücks sein, weshalb Eigentümer von Wiesen und Weiden benachteiligt bzw. ungleich behandelt würden. Die BF regen daher einen Antrag nach Artikel 140, B-VG an.

Dazu wird auf den vorherigen Punkt verwiesen. Mangels einer Verletzung subjektiv-öffentlicher Rechte im gegenständlichen Fall geht dieser Einwand der BF 6 ins Leere.

Der Anregung, einen Antrag nach Artikel 140, B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu richten, wird daher und weil aus Sicht des erkennenden Senates keine entsprechende Verfassungswidrigkeit zu erblicken ist, nicht nachgekommen.

2.9. Gesundheitliche Auswirkungen

Durch das Vorhaben allein oder gemeinsam mit den kumulierten Vorhaben ist keine Gefährdung der Gesundheit oder unzumutbare Belästigung der Nachbarn zu befürchten. Die Genehmigungskriterien des Paragraph 17, Absatz 3, i.V.m Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a und c und Absatz 3, UVP-G 2000 werden daher eingehalten.

2.10. Wertminderung von Liegenschaften, Eigentumsrecht

2.10.1. Das Vorhaben bewirkt nach Ansicht der BF 3 einen massiven Eingriff in die dinglichen Rechte der Bürger durch die Wertminderungen von Liegenschaften (Beschwerde, Sitzung 3).

Auch BF 5 monierte, es komme zu einer deutlichen Wertminderung seiner Liegenschaften. Er habe diese 1997 bzw. 2012 im Vertrauen drauf gekauft, dass durch die Ausweisung des Natura 2000-Gebietes keine baulichen Tätigkeiten in diesem Bereich vorgenommen würden (Beschwerde, Sitzung 3). Sein Antrag auf Erstellung eines Gutachtens betreffend die Wertminderung seiner Liegenschaften sei nicht behandelt worden (Beschwerde, Sitzung 4).

Auch die BF 6 befürchteten eine Wertminderung ihrer Liegenschaft durch das Vorhaben (Beschwerde, Sitzung 6). Das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Eigentum der BF 6 sei verletzt, da das Aussterben der Insekten- und Pflanzenarten negative Auswirkungen auf die Liegenschaft der BF habe. Dieses Aussterben könne auch zu einer Dürre und sohin zur Instabilität des Grundbodens führen, was auch das Eigentumsrecht verletze (Beschwerde, Sitzung 29).

Gemäß Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, UVP-G 2000 ist die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden. Wie die Behörde in Kap. 8.13 der Begründung des angefochtenen Bescheides richtig ausgeführt hat, ergibt sich aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass das (in diesem Aspekt der GewO 1994 nachgebildete) UVP-G 2000 das Eigentum eines Nachbarn nur bei Bedrohung seiner Substanz oder wenn eine sinnvolle Nutzung der Sache wesentlich beeinträchtigt oder überhaupt unmöglich ist, schützt, nicht hingegen bei einer bloßen Minderung des Verkehrswertes. Dabei kann für die Frage, wann eine Gefährdung des Eigentums im Sinne des Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, UVP-G 2000 vorliegt, auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur GewO 1994 zurückgegriffen werden vergleiche VwGH 19.12.2013, 2011/03/0160).

Eine Gefährdung dinglicher Rechte i.S.d. Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, GewO 1994 besteht nur dann, wenn diese in ihrer Substanz bedroht werden, indem ihre bestimmungsmäßige Nutzung auf Dauer unmöglich gemacht wird vergleiche VwGH 10.12.2009, 2007/04/0168, m.w.N). Als nicht durch Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a, UVP-G 2000 geschützt angesehen werden können aufgrund der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, GewO 1994 etwa der Verlust der Vermietbarkeit einer Liegenschaft für Zwecke des Fremdenverkehrs oder auch massive finanzielle Verluste durch das Ausbleiben von Kunden einer Fischteichanlage und die damit verbundene voraussichtlich notwendige Einstellung des Betriebes vergleiche die Entscheidungen VwGH 27.01.2006, 2003/04/0130 sowie 27.06.2003, 2001/04/0236). Wendet sich ein Nachbar gegen das zur Genehmigung eingereichte Vorhaben aus dem in Paragraph 74, Absatz 2, Ziffer eins, GewO 1994 genannten Grund der Eigentumsgefährdung, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur genannten Vorschrift durch ein konkretes Vorbringen geltend zu machen, dass durch das Vorhaben sein Eigentum über eine bloße Minderung des Verkehrswertes hinaus in seiner Substanz, wozu auch der Verlust der Verwertbarkeit zählt, bedroht ist vergleiche etwa VwGH 27.06.2003, 2001/04/0236, m.w.N.).

