BVwG
09.09.2019
W104 2195550-1
W104 2195550-1/9E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Christian BAUMGARTNER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA. Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung - Diakonie und Volkshilfe, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, Außenstelle Klagenfurt, vom römisch 40 , Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am römisch 40 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in die Republik Österreich ein und stellte am 05.12.2015 erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz im Bundesgebiet.
Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag gab der Beschwerdeführer an, er sei afghanischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und Moslem. Er sei ledig und am römisch 40 in römisch 40 im Iran geboren. Seine Eltern und seine Geschwister seien im Iran aufhältig. Er selbst sei im Iran geboren und habe sich sein gesamtes Leben bis Februar 2015 im Iran aufgehalten. Zum Fluchtgrund führte der Beschwerdeführer aus, dass er im Februar 2015 vom Iran nach Afghanistan abgeschoben worden sei und sich ungefähr einen Monat in Kabul aufgehalten habe. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei sehr gefährlich. Eines Tages habe es in seiner Nähe ein Selbstmordattentat gegeben. Er habe Angst um sein Leben gehabt und sei geflüchtet. Zudem habe seine Familie Feinde in Afghanistan. Im Iran sei er einmal attackiert und schwer verletzt worden. Ein Leben in Afghanistan könne er sich nicht vorstellen.
In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 19.03.2018 führte der Beschwerdeführer zunächst aus, dass sein Geburtsort in der Erstbefragung falsch protokolliert worden sei. Er sei nicht in römisch 40 , sondern in römisch 40 im Iran geboren. Zu seinen Fluchtgründen gab der Beschwerdeführer auf das Wesentliche zusammengefasst an, dass er im Iran ein Mensch zweiter Klasse gewesen sei und keine richtige Schule besuchen habe dürfen. Die iranischen Behörden hätten die Afghanen zwingen wollen, nach Syrien zu gehen und dort zu kämpfen. Er habe im Iran eine Aufenthaltskarte gehabt, welche auf die Provinz Maschhad beschränkt gewesen sei. Wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs mit einem Mädchen habe er Probleme mit deren Familie bekommen, die ihn bedroht und geschlagen habe. Wegen dieser Probleme sei er auf der Flucht gewesen und habe sich in einer anderen Provinz ( römisch 40 ) aufgehalten. Da seine Aufenthaltsberechtigungskarte nach wie vor auf die Provinz Maschhad ausgestellt gewesen sei, habe die iranische Polizei ihn im Februar 2015 festgenommen und nach Afghanistan abgeschoben. In Afghanistan habe er sich in Herat in Kabul aufgehalten. Nach kurzer Zeit habe er gelernt, dass man dort wegen der schlechten Sicherheitslage nicht leben könne und sich am 25.03.2015 entschlossen, Afghanistan zu verlassen. Seine Eltern hätten Afghanistan damals vor Jahren wegen dem Bürgerkrieg verlassen. Zudem habe sein Vater Probleme mit seinem Halbbruder wegen Erbstreitigkeiten gehabt. Nach dem Tod des Großvaters habe der Halbonkel das gesamte Erbe für sich beansprucht und seinem Vater keinen Teil gegeben. Aus diesem Grund könne seine Familie auch nicht nach Afghanistan zurückkehren. Weiter gab der Beschwerdeführer in seiner niederschriftlichen Einvernahme an, dass er nunmehr Christ sei und legte einen Taufschein der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. römisch 40 vom 11.03.2018 vor.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom römisch 40 , zugestellt am 18.04.2018, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG (Spruchpunkt römisch eins.), sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG (Spruchpunkt römisch II.) ab, erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG (Spruchpunkt römisch III.), erließ gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG (Spruchpunkt römisch IV.) und stellte gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG fest, dass die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt römisch fünf.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt römisch VI.). Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe nicht glaubhaft machen können, dass er Afghanistan aus wohlbegründeter Furcht verlassen habe. Die Lebenssituation des Beschwerdeführers im Iran sei unbeachtlich und stelle aufgrund der unzweifelhaften Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers keinen Prüfgegenstand im inhaltlichen Asylverfahren dar. Der Beschwerdeführer habe keinen Fluchtgrund in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Afghanistan vorbringen können. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Konvertierung zum Christentum führte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass seine Angaben hinsichtlich seiner religiösen Gesinnung weder glaubhaft noch schlüssig seien. Der Beschwerdeführer habe hinsichtlich seiner persönlichen Sichtweise auf den von ihm gewählten Glauben mit leeren Sprachhülsen geantwortet und sei nicht ansatzweise in der Lage gewesen, glaubhaft anzugeben, was ihn persönlich bereichere. Eine ersthafte Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben sowie ein aufrichtiges Interesse, dem Islam abzuschwören, habe nicht festgestellt werden können. Die vom Beschwerdeführer behauptete Hinwendung zum Christentum sei nicht Ausdruck einer innerlich gefestigten Überzeugungsbildung. Es liege lediglich eine Scheinkonversion zum Zweck, in Österreich Asyl zu erlangen, vor. Der Beschwerdeführer habe keine individuelle Verfolgungssituation in seinem Herkunftsstaat Afghanistan glaubhaft machen können. Es gebe keine Hinweise auf das Bestehen einer relevanten Gefahr im Fall einer Rückkehr in den Heimatstaat. Die Familie des Beschwerdeführers könne ihn vom Iran aus finanziell unterstützen, eine Niederlassung in Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif sei ihm zumutbar.
Dagegen richtet sich die am 14.05.2018 bei der belangten Behörde eingelangte vollumfängliche Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung sowie der Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erzielt worden wäre. In dieser Beschwerde wird das Vorbringen zum Fluchtgrund wiederholt und näher ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan auch Verfolgung durch den Halbonkel väterlicherseits zu befürchten habe. Dieser habe nämlich zum Vater des Beschwerdeführers gesagt, dass er sie umbringen werde, sollten er oder seine Kinder je Ansprüche auf die Grundstücke in Afghanistan erheben. Weiter wird näheres zur prekären Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan (insbesondere zur Sicherheits- und Versorgungslage in Kabul, Mazar-e Sharif und Herat) ausgeführt und der belangten Behörde vorgehalten, dass die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststelllungen nicht vollständig seien und sich nicht mit dem konkreten Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers befassen würden. Die belangte Behörde habe nach einem mangelhaften Ermittlungsverfahren auch eine mangelhafte Beweiswürdigung vorgenommen. Dem Beschwerdeführer drohe asylrelevante Verfolgung aufgrund seiner durch das Leben im Iran bzw. im westlichen Ausland geprägten Einstellung, wodurch ihm eine oppositionelle politische Gesinnung bzw. ein "unislamisches" Verhalten unterstellt werde. Zudem sei der Beschwerdeführer Hazara, Angehöriger der Minderheit des Sayyed-Stammes und Christ. Ihm drohe auch Verfolgung durch die Familienmitglieder seines Halbonkels, da dieser mit seinem Vater einen Grundstückstreit gehabt habe. Eine innerstaatliche Fluchtalternative bestehe nicht.
Mit Schreiben vom 20.05.2019 beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung für den römisch 40 an, brachte Länderberichte in das Verfahren ein und gab dem Beschwerdeführer sowie der belangten Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das Bundesverwaltungsgericht führte zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes am 02.07.2019 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer, seine bevollmächtigte Rechtsvertreterin, eine Dolmetscherin für die Sprache Dari und eine Zeugin teilnahmen. Die belangte Behörde verzichtete auf die Teilnahme.
In der mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt und hielt sein Vorbringen einer Verfolgungsgefahr wegen Konversion zum christlichen Glauben aufrecht. Die vom Beschwerdeführer stellig gemachte Zeugin gab im Wesentlichen zusammengefasst an, dass sich der Beschwerdeführer ihres Erachtens dem christlichen Glauben zugewandt habe. Er habe den Gottesdienst regelmäßig besucht, sei regelmäßig zu den Bibelstunden gekommen und bete so, dass es ehrlich erscheine. Weiter habe sich die Persönlichkeit des Beschwerdeführers verändert, er sei "aufgetaut" und "aufgeblüht". Die Zeugin habe das Gefühl, dass sich der Beschwerdeführer ernsthaft mit dem Christentum beschäftigt habe.
Die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers erstattete im Rahmen der mündlichen Verhandlung eine Stellungnahme zu den Länderberichten. Sie brachte die UNHCR-Richtlinien in das Verfahren ein, aus welchen deutlich hervorgehe, dass Apostasie zu einer asylrelevanten Verfolgung in Afghanistan führe. Weiter verwies sie auf aktuelle Judikatur und brachte vor, dass die nunmehr praktizierte Lebensführung und die Wertehaltung des Beschwerdeführers Bestandteile seiner religiösen Identität geworden seien. Die Religion habe einen festen Platz in seinem Alltag und in seinem spirituellen Leben gefunden. Weiter sei der Beschwerdeführer im Iran aufgewachsen und dort sozialisiert worden. Er verfüge in Afghanistan über keinerlei soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte und weise als Hazara und Apostat weitere Vulnerabilitäten auf. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei daher nicht gegeben.
Der Beschwerdeführer legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:
* Bestätigung des römisch 40 über den Besuch von Deutschkursen auf Niveau A1 und A2 im Zeitraum März 2016 bis Februar 2017 vom 02.10.2017;
* Auszahlungsbestätigung der Gemeinde römisch 40 für einen Arbeitseinsatz vom 08.08.2016 bis 12.08.2016, Beleg Nr. römisch 40 , vom 16.08.2016;
* Auszahlungsbestätigung der Gemeinde römisch 40 für einen Arbeitseinsatz im November 2016, Beleg Nr. römisch 40 , vom 29.11.2016;
* Bestätigung des ÖIF über den Besuch einer Informationsveranstaltung des ÖIF vom 30.11.2016;
* Teilnahmebestätigung des römisch 40 über den Besuch eines Deutschkurses für Asylwerber im Zeitraum 02.06.2017 bis 28.02.2018 vom 28.02.2018;
* Taufschein der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. römisch 40 vom 11.03.2018;
* Bestätigung der Stadtgemeinde römisch 40 über Arbeitsleistungen im Zeitraum 10.07.2018 bis 17.07.2018 vom 30.07.2018;
* Schulbesuchsbestätigung der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Höhere Bundeslehranstalt für Mode römisch 40 im Schuljahr 2018/19 im Zeitraum 17.09.2018 bis 05.07.2019 vom 17.09.2018;
* Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria über eine Gewerbeberechtigung ab 11.02.2019 betreffend Hausbetreuung;
* Empfehlungs- und Unterstützungsschreiben von Familie römisch 40 und Frau römisch 40 betreffend Konversion und Integration.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Beweisaufnahme:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch:
* Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl;
* Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht;
* Einsichtnahme in folgende vom Bundesverwaltungsgericht eingebrachte Berichte:
* Einsichtnahme in die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente und Berichte.
2. Feststellungen:
2.1. Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer trägt den im Spruch angeführten Namen und wurde am römisch 40 in römisch 40 , Iran geboren. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und bekennt sich seit März 2018 zum christlichen Glauben. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Farsi bzw. Dari. Weiters spricht er etwas Deutsch. Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig und kinderlos.
Der Beschwerdeführer wurde im Iran geboren und verbrachte dort sein gesamtes Leben bis zu seiner Abschiebung nach Afghanistan im Februar 2015. Er wuchs dort mit seinen Eltern, seinen vier Schwestern und seinem Bruder auf. Im Iran lebte der Beschwerdeführer bis zu seinem elften Lebensjahr in römisch 40 , anschließend acht Jahre in römisch 40 und schließlich in römisch 40 .
In römisch 40 besuchte der Beschwerdeführer ein Jahr lang eine öffentliche Schule und anschließend sechs Jahre eine Schule für Afghanen. Anschließend arbeitete er in römisch 40 und später in römisch 40 in Fabriken und am Bau.
Im Februar 2015 wurde der Beschwerdeführer durch die iranischen Behörden nach Afghanistan abgeschoben und hielt sich dort einen Monat in Herat bzw. Kabul auf, ehe er aus seinem Herkunftsstaat in Richtung Europa ausreiste.
Die Eltern des Beschwerdeführers, seine vier Schwestern und sein Bruder leben nach wie vor im Iran in römisch 40 . Der Beschwerdeführer hat über das Internet regelmäßig Kontakt mit seinen Schwestern. Abgesehen von einem Halbonkel in Balkh hat der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen in Afghanistan.
Der Beschwerdeführer hält sich zumindest seit 05.12.2015, als er seinen Antrag auf internationalen Schutz stellte, durchgehend im Bundesgebiet auf. Er bezieht keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung und ist nicht erwerbstätig. Der Beschwerdeführer hat seit seiner Einreise mehrere Deutschkurse besucht und an einer Informationsveranstaltung des ÖIF teilgenommen, jedoch noch keine Prüfung zu seinen Deutschkenntnissen abgelegt. Er hat für diverse Gemeinden Arbeiten erbracht und im Schuljahr 2018/2019 eine Höhere Bundelehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Höhere Bundeslehranstalt für Mode besucht, wobei er die Klasse nicht im gesamten Zeitraum besucht hat. Seit 11.02.2019 verfügt der Beschwerdeführer über eine Gewerbeberechtigung betreffend Hausbetreuung und arbeitet derzeit als Hausbetreuer in einem italienischen Restaurant in römisch 40 . Der Beschwerdeführer hat in Österreich soziale Kontakte - auch zu österreichischen Staatsbürgern - geknüpft. In seiner Freizeit trifft er sich mit Freunden, geht Fußball spielen oder in die Kirche.
