BVwG
10.09.2019
W251 2171366-1
W251 2171369-1/15E
W251 2171370-1/17E
W251 2171366-1/13E
W251 2171364-1/21E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) römisch 40 , geb. römisch 40 , 2.) römisch 40 , geb. römisch 40 , 3.) mj. römisch 40 , geb. römisch 40 , und
4.) mj. römisch 40 , geb. römisch 40 , alle StA. Afghanistan und vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.09.2017 zu 1.) Zl. 1089354403 - 151463375, 2.) Zl. 1089354305 - 151463338, 3.) Zl. 1089353406 - 151463451, und 4.) Zl. 1157540010 - 170737973, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:
A)
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer, alle Staatsangehörige Afghanistans, reisten - abgesehen vom Viertbeschwerdeführer - gemeinsam in das Bundesgebiet ein und stellten am 30.09.2015 bzw. am 21.06.2017 (Viertbeschwerdeführer) die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz. Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet. Diese haben zwei leibliche Söhne, den Dritt- und den Viertbeschwerdeführer.
2. Die niederschriftliche Erstbefragung des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin fand am 30.09.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Sie gaben zu ihren Fluchtgründen befragt im Wesentlichen an, dass sie in Afghanistan ohne Einverständnis ihrer Eltern heimlich geheiratet hätten und deshalb nicht mehr in Afghanistan haben leben können. Sie hätten die Ehre ihrer Familie verletzt und seien von ihren Familien beschimpft, bespuckt und sehr schlecht behandelt worden, weshalb sie schließlich Afghanistan verlassen haben.
3. Am 30.05.2017 wurden der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin gaben zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen an, dass die Zweitbeschwerdeführerin in Afghanistan von ihrem Onkel geschlagen worden sei und dieser ihr den Schulbesuch verboten habe. Zudem hätte sie einen seiner Söhne heiraten sollen. Da der Erstbeschwerdeführer gemerkt habe, wie die Zweitbeschwerdeführerin unter ihrem Onkel gelitten habe, habe er sie entführt bzw. sei sie mit ihm zu seiner Familie geflohen. Sie hätten dann heimlich ohne Einverständnis ihrer Familien geheiratet und bei der Familie des Erstbeschwerdeführers gewohnt. Nach ca. einem bzw. eineinhalb Monaten habe die Zweitbeschwerdeführerin ihrer Mutter von den Ereignissen erzählt und sie habe ihre Familie immer wieder besucht. Eines Tages habe ihr Onkel herausgefunden, wo die Zweitbeschwerde-führerin lebe. Er habe sie dann untertags - als der Erstbeschwerdeführer arbeiten gewesen sei - öfters aufgesucht und geschlagen. Die Zweitbeschwerdeführerin habe ihrem Mann zunächst nichts davon erzählt. Aus Angst ihr Onkel werde ihrem Kind etwas antun, habe sie schließlich Afghanistan mit ihrem Mann verlassen.
Hinsichtlich des Drittbeschwerdeführers wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
4. Am römisch 40 wurde der Viertbeschwerdeführer in Österreich geboren. Er ist der Sohn des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin. Für ihn wurde mit Schriftsatz vom 21.06.2017 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Zugleich wurde in der Stellungnahme ausgeführt, dass sich die Sicherheitslage im gesamten Staatsgebiet Afghanistans äußerst prekär darstelle. Der Familie sei aufgrund der asylrelevanten Verfolgung als Mitglieder der sozialen Gruppe derjenigen, die sich häuslicher Gewalt, Diskriminierung von Frauen und Mädchen und unfreiwilliger Eheschließungen widersetzt hätten und deswegen bedroht worden seien, Asyl zu gewähren. In eventu sei ihnen zumindest jedoch subsidiärer Schutz zu gewähren.
5. Das Bundesamt wies die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz mit oben genannten Bescheiden sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt römisch II.) ab und erteilte den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen die Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt römisch IV.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevanten Fluchtgründe geltend bzw. glaubhaft gemacht hätten. Es drohe den Beschwerdeführern auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Die Beschwerdeführer verfügen über familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan und sei es dem Erstbeschwerdeführer als junger gesunder Mann durchaus zumutbar durch Aufnahme von Tätigkeiten auch außerhalb seiner Heimatprovinz den Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Beschwerdeführer würden in Österreich - abgesehen voneinander - zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehrentscheidung entgegenstehe, verfügen.
6. Die Beschwerdeführer erhoben gegen oben genannte Bescheide fristgerecht Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, dass es unzulässig sei ihnen eine Steigerung ihres Vorbringens vorzuwerfen, weil ihre Aussagen zu ihren Fluchtgründen in der Einvernahme beim Bundesamt zwangsläufig detaillierter und umfassender gewesen seien als ihre diesbezüglich knappen Angaben in der Erstbefragung. Zudem habe das Bundesamt die Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 21.06.2017 ignoriert, wodurch das Recht der Beschwerdeführer auf Wahrung des rechtlichen Gehörs verletzt worden sei. Das Bundesamt habe sich nicht damit beschäftigt, dass die Verfolgung der Zweitbeschwerdeführerin als politisch motiviert zu betrachten sei, denn ihr Handeln sei zweifelsohne Ausdruck einer Haltung, die entschieden der in Afghanistan üblichen Tradition, dass Familien bestimmen, wen ein Mädchen zu heiraten habe, widersprechen. Zudem sei sie als Angehörige einer eigenen sozialen Gruppe der Genfer Flüchtlingskonvention zu subsumieren. Eine Rückkehr nach Afghanistan würde für die gesamte Familie eine Verletzung der Artikel 2 und 3 EMRK darstellen, weswegen den Beschwerdeführern jedenfalls subsidiärer Schutz zu gewähren sei.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 04.03.2019 in Anwesenheit einer Dolmetscherin sowie im Beisein des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Verfahren der Beschwerdeführer wurden zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.
8. Mit Stellungnahme vom 11.03.2019 wurde vorgebracht, dass die Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung gestresst und überfordert gewesen sei, weshalb es zu Irrtümern bezüglich der medizinischen, notwenidgen Untersuchungen des Viertbeschwerdeführers gekommen sei. Der Drittbeschwerdeführer mache wegen einer Entwicklungsverzögerung eine Physiotherapie. Die Beschwerdeführer würden in Afghanistan über keine relevanten Netzwerke verfügen, die sie tatsächlich und realistisch unterstützen könnten. Mit einer Rückschiebung wären die Kinder in ihren verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten verletzt. Zudem sei zu bezweifeln, dass der Erstbeschwerdeführer als Alleinverdiener in der Lage sei, sowohl sich als auch seine Familie zu ernähren. Den Beschwerdeführern sei aufgrund ihrer westlichen Wertehaltung Asyl zu gewähren, jedenfalls sei ihnen subsidiärer Schutz zu gewähren oder eine Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären. Unter einem wurden medizinische Unterlagen betreffend den Dritt- und Viertbeschwerdeführer vorgelegt.
9. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.03.2019 wurde ein Sachverständiger aus dem Fachgebiet Kinder- und Jugendheilkunde, Kinderkardiologie, zur schriftlichen Gutachtenserstellung betreffend den Viertbeschwerdführer, der ein römisch 40 und eine geringfügige Insuffizienz der römisch 40 aufweist, die als nicht relevant eingestuft wurde, bestellt. Gemäß dem erstatteten medizinischen Gutachten vom 02.05.2019 sind in aller Regel keine spezifischen Behandlungen, sondern lediglich regelmäßige kinderkardiologische Kontrollen inklusive Herzultraschall erforderlich. Es besteht beim Viertbeschwerdeführer keinerlei körperliche oder geistige Einschränkung, lediglich Tiefseetauchen ist nicht erlaubt. Es ist weder mit nachteiligen Folgen zu rechnen noch ist eine spezifische medizinische Behandlung, Operation oder Therapie erforderlich.
Mit Parteiengehör vom 09.05.2019 wurde den Parteien das medizinische Gutachten zur Stellungnahme übermittelt. Mit Schriftsatz vom 20.05.2019 brachten die Beschwerdeführer vor, dass eine Abschiebung nach Afghanistan in Anbetracht der Erkrankung des Viertbeschwerdeführers und der mangelnden Behandlungsmöglichkeiten jedenfalls zu einer gravierenden Reduzierung seiner Lebenserwartung, möglicherweise auch zu einer akut lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes führen würde.
10. Mit Parteiengehör vom 20.05.2019 wurde den Parteien die Möglichkeit gegeben zur Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend Anzahl an Kindern in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 03.05.2019 Stellung zu nehmen sowie aufgetragen bekannt zu geben, ob sich seit der letzten Verhandlung etwas an ihren Angaben, an ihrer Situation in Österreich bzw. im Herkunftsland oder an der Situation in Afghanistan geändert hat.
Mit Stellungnahme der Beschwerdeführer vom 29.05.2019 wurde vorgebracht, dass viele Menschenrechtsverletzungen betreffend Kinder in Afghanistan aus den Länderberichten hervorgehen würden. Den Kindern wäre keine Bildungsmöglichkeit oder eine entsprechende medizinische oder psychosoziale Leistung gewährleistet. Die Verwandten der Beschwerdeführer - zu denen kein bzw. ein nur sehr begrenzter Kontakt bestehe - seien nicht willig die Beschwerdeführer zu unterstützen. Es sei fraglich, ob die Beschwerdeführer Zugang zu ihrem Eigentumshaus aufgrund der hohen Korruptionsrate in Afghanistan erlangen könnten.
Das Bundesamt führte mit Stellungnahme vom 29.05.2019 aus, dass aus den Länderberichten keine aktuelle Bedrohung für die Volksgruppe der Hazara in Afghanistan zu entnehmen sei.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
1.1.1. Der Erstbeschwerdeführer führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 . Die Zweitbeschwerdeführerin führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 . Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin traditionell verheiratet. Diese haben zwei leibliche Söhne, den Drittbeschwerdeführer, der den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 führt, und den Viertbeschwerdeführer, der den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 führt. Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige, gehören der Volksgruppe der Hazara an und bekennen sich zum schiitisch-muslimischen Glauben. Die Beschwerdeführer sprechen Dari als Muttersprache (Verwaltungsakt des Erstbeschwerdeführers - BF 1 AS 1, 139 ff; Verwaltungsakt der Zweitbeschwerdeführerin - BF 2 AS 1, 141 ff; Verhandlungsprotokoll vom 04.03.2019 = VP, Sitzung 10 f, 34).
Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer wurden nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, sie sind mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.
1.1.2. Der Erstbeschwerdeführer wurde in der Stadt Kabul geboren und ist dort im Bezirk römisch 40 gemeinsam mit seinen Eltern und seinen drei Geschwistern (ein Bruder und zwei Schwestern) in einem Eigentumshaus aufgewachsen (BF 1 AS 5, 139; VP, Sitzung 12 f). Er ist mit seiner Familie nicht umgezogen. Der Erstbeschwerdeführer hat fünf Jahre lang eine Schule in Kabul besucht. Danach hat er den Beruf des Schweißers gelernt und hat zwölf Jahre diesen Beruf als Selbständiger ausgeübt. Er hatte einige Verträge mit Organisationen für die er Arbeiten durchgeführt hat (BF 1 AS 1, 143, 151; VP, Sitzung 11). Der Beschwerdeführer ist in seiner Freizeit viel gereist (nach Pakistan, in den Iran, nach Syrien, in den Irak und nach Dubai) (VP, Sitzung 13). Seine finanzielle Situation war durchschnittlich. Der Erstbeschwerdeführer hat sich in Kabul ein Grundstück gekauft und darauf ein Haus gebaut (VP, Sitzung 11).
1.1.3. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in der Stadt Kabul geboren und ist dort im Stadtteil römisch 40 gemeinsam mit ihren Eltern und ihren zwei Geschwistern (ein Bruder und eine Schwester) im Eigentumshaus ihres Vaters aufgewachsen (VP, Sitzung 37). Sie ist mit ihrer Familie nicht umgezogen. Der angebliche Onkel väterlicherseits der Zweitbeschwerdeführer hat nie im Haus ihrer Familie gewohnt. Die Zweitbeschwerdeführerin hat keine Schule besucht, sie ist Analphabetin. Ihr Vater und ihr Bruder sind für den Lebensunterhalt ihrer Familie aufgekommen. Sie selbst hat nicht gearbeitet (BF 2 AS 1, 145 f; VP, Sitzung 34, 36).
1.1.4. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben ca. Ende 2012/Anfang 2013 traditionell geheiratet (BF 1 AS 155; BF 2 AS 157). Es hat sich dabei nicht um eine heimliche, gegen den Willen der Familien erfolgte Eheschließung gehandelt. Die Familien des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin waren mit der Heirat einverstanden. Die Zweitbeschwerdeführerin ist nach der Heirat zum Erstbeschwerdeführer ins Haus seiner Familie für ca. ein bis zwei Monate gezogen. Danach sind der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin in das Eigentumshaus des Erstbeschwerdeführers gezogen. Der Sohn des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin - der Drittbeschwerdeführer - wurde am römisch 40 in Afghanistan geboren. Der Erstbeschwerdeführer hat den Unterhalt für seine Ehefrau und seinen Sohn bestritten. Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer haben Afghanistan ca. im August 2015 verlassen (BF 1 AS 7; BF 2 AS 7; VP, Sitzung 14, 37).
Die Erst- bis Drittbeschwerdeführer sind unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und stellten am 30.09.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Am römisch 40 wurde der Viertbeschwerdeführer in Österreich geboren.
1.1.5. Der Erstbeschwerdeführer verfügt in Kabul im römisch 40 Bezirk römisch 40 im Ort römisch 40 noch über sein Grundstück und sein darauf befindliches Eigentumshaus. Das gesamte Grundstück ist ca. 300 m2 groß. Das darauf gelegene Eigentumshaus des Erstbeschwerdeführers verfügt über zwei Zimmer und Wasserleitungen und fließendem Wasser im Haus. Im Garten gibt es Bäume. Derzeit wohnt die Schwester des Beschwerdeführers samt ihrer Familie darin. Die Schwester des Erstbeschwerdeführers baut Gemüse für den Eigengebrauch im Garten an (VP, Sitzung 11, 18, 40).
1.1.6. Die Eltern des Erstbeschwerdeführers leben nach wie vor in Kabul in ihrem Eigentumshaus (VP, Sitzung 17). Der Vater des Erstbeschwerdeführers hatte ein Geschäftslokal in dem er gebrauchte Kleidung neu einfärbte. Die Mutter des Erstbeschwerdeführers hat gearbeitet, sie hat Falten (Plisee) in Burkas gelegt (VP, Sitzung 17). Die derzeitige finanzielle Situation der Eltern des Erstbeschwerdeführers ist durchschnittlich (VP, Sitzung 16).
Die ältere Schwester des Erstbeschwerdeführers ist verheiratet und wohnt samt ihrem Ehemann und ihrem Sohn im Eigentumshaus des Erstbeschwerdeführers. Sie ist Hausfrau und kümmert sich um ihren Sohn (VP, Sitzung 14 f), ihr Ehemann arbeitet als Autolackierer (VP, Sitzung 18).
Die jüngere Schwester des Erstbeschwerdeführers ist nicht verheiratet und lebt bei ihren Eltern. Sie besucht die Schule sowie Englischkurse (VP, Sitzung 14 f).
Weder der Bruder des Erstbeschwerdeführers noch dessen Ehefrau sind bereits verstorben. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers lebt mit seiner Frau und seinen vier Kindern im Haus seiner Eltern (VP, Sitzung 15 f). Die Schwägerin des Erstbeschwerdeführers ist die älteste Tochter seines noch lebenden Onkels väterlicherseits. Sie ist Hausfrau und kümmert sich um ihre Kinder (VP, Sitzung 15). Der Bruder des Erstbeschwerdeführers ist berufstätig. Die finanzielle Situation seines Bruders ist durchschnittlich (VP, Sitzung 16). Der älteste Sohn des Bruders des Erstbeschwerdeführers ist gelernter Autolackierer und hat sich ein eigenes Geschäftslokal organisiert (VP, Sitzung 16).
Der Onkel väterlicherseits des Erstbeschwerdeführers lebt in der Stadt Kabul im Bezirk römisch 40 . Er hat drei Töchter und drei Söhne im Alter von (jungen) Erwachsenen (VP, Sitzung 15).
Der andere Onkel väterlicherseits des Erstbeschwerdeführers ist bereits verstorben. Er hat ebenfalls in der Stadt Kabul im Bezirk römisch 40 gelebt. Dieser hatte drei Söhne und sehr viele Töchter (VP, Sitzung 16).
Die zwei Onkeln mütterlicherseits des Erstbeschwerdeführers sind bereits verstorben. Ein Onkel mütterlicherseits hatte drei Söhne und mindestens drei Töchter. Der andere Onkel mütterlicherseits hatte einen Sohn und drei Töchter. Alle Cousinen und Cousins mütterlicherseits des Erstbeschwerdeführers haben zum Zeitpunkt der Ausreise des Erstbeschwerdeführers in Kabul im Stadtteil römisch 40 gelebt. Bis auf einen Cousin mütterlicherseits sind alle verheiratet (VP, Sitzung 17).
Der Erstbeschwerdeführer hat ein gutes Verhältnis und regelmäßig Kontakt zu seinen Eltern und Geschwistern sowie insbesondere zum ältesten Sohn seines Bruders (VP, Sitzung 16).
1.1.7. Die Eltern der Zweitbeschwerdeführerin sowie ihr Bruder leben nach wie vor in Kabul in ihrem Eigentumshaus (BF 2 AS 153 ff; VP, Sitzung 37). Der Vater der Zweitbeschwerdeführerin besitzt ein landwirtschaftliches Grundstück (BF 2 AS 153; VP, Sitzung 39). Er hatte ein Bekleidungsgeschäft, die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin ist Hausfrau (VP, Sitzung 38 f). Die Zweitbeschwerdeführerin hat regelmäßig Kontakt zu ihren Eltern.
Die Schwester der Zweitbeschwerdeführerin ist weder zwangsverheiratet worden noch befindet sie sich gegen ihren Willen im Iran. Es können keine weiteren Feststellungen zu den persönlichen Umständen der Schwester der Zweitbeschwerdeführerin getroffen werden.
Die Zweitbeschwerdeführerin hat keinen Onkel väterlicherseits (in Kabul).
1.1.8. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin leiden an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Sie sind gesund und arbeitsfähig (VP, Sitzung 7, 21). Der Erstbeschwerdeführer weist eine römisch 40 ) auf und nimmt deshalb seit 27.03.2018 psychotherapeutische Behandlung in Anspruch (Beilage ./B). Die Zweitbeschwerdeführerin weist eine römisch 40 auf und nimmt seit 20.11.2018 psychotherapeutische Behandlung in Anspruch (Beilage ./A)
Der Drittbeschwerdeführer weist eine römisch 40 aufgrund römisch 40 auf. Es ist eine intensive Sprachförderung (im Kindergarten) empfohlen (Beilage ./E; BF 1 Beilage zu OZ 8). Motorisch ist der Drittbeschwerdeführer im Normbereich. Es besteht kein physiotherapeutischer Förderbedarf (BF 1 Beilage zu OZ 8). Der Drittbeschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten.
Der Viertbeschwerdeführer weist ein römisch 40 und eine geringfügige Insuffizienz der römisch 40 auf, die als nicht relevant eingestuft wurde. Bis zu 25% aller Menschen leben mit einem römisch 40 Kinder sind dadurch nicht beeinträchtigt und auch im Erwachsenenalter ist eine Behandlung üblicherweise nicht erforderlich. Eine geringfügige Insuffizienz der römisch 40 wird sehr häufig beobachtet und ist unbedenklich. Es sind keine spezifischen Behandlungen, sondern lediglich regelmäßige kinderkardiologische Kontrollen inklusive Herzultraschall erforderlich. Es besteht keinerlei körperliche oder geistige Einschränkung des Viertbeschwerdeführers, lediglich Tiefseetauchen ist aus medizinischer Sicht nicht erlaubt. Es ist weder mit nachteiligen Folgen zu rechnen noch ist eine spezifische Therapie, Behandlung oder Operation zu erwarten. Die nächste Kontrolluntersuchung des Viertbeschwerdeführers ist im Jahr 2021 - im Abstand von zwei Jahren zur letzten Kontrolle im Jahr 2019 - erforderlich (medizinisches Sachverständigengutachten vom 02.05.2019; Beilage ./D; OZ 7 bei BF4). Der Viertbeschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten.
1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:
Das von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.
1.2.1. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde in Afghanistan von ihrem angeblichen Onkel väterlicherseits weder geschlagen, noch wurde ihr von diesem der Schulbesuch verboten. Die Zweitbeschwerdeführerin war in Afghanistan keinen Misshandlungen ausgesetzt. Die Zweitbeschwerdeführerin hat keinen Onkel väterlicherseits.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin werden aufgrund ihrer Heirat weder von ihren Eltern noch vom angeblichen Onkel väterlicherseits der Zweitbeschwerdeführerin verfolgt.
Die Beschwerdeführer haben Afghanistan weder aus Furcht vor konkreten Eingriffen in ihre körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.
1.2.2. Der Erstbeschwerdeführer wurde in Afghanistan niemals konkret bedroht und war keiner Verfolgung durch die Taliban, staatliche Organe oder durch andere Gruppierungen ausgesetzt. Der Bombenanschlag in Kabul, bei dem der Erstbeschwerdeführer Splitter abbekommen hat, war weder gezielt auf diesen gerichtet noch war er davor oder danach einer individuellen und konkreten Bedrohung ausgesetzt.
Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan droht den Beschwerdeführern weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in ihre körperliche Integrität durch die Taliban, staatliche Organe oder durch andere Gruppierungen.
1.2.3. Die Beschwerdeführer hatten in Afghanistan keine konkret und individuell gegen sie gerichteten Probleme aufgrund ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit zu den schiitischen Hazara.
1.2.4. Die Zweitbeschwerdeführerin ist in Afghanistan allein aufgrund ihres Geschlechts keinen psychischen oder physischen Eingriffen in ihre körperliche Integrität oder Lebensgefahr ausgesetzt.