Da nichts derartiges in den Beschwerden substanziiert oder auch nur behauptet wurde, gehen die Beschwerdevorbringen zu einer Beeinträchtigung des Eigentums sämtlich ins Leere.

2.10.2. Das Vorbringen des BF 5, seine Anträge auf Bezahlung einer Aufschließungsabgabe sowie der Einleitung von Gas, Wasser und Strom in seine Liegenschaft seien nicht behandelt worden (Beschwerde, Sitzung 4), betrifft privatrechtliche Ansprüche oder öffentlich-rechtliche Ansprüche, die nicht Gegenstand dieses Genehmigungsverfahrens sind.

2.11. Fristen:

Die Verlängerung der Fristen gem. Paragraph 17, Absatz 6, UVP-G 2000 (Spruchpunkt römisch eins.5.) um die Dauer des Beschwerdeverfahrens entspricht dem berechtigten Antrag der PW vom 9.10.2020 (OZ 75).

2.12. Gesamtbewertung

2.12.1. Immissionsminimierungsgebot

Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, UVP-G 2000 enthält das allgemeine Gebot, die Immissionsbelastung von Schutzgütern so gering wie möglich zu halten (Immissionsminimierungsgebot). Das Immissionsminimierungsgebot ist im Sinn des Verhältnismäßigkeitsprinzips auszulegen, sodass jeweils zu prüfen ist, ob die Anwendung zusätzlicher Maßnahmen noch im Verhältnis zu der damit insgesamt erreichten Verringerung der Immissionsbelastung steht (Baumgartner/Petek, UVP-G 2000, 173). Diese Norm enthält kein generelles, absolutes Schadstoffminimierungsgebot, sondern ein Gebot, die Immissionsbelastung zu schützender Güter möglichst gering zu halten. Ein absolutes Gebot enthält diese Bestimmung nur hinsichtlich der Vermeidung der in Litera a bis c genannten Immissionen. Werden aber keine Schutzgüter beeinträchtigt und entspricht das Vorhaben dem Stand der Technik, so kann mit der bloßen Behauptung, es hätten noch strengere Grenzwerte vorgeschrieben werden können, keine Rechtswidrigkeit eines Bescheides iSd Paragraph 17, bzw. 24f UVP-G 2000 dargetan werden (zuletzt VwGH 9.9.2015, 2013/03/0120).

Das Beschwerdeverfahren hat ergeben, dass keine Schutzgüter in einem erheblichen Maß beeinträchtigt werden und Immissionen gem. Paragraph 24 f, Absatz eins, Ziffer 2, Litera a bis c jedenfalls vermieden werden. Zusätzlich wurde im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zur Geringhaltung von Luftschadstoff- und Lärmimmissionen durch den Verkehr ein diesbezügliches Monitoring- und Maßnahmenprogramm mittels Auflagen vorgeschrieben und Maßnahmen zum Schutz der nunmehr im Projektgebiet siedelnden Zieselpopulation festgelegt.

Dem Immissionsminimierungsgebot ist daher entsprochen.

2.12.2. Gemäß Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 ist eine Gesamtbewertung durchzuführen.

2.12.2.1. Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Unionsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.

Die Gesamtbewertung gem. Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 fordert zunächst eine möglichst vollständige Einbeziehung aller vorhabensbedingten Umweltauswirkungen, die dann in einen Gesamtkontext zu stellen, d.h. in Summe und im Verhältnis zueinander zu beurteilen sind. IS dieses Prüfungsmaßstabs kommen als schwerwiegende Umweltbelastungen einerseits von den Verwaltungsvorschriften und Paragraph 17, Absatz 2, (bzw. Paragraph 24 f, Absatz eins,) UVP-G 2000 nicht erfasste Arten von Umweltbelastungen in Frage, andererseits Umweltbelastungen, die von den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zwar erfasst werden, nach diesen aber keinen Versagungsgrund bilden, sondern erst aufgrund einer Gesamtbewertung als schwerwiegend eingestuft werden müssen. Es ist zu prüfen, ob durch etwaige zusätzliche Aspekte, wie etwa Synergien, Überlagerungen, Kumulationseffekte, im Rahmen der integrativen Betrachtungsweise gegenüber der isolierten Betrachtung der einzelnen materiengesetzlichen Genehmigungsvoraussetzungen schwerwiegende Umweltbelastungen i.S.d. Paragraph 17, Absatz 5, 2000 UVP-G zu erwarten sind (VwGH 16.12.2019, Ra 2018/03/0066 Schigebiet Hochsonnberg, RNr. 73, 74).