In Österreich leben keine Verwandten oder sonstige wichtige Bezugspersonen des Beschwerdeführers. Es besteht weder eine Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers in Österreich noch gibt es in Österreich geborene Kinder des Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer ist im Wesentlichen gesund und in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Er ist erwerbsfähig.
2.2. Zu den Fluchtgründen und der Rückkehrsituation des Beschwerdeführers
Der Beschwerdeführer war ursprünglich Moslem und ist als solcher im Iran aufgewachsen. In Österreich kam der Beschwerdeführer über Gespräche mit einem bereits konvertierten iranischen Staatsangehörigen mit dem Christentum in Berührung und besuchte daraufhin regelmäßig den Gottesdienst der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. römisch 40 und nahm an den Bibelstunden und am Taufunterricht teil.
Der Beschwerdeführer hat sich von seinem islamischen Glauben abgewandt und wurde am 11.03.2018 in der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. römisch 40 getauft. Er ist praktizierender Angehöriger der Evangelischen Pfarrgemeinde A.B. in römisch 40 , kann diese jedoch wegen seines Umzuges nach römisch 40 aufgrund der Entfernung und der schlechten Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr regelmäßig besuchen. Als Ausgleich besucht der Beschwerdeführer andere Kirchen als Gast bzw. Zuschauer.
Der Beschwerdeführer ist aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert; der christliche Glauben ist wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan würde der Beschwerdeführer seinem Interesse für den christlichen Glauben weiter nachgehen. Die Familie des Beschwerdeführers weiß über seine Konversion Bescheid.
Im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan droht dem Beschwerdeführer asylrelevante Verfolgung aus Gründen der Religion wegen seiner Zuwendung zum Christentum und seines Glaubensabfalls vom Islam. Er würde in Gefahr laufen, aufgrund seines christlichen Glaubens Opfer von Übergriffen, psychischer oder physischer Gewalt bis hin zum Tod zu werden. Von einer solchen Verfolgung ist im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan auszugehen. Als Apostat steht dem Beschwerdeführer keine innerstaatliche Fluchtalternative offen.
Zu den weiteren Angaben des Beschwerdeführers über die Gründe, aus denen er sein Herkunftsland verlassen hat, werden keine Feststellungen getroffen.
2.3. Zur Lage im Herkunftsstaat
2.3.1. Staatendokumentation (Stand 29.06.2018, außer wenn anders angegeben):
Allgemeine Sicherheitslage
Wegen einer Serie von öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffen in städtischen Zentren, die von regierungsfeindlichen Elementen ausgeführt wurden, erklärten die Vereinten Nationen (UN) im Februar 2018 die Sicherheitslage für sehr instabil (UNGASC 27.2.2018).
Für das Jahr 2017 registrierte die Nichtregierungsorganisation INSO (International NGO Safety Organisation) landesweit 29.824 sicherheitsrelevante Vorfälle. Im Jahresvergleich wurden von INSO 2016 landesweit 28.838 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert und für das Jahr 2015 25.288. Zu sicherheitsrelevanten Vorfällen zählt INSO Drohungen, Überfälle, direkter Beschuss, Entführungen, Vorfälle mit IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und andere Arten von Vorfällen (INSO o.D.).
Für das Jahr 2017 registrierte die UN insgesamt 23.744 sicherheitsrelevante Vorfälle in Afghanistan (UNGASC 27.2.2018); für das gesamte Jahr 2016 waren es 23.712 (UNGASC 9.3.2017). Landesweit wurden für das Jahr 2015 insgesamt 22.634 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert (UNGASC 15.3.2016).
Im Jahr 2017 waren auch weiterhin bewaffnete Zusammenstöße Hauptursache (63%) aller registrierten sicherheitsrelevanten Vorfälle, gefolgt von IEDs (Sprengfallen/ Unkonventionelle Spreng- oder Brandvorrichtung - USBV) und Luftangriffen. Für das gesamte Jahr 2017 wurden 14.998 bewaffnete Zusammenstöße registriert (2016: 14.977 bewaffnete Zusammenstöße) (USDOD 12.2017). Im August 2017 stuften die Vereinten Nationen (UN) Afghanistan, das bisher als "Post-Konflikt-Land" galt, wieder als "Konfliktland" ein; dies bedeute nicht, dass kein Fortschritt stattgefunden habe, jedoch bedrohe der aktuelle Konflikt die Nachhaltigkeit der erreichten Leistungen (UNGASC 10.8.2017).
Die Zahl der Luftangriffe hat sich im Vergleich zum Jahr 2016 um 67% erhöht, die Zahl gezielter Tötungen um 6%. Ferner hat sich die Zahl der Selbstmordattentate um 50% erhöht. Östliche Regionen hatten die höchste Anzahl an Vorfällen zu verzeichnen, gefolgt von südlichen Regionen. Diese beiden Regionen zusammen waren von 55% aller sicherheitsrelevanten Vorfälle betroffen (UNGASC 27.2.2018). Für den Berichtszeitraum 15.12.2017 - 15.2.2018 kann im Vergleich zum selben Berichtszeitraum des Jahres 2016, ein Rückgang (-6%) an sicherheitsrelevanten Vorfällen verzeichnet werden (UNGASC 27.2.2018).
Afghanistan ist nach wie vor mit einem aus dem Ausland unterstützten und widerstandsfähigen Aufstand konfrontiert. Nichtsdestotrotz haben die afghanischen Sicherheitskräfte ihre Entschlossenheit und wachsenden Fähigkeiten im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand gezeigt. So behält die afghanische Regierung auch weiterhin Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, die wichtigsten Verkehrsrouten und den Großteil der Distriktzentren (USDOD 12.2017). Zwar umkämpften die Taliban Distriktzentren, sie konnten aber keine Provinzhauptstädte (bis auf Farah-Stadt; vergleiche AAN 6.6.2018) bedrohen - ein signifikanter Meilenstein für die ANDSF (USDOD 12.2017; vergleiche UNGASC 27.2.2018); diesen Meilenstein schrieben afghanische und internationale Sicherheitsbeamte den intensiven Luftangriffen durch die afghanische Nationalarmee und der Luftwaffe sowie verstärkter Nachtrazzien durch afghanische Spezialeinheiten zu (UNGASC 27.2.2018).
Die von den Aufständischen ausgeübten öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe in städtischen Zentren beeinträchtigten die öffentliche Moral und drohten das Vertrauen in die Regierung zu untergraben. Trotz dieser Gewaltserie in städtischen Regionen war im Winter landesweit ein Rückgang an Talibanangriffen zu verzeichnen (UNGASC 27.2.2018). Historisch gesehen gehen die Angriffe der Taliban im Winter jedoch immer zurück, wenngleich sie ihre Angriffe im Herbst und Winter nicht gänzlich einstellen. Mit Einzug des Frühlings beschleunigen die Aufständischen ihr Operationstempo wieder. Der Rückgang der Vorfälle im letzten Quartal 2017 war also im Einklang mit vorangegangenen Schemata (LIGM 15.2.2018).
Anschläge bzw. Angriffe und Anschläge auf hochrangige Ziele
Die Taliban und weitere aufständische Gruppierungen wie der Islamische Staat (IS) verübten auch weiterhin "high-profile"-Angriffe, speziell im Bereich der Hauptstadt, mit dem Ziel, eine Medienwirksamkeit zu erlangen und damit ein Gefühl der Unsicherheit hervorzurufen und so die Legitimität der afghanischen Regierung zu untergraben (USDOD 12.2017; vergleiche SBS 28.2.2018, NZZ 21.3.2018, UNGASC 27.2.2018). Möglicherweise sehen Aufständische Angriffe auf die Hauptstadt als einen effektiven Weg, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu untergraben, anstatt zu versuchen, Territorium in ländlichen Gebieten zu erobern und zu halten (BBC 21.3.2018).
Die Anzahl der öffentlichkeitswirksamen (high-profile) Angriffe hatte sich von 1.6. - 20.11.2017 im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Vorjahres erhöht (USDOD 12.2017). In den ersten Monaten des Jahres 2018 wurden verstärkt Angriffe bzw. Anschläge durch die Taliban und den IS in verschiedenen Teilen Kabuls ausgeführt (AJ 24.2.2018; vergleiche Slate 22.4.2018). Als Antwort auf die zunehmenden Angriffe wurden Luftangriffe und Sicherheitsoperationen verstärkt, wodurch Aufständische in einigen Gegenden zurückgedrängt wurden (BBC 21.3.2018); auch wurden in der Hauptstadt verstärkt Spezialoperationen durchgeführt, wie auch die Bemühungen der US-Amerikaner, Terroristen zu identifizieren und zu lokalisieren (WSJ 21.3.2018).
Landesweit haben Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, in den Monaten vor Jänner 2018 ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (TG 29.1.2018; vergleiche BBC 29.1.2018); auch hat die Gewalt Aufständischer gegenüber Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban verstärken ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht, seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Die Hauptstadt Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (AP 30.1.2018).
Angriffe auf afghanische Sicherheitskräfte und Zusammenstöße zwischen diesen und den Taliban finden weiterhin statt (AJ 22.5.2018; AD 20.5.2018).
Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.
3.
Parteien
Die afghanische Verfassung erlaubt die Gründung politischer Parteien, solange deren Programm nicht im Widerspruch zu den Prinzipien des Islam steht (USDOS 15.8.2017). Um den Parteien einen allgemeinen und nationalen Charakter zu verleihen, verbietet die Verfassung jeglichen Zusammenschluss in politischen Organisationen, der aufgrund von ethnischer, sprachlicher oder konfessioneller Zugehörigkeit erfolgt (Casolino 2011). Auch darf keine rechtmäßig zustande gekommene Partei oder Organisation ohne rechtliche Begründung und ohne richterlichen Beschluss aufgelöst werden (AE o. D.). Der Terminus "Partei" umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich, die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015). Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf strukturelle Elemente (wie z.B. das Fehlen eines Parteienfinanzierungsgesetzes) zurückzuführen sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange, werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016). Ein hoher Grad an Fragmentierung sowie eine Ausrichtung auf Führungspersönlichkeiten sind charakteristische Merkmale der afghanischen Parteienlandschaft (AAN 6.5.2018). Mit Stand Mai 2018 waren 74 Parteien beim Justizministerium (MoJ) registriert (AAN 6.5.2018).
Parteienlandschaft und Opposition
Nach zweijährigen Verhandlungen unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das letzterer Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtete sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Das Abkommen beinhaltete unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für den historischen Anführer der Hezb-e-Islami, Gulbuddin Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Tatsächlich wurde dieser im Februar 2017 von der Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates gestrichen (AAN 3.5.2017). Am 4.5.2017 kehrte Hekmatyar nach Kabul zurück (AAN 4.5.2017). Die Rückkehr Hekmatyars führte u.a. zu parteiinternen Spannungen, da nicht alle Fraktionen innerhalb der Hezb-e Islami mit der aus dem Friedensabkommen von 2016 erwachsenen Verpflichtung sich unter Hekmatyars Führung wiederzuvereinigen, einverstanden sind (AAN 25.11.2017; vergleiche Tolonews 19.12.2017, AAN 6.5.2018). Der innerparteiliche Konflikt dauert weiter an (Tolonews 14.3.2018). Ende Juni 2017 gründeten Vertreter der Jamiat-e Islami-Partei unter Salahuddin Rabbani und Atta Muhammad Noor, der Jombesh-e Melli-ye Islami-Partei unter Abdul Rashid Dostum und der Hezbe Wahdat-e Mardom-Partei unter Mardom Muhammad Mohaqeq die semi-oppositionelle "Coalition for the Salvation of Afghanistan", auch "Ankara Coalition" genannt. Diese Koalition besteht aus drei großen politischen Parteien mit starker ethnischer Unterstützung (jeweils Tadschiken, Usbeken und Hazara) Ausschussbericht 18.11.2017; vergleiche AAN 6.5.2018).
Unterstützer des weiterhin politisch tätigen ehemaligen Präsidenten Hamid Karzai gründeten im Oktober 2017 eine neue politische Bewegung, die Mehwar-e Mardom-e Afghanistan (The People's Axis of Afghanistan), unter der inoffiziellen Führung von Rahmatullah Nabil, des ehemaligen Chefs des afghanischen Geheimdienstes (NDS). Später distanzierten sich die Mitglieder der Bewegung von den politischen Ansichten Hamid Karzais (AAN 6.5.2018; vergleiche AAN 11.10.2017).
