Bundesverwaltungsgericht
26.06.2020
W215 1416975-6
W215 1416972-6/3E
W215 1416974-6/3E
W215 1416975-6/3E
W215 1422052-6/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerden von römisch 40 , alle Staatsangehörigkeit Republik Kasachstan, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2020, Zahlen 1) 800766009-191013115, 2) 831832310-191013048, 3) 831832408-191013145 und 4) 831832506-191013188, zu Recht:
A)
Die Beschwerden gegen Spruchpunkte römisch eins. bis römisch VI. und römisch VIII. werden gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (AsylG), in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012,, Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG, Paragraph 57, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017,, Paragraph 9, BFA-Verfahrensgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, (BFA-VG), in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 56 aus 2018,, Paragraph 52, Fremdenpolizeigesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (FPG), in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 110 aus 2019,, Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017,, und Paragraph 55, Absatz eins a, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,, als unbegründet abgewiesen.
Den Beschwerden wird hinsichtlich der Spruchpunkte römisch VII. insoweit stattgegeben, als die Dauer der befristeten Einreiseverbote gemäß Paragraph 53, Absatz eins und 2 FPG, in der Fassung
BGBl. römisch eins Nr. 68/2013, auf zwei Jahre herabgesetzt wird.
B)
Die Revision ist jeweils gemäß Artikel 133, Absatz 4, Bundes-Verfassungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 1 aus 1930, (B-VG), in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012,, nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
Der Erstbeschwerdeführer (P1) ist der Ehegatte der Zweibeschwerdeführerin (P2) und beide sind die Eltern der minderjährigen Dritt- und Viertbeschwerdeführer (P3 und P4).
1. Erste Asylverfahren
P1 bis P3 reisten zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt in das Bundesgebiet und P1 und P2 stellten für sich und P3 am 23.08.2010 die ersten Anträge auf internationalen Schutz.
P1 und P2 brachten in den niederschriftlichen Befragungen am 23.08.2010 und 21.09.2010 zusammengefasst vor, dass P1 seine Tochter aus erster Ehe bei deren Mutter in Kasachstan zurückgelassen habe. Er sei nunmehr mit P2 verheiratet und sie seien mit P3 problemlos legal mit dem Flugzeug und ihren kasachischen Reisepässen mit Visa - die ihnen nach ihrer Einreise aber noch vor Asylantragstellung in Österreich gestohlen worden seien -, über den internationalen Flughafen nach Moskau und von dort nach Österreich gereist. P1 gehören der Volksgruppe der Deutschen und P2 der Volksgruppe der Ukrainer, beide seien russisch-orthodoxen Glaubens und Staatsangehörige der Republik Kasachstan.
P2 meinte, dass sie auf ihrem eigenen Grundstück im Eigenheim lebten, keine finanziellen Probleme in Kasachstan hatten und es ihnen wirtschaftlich durchschnittlich gegangen sei. P1 hingegen meinte, dass er mit seiner wirtschaftlichen Situation in Kasachstan unzufrieden gewesen sei, nachdem er 2007 gekündigt worden wäre und danach auch in der Russischen Föderation nach Arbeit gesucht habe. Familienangehörige hätten gemeint, eine Ausreise würde bessere wirtschaftliche Perspektiven für P1 bis P3 bieten.
P1 gab zunächst an, dass es seit 2001 spürbare Nationalisierung in Kasachstan gebe, und Wahabiten gesagt hätten, P1 und P2 seien Russen und sollten aus Kasachstan verschwinden, später jedoch, P1 würde seit ca. römisch 40 von zwei kasachischen Wahabiten verfolgt, die P1 beim damals ersten Besuch anwerben hätten wollen bzw. sollte P1 zum Islam konvertieren. P1 habe abgelehnt und sei deshalb verprügelt worden. Anfang römisch 40 als sie P1 zum zweiten Mal abgepasst hätten, hätten ihm DVSs in Russisch mit arabischen Untertiteln über den Islam aufgedrängt und gedroht, P2 und P3 zu entführen (Variante: angedeutet, dass P1 an seien Familie denken solle). Am römisch 40 , sei die einzige Kuh von P1 verschwunden. Bei Anzeigenerstattung habe der Inspektor gesagt, diese könnte gestohlen worden sein, P1 solle zum Islam konvertieren, jedoch keine Anzeige aufgenommen. Am römisch 40 sei P1 neuerlich abgepasst worden und habe man versucht ihn zu überreden. Anfang römisch 40 seien sie zu ihnen nach Hause gekommen und hätten P2 gedroht, dass es ihr wie ihrem Vater ergehen würde. P1 hätten sie eine Frist von einem Monat gesetzt, seine Meinung zu ändern. P1 hätte mitbekommen, dass langsam seine Konversion vorbereitet worden sei.
P2 gab an, dass sie und P1 von Wahabiten gezwungen werden hätten sollen, zum Islam überzutreten, was P1 und P2 abgelehnt hätten. Man habe P2 mit Entführung gedroht und dass sie das gleiche Schicksal wie ihr Vater im Jahr 2007 erleiden werde. Diesen habe man entführt und P2 vermute, dass er irgendwo als Sklave gehalten werde.
Das Bundesasylamt stellte Anfragen an die Staatendokumentation zu Wahabiten und den Angaben von P1 und P2 im Herkunftsstaat; eine umfassende Anfragebeantwortung wurde am 20.10.2010 erstattet.
Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 03.12.2010, Zahlen 1) 10 07.660-BAT,
2) 10 07.662-BAT und 3) 10 07.663-BAT, wurden die ersten Anträge auf internationalen Schutz von P1 bis P3 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). In Spruchpunkt römisch III. der Bescheide wurden P1 bis P3 gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kasachstan ausgewiesen. Zusammengefasst wurde in den Bescheiden ausgeführt, dass das Vorbringen zu den behaupteten Ausreisegründen und den angeblichen Vorfällen mit Wahabiten, darunter auch die Anzahl der Vorfälle, auf Grund der widersprüchlichen Angaben von P1 und P2 nicht glaubhaft gewesen sei. Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden an den Asylgerichtshof erhoben.
Nach der Geburt von P4 in Österreich wurde für diesen ebenfalls der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt, dieser mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4) 04.10.2011, Zahl 10 07.003-BAT, inhaltsgleich mit jenen von P1 bis P3 entschieden und dagegen fristgerecht Beschwerde an den Asylgerichtshof erhoben.
Noch während der laufenden ersten Beschwerdeverfahren kehrten P1 bis P4 freiwillig am römisch 40 , unter der Gewährung von Rückkehrhilfe, in die Republik Kasachstan zurück, weshalb die Beschwerdeverfahren mit Verfahrensanordnungen des Asylgerichtshofes vom 13.12.2012, Zahlen 1) D9 416972-1/2010/9E, 2) D9 416974-1/2010/8E,
3) D9 416975-1/2010/4E und 4) D9 422052-1/2011/5E, gemäß Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG als gegenstandslos eingestellt wurden.
2. Zweite Asylverfahren
P1 bis P4 reisten wieder problemlos legal mit dem Flugzeug über einen internationalen Flughafen und kasachischen Reisepässen mit Visa aus der Republik Kasachstan aus, kamen nach Österreich, behaupteten die kasachischen Reisepässe nach ihrer Einreise aber noch vor der zweiten Asylantragstellung in Österreich im Taxi vergessen zu haben. P1 und P2 stellten für sich sowie P3 und P4 am 13.12.2013 die zweiten Anträge auf internationalen Schutz.
In der Erstbefragung am 13.12.2013 gab P1 zusammengefasst an, dass er sich bereits im römisch 40 zur neuerlichen Ausreise aus der Republik Kasachstan entschlossen habe, da er von einer Gruppierung namens „Wachabiten“ bedroht worden sei. Diese hätten P3 und P4 im römisch 40 entführt. P1 habe als Chauffeur für diese Gruppe arbeiten müssen und im Zuge dessen bestimmte Waren er vermute, dass es sich dabei um Militärausrüstung und Waffen gehandelt habe zu transportieren gehabt. Beim ersten Transport habe er seinen eigenen römisch 40 gefahren, für die zweite Fahrt habe man ihm einen LKW zur Verfügung gestellt. Nach zwei Tagen seien P1 und P2 zurückgebracht worden. Etwa ein Monat später seien dieselben Leute erneut an P1 herangetreten, um diesem mitzuteilen, dass sie wieder einen Auftrag für ihn hätten. P1 habe zwar zugesagt, sei sodann jedoch gemeinsam mit P2 bis P4 zu einer Freundin von P2 geflohen, wo sie sich in weiterer Folge für etwa drei Monate versteckt gehalten hätten. In dieser Zeit habe P1 seine Ausreise organisiert, andere Fluchtgründe habe er nicht. Im Falle einer Rückkehr fürchte er um sein Leben, das Leben seiner Familie und befürchte, dass P3 und P4 neuerlich entführt würden.
In der niederschriftlichen Befragung am 26.03.2014 gab P1 an, dass nach seiner Rückkehr in den Heimatstaat, nach den ersten Asylantragstellungen in Österreich, wieder an seiner früheren Meldeadresse in seinem Haus in römisch 40 (Anmerkung: unterschiedliche Schreibweisen derselben Ortschaft) mit P3 bis P4 bis zur neuerlichen Ausreise gelebt habe. Er könne keine identitätsbezeugenden Dokumente vorlegen. Er habe seinen kasachischen Auslandsreisepass und seinen kasachischen Inlandspass in einem Taxi in Österreich vergessen. Sein Auslandsreisepass sei ebenso wie jener von P2 im römisch 40 ausgestellt worden. P1 besitze einen österreichischen Führerschein, welcher ihm vor seiner letzten Ausreise aus Österreich ausgestellt worden sei.
Nach seiner Schul- und Berufsbildung befragt, gab P1 an, zwischen römisch 40 rückübergeben. In seinem Herkunftsstaat habe P1 nie Probleme mit Behörden gehabt, sei nicht vorbestraft und niemals inhaftiert gewesen. Es bestünden keine aktuellen Fahndungsmaßnahmen hinsichtlich seiner Person und sei dieser nie politisch tätig gewesen. Er habe nur Probleme aufgrund seiner Religionszugehörigkeit gehabt.
Am römisch 40 habe P1 erstmals Probleme mit Wahabiten gehabt. Diese hätten gegen ein oder zwei Uhr nachts an seine Haustüre geklopft. Es habe sich um drei Männer gehandelt, welche danach gefragt hätten, wo P1 in der letzten Zeit gesteckt habe. Die Männer seien unzufrieden gewesen, da P1 zuvor abwesend gewesen sei. Sie hätten P1 erklärt, er solle für sie arbeiten und zum Islam konvertieren. Er sei aufgefordert worden, in der römisch 40 am Morgen des nächsten Tages eine Ladung für sie abzuholen. Um sicherzustellen, dass er diesen Auftrag ausführe, würde man P3 und P4 mitnehmen. P1 sei sohin losgefahren. Er habe geplant, den römisch 40 aufzusuchen, um dort von seinen Problemen zu berichten. Dort angekommen, habe er jedoch die Wahabiten vor der Polizeistation sitzen sehen. Er sei daher in die römisch 40 gefahren und dort bereits erwartet worden. Man habe zwei Kisten von einem Auto auf den römisch 40 von P1 geladen, daraufhin sei P1 zurück in das römisch 40 gefahren, habe seine Lieferung abgegeben und sei anschließend nach Hause gefahren. Zwei Stunden vor der Rückkehr von P1 seien P3 und P4 wieder nach Hause gebracht worden. Die transportierten Kisten hätten ausgesehen wie Transportbehälter für Waffen. P1 und P2 hätten danach den Entschluss zur Ausreise gefasst. Am römisch 40 habe P1 die zuvor erwähnten Männer zufällig in der römisch 40 getroffen und sei ihm gesagt worden, man benötige ihn für einen weiteren Transport. P1 hätte Ende August einen LKW durch die Steppe begleiten sollen, da es nur wenige Personen geben würde, welchen die fragliche Strecke bekannt sei. Am römisch 40 sei P1 gemeinsam mit P3 bis P4 mit dem Zug nach römisch 40 gefahren. Bis zur Ausreise habe die Familie für eine Dauer von drei Monaten bei einer Freundin von P2 namens römisch 40 – deren Familienname und Beruf seien P1 nicht bekannt – gelebt. Auch wisse er nicht genau, woher P2 diese gekannt habe. Nach den Problemen aufgrund seiner Religionszugehörigkeit befragt, erklärte P1, die Wahabiten hätten gewollt, dass sie zum muslimischen Glauben konvertieren. Befragt, warum es seiner Familie, seinen eigenen Angaben zufolge, möglich sei, ohne Probleme und in relativem Wohlstand in der Heimat zu leben, einzig von P1 verlangt worden sei, dass er mit Wahabiten kooperiere und zum Islam konvertiere, gab P1 an, römisch 40 Befragt, warum man P1 zu den geschilderten Transportaufträgen verhalten habe, wo doch anzunehmen wäre, dass den Wahabiten selbst Autos und Transportmöglichkeiten zur Verfügung stünden, gab P1 an, dass dies schlichtweg in seiner slawischen Volksgruppenzugehörigkeit begründet läge.
Nach dem Grund seiner ersten Ausreise aus dem Herkunftsstaat befragt, gab P1 an, die Wahabiten wären auch bereits Anfang römisch 40 bei ihm zu Hause gewesen und hätten gedroht, P2 als Sklavin zu verkaufen, sollte P1 nicht für sie arbeiten. Damals habe P1 keine Arbeiten für die Wahabiten ausgeführt, sondern hätte die Familie gleich nach deren Besuch Anfang römisch 40 ihr Zuhause verlassen und sei zu der Schwiegermutter gezogen. Dort hätten sie sich versteckt gehalten und während ihres Aufenthaltes keine Probleme mit Wahabiten gehabt. In weiterer Folge seien sie mit einem römisch 40 nach Österreich geflogen und hätten Anträge auf internationalen Schutz gestellt. Ohne den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, sei die Familie jedoch in weiterer Folge im Jahr 2012 in ihre Heimat zurückgekehrt. Nach den Gründen hierfür befragt, gab P1 an, ihnen sei damals von der Caritas gesagt worden, dass in ihrer Heimat alles in Ordnung sei. Von einem Rechtsanwalt sei dem P1 zudem mitgeteilt worden, dass sie keine Chance hätten, in Österreich zu bleiben. Da sie auch keinen Fortschritt in ihrem Asylverfahren haben beobachten können, seien sie freiwillig in die Heimat zurückgekehrt. Auf diesbezügliche Nachfrage, gab P1 an, außer im römisch 40 und am römisch 40 nie Probleme mit Wahabiten gehabt zu haben. Andere Gründe habe es für das Verlassen seiner Heimat nicht gegeben.
Nach seiner Rückkehr aus Österreich habe P1 versucht, P4 in Kasachstan anzumelden. Die Behörden hätten eine Apostille auf dessen österreichischer Geburtsurkunde verlangt, welche P1 besorgt habe. Dann sei er zum Umtausch der Geburtsurkunde in eine kasachische auf ein Passamt geschickt worden. Sein Antrag sei P1 aber in der Folge, aus ihm unbekannten Gründen, abgelehnt worden und habe er seinen Sohn sohin nicht in der Heimat anmelden können. Die erwähnte Apostille habe P1 am römisch 40 erhalten. Nach Ablehnung seines Antrages sei er nach römisch 40 in die Russische Föderation gereist, wo eine seiner Tanten wohne. Er habe damals einen Umzug in die Russische Föderation geplant und sich bei seiner Tante angemeldet. Dieser Plan sei jedoch in weiterer Folge fehlgeschlagen, da er auch beim Migrationsdienst der Russischen Föderation keine Registrierung erhalten habe. Dies habe auch einen Grund für seine Ausreise dargestellt, weshalb er sich nach seiner Rückkehr nach Kasachstan am römisch 40 zu einer Ausreise nach Österreich entschlossen habe, dann jedoch noch ein ganzes Jahr an seiner Meldeadresse gelebt habe. Zudem sei das Leben in der Russischen Föderation gefährlich, ein Cousin vonP1 sei am Gehweg überfahren worden. Auch deshalb habe er sich letztlich gegen einen Umzug in die Russische Föderation entschlossen.
Befragt, was ihn im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat erwarten würde, gab P1 an, er würde erneut von Wahabiten verfolgt werden und wäre das Leben seiner Familie erneut in Gefahr. Mit Ausnahme seiner gemeinsam mit ihm eingereisten Familienangehörigen habe P1 keine Verwandten oder sonstigen privaten Interessen in Österreich.
In der niederschriftlichen Befragung am 26.03.2014 gab P2 zusammengefasst an, dass P1 für seine minderjährige Tochter aus erster Ehe, welche nach wie vor in der Republik Kasachstan leben zur Zahlung von Unterhaltsleistungen verpflichtet sei. P2 habe bis zum Jahr römisch 40 gearbeitet, P1 habe sich um den Unterhalt der Familie gekümmert. Vor ihrer ersten Ausreise habe das römisch 40 gearbeitet – römisch 40 . Nach ihrer Rückkehr in die Heimat habe P1 Gelegenheitsarbeiten verrichtet, sie könne nicht sagen, worin diese genau bestanden hätten. Er sei eines Tages weggefahren und habe, als er zurückgekehrt sei, Geld nach Hause gebracht. Zudem seien noch Ersparnisse aus der Zeit, als die P2 und P1 bei der römisch 40 gearbeitet hätten, vorhanden gewesen. P2 sei in römisch 40 geboren und aufgewachsen, ihre Eltern seien kasachische Staatsbürger, sämtliche andere Verwandte seien Russen, Weißrussen oder Ukrainer. P2 habe zwischen römisch 40 die Grundschule und mittlere höhere Schule in römisch 40 besucht, anschließend römisch 40 absolviert und zu arbeiten begonnen. Von römisch 40 bis zur Geburt ihres ersten Kindes sei P2 ständig berufstätig gewesen, danach sei sie Hausfrau gewesen. Befragt, wann P2 zum ersten Mal daran gedacht habe, den Heimatsstaat zu verlassen, brachte sie vor, den Entschluss, neuerlich auszureisen, im römisch 40 gemeinsam mit P1 gefasst zu haben. Die Familie hätte anschließend noch viele Monate zuhause gelebt und sei am römisch 40 ausgereist, nachdem zuvor noch das Haus verkauft worden sei. Die Familie habe vom römisch 40 bei einer Freundin von P2 namens römisch 40 gelebt, um nicht von ihren Feinden gefunden zu werden. Dort habe die Familie in Ruhe leben können, sie hätten noch Ersparnisse gehabt und P1 habe sich um den Hausverkauf gekümmert, welcher im römisch 40 erfolgt sei. Die letzte Nacht vor ihrer Ausreise habe P2 an ihrer Heimatadresse in römisch 40 verbracht, die genaue Adresse ihrer Freundin in der Stadt römisch 40 sei P2 nicht bekannt. P2 berichtigte ihre Angaben in weiterer Folge dahingehend, sich bis zum römisch 40 bei der genannten Freundin aufgehalten zu haben. Ihr Mann habe zur Erlangung der Visa, deren Gültigkeitsdauer P2 nicht bekannt sei, in die römisch 40 fahren müssen. Weiters befragt, gab P2 an, in ihrer Heimat niemals mit behördlichen Problemen oder Problemen aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit konfrontiert gewesen zu sein, jedoch habe sie Probleme aufgrund ihrer Religion bzw. mit Privatpersonen gehabt. Um Schilderung ihrer Fluchtgründe gebeten, brachte P2 vor, keine individuellen Probleme zu haben und um die Behandlung ihres Antrages im Rahmen des Familienverfahrens zu ersuchen. Sie stütze sich auf die Gründe von P1, dessen Probleme würden die gesamte Familie betreffen. Befragt, was sie über die Probleme von P1wisse, brachte P2 vor, man habe diesen überreden wollen, zum Islam zu konvertieren. Die Probleme von P1 seien genaugenommen bereits im Jahr römisch 40 aufgetreten. Von Rechtsanwälten in Österreich sei der Familie jedoch zugesichert worden, dass in der Heimat alles in Ordnung sei, weshalb sie am römisch 40 nach Kasachstan zurückgekehrt seien. Daraufhin habe die Familie für nahezu zwei Jahre in ihrer Heimatstadt gelebt, bevor sie am römisch 40 neuerlich ausgereist sei. Befragt, wann man P1 überreden habe wollen, zum Islam zu konvertieren, gab P2 an, dass sich die Probleme im Jahr 2009 ereignet hätten, weshalb sie sich damals zu einer Ausreise nach Österreich entschlossen hätten.
P2 gab an, dass P1 nach der Rückkehr aus Österreich wiedergefunden und dazu aufgefordert worden sei, für die Wahabiten zu arbeiten. Man habe von diesem gewollt, dass er irgendwelche Ware – wahrscheinlich Drogen oder Waffen – transportiere. Zuletzt seien die Wahabiten am römisch 40 bei ihnen Zuhause gewesen und hätten diese erklärt, sie würden P3 und P4 mitnehmen, da P1 einen Auftrag ausführen solle. Daraufhin habe P1 am römisch 40 das Haus verlassen und sei am römisch 40 zurückgekehrt. P2 habe sich in einen Nebenraum zurückgezogen und habe mitanhören können, dass P1 irgendwo hinfahren und dort irgendwelche Ware abholen müsse. Eine Frau sei hereingekommen und habe die Kinder mitgenommen, P2 selbst sei ins Schlafzimmer gestoßen worden. Kurz bevor P1 am römisch 40 zurückgekehrt sei, seien die Kinder wieder zurückgebracht worden. Befragt, wann die Kinder mitgenommen worden seien, gab P2 an, dies habe sich am römisch 40 ereignet, am römisch 40 seien die Kinder zurückgekommen. Befragt, was passiert sei, nachdem die Kinder zurückgebracht worden seien, gab P2 an, es sei nichts mehr vorgefallen, ihr Mann sei zurückgekommen und sie hätten beschlossen, auszureisen. Auf Vorhalt der Angabe von P1, wonach dieser am römisch 40 um 07 Uhr morgens weggefahren wäre, gab P2 an, die Männer seien am römisch 40 gegen 12 Uhr erschienen und ihr Mann habe das Haus daraufhin am römisch 40 um 07 Uhr morgens verlassen. Befragt, wo P1 in diesen beiden Tagen gewesen sei, gab P2 an, dies nicht zu wissen und ihn auch nicht danach gefragt zu haben, da sie dies nicht interessiert habe. P1 sei auch beim römisch 40 gewesen, doch seien diese Leute bereits dort gewesen. Über die erwähnten Leute wisse P2 nichts, sie habe diese nur einmal gesehen und könne daher keine Angaben zu diesen machen. Auf die Frage, ob P1 diesbezügliche Anzeige erstattet habe, gab P2 an, nie davon gehört zu haben, dass P1 irgendeine Anzeige erstattet hätte. Auf Vorhalt, dass die relativ weitschichtige Familie von P2 offenbar unbehelligt und in relativem Wohlstand in der Heimat lebe, und befragt, warum man lediglich P1 zu einer Kooperation sowie zur Konversion zum Islam habe überreden wollen, führte diese an, P1 würde sich römisch 40 . Woher den Wahabiten dies bekannt gewesen sei, könne sich P2 auch nicht erklären. Befragt, warum man sich ausgerechnet für P1 hätte interessieren sollen, wo doch römisch 40 gab P2 an, dass ihr Mann wahrscheinlich der einzige in römisch 40 gewesen sei. Befragt, wie viele Einwohner römisch 40 habe, gab P2 an, dies nicht zu wissen, es seien aber mehr als römisch 40 . Auf Vorhalt, dass in römisch 40 Menschen unterschiedlichster Volksgruppen leben würden und befragt, warum die Wahabiten ausgerechnet P1 zu einer Zusammenarbeit benötigen würden, gab P2 an, dass man dies die Wahabiten fragen müsse. Abgesehen von dem geschilderten Vorfall, habe es keine Probleme mit Wahabiten gegeben. Auf die Frage, ob es im römisch 40 irgendeinen Vorfall gegeben habe, gab P2 an, sich nicht daran erinnern zu können. Damals hätten sie eine römisch 40 betrieben. Auf Vorhalt, dass den Angaben ihres Mannes zufolge Anfang römisch 40 die Wahabiten bei ihnen zuhause gewesen seien und gedroht hätten, P2 als Sklavin zu verkaufen, gab P2 an, dass dies richtig sei. Befragt, in welchem Zeitraum sie bei ihren Eltern gelebt habe, führte P2 aus, dass die Familie nach ihrer Rückkehr aus Österreich bei ihren Eltern gewohnt habe, bevor sie in der Folge das Haus in römisch 40 gekauft hätte. Auf die Frage, was P1 in römisch 40 gemacht habe, antwortete P2, dass sich dieser um den Erwerb der russischen Staatsbürgerschaft sowie nach dem Erhalt eines Aufenthaltstitels habe erkundigen wollen. P1 habe bei seinem Onkel gelebt und sei im römisch 40 für die Dauer eines Monates weg gewesen. Andere Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates habe es nicht gegeben, sie habe sämtliche ihrer Gründe vollständig geschildert.
Befragt, ob jedes Familienmitglied einen eigenen Pass für die Reise nach Österreich erhalten habe, bejahte P2 dies. Auf diesbezügliche Nachfrage bestätigte P2, dass auch P4 einen eigenen Pass besessen habe. Die Pässe seien etwa zwei Monate vor ihrer Ausreise von der zuständigen Behörde angefertigt worden. Gefragt, ob die österreichische Geburtsurkunde von P4 in eine kasachische umgetauscht worden sei, gab P2 an, dass es ihnen nicht gelungen sei, P4 anzumelden. Nachgefragt, gab P2 an, dass sie dessen Pass dennoch problemlos bekommen hätten, bei der Ausstellung sei es zu keinen Schwierigkeiten gekommen. Die Beamten im Herkunftsstaat würden alle unterschiedliche Meinungen vertreten, hätten sie sich an einen anderen Beamten gewendet, hätten sie die Geburtsurkunde von P4 wohl erhalten. Befragt, was sie im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret erwarten würde, gab diese an, sie würden erneut von Wahabiten verfolgt werden und ihr Leben wäre abermals in Gefahr. P2 gab an, mit Ausnahme von P1, P3 und P4 keine Verwandten oder sonstigen privaten Interessen in Österreich zu haben.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2014, Zahlen
1) 800766009-2403969, 2) 831832310-2405198, 3) 831832408-2408316 und
4) 831832506-2419571, wurde die zweiten Anträge auf internationalen Schutz vom 13.12.2013 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß Paragraph 57 und Paragraph 55, AsylG nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG, wurde gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG, erlassen und wurde gemäß
§ 52 Absatz 9, FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Kasachstan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt römisch III.).
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.08.2014, Zahlen
1) W147 1416972-2/2E, 2) W147 1416974-2/2E, 3) W147 1416975-2/2E und
4) W147 1422052-2/2E, wurden fristgerecht gegen diese Bescheide vom 31.03.2014 eingebrachte Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte römisch eins. bis römisch III. gemäß den
§ 3 Absatz eins,, Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit 10 Absatz eins, Ziffer 3,, Paragraph 55 und Paragraph 57, AsylG, Paragraph 9, BFA-VG und Paragraph 46, in Verbindung mit
§ 52 Absatz 2, Ziffer 2 und Absatz 9, FPG als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde jeweils gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG für nicht zulässig erklärt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die gesunden P1 bis P4 ihren Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten haben. Weiters lagen keine stichhaltigen Gründe vor, dass sie konkret Gefahr laufen würden, in ihrem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden. P1 und P2 war nicht nur das in sich widersprüchliches Vorbringen vorzuwerfen, sondern auch Widersprüche in Zusammenschau mit den jeweils unterschiedlichen Angaben von P1 und P2, die zur Begründung ihrer Anträge auf internationalen Schutz in Österreich eine ausgedachte Fluchtgeschichte präsentierten, die nicht auf tatsächlich Erlebtem beruhte. Weiters wurde wörtlich im Erkenntnis von P1 (Anmerkung: hier als Beschwerdeführer bezeichnet) ausgeführt:
„…Wie bereits die belangte Behörde in ihrer Beweiswürdigung thematisiert hat, spricht insbesondere der Umstand, dass der Beschwerdeführer und seine Familie ohne den Ausgang ihres ersten Asylverfahrens in Österreich abgewartet zu haben freiwillig in ihre Heimat zurückkehrten, entschieden gegen das tatsächliche Vorliegen der durch den Beschwerdeführer vorgebrachten Verfolgungsgefahr von Seiten der Wahhabiten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seinem ersten Asylverfahren war ein Ähnliches – er brachte ebenso wie im nunmehrigen Verfahren eine Bedrohung seiner Familie durch Wahhabiten vor. Im Falle tatsächlicher Furcht um sein Leben sowie um das Wohlergehen seiner Familie, hätte der Beschwerdeführer sich und seine Angehörigen keinesfalls den Gefahren, welche mit einer Rückkehr in seine Heimat diesfalls verbunden wären, ausgesetzt, sondern hätte jedenfalls die Entscheidung über seinen Antrag auf internationalen Schutz abgewartet.
Auch dass der Beschwerdeführer im Falle des Befürchtens von Verfolgungshandlungen nach seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat an seiner früheren Wohnadresse Unterkunft genommen hätte, erschiene in diesem Zusammenhang völlig abwegig. Der Beschwerdeführer machte keinerlei Anstalten, sich nach seiner Rückkehr versteckt zu halten oder Vorsichtsmaßnahmen irgendeiner Form zu treffen, was im Falle tatsächlicher Furcht vor weiteren Verfolgungshandlungen seitens der Wahhabiten jedenfalls zu erwarten gewesen wäre.
Nach seiner Rückkehr aus Österreich war es dem Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge für mehr als ein Jahr problemlos möglich, gemeinsam mit seiner Familie an seiner früheren Wohnadresse zu wohnen und einer Arbeit nachzugehen, ohne dass es in dieser Zeit zu Problemen irgendeiner Art für ihn selbst oder seine Familie gekommen wäre.
Hinsichtlich der als nunmehr fluchtauslösend geschilderten Vorfälle im römisch 40 ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seiner Schlussfolgerung, dass diese als asylrelevant ausgelegtes Konstrukt ohne Wahrheitsgehalt angesehen werden müssen, zuzustimmen:
Auffällig war in diesem Zusammenhang insbesondere, dass der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 26. März 2014 ausführlich den Umstand erläuterte, dass eine Anmeldung seines in Österreich geborenen Sohnes in Kasachstan aufgrund bürokratischer Hürden nicht möglich gewesen sei. Aufgrund dieser Schwierigkeiten habe der Beschwerdeführer zunächst einen Umzug seiner Familie in die Russische Föderation erwogen. Dieser Plan sei jedoch aufgrund der Verweigerung seiner Registrierung durch den russischen Migrationsdienst gescheitert, weshalb er nach einem zweiwöchigen Aufenthalt in der russischen Stadt römisch 40 am römisch 40 wieder in seine kasachische Heimatstadt zurückgekehrt sei.
Der Beschwerdeführer gab in diesem Zusammenhang ausdrücklich an, dass auch dieser Vorfall einen Grund für seine Ausreise dargestellt habe und führte insbesondere aus: „(…) So habe ich mich nach meiner Rückkehr nach Kasachstan zu einer Reise nach Österreich entschlossen, lebte dann aber noch ein ganzes Jahr an meiner gewöhnlichen Meldeadresse zuhause (…)“ (Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seite 241).
Hier wird klar ersichtlich, dass dem Entschluss zu einer neuerlichen Ausreise nach Österreich keinesfalls die geschilderte Bedrohung durch Wahhabiten im römisch 40 zugrunde lag, sondern dass der Ausreiseentschluss wohl bereits zuvor in Folge der Schwierigkeiten in Zusammenhang mit der Anmeldung seines Sohnes gefasst worden war.
Auch die Schilderung der Bedrohungssituation durch Wahhabiten ist wie bereits von der belangten Behörde in nicht zu beanstandender Weise dargelegt von mehreren Unstimmigkeiten geprägt und erscheint vor dem Hintergrund der dem erstinstanzlichen Bescheid zur Grunde gelegten Länderfeststellungen im Übrigen nicht plausibel.
So brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, sich aus Furcht vor den Wahhabiten in den drei Monaten vor der Ausreise gemeinsam mit seiner Familie bei einer Freundin seiner Frau versteckt gehalten zu haben. Auffällig war in diesem Zusammenhang, dass dem Beschwerdeführer weder der Familienname noch die berufliche Tätigkeit der Gastgeberin, mit welcher er für mehrere Monate im gemeinsamen Haushalt gelebt haben will, bekannt waren. Widersprüchliche Angaben traten in diesem Zusammenhang auch in Bezug auf die Frage auf, wo er die letzte Nacht vor seiner Ausreise verbracht habe. Während der Beschwerdeführer diesbezüglich befragt zunächst seine Heimatadresse in römisch 40 nannte, führte er im weiteren Verlauf seiner Befragung dazu im Widerspruch stehend an, bis zum Tag seiner Ausreise, dem römisch 40 gelebt zu haben vergleiche Verwaltungsakt der belangten Behörde, Seiten 238 und 240).
Ferner fiel auf, dass der Beschwerdeführer im Zuge seiner Einvernahmen vor der belangten Behörde zu der geschilderten Entführung seiner Kinder kaum Angaben machte und diese lediglich am Rande erwähnte, wobei zu erwarten wäre, dass er einen solchen Vorfall zum Kern seines Fluchtvorbringens erheben würde, dies umso mehr, da aus den Einvernahmeprotokollen ersichtlich ist, dass der Beschwerdeführer die an ihn gerichteten Angaben prinzipiell in relativ umfassender Weise beantwortete.
Wie vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in seiner Beweiswürdigung ferner dargelegt, erscheint die vom Beschwerdeführer geschilderte Vorgehensweise der Wahhabiten nur wenig nachvollziehbar und konnte auch der Beschwerdeführer keine logische Erklärung für deren Motivation bieten. Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist dahingehend zu folgen, dass angenommen werden kann, dass den Kriminellen einfachere und weniger riskante Wege zum Transport ihrer Güter zur Verfügung gestanden hätten, als einen Außenstehenden durch Entführung seiner Kinder zum Transportieren der Waren zu nötigen.
Im Übrigen ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch dahingehend zuzustimmen, dass das Verhalten des Beschwerdeführers in der seiner Ausreise unmittelbar vorangehenden Zeit gegen die Darstellung des Beschwerdeführers, im Verborgenen gelebt zu haben, spricht, zumal er sich in dieser Zeit insbesondere um den Verkauf seines Wohnhauses in seiner Heimatstadt kümmerte und in diesem Zusammenhang in Kontakt zu Interessenten sowie Behörden getreten ist.
Auch wenn die Erstbefragung, wie auch vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl keineswegs verkannt wurde, lediglich einer groben Bestandsaufnahme dienen soll, so war gesamtbetrachtend dennoch auffällig, dass der Beschwerdeführer in dieser im eklatanten Widerspruch zu seinen späteren Angaben, wonach ihm ein zweiter Auftrag lediglich in Aussicht gestanden sei, darlegte, im römisch 40 zwei Transportaufträge für die Wahhabiten ausgeführt zu haben.
Darüber hinaus vermochten auch die Angaben der Gattin des Beschwerdeführers in deren Asylverfahren den vorgebrachten Verfolgungssachverhalt nicht zu stützen. Auffallend war hierbei insbesondere, dass sich die Gattin des Beschwerdeführers auf die Frage, was im römisch 40 vorgefallen sei, zunächst an kein besonderes Ereignis erinnern konnte und lediglich angab, dass die Familie damals von der Landwirtschaft gelebt habe. Erst auf konkreten Vorhalt, dass in diesem Monat der für die erste Flucht als auslösend genannte Vorfall – die Drohung, dass man die Ehegattin des Beschwerdeführers als Sklavin verkaufen werde – stattgefunden haben soll, bejahte die Beschwerdeführerin dies einsilbig. Ähnlich war der Ehegattin des Beschwerdeführers auch die Tatsache, dass sich die Familie vor der ersten Ausreise infolge der erwähnten Drohung für einige Zeit bei den Eltern der Gattin versteckt haben will, nicht erinnerlich, sondern brachte diese auf die Frage, ob die Familie einmal bei den Schwiegereltern gelebt habe, lediglich einen kurzfristigen Aufenthalt nach der Rückkehr nach Kasachstan vor.
Auch bei unterstellter Glaubwürdigkeit der Schilderungen des Beschwerdeführers wäre es im vorliegenden Falle jedoch keineswegs ersichtlich, warum sich dieser in Folge der behaupteten Entführung seiner Kinder nicht an staatliche Behörden hätte wenden können. Vor dem Hintergrund der Länderberichte, wie auch der eigenen Angaben des Beschwerdeführers, wonach er nie Probleme mit staatlichen Behörden gehabt habe, kann keinesfalls angenommen werden, dass die Behörden in einem Fall wie dem geschilderten untätig geblieben wären. Dem Beschwerdeführer und seiner Gattin wäre ein Versuch, das schwerwiegende Verbrechen der Entführung ihrer beiden Kinder zur Anzeige zu bringen, jedenfalls möglich und zumutbar gewesen.
Ferner stünde dem Beschwerdeführer im zu beurteilenden Fall auch eine innerstaatliche Fluchtalternative offen, da es dem Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge sowohl im Haus der Freundin seiner Frau, als auch bei seinen Schwiegereltern, möglich gewesen sei, über mehrere Monate hinweg zu leben, ohne in dieser Zeit mit Problemen irgendeiner Art konfrontiert gewesen zu sein.
Diesem Ergebnis vermochte der Beschwerdeführer auch mit seinen Ausführungen in der Beschwerdeschrift in keinster Weise entgegenzutreten. Im konkreten Fall besteht die Beschwerdeschrift lediglich aus wenigen Zeilen, welchen kein substantiiertes Tatsachenvorbringen zu entnehmen ist, das dazu geeignet wäre, das Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in Frage zu stellen.
Das Beschwerdevorbringen, wonach die Familie in ihrer Heimat aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religion Diskriminierungen ausgesetzt (gewesen) sei, wird in der Beschwerdeschrift nicht näher konkretisiert, und wurde diese Problematik im Übrigen bereits von der belangten Behörde in ihren Erwägungen im ausreichenden Maße berücksichtigt. So finden sich im angefochtenen Bescheid unter Berücksichtigung aktueller Länderberichte sowohl Feststellungen zu der Frage, ob die Familie im Herkunftsstaat aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bzw. Religion generell mit Diskriminierungen zu rechnen habe, als auch hinsichtlich der Frage, ob vor diesem Hintergrund die Inanspruchnahme staatlichen Schutzes für diese erschwert wäre.
Im gegenständlichen Verfahren erscheint daher der Sachverhalt vor dem Hintergrund des auffallend unsubstantiierten Beschwerdevorbringens auf Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in hinreichender Weise geklärt und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Belangen nach wie vor als vollständig und aktuell anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ergibt sich zweifelsfrei, dass der vorgebrachte Verfolgungssachverhalt nicht den Tatsachen entspricht…“ In den Erkenntnissen von P3 bis P4 wurde ähnlich argumentiert. Diese Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts wurden den Beschwerdeführern nachweislich am 20.08.2014 zugestellt und erwuchsen damit in Rechtskraft.
P1 bis P4 kamen nach rechtskräftigem Abschluss ihrer zweiten Asylverfahren ihrer Rückkehrverpflichtung in die Republik Kasachstan jedoch nicht nach, sondern reisten illegal in die Bundesrepublik Deutschland wo P1 und P2 weiter Anträge auf internationalen Schutz für sich sowie P3 und P4 stellten. P1 bis P4 hielten sich durchgehend in der Bundesrepublik Deutschland auf, bis sie von dort wieder nach Österreich zurückkehrten.
3. Dritte Asylverfahren
P1 und P2 stellten für sich sowie P3 und P4, während ihres illegalen Aufenthaltes, am 05.06.2015 die dritten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.
P1 und P2 wurden am 09.06.2015 zu den Gründen für die dritten Asylantragstellungen Erstbefragt und wiederholten auszugsweise ihr Vorbringen aus den zweiten Asylverfahren. Am 12.12.2017 wurden P1 und P2 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt und beide gaben übereinstimmend an, dass es keine Änderungen bezüglich ihrer in den zweiten Asylverfahren angegebenen Fluchtgründen gebe.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2017, Zahlen
1) 800766009-150621296, 2) 831832310-150621300, 3) 831832408-150621318 und
4) 831832506-150621326, wurden in Spruchpunkt römisch eins. die dritten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich vom 05.06.2015 gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt römisch II. wurden Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt, gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Kasachstan zulässig ist. In Spruchpunkt römisch III. wurde gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG ausgesprochen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben.
Mit Beschlüssen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 01.02.2018, Zahlen 1) W215 1416972-3/2E, 2) W215 1416974-3/2E, 3) W215 1416975-3/2E und 4) W215 1422052-3/2E, wurden die Bescheide behoben und die Angelegenheit jeweils gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG, zur Erlassung neuer Bescheide an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen. Revisionen wurden gemäß Artikel 133, B-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012,, für nicht zulässig erklärt. Dagegen eingebrachten Amtsrevisionen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl hat der Verwaltungsgerichtshof stattgegeben und die Beschlüsse mit Erkenntnissen vom 18.10.2018, Ra 2018/19/0146-5, aufgehoben.
Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 29.07.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen P1 und P2 mit ihrer Vertreterin sowie ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Alle anwesenden verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine einwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein.
Am 05.08.2019 langte eine Urkundenvorlage und am römisch 40 eine Stellungnahme der Vertreterin der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.
Am 05.08.2019 langte eine weitere schriftliche Stellungnahme der Vertrauensperson beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher auf der letzten Seite hervorgehoben wird, dass sie eine ehemalige Mitarbeiterin des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist, weshalb diese Stellungnahme am 19.08.2019 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, im Rahmen des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche, weitergeleitet wurde.
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.2019, Zahlen 1) W215 1416972-3/23E, 2) W215 1416974-3/27E, 3) W215 1416975-3/19E und 4) W215 1422052-3/19E, wurden die Beschwerden gegen Spruchpunkte römisch eins. der Bescheide werden wegen entschiedener Sache als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerden gegen Spruchpunkte römisch II. und römisch III. wurden gemäß Paragraph 57, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015,, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017,, Paragraph 9, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 56 aus 2018,, Paragraph 52, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017, und Paragraph 55, Absatz eins a, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,, als unbegründet abgewiesen. Revisionen wurden gemäß Artikel 133, B-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012,, für nicht zulässig erklärt. Diese Erkenntnisse wurden den Beschwerdeführern am 27.08.2019 zugestellt und erwuchsen damit in Rechtskraft.
Gegen diese Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts erhobene außerordentliche Revisionen wurden mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.01.2020,
Ra 2019/01/0393 bis 0396-7, als unzulässig zurückgewiesen.
4. Gegenständliche vierte Asylverfahren
P1 bis P4 kamen nach rechtskräftigem Abschluss ihrer dritten Asylverfahren in Österreich am 27.08.2019 ihrer Ausreiseverpflichtung wieder nicht nach und stellten am 04.10.2019 gegenständliche vierte Anträge auf internationalen Schutz.
In den Erstbefragungen in den vierten Asylverfahren am 04.10.2019 wiederholten P1 und P2 für sich sowie P3 und P4 auszugsweise ihr Vorbringen aus den früheren Asylverfahren bzw. brachten zu ihren Rückkehrbefürchtungen vor, dass sie am Flughafen verhaftet, von Islamisten getötet würden. Weiters brachte P1 eine schriftliche Stellungnahme, bezüglich seiner Erlebnisse römisch 40 , in Vorlage.
P2 berief sich im Wesentlichen auf das Vorbringen von P1 und gab zusammengefasst an, dass den Beschwerdeführern seit römisch 40 bekannt sei, dass sich ihre Fluchtgründe geändert hätten. P2 führte dazu schriftlich aus, dass römisch 40 würde ihnen und ihrer Familie nunmehr in Kasachstan eine neue Gefahr – und zwar behördliche Verfolgung – drohen. Sie würden im Falle der Rückkehr in die Heimat Kasachstan festgenommen, da die kasachische Regierung niemals die Existenz von radikal-islamischen Gruppierungen in Kasachstan anerkennen würde. Sie würden, sofern sie in Kasachstan auf die ihnen drohende Verfolgung durch Angehörige von radikal-islamischen Gruppierungen hinweisen würden, sofort verhaftet. Zudem würden die Angehörigen der radikal-islamischen Gruppierungen ihnen mit dem Tode drohen. Sie gingen davon aus, dass ihre Aussage, sie würden sich im Falle der Rückkehr in die Heimat vor radikal-islamischen Gruppierungen fürchten, römisch 40 . Es hätte in der Vergangenheit bereits solche Fälle gegeben. P2 nahm nochmals auf die Erlebnisse von P1 römisch 40 Bezug und führte aus, dass P3 und P4 keine Eltern mehr haben würden, sollten P1 und P2 in Kasachstan festgenommen werden. römisch 40 , welches in Kasachstan entstanden sei. Aus diesem Grunde wäre die Rückkehr nach Kasachstan nicht möglich.
In der niederschriftlichen Befragung im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.10.2019 gab P1 zusammengefasst an, dass er bereits seit dem Jahr römisch 40 . P1 und seine Familie hätten weder Verwandten noch Personen zu denen ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe, im Bundesgebiet und es wurden, wie auch schon in den dritten Asylverfahren, wieder zahlreiche Unterstützungsschreiben vorgelegt. Würden P1 und seine Familie in die Republik Kasachstan zurückkehren würde der kasachische Staat sie einsperren, oder islamistischen Wahhabiten würden sie töten; römisch 40 . Seit den dritten Asylverfahren hätte die Familie die Bundesrepublik Österreich nicht mehr verlassen. P1 gab wörtlich an: „VP: Wir sind deutschstämmig, bei der Rückkehr nach Kasachstan würden wir einfach „in Stücke gerissen“. Wir wollen und dürfen auf keinen Fall nach Kasachstan zurück.“
Weites wurde ein römisch 40
In der niederschriftlichen Befragung im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am selben Tag gab P2 zusammengefasst an, dass weder sie noch P4 an ernsthaften Erkrankungen leiden würde. römisch 40 Daher hätten die Beschwerdeführer Riesenangst nach Kasachstan zurückzukehren. Es seien die gleichen Gründe, welche P1 angeführt habe und welche in den Stellungnahmen und Beweismittel ersichtlich seien. P2 verweise auf die Ausführungen von P1. P2 sei überzeugt, dass sie direkt am Flughafen verhaftet würden, es könne gar nicht anders sein. römisch 40 . Außerdem könnten sie von den Personen, vor denen sei geflohen seien - den Wahhabiten -, gefunden werden.
Am 14.11.2019 wurde P1 ein weiters Mal im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt. Entsprechende nachgefragt gab P1 an, dass er mit seiner Gesprächsnotiz römisch 40
P1 bis P4 hätten seit rechtskräftigem negativem Abschluss ihrer dritten Asylverfahren in Österreich, das Bundesgebiet nicht verlassen und stellten nunmehr ihre vierten Anträge auf internationalen Schutz aufgrund römisch 40
römisch 40 P1 gab weiters zusammengefasst an, dass er nach seiner letzten Rückkehr aus Österreich im Herkunftsstaat immer an der Adresse römisch 40 gelebt habe, wo nach wie vor seine Schwiegermutter in ihrer Eigentumswohnung lebt. P1 sei in der Republik Kasachstan weder Vorbestraft, noch sei er je vor Gericht gestanden, er sei auch nie in Haft gewesen und habe nie Probleme mit den Behörden gehabt. P1 wisse nicht, ob derzeit ihm gefahndet werde oder ein Haftbefehl bestehe. Er sei nie politisch tätig oder Mitglied einer Partei, Organisation oder eines Vereins gewesen. In der Republik Kasachstan herrsche der Islam, Christen sollen das Land verlassen und P1 habe das bereits in seinen früheren Asylverfahren vorgebracht. Weiters gab P1unter anderem – somit nur auszugsweise (zur vollständigen Niederschrift siehe erstinstanzlicher Akt oder erstinstanzlicher Bescheid Seiten 27 bis 39) - an:
„…F.: Ihre Familie besteht aus Angehörigen des Christentums. Ihre Familie und die Familie der Frau leben nach wie vor unbehelligt in Kasachstan.
A.: Ich bin Deutscher, aus diesem Grunde betrifft nur mich das Problem. Was meine Eltern und meine Schwester (ebenso Deutsche) betrifft, die haben Angst vor der Ausreise. Ich habe das alles schon in den ersten Asylverfahren angegeben.
F.: Hatten Sie in Ihrem Heimatland Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit.
A.: Ja. Wir wurden als Faschisten bezeichnet, aber diese Probleme habe ich bereits geschildert.
F.: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)
A.: Moralischen Druck hatten wir immer. Wir waren immer frustriert und wir fühlten uns psychisch unter Druck gesetzt. Aber alle diese Probleme habe ich bereits in den ersten drei Asylverfahren geschildert.
[…]
XXXX
römisch 40
römisch 40
römisch 40
römisch 40
römisch fünf.: Sie sind schon einmal nach der Abweisung des ersten Asylverfahrens in die Heimat Kasachstan zurückgekehrt. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.
A.: Ja. Wir unterschrieben einen Antrag zur unterstützten freiwilligen Rückkehr am römisch 40 und sind um den römisch 40 freiwillig zurückgekehrt. Ich wollte mein Leben wiederum in Kasachstan führen.
F.: Was befürchten Sie, sollten Sie in die Heimat zurückkehren.
A.: Ich befürchte dort sofort verhaftet zu werden.
F.: Warum sollten Sie nach Ihrer Rückkehr in der Heimat verhaftet werden.
A.: In meiner Heimat herrscht derzeit die totale Kontrolle. Ich könnte verhaftet werden, da ich in Österreich Mitteilungen über Wahhabiten und Islamisten gemacht habe. römisch 40
A.: Ich habe schon im Zuge meines ersten Asylantrages am 23.08.2010 angegeben, dass ich in der Heimat zum Islam übertreten sollte und dass ich Transporte für die Wahhabiten und Islamisten übernehmen sollte. Ich habe diese Probleme bereits geschildert.
F.: Haben Sie jemals konkrete Namen genannt.
A.: Nein, ich habe nie konkrete Namen genannt. Es gibt verschiedene, die heißen römisch 40 und so, aber konkrete Angaben über Personen konnte ich nie machen und habe ich auch nicht gemacht.
F.: Warum sind Sie dann am römisch 40 freiwillig in die Heimat zurückgekehrt, wenn Sie diese Befürchtungen hegen.
A.: Ich dachte, dass einige Zeit vergangen wäre und wir wegen der Wahhabiten und Islamisten keine Probleme mehr haben würden. Aus diesem Grunde haben wir beschlossen unser weiteres Leben wiederum in Kasachstan zu verbringen.
F.: Was ist passiert, dass Ihre Angaben über Wahhabiten und Islamisten nunmehr im Zuge der Rückkehr schlagend würden. Damals sind diese Probleme nicht vorhanden gewesen, nunmehr schon.
A.: Im Zuge der freiwilligen Rückkehr am römisch 40 wussten wir darüber nichts. Wir wussten nichts darüber, dass die über Wahhabiten und Islamisten immer noch da wären. Aber heute wissen wir davon.
F.: Wie geht es Ihren Eltern.
A.: Meine Eltern haben die Informationen erhalten, meine Schwester ebenso und sie sind ängstlich. Sie wissen, dass alles überwacht wird. Auf Nachfrage gebe ich an, ich habe zuletzt vor drei Wochen mit meinen Eltern telefoniert. Ich telefoniere immer mit meiner Schwester und diese geht zu den Eltern und dann sprechen wir miteinander.
F.: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben.
A.: Nein.
F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.
A.: Ja.
F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.
A.: Ich könnte im Heimatland verhaftet werden.
F.: Gibt es aus Ihrer Sicht Gründe, die gegen eine Ausweisung sprechen? Haben Sie familiäre Interessen in Österreich?
A.: Ich habe meine Familie hier.
F.: Leben Sie mit jemandem in Österreich zusammen, wenn ja, seit wann?
A.: Ich lebe mit meiner Familie zusammen.
F.: Haben Sie weitere Verwandte in Österreich?
A.: Es gibt außer meiner Familie keine weiteren Verwandten.
F.: Haben Sie private Interessen (Grundstücke, Firmen, Aktien) in Österreich? Wenn ja, konkretisieren Sie diese!
A.: Nein.
F.: Sind Sie in irgendwelchen Vereinen tätig?
A.: Nein.
F.: Besuchten Sie in Österreich irgendwelche Kurse oder absolvierten sie eine Ausbildung?
A.: Ich besuche aktuell keinen Deutschkurs. Ich spreche bereits Deutsch auf dem Niveau B1.
F.: Von welchen finanziellen Mitteln bestreiten Sie Ihren derzeitigen Lebensunterhalt?
A.: Ich lebe aktuell von der Grundversorgung.
F.: Was wäre, könnten Sie in Österreich bleiben.
A.: Wenn ich hierbleiben könnte, könnte ich arbeiten. Ich könnte bei der Firma römisch 40 zu arbeiten beginnen. Ich würde gerne arbeiten und meinen Kindern eine gute Zukunft sichern.
Meine Frau arbeitet als römisch 40 . Sie erhält drei Euro in der Stunde und arbeitet dort lediglich 40 Stunden monatlich und bleibt damit unter der Geringfügigkeitsgrenze.
F.: Was machen die Kinder.
A.: Meine Kinder besuchen die Schule römisch 40 Beide Kinder sind gute Schüler, Zeugnisse der Kinder lege ich vor. Mein Sohn besucht römisch 40 in einem Verein.
F.: Haben Sie irgendwelche Hobbies.
A.: Ich bin römisch 40 , ich helfe auch beim römisch 40 und bereite bei Veranstaltungen gerne das Essen und Trinken vor.
F.: Wurden Sie in Österreich jemals von einem Gericht verurteilt oder mit einem Aufenthaltsverbot oder einer Ausweisung belegt.
A.: Ich habe keine Probleme mit den Gesetzen in Österreich.
F.: Haben sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert.
A.: Ja.
F.: Wurde Ihnen ausreichend Zeit eingeräumt, Ihre Probleme vollständig und so ausführlich, wie Sie es wollten, zu schildern.
A.: Ja.
F.: Wollen Sie noch etwas angeben, was ihnen besonders wichtig erscheint.
A.: Nein.
F.: Über welche Vermögenswerte verfügen Sie (Schmuck, Bargeld, Wertgegenstände).
A.: Nichts.
Anmerkung, Der Anwalt begehrt folgende drei Fragen:
[…]
römisch 40
Weitere Fragen durch die Referentin.
F.: Wo ist Ihre ID-Karte.
A.: Ich besitze eine ID-Karte, ich habe diese auf die Reise nach Österreich nicht mitgenommen.
F.: Demnach muss die ID-Karte noch im Heimatland sein.
A.: Wahrscheinlich.
römisch 40
F.: Welche Strafe könnte Ihnen nun deswegen in Kasachstan drohen. Was steht diesbezüglich im kasachischen Gesetzbuch.
A.: Ich könnte bei der Rückkehr nach Kasachstan sofort verhaftet werden.
Anmerkung durch den Anwalt: Aus einem Internetauszug sei zu entnehmen, dass Personen in Kasachstan deswegen zu fünf Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt worden wären.
römisch fünf.: Es deutet laut den aktuellen Länderfeststellungen und Anfragebeantwortungen nichts darauf hin, dass Sie römisch 40 aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung schlechter gestellt sind, als andere Personen in Kasachstan, gegen die ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Möchten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben.
A.: Alle, welche sich schlecht über Kasachstan äußern, egal ob Russe oder Kasache oder Deutscher, werden in Kasachstan deswegen vor Gericht gestellt und zu fünf oder sechs Jahren Haft verurteilt. Alle unabhängig von Herkunft, Religion oder Volksgruppe, bekommen die gleiche Strafe. Aber für Deutsche wird es noch schwieriger. Dies deshalb da Nasarbajew in der Verfassung verankerte, dass alle Behörden mit Angehörigen der kasachischen Mehrheitsbevölkerung zu besetzen sind.
Nach erfolgter Rückübersetzung gebe ich an, dass meine Angaben richtig und vollständig sind.
Frage an den Rechtsanwalt: Können Sie sich vorstellen, dass die zahlreichen Unterstützer eine tragfähige Patenschaftserklärung, welche dem Antragsteller einen dauerhaften Aufenthalt nach den NAG ermöglichen würde, verfassen bzw. vorlegen.
A.: Der Fremde möchte nicht nach Kasachstan zurückkehren. Für einen Aufenthaltstitel nach dem NAG müsste er nach Kasachstan ausreisen und wieder einreisen und das möchte der Antragsteller nicht, da er befürchtet, dass ihm in Kasachstan etwas passieren könnte.
Frage an den Antragsteller: Wer ist römisch 40 .
A.: Das ist mein Freund. Wir sind zusammen aufgewachsen. Er ist im römisch 40 tätig. Er ist irgendein römisch 40 .
F.: Er ist Kasache und Moslem.
A.: Ja…“
Ebenfalls am 14.11.2019 wurde P2 ein weiters Mal im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich befragt und gab unter anderem – somit nur auszugsweise (zur Vollständigen Niederschrift siehe erstinstanzlicher Akt oder erstinstanzlicher Bescheid Seiten 23 bis 33) -wörtlich an:
„…F.: Wo befindet sich Ihr Personalausweis.
A.: Dieser ist im Taxi verloren gegangen. Auf Nachfrage gebe ich an, im Taxi in Wien sind die Reisepässe von mir, meinem Ehemann und meinen Kindern und die ID-Karten von mir, meinen Ehemann und den Kindern verloren gegangen.
römisch fünf.: Ihr Ehemann hat im Zuge seiner Einvernahme angegeben, dass die ID-Karten nicht auf die Reise nach Österreich mitgenommen worden wären und sich noch im Heimatland befinden müssten.
A.: Es kann sein, dass ich da etwas verwechsle. Im Zuge der ersten Einreise wurden uns die Dokumente in einer Kirche gestohlen.
F.: Wo ist nun die ID-Karte.
A.: Ich weiß es nicht, mein Mann hat sich um unsere Dokumente gekümmert. Er müsste es wissen.
[…]
römisch 40
F.: Arbeiten Sie derzeit.
A.: Ich arbeite als römisch 40 Ich arbeite dort 40 Stunden im Monat. Ich verdiene drei Euro in der Stunde.
F.: Wann hatten Sie den letzten Arbeitseinsatz.
A.: Am vergangenen Dienstag habe ich gearbeitet. Ich werde nächste Woche am Dienstag und Donnerstag wieder arbeiten. Ich mache den Abwasch und wische den Boden.
F.: Wie geht es den Kindern gesundheitlich.
A.: Körperlich geht es den Kindern gut. römisch 40
F.: Geben Sie chronologisch und lückenlos die Aufenthaltsorte der letzten drei Jahre in Ihrer Heimat an.
A.: Ich lebte immer (auch nach der freiwilligen Rückkehr) an der römisch 40 Auf Nachfrage gebe ich an, dort lebt nun meine Mutter.
[…]
F.: Hatten Sie in ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses Probleme?
A.: Nein. Wir hatten nur Probleme mit den Wahhabiten.
[…]
F.: Hatten Sie in Ihrem Heimatland Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit.
A.: Nein.
F.: Hatten Sie gröbere Probleme mit Privatpersonen (Blutfehden, Racheakte etc.)
A.: Nein. Nur mit den Wahhabiten.
[…]
F.: Was befürchten Sie, sollten Sie in die Heimat zurückkehren.
A.: Wir werden verhaften, wenn wir aus dem Flugzeug aussteigen. römisch 40 Wir werden in Kasachstan Aussagen machen, dass wir dort Probleme mit den Wahhabiten gehabt hätten, das sollten wir aber beweisen können.
F.: Können Sie nicht beweisen, dass Sie in Kasachstan Probleme mit den Wahhabiten gehabt hätten.
A.: Bei jeder Behörde in Kasachstan arbeiten Wahhabiten. Deswegen könnten wir verschwinden.
F.: Welche Aussagen über Wahhabiten und Islamisten haben Sie konkret gemacht, welche Ihnen nun im Zuge der Rückkehr zum Problem werden könnten.
A.: Mein Mann und ich haben bislang keine konkreten Aussagen über die Wahhabiten gemacht. Aber, sollten wir in die Heimat zurückkehren, dann würden wir dort vor Gericht Aussagen über die Wahhabiten machen.
F.: Welche konkreten Aussagen würden Sie vor Gericht in Kasachstan über Wahhabiten machen.
A.: Kasachstan bestreitet, dass sich in Kasachstan Wahhabiten aufhalten und mein Mann und ich müssten beweisen, dass wir mit Wahhabiten Probleme gehabt hätten. Wir könnten das aber nicht beweisen.
F.: Warum könnten Sie das nicht beweisen.
A.: Wir haben für unsere Anschuldigungen keine Beweismittel und keine Zeugen.
[…]
F.: Gibt es noch andere Gründe, warum Sie Ihren Herkunftsstaat verlassen haben.
A.: Nein.
F.: Haben Sie sämtliche Gründe, warum Sie die Heimat verlassen haben, vollständig geschildert.
A.: Ja.
F.: Was würde Sie konkret erwarten, wenn Sie jetzt in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren müssten.
A.: Ich könnte im Heimatland verhaftet werden…“
römisch 40
Laut einer am 29.11.2019 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangten schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführer hat am römisch 40 Es wurde auch auf die Länderberichte verwiesen, wonach die Justiz in Kasachstan nicht unabhängig wäre, Korruption im Gerichtsverfahren in Kasachstan offensichtlich wäre und über Folter in kasachischen Gefängnissen berichtet worden wäre. Die Regierung in Kasachstan würde Einfluss auf die Medienfreiheit nehmen. römisch 40
Am 11.12.2019 langte das römisch 40 .
Am 19.12.2019 wurde römisch 40 .
Am 30.12.2019 langte das römisch 40 .
Am 27.01.2020 langte die schriftliche Stellungnahme der rechtsfreundlichen Vertretung ein. Darin wurde die Befähigung von römisch 40 im Verfahren in Zweifel gezogen – zudem wäre das Gutachten nicht schlüssig und würde keine verfahrensrelevanten Ergebnisse aufzeigen römisch 40
Am 01.04.2020 langte eine Anfragebeantwortung zur religiösen Diskriminierung aufgrund zur Zugehörigkeit zur Minderheit der Deutschen bzw. der Ukrainer ein. Dazu langte am 20.04.2020 eine schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführer beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2020, Zahlen
1) 800766009-191013115, 2) 831832310-191013048, 3) 831832408-191013145 und
4) 831832506-191013188, wurden die vierten Anträge auf internationalen Schutz vom 04.10.2019 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). In Spruchpunkt römisch III. wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt. In Spruchpunkt römisch IV. wurde gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG, erlassen. Gemäß
§ 52 Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Kasachstan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise ausgesprochen (Spruchpunkt römisch VI.). In Spruchpunkt römisch VII. wurden gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, FPG auf drei Jahre befristetet Einreiseverbote erlassen. Beschwerden gegen diese Bescheide wurden gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 6, AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch VIII.).
