Gericht

Bundesverwaltungsgericht

Entscheidungsdatum

30.01.2020

Geschäftszahl

L511 2003853-1

Spruch

L511 2003853-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a JICHA als Einzelrichterin über die Beschwerden der 1. römisch 40 (nunmehrige Rechtsnachfolgerin römisch 40 ) vertreten durch Rechtsanwältin Mag.a MORGENSTERN, 2. römisch 40 , 3. römisch 40 , 4. römisch 40 und 5. römisch 40 , gegen den Bescheid der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr Österreichische Gesundheitskasse) vom 11.03.2013, GZ römisch 40 , zu Recht: (weitere mitbeteiligte Parteien wie in Anlage 1 zum Bescheid vom 11.03.2013):

A)

In Erledigung und teilweiser Stattgabe der Beschwerde wird wie folgt festgestellt:

römisch eins.           Den Beschwerden wird im Hinblick auf die in Anlage 1 zum römisch 40 unter der Überschrift „Notärzte“ angeführten Personen zu den dort angeführten Zeiten stattgegeben und festgestellt, dass diese im angeführten Ausmaß aufgrund der für die römisch 40 ausgeübten Tätigkeit NICHT der Vollversicherungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz eins und Absatz 2, ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Litera , Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) und NICHT der Vollversicherungspflicht gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG unterlagen.

römisch II.         In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid im Hinblick auf die in Anlage 1 zum römisch 40 unter der Überschrift „Sanitäter“ angeführten Personen zu den dort angeführten Zeiten behoben und die Angelegenheit in diesem Umfang gemäß Paragraph 28, Absatz 3, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Österreichische Gesundheitskasse zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins.           Verfahrensgang und Verfahrensinhalt

1.           Verfahren vor der Gebietskrankenkasse [SGKK]

1.1.       Gegenständliches Verfahren wurde eingeleitet durch Schreiben des römisch 40 , als Kooperationspartner und Gesellschafter einer an der Komplementär-GesmbH der beschwerdeführenden römisch 40 (im Folgenden: H) beteiligten GmbH, an die SGKK vom 29.02.2012, 14.08.2012 und 31.01.2013, mit denen namentlich angeführte Notärzt*innen „aus rechtlicher Vorsicht und unter Vorbehalt“ angemeldet wurden.

Begründend wurde ausgeführt, die Notärzt*innen könnten sich sowohl die Tage als auch die Anzahl der Rettungsdienste frei einteilen und durch geeignete dritte Personen vertreten lassen, sie seien bei der Erbringung ihrer Leistungen grundsätzlich weisungsfrei. Dies spreche gegen das Vorliegen eines sozialversicherungsrechtlichen Dienstverhältnisses.

1.2.       Inhaltlich gleichartige Schreiben, mit denen namentlich angeführte Sanitäter „aus rechtlicher Vorsicht und unter Vorbehalt“ angemeldet wurden, wurden am 14.08.2012 und 31.01.2013 an die SGKK gerichtet,

1.3.       Im Zuge des Ermittlungsverfahrens wurden seitens der H je ein Exemplar eines Kooperationsvertrages mit einem Notarzt und einem Sanitäter vorgelegt und zusammengefasst vorgebracht, den vorgelegten Kooperationsverträgen sei zu entnehmen, dass sich die Notärzte und Sanitäter die jeweiligen Tage sowie die Anzahl der Rettungsdienste frei einteilen haben können. Diese Dienste seien in einem Dienstplan für den jeweiligen folgenden Kalendermonat festgehalten worden. Im Jahresdurchschnitt sollte ein Rettungsdienst pro Kalendermonat geleistet werden. Dienstort sei der Stützpunkt, die Arbeitsleistung sei zwischen der Morgen- und Abenddämmerung zu erbringen. Die Anzahl der Einsätze richte sich nach dem jeweiligen Bedarf. Weitere Leistungen am Stützpunkt seien auch während der Stehzeiten nicht zu erbringen. Bei der Erbringung ihrer Tätigkeit unterlägen die Notärzte und Sanitäter keinen persönlichen Weisungen und könnten von ihrem Vertretungsdienst Gebrauch machen. Sowohl die Notärzt*innen als auch die Sanitäter übten diese Tätigkeit nebenberuflich aus. Die H sei auf Basis des Salzburger Rettungsgesetzes und der Rettungsverordnung als Flugrettungsorganisation tätig.

