Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

22.03.2019

Geschäftszahl

G306 2181763-1

Spruch

G306 2181763-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Irak, vertreten durch RA Mag. AUNER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.11.2017, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 15.01.2019, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen!

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 29.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005).

Am 31.05.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt.

Am 13.09.2017 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA), im Asylverfahren niederschriftlich einvernommen.

Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 29.11.2017, wurde der gegenständliche Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.), bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt römisch III.), gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen (Spruchpunkt römisch IV.), gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Irak zulässig ist (Spruchpunkt römisch fünf.), sowie gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise im Ausmaß von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt römisch VI.).

Mit per Telefax am 19.12.2017 beim BFA eingebrachten Schriftsatz erhob der BF vermittels seiner vormaligen Rechtsvertretung Beschwerde gegen den zuvor genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sowie jenen des subsidiär Schutzberechtigten, die Aufhebung der Rückkehrentscheidung, die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, AsylG, die Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung des BF in den Irak, sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem BVwG vom BFA vorgelegt und langten am 04.01.2018 bei diesem ein.

Am 15.01.2019 fand an der Außenstelle des BVwG Graz eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, an der der BF sowie die nunmehrige Rechtsvertretung Regierungsvorlage teilnahm. Die belangte Behörde nahm an der Verhandlung nicht teil.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Namen und Geburtsdatum) und ist Staatsangehörige der Republik Irak. Er ist Angehörige der Volksgruppe der Araber und bekennt sich zum muslimisch-sunnitischen Glauben. Die Muttersprache des BF ist arabisch.

Der BF ist seit dem XXXX2018 mit der österreichischen Staatsangehörigen römisch 40 verheiratet und frei von Obsorgeverpflichtungen.

Die BF reiste im 26.06.2014 per Flugzeug aus seinem Herkunftsstaat Irak aus und spätestens im Mai 2015 ins Bundesgebiet ein, wo er am 29.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Der BF besuchte mehrjährig die Schule im Irak und war bis zuletzt im Herkunftsstaat in der in Bagdad in einem Internetshop beschäftigt. Der BF wohnte bis zur Ausreise bei seinen in Bagdad lebenden Eltern.

Im Herkunftsstaat halten sich weiterhin Familienangehörige des BF, konkret Vater, Mutter sowie Geschwister auf.

Der BF ist arbeitsfähig und konnte nicht festgestellt werden, dass er an einer lebensbedrohlichen und/oder sich im Endstadium befindlichen Erkrankung leidet.

Die BF wurde im Irak, konkret in Bagdad, geboren. Dort hielt er sich bis zu seiner gegenständlichen Ausreise im Jahr 2014 auf und ist seine Familie weiterhin dort aufhältig.

Der BF war im Herkunftsstaat in der Lage seinen Lebensunterhalt durch Erwerbstätigkeiten zu sichern.

Der BF hat Deutschsprachkurse bis zum Niveau B1 in Österreich besucht und am XXXX2018 mit Prüfung abgeschlossen. Eine Verständigung auf Deutsch ist möglich. Darüber hinaus hat der BF in der Marktgemeinde römisch 40 über die Jahre hinweg immer wieder im Bauhof gearbeitet.

Der BF weist durch seine Heirat familiäre Bezugspunkte in Österreich auf und verfügt über soziale Anknüpfungspunkte.

Der BF geht gegenwärtig keiner Erwerbstätigkeit in Österreich nach, sondern lebt von den Zuwendungen seiner Gattin.

Der BF erweist sich in strafrechtlicher Hinsicht als unbescholten.

Der BF hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates weder auf Grund seines Religionsbekenntnisses oder seiner Volksgruppenzugehörigkeit noch sonst irgendwelche Probleme.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr ausgesetzt ist oder dass sonstige Gründe vorliegen, die einer Rückkehr oder Rückführung (Abschiebung) in den Herkunftsstaat entgegenstehen würden.

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt römisch eins. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten vorgenommenen Ermittlungsverfahrens sowie aus den Angaben in der mündlichen Verhandlung und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

Die Feststellungen zur Ausreise aus dem Irak und zur Einreise in Österreich, sowie zu dem gegenständlichen Asylantrag ergeben sich aus dem diesbezüglich unbestrittenen Akteninhalt.

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen und Geburtsdatum), zur Staatsangehörigkeit, zur Muttersprache, zur Volksgruppenzugehörigkeit, zur Obsorgefreiheit, zum Familienstand, zum Schulbesuch im Irak, zur Erwerbstätigkeit im Herkunftsstaat, zu den familiären Anknüpfungspunkten im Irak, zur Arbeitsfähigkeit, zum Gesundheitszustand, zur Nichtfeststellbarkeit einer lebensbedrohlichen Erkrankung, zum dauernden Aufenthalt im Irak bis zur gegenständlichen Ausreise, zum Aufenthalt der Familie des BF im Irak, zum Besuch von einem Deutschsprachkurs und der Heirat, zur sowie zu den sozialen Anknüpfungspunkten getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und den Ausführungen in der mündlichen Verhandlung.

Die Erwerbslosigkeit des BF beruht auf dem Nichtvorbringen von Erwerbstätigkeiten seitens des BF sowie einem Sozialversicherungsauszug und ergibt sich die finanzielle Unterstützung durch die Gattin aufgrund der getätigten Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Die strafgerichtliche Unbescholtenheit beruht auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichts (Einsicht in das Strafregister der Republik Österreich).

Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates und seiner Situation im Fall der Rückkehr in diesen, beruht auf den Angaben desselben in dessen Erstbefragung und in seinen Einvernahmen vor der belangten Behörde und auf den Ausführungen in der Beschwerde sowie der nunmehrigen mündlichen Verhandlung.

Wie sich aus der Erstbefragung und den Einvernahmen im Verfahren vor der belangten Behörde ergibt, hatte der BF ausreichend Zeit und Gelegenheit seine Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Im Übrigen wurde dieser von der belangten Behörde auch zur umfassenden und detaillierten Angabe von Fluchtgründen und zur Vorlage von allfälligen Beweismitteln aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt. Dem BF wurde dabei wiederholt seitens des BFA die Möglichkeit geboten in freier Erzählung sowie unter Beantwortung konkreter Fragen, seine Fluchtgründe darzulegen. Diese Möglichkeit wurde dem BF abermals vor dem erkennenden Gericht in der mündlichen Verhandlung ermöglicht.

Dabei hat der BF wiederholt unterschiedliche Fluchtgründe angegeben.

1.) Bei der Erstbefragung vom 31.05.2015 gab der BF als Fluchtgrund an, dass er in Bagdad in einem schiitischen Bezirk lebte und mit dem Tode bedroht worden sei. 2.) Bei der Einvernahme vor dem BFA -fast 2 1/2 Jahre später - am 13.09.2017, gab der BF als Fluchtgrund im Wesentlichen zusammengefasst an, dass er in einem Internetshop gearbeitet habe. Es wären Kunden zu ihm gekommen und diese hätten gewollt, dass er Dokumente fälsche. Er habe dies jedoch nicht getan und er habe aus Angst diese Kunden auch nicht angezeigt. In der letzten Zeit seien dann auch sogenannte "Fliegpolizisten" gekommen. Diese hätten verlangt, dass er ihre Dienstanwesenheitsliste fälschen soll. Er habe dies jedoch abgelehnt. Sie wäre dann ein zweites Mal gekommen. Er habe wieder abgelehnt. Eine Woche später wäre dann in die Firma ein Drohbrief gekommen in dem gestanden sei, dass er den Irak in drei Tagen verlassen soll, ansonsten ihm der Kopf abgeschnitten werde. Sonst habe er keine Fluchtgründe. 3.) In der Beschwerdeeingabe vom 19.12.2017 macht der BF wiederum seine Religionszugehörigkeit - Sunnite - als Hauptgrund seiner Flucht. Sunnite würden eine Minderheit darstellen und man sei der Meinung, dass diese sowieso alles machen müssen was ihnen aufgetragen wird. Deshalb sei er aufgefordert worden Dokumente zu fälschen.

In der nunmehrigen mündlichen Verhandlung gab der BF zum Fluchtgrund befragt an, dass er bei seinen Ausführungen, welche er vor dem BFA gemacht habe, bleibe. Eine Anzeige hätte er im Irak nicht gemacht. Die Eltern und Geschwister würden nach wie vor im Irak leben und wäre gegenwärtig keiner Bedrohung ausgesetzt. Auf die Frage, wenn die geschilderten Probleme im Irak nicht vorliegen würden, er wieder in den Irak zurückkehren würde, gab der BF an, dass er dies noch im Jahr 2015 gemacht hätte, jedoch jetzt sei er hier verheiratet und würde nicht mehr zurückkehren.

Das BVwG schließt sich im Ergebnis der Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid im Hinblick auf die Glaubwürdigkeit des Vorbringens des BF an und erachtet dessen Vorbringen hinsichtlich des Bestehens einer Verfolgung durch vermeintliche "Fliegpolizisten" ausfolgenden Erwägungen als nicht glaubhaft:

Auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung kann davon ausgegangen werden, dass der BF, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Ausreise aus dem Herkunftsstaat machen kann, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, in ihrer Einvernahme auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit wohl kaum ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich konsistenter Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung auch möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich im Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann.

Aus einer Gesamtschau der Angaben des BF im Verfahren vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung ergibt sich jedoch, dass dieser im gesamten Verfahren trotz der zahlreichen Gelegenheiten nicht imstande war, eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen. Es konnte weder eine konkret gegen die Person des BF gerichtete Verfolgungsgefahr festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.

Die vom BF vorgebrachte Fluchtgeschichte weist einige Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten auf, weshalb es dem Fluchtvorbringen des BF an Glaubwürdigkeit mangelt.

Zuerst gab der BF als Fluchtgrund den Umstand an, dass er in Bagdad in einem schiitischen Bezirk gelebt habe und dort mit dem Tod bedroht worden wäre. Bei der Einvernahme vor dem BFA - 2 1/2 Jahre später - brachte der BF vor, dass er in einem Internetshop gearbeitet habe. Es seinen immer wieder Personen gekommen, die von ihm verlangt hätten Dokumente zu fälschen. Er habe dies nie gemacht. Es seien dann jedoch sogenannte "Fliegpolizisten" gekommen, 2 Männer, diese hätten verlangt, dass er ihre Dienstabwesenheitslisten fälsche. Aufgrund dessen, dass er dies abgelehnt habe, sei ein Drohbrief gekommen mit der Aufforderung den Irak zu verlassen. In der Beschwerde wird die Fluchtgeschichte auf die Zugehörigkeit zu den Sunniten hauptsächlich thematisiert.

Gegenständlich in der mündlichen Verhandlung gab der BF nun an, dass weder seine Eltern noch seine Geschwister einer Bedrohung im Irak ausgesetzt wären. Der BF konnte auch keinerlei Beweise für sein Fluchtvorbringen in Vorlage bringen. Insgesamt legte der BF seine jetzige Situation in Österreich - durch die Heirat mit einer Österreicherin - in den Vordergrund und vermeinte 2015 hätte noch die Möglichkeit bestanden in den Irak zurückzukehren, jetzt nicht mehr. Nunmehr habe er hier eine Frau und sei dies deshalb nicht mehr möglich. Befragt zu seiner Fluchtgeschichte, war der BF eher zurückhaltend bzw. bei seinen Angaben oberflächlich.

Auch ist das Vorbringen des BF hinsichtlich des Grundes für seine Bedrohung durch sogenannte "Fliegpolizisten" nicht substantiiert genug. Der BF blieb im gesamten Verfahren - was die Schilderungen des konkreten Vorfalls anbelangt - immer oberflächlich und konnte keine Details schildern. Es ist auch unwahrscheinlich und nicht nachvollziehbar, dass der BF gerade von diesen Polizisten (Fliegpolizisten) die Abwesenheitslisten fälschen soll, wenn diese - nach eigenen Angaben des BF - zwar bei der Behörde als Polizisten angemeldet seien und einen Lohn erhalten würden - dafür jedoch nicht arbeiten müssten. Wozu sollte es dann Abwesenheitslisten geben - deren Fälschung - man verlangte. Des Weitern hätten diese Polizisten sicher andere Möglichkeiten dazu als in einen öffentlichen Shop zu gehen und vor allem einen Zugehörigen zu den Sunniten zu bitten ihre Aufzeichnungen zu fälschen.

Dem erkennenden Gericht erschließt sich auch nicht, weshalb eine, dem BF folgend, vor Mord nicht zurückschreckende und Menschen sunnitischen Glaubens verfolgende militante Polizisten nur einen Drohbrief schrieben und nie versuchten den BF persönlich einzuschüchtern. Im Drohbrief sei auch gestanden, dass der BF den Irak in drei Tagen verlassen muss. Der BF blieb länger als drei Tage im Irak und es geschah nichts.

Eine konkrete Verfolgung des BF aufgrund seiner Religion lässt sich zudem nicht feststellen. Vielmehr leben dessen Angehörigen, insbesondere dessen Vater, Mutter sowie Geschwister weiterhin im Irak und hat der BF bis dato nicht vorgebracht, dass diese Opfer von gezielten Übergriffen gewesen wären. Ganz im Gegenteil vermeinte der BF in der mündlichen Verhandlung, dass diese keiner Bedrohung ausgesetzt wären.

Unbeschadet des bisher ausgeführten, ist selbst bei Wahrunterstellung insofern der BF vorbringt, von Seiten des irakischen Staates keine Hilfe erwarten zu können, dem BF entgegenzuhalten, dass es nicht nachvollzogen werden kann, weshalb der BF, trotz guten Freunden bei der Polizei keine rechtlichen Schritte einleitete bzw. Anzeige erstattet bzw. er zumindest den Drohbrief seinem Freund (Polizisten) bzw. seinen Chef zeigte.

Mit Blick auf die Länderfeststellungen lässt sich erkennen, dass zwar die Grenzen zwischen schiitischen Milizen und staatlichen Sicherheitsstrukturen teils durchlässig sind und ein flächendeckender Schutz vor - privaten - Übergriffen im Irak nicht gegeben ist. Jedoch kann nicht erkannt werden, dass der Irak zur Gänze schutzunfähig- oder -willig ist bzw. die Grenzen zwischen Staat und Milizen vollkommen verschwunden wären. Vielmehr unterscheidet sich die Sicherheitslage im Irak regional sehr stark und erweisen sich insbesondere im Raum Bagdad die herkunftsstaatlichen Sicherheitsstrukturen und die Trennung von Staat und Milizen noch als durchgehend vorhanden und lässt sich zudem eine überdurchschnittliche Präsenz irakischer Sicherheitsorgane und -einrichtungen, sowie ein Vorgehen dieser gegen illegale Aktivitäten schiitischer Milizen vor Ort erkennen. Ein systematisches Versagen herkunftsstaatlicher Sicherheitsstrukturen im Raum Bagdad lässt sich im Lichte der Länderfeststellungen nicht erkennen und vermochte der BF mit seinem Vorbringen ein solches auch nicht darzulegen.

Insofern der BF in der gegenständlichen Beschwerde die allgemeine Sicherheitsklage im Irak als durchgehend instabil moniert, lässt dieser die regionalen Unterschiede völlig außer Acht. Die Sicherheitslage im Irak erweist sich als regional differenziert, sodass der bloße Verweis auf eine allgemein konfliktträchtige Gesamtlage im Herkunftsstaat des BF als Entgegnung nicht genügt.

Aus einer Gesamtschau der Angaben des BF ergibt sich sohin, dass eine im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bestehende und/oder dem Herkunftsstaat zurechenbare Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht wurde. Es konnte weder eine konkret gegen den BF gerichtete - herkunftsstaatliche - Verfolgungsgefahr festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche derartige Verfolgung im Herkunftsstaat für wahrscheinlich erscheinen hätten lassen oder deren Rückkehr im Wege stehen könnten.

In diesem Kontext ist festzuhalten, dass eingedenk der Unglaubwürdigkeit des BF im Hinblick auf dessen Fluchtvorbringen, diesem auch kein Glauben hinsichtlich der Verweigerung von familiärer Unterstützung im Herkunftsstaat geschenkt werden kann. In Ermangelung des Glaubhaftmachens einer Bedrohung im Herkunftsstaat hat das Vorbringen des BF, aufgrund der Angst seiner Angehörigen in den Konflikt hineingezogen zu werden von diesen keine Hilfe erhalten zu können, ins Leere gehen.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid angeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Die belangte Behörde hat dem BF die maßgeblichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat zur Kenntnis gebracht und ihm im Anschluss daran zur Wahrung des Rechts auf Parteiengehör die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine Stellungnahme abzugeben, wovon dieser keinen Gebrauch gemacht hat.

Der BF ist weder vor der belangten Behörde noch in der gegenständlichen Beschwerde den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, substantiiert entgegengetreten.

Mit der Vorlage von schlaglichtartig Probleme im Irak aufzeigender Länderberichte und der Betonung dieser in der gegenständlichen Beschwerde, vermag der BF den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substantiiert entgegenzutreten. Vielmehr legen diese allfälligen Probleme im Herkunftsstaat des BF ebenfalls offen und verschweigen diese nicht. Letztlich erweist sich die Sicherheitslage im Herkunftsstaat regional stark unterschiedlich, sodass überwiegend auf die Gesamtsituation im Irak bezughabende Länderberichte die Glaubwürdigkeit der auch auf regionale Unterschiede eingehenden Länderfeststellungen nicht zu erschüttern vermag. Die nunmehr in der Beschwerde thematisierte Lage im Irak was den IS betrifft, wird ebenfalls in den aktuellsten Länderberichten berücksichtigt und muss dazu auch ausgeführt werden, dass der BF zu keiner Zeit des Verfahrens angab von Mitgliedern der IS bedroht worden zu sein. Auch wurden in der mündlichen Verhandlung abermals aktuelle Länderberichte zur Einsicht, zur Vorlage gebracht. Es wurde auch angeboten dazu schriftlich Stellung zu nehmen. Die aktuellen Länderberichte wurde ausgehändigt und eine Frist von 14 Tagen zur Stellungnahme eingeräumt. Eine Stellungnahme zu den Länderberichten traf nicht ein. Die Gattin des BF gab eine schriftliche Stellungnahme über ihr geführtes Privatleben ab.

2 Politische Lage

Die politische Landschaft des Irak hat sich seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 enorm verändert (KAS 2.5.2018). Gemäß der Verfassung ist der Irak ein demokratischer, föderaler und parlamentarisch-republikanischer Staat (AA 12.2.2018), der aus 18 Provinzen (muhafazät) besteht (Fanack 27.9.2018). Artikel 47 der Verfassung sieht eine Gewaltenteilung zwischen Exekutive, Legislative und Judikative vor (RoI 15.10.2005). Die Autonome Region Kurdistan ist Teil der Bundesrepublik Irak und besteht aus den drei nördlichen Provinzen Dohuk, Erbil und Sulaymaniya. Sie wird von einer Regionalverwaltung, der kurdischen Regionalregierung, verwaltet und verfügt über eigene Streitkräfte (Fanack 27.9.2018).

An der Spitze der Exekutive steht der irakische Präsident, der auch das Staatsoberhaupt ist. Der Präsident wird mit einer Zweidrittelmehrheit des irakischen Parlaments (majlis al-nuwwab, engl.: Council of Representatives, dt.: Repräsentantenrat), für eine Amtszeit von vier Jahren gewählt und genehmigt Gesetze, die vom Parlament verabschiedet werden. Der Präsident wird von zwei Vizepräsidenten unterstützt. Zusammen bilden sie den Präsidialrat (Fanack 27.9.2018).

Teil der Exekutive ist auch der Ministerrat, der sich aus dem Premierminister und anderen Ministern der jeweiligen Bundesregierung zusammensetzt (Fanack 27.9.2018; vergleiche RoI 15.10.2005). Der Premierminister wird vom Präsidenten designiert und vom Parlament bestätigt (RoI 15.10.2005).

Am 2.10.2018 wählte das neu zusammengetretene irakische Parlament den moderaten kurdischen Politiker Barham Salih zum Präsidenten des Irak (DW 2.10.2018). Dieser wiederum ernannte den schiitischen Politik-Veteranen Adel Abd al-Mahdi zum Premierminister und beauftragte ihn mit der Regierungsbildung (BBC 3.10.2018). Abd al-Mahdi ist seit 2005 der erste Premier, der nicht die Linie der schiitischen Da'wa-Partei vertritt, die seit dem Ende des Krieges eine zentrale Rolle in der Geschichte Landes übernommen hat. Er unterhält gute Beziehungen zu den USA. Der Iran hat sich seiner Ernennung nicht entgegengestellt (Guardian 3.10.2018).

Der Premierminister führt den Vorsitz im Ministerrat und leitet damit die tägliche Politik (Fanack

27.9.2018) . Im Gegensatz zum Präsidenten, dessen Rolle weitgehend zeremoniell ist, liegt beim Premierminister damit die eigentliche Exekutivgewalt (Guardian 3.10.2018).

Die gesetzgebende Gewalt, die Legislative, wird vom irakischen Repräsentantenrat (Parlament) ausgeübt (Fanack 27.9.2018). Er besteht aus 329 Abgeordneten (CIA 17.10.2018; vergleiche IRIS

11.5.2018) .

Die konfessionell/ethnische Verteilung der politischen Spitzenposten ist nicht in der irakischen Verfassung festgeschrieben, aber seit 2005 üblich (Standard 3.10.2018). So ist der Parlamentspräsident gewöhnlich ein Sunnite, der Premierminister ist ein Schiite und der Präsident der Republik ein Kurde (Al Jazeera 15.9.2018).

In weiten Teilen der irakischen Bevölkerung herrscht erhebliche Desillusion gegenüber der

politischen Führung (LSE 7.2018; vergleiche IRIS 11.5.2018). Politikverdrossenheit ist weit verbreitet (Standard 13.5.2018). Dies hat sich auch in der niedrigen Wahlbeteiligung bei den Parlamentswahlen im Mai 2018 gezeigt (WZ 12.5.2018). Der Konfessionalismus und die sogennante "Muhassasa", das komplizierte Proporzsystem, nach dem bisher Macht und Geld unter den Religionsgruppen, Ethnien und wichtigsten Stämmen im Irak verteilt wurden, gelten als Grund für Bereicherung, überbordende Korruption und einen Staat, der seinen Bürgern kaum Dienstleistungen wie Strom- und Wasserversorgung, ein Gesundheitswesen oder ein Bildungssystem bereitstellt (TA 12.5.2018).

Viele sunnitische Iraker stehen der schiitischen Dominanz im politischen System kritisch gegenüber. Die Machtverteilungsarrangements zwischen Sunniten und Schiiten sowie Kurden festigen den Einfluss ethnisch-religiöser Identitäten und verhindern die Herausbildung eines politischen Prozesses, der auf die Bewältigung politischer Sachfragen abzielt (AA 12.2.2018).

Die Zeit des Wahlkampfs im Frühjahr 2018 war nichtsdestotrotz von einem Moment des verhaltenen Optimismus gekennzeichnet, nach dem Sieg über den sogenannten Islamischen Staat (IS) im Dezember 2017 (ICG 9.5.2018). Am 9.12.2017 hatte Haider al-Abadi, der damalige irakische Premierminister, das Ende des Krieges gegen den IS ausgerufen (BBC 9.12.2017). Irakische Sicherheitskräfte hatten zuvor die letzten IS-Hochburgen in den Provinzen Anbar, Salah al-Din und Ninewa unter ihre Kontrolle gebracht. (UNSC 17.1.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

https://www.aljazeera.com/news/2018/09/deadlock-broken-iraqi-parliament-elects-speaker-

180915115434675.html, Zugriff 19.10.2018

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/iz.html. Zugriff 19.10.2018

https://www.theguardian.com/world/2018/oct/03/iraqi-president-names-adel-abdul-mahdi-as-

next-prime-minister, Zugriff 18.10.2018

Zugriff 18.10.2018

Elections: A Population in Transition?.

http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC Iraqi-

elections Report 2018.pdf. Zugriff 18.10.2018

deadlock,

https://www.reuters.com/article/us-iraq-politics/iraq-parliament-elects-sunni-

lawmaker-al-halbousi-as-speaker-breaking-deadlock-idUSKCN1LV0BH. Zugriff 18.10.2018

https://derstandard.at/2000079629773/Irakische-Parlamentswahl-ohne-groessere-Zder.
Zugriff

2.11.2018

https://derstandard.at/2000088607743/Neue-alte-Gesichter-fuer-Iraks-Topiobs.

Zugriff

19.10.2018

https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/im-bann-des-misstrauens/storv/

29434606, Zugriff 18.10.2018

pursuant to resolution 2367 (2017),

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/N1800449.pdf, Zugriff 19.10.2018

2.1. Parteienlandschaft

Es gibt vier große schiitische politische Gruppierungen im Irak: die Islamische Da'wa-Partei, den Obersten Islamischen Rat im Irak (OIRI) (jetzt durch die Bildung der Hikma-Bewegung zersplittert), die Sadr-Bewegung und die Badr-Organisation. Diese Gruppen sind islamistischer Natur, sie halten die meisten Sitze im Parlament und stehen in Konkurrenz zueinander - eine Konkurrenz, die sich, trotz des gemeinsamen konfessionellen Hintergrunds und der gemeinsamen Geschichte im Kampf gegen Saddam Hussein, bisweilen auch in Gewalt niedergeschlagen hat (KAS

2.5.2018) .

Die meisten politischen Parteien verfügen über einen bewaffneten Flügel oder werden einer Miliz zugeordnet (Niqash 7.7.2016; vergleiche BP 17.12.2017) obwohl dies gemäß dem Parteiengesetz von 2015 verboten ist (Niqash 7.7.2016; vergleiche WI 12.10.2015). Milizen streben jedoch danach, politische Parteien zu gründen (CGP 4.2018) und haben sich zu einer einflussreichen politischen Kraft entwickelt (Niqash 5.4.2018; vergleiche Guardian 12.5.2018).

Die sunnitische politische Szene im Irak ist durch anhaltende Fragmentierung und Konflikt gekennzeichnet, zwischen Kräften, die auf Provinz-Ebene agieren, und solchen, die auf

Bundesebene agieren. Lokale sunnitische Kräfte haben sich als langlebiger erwiesen als nationale (KAS 2.5.2018)

Die politische Landschaft der Autonomen Region Kurdistan ist historisch von zwei großen Parteien geprägt: der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Dazu kommen Gorran ("Wandel"), eine 2009 gegründete Bewegung, die sich auf den Kampf gegen Korruption und Nepotismus konzentriert, sowie eine Reihe kleinere islamistische Parteien (KAS 2.5.2018).

Abgesehen von den großen konfessionell bzw. ethnisch dominierten Parteien des Irak, gibt es auch nennenswerte überkonfessionelle politische Gruppierungen. Unter diesen ist vor allem die Iraqiyya/Wataniyya Bewegung des Ayad Allawi von Bedeutung (KAS 2.5.2018).

Die folgende Grafik veranschaulicht die Sitzverteilung im neu gewählten irakischen Parlament. Sairoon, unter der Führung des schiitischen Geistlichen Muqtada al-Sadrs, ist mit 54 Sitzen die größte im Parlament vertretene Gruppe, gefolgt von der Fath-Bewegung des Milizenführers Hadi al-Amiri und Haider al-Abadi's Nasr ("Victory")-Allianz (LSE 7.2018).

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Quelle: LSE - London School of Economics and Political Science (7.2018): The 2018 Iraqi Federal Elections, http://eprints.lse.ac.uk/89698/7/MEC_Iraqi-elections_Report_2018.pdf. Zugriff 2.11.2018

Die Wahl im Mai 2018 war von Vorwürfen von Unregelmäßigkeiten und Wahlbetrug begleitet (Al- Monitor 23.8.2018; vergleiche Reuters 24.5.2018, Al Jazeera 6.6.2018). Eine manuelle Nachzählung der Stimmen, die daraufhin angeordnet wurde, ergab jedoch fast keinen Unterschied zu den zunächst verlautbarten Ergebnissen und bestätigte den Sieg von Muqtada al-Sadr (WSJ 9.8.2018; vergleiche Reuters 10.8.2018). Die Mehrheit der Abgeordneten im Parlament ist neu und jung (WZ

9.10.2018) . Im Prozess zur Designierung des neuen Parlamentssprechers, des Präsidenten und des Premierministers stimmten die Abgeordneten zum ersten Mal individuell und nicht in Blöcken - eine Entwicklung, die einen Bruch mit den üblichen, schwer zu durchbrechenden Loyalitäten entlang parteipolitischer, konfessioneller und ethnischer Linien, darstellt (Arab Weekly 7.10.2018).