Bei der Zweitbeschwerdeführerin handelt es sich nicht um eine auf Eigenständigkeit bedachte Frau, die in ihrer persönlichen Wertehaltung und in ihrer Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als westlich bezeichneten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert ist. Sie spricht zwar ausreichend Deutsch und absolviert Basisbildungskurse, diese wurden ihr jedoch von ihrem Unterkunftgeber empfohlen und sie hat diesbezüglich keine Eigeninitiative gezeigt. Zudem kümmert sie sich in ihrer Freizeit primär um den Haushalt und ihre Kinder. Die Zweitbeschwerdeführerin bewegt sich hauptsächlich in ihrem räumlichen Nahebereich und hat lediglich Kontakte zu einer Deutschlehrerin sowie zu einem Mitarbeiter der Caritas und einer Frau aus der Volkshochschule. Die Zweitbeschwerdeführerin ist - insbesondere betreffend der Vereinbarung von Kontroll- und Arztterminen für ihren Sohn - nicht selbständig, sondern auf (die Unterstützung durch) ihren Unterkunftgeber angewiesen.
1.2.5. Dem Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer ist es möglich, sich (wieder) in das afghanische Gesellschaftssystem zu integrieren. Ihnen droht aufgrund ihres Alters bzw. vor dem Hintergrund der Situation der Kinder in Afghanistan weder physische oder psychische Gewalt noch sind sie deswegen einer Verfolgung oder Lebensgefahr ausgesetzt.
In Afghanistan besteht Schulpflicht, ein Schulangebot ist insbesondere in Kabul faktisch auch vorhanden. Es besteht daher keine Gefahr einer Verfolgung, wenn dem Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer eine grundlegende Bildung zukommt. Die Eltern würden den Dritt- und Viertbeschwerdeführer in Kabul in die Schule schicken und diesen eine Schulbildung ermöglichen. Dem Dritt- und Viertbeschwerdeführer drohen in Kabul weder Kinderarbeit noch eine Zwangsheirat oder sexuelle Ausbeutung (allenfalls als Bacha-Bazi) oder Misshandlungen.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat:
Den Beschwerdeführern droht bei einer Rückkehr nach Afghanistan in die Stadt Kabul kein Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin können in der Stadt Kabul ihre grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft für sich sowie für den Dritt- und den Viertbeschwerdeführer, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Die Beschwerdeführer sind mit den Gepflogenheiten in Afghanistan vertraut. Die Beschwerdeführer können in Kabul im Eigentumshaus des Erstbeschwerdeführers wohnen, wo die Versorgung der Beschwerdeführer mit Trinkwasser sichergestellt ist. Die Beschwerdeführer können von ihrem familiären Netzwerk in Kabul, insbesondere bei der Arbeitssuche, der Verpflegung und der Kinderbetreuung, unterstützt werden. Das familiäre Netzwerk der Beschwerdeführer in Kabul verfügt über durchschnittliche finanzielle Einnahmen und Häuser in Kabul, sodass dieses auch finanziell tragfähig ist. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin können für ihr Auskommen und Fortkommen sowie für das des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers sorgen.
Dem Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer ist es möglich in der Stadt Kabul eine Schule zu besuchen und sich an die sozialen und kulturellen Gegebenheiten in Afghanistan anzupassen, nämlich neue Kontakte knüpfen, die Schule besuchen, einen Beruf lernen und die Sprachkenntnisse über die Muttersprache vertiefen.
Dem Dritt- und Viertbeschwerdeführer droht in der Stadt Kabul weder Kinderarbeit noch eine Zwangsheirat. Es droht diesen dort auch weder Missbrauch noch sexuelle Übergriffe oder Ausbeutungen.
Es ist den Beschwerdeführern somit möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Afghanistan in der Stadt Kabul Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.
1.4. Zum (Privat)Leben der Beschwerdeführer in Österreich:
Die Beschwerdeführer sind unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und halten sich seit zumindest 30.09.2015 durchgehend in Österreich auf.
Die Beschwerdeführer verfügen über keine Verwandte in Österreich.
1.4.1. Der Erstbeschwerdeführer:
Der Erstbeschwerdeführer hat zwar Deutschkurse besucht (BF 1 AS 109-111; Beilage ./F, ./M [ident mit BF 1 AS 127], ./Q, ./S und ./T). Er hat die ÖSD Deutschprüfung am 22.05.2017 für die Stufe A1 nicht bestanden (BF 1 AS 117 ff). Der Erstbeschwerdeführer verfügt nur über sehr geringe Deutschkenntnisse.
Der Erstbeschwerdeführer hat das Basismodul Fremdsprache A1-Politische Bildung (BF 1 AS 107) absolviert und an der Informationsveranstaltung betreffend Bildungszugang in Österreich (BF 1 AS 113) sowie an einem Orientierungskurs "Leben in Österreich" (16 Einheiten) (BF 1 AS 115) und am Workshop "Berufe vorstellen" (Beilage ./R) teilgenommen.
Der Erstbeschwerdeführer geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung (Beilage ./I; BF 1 AS 153; VP, Sitzung 20).
Er hat ehrenamtlich im Winter die Schneeräumung einer Pfarre übernommen (Beilage ./C) und in seiner Unterkunft an einem Projekt zur Gartengestaltung mitgemacht sowie die Aufgabe der Mülltrennung für die gesamte Unterkunft übernommen (Beilage ./i).
Der Erstbeschwerdeführer hat in Österreich freundschaftliche Kontakte knüpfen können (VP, Sitzung 22) und wird von den Betreuern der Unterkunft und seinen Deutschlehrern sehr geschätzt (BF 1 AS 99, 121-127; Beilage ./F; ./i und ./ N [ident mit AS BF 1 AS 125]). Es besteht jedoch keine enge soziale Bindung zu diesen.
Der Erstbeschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).
1.4.2. Die Zweitbeschwerdeführerin:
Die Zweitbeschwerdeführerin hat Deutschkurse besucht (BF 2 AS 119, 127; Beilage ./C, ./D und ./Z; BF 2 Beilage zu OZ 25). Sie hat die ÖSD Deutschprüfung am 22.05.2017 für die Stufe A1 nicht bestanden (BF 2 AS 129 ff). Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt über ausreichende Deutschkenntnisse um auf elementarer Ebene in einfachen, routinemäßigen Situationen des Alltags- und Berufslebens auf Deutsch zu kommunizieren.
Die Zweitbeschwerdeführerin geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung (Beilage ./I; BF 2 AS 155; VP, Sitzung 42).
Die Zweitbeschwerdeführerin hat am Projekt "Caritas Chor" (BF 2 AS 117), an einem wöchentlichen Strickkaffe (BF 2 AS 109, 159), an einer Informationsveranstaltung betreffend den Bildungszugang in Österreich (BF 2 AS 133), an einem Orientierungskurs "Leben in Österreich" (16 Einheiten) (BF 2 AS 135), an einem Vortrag betreffend Verhütung (BF 2 AS 137) und einem Vortrag betreffend Brustkrebs (BF 2 AS 139) sowie an einem Workshop "Berufe vorstellen" (Beilage ./J) teilgenommen. Sie hat an der Volkshochschule den Kurs Deutsch als Fremdsprache (DaF) A1 Modul 1 und 2 mit politischer Bildung von 03.10.2017 bis 03.04.2018 (Beilage ./G und K) sowie den Kurs Basisbildung Deutsch - Mathematik - Politische Bildung - Englisch von 02.05.2018 bis 28.09.2018 (Beilage ./H) absolviert. Von 08.10.2018 bis Februar 2019 hat die Zweitbeschwerdeführerin Brückenmodule an der Volkshochschule in Deutsch, Mathematik, Englisch und Politischer Bildung besucht. Im Anschluss startet der Pflichtschulabschlusslehrgang für den die Zweitbeschwerdeführerin aufgenommen wurde (VP, Sitzung 41; Beilage ./i)
Die Zweitbeschwerdeführerin wird von den Betreuern in der Unterkunft, ihren Deutschlehrern sehr geschätzt (BF 2 AS 109, 121; Beilage ./F, ./i und ./ N [ident mit AS BF 2 AS 127]). Sie hat in Österreich freundschaftliche Kontakte zu einer Deutschlehrerin, einem Mitarbeiter der Caritas und einer Frau aus der Volkshochschule geknüpft (VP, Sitzung 44). Es besteht jedoch keine enge soziale Bindung zu diesen.
Die Zweitbeschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./I).
1.4.3. Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer:
Der römisch 40 Drittbeschwerdeführer besucht in Österreich den Kindergarten seit er 2 1/2 Jahre alt ist.
Der römisch 40 Viertbeschwerdeführer wird von dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin zuhause betreut. Der Erstbeschwerdeführer betreut den Viertbeschwerdeführer, während die Zweitbeschwerdeführerin Basisbildungskurse besucht. Diese kocht jedoch das Mittagessen für die Familie und beschäftigt den Dritt- und Viertbeschwerdeführer am Nachmittag.
Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer sind in Österreich strafgerichtlich unbescholten.
1.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
Sicherheitslage
Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (Länderinformationsblatt für Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 08.01.2019 - LIB 08.01.2019, Sitzung 44).
Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (LIB 08.01.2019, S.44).
Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren. Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt) bedrohen. Dies ist den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zuzuschreiben (LIB 08.01.2019, Sitzung 47).
Im Jänner 2018 waren 56.3% der Distrikte unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung, während Aufständische 14.5% der Distrikte kontrollierten bzw. unter ihrem Einfluss hatten. Die übriggebliebenen 29.2% der Distrikte waren umkämpft. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten, die von Aufständischen kontrolliert werden, waren mit Stand Jänner 2018 Uruzgan, Kunduz und Helmand. Alle Provinzhauptstädte befanden sich unter der Kontrolle bzw. dem Einfluss der afghanischen Regierung (LIB 08.01.2019, Sitzung 55).
Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht. In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt. Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheits-operationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden; auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (LIB 08.01.2019, Sitzung 48).
Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (LIB 08.01.2019, Sitzung 48). Die Auflistung der high-profile Angriffe zeigt, dass die Anschläge in großen Städten, auch Kabul, hauptsächlich im Nahebereich von Einrichtungen mit Symbolcharakter (Moscheen, Tempel bzw. andere Anbetungsorte), auf Botschaften oder auf staatliche Einrichtungen stattfinden. Diese richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung, ausländische Regierungen und internationale Organisationen (LIB 08.01.2019, Sitzung 49 ff).
Provinz Kabul:
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul-Stadt. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten. Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf
4.679.648 geschätzt. In der Hauptstadt Kabul leben unterschiedliche Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Sikhs und Hindus. Ein Großteil der Bevölkerung gehört dem sunnitischen Glauben an, dennoch lebt eine Anzahl von Schiiten, Sikhs und Hindus nebeneinander. Kabul verfügt über einen internationalen Flughafen (LIB 08.01.2019, Sitzung 69f).
Einst als relativ sicher erachtet, ist die Hauptstadt Kabul von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen der Taliban betroffen, die darauf abzielen, die Autorität der afghanischen Regierung zu untergraben. Regierungsfeindliche, bewaffnete Gruppierungen inklusive des IS versuchen in Schlüsselprovinzen und -distrikten, wie auch in der Hauptstadt Kabul, Angriffe auszuführen. Im Zeitraum 1.1.2017- 30.4.2018 wurden in der Provinz 410 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert, die sich überwiegend in der Hauptstadt Kabul ereigneten (LIB 08.01.2019, Sitzung 70).
Im Jahr 2017 war die höchste Anzahl ziviler Opfer Afghanistans in der Provinz Kabul zu verzeichnen, die hauptsächlich auf willkürliche Angriffe in der Stadt Kabul zurückzuführen waren; 16% aller zivilen Opfer in Afghanistan sind in Kabul zu verzeichnen.
Selbstmordangriffe und komplexe Attacken, aber auch andere Vorfallsarten, in denen auch IEDs verwendet wurden, erhöhten die Anzahl ziviler Opfer in Kabul. Dieser öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriff im Mai 2017 war alleine für ein Drittel ziviler Opfer in der Stadt Kabul im Jahr 2017 verantwortlich (LIB 08.01.2019, Sitzung 71).
Regelmäßig werden in der Hauptstadt Sicherheitsoperationen durch die Regierung in unterschiedlichen Gebieten ausgeführt. Im Rahmen des neuen Sicherheitsplanes sollen außerdem Hausdurchsuchungen ausgeführt werden. Die engmaschigen Sicherheitsmaßnahmen beinhalten auch eine erhöhte Anzahl an Sicherheitskräften und eine Verbesserung der Infrastruktur rund um Schlüsselbereiche der Stadt. Auch übernimmt die ANA einige der porösen Kontrollpunkte innerhalb der Stadt und bildet spezialisierte Soldaten aus, um Wache zu stehen. Des Weiteren soll ein kreisförmiger innerer Sicherheitsmantel entstehen, der an einen äußeren Sicherheitsring nahtlos anschließt (LIB 08.01.2019, Sitzung 71 f).
Sowohl die Taliban als auch der IS verüben öffentlichkeitswirksame (high-profile) Angriffe in der Stadt Kabul, auch das Haqqani-Netzwerk soll Angriffe in der Stadt Kabul verübt haben. So existieren in der Hauptstadt Kabul scheinbar eine Infrastruktur, Logistik und möglicherweise auch Personal ("terrorists to hire"), die vom Haqqani-Netzwerk oder anderen Taliban-Gruppierungen, Splittergruppen, die unter der Flagge des IS stehen, und gewaltbereiten pakistanischen sektiererischen (anti-schiitischen) Gruppierungen verwendet werden (LIB 08.01.2019, Sitzung 72).
Religionsfreiheit
Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten. Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (LIB 08.01.2019, Sitzung 289).
Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (LIB 08.01.2019, Sitzung 291).
Schiiten
Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10 - 15% geschätzt. Zur schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und ein Großteil der ethnischen Hazara. Die meisten Hazara-Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an (LIB 08.01.2019, Sitzung 292).
Die politische Repräsentation und die Beteiligung an den nationalen Institutionen seitens der traditionell marginalisierten schiitischen Minderheit, der hauptsächlich ethnische Hazara angehören, ist seit 2001 gestiegen. Einige schiitische Muslime bekleiden höhere Regierungsposten. Im Ulema-Rat, der nationalen Versammlung von Religionsgelehrten, die u. a. dem Präsidenten in der Festlegung neuer Gesetze und Rechtsprechung beisteht, beträgt die Quote der schiitischen Muslime ca. 30%. Des Weiteren tagen rechtliche, konstitutionelle und menschenrechtliche Kommissionen, welche aus Mitgliedern der sunnitischen und schiitischen Gemeinschaften bestehen und von der Regierung unterstützt werden, regelmäßig, um die interkonfessionelle Schlichtung zu fördern. Die Diskriminierung der schiitischen Minderheit durch die sunnitische Mehrheit ist zurückgegangen (LIB 08.10.2019, Sitzung 292).
Afghanischen Schiiten ist es möglich, ihre Feste öffentlich zu feiern; einige Paschtunen sind jedoch wegen der Feierlichkeiten missgestimmt, was gelegentlich in Auseinandersetzungen mündet. In den Jahren 2016 und 2017 wurden schiitische Muslime, hauptsächlich ethnische Hazara, oftmals Opfer von terroristischen Angriffen u.a. der Taliban und des IS (LIB 08.01.2019, Sitzung 293).
Angehörige der Schiiten sind in Afghanistan allein aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit keiner psychischen und/oder physischen Gewalt ausgesetzt.
Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben mehr als 34.1 Millionen Menschen. Es sind ca. 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt (LIB 08.01.2019, Sitzung 299).
Hazara
Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (08.01.2019, Sitzung 301 f).
Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (LIB 08.01.2019, Sitzung 302).
Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert; sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert. Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht. Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert. So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist (LIB 08.01.2019, Sitzung 302).
Angehörige der Hazara sind in Afghanistan allein aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit keiner psychischen und/oder physischen Gewalt ausgesetzt.
Medizinische Versorgung
Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Eine begrenzte Zahl staatlich geförderter öffentlicher Krankenhäuser bieten kostenfreie medizinische Versorgung. Alle Staatsbürger haben Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (LIB 08.01.2019, Sitzung 343 ff).
Psychische Erkrankungen sind in öffentlichen und privaten Klinken grundsätzlich behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patienten nichts für ihre Aufnahme bezahlen. In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital und die Universitätsklinik Aliabad. Zwar gibt es traditionelle Methoden bei denen psychisch Kranke in spirituellen Schreinen unmenschlich behandelt werden. Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (LIB 08.01.2019, Sitzung 344 f).
Wirtschaft
Angesichts des langsamen Wachstums, sicherheitsbedingter Versorgungsunterbrechungen und schwacher landwirtschaftlicher Leistungen, nimmt die Armut weiterhin zu (LIB 08.01.2019, Sitzung 338).
Für ca. ein Drittel der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (inklusive Tiernutzung) die Haupteinnahmequelle. Die Arbeitslosigkeit betrifft hauptsächlich gering qualifizierte bildungsferne Personen; diese sind auch am meisten armutsgefährdet. Es müssten jährlich geschätzte 400.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden, um Neueinsteiger in den Arbeitsmarkt integrieren zu können. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (34,3%) Afghanistans und mehr als die Hälfte der weiblichen Bevölkerung (51,1%) sind nicht in der Lage, eine passende Stelle zu finden (LIB 08.01.2019, Sitzung 338 ).
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sogar für gut ausgebildete und gut qualifizierte Personen ist es schwierig ohne ein Netzwerk einen Arbeitsplatz zu finden, wenn man nicht empfohlen wird oder dem Arbeitgeber nicht vorgestellt wird. Vetternwirtschaft ist gang und gebe. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Es gibt lokale Webseiten, die offene Stellen im öffentlichen und privaten Sektor annoncieren. Die meisten Afghanen sind unqualifiziert und Teil des informellen, nicht-regulierten Arbeitsmarktes. Der Arbeitsmarkt besteht Großteiles aus manueller Arbeit ohne Anforderungen an eine formelle Ausbildung und spiegelt das niedrige Bildungsniveau wieder. In Kabul gibt es öffentliche Plätze, wo sich Arbeitssuchende und Nachfragende treffen. Viele bewerben sich, nicht jeder wird engagiert. Der Lohn beträgt für Hilfsarbeiter meist USD 4,3 und für angelernte Kräfte bis zu USD 14,5 pro Tag (Bericht, EASO, Afghanistan Netzwerke, Jänner 2018 - Beilage./IV, Sitzung 29 - 30).
In Kabul und in großen Städten stehen Häuser und Wohnungen zur Verfügung. Es ist auch möglich an Stelle einer Wohnung ein Zimmer zu mieten. Dies ist billiger als eine Wohnung zu mieten. Heimkehrer mit Geld können Grund und Boden erwerben und langfristig ein eigenes Haus bauen. Vertriebene in Kabul, die keine Familienanbindung haben und kein Haus anmieten konnten, landen in Lagern, Zeltsiedlungen und provisorischen Hütten oder besetzen aufgelassene Regierungsgebäude. In Städten gibt es Hotels und Pensionen unterschiedlichster Preiskategorien. Für Tagelöhner, Jugendliche, Fahrer, unverheiratete Männer und andere Personen, ohne permanenten Wohnsitz in der jeweiligen Gegend, gibt es im ganzen Land Angebote geringerer Qualität, sogenannte chai khana (Teehaus). Dabei handelt es sich um einfache große Zimmer in denen Tee und Essen aufgetischt wird. Der Preis für eine Übernachtung beträgt zwischen 0,4 und 1,4 USD. In Kabul und anderen großen Städten gibt es viele solche chai khana und wenn ein derartiges Haus voll ist, lässt sich Kost und Logis leicht anderswo finden. Man muss niemanden kennen um dort eingelassen zu werden (Beilage ./IV, Sitzung 31).
Rückkehrer:
Im Jahr 2017 kehrten sowohl freiwillig, als auch zwangsweise insgesamt 98.191 Personen aus Pakistan und 462.361 Personen aus Iran zurück. Bis Juli 2017 kehrten aus Europa und der Türkei 41.803 Personen nach Afghanistan zurück (LIB 08.01.2019, Sitzung 351).
Auch wenn scheinbar kein koordinierter Mechanismus existiert, der garantiert, dass alle Rückkehrer die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, und dass eine umfassende Überprüfung stattfindet, können Personen, die freiwillig oder zwangsweise nach Afghanistan zurückgekehrt sind, dennoch verschiedene Unterstützungsformen in Anspruch nehmen. Eine Reihe unterschiedlicher Organisationen ist für Rückkehrer und Binnenvertriebene (IDP) in Afghanistan zuständig. Außerdem erhalten Rückkehrer Unterstützung von der afghanischen Regierung, den Ländern, aus denen sie zurückkehren, und internationalen Organisationen (z.B. IOM) sowie lokalen Nichtregierungsorganisationen (NGO) (z. B. IPSO und AMASO). Nichtsdestotrotz scheint das Sozialkapital die wichtigste Ressource zu sein, die Rückkehrer zur Verfügung steht, da keine dezidiert staatlichen Unterbringungen für Rückkehrer existieren und familiäre Unterbringungsmöglichkeiten für Rückkehrer daher als die zuverlässigste und sicherste Möglichkeit erachtet werden. So kehrt der Großteil der (freiwilligen bzw. zwangsweisen) Rückkehrer direkt zu ihren Familien oder in ihre Gemeinschaften zurück. Für jene, die diese Möglichkeit nicht haben sollten, stellen die Regierung und IOM eine temporäre Unterkunft zur Verfügung, wo Rückkehrer für maximal zwei Wochen untergebracht werden können (LIB 08.01.2019, Sitzung 352 f).
IOM, IRARA, ACE und AKAH bieten Unterstützung und nachhaltige Begleitung bei der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Schulungen an. NRC bietet Rückkehrer aus Pakistan, Iran und anderen Ländern Unterkunft sowie Haushaltsgegenstände und Informationen zur Sicherheit an und hilft bei Grundstücksstreitigkeiten. Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (ICRC) unterstützt Rückkehrer/innen dabei, ihre Familien zu finden (LIB 08.01.2019, Sitzung 353 f).
Psychologische Unterstützung von Rückkehrer wird über die Organisation IPSO betrieben - alle Leistungen sind kostenfrei. Diejenigen, die es benötigen und in abgelegene Provinzen zurückkehren, erhalten bis zu fünf Skype-Sitzungen von IPSO. Für psychologische Unterstützung könnte auch ein Krankenhaus aufgesucht werden; möglicherweise mangelt es diesen aber an Kapazitäten (LIB 08.01.2019, Sitzung 354 f).