Gegen diese Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, zugestellt am 15.05.2020, erhoben P1 bis P4 am 10.06.2020 fristgerecht die gegenständlichen Beschwerden. Darin wird zusammengefasst beantragt, den Beschwerden aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchzuführen, Gemäß
§ 3 AsylG Asyl zu gewähren, in eventu gemäß Paragraph 8, AsylG subsidiären Schutz, in eventu Aufenthaltstitel besonderen Schutz gemäß Paragraph 55, AsylG sowie die Rückkehrentscheidungen und die für die Dauer von drei Jahren erlassenen Einreiseverbote zu beheben, in eventu die Bescheid zu beheben und die Verfahren an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu neuerlichen Entscheidungen zurückzuverweisen. Danach werden Auszüge der bisherigen Verfahrensverläufe zitiert und Auszüge aus dem Vorbringen von P1 wiederholt bzw. zudem auszugsweise Vorbringen römisch 40 in dessen niederschriftlichen Befragung als Zeuge beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verwiesen. Die Qualität des im erstinstanzlichen Verfahren herangezogenen Gutachters römisch 40 wurde wieder (wie auch schon im Lauf der erstinstanzlichen Verfahren), generell angezweifelt. Beigelegt sind ein römisch 40 ein Unterstützungsschreiben vom 06.06.2020, ein weiteres vom 07.06.2020, ein Schreiben des örtlichen Pfarrers vom 07.06.2020, ein Schreiben von P1 und P2 vom 08.06.2020, ein Schreiben des Bürgermeisters vom 08.06.2020, ein Schulbericht für P3 vom 09.06.2020, Unterstützungsschreiben vom 09.06.2020, eine Bestätigung vom 09.06.2020 wonach P1 im Jahr 2020 von Mai bis Juni für 12 Stunden Arbeit insgesamt Euro 60.- bekommen hat, eine Bestätigung der Arbeitszeiten von P1 von 2016 bis 2019 vom 09.06.2020, eine Bestätigung vom 09.06.2020 für P2 bezüglich ihrer Tätigkeit seit 17.04.2018.
Die Beschwerdevorlagen vom 18.06.2020 langte am 22.06.2020 im Bundesverwaltungsgericht ein, was diesem noch am selben Tag schriftlich mitgeteilt wurde.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässigen Beschwerden erwogen:
1. Feststellungen:
1. Die Identitäten von P1 und P2 standen bereits in den dritten Asylverfahren fest. P1 und P2 sind die Eltern der minderjährigen P3 und P4. Alle Beschwerdeführe, sind Staatsangehörige der Republik Kasachstan. P1 gehört der Volksgruppe der Deutschen an, P2 der Volksgruppe der Ukrainer. Alle Beschwerdeführer sind russisch-orthodoxen Glaubens.
2. P1 bis P3 reisten problemlos legal mit ihren kasachischen Auslandsreispässen mit Visa, über einen internationalen Flughafen aus, zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 23.08.2010 ihre ersten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Nach den Geburten von P4 in Österreich wurden für diesen ebenfalls ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.
Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 1) bis 3) 03.12.2010 und 4) 04.10.2011, Zahlen
1) 10 07.660-BAT, 2) 10 07.662-BAT, 3) 10 07.663-BAT und 4) 10 07.003-BAT, wurden die ersten Anträge auf internationalen Schutz auf Grund der nicht glaubhaften Angaben von P1 und P2 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). In Spruchpunkt römisch III. der Bescheide wurden P1 bis P4 gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Kasachstan ausgewiesen. Zusammengefasst wurde in den Bescheiden ausgeführt, dass das Vorbringen zu den behaupteten Ausreisegründen und den angeblichen Vorfällen mit Wahabiten, darunter auch die Anzahl der Vorfälle, auf Grund der widersprüchlichen Angaben von P1 und P2 nicht glaubhaft war. Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden an den Asylgerichtshof erhoben. Noch während der laufenden ersten Beschwerdeverfahren kehrten P1 bis P4 freiwillig am römisch 40 , unter der Gewährung von Rückkehrhilfe, in die Republik Kasachstan zurück, weshalb die Beschwerdeverfahren mit Verfahrensanordnungen des Asylgerichtshofes vom 13.12.2012, Zahlen 1) D9 416972-1/2010/9E, 2) D9 416974-1/2010/8E, 3) D9 416975-1/2010/4E und 4) D9 422052-1/2011/5E, gemäß Paragraph 25, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG als gegenstandslos eingestellt wurden.
P1 bis P4 reisten erneut problemlos legal mit dem Flugzeug über einen internationalen Flughafen mit ihren kasachischen Auslandsreispässen und Visa aus der Republik Kasachstan aus, kamen zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt nach Österreich und P1 und P2 stellten für sich und P3 und P4 am 13.12.2013 die zweiten Anträge auf internationalen Schutz.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 31.03.2014, Zahlen
1) 800766009-2403969, 2) 831832310-2405198, 3) 831832408-2408316 und
4) 831832506-2419571, wurde die zweiten Anträge auf internationalen Schutz vom 13.12.2013 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, auf Grund der nicht glaubhaften Angaben von P1 und P2 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß Paragraphen 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG, wurde gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG, erlassen und wurde gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG unter einem festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Kasachstan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der Beschwerdeführer zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt römisch III.).
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.08.2014, Zahlen
1) W147 1416972-2/2E, 2) W147 1416974-2/2E, 3) W147 1416975-2/2E, und
4) W147 1422052-2/2E, wurden fristgerecht gegen diese Bescheide eingebrachte Beschwerden hinsichtlich der Spruchpunkte römisch eins. bis römisch III. gemäß den
§§ 3 Absatz eins,, 8 Absatz eins, in Verbindung mit 10 Absatz eins, Ziffer 3,, 55, 57 AsylG, Paragraph 9, BFA-VG und
§§ 46 in Verbindung mit 52 Absatz 2, Ziffer 2 und Absatz 9, FPG als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde jeweils gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG für nicht zulässig erklärt. Es konnte, zusammengefasst, auf Grund der nicht glaubhaften Angaben von P1 und P2 nicht festgestellt werden, dass die gesunden P1 bis P4 ihren Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten haben. Weiters lagen keine stichhaltigen Gründe vor, dass sie konkret Gefahr laufen würden, in ihrem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden. P1 und P2 war nicht nur das in sich widersprüchliche Vorbringen vorzuwerfen, sondern auch Widersprüche in Zusammenschau mit den jeweils unterschiedlichen Angaben von P1 und P2; zur Begründung ihrer Anträge auf internationalen Schutz in Österreich präsentierten P1 und P2 eine ausgedachte Fluchtgeschichte, die nicht auf tatsächlich Erlebtem beruht. Zusammengefasst konnte somit nicht festgestellt werden, dass P1 jemals für Wahabiten tätig sein hätte müssen oder P3 und P4 von Wahabiten oder anderen Personen entführt wurden. Es wurde festgestellt, dass weder P1 noch P2 gezwungen werden hätten sollen, zum moslemischen Glauben überzutreten. Es konnte zudem nicht festgestellt werden, dass P1 und/oder P2 in der Republik Kasachstan jemals Probleme mit Wahabiten oder kasachischen Behörden hatten. Diese Erkenntnisse wurden den Beschwerdeführern nachweislich am 20.08.2014 zugestellt und erwuchsen damit in Rechtskraft.
P1 bis P4 kehrten nicht in die Republik Kasachstan zurück, waren ohne Aufenthaltstitel in Österreich und reisten illegal in die Bundesrepublik Deutschland, wo P1 und P2 für sich, sowie für P3 und P4 Anträge auf internationalen Schutz stellten.
P1 bis P4 reisten von der Bundesrepublik Deutschland zurück nach Österreich und P1 und P2 stellten während ihres illegalen Aufenthaltes, statt ihren Ausreiseverpflichtungen nachzukommen, im Bundesgebiet am 05.06.2015 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ihre dritten bzw. Folgeanträge auf internationalen Schutz. P1 und P2 machten in den dritten Asylverfahren keine neuen Gründe geltend bzw. bezogen sich auf eine inhaltliche Fortsetzung der bereits in den ersten beiden Asylverfahren geltend gemachten und als nicht glaubhaft beurteilten Fluchtgründe. Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.12.2017, Zahlen 1) 800766009-150621296, 2) 831832310-150621300, 3) 831832408-150621318 und 4) 831832506-150621326, wurden in Spruchpunkt römisch eins. die dritten Anträge auf internationalen Schutz in Österreich vom 05.06.2015 gemäß Paragraph 68, Absatz eins, AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt römisch II. wurden Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt, gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Kasachstan zulässig ist. In Spruchpunkt römisch III. wurde gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG ausgesprochen, dass keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht. Gegen diese Bescheide wurden fristgerecht Beschwerden erhoben.
Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.2019, Zahlen 1) W215 1416972-3/23E, 2) W215 1416974-3/27E, 3) W215 1416975-3/19E und 4) W215 1422052-3/19E, wurden fristgerecht gegen diese Bescheide eingebrachte Beschwerden gegen Spruchpunkte römisch eins. wegen entschiedener Sache als unbegründet abgewiesen. Die Beschwerden gegen Spruchpunkte römisch II. und römisch III. wurden gemäß Paragraph 57, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015,,
§ 10 Absatz eins, Ziffer 3, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017,, Paragraph 9, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 56 aus 2018,, Paragraph 52, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017, und Paragraph 55, Absatz eins a, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,, als unbegründet abgewiesen. Revisionen wurden gemäß Artikel 133, B-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012,, für nicht zulässig erklärt. Diese Erkenntnisse wurden den Beschwerdeführern am 27.08.2019 zugestellt und erwuchsen damit in Rechtskraft.
Danach kamen P1 bis P4 ihrer Ausreiseverpflichtung wieder nicht nach und stellten 04.10.2019 die gegenständliche vierte Anträge auf internationalen Schutz, die Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2020, Zahlen 1) 800766009-191013115, 2) 831832310-191013048, 3) 831832408-191013145 und 4) 831832506-191013188, gemäß
§ 3 Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) und gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG, bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan abgewiesen wurden (Spruchpunkt römisch II.). In Spruchpunkt römisch III. wurden Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt. In Spruchpunkt römisch IV. wurde gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG gegen die Beschwerdeführer Rückkehrentscheidungen gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG, erlassen. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung von P1 bis P4 nach Kasachstan gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG wurde keine Frist für die freiwillige Ausreise ausgesprochen (Spruchpunkt römisch VI.). In Spruchpunkt römisch VII. wurden gemäß
§ 53 Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, FPG auf drei Jahre befristetet Einreiseverbote erlassen. Beschwerden gegen die Bescheide wurden gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 6, AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt römisch VIII.).
In Übereinstimmung mit den erstinstanzlichen Bescheiden und den früheren Asylverfahren kann auch in diesen Beschwerdeverfahren nicht festgestellt werden, dass Angehörige der Volksgruppe der Deutschen oder Ukrainer in der Republik Kasachstan einer landesweiten Gruppenverfolgung unterliegen. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass die von P1 und P2 behaupteten Verfolgungen durch Privatpersonen bzw. durch die kasachischen Behörden der Wahrheit entsprechen. Weiters kann auch in diesen Verfahren nicht festgestellt werden, dass die von P1 und P2 geschilderte Verfolgung durch Privatpersonen (radikal-islamische Gruppen bzw. Wahhabiten) glaubhaft sind. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass das neue Vorbringen, römisch 40 und die daraus resultierenden Rückkehrbefürchtungen glaubhaft sind oder die Beschwerdeführer von der Regierung der Republik Kasachstan verfolgen werden.
3. XXXX
römisch 40
P1 und P2 sind im arbeitsfähigen Alter und beide Beschwerdeführer verfügen in der Republik Kasachstan nach wie vor über zahlreiche familiäre und soziale Anknüpfungspunkte. Das minderjährige Kind von P1 aus erster Ehe, für das P1 nach wie unterhaltspflichtig ist, lebt bei der Ex-Ehegattin von P1 in der Republik Kasachstan. römisch 40
römisch 40
In Übereinstimmung mit den erstinstanzlichen Feststellungen ist davon auszugehen, dass P1 römisch 40 Keiner der Beschwerdeführer leidet an einer schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Psychische Erkrankungen sind in der Republik Kasachstan behandelbar. Keiner der Beschwerdeführer ist immungeschwächt. Derzeit herrscht weltweit die als COVID-19 bezeichnete Pandemie. COVID-19 wird durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte. In der Republik Kasachstan wurden bisher 4530 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei bisher 30 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 07.05.2020). Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 07.05.2020).
4. Alle vier Beschwerdeführer leben im gemeinsamen Haushalt in Österreich. Es leben keine Verwandten der Beschwerdeführer in Österreich, hingegen zahlreiche Verwandte in der Republik Kasachstan (siehe Feststellungen 3.). Die Beschwerdeführer sind von niemandem in Österreich abhängig. P1 konnte bis zu den Reisen nach Österreich arbeiten und immer den Lebensunterhalt für seine Familie und den Unterhalt für sein, nach wie vor in der Republik Kasachstan lebendes, minderjährigen Kind aus erster Ehe erwirtschaften bzw. hat er sogar so gut verdient, dass P2 es sich leisten konnte seit der Geburt von P3 nicht mehr arbeiten zu müssen. Im Gegensatz dazu lebt die Familie in Österreich ausschließlich von der Bundesbetreuung. P1 und P2 haben Sprachzertifikate B1 aus dem Jahr 2017 vorgelegt und sprachen in der Beschwerdeverhandlung im vorangegangenen Beschwerdeverfahren am 29.07.2019 verständlich Deutsch, aber sie verstanden noch nicht alles und mussten ihre Grammatik verbessern; seither legten sie keine weiteren Deutschprüfungen ab.
5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer wird in Übereinstimmung mit den Feststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in gegenständlichen Bescheiden festgestellt:
KI vom 12.06.2019: Tokajew gewinnt Präsidentschaftswahlen
Übergangspräsident Kassym-Schomart Tokajew hat die Wahl zum Staatsoberhaupt am 09.06.2019 wie erwartet gewonnen (Standard 10.06.2019). Die OSCE beobachtete einige Unregelmäßigkeiten am Wahltag, darunter das Anstopfen der Wahlurnen sowie eine Missachtung der Auszählungsprozeduren, wodurch eine ehrliche Zählung gemäß der OSCE-Vorgaben nicht garantiert werden konnte (OSCE 10.06.2019). Gemäß der Wahlkommission erhielt Tokajew 70,96 % der Stimmen. Er wurde von der Wahlkommission als gewähltes Staatsoberhaupt anerkannt und wird am 12. Juni angelobt (AT 11.06.2019).
Gemäß offiziellem Endergebnis entfielen auf die anderen Kandidaten: Amirschan Kossanow (Ult Tagdyry Vereinte Nationale Patriotische Bewegung): 16,23 %; Danija Jespajeva (Ak Zhol Demokratische Partei): 5,05 %; Toleutai Rachimbekow (Auyl (Village) Partei): 3,04 %; Amangeldy Taspichov (Kasachische Gewerkschaftsföderation): 1,98 %; Schambyl Achmetbekow (Kommunistische Volkspartei): 1,82 %; Sadybek Tugel (Uly Dala Kyrandary (Adler der Großen Steppe) Vereinigung): 0,92 %. Die Wahlbeteiligung lag bei 77,5 %
(AT 11.06.2019).
Tokajew hatte das Amt im März 2019 von Nursultan Nasarbajew interimistisch übernommen, der sich nach rund 30 Jahren an der Macht zurückgezogen hatte. Nasarbajew hält allerdings weiter mehrere einflussreiche Ämter inne und gilt noch immer als mächtigster Mann des Landes (ORF 10.06.2019; vergleiche RFE/RL 09.04.2019). Die regulären Wahlen hätten im April 2020 stattgefunden. Jedoch wurden im April 2019 vorgezogene Wahlen für den Juni 2019 angekündigt. Dadurch hatten potentielle Oppositionskandidaten nur wenig Zeit, um Wahlkampagnen auszuarbeiten (RFE/RL 09.04.2019).
Obwohl sieben Kandidaten von verschiedenen Parteien oder Institutionen antraten, wodurch der Eindruck entstand, dass eine politische Vielfalt angeboten wurde, wurden nur selten klare Positionen und kritische Kampagnen getätigt. Der Wahlkampf erzielte nur geringe Aufmerksamkeit. Tokajew erhielt weitreichende Berichterstattung in seiner Funktion als Amtsinhaber sowie explizite Unterstützung von seinem Amtsvorgänger Nursultan Nasarbajew (OSCE 10.06.2019).
Die Wahl war von massiven Protesten gegen Tokajew und den bereits im Vorfeld erwarteten Wahlausgang begleitet gewesen. Menschenrechtsorganisationen beklagen eine Unterdrückung der Opposition (Standard 10.06.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl hatte die Polizei den Druck auf Oppositionelle verstärkt. Demonstranten wurden teilweise zu kurzen Haftstrafen verurteilt, und Wohnungen von Aktivisten durchsucht (Standard 10.06.2019; vergleiche Spiegel 09.06.2019). Mit Blick auf die Auflösung von Demonstrationen durch die Polizei im Vorfeld der Wahl erklärte Tokajew, in einen Dialog mit allen treten zu wollen. (Standard 10.06.2019)
Den ganzen Wahltag über wurden aus verschiedenen Städten Kasachstans, u.a. aus Nursultan, Almaty und Schymkent, Dutzende Festnahmen gemeldet (Spiegel 09.06.2019). Das Innenministerium bestätigte für den Wahltag rund 500 Festnahmen (Standard 10.06.2019; vergleiche AiF 11.06.2019). Am Tag nach den Wahlen nahm die Polizei weitere 200 Personen fest (AiF 11.06.2019). Genaue Zahlen zu den Teilnehmern der Proteste wurden nicht genannt. Nach Schätzungen beteiligten sich mehrere Tausend Menschen. Zu den Festgenommenen gehörten auch Journalisten, die nach einiger Zeit wieder freigelassen wurden. Andere Demonstranten wurden stundenlang festgehalten und befragt (Spiegel 09.06.2019). Es handelte sich um die größten Proteste im Land seit drei Jahren. Die Sicherheitskräfte wurden von Tokajew zur "Zurückhaltung" aufgerufen, er fügte jedoch hinzu, dass "ernsthafte Verstöße gegen unsere Gesetze natürlich nicht toleriert" würden (Standard 10.06.2019).
Am 23.03.2019 wurde die Hauptstadt Kasachstan von Astana in Nursultan offiziell umbenannt (ORF 23.03.2019).
(AiF – Аргументы и Факты (11.06.2019): В Казахстане задержали 700 митингующих против выборов нового президента, http://www.aif.ru/politics/v_kazahstane_zaderzhali_700_mitinguyushchih_protiv_vyborov_novogo_prezidenta, Zugriff 11.06.2019
AT – Astana Times (11.06.2019): Kassym-Jomart Tokayev elected Kazakhstan’s president with 70.96 percent of the vote, https://astanatimes.com/2019/06/kassym-jomart-tokayev-elected-kazakhstans-president-with-70-96-percent-of-the-vote/, Zugriff 11.06.2019
ORF (10.06.2019): Tokajew bleibt Präsident von Kasachstan, https://orf.at/stories/3126317/, Zugriff 11.06.2019
ORF (23.03.2019): Gesetz unterzeichnet: Neuer Name für Kasachstans Hauptstadt, https://orf.at/stories/3116226/, Zugriff 11.06.2019
OSCE – Organization for Security and Co-Operation in Europe (10.06.2019): INTERNATIONAL ELECTION OBSERVATION MISSION Republic of Kazakhstan – Early Presidential Election, 9 June 2019 - STATEMENT OF PRELIMINARY FINDINGS AND CONCLUSIONS, https://www.osce.org/odihr/elections/kazakhstan/422510?download=true, Zugriff 11.06.2019
RFE/RL – Radio Free Europe / Radio Liberty (09.04.2019): Kazakhstan To Hold Snap Presidential Election On June 9, https://www.rferl.org/a/kazakhstan-president-snap-election-toqaev-nazarbaev/29869956.html, Zugriff 11.06.2019
Spiegel Online (09.06.2019): Sicherheitskräfte nehmen Hunderte Demonstranten fest, https://www.spiegel.de/politik/ausland/kasachstan-hunderte-festnahmen-am-tag-der-praesidentschaftswahl-a-1271627.html, Zugriff 11.06.2019
Standard, der (10.06.2019): Tokajew bleibt Präsident in autoritär regiertem Kasachstan, https://derstandard.at/2000104613705/Hunderte-Festnahmen-bei-Wahl-Protesten-in-Kasachstan, Zugriff 11.06.2019)
KI vom 20.03.2019: Präsident Nursultan Nasarbajew zurückgetreten
Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew hat am 19. März 2019 in einer TV-Ansprache seinen Rücktritt vom Amt erklärt. Der heute 78-jährige war ab 1989 KP-Chef der Sowjetrepublik und wurde seit der Unabhängigkeit Kasachstans 1991 fünfmal zum Präsidenten gewählt. Seine Amtszeit sollte eigentlich erst 2020 auslaufen (Standard 20.03.2019). Anfang Februar 2019 ließ Nasarbajew vom Verfassungsgerichtshof klären, dass er das Recht habe, vorzeitig zurückzutreten (Reuters 05.02.2019; vergleiche BBC 19.03.2019).
Nasarbajew behält den rituellen Titel „Ebalsa“, Führer der Nation. Darüber hinaus bleibt Nasarbajew Vorsitzender der Nur-Otan-Partei und Mitglied des Verfassungsrates (New TV News 20.03.2019). Er bleibt auch Vorsitzender des Sicherheitsrates. In dieser Funktion, die er auf Lebenszeit ausüben kann, verfügt er über bedeutende Befugnisse in der Innen- und Außenpolitik (New TV News 20.03.2019; vergleiche BBC 19.03.2019).
Gemäß einem Präsidialdekret werden die Befugnisse des Präsidenten vom Vorsitzenden des kasachischen Senats, Kassym-Dschomart Tokajew, übernommen (New TV News 20.03.2019). Tokajew wurde am 20.3.2019 vereidigt und wird bis zu den im Jahr 2020 planmäßig stattfindenden Wahlen im Amt bleiben (AiF 20.03.2019). Der 65-jährige Tokajew ist ein erfahrener Diplomat, er war Vorsitzender der Regierung, insgesamt zehn Jahre Außenminister und von 2011 bis 2013 stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen (New TV News 20.03.2019).
Tokajew gilt als enger Vertrauter des zurückgetretenen Präsidenten (New TV News 20.03.2019). Gemäß Tokajew wird die Meinung seines Vorgängers Nursultan Nazarbajew von entscheidender Bedeutung bei strategischen Entscheidungen sein. Der neue Amtsinhaber schlug auch vor, die Hauptstadt Kasachstans und die Hauptstraßen aller regionalen Zentren des Landes nach dem Ex-Präsidenten zu benennen (AiF 20.03.2019).
Am 19.02.2019 hat Nasarbajew die Regierung wegen schlechter wirtschaftlicher Ergebnisse entlassen. Der seit 2016 im Amt befindliche Premierminister Bakytzhan Sagintayev wurde interimistisch von seinem bisherigen Stellvertreter Askar Mamin abgelöst (France24 21.02.2019), der am 25. Februar bei der Ernennung der neuen Regierung als Premierminister bestätigt wurde (Diplomat 26.02.2019).
(AiF – Аргументы и Факты (20.03.2019): Токаев заявил, что мнение Назарбаева будет иметь приоритетное значение, http://www.aif.ru/politics/world/tokaev_zayavil_chto_mnenie_nazarbaeva_budet_imet_prioritetnoe_znachenie, Zugriff 20.03.2019
BBC (19.03.2019): Kazakh leader Nazarbayev resigns after three decades, https://www.bbc.com/news/world-asia-47628854, Zugriff 20.03.2019
Diplomat, the (26.02.2019): Kazakhstan Appoints a New-Old Government, https://thediplomat.com/2019/02/kazakhstan-appoints-a-new-old-government/, Zugriff 20.03.2019
France24 (21.02.2019): Kazakh president sacks government for economic failures, https://www.france24.com/en/20190221-kazakh-president-sacks-government-economic-failures, Zugriff 20.03.2019
New TV News (20.03.2019): Назарбаев ушел: что дальше?, https://newtvnews.ru/world/2019/03/20/nazarbaev-ushel-chto-dalshe/, Zugriff 20.03.2019
Reuters (05.02.2019): Kazakh president dismisses talk of snap election, https://www.reuters.com/article/us-kazakhstan-president/kazakh-president-dismisses-talk-of-snap-election-idUSKCN1PU0Y8, Zugriff 20.03.2019
Standard, der (20.03.2019): Parlamentschef als neuer Präsident von Kasachstan vereidigt, https://derstandard.at/2000099815065/Kasachstans-Praesident-Nasarbajew-kuendigt-nach-knapp-28-Jahren-Ruecktritt-an, Zugriff 20.03.2019)
Politische Lage
Das unabhängige Kasachstan hatte sich 1993 seine erste – parlamentarische – Verfassung gegeben. Schon 1995 wurde sie durch eine neue Konstitution ersetzt, die, orientiert an der französischen, einen starken Präsidenten etabliert. Durch mehrere Verfassungsänderungen wurden dessen Kompetenzen auf Kosten von Regierung und Parlament noch erweitert (GIZ 06.2018a).
Mit der am 10. März 2017 verabschiedeten Verfassungsreform erfolgte eine Kompetenzverlagerung vom Präsidenten zu Parlament und Regierung. Zudem soll mit der Reform die Unabhängigkeit der Justiz gestärkt werden. Auch nach der Reform bleiben weitreichende Vollmachten beim Präsidenten: Er ist dem Parlament gegenüber politisch nicht verantwortlich (Präsidentenanklage nur wegen Hochverrats). Auch nach dem Ende seiner Amtszeit genießt er verfassungsmäßig garantiert umfangreiche Immunitäten und das Recht, auf die kasachische Politik Einfluss zu nehmen („Führer der Nation“ seit Mai 2010). 2007 wurde zwar die Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre bei nur einer möglichen Wiederwahl reduziert. Präsident Nasarbajew jedoch wurde als „Erster Präsident“ Kasachstans von dieser Wiederwahlbeschränkung durch Ausnahme in der Verfassung befreit. Er ist Vorsitzender der Regierungspartei Nur-Otan, die 1999 gegründet wurde und 2005 mit drei anderen Parteien fusionierte. Von einer echten Opposition kann in Kasachstan nicht gesprochen werden (AA 03.2018a).
Jegliche Art der Gewaltenteilung (checks and balances) im Sinne der Kontrolle der Exekutive ist extrem schwach. Die Exekutive beherrscht alle übrigen Bereiche der Regierung und innerhalb der Exekutive wiederum dominiert der Präsident mit seiner engsten Entourage und der Präsidialverwaltung. Während das gegenwärtige Regime relativ stabil ist, verhindert es das Entstehen neuer politischer Kräfte, verlangsamt die Entwicklung einer Mittelklasse und schafft auf lange Hinsicht Stabilitätsrisiken (BTI 2018).
Die prägende Gestalt des unabhängigen Kasachstan ist Nursultan Nasarbajew. Als Parteichef der KasSSR wurde er 1990 zunächst vom Obersten Sowjet der Unionsrepublik ins neu geschaffene Amt des Präsidenten gewählt und am 01.12.1991 als einziger Kandidat von der Bevölkerung in diesem Amt bestätigt und hat es seither ununterbrochen inne (1995 Verlängerung der Amtszeit per Referendum; 1999 und 2005 reguläre Präsidentschaftswahlen, 2011 um ein Jahr vorgezogene Wahlen). Im Februar 2015 wurden extrem kurzfristig wiederum um ein Jahr vorgezogene Wahlen für den 26.04.2015 angekündigt. Erwartungsgemäß hieß der Sieger erneut Nursultan Nasarbajew. Seine beiden Gegenkandidaten waren in der Bevölkerung unbekannt und ließen auch keinen Zweifel daran, dass sie den Amtsinhaber für die bessere Wahl hielten (GIZ 06.2018a). Nasarbajew wurde mit 97,75% im Amt bestätigt. Die Wahlbeteiligung lag bei 95% (IFES 2018a). Die nächsten Präsidentschaftswahlen finden regulär 2020 statt (AA 03.2018a).
Senat (Oberhaus) und Mazhilis (Unterhaus) sind die beiden Häuser des Parlaments. Der Senat setzt sich aus 47 Senatoren zusammen: Je Verwaltungsgebiet (Oblast) werden zwei Senatoren (Amtszeit 6 Jahre) von den örtlichen Vertretungskörperschaften (Maslikhate) gewählt; 15 Senatoren werden vom Präsidenten ernannt. Bei vorgezogenen Unterhauswahlen am 20. März 2016 hat die Präsidentenpartei „Nur Otan“ mit 82,15% den erwarteten Wahlsieg errungen. Oppositionsparteien boten keine ernst zu nehmende politische Alternative zur dominierenden Präsidentenpartei. Die Kommunistische Volkspartei (7,14%) und die wirtschaftsliberale Partei „Ak Zhol“ (7,18%) haben neben „Nur Otan“ die 7%-Sperrklausel überwunden. Beide Parteien waren bereits im vorherigen Parlament vertreten (AA 03.2018a). Von den 98 Sitzen des Unterhauses fielen 84 auf „Nur Otan“, und je sieben auf die „Kommunistische Volkspartei“ sowie auf die „Demokratische Partei Ak Zhol“ (IFES 2018b). Die OSZE konstatierte zwar einige Fortschritte, doch hätte das Land noch Wesentliches vor sich, um die OSZE-Verpflichtungen für die Durchführung demokratischer Wahlen zu erfüllen. Der rechtliche Rahmen schränkt die grundlegenden politischen und Bürgerrechte ein, was eine umfassende Reform von Nöten macht. Am Wahltag selbst kam es zu ernsten prozeduralen Fehlern und Unregelmäßigkeiten (OSCE 21.03.2016).
Ende April 2016 kam es in ganz Kasachstan zu zahlreichenden Demonstrationen, gegen eine geplante Landreform, welche von den Gegnern als Ausverkauf kasachischen Bodens an ausländische Investoren aufgefasst wurde (Erhöhung der Pachtdauer von 10 auf 25 Jahre). In mehreren Städten sollen jeweils zwischen 1.000 und 2.000 Personen teilgenommen haben Die Regierung dementierte, dass dies faktisch dem Verkauf von Land gleichkäme. Präsident Nasarbajew forderte, Provokateure, die bewusst Gerüchte über den Verkauf von Agrarland streuen, streng zu bestrafen. (BBC 28.04.2016; vergleiche ZA 27.05.2016). In der Folge suspendierte die Regierung die Änderungen des Landrechts (ODF 20.05.2016), nachdem Präsident Nasarbajew am 5.5.2016 sein Veto bis zur „weiteren Klarstellung“ eingelegt hatte. Am selben Tag entließ Nasarbajew den Wirtschaftsminister, dessen Stellvertreter sowie den Landwirtschaftsminister, weil sie es verabsäumt hätten, der Bevölkerung die diesbezügliche Regierungspolitik zu erklären (JF 16.05.2016; vergleiche ZA 16.02.2017).
2017 war die Lage in Kasachstan innenpolitisch - im Gegensatz zum eher unruhigen Vorjahr – stabil (AA 03.2018a).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 24.05.2018
BBC.news (28.04.2016): Kazakhstan's land reform protests explained, http://www.bbc.com/news/world-asia-36163103, Zugriff 05.06.2018
BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2018; Kazakhstan Country Report, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427412/488344_en.pdf, Zugriff 25.05.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018a): Kasachstan, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat/, Zugriff 13.07.2018
IFES – International Foundation for Electoral Systems (2018a): Election Guide: Republic of Kazakhstan, Election for President, http://www.electionguide.org/elections/id/2612/, Zugriff 05.06.2018
IFES – International Foundation for Electoral Systems (2018b): Election Guide: Republic of Kazakhstan, Election for Parliament, http://www.electionguide.org/elections/id/2904/, Zugriff 05.06.2018
JF – Jamestown Foundation (16.05.2016): Land Protests Testify to Kazakhstan’s Internal Vulnerability, https://jamestown.org/program/land-protests-testify-to-kazakhstans-internal-vulnerability/, Zugriff 05.06.2018
ODF – Open Dialog Foundation (20.05.2016): Mass arrests and threats on the eve of rallies of 21th May: We urge to prevent recurrence of Zhanaozen tragedy, http://en.odfoundation.eu/a/7528,mass-arrests-and-threats-on-the-eve-of-rallies-of-21th-may-we-urge-to-prevent-recurrence-of-zhanaozen-tragedy, Zugriff 05.06.2018
OSCE – Organization for Security and Co-operation in Europe (21.03.2016): Republic of Kazakhstan - Early Parliamentary Elections, 20 March 2016; Statement of Preliminary Findings and Conclusions, http://www.osce.org/odihr/elections/kazakhstan/229101?download=true, Zugriff 05.06.2018
ZA – Zentralasien Analysen (27.05.2016): Zentralasien-Analysen Nr.101, Chronik Kasachstan 23. April – 20.Mai 2016, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen101.pdf, Zugriff 06.07.2018
ZA – Zentralasien Analysen (16.02.2017): Chronik: Kasachstan im Jahr 2016, Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2016.pdf, Zugriff 13.07.2018)
Sicherheitslage
Erstmals kam es im Jahre 2011 zu mehreren kleineren islamistisch-terroristische Anschlägen in Kasachstan. Daraufhin wurde im Oktober 2011 ein neues Religionsgesetz verabschiedet, um die Verbreitung extremistischer religiöser Strömungen einzudämmen (GIZ 06.2018a; vergleiche AA 03.2018a).