Quellen:

www.aljazeera.com/news/2018/06/iraq-orders-recount-11-million-votes-12-election-

180606163950024.html. Zugriff 23.10.2018

https://thearabweekly.com/room-optimism-iraq-under-new-leadership. Zugriff 23.10.2018

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2.2. Protestbewegung

Die Protestbewegung, die es schon seit 2014 gibt, gewinnt derzeit an Bedeutung. Zumeist junge Leute gehen in Scharen auf die Straße, fordern bessere Lebensbedingungen, Arbeitsplätze, Reformen, einen effektiven Kampf gegen Korruption und die Abkehr vom religiösen Fundamentalismus (WZ 9.10.2018). Im Juli 2018 brachen im Süden des Landes, in Basra, nahe den Ölfeldern West Qurna und Zubayr Proteste aus. Diese eskalierten, nachdem die Polizei in West Qurna auf Demonstranten schoss (ICG 31.7.2018). Reich an Ölvorkommen, liefert die Provinz Basra 80 Prozent der Staatseinnahmen des Irak. Unter den Einwohnern der Provinz wächst jedoch das Bewusstsein des Gegensatzes zwischen dem enormem Reichtum und ihrer eigenen täglichen Realität von Armut, Vernachlässigung, einer maroden Infrastruktur, Strom- und Trinkwasserknappheit (Carnegie 19.9.2018; vergleiche NPR 27.9.2018).

Die Proteste im Juli weiteten sich schnell auf andere Städte und Provinzen im Süd- und Zentralirak aus (DW 15.7.2018; vergleiche Presse 15.7.2018, CNN 17.7.2018, Daily Star 19.7.2018). So gingen tausende Menschen in Dhi Qar, Maysan, Najaf und Karbala auf die Straße, um gegen steigende Arbeitslosigkeit, Korruption und eine schlechte Regierungsführung, sowie die iranische Einmischung in die irakische Politik zu protestieren (Al Jazeera 22.7.2018). Die Proteste erreichten auch die Hauptstadt Bagdad (Joel Wing 25.7.2018; vergleiche Joel Wing 17.7.2018). Am 20.7. wurden Proteste in 10 Provinzen verzeichnet (Joel Wing 21.7.2018). Demonstranten setzten die Bürogebäude der Da'wa-Partei, der Badr-Organisation und des Obersten Islamischen Rats in Brand; praktisch jede politische Partei wurde angegriffen (Al Jazeera 22.7.2018). Es kam zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften, sowie zu Todesfällen (Kurier 15.7.2018; vergleiche CNN 17.7.2018, HRW 24.7.2018). Ende August war ein Nachlassen der Demonstrationen zu verzeichnen (Al Jazeera 3.8.2018). Im September flammten die Demonstrationen wieder auf. Dabei wurden in Basra Regierungsgebäude, die staatliche Fernsehstation, das iranische Konsulat, sowie die Hauptquartiere fast aller Milizen, die vom Iran unterstützt werden, angegriffen. Mindestens 12 Demonstranten wurden getötet (Vox 8.9.2018; vergleiche NPR 27.9.2018).

Quellen:

https://www.aljazeera.com/indepth/features/iraq-protests-180717074846746.html.

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https://www.npr.org/2018/09/27/651508389/months-of-protests-roil-iraqs-oil-capital-basra?

t = 1539869569857&t= 1540298050551, Zugriff 23.10.2018

https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5464674/Massive-Proteste-breiten-sich-im-

Sueden-des-Irak-aus, Zugriff 24.10.2018

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buildings-iran-consulate-water, Zugriff 24.10.2018

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2.3. Autonome Region Kurdistan

Das Verhältnis der Zentralregierung zur kurdischen Autonomieregion, die einen semi-autonomen Status innehat, hat sich seit der Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums in der Autonomieregion und einer Reihe zwischen Bagdad und Erbil umstrittener Gebiete am 25. September 2017 deutlich verschlechtert (AA 12.2.2018). Die Kurden konnten das von ihnen kontrollierte Territorium im Irak in Folge der Siege gegen den IS zunächst ausdehnen. Mit dem Referendum am 25.9.2017 versuchte die kurdische Regional-Regierung unter Präsident Masud Barzani, ihren Anspruch auch auf die von ihr kontrollierten Gebiete außerhalb der drei kurdischen Provinzen zu bekräftigen und ihre Verhandlungsposition gegenüber der Zentralregierung in Bagdad zu stärken (BPB 24.1.2018).

Bagdad reagierte mit der militärischen Einnahme eines Großteils der umstrittenen Gebiete, die während des Kampfes gegen den IS von kurdischen Peshmerga übernommen worden waren, angefangen mit der ölreichen Region um Kirkuk (AA 12.2.2018). Die schnelle militärische Rückeroberung der umstrittenen Gebiete durch die irakische Armee, einschließlich der Erdöl- und Erdgasfördergebiete um Kirkuk, mit massiver iranischer Unterstützung, bedeutete für die kurdischen Ambitionen einen Dämpfer. Präsident Barzani erklärte als Reaktion darauf am 29.10.2017 seinen Rücktritt. Der kampflose Rückzug der kurdischen Peshmerga scheint auch auf zunehmende Differenzen zwischen den kurdischen Parteien hinzudeuten (BPB 24.1.2018).

Grundlegende Fragen wie Öleinnahmen, Haushaltsfragen und die Zukunft der umstrittenen Gebiete sind weiterhin ungelöst zwischen Bagdad und der kurdischen Autonomieregion (AA

12.2.2018) .

Im Dezember 2017 forderte die gewaltsame Auflösung von Demonstrationen gegen die Regionalregierung in Sulaymaniya mehrere Todesopfer. Daraufhin hat sich die Oppositionspartei Gorran aus dem kurdischen Parlament zurückgezogen (BPB 24.1.2018). In der Autonomieregion gehen die Proteste schon auf die Zeit gleich nach 2003 zurück und haben seitdem mehrere Phasen durchlaufen. Die Hauptforderungen der Demonstranten sind jedoch gleich geblieben und drehen sich einerseits um das Thema Infrastrukturversorgung und staatliche Leistungen (Strom, Wasser, Bildung, Gesundheitswesen, Straßenbau, sowie die enormen Einkommensunterschiede) und andererseits um das Thema Regierungsführung (Rechenschaftspflicht, Transparenz und Korruption) (LSE 4.6.2018).

Am 30.9.2018 fanden in der kurdischen Autonomieregion Wahlen zum Regionalparlament statt (Tagesschau 30.9.2018). Mit einer Verzögerung von drei Wochen konnte die regionale Wahlkommission am 20.10.2018 die Endergebnisse veröffentlichen. Zahlreiche Parteien hatten gegen die vorläufigen Ergebnisse Widerspruch eingelegt. Gemäß der offiziellen Endergebnisse gewann die KDP mit 686.070 Stimmen (45 Sitze), vor der PUK mit 319.912 Stimmen (21 Sitze) und Gorran mit

186.903 Stimmen (12 Sitze) (ANF 21.10.2018; vergleiche Al Jazeera 21.10.2018, RFE/RL

21.10.2018) . Die Oppositionsparteien lehnen die Abstimmungsergebnisse ab und sagen, dass Beschwerden über den Wahlbetrug nicht gelöst wurden (Al Jazeera 21.10.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

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https://anfdeutsch.com/kurdistan/wahlergebnisse-in-suedkurdistan-veroeffentlicht-7293.

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https://www.bpb.de/internationales/weltweit/innerstaatliche-konflikte/54641/kurdenkonflikt.

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Zugriff

23.10.2018

https://www.tagesschau.de/ausland/irak-kurden-wahlen-101.html. Zugriff 23.10.2018

3. Sicherheitslage

Im Dezember 2017 erklärte die irakische Regierung den militärischen Sieg über den Islamischen Staat (IS). Die Sicherheitslage hat sich. seitdem die territoriale Kontrolle des IS gebrochen wurde. verbessert (CRS 4.10.2018; vergleiche MIGRI 6.2.2018). IS-Kämpfer sind jedoch weiterhin in manchen Gebieten aktiv. die Sicherheitslage ist veränderlich (CRS 4.10.2018).

Derzeit ist es staatlichen Stellen nicht möglich. das Gewaltmonopol des Staates sicherzustellen. Insbesondere schiitische Milizen. aber auch sunnitische Stammesmilizen handeln eigenmächtig. Die im Kampf gegen den IS mobilisierten. zum Teil vom Iran unterstützten Milizen sind nur eingeschränkt durch die Regierung kontrollierbar und stellen eine potenziell erhebliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Durch die teilweise Einbindung der Milizen in staatliche Strukturen (zumindest formaler Oberbefehl des Ministerpräsidenten. Besoldung aus dem Staatshaushalt) verschwimmt die Unterscheidung zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (AA

12.2.2018) .

In der Wirtschaftsmetropole Basra im Süden des Landes können sich die staatlichen Ordnungskräfte häufig nicht gegen mächtige Stammesmilizen mit Verbindungen zur Organisierten Kriminalität durchsetzen. Auch in anderen Landesteilen ist eine Vielzahl von Gewalttaten mit rein kriminellem Hintergrund zu beobachten (AA 12.2.2018). Insbesondere in Bagdad kommt es zu Entführungen durch kriminelle Gruppen. die Lösegeld für die Freilassung ihrer Opfer fordern (MIGRI 6.2.2018).

Quellen:

https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

Security in Iraq variable but improving.

https://yle.fi/uutiset/osasto/news/finnish_immigration_service_report_security_in_iraq_variable

but improving/10061710. Zugriff 30.10.2018

3.1. Islamischer Staat (IS)

Seitdem der IS Ende 2017 das letzte Stück irakischen Territoriums verlor. hat er drei Phasen durchlaufen: Zunächst kam es für einige Monate zu einer Phase remanenter Gewalt; dann gab es einen klaren taktischen Wandel, weg von der üblichen Kombination aus Bombenanschlägen und Schießereien, zu einem Fokus auf die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes. Die Kämpfer formierten sich neu und im Zuge dessen kam es zu einem starken Rückgang an Angriffen. Jetzt versucht der IS, die Kontrolle über die ländlichen Gebiete im Zentrum des Landes und über Grenzgebiete zurückzuerlangen. Gleichzeitig verstärkt er die direkte Konfrontation mit den Sicherheitskräften (Joel Wing 3.7.2018). Im September 2018 fanden die IS-Angriffe wieder vermehrt in Bagdad statt und es ist eine Rückkehr zu Selbstmordanschlägen und Autobomben feststellbar (Joel Wing 6.10.2018).

Mit Stand Oktober 2018 waren Einsätze der irakischen Sicherheitskräfte gegen IS-Kämpfer in den Provinzen Anbar, Ninewa, Diyala und Salah al-Din im Gang. Ziel war es, den IS daran zu hindern sich wieder zu etablieren und ihn von Bevölkerungszentren fernzuhalten. Irakische Beamte warnen vor Bemühungen des IS, Rückzugsorte in Syrien für die Infiltration des Irak zu nutzen. Presseberichte und Berichte der US-Regierung sprechen von anhaltenden IS-Angriffen, insbesondere in ländlichen Gebieten von Provinzen, die vormals vom IS kontrolliert wurden (CRS 4.10.2018; vergleiche ISW 2.10.2018, Atlantic 31.8.2018, Jamestown 28.7.2018, Niqash 12.7.2018). In diesen Gebieten oder in Gebieten, in denen irakische Sicherheitskräfte abwesend sind, kommt es zu Drohungen, Einschüchterungen und Tötungen durch IS-Kämpfer, vor allem nachts

(CRS

4.10.2018) . Es gibt immer häufiger Berichte über Menschen, die aus Dörfern in ländlichen Gebieten, wie dem Bezirk Khanaqin im Nordosten Diyalas, fliehen. Ortschaften werden angegriffen und Steuern vom IS erhoben. Es gibt Gebiete, die in der Nacht No-go-Areas für die Sicherheitskräfte sind und IS-Kämpfer, die sich tagsüber offen zeigen. Dies geschieht trotz ständiger Razzien durch die Sicherheitskräfte, die jedoch weitgehend wirkungslos sind (Joel Wing

6.10.2018) .

Die Extremisten richten auch falsche Checkpoints ein, an denen sie sich als Soldaten ausgeben, Autos anhalten und deren Insassen entführen, töten oder berauben (Niqash 12.7.2018; vergleiche WP

17.7.2018) .

Das Hauptproblem besteht darin, dass es in vielen dieser ländlichen Gebiete wenig staatliche Präsenz gibt und die Bevölkerung eingeschüchtert wird (Joel Wing 6.10.2018). Sie kooperiert aus Angst nicht mit den Sicherheitskräften. Im vergangenen Jahr hat sich der IS verteilt und in der Zivilbevölkerung verborgen. Kämpfer verstecken sich an den unzugänglichsten Orten: in Höhlen, Bergen und Flussdeltas. Der IS ist auch zu jenen Taktiken zurückgekehrt, die ihn 2012 und 2013 zu einer Kraft gemacht haben: Angriffe, Attentate und Einschüchterungen, besonders nachts. In den überwiegend sunnitischen Provinzen, in denen der IS einst dominant war (Diyala, Salah al-Din und Anbar), führt die Gruppe nun wieder Angriffe von großer Wirkung durch (Atlantic 31.8.2018).

Quellen:

https://www.theatlantic.com/international/archive/2018/08/iraq-isis/569047/. Zugriff 30.10.2018

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https://iamestown.org/program/is-islamic-state-making-plans-for-a-comeback-in-iraq/.
Zugriff

30.10.2018

9d59-dccc2c0cabcf story.html?noredirect=on&utm term=.8ebfcea17e9f, Zugriff 30.10.2018

3.2. Sicherheitsrelevante Vorfälle, Opferzahlen

Der Irak verzeichnet derzeit die niedrigste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 (Joel Wing 5.4.2018). Die Sicherheitslage ist in verschiedenen Teilen des Landes sehr unterschiedlich, insgesamt hat sich die Lage jedoch verbessert (MIGRI

6.2.2018) .

So wurden beispielsweise im September 2018 vom Irak-Experten Joel Wing 210 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 195 Todesopfern im Irak verzeichnet. Dem standen im September des Jahres 2017 noch 306 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 728 Todesopfern gegenüber. Die Provinzen mit der höchsten Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im September 2018 waren Bagdad mit 65 Vorfällen, Diyala mit 36, Kirkuk mit 31, Salah al-Din mit 21, Ninewa mit 18 und Anbar mit 17 Vorfällen (Joel Wing 6.10.2018).

Die folgende Grafik von ACCORD zeigt, im linken Bild, die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle mit mindestens einem Todesopfer im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt. Auf der rechten Karte ist die Zahl der Todesopfer im Irak, im zweiten Quartal 2018, nach Provinzen aufgeschlüsselt, dargestellt (ACCORD 5.9.2018).

Bild kann nicht dargestellt werden

Staatsgrenzen: GADM, November 2015a; Verwaltungsgliederung: GADM, November 2015b; Vorfallsdaten: ACLED, 4. September 2018;

Küstenlinien und Binnengewässer: Smith und Wessel, 1. Mai 2015

Quelle: ACCORD (5.9.2018): Irak, 2. Quartal 2018: Kurzübersicht über Vorfälle aus ACLED, https:// www.ecoi.net/en/file/local/1442566/1930 1536217374 2018a2iraa-de.pdf. Zugriff 29.10.2018

Laut Angaben von UNAMI. der Unterstützungsmission der Vereinten Nationen im Irak. wurden im September 2018 im Irak insgesamt 75 irakische Zivilisten durch Terroranschläge. Gewalt und bewaffnete Konflikte getötet und weitere 179 verletzt (UNAMI 1.10.2018). Insgesamt verzeichnete UNAMI im Jahr 2017 3.298 getötete und 4.781 verwundete Zivilisten. Nicht mit einbezogen in diesen Zahlen waren zivile Opfer aus der Provinz Anbar im November und Dezember 2017. für die keine Angaben verfügbar sind. Laut UNAMI handelt es sich bei den Zahlen um absolute Mindestangaben. da die Unterstützungsmission bei der Überprüfung von Opferzahlen in bestimmten Gebieten eingeschränkt ist (UNAMI 2.1.2018). Im Jahr 2016 betrug die Zahl getöteter Zivilisten laut UNAMI noch 6.878 bzw. die verwundeter Zivilisten 12.388. Auch diese Zahlen beinhalten keine zivilen Opfer aus Anbar für die Monate Mai. Juli. August und Dezember (UNAMI 3.1.2017)

Die folgenden Grafiken von Iraq Body Count (IBC) stellen die von IBC im Irak dokumentierten zivilen Todesopfer dar. Seit Februar 2017 sind nur vorläufige Zahlen (in grau) verfügbar. Das erste Diagramm stellt die von IBC dokumentierten zivilen Todesopfer im Irak seit 2003 dar (pro Monat jeweils ein Balken). Die zweite Tabelle gibt die Zahlen selbst an. Laut Tabelle. dokumentierte IBC im September 2018 241 zivile Todesopfer im Irak. Im September 2017 betrug die Zahl von

IBC

dokumentierter ziviler Todesopfer im Irak 490; im September 2016

935. Insgesamt dokumentierte IBC von Januar bis September 2018 2.699 getötete Zivilisten im Irak. Im Jahr 2017 dokumentierte IBC 13.178 zivile Todesopfer im Irak; im Jahr 2016 betrug diese Zahl 16.393 (IBC 9.2018).

Bild kann nicht dargestellt werden

Quelle: IBC - Iraq Body Count (9.2018): Database - Documented civilian deaths from violence,

https://www.iraqbodycount.org/database/. Zugriff 31.10.2018

Monthly civilian deaths from violence, 2003 onwards

 

Jan

Feb

Mar

Apr

May

Jun

Jul

Aug

Sep

Oct

Nov

Dec

 

2003

3

2

3977

3438

545

597

646

833

566

515

487

524

12,133

2004

610

663

1004

1303

655

909

834

878

1042

1033

1676

1129

11,736

2005

1222

1297

905

1145

1396

1347

1536

2352

1444

1311

1487

1141

16,583

2006

1546

1579

1957

1804

2278

2593

3298

2865

2565

3037

3095

2900

29,517

2007

3032

2679

2726

2566

2851

2216

2696

2481

1387

1324

1124

996

26,078

2008

858

1092

1667

1315

914

753

639

704

612

594

540

586

10,274

2009

372

407

438

589

428

563

431

653

350

441

226

478

5,376

2010

267

305

336

385

387

385

488

520

254

315

307

218

4,167

2011

389

254

311

289

381

386

308

401

397

366

288

392

4,162

2012

531

356

377

392

304

529

469

422

400

290

253

299

4,622

2013

357

360

403

545

888

659

1145

1013

1306

1180

870

1126

9.852

2014

1097

972

1029

1037

1100

4088

1580

3340

1474

1738

1436

1327

20,218

2015

1490

1625

1105

2013

1295

1355

1845

1991

1445

1297

1021

1096

17,578

2016

1374

1258

1459

1192

1276

1405

1280

1375

935

1970

1738

1131

16,393

2017

1119

982

1920

1816

1871

1858

1498

597

490

397

346

 

13,187

2018

474

410

402

303

229

209

230

201

241

 

 

 

2,699

Quelle: IBC - Iraq Body Count

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for the Month of December 2016, http://www.uniraq.org/index.php?

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2016&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018

for the Month of December 2017, http://www.uniraq.org/index.php?

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2017&Itemid=633&lang=en Zugriff 31.10.2018

for the Month of September 2018, http://www.uniraq.org/index.php?

option=com_k2&view=item&id=9687:un-casualty-figures-for-iraq-for-the-month-of-september-

2018&Itemid=633&lang=en, Zugriff 31.10.2018

3.3. Sicherheitslage Bagdad

Die Provinz Bagdad ist die kleinste und am dichtesten bevölkerte Provinz des Irak, mit einer Bevölkerung von mehr als sieben Millionen Menschen. Die Mehrheit der Einwohner Bagdads sind Schiiten. In der Vergangenheit umfasste die Hauptstadt viele gemischte schiitische, sunnitische und christliche Viertel, der Bürgerkrieg von 2006-2007 veränderte jedoch die demografische Verteilung in der Stadt und führte zu einer Verringerung der sozialen Durchmischung sowie zum Entstehen von zunehmend homogenen Vierteln. Viele Sunniten flohen aus der Stadt, um der Bedrohung durch schiitische Milizen zu entkommen. Die Sicherheit der Provinz wird sowohl vom "Baghdad Operations Command" kontrolliert, der seine Mitglieder aus der Armee, der Polizei und dem Geheimdienst zieht, als auch von den schiitischen Milizen, die als stärker werdend beschrieben werden (OFPRA 10.11.2017).

Im Jahr 2016 verzeichnete die Provinz Bagdad noch immer die höchste Zahl an Opfern im gesamten Land. Die Sicherheitslage verbesserte sich jedoch in Bagdad als die Schlacht um Mosul begann. Während Joel Wing im Januar 2016 in Bagdad noch durchschnittlich 11,6 Angriffe pro Tag verzeichnete, sank diese Zahl zwischen April und September 2017 auf durchschnittlich 3 Angriffe pro Tag (OFPRA 10.11.2017; vergleiche Joel Wing 8.7.2017, Joel Wing 4.10.2017). Seit 2016 ist das Ausmaß der Gewalt in Bagdad allmählich zurückgegangen. Es gab einen Rückgang an IS- Aktivität, nach den Vorstößen der irakischen Truppen im Nordirak, obwohl der IS weiterhin regelmäßig Angriffe gegen militärische und zivile Ziele durchführt, insbesondere, aber nicht ausschließlich, in schiitischen Stadtvierteln. Darüber hinaus sind sunnitische Bewohner der Gefahr von Übergriffen durch schiitische Milizen ausgesetzt, einschließlich Entführungen und außergerichtlichen Hinrichtungen (OFPRA 10.11.2017).

Terroristische und politisch motivierte Gewalt setzte sich das ganze Jahr 2017 über fort. Bagdad war besonders betroffen. UNAMI berichtete, dass es von Januar bis Oktober 2017 in Bagdad fast täglich zu Angriffen mit improvisierten Sprengkörpern kam. Laut UNAMI zielten einige Angriffe auf Regierungsgebäude oder Checkpoints ab, die von Sicherheitskräften besetzt waren, während viele andere Angriffe auf Zivilisten gerichtet waren. Der IS führte Angriffe gegen die Zivilbevölkerung durch, einschließlich Autobomben- und Selbstmordattentate (USDOS 20.4.2018).

Laut Joel Wing kam es im Januar 2018 noch zu durchschnittlich 3,3 sicherheitsrelevanten Vorfällen in Bagdad pro Tag, eine Zahl die bis Juni 2018 auf durchschnittlich 1,1 Vorfälle pro Tag sank (Joel Wing 3.7.2018). Seit Juni 2018 ist die Zahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Bagdad langsam wieder auf 1,5 Vorfälle pro Tag im Juli, 1,8 Vorfälle pro Tag im August und 2,1 Vorfälle pro Tag im September gestiegen. Diese Angriffe bleiben Routine, wie Schießereien und improvisierte Sprengkörper und konzentrieren sich hauptsächlich auf die äußeren südlichen und nördlichen Gebiete der Provinz (Joel Wing 6.10.2018).

Insgesamt kam es im September 2018 in der Provinz Bagdad zu 65 sicherheitsrelevanten Vorfällen. Damit verzeichnete Bagdad die höchste Anzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen im ganzen Land (Joel Wing 6.10.2018). Auch in der ersten und dritten Oktoberwoche 2018 führte Bagdad das Land in Bezug auf die Anzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle an. Wenn man jedoch die Größe der Stadt bedenkt, sind Angriffe immer noch selten (Joel Wing 9.10.2018 und Joel Wing

30.10.2018) .

In Bezug auf die Opferzahlen war Bagdad von Januar bis März 2018, im Mai 2018, sowie von Juli bis September 2018 die am schwersten betroffene Provinz im Land (UNAMI 1.2.2018; UNAMI 2.3.2018; UNAMI 4.4.2018; UNAMI 31.5.2018; UNAMI 1.8.2018; UNAMI 3.9.2018; UNAMI

1.10.2018) . Im September 2018 verzeichnete UNAMI beispielsweise 101 zivile Opfer in Bagdad (31 Tote, 70 Verletzte) (UNAMI 1.10.2018).

Quellen:

In Iraq June 2017,
https://musingsoniraq.blogspot.com/2017/07/3230-dead-1128-wounded-in-iraq-june-

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In September 2017 In

Iraq,

https://musingsoniraq.blogspot.com/2017/10/728-dead-and-549-wounded-in-

september.htm l , Zugriff 1.11.2018

https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/security-in-iraq-oct-1-7-2018.html.

Zugriff

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https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/10/securitv-in-iraq-oct-22-28-2018.html.
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situation in Baghdad Governorate,

https://www.ofpra.gouv.fr/sites/default/files/atoms/files/39_irq_security_situation_in_baghdad.p df, Zugriff 31.10.2018UNAMI - United Nations Assistance Mission in Iraq (1.2.2018): UN Casualty Figures for Iraq for the Month of January 2018, http://www.uniraq.org/index.php? option=com k2&view=item&id=8500:un-casualtv-figures-for-iraq-for-the-month-of-januarv-

2018&Itemid=633&lang=en. Zugriff 1.11.2018

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for the Month of March 2018, http://www.uniraq.org/index.php?

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for the Month of May 2018, http://www.uniraq.org/index.php?

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for the Month of July 2018, http://www.uniraq.org/index.php?

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for the Month of August 2018, http://www.uniraq.org/index.php?

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2018&Itemid=633&lang=en. Zugriff 1.11.2018

2018&Itemid=633&lang=en. Zugriff 31.10.2018

3.4. Sicherheitslage Autonome Region Kurdistan (KRG)

In Erbil bzw. Sulaymaniya und unmittelbarer Umgebung erscheint die Sicherheitssituation vergleichsweise besser als in anderen Teilen des Irak. Allerdings ist die derzeitige Sicherheitssituation aufgrund der andauernden Kämpfe, in die teilweise auch die kurdischen Streitkräfte (Peshmerga) und diverse Milizen eingebunden sind, besorgniserregend. Insbesondere Einrichtungen der kurdischen Regionalregierung und politischer Parteien sowie militärische und polizeiliche Einrichtungen können immer wieder Ziele terroristischer Attacken sein (BMEIA

1.11.2018) .

Die türkische Armee führt regelmäßig (teilweise im Abstand von wenigen Tagen) Luftangriffe auf PKK-Ziele in der kurdischen Autonomieregion im Irak durch. Beide Seiten (sowohl die Türkei als auch die PKK) geben wenig Informationen über die Opfer. In Einzelfällen handelt es sich um Zivilisten (CEDOCA 14.3.2018).

Nachdem die Kurdische Demokratische Partei des Iran (KDPI) ihre bewaffneten Aktivitäten im Jahr 2015 wieder aufnahm, fanden 2016 zum ersten Mal seit zehn Jahren auch wieder iranische Angriffe auf KDPI-Ziele in der Autonomen Region Kurdistan-Irak statt (CEDOCA 14.3.2018). Iranische Revolutionsgarden führten gezielte Tötungen von KDPI-Mitgliedern in der Autonomen Region Kurdistan durch (Al Monitor 7.3.2018). Der Iran hat in der Vergangenheit auch bewaffnete kurdische Oppositionsgruppen im Irak beschossen. Auch im September 2018 kam es zu einem tödlichen Raketenangriff der iranischen Revolutionsgarden auf die KDPI im Irak (Reuters 8.9.2018; vergleiche RFE/RL 9.9.2018).