1.4.       Mit Bescheid vom 11.03.2013, GZ römisch 40 , zugestellt am 21.03.2013, stellte die SGKK fest, dass die in der Anlage 1 namentlich angeführten Personen in den dort angegebenen Beschäftigungszeiten aufgrund der für die H in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit ausgeübten entgeltlichen Tätigkeit teils der Pflicht(Voll-)versicherung (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) und der Arbeitslosenversicherung gemäß Paragraph 4, Absatz eins und 2 ASVG in Verbindung mit Paragraph eins, Absatz eins, Litera , AlVG (D1), teils der Pflicht(Teil-)Versicherung in der Unfallversicherung gemäß Paragraph 5, Absatz eins, Ziffer 2, ASVG (N24) unterlagen.

Begründend führte die SGKK im Wesentlichen aus, die Mitbeteiligten seien in den Betriebsablauf der H integriert und verpflichtet, an den ausgemachten Arbeitstagen zu fixierten Arbeitszeiten (von der Morgen- bis zur Abenddämmerung) ihre Leistungen am vereinbarten Stützpunkt zu erbringen. Sie seien auch zu Schulungsteilnahmen verpflichtet. Aufgrund der von der H vorgegebenen Kriterien sei eine generelle Vertretungsbefugnis undenkbar, sondern es sei nur eine „Poolvertretung“ möglich. Auch schließe das Erfordernis, binnen 3 Minuten ab Alarmierung den Rettungseinsatz zu starten (Abheben des Hubschraubers) eine jederzeitige Vertretungsmöglichkeit aus. Zudem seien die Notärzt*innen und Sanitäter an die Weisungen des Führungsgremiums des Stützpunktes und gemäß Paragraph 40, Absatz 9, Ärztegesetz an die Weisungen des „Leitenden Notarztes“ gebunden. Es gäbe für die Dienstnehmer auch spezielle Dokumentationspflichten. Die Merkmale einer abhängigen Tätigkeit überwiegten somit. Da die H für die Beistellung der Arbeitsmittel aufkomme, liege neben der persönlichen Abhängigkeit auch wirtschaftliche Abhängigkeit vor. Weiters halte auch die „Empfehlung zur einheitlichen Vollzugspraxis der Versicherungsträger im Bereich des Melde-, Versicherungs- und Beitragswesens vom 12.04.2011 fest, dass Notärzt*innen bei Einrichtungen des Rettungs- und Krankentransportdienstes regelmäßig in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt tätig und daher Dienstnehmer*innen iSd Paragraph 4, Absatz 2, ASVG seien.

1.5.       Mit Schreiben vom 15.04.2013, Postaufgabe am 17.04.2013, erhob die H gegen diesen Bescheid fristgerecht Einspruch [nunmehr Beschwerde].

Das Vorliegen von Dienstverhältnissen wurde bestritten. Die H führte aus, die SGKK habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren durchgeführt habe, da keine Mitarbeiter befragt wurden. Inhaltlich führte die H aus, die Bindung an Arbeitszeit und –ort ergebe sich aus der Natur der Sache, die freie Vertretbarkeit werde nicht durch ein erforderliches Anforderungsprofil eingeschränkt, die Ärzte und Sanitäter seien aufgrund der geringen Einsatztage wirtschaftlich nicht abhängig und die Notärzte seien schon nach dem Ärztegesetz dem Verunfallten gegenüber verantwortlich und daher – mit Ausnahme von koordinierenden Anordnungen – weisungsfrei.

Die H beantragte die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

1.6.       Die mitbeteiligten Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer erhoben ebenfalls fristgerecht Einsprüche. Im Wesentlichen mit der Begründung, es habe sich um eine selbständige und weisungsfreie Tätigkeit gehandelt. Es habe eine Vertretungsbefugnis bestanden, keine Arbeitszeitregelungen gegeben und die Tätigkeit sei nebenberuflich in wirtschaftlicher Unabhängigkeit erbracht worden.