Anwarul Haq Ahadi, der langjährige Anführer der Afghan Mellat, eine der ältesten Parteien Afghanistans, verbündete sich mit der ehemaligen Mujahedin-Partei Harakat-e Enqilab-e Eslami-e Afghanistan. Gemeinsam nehmen diese beiden Parteien am New National Front of Afghanistan teil (NNF), eine der kritischsten Oppositionsgruppierungen in Afghanistan (AAN 6.5.2018; vergleiche Ausschussbericht 29.5.2017). Eine weitere Oppositionspartei ist die Hezb-e Kongara-ya Melli-ye Afghanistan (The National Congress Party of Afghanistan) unter der Führung von Abdul Latif Pedram Ausschussbericht 15.1.2016; vergleiche Ausschussbericht 29.5.2017). Auch wurde die linksorientierte Hezb-e-Watan-Partei (The Fatherland Party) wieder ins Leben gerufen, mit der Absicht, ein wichtiges Segment der ehemaligen linken Kräfte in Afghanistan zusammenzubringen (AAN 6.5.2018; vergleiche AAN 21.8.2017).
Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.
2.
Rechtsschutz/Justizwesen
Gemäß Artikel 116 der Verfassung ist die Justiz ein unabhängiges Organ der Islamischen Republik Afghanistan. Die Judikative besteht aus dem Obersten Gerichtshof (Stera Mahkama, Anm.), den Berufungsgerichten und den Hauptgerichten, deren Gewalten gesetzlich geregelt sind. (Casolino 2011). Die wichtigste religiöse Institution des Landes ist der Ulema-Rat (Afghan Ulama Council - AUC, Shura-e ulama-e afghanistan, Anm.), eine nationale Versammlung von Religionsgelehrten, die u.a. den Präsidenten in islamrechtlichen Angelegenheiten berät und Einfluss auf die Rechtsformulierung und die Auslegung des existierenden Rechts hat (USDOS 15.8.2017; vergleiche Ausschussbericht 7.6.2017, AP o.D.).
Das afghanische Justizwesen beruht sowohl auf dem islamischen [Anm.:
Scharia] als auch auf dem nationalen Recht; letzteres wurzelt in den deutschen und ägyptischen Systemen (NYT 26.12.2015; vergleiche AP o.D.).
Die rechtliche Praxis in Afghanistan ist komplex: Einerseits sieht die Verfassung das Gesetzlichkeitsprinzip und die Wahrung der völkerrechtlichen Abkommen, einschließlich Menschenrechtsverträge, vor, andererseits formuliert sie einen unwiderruflichen Scharia-Vorbehalt. Ein Beispiel dieser Komplexität ist das neue Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist (AP o.D.; vergleiche vertrauliche Quelle 10.4.2018). Die Organe der afghanischen Rechtsprechung sind durch die Verfassung dazu ermächtigt, sowohl das formelle als auch das islamische Recht anzuwenden (AP o.D.).
Das Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren ist in der Verfassung verankert, wird aber in der Praxis selten umgesetzt. Die Umsetzung der rechtlichen Bestimmungen ist innerhalb des Landes uneinheitlich. Dem Gesetz nach gilt für alle Bürger/innen die Unschuldsvermutung und Angeklagte haben das Recht, beim Prozess anwesend zu sein und Rechtsmittel einzulegen; jedoch werden diese Rechte nicht immer respektiert. Bürger/innen sind bzgl. ihrer Verfassungsrechte oft im Unklaren und es ist selten, dass Staatsanwälte die Beschuldigten über die gegen sie erhobenen Anklagen genau informieren. Die Beschuldigten sind dazu berechtigt, sich von einem Pflichtverteidiger vertreten und beraten zu lassen; jedoch wird dieses Recht aufgrund eines Mangels an Strafverteidigern uneinheitlich umgesetzt (USDOS 20.4.2018). In Afghanistan existieren keine Strafverteidiger nach dem westlichen Modell; traditionell dienten diese nur als Mittelsmänner zwischen der anklagenden Behörde, dem Angeklagten und dem Gericht. Seit 2008 ändert sich diese Tendenz und es existieren Strafverteidiger, die innerhalb des Justizministeriums und auch außerhalb tätig sind (NYT 26.12.2015). Der Zugriff der Anwälte auf Verfahrensdokumente ist oft beschränkt (USDOS 3.3.2017) und ihre Stellungnahmen werden während der Verfahren kaum beachtet (NYT 26.12.2015). Berichten zufolge zeigt sich die Richterschaft jedoch langsam respektvoller und toleranter gegenüber Strafverteidigern (USDOS 20.4.2018).
Gemäß einem Bericht der New York Times über die Entwicklung des afghanischen Justizwesens wurden im Land zahlreiche Fortbildungskurse für Rechtsgelehrte durch verschiedene westliche Institutionen durchgeführt. Die Fortbildenden wurden in einigen Fällen mit bedeutenden Aspekten der afghanischen Kultur (z. B. Respekt vor älteren Menschen), welche manchmal mit der westlichen Orientierung der Fortbildenden kollidierten, konfrontiert. Auch haben Strafverteidiger und Richter verschiedene Ausbildungshintergründe: Während Strafverteidiger rechts- und politikwissenschaftliche Fakultäten besuchen, studiert der Großteil der Richter Theologie und islamisches Recht (NYT 26.12.2015).
Obwohl das islamische Gesetz in Afghanistan üblicherweise akzeptiert wird, stehen traditionelle Praktiken nicht immer mit diesem in Einklang; oft werden die Bestimmungen des islamischen Rechts zugunsten des Gewohnheitsrechts missachtet, welches den Konsens innerhalb der Gemeinschaft aufrechterhalten soll (USIP 3.2015; vergleiche USIP o.D.). Unter den religiösen Führern in Afghanistan bestehen weiterhin tiefgreifende Auffassungsunterschiede darüber, wie das islamische Recht tatsächlich zu einer Reihe von rechtlichen Angelegenheiten steht. Dazu zählen unter anderem das Frauenrecht, Strafrecht und -verfahren, die Verbindlichkeit von Rechten gemäß internationalem Recht und der gesamte Bereich der Grundrechte (USIP o. D.).
Laut dem allgemeinen Islamvorbehalt in der Verfassung darf kein Gesetz im Widerspruch zum Islam stehen. Trotz großer legislativer Fortschritte in den vergangenen 14 Jahren gibt es keine einheitliche und korrekte Anwendung der verschiedenen Rechtsquellen (kodifiziertes Recht, Scharia, Gewohnheits-/Stammesrecht) (AA 9.2016; vergleiche USIP o.D., NYT 26.12.2015, WP 31.5.2015, AA 5.2018). Eine Hierarchie der Normen ist nicht gegeben, so ist nicht festgelegt, welches Gesetz im Fall eines Konflikts zwischen dem traditionellen islamischen Recht und seinen verschiedenen Ausprägungen einerseits und der Verfassung und dem internationalen Recht andererseits zur Anwendung kommt. Diese Unklarheit und eine fehlende Autoritätsinstanz zur einheitlichen Interpretation der Verfassung führen nicht nur zur willkürlichen Anwendung eines Rechts, sondern auch immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen (AA 5.2018).
Das kodifizierte Recht wird unterschiedlich eingehalten, wobei Gerichte gesetzliche Vorschriften oft zugunsten der Scharia oder lokaler Gepflogenheiten missachteten. Bei Angelegenheiten, wo keine klar definierte Rechtssetzung angewendet werden kann, setzen Richter und lokale Schuras das Gewohnheitsrecht (welches auch nicht einheitlich ist, Anmerkung durch (USDOS 20.4.2018).
Gemäß dem "Survey of the Afghan People" der Asia Foundation (AF) nutzten in den Jahren 2016 und 2017 ca. 20.4% der befragten Afghan/innen nationale und lokale Rechtsinstitutionen als Schlichtungsmechanismen. 43.2% benutzten Schuras und Jirgas, währed 21.4% sich an die Huquq-Abteilung [Anm.: "Rechte"-Abteilung] des Justizministeriums wandten. Im Vergleich zur städtischen Bevölkerung bevorzugten Bewohner ruraler Zentren lokale Rechtsschlichtungsmechanismen wie Schuras und Jirgas (AF 11.2017; vergleiche USIP o.D., USDOS 20.4.2018). Die mangelnde Präsenz eines formellen Rechtssystems in ruralen Gebieten führt zur Nutzung lokaler Schlichtungsmechanismen. Das formale Justizsystem ist in den städtischen Zentren relativ stark verankert, da die Zentralregierung dort am stärksten ist, während es in den ländlichen Gebieten - wo ungefähr 76% der Bevölkerung leben - schwächer ausgeprägt ist (USDOS 3.3.2017; vergleiche USDOS 20.4.2018). In einigen Gebieten außerhalb der Regierungskontrolle setzen die Taliban ein paralleles auf der Scharia basierendes Rechtssystem um (USDOS 20.4.2018).
Die Unabhängigkeit des Justizwesens ist gesetzlich festgelegt; jedoch wird die afghanische Judikative durch Unterfinanzierung, Unterbesetzung, inadäquate Ausbildung, Unwirksamkeit und Korruption unterminiert (USDOS 20.4.2018). Rechtsstaatliche (Verfahrens-)Prinzipien werden nicht konsequent angewandt (AA 9.2016). Dem Justizsystem mangelt es weiterhin an der Fähigkeit die hohe Anzahl an neuen und novellierten Gesetzen einzugliedern und durchzuführen. Der Zugang zu Gesetzestexten wird zwar besser, ihre geringe Verfügbarkeit stellt aber für einige Richter/innen und Staatsanwälte immer noch eine Behinderung dar. Die Zahl der Richter/innen, welche ein Rechtsstudium absolviert haben, erhöht sich weiterhin (USDOS 3.3.2017). Im Jahr 2017 wurde die Zahl der Richter/innen landesweit auf 1.000 geschätzt (CRS 13.12.2017), davon waren rund 260 Richterinnen (CRS 13.12.2017; vergleiche AT 29.3.2017). Hauptsächlich in unsicheren Gebieten herrscht ein verbreiteter Mangel an Richtern und Richterinnen. Nachdem das Justizministerium neue Richterinnen ohne angemessene Sicherheitsmaßnahmen in unsichere Provinzen versetzen wollte und diese protestierten, beschloss die Behörde, die Richterinnen in sicherere Provinzen zu schicken (USDOS 20.4.2018). Im Jahr 2015 wurde von Präsident Ghani eine führende Anwältin, Anisa Rasooli, als erste Frau zur Richterin des Obersten Gerichtshofs ernannt, jedoch wurde ihr Amtsantritt durch das Unterhaus [Anm.: "wolesi jirga"] verhindert Ausschussbericht 12.11.2017; vergleiche AT 29.3.2017). Auch existiert in Afghanistan die "Afghan Women Judges Association", ein von Richterinnen geführter Verband, wodurch die Rechte der Bevölkerung, hauptsächlich der Frauen, vertreten werden sollen (TSC o.D.).
Korruption stellt weiterhin ein Problem innerhalb des Gerichtswesens dar (USDOS 20.4.2017; vergleiche FH 11.4.2018); Richter/innen und Anwält/innen sind oftmals Ziel von Bedrohung oder Bestechung durch lokale Anführer oder bewaffnete Gruppen (FH 11.4.2018), um Entlassungen oder Reduzierungen von Haftstrafen zu erwirken (USDOS 20.4.2017). Wegen der Langsamkeit, der Korruption, der Ineffizienz und der politischen Prägung des afghanischen Justizwesens hat die Bevölkerung wenig Vertrauen in die Judikative (BTI 2018). Im Juni 2016 errichtete Präsident Ghani das "Anti-Corruption Justice Center" (ACJC), um innerhalb des Rechtssystems gegen korrupte Minister/innen, Richter/innen und Gouverneure/innen vorzugehen, die meist vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt waren Ausschussbericht 17.11.2017; vergleiche Reuters 12.11.2016). Der afghanische Generalprokurator Farid Hamidi engagiert sich landesweit für den Aufbau des gesellschaftlichen Vertrauens in das öffentliche Justizwesen (BTI 2018). Seit 1.1.2018 ist Afghanistan für drei Jahre Mitglied des Human Rights Council (HRC) der Vereinten Nationen. Mit Unterstützung der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) und des Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) arbeitet die afghanische Regierung an der Förderung von Rechtsstaatlichkeit, der Rechte von Frauen, Kindern, Binnenflüchtlingen und Flüchtlingen sowie Zuschreibung von Verantwortlichkeit (HRC 21.2.2018).
Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap. 4
Allgemeine Menschenrechtslage
Im Bereich der Menschenrechte hat Afghanistan unter schwierigen Umständen erhebliche Fortschritte gemacht. Inzwischen ist eine selbstbewusste neue Generation von Afghaninnen und Afghanen herangewachsen, die sich politisch, kulturell und sozial engagiert und der Zivilgesellschaft eine starke Stimme verleiht. Diese Fortschritte erreichen aber nach wie vor nicht alle Landesteile und sind außerhalb der Städte auch gegen willkürliche Entscheidungen von Amtsträgern und Richtern nur schwer durchzusetzen (AA 5.2018).