Die Behörde hat auf Basis detaillierter Fragestellungen an die Sachverständigen in der zusammenfassenden Bewertung und in den Teilgutachten bereits geprüft, ob schwerwiegende Umweltauswirkungen zu erwarten sind, die nicht Gegenstand von gesetzlichen Zulässigkeitsregelungen (bspw. Paragraph 24 f, Absatz eins, UVP-G 2000, Paragraphen 9,, 10 NÖ StraßenG 1999, Paragraph 20, IG-L, Paragraphen 10,, 18 NÖ NSchG 2000) sind. Dabei basieren die Inhalte jedes Fragenbereiches auf einer Beeinflussungstabelle und einer Relevanzmatrix sowie auf den Genehmigungstatbeständen des UVP-G 2000 und der Materiengesetze. Die in der Relevanzmatrix und in der Beeinflussungstabelle dargestellten direkten und indirekten Umweltauswirkungen werden in der Folge als Risikofaktoren bezeichnet. Die Relevanzmatrix ermöglicht es, im Hinblick auf das Vorhaben die möglichen, relevanten, mittelbaren und unmittelbaren Beeinflussungen der Schutzgüter darzustellen und miteinander in Beziehung zu setzen. Die Relevanzmatrix ermöglicht eine Analyse der Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen Umweltauswirkungen und Schutzgütern. Aufgrund der Relevanzmatrix ergaben sich Themenbereiche und Fragestellungen, die in der Beeinflussungstabelle aufgelistet wurden. Jeder Risikofaktor wurde einem oder mehreren Gutachtern zur Bearbeitung im Teilgutachten vorgelegt. Mit dieser Methode ist für das Bundesverwaltungsgericht dafür Sorge getragen, dass Kumulations- und Überlagerungs- sowie Wechselwirkungen bestmöglich erfasst werden.

Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 hat eine Auffangfunktion für jene Umweltauswirkungen, die im Rahmen der anzuwendenden Materiengesetze sowie des Paragraph 17, Absatz 2, UVP-G 2000 nicht ausreichend berücksichtigt werden können, wie beispielsweise Wechselwirkungen, Kumulierungen und Verlagerungen. Im Lichte dieses Verständnisses kommen etwa Belange der Raumordnung, des Flächenverbrauches und des Klimaschutzes, Sach- und Kulturgüter sowie allfällige Wechselwirkungen, Verlagerungen und Kumulierungen zwischen den betroffenen Umweltmedien als Aspekte in Betracht, die nicht bereits Gegenstand der Prüfung nach den anzuwendenden Materiengesetzen sowie des Paragraph 24 f, Absatz eins, UVP-G 2000 waren und deshalb durch Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 erfasst werden.

2.12.2.1. Die behördliche Prüfung hat ergeben, dass keine schwerwiegenden Umweltauswirkungen aufgrund von Verlagerungs- und Kumulierungseffekten sowie Wechselwirkungen zwischen den Umweltmedien zu Tage traten, die nicht bereits nach den anzuwendenden Genehmigungstatbeständen geprüft und durch Nebenbestimmungen auf ein erträgliches Maß vermindert werden hätten können. Zu den im Verfahren – zu Recht – angesprochenen Aspekten des Flächenverbrauches und des Klimaschutzes hat die Behörde im angefochtenen Bescheid die Ansicht vertreten, dem Bodenverbrauch bzw. der Versiegelung landwirtschaftlicher Grundflächen komme im Geltungsbereich des NÖ StraßenG 1999 keine Bedeutung als potentiell gegenläufiges öffentliches Interesse zu (Pkt. 8.9.7 ff). Dies gelte auch für den Klimaschutz. Im Ergebnis zweifelt die Behörde nicht daran, dass der Klimaschutz ein öffentliches Interesse darstelle, allerdings handle es sich dabei nicht um ein öffentliches Interesse, das vom NÖ Straßengesetz wahrzunehmen sei.