Die Großfamilie ist die zentrale soziale Institution in Afghanistan und bildet das wichtigste soziale Sicherheitsnetz der Afghanen. Alle Familienmitglieder sind Teil des familiären Netzes. Die Großfamilie trägt zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder bei. Sie bildet auch eine wirtschaftliche Einheit; die Männer der Familie sind verpflichtet, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen und die Familie in der Öffentlichkeit zu repräsentieren. Auslandsafghanen pflegen zumeist enge Kontakte mit ihren Verwandten in Afghanistan. Nur sehr wenige Afghanen in Europa verlieren den Kontakt zu ihrer Familie. Die Qualität des Kontakts mit der Familie hängt möglicherweise auch davon ab, wie lange die betreffende Person im Ausland war bzw. wie lange sie tatsächlich in Afghanistan lebte, bevor sie nach Europa migrierte. Der Faktor geographische Nähe verliert durch technologische Entwicklungen sogar an Wichtigkeit. Der Besitz von Mobiltelefonen ist mittlerweile "universell" geworden und digitale Kommunikation wird eine zunehmende Selbstverständlichkeit, vor allem in den Städten. Ein fehlendes familiäres Netzwerk stellt eine Herausforderung für die Reintegration von Migranten in Afghanistan dar. Dennoch haben alleinstehende afghanische Männer, egal ob sie sich kürzer oder länger außerhalb der Landesgrenzen aufhielten, sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan, zu der sie zurückkehren können. Eine Ausnahme stellen möglicherweise jene Fälle dar, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen (LIB 08.01.2019, Sitzung 355 f).
Familien in Afghanistan halten in der Regel Kontakt zu ihrem nach Europa ausgewanderten Familienmitglied und wissen genau Bescheid, wo sich dieses aufhält und wie es ihm in Europa ergeht. Dieser Faktor wird in Asylinterviews meist heruntergespielt und viele Migranten, vor allem Minderjährige, sind instruiert zu behaupten, sie hätten keine lebenden Verwandten mehr oder jeglichen Kontakt zu diesen verloren (LIB 08.01.2019, Sitzung 356).
Ein Netzwerk ist für das Überleben in Afghanistan wichtig. So sind einige Rückkehrer auf soziale Netzwerke angewiesen, wenn es ihnen nicht möglich ist, auf das familiäre Netz zurückzugreifen. Die Rolle sozialer Netzwerke - der Familie, der Freunde und der Bekannten - ist für junge Rückkehrer besonders ausschlaggebend, um sich an das Leben in Afghanistan anzupassen. Sollten diese Netzwerke im Einzelfall schwach ausgeprägt sein, kann die Unterstützung verschiedener Organisationen und Institutionen in Afghanistan in Anspruch genommen werden (LIB 08.01.2019, Sitzung 356).
Frauen
Die konkrete Situation von Frauen in Afghanistan ist erheblich von Faktoren wie Herkunft, Familie, Bildungsstand, finanzieller Situation und Religiosität abhängig. Obwohl sich die Lage afghanischer Frauen in den letzten Jahren erheblich verbessert hat, kämpfen viele weiterhin mit Diskriminierung auf einer Vielzahl von Ebenen, wie rechtlich beruflich, politisch und sozial. Gewalt gegen Frauen bleibt weiterhin ein ernsthaftes Problem. Frauen im Berufsleben und in der Öffentlichkeit müssen oft gegen Belästigung und Schikane kämpfen und sehen sich oft Drohungen ausgesetzt (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend Frauen in urbanen Zentren vom 18.09.2017 - Beilage ./V, Sitzung 10).
Frauenkleidung umfasst in Afghanistan ein breit gefächertes Spektrum, von moderner westlicher Kleidung, über farbenreiche volkstümliche Trachten, bis hin zur Burka und Vollverschleierung - diese unterscheiden sich je nach Bevölkerungsgruppe. Während Frauen in urbanen Zentren wie Kabul, Mazar-e Sharif und Herat häufig den sogenannten "Manteau shalwar" tragen, d.h. Hosen und Mantel mit verschiedenen Arten der Kopfbedeckung, bleiben konservativere Arten der Verschleierung, wie der Chador und die Burka (in Afghanistan Chadri genannt) weiterhin, auch in urbanen Gebieten, vertreten (Beilage ./V, Sitzung 2).
Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt. Laut Verfassung haben alle afghanischen Staatsbürger/innen das Recht auf Bildung. Öffentliche Kindergärten und Schulen sind bis zur Hochschulebene kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten sind kostenpflichtig (LIB 19.10.2018, Sitzung 299). Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an (LIB 08.01.2019, Sitzung 309).
Frauen in urbanen Zentren wie Kabul, Herat und Mazar-e Sharif sind in einer Vielzahl von beruflichen Feldern aktiv. Frauen arbeiten sowohl im öffentlichen Dienst, als auch in der Privatwirtschaft. Sie arbeiten im Gesundheitsbereich, in der Bildung, den Medien, als Polizistinnen und Beamtinnen, usw. Sie sind jedoch mannigfaltigen Schwierigkeiten im Berufsleben ausgesetzt, die von Diskriminierung in der Einstellung und im Gehalt, über Schikane und Drohungen bis zur sexuellen Belästigung reichen. Frauen der Mittel- und Unterschicht kämpfen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt und Lohnungleichheit. Dazu müssen Frauen unverhältnismäßig oft unbezahlte Arbeit leisten (Beilage ./V, Sitzung 22). In urbanen Zentren werden zudem vermehrt Freizeitangebote speziell für Frauen angeboten (Beilage ./V, Sitzung 29 ff).
Die Einstellung gegenüber der Berufstätigkeit von Frauen hat sich in Afghanistan in den letzten Jahren geändert; dies hängt auch mit den NGOs und den privaten Firmen zusammen, die in Afghanistan aktiv sind. Die städtische Bevölkerung hat kaum ein Problem mit der Berufstätigkeit ihrer Ehefrauen oder Töchter. In den meisten ländlichen Gemeinschaften sind konservative Einstellungen nach wie vor präsent, weshalb viele Frauen im ländlichen Afghanistan, aus Furcht vor sozialer Ächtung, keiner Arbeit außerhalb des Hauses nachgehen (LIB 08.01.2019, Sitzung 311).
Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzung und Misshandlung über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigung und Mord. Zu geschlechtsspezifischer und sexueller Gewalt zählen außerdem noch die Praxis der badal-Hochzeiten (Frauen und Mädchen, die im Rahmen von Heiratsabmachungen zwischen Familien getauscht werden) bzw. des ba'ad (Mädchen, die zur Konfliktlösung abgegeben werden) (LIB 08.01.2019, Sitzung 315 f).
Kinder
Die Stadt Kabul hat über vier Millionen Einwohner. Die Bevölkerungszahl für die Stadt Herat beträgt 507.000 Einwohner, für die Stadt Mazar-e Sharif 428.000 Einwohner. In der Provinz Kabul sind ca. 41% der Bevölkerung zwischen 0 und 14 Jahren alt, 24% entfallen auf die Altersgruppe 15-24 Jahre, 18% auf die Altersgruppe 25-39 Jahre, 14% auf die Altersgruppe 40-59 Jahre und 3% auf die Altersgruppe der über 60jährigen. In der Provinz Herat sind ca. 49% der Bevölkerung zwischen 0 und 14 Jahren alt, 20% entfallen auf die Altersgruppe 15-24 Jahre, 15% auf die Altersgruppe 25-39 Jahre, 13% auf die Altersgruppe 40-59 Jahre und 3% auf die Altersgruppe der über 60jährigen. In der Provinz Balkh (Hauptstadt Mazar-e Sharif) sind ca. 44% der Bevölkerung zwischen 0 und 14 Jahren alt, 22% entfallen auf die Altersgruppe 15-24 Jahre, 17% auf die Altersgruppe 25-39 Jahre, 14% auf die Altersgruppe 40-59 Jahre und 3% auf die Altersgruppe der über 60jährigen (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 06.05.2019 betreffend die Anzahl der Kinder).
Sicherheitslage für Kinder in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif
Im Jahr 2018 waren 28% aller zivilen Opfer Kinder (3.062 Opfer - 927 Tote und 2.135 Verletzte), davon waren 71% Buben und 27% Mädchen. 39% der Opfer unter Kinder gehen auf Bodeneinsätze zurück, 17% auf improvisierte Bomben (Nicht-Selbstmord), 16% auf Luftangriffe, 14% auf explosive Kampfmittelrückstände, 9% auf Selbstmord- und komplexe Angriffe und 3% auf die Taliban (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 09.05.2019 betreffend Sicherheitslage für Kinder, Sitzung 26 f). Die Sicherheitslage in den einzelnen Polizeidistrikten Kabuls hängt davon ab, ob es sich um Wohngebiete oder um Distrikte mit Regierungsstandorten, Sicherheitseinrichtungen (Militärakademie), ausländischen Organisationen oder um Gebiete an wichtigen Infiltrationswegen der Aufständischen oder der Autobahn handelt. In Distrikten mit wichtigen Einrichtungen ist die Präsenz der Sicherheitskräfte entsprechend hoch. Reine Wohngebiete sind relativ sicher. Die allgemeine Kriminalität ist in vielen Distrikten Kabuls hoch (Sicherheitslage für Kinder, Sitzung 29 ff). In Kabul und Herat kam es zu Angriffen auf Ausbildungseinrichtungen und Schülerinnen (Sicherheitslage für Kinder, Sitzung 36, 40).
Im Jahr 2018 gab es 492 Opfer (150 Tote und 342 Verletzte) durch explosive Kampfmittelrückstände im gesamten Staatsgebiet Afghanistans, was einer Abnahme an Opfern um 23% gegenüber dem Jahr 2017 entspricht. Der Rückgang geht auf Faktoren wie der Bergung von explosiven Kampfmittelrückständen auf Schlachtfeldern, kombiniert mit Aufklärungsprogrammen und der Markierung von vermuteten Gefahrenbereichen zurück. Kinder wurden überproportional Opfer von explosiven Kampfrückständen. Im Jahr 2018 machten sie 87% aller Opfer aus (136 Tote und 290 Verletzte) (Sicherheitslage für Kinder, Sitzung 3). Die meisten Opfer von explosiven Kampfmittelrückständen im Jahr 2018 sind in Afghanistan auf kürzlich stattfindende Kampfhandlungen zurückzuführen. Vertriebene Familien sind einem großen Risiko ausgesetzt, wenn sie in Gebiete zurückkehren, in denen schwere Kämpfe stattgefunden haben (Sicherheitslage für Kinder, Sitzung 2). Die 14 der 16 Distrikte der Provinz Herat - einst eine der am stärksten kontaminierten Gebiete Afghanistans - wird nach zehnjähriger Entminungstätigkeit nun als sicher eingestuft (Sicherheitslage für Kinder, Sitzung 2, 9). in den Jahren 2018 und 2019 (bis 7.5.)
Versorgungssituation der Kinder in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif
Kabul importiert den Großteil des Bedarfs an Lebensmitteln aus umliegenden Regionen und dem Ausland, weshalb es weniger von Lebensmittelnotständen betroffen ist. Es kommt zu großen Schwankungen bei der Lieferung und somit zu Knappheit bei bestimmten Lebensmitteln. Die Lebensmittelversorgung in Kabul und Mazar-e Sharif ist (mit Stand Dezember 2018) angespannt, sodass trotz humanitärer Unterstützung mindestens ein Fünftel der Haushalte einen minimal ausreichenden Lebensmittelkonsum aufweist, aber nicht in der Lage ist notwendige Ausgaben abseits von Lebensmitteln zu bestreiten. Herat befindet sich betreffend die Lebensmittelversorgung in der Krise, sodass trotz humanitärer Hilfe mindestens ein Fünftel der Haushalte Mängel in der Lebensmittelversorgung oder überdurchschnittliche Mangelernährung aufweisen bzw. kaum in der Lage waren das Minimum des Lebensmittelbedarfs zu decken (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.05.2019 betreffend Zugang zu Lebensmitteln, Sitzung 3 f).
Ca. 70% der Kabuler Bevölkerung lebt in informellen Siedlungen (= Wohngebiete, die entweder auf Grundstücken errichtet wurden, auf die die Bewohner keinen Rechtsanspruch haben und/oder Wohngebiete, die nicht den Planungs- und Bauvorschriften entsprechen). Die Stadt Kabul hat zwar kein zentrales Abwassersystem, jedoch verfügt fast die Hälfte der Bevölkerung in Kabul über grundlegende sanitäre Einrichtungen (= Einrichtungen, die nicht gemeinsam genutzt und durch welche Exkremente entweder sicher entsorgt oder entfernt werden). Die Qualität des Grundwassers ist auch durch das in den Kabul-Fluss eingeleitete häusliche und industrielle Abwasser gesunken (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.05.2019 betreffend Wasserversorgung und Sanitäranlagen für Kinder, Sitzung 3).
Ca. 65.000 Wohnungen in Kabul sind an das kommunale Wassersystem angeschlossen. Viele der 213.000 Brunnen in der Stadt haben die Menschen selbst gegraben (Zugang zu Lebensmitteln, Sitzung 8 f). Viele Bewohner Kabuls sind auf öffentliche Wasserhähne angewiesen, die von ihren Häusern oft weit entfernt sind. Es ist in der Regel Aufgabe von kleinen Kindern (oft Mädchen) das Wasser zu holen (Wasserversorgung und Sanitäranlagen für Kinder, Sitzung 4). Die Stadtverwaltung hat zum Wassersparen aufgerufen und verfolgt Pläne um die durch die steigende Nachfrage und den Wasserverbrauch gesunkenen Grundwasserspeicher wieder aufzufüllen (Zugang zu Lebensmitteln, Sitzung 8 f). Städtische Rückkehrer und Binnenvertriebene haben gleichberechtigten Zugang zu Wasser wie die aufnehmende Gesellschaft (Wasserversorgung und Sanitäranlagen für Kinder, Sitzung 2).
In der Stadt Herat leben ca. 5% der Bevölkerung in weichen Strukturen oder Zelten. Herat-Stadt hat kein zentrales Abwassersystem. 80% der Einwohner der Stadt Herat haben Zugang zu Netzstrom, 70% zu Wasser und 30% zu Abwasserentsorgung. Herat war das Ziel von rund 60.000 Menschen, die aufgrund von Dürre vertrieben wurden. Diese Menschen leben in überfüllten Lagern in und um Herat-Stadt (Wasserversorgung und Sanitäranlagen für Kinder, Sitzung 4 f).
In Mazar-e Sharif leben 66,5% in Eigentumshäusern, während 24,5% ihre Wohnung mieten. 76% der Bewohner Mazar-e Sharifs haben Zugang zu verbesserten Trinkwasserquellen aus Rohrleitungen oder Brunnen und 92% der Haushalte verfügen über verbesserte sanitäre Einrichtungen (Wasserversorgung und Sanitäranlagen für Kinder, Sitzung 5).
Bildungsmöglichkeiten, Kinderarbeit und Ausbeutung von Kindern in Kabul, Herat und Mazer-e Sharif
In Afghanistan gibt es öffentliche und kostenlose Grundschulen. Alle Kinder haben ein Recht auf den Schulbesuch, aber die Eltern sind nicht verpflichtet ihre Kinder in die Schule zu schicken (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 06.05.2019 betreffend Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 9). Es gibt auch kostenpflichtige private Schulen, in Herat kann die Schulgebühr für private Schulen bis zu 1.500 USD kosten. Der Anteil an Privatschülern in Afghanistan beträgt zwischen 2% und 5% (Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 2, 5). Kabul ist der gebildetste Teil von Afghanistan, die Provinz Kabul hat eine der höchsten Schulbesuchsraten unter den Elementarschülern. In der Stadt Kabul gingen ca. 22% der Kinder nicht in die Schule, der Anteil von Mädchen, die keine Schule besuchen, liegt unter 30% (Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 3 f). In der Stadt Herat besuchen 79,6% der Buben und 76,2% der Mädchen eine Elementarschule, 42,3% der Buben und 41,7% der Mädchen besuchen eine Sekundarschule. Die Alphabetisierungsrate ist in der Stadt Mazar-e Sharif höher als in der Stadt Herat. Die Provinz Balkh hat eine der höchsten Einschulungsraten für Mädchen in Afghanistan (Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 5). Mädchen, Kinder die in ländlichen Gebieten wohnen, Kuchis, Kinder mit Behinderungen und Kinder in schlechten wirtschaftlichen Lagen haben schlechtere Bildungschancen (Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 3). Die schlechte wirtschaftliche Lage einer Familie kann dazu beitragen, dass Kinder die Schule nicht besuchen. Das traditionelle Rollenverständnis bei Mädchen, die eine ablehnende Einstellung der Familie eines Mädchens zur Notwendigkeit der Schulbildung für Mädchen und die Verheiratung von Mädchen im jungen Alter, führt dazu, dass Mädchen seltener die Schule besuchen (Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 2, 10). Rund 60% der Kinder in Afghanistan, die keine Schule besuchen, sind Mädchen. Ein Großteil der Kinder, die keine Schule besuchen, lebt im ländlichen Raum (Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 4). Binnenvertriebene und Rückkehrer haben erschwerten Zugang zu Bildung, wobei im Städtischen Bereich die Schulbesuchsrate höher als im ländlichen Gebiet ist. Auch das Fehlen einer Tazkira kann einen Schulbesuch erschweren oder verhindern (Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 4). An Schulen kommt physische Gewalt nur selten vor (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 06.05.2019 betreffend Sexueller Missbrauch, körperliche Übergriffe auf Kinder, Sitzung 18 f)
Ökonomische Zwänge, mangelnde Qualität der gebotenen Schulbildung sowie tradierte Vorstellungen altersgemäßer Beschäftigung der Kinder veranlasst Eltern ihre Kinder anstelle eines Schulbesuchs arbeiten zu lassen. In den Städten gibt es Arbeitsmöglichkeiten ähnlich einem Lehrlingsverhältnis. Hierbei kann es jedoch zu Misshandlungen durch den Arbeitgeber kommen, es besteht für die Lehrlinge nur wenig Schutz. Die Bezahlung der Lehrlinge ist - verglichen mit anderen Formen der Kinderarbeit - sehr gering. Da Kinder, die gleichzeitig arbeiten und zur Schule gehen mit unterschiedlichen Problemen konfrontiert sind (Ausgrenzung in der Schule, negative Einstellung der Schule und des Arbeitgebers, Doppelbelastung, etc), begünstigt dies einen Schulabbruch der Kinder (Bildungsmöglichkeiten für Kinder, Sitzung 2, 11 f).
In den Städten Herat, Kabul und Mazar-e Sharif kommt es trotz gesetzlichen Verboten zu Kinderarbeit und Ausbeutung (= eine Verrichtung von Tätigkeiten, für welche die eingesetzten Kinder zu jung sind, Schwerarbeit und gesundheitsschädliche Tätigkeiten oder sexuelle Ausbeutung) (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.05.2019 betreffend Kinderarbeit und Ausbeutung, Sitzung 1). In Afghanistan sind 29% der Kinder im Alter von 5 und 17 Jahren von Kinderarbeit betroffen (Kinderarbeit und Ausbeutung, Sitzung 11). Das Risiko von Ausbeutung und Gewalt ist für arbeitende Kinder besonders groß, da die Einhaltung von Arbeitsgesetzen kaum überwacht wird (Kinderarbeit und Ausbeutung, Sitzung 6 f). Rund ein Fünftel der Binnenvertriebenen im städtischen Raum sind auf Kinderarbeit angewiesen. Insbesondere in Kabul ist Kinderarbeit weit verbreitet, was sowohl auf die größere ökonomische Verwundbarkeit der Binnenvertriebenen, wie auch die "relativ dynamische" Wirtschaft der Hauptstadt, welche eine höhere Nachfrage nach Kinderarbeit schafft, zurückzuführen ist (Kinderarbeit und Ausbeutung, Sitzung 2, 3 f). Treibender Faktor von Kinderarbeit ist der ökonomische Zwang. Zudem ist ausschlaggebend, ob Familien intakt sind oder ob bedeutsame Ernährer der Familie (Väter) fehlen und weiters ist die Haltung der Familien, insbesondere der Eltern, gegenüber Kinderarbeit und Bildung von Bedeutung. Die Familien, die ihre Kinder arbeiten schicken, verfügen über keine sozialen Netzwerke oder gemeinschaftliche Unterstützung, wodurch die Notwendigkeit von Kinderarbeit für diese Familien verringert werden könnte (Kinderarbeit und Ausbeutung, Sitzung 2, 5 f). Entgegen dem Willen der Eltern findet keine Kinderarbeit statt (Kinderarbeit und Ausbeutung, Sitzung 2).
Kinder- und Zwangsehen
Das afghanische Zivilgesetzbuch sieht ein gesetzliches Mindestalter für eine Heirat vor, dieses liegt bei Mädchen bei 16 Jahren und bei Jungen bei 18 Jahren (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.05.2019 betreffend Kinderehen, Zwangsehen, Sitzung 3). Erzwungene und Baad-Heiraten (die Übergabe eines Mädchens zur Konfliktbereinigung) sind verboten. Dennoch sind in Afghanistan frühe oder erzwungene Heiraten weit verbreitet (Kinderehen, Zwangsehen, Sitzung 2). Wenn die Familie oder eine Jirga eine Swara-Heirat (die Übergabe des Mädchens wird statt der Zahlung von Blutgeld vereinbart) beschließt, müssen betroffene Mädchen oder Frauen sich fügen (Kinderehen, Zwangsehen, Sitzung 6, 9 ff). Kinder, überwiegend Mädchen, werden gegen Geld (zwangs)verheiratet. Armut, Analphabetismus, Genderdiskriminierung und fehlender Zugang zu Gesundheit und Bildung sind die wichtigsten treibenden Faktoren für eine Kinderheirat. Der Anteil an Kinderehen erhöht sich stark in Lagern für Binnenvertriebene, da dort extreme finanzielle Not, Analphabetismus, fehlender Zugang zu Gesundheit und wirtschaftlichen Möglichkeiten noch mehr verbreitet ist (Kinderehen, Zwangsehen, Sitzung 3, 6 f).
Sexueller Missbrauch, körperliche Übergriffe und Erpresserische Entführung von Kindern
In den Städten Kabul, Mazar-e Sharif und Herat kommt es nach wie vor zu körperlichen Übergriffen bzw. physischer Gewalt gegenüber Kindern im familiären Umfeld. Sexueller Missbrauch findet innerhalb der Familie nur sehr selten statt, jedoch geht man von einer hohen Dunkelziffer aus (Sexueller Missbrauch, körperliche Übergriffe auf Kinder, Sitzung 16 ff).