1.7.       In Fortführung des Ermittlungsverfahrens ersuchte die SGKK mit Schreiben vom 28.08.2013 die verfahrensgegenständlich betroffenen 24 Notärzt*innen und 7 Sanitäter um Vereinbarung eines Vorsprachetermins zur Abklärung offener Fragen. Die H beantragte daraufhin am 25.09.2013 den Einspruch ohne weiteren Verzug gemäß Paragraph 412, Absatz 4, ASVG dem zuständigen Landeshauptmann vorzulegen.

1.8.       In Beantwortung eines erneuten Auskunftsbegehrens der SGKK vom 31.10.2013 betreffend die Erstellung von Dienstplänen, Vertretungsregelung und Haftungsbestimmungen stellte die H erneut den Antrag auf Einstellung der Ermittlungshandlungen und Vorlage des Einspruchs an den Landeshauptmann von Salzburg, da weitere Erhebungen und Auskunftsbegehren durch die Sozialversicherungsträger ab Übergang der Zuständigkeit auf den Landeshauptmann nicht mehr zulässig seien.

1.9.       Mit Schreiben vom 11.11.2013 urgierte die SGKK bei den Notärzt*innen und Sanitätern die Vereinbarung von Vorspracheterminen unter Androhung einer Vorladung bei der Bezirkshauptmannschaft und forderte diese erneut zum Ausfüllen der Fragebögen auf.

1.10.     11 Notärzte und 2 Sanitäter retournierten einen Fragebogen, wobei ein Notarzt darauf hinwies, über ein gültiges A1-Formular zu verfügen.

2.           Mit Vorlagebericht vom 12.12.2013 übermittelte die SGKK der damalig zuständigen Rechtsmittelbehörde, dem Landeshauptmann von Salzburg, den Verwaltungsakt samt Einspruch.

Ergänzend zum Bescheid führte die SGKK aus, die gegenständlichen Dienstverhältnisse seien nie strittig gewesen. Die wirtschaftliche Abhängigkeit ergebe sich aufgrund der durch die H zur Verfügung gestellten Betriebsmittel, das Entgelt sei dabei unbeachtlich. Zu den Einsprüchen der Dienstnehmer sei auszuführen, dass durch deren Anmeldung zur Sozialversicherung evident sei, dass auch die H von einem Dienstverhältnis ausgehe.

Der Versand der Fragebögen sei erforderlich geworden, da dem Ersuchen um Kontaktaufnahme mit der SGKK keine Folge geleistet worden sei.

Aus den 13 retournierten Fragebögen habe sich ergeben, dass die Dienstpläne etwa zwei Monate im Vorhinein erstellt worden seien und die Meldung zum Dienst zwar freiwillig, ab Zusage die persönliche Arbeitsleistung aber verpflichtend gewesen sei. Eine Vertretung sei bei Sanitätern und Notärzt*innen jeweils durch einen geeigneten Kollegen des Stützpunktes möglich gewesen. Die Vertretung sei von der H entlohnt worden. Die Betriebsmittel seien von der H zur Verfügung gestellt worden, bei der auch die Haftung gelegen sei. Die Entlohnung sei nach Einsatztagen, unabhängig von der Anzahl der tatsächlichen Einsätze, erfolgt. Das „Flight Operation Manual“ gebe die Anweisungen zu Flugabläufen und Ablauforganisation vor.

Zum A1-Formular wurde angemerkt, dass ein Notarzt zwar angegeben habe, über ein gültiges A1-Formular zu verfügen, dies jedoch der SGKK nicht vorgelegt habe.

2.1.       Der Landeshauptmann von Salzburg übermittelte am 30.12.2013 der H den Vorlagebericht zur Kenntnis und räumte dazu eine vierwöchige Stellungnahmefrist ein.

2.2.       In der Stellungnahme vom 29.01.2014 führte die H im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass die Notärzt*innen als ausschließlich lohnsteuerrechtliche Dienstnehmer iSd Paragraph 4, Absatz 2, 3. Satz ASVG angemeldet und auf dieser Basis sämtliche Sozialversicherungsbeiträge abgeführt habe. Hinsichtlich der Sanitäter verwies die H auf unzureichende Feststellungen und irrelevanter rechtlicher Beurteilung zu Abgrenzungsfragen. Die Schlussfolgerungen der SGKK seien insgesamt unrichtig und sei zudem das Ermittlungsverfahren der SGKK erst nach Übergang der Zuständigkeit auf den Landeshauptmann von Salzburg und somit rechtswidrig erfolgt.