Quellen:

https://www.al-monitor.com/pulse/originals/2018/03/iran-kdpi-kurdish-opposition-iraq-

assassinations-rahmani.html, Zugriff 1.11.2018

Reiseinformation: Irak,

https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/irak/.

Zugriff 1.11.2018

https://www.cgra.be/sites/default/files/rapporten/coi_focus_irak._situation_securitaire_dans_la

_region_autonome_du_kurdistan_0.pdf. Zugriff 1.11.2018

https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-iran/iran-attacks-iranian-kurdish-

opposition-group-base-in-iraq-idUSKCN1LO0KZ. Zugriff 1.11.2018

3.5. Sicherheitslage Nord- und Zentralirak

In den Provinzen Ninewa und Salah al-Din muss weiterhin mit schweren Anschlägen und offenen bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen dem IS und irakischen Sicherheitskräften gerechnet werden. Diese Gefährdungslage gilt ebenfalls für die Provinz Anbar und die Provinz Ta'mim (Kirkuk), sowie auch für die Provinz Diyala. Hinzu kommen aktuelle Spannungen zwischen irakischen Streitkräften und kurdischen Peshmerga (AA 1.11.2018).

Mit dem Zuwachs und Gewinn an Stärke von lokalen und sub-staatlichen Kräften, haben diese auch zunehmend Verantwortung für die Sicherheit, politische Steuerung und kritische

Dienstleistungen übernommen. Infolgedessen ist der Nord- und Zentralirak, obgleich nicht mehr unter der Kontrolle des IS, auch nicht unter fester staatlicher Kontrolle. Die Fragmentierung der Macht und die große Anzahl an mobilisierten Kräften mit widersprüchlichen Loyalitäten und Programmen stellt eine erhebliche Herausforderung für die allgemeinen Stabilität dar (GPPI

3.2018) .

Der Zentralirak ist derzeit der wichtigste Stützpunkt für den IS. Die Gewalt dort nahm im Sommer 2018 zu, ist aber inzwischen wieder gesunken. In der Provinz Diyala beispielsweise fiel die Zahl sicherheitsrelevanter Vorfälle von durchschnittlich 1,7 Vorfällen pro Tag im Juni 2018 auf 1,1 Vorfälle im Oktober 2018. Auch in der Provinz Salah al-Din kam es im Juni 2018 zu durchschnittlich 1,4 sicherheitsrelevanten Vorfällen pro Tag, im Oktober jedoch nur noch zu 0,5. Die Provinz Kirkuk verzeichnete im Oktober 2018 einen Anstieg an sicherheitsrelevanten Vorfällen, mit durchschnittlich 1,5 Vorfällen pro Tag, die höchste Zahl seit Juni 2018. Die Anzahl der Vorfälle selbst ist jedoch nicht so maßgeblich wie die Art der Vorfälle und die Schauplätze an denen sie ausgeübt werden. Der IS ist in allen ländlichen Gebieten der Provinz Diyala, in Süd-Kirkuk, Nord- und Zentral-Salah-al-Din tätig. Es gibt regelmäßige Angriffe auf Städte; Zivilisten und Beamte werden entführt; Steuern werden erhoben und Vergeltungsmaßnahmen gegen diejenigen ausgeübt, die sich weigern zu zahlen; es kommt auch regelmäßige zu Schießereien. Es gibt immer mehr Berichte über IS-Mitglieder, die sich tagsüber im Freien bewegen und das Ausmaß ihrer Kontrolle zeigen. Die Regierung hat in vielen dieser Gegenden wenig Präsenz und die anhaltenden Sicherheitseinsätze sind ineffektiv, da die Kämpfer ausweichen, wenn die Einsätze im Gang sind, und zurückkehren, wenn sie wieder beendet sind. Der IS verfügt derzeit über eine nach außen hin expandierende Kontrolle in diesen Gebieten (Joel Wing 2.11.2018).

Quellen:

https://www.auswaertiges-amt.de/de/iraksicherheit/202738. Zugriff 1.11.2018

and the Micro-Politics of Control,

http://www.gppi.net/fileadmin/user upload/media/pub/2018/Gaston Derzsi-

Horvath Iraq After ISIL.pdf, Zugriff 5.11.2018

In Iraq,

https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/11/october-2018-islamic-state-

expanding.html, Zugriff 5.11.2018

3.6. Sicherheitslage Süden

Der gesamte südliche Teil des Irak, einschließlich der Provinz Babil, steht nominell unter der Kontrolle der irakischen Regierung. Vielerorts scheinen die Regierungsbehörden gegenüber lokalen Stämmen und Milizen noch immer in einer schwächeren Position zu sein. Die irakische Regierung war gezwungen, dem Kampf gegen den IS im Zentral- und Nordirak in den letzten Jahren Vorrang einzuräumen und bedeutende militärische und polizeiliche Ressourcen aus dem

Süden abzuziehen und in diese Gegenden zu entsenden. Vor diesem Hintergrund sind Stammeskonflikte, eskalierende Gesetzlosigkeit und Kriminalität ein Problem der lokalen Sicherheitslage. Die Bemühungen der Regierung, die Kontrolle wieder zu übernehmen, scheinen noch nicht zum entscheidenden Erfolg geführt zu haben. Regierungsnahe Milizen sind in unterschiedlichem Maße präsent, aber der Großteil ihrer Kräfte wird im Norden eingesetzt. Terrorismus und Terrorismusbekämpfung spielen im Süden nach wie vor eine Rolle, insbesondere in Babil, aber im Allgemeinen in geringerem Maße als weiter im Norden. Noch immer gibt es vereinzelte Terroranschläge (Landinfo 31.5.2018).

In der Provinz Basra kam es in den vergangenen Monaten immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bewaffneter Gruppierungen. In Basra und den angrenzenden Provinzen besteht ebenfalls das Risiko von Entführungen (AA 1.11.2018).

Seit 2015 finden in allen Städten des Südirak regelmäßig Demonstrationen statt, um gegen die Korruption der Regierung und die Arbeitslosigkeit zu protestieren und eine bessere Infrastruktur zu fordern. Gewöhnlich finden diese Demonstrationen in Ruhe statt, sie haben jedoch auch schon zu Zusammenstößen mit der Polizei geführt, zu Verletzten und Toten (CEDOCA 28.2.2018). Dies war auch im Juli und September 2018 der Fall, als Demonstranten bei Zusammenstößen mit der Polizei getötet wurden (Al Jazeera 16.7.2018; vergleiche Joel Wing 5.9.2018, AI 7.9.2018).

Quellen:

https://www.auswaertiges-amt.de/de/iraksicherheit/202738. Zugriff 1.11.2018

protesters in Basra,

https://www.amnesty.org/download/Documents/MDE1490552018ENGLISH.PDF.

Zugriff

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https://www.aljazeera.com/news/2018/07/death-toll-rises-southern-iraq-protests-

180716181812482.html, Zugriff 2.11.2018

et aux apatrides (28.2.2018): IRAK: Situation securitaire dans le sud de l'Irak,

https://www.cgra.be/sites/default/files/rapporten/coi focus irak situation securitaire dans le

sud de lirak 20180228.pdf, Zugriff 1.11.2018

https://musingsoniraq.blogspot.com/2018/09/basra-explodes-in-rage-and-riots-over.html.

Zugriff 2.11.2018

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4. Rechtsschutz / Justizwesen

Die Bundesjustiz besteht aus dem Obersten Justizrat (Higher Judicial Council, HJC), dem Bundesgerichtshof, dem Kassationsgericht, der Staatsanwaltschaft, der Justizaufsichtskommission und anderen Bundesgerichten, die durch das Gesetz geregelt werden. Das reguläre

Strafjustizsystem besteht aus Ermittlungsgerichten, Gerichten der ersten Instanz, Berufungsgerichten, dem Kassationsgerichtshof und der Staatsanwaltschaft (LIFOS 8.5.2014). Das Oberste Bundesgericht erfüllt die Funktion eines Verfassungsgerichts (AA 12.2.2018).

Die Verfassung garantiert die Unabhängigkeit der Justiz (Stanford 2013; vergleiche AA 12.2.2018). Jedoch schränken bestimmte gesetzliche Bestimmungen die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Justiz ein. Darüber hinaus schwächen die Sicherheitslage und die politische Geschichte des Landes die Unabhängigkeit der Justiz (USDOS 20.4.2018). Die Rechtsprechung ist in der Praxis von einem Mangel an kompetenten Richtern, Staatsanwälten sowie Justizbeamten gekennzeichnet. Eine Reihe von Urteilen lassen auf politische Einflussnahme schließen. Hohe Richter werden oftmals auch unter politischen Gesichtspunkten ausgewählt (AA 12.2.2018).

Zudem ist die Justiz von Korruption, politischem Druck, Stammeskräften und religiösen Interessen beeinflusst. Aufgrund von Misstrauen gegenüber Gerichten oder fehlendem Zugang wenden sich viele Iraker an Stammesinstitutionen, um Streitigkeiten beizulegen, selbst wenn es sich um schwere Verbrechen handelt (FH 16.1.2018).

Eine Verfolgung von Straftaten findet nur unzureichend statt (AA 12.2.2018). Strafverfahren sind zutiefst mangelhaft (FH 16.1.2018). Es mangelt an ausgebildeten, unbelasteten Richtern; eine rechtsstaatliche Tradition gibt es nicht. Häufig werden übermäßig hohe Strafen verhängt. Obwohl nach irakischem Strafprozessrecht Untersuchungshäftlinge binnen 24 Stunden einem Untersuchungsrichter vorgeführt werden müssen, wird diese Frist nicht immer respektiert und zuweilen auf 30 Tage ausgedehnt. Es gibt häufig Fälle überlanger Untersuchungshaft, ohne dass die Betroffenen, wie vom irakischen Gesetz vorgesehen, einem Richter oder Staatsanwalt vorgeführt würden. Freilassungen erfolgen mitunter nur gegen Bestechungszahlungen. Insbesondere Sunniten beschweren sich über "schiitische Siegerjustiz" und einseitige Anwendung der bestehenden Gesetze zu ihren Lasten. Das seit 2004 geltende Notstandsgesetz ermöglicht der Regierung Festnahmen und Durchsuchungen unter erleichterten Bedingungen (AA 12.2.2018).

Korruption oder Einschüchterung beeinflussen Berichten zufolge einige Richter in Strafsachen auf der Prozessebene und bei der Berufung vor dem Kassationsgericht. Die Integritätskommission untersucht routinemäßig Richter wegen Korruptionsvorwürfen, aber einige Untersuchungen sind Berichten zufolge politisch motiviert. Zahlreiche Drohungen und Morde durch konfessionelle, extremistische und kriminelle Elemente sowie der Stämme beeinträchtigten die Unabhängigkeit der Justiz. Richter, Anwälte und ihre Familienangehörigen sind häufig mit Morddrohungen und Angriffen konfrontiert (USDOS 20.4.2018). Nicht nur Polizei Richter, sondern auch Anwälte, können dem Druck einflussreicher Personen, z.B. der Stämme, ausgesetzt sein. Dazu kommt noch Überlastung. Ein Untersuchungsrichter kann beispielsweise die Verantwortung über ein Gebiet von einer Million Menschen haben, was sich negativ auf die Rechtsstaatlichkeit auswirkt (LIFOS 8.5.2014).

Die Verfassung gibt allen Bürgern das Recht auf einen fairen und öffentlichen Prozess. Dennoch verabsäumen es Beamte routinemäßig, Angeklagte unverzüglich oder detailliert über die gegen sie erhobenen Vorwürfe zu informieren. In zahlreichen Fällen dienen erzwungene Geständnisse als primäre Beweisquelle. Beobachter berichteten, dass Verfahren nicht den internationalen Standards entsprechen. Obwohl Ermittlungs-, Prozess- und Berufungsrichter im Allgemeinen versuchen, das Recht auf ein faires Verfahren durchzusetzen, ist der unzureichende Zugang der Angeklagten zu Verteidigern ein schwerwiegender Mangel im Verfahren. Viele Angeklagte treffen ihre Anwälte zum ersten Mal während der ersten Anhörung und haben nur begrenzten Zugang zu Rechtsbeistand während der Untersuchungshaft. Dies gilt insbesondere für die Anti-Terror-Gerichte, wo Justizbeamte Berichten zufolge versuchen, Schuldsprüche und Urteilsverkündungen für Tausende von verdächtigen IS-Mitgliedern in kurzer Zeit abzuschließen (USDOS 20.4.2018).

2017 endeten viele Schnellverfahren gegen Terrorverdächtige mit Todesurteilen. Zwischen Juli und August 2017 erließen die irakischen Behörden auch Haftbefehle gegen mindestens 15 Rechtsanwälte, die mutmaßliche IS-Mitglieder verteidigt hatten. Den Anwälten wurde vorgeworfen, sie stünden mit dem IS in Verbindung (AI 22.2.2018).

Nach Ansicht der Regierung gibt es im Irak keine politischen Gefangenen. Alle inhaftierten Personen sind demnach entweder strafrechtlich verurteilt oder angeklagt oder befinden sich in Untersuchungshaft. Politische Gegner der Regierung behaupteten jedoch, diese habe Personen wegen politischer Aktivitäten oder Überzeugungen unter dem Vorwand von Korruption, Terrorismus und Mord inhaftiert oder zu inhaftieren versucht (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 16.7.2018

13.7.2018

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/iraq. Zugriff 25.7.2018

https://landinfo.no/asset/2872/1/2872 1.pdf, Zugriff 13.7.2018

4.1. Ergänzende Informationen zur Autonomen Region Kurdistan (KRG)

Auch die Lage in der Autonomen Region Kurdistan ist von Defiziten der rechtsstaatlichen Praxis gekennzeichnet (AA 12.2.2018). Der Kurdische Justizrat ist rechtlich, finanziell und administrativ unabhängig vom Justizministerium der Regierung der Autonomen Region Kurdistan, die Exekutive beeinflusst jedoch politisch sensible Fälle. Beamte der Region Kurdistan-Irak berichten, dass Staatsanwälte und Verteidiger bei der Durchführung ihrer Arbeit häufig auf Hindernisse stoßen und dass Prozesse aus administrativen Gründen unnötig verzögert werden. Nach Angaben der Unabhängigen Menschenrechtskommission der Region Kurdistan-Irak bleiben Häftlinge auch nach gerichtlicher Anordnungen ihrer Freilassung für längere Zeit in den Einrichtungen des internen Sicherheitsdienstes der kurdischen Regierung (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 16.7.2018

5. Sicherheitskräfte und Milizen

Im ganzen Land sind zahlreiche innerstaatliche Sicherheitskräfte tätig. Zivile Behörden haben über einen Teil der Sicherheitskräfte keine wirksame Kontrolle ausgeübt (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

5.1. Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF)

Die irakischen Sicherheitskräfte (ISF, Iraqi Security Forces) bestehen aus Sicherheitskräften, die vom Innenministerium verwaltet werden, Sicherheitskräften, die vom Verteidigungsministerien verwaltet werden, den Volksmobilisierungseinheiten (PMF, Popular Mobilization Forces), und dem Counter-Terrorism Service (CTS). Das Innenministerium ist für die innerstaatliche Strafverfolgung und die Aufrechterhaltung der Ordnung zuständig; es beaufsichtigt die Bundespolizei, die Provinzpolizei, den Dienst für den Objektschutz, den Zivilschutz und das Ministerium für den Grenzschutz. Die Energiepolizei, die dem Ölministerium unterstellt ist, ist für den Schutz von kritischer Infrastruktur in diesem Bereich verantwortlich. Konventionelle Streitkräfte, die dem Verteidigungsministerium unterstehen, sind für die Verteidigung des Landes zuständig, führen aber in Zusammenarbeit mit Einheiten des Innenministeriums auch Einsätze zur Terrorismusbekämpfung sowie interne Sicherheitseinsätze durch. Der Counter-Terrorism Service (CTS) ist direkt dem Premierminister unterstellt und überwacht das Counter-Terrorism Command (CTC), eine Organisation, zu der drei Brigaden von Spezialeinsatzkräften gehören (USDOS

20.4.2018) .

Die irakischen Streit- und Sicherheitskräfte dürften mittlerweile wieder ca. 100.000 Armee-Angehörige (ohne PMF und Peshmerga) und über 100.000 Polizisten umfassen. Sie sind noch nicht befähigt, landesweit den Schutz der Bürger zu gewährleisten. Die Anwendung bestehender Gesetze ist nicht gesichert. Personelle Unterbesetzung, mangelnde Ausbildung, mangelndes rechtsstaatliches Bewusstsein vor dem Hintergrund einer über Jahrzehnte gewachsenen Tradition von Unrecht und Korruption auf allen Ebenen sind hierfür die Hauptursachen. Ohnehin gibt es kein Polizeigesetz, die individuellen Befugnisse einzelner Polizisten sind sehr weitgehend. Ansätze zur Abhilfe und zur Professionalisierung entstehen durch internationale Unterstützung: Die Sicherheitssektorreform wird aktiv und umfassend von der internationalen Gemeinschaft unterstützt (AA 12.2.2018).

Straffreiheit ist ein Problem. Es gibt Berichte über Folter und Misshandlungen im ganzen Land in Einrichtungen des Innen- und Verteidigungsministeriums. Nach Angaben internationaler Menschenrechtsorganisationen findet Missbrauch vor allem während der Verhöre inhaftierter Personen im Rahmen der Untersuchungshaft statt. Probleme innerhalb der Provinzpolizei des Landes, einschließlich Korruption, bleiben weiterhin bestehen. Armee und Bundespolizei rekrutieren und entsenden bundesweit Soldaten und Polizisten. Dies führt zu Beschwerden lokaler Gemeinden bezüglich Diskriminierung aufgrund ethno-konfessioneller Unterschiede durch Mitglieder von Armee und Polizei. Die Sicherheitskräfte unternehmen nur begrenzte Anstrengungen, um gesellschaftliche Gewalt zu verhindern oder darauf zu reagieren (USDOS

20.4.2018) .

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 31.10.2018

5.2. Volksmobilisierungseinheiten (PMF)

Der Name "Volksmobilisierungseinheiten" (al-hashd al-sha'bi, engl.:

popular mobilization units, PMU oder popular mobilization forces bzw. popular mobilization front, PMF), bezeichnet eine Dachorganisation für etwa vierzig bis siebzig Milizen und demzufolge ein loses Bündnis paramilitärischer Formationen (Süß 21.8.2017). Die PMF werden vom Staat unterstützt und sind landesweit tätig. Die Mehrheit der PMF-Einheiten ist schiitisch, was die Demografie des Landes widerspiegelt. Sunnitische, jesidische, christliche und andere "Minderheiten-Einheiten" der PMF sind in ihren Heimatregionen tätig (USDOS 20.4.2018). Es gibt große, gut ausgerüstete Milizen, quasi militärische Verbände, wie die Badr-Organisation, mit eigenen Vertretern im Parlament, aber auch kleine improvisierte Einheiten mit wenigen Hundert Mitgliedern, wie die Miliz der Schabak. Viele Milizen werden von Nachbarstaaten wie dem Iran oder Saudi-Arabien unterstützt. Die Türkei unterhält in Baschika nördlich von Mosul ein eigenes Ausbildungslager für sunnitische Milizen. Die Milizen haben eine ambivalente Rolle. Einerseits wäre die irakische Armee ohne sie nicht in der

Lage gewesen, den IS zu besiegen und Großveranstaltungen wie die Pilgerfahrten nach Kerbala mit jährlich bis zu 20 Millionen Pilgern zu schützen. Andererseits stellen die Milizen einen enormen Machtfaktor mit Eigeninteressen dar, was sich in der gesamten Gesellschaft, der Verwaltung und in der Politik widerspiegelt und zu einem allgemeinen Klima der Korruption und des Nepotismus beiträgt (AA 12.2.2018).

Die PMF unterstehen seit 2017 formal dem Oberbefehl des irakischen Ministerpräsidenten, dessen tatsächliche Einflussmöglichkeiten aber weiterhin als begrenzt gelten (AA 12.2.2018). Obwohl die PMF laut Gesetz auf Einsätze im Irak beschränkt sind, sollen, ohne Befugnis durch die irakische Regierung, in einigen Fällen Einheiten das Assad-Regime in Syrien unterstützt haben. Die irakische Regierung erkennt diese Kämpfer nicht als Mitglieder der PMF an, obwohl ihre Organisationen Teil der PMF sind. Alle PMF-Einheiten sind offiziell dem Nationalen Sicherheitsberater unterstellt. In der Praxis gehorchen aber mehrere Einheiten auch dem Iran und der iranischen Revolutionsgarde. Ende 2017 war keine einheitliche Führung und Kontrolle der PMF durch Premierminister und ISF feststellbar, insbesondere nicht der mit dem Iran verbundenen Einheiten. Die Bemühungen der Regierung, die PMF als staatliche Sicherheitsbehörde zu formalisieren, werden fortgesetzt, aber Teile der PMF bleiben "iranisch" ausgerichtet. Das Handeln dieser unterschiedlichen Einheiten stellt zeitweise eine zusätzliche Herausforderungen in Bezug auf die Sicherheitslage dar, insbesondere - aber nicht nur - in ethnisch und religiös gemischten Gebieten des Landes (USDOS 20.4.2018).

Die Schwäche der ISF hat es vornehmlich schiitischen Milizen, wie den vom Iran unterstützten Badr-Brigaden, den Asa'ib Ahl al-Haqq und den Kata'ib Hisbollah, erlaubt, Parallelstrukturen im Zentralirak und im Süden des Landes aufzubauen. Die PMF waren und sind ein integraler Bestandteil der Anti-IS-Operationen, wurden jedoch zuletzt in Kämpfen um sensible sunnitische Ortschaften nicht an vorderster Front eingesetzt. Es gab eine Vielzahl an Vorwürfen von Plünderungen und Gewalttaten durch die PMF. Diese Meldungen haben sich mit dem Konflikt um die umstrittenen Gebiete zum Teil verschärft (AA 12.2.2018).

Die Badr-Organisation ist die älteste schiitische Miliz im Irak und gleichermaßen die mit den längsten und engsten Beziehungen zum Iran. Hervorgegangen ist sie aus dem Badr-Korps, das 1983/84 als bewaffneter Arm des "Obersten Rates für die Islamische Revolution im Irak" gegründet wurde und von Beginn an den iranischen Revolutionsgarden (Pasdaran) unterstellt war [Anm. der "Oberste Rat für die Islamische Revolution im Irak" wurde später zum "Obersten Islamischen Rat im Irak" (OIRI), siehe Abschnitt "Politische Lage"]. Die Badr-Organisation wird von Hadi al-Amiri angeführt und gilt heute als die bedeutendste Teilorganisation und dominierende Kraft der PMF. Sie ist besonders mächtig, weil sie Kontrolle über das irakische Innenministerium und damit auch über die Polizeikräfte besitzt; ein Großteil der bewaffneten Kräfte der Organisation wurde ab 2005 in die irakische Polizei aufgenommen. Sie soll über etwa 20.000 bis 50.000 Mann verfügen und ist Miliz und politische Partei in einem (Süß 21.8.2017).

Die Kata'ib Hizbullah (Bataillone der Partei Gottes, Hizbullah Brigades) wurden 2007 von Abu Mahdi al-Muhandis gegründet und werden auch von diesem angeführt. Die Miliz kann als Eliteeinheit begriffen werden, die häufig die gefährlichsten Operationen übernimmt und vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv ist. Ihre Personalstärke ist umstritten, teilweise ist die Rede von bis zu 30.000 Mann. Die Ausrüstung und militärische Ausbildung ihrer Mitglieder sind besser als die der anderen Milizen innerhalb der PMF. Kata'ib Hizbullah arbeiten intensiv mit Badr und der libanesischen Hizbullah zusammen und gelten als Instrument der iranischen Politik im Irak. Die Miliz wird von den USA seit 2009 als Terrororganisation geführt (Süß 21.8.2017).

Die Asa'ib Ahl al-Haqq (Liga der Rechtschaffenen oder Khaz'ali-Netzwerk, League of the Righteous) wurde 2006 von Qais al-Khaz'ali gegründet und bekämpfte zu jener Zeit die USamerikanischen Truppen im Irak. Asa'ib Ahl al-Haqq unternahm den Versuch, sich als politische Kraft zu etablieren, konnte bei den Parlamentswahlen 2014 allerdings nur ein einziges Mandat gewinnen. Ausgegangen wird von einer Gruppengröße von mindestens 3.000 Mann; einige Quellen sprechen von 10.000 bis 15.000 Kämpfern. Die Miliz erhält starke Unterstützung vom Iran und ist wie die Badr-Oganisation und Kata'ib Hizbullah vor allem westlich und nördlich von Bagdad aktiv. Sie gilt heute als gefürchtetste, weil besonders gewalttätige Gruppierung innerhalb der Volksmobilisierung, die religiös-politische mit kriminellen Motiven verbindet. Ihr Befehlshaber Khaz'ali ist einer der bekanntesten Anführer der PMF (Süß 21.8.2017).

Die Saraya as-Salam (Schwadronen des Friedens, Peace Brigades) wurden im Juni 2014 nach der Fatwa von Großayatollah Ali al-Sistani, in der alle junge Männer dazu aufgerufen wurden, sich im Kampf gegen den IS den Sicherheitskräften zum Schutz von Land, Volk und heiligen Stätten im Irak anzuschließen, von Muqtada as-Sadr gegründet. Die Gruppierung kann de facto als eine Fortführung der ehemaligen Mahdi-Armee bezeichnet werden. Diese ist zwar 2008 offiziell aufgelöst worden, viele ihrer Kader und Netzwerke blieben jedoch aktiv und konnten 2014 leicht wieder mobilisiert werden. Quellen sprechen von einer Gruppengröße von 50.000, teilweise sogar 100.000 Mann, ihre Schlagkraft ist jedoch mangels ausreichender finanzieller Ausstattung und militärischer Ausrüstung begrenzt. Dies liegt darin begründet, dass Sadr politische Distanz zu Teheran wahren will, was in einer nicht ganz so großzügigen Unterstützung Irans resultiert. Das Haupteinsatzgebiet der Miliz liegt im südlichen Zentrum des Irak, wo sie vorgibt, die schiitischen heiligen Stätten zu schützen. Ebenso waren Saraya as-Salam aber auch mehrfach an Kämpfen nördlich von Bagdad beteiligt (Süß 21.8.2017).

Auch die Kata'ib al-Imam Ali (Bataillone des Imam Ali, Imam Ali Batallions) ist eine der Milizen, die im Juni 2014 neu gebildet wurden. Sie sticht hervor, weil sie sich rasant zu einer schlagkräftigen Gruppe entwickelte, die an den meisten wichtigen Auseinandersetzungen im

Kampf gegen den IS beteiligt war. Dies lässt auf eine beträchtliche Kämpferzahl schließen. Die Funktion des Generalsekretärs hat Shibl al-Zaidi inne, ein früherer Angehöriger der Sadr- Bewegung. Zaidi steht in engem Kontakt zu Muhandis und den Pasdaran, weshalb die Miliz intensive Beziehungen zur Badr-Organisation, den Kata'ib Hizbullah und den iranischen Revolutionsgarden unterhält. Die Miliz betreibt außerdem wirkungsvolle Öffentlichkeitsarbeit, wodurch ihr Bekanntheitsgrad schnell gestiegen ist. Vor allem der Feldkommandeur Abu Azrael erlangte durch Videos mit äußerst brutalen Inhalten zweifelhafte Berühmtheit. Die Gruppe scheint Gefangene routinemäßig zu foltern und hinzurichten (Süß 21.8.2017).