Es gibt auch seitens der Sicherheitskräfte sexuelle Übergriffe auf Kinder, insbesondere in Form von Bacha Bazi. Während Offiziere von niedrigem Rang und Soldaten aufgrund von Kindesmissbrauchs angeklagt werden, fällt es höherrangigen Offizieren, die über Macht und Geld verfügen leicht, mittels Drohungen für Schweigen über ein Verbrechen zu sorgen (Sexueller Missbrauch, körperliche Übergriffe auf Kinder, Sitzung 10 f).
In den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif kommt es vermehrt zu Entführungen. Davon sind insbesondere, aber nicht nur als wohlhabend wahrgenommene Personen bzw. deren Familien, darunter auch Kinder, betroffen (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 06.05.2019 betreffend Erpresserische Entführungen von Kindern, Sitzung 2). Entführer sind nicht Mitglieder einer bewaffneten Gruppierung und ihre Motive sind nicht ideologisch motiviert (Erpresserische Entführungen von Kindern, Sitzung 16). Die Polizei verfolgt jeden Entführer, doch die Unfähigkeit der Polizei bei der Kriminalitätsbekämpfung lässt viele Leute denken, dass einige Kriminelle mit der Polizei zusammenarbeiten würden (Erpresserische Entführungen von Kindern, Sitzung 14).
Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif
Beim Zugang zu Gesundheitseinrichtungen bestehen erhebliche geografische Unterschiede, wobei die Versorgungslage in den Städten besser ist als am Land. Auch die wirtschaftliche Lage einer Familie hat wesentliche Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung der Kinder. Routineuntersuchungen von Kindern sind aus finanziellen, kulturellen und religiösen Gründen unüblich. Der Zugang zu Impfungen ist im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Viele Kinder und Jugendliche leiden an unbehandelten psychischen Störungen aufgrund von Traumata und Stress wegen Konflikten, Binnenvertreibung, Armut und Gewalt. (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 06.05.2019 betreffend Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder, Sitzung 2, 12 f).
In Kabul gibt es zwei öffentliche Einrichtungen die eine stationäre psychiatrische Versorgung kostenlos bieten. Entsprechende private Einrichtungen bieten keine stationäre, jedoch ambulante psychiatrische Behandlung an. Medikamente sind in den Krankenhäusern nicht immer kostenlos erhältlich (Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder, Sitzung 4 f). In der Stadt Kabul gibt es drei Krankenhäuser mit Kinderfachärzten sowie zwei Einrichtungen mit Kinderpsychologen (Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder, Sitzung 13, 21).
In der Stadt Herat ist die stationäre Behandlung durch einen Psychologen nur in einem privaten Krankenhaus möglich. Ambulante psychiatrische Behandlungen werden auch im öffentlichen Herater Regionalkrankenhaus kostenlos angeboten (Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder, Sitzung 4, 6).
In Mazar-e Sharif gibt es ca. 10-15 Krankenhäuser, die meisten davon privat sowie 30-50 Gesundheitskliniken und zwei Einrichtungen die psychiatrische Dienste bereitstellen (Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder, Sitzung 6 f).
Obwohl die Behandlung in öffentlichen Einrichtungen kostenlos sein sollte, werden in der Praxis dennoch Gebühren verlangt und ist es auch übliche Praxis, dass Patienten den Arzt bestechen um qualitativ besser behandelt zu werden. Ein Elternteil kann ohne zusätzliche Kosten mit einem stationär aufgenommenem Kind im Krankenhaus übernachten, da sich diese ein Bett teilen müssen (Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder, Sitzung 16 f).
Kinderschutzprogramme
Das afghanische Frauenministerium hat gemeinsam mit dem Ministerium für Information und Kultur Initiativen zur Vorbeugung und Beendigung von Kinderheiraten sowie Gesetze und Unterstützungen für Menschen, die davon betroffen sind geplant (Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 03.05.2019 betreffend Kinderschutzprogramme, Sitzung 2).
Die afghanische Regierung hat folgende Maßnahmen gesetzt um Kinder zu schützen:
1. Gründung des Child Protection Action Network in über 100 Distrikten und 33 Provinzen. Im Programm wurden 2014-2015 5.411 Fälle vulnerabler Kinder behandelt und 492 Kinder wurden vor den schlimmsten Formen der Kinderarbeit geschützt.
2. Einrichtung eines Systems für Reintegration vulnerabler Kinder in ihre Familien. 2014-15 erhielten 264 Kinder temporäre soziale Unterstützung und wurden mit ihren Familien wieder vereint.
3. Einrichtung von 39 Waisenhäusern, zusätzlich zu 52 privaten Waisenhäusern, die Unterstützung und Schutz für insgesamt 20.220 Waisenkinder bieten.
4. Einrichtung eines sozialen Sicherheitsnetzes mit finanzieller Unterstützung für arme Familien mit Kindern. 2016 wurden über 15.000 solcher Familien mit Kindern unter fünf Jahren identifiziert.
5. Im Jahr 2014-15 wurden 19.000 Straßenkinder in Schulen aufgenommen (Kinderschutzprogramme, Sitzung 8 f).
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in die Verwaltungs- und Gerichtsakten, durch Einvernahme des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden Beilage ./I bis ./VI (Konvolut Auszüge ZMR, GVS, Strafregister - Beilage ./I;
Länderinformationsblatt der Staatendokumentation über Afghanistan vom 29.06.2018 mit Kurzinformation vom 08.01.2019 - Beilage ./II;
FFM Report der Staatendokumentation, Afghanistan aus April 2018 - Beilage ./III; Bericht, EASO, Afghanistan Netzwerke, Jänner 2018 - Beilage./IV; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend Frauen in urbanen Zentren vom 18.09.2017 - Beilage ./V; ACCORD Anfragebeantwortung, Entwicklung der wirtschaftlichen Situation, der Versorgungs- und Sicherheitslage in Herat, Mazar-e Sharif und Kabul vom 07.12.2018 - Beilage ./VI) und Beilage ./A bis ./T (Medizinische
Bestätigung BF2 vom 28.02.2019 - Beilage ./A; medizinische
Bestätigung BF1 vom 28.02.2019 - Beilage ./B;
Unterstützungsschreiben vom 27.02.2019 - Beilage ./C; medizinische Unterlagen vom 29.07.2017, BF4 - Beilage ./D; Logopädische Bestätigung vom 27.06.2018, BF3 - Beilage ./E;
Unterstützungsschreiben vom 19.10.2017 - Beilage ./F;
Teilnahmebestätigung BF2 Deutsch A1, Modul 1, vom 28.11.2017 - Beilage ./G; Teilnahmebestätigung Basisbildung BF2 vom 28.09.2018 - Beilage ./H; Unterstützungsschreiben vom 20.02.2019 - Beilage ./i;
Teilnahmebestätigung Workshop BF2 vom 07.09.2017 - Beilage ./J;
Teilnahmebestätigung BF2, Deutsch als Fremdsprache A1, Modul 1 und 2 vom 03.04.2018 - Beilage ./K; Bestätigung Teilnahme Brückenmodule BF2 vom 22.01.2019 - Beilage ./L; Teilnahmebestätigung Deutschkurs A1, BF1 vom 26.05.2017 - Beilage ./M; Teilnahmebestätigung Deutsch als Zweitsprache, Mai 2017 - Beilage ./N; Befundbericht BF1 vom 17.07.2018 - Beilage ./O; Befundbericht BF1 vom 22.03.2018 - Beilage ./P; Teilnahmebestätigung BF1 Deutsch als Fremdsprache, A1 Modul 2 vom 27.08.2018 - Beilage ./Q; Teilnahmebestätigung BF1, Workshop "Berufe vorstellen" vom 12.09.2017 - Beilage ./R;
Teilnahmebestätigung BF1, Deutsch als Fremdsprache, A1 Modul 2 vom 27.08.2018 - Beilage ./S; Teilnahmebestätigung BF1 Deutsch als Fremdsprache A1 vom 14.12.2018 - Beilage ./T) und durch Einsicht in die mit Parteiengehör vom 09.05.2019 und 20.05.2019 ins Verfahren eingebrachten Berichte (medizinisches Sachverständigengutachten vom 02.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Anzahl an Kindern in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 03.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Bildungsmöglichkeiten für Kinder in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 06.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Kinderarbeit und Ausbeutung Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 03.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Kinderehen und Zwangsheirat vom 03.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Sicherheitslage von Kindern in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 09.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Zugang zu Lebensmitteln vom 03.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Wasserversorgung und Sanitäranlagen für Kinder in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 10.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Sexuellen Missbrauch, körperliche Übergriffe auf Kinder in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 06.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Erpresserische Entführung von Kindern vom 06.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Kinderschutzprogramme vom 03.05.2019; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 03.05.2019) sowie in die mit Stellungnahme vom 11.03.2019 vorgelegten medizinischen Unterlagen betreffend den Dritt- und Viertbeschwerdeführer.
2.1. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer:
2.1.1. Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.
Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer ergeben sich aus ihren Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum der Beschwerdeführer gelten ausschließlich zur Identifizierung der Personen der Beschwerdeführer im Asylverfahren.
Die Feststellungen betreffend die familiären Verhältnisse der Beschwerdeführer zueinander sowie zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer, ihrer Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit und ihrer Muttersprache, ergeben sich aus den diesbezüglich im gesamten Verfahren übereinstimmenden Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin.
Da die Beschwerdeführer im Familienverband aufgewachsen sind und der Dritt- und Viertbeschwerdeführer vom Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin erzogen wurden, ergibt sich auch für die diese Beschwerdeführer nichts Gegenteiliges. Die Eltern des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers sind afghanische Staatsangehörige, Angehörige der Volksgruppe der Hazara sowie schiitische Muslime. Da der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin somit selbst mit der afghanischen Kultur groß geworden sind und die afghanischen Gepflogenheiten vermittelt bekommen haben, ist davon auszugehen, dass diese den Dritt- und Viertbeschwerdeführer nicht nur - wie selbst angegeben - die afghanische Landessprache (VP, Sitzung 20), sondern auch die afghanische Kultur vermitteln und im Familienverband nach den afghanischen Gepflogenheiten leben.
2.1.2. Die Feststellungen zum Lebenslauf des Erstbeschwerdeführers (sein Aufwachsen und seine familiäre und wirtschaftliche Situation in Afghanistan und seine Eigentumsverhältnisse sowie seine Schul- und Berufsausbildung und seine berufliche Tätigkeit) stützen sich auf die diesbezüglich schlüssigen Angaben des Erstbeschwerdeführers. Das Bundesverwaltungs-gericht hat keine Veranlassung, an diesen im Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen Aussagen des Erstbeschwerdeführers zu zweifeln.
Der Erstbeschwerdeführer führte in der Beschwerdeverhandlung zur Tätigkeit seines Vaters befragt, aus, dass dieser ein eigenes Geschäft gehabt habe, nach ihrem Umzug jedoch lediglich ein Geschäftslokal gemietet habe (VP, Sitzung 17). Da der Erstbeschwerdeführer einen Umzug seiner Familie innerhalb Kabuls bisher im Verfahren nicht erwähnte, ist sein diesbezügliches Vorbringen nicht glaubhaft.
2.1.3. Die Feststellungen zum Geburtsort der Zweitbeschwerdeführerin, zu ihrer fehlenden Schulbildung und fehlenden beruflichen Tätigkeit sowie dazu, dass ihr Vater und ihr Bruder für den Lebensunterhalt ihrer Familie aufgekommen sind, ergeben sich aus den diesbezüglich schlüssigen Angaben der Zweitbeschwerdeführerin beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung.
Da die Angaben der Zweitbeschwerdeführerin zum Fluchtvorbringen (somit auch zu den Misshandlungen durch ihren angeblichen Onkel) einerseits nicht glaubhaft sind und eine Verfolgung bzw. Unterdrückung der Zweitbeschwerdeführerin durch ihren angeblichen Onkel nicht festgestellt werden konnte (siehe Punkt römisch II.2.2.1.), ist es unplausibel, dass die Familie innerhalb Kabuls umziehen sollte. Es ist daher die entsprechende Feststellung zu treffen.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab beim Bundesamt an, dass sie nicht mit ihrem angeblichen Onkel im gleichen Haus, sondern lediglich im selben Ort gelebt habe (BF 2 AS 165). In der Beschwerdeverhandlung führte sie hingegen, befragt mit wem sie im Haus ihres Vaters gelebt habe, auch ihren angeblichen Onkel väterlicherseits an (VP, Sitzung 37). Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen und vor dem Hintergrund, dass das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin betreffend Misshandlungen durch ihren angeblichen Onkel väterlicherseits nicht glaubhaft ist, steht für das Gericht fest, dass die Zweitbeschwerde-führerin gemeinsam mit ihren Eltern und ihren zwei Geschwistern, nicht jedoch mit ihrem angeblichen Onkel väterlicherseits in einem Haus gelebt hat.
Dass das Haus in dem die Zweitbeschwerdeführerin mit ihrer Familie gelebt hat, im Eigentum ihres Vaters steht, ergibt sich aus ihrer diesbezüglich automatischen und spontanen Antwort auf die konkrete Frage, wem das Haus in dem sie gelebt hat, gehört (VP, Sitzung 37). Sofern sie im Zuge der Beschwerdeverhandlung sodann angab, dass das Haus lediglich gepachtet gewesen sei, ist dies aufgrund ihrer konkreten Antwort betreffend die Eigentumsverhältnisse des Hauses nicht glaubhaft. Dass die Zweitbeschwerdeführerin die Frage missverstanden und nur angegeben habe, dass sie mit ihrem Vater gemeinsam in einem Haus gelebt habe, ist nicht glaubhaft, zumal sie gleich nach der Frage, wem das Haus gehört, befragt worden ist, mit wem sie in diesem Haus gelebt hat und sie betreffend die unterschiedlichen Fragen auch zwei verschiedene Antworten gegeben hat. Es zeigt sich daher, dass die Zweitbeschwerdeführerin sehr wohl die Fragen verstanden hat und lediglich versucht die Eigentumsverhältnisse ihrer Familie zu verschleiern. Wie soeben ausgeführt, zeigt sich, dass die Zweitbeschwerdeführerin widersprüchliche und somit offenkundig nicht der Wahrheit entsprechende Angaben betreffend ihre persönlichen Verhältnisse in Afghanistan getätigt hat. Die Zweitbeschwerdeführerin ist daher nicht glaubwürdig.
2.1.4. Dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin seit ca. Ende 2012/Anfang 2013 traditionell miteinander verheiratet sind, ergibt sich aus ihren diesbezüglich im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben beim Bundesamt, wonach sie ca. vier Jahre und drei oder vier Monate bzw. 4 1/2 Jahre vor der Einvernahme am 30.05.2017, somit ca. Ende 2012/Anfang 2013 geheiratet haben (BF 1 AS 155; BF 2 AS 157). Dass es sich dabei nicht um eine heimliche gegen den Willen ihrer Familien geschlossene Ehe gehandelt hat, ergibt sich aus den widersprüchlichen Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin betreffend die Umstände ihrer Eheschließung. So gab der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung an, dass bei der Eheschließung der Mullah und sein Freund anwesend gewesen sei (VP, Sitzung 10), während die Zweitbeschwerdeführerin lediglich den Mullah nannte (BF 2 AS 157; VP, Sitzung 35). Selbst auf Nachfrage gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass keine Zeugen anwesend gewesen seien (VP, Sitzung 35). Zudem ist es unplausibel, dass weder der Erst- noch die Zweibeschwerdeführerin angeben konnten, was die Zweitbeschwerde-führerin bei der Hochzeit angehabt hat, selbst wenn es sich nicht um eine typische Brautkleidung gehandelt hat (VP, Sitzung 10, 35), zumal es sich bei der Heirat um ein besonders einprägsames Ereignis handelt.
Dass die Zweitbeschwerdeführerin nach der Heirat zum Erstbeschwerdeführer zunächst ins Haus seiner Familie gezogen ist, ergibt sich aus den Ausführungen der Beschwerdeführer beim Bundesamt, wonach er die Zweitbeschwerdeführerin für ca. ein bzw. eineinhalb Monate mit nachhause genommen habe (BF 1 AS 159; BF 2 AS 163). Dass er ein Haus gemietet habe, erwähnten sie beim Bundesamt hingegen mit keinem Wort. Dies ist vor dem Hintergrund, dass der Erstbeschwerdeführer ein eigenes Haus gehabt hat und seine Familie ebenfalls über ein Haus verfügt hat, in dem er auch noch gewohnt hat, als er bereits über ein eigenes Haus verfügt hat (VP, Sitzung 11 f), auch nicht plausibel. Zudem wurde die Zweitbeschwerdeführerin beim Bundesamt befragt, ob auch die Schwiegereltern, wo sie zuletzt gewohnt habe, nichts gegen ihren Onkel hätten tun können, worauf die Zweitbeschwerdeführerin lediglich ausführte, dass ihre Schwiegereltern auch nichts mit ihr zu tun haben wollen (BF 2 AS 165). Es ist daher festzustellen, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin zunächst für ca. bis zwei Monate im Haus der Familie des Erstbeschwerdeführers gewohnt und danach ins Eigentumshaus des Erstbeschwerdeführers gezogen sind.
Die Feststellungen zur Geburt des Drittbeschwerdeführers und den Lebensumständen nach der Heirat des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus ihren diesbezüglich schlüssigen Angaben. Das Datum der Ausreise ergibt sich aus den diesbezüglich im Wesentlichen schlüssigen Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wonach sie ca. ein bis zwei Monate für die Reise von Afghanistan nach Österreich gebraucht haben. Da die Beschwerdeführer spätestens am 30.09.2015 ins Bundesgebiet eingereist sind, ergibt sich daraus, dass sie ca. im August 2015 ihr Herkunftsland verlassen haben. Zudem ist dies mit der Angabe der Zweitbeschwerdeführerin, der am römisch 40 geborene Drittbeschwerdeführer sei ca. 1 1/2 Jahre alt gewesen als sie Afghanistan verlassen haben, in Einklang zu bringen.
Die Feststellungen zur Einreise sowie das Datum der Antragstellung ergeben sich aus den Akteninhalten. Die Feststellung zur Geburt des Viertbeschwerdeführers in Österreich ergibt sich aus der vorgelegten Geburtsurkunde (Verwaltungsakt des Viertbeschwerdeführers - BF 4 AS 19).
2.1.5. Die Feststellungen zum Eigentumshaus des Erstbeschwerdeführers ergeben sich aus seinen diesbezüglich schlüssigen und mit den Angaben der Zweitbeschwerdeführerin übereinstimmenden Aussagen (VP, Sitzung 11, 18, 40).
2.1.6. Die Feststellungen zu den Eltern des Erstbeschwerdeführers sowie zu seinen Schwestern und deren Lebensumstände in Afghanistan, stützen sich auf die diesbezüglich stringenten Angaben des Erstbeschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung.
Der Erstbeschwerdeführer gab in der Beschwerdeverhandlung an, dass nach seiner Ausreise aus Afghanistan sein Bruder und mittlerweile auch dessen Ehefrau verstorben seien (VP, Sitzung 12, 15). Im Zuge der Beschwerdeverhandlung gab der Erstbeschwerdeführer hingegen an, dass die älteste Tochter seines Onkels die Ehefrau seines Bruders ist und sie gemeinsam bei seinen Eltern im Elternhaus leben (VP, Sitzung 15). Zudem gab der Beschwerdeführer nach der finanziellen Situation seines Bruders befragt an, dass dieser bei seinen Eltern im Haus lebt und seine finanzielle Situation durchschnittlich ist (VP, Sitzung 16). Wäre der Bruder und dessen Frau - die älteste Tochter des Onkels des Erstbeschwerdeführers - tatsächlich gestorben, hätte er wohl nicht angegeben, dass diese bei seinen Eltern im Haus leben. Zudem fällt auch auf, dass der Erstbeschwerdeführer beim Bundesamt angegeben hat, dass sein Bruder arbeitet und den Lebensunterhalt seiner Eltern bestreitet (BF 1 AS 151). Dass sein Bruder gestorben sei, hat er hingegen mit keinem Wort erwähnt, obwohl dieser bereits nach der Ausreise des Beschwerdeführers aus Afghanistan - somit bereits mehr als ein Jahr vor der Einvernahme beim Bundesamt - verstorben sein soll. Das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers betreffend den Tod seines Bruders und dessen Ehefrau ist daher nicht glaubhaft. Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Bruders des Erstbeschwerdeführers und dessen Familie ergeben sich aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers.
Die Feststellungen zu den sonstigen Verwandten des Erstbeschwerdeführers (Onkel, Cousinen und Cousins) ergeben sich aus den diesbezüglich stringenten Angaben des Erstbeschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung.
Die Angaben des Erstbeschwerdeführers betreffend den fehlenden Kontakt zu seiner Familie sind nicht nachvollziehbar. So gab der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung zunächst an, dass er - außer zu seinem ältesten Neffen - aufgrund dem Vorgefallenen keinen Kontakt mehr zu seiner Familie habe. Ihr Verhältnis habe sich verschlechtert und seine Familie akzeptiere ihn nicht mehr. Zudem habe die Familie des Erstbeschwerdeführers eine schlechte Meinung über diesen und würde diesen nicht mehr akzeptieren (VP, Sitzung 16). Befragt was passieren müsste, damit das Verhältnis zu seinen Verwandten wiederhergestellt werden könnte, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er als er nach Österreich gekommen sei noch Kontakt zu seinen Eltern gehabt habe und diese nichts gegen seine Frau gehabt hätten. Der Kontakt sei immer weniger geworden und schließlich komplett abgebrochen. Es sei jedoch nichts Bestimmtes vorgefallen und er könne sich nicht erklären wie es zu diesem Bruch gekommen sei (VP, Sitzung 19). Die Ausführungen des Erstbeschwerdeführers sind nicht miteinander in Einklang zu bringen. Es ist nicht plausibel, dass seine Familie nichts gegen seine Ehefrau habe, aber andererseits den Erstbeschwerdeführer nicht mehr akzeptieren würde. Zudem ist es unplausibel, dass er sich den Abbruch des Kontaktes nicht erklären könne, andererseits aber angab, dass seine Familie wegen der Heirat nicht mehr mit ihm spreche. Zudem fällt auf, dass der Erstbeschwerdeführer genaue Angaben zur Situation seiner Familienangehörigen in Afghanistan machen konnte und lediglich hinsichtlich der finanziellen Situation seiner Schwester angab, dass er diese nicht wisse, weil er keinen Kontakt zu ihr habe (VP, Sitzung 16). Hätte der Erstbeschwerdeführer tatsächlich nur Kontakt zu seinem Neffen gehabt, hätte er auch bezüglich der anderen Familienangehörigen nicht derart detaillierte Angaben (zu deren finanziellen Situation) machen können. Das Gericht geht aufgrund der widersprüchlichen Aussagen des Erstbeschwerdeführers betreffend den Kontakt zu seiner Familie davon aus, dass er nach wie vor regelmäßig Kontakt und ein gutes Verhältnis zu seiner Familie - nach eigenen Angaben insbesondere zu seinem Neffen - hat.