Zu den bedeutendsten Menschenrechtsfragen zählen außergerichtliche Tötungen, Verschwindenlassen, willkürliche Verhaftungen, Festnahmen (u. a. von Frauen wegen "moralischer Straftaten") und sexueller Missbrauch von Kindern durch Mitglieder der Sicherheitskräfte. Weitere Probleme sind Gewalt gegenüber Journalisten, Verleumdungsklagen, durchdringende Korruption und fehlende Verantwortlichkeit und Untersuchung bei Fällen von Gewalt gegen Frauen. Diskriminierung von Behinderten, ethnischen Minderheiten sowie aufgrund von Rasse, Religion, Geschlecht und sexueller Orientierung, besteht weiterhin mit geringem Zuschreiben von Verantwortlichkeit. Die weit verbreitete Missachtung der Rechtsstaatlichkeit und die Straffreiheit derjenigen, die Menschenrechtsverletzungen begangen haben, sind ernsthafte Probleme. Missbrauchsfälle durch Beamte, einschließlich der Sicherheitskräfte, werden von der Regierung nicht konsequent bzw. wirksam verfolgt. Bewaffnete aufständische Gruppierungen greifen mitunter Zivilisten, Ausländer und Angestellte von medizinischen und nicht-staatlichen Organisationen an und begehen gezielte Tötungen regierungsnaher Personen (USDOS 20.4.2018). Regierungsfreundlichen Kräfte verursachen eine geringere - dennoch erhebliche - Zahl an zivilen Opfern (AI 22.2.2018).
Menschenrechte haben in Afghanistan eine klare gesetzliche Grundlage (AA 5.2018). Die 2004 verabschiedete afghanische Verfassung enthält einen umfassenden Grundrechtekatalog (AA 5.2018; vergleiche MPI 27.1.2004). Afghanistan hat die meisten der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge - zum Teil mit Vorbehalten - unterzeichnet und/oder ratifiziert (AA 5.2018). Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen operieren in der Regel ohne staatliche Einschränkungen und veröffentlichen ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Regierungsbedienstete sind in dieser Hinsicht einigermaßen kooperativ und ansprechbar (USDOS 20.4.2018). Die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Afghanistan Independent Human Rights Commission AIHRC bekämpft weiterhin Menschenrechtsverletzungen. Sie erhält nur minimale staatliche Mittel und stützt sich fast ausschließlich auf internationale Geldgeber. Innerhalb der Wolesi Jirga beschäftigen sich drei Arbeitsgruppen mit Menschenrechtsverletzungen: der Ausschuss für Geschlechterfragen, Zivilgesellschaft und Menschenrechte, das Komitee für Drogenbekämpfung, berauschende Drogen und ethischen Missbrauch sowie der Justiz-, Verwaltungsreform- und Antikorruptionsausschuss (USDOS 20.4.2018).
Im Februar 2016 hat Präsident Ghani den ehemaligen Leiter der afghanischen Menschenrechtskommission, Mohammad Farid Hamidi, zum Generalstaatsanwalt ernannt (USDOD 6.2016; vergleiche auch NYT 3.9.2016).
Seit 1.1.2018 ist Afghanistan für drei Jahre Mitglied des Human Rights Council (HRC) der Vereinten Nationen. Mit Unterstützung der United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) und des Office of the High Commissioner for Human Rights (OHCHR) arbeitet die afghanische Regierung an der Förderung von Rechtsstaatlichkeit, der Rechte von Frauen, Kindern, Binnenflüchtlingen und Flüchtlingen sowie Zuschreibung von Verantwortlichkeit (HRC 21.2.2018).
Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.
10.
Todesstrafe
Die Todesstrafe ist in der Verfassung und im Strafgesetzbuch für besonders schwerwiegende Delikte vorgesehen (AA 5.2018). Das neue Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, sieht die Todesstrafe für Delikte wie Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, Angriff gegen den Staat, Mord und Zündung von Sprengladungen, Entführungen bzw. Straßenraub mit tödlicher Folge, Gruppenvergewaltigung von Frauen usw. vor (MoJ 15.5.2017: Artikel 170,). Die Todesstrafe wird vom zuständigen Gericht ausgesprochen und vom Präsidenten genehmigt (MoJ 15.5.2017: Artikel 169,). Sie wird durch Erhängen ausgeführt (AA 5.2018).
Die Anzahl der mit Todesstrafe bedrohten Verbrechen wurde durch den neuen Kodex signifikant reduziert (HRC 21.2.2018). So ist bei einigen Straftaten statt der Todesstrafe nunmehr lebenslange Haft vorgesehen (AI 22.2.2018).
Unter dem Einfluss der Scharia hingegen droht die Todesstrafe auch bei anderen Delikten (z.B. Blasphemie, Apostasie, Ehebruch). Berichten zufolge wurden im Jahr 2017 elf Menschen zu Tode verurteilt (AA 5.2018). Im November 2017 wurden fünf Männer im Pul-e-Charki-Gefängnis hingerichtet (AI 22.2.2018; vergleiche HRC 21.2.2018). Des Weiteren fand am 28.1.2018 die Hinrichtung von drei Menschen statt. Alle wurden aufgrund von Entführungen und Mord zum Tode verurteilt. Zuvor wurden 2016 sechs Terroristen hingerichtet (AA 5.2018). Im Zeitraum 1.1 - 30.11.2017 befanden sich weiterhin 720 Person im Todestrakt (HRC 21.2.2018).
In der afghanischen Bevölkerung trifft diese Form der Bestrafung und Abschreckung auf eine tief verwurzelte Unterstützung. Dies liegt nicht zuletzt auch an einem als korrupt und unzuverlässig geltenden Gefängnissystem und der Tatsache, dass Verurteilte durch Zahlungen freikommen können. Obwohl Präsident Ghani sich zwischenzeitlich positiv zu einem möglichen Moratorium zur Todesstrafe geäußert hat und Gesetzesvorhaben auf dem Weg sind, die die Umwandlung der Todesstrafe in eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsehen, ist davon auszugehen, dass weiter Todesurteile vollstreckt werden (AA 5.2018).
Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.
14.
Religionsfreiheit
Etwa 99,7% der afghanischen Bevölkerung sind Muslime, davon zwischen 84,7 und 89,7% Sunniten (CIA 2017; vergleiche USCIRF 2017). Schätzungen zufolge sind etwa 10 - 19% der Bevölkerung Schiiten (AA 5.2018; vergleiche CIA 2017). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie die der Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen ca. 0,3% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (USDOS 15.8.2017).
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Anhänger anderer Religionen sind frei, ihren Glauben im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften auszuüben (USDOS 15.8.2017). Der politische Islam behält in Afghanistan die Oberhand; welche Gruppierung - die Taliban (Deobandi- Hanafismus), der IS (Salafismus) oder die afghanische Verfassung (moderater Hanafismus) - religiös korrekter ist, stellt jedoch weiterhin eine Kontroverse dar. Diese Uneinigkeit führt zwischen den involvierten Akteuren zu erheblichem Streit um die Kontrolle bestimmter Gebiete und Anhängerschaft in der Bevölkerung (BTI 2018).
Das afghanische Strafgesetzbuch, das am 15.2.2018 in Kraft getreten ist, enthält keine Definition von Apostasie vergleiche MoJ 15.5.2017). Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion als Apostasie. Jeder Konvertit soll lautislamischer Rechtsprechung drei Tage Zeit bekommen, um seinen Konfessionswechsel zu widerrufen. Sollte es zu keinem Widerruf kommen, gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, während Frauen mit lebenslanger Haft bedroht werden. Ein Richter kann eine mildere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Auch kann die Regierung das Eigentum des/der Abtrünnigen konfiszieren und dessen/deren Erbrecht einschränken. Des Weiteren ist gemäß hanafitischer Rechtsprechung Proselytismus (Missionierung, Anmerkung illegal. Dasselbe gilt für Blasphemie, die in der hanafitischen Rechtssprechungnter die Kapitalverbrechen fällt (USDOS 15.8.2017) und auch nach dem neuen Strafgesetzbuch unter der Bezeichnung "religionsbeleidigende Verbrechen" verboten ist (MoJ 15.5.2017: Artikel 323,). Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte (USDOS 15.8.2017).
Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 zwar verbessert, jedoch wird diese noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformerische Muslime behindert (FH 11.4.2018).
Anhänger religiöser Minderheiten und Nicht-Muslime werden durch das geltende Recht diskriminiert (USDOS 15.8.2017; vergleiche AA 5.2018); so gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürger/innen unabhängig von ihrer Religion (AA 5.2018). Wenn weder die Verfassung noch das Straf- bzw. Zivilgesetzbuch bei bestimmten Rechtsfällen angewendet werden können, gilt die sunnitisch-hanafitische Rechtsprechung. Laut Verfassung sind die Gerichte dazu berechtigt, das schiitische Recht anzuwenden, wenn die betroffene Person dem schiitischen Islam angehört. Gemäß der Verfassung existieren keine eigenen, für Nicht- Muslime geltende Gesetze (USDOS 15.8.2017).
Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin einer anderen abrahamitischen Religion (Christentum oder Judentum) ist. Einer Muslima ist es nicht erlaubt, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten (USDOS 15.8.2017). Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht- muslimischen Glauben deklariert (HO U.K. 2.2017; vergleiche USDOS 10.8.2016). Die nationalen Identitätsausweise beinhalten Informationen über die Konfession des/der Inhabers/Inhaberin. Das Bekenntnis zum Islam wird für den Erwerb der Staatsbürgerschaft nicht benötigt (USDOS 15.8.2017). Religiöse Gemeinschaften sind gesetzlich nicht dazu verpflichtet, sich registrieren zu lassen (USDOS 15.8.2017).
Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Lehrplan, der auf den Bestimmungen des Islam basiert, gestalten und umsetzen; auch sollen Religionskurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime an öffentlichen Schulen ist es nicht erforderlich, am Islamunterricht teilzunehmen (USDOS 15.8.2017).
Christen berichteten, die öffentliche Meinung stehe ihnen und der Missionierung weiterhin feindselig gegenüber. Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die meistens während ihres Aufenthalts im Ausland zum Christentum konvertierten, würden aus Furcht vor Vergeltung ihren Glauben alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern ausüben (USDOS 15.8.2017).
Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (CRS 13.12.2017).
Beobachtern zufolge sinkt die gesellschaftliche Diskriminierung gegenüber der schiitischen Minderheit weiterhin; in verschiedenen Gegenden werden dennoch Stigmatisierungsfälle gemeldet (USDOS 15.8.2017).
Mitglieder der Taliban und des IS töten und verfolgen weiterhin Mitglieder religiöser Minderheiten aufgrund ihres Glaubens oder ihrer Beziehungen zur Regierung (USDOS 15.8.2017; vergleiche CRS 13.12.2017, FH 11.4.2018). Da Religion und Ethnie oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, einen Vorfall ausschließlich durch die religiöse Zugehörigkeit zu begründen (USDOS 15.8.2017).
Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.
15.
Christentum und Konversionen zum Christentum
Nichtmuslimische Gruppierungen wie Sikhs, Baha'i, Hindus und Christen machen ca. 0.3% der Bevölkerung aus. Genaue Angaben zur Größe der christlichen und Bahai-Gemeinschaften sind nicht vorhanden (USDOS 15.8.2017; vergleiche USCIRF 2017). Die einzige im Land bekannte christliche Kirche hat ihren Sitz in der italienischen Botschaft (USCIRF 2017) und wird von der katholischen Mission betrieben (FT 27.10.2017; vergleiche AIK o.D.). Die afghanischen Behörden erlaubten die Errichtung einer katholischen Kapelle unter den strengen Bedingungen, dass sie ausschließlich ausländischen Christen diene und jegliche Form des Proselytismus vermieden werde (vertrauliche Quelle 8.11.2017). Öffentlich zugängliche Kirchen existieren in Afghanistan nicht (USDOS 15.8.2017). Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NGOs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen (AA 5.2018). Ausländische Christen dürfen ihren Glauben diskret ausüben (FT 27.10.2017).
Berichten zufolge gibt es im Land weiterhin keine christlichen Schulen (USDOS 15.8.2017); ein christliches Krankenhaus ist in Kabul aktiv (NYP 24.4.2014; vergleiche CNN 24.4.2014, CURE o.D.). Auch gibt es in Kabul den Verein "Pro Bambini di Kabul", der aus Mitgliedern verschiedener christlicher Orden besteht, und eine Schule für Kinder mit Behinderung betreibt (PBK o.D.; vergleiche FT 27.10.2017). Des Weiteren sind je zwei jesuitische und evangelische Missionare in Afghanistan aktiv (FT 27.10.2017).
Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen (AA 5.2018). Christen berichteten von einer feindseligen Haltung gegenüber christlichen Konvertiten und der vermeintlichen christlichen Proselytenmacherei (USDOS 15.8.2017). Zu einer Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis, die speziell Christen diskriminiert, kommt es in Afghanistan in der Regel nur deshalb nicht, weil sich Christen nicht offen zu ihrem Glauben bekennen. In städtischen Gebieten sind Repressionen gegen Konvertiten aufgrund der größeren Anonymität weniger zu befürchten als in Dorfgemeinschaften (AA 9.2016). Beobachtern zufolge hegen muslimische Ortsansässige den Verdacht, Entwicklungsprojekte würden das Christentum verbreiten und Proselytismus betreiben (USDOS 15.8.2017).
Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert (AA 5.2018). Quellen zufolge müssen Christen ihren Glauben unbedingt geheim halten. Konvertiten werden oft als geisteskrank bezeichnet, da man davon ausgeht, dass sich niemand bei klarem Verstand vom Islam abwenden würde; im Falle einer Verweigerung, zu ihrem alten Glauben zurückzukehren, können Christen in psychiatrische Kliniken zwangseingewiesen, von Nachbarn oder Fremden angegriffen und ihr Eigentum oder Betrieb zerstört werden; es kann auch zu Tötungen innerhalb der Familie kommen. Andererseits wird auch von Fällen berichtet, wo die gesamte Familie den christlichen Glauben annahm; dies muss jedoch absolut geheim gehalten werden (OD 2018).
Mitglieder der christlichen Gemeinschaft, die oft während ihres Aufenthalts im Ausland konvertierten, üben aus Angst vor Diskriminierung und Verfolgung ihre Religion alleine oder in kleinen Kongregationen in Privathäusern aus (USDOS 15.8.2017). Zwischen 2014 und 2016 gab es keine Berichte zu staatlicher Verfolgung wegen Apostasie oder Blasphemie (USDOS 15.8.2017). Der Druck durch die Nachbarschaft oder der Einfluss des IS und der Taliban stellen Gefahren für Christen dar (OD 2018).
Die im Libanon geborene Rula Ghani, Ehefrau von Staatspräsident Ashraf Ghani, entstammt einer christlich-maronitischen Familie (NPR 19.2.2015; vergleiche BBC 15.10.2014). Einige islamische Gelehrte behaupten, es gebe keine öffentlichen Aufzeichnungen ihrer Konvertierung zum Islam (CSR 13.12.2017).
Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.
15.
Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2017 mehr als 34.1 Millionen Menschen (CIA Factbook 18.1.2018). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (BFA Staatendokumentation 7.2016; vergleiche CIA Factbook 18.1.2018). Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara und 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2018; vergleiche CIA Factbook 18.1.2018).
Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet." (BFA Staatendokumentation 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Artikel 16,) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht: Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 5.2018; vergleiche MPI 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 20.4.2018).
Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung rechtlich verankert, wird allerdings in der gesellschaftlichen Praxis immer wieder konterkariert. Soziale Diskriminierung und Ausgrenzung anderer ethnischer Gruppen und Religionen im Alltag besteht fort und wird nicht zuverlässig durch staatliche Gegenmaßnahmen verhindert (AA 5.2018). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 20.4.2018).
Hazara
Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus (CIA Factbook 18.1.2018; CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind einerseits ihr ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden (BFA Staatendokumentation 7.2016); andererseits gehören ethnische Hazara hauptsäch dem schiitischen Islam an (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) (BFA Staatendokumentation 7.2016; vergleiche AJ 27.6.2016, UNAMA 15.2.2018). Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Die Hazara-Gemeinschaft/Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (BFA Staatendokumentation 7.2016). Dennoch hat sich die Lage der Hazara, die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgt waren, grundsätzlich verbessert (AA 5.2018; vergleiche IaRBoC 20.4.2016); vornehmlich aufgrund von Bildung und vor allem auf ökonomischem und politischem Gebiet (CRS 12.1.2015; vergleiche GD 2.10.2017). Hazara in Kabul gehören jetzt zu den am besten gebildeten Bevölkerungsgruppen und haben auch eine Reihe von Dichtern und Schriftstellern hervorgebracht (BFA Staatendokumentation 7.2016). Auch wenn es nicht allen Hazara möglich war diese Möglichkeiten zu nutzen, so haben sie sich dennoch in den Bereichen Bildung, öffentliche Verwaltung und Wirtschaft etabliert (GD 2.10.2017).
So haben Hazara eine neue afghanische Mittelklasse gegründet. Im Allgemeinen haben sie, wie andere ethnische Gruppen auch, gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Nichtsdestotrotz, sind sie von einer allgemein wirtschaftlichen Verschlechterung mehr betroffen als andere, da für sie der Zugang zu Regierungsstellen schwieriger ist - außer ein/e Hazara ist selbst Abteilungsleiter/in. Einer Quelle zufolge existiert in der afghanischen Gesellschaft die Auffassung, dass andere ethnische Gruppierungen schlecht bezahlte Jobs Hazara geben. Einer weiteren Quelle zufolge, beschweren sich Mitglieder der Hazara-Ethnie über Diskriminierung während des Bewerbungsprozesses, da sie anhand ihrer Namen leicht erkennbar sind. Die Ausnahme begründen Positionen bei NGOs und internationalen Organisationen, wo das Anwerben von neuen Mitarbeitern leistungsabhängig ist. Arbeit für NGOs war eine Einnahmequelle für Hazara - nachdem nun weniger Hilfsgelder ausbezahlt werden, schrauben auch NGOs Jobs und Bezahlung zurück, was unverhältnismäßig die Hazara trifft (IaRBoC 20.4.2016). So berichtet eine weitere Quelle, dass Arbeitsplatzanwerbung hauptsächlich über persönliche Netzwerke erfolgt (IaRBoC 20.4.2016; vergleiche BFA/EASO 1.2018); Hazara haben aber aufgrund vergangener und anhaltender Diskriminierung eingeschränkte persönliche Netzwerke (IaRBoC 20.4.2016).
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vergleiche USDOS 20.4.2018); soziale Diskriminierung gegen schiitische Hazara basierend auf Klasse, Ethnie oder religiösen Ansichten finden ihre Fortsetzung in Erpressungen (illegale Steuern), Zwangsrekrutierung, Zwangsarbeit, physischer Misshandlung und Festnahmen (USDOS 20.4.2018).
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 25.5.2017).
Quellen siehe Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Kap.
16.
2.3.2. UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (Auszug):
UNHCR ist der Auffassung, dass Personen, die einem oder mehreren in diesem Abschnitt beschriebenen Risikoprofilen entsprechen, abhängig von den jeweiligen Umständen des Falles möglicherweise internationalen Schutz benötigen.
Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen Sitzung 66)
Die Verfassung sieht vor, dass Anhänger anderer Religionen als dem Islam "innerhalb der durch die Gesetze vorgegebenen Grenzen frei sind in der Ausübung und Erfüllung ihrer religiösen Rechte". Allerdings wird in der Verfassung auch festgestellt, dass der Islam die offizielle Religion des Staates ist und "kein Gesetz gegen die Lehren und Bestimmungen der heiligen Religion des Islam in Afghanistan verstoßen darf". Darüber hinaus sollen die Gerichte gemäß der Verfassung in Situationen, in denen weder die Verfassung noch andere Gesetze Vorgaben enthalten, der Hanafi-Rechtsprechung folgen, einer sunnitisch-islamischen Rechtslehre, die unter zwei Dritteln der muslimischen Welt verbreitet ist. Afghanische Juristen und Regierungsvertreter wurden dafür kritisiert, dass sie dem islamischen Recht Vorrang vor Afghanistans Verpflichtungen aus internationalen Menschenrechtsabkommen in Situationen einräumen, in denen ein Widerspruch der verschiedenen Rechtsvorschriften vorliegt, insbesondere in Bezug auf die Rechte von afghanischen Staatsbürgern, die keine sunnitischen Muslime sind, und in Bezug auf die Rechte der Frauen.
Religiöse Minderheiten Sitzung 66 - 68)
Nicht-muslimische religiöse Minderheiten, insbesondere Christen, Hindus und Sikhs, werden weiterhin im geltenden Recht diskriminiert. Wie oben dargestellt gilt gemäß der Verfassung in Situationen, in denen weder die Verfassung noch das kodifizierte Recht Afghanistans entsprechende Bestimmungen enthalten, die sunnitische Hanafi-Rechtsprechung. Dies gilt für alle afghanischen Bürger, unabhängig von ihrer Religion. Die einzige Ausnahme bilden personenstandsrechtliche Angelegenheiten, bei denen alle Parteien Schiiten sind. In diesem Fall wird das schiitische Personenstandsrecht angewendet. Für andere religiöse Minderheiten gibt es kein eigenes Recht.
Das Strafgesetzbuch von 2017 enthält Bestimmungen hinsichtlich "Straftaten, die eine Beleidigung einer Religion darstellen", denen zufolge die vorsätzliche Beleidigung einer Religion oder die Störung ihrer Zeremonien oder die Zerstörung ihrer genehmigten Gebetsstätten oder Symbole, die den Anhängern einer Religion heilig sind, strafbar ist. Ebenfalls strafbar ist der Angriff auf einen Anhänger einer Religion, der in der Öffentlichkeit rechtmäßig religiöse Rituale vollzieht oder die Herabwürdigung oder Verzerrung des Glaubens oder der Bestimmungen des Islams. Ferner steht auch die Anstiftung zur Diskriminierung aufgrund der Religion unter Strafe.
Ungeachtet dessen werden nicht-muslimische Minderheiten Berichten zufolge weiterhin gesellschaftlich schikaniert und in manchen Fällen tätlich angegriffen. Es heißt, dass Angehörige religiöser Minderheiten wie Baha'i und Christen es aus Angst vor Diskriminierung, Misshandlung, willkürlicher Verhaftung oder Tötung vermeiden, sich öffentlich zu ihrer Religion zu bekennen oder sich offen zum Gebet zu versammeln. Es wird berichtet, dass sich nicht-muslimische Frauen genötigt sehen, eine Burka oder andere Gesichtsschleier zu tragen, um sich sicherer in der Öffentlichkeit bewegen zu können und den gesellschaftlichen Druck zu verringern.
Im Zeitraum vom 1. Januar bis 7. November 2017 dokumentierte UNAMA - hauptsächlich auf regierungsfeindliche Kräfte zurückzuführende - Fälle gezielter Tötungen, Entführungen, und Einschüchterungen von Religionsgelehrten und religiösen Führern, sowie Anschlägen auf Gebetsstätten und Personen, die ihr Recht auf Religionsausübung durch Gottesdienst, Bräuche und Riten wahrnahmen. Diese Zwischenfälle forderten 850 Opfer unter der Zivilbevölkerung (273 getötete und 577 verletzte Personen), was fast eine Verdoppelung der zivilen Opferzahlen derartiger Angriffe im gesamten zurückliegenden Siebenjahreszeitraum von 2009 bis 2015 darstellt. 2016 und 2017 wurden religiöse Führer Berichten zufolge in fortlaufendem und steigendem Maße zum Ziel von Tötung, Entführung, Bedrohung und Einschüchterung - hauptsächlich ausgeübt durch regierungsfeindliche Kräfte. Ferner wird berichtet, dass auch religiöse Gelehrte mehrmals durch regierungsfeindliche Kräfte angegriffen wurden, während regierungsnahe Kräfte gezielt gegen Imame von Moscheen, die angeblich regierungsfeindliche Kräfte unterstützten, vorgingen.
Analysten äußerten ihre Besorgnis, dass gewisse Bestimmungen eines neuen Gesetzesentwurfs zur Versammlungsfreiheit ganz besonders die Rechte religiöser Minderheiten einschränken würden. Der Gesetzesentwurf stellt Berichten zufolge "Ansammlungen, Streiks, Demonstrationen, Sitzstreiks zur Durchsetzung ethnischer, religiöser und regionaler Forderungen" als gesetzwidrige Proteste unter Strafe.
Christen Sitzung 68 - 69)
Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist Berichten zufolge weiterhin offen feindlich. Christen werden gezwungen, ihren Glauben zu verheimlichen. In Afghanistan existieren keine öffentlichen Kirchen mehr und Christen beten allein oder in kleinen Versammlungen in Privathäusern. 2013 riefen vier Parlamentsmitglieder Berichten zufolge zur Hinrichtung von Personen auf, die zum Christentum konvertiert sind.
Konversion vom Islam Sitzung 72)
Eine Konversion vom Islam wird als Apostasie, also als Glaubensabfall betrachtet und gemäß den Auslegungen des islamischen Rechts durch die Gerichte mit dem Tode bestraft. Zwar wird Apostasie im afghanischen Strafgesetzbuch nicht ausdrücklich als Straftat definiert, sie fällt jedoch nach allgemeiner afghanischer Rechtsauffassung unter die nicht weiter definierten "ungeheuerlichen Straftaten", die laut Strafgesetzbuch nach der islamischen Hanafi-Rechtslehre bestraft werden und in den Zuständigkeitsbereich der Generalstaatsanwaltschaft fallen. Damit wird Apostasie als Straftat behandelt, obwohl nach der afghanischen Verfassung keine Handlung als Straftat eingestuft werden darf, sofern sie nicht als solche gesetzlich definiert ist. Geistig zurechnungsfähige männliche Bürger über 18 Jahren und weibliche Bürger über 16 Jahren, die vom Islam konvertieren und ihre Konversion nicht innerhalb von drei Tagen widerrufen, riskieren die Annullierung ihrer Ehe und eine Enteignung ihres gesamten Grundes und sonstigen Eigentums. Außerdem können sie von ihren Familien und Gemeinschaften zurückgewiesen werden und ihre Arbeit verlieren. Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, müssen Berichten zufolge um ihre persönliche Sicherheit fürchten.