2016 kam es zu den ersten größeren Anschlägen seit 2011 (USDOS 19.07.2017). Am 05.06.2016 und am Folgetag kam es in der 400.000 Einwohner-Stadt Aqtobe zu Schießereien zwischen mutmaßlichen islamistischen Extremisten und Sicherheitskräften, bei denen laut Innenministerium 19 Menschen getötet wurden. Zwei Dutzend junger Männer überfielen zwei Waffengeschäfte, dann einen Posten der Nationalgarde. Es wurde die oberste Terrorwarnstufe ausgerufen (FR 06.06.2016; vergleiche ZA 30.06.2016). Unter den Toten waren 13 Attentäter, drei Zivilisten und drei Soldaten der Nationalgarde (RFE/RL 07.06.2016). Während nachfolgender Polizeirazzien wurden fünf weitere vermeintliche Attentäter getötet (RFE/RL 10.06.2016). Die Staatsführung stufte beide Ereignisse als terroristische Akte ein und beschuldigte ausländische Akteure, obwohl die Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden keine Hinweise auf eine direkte Verbindung zu ausländischen terroristischen Organisationen ergaben (USDOS 19.07.2017). So brachte etwa Präsident Nasarbajew die Anschläge mit den Farbrevolutionen in Georgien, der Ukraine und Kirgisistan 2010 in Verbindung (ZA 30.06.2016).
Am 18.07.2016 stürmte ein bewaffneter, offenbar islamistischer Einzeltäter mit krimineller Vergangenheit das Bezirkshauptquartier der Polizei in Almaty und tötete fünf Menschen – darunter drei Polizisten – und verletzte drei weitere Personen zum Teil lebensgefährlich (GIZ 06.2018a; vergleiche ZA 29.07.2016). Der Hauptangeklagte des Anschlages wurde später zum Tode verurteilt (AA 03.2018a).
Kasachstan verfügt über eine umfassende Anti-Terrorismus-Gesetzgebung. Es gibt vier spezielle Anti-Terror-Einheiten beim Innenministerium sowie eine weitere beim Nationalen Sicherheitskomitee. Die Regierung hat schon seit langem die Möglichkeit einer Rückkehr ausländischer Terroristen aus dem Irak und Syrien befürchtet, doch haben die Anschläge vom Juni und Juli die Aufmerksamkeit der Regierung wieder verstärkt auf einheimische gewalttätige Extremisten gelenkt. Um dieser Bedrohung besser zu begegnen, änderte die Regierung die Anti-Terror-Gesetzgebung. Was den Umgang mit ehemaligen IS-Kämpfern anlangt, wird einerseits ein Rehabilitationsprogramm umgesetzt, andererseits werden ehemalige IS-Kämpfer auch verhaftet und gerichtlich verfolgt (USDOS 19.07.2017).
Im September 2016 wurde offiziell mitgeteilt, dass durch die Gerichte Kasachstans zahlreiche Urteile im Zusammenhang mit Förderung von „Extremismus“ und Terrorismus, sowie zu militanten Tätigkeiten in Syrien, sowie wegen Rekrutierung von Terroristen verhängt worden sind. Innerhalb von fünf Jahren wurden 64 terroristische Anschläge vereitelt und 445 Terroristen verurteilt, darunter 33 Heimkehrer aus Konfliktregionen (USDOS 19.07.2017).
Wurde im April 2015 die Zahl der Kasachen in Syrien mit 350 Personen angegeben (150 Kämpfer, der Rest Familienmitglieder) (USDOS 02.06.2016), wurden 2017 keine dahingehenden offiziellen Schätzungen abgegeben (USDOS 19.07.2017). US-amerikanische Quellen schätzten im Oktober 2017 die Zahl der kasachischen Staatsbürger unter den IS-Kämpfern auf 500 (ZA 27.01.2018).
Die Sicherheitslage in Kasachstan kann im Vergleich zu den Nachbarländern als stabil bezeichnet werden (BMEIA 25.04.2018). 2017 gab es keine islamistischen Anschläge (GIZ 06.2018a).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 04.06.2018
BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (25.04.2018): Kasachstan, Sicherheit und Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/kasachstan/, Zugriff 04.06.2018
FR – Frankfurter Rundschau (06.06.2016): Terroranschlag in Kasachstan, http://www.fr-online.de/politik/kasachstan-terroranschlag-in-kasachstan,1472596,34332014.html, Zugriff 04.06.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018a): Kasachstan, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat/, Zugriff 13.07.2018
RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (10.06.2016): Kazakh Security Forces Kill Five Suspected Militants In Aqtobe, http://www.rferl.org/content/kazakhstan-aqtobe-militant-suspects-killed/27789949.html, Zugriff 04.06.2018
RFE/RL – Radio Free Europe/Radio Liberty (07.06.2016): Kazakh Officials: Death Toll From Aqtobe Attacks Reaches 19, http://www.rferl.org/content/krygyzstan-high-alert-attacks-kazakhstan/27783461.html, Zugriff 04.06.2018
USDOS – US Department of State (19.07.2017): Country Report on Terrorism 2016 - Chapter 2 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1404719.html, Zugriff 04.06.2018
USDOS - US Department of State (02.06.2016): Country Report on Terrorism 2015 - Chapter 2 - Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/324728/464426_de.html, Zugriff 04.06.2018
ZA – Zentralasien Analysen (27.01.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2017.pdf, Zugriff 06.07.2018
ZA – Zentralasien Analysen (29.07.2016): Zentralasien-Analysen Nr.103 - 104, Chronik Kasachstan 25. Juni – 22. Juli 2016, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen103-104.pdf, Zugriff 06.07.2018
ZA – Zentralasien Analysen (30.06.2016): Zentralasien-Analysen Nr.102, Chronik Kasachstan 21. Mai – 24. Juni 2016, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen102.pdf, Zugriff 06.07.2018)
Rechtsschutz/Justizwesen
Das Gesetz sieht keine unabhängige Justiz vor. Diese wird in der Praxis von der Exekutive eingeschränkt. Überdies dominiert der Staatspräsident generell die Justiz. Die Rekrutierung von Richtern ist von Korruption geplagt, und bedingt oftmals die Bestechung hochrangiger Beamter (USDOS 20.04.2018; vergleiche BTI 2018).
Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes und jene der lokalen Gerichte sowie die Mitglieder des Obersten Justizrates. Zwar sieht die Verfassung die Gewaltenteilung und die Unabhängigkeit des Gerichtswesens vor, doch in der Praxis ist die Justiz der Exekutive dienlich und schützt die Interessen der herrschenden Eliten. Zusammen mit der allgegenwärtigen Korruption der Gerichte führt dies zu geringem Vertrauen und Erwartungen der Öffentlichkeit in die Justiz (FH 2018).
Angeklagte genießen die Unschuldsvermutung. Für Verbrechen, welche mit der Todesstrafe oder lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, sowie für schwere Verbrechen wie Menschenhandel und die Beteiligung Minderjähriger an kriminellen Aktivitäten, sind Geschworenenprozesse vorgesehen. Aktivisten kritisieren jedoch, dass Geschworene durch Richter, Experten und Zeugen Druck ausgesetzt sind und bei Nichtumsetzung richterlicher „Empfehlungen“ kann die Jury leicht aufgelöst werden. Angeklagte in Strafsachen, welche über wenig Einkommen verfügen, haben das Recht auf Beratung und einen von der Regierung zur Verfügung gestellten Anwalt. Laut Beobachtern dominieren Staatsanwälte die Prozesse und Verteidiger spielen eine untergeordnete Rolle. Angeklagte haben das Recht, eine Entscheidung vor einem höheren Gericht anzufechten. Das Fehlen von Rechtsstaatlichkeit bleibt ein Problem, insbesondere in einigen politisch motivierten Prozessen mit Oppositionellen und in Fällen, in denen es Vorwürfe unzulässiger politischer oder finanzieller Einflussnahme gibt. Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen berichteten über zahlreiche Probleme im Justizsystem, darunter fehlender Zugang zu Gerichtsverfahren, mangelnder Zugang zu staatlichen Beweismitteln, häufige Verfahrensverstöße, Verweigerung von Verteidigungsanträgen und das Versäumnis von Richtern, Vorwürfen gegen die Behörden bezüglich erzwungener Geständnisse nachzugehen. Korruption ist in gerichtlichen Verfahren offensichtlich. Obwohl Richter zu den am höchsten bezahlten Regierungsangestellten gehören, behaupten Anwälte und Menschenrechtsbeobachter, dass Richter, Staatsanwälte und andere Beamte Bestechungsgelder im Austausch für günstige Entscheidungen in vielen Straf- und Zivilsachen verlangen. Die Staatsanwälte haben eine quasi-richterliche Funktion und sind befugt, Gerichtsentscheidungen auszusetzen. Obgleich es den Gerichten obliegt, Haftbefehle zu bewilligen oder zu verweigern, werden Haftanträge der Staatsanwaltschaft in der überwiegenden Mehrheit der Fälle ausgestellt. Die Staatsanwälte haben die Macht, Untersuchungen und Festnahmen zu autorisieren. Im ersten Halbjahr 2017 wurden 32 Richter wegen Verstößen gegen die gerichtliche Ethik bestraft: Zwölf Richter wurden verwarnt, vierzehn gerügt und sechs wurden entlassen (USDOS 20.04.2018)
Nach wie vor kommen Korruption und politische Intervention im Rechtsbereich vor. In Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Reformanstöße von innen und außen werden zögernd angenommen und umgesetzt (AA 03.2018a).
Fast zwei Drittel der Bürger empfinden die Justiz als korrupt (BTI 2018).
Unternehmen zögern, sich an Gerichte zu wenden. Ausländischen Unternehmen war in der Vergangenheit bei der Anfechtung staatlicher Vorschriften und bei Vertragsstreitigkeiten wenig Erfolg beschieden (USDOS 20.04.2018; vergleiche BTI 2018).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 25.05.2018
BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2018; Kazakhstan Country Report, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427412/488344_en.pdf, Zugriff 25.05.2018
FH - Freedom House (2018): Nations in Transit 2018 - Kazakhstan, https://freedomhouse.org/report/nations-transit/2018/kazakhstan, Zugriff 05.06.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 25.05.2018)
Sicherheitsbehörden
Die Zentralregierung hat das Gewaltmonopol inne. Das Nationale Sicherheitskomitee (KNB), [der kasachische Inlandsgeheimdienst], ist weiterhin die Hauptinstitution, die für die nationale Sicherheit verantwortlich ist und eng mit dem Innenministerium zusammenarbeitet (BTI 2018). Die Sicherheitskräfte werden effektiv von den zivilen Behörden kontrolliert (USDOS 20.04.2018).
Das kasachische Innenministerium beaufsichtigt die Polizei, die vor allem für die nationale Sicherheit verantwortlich ist. Das KNB spielt eine wichtige Rolle bei der Durchsetzung der Gesetze, bei der Grenzsicherheit, der inneren Sicherheit, bei Anti-Terror-Maßnahmen und bei der Ermittlung und dem Verbot von illegalen oder nicht registrierten Gruppen, wie z. B. extremistische, militaristische, politische, religiöse Gruppierungen und Gewerkschaften. Der KNB, wie auch der kasachische Auslandsgeheimdienst Syrbar und die Agentur für den öffentlichen Dienst und Korruptionsbekämpfung legen deren Berichte direkt dem Präsidenten vor. Von vielen Ministerien werden Blogs unterhalten, in welchen Bürger Beschwerden einreichen können. (USDOS 20.04.2018).
Am 04.07.2017 unterzeichnete Präsident Nasarbajew Gesetzesänderungen zur Reform der Strafverfolgungsbehörden. Eine dieser Gesetzesänderungen erteilt dem KNB die Befugnis, Korruption durch Beamte der Geheimdienste, des Antikorruptionsbüros und des Militärs zu untersuchen (USDOS 20.04.2018).
Korruption unter den Gesetzesvollzugsorganen ist weit verbreitet. Personen, die verhaftet, festgehalten oder beschuldigt werden, ein Verbrechen begangen zu haben, haben von Anfang an das Recht auf einen Anwalt. Die Strafprozessordnung verpflichtet die Polizei, Verhaftete über ihre Rechte aufzuklären. Weiters erlaubt das Gesetz der Polizei, einen Gefangenen bis zu 72 Stunden vor der Anklage festzuhalten. Menschenrechtsbeobachter kritisieren diese Zeitperiode als zu lange und sie sind der Meinung, dass diese Zeit genutzt wird, um Druck auszuüben und ein Geständnis zu erpressen. Durch die Staatsanwaltschaft wurde in den ersten sechs Monaten des Jahres von fünf Vorfällen willkürlicher Festnahme und Inhaftierung berichtet (USDOS 20.04.2018).
(BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2018; Kazakhstan Country Report, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427412/488344_en.pdf, Zugriff 25.05.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 25.05.2018)
Folter und unmenschliche Behandlung
Das Gesetz verbietet Folter; dennoch existieren Berichte, dass Häftlinge von Polizei- und Strafvollzugsbeamten gefoltert und misshandelt worden wären (USDOS 20.04.2018).
Am 23.11.2016 drängte die EU im Zuge der Aufnahme engerer politischer und wirtschaftlicher Beziehungen mit Kasachstan auf konkrete Maßnahmen zur Lösung dringender Menschenrechtsprobleme. Die Untersuchung von Folter- und Misshandlungsvorwürfen bleibt trotz positiver Gesetzesänderungen bei der Meldung und Untersuchung von Straftaten wirkungslos, und Straflosigkeit ist nach wie vor die Regel. Der Kern des Problems liegt in der Zurückhaltung der Behörden, das Strafverfolgungssystem der öffentlichen Kritik auszusetzen (OMCT 23.11.2016).
Der Ombudsmann verzeichnete im Jahr 2016 über 106 Beschwerden über Folter, Gewalt und andere grausame und erniedrigende Behandlungen und Bestrafungen und berichtete, dass trotz einiger Fortschritte die Probleme mit Menschenrechtsverletzungen in den provisorischen Haftanstalten nach wie vor gravierend sind. (USDOS 20.04.2018).
Für 2016 wird von mehr als 1.500 Fällen von Folter in kasachischen Gefängnissen berichtet (ZA 27.01.2018).
Amnesty International berichtet, dass die kasachische Generalstaatsanwaltschaft offiziellen Angaben zufolge im Jahr 2016 insgesamt 700 Anzeigen wegen mutmaßlicher Folter in Haftanstalten erhalten habe und dass in den vergangenen fünf Jahren 158 Beamte wegen Folter schuldig befunden worden seien (AI 22.02.2018).
(AI – Amnesty International (22.02.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425446.html, Zugriff 5.6.2018
OMCT World Organisation Against Torture (23.11.2016): Kazakhstan: EU urged to insist on concrete measures to address pressing human rights issues, http://www.omct.org/human-rights-defenders/urgent-interventions/kazakhstan/2016/11/d24070/, Zugriff 22.06.2018
OMCT World Organisation Against Torture, IPHR; Koalitsiya Protiv Pytok (25.02.2016): Follow-up to the United Nations Committee Against Torture's Concluding Observations on Kazakhstan, (veröffentlicht von OMCT), http://www.omct.org/monitoring-protection-mechanisms/reports-and-publications/kazakhstan/2016/02/d23634/, Zugriff 22.06.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 25.05.2018
ZA – Zentralasien Analysen (27.01.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2017.pdf, Zugriff 06.07.2018)
Korruption
Korruption ist allgemein verbreitet und reicht in alle Bereiche der Regierung hinein (BTI 2018). Nach wie vor kommen Korruption und politische Interventionen im Rechtsbereich vor (AA 03.2018a).
Das Innenministerium, das Komitee für nationale Sicherheit (KNB) und die Disziplinarkommission für den Staatsdienst sind für die Bekämpfung der Korruption verantwortlich. Das Gesetz sieht Strafen für Korruption bei Beamten vor, jedoch hat die Regierung das Gesetz nicht effektiv implementiert, und Beamte wenden häufig ungestraft korrupte Praktiken an. Laut amtlicher Statistik wurden in den ersten sieben Monaten des Jahres 2017 insgesamt 2.132 Korruptionsvergehen registriert. 1.019 davon wurden vor Gericht gebracht (USDOS 20.04.2018).
Die Chefin der städtischen Agentur für Korruptionsbekämpfung von Almaty erklärte, dass im Jahr 2016 und 1. Quartal 2017 insgesamt 113 Mitarbeiter der staatlichen Verwaltung wegen unethischen Verhaltens disziplinarisch zur Verantwortung gezogen wurden (ZA 27.01.2018).
Im Corruption Perceptions Index 2015 von Transparency International lag Kasachstan auf Rang 123 von 168 Ländern (TI 2015). Im Jahre 2016 lag Kasachstan auf Rang 131 von 176 angeführten Staaten (TI 2016). 2017 erreicht Kasachstan den 122. Rang unter 180 bewerteten Ländern (TI 2017). Kasachstan wird im 2017 Corruption Perceptions Index von Transparency International mit 31 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt, 100=very clean). 2016 hatte das Land nur 29 Punkte erhalten. Im längerfristigen Vergleich hat die Bewertung aber abgenommen (2012: 28Punkte; 2013: 26; 2014: 29; 2015: 28;) (TI 2017).
Die Regierung verfolgt vor allem in hochkarätigen Korruptionsfällen selektiv Beamte, denen Missbrauch vorgeworfen wird. Dennoch bleibt Korruption weit verbreitet, und es besteht Straffreiheit, sowohl für Personen, die Autoritätspositionen innehaben, als auch für Personen, die mit Regierungs- oder Strafverfolgungsbeamten in Verbindung stehen (USDOS 20.04.2018).
Im Juli 2017 verurteilte ein Militärgericht in Astana fünf ehemalige Mitarbeiter des Verteidigungs- und Finanzministeriums sowie sechs Geschäftsleute wegen Korruption zu Gefängnisstrafen zwischen drei und zwölf Jahren (ZA 27.01.2018).
Im Februar 2018 wurde von der Entlassung von 148 Polizisten aus verschiedenen Abteilungen des Innenministeriums wegen Korruption und anderer Delikte berichtet (ZA 29.06.2018.).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 25.05.2018
BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2018; Kazakhstan Country Report, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427412/488344_en.pdf, Zugriff 25.05.2018
TI – Transparency International (2017): Corruption Perceptions Index, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 19.07.2018
TI - Transparency International (2017): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/country/KAZ, Zugriff 05.06.2018
TI - Transparency International (2016): Corruption Perceptions Index 2016, https://www.transparency.org/whatwedo/publication/corruption_perceptions_index_2016, Zugriff 05.06.2018
TI - Transparency International Austria (2015): Corruption Perceptions Index 2015, https://www.transparency.org/cpi2015, Zugriff 09.06.2016
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 25.05.2018
ZA – Zentralasien Analysen (29.06.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2018, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2018.pdf, Zugriff 13.07.2018
ZA – Zentralasien Analysen (27.01.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2017.pdf, Zugriff 06.07.2018)
Wehrdienst
Das gesetzliche Mindestalter für die zweijährige Wehrpflicht beträgt 18 Jahre. Doch befindet sich Kasachstan im Übergang zu einer weitgehend vertragsgebundenen Truppe. Militärkadetten in mittleren und höheren Bildungseinrichtungen werden als Militärdienstpersonal eingestuft (2017).
(CIA – Central Intelligence Agency (12.07.2018): The World Factbook – Kazakhstan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/kz.html, Zugriff 19.07.2018)
NGOs und Menschenrechtsaktivisten
Nichtregierungsorganisationen gibt es im ganzen Land; Schwerpunkt ist Almaty. Die Finanzierung erfolgt überwiegend aus dem Ausland (z.B. Freedom House, Soros-Stiftung oder staatliche Stellen) oder durch die kasachische Regierung. NGOs erhalten nur dann staatliche Zuwendungen, wenn sie von den Behörden gestellte Auflagen erfüllen (AA 03.2018a).
Im NGO-Finanzierungsgesetz von 2015 verabschiedete das Parlament neue Gesetzesbestimmungen hinsichtlich der Finanzierung, Registrierung und Buchführung von NGOs. NGOs, deren Zweigstellen und Vertretungsbüros zu ausländischen und internationalen nichtkommerziellen Organisationen gehören, sind aufgefordert, Informationen über ihre Aktivitäten inklusive ihre Gründer, Finanzquellen und Ausgaben zu liefern. Nicht näherbestimmte „autorisierte Institutionen“ können eine Überprüfung der übermittelten Informationen einleiten, wenn Berichte in Massenmedien oder Beschwerden vorliegen. Verspätete oder unrichtige Informationen stellen eine Verwaltungsübertretung dar und können mit bis zu 159 US-Dollar Strafe geahndet werden oder zu einer Suspendierung von drei Monaten führen. Bei einer Einschätzung als Straftat kann die betreffende Organisation sogar geschlossen werden. Das Gesetz verbietet zudem die unrechtmäßige Einmischung von öffentlichen Vereinigungen in die Arbeit der Regierung, was zu einer Geldbuße in der Höhe von bis zu 1.910 US-Dollar oder einer Haft von bis zu 75 Tagen führen kann. Für den Vorsitzenden einer Organisation ist das Strafausmaß noch höher. Der Begriff „illegale Einmischung“ ist im Gesetz nicht klar definiert (USDOS 20.04.2018).
Das EU-Parlament brachte im April 2016 seine tiefe Besorgnis hinsichtlich des Gesetzes über NGOs zum Ausdruck, da es die Unabhängigkeit unterminiere oder gar das Bestehen der NGOs selbst gefährde. Das EU-Parlament rief Kasachstan zur Revision des Gesetzes auf (EP 13.04.2016).
Im Juni 2017 rief die NGO International Commission of Jurists die kasachstanischen Behörden dazu auf, sich nicht in die Arbeit unabhängiger Rechtsanwälte einzumischen (ZA 27.01.2018).
Einige internationale und heimische Menschenrechtsgruppen arbeiten im Allgemeinen effektiv mit einem gewissen Grad an Freiheit, Untersuchungen bei Menschenrechtsverletzungen durchzuführen und Ergebnisse zu veröffentlichen. Doch einige Restriktionen bleiben bestehen. Internationale und lokale Menschenrechtsgruppen berichten, dass die Regierung die NGO-Aktivitäten bei sensiblen Themen überwacht, und es zu Belästigungen, inklusive Besuche durch die Polizei, kommt (USDOS 20.04.2018).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 25.05.2018
EP – European Parliament (13.04.2016): Implementation and review of the EU-Central Asia Strategy, European Parliament resolution of 13 April 2016 on implementation and review of the EU-Central Asia Strategy (2015/2220(INI)) [P8_TA-PROV(2016)0121], http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2016-0121+0+DOC+PDF+V0//EN, Zugriff 25.05.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 25.05.2018
ZA – Zentralasien Analysen (27.01.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/, Zugriff 06.07.2018)
Allgemeine Menschenrechtslage
Die aktuelle Menschenrechtslage in Kasachstan ist nicht zufriedenstellend und bleibt hinter internationalen Standards und Verpflichtungen zurück (AA 03.2018).
Während von der kasachischen Regierung international hochkarätige Veranstaltungen wie die EXPO 2017, wie auch mehrere Runden der Syrien-Friedensgespräche veranstaltet wurden, verschlechterte sich ihre Menschenrechtsbilanz im Kasachstan weiter. Von den Behörden werden unabhängige Gewerkschaftsaktivitäten unterdrückt und die Behörden richten sich weiterhin mit politisch motivierten Anklagen und anderen Schikanen gegen Regierungskritiker und Journalisten. Mehrere zu Unrecht inhaftierte Aktivisten und Gewerkschaftsführer bleiben inhaftiert. Straflosigkeit für Folter und Misshandlung in der Haft bleibt bestehen (HRW 18.01.2018).
Das Europäische Parlament (EP), forderte eine Umkehr der negativen Tendenzen in Bezug auf die Freiheit der Medien, die freie Meinungsäußerung, sowie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und die Religionsfreiheit und zeigte sich besorgt über die Einschränkung der Freiheit der Medien, über die Einschränkung der Freiheit der Medien, der freien Meinungsäußerung, der Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit und der Religionsfreiheit, mittels restriktiver Rechtsvorschriften, Druck, Zensur und der strafrechtlichen Verfolgung von Aktivisten (EP 12.12.2017).
Zu den wichtigsten Menschenrechtproblemen gehören Verletzungen der Persönlichkeitsrechte der Bürger, eine weit verbreitete Korruption und Misshandlung durch Strafverfolgungs- und Justizbeamte, willkürliche Verhaftungen und Inhaftierungen, harte und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen, Folter sowie andere Misshandlungen von Häftlingen und Gefangenen, sowie willkürliche oder unrechtmäßige Tötungen (USDOS 20.04.2018).
2014 trat der Nationale Präventionsmechanismus gegen Folter (NPM) in Kraft. Der NPM ist Teil der Ombudsstelle (Büro des Menschenrechtsbeauftragten) und somit kein von der Regierung unabhängiges Organ. Manche Beobachter meinen, dass es dem NPM an ausreichend qualifiziertem und ausgebildetem Personal mangelt (USDOS 20.04.2018).
Die Meinungs- und Medienfreiheit wird rechtlich und faktisch erheblich eingeschränkt. Der Großteil der Medien wird direkt oder indirekt staatlich finanziert. Dadurch kommt es, trotz verfassungsmäßig garantierter Pressefreiheit, häufig zu Selbstzensur. Die Versammlungsfreiheit wird restriktiv gehandhabt. Die Religionsfreiheit ist für traditionelle und nicht traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Im Rechtsbereich kommen nach wie vor Korruption und politische Intervention vor. Im Strafverfahren werden häufig Verfahrensregeln verletzt. Seit 2003 gilt ein Moratorium für die Todesstrafe (AA 03.2018a).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 25.05.2018
EP – European Parliament (12.12.2017): Abkommen EU/Kasachstan über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit (Entschließung) [2016/0166(NLE) -2017/2035(INI], http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2017-0485+0+DOC+PDF+V0//DE, Zugriff 06.07.2018
HRW - Human Rights Watch (18.01.2018): World Report 2018 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422436.html, Zugriff 22.06.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 05.06.2018)
Meinungs- und Pressefreiheit
Während die Verfassung Presse- und Meinungsfreiheit garantiert, schränkt die Regierung die Meinungsfreiheit ein und nimmt Einfluss auf die Medien. Dies geschieht durch Gesetze, Einschüchterung, Lizenzvergaben, Internetbeschränkungen sowie Straf- und Verwaltungsanzeigen. Gerichtliches Vorgehen gegen Journalisten und Medien, inklusive zivil- und strafrechtlicher Verleumdungsklagen durch die Regierung, hat dazu geführt, dass mehrere Medien den Betrieb eingestellt haben und die Selbstzensur gefördert. Die Gesetze sehen zusätzliche Maßnahmen und Restriktionen während „sozialer Notfälle“ vor. Diese liegen vor, wenn in einem bestimmten Gebiet Gegensätze und Konflikte in den sozialen Beziehungen herrschen oder drohen, welche zu Verlust von Menschenleben, Personenschaden, beträchtlichem Sachschaden oder zur Verletzung der Lebensbedingungen der Bevölkerung führen könnten. In diesem Fall kann die Regierung Zensur ausüben, indem sie von den Medien 24 Stunden im Voraus das Druck-, Audio- oder Videomaterial verlangt, bevor eine Veröffentlichung genehmigt wird. Etliche private Zeitungen und Fernsehstationen erhalten Regierungssubventionen. Der Mangel an Transparenz in Bezug auf die Eigentumsverhältnisse stellt ein signifikantes Problem dar. Die Mehrheit der nicht direkt von der Regierung kontrollierten Medien gehört mutmaßlich Mitgliedern der Präsidentenfamilie oder engen Vertrauten des Staatsoberhauptes. Journalisten, die für Oppositionsmedien arbeiten und über Korruptionsfälle schreiben, berichten von Schikanen und Einschüchterungen durch Regierungsbeamte und private Akteure (USDOS 20.04.2018).
Die Meinungs- und Pressefreiheit wird in Kasachstan seit 2012 zunehmend durch staatliche Eingriffe eingeschränkt. Im Frühjahr 2014 wurde auch die Gesetzgebung verschärft. Kritische Zeitungen werden mit Steuerprozessen überzogen oder zu ruinösen Entschädigungszahlungen verurteilt, Websites blockiert; kritische Journalisten verbal und durch Tätlichkeiten eingeschüchtert und strafrechtlich verfolgt. In den letzten drei Jahren wurden fast 30 unabhängige oder oppositionelle Zeitungen/Zeitschriften verboten. Aber auch Fernsehsender, Radiosender, Videoportale und zunehmend auch das Internet sind von der restriktiven Politik betroffen. Staatliche Medien erhalten dagegen zunehmende finanzielle Unterstützung (GIZ 06.2018a).
Im Januar 2016 traten Änderungen des Kommunikationsgesetzes in Kraft. Sie verlangen von Internetnutzern das Herunterladen und Installieren eines „nationalen Sicherheitszertifikats“. Das Zertifikat ermöglicht es den Behörden, Kommunikationen zu scannen, die über das HTTPS-Protokoll gesendet werden, und den Zugang zu einzelnen Webseiten zu sperren, deren Inhalte die Behörden als illegal einstufen (AI 22.02.2018).
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen rangiert Kasachstan gegenwärtig auf Platz 158 von 180. Kasachstan verschlechterte sich demnach um einen Platz gegenüber der Reihung des Vorjahres (ROG 25.04.2018).
(AI – Amnesty International (22.02.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425446.html, Zugriff 05.06.2018
EP – European Parliament (12.12.2017): Abkommen EU/Kasachstan über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit (Entschließung) [2016/0166(NLE) -2017/2035(INI], http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2017-0485+0+DOC+PDF+V0//DE, Zugriff 06.07.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018a): Kasachstan, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat/, Zugriff 13.07.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 25.05.2018
ROG – Reporter ohne Grenzen (25.04.2018 2018): Rangliste er Pressefreiheit 2017, https://www.reporter-ohne-grenzen.de/fileadmin/Redaktion/Presse/Downloads/Ranglisten/Rangliste_2018/Rangliste_der_Pressefreiheit_2018_-_Reporter_ohne_Grenzen.pdf, Zugriff 13.07.2018
ZA – Zentralasien Analysen (29.06.2018): Kasachstan, 19. Mai – 22. Juni 2018, Zentralasien-Analysen Nr. 126, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen126.pdf, Zugriff 12.07.2018)
Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition
Die Versammlungsfreiheit wird restriktiv gehandhabt (AA 03.2018a). Das Gesetz gewährt beschränkte Versammlungsfreiheit. In der Praxis jedoch bestehen weitgehende Einschränkungen. Das Gesetz definiert unerlaubte Versammlungen, öffentliche Treffen, Demonstrationen, Märsche, Streikposten und Streiks, welche die soziale und politische Stabilität gefährden, als Bedrohung der nationalen Sicherheit. Gemäß Gesetz müssen Demonstrationen oder öffentliche Zusammenkünfte bei den lokalen Behörden zehn Tage im Voraus angemeldet werden. Oppositionsvertreter und Menschenrechtsbeobachter beschweren sich, dass das Prozedere kompliziert und vage sei, und die Zehn-Tage-Frist es Gruppen schwer mache, öffentliche Zusammenkünfte oder Demonstrationen zu organisieren. Zudem würden die lokalen Behörden viele Ansuchen zurückweisen oder Demonstrationen nur außerhalb des Stadtzentrums zulassen (USDOS 20.04.2016).