2.1.7. Die Feststellungen zu den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben in der Beschwerdeverhandlung. Die Zweitbeschwerdeführerin gab beim Bundesamt an, dass sie guten telefonischen Kontakt zu ihren Eltern und ihrem Bruder habe (BF 2 AS 153). In der Beschwerdeverhandlung gab die Zweitbeschwerdeführerin an, dass sie mit ihren Eltern vor langer Zeit zuletzt Kontakt gehabt habe. Ihr angeblicher Onkel habe ihrer Mutter nicht erlaubt den Kontakt zu ihr aufrecht zu erhalten (VP, Sitzung 38). Einerseits ist unplausibel, wie der angebliche Onkel der Zweitbeschwerdeführerin von dem aufrechten Kontakt zwischen der Zweitbeschwerdeführerin und ihren Eltern erfahren haben soll, zumal dieser nicht mit den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin in einem Haus gelebt hätte. Andererseits ist nicht nachvollziehbar, warum die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin zwar nach dem Verbot durch den angeblichen Onkel der Zweitbeschwerdeführerin ihr dieser noch davon berichten konnte (VP, s. 38), danach jedoch - wenn auch nur heimlich - keinen Kontakt mehr zur Zweitbeschwerdeführerin aufnehmen habe können. Es ist daher nicht plausibel, dass die Zweitbeschwerdeführerin den Kontakt zu ihrer Familie in Afghanistan verloren habe.
Da die Angaben der Zweitbeschwerdeführerin zum Fluchtvorbringen (somit auch zu den Misshandlungen durch ihren angeblichen Onkel) einerseits nicht glaubhaft sind und eine Verfolgung bzw. Unterdrückung der Zweitbeschwerdeführerin durch ihren angeblichen Onkel nicht festgestellt werden konnte, ist es auch nicht glaubhaft, dass die Schwester der Zweitbeschwerdeführerin zwangsverheiratet worden sei und sich gegen ihren Willen im Iran aufhält oder dorthin geflüchtet sei. Da die Zweitbeschwerdeführerin keine weiteren Angaben zu ihrer Schwester machte, können zu deren Person keine Feststellungen getroffen werden.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin gaben beim Bundesamt an, dass der angebliche Onkel väterlicherseits der Zweitbeschwerdeführerin diese jahrelang misshandelt und terrorisiert habe und dieser römisch 40 heiße (BF 1 AS 159; BF 2 AS 165). In der Beschwerdeverhandlung gab der Erstbeschwerdeführer an, den Namen des angeblichen Onkels der Zweitbeschwerdeführerin nicht zu wissen (VP, Sitzung 28). Die Zweitbeschwerdeführerin nannte ihren angeblichen Onkel väterlicherseits in der Beschwerdeverhandlung römisch 40 . Nach Vorhalt ihrer Angaben beim Bundesamt gab die Zweitbeschwerdeführerin lediglich an, dass der Dolmetscher einen Fehler gemacht habe. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar, zumal die Dolmetscherin in der Beschwerdeverhandlung erklärte, dass es sich dabei um zwei ganz unterschiedliche Namen handelt, die keine phonetische Ähnlichkeit aufweisen und es somit nicht zu einer akustischen Verwechslung kommen kann (VP, Sitzung 50). Nach Vorhalt der Angaben des Erstbeschwerdeführers zum Namen ihres angeblichen Onkels beim Bundesamt gab die Zweitbeschwerdeführerin zunächst an, dass ihr Mann nichts mit ihrem Onkel zu tun haben wollen und nichts über ihn habe wissen wollen, weshalb er bestimmt einen falschen Namen gesagt habe.
Weiters führte sie aus:
"BF2: Als der Vertreter meinem Mann das Verhandlungsprotokoll vorgelesen hat, wird er den Namen meines Onkels falsch verstanden haben und deshalb steht jetzt dort römisch 40 . Der richtige Namen meines Onkels lautet aber römisch 40 .
R: Was meinen Sie mit der Vertreter Ihres Mannes?
BF2: Mein Mann kannte meinen Onkel nicht. Jeder, der jede Seite der Einvernahme unterschreibt sollte sich vorher diese durchlesen. Nachdem mein Mann auf einer Seite diesen Namen, nämlich römisch 40 gelesen hat, wird er geglaubt haben, dass mein Onkel so heißt." (VP, Sitzung 51).
Dass der Erstbeschwerdeführer beim Bundesamt den Namen in der Niederschrift gelesen haben soll und diesen deshalb angegeben habe, ist absolut nicht nachvollziehbar, zumal bei der Rückübersetzung der Niederschrift der Erstbeschwerdeführer die Angaben ja bereits getätigt haben muss, sodass er den Namen nicht vorher in der Niederschrift habe lesen können. Die Angaben der Zweitbeschwerdeführerin sind nicht glaubhaft. Auch der Erstbeschwerdeführer konnte in der Beschwerdeverhandlung nicht erklären warum er beim Bundesamt angegeben hat, dass der angebliche Onkel der Zweitbeschwerdeführerin römisch 40 heiße (VP, Sitzung 53). Dass die Zweitbeschwerdeführerin den Namen ihres Onkels, der sie sowie ihre Familie jahrelang misshandelt und terrorisiert haben soll, nicht gleichbleibend angeben kann, ist absolut lebensfremd. Zudem sind auch die Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin zur Person des angeblichen Onkels der Zweitbeschwerdeführerin widersprüchlich. So gab der Erstbeschwerdeführer beim Bundesamt an, dass dieser Verkäufer gewesen sei und nunmehr als Zwischenhändler mit gespendeter Ware handle. Befragt, ob der Onkel der Zweitbeschwerdeführerin Macht in der Stadt gehabt habe, gab der Erstbeschwerdeführer an: "Nein, überhaupt nicht. [...]" (BF 1 AS 159). In der Beschwerdeverhandlung gab er befragt ob der Onkel der Zweitbeschwerdeführerin in Kabul Einfluss oder Macht gehabt habe, hingegen an: "Sowohl er als auch seine Söhne waren Spieler. Sie wollten an Geld kommen ohne etwas Besonderes dafür zu tun. Man könnte diesen Mann mit früheren Kommandanten, die über ein bestimmtes Gebiet geherrscht haben und ihre eigenen Leute hatten, vergleichen. Ich glaube, dass er zu allem fähig war. R: Bitte erklären Sie mir genau, was Sie meinen, mit einem Kommandanten, der über ein bestimmtes Gebiet herrscht? BF1: Wenn jemand spielsüchtig ist und dazu bereit ist, der Tochter seines eigenen Bruders Gewalt anzutun ist auch zu vielen anderen Sachen tätig. Die früheren Kommandanten haben 10-11 Personen um sich, 10-15 faule Nichtsnützige Personen um sich geschart, um damit ihre Macht zu zeigen. Ich denke, dass ihr Onkel auch so eine Art Person ist." (VP, Sitzung 28) Der Erstbeschwerdeführer gab in der Verhandlung auch an, dass der Onkel der Zweitbeschwerdeführerin Macht gehabt haben müsse, weil er seiner Frau Gewalt angetan habe, was er nicht hätte tun können, wäre er eine einfache Person gewesen (VP, Sitzung 29). Die Zweitbeschwerdeführerin gab in der Beschwerdeverhandlung auch an, dass nicht bekannt gewesen sei, was ihr Onkel arbeite. Er habe manchmal Glückspiel betrieben. Sie wisse nicht, ob er eine politische Funktion in Kabul innegehabt habe, er muss jedoch Macht gehabt haben, weil er ihrer Familie gegenüber gewalttätig gewesen sei (VP, Sitzung 38 f). Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin konnten in der Beschwerdeverhandlung auch nicht übereinstimmend angeben, wann der Erstbeschwerdeführer den angeblichen Onkel der Zweitbeschwerdeführerin gesehen haben soll. Während der Erstbeschwerdeführer ausführte, ihn bei einer Einladung im Haus seiner Schwiegereltern gesehen zu haben (VP, Sitzung 29), führte die Zweitbeschwerdeführerin aus, dass ihr Mann ihren angeblichen Onkel einmal vor ihrem gemeinsamen Haus, in dem sie gewohnt haben, gesehen habe (VP, Sitzung 50). Aufgrund der derart widersprüchlichen Angaben, geht das Gericht davon aus, dass es sich beim Onkel der Zweitbeschwerdeführer lediglich um eine konstruierte Person zum Zweck des Fluchtvorbringens handelt und dieser Onkel tatsächlich nicht existiert.
2.1.8. Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin stützen sich auf ihre Angaben in der Beschwerdeverhandlung (VP, Sitzung 7, 21) und den im Verfahren vorgelegten medizinischen Befunden sowie auf dem Umstand das im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist. Soweit der Erstbeschwerdeführer Befundberichte älteren Datums betreffend römisch 40 ( römisch 40 ) vorgelegt hat (Beilage ./O und ./P), ist diesen keine notwendige Behandlung oder Medikation des Erstbeschwerdeführers zu entnehme. Auch aktuell ist eine diesbezügliche Behandlung oder Medikation des Beschwerdeführers offenkundig nicht notwendig, zumal der Beschwerdeführer keine weiteren Befunde mehr vorgelegt hat.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand und der römisch 40 des Drittbeschwerdeführers ergeben sich aus den im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand des Viertbeschwerdeführers stützen sich auf das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 02.05.2019 sowie auf die im Verfahren vorgelegten medizinischen Unterlagen. Sofern die Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 20.05.2019 ausführen, dass aus dem Sachverständigengutachten hervorgehe, dass es beim Viertbeschwerdeführer im Falle der Rückkehr aufgrund der mangelnden Behandlungsmöglichkeiten zu einer gravierenden Reduzierung der Lebenserwartung, möglicherweise auch zu einer akut lebensbedrohlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustandes komme und die Erkrankung des Viertbeschwerdeführers Folgeschäden verursache, die eine sofortige Behandlung erforderlich machen würden, ist festzuhalten, dass dies nicht einmal ansatzweise dem Sachverständigengutachten vom 02.05.2019 zu entnehmen ist. Auch nach den Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung stellt sich der Gesundheitszustand des Viertbeschwerdeführers nicht wie in der Stellungnahme vom 20.05.2019 geschildert dar. So gab der Erstbeschwerdeführer an, dass der Viertbeschwerdeführer weder Medikamente nehme noch sich einer Operation unterziehen lassen müsse. Er müsse lediglich halbjährlich zur ärztlichen Kontrolle, sei medizinisch nicht eingeschränkt und müsse auf nichts achten (VP, Sitzung 32 f). Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass ihr Sohn keine Medikamente nehmen müsse, sondern nur regelmäßig zur ärztlichen Kontrolle gehen müsse. Er sei im Alltag nicht eingeschränkt und das römisch 40 sei bereits etwas kleiner geworden (VP, Sitzung 46). Entgegen dem Vorbringen in der Stellungnahme vom 20.05.2019 waren daher die Feststellungen auf Grundlage des medizinischen Sachverständigen vom 02.05.2019, dass durch die diesbezüglichen Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin untermauert wird, zu treffen.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer:
2.2.1. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin brachten vor, dass die Zweitbeschwerde-führerin von ihrem Onkel misshandelt worden sei, weshalb der Erstbeschwerdeführer sie gegen den Willen der Eltern geheiratet habe um sie vor den Misshandlungen ihres Onkels zu schützen. Da der Onkel die Zweitbeschwerdeführerin jedoch weiterhin misshandelt habe und durch die gegen den Willen der Familien erfolgte Heirat die Ehre der Familie verletzt worden sei, hätten sie schließlich Afghanistan verlassen müssen. Ihrem Vorbringen kommt aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:
Das Gericht geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufgrund des persönlichen Eindrucks des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin davon aus, dass ihnen hinsichtlich ihres Fluchtvorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Die Beschwerdeführer wurden zu Beginn der Verhandlung angehalten, ihr Vorbringen detailliert, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen sind die Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht geworden, zumal die Beschwerdeführer lediglich eine grobe Rahmengeschichte präsentierten. Selbst auf Nachfrage blieben die Angaben der Beschwerdeführer - insbesondere der Zweitbeschwerdeführerin (VP, Sitzung 48) - gänzlich detaillos und vage. Zudem ergaben sich viele Widersprüche und Unplausibilitäten, die ihre Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass die Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und nicht stringenten Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würden, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität.
Wie bereits unter Punkt römisch II.2.1.7. ausgeführt, geht das Gericht davon aus, dass der angebliche Onkel väterlicherseits der Zweitbeschwerdeführerin lediglich zum Zweck der Glaubhaftmachung des Verfolgungsvorbringens konstruiert wurde, sodass das Verfolgungs-vorbringen schon vor diesem Hintergrund nicht glaubhaft ist. Es ergaben sich jedoch betreffend die Angaben zu den Fluchtgründen der Zweitbeschwerdeführerin derart gravierende Widersprüche und Unplausiblitäten, dass das Vorbringen zu den Fluchtgründen auch in dieser Hinsicht nicht glaubhaft ist:
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin gaben beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung an, dass das Problem in Afghanistan der angebliche Onkel der Zweitbeschwerdeführerin gewesen sei. Die Zweitbeschwerdeführerin sei von diesem auch nach der Heirat misshandelt worden, weshalb sie schließlich Afghanistan verlassen haben (BF 1 AS 159; BF 2 AS 153, 163; VP, Sitzung 24 f, 47 ff). Es fällt auf, dass die Beschwerdeführer die in weiterer Folge angeführten konkreten Probleme mit dem Onkel der Zweitbeschwerdeführerin in der Erstbefragung gar nicht erwähnten, sondern lediglich anführten, dass sie durch ihre heimliche Heirat die Ehre ihrer Familien verletzt hätten (BF 1 AS 11; BF 2 AS 11).
Gemäß Paragraph 19, Absatz eins, Asylgesetz 2005 (AsylG) dient die Erstbefragung zwar "insbesondere" der Ermittlung der Identität und der Reiseroute eines Fremden und hat sich nicht auf die "näheren" Fluchtgründe zu beziehen vergleiche hierzu auch VfGH 27.06.2012, U 98/12), ein Beweisverwertungsverbot ist damit jedoch nicht normiert. Die Verwaltungsbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht können im Rahmen ihrer Beweiswürdigung die Ergebnisse der Erstbefragung in ihre Beurteilung miteinbeziehen.
Es wird daher im vorliegenden Fall zwar nicht verkannt, dass sich die Erstbefragung nicht in erster Linie auf Fluchtgründe der Beschwerdeführer bezog und diese nur in aller Kürze angegeben sowie protokolliert wurden. Dass die Beschwerdeführer die - erst in weiterer Folge angeführten - konkreten Probleme mit dem angeblichen Onkel der Zweitbeschwerdeführerin, somit einen wesentlichen Teil ihrer Fluchtgründe zunächst nicht einmal ansatzweise erwähnten, ist für das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht nachvollziehbar und zumindest als Indiz für ein insgesamt nicht glaubhaftes Fluchtvorbringen zu werten.
In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass die Beschwerdeführer das Fluchtvorbringen inkonsistent vorgebracht haben, zumal sie im Verfahren den Fokus einmal auf die Ehrverletzung durch die heimliche Heirat und dann auf die Probleme durch den Onkel der Zweitbeschwerdeführerin gelegt haben. So gab insbesondere die Zweitbeschwerde-führerin beim Bundesamt noch an, dass sie ihrer Familie eine Schande gemacht und die Ehre der Familie verletzt habe (BF 2 AS 163), während sie in der Beschwerdeverhandlung lediglich von den Problemen mit ihrem angeblichen Onkel sprach (VP, Sitzung 48).
Zudem ergaben sich viele Widersprüche im Vorbringen der Beschwerdeführer, die die Fluchtgeschichte gänzlich unglaubhaft wirken lässt:
Der Erstbeschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er seiner Frau am Friedhof nachdem sie von ihrem Onkel blutig geschlagen worden sei, vorgeschlagen habe sie zu heiraten, woraufhin sie gesagt habe, dass dies nicht gehe, weil ihr Onkel sie mit seinem Sohn verheiraten wolle (BF 1 AS 159). In der Beschwerdeverhandlung gab der Erstbeschwerdeführer hingegen an, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin sehr gefreut habe, dass er ihr am Friedhof einen Heiratsantrag gemacht habe (VP, Sitzung 25). Die Zweitbeschwerde-führerin gab in der Beschwerdeverhandlung andererseits an, dass ihr Mann ihr am Friedhof das Angebot unterbreitet habe, mit ihm zu fliehen. Sie habe sich gezwungen gesehen das Angebot des Erstbeschwerdeführers anzunehmen um den Schwierigkeiten mit ihrem Onkel zu entkommen (VP, Sitzung 49). Den Aussagen der Zweitbeschwerdeführerin ist weder zu entnehmen, dass es sich bei dem Angebot am Friedhof um einen Heiratsantrag des Erstbeschwerdeführers gehandelt habe noch, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin über das Angebot bzw. den Heiratsantrag gefreut habe. Es ist unplausibel, dass die Beschwerdeführer diesbezüglich keine gleichbleibenden und übereinstimmenden Angaben machen konnten, zumal es sich für beide um ein bedeutendes und daher besonders einprägsames Ereignis gehandelt haben muss.
Während der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung zunächst angegeben hat, dass seine Familie nichts gegen die Zweitbeschwerdeführerin gehabt habe (VP, Sitzung 19), gab er im Zuge der Verhandlung an, dass das Verhältnis zwischen seinen Eltern und der Zweitbeschwerdeführerin nicht gut gewesen sei, weil diese aus ihrem Elternhaus geflüchtet sei (VP, Sitzung 29). Die Zweitbeschwerdeführerin gab beim Bundesamt an, dass sie nie als Schwiegertochter von den Eltern des Erstbeschwerdeführers akzeptiert worden sei (BF 2 AS 163). Unplausibel ist jedoch, dass der Erstbeschwerdeführer seiner Schwester und deren Familie erlauben würde in seinem Haus zu leben, wenn diese Probleme mit seiner Ehefrau gehabt hätten. Dass sich der Erstbeschwerdeführer seiner Familie gegenüber nicht genauso verhalten möchte wie sich seine Familie ihnen gegenüber verhalten habe, wird vor dem Hintergrund des regelmäßigen aufrechten Kontakts zu seiner Familie (siehe Ausführungen zu Punkt römisch II.2.1.6.) als bloße Schutzbehauptung gewertet.
Zudem gab der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung an, dass er von den Eltern der Zweitbeschwerdeführerin akzeptiert worden sei und Frieden geschlossen habe (VP, Sitzung 27). Er und seine Frau seien danach mehrfach bei ihren Eltern zuhause gewesen (VP, Sitzung 28 f). Die Zweitbeschwerdeführerin gab in der Beschwerdeverhandlung hingegen an, dass sie und ihr Mann nach der Hochzeit noch nie ihre Eltern besucht hätten (VP, Sitzung 50).
Der Erstbeschwerdeführer führte beim Bundesamt aus, dass die Zweitbeschwerdeführerin ihm zunächst nicht davon erzählt hätte, dass ihr angeblicher Onkel sie tagsüber immer wieder aufsucht und misshandelt hätte. Erst kurz vor der Geburt ihres Sohnes hätte sie ihn darüber informiert (BF 1 AS 159). Auch die Zweitbeschwerdeführerin gab beim Bundesamt an, dass sie ihrem Ehemann von den Besuchen ihres angeblichen Onkels zunächst nichts erzählt hätte (BF 2 AS 163). In der Beschwerdeverhandlung gab die Zweitbeschwerdeführer hingegen an, dass ihr Mann von den Besuchen ihres angeblichen Onkels nach der Heirat gewusst hätte, er jedoch einen Konflikt mit dem angeblichen Onkel hätte vermeiden wollen (VP, Sitzung 50). Dies scheint insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Erstbeschwerdeführer die Zweitbeschwerdeführerin angeblich heimlich gegen den Willen der Familien geheiratet hätte und somit schon für Konflikte gesorgt hätte, nicht plausibel.
Sofern der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung angab, dass der angebliche Onkel der Zweitbeschwerdeführerin ihn festnehmen und schlagen bzw. sogar töten würde, wenn er ihn zu fassen bekäme (VP, Sitzung 33), ist festzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer bereits gemeinsam mit dem behaupteten Onkel der Zweitbeschwerdeführerin im Haus ihrer Eltern bei einer Einladung gewesen wäre (VP, Sitzung 29). Hätte es der angebliche Onkel der Zweitbeschwerdeführerin tatsächlich auf den Erstbeschwerdeführer abgesehen, hätte er ihn daher bereits dort schlagen können, zumal die Eltern der Zweitbeschwerdeführerin doch machtlos gegen den Onkel gewesen wären (BF 2 AS 165). Die Angaben der Beschwerdeführer zu den Fluchtgründen sind in sich nicht schlüssig.
Unplausibel ist auch, dass der Erstbeschwerdeführer keine Verletzungen an der Zweitbeschwerdeführerin wahrgenommen hätte, obwohl der angebliche Onkel der Zweitbeschwerdeführerin diese doch brutal mit Holzstöcken, Kabeln oder Schuhen geschlagen hätte (VP, Sitzung 53).
Die Beschwerdeführer müssen sich darüber hinaus eine Steigerung ihres Vorbringens vorwerfen lassen, die ihr diesbezügliches Vorbringen insgesamt in Zweifel zieht. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführer nicht bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt Ausführungen betreffend die Tritte des angeblichen Onkels der Zweitbeschwerdeführerin gegen deren Bauch, die zur Frühgeburt und der Notoperation geführt hätten, tätigten, zumal sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen wären, bereits im behördlichen Verfahren ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH).