Bekehrungsversuche, um Personen zum Übertritt vom Islam zu einer anderen Religion zu bewegen, sind Berichten zufolge laut der Hanafi Rechtslehre ebenfalls rechtswidrig und es stehen darauf dieselben Strafen wie für Apostasie. Berichten zufolge herrscht in der öffentlichen Meinung eine feindliche Einstellung gegenüber missionarisch tätigen Personen und Einrichtungen. Rechtsanwälte, die Angeklagte vertreten, denen Apostasie zur Last gelegt wird, können, so wird berichtet, selbst der Apostasie bezichtigt und mit dem Tod bedroht werden. In der Regel haben Beschuldigte laut Berichten indes keinen Zugang zu einem Verteidiger oder zu anderen Verfahrensgarantien.
Zusammenfassung Sitzung 73)
UNHCR ist auf Grundlage der vorangegangenen Analyse der Ansicht, dass für Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen, einschließlich Personen, die der Blasphemie oder der Konversion vom Islam bezichtigt werden, sowie für Angehörige religiöser Minderheiten abhängig von den jeweiligen Umständen des Falles ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz bestehen kann aufgrund einer begründeten Furcht vor Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure wegen ihrer Religion oder aus anderen relevanten Konventionsgründen, in Verbindung mit der allgemeinen Unfähigkeit des Staates, Schutz vor einer solchen von nichtstaatlichen Akteuren ausgehenden Verfolgung zu bieten.
2.3.3. EASO-Bericht "Country Guidance Afghanistan", Juni 2018 Sitzung 59 - 60; Auszug):
Individualpersonen, denen Blasphemie und / oder Apostasie unterstellt wird
Diesem Profil unterliegen Personen, welchen unterstellt wird, vom islamischen Glauben abgefallen zu sein oder gegen die Prinzipien des Islams verstoßen zu haben (Apostasie), sowie Personen, denen unterstellt wird, frevelhaft über Gott oder heilige Dinge gesprochen zu haben (Blasphemie). Dies inkludiert Personen, die aus innerer Überzeugung zu einem neuen Glauben konvertiert sind (Konvertiten) sowie jene, welche nicht an Gott glauben (Atheisten).
Apostasie unterliegt der Todesstrafe, Freiheitsstrafe oder der Konfiskation von Eigentum. Apostasie ist eine schwere Straftat und obwohl selten von einer strafrechtlichen Verfolgung berichtet wird, ist dies in den vergangenen Jahren vorgekommen. Kinder von Apostaten werden als Muslime betrachtet, sofern sie bis zum Erreichen des Erwachsenenalters zum Islam zurückkehren. Andersfalls sind sie ebenfalls der Todesstrafe ausgesetzt. Individualpersonen, die als Apostaten wahrgenommen werden, unterliegen dem Risiko gewalttätiger Angriffe, welche auch zum Tod führen können, ohne dass die Angreifer vor Gericht gestellt werden.
Insbesondere eine Konversion vom Islam zu einem anderen Glauben wird als schwere Straftat nach islamischem Recht angesehen. Männern droht die Todesstrafe durch Enthauptung, Frauen droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Nach islamischem Recht haben Personen drei Tage Zeit, um die Konversion zu widerrufen, andernfalls werden sie bestraft. Konvertiten sind auch der Feindschaft der Gesellschaft ausgesetzt.
Die Zahl afghanischer Konvertiten zum Christentum nimmt zu, es waren jedoch im letzten Jahrzehnt nur einige wenige Konvertiten zu sehen. Der Staat fordert diese auf, zu widerrufen, widrigenfalls ihnen die Abschiebung aus dem Land droht.
2.3.4. Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan, 31.05.2018 (Auszug):
Religionsfreiheit
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Die Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind jedoch allesamt im Lichte des generellen Scharia-Vorbehalts (Artikel 3, der Verfassung) zu verstehen. Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionswahl beinhaltet, gilt daher de facto in Afghanistan nur eingeschränkt. Die Abkehr vom Islam (Apostasie) wird nach der Scharia als Verbrechen betrachtet, auf das die Todesstrafe steht. Allerdings sind dem Auswärtigen Amt in jüngerer Vergangenheit keine Fälle bekannt, in denen die Todesstrafe aufgrund von Apostasie verhängt wurde. Gefahr bis hin zur Ermordung droht Konvertiten hingegen oft aus dem familiären oder nachbarschaftlichen Umfeld.
Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die hanafitische Rechtsprechung (eine der Rechtsschulen des sunnitischen Islams) für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion. Nach offiziellen Schätzungen sind 80 % der Bevölkerung sunnitische und 19 % schiitische Muslime, einschließlich Ismailiten. Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha'i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1 % der Bevölkerung aus.
Christen
Die Zahl afghanischer Christen kann nicht verlässlich angegeben werden. Sie beträgt aber wohl weit weniger als 1 % der Bevölkerung. Afghanische Christen sind in den meisten Fällen vom Islam zum Christentum konvertiert. Neben der drohenden strafrechtlichen Verfolgung werden Konvertiten in der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen. Allein der Verdacht, jemand könnte zum Christentum konvertiert sein, kann der Organisation Open Doors zufolge dazu führen, dass diese Person bedroht oder angegriffen wird.
Für christliche Afghanen gibt es keine Möglichkeit der Religionsausübung außerhalb des häuslichen Rahmens, da es in Afghanistan keine Kirchen gibt (abgesehen von einer katholischen Kapelle auf dem Gelände der Italienischen Botschaft). Zu Gottesdiensten, die in Privathäusern von internationalen NROs abgehalten werden, erscheinen sie meist nicht oder werden aus Sicherheitsgründen nicht eingeladen.
3. Beweiswürdigung:
3.1. Zur Person und den Lebensumständen des Beschwerdeführers
Die Feststellungen zur Herkunft, Identität, Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit, den Sprachkenntnissen des Beschwerdeführers, dessen schulischer Laufbahn und seiner Berufstätigkeit im Iran ergeben sich aus den im gesamten Verfahren im Wesentlichen konsistenten Angaben, an denen zu zweifeln sich im Verfahren keine Gründe ergeben haben.
Dass sich der Beschwerdeführer seit März 2018 zum christlichen Glauben bekennt, ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (siehe dazu ausführlich unten Punkt römisch II.3.2).
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Iran geboren wurde und dort sein gesamtes Leben bis zu seiner Abschiebung nach Afghanistan im Februar 2015 verbrachte, gründet auf den diesbezüglich konsistenten Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. So gab der Beschwerdeführer schon im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, er sei im Iran geboren und habe von Geburt an bis zu seiner Abschiebung nach Afghanistan im Februar 2015 im Iran gelebt (Niederschrift vom 05.12.2015, Sitzung 1 und 4). In seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde wiederholte der Beschwerdeführer, dass er im Iran geboren sei (Niederschrift vom 19.03.2018, Sitzung 6) und sich insgesamt nur einen Monat in Afghanistan aufgehalten habe (Niederschrift vom 19.03.2018, Sitzung 7). In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Dolmetscherin auf Nachfrage durch den erkennenden Richter, ob es glaubhaft sei, dass der Beschwerdeführer im Iran aufwuchs, dass dieser einen leichten Farsi-Akzent habe (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 8). Dem erkennenden Richter erscheint es daher glaubhaft, dass der Beschwerdeführer im Iran geboren wurde und beinahe sein gesamtes Leben dort verbracht hat. Dass der Beschwerdeführer im Februar 2015 abgeschoben wurde, gab er im gesamten Verfahren konsistent an. Er vermochte auch zu erklären, warum er trotz Besitzes einer Aufenthaltsberechtigungskarte abgeschoben wurde. So brachte er nachvollziehbar und schlüssig vor, dass seine Karte auf römisch 40 ausgestellt gewesen sei und ihn nicht zum Aufenthalt in einer anderen Provinz berechtigt habe. Er habe sich jedoch illegal in der Provinz römisch 40 aufgehalten (Niederschrift vom 19.03.2018, Sitzung 12).
Dass sich der Beschwerdeführer nach seiner Abschiebung nach Afghanistan in Herat und Kabul aufhielt, gründet auf den konsistenten Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren.
Die Feststellung zum Familienstand des Beschwerdeführers sowie zum Verbleib seiner Familienangehörigen beruht auf dessen gleichbleibenden Angaben im Verfahren. Der Beschwerdeführer vermochte nachvollziehbar darzulegen, dass sich seine Eltern, seine vier Schwestern und sein Bruder nach wie vor im Iran aufhalten. Dass der Beschwerdeführer außer seinem Halbonkel keine Familienangehörigen hat, gab der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde an (Niederschrift vom 05.12.2015, Sitzung 10). Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer sein gesamtes Leben bis zu seiner Abschiebung im Februar 2015 im Iran verbracht hat, erscheint es dem erkennenden Richter plausibel, dass der Beschwerdeführer keine weiteren Angaben über etwaige noch im Herkunftsstaat aufhältige Verwandte machen kann. Dass der Beschwerdeführer in Kontakt mit seinen Schwestern steht, gründet ebenfalls auf dem konsistenten Vorbringen des Beschwerdeführers im Verfahren. Das erkennende Gericht hatte keinen Grund, an dieser Angabe zu zweifeln.
Das Antragsdatum des Beschwerdeführers ist aktenkundig. Dafür, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig aus dem Bundesgebiet ausgereist wäre, haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte ergeben. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer nicht erwerbstätig ist und nicht von der Grundversorgung lebt, ergibt sich aus dem im Akt erliegenden aktuellen Auszug aus der Grundversorgungsdatenbank. Dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise mehrere Deutschkurse besucht und an einer Informationsveranstaltung des ÖIF teilgenommen hat, ergibt sich zum einen aus den plausiblen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, zum anderen aus den vorgelegten Integrationsunterlagen und Deutschkursbesuchsbestätigungen. Dass der Beschwerdeführer noch keine Deutschprüfung abgelegt hat, gab dieser vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst an (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 4). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer für einige Gemeinden Arbeiten erbracht hat und im Schuljahr 2018/2019 eine Höhere Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe und Höhere Bundeslehranstalt für Mode besucht hat, gründet auf den im Verfahren vorgelegten Auszahlungsbestätigungen der Gemeinde römisch 40 und der Bestätigung der Stadtgemeinde römisch 40 sowie auf der vorgelegten Schulbesuchsbestätigung. Dass der Beschwerdeführer die Klasse nicht im gesamten Schuljahr besucht hat, gab dieser in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht an (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 5). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit 11.02.2019 über eine Gewerbeberechtigung betreffend Hausbetreuung verfügt, stützt sich auf den in der Beschwerdeverhandlung vorgelegten Auszug aus dem Gewerbeinformationssystem Austria vom 20.02.2019. Dass der Beschwerdeführer derzeit als Hausbetreuer in einem italienischen Restaurant in römisch 40 arbeitet, gründet auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 3 und 4). Dass der Beschwerdeführer in Österreich einige soziale Kontakte geknüpft hat, gründet auf den vorgelegten Empfehlungsschreiben und den Aussagen des Beschwerdeführers im Verfahren. Ebenso ergeben sich die Feststelllungen zu den Freizeitaktivitäten des Beschwerdeführers aus den diesbezüglich glaubwürdigen und konsistenten Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren.
Dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Verwandten oder Familienangehörigen hat, gab dieser bereits vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Protokoll. Gegenteiliges wurde auch im weiteren Verfahren nicht behauptet.
Dass der Beschwerdeführer gesund ist, ergibt sich aus den diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 2). Auch vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer an, dass er gesund sei. Er habe jedoch Probleme am Handgelenk, weshalb eine Invalidität von 20 % vorliege. Im Iran sei er untersucht und zweimal operiert worden. Gleichzeitig gab er auch an, dass er sich derzeit nicht in ärztlicher Behandlung befinde (Niederschrift vom 19.03.2018, Sitzung 4). Der Beschwerdeführer legte im gesamten Verfahren keine ärztlichen Unterlagen vor, die eine ernsthafte Beeinträchtigung bzw. Probleme am Handgelenk nachweisen würden. Mangels Objektivierbarkeit der vom Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebrachten Beeinträchtigung seines Handgelenks und in Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer derartige Probleme in der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht erwähnte, geht das erkennende davon aus, dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen gesund und erwerbsfähig ist.
Die Feststellung der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem im Akt einliegenden aktuellen Strafregisterauszug.
3.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers
Aus den glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung zum evangelischen christlichen Glauben konvertiert ist und der Beschwerdeführer seinem Interesse für den christlichen Glauben bei einer Rückkehr nach Afghanistan weiter nachgehen würde. Der erkennende Richter gewann im Rahmen der mündlichen Verhandlung den Eindruck, dass der christliche Glauben wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden ist. Der Beschwerdeführer vermochte glaubhaft darzulegen, dass er sich während seines Aufenthaltes in Österreich ernsthaft und nachhaltig dem Christentum zugewandt hat.