Rechtsstellung und Aktivitäten der PMF

Obwohl das Milizenbündnis der PMF unter der Aufsicht des 2014 gegründeten Volksmobilisierungskomitees steht und Ende 2016 ein Gesetz in Kraft trat, das die PMF dem regulären irakischen Militär in allen Belangen gleichstellt und somit der Weisung des Premierministers unterstellt, hat der irakische Staat nur mäßige Kontrolle über die Milizen. In diesem Zusammenhang kommt vor allem Badr eine große Bedeutung zu: Die Milizen werden zwar von der irakischen Regierung in großem Umfang mit finanziellen Mitteln und Waffen unterstützt, unterstehen aber formal dem von Badr dominierten Innenministerium, wodurch keine Rede von umfassender staatlicher Kontrolle sein kann. Die einzelnen Teilorganisationen agieren größtenteils eigenständig und weisen eigene Kommandostrukturen auf, was zu Koordinationsproblemen führt und letztendlich eine institutionelle Integrität verhindert (Süß 21.8.2017).

Die militärischen Erfolge der PMF gegen den IS steigerten ihre Popularität vor allem bei der schiitischen Bevölkerung, gleichzeitig wurden allerdings auch Berichte über

Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Hinrichtungen, Entführungen und Zerstörung von Häusern veröffentlicht (Süß 21.8.2017). In Gebieten, die vom IS zurückerobert wurden, klagen Einheimische, dass sich die PMF gesetzwidrig und unverhohlen parteiisch verhalten. In Mosul beispielsweise behaupteten mehrere Einwohner, dass die PMF weit davon entfernt seien, Schutz zu bieten, und durch Erpressung oder Plünderungen illegale Gewinne erzielten. PMF-Kämpfer haben im gesamten Nordirak Kontrollpunkte errichtet, um Zölle von Händlern einzuheben. Auch in Bagdad wird von solchen Praktiken berichtet. Darüber hinaus haben die PMF auch die Armee in einigen Gebieten verstimmt. Zusammenstöße zwischen den PMF und den regulären Sicherheitskräften sind häufig. Auch sind Spannungen zwischen den verschiedenen Gruppen der PMF weitverbreitet. Die Rivalität unter den verschiedenen Milizen ist groß (ICG 30.7.2018).

Neben der Finanzierung durch den irakischen, sowie den iranischen Staat bringen die Milizen einen wichtigen Teil der Finanzmittel selbst auf - mit Hilfe der organisierten Kriminalität. Ein Naheverhältnis zu dieser war den Milizen quasi von Beginn an in die Wiege gelegt. Vor allem bei Stammesmilizen waren Schmuggel und Mafiatum weit verbreitet. Die 2003/4 neu gegründeten

Milizen kooperierten zwangsläufig mit den Mafiabanden ihrer Stadtviertel. Kriminelle Elemente wurden aber nicht nur kooptiert, die Milizen sind selbst in einem dermaßen hohen Ausmaß in kriminelle Aktivitäten verwickelt, dass manche Experten sie nicht mehr von der organisierten Kriminalität unterscheiden, sondern von Warlords sprechen, die in ihren Organisationen Politik und Sozialwesen für ihre Klientel und Milizentum vereinen - oft noch in Kombination mit offiziellen Positionen im irakischen Sicherheitsapparat. Die Einkünfte kommen hauptsächlich aus dem großangelegten Ölschmuggel, Schutzgelderpressungen, Amtsmissbrauch, Entführungen, Waffen- und Menschenhandel, Antiquitäten- und Drogenschmuggel. Entführungen sindwaren ein wichtiges Geschäft aller Gruppen, dessen hauptsächliche Opfer zahlungsfähige Iraker sind waren (Posch 8.2017).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 31.10.2018

Zugriff 31.10.2018

Volksmobilisierungseinheiten und andere, per E-mail

"Volksmobilisierungseinheiten" (PMU/PMF), in BFA Staatendokumentation: Fact Finding Mission Report Syrien mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1410004/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-

beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf. Zugriff 31.10.2018

5.3. Kurdische Sicherheitskräfte (Peshmerga)

Die kurdischen Sicherheitskräfte (Peshmerga) unterstehen formal der kurdischen Regionalregierung und sind bislang nicht in den Sicherheitsapparat der Zentralregierung eingegliedert. Sie bilden allerdings keine homogene Einheit, sondern unterstehen faktisch voneinander getrennt den beiden großen Parteien, der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK), in ihren jeweiligen Einflussgebieten (AA 12.2.2018). Die Peshmerga sind eine komplexe und vielschichtige Kraft, ihre Loyalität geteilt zwischen dem irakischen Staat, der autonomen Region Kurdistan, verschiedenen politischen Parteien und mächtigen Persönlichkeiten. Zu verschiedenen Zeitpunkten, manchmal auch gleichzeitig, können die Peshmerga als nationale Sicherheitskräfte, regionale Sicherheitskräfte, Partei-Kräfte und persönliche Sicherheitskräfte bezeichnet werden (Clingendael 3.2018).

Im Kampf gegen den IS hatten die Peshmerga Gebiete über die ursprünglichen Grenzen von 2003 der Region Kurdistan-Irak hinaus befreit. Aus diesen zwischen Bagdad und Erbil seit jeher umstrittenen Gebieten hat die irakische Armee die Peshmerga nach Abhaltung des Unabhängigkeitsreferendums im September 2017 größtenteils zurückgedrängt. In weiten Teilen haben die Peshmerga sich kampflos zurückgezogen, es gab jedoch auch teils schwere bewaffnete Auseinandersetzungen mit Opfern auf beiden Seiten (AA 12.2.2018).

Nach der irakischen Verfassung hat die kurdische Autonomieregion das Recht, ihre eigenen Sicherheitskräfte zu unterhalten, finanziell unterstützt von der irakischen Bundesregierung, aber unter der operativen Kontrolle der kurdischen Autonomieregierung. Dementsprechend beaufsichtigt das Ministerium für Peshmerga-Angelegenheiten der kurdischen Autonomieregion 14 Infanteriebrigaden und zwei Unterstützungsbrigaden. Die PUK und die KDP kontrollieren zehntausende Mann zusätzliches Militärpersonal, einschließlich Milizen, die allgemein als die 70er und 80er Peshmerga-Brigaden bezeichnet werden (USDOS 20.4.2018).

KDP und PUK unterhalten getrennte Sicherheits- und Nachrichtendienste, einerseits Asayish und Parastin (KDP), und andererseits Asayish und Zanyari (PUK) (USDOS 20.4.2018; vergleiche Chapman 2009). Die Unabhängige Menschenrechtskommission der kurdischen Autonomieregion informiert das kurdische Innenministerium regelmäßig, wenn ihr glaubwürdige Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch Polizeikräfte zukommen (USDOS 20.4.2018).

Die Sicherheitsdienste der kurdischen Autonomieregion halten in den von ihnen kontrollierten Gebieten bisweilen Verdächtige fest. Die schlecht definierten administrativen Grenzen zwischen Gebieten und dem Rest des Landes führen zu anhaltender Verwirrung über die Zuständigkeit der Sicherheitskräfte und der Gerichte. Erschwerend kommt hinzu, dass Teile dieser Gebiete sich noch unter IS-Kontrolle befinden (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 31.10.2018

https://www.clingendael.org/sites/default/files/2018-03/fighting-for-kurdistan.pdf, Zugriff 31.10.2018

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Folter und unmenschliche Behandlung sind lautder irakischen Verfassung ausdrücklich verboten. Im Juli 2011 hat die irakische Regierung die UN-Anti-Folter-Konvention (CAT) unterzeichnet. Folter wird jedoch auch in der jüngsten Zeit von staatlichen Akteuren angewandt, etwa bei Befragungen durch irakische (einschließlich kurdische) Polizei- und andere Sicherheitskräfte. Laut Informationen von UNAMI sollen u. a. Bedrohung mit dem Tod, Fixierung mit Handschellen in schmerzhaften

Positionen und Elektroschocks an allen Körperteilen zu den Praktiken gehören. Das im August 2015 abgeschaffte Menschenrechtsministerium hat nach eigenen Angaben 500 Fälle unerlaubter Gewaltanwendung an die Justiz übergeben, allerdings wurden die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen (AA 12.2.2018).

Es gibt Berichte, dass die Polizei mit Gewalt Geständnisse erzwingt und Gerichte diese als Beweismittel akzeptieren. Weiterhin misshandeln und foltern die Sicherheitskräfte der Regierung, einschließlich der mit den PMF verbundenen Milizen, Personen während Verhaftungen, Untersuchungshaft und nach Verurteilungen. Internationale Menschenrechtsorganisationen dokumentierten Fälle von Folter und Misshandlung in Einrichtungen des Innenministeriums und in geringerem Umfang in Haftanstalten des Verteidigungsministeriums sowie in Einrichtungen unter KRG-Kontrolle. Ehemalige Gefangene, Häftlinge und Menschenrechtsgruppen berichteten von einer Vielzahl von Folterungen und Misshandlungen (USDOS 20.4.2018).

Gegen Ende der Kämpfe um Mossul zwischen Mai und Juli 2017 häuften sich Berichte, wonach irakische Einheiten, darunter Spezialkräfte des Innenministeriums, Bundespolizei und irakische Sicherheitskräfte, Männer und Jungen, die vor den Kämpfen flohen, festnahmen, folterten und außergerichtlich hinrichteten (AI 22.2.2018).

In ihrem Kampf gegen den IS haben irakische Streitkräfte Hunderte von IS-Verdächtigen gefoltert, hingerichtet oder gewaltsam verschwinden lassen. Zahlreiche gefangene IS-Verdächtige haben behauptet, die Behörden hätten sie durch Folter zu Geständnissen gezwungen. Während der Militäreinsätze zur Befreiung von Mosul, haben irakische Streitkräfte mutmaßliche IS-Kämpfer, die auf dem Schlachtfeld oder in dessen Umfeld gefangen genommen worden waren, ungestraft gefoltert und hingerichtet, manchmal sogar nachdem sie Fotos und Videos der Misshandlungen auf Social Media Seiten veröffentlicht hatten (HRW 18.1.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 16.7.2018

https://www.amnesty.de/jahresbericht/2018/irak#section-1722159. Zugriff 16.7.2018

https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/iraq. Zugriff 16.7.2018

6.1. Autonome Region Kurdistan (KRG)

Missbräuchliche Verhöre sollen unter bestimmten Bedingungen in einigen Haftanstalten der internen Sicherheitseinheit der KRG, der Asayish, und der Geheimdienste der großen politischen Parteien, der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) Parastin und der Patriotischen Union

Kurdistans (PUK) Zanyari stattfinden (USDOS 20.4.2018). Berichten zufolge kommt es in Gefängnissen der Asayish in der Region Kurdistan-Irak zur Anwendung von Folterpraktiken gegen Terrorverdächtige (AA 12.2.2018).

KRG-Behörden haben Buben zwischen 11 und 17 Jahren gefoltert, die wegen angeblicher Verbindungen zum IS verhaftet worden waren, und haben sie daran gehindert, sich an einen Anwalt zu wenden. Nach Angaben der Unabhängigen Menschenrechtskommission der KRG befanden sich in einer Jugendstrafanstalt in Erbil 215 Buben wegen Vorwürfen in Zusammenhang mit dem IS. Die Kommission hat 165 Buben befragt. Die meisten Jugendlichen behaupteten, dass die Sicherheitskräfte von PMF und KRG sie verschiedenen Formen des Missbrauchs, einschließlich Schlägen, ausgesetzt hätten (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 16.7.2018

7. Korruption

Das Gesetz sieht strafrechtliche Sanktionen für Korruption durch Staatsdiener vor, aber die Regierung setzt das Gesetz nicht immer wirksam um. Im Laufe des Jahres 2017 gab es zahlreiche Berichte über staatliche Korruption. Auf allen Ebenen des Staates sind einzelne Amtsträger in korrupte Praktiken verstrickt. Die Untersuchung von Korruption ist nicht frei von politischer Einflussnahme. Erwägungen hinsichtlich Familienzugehörigkeit, Stammeszugehörigkeit und Religionszugehörigkeit beeinflussen Regierungsentscheidungen auf allen Ebenen maßgeblich. Bestechung, Geldwäsche, Vetternwirtschaft und Veruntreuung öffentlicher Gelder sind üblich. Medien und NGOs versuchen Korruption unabhängig aufzudecken, obwohl ihre Möglichkeiten begrenzt sind. Antikorruptions-, Strafverfolgungs- und Justizbeamte sowie Mitglieder der Zivilgesellschaft und der Medien werden wegen ihrer Bemühungen zur Bekämpfung korrupter Praktiken bedroht und eingeschüchtert (USDOS 20.4.2018).

Die im ganzen Land grassierende Korruption ist bei fast allen Reformvorhaben ein wesentliches Hindernis, ihre Bekämpfung wurde nach dem militärischen Sieg gegen den IS von Ministerpräsident Abadi als dringlichste politische Aufgabe ausgerufen. Positiv zu vermerken ist die (demokratische) Absetzung einiger besonders korrupter Gouverneure, insbesondere in Ninewa. Abzuwarten bleibt, ob eine konsequentere Strafverfolgung auch unabhängig von der jeweiligen Zugehörigkeit zu bestimmten politischen Lagern erfolgen wird (AA 12.2.2018).

Es kommt wiederholt zu Demonstrationen gegen Korruption, sowohl im Süden des Landes, als auch in Bagdad, sowie in den kurdischen Autonomiegebieten (Rudaw 19.12.2017; vergleiche Rudaw 9.2.2018, Qantara 16.7.2018).

Auf dem Corruption Perceptions Index 2017 von Transparency International wird der Irak mit 18 (von 100) Punkten bewertet (0=highly corrupt, 100=very clean) (TI 21.2.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 16.7.2018

Zugriff 17.7.2018

8. NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Mit Stand August 2018 waren laut irakischer Bundesdirektion für Nichtregierungsorganisationen 3.550 NGOs registriert. In der Autonomen Region Kurdistan betrug die Zahl registrierter NGOs 4.300 Seit 2010 gibt es ein Gesetz zu NGOs, das die Beschränkungen der Auslandsfinanzierung von NGOs erleichtert, die Ablehnung von Registrierungsanträgen einschränkt, strafrechtliche Sanktionen beseitigte, unbegründete Überprüfungen und Inspektionen untersagt, sowie gerichtliche Kontrollen über die Suspendierung von NGOs schuf (ICNL 14.9.2018).

Trotz positiver rechtlicher Rahmenbedingungen hat sich im Zuge der seit 2014 anhaltenden bewaffneten Auseinandersetzungen das Arbeitsumfeld für Menschenrechtsorganisationen deutlich verschlechtert. Im gesamten Irak existierten allein im Bereich Menschenrechte zuletzt etwa 350 registrierte NGOs.

Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen, unterliegen in ihrer Registrierung keinen besonderen Einschränkungen. Die schwierige Sicherheitslage und weiter bestehende regulatorische Hindernisse erschweren dennoch die Arbeit vieler NGOs. Sie unterliegen der Kontrolle durch die Behörde für Angelegenheiten der Zivilgesellschaft. Zahlreiche NGOs berichten von bürokratischen und intransparenten Registrierungsverfahren, willkürlichem Einfrieren von Bankkonten sowie unangekündigten und einschüchternden "Besuchen" durch Vertreter des Ministeriums. Die Präsenz von ausländischen NGOs im Zentral- und Südirak ist nach wie vor gering. Dies gilt nicht für die Region Kurdistan-Irak, wo viele ausländische NGOs tätig sind, die derzeit aber unter verschärften Kontrollen durch die Zentralregierung in ihrer Arbeit beeinträchtigt sind (AA

12.2.2018) .

Nationale und internationale NGOs operieren in den meisten Fällen unter geringer staatlicher Einflussnahme, jedoch gibt es Berichte über staatliche Einmischung, wenn NGOs der Regierung oder bestimmten ethnischen oder religiösen Gruppen Menschenrechtsverletzungen vorwerfen. Im Südirak berichten einige NGOs von Regierungsbeamten, die ihre Arbeit behindert bzw. sie belästigt haben, insbesondere was die Finanzen betrifft. Die kurdische Autonomieregion verfügt über eine aktive Gemeinschaft von meist kurdischen NGOs, viele mit engen Beziehungen zu den politischen Parteien PUK und KDP (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 17.7.2018

Iraq, http://www.icnl.org/research/monitor/iraq.html, Zugriff 30.10.2018

9. Wehrdienst, Rekrutierungen und Wehrdienstverweigerung

Im Irak besteht keine Wehrpflicht. Männer zwischen 18 und 40 Jahren können sich freiwillig zum Militärdienst melden (AA 12.2.2018; vergleiche CIA 12.7.2018). Nach dem Sturz Saddam Husseins wurde die allgemeine Wehrpflicht abgeschafft und ein Freiwilligen-Berufsheer eingeführt. Finanzielle Anreize machen die Arbeit beim Militär zu einer attraktiven Karriere (Niqash 24.3.2016; vergleiche Rudaw 15.12.2015).

Laut Kapitel 5 des irakischen Militärstrafgesetzes von 2007 ist Desertion in Gefechtssituationen mit bis zu 7 Jahren Haft strafbar. Das Überlaufen zum Feind ist mit dem Tode strafbar (MoD 10.2007). Die Frage, inwieweit die irakischen Behörden in der Praxis im Falle von Desertion Strafverfolgung betreiben, kann nicht eindeutig beantwortet werden (MIGRI 6.2.2018).

Im Zuge des Zusammenbruchs der irakischen Streitkräfte im Jahr 2014 und des dreijährigen Kampfes gegen den IS schlossen sich viele Freiwillige den paramilitärischen Volksmobilisierungseinheiten (PMF) an, was zu einem Rekrutierungswettkampf zwischen dem irakischen Verteidigungsministerium und den Volksmobilisierungseinheiten führte (CEIP 22.7.2015; vergleiche ACCORD 22.8.2016).

Auch in der Autonomen Region Kurdistan herrscht keine Wehrpflicht. Kurdische Männer und Frauen können sich freiwillig zu den Peshmerga melden (DIS 12.4.2016; vergleiche NL 1.4.2018, Clingendael 3.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 17.7.2018

Assessing the nature and functions of the Peshmerga in Iraq, https://www.clingendael.org/sites/default/files/2018-03/fighting-for-kurdistan.pdf.

Zugriff

19.7.2018

https://www.ecoi.net/en/file/local/1302021/1226_1460710389_factfindingreportkurdistanregion

ofiraq11042016.pdf. Zugriff 5.11.2018

Oktober-November 2017,

https://migri.fi/documents/5202425/5914056/Irak+tiedonhankintamatka+Bagdadiin+loka-

marraskuussa+2017.pdf/868c0af1 -3c50-4ab2-99e0-a720b079c589. Zugriff 19.7.2018

https://ihl-databases.icrc.org/applic/ihl/ihl-nat.nsf/implementingLaws.xsp?

documentId=9C60EDC34C397A53C1257C080040F111&action=openDocument&xp_countryS

elected=IQ&xp_topicSelected=GVAL-992BUA&from=state. Zugriff

19.7.2018

Algemeen Ambtsbericht Irak,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1433698/1226 1527600083 algemeen-ambtsbericht-irak-

april-2018.pdf, Zugriff 19.7.2018

http://www.rudaw.net/english/middleeast/iraq/15122015. Zugriff 5.11.2018

10. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Verfassung garantiert demokratische Grundrechte wie Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Schutz von Minderheiten und Gleichberechtigung. Der Menschenrechtskatalog umfasst auch wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte wie das Recht auf Arbeit und das Recht auf Bildung. Der Irak hat wichtige internationale Abkommen zum Schutz der Menschenrechte ratifiziert. Es kommt jedoch weiterhin zu Menschenrechtsverletzungen durch

Polizei und andere Sicherheitskräfte. Der in der Verfassung festgeschriebene Aufbau von Menschenrechtsinstitutionen kommt weiterhin nur schleppend voran. Die unabhängige Menschenrechtskommission konnte sich bisher nicht als geschlossener und durchsetzungsstarker Akteur etablieren. Internationale Beobachter kritisieren, dass Mitglieder der Kommission sich kaum mit der Verletzung individueller Menschenrechte beschäftigen, sondern insbesondere mit den Partikularinteressen ihrer jeweils eigenen ethnisch-konfessionellen Gruppe. Ähnliches gilt für den Menschenrechtsausschuss im irakischen Parlament. Das Menschenrechtsministerium wurde 2015 abgeschafft (AA 12.2.2018).

Zu den wesentlichsten Menschenrechtsfragen im Irak zählen unter anderem: Anschuldigungen bezüglich rechtswidriger Tötungen durch Mitglieder der irakischen Sicherheitskräfte, insbesondere durch einige Elemente der PMF; Verschwindenlassen und Erpressung durch PMF-Elemente; Folter; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen; willkürliche Eingriffe in die Privatsphäre; Einschränkungen der Meinungsfreiheit, einschließlich der Pressefreiheit; Gewalt gegen Journalisten; weit verbreitete Korruption; stark reduzierte Strafen für so genannte "Ehrenmorde"; gesetzliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Frauen; Menschenhandel. Militante Gruppen töteten bisweilen LGBTI-Personen. Es gibt auch Einschränkungen bei den Arbeitnehmerrechten, einschließlich Einschränkungen bei der Gründung unabhängiger Gewerkschaften (USDOS 20.4.2018).

Im Zuge des internen bewaffneten Konflikts begingen Regierungstruppen, kurdische Streitkräfte, paramilitärische Milizen, die US-geführte Militärallianz und der IS auch 2017 Kriegsverbrechen, Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht und schwere Menschenrechtsverstöße. Der IS vertrieb Tausende Zivilpersonen, zwang sie in Kampfgebiete und missbrauchte sie massenhaft als menschliche Schutzschilde. Er tötete vorsätzlich Zivilpersonen, die vor den Kämpfen fliehen wollten, und setzte Kindersoldaten ein. Regierungstruppen und kurdische Streitkräfte sowie paramilitärische Milizen waren für außergerichtliche Hinrichtungen von gefangen genommenen Kämpfern und Zivilpersonen, die dem Konflikt entkommen wollten, verantwortlich. Außerdem zerstörten sie Wohnhäuser und anderes Privateigentum. Sowohl irakische und kurdische Streitkräfte als auch Regierungsbehörden hielten Zivilpersonen, denen Verbindungen zum IS nachgesagt wurden, willkürlich fest, folterten sie und ließen sie verschwinden. Prozesse gegen mutmaßliche IS-Mitglieder und andere Personen, denen terroristische Straftaten vorgeworfen wurden, waren unfair und endeten häufig mit Todesurteilen, die auf "Geständnissen" basierten, welche unter Folter erpresst worden waren. Die Zahl der Hinrichtungen war weiterhin besorgniserregend hoch (AI 22.2.2018).

Es gibt zahlreiche Berichte, dass der IS und andere terroristische Gruppen, sowie einige Regierungskräfte, einschließlich der PMF, willkürliche oder rechtswidrige Tötungen begangen haben. Es gibt keine öffentlich zugängliche umfassende Darstellung des Umfangs des Problems verschwundener Personen. Obwohl die PMF offiziell unter dem Kommando des Premierministers stehen, operieren einige PMF-Einheiten nur unter begrenzter staatlicher Aufsicht oder Rechenschaftspflicht (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 23.7.2018

28.10.2018

10.1. Ergänzungen zur Autonomen Region Kurdistan

Es gibt zwar eine unabhängige kurdische Menschenrechtskommission, sie beschränkt sich aber eher auf die Dokumentation von Menschenrechtsverletzungen und kann selten eine volle Aufklärung oder gar Ahndung gewährleisten (AA 12.2.2018). Der Hohe Ausschuss für die Bewertung und Reaktion auf internationale Berichte überprüfte in der Autonomen Region Kurdistan Anschuldigungen von Misshandlungen durch die Peshmerga, insbesondere gegen IDPs, und entschuldigte sie in öffentlichen Berichten und Kommentaren. Es besteht quasi Straffreiheit für Regierungsbeamte und Sicherheitskräfte, einschließlich der Peshmerga und PMF (USDOS

20.4.2018) .

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 23.7.2018

11. Meinungs- und Pressefreiheit

Die Verfassung garantiert die Freiheit der Meinungsäußerung (AA 12.2.2018), solange diese nicht die öffentliche Ordnung und Moral verletzt, Unterstützung für die verbotene Ba'ath-Partei ausdrückt oder die gewaltsame Änderung der Grenzen des Landes befürwortet. Einzelpersonen und Medien betreiben jedoch Selbstzensur, aufgrund der glaubwürdigen Angst vor Repressalien durch die Regierung, politische Parteien, ethnische und konfessionellen Kräfte, terroristische und extremistische Gruppen oder kriminelle Banden. Kontrolle und Zensur der Zentralregierung und der kurdischen Regionalregierung behindern manchmal den Medienbetrieb, was mitunter die Schließung von Medien, Einschränkungen der Berichterstattung und Behinderung von

Internetdiensten zur Folge hat. Einzelpersonen können die Regierung öffentlich oder privat kritisieren, jedoch nicht ohne Angst vor Vergeltung (USDOS 20.4.2018).

Im Irak existiert eine lebendige, aber wenig professionelle, zumeist die ethnisch-religiösen Lagerbildungen nachzeichnende Medienlandschaft, die sich zudem weitgehend in ökonomischer Abhängigkeit von Personen oder Parteien befindet, die regelmäßig direkten Einfluss auf die Berichterstattung nehmen (AA 12.2.2018). Die meisten der mehrere hundert Printmedien, die im Irak täglich oder wöchentlich erscheinen, sowie dutzende Radio- und Fernsehsender, werden von politischen Parteien stark beeinflusst oder vollständig kontrolliert (USDOS 20.4.2018). Es gibt nur wenige politisch unabhängige Nachrichtenquellen. Journalisten, die sich nicht selbst zensieren, können mit rechtlichen Konsequenzen oder gewaltsamen Vergeltungsmaßnahmen rechnen (FH

1.2018) .

Einige Medienorganisationen berichteten über Verhaftungen und Schikane von Journalisten sowie darüber, dass die Regierung sie davon abhielt, politisch heikle Themen, wie Sicherheitsfragen, Korruption und schwache Regierungskapazitäten, zu behandeln (USDOS 20.4.2018). Das "Gesetz zum Schutz von Journalisten" von 2011 hält unter anderem mehrere Kategorien des Straftatbestands der Verleumdung aufrecht, die in ihrem Strafmaß zum Teil unverhältnismäßig hoch sind. Klagen gegen das Gesetz sind anhängig (AA 12.2.2018).

Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen ist der Irak für Journalisten eines der gefährlichsten Länder der Welt. Auf ihrem Index für Pressefreiheit kommt der Irak im Jahr 2017 auf Platz 158 von 180. Das Land nimmt im Straflosigkeitsindex (Zeitraum 2007-2016) des Committee to Protect Journalists zudem den weltweit vorletzten Platz in Bezug auf die Aufklärung von Morden an Journalisten ein. Demnach wurden in den letzten zehn Jahren 32 Morde an Journalisten nicht aufgeklärt (AA 12.2.2018).

Auch Lehrer sind im Irak seit langem mit der Gefahr von Gewalt oder anderen Auswirkungen konfrontiert, wenn sie Themen unterrichten oder besprechen, die mächtige staatliche oder nicht staatliche Akteure für verwerflich halten. Politischer Aktivismus von Universitätsstudenten kann zu Schikane oder Einschüchterung führen (FH 1.2018). Sozialer, religiöser und politischer Druck schränken die Entscheidungsfreiheit in akademischen und kulturellen Angelegenheiten ein. In allen Regionen des Landes versuchen verschiedene Gruppen die Ausübung der formalen Bildung und die Vergabe von akademischen Positionen zu kontrollieren (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

https://www.ecoi.net/en/document/1442330.html. Zugriff 25.10.2018

USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html, Zugriff 25.10.2018

11.1. Internet und soziale Medien

Es gibt offene staatliche Einschränkungen beim Zugang zum Internet und Berichte (jedoch kein offizielles Eingeständnis), dass die Regierung E-Mail- und Internetkommunikationen ohne entsprechende rechtliche Befugnisse überwacht (USDOS 20.4.2018).

Es gibt Fälle von Vergeltungsmaßnahmen aufgrund von Aussagen bzw. Beiträgen in sozialen Medien (FH 1.2018). Trotz Einschränkungen nutzten politische Persönlichkeiten und Aktivisten das Internet, um korrupte und ineffektive Politiker zu kritisieren, Demonstranten zu mobilisieren und sich über soziale Medien für Kandidaten zu engagieren bzw. Wahlkampf zu betreiben (USDOS

20.4.2018) .