Auch hinsichtlich des Vorbringens der Zweitbeschwerdeführerin, ihr angeblicher Onkel hätte ihr gedroht sie eines Tages mit Säure anzugreifen oder mit einem Messer zu schlagen (VP, Sitzung 48), muss sich die Zweitbeschwerdeführerin eine Steigerung ihres Vorbringens vorwerfen lassen, zumal sie dies im verwaltungsbehördlichen Verfahren mit keinem Wort erwähnt hat. Dass dies der ausschlaggebende Vorfall gewesen sei der zu ihrer Ausreise geführt hätte, gab die Zweitbeschwerdeführerin ebenfalls erstmals in der Beschwerdeverhandlung an.
Eine weitere Steigerung ihres Vorbringens ist in der Aussage der Zweitbeschwerdeführerin, ihr angeblicher Onkel hätte allen ihren Verwandten und Bekannten nach ihrer Flucht erzählt, dass sie aus ihrem Elternhaus geflohen wäre, weshalb diese den Kontakt zu ihren Eltern abgebrochen hätten (VP, Sitzung 52), zu erkennen. Nachgefragt, welche Verwandte sie meine, zumal sie bisher angegeben hat außer ihren Eltern und ihrem angeblichen Onkel und dessen Söhne keine weiteren Verwandten mehr in Afghanistan zu haben, führte die Zweitbeschwerdeführerin lediglich ausweichend an, dass sie damit Freunde, Bekannte und Nachbarn gemeint hätte (VP, Sitzung 53). Aufgrund der Steigerungen des Fluchtvorbringens ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer - insbesondere die Zweitbeschwerdeführerin - damit versuchten, ihrem Vorbringen zusätzliche Aspekte hinzuzufügen.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab erst auf konkrete Frage, was der angebliche Onkel von ihr gewollt hätte, an, dass sie seinen Sohn unter Zwang hätte heiraten sollen (PS 52). Wäre die Zweitbeschwerdeführerin tatsächlich ihrem Cousin versprochen gewesen, hätte sie dies in der Beschwerdeverhandlung wohl bereits von sich aus angegeben, zumal es sich um einen besonders starken Eingriff in die persönliche Sphäre handeln würde.
Dass es sich beim Fluchtvorbringen lediglich um eine konstruierte Geschichte handelt, ist auch daran erkennbar, dass die Zweitbeschwerdeführerin beim Bundesamt angegeben hat, dass sie alles verkauft hätten und geflüchtet seien (BF 2 AS 163), obwohl der Erstbeschwerdeführer noch über sein Eigentumshaus in Kabul verfügt (VP, Sitzung 11, 18, 40).
Das Vorbringen der Beschwerdeführer war derart widersprüchlich und unplausibel, dass es den Beschwerdeführern nicht gelungen ist, das Fluchtvorbringen glaubhaft zu machen. Aus den oben genannten Gründen geht das Gericht davon aus, dass die Beschwerdeführer Afghanistan weder aus Furcht vor Eingriffen in die körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen haben.
2.2.2. Sofern der Erstbeschwerdeführer beim Bundesamt und in der Beschwerdeverhandlung angab, dass er als er noch ein Kind gewesen sei von den Taliban mitgenommen, festgehalten und nach zwei Monaten wieder entlassen worden sei, ist festzuhalten, dass der Erstbeschwerdeführer nach der Gefangennahme jahrelang in seiner Herkunftsstadt ohne Probleme mit den Taliban zu haben, gelebt und gearbeitet hat, bevor er aus Afghanistan ausgereist ist. Es fehlt daher ein aktueller Zusammenhang zwischen der Gefangennahme des Erstbeschwerdeführers und seiner Flucht im Jahr 2015.
Der Erstbeschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er - abgesehen von der Fluchtgeschichte betreffend den angeblichen Onkel der Zweitbeschwerdeführerin - keinen Verfolgungen bzw. Verfolgungshandlungen ausgesetzt gewesen ist (BF 1 AS 161). In der Beschwerdeverhandlung gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er abgesehen von den Problemen mit dem angeblichen Onkel der Zweitbeschwerdeführerin keine Probleme bei einer Rückkehr nach Afghanistan hätte (VP, Sitzung 25). Es ist daher festzustellen, dass der Selbstmordanschlag in Kabul, bei dem er Splitter abbekommen hat, nicht gezielt auf ihn gerichtet war und er davor und auch danach keiner individuellen und konkreten Bedrohung durch die Taliban, staatliche Organe oder durch andere Gruppierungen ausgesetzt war. Gegenteiliges ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Es kann daher daraus keine konkrete individuelle Bedrohung der Beschwerdeführer durch die Taliban, staatliche Organe oder durch andere Gruppierungen erkannt werden.
2.2.3. Weder der Erst- noch die Zweitbeschwerdeführerin gaben beim Bundesamt oder in der Beschwerdeverhandlung an, dass sie in Afghanistan Probleme aufgrund ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit gehabt hätten.
Aus den lediglich allgemein gehaltenen Angaben in der Beschwerde kann das Gericht, insbesondere auch in Zusammenschau mit den Länderberichten zum Fehlen entsprechend massiver religiöser und volksgruppenbezogener Diskriminierung (siehe Punkt römisch II.1.5.), den Schluss ziehen, dass die Beschwerdeführer selbst keiner individuell konkret gegen sie gerichteten Verfolgung aufgrund ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit in Afghanistan ausgesetzt gewesen sind.
2.2.4. Die Feststellung zur Zweitbeschwerdeführerin als eine nicht am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte afghanische Frau, ergibt sich aus ihren Angaben beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung sowie aus dem persönlichen Eindruck, der von der Zweitbeschwerdeführerin in der Verhandlung gewonnen werden konnte.
Es sind im gesamten Verfahren keine Umstände hervorgekommen, die darauf schließen ließen, dass die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich bereits in einem solchen Maße eine ("westliche") Lebensweise führt, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellt.
Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen der Zweitbeschwerdeführerin konnten vom Gericht getroffen werden. Die Zweitbeschwerdeführerin hat die auf Deutsch gestellten Fragen in der Beschwerdeverhandlung nur teilweise verstanden und in Stichworten in Deutsch beantwortet (VP, Sitzung 41).
Bei der Zweitbeschwerdeführerin handelt es sich um eine erwachsene Frau, die in Österreich zwar Integrationskurse besucht, diesbezüglich jedoch keine Eigeninitiative zeigt. So hat sie in der Beschwerdeverhandlung selbst angegeben, dass alle Kurse ihr Unterkunftgeber herausgesucht und ihr empfohlen hat (VP, Sitzung 43). Dass die Zweitbeschwerdeführerin von sich aus und somit selbstbestimmt an einer Ausbildung oder Integrationskursen interessiert ist und sich um Kurse bemüht, ist daher nicht erkennbar. Die nicht selbständige Lebensweise zeigt sich auch, daran, dass der Unterkunftgeber für die Zweitbeschwerdeführerin alle Arzttermine betreffend den Viertbeschwerdeführer vereinbart. Selbst nachdem die Zweitbeschwerde-führerin in der Beschwerdeverhandlung darauf hingewiesen wurde, dass sie sich um die Arzttermine ihrer Kinder kümmern muss, gab die Zweitbeschwerdeführerin lediglich an, dass dies die Aufgabe ihres Unterkunftgebers sei, weil dieser das schon immer gemacht habe (VP, Sitzung 47). Es ist daher offenkundig, dass die Zweitbeschwerdeführer selbst in Bezug auf den wichtigen Aspekt der Gesundheit ihrer Kinder keine Eigeninitiative ergreift, sondern auf die Unterstützung anderer Leute zurückgreift, was einer selbstbestimmten Lebensweise diametral entgegenläuft. An der Aussage der Zweitbeschwerdeführerin, dass die Vereinbarung von Arztterminen die Aufgabe ihres Unterkunftgebers sei, ist auch das Desinteresse der Zweitbeschwerdeführerin ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ersichtlich. Das Vorbringen in der Stellungnahme vom 11.03.2019, wonach die Zweitbeschwerdeführerin lediglich überfordert und gestresst gewesen sei, weswegen es zu Irrtümern in der Beschwerdeverhandlung bezüglich der Kontrolltermine des Viertbeschwerdeführers gekommen sei, wird aufgrund des persönlichen Eindrucks der Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung als bloße Schutzbehauptung gewertet.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab befragt nach ihrem Tagesablauf an, dass sie ihre Kurse besuche und dann das Mittagessen (für ihre Familie) koche. Am Nachmittage beschäftige sie ihre Kinder. In ihrer Freizeit gehe sie spazieren, spiele mit den Kindern und erhalte manchmal Besuch bzw. besuche sie ihre Freunde (VP, Sitzung 43). Daraus ist ersichtlich, dass die Zweitbeschwerdeführerin nur den kleinstmöglichen Bewegungsradius eines Alltagslebens wahrnimmt und sich in Österreich im kleinstmöglichen Umgebungskreis aufhält, obwohl sie hier nicht von gesellschaftlichen bzw. sozialen Normen eingeschränkt ist. Gelegentliche Spaziergänge in der näheren Umgebung stellen nach Auffassung des Gerichts für sich genommen eben noch kein ausreichend tragfähiges Substrat für die Annahme eines selbstbestimmten Lebens dar. Auch daran, dass die Zweitbeschwerdeführerin lediglich Bekanntschaften zu Personen unterhält, die sie durch Integrationstätigkeiten (Deutschlehrerinnen, Betreuer) kennengelernt hat, ist eindeutig erkennbar, dass sie lediglich den kleinstmöglichen Bewegungsradius wahrnimmt und keine Eigeninitiative im Hinblick auf Bekanntschaften ergreift.
Auch aus den einstudiert wirkenden lediglich pauschalen Aussagen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin, konnte auf keine selbstbestimmte Lebensweise der Zweitbeschwerdeführerin geschlossen werden. So beschrieben beide konkret befragt warum sie die Zweitbeschwerdeführerin als westlich orientiert bezeichnen würden, lediglich die allgemeine Situation für Frauen in Afghanistan und in Österreich (VP, Sitzung 31, 51 f). Die Zweitbeschwerdeführerin gab dann lediglich mit einem Satz an, dass sie ebenfalls den Wunsch habe einen Beruf auszuüben, sie bereits ein selbstbestimmtes Leben führe und sich ihre Kleidung selbst aussuche (VP, Sitzung 52). Es fällt jedoch auf, dass die Zweitbeschwerdeführerin während sie beim Bundesamt angegeben hat, Taxifahrerin werden zu wollen (BF 2 AS 155), sie in der Beschwerdeverhandlung angab, dass sie künftig als Krankenschwester arbeiten möchte (VP, Sitzung 42). Diese Aussage weicht einerseits erkennbar von ihrer Lebenswirklichkeit ab, zumal in der mündlichen Verhandlung weder klare Vorstellungen der Zweitbeschwerdeführerin über die Voraussetzungen der Berufsausübung als Krankenschwester noch eine konkrete Planung erkennbar waren. Zudem zeigt sich auch im Wechsel ihres Berufswunsches, dass die Zweitbeschwerdeführerin sich nicht eigenständig mit ihrem Berufswunsch auseinandergesetzt hat, sondern das macht, was ihr von Betreuern, ihrem Unterkunftgeber oder Freunden vorgeschlagen wird. Dass die Zweitbeschwerdeführerin selbst hinsichtlich ihres Berufswunsches keine eigenen Interessen verfolgt, zeigt das Fehlen von Selbstbestimmtheit auf.
Dem Vorbringen, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin in Afghanistan an Kleidungsvorschriften halten und ein Kopftuch tragen müsse (VP, Sitzung 51), sind die Länderfeststellungen entgegenzuhalten aus denen hervorgeht, dass Frauenkleidung in Afghanistan ein breit gefächertes Spektrum, von moderner westlicher Kleidung, über farbenreiche volkstümliche Trachten, bis hin zur Burka und Vollverschleierung umfasst. Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, dass sie in Afghanistan eine Kleidungsart namens "Punjabi" getragen habe, die aus einer Hose und einem langen Kleid oder einen langen Rock und einer Bluse sowie einem Kopftuch bestehe. Das Kopftuch habe sie nicht sehr streng getragen, so habe sie zuhause gar kein Kopftuch getragen (VP, Sitzung 39). Es fällt auf, dass dieser Kleidungsstil nicht viel von der Kleidung die die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich trägt (lange Hosen, Blusen) abweicht. Allein das derzeitige Nichttragen eines Kopftuches bzw. dezentes Make-Up, Schmuck und lackierte Fingernägel reichen nicht aus, um eine "westliche Orientierung" glaubhaft darzutun. Auch wenn die freie Wahl der äußeren Erscheinung einen Aspekt "westlicher Lebensweise" darstellt, so stellen die oben gewürdigten Aspekte, die die tatsächlich gelebten Umstände widerspiegeln, bedeutsamere Merkmale einer - letztlich inneren - Geisteshaltung dar als die plakativ nach außen wahrnehmbare Art der Erscheinung. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen und aus dem im Rahmen der Beschwerdeverhandlung gewonnenen Gesamteindruck von der Zweitbeschwerdeführerin lässt sich eine Verinnerlichung einer "westlichen Lebensweise" zusammenschauend nicht ableiten.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Zweitbeschwerdeführerin eine "westliche Orientierung", der eine selbstbestimmte und selbstverantwortliche Lebensweise immanent ist, weder verinnerlicht noch in ihrer alltäglichen Lebensführung verankert hat. Die Zweitbeschwerdeführerin ist eine zum Entscheidungszeitpunkt unselbständige Frau, zwar mit ausreichenden Deutschkenntnisse, die in Österreich jedoch nur den kleinstmöglichen Bewegungsradius wahrnimmt. Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen und aus dem im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung gewonnenen Gesamteindruck, den die Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, lässt sich eine Verinnerlichung einer "westlichen Lebensweise", die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellt, nicht ableiten.
2.2.4. Beim Dritt- und Viertbeschwerdeführer handelt es sich um unmündige minderjährige Burschen im Alter von römisch 40 (Drittbeschwerdeführer) und römisch 40 (Viertbeschwerdeführer) Jahren, die in Afghanistan bzw. in Österreich geboren sind und gemeinsam im Familienverband nach Afghanistan zurückkehren würden. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es dem Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer unmöglich wäre, sich in das afghanische Gesellschaftssystem zu integrieren, zumal sie sich zweifelsfrei in einem anpassungsfähigen Alter befinden vergleiche VfGH 07.10.2014, U 2459/2012 ua., sowie VwGH 19.09.2012, 2012/22/0143 ua.). Das Bundesverwaltungsgericht geht nicht davon aus, dass unmündigen Minderjährigen dieses Alters eine eigene politische Gesinnung im Zusammenhang mit einer "westlichen und selbstbestimmte Lebensweise" zugesonnen werden kann.
Eine persönliche Bedrohung, die sich gezielt gegen den Drittund/oder den Viertbeschwerdeführer gerichtet hätte, haben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin weder im behördlichen Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht.
Zur allgemeinen Situation von Kindern in Afghanistan ist auszuführen, dass aus den Länderinformationen hervorgeht, dass diese unter gewissen Umständen in Bereichen wie Versorgung, Gewalt, fehlendem Zugang zu Schulbildung, Zwangsehen, sexuellem Missbrauch und Kinderarbeit und der schlechten Sicherheitslage (explosive Kriegsrückstände) besonders betroffen sein können. Solche Handlungen wiederum können unter Umständen im Hinblick auf das Alter des Kindes, dessen fehlende Reife oder Verletzlichkeit eine kinderspezifische Form der "Verfolgung und Benachteiligung" darstellen. Die erwähnte Benachteiligung beruht primär auf dem Fehlen einer familiären bzw. sozialen Unterstützung und wird durch gesellschaftliche Restriktionen begünstigt.
Da der Dritt- und Viertbeschwerdeführer im Familienverband nach Afghanistan zurückkehren würden und somit unter der Obhut und dem Schutz ihrer Eltern stehen, sind keinerlei Anhaltspunkte erkennbar, dass dem Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer eine Entführung oder ein Missbrauch als Bacha Bazi, Gewalt durch Dritte oder Kinderarbeit droht. Es wurde weder vom Erst- noch von der Zweitbeschwerdeführerin behauptet, dass die in Afghanistan lebenden Familienangehörigen (insbesondere die Neffen und Nichten) von explosiven Kriegsrückständen, Erpressungen, sexuellen Übergriffen, einer unzureichenden Sicherheitslage, einem Versorgungsengpass oder einem unzureichenden Zugang zur Bildung betroffen wären. Weder der Erstbeschwerdeführer noch die Zweitbeschwerdeführerin haben angegeben, dass im Umfeld ihres Eigentumshauses, dass derzeit von der Schwester des Erstbeschwerdeführers bewohnt wird, kürzlich Kampfhandlungen stattgefunden haben bzw. in dieser Wohnumgebung explosive Kriegsrückstände vorzufinden wären. Die meisten Opfer von explosiven Kampfmittelrückständen im Jahr 2018 sind in Afghanistan auf kürzlich stattfindende Kampfhandlungen zurückzuführen. Vertriebene Familien sind einem großen Risiko ausgesetzt, wenn sie in Gebiete zurückkehren, in denen schwere Kämpfe stattgefunden haben (siehe Punkt römisch II.1.4.). Es ist daher auch unter diesem Aspekt nicht anzunehmen, dass in der Stadt Kabul im Wohnumfeld der Beschwerdeführer explosive Kriegsrückstände vorzufinden wären. Diese verfügen über ein Eigentumshaus und ein tragfähiges familiäres Netzwerk und eben sind nicht als Binnenvertriebene zu betrachten. Da die Beschwerdeführer über ein Eigentumshaus verfügen, ist auch nicht anzunehmen, dass diese sich in einem Lager für Binnenvertriebenen ansiedeln müssten.
Es gab auch während des gesamten Verfahrens keinerlei Anzeichen dafür, dass der Dritt- und Viertbeschwerdeführer durch ihre Eltern Vernachlässigung, körperliche Gewalt oder sexuellen Missbrauch erfahren haben. Ebenso ist zu erwarten, dass die Eltern ihre Kinder auch vor spezifischen, aus kriegerischen Vorgängen stammenden Gefahrenquellen in der Stadt Kabul schützen würden.
Da der Erstbeschwerdeführer als Vater des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers in der Position ist, ein etwaiges Heiratsangebot abzulehnen und der Erstbeschwerdeführer Zwangsheirat ablehnt, droht den minderjährigen Beschwerdeführern keine Zwangsheirat (VP, Sitzung 30, 51). Der Anteil an Kinderehen erhöht sich zwar stark in Lagern für Binnenvertriebene, da dort extreme finanzielle Not, Analphabetismus, fehlender Zugang zu Gesundheit und wirtschaftlichen Möglichkeiten noch mehr verbreitet ist (siehe Ausführungen unter römisch II.1.4.), da die Beschwerdeführer jedoch über ein Eigentumshaus und über ein tragfähiges familiäres Netzwerk in der Stadt Kabul verfügen, ist bei einer Rückkehr weder von einer extremen finanziellen Not noch von einem fehlenden Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten auszugehen. Der Erstbeschwerdeführer beschrieb die (finanzielle) Situation seiner Familienangehörigen in der Stadt Kabul als durchschnittlich und nicht als armutsgefährdet (VP, Sitzung 16ff), sodass ein tragfähiges finanzielles familiäres Netzwerk vorliegt. Es ist daher davon auszugehen, dass den minderjährigen Beschwerdeführern in Afghanistan keine Zwangsverheiratung droht. Da ein tragfähiges finanzielles Netzwerk vorliegt, sind die (minderjährigen) Beschwerdeführer auch nicht von Lebensmittelengpässen betroffen. Das Haus der Beschwerdeführer verfügt zudem über fließendes Wasser, sodass auch eine Wasserversorgung gegeben ist.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin legten in der Beschwerdeverhandlung glaubhaft dar, dass ihnen die Bildung ihrer Kinder ein großes Anliegen ist und sie diese diesbezüglich in jeder Hinsicht unterstützen werden (VP, Sitzung 30, 51). Der von ihnen geäußerte Wunsch betreffend die Bildung ihrer Kinder stellt sich auch nicht als substanzieller Bruch mit den gesellschaftlichen Normen in Afghanistan dar, da zumindest grundlegende Bildung keineswegs verboten, sondern seitens des afghanischen Staates ausdrücklich unterstützt wird und in Afghanistan auch faktisch die Möglichkeiten dazu gegeben sind vergleiche Punkt römisch II.1.5.). Entgegen dem Willen der Eltern findet in Afghanistan keine Kinderarbeit statt (siehe Punkt römisch II.1.4.), es kann jedoch die schlechte wirtschaftliche Lage einer Familie dazu beitragen, dass Kinder die Schule nicht besuchen und stattdessen der Kinderarbeit nachgehen. Dies ist jedoch bei den minderjährigen Beschwerdeführern aufgrund der finanziellen Situation des familiären Netzwerks in Kabul sowie aufgrund des Vorhandenseins eines Eigentumshauses in Kabul nicht anzunehmen. Es ist daher nicht ersichtlich, dass den minderjährigen Beschwerdeführern in der Stadt Kabul Kinderarbeit drohen würde bzw. diese statt einem Schulbesuch einer Arbeit nachgehen müssten.
2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat und zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Die Feststellungen zu den Folgen einer Rückkehr der Beschwerdeführer in ihre Heimatstadt Kabul ergeben sich aus den o.a. Länderberichten.
In der Hauptstadt Kabul finden überwiegend Angriffe in Regierungs- und Botschaftsnähe, also mit möglichst hoher medialer Reichweite, statt. Dabei kam es immer wieder zu zivilen Opfern. Die Regierung ist jedoch in der Lage hier die Sicherheit abseits dieser High-Profile Attentate zu gewährleisten. Das Gericht geht daher davon aus, dass es in der Stadt Kabul zu Anschlägen kommt, jedoch nicht in allen Stadtteilen vergleiche Punkt römisch II.1.5.).
Dass die Wohnraum- und Versorgungslage angespannt ist, ergibt sich aus den Länderberichten, wonach in Kabul zwar an sich Wohnraum zur Verfügung steht, es jedoch eine erhebliche Anzahl an Rückkehrern gibt, sodass die Lage angespannt ist. Auch gibt es nicht genügend Arbeitsplätze vergleiche Punkt römisch II.1.5.). Obwohl die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in der Stadt Kabul dennoch zumindest grundlegend gesichert.
Afghanische Frauen sind in urbanen Zentren wie Kabul, Herat und Mazar-e Sharif in einer Vielzahl beruflicher Felder aktiv. Zwar sind sie nach wie vor Diskriminierungen im Beruf ausgesetzt und kämpfen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt und Lohnungleichheit, es ist ihnen jedoch grundsätzlich möglich am Arbeitsmarkt teilzunehmen.