Bereits vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer an, gläubiger Christ zu sein (Niederschrift vom 19.03.2018, Sitzung 6). Er legte nachvollziehbar dar, dass er durch Gespräche mit einem bereits zum Christentum konvertierten iranischen Staatsangehörigen, Herrn römisch 40 , in Kontakt mit dem christlichen Glauben gekommen sei. Dieser habe ihn gefragt, warum ein Moslem getötet werden müsse, wenn er zum Christentum konvertiere. Der Beschwerdeführer habe darauf keine Antwort gehabt. Er sei dann mit Herrn römisch 40 und seinem Zimmerkollegen in die römisch 40 in römisch 40 gegangen. Es habe ihm dort sehr gut gefallen, er habe alle beten gesehen (Niederschrift vom 19.03.2018, Sitzung 19). Er habe dann mehrmals die Kirche und einen Taufkurs besucht und sei dann getauft worden (Niederschrift vom 19.03.2018, Sitzung 21). Diese Angaben des Beschwerdeführers werden durch das Unterstützungsschreiben des Ehepaars römisch 40 und römisch 40 untermauert, wonach das Ehepaar den Taufunterricht für Asylanten in der evangelischen Kirche leite und den Beschwerdeführer im Zuge dessen kennengelernt habe. Er sei ihnen von einem Christen aus dem Iran vorgestellt worden und habe regelmäßig an ihren wöchentlichen Abenden teilgenommen (Beilage ./2 zum Verhandlungsprotokoll, Unterstützungsschreiben des Ehepaars römisch 40 vom 22.06.2019). Dass der Beschwerdeführer am 11.03.2018 vom Pfarrer römisch 40 der evangelischen Pfarrgemeinde A.B. römisch 40 getauft wurde, ergibt sich zudem aus dem vorgelegten Taufschein (Verwaltungsakt, AS 91; Beilage ./2 zum Verhandlungsprotokoll).
Obwohl der Beschwerdeführer erst vor knapp über einem Jahr getauft wurde, war in der mündlichen Verhandlung am römisch 40 bereits fundiertes Grundwissen zum Christentum festzustellen. Danach gefragt, welches kirchliche Fest ihm am besten gefalle, gab der Beschwerdeführer an, dass dies Weihnachten sei, weil die Geburt Jesu gefeiert werde und dies eine besondere Bedeutung für ihn habe. Als weitere wichtige Feste des christlichen Glaubens vermochte der Beschwerdeführer Ostern und Pfingsten zu nennen, wobei er auch erklären konnte, was man an Pfingsten feiere. Er erklärte richtig, dass der "Heilige Geist" an Pfingsten den zwölf "Schülern" [gemeint: Aposteln] erschienen sei: "Der "Heilige Geist" hat die zwölf Schüler erfüllt und die zwölf Schüler sind in verschiedene Richtungen gegangen und haben für das Christentum missioniert." (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 9). Nach einer Bibelstelle gefragt, welche ihn besonders fasziniere, gab der Beschwerdeführer an, dass dies Johannes 3,16 sei. Dort stehe, dass Gott uns Menschen derart geliebt habe, dass er seinen einzigen Sohn auf die Erde geschickt habe, um uns Menschen zu erlösen (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 13). Der erkennende Richter vermochte die Angaben des Beschwerdeführers nach der mündlichen Verhandlung in der Bibel zu überprüfen und sich davon zu überzeugen, dass der Beschwerdeführer den Inhalt von Johannes 3,16 richtig wiedergab. Weiters schilderte der Beschwerdeführer für den erkennenden Richter glaubhaft, dass ihn an dieser Stelle insbesondere fasziniere, dass Gott seine Liebe zu den Menschen damit bewiesen habe, dass er ihnen seinen einzigen Sohn geschickt habe. Gott sei früher für ihn in der Dunkelheit gewesen, aber jetzt könne er dies anders sehen (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 14). Als Gebet, das ihm besonders wichtig sei, nannte der Beschwerdeführer das "Vater unser", welches er regelmäßig bete und als Wort Gottes sehe (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 14 und 15). Auch die Dreifaltigkeit scheint dem Beschwerdeführer ein Begriff zu sein, gab er doch in er mündlichen Verhandlung an "Gott Vater, Sohn Gottes und der "Heilige Geist", alle drei sind für mich gleich." (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 7). Der erkennende Richter gewann daher in der mündlichen Verhandlung den Eindruck, dass sich der Beschwerdeführer bereits vertieftes Wissen über das Christentum angeeignet hat.
In der mündlichen Verhandlung vermochte der Beschwerdeführer auch darzulegen, warum das Christentum für ihn persönlich eine wichtige Bedeutung erlangt habe. So gab er an, dass ihm das Christentum geholfen habe, Menschen nicht mehr von außen zu beurteilen, sondern alle Menschen zu lieben (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 10). Seine Hinwendung zum christlichen Glauben, habe in ihm eine positive Persönlichkeitsveränderung bewirkt: "Ich habe mich zunächst mit dem Christentum vertraut, das ist ein wirklich erlösender Weg. Ich war früher ein zorniger Mensch und seitdem ich Christ geworden bin, habe ich mich beruhigt und bin ein freundlicher Mensch geworden." (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 6). Die Religion sei für ihn "wie ein Weg, dass ich mein Leben besser ordnen kann. Glauben an etwas, was mir Hoffnung schenkt."
(Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 7). Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer eine Situation schildern könne, in der er innerlich sehr aggressiv geworden sei und der "Heilige Geist" ihn erfüllt habe, erzählte der Beschwerdeführer von einem Vorfall am Fußballplatz. Die anderen Jungs hätten gewusst, dass er ein Christ geworden sei. Sie hätten versucht, ihn zu belästigen und einen Streit zu provozieren, um ihn schlagen zu können; er habe dies jedoch ignoriert und nicht mit ihnen gestritten (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 10). Diese Persönlichkeitsveränderung wurde auch durch die Zeugin römisch 40 einem Mitglied der evangelischen Pfarrgemeinde römisch 40 , bestätigt, die nachvollziehbar darlegte, dass sich der Beschwerdeführer durch den christlichen Glauben in seiner Persönlichkeit verändert habe. Er sei am Anfang sehr zurückhaltend und skeptisch gewesen und im Lauf der Zeit "aufgetaut" und "aufgeblüht". Man könne mit dem Beschwerdeführer sehr gut reden, er habe viele gute Gedanken und habe der Zeugin auch viel über seine frühere Religion und die Zustände im Iran erzählt. Der Beschwerdeführer sage ihr immer wieder, dass er hier [in Österreich] die Liebe Gottes kennengelernt habe und durch die Religion gelernt habe, Probleme nicht mit Gewalt zu lösen (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 11). Dem Beschwerdeführer gelang es, in der mündlichen Verhandlung eine persönliche innere Bedeutung des Christentums darzulegen. Der erkennende Richter gewann persönlich den Eindruck, dass der Beschwerdeführer Kraft aus seinem christlichen Glauben schöpft und dieser für ihn persönlich einen besonderen Mehrwert hat.
Dass sich der Beschwerdeführer ernsthaft dem christlichen Glauben zugewendet hat, zeigt sich auch darin, dass er seinen Eltern von seiner Konversion erzählte (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 8), obwohl er im bisherigen Verfahren stets angab, der Vater sei ein Hausmeister in einer Moschee (Khadem) und sehr religiös und gläubig (Niederschrift vom 19.03.2018, Sitzung 11 und 12). Der Beschwerdeführer musste daher mit Ablehnung seines neuen Glaubens durch seine Familie rechnen und brachte dennoch den Mut auf, ihr von seiner Hinwendung zum Christentum zu erzählen. Weiter ist der Beschwerdeführer bemüht, den Gottesdienst in seiner evangelischen Pfarrgemeinde römisch 40 regelmäßig zu besuchen, obwohl diese von seinem derzeitigen Wohnort schwer mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist. Der Beschwerdeführer gab schlüssig an, dass er als Ausgleich auch andere Kirchen als Gast / Zuschauer besuche (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 8). Die in der mündlichen Verhandlung einvernommene Zeugin römisch 40 vermochte dies zu bestätigen: Sie hätten auch Kontakt zu vielen anderen Gemeinden und sie wisse bei einigen, in welche Gemeinde sie gehen würden. Vom Beschwerdeführer wisse sie, dass er sich bemüht habe, etwa in römisch 40 Anschluss in einer anderen Gemeinde zu finden. Weiter habe der Beschwerdeführer versucht, zu ihren Bibelstunden in römisch 40 zu kommen, was sich wegen seiner Arbeitszeiten leider nicht ausgegangen sei (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 12 und 13). Die Zeugin gab weiter an, dass sie durch den Besuch der Bibelstunden, der Aufrechterhaltung des Kontakts und seine Bemühung, zum Gottesdienst [in der Gemeinde römisch 40 ] zu kommen, obwohl er mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zwei Stunden unterwegs sei, merke, dass der Beschwerdeführer seinen Glauben ausübe (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 13).
Der Beschwerdeführer schilderte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht weiter glaubhaft, dass er aufgrund seiner Überzeugung vom christlichen Glauben bereits missionarisch tätig gewesen sei. So habe er in der Pension versucht, einen afghanischen Mitbewohner davon zu überzeugen, die Bibel zu lesen. Obwohl er ihn nicht direkt aufgefordert habe, die Religion zu wechseln, sei er beschimpft worden (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 8). Auch die Zeugin römisch 40 berichtete davon, "dass er versucht hat, unseren Glauben anderen Asylanten weiterzugeben. Er hat mir erzählt, dass die Reaktionen meistens nicht so gut ausfallen. Daran merke ich, dass es ihm ernst ist. Er würde sonst keinen Streit oder Beschimpfungen riskieren." (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 13). Gefragt, ob es für ihn wichtig sei, dass seine zukünftige Frau Christin sei, antwortete der Beschwerdeführer:
"Ja und nein. [...] Wenn ich ein guter Mensch bin als Christ, kann ich meine Frau, die Muslimin ist oder eine andere Religion hat, mit meinen guten Tagen davon überzeugen, eine Christin zu werden."
(Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 14). Das erkennende Gericht schließt daraus, dass der Beschwerdeführer auch für die Zukunft plant, seine christliche Religion für Dritte wahrnehmbar auszuüben. Der Beschwerdeführer scheint großes Vertrauen in seinen Glauben zu haben und möchte nach dem christlichen Glauben leben. Er werde den Kontakt zur Kirche auch in den nächsten zehn Jahren halten und immer nach römisch 40 fahren, weil dort "seine" Familie sei, die Familie römisch 40 , sei. Wenn möglich, werde er auch eine andere Kirche an seinem Wohnort finden (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 14). Insgesamt vermochte der Beschwerdeführer den erkennenden Richter in der mündlichen Verhandlung davon zu überzeugen, dass der von ihm vorgebrachte Konversionsprozess bei ihm zu einer emotionalen Betroffenheit durch den Wechsel seiner Glaubensrichtung und zu einer Verinnerlichung der neu angenommenen Glaubensrichtung geführt hat.
Zu guter Letzt ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer nicht nur den evangelischen Pfarrer, römisch 40 , von seiner nachhaltigen und ernsthaften Hinwendung zum christlichen Glauben sowie von seiner Zulassung zur Taufe zu überzeugen vermochte, sondern auch weitere Mitglieder der evangelischen Pfarrgemeinde römisch 40 : Die Zeugin römisch 40 führte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aus, dass sie ein "normales" Gemeindemitglied sei, jedoch durch ihre Eltern, die Lektoren seien und Bibelstunden geben würden, Kontakt mit vielen Asylanten habe. Weiter sei sie selbst ehrenamtliche Mitarbeiterin beim diakonischem Verein " römisch 40 " und veranstalte Bibelstunden, an denen auch viele Asylanten teilnehmen würden. Den Beschwerdeführer habe sie bei den Gottesdiensten, bei ihren Eltern und bei Veranstaltungen wie dem "Kirchencafé", bei "Grillereien" und Ausflügen näher kennengelernt. Beim Beschwerdeführer habe sie das Gefühl, dass er sich ernsthaft mit dem Christentum beschäftigt habe. Sie glaube, dass der Beschwerdeführer den christlichen Glauben "in seinem Herzen übernommen hat und er das überallhin mitnehmen wird."
(Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 12). Das Christentum habe für den Beschwerdeführer eine große Bedeutung, weil er durch den Glauben innerlich ruhiger geworden sei: "Er hat nicht mehr so das Gefühl, dass er Leistungen erbringen muss, wie das im Islam ist. Er muss nicht Gebete herunterleiern, die er nicht versteht. Er kann einfach beten, was ihm am Herzen liegt. Das ist ein Gefühl, ich kann es nicht rational erklären. Ich merke es auch, wenn er redet, er ist nicht aggressiv, er ist freundlich, er versucht, die Sachen verbal zu lösen, ohne Gewalt." (Verhandlungsprotokoll vom 02.07.2019, Sitzung 13). Das Ehepaar römisch 40 und römisch 40 , das den Taufunterricht leitete, bemerkte ebenfalls eine Persönlichkeitsveränderung beim Beschwerdeführer. In ihrem Empfehlungsschreiben führen sie aus, dass der Beschwerdeführer anfänglich eher zurückgezogen und unsicher gewesen sei. Im Laufe der Zeit habe er sich jedoch zu einem interessierten und aufgeschlossenen jungen Mann entwickelt (Beilage ./2 zum Verhandlungsprotokoll, Unterstützungsschreiben des Ehepaars römisch 40 vom 22.06.2019). Frau römisch 40 führte in ihrem Unterstützungsschreiben aus, dass sie den Beschwerdeführer bei einem Deutsch-Bibelkurs in der evangelischen Gemeinde römisch 40 kennengelernt habe. Für sie sei der Beschwerdeführer glaubwürdig und ein gläubiger Christ, der sich gut in die Gemeinde integriert habe (Beilage ./2 zum Verhandlungsprotokoll, Unterstützungsschreiben von Frau römisch 40 vom 25.06.2019).