Es gibt keine Berichte, dass das Ministerium für Kommunikation sozialen Medien Sperren auferlegt hätte (USDOS 20.4.2018). Während Großereignissen wird regelmäßig das Internet für einige Stunden gesperrt (AA 12.2.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

https://www.ecoi.net/en/document/1442330.html, Zugriff 25.10.2018

11.2. Autonome Region Kurdistan

Politische Meinungsäußerung kann in der kurdischen Autonomieregion auch willkürliche Verhaftung oder andere Repressalien von staatlicher Seite auslösen. Journalisten und Medien, die kritisch über die KRG-Führung oder die Krise des Unabhängigkeitsreferendums berichteten, sahen sich mit Verhaftungen, Drohungen und Schließungsanordnungen durch Sicherheitskräfte und Aufsichtsbehörden sowie mit Angriffen von parteizugehörigen Schlägern konfrontiert. Es gab Berichte über Einschüchterungen im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum, insbesondere in den umstrittenen Gebieten, wie Kirkuk (FH 1.2018). Es gibt zahlreiche Fälle von Gewalt, Inhaftierung und Todesdrohungen gegen Medienschaffende. In manchen Fällen trugen die Angreifer Militär- oder Polizeiuniformen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 19.7.2018

https://www.ecoi.net/en/document/1442330.html. Zugriff 25.10.2018

https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 25.10.2018

12. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

12.1. Versammlungsfreiheit

Die Verfassung sieht das Recht auf Versammlung und friedliche Demonstration. "nach den Regeln des Gesetzes" vor (USDOS 20.4.2018). Diese einfach gesetzlichen Bestimmungen fehlen jedoch. Im Alltag wird die Versammlungs- und Meinungsfreiheit durch das seit dem 7.11.2004 geltende "Gesetz zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit" eingeschränkt. das u. a. die Verhängung eines bis zu 60-tägigen Ausnahmezustands ermöglicht (AA 12.2.2018).

Das Recht auf Versammlungsfreiheit wird in der Praxis zunehmend respektiert. obwohl es immer noch zu tödlicher Gewalt kommt (FH 1.2018). Die gesetzlichen Regelungen schreiben vor. dass die Veranstalter sieben Tage vor einer Demonstration um Genehmigung ansuchen und detaillierte Informationen über Veranstalter. Grund des Protests und Teilnehmer einreichen müssen. Die Vorschriften verbieten jegliche Slogans. Schilder. Druckschriften oder Zeichnungen. die Konfessionalismus. Rassismus oder die Segregation der Bürger zum Inhalt haben. Die Vorschriften verbieten auch alles. was gegen die Verfassung oder gegen das Gesetz verstößt; alles. was zu Gewalt. Hass oder Mord ermutigt; und alles. was eine Beleidigung des Islam. der Ehre. Moral. Religion. heiliger Gruppen oder irakischer Einrichtungen im Allgemeinen darstellt. Die Behörden erteilen Genehmigungen in der Regel in Übereinstimmung mit diesen Vorschriften (USDOS 20.4.2018).

Bei den Demonstrationen im Süd- und Zentralirak im Juli 2018 feuerten irakische Sicherheitskräfte mit scharfer Munition auf Demonstranten (AI 19.7.2018). Die größtenteils vom Innenministerium eingesetzten Kräfte verwendeten scheinbar unverhältnismäßige Gewalt. die in Basra zum Tod von drei Menschen führte (HRW 24.7.2018). Auch in Najaf. Simawa und Karbala starben Menschen (CNN 17.7.2018). Auch im September kam es zu Gewalt und Todesopfern. als Sicherheitskräfte auf Demonstranten schossen (AI 7.9.2018). Berichten zufolge werden Demonstranten und Aktivisten von schiitischen Milizen willkürlich festgenommen. eingeschüchtert und bedroht (ToI

23.9.2018) .

Quellen:

https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598 1531143225 deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

security-forces-deliberatelv-attack-peaceful-protesters-while-internet-is-disabled/.

Zugriff

25.10.2018

proteters in Basra.

https://www.amnesty.org/download/Documents/MDE1490552018ENGLISH.PDF.

Zugriff

25.10.2018

https://edition.cnn.com/2018/07/16/world/iraq-protests-violent/index.html. Zugriff 23.10.2018

https://www.ecoi.net/en/document/1442330.html. Zugriff 25.10.2018

https://www.hrw.org/news/2018/07/24/iraq-security-forces-fire-protesters. Zugriff 25.10.2018

https://www.timesofisrael.com/iran-backed-militias-accused-of-reign-of-fear-in-iraqi-basra/.

Zugriff 25.10.2018

https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 25.10.2018

12.2. Vereinigungsfreiheit / Opposition

Die Verfassung garantiert. mit einigen Ausnahmen. das Recht auf Gründung von und Mitgliedschaft in Vereinen und politischen Parteien. Die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Ausnahmen betreffen das gesetzliche Verbot von Gruppen. die Unterstützung für die Ba'ath-Partei oder für zionistische Prinzipien bekunden (USDOS 20.4.2018). Belastbare Erkenntnisse über die gezielte Unterdrückung der politischen Opposition durch staatliche Organe liegen nicht vor. Politische Aktivisten berichten jedoch von Einschüchterungen und Gewalt durch staatliche. nichtstaatliche oder paramilitärische Akteure. die abschrecken sollen. neue politische Bewegungen zu etablieren und die freie Meinungsäußerung teils massiv einschränken (AA

12.2.2018) .

Quellen:

https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 25.10.2018

12.3. Autonome Region Kurdistan

In der kurdischen Autonomieregion ist im Raum Erbil und Dohuk eine Oppositionsbewegung kaum existent. Die KDP gilt in weiten Teilen als alternativlos. In der Region um Sulaymaniya und Halabja haben sich in den vergangenen Jahren auch Gruppen von der PUK abgewandt. (AA 12.2.2018)

In den KDP-Gebieten finden kaum Demonstrationen statt. da sie meist bereits im Keim erstickt werden. In den PUK-Gebieten. v.a. in der Stadt Sulaymaniya. sind Demonstrationen (beispielsweise gegen Gehaltskürzungen) hingegen keine Seltenheit (AA 12.2.2018).

Im Laufe des Jahres 2017 sahen sich Demonstranten mit Verhaftungen und tödlicher Gewalt konfrontiert, insbesondere bei Demonstrationen gegen die Regierung, die infolge der Krise nach dem Unabhängigkeitsreferendum stattfanden und bei denen Angriffe auf staatliche und parteipolitische Einrichtungen verübt wurden. In Sulaymaniya und Halabja wurden im Dezember 2017 mindestens fünf regierungsfeindliche Demonstranten von Sicherheitskräften getötet

(FH

1.2018) . Auch im März 2018 kam es zu Gewalt gegen Demonstranten und Journalisten bei ausgedehnten Anti-Austeritäts-Protesten in der Autonomen Region Kurdistan (AI 28.3.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

Kurdistan Region shows blatant disregard for freedom of expression,

https://www.ecoi.net/en/document/1428025.html. Zugriff 25.10.2018

https://www.ecoi.net/en/document/1442330.html. Zugriff 25.10.2018

13. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen entsprechen nicht dem Mindeststandard, wobei die Situation in den Haftanstalten erheblich variiert (AA 12.2.2018). In einigen Gefängnissen und Haftanstalten bleiben die Bedingungen aufgrund von Überbelegung, Misshandlung und unzureichendem Zugang zu sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung hart und lebensbedrohlich. In staatlichen Haftanstalten und Gefängnissen fehlt es zuweilen an ausreichender Nahrung und Wasser. Der Zugang zu medizinischer Versorgung ist uneinheitlich. Einige Haftanstalten verfügten über keine eigene Apotheke oder Krankenstation. Existierende Apotheken sind oft unterversorgt. Die Überbelegung der staatlichen Gefängnisse stellt ein systemisches Problem dar, das durch die Zunahme der Zahl der mutmaßlichen IS-Mitglieder, die im Berichtszeitraum festgenommen wurden, noch verschärft wird. Es gibt keine Unterkünfte für Häftlinge mit Behinderungen. Häftlinge, die des Terrorismus beschuldigt werden, werden vom Rest der Gefangenen isoliert und bleiben häufiger in Gewahrsam des Innen- bzw. Verteidigungsministeriums. (USDOS 20.4.2018)

Es fehlt an Jugendstrafanstalten; laut dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz werden jugendliche Häftlinge mittlerweile meist getrennt von erwachsenen Straftätern inhaftiert, ihnen wird aber oft der regelmäßige Kontakt zu ihren Familien verwehrt (AA 12.2.2018)

Die UN-Mission für den Irak (UNAMI) konnte ihr Mandat zum Besuch irakischer Haftanstaltennicht umfassend wahrnehmen. Die irakischen Behörden verweigerten in mehreren Fällen den Zugang zu Haftanstalten. Das Internationale Rote Kreuz (IKRK) hat hingegen regelmäßigen und flächendeckenden Zugang (AA 12.2.2018).

Die Behörden halten IS-Verdächtige unter überfüllten und in einigen Fällen unmenschlichen Bedingungen fest. Inhaftierte Minderjährige werden in manchen Fällen nicht von Erwachsenen getrennt (HRW 18.1.2018).

Berichten zufolge unterhält der nationale Sicherheitsdienst (National Security Service, NSS), ein dem Premierminister unterstellter Geheimdienst, auch inoffizielle Gefangenenlager (BAMF 23.7.2018; vergleiche HRW 22.7.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 23.7.2018

https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/iraq. Zugriff 24.7.2018

13.1. Autonome Region Kurdistan

In den Haftanstalten der Region Kurdistan-Irak (KRG) herrschen etwas bessere Bedingungen, insbesondere in der neugebauten Modellanstalt Dohuk (AA 12.2.2018). Die Bedingungen in vielen kleineren Haftanstalten des KRG-Innenministeriums sind jedoch weiterhin schlecht. In einigen Haftanstalten der Asayish und der Polizei halten KRG-Behörden gelegentlich Jugendliche in denselben Zellen wie Erwachsene fest (USDOS 20.4.2018).

In Gefängnissen der Asayisch in der Region Kurdistan-Irak werden Folterpraktiken gegen Terrorverdächtige angewendet. Die Haftbedingungen sind insgesamt sehr schlecht. Allerdings sind Bemühungen der kurdischen Regionalregierung erkennbar, die Haftbedingungen zu verbessern, systematische Folter abzustellen und internationale Standards einzuhalten. Das IKRK hat Zugang zu den Gefängnissen in der Region Kurdistan-Irak (AA 12.2.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 23.7.2018

14. Todesstrafe

Im irakischen Strafrecht ist die Todesstrafe vorgesehen, sie wird auch verhängt und vollstreckt. Irak ist eines der Länder mit der höchsten Zahl von verhängten Todesstrafen (AA 12.2.2018; vergleiche HRW 18.1.2018, AI 12.4.2018).

Aktuelle Daten liegen nicht vor, da die irakische Regierung die Zahlen nicht mehr regelmäßig an die Vereinten Nationen berichtet und, auch auf Nachfrage, keine verlässlichen Angaben macht. Laut Berichten von NGOs sind 1.816 Personen aktuell zum Tode verurteilt (AA 12.2.2018), gemäß einer anderen Quelle sind es sogar über 3.000 (AI 21.3.2018). Human Rights Watch berichtet von mindestens 78 Hinrichtungen von verurteilten IS-Mitgliedern im Jahr 2017. Es gibt jedoch seit Kurzem Berichte über wöchentlich 3-4 Vollstreckungen der Todesstrafe, was die jährliche Zahl verdoppeln würde (AA 12.2.2018). Hintergrund könnte sein, dass aktuell insbesondere ehemalige IS-Kämpfer - oder Personen die dessen beschuldigt werden - massenhaft in unzulänglichen Prozessen zu Tode verurteilt werden (AA 12.2.2018; vergleiche AI 21.3.2018).

Problematisch sind bereits seit Jahren die Bandbreite und die mitunter fehlende rechtliche Klarheit der Straftatbestände, für die die Todesstrafe verhängt werden kann: neben Mord und Totschlag unter Anderem auch wegen des Verdachts auf staatsfeindliche Aktivitäten, Vergewaltigung, Einsatz von chemischen Waffen und insbesondere wegen terroristischer Aktivitäten unterschiedlicher Art. Die Todesstrafe stößt in der Bevölkerung auf breite Akzeptanz (AA 12.2.2018).

Autonome Region Kurdistan

In der Autonomen Region Kurdistan wurde nach dem Fall des Regimes Saddam Husseins die Todesstrafe abgeschafft, später aber zur Bekämpfung des Terrorismus wieder eingeführt. Am 12. August 2015 wurden erstmals seit 2008 wieder drei Menschen hingerichtet. Auch im Jahr 2017 wurde ein Todesurteil durch den Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan zur Vollstreckung freigegeben, die Vollstreckung ist bisher aber noch nicht erfolgt (AA 12.2.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 23.7.2018

https://www.ecoi.net/en/file/local/1429291/90_1523523827_act5079552018english.pdf.
Zugriff

25.7.2018

https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/iraq. Zugriff 25.7.2018

15. Religionsfreiheit

Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Gemäß Artikel 2, Absatz eins, ist der Islam Staatsreligion und eine Hauptquelle der Gesetzgebung (AA 12.2.2018). Es darf kein Gesetz erlassen werden das den "erwiesenen Bestimmungen des Islams" widerspricht (USDOS 29.5.2018; vergleiche RoI 15.10.2005). In Absatz 2, wird das Recht einer jeden Person auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht auf deren Ausübung garantiert. Explizit erwähnt werden in diesem Zusammenhang Christen, Jesiden und Mandäer-Sabäer, jedoch nicht Anhänger anderer Religionen (RoI 15.10.2005; vergleiche USDOS 29.5.2018).

Artikel 3, der Verfassung legt ausdrücklich die multiethnische, multireligiöse und multikonfessionelle Ausrichtung des Irak fest, betont aber auch den arabisch-islamischen Charakter des Landes (AA 12.2.2018; vergleiche UNHCR 15.1.2018). Artikel 43, verpflichtet den Staat zum Schutz der religiösen Stätten. Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z. B. den Abfall vom Islam; auch spezielle, in anderen islamischen Ländern existierende Straftatbestände, wie z.B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht (AA

12.2.2018) . Das Zivilgesetz sieht einen einfachen Prozess für die Konversion eines Nicht-Muslims zum Islam vor. Die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion ist jedoch gesetzlich verboten (USDOS 29.5.2018).

Die folgenden religiösen Gruppen werden durch das Personenstandsgesetz anerkannt: Muslime, chaldäische Christen, assyrische Christen, assyrisch-katholische Christen, syrisch-orthodoxe Christen, syrisch-katholische Christen, armenisch-apostolische Christen, armenisch-katholische Christen, römisch-orthodoxe Christen, römisch-katholische Christen, lateinisch-dominikanische Christen, nationale Protestanten, Anglikaner, evangelisch-protestantische Assyrer, Adventisten, koptisch-orthodoxe Christen, Jesiden, Sabäer-Mandäer und Juden. Die staatliche Anerkennung ermöglicht es den Gruppen, Rechtsvertreter zu bestellen und Rechtsgeschäfte wie den Kauf und Verkauf von Immobilien durchzuführen. Alle anerkannten religiösen Gruppen haben ihre eigenen Personenstandsgerichte, die für die Behandlung von Ehe-, Scheidungs- und Erbschaftsfragen zuständig sind. Laut der jesidischen NGO Yazda gibt es jedoch kein Personenstandsgericht für Jesiden (USDOS 29.5.2018).

Das Gesetz verbietet die Ausübung des Bahai-Glaubens und der wahhabitischen Strömung des sunnitischen Islams (USDOS 29.5.2018; vergleiche UNHCR 15.1.2018).

Die alten irakischen Personalausweise enthielten Informationen zur Religionszugehörigkeit einer Person, was von Menschenrechtsorganisationen als Sicherheitsrisiko im aktuell herrschenden Klima religiös-konfessioneller Gewalt kritisiert wurde. Mit Einführung des neuen Personalausweises wurde dieser Eintrag zeitweise abgeschafft. Mit Verabschiedung eines Gesetzes zum neuen Personalausweis im November 2015 wurde allerdings auch wieder ein religiöse Minderheiten diskriminierender Passus aufgenommen: Artikel 26, besagt, dass Kinder eines zum Islam konvertierenden Elternteils automatisch auch als zum Islam konvertiert geführt werden (AA 12.2.2018). Es wird berichtet, dass das Gesetz faktisch zu Zwangskonvertierungen führt, indem Kinder mit nur einem muslimischen Elternteil (selbst Kinder, die infolge von Vergewaltigung geboren wurden) als Muslime angeführt werden müssen. Christliche Konvertiten berichten auch, dass sie gezwungen sind, ihr Kind als Muslim zu registrieren oder das Kind undokumentiert zu lassen, was die Berechtigung auf staatliche Leistungen beeinträchtigt (USDOS 29.5.2018).

Die meisten religiös-ethnischen Minderheiten sind im irakischen Parlament vertreten. Grundlage bildet ein Quotensystem bei der Verteilung der Sitze (fünf Sitze für die christliche Minderheit sowie jeweils einen Sitz für Jesiden, Sabäer, Mandäer und Schabak). Das kurdische Regionalparlament sieht jeweils fünf Sitze für Turkmenen, Chaldäer und assyrische Christen sowie einen für Armenier vor (AA 12.2.2018).

Es gibt weiterhin Berichte, dass die irakischen Sicherheitskräfte (ISF), einschließlich der Peshmerga und schiitischer Milizen, sunnitische Gefangene töten. Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten. Internationale Menschenrechtsorganisationen erklären, dass die Regierung es immer noch verabsäumt ethnisch-konfessionelle Verbrechen zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen, einschließlich Verbrechen, die von bewaffneten Gruppen in den vom IS befreiten Gebieten ausgeübt wurden. Sunnitische Araber berichten weiterhin, dass manche Regierungsbeamte bei Festnahmen und Inhaftierungen konfessionelles Profiling vornehmen, sowie Religion als bestimmenden Faktor bei der Vergabe von Arbeitsplätzen benützen (USDOS 29.5.2018).

Minderheiten sind auch weiterhin mit Belästigungen, einschließlich sexueller Übergriffe, und Einschränkungen durch lokale Behörden in einigen Regionen konfrontiert. Da Religion, Politik und Ethnizität oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, viele Vorfälle als ausschließlich auf religiöser Identität beruhend zu kategorisieren. Einige Jesiden und christliche Führer berichten von Belästigungen und Misshandlungen durch kurdische Sicherheitskräfte, einschließlich Anforderungen für Sicherheitsgenehmigungen, die von den Asayish auferlegt werden und die die Bewegungsfreiheit von Jesiden zwischen der Provinz Dohuk und dem Sinjar-Gebiet einschränken. Christen berichten von Belästigungen und Misshandlungen an zahlreichen Checkpoints, die von Einheiten der Volksmobilisierungseinheiten (PMF) betriebenen werden. Dadurch wird die Bewegungsfreiheit im Gebiet der Ninewa-Ebene behindert (USDOS 29.5.2018).

Christen und Jesiden geben an, dass die Zentralregierung in Bagdad eine gezielte demografische Veränderung fördert, indem sie Schiiten mit Land und Häusern ausstattet, damit diese in traditionell christliche Gebiete ziehen (USDOS 29.5.2018).

Vertreter religiöser Minderheiten berichten, dass die Zentralregierung im Allgemeinen nicht in religiöse Handlungen eingreift und sogar für die Sicherheit von Gotteshäusern und anderen religiösen Stätten, einschließlich Kirchen, Moscheen, Schreinen, religiösen Pilgerstätten und Pilgerrouten, sorgt (USDOS 29.5.2018).

Atheismus, Agnostizismus, Kritik an konfessioneller Politik

Das irakische Strafgesetzbuch enthält keine Artikel, die eine direkte Bestrafung für Atheismus vorsehen. Es gibt auch keine speziellen Gesetze, die Strafen für Atheisten vorsehen. (Al-Monitor 1.4.2018; vergleiche EASO 7.2017, EASO 11.4.2018, Landinfo 29.8.2018). Die irakische Verfassung garantiert Atheisten nicht die freie Glaubensausübung (USDOS 29.5.2018). Im März 2018 wurden in Dhi Qar Haftbefehle gegen vier Iraker aufgrund von Atheismus-Vorwürfen erlassen (Al-Monitor

1.4.2018) .

Der Irak ist ein zutiefst religiöses Land, in dem Atheismus selten ist (PRI 17.1.2018; vergleiche RDC

31.1.2018) . Trotzdem berichten Universitätsstudenten landesweit, dass es noch nie so viele Atheisten im Irak gegeben habe wie heute (WZ 9.10.2018).

Obwohl in der Bevölkerung verschiedene Grade der Religiosität vertreten sind und ein Segment der Iraker eine säkulare Weltanschauung vertritt, ist es dennoch selten, dass sich jemand öffentlich zum Atheismus bekennt. Die meisten Atheisten verstecken ihre Identität. Manchmal sagen sie, dass sie Muslime seien, insgeheim sind sie jedoch Atheisten (EASO 7.2017).

Viele Geistliche, die islamischen politischen Parteien nahe stehen, haben missverständliche Vorstellungen zu dem Thema und bezeichnen z. B. oft den Säkularismus als Atheismus (Al-Monitor

1.4.2018) . Einige Politiker führender konfessioneller Parteien verurteilten Säkularismus und Atheismus und reagierten damit offenbar auf einen Wandel in der öffentlichen Meinung nach dem IS-Konflikt, gegen religiösen Extremismus und den politischen Islam (FH 1.2018).

Berichten zufolge gibt es auch eine wachsende Bewegung von Agnostikern. Dazu kommen viele Menschen, die zwar bestimmte religiöse Erscheinungen oder Überzeugungen kritisieren, den generellen Rahmen der Religiösität jedoch nicht aufgeben (Al-Monitor 6.3.2014). Eine wachsende Gruppe junger Iraker spricht frei über Säkularismus, Atheismus und den Bedarf ihres Landes an nicht-konfessionellen Institutionen. Während ihr Einfluss begrenzt ist, spiegelt ihre Frustration über die konfessionelle Politik einen breiteren Trend im Land wider. Die Welle des "Facebook-Säkularismus" muss die irakische Politik jedoch erst erreichen (Defense One 5.7.2018).

Anmerkung, Weiterführende Informationen zur Situation einzelner religiöser Minderheiten können dem Kapitel Minderheiten entnommen werden.

Quellen:

auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

https://www.al-monitor.com/pulse/en/contents/articles/originals/2014/03/iraq-atheism-spread-

rights-recognition.html. Zugriff 24.10.2018

https://www.defenseone.com/ideas/2018/07/rise-iraqs-young-secularists/149507/?oref=d-

channeltop. Zugriff 24.10.2018

especially in Baghdad (treatment of atheists by non-state and state actors and militias; state protection).

https://www.ecoi.net/en/file/local/1429402/5228_1523539284_66-q-iraq-

atheism.pdf. . Zugriff 25.7.2018

Cooperation Meeting. 25-26 April 2017. Brussels.

https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-

report.pdf. Zugriff 5.11.2018

https://www.ecoi.net/en/document/1442330.html. Zugriff 29.10.2018

https://www.ecoi.net/en/file/local/1442030/4792 1535643188 irak-respons-apostasi-og-

ateisme-grha-29082018.pdf. Zugriff 24.10.2018

https://www.pri.org/stories/2018-01-17/isis-turned-young-iraqi-christian-atheist.
Zugriff

24.10.2018

https://www.ecoi.net/en/file/local/1423773/1788_1518009737_3101.pdf. Zugriff 24.10.2018

Situation of Christians in Baghdad.
http://www.refworld.org/docid/5a66f80e4.html. Zugriff 29.8.2018

International Religious Freedom Report 2017 - Iraq. https://www.state.goV/j/drl/rls/irf/2017/nea/280984.htm. Zugriff 26.7.2018

https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/994916_Schluesselland-Irak.html.

Zugriff 24.10.2018

16. Minderheiten

In der irakischen Verfassung vom 15.10.2005 ist der Schutz von Minderheiten verankert (AA

12.2.2018) . Trotz der verfassungsrechtlichen Gleichberechtigung leiden religiöse Minderheiten unter weitreichender faktischer Diskriminierung und Existenzgefährdung. Der irakische Staat kann den Schutz der Minderheiten nicht sicherstellen (AA 12.2.2018).

Offiziell anerkannte Minderheiten. wie chaldäische und assyrische Christen sowie Jesiden. genießen in der Verfassung verbriefte Minderheitenrechte. sind jedoch im täglichen Leben. insbesondere außerhalb der Autonomen Region Kurdistan. oft benachteiligt (AA 12.2.2018).

Die wichtigsten ethnisch-religiösen Gruppierungen sind (arabische) Schiiten, die 60 bis 65 Prozent der Bevölkerung ausmachen und vor allem den Südosten/Süden des Landes bewohnen, (arabische) Sunniten (17 bis 22 Prozent) mit Schwerpunkt im Zentral- und Westirak und die vor allem im Norden des Landes lebenden, überwiegend sunnitischen Kurden (15 bis 20 Prozent) (AA

12.2.2018) . Genaue demografische Aufschlüsselungen sind jedoch mangels aktueller Bevölkerungsstatistiken sowie aufgrund der politisch heiklen Natur des Themas nicht verfügbar (MRG 5.2018). Zahlenangaben zu einzelnen Gruppen variieren oft massiv (siehe unten).

Eine systematische Diskriminierung oder Verfolgung religiöser oder ethnischer Minderheiten durch staatliche Behörden findet nicht statt. Allerdings ist nach dem Ende der Herrschaft Saddam Husseins die irakische Gesellschaft teilweise in ihre (konkurrierenden) religiösen und ethnischen Segmente zerfallen - eine Tendenz, die sich durch die IS-Gräuel gegen Schiiten und Angehörige religiöser Minderheiten weiterhin verstärkt hat. Gepaart mit der extremen Korruption im Lande führt diese Spaltung der Gesellschaft dazu, dass im Parlament, in den Ministerien und zu einem großen Teil auch in der nachgeordneten Verwaltung, nicht nach tragfähigen, allgemein akzeptablen und gewaltfrei durchsetzbaren Kompromissen gesucht wird, sondern die zahlreichen ethnisch-konfessionell orientierten Gruppen oder Einzelakteure ausschließlich ihren individuellen Vorteil suchen oder ihre religiös geprägten Vorstellungen durchsetzen. Ein berechenbares Verwaltungshandeln oder gar Rechtssicherheit existieren nicht (AA 12.2.2018).

Die Hauptsiedlungsgebiete der religiösen Minderheiten liegen im Nordirak in den Gebieten, die seit Juni 2014 teilweise unter Kontrolle des IS standen. Hier kam es zu gezielten Verfolgungen von Jesiden, Mandäern, Kakai, Schabak und Christen. Es liegen zahlreiche Berichte über Zwangskonversionen, Versklavung und Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung, Folter, Rekrutierung von Kindersoldaten, Massenmord und Massenvertreibungen vor. Auch nach der Befreiung der Gebiete wird die Rückkehr der Bevölkerung durch noch fehlenden Wiederaufbau, eine unzureichende Sicherheitslage, unklare Sicherheitsverantwortlichkeiten sowie durch die Anwesenheit von schiitischen Milizen zum Teil erheblich erschwert (AA 12.2.2018).

In der Autonomen Region Kurdistan sind Minderheiten weitgehend vor Gewalt und Verfolgung geschützt. Hier haben viele Angehörige von Minderheiten Zuflucht gefunden (AA 12.2.2018; vergleiche KAS 8.2017). Mit der Verabschiedung des Gesetzes zum Schutze der Minderheiten in der Autonomen Region Kurdistan durch das kurdische Regionalparlament im Jahr 2015 wurden die ethnischen und religiösen Minderheiten zumindest rechtlich mit der kurdisch-muslimischen Mehrheitsgesellschaft gleichgestellt. Dennoch ist nicht immer gewährleistet, dass die bestehenden Minderheitsrechte auch tatsächlich umgesetzt werden (KAS 8.2017).