Die sichere Erreichbarkeit der Stadt Kabul ist durch den örtlichen Flughafen gewährleistet.
Dass die Beschwerdeführer mit den Gepflogenheiten in Afghanistan vertraut sind, ergibt sich daraus, dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin in Afghanistan aufgewachsen sind und dort den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben (BF 1 AS 151; BF 2 AS 153; VP, Sitzung 13, 36). Wie bereits ausgeführt werden der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer vom Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin nach den afghanischen Gepflogenheiten erzogen, weshalb sie mit der afghanischen Kultur vertraut sind vergleiche Ausführungen Punkt römisch II.2.1.1.).
Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer in der Stellungnahme vom 29.05.2019, wonach es aufgrund der hohen Korruptionsrate in Afghanistan fraglich sei, ob die Beschwerdeführer Zugang zum Eigentumshaus des Erstbeschwerdeführers hätten, ist festzustellen, dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan im Haus des Erstbeschwerdeführers wohnen können. So gab der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerdeverhandlung selbst an, dass seine Schwester samt ihrer Familie in seinem Haus wohnt (VP, Sitzung 17). Wie festgestellt wurde - siehe Ausführungen unter Punkt römisch II.2.1.6. - hat der Erstbeschwerdeführer regelmäßig Kontakt zu seiner Familie in Afghanistan und besteht zwischen ihnen ein gutes Verhältnis. Es ist daher nicht erkennbar, warum der Erstbeschwerdeführer keinen Zugang zu seinem eigenen Haus haben sollte. Da das Haus über Wasserleitungen verfügt, ist auch die Versorgung der Beschwerdeführer mit Trinkwasser sichergestellt. Dass die Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan in Kabul von ihrem familiären Netzwerk - insbesondere dem Vater, Bruder und ältesten Neffen des Erstbeschwerdeführers - bei der Beschaffung einer Arbeit und der Verpflegung sowie von der Mutter, der älteren Schwester und der Schwägerin des Erstbeschwerdeführers oder der Mutter der Zweitbeschwerdeführerin bei der Kinderbetreuung - zumindest anfänglich - unterstützt werden können, ergibt sich aus den Länderberichten. Diesen ist zu entnehmen, dass die Großfamilie die zentrale soziale Institution in Afghanistan bildet und zu Schutz, Betreuung und Versorgung ihrer Mitglieder beiträgt sowie eine wirtschaftliche Einheit bildet, in der die Männer der Familie verpflichtet sind, die Mitglieder der Großfamilie zu unterstützen vergleiche Punkt römisch II.1.5.).
Beim Erstbeschwerdeführer handelt es sich um einen volljährigen und arbeitsfähigen Mann, der über eine fünfjährige Schulbildung verfügt und auf eine jahrelange erfolgreiche Berufserfahrung in der Selbständigkeit zurückgreifen kann. Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt zwar über keine afghanische Schulbildung, sie hat jedoch in Österreich Basisbildungskurse besucht. Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer können während die Zweitbeschwerdeführerin einer beruflichen Tätigkeit nachgeht, von deren Mutter oder von der Mutter, der älteren Schwester und/oder der Schwägerin des Erstbeschwerdeführers in Kabul betreut werden, zumal diese Hausfrauen sind und die ältere Schwester sowie die Schwägerin des Erstbeschwerdeführers selbst Kinder haben (VP, Sitzung 15). Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin können durch die Synergieeffekte im Familienverband für ihr Auskommen und Fortkommen sowie für das des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers sorgen. Da der Erstbeschwerdeführer über ein Eigentumshaus mit Garten in der Stadt Kabul verfügt, müssen die Beschwerdeführer auch nicht für Mietkosten aufkommen. Die sonstigen Lebenserhaltungskosten können vom Erstbeschwerdeführer erwirtschaftet werden, dieser kann auch auf finanzielle Unterstützung durch sein familiäres Netzwerk in Afghanistan zurückgreifen. Es kann auch die Zweitbeschwerdeführerin durch die Ausübung einer Arbeit zum Lebensunterhalt der Familie beitragen.
Dass der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer in der Stadt Kabul eine Schule besuchen können, ergibt sich - wie bereits unter 2.2.5. ausgeführt - daraus, dass in Afghanistan prinzipiell Schulpflicht besteht und ein Schulangebot insbesondere in Kabul auch faktisch vorhanden ist (siehe auch Punkt römisch II.1.5.-Kinder). Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer, die in einem anpassungsfähigen Alter sind, sich nicht an die sozialen und kulturellen Gegebenheiten in Afghanistan anpassen können sollten. Es ist insbesondere kein Grund ersichtlich, aus dem der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer nicht in der Lage wären in der Stadt Kabul neue Kontakte zu knüpfen, die begonnene Schulbildung fortzusetzen, einen Beruf zu lernen und die Sprachkenntnisse über die Muttersprache zu vertiefen. Es sind im Verfahren diesbezüglich keine Hinderungsgründe hervorgekommen.
Zur allgemeinen Situation von Kindern in Afghanistan sowie der konkreten Situation des Dritt- und Viertbeschwerdeführers bei einer Rückkehr nach Kabul wird auf die Ausführungen unter Punkt römisch II.2.2.4. verweisen. Dem Dritt- und Viertbeschwerdeführer droht in der Stadt Kabul weder Kinderarbeit noch eine Zwangsheirat. Es droht diesen dort auch weder Missbrauch noch sexuelle Übergriffe, Entführungen oder Ausbeutungen. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die minderjährigen Beschwerdeführer in ihrer Wohnumgebung von explosiven Kriegsrückständen betroffen wären.
Das Gericht geht aufgrund dieser gesamten Umstände davon aus, dass der Erst- und die Zweit- beschwerdeführerin nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Afghanistan in der Stadt Kabul Fuß fassen und sich dort eine Existenz für sich sowie für den Dritt- und den Viertbeschwerdeführer ohne unbillige Härte aufbauen können.
2.4. Zum (Privat)Leben der Beschwerdeführer in Österreich:
Die Feststellungen zum Leben der Beschwerdeführer in Österreich (insbesondere zur Aufenthaltsdauer und -titel, ihren jeweiligen Deutschkenntnissen und ihrer Integration in Österreich) stützen sich auf die Aktenlage vergleiche insbesondere die Auszüge aus dem Grundversorgungs-Informationssystem), auf die Angaben der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (VP, Sitzung 19 ff, 40 ff) sowie auf die von ihnen im Verfahren vorgelegten Unterlagen.
Dass die Beschwerdeführer über keine Verwandten in Österreich verfügen, ergibt sich aus ihren diesbezüglich schlüssigen und übereinstimmenden Angaben in der Beschwerdeverhandlung (VP, Sitzung 22, 44).
Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen ergeben sich daraus, dass der Erstbeschwerdeführer in der Verhandlung die auf Deutsch gestellten Fragen nicht verstanden hat und daher nicht den Fragen entsprechende Antworten stichwortartig in Deutsch gegeben hat. Der Erstbeschwerdeführer verfügt daher lediglich über sehr geringe Deutschkenntnisse (VP, Sitzung 19). Die Zweitbeschwerdeführerin hat die auf Deutsch gestellten Fragen in der Beschwerdeverhandlung nur teilweise verstanden und in Stichworten in Deutsch beantwortet, sie kann auf elementarer Ebene in einfachen, routinemäßigen Situationen des Alltags- und Berufslebens auf Deutsch zu kommunizieren (VP, Sitzung 41).
Die Feststellungen zum Kindergartenbesuch des Drittbeschwerdeführers ergeben sich aus den diesbezüglich stringenten Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin. Dass der Erstbeschwerdeführer den Viertbeschwerdeführer betreut während die Zweitbeschwerdeführerin Basisbildungskurse besucht, ergibt sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung (VP, Sitzung 21, 43). Dass die Zweitbeschwerdeführerin entgegen den Ausführungen des Erstbeschwerdeführers ebenfalls die Kinder betreut, ergibt sich aus ihren schlüssigen Ausführungen zu ihrem Tagesablauf, wonach sie das Mittagessen (für die Familie) kocht und die Kinder am Nachmittag beschäftigt. Ihre Freizeit verbringt die Zweitbeschwerdeführerin überwiegend mit ihren Kindern (VP, Sitzung 43). Die Angaben des Erstbeschwerdeführers, wonach die Zweitbeschwerdeführerin erst am Nachmittag (zwischen 13 und 15 Uhr) von der Schule nachhause komme und er bis zum Nachmittag mit den Kindern, mit der Hausarbeit und dem Kochen beschäftigt sei, steht im Widerspruch zu seiner eigenen Aussage, wonach seine Frau bereits zum Mittagessen von der Schule zurück sei und sie am Nachmittag gemeinsam die Kinder betreuen würden (VP, Sitzung 21) sowie den Ausführungen der Zweitbeschwerdeführerin (VP, Sitzung 43). Auch vor dem Hintergrund, dass die Basisbildungskurse nur eine beschränkte Anzahl an Unterrichtseinheiten vorschreibt (zB. im Zeitraum 02.05.2018 bis 28.09.2018 275 Unterrichtseinheiten - Beilage ./H), ist nicht davon auszugehen, dass die Zweitbeschwerdeführerin jeden Tag erst am Nachmittag nachhause zurückgekehrt ist. Das Gericht geht daher davon aus, dass der Erstbeschwerdeführer den von ihm übernommen Anteil an der Hausarbeit und Kinderbetreuung übertrieben dargestellt hat. Das Gericht folgt daher den diesbezüglich schlüssigen Angaben der Zweitbeschwerdeführerin, wonach sie sobald sie zuhause ist, die Kinderbetreuung übernimmt.
Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Erst- und der Zweit-beschwerdeführerin ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Beilage ./I - Strafregisterauszug jeweils vom 28.02.2019). Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers ergeben sich aus ihrer Strafunmündigkeit aufgrund ihres Alters.
Dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin freundschaftliche Kontakte in Österreich knüpfen konnten und von ihren Betreuern und Lehrern geschätzt werden, ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung sowie aus den im Verfahren vorgelegten Unterstützungsschreiben. Dass der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin über keine engen sozialen Bindungen zu diesen Personen und ihren freundschaftlichen Kontakten in Österreich verfügen, ergibt sich daraus, dass aus ihren Aussagen in der Beschwerdeverhandlung kein intensiver oder inniger Kontakt oder Abhängigkeiten zu Bekannten der Beschwerdeführer hervorgehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Spruchpunkt römisch eins. der angefochtenen Bescheide - Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten
3.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG, die auf Artikel 9, der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 05.09.2016, Ra 2016/19/0074). Die begründete Furcht einer Person vor Verfolgung muss zudem in kausalem Zusammenhang mit einem oder mehreren Konventionsgründen stehen (VwGH vom 22.03.2017, Ra 2016/19/0350).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, VwGH vom 05.09.2016, Ra 2016/19/0074).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden, auf einem Konventionsgrund beruhenden Verfolgung Asylrelevanz dann zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintanzuhalten. Auch eine auf keinem Konventionsgrund beruhende Verfolgung durch Private hat aber asylrelevanten Charakter, wenn der Heimatstaat des Betroffenen aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) genannten Gründen nicht bereit ist, Schutz zu gewähren (VwGH vom 08.09.2015, Ra 2015/18/0010)
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, AsylG in Verbindung mit Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe (VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0171).
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihr im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Zivilprozessordnung (ZPO) zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diese trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh sie hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, Paragraph 45,, Rz 3). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 19.03.1997, 95/01/0466).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein, diese muss im Entscheidungszeitpunkt vorliegen. Auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK genannten Gründen habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.2. Es wurde weder eine Verfolgung der Beschwerdeführer durch ihre Familien, den angeblichen Onkel der Zweitbeschwerdeführerin, die Taliban, staatliche Organe oder durch andere Gruppierungen noch eine begründete Furcht festgestellt. Die Beschwerdeführer wurden in Afghanistan nie bedroht. Es ist daher keine Verfolgung der Beschwerdeführer und auch keine Verfolgungsgefahr aus einem Konventionsgrund erkennbar.
Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion der Beschwerdeführer erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen.
Sohin kann nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer aus den von ihm ins Treffen geführten Gründen im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.
3.1.3. Es konnte auch keine konkrete und individuelle Verfolgung aufgrund der ethnisch-religiösen Zugehörigkeit der Beschwerdeführer zu den schiitischen Hazara festgestellt werden (siehe Ausführungen zu Punkt römisch II.2.2.3.).
In Ermangelung von den Beschwerdeführern individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob sie im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmale - etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zur Volksgruppe der Hazara oder zur Religionsgruppe der Schiiten - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wären.
Für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung ist zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048, mit Verweis auf VfGH 18.09.2015, E 736/2014). Dass ein Angehöriger der ethnischen und religiösen Minderheit der schiitischen Hazara im Falle seiner Einreise nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Verfolgung im Sinne eines ungerechtfertigten Eingriffs von erheblicher Intensität ausgesetzt zu sein, kann das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht erkennen:
Die in Afghanistan immer wieder bestehende Diskriminierung der schiitischen Hazara und die beobachtete Zunahme von Übergriffen gegen Hazara vergleiche insb. Punkt römisch II.1.5.) erreichen gegenwärtig nicht ein Ausmaß, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Afghanistan schiitische Hazara wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen und religiösen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten, zumal die Gefährdung dieser Minderheit angesichts der in den Länderberichten dokumentierten allgemeinen Gefährdungslage in Afghanistan, die in vielen Regionen für alle Bevölkerungsgruppen ein erhebliches Gefahrenpotential mit sich bringt, (derzeit) nicht jenes zusätzliche Ausmaß erreicht, welches notwendig wäre, um eine spezifische Gruppenverfolgung der Hazara anzunehmen. Eine Gruppenverfolgung ist auch nicht daraus ableitbar, dass Hazara allenfalls Opfer krimineller Aktivitäten werden oder schwierigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind. Es wurde zwar eine steigende Anzahl von Angriffen gegen Glaubensstätten, religiöse Führer sowie Gläubige registriert, wovon ein Großteil der zivilen Opfer schiitische Muslime waren. Die Angriffe haben sich jedoch nicht ausschließlich gegen schiitische Muslime, sondern auch gegen sunnitische Moscheen und religiöse Führer gerichtet, sodass die Angriffe keine spezifische Verfolgung schiitischer Muslime darstellen, sondern auf die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen zurückzuführen sind.
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).
Es ist daher eine Gruppenverfolgung - sowohl in Hinblick auf die Religions- als auch die Volksgruppenzugehörigkeit - von Hazara und Schiiten in Afghanistan nicht gegeben.
3.1.4. Im Hinblick auf die derzeit vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage von Frauen in Afghanistan haben sich keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte dahingehend ergeben, dass alle afghanischen Frauen gleichermaßen bloß auf Grund ihres gemeinsamen Merkmals der Geschlechtszugehörigkeit und ohne Hinzutreten weiterer konkreter und individueller Eigenschaften im Falle ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen würden, einer Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe ausgesetzt zu sein. In diesem Zusammenhang ist überdies darauf hinzuweisen, dass sich laut jüngsten Länderberichten die Situation der Frauen seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert hat.
Bezogen auf Afghanistan führt die Eigenschaft des Frau-Seins an sich gemäß der ständigen Judikatur der Höchstgerichte nicht zur Gewährung von Asyl. Lediglich die Glaubhaftmachung einer persönlichen Wertehaltung, die sich an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als "westlich" bezeichneten Frauen- und Gesellschaftsbild (selbstbestimmt leben zu wollen) orientiert, wird als asylrelevant erachtet; es ist daher zu prüfen, ob westliches Verhalten oder westliche Lebensführung derart angenommen und wesentlicher Bestandteil der Identität einer Frauen geworden ist, dass es für diese eine Verfolgung bedeuten würde, dieses Verhalten unterdrücken zu müssen (VfGH 12.06.2015, Zl. E 573/2015).
Im Fall der Zweitbeschwerdeführerin konnte jedoch nicht festgestellt werden, dass diese seit ihrer Einreise nach Österreich im September 2015 eine Lebensweise angenommen hat, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellt, somit eine "westliche" Lebensführung angenommen hat, die ein wesentlicher Bestandteil ihrer Identität geworden wäre und mit der sie mit den sozialen Gepflogenheiten des Heimatlandes brechen würde.
Den bisherigen Aktivitäten bzw. der Lebensweise der Zweitbeschwerdeführerin seit ihrer Einreise ist insgesamt nicht zu entnehmen, dass diese einen derartigen "westlichen", selbstbestimmen Lebensstil anstrebt oder bereits pflegt. Auch eine entsprechende innere Wertehaltung konnte bei der Zweitbeschwerdeführerin nicht festgestellt werden. Infolgedessen verletzt die Zweitbeschwerdeführerin mit ihrer Lebensweise die herrschenden sozialen Normen in Afghanistan nicht in einem Ausmaß, dass ihr bei einer Rückkehr nach Afghanistan (unter Beibehaltung des derzeitigen Lebensstils) eine Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention drohen würde.
3.1.5. Eine begründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK, insbesondere im Zusammenhang mit dem (zukünftigen) Wunsch nach Schulbildung ist nicht ableitbar. Dies insbesondere deshalb, weil in Afghanistan prinzipiell Schulpflicht besteht und ein Schulangebot in der Stadt Kabul auch faktisch vorhanden ist. Ein Schulbesuch stellt daher - insbesondere für Buben - keinen Bruch mit den Gegebenheiten in Afghanistan dar. Für eine asylrelevante Verfolgung des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund ihrer spezifischen Situation als Kind gab es auch keine Anhaltspunkte im Verfahren. Auch unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen an die Behandlung von Anträgen auf internationalen Schutz von Minderjährigen (VfGH 11.10.2017, E 1803/2017 ua., mwN) ist somit weder aufgrund des Vorbringens des Erst- oder der Zweitbeschwerdeführerin noch sonst eine individuelle Bedrohung oder Verfolgung des Dritt- und/oder des Viertbeschwerdeführers im Verfahren hervorgekommen.
3.1.6. Da insgesamt weder eine individuell-konkrete Verfolgung, eine Gruppenverfolgung oder Verfolgungsgefahr noch eine begründete Furcht festgestellt werden konnten, liegen die Voraussetzungen des Paragraph 3, Absatz eins, AsylG nicht vor.
Die Beschwerden gegen Spruchpunkt römisch eins. der angefochtenen Bescheide ist daher gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Spruchpunkt römisch II. der angefochtenen Bescheide - Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
3.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß Artikel 2, EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3, EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.
Unter realer Gefahr in diesem Sinne ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus (VwGH vom 26.04.2017, Ra 2017/19/0016).
Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich scheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation eines Asylwerbers begründete Umstände dazu führen, dass gerade bei ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Artikel 2, oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH vom 21.02.2017, Ra 2016/18/0137; VwGH vom 25.04.2017 Ra 2017/01/0016).
Es widerspricht zudem der Statusrichtlinie 2011/95/EU, einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten unabhängig von einer Verursachung durch Akteure oder einer Bedrohung in einem bewaffneten Konflikt im Herkunftsstaat zuzuerkennen vergleiche VwGH 6.11.2018, Ra 2018/01/0106, mit Verweis auf Rechtsprechung des EuGH).
3.2.2. Für den vorliegenden Fall ist daher Folgendes festzuhalten:
Trotz der weiterhin als instabil zu bezeichnenden allgemeinen Sicherheitslage scheint eine Rückkehr nach Afghanistan im Hinblick auf die regional und sogar innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt unterschiedliche Sicherheitslage nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Die Beschwerdeführer können nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes in ihre Heimatstadt Kabul zurückkehren:
Was die Sicherheitslage betrifft, wird seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die Länderfeststellungen zwar nicht verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Kabul nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktszentren hat. Darüber hinaus ist Kabul eine über den Luftweg aufgrund des vorhandenen Flughafens sicher erreichbare Stadt.
Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Anschläge, insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter, in Kabul nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Hierzu ist auszuführen, dass die weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet noch nicht die Schlussfolgerung zu tragen vermag, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Artikel 3, EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre. Die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist.
In der Wohnumgebung der Beschwerdeführer finden sich keine explosiven Kriegsrückstände.
Auch wenn die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zu Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung häufig nur sehr eingeschränkt möglich ist, so ist die Versorgung der afghanischen Bevölkerung in Kabul dennoch zumindest grundlegend gesichert.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind im erwerbsfähigen Alter. Der Erstbeschwerdeführer verfügt über eine fünfjährige Schulbildung und er kann auf eine jahrelange erfolgreiche Berufserfahrung als Schweißer in der Selbständigkeit zurückgreifen. Die Zweitbeschwerdeführerin verfügt zwar über keine afghanische Schulbildung, hat jedoch in Österreich Basisbildungskurse absolviert. Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer können während die Zweitbeschwerdeführerin einer beruflichen Tätigkeit nachgeht von deren Mutter oder von der Mutter, der älteren Schwester oder der Schwägerin des Erstbeschwerdeführers in Kabul betreut werden.
Zudem haben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin den überwiegenden Teil ihres Lebens in Afghanistan verbracht und dem Dritt- und Viertbeschwerdeführer die afghanische Kultur vermittelt, wodurch die Beschwerdeführer mit den kulturellen Gepflogenheiten ihres Herkunftsstaates vertraut sind. Die Beschwerdeführer sprechen Dari, die Landessprache Afghanistans, auf muttersprachlichem Niveau.
Des Weiteren verfügen die Beschwerdeführer nach wie vor über Familienangehörige in Kabul, mit denen der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin auch regelmäßig in Kontakt stehen. Die Beschwerdeführer können im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan zumindest vorübergehend mit Unterstützung bei der Suche nach einer Arbeitsstelle und Verpflegung durch ihr familiäres Netzwerk in Kabul rechnen. Die Beschwerdeführer können auch finanziell von ihrem familiären Netzwerk unterstützt werden.
Die Beschwerdeführer stammen aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird. Es ist deshalb auch nicht zu befürchten, dass sie bereits unmittelbar nach ihrer Rückkehr und noch bevor sie in der Lage wären, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würden. Zudem können die Beschwerdeführer auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.