Eine explizite Prüfung dieser Auswirkungen des Vorhabens vor dem Hintergrund des Abweisungstatbestandes des Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 hat die Behörde nicht vorgenommen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in der ggstdl. Entscheidung in Pkt. 2.6. mit diesen Themen auseinandergesetzt. Es hat zunächst darauf hingewiesen, dass es insgesamt keine ausreichend positivierte Verpflichtung der Projektwerberin gibt, über eine möglichst sparsame Verwendung von Flächen, um unnötige Beeinträchtigungen von Schutzgütern zu vermeiden, hinaus, eine bestimmte Quantität von Flächennutzung für ihr Vorhaben nicht zu überschreiten; eine Auflage zum Ausgleich von Flächenverbrauch und Bodenversiegelung für sich oder gar eine Abweisung des Genehmigungsantrags wegen der Flächeninanspruchnahme des Vorhabens finde daher keine Basis in den anwendbaren Rechtsvorschriften bzw. wäre angesichts der nur ansatzweisen rechtlichen Verankerung eines dementsprechenden Gebots nicht verhältnismäßig. Dies gelte trotz zahlreicher fachlicher Empfehlungen zu einer drastischen Reduzierung des Flächenverbrauchs, bspw. der Österreichischen Bodencharta, und dringender Appelle, es müssten alle Register gezogen werden, um die Erhaltung der landwirtschaftlichen Produktion in Österreich zumindest auf derzeitigem Niveau zu sichern.

Aufgrund der Flächeninanspruchnahme von ca. 18 ha durch das Vorhaben kann nicht gesagt werden, dass das Vorhaben für sich genommen einen entscheidenden oder zumindest signifikanten Beitrag zur rasant fortschreitenden Bodenversiegelung und -degradierung leistet. Dies selbst wenn man berücksichtigt, dass es die weitere Erschließung von Böden in der Projektumgebung begünstigt, ja zum Ziel hat.

Auch zum Einfluss des Vorhabens auf den Klimawandel gilt, dass dieser marginal ist; das Teilgutachten Luftreinhaltechnik des UV-GA spricht von einer Steigerung der Treibhausgasemissionen im unmittelbaren Projektgebiet von 3700 t/Jahr und von keinen daraus resultierenden negativen Auswirkungen auf das Makrokolima Sitzung 47). Zwar hat der VwGH in seiner Entscheidung zur 3. Piste des Flughafen Wien (VwGH 6.3.2019, Ro 2018/03/0031, Rz 58 ff) klargestellt, dass grundsätzlich der Beitrag eines Vorhabens zum Klimawandel in der Interessenabwägung nach Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000 zu berücksichtigen ist; allerdings wäre es beim ggstdl. Vorhaben willkürlich, dessen – im Vergleich zur 3. Piste vernachlässigbar kleinen – Beitrag zum Klimawandel als schwerwiegende Umweltauswirkung zu qualifizieren.

2.12.2.2. Die übrigen, oben in den Punkten 2.2 bis 2.11. erfassten Umweltauswirkungen stellen insgesamt keine zu erwartenden schwerwiegenden Umweltauswirkungen dar: Zusätzliche Belastungen des Schutzgutes Luft sind nur innerhalb von Bagatellschwellen oder dort zu erwarten, wo Grenzwerte weit unterschritten sind. Auch die Grenzwerte für Lärmbelastungen sind überall eingehalten sowie Beeinträchtigungen von Grund- und Oberflächenwasser ausgeschlossen, sodass insgesamt keine gesundheitlichen Auswirkungen und keine unzumutbaren Belästigungen von Menschen zu erwarten sind. Hochwertige natürliche Lebensräume werden nur in sehr geringem Ausmaß und mit sehr geringer Wirkung in Anspruch genommen, geschützte Tier- und Planzenarten werden nicht beeinträchtigt oder nur in einem Ausmaß, das keine Bedrohung der betroffenen Populationen befürchten lässt. Es findet eine Zerschneidung der Landschaft statt, die Sichtbeziehungen und der Erholungswert der Landschaft sind jedoch nur lokal betroffen. Demgegenüber existiert ein bedeutendes öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens, wenn dieses auch z.T. nur in einem Potential besteht, dessen Ausschöpfung noch ungewiss ist.

Stellt man diesen Auswirkungen die oben angeführten Auswirkungen auf Fläche und Klima zur Seite, ergibt sich insgesamt nicht, dass unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltauswirkungen zu erwarten sind, die durch Nebenbestimmungen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können.

2.13. Revision

Die Revision ist nicht zulässig, weil die hier relevanten Rechtsfragen einerseits durch Judikatur des VwGH oder des EuGH geklärt sind. Dies betrifft insbesondere grundlegende Fragen der Interessenabwägung nach NÖ StraßenG 1999, nach dem ForstG 1975 oder nach Paragraph 17, Absatz 5, UVP-G 2000, Fragen des Artenschutzes und der artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung und Fragen der Anwendbarkeit besonderer Immissionsschutzvorschriften. Andererseits waren die der Lösung zugrundeliegenden Rechtsvorschriften bereits für sich selbst als ausreichend klar und bestimmt anzusehen und bedarf es aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keiner weiteren Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2020:W104.2216195.1.00