Insgesamt hinterließ der Beschwerdeführer beim erkennenden Richter im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen sehr glaubwürdigen Eindruck. Es war klar zu erkennen, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthalts in Österreich aus freier persönlicher Überzeugung für Dritte wahrnehmbar vom Islam zum Christentum konvertierte, seinen christlichen Glauben verinnerlicht hat und auch danach lebt. Für das erkennende Gericht ergibt sich eindeutig, dass die Konversion zum Christentum nicht bloß zum Schein zum Zweck der Erlangung von Asyl im Bundesstaat erfolgt ist, sondern dass beim Beschwerdeführer ein starker Wille zur Ausübung des christlichen Glaubens besteht. Dies ergibt sich, wie oben dargelegt, nicht nur aus den überzeugenden Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, sondern auch aus der die Schilderungen des Beschwerdeführers bestätigenden Aussage der Zeugin römisch 40 sowie aus den im Akt erliegenden Unterstützungsschreiben. Den beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im bekämpften Bescheid, wonach die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner religiösen Gesinnung weder glaubhaft noch schlüssig seien, konnte das erkennende Gericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wie beweiswürdigend dargelegt nicht folgen. Seitens des erkennenden Gerichtes bestehen keine Zweifel dran, dass sich der Beschwerdeführer aus innerer Überzeugung vom Islam abgewendet hat, der christliche Glaube wesentlicher Bestandteil der Identität des Beschwerdeführers geworden ist und dieser seinen neu gewonnenen Glauben auch im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan weiter ausüben würde. Diese Abkehr des Beschwerdeführers vom islamischen Glauben (Apostasie) steht in eklatantem Widerspruch zur Intoleranz der afghanischen Gesellschaft sowie des afghanischen Staates gegenüber Konvertiten. Vom Beschwerdeführer kann nicht erwartet werden, dass er seinen christlichen Glauben in Afghanistan unterdrückt und nicht offen ausüben kann.
Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist daher davon auszugehen, dass ihm im Fall seiner Rückkehr nach Afghanistan im gesamten Staatsgebiet mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung aus Gründen seiner Religion droht.
Aufgrund der obigen Ausführungen war auf die weiteren vorgebrachten Fluchtgründe des Beschwerdeführers aus verfahrensökonomischen Gründen sowie aufgrund von Entscheidungsreife nicht weiter einzugehen und konnten weitere Ermittlungen und (daran anknüpfende) Feststellungen zu den vorgebrachten Fluchtgründen des Beschwerdeführers somit entfallen.
3.3. Zur Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers
Zur Seriosität des beweiswürdigend herangezogenen und oben unter
2.3. teilweise wiedergegebenen Berichtsmaterials ist auszuführen, dass diese länderkundlichen Informationen (Länderinformationsblatt, UNHCR-Richtlinien, Country Guidance), einen qualitätssichernden Objektivierungsprozess für die Gewinnung von Informationen zur Lage im Herkunftsstaat durchliefen. Die Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ist insbesondere nach Paragraph 5, Absatz 2, BFA-G verpflichtet, die gesammelten Tatsachen nach objektiven Kriterien wissenschaftlich aufzuarbeiten (allgemeine Analyse) und in allgemeiner Form zu dokumentieren. Auch das European Asylum Support Office (EASO) ist nach Artikel 4, Litera a, Verordnung (EU) Nr. 439/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 2010 zur Einrichtung eines Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen bei seiner Berichterstattung über Herkunftsländer zur transparent und unparteiisch erfolgenden Sammlung von relevanten, zuverlässigen, genauen und aktuellen Informationen verpflichtet. Weiter ist nach der schon zitierten Rechtsprechung des VwGH den UNHCR-Richtlinien besondere Beachtung zu schenken ("Indizwirkung"; zuletzt VwGH 23.01.2019, Ra 2018/18/0521 mwN). Das Bundesverwaltungsgericht stützt seine Feststellungen daher auf die bereits zitierten Quellen, wobei anzumerken ist, dass diese zu den fallrelevanten Gesichtspunkten ein insgesamt übereinstimmendes Bild zur Situation im Herkunftsstaat zeichnen, mögen sie auch im Detailgrad - wie oben im Einzelfall berücksichtigt - eine unterschiedliche Tiefe aufweisen.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1. Zur Zuerkennung des Status des Asylberechtigten an den Beschwerdeführer (Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides)
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005) ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955, (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG 2005, die auf Artikel 9, der RL 2004/83/EG des Rates verweist), dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß Paragraph 11, AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß Paragraph 6, AsylG gesetzt hat. Gemäß Paragraph 3, Absatz 4, AsylG kommt einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wird, eine befristete Aufenthaltsberechtigung als Asylberechtigter zu. Die Aufenthaltsberechtigung gilt drei Jahre und verlängert sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.
Im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde vergleiche VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt vergleiche VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); diese muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.
Auch wenn in einem Staat allgemein schlechte Verhältnisse bzw. sogar bürgerkriegsähnliche Zustände herrschen sollten, liegt in diesem Umstand für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr iSd GFK. Um asylrelevante Verfolgung erfolgreich geltend zu machen, bedarf es daher einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Heimatstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht vergleiche VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, ist auf die persönliche Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und das Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung setzt positiv getroffene Feststellungen der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus vergleiche VwGH 11.06.1997, 95/01/0627).
"Glaubhaftmachung" im Sinne des Artikels 1 Abschnitt A Ziffer 2 der GFK ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden. Zudem ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen vergleiche VwGH 09.05.1996, 95/20/0380). Eine Falschangabe zu einem für die Entscheidung nicht unmittelbar relevanten Thema vergleiche VwGH 30.09.2004, 2001/20/0006, betreffend Abstreiten eines früheren Einreiseversuchs) bzw. Widersprüche in nicht maßgeblichen Detailaspekten vergleiche die Erkenntnisse des VwGH 23.01.1997, 95/20/0303, sowie 28.05.2009, 2007/19/1248) reichen für sich alleine nicht aus, um daraus nach Art einer Beweisregel über die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers die Tatsachenwidrigkeit aller Angaben über die aktuellen Fluchtgründe abzuleiten vergleiche VwGH 26.11.2003, 2001/20/0457).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 27.06.1995, 94/20/0836; 23.07.1999, 99/20/0208; 21.09.2000, 99/20/0373; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 12.09.2002, 99/20/0505; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann allerdings nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe Dritter präventiv zu schützen (VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191). Für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht - unter dem Fehlen einer solchen ist nicht "zu verstehen, dass die mangelnde Schutzfähigkeit zur Voraussetzung hat, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht" (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256) -, kommt es darauf an, ob jemand, der von dritter Seite (aus den in der GFK genannten Gründen) verfolgt wird, trotz staatlichen Schutzes einen - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteil aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten hat vergleiche VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 im Anschluss an Goodwin-Gill, The Refugee in International Law2 [1996] 73; weiters VwGH 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 20.09.2004, 2001/20/0430; 17.10.2006, 2006/20/0120; 13.11.2008, 2006/01/0191). Für einen Verfolgten macht es nämlich keinen Unterschied, ob er auf Grund staatlicher Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil zu erwarten hat oder ob ihm dieser Nachteil mit derselben Wahrscheinlichkeit auf Grund einer Verfolgung droht, die von anderen ausgeht und die vom Staat nicht ausreichend verhindert werden kann. In diesem Sinne ist die oben verwendete Formulierung zu verstehen, dass der Herkunftsstaat "nicht gewillt oder nicht in der Lage" sei, Schutz zu gewähren (VwGH 26.02.2002, 99/20/0509). In beiden Fällen ist es dem Verfolgten nicht möglich bzw. im Hinblick auf seine wohlbegründete Furcht nicht zumutbar, sich des Schutzes seines Heimatlandes zu bedienen vergleiche VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256; VwGH 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).
Die Voraussetzung der "wohlbegründeten Furcht" vor Verfolgung wird in der Regel aber nur erfüllt, wenn zwischen den Umständen, die als Grund für die Ausreise angegeben werden, und der Ausreise selbst ein zeitlicher Zusammenhang besteht vergleiche VwGH 17.03.2009, 2007/19/0459). Relevant kann nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche u.a. VwGH 20.06.2007, 2006/19/0265 mwN).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, begründet ist:
Nach Paragraph 3, Absatz 2, AsylG kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Paragraph 3, Absatz 2, AsylG 2005 ist Artikel 5, Absatz 2, der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über die Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes Abl L 337/9 vom 20.12.2011 (Statusrichtlinie), nachgebildet.
Artikel 5, Absatz 2, Statusrichtlinie lautet: "Die begründete Furcht vor Verfolgung oder die tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, kann auf Aktivitäten des Antragstellers nach Verlassen des Herkunftslandes beruhen, insbesondere wenn die Aktivitäten, auf die er sich stützt, nachweislich Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsland bestehenden Überzeugung oder Ausrichtung sind."
Der Verfassungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass asylrelevante Verfolgung gemäß Paragraph 3, Absatz 2, AsylG 2005 auch auf Aktivitäten beruhen kann, die der Fremde seit dem Verlassen des Herkunftsstaats gesetzt hat (VfGH 12.12.2013, U 2272/2012).
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat bereits erkannt, dass diese neuen - in Österreich eingetretenen - Umstände, mit denen ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung nunmehr begründet, grundsätzlich zur Asylgewährung führen können. Sie sind daher zu überprüfen, wenn sie geeignet sind, die Annahme "wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung" zu rechtfertigen (VwGH 18.09.1997, 96/20/0323).
Mit seinem Vorbringen, ihm drohe aufgrund seiner Konversion zum Christentum asylrelevante Verfolgung in Afghanistan, macht der Beschwerdeführer einen subjektiven Nachfluchtgrund geltend.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist in Bezug auf die asylrechtliche Relevanz einer Konversion zum Christentum entscheidend, ob der Fremde bei weiterer Ausübung seines inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität der Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden (zuletzt VwGH 07.05.2018, Ra 2018/20/0186).
Wie oben festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt, vermochte der Beschwerdeführer glaubhaft zu machen, sich vom islamischen Glauben abgewandt und aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertiert zu sein. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan als Konvertit einem erheblichen Verfolgungsrisiko sowohl von privater als auch von staatlicher Seite ausgesetzt wäre. Den Länderberichten zufolge werden Konvertiten von der Gesellschaft ausgegrenzt und zum Teil angegriffen. Christen müssen ihren Glauben unbedingt geheim halten und können ihre Religion allenfalls versteckt ausüben. Aus den UNHCR-Richtlinien ergibt sich, dass eine Konversion vom Islam als Apostasie, also als Glaubensabfall betrachtet wird und durch die Gerichte mit dem Tode bestraft wird. Die gesellschaftliche Einstellung gegenüber Christen ist offen feindlich. Die EASO Country Guidance berichtet davon, dass Apostaten gewalttätige Angriffe durch die Zivilgesellschaft zu befürchten hätten, welche auch zum Tod führen könnten. Dem Beschwerdeführer drohen daher aufgrund seiner Konversion zum Christentum erhebliche Eingriffe in seine körperliche Integrität bis hin zum Tod. Da auch vom afghanischen Staat Verfolgungsgefahr ausgeht, kann der Beschwerdeführer durch diesen keinen Schutz erwarten. Die ihn im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan bedrohende Situation ist in ihrer Gesamtheit von asylrelevanter Intensität.
Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht für den Beschwerdeführer nicht, weil im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan von einer derartigen Verfolgung auszugehen wäre.
Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes (Artikel eins, Abschnitt D und F GFK und Paragraph 6, AsylG 2005) oder eines Asylendigungsgrundes (Artikel eins, Abschnitt C GFK) ist nicht hervorgekommen.
Aufgrund der Ermittlungsergebnisse ist daher davon auszugehen, dass sich der Beschwerdeführer aus wohlbegründeter Furcht aus einem der in der GFK genannten Gründe, nämlich aus Gründen seiner Religion, verfolgt zu werden außerhalb seines Herkunftsstaates Afghanistan befindet, und in Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Dem Beschwerdeführer war daher gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen. Dem Beschwerdeführer kommt daher gemäß Paragraph 3, Absatz 4, AsylG 2005 zunächst eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu, welche sich um eine unbefristete Gültigkeitsdauer verlängert, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung des Verfahrens zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingeleitet wird. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Beschwerdeführer damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde stattzugeben.
4.2. Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende oben zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht kann sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
ECLI:AT:BVWG:2019:W104.2195550.1.00