Es gab auch Berichte über die Diskriminierung von Minderheiten (Turkmenen, Arabern, Jesiden, Shabak und Christen) durch Behörden der Kurdischen Autonomieregierung in den sogenannten umstrittenen Gebieten (USDOS 20.4.2018). Darüber hinaus empfinden Angehörige von

Minderheiten seit Oktober 2017 erneute Unsicherheit in den sog. umstrittenen Gebieten aufgrund der Präsenz der irakischen Streitkräfte und v.a. der schiitischen Milizen (AA 12.2.2018).

Im Zusammenhang mit der Rückeroberung von Gebieten aus IS-Hand wurden problematische Versuche einer ethnisch-konfessionellen Neuordnung unternommen, besonders in der ethnisch-konfessionell sehr heterogenen Provinz Diyala (AA 12.2.2018).

BMI (2016): Atlas - Middle East & North Africa: Ethnic Groups

Anmerkung zu beiden Karten: Die religiös-konfessionelle sowie ethnisch-linguistische

Zusammensetzung der irakischen Bevölkerung ist höchst heterogen. Die hier dargebotenen Karten zeigen nur die ungefähre Verteilung der Hauptsiedlungsgebiete religiös-konfessioneller bzw. ethnisch-linguistischer Gruppen und Minderheiten. Insbesondere in Städten kann die Verteilung deutlich von der ländlichen Umgebung abweichen (BMI 2016).

Dazu muss hervorgehoben werden, dass ein und dieselbe Gruppe in einer Gegend eine Minderheit sein, in einer anderen jedoch die Mehrheitsbevölkerung stellen kann und umgekehrt (Lattimer EASO 26.4.2017; vergleiche Prochazka 11.8.2014).

Durch den Vorstoß des IS und seiner aktiven Kampagne zur Umwälzung der religiösen Demografie des Landes kam es zu drastischen Veränderungen in der konfessionellen und ethnischen Verteilung der Bevölkerung im Irak (FH 2018; vergleiche Ferris und Taylor 8.9.2014). Viele Schiiten und religiöse Minderheiten, die vom IS vertrieben wurden, sind bis heute nicht in ihre Häuser zurückgekehrt. Die Rückkehr irakischer Streitkräfte in Gebiete, die seit 2014 von kurdischen Streitkräfte gehalten wurden, führte Ende 2017 zu einer weiteren Runde demografischer Veränderungen, wobei manche kurdischen Bewohner auszogen und Araber zurückkehrten. In Gebieten, die von schiitischen Milizen befreit wurden, gab es wiederum Berichte von der Vertreibung sunnitischer Araber. Dasselbe gilt für Gebiete, die von den kurdischen Peshmerga befreit wurden (FH 2018; vergleiche GNI 20.11.2016).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 19.7.2018

und Sport (2016 - Stand Irak: 2014): Atlas: Middle East & North Africa,

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1487770786_2017-02-bfa-mena-atlas.pdf.

Zugriff

17.8.2018

https://www.brookings.edu/opinions/the-past-and-future-of-iraqs-minorities/. Zugriff 17.8.2018

https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/iraq. Zugriff 17.8.2018

Iraq.

https://gulfnews.com/news/mena/iraq/kirkuk-mosul-and-the-ever-changing-

demographics-of-iraq-1.1930570. Zugriff 17.8.2018

http://www.kas.de/wf/doc/kas_50065-1522-1-30.pdf?170918113417.
Zugriff

17.8.2018

Iraq: Practical Cooperation Meeting. 25-26 April 2017. Brussels.

https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-

report.pdf. Zugriff 12.9.2018

http://minorityrights.org/country/iraq/. Zugriff 17.8.2018

https://blog.univie.ac.at/religioese-minderheiten-in-arabischen-staaten-historie-undaktuelle-situation/. Zugriff 17.8.2018

https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 17.8.2018

16.1. Sunnitische Araber

Die arabisch-sunnitische Minderheit. die über Jahrhunderte die Führungsschicht des Landes bildete. wurde nach der Entmachtung Saddam Husseins 2003. insbesondere in der Regierungszeit von Ex-Ministerpräsident Al-Maliki (2006 bis 2014). aus öffentlichen Positionen gedrängt. Mangels anerkannter Führungspersönlichkeiten fällt es den sunnitischen Arabern weiterhin schwer. ihren Einfluss auf nationaler Ebene geltend zu machen. Oftmals werden Sunniten einzig aufgrund ihrer Glaubensrichtung als IS-Sympathisanten stigmatisiert oder gar strafrechtlich verfolgt. Zwangsmaßnahmen und Vertreibungen aus ihren Heimatorten richteten sich 2017 vermehrt auch gegen unbeteiligte Familienangehörige vermeintlicher IS-Anhänger (AA 12.2.2018). Es gab zahlreiche Berichte über Festnahmen und die vorübergehende Internierung von überwiegend sunnitisch-arabischen IDPs durch Regierungskräfte. die PMF und die Peshmerga (USDOS

20.4.2018) .

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (12.2.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak.

https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598 1531143225 deutschland-

auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018 - USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq.

https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 17.8.2018

16.2. Kurden

Schätzungen zufolge sind 15-20 Prozent der irakischen Bevölkerung Kurden. Während sich die arabische Bevölkerung vorwiegend in den westlichen Landesteilen. der Zentralregion und im Süden des Landes verteilt. leben die Kurden mehrheitlich im Nordosten. Die Kurden in der autonomen Zone bekennen sich überwiegend als Sunniten. Aber es gibt unter ihnen auch neuzeitliche Zoroastrier und Jesiden. Die meisten Kurden Bagdads fühlen sich einem schiitischen Religionszweig verbunden: dem des Faili-Schiitentums (GIZ 11.2018).

Von ethnisch-konfessionellen Auseinandersetzungen sind auch Kurden betroffen. soweit sie außerhalb der Autonomen Region Kurdistan leben. Nach der Befreiung von Ortschaften aus den Händen des IS kam es teilweise zu Machtkämpfen um die Vorherrschaft im jeweiligen Gebiet (AA

12.2.2018) . An verschiedenen Stellen begann die irakische Armee in enger Zusammenarbeit mit den schiitischen Volksmobilisierungseinheiten gegen die Kurden vorzugehen (SWP 7.2018). Im Nachgang zum Unabhängigkeitsreferendum hat die zentral-irakische Armee die zwischen Kurden und Zentralregierung umstrittenen Gebiete größtenteils wieder unter die Kontrolle Bagdads gebracht (AA 12.2.2018).

Quellen:

https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asvl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 19.7.2018

Gesellschaft. https://www.liportal.de/irak/gesellschaft/. Zugriff 19.11.2018

http://minorityrights.org/minorities/kurds-3/. Zugriff 17.8.2018

Ende der Territorialherrschaft des "Islamischen Staates".

https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2018S11_srt.pdf.

Zugriff

20.8.2018

16.3. Faili-Kurden

Faili-Kurden (Feyli-Kurden) sind eine ethnische Gruppe. die historisch gesehen auf beiden Seiten des Zagros-Gebirges. entlang der irakisch-iranischen Grenze. angesiedelt ist und als "crossborder" Bevölkerung betrachtet werden kann. Heute leben Faili-Kurden im Irak hauptsächlich in Bagdad. sowie in den östlichen Teilen von Diyala. Wasit. Maysan und Basra. Auch in der Autonomen Region Kurdistan gibt es eine größere Zahl von Faili-Kurden. Sie sprechen einen eigenen kurdischen Dialekt, der ein Unter-Dialekt des Luri ist Anmerkung, dem Persischen nah verwandt) (MRG 11.2017a).

Angaben zur Zahl der Faili-Kurden im Irak unterscheiden sich Teils massiv: Sie reichen von 200.000-250.000 (Rudaw 29.4.2018) bzw. 300.000 (Lattimer EASO 26.4.2017) bis zu 1,5 Millionen (MRG 11.2017a).

Anders als die Mehrheit der Kurden, die generell sunnitisch sind, sind Faili-Kurden Schiiten. Schon unter dem Regime von Saddam Hussein wurde zwischen 150.000 und 500.000 Faili-Kurden die irakische Staatsbürgerschaft entzogen, gefolgt von Massendeportationen und Vertreibungen in den Iran, sowie Konfiszierung von Faili-Eigentum (MRG 11.2017a; vergleiche RI 2.4.2010). Nach 2003 kehrten zahlreiche Faili-Kurden in den Irak zurück (Lattimer EASO 26.4.2017). Das Staatsbürgerschaftsgesetz von 2006 ermöglicht es ihnen ihre Staatsbürgerschaft wiederzuerlangen. Der Prozess dazu ist jedoch langwierig und bürokratisch. Laut Zahlen vom Ministerium für Immigration erlangten zwischen 2003 und 2013 nur

16.580 Faili-Kurden ihre irakische Staatsbürgerschaft wieder (MRG 11.2017a). Aktuellere Zahlen gibt es von Seiten der Regierung nicht (NL 1.4.2018).

Ohne Staatsbürgerschaftsdokumente haben Faili-Kurden keinen Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung. Sie sind auch nicht in der Lage, andere Dokumente wie Geburts-, Sterbe- und Heiratsurkunden zu erhalten. Über Faili-Kurden, denen es gelungen ist, Staatsbürgerschaftsnachweise zu erhalten, wurde berichtet, dass die ihnen ausgestellten Personalausweise eine andere Farbe haben als die anderer Iraker bzw. sie als Bürger "iranischer Herkunft" ausweisen, was zu Diskriminierung führen kann. Darüber hinaus werden die Akten von Faili-Kurden Berichten zufolge immer noch in der Abteilung für "Fremde" der Generaldirektion für Staatsangehörigkeitssachen aufbewahrt. Manche Faili-Kurden berichten von Beleidigungen, Schikane und Demütigungen beim Besuch von Ämtern. Die Restitution von Faili- Eigentum geht nur schleppend voran. Eine Kommission dafür wurde nach dem Fall Saddam Husseins eingerichtet (MRG 11.2017a).

In Folge des kurdischen Unabhängigkeitsreferendums vom 25.9.2017 sahen sich Faili-Kurden in Bagdad, sowie in Wasit und Diyala, Berichten zufolge mit Drohungen konfrontiert (NL 1.4.2018; vergleiche BFA 29.3.2018).

Quellen:

Staatendokumentation zu Irak: Situation der Faili-KurdInnen/Failis/Feyli,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1428548/5618 1523017415 irak-min-faili-kurden-2018-03-

29-ke.doc, Zugriff 22.8.2018

Iraq: Practical Cooperation Meeting, 25-26 April 2017, Brussels,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-

report.pdf, Zugriff 12.9.2018

http://minorityrights.org/minorities/faili-kurds/. Zugriff 20.8.2018

Algemeen Ambtsbericht Irak.

https://www.ecoi.net/en/file/local/1433698/1226_1527600083_algemeen-ambtsbericht-irak-

april-2018.pdf. Zugriff 20.8.2018

Zugriff

20.8.2018

16.4. Christen

Schätzungen gehen davon aus. dass heute noch etwa 200.000 bis 400.000 Christen im Irak leben (zum Vergleich 2003: 1.5 Mio.). Die Situation der Christen (v. a. assyrische sowie mit Rom unierte chaldäische Christen) hat sich kirchlichen Quellen zufolge seit Ende der Diktatur 2003 stark verschlechtert. Viele Christen sehen für sich keine Zukunft im Irak. In den vergangenen Jahren sind daher hunderttausende irakische Christen ins Ausland geflohen (AA 12.2.2018).

Ca. 67 Prozent der irakischen Christen sind chaldäische Katholiken. fast 20 Prozent Mitglieder der Assyrischen Kirche des Ostens. Der Rest sind syrisch-orthodox. syrisch-katholisch.

armenisch-katholisch. armenisch-apostolisch. anglikanisch und andere Protestanten. In der Autonomen Region Kurdistan gibt es etwa 3.000 evangelikale Christen (Angehörige protestantischer Freikirchen) (USDOS 29.5.2018).

Es kommt immer wieder zu Angriffen auf Priester. Bombenanschlägen auf Kirchen und christliche Einrichtungen sowie Übergriffen auf von Christen geführte Lebensmittelgeschäfte. in denen ggf. auch alkoholhaltige Getränke angeboten werden. Nach dem Vormarsch des IS auf Mosul und das umliegende christliche Kernland ergriffen im Sommer 2014 zehntausende Christen die Flucht in die Autonome Region Kurdistan und vereinzelt auch nach Bagdad. Viele warten noch darauf. dass die mittlerweile befreiten christlichen Städte um Mosul für eine Rückkehr sicher genug und zumindest teilweise wieder rehabilitiert sind (AA 12.2.2018).

Christen in Bagdad und anderen von der Regierung kontrollierten Gebieten stehen Berichten zufolge unter gesellschaftlichem Druck. sich an strenge Interpretationen islamischer Normen zu halten. die öffentliches Verhalten regeln. So stehen Christen beispielsweise unter Druck. den Betrieb von Nachtclubs. Spirituosenläden und Restaurants. in denen Alkohol angeboten wird. aufzugeben. Im Falle von Frauen. besteht der Druck konservative islamische Kleiderordnungen einzuhalten. Berichten zufolge kommt es durch bewaffnete Gruppen gegenüber Personen. die ihrer Ansicht nach gegen solche Regeln verstoßen. zuweilen zu Drohungen. Belästigungen und körperlichen Misshandlungen (UNHCR 15.1.2018).

Im Laufe der letzten Jahre gab es Berichte über Tötungen und Entführungen von Angehörigen religiöser Minderheiten. einschließlich Christen. durch bewaffnete Gruppen aus konfessionellen oder kriminellen Gründen bzw. einer Kombination daraus. Häuser von Christen, die seit 2003 aus Bagdad vertrieben wurden, sowie Kirchen und Klöster wurden Berichten zufolge illegal von mächtigen Einzelpersonen, Milizen und kriminellen Netzwerken beschlagnahmt. In einigen Fällen wurde behauptet, dass die christlichen Eigentümer oder Mieter direkt bedroht wurden, was dazu führte, dass sie ihre Häuser evakuierten (UNHCR 15.1.2018).

In der Autonomen Region Kurdistan wie in angrenzenden Gebieten, die von der kurdischen Regionalregierung kontrolliert werden, haben seit 2003 viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden. Sie leben derzeit unter schwierigen materiellen und sozialen Bedingungen als IDPs - zumeist in der kurdischen Provinz Dohuk. Es gibt dort keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung. Viele Christen haben bereits seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein in der Autonomen Region Kurdistan Zuflucht gefunden. Es gibt christliche Städte oder auch große christliche Viertel in Großstädten wie beispielsweise Ankawa in Erbil, in denen Christen in Frieden leben können (AA 12.2.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 16.8.2018

16.5. Turkmenen

Nach Arabern und Kurden sind Turkmenen die dritt-größte Ethnie des Irak (EPRS 11.2.2015). Seit 2012 werden sie offiziell vom irakischen Parlament als eine der drei größten ethnischen Gruppen des Landes anerkannt (UNPO 11.3.2015). Angaben zur Bevölkerungszahl der Turkmenen unterscheiden sich Teils massiv. Sie reichen von 400.000 (AA12.2.2018), über 600.000 bis zu 2 Millionen (MRG 11.2017b) bzw. 3 Millionen (UNPO 11.3.2015). Die meisten irakischen Turkmenen leben im Norden des Landes, in einem Bogen, der sich von Tal Afar über Mosul, Erbil, Altun Kopru, Kirkuk, Tuz Khurmatu und Kifri nach Khaniqin erstreckt (MRG 11.2017b). Turkmenen nennen diese Gebiete "Türkmeneli" ("Land der Turkmenen"). Kirkuk nimmt dabei eine besondere Stellung ein und wird von Turkmenen oft als ihre inoffizielle Hauptstadt betrachtet (YRIS 6.2018; vergleiche UNPO 11.3.2015). Es finden sich auch turkmenische Gemeinden in größeren irakischen Städten, wie Bagdad und Basra (YRIS 6.2018). Etwa 60 Prozent der Turkmenen sind Sunniten, der Rest Zwölfer-Schiiten bzw. Angehörige anderer schiitischer Konfessionen (MRG 11.2017b). Einige Tausende Turkmenen sind Christen (EPRS 11.2.2015).

Insbesondere schiitische Turkmenen wurden zum Ziel von Angriffen des IS, wie z.B. in seinen Kampagnen gegen die mehrheitlich schiitisch-turkmenischen Städte Tal Afar und Amerli (MRG 11.2017b; vergleiche Landinfo 2.7.2015). Sunnitische Turkmenen hingegen, insbesondere jene aus IS- Gebieten, wurden Berichten zufolge aufgrund tatsächlicher oder vermuteter Verbindungen zum IS als Sicherheitsbedrohung gesehen bzw. waren Vergeltungsmaßnahmen ausgesetzt (UNHCR

14.11.2016). Oft wurde ihnen aus diesem Grund auch der Zugang zu sicheren Gebieten verwehrt (UNHCR 12.4.2017). Des Weiteren wurden sunnitische Turkmenen auch bei offensichtlich außergerichtlichen Hinrichtungen durch irakische Sicherheitskräfte ermordet (MRG 11.2017b).

Turkmenen beklagen mangelnde politische Repräsentation auf nationaler Ebene, sowie in der öffentlichen Verwaltung (AW 2.10.2015; vergleiche YRIS 6.2018).

In den sogenannten umstrittenen Gebieten gibt es Berichte von Diskriminierung von Turkmenen durch die Behörden der Kurdischen Autonomieregierung (USDOS 20.4.2018). Turkmenen begrüßten mehrheitlich die Wiedereinnahme Kirkuks durch die irakische Zentralregierung nach dem kurdischen Referendum im Herbst 2017 (CBS 17.10.2017).

Quellen:

https://thearabweekly.com/iraqs-turkmen-their-own. Zugriff 5.11.2018

brink of existence,

http://www.europarl.europa.eu/RegData/etudes/BRIE/2015/548988/EPRS BRI(2015)548988

REV1 EN.pdf, Zugriff 22.8.2018

Sikkerhetssituasjon og internt fordrevne i Kirkuk provins - mai/juni 2015,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1110300/1788 1436864129 3196-1.pdf, Zugriff 5.11.2018

http://minorityrights.org/minorities/turkmen/. Zugriff 22.8.2018

23.8.2018

16.6. Jesiden

Die Zahl der monotheistisch-synkretistischen Jesiden im Irak liegt nach eigenen Angaben bei etwa 450.000-500.000 (AA 12.2.2018) bzw. 600.000-750.000 (USDOS 29.5.2018). Die Zahlen variieren je nach Quelle stark (BFA 26.7.2018). Die Mehrzahl der Jesiden siedelt im Norden Iraks, v.a. im Gebiet um die Städte Sinjar (zwischen Tigris und syrischer Grenze), Shekhan (Provinz Ninewa) und in der Provinz Dohuk (AA 12.2.2018).

Die überwältigende Mehrheit der Jesiden spricht das kurdische "KurmancT". In der wissenschaftlichen Literatur werden die Jesiden aufgrund ihrer Sprache und Kultur überwiegend den Kurden zugeordnet. Die Mehrheit der Jesiden definiert sich ebenfalls ethnisch als Kurden. Ein Teil der Jesiden betrachtet sich dagegen jedoch als eigene, unabhängige ethnische Volksgruppe. Diese Gruppe geht sogar so weit, dass sie jegliche ethnische Verbindung zu den Kurden und zum Kurdentum negiert (BPB 2.7.2018).

Für die Extremisten des IS sind Jesiden "Ungläubige" (sog. "Teufelsanbeter"), die mit dem Tod bestraft werden können (AA 12.2.2018). Im August 2014 begann der IS mit der Vernichtung und Verfolgung der Jesiden in Sinjar. Die Kette der Gräueltaten ist lang: tausende Tote und Schwerverletzte, Entführungen, Massenerschießungen, zerstörte Dörfer und Heiligtümer, hunderttausende Geflüchtete ohne Versorgung und eine traumatisierte Gesellschaft. Tausende jesidische Frauen und Mädchen wurden von IS-Terroristen verschleppt, vergewaltigt und versklavt. Über 3.000 Jesiden befinden sich immer noch in IS-Gefangenschaft, allen voran Frauen und Kinder (BPB 2.7.2018).

350.000 Jesiden leben derzeit in Flüchtlingslagern in der Autonomen Region Kurdistan (USDOS

20.4.2018) . Ein großer Teil trägt sich mit Auswanderungsplänen. Außerdem gibt es in der Stadt Dohuk, nahe des jesidischen Heiligtums Lalesh, sehr viele ortsansässige Jesiden, die dort weitgehend ohne Unterdrückung oder Verfolgung leben (AA 12.2.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 16.8.2018

verbreitung-niederlassungsbeschraenkungen-lage-in-dahuk-und-bagdad-2018-07-26-ke.docx.

Zugriff 24.8.2018

Zugriff

24.8.2018

USDOS - United States Department of State (29.5.2018): International Religious Freedom Report 2017 - Iraq, https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2017/nea/280984.htm. Zugriff 21.8.2018

16.7. Mandäer/Sabäer

Von den vor allem im Südirak lebenden Mandäern/Sabäern befinden sich von ehemals ca. 60.000 nur noch höchstens 5.000 Personen in Irak. Die Mandäer werden von radikal-islamistischen Kreisen als "Ungläubige" angesehen. gegen die Gewalt und Entführung - teilweise mit dem Ziel der Zwangsbekehrung - als legitim angesehen werden. Da sie traditionell oft als Goldschmiede arbeiten. sind sie häufig Opfer finanziell motivierter Entführungen mit z.T. tödlichem Ausgang

(AA

12.2.2018) . Mandäer/Sabäer erleben Diskriminierung und negative Stereotypisierung in allen Bereichen des öffentlichen Lebens (MRG 11.2017c). Sie berichten von einem Klima der Straflosigkeit mit der Verbrechen gegen sie begangen werden. Im Süden sehen sich Mitglieder der Gemeinschaft einem zunehmenden Druck ausgesetzt. ihren Lebensstil zu ändern. um islamischen Prinzipien gerecht zu werden (MERI 7.2017).

Quellen:

https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschlandauswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 16.8.2018

http://minorityrights.org/minorities/sabian-mandaeans/. Zugriff 24.8.2018

16.8. Schabak

Die Schabak sind eine heterodoxe Glaubensgemeinschaft (AA 12.2.2018) bzw. eine ethnisch-linguistische Minderheit (MRG 11.2017d). die im

15. Jahrhundert aus dem heutigen Aserbaidschan in den Nordirak einwanderte. Schätzungen zur Bevölkerungszahl der Schabak variieren Teils stark. Gemäß einer Schätzung umfasst die Gemeinschaft der Schabak heute ca. 100.000 Personen (AA

12.2.2018) . laut einer anderen Schätzung sind es zwischen 200.000 und 500.000 (OHCHR 9.1.2017). Ihr Siedlungsgebiet liegt in Dörfern der Ninewa-Ebene östlich von Mosul. sowie in Mosul selbst (AA 12.2.2018; vergleiche MRG 11.2017d).

Schabak sind im Irak seit 1952 als eigene ethnische Minderheit anerkannt (OHCHR 9.1.2017). obwohl sie weder in der irakischen noch der kurdischen Verfassung als solche erwähnt werden. Die meisten Schabak betrachten sich als eine eigene ethnische Gruppe. weder als Araber. noch als Kurden (MRG 11.2017d). Kurdische Behörden sehen sie als Kurden (OHCHR 9.1.2017). Die Schabak verfügen über eine eigene Sprache (AA 12.2.2018). 70 Prozent der Schabak identifizieren sich als Schiiten. der Rest als Sunniten (MRG 11.2017d).

Unter dem IS wurde Schabak-Eigentum in Mosul mit einem "R" für "Rafida" markiert - ein Begriff mit dem der IS Schiiten bezeichnet, sowie andere, die ihre Auslegung des Islams ablehnen (OHCHR 9.1.2017). Die Schabak wurden wiederholt Opfer von gezielten Angriffen, bisher aber nur außerhalb der Autonomen Region Kurdistan (AA 12.2.2018). Tausende von Schabak leben weiterhin als IDPs in der Autonomen Region Kurdistan sowie in den mehrheitlich von Schiiten bewohnten Regionen des Zentral- und Südirak (MRG 11.2017d).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 16.8.2018

https://minorityrights.org/minorities/shabak/. Zugriff 27.8.2018

Report of the Special Rapporteur on minority issues on her mission to Iraq, https://documentsdds-ny.un.org/doc/UNDOC/GEN/G17/002/44/PDF/G1700244.pdf?OpenElement.

Zugriff

27.8.2018

16.9. Palästinenser

Palästinensische Flüchtlinge, die mehrheitlich 1948 aus dem Mandatsgebiet Palästina, das Israel wurde, bzw. aus den seit 1967 besetzten palästinensischen Gebieten und 1991 aus den Golfstaaten flüchteten und sich im Irak ansiedelten, sowie deren Nachkommen, wurden von der irakischen Regierung nie offiziell als Flüchtlinge anerkannt. Entsprechend verschiedener Übereinkommen kommt ihnen aber ein Aufenthaltsrecht zu und sie sind in sozio-ökonomischer Hinsicht irakischen StaatsbürgerInnen nahezu gleichgestellt (UNHCR 27.4.2018). Infolge des neuen, 2017 erlassenen irakischen Ausländer-Aufenthaltsgesetzes (Law Nr. 76, 2017) mehren sich Berichte, wonach die Rechte der Palästinenser im Irak aufgehoben bzw. infrage gestellt werden (UNHCR 27.4.2018; vergleiche AOHR 22.12.2017, MEMO 21.12.2017). Die irakische Regierung hat dies jedoch abgestritten (UNHCR 27.4.2018).

Ein Großteil der palästinensischen Flüchtlinge im Irak lebt in Bagdad. Seit Jahren sind sie dort Übergriffen aufgrund ihrer Nationalität und der ihnen unterstellten Nähe zum IS und anderen bewaffneten sunnitischen Gruppen ausgesetzt. Übergriffe durch Milizen und andere nicht¬staatliche Akteure werden auch dadurch begünstigt, dass der Zugang zu fairen Gerichtsverfahren und staatlichem Schutz eine Herausforderung darstellt (UNHCR 27.4.2018).

Quellen:

basic-rights.html, Zugriff 27.8.2018

https://www.middleeastmonitor.com/20171221-iraq-to-abolish-rights-given-to-palestine-

refugees/, Zugriff 27.8.2018

16.10. Kakai (Yarsan bzw. Ahl-e Haqq)

Die Kakai, auch bekannt als Ahl-e Haqq oder Yarsan/Yaresan, sind eine religiöse Minderheit, die im Irak hauptsächlich südöstlich von Kirkuk und in der Ninewa-Ebene bei Daquq und Hamdaniya angesiedelt ist. Einige Kakai leben auch in Diyala, Erbil und Sulaymaniya (MRG 11.2017e), sowie in Karbala (USDOS 29.5.2018). Der Begriff Kakai wird darüber hinaus auch für Mitglieder einer Stammesföderation in der Autonomen Region Kurdistan verwendet (EI 19.4.2012).

Die Anzahl der Kakai im Irak wird von Kakai selbst auf 110.000 bis 200.000 geschätzt (MRG 11.2017e). Nach einer anderen Schätzung sind es 75.000 (Economist 17.2.2015). Die Kakai gelten in ihrer ethnischen Zugehörigkeit allgemein als Kurden. Sie sprechen einen Dialekt, "Macho", der dem Gorani/Hawrani-Zweig der nordwestiranischen Sprachen zuzurechnen ist. Es gibt jedoch auch einige arabischsprachige Kakai-Gemeinden. Kakai sind Anhänger einer synkretistischen Religion, die auf das 14. Jahrhundert im westlichen Iran zurückgeht, Elemente des Zoroastrismus und schiitischen Islams aufweist (MRG 11.2017e) und durch auffallende Ähnlichkeiten mit dem Jesidentum und Alevitentum gekennzeichnet ist (van Bruinessen 2017).