Insbesondere dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ist es aufgrund der dargelegten Umstände möglich, sich sowie den Dritt- und den Viertbeschwerdeführer dort - etwa auch durch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten - eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern. So können der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin durch die Synergieeffekte im Familienverband für ihr Auskommen und Fortkommen sowie für das des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers sorgen. Da die Beschwerdeführer über ein Eigentumshaus in der Stadt Kabul verfügen, müssen diese nicht für Mietkosten aufkommen. Die Beschwerdeführer gehören im gemeinsamen Familienverband auch keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass sie sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellen als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Es gibt somit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer ausweglosen bzw. existenzbedrohenden Situation ausgesetzt wären. Das Eigentumshaus der Beschwerdeführer verfügt über fließendes Wasser und über ein 300qm großes Grundstück mit Bäumen und Gemüsebeeten.
Auch der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer sind bei einer Rückkehr im Familienverband durch die Erwerbsfähigkeit des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin und durch die Unterstützung im Familienverband durch die in Afghanistan lebenden Familienangehörigen abgesichert. Aus diesen Gründen ist auch nicht zu befürchten, dass der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer bereits unmittelbar nach ihrer Rückkehr und noch bevor deren Eltern in der Lage wären, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnten. Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer sind in einem anpassungsfähigen Alter, sodass es ihnen möglich ist, sich in das afghanische Gesellschaftssystem zu integrieren.
Minderjährige Kinder gelten zwar vor dem Hintergrund der Länderfeststellungen in Afghanistan als besonders vulnerable Antragsteller (gefährdet besonders durch Munitionsrückstände, körperliche Übergriffe durch Erwachsene in Schulen oder durch die afghanische Polizei, sexuellen Missbrauch, auch als Bacha Bazi, durch Kinderarbeit, Zwangsehen, Ausbeutung sowie auch durch die angespannte Versorgungs- und Sicherheitslage), doch bestehen im konkreten Fall intakte Familienverhältnisse und ein großes familiäres und finanziell abgesichertes Netzwerk in Afghanistan, die eine Gefährdungen des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers in Kabul als relativ gering scheinen lassen.
Die Stadt ist auch für Minderjährige ausreichend sicher und steht unter Kontrolle der Regierung. In der Wohnumgebung der Beschwerdeführer in der Stadt Kabul finden sich keine explosiven Kriegsrückstände. In der Stadt gibt es auch Bildungsmöglichkeiten, es ist kein Grund ersichtlich, der die minderjährigen Beschwerdeführer davon abhalten sollte eine Schule zu besuchen und eine Ausbildung zu absolvieren. Die minderjährigen Beschwerdeführer sind weder von Zwangsehen noch von Kinderarbeit bedroht. Es haben sich auch keine Hinweise ergeben, wonach die minderjährigen Beschwerdeführer Gefahr laufen würden ausgebeutet oder (sexuelle) missbraucht zu werden. Die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin sowie die Mutter, die ältere Schwester oder die Schwägerin des Erstbeschwerdeführers können zudem für die Betreuung und Erziehung des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers sorgen während der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin erwerbstätig sind. Durch den Familienverband, in dem zwei Personen volljährig und erwerbsfähig sind, sind auch Synergien (geteilte Lebensmittelkosten, etc.) zu erzielen, sodass auch die minderjährigen Beschwerdeführer ausreichend finanziell abgesichert sind. Zudem verfügen die Beschwerdeführer über ein Eigentumshaus, sodass auch keine Mietkosten anfallen.
In der Stadt Kabul ist Nahrung, Wohnraum, Arbeitsplätze sowie medizinische Versorgung grundsätzlich vorhanden, auch wenn die diesbezügliche Situation angespannt ist. Da die Beschwerdeführer über ein Eigentumshaus in der Stadt Kabul verfügen, ist auszuschließen, dass diese sich in einem Lager für Binnenvertriebene ansiedeln müssten. Einer von fünf Haushalten in der Stadt Kabul kann sich trotz humanitärer Unterstützung zwar einen minimal ausreichenden Lebensmittelkonsum leisten, ist aber nicht in der Lage notwendige Ausgaben abseits von Lebensmitteln zu bestreiten. Da die Beschwerdeführer über ein Eigentumshaus verfügen (und keine Mietkosten aufbringen müssen) und diese über ein tragfähiges familiäres Unterstützungsnetzwerk verfügen, ist nicht ersichtlich, dass die Beschwerdeführer finanzielle Schwierigkeiten bekommen sollten bzw. diese sich den Lebensunterhalt nicht leisten können würden. Es sind daher auch bei den minderjährigen Beschwerdeführern keine Versorgungsengpässe mit Nahrung oder Wasser zu erkennen.
3.2.3. Die Beschwerdeführer leiden an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten.
Der Viertbeschwerdeführer weist zwar ein römisch 40 und eine geringfügige Insuffizienz der römisch 40 auf, die als nicht relevant eingestuft wurde. Er bedarf jedoch keiner Medikation oder ärztlichen Behandlung, sondern es sind lediglich Kontrolluntersuchungen im Abstand von zwei Jahren notwendig.
Nach der ständigen Rechtsprechung des EGMR und des VfGH zu Artikel 3, hat grundsätzlich kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil desselben gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Artikel 3, EMRK. Solche würden etwa vorliegen, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt werden würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (EGMR vom 27.05.2008, 26565/05, N. vs Vereinigtes Königreich; EGMR vom 02.05.1997, 30240/96, D. vs Vereinigtes Königreich; VfGH vom 06.03.2008, B 2400/07).
Insgesamt gesehen handelt es sich im vorliegenden Fall nach dem Maßstab der Rechtsprechung des EGMR um keinen "ganz außergewöhnlichen Fall, in dem die humanitären Gründe gegen die Rückführung zwingend sind", fehlt es doch an sämtlichen dafür maßgeblichen Kriterien: Denn im Fall D. vs Vereinigtes Königreich (EGMR vom 02.05.1997, 30240/96) lagen die ganz außergewöhnlichen Umstände darin, dass sich der Beschwerdeführer erstens in der Endphase einer tödlichen Erkrankung befand, zweitens für ihn im Herkunftsstaat keine Krankenbehandlung und -pflege verfügbar war und drittens mangels Angehöriger seine Grundbedürfnisse nicht gesichert waren.
Die gesundheitlichen Beschwerden des Viertbeschwerdeführers weisen nicht jene besondere Schwere auf, welche nach der oben angeführten höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu Artikel 3, EMRK eine Abschiebung nach Afghanistan als eine unmenschliche Behandlung erscheinen lassen würde. So ist der Viertbeschwerdeführer keinen Einschränkungen im täglichen Leben unterworfen. Nach den Länderfeststellungen findet die medizinische Versorgung in Kabul grundsätzlich statt und ist der Zugang zu Medikamenten grundsätzlich gegeben, sodass die erforderlichen ärztlichen Kontrolltermine des Viertbeschwerdeführers grundsätzlich gewährleistet sind, wenn gleich die Behandlung nicht gleichwertig und schwerer zugänglich ist. Selbst wenn eine solche (grundsätzlich verfügbare) Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, so führt ein solcher Umstand im Falle seines Vorliegens vor dem Hintergrund der oben angeführten Judikatur zu keinem anderen Ergebnis für den Viertbeschwerdeführer.
Auch wurde nicht hinreichend konkret dargelegt, dass sich der Gesundheitszustand des Viertbeschwerdeführers im Falle einer Überstellung derartig verschlechtern würde, dass eine Überstellung iSd o.a. Judikatur als unzulässig anzusehen wäre. Abgesehen davon werden von der Fremdenpolizeibehörde anlässlich einer Abschiebung auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit der Betroffenen beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt.
Der Gesundheitszustand des Viertbeschwerdeführers erreicht somit im Hinblick auf die in Afghanistan grundsätzlich bestehende Gesundheitsversorgung nicht jene Schwere, die eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten würde.
Auch die römisch 40 des Drittbeschwerdeführers, die römisch 40 des Erstbeschwerdeführers sowie die römisch 40 der Zweitbeschwerdeführerin erreichen im Hinblick auf die in Afghanistan grundsätzlich bestehende Gesundheitsversorgung nicht jene Schwere, die eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten würde.
3.2.4. Die Beschwerdeführer haben auch nicht mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos dargelegt, dass gerade ihnen im Falle einer Rückführungsmaßnahme eine Artikel 3, EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 19.0.2017, Ra 2017/19/0095).
Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation der Beschwerdeführer ist in einer Gesamtbetrachtung nicht zu erkennen, dass sie im Fall ihrer Abschiebung nach Afghanistan und einer Wiederansiedlung in der Stadt Kabul in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würden, eine Verletzung ihrer durch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden. Es liegen keine exzeptionellen Gründe vor, die einer Ansiedlung in der Stadt Kabul entgegenstehen würden. Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass den Beschwerdeführern eine Ansiedlung in der Stadt Kabul möglich und auch zumutbar ist.
Aus den UNHCR-Richtlinien vom 30.08.2018 Sitzung 126 ff) ergibt sich zwar, dass eine interne Schutzalternative in Kabul aufgrund einer Kombination aus der Sicherheits- und Versorgungslage derzeit eher nicht bestehe. Da der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin in Kabul geboren sind, sie den überwiegenden Teil ihres Lebens dort verbrachten und auch noch viele Verwandte der Beschwerdeführer in Kabul leben, ist Kabul als Heimatstadt der Beschwerdeführer zu betrachten. Es stellt daher eine Rückkehr der Beschwerdeführer in die Stadt Kabul keine interne Schutzalternative für die Beschwerdeführer dar. Zudem ist die Versorgung der Beschwerdeführer in Kabul abgesichert, da sie dort auf die familiäre und tragfähige Unterstützung zurückgreifen können. Die Beschwerdeführer verfügen über ein Eigentumshaus in Afghanistan, in das sie zurückkehren können. Es ist daher auszuschließen, dass sich die Beschwerdeführer - im Gegensatz zu Personen die eine innerstaatliche Fluchtalternative betreffend Kabul in Anspruch nehmen würden - in einem Lager für Binnenvertriebene ansiedeln müssten. Eine Rückkehr nach Kabul ist den Beschwerdeführern daher auch zumutbar.
3.2.5. Die Beschwerden betreffend Spruchpunkt römisch II. der angefochtenen Bescheide sind daher abzuweisen.
3.3. Spruchpunkt römisch III. der angefochtenen Bescheide - Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung
Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG nicht erteilt wird.
3.3.1. Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG
Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen,
(...)
2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder
3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.
Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt der Beschwerdeführer weder seit mindestens einem Jahr gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist noch die Beschwerdeführer Opfer von Gewalt iSd Paragraph 57, Absatz eins, Ziffer 3, FPG wurden. Weder haben die Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des Paragraph 57, FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.
3.3.2. Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG
Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
3.3.2.1. Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung aufgrund des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wird.
Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, AsylG ist, dass dies gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach Paragraph 55, AsylG überhaupt in Betracht (VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).
Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:
(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff NAG) verfügen, unzulässig wäre.
3.3.2.2. Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.
Unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalls ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen vergleiche VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0198; VwGH vom 25.01.2018 Ra 2017/21/0218).
Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.
3.3.2.3. Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR vom 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982,
311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (EKMR vom 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH vom 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.
So fallen familiäre Beziehungen unter Erwachsenen jedoch nur dann unter den Schutz des Artikel 8, EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (VfGH vom 09.06.2006, B 1277/04; vom 26.01.2006, 2002/20/0423 und 2002/20/0235, vom 08.06.2006, 2003/01/0600; vom 29.03.2007, 2005/20/0040-0042)
Nachdem mit heutigem Tag gegenüber den Beschwerdeführern gleichlautende Entscheidungen ergehen und demnach keine Trennung der Genannten erfolgt, könnte lediglich in ihr Privatleben, nicht jedoch in ihr Familienleben eingegriffen werden.
Da die Beschwerdeführer darüber hinaus über keine Familienangehörigen oder sonstigen engen Nahebeziehungen in Österreich verfügen, ist ein Eingriff in ihr Recht auf Familienleben iSd Artikel 8, EMRK auszuschließen. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.
3.3.2.3.1. Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). Artikel 8, EMRK schützt unter anderem sowohl die individuelle Selbstbestimmung und persönliche Identität, als auch die freie Gestaltung der Lebensführung. In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.
Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt vergleiche dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK, ÖJZ 2007, 852 ff). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, als - abseits familiärer Umstände - eine von Artikel 8, EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist vergleiche Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/01/0479, davon aus, dass "der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte". Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt vergleiche VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwN).
Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 mwN).
3.3.2.3.2. Im gegenständlichen Fall sind die Beschwerdeführer unter Umgehung der Grenzkontrollen und somit illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist. Die Beschwerdeführer halten sich seit ihrer Antragstellung im September 2015, somit seit ca. vier Jahren, im Bundesgebiet auf. Der bisherige Aufenthalt der Beschwerdeführer in Österreich ist ausschließlich auf ihren Antrag auf internationalen Schutz gestützt, wodurch sie nie über ein Aufenthaltsrecht abgesehen des bloß vorübergehenden Aufenthaltsrechts aufgrund ihres Antrags auf internationalen Schutz, verfügt haben. Die Dauer des Verfahrens übersteigt mit ca. vier Jahren auch nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutz-möglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthaltes im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" scheinen zu lassen vergleiche VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 04.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09).
Obwohl die Beschwerdeführer bereits seit ca. vier Jahren in Österreich leben und der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin Deutschkurse besucht haben, verfügen sie nur über geringe bzw. ausreichende Deutschkenntnisse.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin gehen in Österreich keiner beruflichen Tätigkeit nach, sondern leben von der Grundversorgung, sie sind nicht am Arbeitsmarkt integriert. Der Erstbeschwerdeführer hat sich an ehrenamtlichen Aktivitäten beteiligt.
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin konnten in Österreich zwar Kontakte knüpfen, sie verfügen jedoch über keine engen soziale Bindungen in Österreich.
Insgesamt kann daher nicht von einer außergewöhnlichen Integration ausgegangen werden.
Darüber hinaus ist nach wie vor von einer engen Bindung der Beschwerdeführer nach Afghanistan auszugehen, zumal die Erst- bis Zweitbeschwerdeführer dort aufgewachsen und somit in Afghanistan sozialisiert wurden. Sie sprechen auch eine Landessprache Afghanistans als Muttersprache. Hinzu kommt, dass sie nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan haben und in der Stadt Kabul das Eigentumshaus der Beschwerdeführer steht. Aufgrund der afghanischen Sozialisierung der Beschwerdeführer kann auch nicht gesagt werden, dass sie ihrem Kulturkreis völlig entrückt wären, sodass sich die Beschwerdeführer in Afghanistan problemlos wieder eingliedern werden können.
Darüber hinaus ist der Zeitraum des Aufenthalts der Beschwerdeführer mit vier Jahren im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055, mwH) und der oben getroffenen Ausführungen als relativ kurz zu werten.
Dass die Beschwerdeführer strafrechtlich unbescholten sind, vermag weder ihr persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (VwGH 25.02.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.04.2012, 2011/18/0253).
Das Interesse des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin an der Aufrechterhaltung ihrer privaten Kontakte ist dadurch geschwächt, dass sie sich bei allen Integrationsschritten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit der Integrationsschritte bewusst sein mussten: Die Beschwerdeführer durften sich hier bisher nur aufgrund ihres Antrages auf internationalen Schutz aufhalten, der zu keinem Zeitpunkt berechtigt war (VwGH 20.02.2004, 2003/18/0347; 26.02.2004, 2004/21/0027; 27.04.2004, 2000/18/0257; sowie EGMR 08.04.2008, Fall Nnyanzi, Appl. 21878/06, wonach ein vom Fremden in einem Zeitraum, in dem er sich bloß aufgrund eines Asylantrages im Aufnahmestaat aufhalten darf, begründetes Privatleben per se nicht geeignet ist, die Unverhältnismäßigkeit des Eingriffes zu begründen). Auch der Verfassungsgerichtshof misst in ständiger Rechtsprechung dem Umstand im Rahmen der Interessenabwägung nach Artikel 8, Absatz 2, EMRK wesentliche Bedeutung bei, ob die Aufenthaltsverfestigung des Asylwerbers überwiegend auf vorläufiger Basis erfolgte, weil der Asylwerber über keine, über den Status eines Asylwerbers hinausgehende Aufenthaltsberechtigung verfügt hat. In diesem Fall muss sich der Asylwerber bei allen Integrationsschritten im Aufenthaltsstaat seines unsicheren Aufenthaltsstatus und damit auch der Vorläufigkeit seiner Integrationsschritte bewusst sein (VfSlg 18.224/2007, 18.382/2008, 19.086/2010, 19.752/2013). Dies kommt bei Minderjährigen, hier dem Dritt- und dem Viertbeschwerdeführer, jedoch geringeres Gewicht zu (VwGH vom 30.08.2017, Rab2017/18/0070).
3.3.2.3.3. Soweit Kinder bzw. Minderjährige von einer Rückkehrentscheidung betroffen sind, sind die besten Interessen und das Wohlergehen dieser Kinder, insbesondere das Maß an Schwierigkeiten, denen sie im Heimatland begegnen, sowie die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen sowohl zum Aufenthaltsstaat als auch zum Heimatstaat zu berücksichtigen. Maßgeblich ist, wo die Kinder geboren wurden, in welchem Land und in welchem sprachlichen und kulturellen Umfeld sie gelebt haben, wo sie ihre Schulbildung absolviert haben, ob sie die Sprache des Heimatstaates sprechen und insbesondere, ob sie in einem anpassungsfähigen Alter sind. Führt die Überprüfung der Kriterien nach §9 Absatz 2, Ziffer 5, BFA-VG zu dem Ergebnis, dass ein Minderjähriger zum Heimatland keine oder nur mehr äußerst geringe Bindungen aufweist, wird dies - vorausgesetzt er ist unbescholten und hat in Österreich einen ausreichenden Grad der Integration erreicht - in der Regel dafür sprechen, ihm den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, und zwar jedenfalls dann, wenn nicht - in zumutbarer Weise - erwartet werden kann, dass er sich im Falle einer Rückkehr an die Verhältnisse im Heimatland, etwa das Erlernen der dortigen Sprache, den Aufbau neuer Kontakte, die Fortsetzung einer begonnenen Ausbildung, usw. wieder anpassen werde (VwGH vom 30.08.2017, Rab2017/18/0070).
Die Beschwerdeführer lebten sowohl in Afghanistan als auch in Österreich in einem Familienverband, sodass der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer sowohl in Afghanistan als auch in Österreich in ihrem afghanischen Familienverband aufgewachsen und sie mit der Sprache und der afghanischen Kultur vertraut sind. Auf Grund des jungen Alters des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers stellt der Familienverband für sie den wichtigsten sozialen Bezugspunkt dar, sie wachsen in ihrem afghanischen Familienverband und damit mit starkem Bezug zu sozialen und kulturellen Gegebenheiten Afghanistans auf. Der Dritt- und der Viertbeschwerdeführer werden in der Sprache Dari - eine Landessprache Afghanistans - erzogen und sind zudem in einem anpassungsfähigen Alter. Dadurch und da sie familiäre Anknüpfungspunkte in Afghanistan haben und ihnen in Kabul auch Ausbildungs- und Berufsmöglichkeiten offenstehen, ist zu erwarten, dass sie sich an die Verhältnisse in ihrem Heimatland anpassen können.
Im Gegensatz dazu sind die Bindungen des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers in Österreich weniger stark ausgeprägt. Der Drittbeschwerdeführer besucht in Österreich den Kindergarten, der Viertbeschwerdeführer wird von den Eltern zuhause betreut. Es ist daher keine außergewöhnlich starke Bindung des Dritt- und des Viertbeschwerdeführers an Österreich erkennbar. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die römisch 40 des Drittbeschwerdeführers einer Rückführung nach Afghanistan entgegenstehen würde. In Afghanistan würde der Drittbeschwerdeführer auch ausschließlich mit seiner Muttersprache Dari konfrontiert werden bzw. ist auch dort die medizinische Versorgung gegeben. Dies gilt auch für die medizinischen Diagnosen des Viertbeschwerdeführers, der auch in Kabul seine erforderlichen Kontrolltermine alle zwei Jahre wahrnehmen könnte.
3.3.2.3.4. Den schwach ausgeprägten privaten Interessen der Beschwerdeführer an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des VwGH kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8, Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).
Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf, wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich.
Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes der Beschwerdeführer im Bundesgebiet das persönliche Interesse der Beschwerdeführer am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig machen würden.
3.3.2.3.5. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG stellt sohin keine Verletzung der Beschwerdeführer in ihrem Recht auf Privat- und Familienleben gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG in Verbindung mit Artikel 8, EMRK dar.
3.3.2.4. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG ist ebenfalls nicht geboten.
3.3.2.5. Die Voraussetzungen des Paragraph 10, AsylG liegen vor: Da der Antrag der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz abgewiesen wurde, ist die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG zu erlassen. Es ist auch - wie bereits ausgeführt - kein Aufenthaltstitel nach Paragraph 57, AsylG von Amts wegen zu erteilen.
Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG setzt weiters voraus, dass den Beschwerdeführern kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Die Beschwerdeführer haben weder behauptet über ein Aufenthaltsrecht außerhalb des Asylverfahrens zu verfügen noch ist ein solches im Ermittlungsverfahren hervorgekommen.
3.3.2.6. Die Erlassung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall geboten und ist auch nicht unverhältnismäßig.
3.3.3. Zulässigkeit der Abschiebung
3.3.3.1. Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.
3.3.3.2. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß Paragraph 50, Absatz eins, FPG unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 EMRK oder das 6. bzw. 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG. Das Vorliegen eines entsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint (siehe Punkt römisch II.3.2.).
3.3.3.3. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß Paragraph 50, Absatz 2, FPG auch unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Das entspricht dem Tatbestand des Paragraph 3, AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wird mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verneint (siehe Punkt römisch II.3.1.).
3.3.3.4. Die Abschiebung ist nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für Afghanistan nicht.
3.3.3.5. Die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Afghanistan ist daher zulässig. Die Beschwerden waren daher auch hinsichtlich Spruchpunkt römisch III. als unbegründet abzuweisen.
3.4. Spruchpunkt römisch IV. des angefochtenen Bescheides - Ausreisefrist
Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Gemäß Paragraph 55, Absatz 3, FPG kann die Frist bei Überwiegen besonderer Umstände für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben.
Derartige besondere Umstände sind im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht worden, weshalb die vom Bundesamt gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise den gesetzlichen Bestimmungen entspricht.
Die Beschwerden sind daher auch hinsichtlich Spruchpunkt römisch IV. als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
ECLI:AT:BVWG:2019:W251.2171366.1.00