3.           Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung des oben bezeichneten zum 31.12.2013 beim Landeshauptmann von Salzburg anhängig gewesenen Verfahrens gemäß Artikel 151, Absatz 51, Ziffer 8, B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht [BVwG] über (Ordnungszahl des hg Gerichtsaktes [im Folgenden:] OZ 1).

3.1.       Im Ermittlungsverfahren des BVwG wurde Parteiengehör zu den im Akt befindlichen Unterlagen gewährt und die Verfahrensparteien nahmen dazu weitgehend wie bereits im Verfahren Stellung (OZ 2-18).

3.2.       Ergänzend wurde von der H darauf verwiesen (OZ 14), dass die Anmeldung der Notärzte und Sanitäter aus rechtlicher Vorsicht erfolgte und die Dienstgeber- und Dienstnehmeranteile zur Sozialversicherung unter Vorbehalt abgeführt worden seien. Den Arbeitsablauf und die Organisation für den Einsatz von Sanitätern und Notärzten wurde dargelegt. Die Meldung zum Dienst sei Freiwillig sowohl hinsichtlich Tag und Anzahl der Dienste, es gebe keine Meldepflicht für Urlaube und Dienstabwesenheiten, keine Arbeitszeitaufzeichnungen, die Tätigkeit erfolge ausschließlich nach Bedarf bei Tageslicht, Vertretungsmöglichkeit durch qualifizierte Berufskollegen; keine Verpflichtung zu laufenden Rettungsdiensten; keine Weisungsgebundenheit und keine Kontrollunterworfenheit durch die DG). Der Ausnahmetatbestand des Paragraph 4, Absatz 4, Litera c, ASVG dürfe für freie Dienstverträge nicht zu einer Pflichtversicherung nach dem ASVG führen.

3.3.       Mit weiterem Schreiben verwies die H (OZ 15) auf den Ministerialentwurf zum Sozialrechtsänderungsgesetz 2015. In Paragraph 49, Absatz 3, Ziffer 26 a, ASVG sei nunmehr eine Klarstellung enthalten, dass Entgelte für die Tätigkeit als Notärzt*in kein Entgelt iSd ASVG darstellen und daher nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen würden, sofern die Tätigkeit weder den Hauptberuf darstelle noch die Hauptquelle der Einnahmen bilde. Nach Ansicht des BMASK handle es sich bei dieser Regelung um keine Neuerung, sondern um eine bloße Klarstellung. Für eine unterschiedliche Behandlung der Sanitäter sei kein Grund ersichtlich.

römisch II.         ad A) Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.           entscheidungswesentliche Feststellungen

1.1.       Die H ist ein Hubschrauberunternehmen, welches Rettungsdienste und alpine Bergeverfahren durchführt. Mit 01.06.2017 fand die Vermögensübernahme gemäß Paragraph 142, UGB durch die Komplementär-GmbH statt und die H wurde als Gesellschaft aufgelöst und gelöscht (OZ 20).

1.2.       Mit den in Anlage 1 gelisteten mitbeteiligten Notärzt*innen wurde jeweils ein „Kooperationsvertrag Notarzt – Rahmenvertrag“, mit den in Anlage 1 gelisteten mitbeteiligten Sanitätern ein „Kooperationsvertrag römisch 40 -Crewmember“ abgeschlossen. Die Verträge sind unbefristet und unter Einhaltung einer Frist von 4 Wochen jeweils zum Letzten eines Monats kündbar (Verträge, Schreiben 31.10.2012).

1.3.       Die mitbeteiligten Notärzt*innen und Sanitäter verrichteten ihre Dienste entsprechend ihrer Ausbildung und Kenntnisse sowie anhand der Regelungen des Flug Operation Manuals. Alle Mitbeteiligten übten die Tätigkeit nebenberuflich ein bis drei Mal im Monat aus. Die in Anlage 1 unter Notärzte gelisteten Personen sind ausgebildete Notärzt*innen und hauptberuflich zum Teil als angestellte Ärzt*innen in einem Krankenhaus, zum Teil als selbständige Ärzt*innen tätig und als solche in die von der Österreichischen Ärztekammer geführte Ärzteliste gemäß Paragraph 4, Ärztegesetz eingetragen (OZ 14-15; Fragebögen, Verträge, Schreiben 31.10.2012).