Ihre besondere religiöse Identität macht die Kakai, wie andere Minderheiten auch, zu einem Ziel des IS, der Dutzende Kakai-Dörfer zerstört hat. Berichten zufolge flüchteten alle vormals in Mosul und der Ninewa-Ebene ansässigen Kakai in die Autonome Region Kurdistan. Gesetz Nr. 5 der kurdischen Autonomiebehörde von 2015, zum Schutz der Rechte von Minderheiten, erkannte die Kakai als religiöse Gruppe an (OHCHR 9.1.2017).

Kakai werden aufgrund ihrer schlecht verstandenen religiösen Identität weiterhin diskriminiert, sowie zum Opfer von Drohungen, Entführungen, Attentaten und Boykotten ihrer Unternehmen. Kakai-Männer sind durch ihren charakteristischen Schnurrbart leicht zu erkennen, wodurch sie eher Belästigung und Diskriminierung ausgeliefert sind (MRG 11.2017e). Gemeindevertretern zufolge gibt es auch Druck auf Kakai sich zu "schiitisieren" (OHCHR 9.1.2017).

Quellen:

file:///home/ki7295/Dokumente/Laptop/8.%20LIB/IRAK%20LIB%202018%20Quellen/K

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Zugriff

28.8.2018

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Zugriff

27.8.2018

16.11. Afro-Iraker ("Black Iraqis")

Afro-Iraker sind zum größten Teil Nachkommen ostafrikanischer Händler und Sklaven, deren Existenz im Irak seit dem neunten Jahrhundert belegt ist. Angaben zur Bevölkerungszahl schwarzer Iraker variieren stark: Die Gemeinschaft selbst schätzt ihre Zahl auf 1,5 bis 2 Millionen (MRG 11.2017f), nach anderen Schätzungen sind es 500.000 (USDQS 20.4.2018). Afro-Iraker leben hauptsächlich im Südirak. Die größte Gemeinde ist in Basra ansässig. Die Mehrheit der Afro- Iraker identifiziert sich als schiitisch, obwohl die Gemeinschaft auch einige afrikanische Traditionen beibehalten hat (MRG 11.2017f).

Viele Afro-Iraker leben in extremer Armut mit einer hohen Analphabeten- und Arbeitslosenrate. Sie sind nicht in der Politik vertreten. Darüber hinaus erklären sie, dass Diskriminierung sie daran hindert, staatliche Beschäftigung zu erhalten (USDQS 20.4.2018).

Quellen:

http://minorityrights.org/minorities/black-iraqis/. Zugriff 28.8.2018

16.12. Kawliyah (Roma)

Die Zahl der Roma, die im Irak als Kawliyah bezeichnet werden, liegt zwischen 50.000 und 200.000. Roma leben hauptsächlich in abgelegenen Dörfern im Südirak, vor allem im Gouvernement Qadisiyya, sowie in den Vororten von Bagdad, Basra und Mosul. Qbwohl die Mehrheit der Roma Muslime sind (sowohl Schiiten als auch Sunniten), werden sie von islamischen Milizen wegen ihrer traditionellen Berufe als Entertainer, Sänger und Tänzer angegriffen (MRG 11.2017g). Die Kawliyah werden seit Langem von der irakischen Gesellschaft marginalisiert (Reuters 17.4.2018). Die Lebensbedingungen in den Dörfern der Roma im Zentral- und Südirak sind extrem schlecht. Viele Roma leben ohne Zugang zu Strom, sauberem Wasser, Gesundheitsversorgung, etc. (MRG 11.2017g). Von den meisten Irakern verachtet, führen sie ein prekäres Dasein. Die Staatsbürgerschaft wird ihnen vorenthalten (Reuters 17.4.2018).

Quellen:

http://news.trust.org/item/20180417141601-np2ci/. Zugriff 28.8.2018

16.13. Bahai

Die Zahl der Bahai im Irak bleibt unklar. Es mangelt an offiziellen Daten und Bahai haben auf Grund historischer und weit verbreiteter Diskriminierung Angst. ihre Identität öffentlich zum Ausdruck zu bringen (OHCHR 9.1.2017). Man geht davon aus. dass es im ganzen Irak weniger als 2.000 Bahai gibt - in kleinen Gruppen über das ganze Land verteilt (USDOS 29.5.2018). Viele praktizieren ihren Glauben nicht offen (OHCHR 9.1.2017).

Gesetz Nr. 105 von 1970, das den Bahai-Glauben verbietet. ist weiterhin in Kraft. (MRG 11.2017h; vergleiche UNHCR 15.1.2018). Im April 2008 wurde vom Innenministerium Verordnung Nr. 358 (1975)

aufgehoben. welche die Aufnahme von "Bahai" als Religion in das Personenstandsregister verboten hatte (MRG 11.2017h; vergleiche OHCHR 9.1.2017). Allerdings berichten Bahai weiterhin von Schwierigkeiten bei der Änderung ihrer Dokumente (OHCHR 9.1.2017). Das Innenministerium verweist dabei auf das weiterhin bestehende Verbot des Bahai-Glauben selbst (MRG 11.2017h).

Die kurdische Autonomiebehörde erkennt die Bahai als religiöse Minderheit an (MRG 11.2017h). Bahais berichteten. dass sie in der kurdischen Autonomieregion ihre religiösen Feiertage und Feste ohne Einmischung oder Einschüchterung vonseiten der Behörden feiern können (USDOS

29.5.2018) .

Quellen:

http://minorityrights.org/minorities/bahai/. Zugriff 29.8.2018

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/G1700244.pdf.Zugriff 5.11.2018

Situation of Christians in Baghdad.
http://www.refworld.org/docid/5a66f80e4.html. Zugriff 29.8.2018

International Religious Freedom Report 2017 - Iraq. https://www.state.gov/j/drl/rls/irf/2017/nea/280984.htm. Zugriff 21.8.2018

17. Relevante Bevölkerungsgruppen

17.1. Frauen

In der Verfassung ist die Gleichstellung der Geschlechter festgeschrieben und eine Frauenquote von 25 Prozent im Parlament (Region Kurdistan: 30 Prozent) verankert (AA 12.2.2018). Frauen sind jedoch auf Gemeinde- und Bundesebene. in Verwaltung und Regierung. weiterhin unterrepräsentiert. Dabei stellt die Quote zwar sicher. dass Frauen zahlenmäßig vertreten sind.

führt aber nicht dazu, dass Frauen einen wirklichen Einfluss auf Entscheidungsfindungsprozesse haben bzw. dass das Interesse von Frauen auf der Tagesordnung der Politik steht (K4D 24.11.2017).

Laut Artikel 14 und 20 der Verfassung ist jede Art von Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes verboten. Artikel 41, bestimmt jedoch, dass Iraker Personenstandsangelegenheiten ihrer Religion entsprechend regeln dürfen. Viele Frauen kritisieren diesen Paragrafen als Grundlage für eine Re- Islamisierung des Personenstandsrechts und damit eine Verschlechterung der Stellung der Frau. Zudem findet auf einfachgesetzlicher Ebene die verfassungsrechtlich garantierte Gleichstellung häufig keine Entsprechung. Defizite bestehen insbesondere im Familien-, Erb- und Strafrecht sowie im Staatsangehörigkeitsrecht (AA 12.2.2018).

Frauen sind weit verbreiteter gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt und werden unter mehreren Aspekten der Gesetzgebung ungleich behandelt (FH 16.1.2018). Die Stellung der Frau hat sich im Vergleich zur Zeit des Saddam-Regimes teilweise deutlich verschlechtert (AA 12.2.2018; vergleiche UNIraq 13.3.2013, MIGRI 22.5.2018). Die prekäre Sicherheitslage in Teilen der irakischen Gesellschaft hat negative Auswirkungen auf das Alltagsleben und die politischen Freiheiten der Frauen (AA 12.2.2018). In der Praxis ist die Bewegungsfreiheit für Frauen auch stärker eingeschränkt als für Männer (FH 16.1.2018).

Die geschätzte Erwerbsquote von Frauen lag 2014 bei nur 14 Prozent, der Anteil an der arbeitenden Bevölkerung bei 17 Prozent (AA 12.2.2018; vergleiche ILO 1.2016). Die genauen Zahlen unterscheiden sich je nach Statistik und Erhebungsmethode (MIGRI 22.5.2018).

Schätzungen zufolge liegt die Analphabetenrate bei Frauen im Irak bei 26,4 Prozent (UNESCO 18.3.2014). Mehr als ein Viertel von Frauen im Alter von über 15 Jahren können nicht lesen und schreiben (CIA 20.8.2018). In ländlichen Gebieten ist die Rate noch höher (UNESCO 18.3.2014).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 29.8.2018

https://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---arabstates/-ro-beirut/documents/publication/

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https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/Plib/Report_Women_Iraq_Migri_CIS.pdf.

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https://reliefweb.int/report/iraq/women-iraq-factsheet-march-2013. Zugriff 31.8.2018

17.1.1 Häusliche Gewalt, sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt, Vergewaltigung

Häusliche Gewalt ist weiterhin ein allgegenwärtiges Problem (USDOS 20.4.2018). vor dem Frauen nur wenig rechtlichen Schutz haben (HRW 18.1.2018). Das irakische Strafgesetz enthält zwar Bestimmungen zur Kriminalisierung von Körperverletzung. es fehlt jedoch eine ausdrückliche Erwähnung von häuslicher Gewalt (HRW 18.1.2018; vergleiche MIGRI 22.5.2018).

Nach Artikel 41. Absatz 1 des Strafgesetzbuches hat der Ehemann das Recht. seine Frau "innerhalb gewisser Grenzen" zu bestrafen. Diese Grenzen sind recht vage definiert. sodass verschiedene Arten von Gewalt als "rechtmäßig" interpretiert werden können (MIGRI 22.5.2018; vergleiche MRG 11.2015). Nach Artikel 128 Absatz 1 des Strafgesetzbuches können Straftaten. die aufgrund der "Ehre" oder "vom Opfer provoziert" begangen wurden. ungestraft bleiben bzw. kann in solchen Fällen die Strafe gemildert werden (MIGRI 22.5.2018).

Während sexuelle Übergriffe. wie z.B. Vergewaltigung. sowohl gegen Frauen als auch gegen Männer strafbar sind. sieht Artikel 398 des irakischen Strafgesetzbuches vor. dass Anklagen aufgrund von Vergewaltigung fallen gelassen werden können. wenn der Angreifer das Opfer heiratet (HRW 18.1.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018). Dies trifft auch zu wenn das Opfer minderjährig ist (MIGRI 22.5.2018). Vergewaltigung innerhalb der Ehe stellt keine Straftat dar (MIGRI 22.5.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018).

Laut Studien handelt es sich bei denjenigen. die häusliche Gewalt gegen Frauen ausüben. am häufigsten um den Ehemann bzw. den Vater der Frau. gefolgt von Schwiegereltern. Brüdern und anderen Familienmitgliedern (UNFPA 2016; vergleiche CSO 6.2012. MIGRI 22.5.2018). Täter. die Gemeinschaft. aber auch Opfer selbst sehen häusliche Gewalt oft als "normal" und rechtfertigen sie aus kulturellen und religiösen Gründen (UNFPA 2016; vergleiche MRG 11.2015. MIGRI 22.5.2018). Frauen tendieren dazu häusliche Gewalt aus Scham oder Angst vor Konsequenzen nicht zu melden. manchmal auch um den Täter zu schützen (UNFPA 2016; vergleiche MIGRI 22.5.2018). Der Großteil befragter Frauen hatte kein Vertrauen in die Polizei und hielt den von ihr gebotenen Schutz für nicht angemessen (MIGRI 22.5.2018).

Im Zuge des IS-Vormarschs auf Sinjar sollen über 5.000 jesidische Frauen und Mädchen verschleppt worden sein. von denen Hunderte später als "Trophäen" an IS-Kämpfer gegeben oder nach Syrien "verkauft" sowie später von ihren Familien "zurückgekauft" wurden (AA 12.2.2018).

Quellen:

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https://www.hrw.org/news/2017/12/17/iraq-parliament-rejects-marriage-8-year-old-girls.

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Zugriff 3.9.2018

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https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 4.9.2018

17.1.2 Schutzmaßnahmen, Schutzeinrichtungen, Frauenhäuser

Der Irak verfügt zurzeit über keinen adäquaten rechtlichen Rahmen. um Frauen und Kinder vor häuslicher. sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt zu schützen bzw. Opfern solcher Gewalt sichere Zufluchtsorte zur Verfügung zu stellen (UNAMI 14.12.2017; vergleiche MIGRI 22.5.2018). Die derzeitige Version eines Gesetzesentwurfs zum Familienschutz. der vom Parlament verzögert wird. räumt der Familienaussöhnung eine höhere Priorität als dem Opferschutz ein (UNAMI 14.12.2017).

Das Innenministerium unterhält 16 Familienschutzeinheiten im ganzen Land. die dafür bestimmt sind. häusliche Streitigkeiten zu lösen und sichere Zufluchtsorte für Opfer sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt zu schaffen. Diese Einheiten tendieren jedoch dazu. der Familienversöhnung Vorrang vor dem Opferschutz einzuräumen und verfügen nicht über die Fähigkeit. Opfer zu unterstützen. Opfer häuslicher Gewalt in Basra berichteten beispielsweise. dass sie Angst hatten sich an Familienschutzeinheiten zu wenden. Sie befürchteten. dass die Polizei ihre Familien unverzüglich informieren würde. Die meisten Familienschutzeinheiten betreiben selbst keine Unterkünfte. "Safe Houses". die von der Regierung und NGOs betrieben werden. sind oft Ziel von Gewalt (USDOS 20.4.2018). Offizielle Schutzeinrichtungen für Frauen. die vor ihren sie misshandelnden Ehemännern fliehen. gibt es keine. In Bagdad wurden Unterkünfte. wo es sie gab. aktiv angegriffen (Lattimer EASO 26.4.2017).

Die kurdische Regionalregierung hat ihre Anstrengungen zum Schutz der Frauen verstärkt. So wurden im Innenministerium vier Abteilungen zum Schutz von weiblichen Opfern von (familiärer)

Gewalt sowie drei staatliche Frauenhäuser eingerichtet. Zwei weitere werden von NGOs betrieben (AA 12.2.2018). Die Angaben zu Frauenhäusern variieren jedoch in den Quellen. USDOS berichtet von einem privat betriebenen und vier staatlichen Frauenhäusern in der Autonomen Region Kurdistan. Letztere werden vom Arbeits- und Sozialministerium betrieben (USDOS 20.4.2018). Mark Lattimer spricht von drei Frauenhäusern in der Autonomen Region Kurdistan. Um dort aufgenommen zu werden, benötigen Frauen einen Gerichtsbeschluss (Lattimer EASO 26.4.2017). Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen, die Serviceleistungen sind schlecht (USDOS 20.4.2018; vergleiche UNAMI 8.7.2018).

Vereinzelt werden Frauen "zum eigenen Schutz" inhaftiert (AA 12.2.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018). Einige Frauen werden mangels Notunterkünften obdachlos (USDOS 20.4.2018). Frauen, die in Frauenhäusern oder Notunterkünften untergebracht sind, verfügen nur über wenige Alternativen, abgesehen von einer Eheschließung oder der Rückkehr zu ihren Familien, was oft zu weiterer Bestrafung oder Diskriminierung durch die Familie oder die Gemeinschaft führt (USDOS 20.4.2018; vergleiche Lattimer EASO 26.4.2017).

Quellen:

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Zugriff 3.9.2018

17.1.3 Zwangsehen, Kinderehen, temporäre Ehen, Blutgeld-Ehe (Fasliya)

Frauen werden noch immer in Ehen gezwungen. Rund 20 Prozent der Frauen werden vor ihrem

18. Lebensjahr (religiös) verheiratet, viele davon im Alter von 10 - 14 Jahren (AA 12.2.2018). Ein Gesetzesentwurf der u.a. die Möglichkeit der Verheiratung von Mädchen im Alter von ab acht Jahren beinhaltet hätte, wurde im Dezember 2017 vom Parlament abgelehnt (HRW 17.12.2017).

Das gesetzliche Mindestalter für eine Eheschließung beträgt mit elterlicher Erlaubnis 15 Jahre, ohne Erlaubnis 18 Jahre. Berichten zufolge unternimmt die Regierung jedoch wenig Anstrengungen, um dieses Gesetz durchzusetzen. Traditionelle Zwangsverheiratungen von

Mädchen, Kinderehen und sogenannte "Ehen auf Zeit" (zawaj al-mut'a) finden im ganzen Land statt. Laut UNICEF waren 2016 rund 975.000 Frauen und Mädchen vor dem 15. Lebensjahr verheiratet, doppelt so viele wie 1990 (USDOS 20.4.2018).

Nach Angaben des Hohen Rates für Frauenangelegenheiten der kurdischen Regionalregierung tragen Flüchtlinge und IDPs in der Autonomen Region Kurdistan zu einer zunehmenden Zahl an Kinderehen und Polygamie bei (USDOS 20.4.2018). Viele Frauen und Mädchen sind durch Flucht und Verfolgung besonders gefährdet. Es gibt vermehrt Berichte, dass minderjährige Frauen in Flüchtlingslagern zur Heirat gezwungen werden. Dies geschieht entweder, um ihnen ein vermeintlich besseres Leben zu ermöglichen oder um ihre Familien finanziell zu unterstützen. Häufig werden die Ehen nach kurzer Zeit wieder annulliert, mit verheerenden Folgen für die betroffenen Frauen (AA 12.2.2018).

Fasliya bezeichnet eine traditionelle Stammespraxis zur Schlichtung von Konflikten, bei der Frauen bzw. Mädchen eines Stammes mit Männern eines verfeindeten Stammes als Entschädigung für Mord bzw. für die Verletzung von Mitgliedern des anderen Stammes verheiratet werden (UNHCR 15.1.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018). Obwohl die "Blutgeld-Ehe" seit den 1950er Jahren gesetzlich verboten ist, hat sie in den letzten Jahrzehnten vor allem im Südirak einen Wiederaufschwung erlebt (UNHCR 15.1.2018; vergleiche Al-Monitor 18.6.2015). Die Praxis existiert auch in anderen Teilen des Landes (z.B. im Zentralirak) (Al-Monitor 18.6.2015) und wird auf kurdisch als badal khueen oder jin be xwen bezeichnet (FO 29.12.2015). Frauen, die im Zuge solcher Arrangements "als Kompensation" bzw. "als Ersatz" für den Toten bzw. für das vergossene Blut verheiratet werden, können sich nicht scheiden lassen und sind häufig Missbrauch ausgesetzt (Raseef22 17.8.2016; vergleiche FO 29.12.2015, Niqash 29.7.2010).

Quellen:

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Zugriff 29.8.2018

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Tribal Conflict Resolution in Iraq, http://www.refworld.org/docid/5a66f84f4.html, Zugriff 5.9.2018

17.1.4 Ehrenverbrechen an Frauen

Sogenannte "Ehrenverbrechen" sind Gewalttaten. die von Familienmitgliedern gegen Verwandte ausgeübt werden. weil diese "Schande" über die Familie oder den Stamm gebracht haben. Ehrenverbrechen werden oft in Form von Mord begangen. obwohl sie auch andere Arten der Gewalt umfassen können wie z.B. körperliche Misshandlung. Einsperren. Einschränkung der Bewegungsfreiheit. Entzug von Bildung. Zwangsverheiratung. erzwungener Selbstmord und öffentliche Schändung bzw. "Entehrung". Ehrendelikte werden überwiegend von männlichen Familienmitgliedern gegen weibliche Familienmitglieder verübt. obwohl gelegentlich auch Männer Opfer solcher Gewalt werden können (MRG 11.2015). Ehrenmorde bleiben ein ernstes Problem im ganzen Land (USDOS 20.4.2018).

Ehrenverbrechen werden meist begangen. nachdem eine Frau eines der folgenden Dinge getan hat bzw. dessen verdächtigt wird: Freundschaft oder voreheliche Beziehung mit einem Mann; Weigerung. einen von der Familie ausgewählten Mann zu heiraten; Heirat gegen den Willen der Familie; Ehebruch; Opfer einer Vergewaltigung oder Entführung geworden zu sein. Solche "Verletzungen der Ehre" werden als unverzeihlich angesehen. In den meisten Fällen wird die Tötung der Frau. manchmal auch die des Mannes. als der einzige Weg gesehen. die Ehrübertretung zu sühnen (MRG 11.2015).

Ehrenverbrechen finden in allen Gegenden des Irak statt und beschränken sich nicht auf bestimmte ethnische oder religiöse Gruppen. Sie werden gleichermaßen von Arabern und Kurden ausgeübt. von Sunniten und Schiiten. wie auch von einigen ethnischen und religiösen Minderheiten. Es ist schwer. das wahre Ausmaß von Ehrenverbrechen und Ehrenmorden im Irak zu erfassen. da viele Fälle nicht angezeigt werden bzw. oft als Selbstmord oder Unfall angeführt werden (MRG 11.2015).

In Fällen von Gewalt gegen Frauen erlaubt das irakische Recht den Grund der "Ehre" als rechtmäßige Verteidigung. Wenn ein Mann des Mordes an einer Frau angeklagt wird. die er getötet haben soll. weil sie des Ehebruchs verdächtigt worden war. begrenzt das Gesetz seine mögliche Strafe auf maximal drei Jahre Gefängnis (USDOS 20.4.2018). In der Regel werden Ehrenverbrechen nicht angezeigt und auch nicht strafrechtlich verfolgt. Von der Polizei und den zuständigen Behörden werden die Fälle in der Regel als "Familiensache" gesehen. die dem Ermessen männlicher Familienmitglieder obliegt. Nur sehr wenige Fälle kommen vor Gericht und. wenn dies der Fall ist. werden die Täter oft freigesprochen oder zu sehr leichten Strafen verurteilt. selbst wenn eindeutige. belastende Beweisen vorliegen (MRG 11.2017).

Quellen:

17.1.5 Genitalverstümmelung (FGM - Female Genital Mutilation)

Das Thema der Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen im Irak war bis vor kurzem ein Tabu. über das kaum gesprochen wurde. Erst als durch Studien die alarmierend hohe Raten der Praxis im kurdischen Norden aufgezeigt wurden. hat sich dies geändert (MRG 11.2015).

Seit 2011 stellt ein Gesetz in der Autonomen Region Kurdistan die Genitalverstümmelung unter Strafe (AA 12.2.2018). NGOs berichten jedoch. dass die Praxis weiter betrieben wird. vor allem in ländlichen Gebieten (USDOS 20.4.2018). Außerhalb der Autonomen Region Kurdistan gibt es bisher keine staatlichen Anstrengungen zur Bekämpfung dieser Praktiken (AA 12.2.2018). Viele Politiker bestreiten. dass Genitalverstümmelung außerhalb der Kurdenregion praktiziert wird (MRG 11.2015). Dabei ist Genitalverstümmelung kein ausschließlich kurdisches Problem. Eine Studie in Kirkuk fand auch Betroffene in der arabischen und turkmenischen Bevölkerung. wenn auch in geringerem Ausmaß (AA 12.2.2018). Eine weitere Studie in den Provinzen Wasit und Qadisiyya (Zentral- bzw. Südirak) belegte auch dort die Praxis. Während es sich bei den Opfern von Genitalverstümmelung im Norden des Landes vorwiegend um junge bis sehr junge Mädchen handelt. gaben in Wasit und Qadisiyya eine überraschende Anzahl von Frauen an. erst in späteren Jahren. nach der Eheschließung und aufgrund einer Entscheidung des Mannes bzw. der Familie des Mannes. verstümmelt worden zu sein (MRG 11.2015; vergleiche UKHO 8.2016).

Quellen:

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https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 4.9.2018

17.1.6 Weibliche Familienoberhäupter, Witwen, Geschiedene, alleinstehende Frauen

Jahre der Instabilität und des Krieges haben im Irak zu einer großen Zahl an Haushalten geführt. deren Haushaltsvorstände Frauen sind ("female-headed-households"). Laut einer Schätzung betrug die Zahl solcher Haushalte im Jahr 2011 zwischen einer und zwei Millionen (IOM 12.10.2011). Präzise Angaben existieren nicht. Die Zahlen variieren, je nach Art der Erhebung (MIGRI 22.5.2018; vergleiche z.B. ICRC 8.2011). Als Witwen, Geschiedene oder von ihren Ehemännern Getrennte, versorgen diese Frauen ihre Familien alleine. Manchmal ist der Ehemann krank oder pflegebedürftig. Viele von Frauen geführte Haushalte stellen einen besonders vulnerablen Teil der irakischen Bevölkerung dar, vor allem in ländlichen Gebieten bzw. als IDPs (IOM 12.10.2011).

Zehn Prozent der irakischen Frauen sind Witwen, viele davon Alleinversorgerinnen ihrer Familien. Ohne männliche Angehörige erhöht sich das Risiko für diese Familien, Opfer von Kinderheirat und sexueller Ausbeutung zu werden (AA 12.2.2018). Alleinstehende Frauen und Witwen haben oft Schwierigkeiten, ihre Kinder registrieren zu lassen, was dazu führt, dass den Kindern staatliche Leistungen, wie Bildung, Lebensmittelbeihilfen und Zugang zum Gesundheitswesen verweigert werden (USDOS 20.4.2018).

Scheidung bleibt im Irak weiterhin mit starkem sozialen Stigma verbunden (MRG 11.2015; vergleiche MIGRI 22.5.2018). Das gesellschaftliche Klima gegenüber Geschiedenen ist nicht offen repressiv. Üblicherweise werden geschiedene Frauen in die eigene Familie reintegriert. Sie müssen jedoch damit rechnen, schlechter bezahlte Arbeitsstellen annehmen zu müssen oder als Zweit- oder Drittfrau in Mehrehen erneut verheiratet zu werden. Im Rahmen einer Ehescheidung wird das Sorgerecht für Kinder ganz überwiegend den Vätern (und ihren Familien) zugesprochen (AA

12.2.2018) . Laut einer Studie führt das mit einer Scheidung assoziierte gesellschaftliche Stigma dazu, dass viele Frauen in Beziehungen bleiben, in denen sie Missbrauch ausgesetzt sind, um Ablehnung bzw. die Androhung von noch größerer Gewalt durch Familienmitglieder und Mitglieder der Community zu vermeiden. In manchen Fällen ist das Stigma so groß, dass Frauen von ihren Familien gezwungen werden, zu ihren sie misshandelnden Ehemännern zurückzukehren. Geschiedene Frauen, die zu ihren Familien zurückkehren, sind aufgrund ihres Status als geschiedene Frauen oft weiteren Formen des Missbrauchs und der Stigmatisierung ausgesetzt (MRG 11.2015).

Opfern von Zwangsscheidungen wird die Rückkehr ins Elternhaus durch einen Ehrenkodex verwehrt. Bei Zwangsscheidungen handelt es sich um eine Praxis, die vor allem im Süden des Landes vorkommt. Dabei droht der Mann seiner Frau mit der Scheidung, falls ihre Familie ihm oder seiner Familie nicht mehr Geld zukommen lässt. Wenn dies nicht geschieht, muss die Frau ihren Mann und ihre Familie verlassen und bleibt als Verstoßene zurück. Die Rückkehr ins Elternhaus wird aus Ehrengründen verwehrt (USDOS 20.4.2018).

Ohne Zustimmung eines männlichen Verwandten können Frauen keine Ausweisdokumente erhalten (MIGRI 22.5.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018). Die Gesetzgebung hindert Frauen daran, ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters einen Reisepass zu beantragen (USDOS 20.4.2018; vergleiche FH 16.1.2018). Frauen können ohne Zustimmung eines männlichen Verwandten auch keinen Personalausweis bekommen, der etwa für den Zugang zu

Nahrungsmittelhilfe, Gesundheitsversorgung, Beschäftigung, Bildung und Wohnen benötigt wird (USDOS 20.4.2018). Zusätzlich wird generell erwartet, dass eine Frau immer mit einem Mann reist, der als ihr Vormund agiert (Lattimer EASO 26.4.2017).