Jegliche zivilgesellschaftliche bzw. religiöse Organisation muss sowohl beim Justizministerium als auch bei den lokalen Außenstellen des Ministeriums, registriert werden. Vereinigungen müssen laut Gesetz ihre spezifischen Aktivitäten festlegen. Jede Organisation, die außerhalb ihres Betätigungsfeldes agiert, kann verwarnt, bestraft, suspendiert oder letztendlich verboten werden. NGOs berichten von Schwierigkeiten öffentliche Vereinigungen zu gründen (USDOS 20.04.2018).
Die EU zeigt sich besorgt darüber, dass eine Zugehörigkeit zu einer nicht registrierten Vereinigung kriminalisiert wird und bedauert, dass Tätigkeiten registrierter Vereinigungen bei jedem auch noch so geringen Verstoß gegen nationales Recht gerichtlich ausgesetzt oder beendet werden können (EP 12.12.2017)
Von einer echten Opposition kann in Kasachstan nicht gesprochen werden (AA 03.2018a). Die einzige als ansatzweise oppositionell zu bewertende Partei, OSDP, ist im Parlament nicht vertreten. Die Kommunistische Partei Kasachstans wurde Anfang August 2015 verboten. Der bekanntesten nichtregistrierten, regimekritischen Partei, Alga (Vorwärts), wurde bereits 2012 die Tätigkeit untersagt. Ihr Vorsitzender Wladimir Koslow wurde Anfang Oktober 2012 in einem höchst umstrittenen Urteil wegen Anheizens sozialer Unruhen zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt (GIZ 06.2018a).
Die Regierung verlangt von politischen Parteien, dass sie mindestens 40.000 Unterstützungserklärungen für die Registrierung aufweisen. Das Gesetz verbietet Parteien auf ethnischer, religiöser oder Genderbasis. Mitglieder der Streitkräfte, Angestellte der Gesetzesvollzugsorgane und anderer nationaler Sicherheitsorganisationen dürfen weder einer Partei noch Gewerkschaft beitreten (USDOS 20.04.2018).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 25.05.2018
EP – European Parliament (12.12.2017): Abkommen EU/Kasachstan über eine verstärkte Partnerschaft und Zusammenarbeit (Entschließung) [2016/0166(NLE) -2017/2035(INI], http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2017-0485+0+DOC+PDF+V0//DE, Zugriff 06.07.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018a): Kasachstan, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat/, Zugriff 13.07.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 25.05.2018)
Haftbedingungen
Laut offiziellen Angaben befanden sich mit 20.6.2018 insgesamt 33.989 Personen in Haft, was einer Quote von 186 pro 100.000 Einwohner entspricht [vgl. Österreich: 98]. 17% davon befanden sich in Untersuchungshaft. Die Häftlingszahlen sind rückläufig. Offiziell waren 2016 39.179 und 2014 49.821 Menschen inhaftiert (WPB o.D.) Vize-Innenminister Bisenkulow erklärte, dass die Zahl der Häftlinge in kasachischen Gefängnissen aufgrund des reformierten Kriminalstrafrechts in den letzten fünf Jahren um 30% gesunken sei (ZA 27.01.2018).
Die Haftbedingungen sind rau und manchmal lebensbedrohlich, die sanitären und hygienischen Bedingungen unbefriedigend. Die Einrichtungen entsprechen nicht den internationalen Gesundheitsstandards. Gesundheitliche Probleme werden in vielen Fällen nicht behandelt, oder die Haftbedingungen verschärfen diese noch. Die Verbindung zur Außenwelt ist ebenso eingeschränkt wie der Informationsfluss über Häftlingsrechte. Zur Behebung von infrastrukturellen Problemen in den Gefängnissen, wurden von den Behörden in den letzten Jahren jene acht Gefängnisse mit den schlechtesten Bedingungen geschlossen. Verbesserungen haben sich durch das 2015 geänderte Strafrecht ergeben. Es sieht nun auch alternative Strafen wie Geldstrafen und öffentliche Dienstleistungen vor. Von Menschenrechtsaktivisten wird festgestellt, dass dies jedoch nicht wirksam umgesetzt wird (USDOS 20.04.2018).
Die Praxis von Misshandlungen und Folter in Polizeigefängnissen, Untersuchungshaftanstalten und gewöhnlichen Haftanstalten besteht weiterhin (USDOS 20.04.2018; vergleiche AI 22.02.2018).
(AI – Amnesty International (22.02.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425446.html, Zugriff 05.06.2018
USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 25.05.2018
WPB – World Prison Brief (o.D.): World Prison Brief Data, Asia, Kazakhstan, http://www.prisonstudies.org/country/kazakhstan, Zugriff 22.06.2018
ZA – Zentralasien Analysen (27.01.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2017.pdf, Zugriff 06.07.2018)
Todesstrafe
Seit 2003 gilt ein Moratorium für die Todesstrafe (AA 03.2018a). Angesichts des Anschlags von Aqtobe Anfang Juni 2016 [siehe Kapitel 3.Sicherheitslage] schlug Präsident Nursultan Nasarbajew die Verhängung der Todesstrafe vor (RFE/RL 08.06.2016). Im November 2016 wurde Ruslan Kulekbaev, dem vorgeworfen wurde im Juli 2016 in Almaty zehn Menschen getötet zu haben, auf der Grundlage terrorismusbezogener Anklagen zum Tode verurteilt. Er ist die sechste Person, die zum Tode verurteilt wurde, seit Präsident Nasarbajew im Jahr 2003 ein Hinrichtungsmoratorium unterzeichnet hatte (AI 17.05.2017).
Da in Kasachstan ein Moratorium für die Todesstrafe gilt, wird die Strafe wohl in lebenslänglich umgewandelt werden. Präsident Nasarbajew hat jedoch mehrfach eine Aussetzung des Moratoriums für Terroristen angekündigt. Auch fordern derzeit mehrere Politiker und Juristen den Vollzug der Todesstrafe im Falle von Terrorismus (GIZ 06.2018a; vergleiche ZA 16.02.2017).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 25.05.2018
AI – Amnesty International (17.05.2017): Kasachstan 2017, https://www.amnesty.de/jahresbericht/2017/kasachstan#section-24405, Zugriff 05.06.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018a): Kasachstan, Geschichte, Staat und Politik, https://www.liportal.de/kasachstan/geschichte-staat/, Zugriff 13.07.2018
RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (08.06.2016): Nazarbaev: Aqtobe Attacks Orchestrated From Abroad, http://www.ecoi.net/local_link/325257/465072_de.html , Zugriff 04.06.2018
ZA – Zentralasien Analysen (16.02.2017): Chronik: Kasachstan im Jahr 2016, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2016.pdf, Zugriff 13.07.2018)
Religionsfreiheit
Die Religionsfreiheit ist für traditionelle Religionen weitgehend gewährleistet. Voraussetzung für die freie Religionsausübung ist zumeist eine staatliche Registrierung und Beachtung verschiedener Auflagen. In letzter Zeit kam es wiederholt zu international und national kritisierten juristischen Verfahren gegen Vertreter unterschiedlicher Religionen bzw. gegen Gemeinschaften. Die kasachische Regierung betont ausdrücklich die Bedeutung der religiösen Vielfalt (AA 03.2018a).
Laut Schätzungen waren 2016 von den rund 18,5 Millionen Einwohnern Kasachstans 70% sunnitische Muslime, die meisten der Hanafi Schule angehörend. Andere islamische Gruppen, wie die Schiiten, umfassen zusammen weniger als ein Prozent der Bevölkerung. Die russisch-orthodoxen Christen machen circa 26% aus. Andere Gemeinschaften umfassen weniger als 3% der Bevölkerung (USDOS 29.05.2018).
Kasachstan ist laut Verfassung ein säkularer Staat, Religionsfreiheit sowie die Gleichberechtigung der Religionen sind garantiert. Politisch-religiöse Vereinigungen sind verboten (GIZ 06.2018b).
Religiöse Gruppen müssen sich per Gesetz beim Justizministerium registrieren lassen. Die Zugehörigkeit zu einer nicht registrierten religiösen Gruppe ist nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten strafbar. Religiöse Gruppen durften ihren Glauben nur an staatlich genehmigten Orten praktizieren. Zusammenkünfte religiöser Art und die Verteilung religiöser Schriften an nichtgenehmigten Orten wurden mit hohen Geldstrafen geahndet (AI 22.02.2018).
Der Islam wird von der Führung für das „State- und Nationbuilding“ verwendet. Seit der Unabhängigkeit wurden mit staatlichem Segen neue Moscheen errichtet. Islamische Feiertage werden eingehalten. Kasachstan ist Mitglied der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC) und hatte dort 2011 sogar den Vorsitz inne. Daneben besteht ein Volksislam, der manches Element der vorislamischen Zeit enthält. Er wird eher kulturell, als streng den religiösen Geboten folgend, gelebt. Im Alltagsleben der Städte spielt der Islam noch kaum eine Rolle, in den traditionelleren Dörfern des Südens ist er stärker verankert, wobei es auch zu Konflikten zwischen den Bestimmungen des säkularen Staates und den religiösen Regeln kommt. Neue, sich unabhängig vom staatlich tolerierten Islam entwickelnde Bekenntnisse zum Islam, werden allerdings kritisch gesehen (GIZ 06.2018b).
Der Pressedienst des Ministeriums für Religionsangelegenheiten und Zivilgesellschaft berichtet, dass die geistliche Direktion der kasachischen Muslime (DSKM) das Verbot des Tragens eines Hidschabs oder des Kopftuches an Schulen, an denen Uniformen getragen werden, unterstützt. Das Verbot war bereits im Januar 2016 verabschiedet worden. Gleichzeitig empfiehlt die DSKM muslimischen Frauen nach Erreichen der Volljährigkeit in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen (ZA 29.06.2018).
Die christliche russisch-orthodoxe Kirche hat im Staat besondere Bedeutung, erst vor zwei Jahren wurde etwa in Astana eine prächtige (von Gazprom gesponserte) russisch-orthodoxe Kathedrale neu eröffnet. In Karaganda wurde ebenfalls vor zwei Jahren eine (vorwiegend aus österreichischen Spendenmitteln finanzierte) katholische Kathedrale neu eröffnet. Man kann davon ausgehen, dass die ethnisch russische Minderheit (ca. 4 Millionen, knapp 30% der Bevölkerung) russisch-orthodox ist. Römisch-katholische Christen zählen etwa 150.000, sie sind v.a. Nachkommen nach Kasachstan exilierter/vertriebener Osteuropäer (v.a. Polen). Es kann keinesfalls von einer Verfolgung der christlichen Bevölkerungsgruppe in Kasachstan gesprochen werden (ÖB Astana 16.02.2015).
Durch die Emigration von vor allem Russen und Ukrainern ist die Zahl der nominell wie tatsächlich russisch-orthodoxen Gläubigen stark zurückgegangen. Gleiches gilt für Protestanten und Katholiken durch die Aussiedlung von Deutschen und Polen. Das Verhältnis zwischen Islam und christlichen Kirchen ist entspannt. Sogenannte „nichttraditionelle Religionen“ – Scientology, Hare Krishna, Mormonen - hatten und haben Zulauf, was Widerspruch bei den Amtsträgern der traditionellen Glaubensrichtungen hervorruft und den Staat zum Handeln veranlasst hat. Beobachter beklagen den Versuch des Staates, auch religiöse Angelegenheiten traditioneller Glaubensrichtungen zu kontrollieren (GIZ 05.2018b).
Religiöse Gruppen sind angehalten, sich bei lokalen-, regionalen- oder nationalen Stellen des Justizministeriums zu registrieren. Dabei sind – je nach Verwaltungsorganisation – verschiedene Mitgliederzahlen für eine Registrierung erforderlich. Auf lokaler Ebene sind 50, auf regionaler Ebene 500 und auf nationaler Ebene 5000 Mitglieder erforderlich, um registriert zu werden. Viele Gruppen konnten diese Schwellenwerte nicht erreichen und so ist die Zahl registrierter Religionsgemeinschaften im Land stark zurückgegangen. Von 48 „nicht-traditionellen religiösen Organisationen“ wurden nur 16 neu registriert. Die Union der evangelisch-christlichen Baptisten mit 11.000 Mitgliedern verweigerte aus Gewissensgründen eine Registrierung. Schiiten und Ahmadis wurden für eine Registrierung abgelehnt. Seit 2013 erfolgt eine Registrierung muslimischer Gruppen nur noch, wenn sie dem staatlich unterstützten muslimischen Vorstand angehören (USCIRF 03.2018).
Im Dezember 2015 bestätigten die Gerichte hohe Geldstrafen gegen zwei Zeugen Jehovas und einen Rentner, wegen Gesprächen über ihren Glauben in der Öffentlichkeit (USCIRF 04.2018). Ein Gericht in Astana verurteilte im Mai 2017 einen Zeugen Jehovas wegen des unerlaubten Abhaltens einer „Versammlung“ zu einer Haftstrafe von fünf Jahren. Ende Juni 2017 wurde auf Beschluss eines Gerichts in Almaty das Gebietsbüro der Zeugen Jehovas aus unbekannten Gründen für drei Monate geschlossen und eine hohe Geldstrafe gegen die Religionsgemeinschaft verhängt (ZA 27.01.2018).
Nach NGO-Angaben waren 2017 insgesamt 279 Verwaltungsstrafverfahren mit religiösem Hintergrund bekannt. 259 davon endeten mit Strafen, einschließlich Geldstrafen, einer kurzfristigen Gefängnisstrafe, Abschiebungen, Gottesdienstverboten, Beschlagnahmungen und der Vernichtung religiöser Literatur (Forum 31.01.2018).
(AA – Auswärtiges Amt (03.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 25.05.2018
AI – Amnesty International (22.02.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425446.html, Zugriff 05.06.2018
Forum 18 (31.01.2018): 279 administrative prosecutions in 2017 - list, https://www.ecoi.net/de/dokument/1423661.html, Zugriff 05.06.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (05.2016b): Kasachstan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft/, Zugriff 05.06.2018
HRW - Human Rights Watch (18.01.2018): World Report 2018 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1422436.html, Zugriff 22.06.2018
ÖB Astana (16.02.2015): Anfragebeantwortung, GZ: Astana-ÖB/RECHT/0014/2015, via E-Mail
USCIRF – US Commission on International Religious Freedom (04.2018): United States Commission on International Religious Freedom 2018 Annual Report; Country Reports: Tier 2 Countries: Kazakhstan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1435661/1930_1529395242_tier2-kazakhstan.pdf, Zugriff 06.07.2018
USDOS - US Department of State (29.05.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436797.html, Zugriff 18.06.2018
ZA – Zentralasien Analysen (29.06.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2018, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2018.pdf, Zugriff 13.07.2018
ZA – Zentralasien Analysen (27.1.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2017, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2017.pdf, Zugriff 06.07.2018)
Anfragebeantwortung Staatendokumentation vom 01.04.2020
Zusammenfassung: Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass Kasachstan und die kasachische Mehrheitsgesellschaft relativ tolerant gegenüber Christen eingestellt sind. Rund 26 Prozent der Kasachen sind Christen. Zwar nutzt die Regierung die Bedrohung durch islamische Extremisten als Vorwand dafür, immer mehr Freiheiten einzuschränken, doch erfahren Mitglieder der Russisch-Orthodoxen Kirche, die mit Abstand größte Gruppe innerhalb der Christen Kasachstans, vonseiten der Regierung die wenigsten Schwierigkeiten, da diese normalerweise keinen Kontakt mit der ethnisch kasachischen Bevölkerung aufnehmen und nicht an Missionierungsaktivitäten unter Kasachen beteiligt sind. Vom kasachischen Regime nicht als Gefahr einstuft, können sie weitgehend ungestört agieren. Auch hat die kasachische Regierung kein Interesse daran, Russland zu provozieren, indem gegen die Russisch-Orthodoxe Kirche vorgegangen wird. Schikanöses Verhalten gegenüber Christen ist nur gegen Zeugen Jehovas zu verzeichnen.
Gemäß nachfolgend zitierter Quelle kommt es zu keinen Benachteiligungen ethnischer Minderheiten wie ethnischen Deutschen oder ethnischen Ukrainer/innen mit Bezug auf die Vergabe von Arbeit, Wohnraum, Erhalt von sozialen Leistungen, etc., da die meisten ethnischen Minderheiten sich sehr angepasst verhalten und auch keine Verständigungsprobleme bestehen, weil Russisch nach wie vor Verkehrssprache ist.
römisch 40
Das US-amerikanische Außenministerium führt in seinem Bericht zur Religionsfreiheit in Kasachstan für das Jahr 2018 an, dass zufolge den Aussagen Einheimischen und internationaler Beobachtern durch die kasachischen Behörden Beschränkungen und Kontrollen gegenüber den von der Regierung als „nicht-traditionell“ angesehenen religiösen Gruppen verhängt worden sind. Betroffen davon sind auch Muslime, welche eine andere Version des Islam praktizieren, als jener der offiziell anerkannte Hanafi-Schule des sunnitischen Islam, sowie protestantische Christen. Das Komitee für Sozialabkommen (CSA) nimmt an, dass 26 Prozent der kasachischen Bevölkerung Christen sind. Die große Mehrheit davon russisch-orthodox, aber auch römische Katholiken, griechische Katholiken, Lutheraner, Presbyterianer, Siebenten-Tags-Adventisten, Methodisten, Mennoniten, Pfingstler, Baptisten, Zeugen Jehovas, Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und Bibelforscher.
According to local and international observers, authorities imposed restrictions and scrutiny on what the government considers “nontraditional” religious groups, including Muslims who practice a version of Islam other than the officially recognized Hanafi school of Sunni Islam and Protestant Christians.
[…]
NGOs and academics reported that members of certain religious groups, including Muslims who wear headscarves or other identifying attire, as well as Christian groups perceived as proselytizing, such as evangelical, Baptist, and Jehovah’s Witness churches, continued to face greater societal scrutiny and discrimination. (Anmerkung: Da die Amtssprache Deutsch ist, wird zwecks Vermeidung von Verfahrensmängeln [siehe dazu VwGH 03.12.2008, 2008/19/0990 bis 0993], dieser Absatz in den erstinstanzlichen Feststellungen übersetzt: NGOs und Akademiker berichteten, dass Mitglieder bestimmter religiöser Gruppen, darunter Muslime, die Kopftücher oder andere „identifizierende“ Kleidung tragen, sowie christliche Gruppen, die als proselytisierend wahrgenommen werden, wie beispielsweise Protestanten, Baptisten und Kirchen der Zeugen Jehovas, weiterhin einer größeren gesellschaftlichen Kontrolle und Diskriminierung ausgesetzt.)
[…]
The Committee for Social Accord (CSA) estimates 26 percent of the population is Christian, the great majority of whom are Russian Orthodox, but also including Roman Catholics, Greek Catholics, Lutherans, Presbyterians, Seventh-day Adventists, Methodists, Mennonites, Pentecostals, Baptists, Jehovah’s Witnesses, members of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, and Christian Scientists. Ethnic Kazakhs or Uzbeks primarily identify as Muslim and ethnic Russians or Ukrainians primarily identify as Christian. (Anmerkung: Da die Amtssprache Deutsch ist, wird zwecks Vermeidung von Verfahrensmängeln dieser Absatz in den erstinstanzlichen Feststellungen übersetzt: Das Komitee für Soziale Belange schätzt, dass 26 Prozent der Bevölkerung Christen sind, von denen die große Mehrheit russisch-orthodox ist, aber auch Römisch-katholische, griechische Katholiken, Lutheraner, Presbyterianer, Siebenten-Tags-Adventisten, Methodisten, Mennoniten, Mitglieder der Pfingstbewegung, Baptisten, Zeugen Jehovas, Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und christliche Wissenschaftler. Ethnische Kasachen oder Usbeken identifizieren sich in erster Linie als muslimische, ethnische Russen oder Ukrainer in erster Linie als Christen. […]
(USDOS – US Department of State (21.06.2019): 2018 Report on International Religious Freedom, Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2011161.html, Zugriff 31.03.2020)
Forum 18, eine norwegische christliche Menschenrechtsorganisation, berichtet am 09.01.2020, dass zehn christliche Protestanten, darunter sieben Kirchenräte der Baptisten und ein Zeuge Jehovas wegen der Weitergabe von religiösen Materialien verurteilt wurden. […]
(Forum 18 (09.01.2020): 153 administrative prosecutions in 2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022554.html, Zugriff 31.03.2020)
Relevante Bevölkerungsgruppen
Laut Schätzung (2009) sind 63,1% der Einwohner Kasachstans ethnische Kasachen; 23,7% Russen; 2,9% Usbeken; 2,1% Ukrainer; 1,4% Uiguren; 1,3% Tataren; 1,1% Deutsche und 4,4% gehören anderen Ethnien an (CIA 12.07.2018; vergleiche ASRK 2011). Von 1999 bis 2009 nahm der Anteil der Kasachen hierbei von 53,5 auf 63,1% zu, jener der Russen als zweitgrößter Gruppe schrumpfte im gleichen Zeitraum von 29,9 auf 23,7%. Mit Ausnahme der Usbeken, haben sich die Anteile aller Minderheiten an der Gesamtbevölkerung verkleinert, auch jener Minderheiten, die in absoluten Zahlen gewachsen sind (ASRK 2011).
Kasachstan ist nicht nur das neuntgrößte Land der Erde, auf seinem Territorium leben auch Angehörige von 120 Nationalitäten. Entsprechend groß ist die Vielfalt der Sprachen, Religionen, Traditionen und Kulturen – auch wenn früher das „Sowjetische“ und heute zunehmend das „Kasachische“ im Vordergrund steht. Nach der Unabhängigkeit hat es eine starke Emigration vieler nichtkasachischer Nationalitäten (Russen, Deutsche, Polen u.v.a.) gegeben, gleichzeitig kehrten Kasachen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken, der Mongolei und China in ihre „historische Heimat" zurück. Das Zusammenleben war seit der Unabhängigkeit nicht problemfrei, aber abgesehen von ganz kleinen, lokal begrenzten Auseinandersetzungen, friedlich. Nicht nur in der Verfassung, sondern auch in der Realität genossen die Nationalitäten Schutz; Eintracht zwischen den Nationalitäten war ausdrückliches Politikziel. In den letzten Jahren lässt sich aber deutlich eine „Kasachisierungs“-Tendenz erkennen. Nach der Unabhängigkeit wurde Kasachisch in der Verfassung zur Staatssprache erhoben, Russisch erhielt aber eine herausgehobene Sonderrolle als Sprache der interethnischen Kommunikation. Durch die Ereignisse in der Ukraine reagiert das offizielle Kasachstan derzeit sehr nervös auf vereinzelte Forderungen nach Autonomie oder Anschluss an Russland. Offenbar ausgelöst durch die aktuelle Wirtschaftskrise ist seit 2015 eine neue Ausreisewelle von Russen zu beobachten (GIZ 06.2018b).
(ASRK - The Agency on Statistics of the Republic of Kazakhstan (2011): Results of the 2009 National Population Census of the Republic of Kazakhstan - Analytical Report, https://www.liportal.de/fileadmin/user_upload/oeffentlich/Kasachstan/40_gesellschaft/Kaz2009_Analytical_report.pdf, Zugriff 22.06.2018
CIA - Central Intelligence Agency (12.07.2018): The World Factbook, Kazakhstan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/kz.html, Zugriff 13.07.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018b): Kasachstan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft/#c62829, Zugriff 13.07.2018)
Frauen/Kinder
Knapp 52% der Bevölkerung Kasachstans sind Frauen. Sie sind im sozialen Leben und auf der Einkommensskala nicht gleichberechtigt und in Spitzenpositionen von Politik und Wirtschaft trotz ihrer relativ hohen Bildungs- und Erwerbstätigkeitsquote unterrepräsentiert (GZ 05.2018b; vergleiche AA 03.2018a). Im Vergleich mit anderen Staaten der Region steht Kasachstan in Sachen Gleichberechtigung jedoch relativ gut da. Das drücken auch die verschiedenen internationalen Gender Indizes aus. Kasachstan hat eine Reihe internationaler Gender Equality Vereinbarungen unterzeichnet (GIZ 06.2018b).
Auf dem Gender Gap Index des World Economic Forum nahm Kasachstan 2017 Rang 52 (2015: 47/145) von 144 Ländern ein. Überdurchschnittlich war das Abschneiden bei den Subkategorien: „economic participation and opportunity“ (mit Ausnahme der Komponente Einkommen), „educational attainment“ und „health and survival“. Unterdurchschnittlich rangierte Kasachstan hinsichtlich der politischen Position von Frauen. Infolge der unterdurchschnittlichen Repräsentanz in politischen Vertretungs- und Regierungsorganen gab es hier bloß Platz 93 (2015: 78/145) (WEF 2017).
Das Europäische Parlament hieß in der Resolution zur Implementierung der EU-Zentralasienstrategie die kasachische Strategie zur Geschlechtergleichstellung willkommen, bedauerte jedoch gleichzeitig die mangelnde Vertretung von Frauen in den kasachischen staatlichen Entscheidungsorganen trotz der gesetzlich festgelegten 30%-Quote (EP 13.04.2016).
Gewalt gegen Frauen, einschließlich häuslicher Gewalt, stellt ein Problem dar. Das Gesetz zur häuslichen Gewalt kennt zahlreiche Arten häuslicher Gewalt, wie physische, psychologische, sexuelle, und ökonomische und beinhaltet die Zuständigkeiten der lokalen und nationalen Regierungen sowie der NGOs bei der Bereitstellung von Unterstützung für Opfer von häuslicher Gewalt. Für häusliche Gewalt können bis zu zehn Jahre Haft verhängt werden. Vergewaltigung ist strafbar, das Strafmaß beträgt zwischen drei und fünfzehn Jahren Haft; Vergewaltigung in der Ehe ist hier ebenfalls inkludiert. Es gibt jedoch Berichte darüber, dass - insbesondere bei Vergewaltigungen in der Ehe - Polizei und Gerichte eher zögerlich vorgehen. Sexuelle Belästigung bleibt ein Problem. Rechts- und Genderexperten sehen die Gesetzeslage als unzureichend, da das Gesetz nur bestimmte Formen sexueller Belästigung verbietet. Es gibt Berichte über Fälle von sexueller Belästigung in denen das Opfer keinen Schutz durch das Gesetz gefunden hat und es gibt auch keine Berichte über dahingehende Strafverfolgung. Die Polizei greift in Familiendispute nur ein, wenn sie annimmt, dass der Missbrauch lebensgefährlich ist. Laut Innenministerium bestehen 28 Krisenzentren für Opfer häuslicher Gewalt. NGOs schätzen, dass jährlich mehr als 400 Frauen an den Folgen häuslicher Gewalt sterben. Die Staatsanwaltschaft hingegen zählte 2016 lediglich 36 Todesopfer (Frauen) als Folge häuslicher Gewalt (USDOS 20.04.2018).
Schätzungsweise 17.000 bis 18.000 Kinder leiden unter psychischer oder physischer Misshandlung durch ihre Eltern. Laut Zahlen von UNICEF werden gar 62% der Kinder in Kasachstan in ihren Familien misshandelt. In 65% der Familien wird psychischer Druck auf Kinder ausgeübt und in 40% werden Kinder mit körperlicher Bestrafung diszipliniert. 75% der Befragten heißen die Prügelstrafe für Kinder gut (USDOS 20.04.2018; vergleiche ZA 29.06.2018)
Auch Gewalt in Schulen ist ein Problem. Experten schätzen, dass zwei von drei Schülern Gewalt erlitten oder miterlebt haben. Gewalt und Misshandlung stellen sich in Internaten und Waisenhäusern besonders gravierend dar (USDOS 20.04.2018).
Das UN-Kinderrechtskomitee zeigte sich im Oktober 2015 besorgt, weil es Berichten zufolge noch immer zu Fällen von Folter und Misshandlung von Kindern in Polizeigewahrsam bzw. Pflegeeinrichtungen komme. Zwar lobte das Komitee einige positive Gesetzesänderungen, doch zeigte es sich besorgt, dass die Gesetzgebung es verabsäumte, körperliche Züchtigung ausdrücklich zu verbieten. Besorgnis äußerte das Komitee auch hinsichtlich Fällen von Gewalt gegen Kinder durch Lehrer mit schwerwiegenden Folgen, inklusive des Todes eines Kindes. Weiters gibt es Berichte von einem Anstieg von Fällen sexuellen Missbrauchs von Kindern und einem Mangel an Schutzeinrichtung für die Opfer (CRC 02.10.2015).
Die Unterhausabgeordnete Sagipa Balijewa ist 2016 durch ein präsidentielles Dekret zur ersten kasachischen Ombudsfrau für Kinderrechte bestimmt (USDOS 20.04.2018; vergleiche ZA 01.04.2016).
Das rechtliche Mindestalter für die Ehe beträgt 18 Jahre, mit der Möglichkeit einer Senkung auf 16 Jahre im Falle einer Schwangerschaft oder des gegenseitigen Einvernehmens. Die NGO „League of Women of Creative Initiative“ geht von 2.000 bis 3.000 Zwangsehen bzw. Ehen von Minderjährigen jährlich aus (USDOS 20.04.2018).
(AA – Auswärtiges Amt (3.2018a): Kasachstan, Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node, Zugriff 25.05.2018
CRC - UN Committee on the Rights of the Child (02.10.2015): Concluding observations on the fourth periodic report of Kazakhstan [CRC/C/KAZ/CO/4], https://www.ecoi.net/en/file/local/1131920/1930_1444381667_crc-c-kaz-co-4-21927-e.doc, Zugriff 12.07.2018
EP – European Parliament (13.04.2016): Implementation and review of the EU-Central Asia Strategy, European Parliament resolution of 13 April 2016 on implementation and review of the EU-Central Asia Strategy (2015/2220(INI)) [P8_TA-PROV(2016)0121], http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+TA+P8-TA-2016-0121+0+DOC+PDF+V0//EN, Zugriff 25.05.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018b): Kasachstan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft/, Zugriff 13.07.2018
USDOS - US Department of State (15.08.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1407971.html, Zugriff 25.05.2018
WEF – World Economic Forum (2017): Kazakhstan – Gender Gap Index 2017, Country Score Card, http://www3.weforum.org/docs/WEF_GGGR_2017.pdf, Zugriff 22.06.2018
ZA – Zentralasien Analysen (29.06.2018): Chronik: Kasachstan im Jahr 2018, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/chroniken/Chronik_Kasachstan_2018.pdf, Zugriff 13.07.2018
ZA – Zentralasien Analysen (01.04.2016): Kasachstan, 20. Februar – 25. März 2016, Zentralasien_Analysen Nr. 99, http://www.laender-analysen.de/zentralasien/pdf/ZentralasienAnalysen99.pdf, Zugriff 06.07.2018)
Bewegungsfreiheit
Das Gesetz garantiert die innere Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr. Trotz einiger Einschränkungen respektiert die Regierung diese Rechte und kooperiert mit dem Flüchtlingshochkommissariat und anderen humanitären Organisationen, um Binnenflüchtlingen, Flüchtlingen, rückkehrenden Flüchtlingen, Asylwerbern, Staatenlosen und anderen betroffenen Personen Schutz und Unterstützung zu gewähren (USDOS 20.04.2018).
(USDOS - US Department of State (20.04.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Kazakhstan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430384.html, Zugriff 05.06.2018)
Grundversorgung und Wirtschaft
Im Februar 2014 musste der Tenge um fast 20% abgewertet werden. Die Verschiebung bei der Aufnahme der Erdölförderung in Kasachstan zeigte Auswirkungen, vor allem aber bereitet die schwächelnde russische Wirtschaft bei der engen Verknüpfung beider Ökonomien Probleme. Bei der mangelnden Diversifizierung der Wirtschaft hat Kasachstan darüber hinaus wenige Einflussmöglichkeiten. Der global immer weiter sinkende Ölpreis macht die wirtschaftliche Situation immer schwieriger. Ende 2015 hatte der Tenge einen um mehr als 50% geringeren Wert als zu Beginn des Jahres. Die Führung des Landes reagiert mit verschiedenen Antikrisenmaßnahmen. Beobachter halten vor allem auch eine effektive Bekämpfung der weit verbreiteten Korruption für notwendig (GIZ 06.2018c).