1.4.       Die Crews bestehen aus einem/r Pilot*in, einem/r Notärzt*in und einem Sanitäter und befinden sich täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in permanenter Einsatzbereitschaft am Stützpunkt, wobei der Zeitpunkt der jeweiligen Dämmerungen für jeden Stützpunkt in Dienstzeitlisten festgehalten wird (OZ 14-15; Schreiben 31.10.2012, Fragebögen). Die Einteilung dieser Dienste erfolgt mindestens ein Monat im Vorhinein, wobei die Notärzt*innen und Sanitäter Tage und Anzahl der von ihnen zu leistenden Dienste mittels Online-Tool bekannt geben. Die Dienstmeldungen erfolgen freiwillig, wobei es zumindest ein Dienst pro Monat sein sollte. Meldepflichten bei Verhinderung durch Krankheit und Urlaub gab es nicht und es waren auch keine Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen. Nach Einteilung der Dienste erbrachten die Notärzt*innen und Sanitäter ihre Tätigkeit grundsätzlich persönlich. Sie konnten sich jedoch jederzeit von einer für den Flugrettungsdienst geeigneten dritten Person vertreten lassen. Im Vertretungsfall erfolgte die Entlohnung durch die H (OZ 14-15; Schreiben 31.10.2012, Fragebögen).

1.5.       Die benötigten Betriebsmittel, wie Hubschrauber, Dienstkleidung, Sicherheits- und Notfallausrüstung, wurden von der H bereitgestellt (OZ 14-15; Schreiben 31.10.2012, Fragebögen).

1.6.       Das vereinbarte Entgelt betrug EUR 400,00 brutto für Notärzt*innen und EUR 183,00 brutto für Sanitäter pro Einsatztag unabhängig von der Anzahl der tatsächlich getätigten Einsätze. (Verträge, OZ 14).

1.7.       Die Mitbeteiligten waren in den, den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen vorangehenden, Jahren, zum Teil auch noch 2012, als freie Dienstnehmer der H sozialversichert (OZ 19).

2.           Beweisaufnahme und Beweiswürdigung

2.1.       Die Beweisaufnahme erfolgte durch Einsicht in die im Folgenden gelisteten von den Verfahrensparteien vorgelegten oder vom BVwG erhobenen Dokumente und Unterlagen. Zur Entscheidungsfindung wurden vom BVwG folgende Unterlagen herangezogen:

●             Schreiben 31.10.2012

●             Bescheid [B], Vorlagebericht [VB] der SGKK

●             Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin [Bsw]

●             Beschwerden der Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer [Bsw2-5]

●             ausgefüllte Fragebögen

●             Kooperationsverträge „Notarzt“ und „ römisch 40 -Crewmember“

●             Stellungnahmen der Erstbeschwerdeführerin (OZ 14, 15)

●             Stellungnahme des Viertbeschwerdeführers (OZ 12 [=13])

2.2.       Der gesamte festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus den bei den jeweiligen Feststellungen zitierten Schreiben, Verträgen, Stellungnahmen und ausgefüllten Fragebögen und ist zwischen den Parteien unstrittig vergleiche dazu insbesondere Bescheid S3-7). Strittig ist ausschließlich die rechtliche Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes.

3.           Entfall der mündlichen Verhandlung

3.1.       Eine Verhandlung kann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist, oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist (Paragraph 24, Absatz 2, Ziffer eins, VwGVG). Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, [EMRK] noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 Sitzung 389 [GRC] entgegenstehen (Paragraph 24, Absatz , VwGVG).

3.2.       Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist kein absoluter. Nach der Rechtsprechung des EGMR und ihm folgend des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt unumstritten und nur eine Rechtsfrage zu entscheiden ist oder wenn die Sache keine besondere Komplexität aufweist vergleiche dazu für viele EGMR 12.11.2002, Döry / S, Rn37; VfGH 20.02.2015, B1534; sowie jüngst VwGH 18.12.2018, Ra 2018/03/0132, jeweils mwN).

3.3.       Im gegenständlichen Fall ergab sich klar aus der Aktenlage, dass von einer mündlichen Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war. Der sich aus dem Akteninhalt ergebende Sachverhalt ist in den entscheidungswesentlichen Punkten weder ergänzungsbedürftig noch erschien er in entscheidenden Punkten als nicht richtig.

4.           Rechtliche Beurteilung

4.1.1.   Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und die Entscheidung durch Einzelrichterin ergeben sich aus Paragraph 6, Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes [BVwGG] in Verbindung mit Paragraph 414, Absatz eins und Absatz 2, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz [ASVG]. Das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt. Verfahrensgegenständlich sind demnach neben dem VwGVG auch die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, sowie jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen sinngemäß anzuwenden, die die SGKK im erstinstanzlichen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte (Paragraph 17, VwGVG).

4.1.2.   Die Beschwerden sind rechtzeitig und auch sonst zulässig.

4.2.       Werkvertrag oder Dienstvertrag

4.2.1.   Im gegenständlichen Verfahren waren die Mitbeteiligten für die H als Notärzt*innen oder Sanitäter tätig.

4.2.2.   Die Notärzt*innen und Sanitäter haben sich vertraglich zu laufend zu erbringenden Diensten verpflichtet, wobei die Verträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurden. Dass gegenständlich grundsätzlich eine Vereinbarung über Dienstleistungen und kein zu erstellendes Werk vorliegt vergleiche zur grundsätzlichen Abgrenzung für viele VwGH 21.08.2017, Ra2016/08/0119 mHa VwGH 20.05.1980, 2397/79), blieb im Verfahren auch seitens der Mitbeteiligten unbestritten.

4.2.3.   Es bleibt daher zu prüfen, ob die Mitbeteiligten die Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit von der H als Dienstgeberin gemäß Paragraph 35, ASVG, im Rahmen eines freien Dienstvertrags, der sich von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG durch das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit des Dienstnehmers vom Dienstgeber vergleiche VwGH 24.01.2006, 2004/08/0101 mwN) unterscheidet, oder als selbständige Tätigkeit erbracht haben.

4.3.       Zum Vorliegen eines Dienstverhältnisses

4.3.1.   Gemäß Paragraph 4, Absatz 2, ASVG ist Dienstnehmer nach dem ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. […] Als Dienstnehmer nach dem ASVG gilt jedenfalls auch, wer nach Paragraph 47, Absatz eins, in Verbindung mit Absatz 2, EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist.

4.3.2.   Grundvoraussetzung für die Annahme persönlicher Abhängigkeit im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG ist die persönliche Arbeitspflicht. Fehlt sie, dann liegt ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG schon deshalb nicht vor. Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind die Bindung des Beschäftigten an (1) Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit und das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden (2) Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (3) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung (VwGH 01.10.2015, Ra2015/08/0020, Zehetner in Sonntag (Hrsg), ASVG8, Paragraph 4,). Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2 ASVG gegeben ist, hängt davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder – wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, etwa aufgrund eines Werkvertrages oder eines freien Dienstvertrages – nur beschränkt ist (VwGH 21.09.2015, Ra2015/08/0045 mwN; 31.07.2014, 2013/08/0247 mwN).

4.3.3.   Persönliche Arbeitspflicht ist (unter anderem) dann nicht gegeben, wenn demjenigen, dessen Leistungserbringung zu beurteilen ist, eine generelle Vertretungsbefugnis bei Erbringung dieser Leistung eingeräumt ist oder wenn ein Beschäftigter die Leistung bereits übernommener Dienste jederzeit nach Gutdünken ganz oder teilweise sanktionslos ablehnen kann ("sanktionsloses Ablehnungsrecht", vergleiche etwa VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0011, mwN).

Aus den Feststellungen ergibt sich, dass alle Mitbeteiligten die eingetragenen Dienste grundsätzlich selbst absolvierten, sich aber jederzeit von geeigneten gleich qualifizierten Dritten vertreten lassen konnten. Dass diese Vertretungen ausschließlich aus dem Kreis der Mitbeteiligten kamen, ergibt sich logisch aus dem Umstand, dass diese Personen jedenfalls gleichqualifiziert waren und spricht daher nach Ansicht des BVwG nicht gegen ein allgemeines Vertretungsrecht. Die Einschränkung auf gleichqualifizierte Personen schadet der generellen Vertretungsbefugnis ebenso wenig, wie die Entlohnung der Vertretung durch die H vergleiche dazu VwGH 17.10.2012, 2010/08/0256). Im vorliegenden Fall ist es darüber hinaus für die H auch nicht von Belang, welche Person den Dienst tatsächlich absolviert, sondern ausschließlich wesentlich, dass täglich eine entsprechend qualifizierte Crew anwesend und in Bereitschaft ist vergleiche dazu VwGH 03.04.2019, Ro2019/08/0003).