Die Wirtschaftskrise, traf die mittleren Einkommensgruppen am stärksten und verkleinerte die Kluft zu den ärmsten Bevölkerungsschichten. Laut UNDP-Bericht über die menschliche Entwicklung 2016 liegen 36,4% der Bevölkerung unter der nationalen Armutsgrenze. 2001 waren dies noch 47%. Dennoch bestehen soziale Ausgrenzung und Marginalisierung ebenso weiter, wie auch eine grundlegende Ausgrenzung durch Armut und schlechte Bildung (BTI 2018).
Die Reallöhne sinken seit mehreren Jahren. Unzufriedenheit mit der eigenen sozialen Lage und mit von der Regierung geplanten Reformen wirkt nur die Menschen wenig aktivierend. Anfang Februar 2014 hat die Freigabe des Tenge-Kurses und die darauffolgende Entwertung zu Protesten geführt, was ein Durchgreifen der Sicherheitskräfte provozierte. Die aktuelle Wirtschaftskrise und die damit verbundene Entwertung des Tenge verschärfen die sozioökonomische Lage großer Teile der Bevölkerung. Bislang tragen aber nur verzweifelte Hypothekenschuldner ihren Protest auf die Straße, doch kann man die Demonstrationen gegen das Projekt eines neuen Landgesetzes im Frühjahr 2016 - die bislang größten im unabhängigen Kasachstan - als Zeichen interpretieren, dass die Geduld vieler Kasachen nicht unendlich ist. Der Anteil der nach internationaler Definition Armen erscheint gering, doch erfordert das Überleben in so teuren Städten wie Almaty und Astana weit mehr als 2 US-Dollar pro Tag. Besonders von Armut betroffen sind häufig Rentner, daneben Arbeitslose und ländliche Zuwanderer. Die Arbeitslosenquote wurde im Juli 2017 offiziell mit 4,9% angegeben, inoffizielle Zahlen nennen mehr als 10% (GIZ 06.2018b).
Bei den Wohlfahrtsleistungen wird zwischen Zulagen und Sozialleistungen unterschieden. Erstere werden von der öffentlichen Hand an alle bedürftigen Bürger ausgeschüttet, letztere werden von der Sozialversicherung nur an Beitragszahler ausbezahlt. Die Sozialversicherung ist verpflichtend für Arbeitnehmer und Selbständige (e.gov. 02.07.2018).
Der sogenannte monatliche Berechnungsindex (MCI) dient der Berechnung von Pensionen, Beihilfen und anderen Sozialleistungen. 2018 beträgt der MCI 2.405 KZT [das sind 5,95 € mit Stand 6.7.2018]. Das Mindestgehalt beträgt 2018 28.284 KZT, die Mindestpension 33.745 sowie die Mindeststufe für die Berechnung der Basis für die Sozialbeihilfe 28.284 KZT (e.gov 06.07.2018).
Die Dauer des Mutterschaftsurlaubs beträgt 126 Kalendertage (70 Kalendertage vor der Geburt und 56 Kalendertage nach der Geburt). Gemäß Gesetz darf der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem Mutterschaftsurlaub niemanden entlassen. Ein solcher Urlaub kann grundsätzlich vom Vater oder der Mutter in Anspruch genommen werden (e.gov 22.06.2018).
Die Unterstützungszahlungen im Falle der Schwangerschaft und Geburt werden als Einmalbeträge gewährt, während das Kindergeld monatlich bis zum Alter von einem Jahr ausgezahlt wird. Die monatliche Kinderbeihilfe bis zum Erreichen des ersten Lebensjahres berechnet sich nach dem monatlichen Durchschnittseinkommen. Anlässlich der Kindsgeburt wird für das erste bis dritte Kind das achtunddreissigfache des MCI-Wertes ausbezahlt (91.3590 KZT mit Stand 12.7.2018), für das vierte und weitere dreiundsechzigmal des MCI-Wertes. Das zusätzliche Monatsgeld bis zum Alter von einem Jahr beträgt für das erste Kind 5,76 mal der MCI, für das zweite 6,81 mal der MCI, für das dritte 7,85 mal der MCI und für jedes weiter Kind 8,90 mal der MCI (e.gov 22.06.2018).
Das Arbeitslosengeld richtet sich nach dem vormaligen Einkommen der letzten 24 Monate multipliziert mit einer Einkommensersatzrate. Die Bezugszeit hängt von der Länge der Beschäftigungszeit ab. Der Ersatzratenfaktor beträgt 0,3. Teilnehmer aus dem obligatorischen kasachischen Sozialversicherungssystem erhalten im Falle des Verlustes des Arbeitsplatzes je nach Beitragseinzahlungen abgestuft, zwischen einem Monat und sechs Monaten Arbeitslosengeld (e.gov 02.07.2018).
(BTI - Bertelsmann Stiftung: BTI 2018; Kazakhstan Country Report, 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1427412/488344_en.pdf, Zugriff 25.05.2018
E.gov (02.07.2018): Allowances and social benefits in Kazakhstan, http://egov.kz/cms/en/articles/allowance, Zugriff 12.07.2018
E.gov (22.06.2018): Parental leave, http://egov.kz/cms/en/articles/child/ui_decret, Zugriff 12.07.2018
E.gov (27.02.2018): Minimum calculated indexes, http://egov.kz/cms/en/articles/article_mci_2012, Zugriff 06.07.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018b): Kasachstan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft/, Zugriff 13.07.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2018c): Kasachstan, Wirtschaft und Entwicklung, https://www.liportal.de/kasachstan/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 13.07.2018)
Medizinische Versorgung
Die ärztliche und zahnärztliche Versorgung in Kasachstan entspricht nicht europäischen Verhältnissen. In Astana, in allen Stadtbezirken Almatys und in den größeren Städten Kasachstans existieren vereinzelt kleinere Kliniken mit internationalem Standard (SOS International, IMC, Interteach). Die Ausstattung der Apotheken in Kasachstan entspricht nicht europäischem Standard, jedoch sind in der Regel ausreichend Medikamente zur Behandlung unkomplizierter Krankheiten vorhanden (AA 09.03.2018).
Die Reform des Gesundheitswesens wurde und wird mit vielerlei Programmen vorangetrieben, während sich das zuständige Ministerium zufrieden mit den Ergebnissen zeigt, sind es die Betroffenen offenbar weniger. Nach Angaben der WHO wurden 2014 nur 4,3% des BIP für den Gesundheitssektor aufgewendet. Ein Überblick zeigt, dass der Gesundheitszustand der Bürger Kasachstans zu wünschen übrig lässt. Die relativ hohe TB-Rate der neunziger Jahre hat sich zwar verbessert, ist aber immer noch vergleichsweise hoch. Nur eine Grundsicherung auf niedrigem Niveau ist kostenfrei, die notwendige Zuzahlung für viele Untersuchungen, plus die häufig geforderten „inoffiziellen“ Zahlungen schließen einen beträchtlichen Teil der Bevölkerung, gerade Rentner, von der medizinischen Betreuung aus. Wer viel zahlen kann, wird bestens und auf höchstem Niveau behandelt. Das Versorgungsangebot ist auch sehr ungleichmäßig, wie überall in den Städten besser als auf dem Land, manche Gebiete Kasachstans sind aber auch sehr viel schlechter versorgt als andere. Dies wird sogar in einem mehrjährigen Unterschied beispielsweise der Lebenserwartung der Bevölkerung sichtbar: im Gebiet Nord-Kasachstan betrug sie 2010 66,3 Jahre, in der Stadt Astana 73,2 Jahre. Für eine zahlungskräftige ausländische Klientel von Medizintouristen ist Kasachstan dagegen sogar ein Anziehungspunkt geworden. Die Bezahlung des im öffentlichen Sektor beschäftigten medizinischen Personals ist sehr niedrig, was sich auf die Reputation der Gesundheitsberufe und manchmal auch das Engagement auswirkt (GIZ 06.2018b).
Tuberkulose stellt in Kasachstan ein relevantes Gesundheitsproblem dar. Es werden immer noch 100 Neuerkrankungen pro 100 000 Einwohner pro Jahr erfasst. Die Resistenzrate des Tuberkelerregers gegen die üblichen Tuberkulosemedikamente liegt relativ hoch (AA 09.03.2018).
(AA – Auswärtiges Amt (09.03.2018): Kasachstan: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/kasachstansicherheit/206342, Zugriff 25.05.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2016b): Kasachstan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft/, Zugriff 13.07.2018)
Rückkehr
Die Lage der Zuwanderer ist prekär, sowohl der kasachischen, die auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen vom Land in die Städte kommen und dort auf Wohnungsprobleme stoßen und nur wenig Geld mit wenig qualifizierten Tätigkeiten verdienen, als auch der Arbeitsmigranten aus den benachbarten zentralasiatischen Republiken, deren Status und soziale Lage noch problematischer sind (GIZ 06.2018b).
Zu Beginn wurde in Kasachstan, als Teil eines postsowjetischen Nation-Building-Prozesses, der staatliche Ansatz einer „Rückholung“ ethnischer Kasachen ins Land verfolgt. Die Umsetzung verschiedener Rückführungsprogramme erwies sich jedoch schwieriger als erwartet, da sich die Rückkehrer nicht „natürlich" in die kasachische Gesellschaft integriert haben. Die sogenannten „Oralmans“ [Rückkehrer] stellen damit bis heute eine problematische soziale Gruppe dar (CAP 4.2017) obwohl ihnen Mittel zwecks Landerwerbs, Hilfe bei der Arbeitsplatzsuche, Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für Kinder in Vorschuleinrichtungen und Schulen, und anderen sozialen Einrichtungen, weiterführende Ausbildungslehrgänge, Aufschub bei der Absolvierung des Wehrdienstes, Pensions- und Unterstützungszahlungen, medizinische Leistungen, zoll- und steuerfreier Transfer von Gütern, inklusive Viehbeständen, bei der Übersiedlung nach Kasachstan sowie Quotenplätze in Einrichtungen der mittleren und höheren Berufsbildung gewährt werden (e.gov 15.02.2018).
(CAP – Central Asia Project (04.2017): Ethnic Return Migration in Kazakhstan: Shifting State Dynamics, Changing media discourses, http://centralasiaprogram.org/wp-content/uploads/2017/04/CAP-Papers-184-Apr2017-Berikbol-Dukeyev-1.pdf, Zugriff 12.07.2018
e.Government [Kazakhstan] (15.02.2018): Oralmans (repatriants) status and rights, https://egov.kz/cms/en/articles/oralmans_rights_conditions, Zugriff 12.07.2018
GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (06.2016b): Kasachstan, Gesellschaft, https://www.liportal.de/kasachstan/gesellschaft/, Zugriff 13.07.2018)
Anfragebeantwortungen:
Wie sieht die grundsätzliche Situation von ethnischen Deutschen in Kasachstan aus?
Die Situation der ethnischen Deutschen in Kasachstan kann keineswegs als grundsätzlich schlecht bezeichnet werden. Seit der Unabhängigkeit Kasachstans 1991 ist zwar die überwiegende Mehrheit der ethnischen Deutschen aus Kasachstan nach Deutschland ausgewandert. Es befinden sich noch ca. 200.000 ethnische Deutsche in Kasachstan. Nach Auskunft des deutschen Botschafters in Astana sind jedoch zahlreiche Auswanderer wieder nach Kasachstan zurückgewandert. Diese stellten ein sehr gutes Potential für deutsche Firmen dar, die in Kasachstan arbeiten, da diese ethnischen Deutschen sowohl die lokale wie die deutsche Mentalität kennten bzw. die nötigen Sprachkenntnisse hätten. Allgemein ist festzustellen, dass ethnische Deutsche in Kasachstan nach wie vor als besonders fleißige, tüchtige und „ordentliche“ Menschen gelten und deren Auswanderung als „brain drain“ beklagt wird.
(ÖB Astana (16.07.2014): Auskunft der Botschaft per Mail)
Die DAZ gibt im Interview mit dem deutschen Botschafter in Kasachstan an:
In Kasachstan leben rund 180.000 ethnische Deutsche, die von der Bundesrepublik Deutschland gefördert werden. […]
Die Deutschen in Kasachstan sind mittlerweile eine kleine Minderheit. Durch die Spätaussiedler ist Kasachstan in Deutschland ein Begriff. Jeder kennt irgendeinen Kasachstandeutschen, d.h. es gibt eine gewisse emotionale Beziehung von Deutschland zu Kasachstan und umgekehrt. Die deutsche Minderheit ist eine menschliche Brücke nach Kasachstan, weil es mittlerweile sehr viele Deutsche aus Kasachstan gibt, die in Deutschland leben- und nicht nur in München oder Berlin, sondern auch in vielen kleineren Städten. Die Kasachstandeutschen haben in Kasachstan ein gutes Bild der deutschen Tugenden hinterlassen. Wir tun natürlich alles, um die hier verbliebenen Deutschen bei der Pflege ihrer Identität in Kasachstan zu unterstützen. Dafür wäre es ganz gut, wenn der Dachverband der Kasachstandeutschen, die Assoziation, auch da wäre, wo die Mehrheit der Deutschen in Kasachstan leben, nämlich in Nordkasachstan und vor allem dort, wo die Regierung ist, in Astana. Die Assoziation hat ihren Sitz in Almaty nur, weil früher dort die Regierung war. […]
Wir merken deutlich, dass die Anzahl der ethnischen Deutschen steigt, die nach Deutschland auswandern wollen. Das liegt mit Sicherheit an den vor kurzem vereinfachten Aufnahmebestimmungen. Die deutsche Sprache hatte auch im Bildungssystem einen gewissen Stellenwert. Nun wird sie im kasachischen Bildungssystem mehr und mehr verdrängt als zweite oder dritte Fremdsprache. Wie bewerten Sie die aktuelle Situation?
Dass die deutsche Sprache mehr und mehr verdrängt wird, hängt damit zusammen, dass hier in Kasachstan Englisch aktiv gefördert wird und auch, dass keine knappe Million ethnischer Deutscher mehr hier wohnt. Zunehmend fehlen Deutschlehrer.
(DAZ – Deutsche Allgemeine Zeitung (28.03.2014): Kasachstan begrüßt deutsche Verantwortung, http://deutsche-allgemeine-zeitung.de/de/content/view/2971/1/, Zugriff 11.07.2014)
FH berichtet, dass die kasachische Justiz regelmäßig die Interessen des Regimes anstatt die von Einzelpersonen, Minderheiten und schwächeren Schichten der Gesellschaft schützt. Kazakhstan’s judiciary consistently protects the interests of the regime rather than those of individuals, minorities, and the weaker strata of society.
(FH – Freedom House (12.06.2014): Nations in Transit 2014 – Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/277849/407195_de.html, Zugriff 11.07.2014)
Nach Angaben der Volkszählung des Jahres 2012 leben etwa noch 180.000 ethnische Deutsche in der Republik Kasachstan, besonders viele von ihnen in Gebieten Nord- und Ostkasachstans. Vor den erheblichen Migrationsprozessen der 1990er Jahre waren noch 958.000 ethnische Deutsche in der kasachischen Teilrepublik der Sowjetunion statistisch erfasst. Mit knapp 6 % der Gesamtbevölkerung bildete die deutsche Minderheit eine der größten Bevölkerungsgruppen in Kasachstan. […] Das Bundesministerium des Innern setzt seine Fördermaßnahmen mit Hilfe der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der AgVDK um. Schwerpunkte der Förderung liegen im Sprach-, Jugend- und sozialen Bereich. Die Förderung wird in jährlich stattfindenden zwischenstaatlichen Regierungskommissionen abgestimmt. Der Beauftragte der Bundesregierung für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten nimmt dabei die Funktion des deutschen Co-Vorsitzenden wahr.
(www.aussiedlerbeauftragter.de (03.07.2013): Deutsche Minderheit der Republik Kasachstan, http://www.aussiedlerbeauftragter.de/AUSB/DE/Themen/deutsche-minderheiten/deutsche-minderheiten-gus/republik-kasachstan/republik_kasachstan_node.html, Zugriff 11.07.2014)
Heute fand in Astana die 11. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission statt, die sich mit den Angelegenheiten der ethnischen Deutschen der Republik Kasachstan befasst. […] Grundsätzliches Einvernehmen bestand darin, dass es nach wie vor im Interesse beider Länder liegt, den noch rund 180.000 deutschstämmigen Bürgern Kasachstans gute Rahmenbedingungen für ihre Lebens- und Arbeitsverhältnisse zu gewährleisten. Die seit Jahren erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern soll deshalb fortgeführt werden. […] Gegenstand der gemeinsamen Erörterungen waren insbesondere Fragestellungen aus dem kulturellen und humanitären Bereich, Fragen der Bildungs- und Jugendpolitik sowie die Fortsetzung der sozialen Programme für die deutsche Minderheit in Kasachstan.
(www.bmi.bund.de (09.12.2013): Erfolgreicher Abschluss der 11. Sitzung der Deutsch-Kasachischen Regierungskommission in Astana, http://www.bmi.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2013/12/regierungskommission.html, Zugriff 11.07.2014)
USDOS berichtet, dass es Berichte über gesellschaftliche Diskriminierung aufgrund Religionszugehörigkeit, Glauben oder Praxis. Muslime, Russisch-Orthodoxe, Römisch-Katholische, Lutheraner und jüdische Führer berichten über hohe Akzeptanz in der Gesellschaft. Das Strafgesetzbuch verbietet die Anstiftung zu interethnischen oder interreligiösem Hass.
There were reports of societal discrimination based on religious affiliation, belief, or practice. Muslim, Russian Orthodox, Roman Catholic, Lutheran, and Jewish leaders reported high levels of acceptance in society. The election law prohibits political parties based upon ethnicity, gender, or religious affiliation. The criminal code prohibits the incitement of interethnic or interreligious hatred.
(USDOS – US Department of State (20.05.2013): 2012 International Religious Freedom Report – Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/247472/371057_de.html, Zugriff 15.07.2014)
USDOS berichtet zusammengefasst von Berichten von Misshandlungen von ethnischen Minderheiten. Kasachisch ist die offizielle Amtssprache. Das Gesetz verlangt nicht die kasachische Sprache für den Eintritt in den Staatsdienst und verbietet Diskriminierung aufgrund der Sprache.
Other reported abuses included: arbitrary or unlawful killings; military hazing that led to deaths; detainee and prisoner torture and other abuse; harsh and sometimes life threatening prison conditions; arbitrary arrest and detention; infringements on citizens’ privacy rights; prohibitive political party registration requirements; restrictions on the activities of nongovernmental organizations (NGOs); violence and discrimination against women; abuse of children; sex and labor trafficking; discrimination against persons with disabilities and ethnic minorities; societal discrimination against lesbian, gay, bisexual, and transgender (LGBT) persons, and persons with HIV/AIDS; and child labor. […] Kazakh is the official state language, although organizations and bodies of local self-administration may officially use Russian on an equal basis with Kazakh. The law does not require the ability to speak Kazakh for entry into the civil service and prohibits discrimination on the basis of language. (Anmerkung: Da die Amtssprache Deutsch ist, wird zwecks Vermeidung von Verfahrensmängeln dieser Absatz in den erstinstanzlichen Feststellungen übersetzt: Andere gemeldete Missbräuche waren: willkürliche oder rechtswidrige Tötungen; militärische Schikanen, die zu Todesfällen führten; Folter und sonstiger Missbrauch von Häftlingen; harte und manchmal lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Verhaftungen und Anhaltungen; Verletzungen der Datenschutzrechten/Recht auf Privatsphäre der Bürger; unerreichbare Anforderungen an die Registrierung politischer Parteien; Beschränkungen der Tätigkeit nichtstaatlicher Organisationen (NGOs); Gewalt und Diskriminierung von Frauen; Missbrauch von Kindern; Sex- und Menschenhandel; Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und ethnischer Minderheiten; gesellschaftliche Diskriminierung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender und HIV/AIDS-Erkrankten; sowie Kinderarbeit. [...] Kasachisch ist die offizielle Staatssprache, obwohl Organisationen und Körperschaften der lokalen Selbstverwaltung offiziell Russisch auf gleicher Basis mit Kasachisch verwenden können. Das Gesetz schreibt nicht die Möglichkeit vor, Kasachisch für den Eintritt in den öffentlichen Dienst zu sprechen und verbietet Diskriminierung aufgrund der Sprache.)
(USDOS – US Department of State (27.02.2014): Country Report on Human Rights Practices 2013 – Kazakhstan, http://www.ecoi.net/local_link/270744/400853_de.html, Zugriff 15.07.2014)
Heute ist Kasachstan laut Verfassung ein säkularer Staat, Religionsfreiheit wie die Gleichberechtigung der Religionen garantiert. Voraussetzung für jede Tätigkeit ist die staatliche Registrierung, politisch-religiöse Vereinigungen sind verboten. Doch wird der Islam von der Führung für das State- und Nationbuilding verwendet. […] Die Menschen konnten sich zu ihrem Glauben bekennen, es entstanden zahlreiche neue Gemeinden und Gotteshäuser. Alle Angaben über die Zahl der Gläubigen, egal welcher Glaubensrichtung sind aber bis heute Schätzungen und unterscheiden sich z.T. erheblich. Insgesamt sollen in Kasachstan mehr 40 als verschiedene Konfessionen vertreten sein. […] Das Zusammenleben war seit der Unabhängigkeit nicht problemfrei, aber abgesehen von ganz kleinen, lokal begrenzten Auseinandersetzungen, friedlich. Nicht nur in der Verfassung, sondern auch in der Realität genossen die Nationalitäten Schutz; Eintracht zwischen den Nationalitäten war ausdrückliches Politikziel. […] Prekär ist auch die Lage der Zuwanderer, sowohl der kasachischen, die auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen vom Land in die Städte kommen und dort auf Wohnungsprobleme stoßen und nur wenig Geld mit wenig qualifizierten Tätigkeiten verdienen, als auch der Arbeitsmigranten aus den benachbarten zentralasiatischen Republiken, deren Status und soziale Lage noch problematischer sind.
(GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (o.D.): Kasachstan, Vielvölkerstaat Kasachstan, http://liportal.giz.de/kasachstan/gesellschaft/#c26633, Zugriff 15.07.2014)
1. Kann es stimmen, dass es aufgrund einer Politik der Nationalisierung ethnische Kasachen z.B. bei der Arbeitsplatzvergabe ethnischen Deutschen vorgezogen werden?
Insbesondere in der staatlichen Verwaltung Kasachstans werden ethnische Kasachen bevorzugt. Es sind jetzt gute kasachische Sprachkenntnisse Voraussetzung für das Vordringen in höhere Ebenen der Verwaltung. Nach wie vor gibt es jedoch Beispiele für ethnische Deutsche auch in hohen Verwaltungsfunktionen in Kasachstan, so etwa der Erste Vizeminister für Industrie und Neue Technologien Albert Rau oder der Stellvertretende Generalstaatsanwalt Johann Merkel. Letzterer sagte allerdings in einem Gespräch mit Gefertigtem (er freute sich sichtlich darüber, deutsch sprechen zu können), dass von seiner Verwandtschaft fast sämtliche Familienmitglieder bereits nach Deutschland ausgewandert seien, nur seine engste Familie von fünf Personen sei noch in Kasachstan.
(ÖB Astana (16.07.2014): Auskunft der Botschaft per Mail)
2. Sind Fälle von Zwangskonvertierungen im zentralen Kasachstan bekannt?
Zwangskonvertierung (in welche Richtung immer) ist in Kasachstan völlig unbekannt. Das Land verkündet immer wieder sehr stolz, 130 Ethnien und 40 Religionen ein friedliches Zusammenleben zu ermöglichen. Dies wird auch von den lokalen Vertretern der großen Religionen bestätigt. Es gibt keinerlei Beeinträchtigung für Angehörige des christlichen Glaubens in Kasachstan. Ethnische Russen stellen etwa 30% der Bevölkerung und sind zumeist russisch-orthodox, aber auch Angehörige der katholischen und lutheranischen Glaubensrichtung haben keinerlei Probleme in Kasachstan.
(ÖB Astana (16.7.2014): Auskunft der Botschaft per Mail)
3. Ist es vorstellbar, dass ethnische Deutsche z.B. in einem Lebensmittelgeschäft nicht bedient werden?
Es ist völlig undenkbar, dass ein ethnischer Deutscher aufgrund seiner Ethnie in einem Lebensmittelgeschäft in Kasachstan nicht bedient werden würde.
(ÖB Astana (16.07.2014): Auskunft der Botschaft per Mail)
4. Hätten die Antragsteller bei einer Rückkehr mit Nachteilen zu rechnen?
Ethnische Deutsche haben bei einer Rückkehr keinerlei Nachteile zu erwarten. Wie schon unter 1. dargestellt ist die Zahl der tatsächlichen Rückkehrer aus Deutschland nach Kasachstan nicht unbeträchtlich. Kasachstan ist mit mehr als 2,7 Mio. km2 flächenmäßig der neuntgrößte Staat der Welt, welcher mit nur 17 Mio. Einwohnern nur sehr dünn besiedelt ist.
(ÖB Astana (16.07.2014): Auskunft der Botschaft per Mail)
2. Beweiswürdigung:
1. Die Identität von P1 konnte bereits im ersten Asylverfahren nach Vorlage eines österreichischen Führerscheins und jene von P2 nach Vorlage ihres kasachischen Führerscheins festgestellt werden (siehe Feststellungen 1.). Die Feststellungen zu den Verwandtschaftsverhältnissen, Staatsangehörigkeit, Volksgruppe und Glauben (siehe Feststellungen 1.) beruhen auf den Angaben von P1 und P2.
2. Die Feststellungen zu den rechtskräftig abgeschlossen ersten drei Asylverfahren (siehe Feststellungen 2.) ergeben sich aus den Inhalten der vorliegenden Verfahrensakte, sowie gegenständlichen Akten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Daraus geht auch hervor, dass P1 und P2 in den ersten Asylverfahren angegeben haben problemlos, legal mit dem Flugzeug und ihren kasachischen Auslandreisepässen ausgereist zu sein, diese seien ihnen aber nach ihrer Einreise in Österreich noch vor Asylantragstellung gestohlen worden. In den zweiten Asylverfahren gaben P1 und P2 an neuerlich problemlos, legal mit dem Flugzeug und von den Behörden neu ausgestellten kasachischen Auslandreisepässen ausgereist zu sein, diese hätten sie aber nach ihrer Einreise in Österreich und noch vor Asylantragstellung in einem Taxi vergessen.
Aus den Akten der früheren Asylverfahren geht hervor, dass P1 und P2 bereits in den ersten Asylverfahren vorgebracht haben, dass es seit 2001 spürbare Nationalisierung in Kasachstan gibt. Wahabiten hätten gesagt, P1 und P2 seien Russen und sollten aus Kasachstan verschwinden. Später gab P1 an, er würde seit ca. römisch 40 von zwei kasachischen Wahabiten verfolgt, die P1 beim damals ersten Besuch anwerben hätten wollen bzw. sollte P1 zum Islam konvertieren. Er habe abgelehnt und sei deshalb verprügelt worden. Anfang römisch 40 als sie P1 zum zweiten Mal abgepasst hätten, hätten sie ihm DVSs in Russisch mit arabischen Untertiteln über den Islam aufgedrängt und gedroht P2 und P3 zu entführen (Variante: angedeutet, dass P1 an seien Familie denken solle). Am römisch 40 sei die einzige Kuh von P1 verschwunden. Bei Anzeigenerstattung habe der Inspektor gesagt, diese könnte gestohlen worden sein und P1 solle zum Islam konvertieren, jedoch habe er keine Anzeige aufgenommen. Am römisch 40 sei P1 neuerlich abgepasst worden und habe man versucht ihn zu überreden. Anfang römisch 40 seien sie in der Früh nach Hause gekommen und hätten P2 gedroht, dass es ihr wie ihrem Vater ergehen würde. P1 setzten sie eine Frist von einem Monat seine Meinung zu ändern. P1 habe mitbekommen, dass langsam seine Konversion vorbereitet worden sei. P2 gab ebenfalls an, dass sie und P1 von Wahabiten gezwungen werden hätten sollen, zum Islam überzutreten, was sie abgelehnt hätten. Man habe P2 mit Entführung gedroht und dass sie das gleiche Schicksal wie ihr Vater im Jahr 2007 erleiden werde. Diesen hätte man entführt und P2 vermute, dass er als irgendwo Sklave gehalten werde.
P1 und P2 wiederholten in den zweiten Asylverfahren dieses Vorbringen und gaben weiters an, die Familie habe neuerlich aus der Republik Kasachstan fliehen müssen, da P1 wieder von Wahabiten bedroht worden sei. Die Wahabiten hätten P1 erklärt, er solle für sie arbeiten und müsse zum Islam konvertieren. Sie hätten P3 und P4 im römisch 40 entführt. P1 habe als Chauffeur für diese Gruppe arbeiten müssen und im Zuge dessen bestimmte Waren, er vermute, dass es sich dabei um Militärausrüstung und Waffen gehandelt habe, zu transportieren gehabt. P1 habe geplant, den römisch 40 aufzusuchen, um dort von seinen Problemen zu berichten. Dort angekommen, habe er jedoch die Wahabiten vor der Polizeistation sitzen sehen. P3 und P4 habe man nach deren Entführung wieder nach Haus gebracht. Etwa einen Monat später seien dieselben Leute erneut an P1 herangetreten, um diesem mitzuteilen, dass sie wieder einen Auftrag für ihn hätten. P1 habe zwar zugesagt, sei sodann jedoch gemeinsam mit P2 bis P4 geflohen. In seinem Herkunftsstaat habe P1 nie Probleme mit Behörden gehabt, sei nicht vorbestraft und niemals inhaftiert gewesen. Es bestünden keine aktuellen Fahndungsmaßnahmen hinsichtlich seiner Person und sei P1 nie politisch tätig gewesen. P1 habe nur Probleme aufgrund seiner Religionszugehörigkeit gehabt. Auf die Fragen, warum es seiner Familie, seinen eigenen Angaben zufolge, möglich sei, ohne Probleme und in relativem Wohlstand in der Heimat zu leben und einzig von P1 verlangt worden sei, dass er mit Wahabiten kooperiere und zum Islam konvertiere, gab P1 an, römisch 40 . Befragt, warum man P1 zu den geschilderten Transportaufträgen verhalten habe, wo doch anzunehmen wäre, dass den Wahabiten selbst Autos und Transportmöglichkeiten zur Verfügung stünden, gab P1 an, dass dies schlichtweg in seiner slawischen Volksgruppenzugehörigkeit (Anmerkung: laut P1 gehört er der Volksgruppe der Deutschen an) begründet läge. Nach dem Grund seiner ersten Ausreise aus dem Herkunftsstaat befragt, gab P1 an, Wahabiten wären bereits Anfang römisch 40 bei ihm zu Hause gewesen und hätten gedroht, P2 als Sklavin zu verkaufen, sollte P1 nicht für sie arbeiten.
Die zweiten Anträge auf internationalen Schutz wurden zuletzt mit rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.08.2014, Zahlen
1) W147 1416972-2/2E, 2) W147 1416974-2/2E, 3) W147 1416975-2/2E, und
4) W147 1422052-2/2E, als unbegründet abgewiesen. Die Revision wurde jeweils gemäß
Art. 133 Absatz 4, B-VG für nicht zulässig erklärt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die gesunden P1 bis P4 ihren Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten haben. Weiters lagen keine stichhaltigen Gründe vor, dass sie konkret Gefahr liefen, in ihrem Herkunftsstaat der Folter, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Strafe bzw. der Todesstrafe unterworfen zu werden. P1 und P2 waren nicht nur ihr in sich widersprüchliches Vorbringen vorzuwerfen, sondern auch Widersprüche in Zusammenschau mit den jeweils unterschiedlichen Angaben von P1 und P2, die zur Begründung ihrer Anträge auf internationalen Schutz in Österreich eine ausgedachte Fluchtgeschichte präsentierten, die nicht auf tatsächlich Erlebtem beruhte (siehe dazu auch Verfahrensgang 2. Zweite Asylverfahren). Diese Erkenntnisse wurden den Beschwerdeführern nachweislich am 20.08.2014 zugestellt und erwuchsen damit in Rechtskraft.
P1 und P2 haben sich in ihren dritten Anträgen auf internationalen Schutz wieder auf ihr Vorbringen in den zweiten Asylverfahren berufen, weshalb es sich um eine bloße Wiederholung bzw. Fortsetzung der in den zweiten Asylverfahren genannten, nicht glaubhaften Fluchtgründe handelte, denen kein glaubhafter Kern innewohnte. P1 und P2 legten zwar ein Konvolut von fremdsprachigen Unterlage beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vor, nach Übersetzung durch das Bundesverwaltungsgericht (Anmerkung: Übersetzungen liegen im Beschwerdeakt im dritten Asylverfahren von P2 ein) stellte sich aber heraus, dass es sich dabei bloß um Berichte zur allgemeine Lage im Herkunftsstaat handelte, die für die konkreten Verfahren keine geeigneten Beweismittel darstellten, da diese für sich alleine nicht geeignet waren, das nicht glaubhafte Vorbringen von P1 und P2 zu unterstützen. Die dritten Verfahren erledigenden Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.2019, Zahlen 1) W215 1416972-3/23E, 2) W215 1416974-3/27E, 3) W215 1416975-3/19E und 4) W215 1422052-3/19E erwuchsen am 27.08.2019 in Rechtskraft. Dagegen erhobene außerordentliche Revisionen wurden mit Beschlüssen des Verwaltungsgerichtshofes vom 21.01.2020, Ra 2019/01/0393 bis 0396-7, als unzulässig zurückgewiesen.
In Lauf der gegenständlichen vierten Anträge auf internationalen Schutz verwiesen P1 und P2 neuerlich auf das unglaubwürdige Vorbringen ihrer früheren Asylverfahren. Bereits in diesen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren konnten P1 nicht glaubhaft machen, seinen Herkunftsstaat deswegen verlassen zu haben, weil er der Volksgruppe der Deutschen angehört und deswegen in seiner Heimat einer menschenunwürdigen Behandlung bzw. landesweiten Gruppenverfolgung ausgesetzt würde bzw. stimmen diese Behauptungen auch nicht mit den Länderfeststellungen (siehe Feststellungen 5.) überein römisch 40 . Sofern die rechtsfreundliche Vertretung in der letzten schriftlichen Stellungnahme an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl bzw. dies in der Beschwerde wiederholend bloß allgemeine, nicht substantiierte Zweifel an der Kompetenz von römisch 40 anführt, konnten diese - mangels objektiv nachvollziehbaren Argumenten – nicht ausreichend begründet werden. Es ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht entgegenzutreten, wenn es nach wie vor von der Vertrauenswürdigkeit des Sachverständigen ausgeht bzw. hat die rechtsfreundliche Vertretung damit keine begründeten Zweifel an seiner Gesetzestreue, Korrektheit, Sorgfalt, Charakterstärke und an seinem Pflichtbewusstsein geltend machen können.
Sofern P1 ausführt, in der Heimat diskriminiert zu werden, hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zutreffend auf die zahlreichen Verwandten (Angehörige der Volksgruppe der Deutschen) hingewiesen (siehe dazu Feststellungen 3), welche nach wie vor in der Republik Kasachstan leben. Dass diese sich in einer existenzbedrohend schlechten Lebenslage befinden würden, war den Ausführungen von P1 nicht zu entnehmen (siehe dazu auch Feststellungen 3.). Dass ausgerechnet P1 (und nicht seine zahlreichen Verwandten) Verfolgung durch radikal-islamischen Gruppierungen zu befürchten habe, konnte P1 auch in den (vierten) Asylverfahren nicht glaubhaft und nachvollziehbar darlegen. römisch 40 berufen sie sich damit wieder auf ihr Vorbringen in den vorangegangenen rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren; diese Berichte zur allgemeine Lage im Herkunftsstaat stellen auch für die vierten Verfahren keine geeigneten Beweismittel dar, da diese für sich alleine – wie auch schon in den dritten Asylverfahren - nicht geeignet sind, das nicht glaubhafte Vorbringen von P1 und P2 zu unterstützen. Dieses Vorbringen ist zudem von der Rechtskraft der vorherigen Verfahren umfasst und kann daher, wie schon Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in gegenständlichen Bescheiden zutreffend ausführt, auch nicht Gegenstand dieser Verfahren sein.
römisch 40
römisch 40 Ein lückenloser Schutz vor privaten Übergriffen könne naturgemäß in niemals gewährt werden, weswegen alleine das Fehlen dieses Schutzes nicht automatisch asylrelevant ist. Die Flüchtlingseigenschaft ist zu verneinen, wenn der Staat beim vorübergehenden oder einmaligen Entgleisen staatlicher Kontrolle nachträglich mit effektiven Mitteln gegen die Verantwortlichen vorgeht. Die Behörden in der Republik Kasachstan sind willens und fähig Angehörige von Minderheiten vor Übergriffen römisch 40 ausreichend zu schützen. Eine staatliche oder staatliche geduldete Diskriminierung von Angehörigen der deutschen Volksgruppe geht jedoch aus den Länderberichten nicht hervor (siehe Feststellungen 5.) und wurde von P1 auch nicht durch entsprechende Berichte nachgewiesen. Dass sich P1 im Fall einer tatsächlich vorliegenden Bedrohung per se nicht an die Polizei wenden könnte, sei von ihm nicht plausibel dargelegt worden. Weiters wird in den erstinstanzlichen Bescheiden zutreffend ausgeführt, dass P1 und P2 vor ihrer Ausreise aus der Republik Kasachstan offenbar keine Probleme mit den Behörden in seinem Heimatland gehabt und sich P1 und P2 wegen der Ausstellung ihrer Auslandsreisepässe am römisch 40 an die zuständigen Behörden gewandt haben. Zudem haben alle vier Beschwerdeführer die Heimat auf legalem Wege mit Visa römisch 40 verlassen.
Weites wird in den Bescheid von P1 und P2 wörtlich Folgendes ausgeführt und hiermit zum Inhalt dieser Erkenntnisse erklärt: „…Sofern Sie sich nun auf das am römisch 40
3. Die Feststellungen zur Schul- und Berufsausbildung von P1 und P2, ihrem Leben in der Republik Kasachstan sowie zu ihren dort lebenden zahlreichen Verwandten (siehe Feststellungen 3.), stimmen mit jenen in den erstinstanzlichen Bescheiden überein und ergeben sich aus den Angaben von P1 und P2 im Lauf ihrer Asylverfahren. Die Feststellungen zur gesundheitlichen Situation (siehe Feststellungen 3.) ergeben sich den von P1 und P2 vorgelegten bzw. sämtlichen in den erstinstanzlichen Akten einliegenden römisch 40 Weder aus den von P1 und P2 vorgelegten Berichten zur allgemeine Lage im Herkunftsstaat, noch aus den Länderfeststellungen (siehe Feststellungen 5.) geht hervor, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit Erlassung der rechtskräftigen Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichts in den dritten Asylverfahren vom 27.08.2019, Zahlen
1) W215 1416972-3/23E, 2) W215 1416974-3/27E, 3) W215 1416975-3/19E und
4) W215 1422052-3/19E, entscheidungswesentlich geändert hätte; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu Spruchpunkt römisch II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
4. Die Feststellungen zur Situation von P1 bis P4 in Österreich (siehe Feststellungen 4.), ergeben sich aus der Verhandlungsschrift des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.07.2019 (Anmerkung: die Verhandlung in den dritten Verfahren fand in derselben Gerichtsabteilung statt, die nunmehr auch zur Entscheidung in den vierten Verfahren zuständig ist), in Verbindung den Feststellungen in den rechtskräftigen Erkenntnissen der dritten Asylverfahren, den aktuellen niederschriftlichen Befragungen in den gegenständlichen vierten Verfahren sowie vorgelegten Unterlagen; diesbezüglich wird auf die nachfolgenden rechtlichen Ausführungen zu den Spruchpunkt den römisch III. bis römisch fünf. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl verwiesen.
5. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat der Beschwerdeführer (siehe Feststellungen 5.) sind mit jenen in den erstinstanzlichen Bescheiden ident. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben keinen Einwand gegen die Heranziehung dieser Informationsquellen (deren Inhalt sich seit den am 27.08.2019 rechtskräftig abgeschossenen dritten Asylverfahren bezüglich der Beschwerdeführer nicht entscheidungswesentlich geändert hat) erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen.
Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass in den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts in den dritten Asylverfahren auch noch etwas aktueller Berichte herangezogen wurden, z.B. USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, 13.03.2019, Kasachstan, https://www.state.gov/j/drl/rls/hrrpt/2018/sca/289248.htm; AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand 21.03.2019, abgefragt am 20.08.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node/-/206674; AA, Auswärtiges Amt, Kasachstan, Innenpolitik, Stand 21.03.2019, abgefragt am 20.08.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/kasachstan-node/-/206674, SSA, United States Social Security Administration, Übersicht über Sozialversicherungssysteme, Kasachstan 2018, März 2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2005502/kazakhstan.pdf;... welche aber alle mit den vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl in gegenständlichen Verfahren genannten Berichten in Einklang stehen. Sicherheitshalber hat das Bundesverwaltungsgericht auch noch - zusätzlich zur beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 01.04.2020 eingelangten Anfragebeantwortung zur religiösen Diskriminierung – weitere aktuelle Berichte durchgesehen, z.B. USDOS, United States Department of State, Religionsfreiheit 2019, 10.06.2020, https://www.state.gov/reports/2019-report-on-international-religious-freedom/kazakhstan/; TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2019, https://www.transparency.org/en/countries/kazakhstan; USDOS, United States Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2019, 11.03.2020, https://www.state.gov/reports/2019-country-reports-on-human-rights-practices/kazakhstan/; … Da aber alle Berichte im Wesentlichen nach wie vor mit den erstinstanzlichen Länderfeststellungen in gegenständlichen Bescheiden übereinstimmen bzw. keine Verschlechterung der Lage im Fall der Rückkehr der Beschwerdeführerin aufzeigen, konnten die Länderfeststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bedenkenlos für diese Erkenntnisse übernommen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
Zu Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl
In Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die vierten Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit
§ 2 Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen.
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012,, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz eins,) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (Paragraph 11, Absatz eins, AsylG).
Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt (siehe Beweiswürdigung 2.), waren P1 und P2 in den ersten drei Verfahren nicht glaubwürdig und entsprach ihr gesamtes Vorbringen zu den angeblichen Ausreisegründen nicht den Tatsachen. Siehe dazu auch die Ausführungen in den rechtskräftigen Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts in den zweiten Asylverfahren vom 11.08.2014, Zahlen 1) W147 1416972-2/2E, 2) W147 1416974-2/2E,
3) W147 1416975-2/2E und 4) W147 1422052-2/2E (Anmerkung: siehe dazu Verfahrensgang: 2. zweite Asylverfahren), sowie den Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.2019, Zahlen 1) W215 1416972-3/23E, 2) W215 1416974-3/27E,
3) W215 1416975-3/19E und 4) W215 1422052-3/19E (Anmerkung: siehe dazu Verfahrensgang: 3. dritte Asylverfahren). Seit den zweiten Asylverfahren sind die Beschwerdeführer nicht mehr in ihren Herkunftsstaat zurückgekehrt. Nachdem auch die neuen Verfolgungsbefürchtungen von P1 nicht glaubhaft gemacht werden können (siehe Beweiswürdigung 2.), sind die Beschwerden gegen Spruchpunkt römisch eins. der gegenständlichen Bescheide abzuweisen.
Da P1 und P2 weder für sich noch für P3 und P4 eine wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung in ihrem Herkunftsstaat glaubhaft machen können bzw. für P3 und P4 keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht wurden, sind die Beschwerden gegen Spruchpunkt römisch eins. der gegenständlichen Bescheide abzuweisen.
Zu Spruchpunkt römisch II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl
In Spruchpunkt römisch II. der Bescheide wurde die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Kasachstan gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen.
Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigen einem Fremden zuzuerkennen,
1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder
2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,
wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, ist mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden (Paragraph 8, Absatz 2, AsylG).
Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht.
Der Verwaltungsgerichthof hat in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, 2019/19/0006-3, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 06.11.2018, 2018/01/0106, zusammengefasst klargestellt, dass Paragraph 8, Absatz eins, AsylG, auch wenn er nicht der Statusrichtlinie entspricht, anzuwenden ist.
Vor dem Hintergrund der genannten Erkenntnisquellen und den darauf basierenden Feststellungen finden sich weder Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ausgesetzt sein werden noch, dass „außergewöhnliche Umstände“ der Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat entgegenstehen. Es lässt sich in diesen konkreten Fällen nicht ersehen, dass es den Beschwerdeführern in der Republik Kasachstan an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde (siehe dazu auch Beweiswürdigung 3.).
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P1 und P2 sind im arbeitsfähigen Alter und beide Beschwerdeführer verfügen in der Republik Kasachstan, sogar im Heimatort, nach wie vor über zahlreiche familiäre und soziale Anknüpfungspunkte (siehe dazu Feststellungen 3.). Zudem lebt das minderjährige Kind von P1 aus erster Ehe, für das P1 nach wie vor unterhaltspflichtig ist, bei der Ex-Ehegattin im Herkunftsstaat.
Gemäß der weiter oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist auf Grund er Gesetzeslage, auch wenn diese nicht der Statusrichtlinie entspricht, der Gesundheitszustand der Beschwerdeführer zu berücksichtigen. Eine Verletzung des Artikel 3, EMRK ist im Falle einer Abschiebung nach der Judikatur des EGMR, der sich die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts angeschlossen haben, jedenfalls nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen (vergleiche hierzu EGMR, U 02.05.1997, D v. United Kingdom, Nr. 30240/96; EGMR E 31.05.2005, Ovidenko Iryna and Ivan v. Finland, Nr. 1383/04 sowie VfGH vom 06.03.2008, B 2400/07, mwH). Der VfGH hat in einer Entscheidung vom 06.03.2008, B 2400/07-9, die Judikatur des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Artikel 3, EMRK zitiert und unter anderem sehr kurz zusammengefasst ausgeführt, dass der EGMR die unmenschliche Behandlung im Fall D. v. the United Kingdom (EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997, 93), es ging um die Abschiebung eines an Aids im Endstadium erkranken Staatsangehörigen von St. Kitts/Karibik, nicht bloß in der Krankheit des Beschwerdeführers, sondern in den besonderen Umständen, mit denen der Beschwerdeführer im Fall der Abschiebung konfrontiert wäre, nämlich im Risiko eines Todes unter qualvollen Umständen, sah. Im Fall Bensaid (EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001, 96), einer an Schizophrenie erkrankten Person, sah der EGMR in der Abschiebung nach Algerien keine Verletzung in Artikel 3, EMRK. Er bestätigte zwar die Ernsthaftigkeit des Krankheitszustandes, erklärte jedoch, dass die Möglichkeit einer Behandlung in Algerien grundsätzlich gegeben sei. Die Tatsache, dass die Umstände der Behandlung in Algerien weniger günstig seien, als im Vereinigten Königreich, sei im Hinblick auf Artikel 3, EMRK nicht entscheidend. Ebenso wenig erkannte der EGMR im Fall Ndangoya (EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03) eine Verletzung in Artikel 3, EMRK durch die Abschiebung einer mit HIV infizierten, noch nicht an Aids erkrankten Person. Der EGMR stellte fest, dass AIDS ohne Behandlung in etwa ein bis zwei Jahren ausbrechen dürfte, dass aber eine medizinische Behandlung im Herkunftsstaat (Tanzania) möglich sei. Dem Fall Salkic and others (EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04) lag ein Sachverhalt zu Grunde, nach dem den Eltern nach ihrer Einreise in Schweden im Jahr 2002 ein posttraumatisches Belastungssyndrom diagnostiziert wurde und ein Gutachten dem 14 Jahre alten Sohn und der römisch 40 Jahre alten Tochter ein sehr schweres Trauma attestierte. Der EGMR sah in der Abschiebung der Familie unter Verweis auf den o.a. Fall D. v. the United Kingdom keine Verletzung in Artikel 3, EMRK. Auch im Fall Ovdienko (EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04) lag nach der Entscheidung des EGMR keine Verletzung von Artikel 3, EMRK durch die Zurückschiebung einer an einem posttraumatischen Stresssyndrom und an Depression leidender Person vor. Diese hatte sich seit 2002 in psychiatrischer Behandlung befunden und wurde teilweise in einer geschlossenen psychiatrischen Krankenanstalt behandelt. Der EGMR begründete seine Entscheidung neuerlich damit, dass der Beschwerdeführer nicht an einer unheilbaren Krankheit im Endstadium leide und verwies auf seine Entscheidung im Fall D. v. the United Kingdom. Auch im Fall Hukic (EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05) sah der EGMR die Abschiebung einer am Down-Syndrom leidenden Person nicht als Verletzung von Artikel 3, EMRK. Er führte aus, dass es in Bosnien-Herzegowina Behandlungsmöglichkeiten gebe. Selbst wenn diese nicht den Standard wie in Schweden aufwiesen, nicht so leicht zu erhalten und kostenintensiver seien, würde eine Abschiebung nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände zu einer Verletzung des Artikel 3, EMRK führen. Im Fall Ayegh (EGMR 07.11.2006, Appl. 4701/05) drohte einem Beschwerdeführer, dem in zwei Gutachten eine schwere Traumatisierung, Depression, Angstzustände und die Gefahr, Selbstmord zu begehen, attestiert wurden, die Abschiebung in den Iran. Der EGMR begründete seine Entscheidung, die Beschwerde für unzulässig zu erklären, damit, dass schlechte Behandlungsmöglichkeiten im Iran kein Abschiebehindernis seien und dass auch die Selbstmorddrohung für den Fall der Ausweisung den Staat nicht daran hindere, die Abschiebung zu vollziehen, vorausgesetzt, dass konkrete Maßnahmen zur Verhinderung des angedrohten Selbstmordes vom Staat ergriffen werden. Die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Russland im Fall Goncharova & Alekseytsev (EGMR 03.05.2007, Appl. 31.246/06) erkannte der EGMR nicht als Verletzung in Artikel 3, EMRK, obwohl der Zeitbeschwerdeführer schwer psychisch krank war, bereits zwei Selbstmordversuche hinter sich und gedroht hatte, sich im Fall der Abschiebung umzubringen. Der EGMR begründete seine Entscheidung erneut – unter Zitierung der Entscheidung D. v. United Kingdom – damit, dass nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände Artikel 3, EMRK verletzt sein könnte. Der Zweitbeschwerdeführer sei jedoch nicht in einer geschlossenen Anstalt gewesen und habe auch nicht ständigen Kontakt mit einem Psychiater gehabt. Auch die Drohung im Falle der Abschiebung Selbstmord zu begehen, hindere den Vertragsstaat nicht daran, die Abschiebung zu veranlassen.
Nach der Entscheidung N. v. United Kingdom des EGMR vom 27.05.2008, Appl. 26.565/05, bringen es Fortschritte der medizinischen Forschung zusammen mit sozialen und wirtschaftlichen Unterschieden zwischen verschiedenen Ländern mit sich, dass sich das Niveau der im Konventionsstaat verfügbaren Behandlung deutlich von jener im Herkunftsstaat unterscheiden kann. Artikel 3, EMRK verpflichtet einen Vertragsstaat nicht dazu, solche Ungleichheiten durch die Gewährung von kostenloser und unbeschränkter Gesundheitsversorgung für alle Fremden ohne Aufenthaltsrecht in seinem Gebiet zu mildern. Das Gegenteil festzustellen, würde den Konventionsstaaten eine zu große Bürde auferlegen. Dies gilt auch in Hinblick auf die Ausweisung jeder Person, die an irgendeiner schweren, natürlich aufgetretenen mentalen oder körperlichen Krankheit leidet, die Leid, Schmerz und eine verringerte Lebenserwartung verursacht und eine spezielle Behandlung erfordert, die im Herkunftsland der Person nicht ohne weiteres oder nur zu beträchtlichen Kosten erhältlich ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR, des Verwaltungsgerichtshofs und des Verfassungsgerichtshofs, hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, allerdings muss der Betroffene auch tatsächlich Zugang zur notwendigen Behandlung haben, wobei die Kosten der Behandlung und Medikamente, das Bestehen eines sozialen und familiären Netzwerks und die für den Zugang zur Versorgung zurückzulegende Entfernung zu berücksichtigen sind vergleiche EGMR 13.12.2016, 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff).
Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Artikel 3, EMRK. Solche liegen jedenfalls vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben, aber bereits auch dann, wenn stichhaltige Gründe dargelegt werden, dass eine schwerkranke Person mit einem realen Risiko konfrontiert würde, wegen des Fehlens angemessener Behandlung im Zielstaat der Abschiebung oder des fehlenden Zugangs zu einer solchen Behandlung einer ernsten, raschen und unwiederbringlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands ausgesetzt zu sein, die zu intensivem Leiden oder einer erheblichen Verkürzung der Lebenserwartung führt vergleiche VwGH 21.02.2017, Ra 2017/18/0008, Rz 7-8 mit Verweis auf EGMR, 13.12.2016, Nr. 41738/10, Paposhvili gegen Belgien, Rz 189 ff).
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Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 05.10.2017, Ra 2017/21/0119, ausgeführt, dass das „Kindeswohl“ bei der Interessenabwägung nach
§ 9 BFA-VG 2014 zu berücksichtigen ist (Hinweis B 30. Juni 2015, Ra 2015/21/0059 bis 0062; E 22. November 2012, 2011/23/0451; E 12. September 2012, 2012/23/0017 E VfGH 12. Oktober 2016, E 1349/2016). römisch 40
Zusammengefasst leidet somit keiner der Beschwerdeführer an einer schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung, die eine Überstellung in die Republik Kasachstan gemäß der dargestellten Judikatur des EGMR verbieten würde. Es ist nach wie vor nicht davon auszugehen, dass sich römisch 40 in dauernder stationärer Behandlung befinden oder auf Dauer nicht reisefähig wären. Weiters bleibt festzuhalten, dass in Österreich generell während der Durchführung von Problemabschiebungen bis zur Übergabe, vom Zeitpunkt der Festnahme an, ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen ist. Der Gesundheitszustand von römisch 40 steht jedenfalls, nach der dargestellten Judikatur, einer Abschiebung nicht entgegen.
Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsstaat nicht auf österreichischem Niveau und mit Kosten verbunden ist. Allfällige Schwierigkeiten bei der Gewährleistung einer entsprechenden medizinischen Behandlung im Herkunftsstaat erreichen im vorliegenden Fall nicht die unbestreitbar hohe Schwelle des
Art. 3 EMRK, wie sie von der erwähnten Judikatur festgesetzt wird. Der Rückführung steht nicht entgegen, dass die Behandlung in Republik Kasachstan teils schwerer zu erhalten ist als in Österreich, da es gemäß der dargestellten Judikatur lediglich auf das Vorhandensein von Behandlungsmöglichkeiten an sich ankommt. Die vorliegenden Fälle sind jedenfalls nicht mit dem Fall D. v. United Kingdom vergleichbar und ist nicht davon auszugehen, dass römisch 40 im Falle ihrer Rückkehr in die Republik Kasachstan von derart außergewöhnlichen Umständen betroffen wären, die die hohe Eingriffsschwelle des Artikel 3, EMRK übersteigen.
Es ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zuzustimmen, wenn es davon ausgeht, dass P1 und P2 nach ihrer Rückkehr ihren Lebensunterhalt sowie den von P3 und P4 wieder kraft eigener Arbeit bestreiten können; zumal die – in der Republik Kasachstan ausgebildete bzw. dort beruflich qualifizierte und erfahrenen – P1 und P2 derzeit in Österreich - im Gegensatz zum Herkunftsstaat - nur (Hilfs)arbeiten verrichten (siehe dazu zu den Spruchpunkten römisch III. bis römisch fünf. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).
Den Länderfeststellungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist zu entnehmen bzw. ist dieses, ebenso wie das Bundesverwaltungsgericht in den letzten Asylverfahren, davon ausgegangen, dass es auch Unterstützungsleistungen für bedürftige Staatsbürger gibt (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung und Wirtschaft) und kann die Familie zudem von ihren zahlreichen Verwandten im Herkunftsstaat unterstützt werden. P1 und P2 haben nach wie vor ein sehr großes familiäres Netzwerk bzw. ausreichend familiäre Anknüpfungspunkte in der Republik Kasachstan wo beide den bei weitem überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht, am römisch 40 geheiratet und danach dort ihre Familie gegründet haben.
Das Bundesverwaltungsgericht übersieht nicht, dass das Bundesamt für Fremdenwesen recherchiert hat, dass in der Republik Kasachstan bisher 4530 Fälle von mit diesem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen wurden, wobei bisher 30 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://coronavirus.jhu.edu/map.html, abgerufen am 07.05.2020). Wie gefährlich der Erreger SARS-CoV-2 ist, kann derzeit noch nicht genau beurteilt werden. Man geht aber von einer Sterblichkeitsrate von bis zu drei Prozent aus, wobei v.a. alte Menschen und immungeschwächte Personen betroffen sind (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen.html, abgerufen am 07.05.2020). Eine Epidemie im Herkunftsstaat eines Fremden ist zwar grundsätzlich unter dem Aspekt des Artikel 3, EMRK zu prüfen, da es sich aber nicht um eine Epidemie in der Republik Kasachstan, sondern um eine weltweite Pandemie handelt, ist das allgemeine Lebensrisiko am Erreger SARS-CoV-2 zu erkranken, sowohl in der Republik Kasachstan, als auch in Österreich, ebenso wie in jedem anderen Land der Welt, gegeben. Dazu kommt, dass das individuelles Risiko an SARS-CoV-2 schwer oder gar tödlich zu erkranken bei den Beschwerdeführern sehr niedrig ist, weil das Risiko eines derartig schweren Verlaufs der Erkrankung bei jungen, nicht immungeschwächten Menschen viel geringer, als bei Menschen aus Risikogruppen (alte und immungeschwächte Menschen) ist. Auch wenn daher nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Beschwerdeführer mit dem Erreger SARS-CoV-2 in der Republik Kasachstan infizieren könnten – was aber auch für den Fall des Verbleibs in Österreich gelten würde – ist das Risiko eines schweren oder gar tödlichen Verlaufs der Erkrankung äußerst gering.
Es ist daher nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer in die Republik Kasachstan von einer extrem schlechten wirtschaftlichen Lage oder „außergewöhnlichen Umständen“ wie etwa Hungertod, unzureichender medizinischer Versorgung, eine massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar dem Verlust des Lebens betroffen sind.
Für die Republik Kasachstan kann auch unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen nicht festgestellt werden, dass in diesem Staat eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen die Rückkehr in den Herkunftsstaat als unrechtmäßig erscheinen hätten lassen.
Irgendein besonderes „real risk“, dass es nach der Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen wird, kann nicht erkannt werden, außergewöhnliche Umstände im Sinne der Judikatur des EGMR, die gegen eine Abschiebung in die Republik Kasachstan sprechen würden, sind nicht erkennbar, weshalb die Beschwerden gegen Spruchpunkt römisch II. abzuweisen sind.
Zu den Spruchpunkten römisch III. bis römisch fünf. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl
In den Spruchpunkten römisch III. bis römisch fünf. wurde den Beschwerdeführern eine Aufenthaltsberechtigung aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt, gegen die Beschwerdeführer gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG jeweils eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführer gemäß Paragraph 46, FPG nach Kasachstan zulässig ist.
Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017,, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und in den Fällen der Ziffer eins und 3 bis 5 des Paragraph 10, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt wird.
Die Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln gemäß Paragraph 57, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015,, liegen nicht vor, weil der Aufenthalt der Beschwerdeführer weder seit mindestens einem Jahr gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017,, geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt gemäß Paragraph 57, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015,, wurden.
Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (Paragraph 9, Absatz eins, BFA-VG).
Gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG ist der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraph 45, oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) verfügen, unzulässig wäre. (Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015,).
Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.
Betreffend Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer ist Folgendes zu erwägen:
Die Beschwerdeführer haben keine Angehörigen im Bundesgebiet und sind im gleichen Maße von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen betroffen, sodass im Fall der gemeinsamen Rückkehr kein Eingriff in das zwischen ihnen bestehende Familienleben erkannt werden kann.
Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben der Beschwerdeführer in Österreich aus, fällt die gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten der Beschwerdeführer aus und die Ausweisungen stellen jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK dar.
Das Bundesverwaltungsgericht übersieht keineswegs, dass auch in den aktuellen Verfahren ein Konvolut von Unterlagen zur Integration der Beschwerdeführer vorgelegt wurde. Dies war auch in den letzten Beschwerdeverfahren der Familie der Fall und konnte sich die - nunmehr wieder zur Entscheidung berufene - Richterin in der damaligen Beschwerdeverhandlung einen einprägsamen, persönlichen Eindruck von P1 und P2 verschaffen. Da zum Teil wieder dieselben Unterlagen vorgelegt wurden, kann auf Auszüge der rechtskräftigen Erkenntnissen vom 27.08.2019, Zahlen 1) W215 1416972-3/23E, 2) W215 1416974-3/27E,
3) W215 1416975-3/19E und 4) W215 1422052-3/19E, Seiten 58ff, verwiesen, daraus zitiert bzw. diese zum Inhalt dieser Erkenntnis erklärt werden: „…Das Bundesverwaltungsgericht übersieht keineswegs, dass ein Konvolut von Unterlagen zur Integration der Beschwerdeführer vorgelegt wurde, darunter Schreiben von Bekannten und Freunden die bitten, dass die Familie in Österreich Asyl bekommt und hierbleiben darf. Es wurden auch Schreiben der Vertrauensperson, vorgelegt, wonach sich die Vertrauensperson für die Familie einsetzt, diese als integriert betrachtet, bittet, dass sie ihr als Freunde erhalten bleiben und angibt, dass P1 und P2 dem Ehegatten der Vertrauensperson im örtlichen römisch 40 helfen. Zudem wurden Schreiben des örtlichen Pfarrers vorgelegt, der der Familie, nachdem sie sich geweigert hatte in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren, eine Unterkunft gegeben hat und ausführt, dass P1 und P2 im Gegenzug für die Kirche Hilfsarbeiten erledigen. Ein römisch 40 schreibt im Jahr 2017, dass P1 in der römisch 40 hilft bzw. wird bestätigt, dass P1 drei Abende im Jahr 2016, einen im Jahr 2017 und einen Abend im Jahr 2019 beim Grillen sowie P2 einen Abend und einen Vormittag im Jahr 2016, einen Vormittag im Jahr 2017 und zwei Vormittage im Jahr 2019 bei der Reinigung des Küchenequipments (Anmerkung: wörtliches Zitat) geholfen hat. Der Bürgermeister schreibt, dass die Familie äußerst hilfsbereit und korrekt ist und freiwillig für örtliche Vereine bei Festen oder Veranstaltungen mithilft. Es wurden Bestätigungen vorgelegt, wonach P1 und P2 bei lokalen Festen geholfen haben, darunter auch einen Tag im Jahr 2016 und 2017 beim Weihnachtsmarkt oder beim Feuerwehrfest 2016 und 2017.