Da es gegenständlich somit bereits an der persönlichen Arbeitspflicht fehlt, liegt kein Dienstverhältnis im Sinne des Paragraph 4, Absatz 2, ASVG vor.

4.4.       Dienstverhältnis gemäß §4 Absatz 4, ASVG

4.4.1.   Da im Rahmen der Kooperationsverträge somit keine persönliche Abhängigkeit der Mitbeteiligten vorlag, bleibt zu prüfen, ob die Tätigkeit als freies Dienstverhältnis nach Paragraph 4, Absatz 4, ASVG anzusehen ist.

4.4.2.   Gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG stehen den Dienstnehmern Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe (Z1) oder eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit) (Z2), wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, es sei denn dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer eins bis 3 GSVG oder Paragraph 2, Absatz eins, BSVG oder nach Paragraph 2, Absatz eins und 2 FSVG versichert sind (Litera ,) oder dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer eins, Litera f, B-KUVG handelt (Litera ,) oder dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird (Litera ,) oder dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, des Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetzes (Litera ,), handelt.

4.4.3.   Verfahrensgegenständlich ergibt sich aus den getroffenen Feststellungen, dass die Mitbeteiligten die Tätigkeit weitgehend persönlich erbracht haben, dafür ein Entgelt bezogen und dass sämtliche Betriebsmittel von der H zur Verfügung gestellt wurden. Auch das Vorliegen einer qualifizierten Dienstgebereigenschaft (Paragraph 4, Absatz 4, Z1 ASVG) als weiteres Tatbestandsmerkmal für die Pflichtversicherung als freie Dienstnehmer ist zu bejahen, zumal alle Mitbeteiligten im Rahmen des Geschäftsbetriebes der H für diese tätig waren.

4.4.4.   Zusammengefasst lag daher bei allen Mitbeteiligten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum dem Grunde nach ein freies Dienstverhältnis im Sinne des Paragraph 4, Absatz 4, ASVG vor.

4.5.       ad Spruchpunkt römisch eins – Dienstverhältnis der Notärzte

4.5.1.   Gemäß Paragraph 4, Absatz 4, Litera c, ASVG kommt eine Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer im Sinne von Paragraph 4, Absatz 4, ASVG dann nicht in Betracht, wenn der Dienstnehmer eine Tätigkeit ausübt, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, wobei kein Erfordernis der zusätzlichen förmlichen Ausübung dieser freiberuflichen Tätigkeit besteht vergleiche Regierungsvorlage 179 BlgNR 24. GP, S4, sowie VwGH 26.05.2014, 2012/08/0233). Die Pflichtversicherung nach Paragraph 4, Absatz 4, ASVG ist in diesem Fall subsidiär vergleiche Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, [2015], Rz174 zu Paragraph 4, ASVG).

4.5.2.   Da die Notärzt*innen Mitglieder der Ärztekammer sind, bewirkt der Umstand, dass sie sich auf Grund eines freien Dienstvertrages zur Erbringung von Dienstleistungen für die H verpflichtet haben, aufgrund der Subsidiaritätsregelung in Paragraph 4, Absatz 4, Litera c, ASVG keine Gleichstellung mit Dienstnehmer*innen iSd Paragraph 4, Absatz 2, ASVG, weshalb spruchgemäß festzustellen ist, dass für die mitbeteiligten Notärzt*innen in den jeweiligen gelisteten Zeiträumen keine Pflichtversicherung nach dem ASVG vorlag.

4.6.       ad Spruchpunkt römisch II – Dienstverhältnisse der Sanitäter

4.6.1.   Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2). Gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG wenn die Voraussetzungen des Absatz 2, nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

4.6.2.   Im Hinblick auf die mitbeteiligten Sanitäter liegen keine Ausnahmebestimmungen des Paragraph 4, Absatz 4, Litera a, -, d, ASVG vor.