Für Gartenarbeit für die Gemeinde bekommt P1 laut Angaben in der Beschwerdeverhandlung fünf Euro pro Stunde. P1 hat eine Bestätigung des AMS vom römisch 40 vorgelegt, wonach seinem Arbeitsantrag nicht stattgegeben wurde, da kein Dienstgeberauftrag des Unternehmens vorlag und eine Bestätigung des AMS, wonach P1 dort einmal am römisch 40 persönlich vorgesprochen hat. Die Vertreterin von P1 hat zwar nach der Beschwerdeverhandlung dem Bundesverwaltungsgericht am römisch 40 die Kopie einer „Einstellungszusage“ vom römisch 40 übermittelt, allerdings handelt es sich um keine konkrete Zusage, da darin auszugsweise zu lesen ist, dass P1 „…nachdem er noch keinen positiven Asylstatus und damit auch keine Arbeitserlaubnis hat, konnte ich ihm leider keine Zusage geben […] Da wir schon Asylwerber mit positiven Asylbescheid und Arbeitserlaubnis im Unternehmen beschäftigen und wir mit diesen Personen gute Erfahrungen gemacht haben, ist bei entsprechenden Voraussetzungen (Asylstatus und Arbeitserlaubnis), eine Anstellung von Herrn […] denkbar“. Weiters wurde eine Bestätigung eines Unternehmens vom römisch 40 vorgelegt wonach P1 zum ehestmöglichen Zeitpunkt Reinigungsarbeiten für das Unternehmen durchführen soll (ohne Angaben von Dienstzeit, Gehalt, ...). In einer „Einstellungsbestätigung“ vom römisch 40 wird in nur drei Zeilen geschrieben, dass P1 eine Vollzeitstellung zum ehestmöglichen Zeitpunkt erhalten soll (ohne Angaben von Dienstzeit, Gehalt, ...). Dabei dürfte von den beiden letztgenannten potentiellen Arbeitgebern übersehen worden sein, dass P1 Staatsangehöriger der Republik Kasachstan ist somit nicht einfach in Österreich arbeiten kann; bzw. diese nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen erlaubt wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Zusammenhang in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass der Ausübung einer Beschäftigung sowie einer etwaigen Einstellungszusage oder Arbeitsplatzzusage eines Asylwerbers, der lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz und über keine Arbeitserlaubnis verfügt hat, keine wesentliche Bedeutung zukommt (VwGH 22.02.2011, 2010/18/0323 mit Hinweis auf VwGH 15.09.2010, 2007/18/0612 und 29.06.2010, 2010/18/0195 jeweils mwN). P2 verdient zwei Mal pro Woche, für jeweils ein bis zwei Stunden römisch 40 in einem Heim, laut eigenen Angaben in der Beschwerdeverhandlung, drei Euro pro Stunde. Somit waren und sind P1 und P2, im Gegensatz zum Herkunftsstaat, in Österreich nie selbsterhaltungsfähig und die ganze Familie lebt von der Grundversorgung bzw. Leistungen des österreichischen Staates. P1 und P2 gaben in der Beschwerdeverhandlung an, dass keiner der Beschwerdeführer über ein Aufenthaltsrecht außerhalb ihrer dritten Asylverfahren verfügt. P1 und P2 haben zwar Sprachprüfungen B1 im Jahr 2017 bestanden (Anmerkung: überprüft die Fähigkeit zur selbstständigen Sprachverwendung in Situationen des Alltags- und Berufslebens, in denen es um vertraute Themen und persönliche Interessensgebiete geht) und sprachen in der Beschwerdeverhandlung am 29.07.2019 auch verständlich Deutsch, aber sie verstehen noch nicht alles und müssten ihre Grammatik verbessern. P1 und P2 verfügen zudem nach wie vor über sehr starke Bindungen zum Herkunftsstaat, hat P1 doch, wie weiter oben ausgeführt - trotz seiner beiden Österreichaufenthalte -, mehr als römisch 40 Jahre seines Lebens und P2 mehr als römisch 40 Jahre ihres Lebens in der Republik Kasachstan verbracht, was die Dauer ihres letzten Aufenthaltes in Österreich zusätzlich relativiert.
Der Versuch durch Stellung gegenständlicher Folgeanträge, eine Verlängerung des Aufenthaltes zu erzwingen führt zudem dazu, dass alle Integrationsversuche während der letzten vier Jahre erheblich relativiert werden müssen, da eine andere Auffassung automatisch eine grobe Benachteiligung und Ungleichbehandlung all jener Fremder bedeuten würde, die sich rechtstreu verhalten und ihren Ausreiseverpflichtungen nachkommen.
Im Hinblick auf das gemäß Artikel 8, EMRK geschütztes Recht auf Achtung des Privatlebens ist jedenfalls zu berücksichtigen, dass P1 und P2 nie nachweisen konnten legal in das Bundesgebiet eingereist zu sein. P1 bis P4 waren bis zum Abschluss der zweiten Asylverfahren nur acht Monate legal im Bundesgebiet aufhältig, und alle Beschwerdeführer – nachdem sie ihren Rückkehrverpflichtungen bewusst nicht nachgekommen sind - seit Stellung der Folgeanträge weitere vier Jahre (dazwischen reisten die Beschwerdeführer auch illegal in die Bundesrepublik Deutschland, statt nach den rechtskräftig abgeschlossenen zweiten Asylverfahren in die Republik Kasachstan zurückzukehren). Die aktuellen Folgenanträge bzw. die neuerliche Rückkehr nach Österreich und das beharrliche Verbleiben der Beschwerdeführer im Bundesgebiet sind nicht geeignet, eine solide Basis für die Integration der Beschwerdeführer zu schaffen. Dies gilt auch für die bewusst unwahren Angaben von P1 und P2 vor österreichischen Behörden, sodass das (neuerlich) unglaubwürdige Vorbringen zu den bereits als nicht glaubhaft beurteilter Asylgründen zu keinen anderen Entscheidungen führen kann. P1 und P2 sind nie aus Furcht vor Verfolgung(sgefahr) aus ihrem Herkunftsstaat ausgereist, sondern haben die angeblichen Probleme im Herkunftsstaat erfunden und weigern sich beharrlich, die rechtskräftige Entscheidung ihrer rechtstaatlich durchgeführten zweiten Asylverfahren zu akzeptieren. Sie durften sich in Österreich bisher nur aufgrund von (wiederholten) Anträgen auf internationalen Schutz aufhalten, die zu keinem Zeitpunkt berechtigt waren.
Der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013).
Den insgesamt nur schwach ausgeprägten privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Interesses – ein hoher Stellenwert zu (z.B. VwGH 12.12.2012, 2012/18/0178; 22.01.2013, 2011/18/0012).
Soweit, wie im vorliegenden Fall, Kinder von der Rückkehrentscheidung betroffen sind, sind nach der Judikatur des EGMR die besten Interessen und das Wohlergehen des Kindes, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen es im Heimatstaat begegnet, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen vergleiche dazu die Urteile des EGMR vom 18.10.2006, Üner gegen die Niederlande, Beschwerde Nr. 46410/99, Rz 58, und vom 06.07.2010, Neulinger und Shuruk gegen die Schweiz, Beschwerde Nr. 41615/07, Rz 146). Maßgebliche Bedeutung hat der EGMR dabei den Fragen beigemessen, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem kulturellen und sprachlichen Umfeld sie gelebt haben, wo sie seine Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaats sprechen, und insbesondere, ob sie sich in einem anpassungsfähigen Alter („adaptable age“; vergleiche dazu die Urteile des EGMR vom 31.07.2008, Darren Omoregie und andere gegen Norwegen, Beschwerde Nr. 265/07, Rz 66, vom 17.02.2009, Onur gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 27319/07, Rz 60, und vom 24.11.2009, Omojudi gegen das Vereinigte Königreich, Beschwerde Nr. 1820/08, Rz 46) befinden vergleiche VwGH 21.04.2011, 2011/01/0132).
Dabei ist zusätzlich zu beachten, dass den minderjährigen P3 und P4 der objektiv unrechtmäßige Aufenthalt subjektiv nicht im gleichen Ausmaß wie ihren Eltern zugerechnet werden kann vergleiche VfGH 07.10.2014, U 2459/2012 u.a.).
P3 ist in der Republik Kasachstan geboren, wurde wiederholt von ihren Eltern als Kleinkind nach Österreich gebracht und ist aktuell römisch 40 Jahr alt. P4 wurde in Österreich geboren, ist in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt, wurde als Kleinkind erneut nach Österreich gebracht und ist derzeit römisch 40 Jahre alt. P3 und P4 befinden sich somit immer noch im anpassungsfähigen Alter, das in der Rechtsprechung der Höchstgerichte zwischen sieben und elf Jahren angenommen wird vergleiche VfGH 07.10.2014, U 2459/2012, u.a., sowie VwGH 19.09.2012, 2012/22/0143, u.a.). Beide verfügen in der Republik Kasachstan über zahlreiche familiäre und soziale Anknüpfungspunkte. Sie werden von ihren Eltern betreut und von diesen laut Angaben von P1 in der Beschwerdeverhandlung am 29.07.2019 in der Muttersprache Russisch erzogen. Da ihre Eltern Russisch und Kasachisch sprechen, ist auch davon auszugehen, dass sie von dieser Seite Hilfestellung erhalten werden, ebenso wie von ihren im Herkunftsstaat aufhältigen Angehörigen. Beide besuchten bisher die römisch 40 und haben wohlwollende Schreiben ihrer römisch 40 vorgelegt, weshalb davon auszugehen, dass P3 und P4 auch Deutsch sprechen. Ihre Sozialisation hat erst begonnen, weshalb diese nicht als dermaßen fortgeschritten angesehen werden kann, dass diese nicht auch in ihrem Herkunftsstaat fortgesetzt werden könnte, zumal sie im Heimatland weiter in Obsorge ihrer Eltern sein werden und ihnen deren Begleitung die Eingliederung in den Herkunftsstaat erleichtern wird (zur Sozialisation von Kindern etwa nach Vollendung des dritten Lebensjahres vergleiche VwSlg. 14972 A/1998 und VwGH 19.01.2006, 2005/21/0297). Eine Anpassung an jene Lebensverhältnisse, in denen P3 vor ihren Ausreisen bzw. P4 vor seiner letzten Ausreise, mit den Eltern gelebt haben, ist bei einer Rückkehr im Verbund mit ihrer gesamten Kernfamilie und auch angesichts der in der Republik Kasachstan noch lebenden weiteren Verwandten zumutbar. Da die minderjährigen P3 und P4 aufgrund ihres Alters weiterhin der Unterstützung ihrer Eltern bedürfen, darf zudem nicht außer Acht gelassen werden, dass diese von einer Aufenthaltsbeendigung betroffen sind. Auf lange Sicht gesehen ist jedenfalls nicht davon auszugehen, dass P3 und P4 bei ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat zu ihren zahlreichen Verwandten mit unüberwindbaren Schwierigkeiten konfrontiert wären.
Allfällige ins Treffen geführte ungünstigere Entwicklungsbedingungen im Ausland begründen nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für sich allein noch keine Gefährdung des Kindeswohls, vor allem dann, wenn die Familie von dort stammt. Zudem gehören die Eltern und deren sozioökonomischen Verhältnisse grundsätzlich zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes (OGH, 08.07.2003, 4Ob 146/03d).
Es ist den – wiederholt nicht legal eingereisten P1 und P2, die ihren Ausreiseverpflichtungen bewusst nicht nachgekommen sind - nicht verwehrt, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG in Zukunft legal in das Bundesgebiet einzureisen. Es kann ein durch beharrliche Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften und Missbrauch der Asylverfahren erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Artikel 8, EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.
Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen - nach Stellung gegenständlicher Folgeanträge auf internationalen Schutz - deutlich schwerer als die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich. Daher liegt durch die Anordnung der Rückkehrentscheidungen eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vor…“
P1 und P2 haben in ihrem der Beschwerde beigelegen Schreiben vom 08.06.2020, bezogen auf gegenständlichen Bescheide, keinen neuen Sachverhalt behauptet. Auch wenn für P3 auch in diesen Verfahren wieder ein lobendes Schreiben ihrer aktuellen Lehrer vom 09.06.2020 vorgelegt wurde, ändert es nichts daran, dass P3 schon auf Grund ihres jungen Alter nach wir vor der Obsorge von P1 und P2 bedarf bzw. sich an der weitern oben aus den letzten Verfahren zitierten Situation in den letzten zehn Monaten nichts geändert hat. Auch das, zusammen mit der Beschwerde, vorgelegt Schreiben des örtlichen Pfarrers vom 07.06.2020 unterscheidet sich inhaltlich nicht von seinen bereits in den dritten Asylverfahren vorgelegten bzw. weiter oben zitierten Schreiben. Gleiches gilt sinngemäß auch für die Unterstützungsschreiben der bereits aus den dritten Asylverfahren bekannten Nachbarn vom 06.06.2020 sowie der Familie vom 07.06.2020 und den beiden Unterstützungsschreiben vom 09.06.2020. Auch das Schreiben des Bürgermeisters vom 08.06.2020 stimmt inhaltlich mit den in den letzten Asylverfahren vorgelegten überein. So wurden auch die einfachen Hilfsarbeiten im römisch 40 von P2 für zehn Stunden pro Woche für Euro 3,- pro Stunde bereits in den dritten Verfahren festgestellt bzw. stellt die von P2 diesbezüglich vorgelegte Bestätigung von 09.06.2020, wonach sie diese ab 17.08.2018 bis 12.03.2020 ausgeübt hat, kein neues Vorbringen dar. Das gilt sinngemäß auch für den Umstand, dass P1 Gartenarbeiten für die Gemeinde tätigt dafür Euro 5,- pro Stunde erhält bzw. ist die diesbezügliche Bestätigung vom 09.06.2020 nur um Daten aus den Jahren 2019 und 2020 erweitert worden (nunmehr geht daraus hervor, dass P1 damit in den letzten vier Jahren insgesamt 1.322,50 Euro verdient hat); aus einer weitere Bestätigung vom 09.06.2020 geht hervor, dass P1 von Mai bis Juni 2020 zwölf Stunden gearbeitet und dafür insgesamt Euro 60.- erhalten hat.
P1 und P2 haben keine weiteren Sprachprüfungen absolviert, die Familie lebt nach wie vor von der Grundversorgung, P3 und P4 gehen nach wie vor zur Schule und für die bezüglich P1 bereits beim Bundesamt für Fremdenwesen vorgelegt Anstellungszusage der römisch 40 gilt ebenso, wie für das zusammen mit der Beschwerde vorgelegt Schreiben dieser Firma vom 05.06.2020, sinngemäß das Gleiche, wie weiter oben aus den letzten rechtskräftigen Erkenntnissen zitiert (zumal im Schreiben der römisch 40 vom 05.06.2020 explizit ausgeführt wird, dass man P1 mangels Asylstatus und Arbeitserlaubnis nicht beschäftigen kann). Zusammengefasst ist das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl somit zutreffender Weise davon ausgegangen, dass sich mit Ausnahme der Tatsache, dass P1 und P2 weitere (Folge) Anträge gestellt haben um ihren Aufenthalt in Österreich zu erzwingen und alle vier Beschwerdeführer zehn Monate älter geworden sind, seit rechtskräftigem Abschluss der dritten Asylverfahren, somit in den letzten zehn Monaten, bezüglich ihrer Situation Österreich nichts geändert hat.
Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG, in der Fassung
BGBl. römisch eins Nr. 145/2017, gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017,, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.
Gemäß Paragraph 50, Absatz eins, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012,, ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des
§ 8 Absatz eins, AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits verneint (siehe zu Spruchpunkt römisch II. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).
Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß Paragraph 50, Absatz 2, FPG, in der Fassung
BGBl. römisch eins Nr. 87/2012, unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005). Das Vorbringen von P1 und P2 zu sämtlichen angeblichen Ausreisegründen war in allen Verfahren bzw. ist nach wie vor als nicht glaubhaft zu werten und unterliegt zudem der Rechtskraft der früheren Entscheidungen (siehe Beweiswürdigung 2.). Auch das neue Vorbringen von P1 in gegenständlichen Verfahren ist nicht glaubhaft und es ist nicht davon auszugehen, dass stichhaltigen Gründe für die Annahme bestehen, dass das Leben oder die Freiheit der Beschwerdeführer aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des Paragraph 50, Absatz 2, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012,, vorliegt (siehe zu Spruchpunkt römisch eins. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).
Die Abschiebung ist schließlich gemäß Paragraph 50, Absatz 3, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2009,, unzulässig, solange dieser die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Republik Kasachstan nicht.
Insgesamt sind daher auch die Beschwerden gegen Spruchpunkte römisch III. bis römisch fünf. der Bescheide abzuweisen.
Zu Spruchpunkt römisch VII. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl
In Spruchpunkt römisch VII. wurde gegen die Beschwerdeführer gemäß Paragraph 53, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, FPG auf die Dauer von drei Jahren befristete Einreiseverbote erlassen.
Gemäß Paragraph 53, Absatz eins, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,, kann mit einer Rückkehrentscheidung vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Ein Einreiseverbot gemäß Absatz eins, ist, vorbehaltlich des Absatz 3,, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige
1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Paragraph 20, Absatz 2, der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, in Verbindung mit Paragraph 26, Absatz 3, des Führerscheingesetzes (FSG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 120 aus 1997,, gemäß Paragraph 99, Absatz eins,, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß Paragraph 37, Absatz 3, oder 4 FSG, gemäß Paragraph 366, Absatz eins, Ziffer eins, der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den Paragraphen 81, oder 82 des SPG, gemäß den Paragraphen 9, oder 14 in Verbindung mit Paragraph 19, des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;
2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;
3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Absatz 3, genannte Übertretung handelt;
4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;
5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;
6. den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;
7. bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;
8. eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Artikel 8, EMRK nicht geführt hat oder
9. an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat (Paragraph 53, Absatz 2, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,).
Gemäß Paragraph 53, Absatz 3, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 56 aus 2018,, ist ein Einreiseverbot gemäß Absatz eins, für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Ziffer 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn
1. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;
3. ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;
4. ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;
5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
6. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (Paragraph 278 a, StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (Paragraph 278 b, StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (Paragraph 278 c, StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (Paragraph 278 d, StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (Paragraph 278 e, StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (Paragraph 278 f, StGB);
7. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
8. ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
9. der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen (Paragraph 53, Absatz 4, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011,).
Die Zulässigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes setzt eine Einzelfallprüfung voraus, wobei das gesamte Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu werten ist, inwieweit der weitere Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet vergleiche VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349). Der bloße unrechtmäßige Aufenthalt stellt dabei keine derartige Gefährdung dar vergleiche VwGH 24.05.2018, Ra 2018/19/0125). Der Katalog des Absatz 2, ist zwar nur demonstrativ; eine Gefährdung ist aber in den Fällen Ziffer eins bis Ziffer 9, als erfüllt anzunehmen vergleiche VwGH 20.09.2018, Ra 2018/20/0349).
Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in
§ 53 Absatz 2, FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache, unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230). Außerdem ist auf die persönlichen und familiären Interessen des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen vergleiche VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0109).
In den Fällen der Beschwerdeführer zog das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Begründung der Einreiseverbote Paragraph 53, Absatz 2, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,, heran und führte zusammengefasst aus, dass wieder unbegründete und missbräuchliche Asylanträge vorliegen und jedenfalls auch eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit indiziert ist. Missbräuchliche und ungerechtfertigte Asylanträge blockierten das gesamte Asylsystem, stellten einen Missbrauch des Selben dar und seien jedenfalls als Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu werten. Nicht umsonst sehe der Gesetzgeber eine Aberkennung der aufschiebenden Wirkung vor, um solche Personen so rasch wie möglich außer Landes zu bringen. Das Fehlverhalten, nämlich die Stellung mehrerer (insgesamt vier) unbegründeten und missbräuchlicher Asylanträge, könne in keine der oben genannten Ziffern des Paragraph 53, FPG subsumiert werden, sei jedoch geeignet die öffentliche Ordnung und Sicherheit zu gefährden und widerlaufe auch den Interessen des Artikel 8, EMRK. In Zeiten eines Migrationsstromes nach Mitteleuropa unter Missbrauch des Asylrechts als Einwanderungsrecht könne dies niemals als nur geringfügige Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen gewertet werden. Hier seien nicht nur spezialpräventive sondern vor allem auch generalpräventive Überlegungen anzustellen. Unter Verweis auf die Rechtsprechung des VwGH und VfGH stehe fest, dass ein öffentliches Interesse daran bestehe, eine über die Dauer des Asylverfahrens hinausgehende Aufenthaltsverfestigung von Personen, die sich bisher bloß auf Grund ihrer Asylantragstellung im Inland aufhalten durften, verhindert werden soll (VfSlg. 17.516 und VwGH 2007/01/0479). Ein Fehlverhalten könne auch dann zur Beurteilung der Gefährdungsprognose herangezogen werden, wenn diese nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt habe vergleiche etwa das hg. Erkenntnis vom 26.01.2010, 2008/22/0890, sowie schon zur Rechtslage nach dem FPG 1997 jenes vom 12.01.2000, 99/21/0357). Da die Beschwerdeführer offensichtlich nicht bereit seien, die österreichische Rechtsordnung (Missbrauch des Asylsystems) zu achten und beachten, könne die Behörde nur zum Schluss kommen, dass ihr Aufenthalt in Österreich jedenfalls eine Gefahr für die Öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Diese Verhaltensweise zeige eindeutig, dass die Beschwerdeführer nicht gewillt seien, sich rechtskonform zu verhalten. Wenn sie schon zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit seien, sich den in Österreich festgelegten rechtlichen und gesellschaftlichen Regeln zu unterwerfen, so könne die Behörde nur eine negative Zukunftsprognose diese Personen betreffend befunden. Es sei ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass gerade im Asylverfahren umfangreiche sowie mehrmalige Belehrungen in der Landessprache schriftlich wie auch mündlich erteilt würden. Zudem wurden die Beschwerdeführer mehrmals in Anwesenheit eines Dolmetschers nachweislich mündlich belehrt. Dies alles hätte sie aber nicht davon abgehalten an ihren vier unbegründeten und missbräuchlichen Asylanträgen festzuhalten. Zudem falle das Fehlverhalten in den Geltungsbereich des Paragraph 53, Ab. 2 Ziffer 6, FPG. Im Falle der Mittellosigkeit eines Fremden bedürfe es nicht der Feststellung weiterer Umstände, um eine negative Prognose für den weiteren Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet zu begründen (VwGH 13.12.2001, 2001/21/0158; 13.12.2002, 2000/21/0029). Rühre daher der Unterhalt des Fremden bisher ausschließlich aus Mitteln der Grundversorgung her, dürfe die Behörde vom Fehlen einer Selbsterhaltungsfähigkeit ausgehen. Daran ändert auch eine für den Fremden abgegebene Unterstützungserklärung nichts (VwGH 21.03.2013, 2011/23/0360). P1 und P2 hätten bei ihren Einvernahmen angegeben, dass sie über keine Mittel zum Unterhalt verfügen und von der Grundversorgung des Landes leben. Es sei festzuhalten, dass die Beschwerdeführer konkret nicht in der Lage seien, die Mittel für ihren Unterhalt aus Eigenem nachzuweisen. Ihr Unterhalt sei derzeit nur durch staatliche Unterstützung gewährleistet, in ihrem Fall durch die Grundversorgung. In systematischer Interpretation der Gesetze sei festzuhalten, dass EWR Bürger, welche nicht in der Lage seien die Mittel für ihren Unterhalt nachzuweisen und zum Bespiel die Mindestsicherung beziehen vergleiche Paragraphen 53,, 55 NAG), Gefahr laufen gemäß Paragraph 66, FPG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen zu werden. Wenn die Schwelle (Mittel für den Unterhalt) für eine Ausweisung bei EWR Bürgen dergestalt sei, so müsse dies dem verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz bzw. dem Gebot der Gleichbehandlung von Fremden folgend auch für Drittstaatangehörige Gültigkeit haben. Das heiße, die Mittel aus der Grundversorgung seien nicht geeignet, die in Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer 6, FPG vorzuhaltende Mittellosigkeit, betreffend Begründung eines Einreiseverbot, zu entkräften. Der Umstand, dass P1 und P2 auch künftig nicht in der Lage sein werden, die Mittel für den Unterhalt der Familie aus Eigenem und ohne staatliche Zuwendungen zu besorgen, ergebe sich schon aus der Tatsache, dass sie über kein Aufenthaltsrecht in Österreich verfügen und daher auch keiner legalen Beschäftigung nachgehen können. Im Zuge ihrer Einvernahmen hätten P1 und P2 ebenfalls nichts vorgebracht, was die Behörde zur Ansicht kommen lasse, dass sie künftig die Mittel für ihren Unterhalt selbst erwirtschaften könnten. Die Gesamtbeurteilung ihres Verhaltens, ihrer Lebensumstände sowie ihrer familiären und privaten Anknüpfungspunkte habe daher im Zuge der von der Behörde vorgenommenen Abwägungsentscheidung ergeben, dass die Erlassung der Einreiseverbote in der angegebenen Dauer gerechtfertigt und notwendig seien, die von den Beschwerdeführern ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern. Die ausgesprochenen Einreiseverbote seien daher zur Erreichung der in
Art. 8 Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten.
Diese Argumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl bezieht sich inhaltlich offensichtlich auch auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 31.01.2019,
Ra 2018/14/0197, in einem ähnlichen Fall, als der Verwaltungsgerichtshof ein Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts für rechtswidrig erklärt und behoben hat, nachdem das Bundesverwaltungsgericht ein vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verhängtes, auf zwei Jahre befristetes, Einreiseverbot ersatzlos behoben hat. Andererseits hat der Verwaltungsgerichthof in seinem älteren Erkenntnis vom 20.09.2018, Ra 2018/20/0349, unter anderem auch ausgeführt, dass es nicht rechtens wäre, im Fall eines Asylwerbers, der Anspruch auf Grundversorgung hat und dessen Antrag auf internationalen Schutz keine Folge gegeben sowie gegen den eine Rückkehrentscheidung erlassen wird, ein allein auf
§ 53 Absatz 2, Ziffer 6, FPG gegründetes Einreiseverbot zu erlassen, ohne die dafür notwendige Einzelfallprüfung vorzunehmen (was im Übrigen nicht nur für die hier angesprochene Frage der Ermessensübung, sondern nach dem oben Gesagten insbesondere auch für die Beurteilung gilt, ob aufgrund des bisherigen (Fehl-)Verhaltens des Drittstaatsangehörigen davon auszugehen ist, dass durch seinen weiteren Aufenthalt eine maßgebliche Störung der in Paragraph 53, Absatz 2, FPG genannten öffentlichen Interessen zu gewärtigen ist).
P1 und P2 sind unbescholten und die Beschwerdeführer– wie bereits weiter oben ausgeführt – ohnehin verpflichtet, in ihren Herkunftsstaat zurückzukehren. Gemäß der weiter oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sollte in Fällen bloß geringfügiger Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung nur kurzfristige Einreiseverbote verhängt werden bzw. diese überhaupt Unterbleiben, wenn davon auszugehen ist, dass der Drittstaatsangehörige „bloß“ einen der Tatbestände des Paragraph 53, Absatz 2, Ziffer eins bis 9 FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,, erfüllt.
Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aber in nachvollziehbarer Weis davon ausgeht, dass mittlerweile die vierten (Folge-)Anträge gestellt wurden bzw. P1 und P2 in allen Verfahren bewusst unwahre Angaben gemacht haben, geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass zwar die bloße Mittellosigkeit der Familie noch nicht ausreicht hätte, Einreiseverbote zu verhängen, gemäß des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichthofes vom 31.01.2019, Ra 2018/14/0197, aber fallbezogen in Zusammenschau mit den mehrfach gestellten, unberechtigten Begehren auf internationalen Schutz, dieser Umstand sehr wohl zu berücksichtigen ist. Mangels beharrlicher Weigerung den Ausreiseverpflichtungen nachzugkommen bzw. Unterwerfung unter die österreichische Rechtsordnung ist dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl beizupflichten, wenn es in diesen konkreten Fällen davon ausgeht, dass auf Grund des sich ergebenden Persönlichkeitsbildes von P1 und P2 Einreiseverbote, beginnend mit dem Tag der Ausreise, zu Wahrung der öffentlichen Ordnung geboten sind. Das Bundesverwaltungsgericht geht aber davon aus, dass Einreiseverbote in der Höhe von zwei Jahr angemessen erscheinen, weshalb spruchgemäß zu entscheiden ist.
Zu den Spruchpunkten römisch VIII. und römisch VI. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl
In Spruchpunkt römisch VIII. wurde den Beschwerden gemäß Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 6, AsylG die aufschiebende Wirkung aberkannt. In Spruchpunkt römisch VI. wurde ausgesprochen, dass gemäß Paragraph 55, Absatz eins a, FPG keine Frist für eine freiwillige Ausreise besteht.
Gemäß Paragraph 18, Absatz eins, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 56 aus 2018,, kann einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (Paragraph 19,) stammt,
2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3. der Asylwerber das Bundesamt durch falsche Angaben oder Dokumente oder durch Verschweigen wichtiger Informationen oder durch Zurückhalten von Dokumenten über seine Identität oder seine Staatsangehörigkeit zu täuschen versucht hat,
4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.
Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3. Fluchtgefahr besteht (Paragraph 18, Absatz 2, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,).
Gemäß Paragraph 18, Absatz 5, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017,, hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK, Artikel 8, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. Paragraph 38, VwGG gilt.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ging zutreffender Weise davon aus, dass der Tatbestand des Paragraph 18, Absatz eins, Ziffer 6, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 56 aus 2018,, erfüllt ist, da bezüglich der Beschwerdeführer bereits mehrere rechtskräftige Rückkehrentscheidungen vorliegen (siehe dazu auch Verfahrensgang 2. Zweite Asylverfahren und 3. Dritte Asylverfahren bzw. Feststellungen 2.).
Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 68, AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß Paragraph 18, BFA-VG durchführbar wird (Paragraph 55, Absatz eins a, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,).
Da die Beschwerden nicht nachvollziehbar dargelegt haben, dass bzw. warum
§ 55 Absatz eins a, FPG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013,, in diesen konkreten Fällen nicht anwendbar sein sollte, sind auch die Beschwerden gegen die Sprchupunkte römisch VIII. und römisch VI. abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass bei der Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zukommt und zwar auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Artikel 8, EMRK relevanten Umstände. Daraus ist aber noch keine „absolute“ (generelle) Pflicht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das BVwG von ihm einen (positiven) persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte Verhandlung unterbleiben vergleiche etwa VwGH 05.12.2017, Ra 2016/01/0166; 18.10.2017, Ra 2017/19/0422-0424, jeweils mwN). Wenn in den Beschwerden von der rechtsfreundlichen Vertretung der Beschwerdeführer beantragt wird, das Bundesverwaltungsgericht möge eine Verhandlung durchführen, konnte zum Zeitpunkt der Verfassung der Beschwerden niemand voraussehen, dass auch die aktuellen vierten Beschwerdeverfahren in der nunmehr (wieder) zur Entscheidung berufenen Gerichtsabteilung anhängig werden, welche bereits zur Erledigung der dritten Asylverfahren zuständig war. Es wurde bereits in den dritten Asylverfahren am 29.07.2019 eine Beschwerdeverhandlung anberaumt, in welcher P1 und P2, zugleich auch als gesetzliche Vertreter von P3 und P4, befragt wurden. In gegenständlichen vierten (Folge) Verfahren sind nunmehr die Beschwerden gegen die erstinstanzlichen Bescheide (wieder) in dieser Gerichtsabteilung anhängig. Da die erkennende Richterin P1 und P2 noch aus den ausführlichen Befragungen in der Beschwerdeverhandlung vom 29.07.2019 in Erinnerung hat bzw. sich bereits damals eine persönlichen Eindruck verschaffen konnte und aus den Akteninhalten die Grundlagen der bekämpften Bescheide unzweifelhaft nachvollziehbar sind, der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und Einräumung von Parteiengehör festgestellt, den Beschwerden und dem Schreiben von P1 und P2 vom 08.06.2020 weder neues Vorbringen zu entnehmen ist, noch eine konkrete Begründung den maßgeblichen Sachverhalt nochmals zu erörtern und auch die gebotene Aktualität unverändert gegeben ist, konnte eine weitere Verhandlung gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 86 aus 2013,, entfallen. Weder war der Sachverhalt in wesentlichen Punkten ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig. Dem Entfall der Verhandlung stehen in diesen konkreten Fällen auch weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Abl. Nr. C 83 vom 30.03.2010, S 389, entgegen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revisionen:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, Bundesgesetzblatt Nr. 10 aus 1985, (VwGG), in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013,, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
In diesen konkreten Fällen ist die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 51 aus 2012,, nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In diesen Erkenntnissen wurde ausführlich dargelegt, dass der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens, nach schlüssiger Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen, feststeht. Diese Erkenntnisse beschäftigen sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung. Weder weichen die gegenständlichen Entscheidungen von der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung.
ECLI:AT:BVWG:2020:W215.1416975.6.00