4.6.3.   In diesen Verfahren bedarf es jedoch der Feststellung des in den jeweiligen Zeiträumen gebührenden Entgelts, um beurteilen zu können, ob für die, auf Grund der vom BVwG festgestellten freien Dienstverhältnisse gemäß Paragraph 4, Absatz 4, ASVG, nunmehr durchgängig anzunehmenden Zeiträume, eine Vollversicherungspflicht oder eine Teilversicherungspflicht eintritt. Das jeweilige Entgelt lässt sich weder aus dem Verfahrensakt feststellen, noch ergibt es sich aus den jeweiligen beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Daten, welche darüber hinaus auch mit den festgestellten Zeiträumen divergieren. Es ergibt sich auch weder aus dem Bescheid, noch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, auf welcher Grundlage die festgestellten nachzuversichernden Zeiträume und Beitragsgruppen basieren. Diese stehen mit dem vorliegenden Akteninhalt aber insofern in Widerspruch, als die Verträge auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurden und die H jeweils (nur) das Beginndatum der SGKK übermittelte. Vertragsunterbrechungen, wie in Anlage 1 vorhanden, ergeben sich hingegen nicht aus dem Verwaltungsakt. Diesbezüglich liegt daher im Hinblick auf diese Verfahren ein mangelhafter Sachverhalt im Sinne des Erkenntnisses des VwGH vom 26.06.2014, Ro2014/03/0063 vor.

4.6.4.   Im gegenständlich Fall ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das BVwG selbst nicht im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden, weil die SGKK gegenständlich in den Verfahren der Sanitäter (siehe Anlage 1 zum Bescheid) einen laufenden Wechsel zwischen Vollversicherungspflicht und Teilversicherungspflicht angenommen hat.

Die Teilversicherungspflicht ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes im Verhältnis zur Vollversicherungspflicht aber kein Minus, sondern ein Aliud und stellt keine eingeschränkte Vollversicherung, sondern ein eigenes Rechtsinstitut dar. Sollte sich daher auf Grund der Ermittlungen (auf Grund des nunmehr festgestellten freien Dienstverhältnisses) für den gesamten Zeitraum eine Teilversicherungspflicht anstelle einer Vollversicherungspflicht oder umgekehrt ergeben, wäre diese in einem neuen Verfahren durch die SGKK festzustellen, da Gegenstand des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens ausschließlich die auf einzelne Zeiträume beschränkte Vollversicherungspflicht oder Teilversicherungspflicht der Dienstverhältnisse war. Die Feststellung einer Teilversicherung in einem Beschwerdeverfahren gegen die Feststellung einer Vollversicherungspflicht oder umgekehrt wäre aber rechtswidrig, da dies einer Auswechslung des Gegenstandes des Verfahrens entspräche (VwGH 22.12.2010, 2007/08/0243 mwN).

4.6.5.   Das dem BVwG gemäß Paragraph 28, Absatz 3, 2. Satz VwGVG eingeräumte Ermessen ist im Hinblick auf die Verfahren der Sanitäter daher im Sinne einer kassatorischen Entscheidung auszuüben und diese Verfahren sind in Hinsicht auf die Dienstverhältnisse der Sanitäter spruchgemäß an die Österreichische Gesundheitskasse zur Ermittlung der Entgelte und zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen, wobei die SGKK gemäß Paragraph 28, Absatz 3, letzter Satz VwGVG an die dargelegte rechtliche Beurteilung durch das BVwG, wonach dem Grunde nach freie Dienstverhältnisse iSd Paragraph 4, Absatz 4, ASVG vorliegen, gebunden ist

römisch III.       ad B) Unzulässigkeit der Revision
Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist zu begründen (Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG). Die Revision ist (mit einer hier nicht zum Tragen kommenden Ausnahme) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird (Artikel 133, Absatz 4, B-VG).

Die sich aus dem festgestellten Sachverhalt ergebende rechtliche Subsumtion stützt sich auf die umfangreiche jeweils zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und weicht bei der Betrachtung des gegenständlichen Einzelfalls von dieser Rechtsprechung auch nicht ab. Zur persönlichen Arbeitspflicht iSd Paragraph 4, Absatz 2, ASVG insbesondere VwGH 24.11.2016, Ra 2016/08/0011, mwN. Zur Zulässigkeit einer zurückverweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG für viele VwGH 30.03.2017, Ra 2014/08/0050, sowie grundlegend VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063.

Es ergaben sich auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage, so dass insgesamt die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht vorliegen.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2020:L511.2003853.1.00