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Iraq: Practical Cooperation Meeting, 25-26 April 2017, Brussels,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-

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https://coi.easo.europa.eu/administration/finland/Plib/Report_Women_Iraq_Migri_CIS.pdf.

Zugriff 3.9.2018

17.1.7 Verwestlichung, westlicher bzw. nicht-konservativer Lebensstil

Sowohl Männer als auch Frauen stehen unter Druck, sich an konservative Normen zu halten was das persönliche Erscheinungsbild betrifft (FH 16.1.2018). Vor allem im schiitisch geprägten Südirak werden auch nicht gesetzlich vorgeschriebene islamische Regeln, z.B. Kopftuchzwang an Schulen und Universitäten, stärker durchgesetzt. Frauen werden unter Druck gesetzt, ihre Freizügigkeit und Teilnahme am öffentlichen Leben einzuschränken (AA 12.2.2018). Einige Muslime bedrohen weiterhin Frauen und Mädchen, unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit, wenn sich diese weigern, den Hijab zu tragen bzw. wenn sie sich in westlicher Kleidung kleiden oder sich nicht an strenge Interpretationen islamischer Normen für das Verhalten in der Öffentlichkeit halten (USDOS

29.5.2018) . Es gab mehrere Fälle, in denen Frauen in Basra schriftliche Mitteilungen erhielten, wonach sie in falscher Kleidung oder in kompromittierenden Situationen gesehen worden sind (Lattimer EASO 26.4.2017).

Zahlreiche Frauen sind aufgrund ihrer politischen Aktivitäten oder weil sie "moralische Verbrechen" begangen haben zum Ziel von Tötungen geworden (Lattimer EASO 26.4.2017). Auch wurden Cafes angegriffen, weil dort Frauen arbeiteten (ICSSI 19.10.2016; vergleiche ACCORD 30.4.2018). 2018 wurden mehrere weibliche Instagram-Stars sowie eine plastische Chirurgin und eine Kosmetikerin gezielt ermordet. Das Motiv hinter den Morden soll stets die progressive und weltoffene Lebensart sowie die Eigenständigkeit der Entscheidungen der Frauen gewesen sein (Standard 23.10.2018).

Im Allgemeinen wird im Irak, auch in der kurdischen Autonomieregion, von Frauen erwartet, Männern gegenüber unterwürfig zu sein (Lattimer EASO 26.4.2017). Mädchen und Frauen haben immer noch einen schlechteren Zugang zu Bildung. Je höher die Bildungsstufe, desto weniger Mädchen sind vertreten. Häufig lehnen die Familien eine weiterführende Schule für die Mädchen ab oder ziehen eine "frühe Ehe" für sie vor (GIZ 11.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 29.8.2018

(30.4.2018): Anfragebeantwortung zum Irak: Lage westlich orientierter Frauen,

https://www.ecoi.net/en/document/1434094.html. Zugriff 12.9.2018

Iraq: Practical Cooperation Meeting, 25-26 April 2017, Brussels,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1404903/90_1501570991_easo-2017-07-iraq-meeting-

report.pdf, Zugriff 5.11.2018

https://derstandard.at/2000089213394-1895/Mordwelle-an-weiblichen-Instagram-Stars-

schockiert, Zugriff 6.11.2018

17.2. Kinder [Kinderehen siehe 17.1.3]

Die Hälfte der irakischen Bevölkerung ist unter 18 Jahre alt. Kinder waren und sind Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen der letzten Jahre. Sie sind nach Angaben der Vereinten Nationen in überproportionaler Weise von der schwierigen humanitären Lage betroffen. Sehr viele Kinder und Jugendliche sind durch Gewaltakte gegen sie selbst oder gegen Familienmitglieder stark betroffen (AA 12.2.2018). Laut UNICEF machten Kinder im August 2017 fast die Hälfte der damals drei Millionen durch den Konflikt vertriebenen Iraker aus (USDOS 20.4.2018).

Artikel 29 und 30 der irakischen Verfassung enthalten Kinderschutzrechte. Irak ist dem Zusatzprotokoll zur VN-Kinderrechtskonvention zum Schutz von Kindern in bewaffneten Konflikten beigetreten (AA 12.2.2018). Das Gesetz verbietet die kommerzielle Ausbeutung von Kindern, sowie Pornografie jeglicher Art, einschließlich Kinderpornografie (USDOS 20.4.2018).

Im Falle einer Nichtregistrierung der Geburt eines Kindes werden diesem staatliche Leistungen wie Bildung, Lebensmittelbeihilfe und Gesundheitsversorgung vorenthalten. Alleinstehende Frauen und Witwen hatten oft Probleme bei der Registrierung ihrer Kinder. Kinder, die nicht die irakische Staatsbürgerschaft besitzen, haben ebenfalls keinen Anspruch auf staatliche Leistungen. Humanitäre Organisationen berichten von einem weit verbreiteten Problem bezüglich Kindern, die im IS-Gebiet geboren worden sind und keine von der Regierung ausgestellte Geburtsurkunden erhalten (USDOS 20.4.2018).

Die Grundschulbildung ist für Kinder, die die irakische Staatsbürgerschaft besitzen, in den ersten sechs Schuljahren verpflichtend und wird für diese kostenfrei angeboten. In der kurdischen Autonomieregion besteht die Schulpflicht bis zum Alter von 15 Jahren; auch dort kostenfrei. Der gleichberechtigte Zugang von Mädchen zu Bildung bleibt eine Herausforderung, insbesondere in ländlichen und unsicheren Gebieten. Der Zugang zu Bildung von Kindern, die aufgrund des Konfliktes intern vertrieben wurden, ist stark einschränkt (USDOS 20.4.2018). Die Sicherheitslage und die große Zahl zerstörter Schulen verhindern mancherorts den Schulbesuch, sodass die Alphabetisierungsrate in den letzten 15 Jahren drastisch gefallen ist (aktuell bei 79,7 Prozent), besonders in ländlichen Gebieten. Im Unterschied dazu sind in der Autonomen Region Kurdistan fast alle Menschen des Lesens und Schreibens mächtig. In den vom IS beherrschten Gebieten fand kein regulärer Schulunterricht statt (AA 12.2.2018).

Über ein Viertel aller Kinder im Irak lebt in Armut. Dabei waren, über die letzten Jahrzehnte, Kinder im Süden des Landes und in ländlichen Gebieten am stärksten betroffen (UN News 19.1.2018; vergleiche UNICEF 31.1.2017). Armut wirkt sich nicht nur negativ auf die Bildung, sondern auch auf die Gesundheit von Kindern aus (UNICEF 31.1.2017). 22,6 Prozent der Kinder im Irak sind unterernährt (AA 12.2.2018). Ein Viertel aller Kinder unter fünf Jahren sind physisch unterentwickelt bzw. im Wachstum zurückgeblieben (UNICEF 31.1.2017).

Gewalt gegen Kinder bleibt ein großes Problem. Im Jahr 2011 waren 46 Prozent der Mädchen im Alter von 10 bis 14 Jahren familiärer Gewalt ausgesetzt (USDOS 20.4.2018). Die Zahl der Fälle von Kindesmissbrauch nimmt zu. Soziale Medien helfen verstärkt bei der Aufdeckung von Missbrauch und Folter (Al Monitor 2.5.2017). Berichten zufolge verkaufen Menschenhandelsnetze irakische Kinder zur kommerziellen sexuellen Ausbeutung. Letztere erfolgt im In- und Ausland. Verbrecherbanden sollen Kinder zwingen, im Irak zu betteln und Drogen zu verkaufen (USDOS

28.6.2018) . Auch Kinderprostitution ist ein Problem. Da die Strafmündigkeit im Irak in den Gebieten unter der Verwaltung der Zentralregierung neun Jahre beträgt und in der Autonomen Region Kurdistan elf, behandeln die Behörden sexuell ausgebeutete Kinder oft wie Kriminelle und nicht wie Opfer. Strafen für die kommerzielle Ausbeutung von Kindern reichen von Bußgeldern und

Freiheitsstrafen bis hin zur Todesstrafe. Es lagen jedoch keine Informationen darüber vor, mit welcher Wirksamkeit der Staat diese Strafen durchsetzt (USDOS 20.4.2018).

Die Verfassung und das Gesetz verbieten Kinderarbeit. In den Gebieten, die unter die Zuständigkeit der Zentralregierung fallen, beträgt das Mindestbeschäftigungsalter 15 Jahre. Das Gesetz begrenzt die Arbeitszeit für Personen unter 18 Jahren auf sieben Stunden pro Tag und verbietet Beschäftigungen, die der Gesundheit, Sicherheit oder Moral von Personen unter 18 Jahren schaden. Trotzdem gibt es im ganzen Land Fälle von Kinderarbeit, auch in ihren schlimmsten Formen. Es gibt dokumentierte Fälle von durch den Konflikt intern vertriebenen Kindern, die gezwungen wurden Kinderarbeit zu leisten. Versuche der Regierung Kinderarbeit z.B. durch Inspektionen zu überwachen, blieben erfolglos (USDOS 20.4.2018).

Kindersoldaten, Rekrutierung von Kindern

Es gibt keine Berichte, wonach von staatlicher Seite Kinder zum Dienst in den Sicherheitskräften einberufen oder rekrutiert werden (USDOS 20.4.2018). Kinder sind jedoch weiterhin in hohem Maße von gewaltsamer Rekrutierung und Verwendung durch mehrere im Irak operierende bewaffnete Gruppen gefährdet, einschließlich (aber nicht nur) durch den IS, die PMF, Stammesgruppierungen, die Kurdische Arbeiterpartei PKK, und vom Iran unterstützte Milizen (USDOS 28.6.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018, UNGASC 16.5.2018). Es gibt Berichte, wonach eine Vielzahl an Kindern vom IS als Kindersoldaten eingesetzt wurde und von

Umerziehungskampagnen traumatisiert ist. Zahlreiche Jugendliche sind nach Angaben der Vereinten Nationen wegen Terrorvorwürfen angeklagt oder verurteilt worden. PMF-Einheiten rekrutieren weiterhin Kinder, bilden diese militärisch aus und setzen sie ein. Im Südirak und in den schiitischen Gegenden von Bagdad erinnern Plakate an gefallene minderjährige Kämpfer, die vornehmlich für die Brigaden der Asa'ib Ahl al-Haqq (AAH) und der Kata'ib Hizbollah (KH) gekämpft hatten. Die PMF bot nach eigenen Angaben im Jahr 2017 militärische Ausbildungskurse für Kinder und Jugendliche im Alter von 15-25 Jahren an (USDOS 28.6.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 5.9.2018

pulse/originals/2017/05/child-abuse-iraq-domestic-violence.html. Zugriff 20.9.2018

Poverty Reduction Strategy 2017-202, https://reliefweb.int/report/iraq/child-poverty-iraqanalysis-child-poverty-trends-and-policy-recommendations-national, Zugriff 20.9.2018

17.3. Sexuelle Minderheiten

Das Strafgesetzbuch des Irak verbietet gleichgeschlechtliche Intimität nicht (HRW 18.1.2018). Es gibt keine Gesetze, die gleichgeschlechtliches Verhalten (same-sex conduct) kriminalisieren

(HRW

16.4.2018) . Nach Artikel 394 ist jedoch das Eingehen einer außerehelichen sexuellen Beziehung strafbar (HRW 18.1.2018). Die Behörden stützen sich auf Anklagen wegen Sittlichkeitsvergehen oder Prostitution, um gleichgeschlechtliche sexuelle Aktivität strafrechtlich zu verfolgen (USDOS

20.4.2018) .

Auch wenn sensible Themen zunehmend öffentlich diskutiert werden, wird Homosexualität weitgehend tabuisiert und von großen Teilen der Bevölkerung als unvereinbar mit Religion und Kultur abgelehnt. Homosexuelle leben ihre Sexualität meist gar nicht oder nur heimlich aus und sehen sich Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung ausgesetzt. Es besteht ein hohes Risiko sozialer Ächtung (AA 12.2.2018) bis hin zu Ehrenmorden (AA 12.2.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018). Konfessionelle Milizen haben in den letzten Jahren wiederholt Mitglieder sexueller Minderheiten bedroht und verfolgt und werden mit Ermordungen von homosexuellen Männern in Verbindung gebracht (AA 12.2.2018). Lokale Quellen berichteten, dass Milizen "Tötungslisten" verfasst und als Angehörige sexueller Minderheiten wahrgenommene Männer hingerichtet haben (USDOS

20.4.2018) . Unter den schiitischen Milizen der PMF, wurden in den letzten Jahren vor allem den Asa'ib Ahl al-Haqq zahlreiche Gewalttaten homophober und transphober Natur zugeschrieben. Auch im Jahr 2017 kam es Berichten zufolge zu Tötungen schwuler Männer durch die Asa'ib Ahl al-Haqq (HRW 16.4.2018). Der IS veröffentlichte Videos über Hinrichtungen von Personen, die wegen homosexueller Aktivitäten angeklagt waren, einschließlich durch Steinigungen und das Werfen aus/von Gebäuden. Einige bewaffnete Gruppen starteten eine Kampagne gegen homosexuelle Personen in Bagdad (USDOS 20.4.2018).

Eine polizeiliche Untersuchung ist in den wenigsten Fällen bekannt geworden; die Polizei wird mitunter eher als Bedrohung denn als Schutzmacht empfunden (AA 12.2.2018). Trotz wiederholter Drohungen und Gewalttaten gegen Angehörige sexueller Minderheiten hat es die Regierung verabsäumt, Angreifer zu identifizieren, festzunehmen oder strafrechtlich zu verfolgen bzw. mögliche Opfer zu schützen (USDOS 20.4.2018). Staatliche Rückzugsorte für Angehörige sexueller Minderheiten gibt es nicht, die Anzahl privater Schutzinitiativen ist sehr beschränkt (AA

12.2.2018) .

Diskriminierung von Angehörigen sexueller Minderheiten sind in Bezug auf Beschäftigung, Beruf und Wohnen im Irak weit verbreitet. Es kommt auch zu Gewalt vonseiten der Familien und nichtstaatlicher Akteure (USDOS 20.4.2018).

Auch in der kurdischen Autonomieregion kommt es zu Gewalt gegen Angehörige sexueller Minderheiten. Mögliche Gefahr droht diesen insbesondere vonseiten bewaffneter Gruppen, der Polizei, dem Stamm oder der Familie (BFA 13.3.2018; vergleiche Al-Monitor 16.6.2017, Daily Beast 7.6.2017).

Im Jahr 2012 wurde von der Regierung ein interministerielles Komitee zu Fragen betreffend sexueller Minderheiten eingerichtet. Das Komitee hat allerdings nie öffentliche Berichte oder konkrete politische Ergebnisse vorgelegt und ist seit Mitte 2014, als sich die Regierung mehr und mehr dem Kampf gegen den IS zuwenden musste, nicht mehr in Erscheinung getreten (AA 12.2.2018; vergleiche HRW 16.4.2018).

Quellen:

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http://www.al-monitor.com/pulse/originals/2017/06/lgbt-iraq-kurdistan-human-right-gender-

quality.html#ixzz55wA0g8in. Zugriff 6.11.2018

Irak: Sexuelle Minderheiten in Irakisch Kurdistan,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1427557/5618_1521806655_irak-mr-min-sexuelle-

minderheiten-2018-03-13-ke.doc, Zugriff 27.9.2018

their-lives, Zugriff 6.11.2018

https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/iraq. Zugriff 27.9.2018

are-dving-in-iraq. Zugriff 6.11.2018

17.4. Menschen mit Behinderung oder besonderen Bedürfnissen

Im Irak waren und sind Menschen mit Behinderungen überproportional vom bewaffneten Konflikt, Gewalt und anderen Notsituationen betroffen. Es gibt keine offiziellen staatlichen Statistiken; die am häufigsten zitierten Zahlen sind die der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die im Jahr 2011 die Zahl der Menschen mit Behinderungen im Irak auf ca. 4 Millionen schätzte (UNAMI/OHCHR

12.2016) .

Sowohl die irakische Regierung als auch die kurdische Regionalregierung haben Gesetze zur Versorgung von Personen mit Behinderungen verabschiedet. Diese enthalten unter anderem Integrationsmaßnahmen und Antidiskriminierungsbestimmungen. Es mangelt jedoch an der Umsetzung dieser Regelungen (USDOS 20.4.2018; vergleiche MRG 22.12.2016, ACCORD 2.2.2018). Menschen mit Behinderungen erleben Diskriminierung aufgrund von sozialem Stigma (USDOS

20.4.2018) , sind häufig gesellschaftlich isoliert und werden innerhalb der Familie betreut (UNAMI/OHCHR 12.2016; vergleiche USAID 3.2014, ACCORD 2.2.2018).

Es gibt in der irakischen Gesellschaft wenig Bewusstsein für Behinderungen. Familien von Personen mit Behinderungen werden vom Staat nur sehr begrenzt unterstützt (UNAMI/OHCHR

12.2016) .

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 21.9.2018

displacement crisis,

http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1483364807_irk.pdf. Zugriff

6.11.2018

Commissioner for Human Rights (12.2016): Report on the Rights of Persons with Disabilities in Iraq, December 2016,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNAMI_OHCHR Report_on_the_Rights

of PWD FINAL 2Jan2017.pdf, Zugriff 27.9.2018

17.5. Berufsgruppen & Menschen, die einer bestimmten Beschäftigung nachgehen

Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats sind besonders gefährdet. Auch Mitarbeiter der Ministerien sowie Mitglieder von Provinzregierungen werden regelmäßig Opfer von gezielten Attentaten (AA 12.2.2018).

Inhaber von Geschäften, in denen Alkohol verkauft wird (fast ausschließlich Angehörige von Minderheiten, vor allem Jesiden und Christen), Zivilisten, die für internationale Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen oder ausländische Unternehmen arbeiten sowie medizinisches Personal werden ebenfalls immer wieder Ziel von Entführungen oder Anschlägen (AA 12.2.2018).

Künstler, Dichter, Schriftsteller und Musiker werden gezielt vom IS ins Visier genommen (USDOS

20.4.2018) , aber auch von anderen bewaffneten radikalen bzw. streng-religiösen Gruppen angegriffen (USDOS 3.3.2017; vergleiche IWPR 25.11.2009).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 27.9.2018

https://iwpr.net/global-voices/fear-chokes-nasiriyas-song. Zugriff 2.10.2009

17.6. Ex-Ba'athisten

Nach dem Fall des Regimes Saddam Husseins durchlief der Irak eine Ent-Ba'athifizierung, die die Auflösung der Ba'ath-Partei und verschiedener mit ihr verbundener Organisationen umfasste. Es kam zu Verhaftungen ehemaliger Parteimitglieder, sowie zur Säuberung des Staatsapparates, der Streitkräfte und der öffentlichen Verwaltung. Sunniten stellen die Ent-Ba'athifizierung wiederholt als "Ent-Sunnifizierung" dar und beklagen, dass der Prozess zu einem Instrument konfessioneller Politik geworden ist (UKHO 11.2016; vergleiche EUISS 10.2017, ICTJ 3.2013). Eine Vielzahl von ehemaligen Mitgliedern der seit 2003 verbotenen Ba'ath-Partei ist, soweit nicht ins Ausland geflüchtet, häufig aufgrund der Anschuldigung terroristischer Aktivitäten in Haft. Viele von ihnen haben weder Zugang zu Anwälten noch Kontakt zu ihren Familien (AA 12.2.2018).

Einige mittel- bis hochrangige Ba'athisten können für schwere, unter dem Saddam Regime begangene Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sein. Es ist darüber hinaus auch möglich, dass einige frühere Ba'athisten Verbindungen zum IS oder zu anderen aufständischen Organisationen, wie der "Armee der Männer des Naqshbandi-Ordens" (JRTN, Jaysh Rijal al-Tariqa al-Naqshbandiyya), haben (UKHO 11.2016).

Im Zuge der Ent-Ba'athifizierung von 2003-2013 soll es zu Festnahmen unter dem Anti-Terror-Gesetz, zu Inhaftierungen ohne ordentliche Verfahren und zur Folter von Tausenden von Menschen, die der Mitgliedschaft in der Ba'ath-Partei bezichtigt wurden, gekommen sein

(UKHO

11.2016) . Schrittweise aufeinander folgende Gesetze zur Entfernung von Ba'athisten aus dem öffentlichen Dienst basierten auf "Schuld durch Assoziation" anstatt individuell begangener und nachgewiesener Verbrechen (EUISS 10.2017). Tausende von Personen wurden so aufgrund ihres Rangs in der Partei und nicht wegen ihres eigentlichen Verhaltens bzw. ihrer Taten entlassen (Al Jazeera 12.3.2013; vergleiche ICTJ 3.2013).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf, Zugriff 27.9.2018

https://www.aljazeera.com/indepth/opinion/2013/03/201331055338463426.html.

Zugriff

2.10.2018

Ba'athists, https://www.ecoi.net/en/file/local/1313547/1226 1479893786 cpin-irq-baathists-

november-2016.pdf. Zugriff 2.10.2018

17.7. (Mutmaßliche) IS-Mitglieder, IS-Sympatisanten und "IS-Familien" (Dawa'esh)

Tausende von IS-Verdächtigen werden sowohl von den irakischen Bundesbehörden als auch von den Behörden der kurdischen Autonomieregion im Rahmen der jeweiligen Anti-Terror-Gesetze rechtlich verfolgt. primär wegen Mitgliedschaft in bzw. Unterstützung von einer terroristischen Organisation. aber auch wegen Mord und anderen Handlungen. die unter die Anti-Terror-Gesetzgebung fallen. Die Behörden halten IS-Verdächtige in überfüllten Haftanstalten und in einigen Fällen unter unmenschlichen Bedingungen und verletzen laut Menschenrechtsorganisationen systematisch die Rechte auf ein ordnungsgemäßes Verfahren. wie z.B. Garantien im irakischen Recht. dass Häftlinge innerhalb von 24 Stunden einen Richter sehen müssen. während der Verhöre Zugang zu einem Anwalt haben müssen. dass Familien über Inhaftierungen informiert werden bzw. dass Inhaftierte mit ihren Familien kommunizieren können. Zahlreiche Häftlinge behaupten auch. unter Folter zu Geständnissen gezwungen worden zu sein (HRW 18.1.2018; vergleiche AA 12.2.2018. HRW 19.8.2018). Darüber hinaus bedrohen und verhaften irakische Sicherheitskräfte Anwälte. die IS-Verdächtigen und deren Familien Rechtsbeistand leisten (HRW 12.9.2018).

Aufgrund von IS-Mitgliedschaft Inhaftierte können nach dem im August 2016 verabschiedeten Allgemeinen Amnestiegesetz (Nr. 27/2016) Anspruch auf Haftentlassung haben (Ausnahme: Autonome Region Kurdistan). Das Gesetz bietet jenen Personen Amnestie. die nachweisen können. dass sie gegen ihren Willen dem IS oder einer anderen extremistischen Gruppe beigetreten sind und vor August 2016 keine schwere Straftat begangen haben. Nach Angaben des Justizministeriums hatten die Behörden bis Februar 2017 756 Verurteilte nach dem Amnestiegesetz freigelassen. Es ist allerdings unklar. ob die Richter dieses Gesetz konsequent anwenden. Die kurdische Autonomieregierung hat kein Amnestiegesetz verabschiedet

(HRW

18.1.2018) .

Zwangsmaßnahmen und Vertreibungen aus ihren Heimatorten richteten sich 2017 vermehrt auch gegen unbeteiligte Familienangehörige vermeintlicher IS-Anhänger (AA 12.2.2018). So wurden Familien von mutmaßlichen IS-Mitgliedern und mutmaßlichen IS-Sympathisanten Opfer von Kollektivbestrafung, Misshandlungen und Angriffen (HRW 18.1.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018). Teilweise betrifft dies auch Familien, die aus Gebieten unter IS-Kontrolle geflohen waren und denen Sympathie für den IS unterstellt wird (HRW 24.6.2018). Menschenrechtsorganisationen dokumentierten im Zuge der Befreiung vom IS Diskriminierungen, Folterungen und Vergeltungsmorde an sunnitischen Muslimen, von denen viele verdächtigt wurden, IS-Sympathisanten zu sein. An einigen Orten wurden "IS-Familien-Lager" eingerichtet, nachdem vielen Sunniten das Recht auf Rückkehr in ihre Heimatorte verweigert worden war (USCIRF 4.2018; vergleiche HRW 24.6.2018). Nach der Rückeroberung der vormals unter IS-Kontrolle stehenden Gebiete wurden Familien mutmaßlicher IS-Mitglieder in den Provinzen Anbar, Babil, Diyala, Salah al-Din und Ninewa durch örtliche Beamte vertrieben. Sicherheitskräfte unternahmen kaum etwas, um diese Übergriffe zu stoppen, und nahmen in einigen Fällen auch daran teil (HRW 18.1.2018; vergleiche CIVIC 9.5.2018).

Als Familien aus dem Gebiet in und um Mosul flohen, wurden Tausende von Männern und Buben von ihren Familien getrennt und willkürlich verhaftet. Während es sich bei einigen davon um IS- Kämpfer handelte, waren vielen davon Personen, die z.B. als Köche oder Fahrer für den IS gearbeitet hatten; deren Namen in Datenbanken aufscheinenden Namen ähnlich waren; oder sie wurden verhaftet, weil sie aus bestimmten Gebieten oder Nachbarschaften kamen bzw. mit IS-Kämpfern verwandt waren. Viele wurden außergerichtlich hingerichtet. Fast alle dieser Männer sind gewaltsam verschwunden (AI 17.4.2018).

Volksmobilisierungseinheiten (PMF) nahmen in Ninewa routinemäßig sunnitische Männer, die aus der Gegend stammen, unter dem Verdacht fest, dass diese den IS unterstützt hätten bzw. unterstützten. Sicherheitskräfte der Zentralregierung informierten in vielen Fällen die Häftlinge nicht über den Grund ihrer Inhaftierung oder die gegen sie erhobenen Anklagen. In mehreren Provinzen vertrieben Regierungskräfte und Milizen angebliche IS-Sympathisanten aus ihren Häusern. In Diyala und Babil hat die Kata'ib Hizbollah örtlich ansässige sunnitische Araber entführt und eingeschüchtert und arabisch-sunnitische IDPs daran gehindert, in ihre Herkunftsorte zurückzukehren. Es gibt glaubwürdige Berichte, wonach örtliche Behörden Familienmitglieder mutmaßlicher IS-Mitglieder bestraften. In einigen Fällen haben örtliche Gemeindeleiter gegen Familienmitglieder von IS-Verdächtigten Gewalt- und Todesdrohungen ausgesprochen (USDOS

20.4.2018) .

Frauen und Kinder mit vermeintlichen Verbindungen zum IS sind in IDP-Lagern einer Reihe von Übergriffen, Misshandlungen und Risiken ausgesetzt. Diese Verstöße werden von bewaffneten Akteuren, die in den Lagern aktiv sind, von Lagerbehörden und anderen Personen begangen.

Vielen wird der Zugang zu Nahrung, Wasser und Gesundheitsversorgung verwehrt. Sie erleiden schwere Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit, sei es, weil sie über keine ordnungsgemäßen Dokumente verfügen oder weil die Lagerbehörden sie daran hindern, das Lager zu verlassen und sie de facto in Haft halten (AI 17.4.2018).

Frauen mit vermeintlichen Verbindungen zum IS sind sexuellen Belästigungen ausgesetzt. Viele von ihnen werden auch zu Opfern sexueller Gewalt und Ausbeutung. Die Täter sind in erster Linie bewaffnete Akteure, die in den Lagern präsent sind. Letztere nutzen ihre Machtpositionen aus, um Frauen in sexuelle Beziehungen zu zwingen, im Austausch gegen Bargeld, Hilfsgüter oder Schutz vor anderen bewaffneten Akteuren oder Männern im Lager (AI 17.4.2018).

Verwandten von IS-Verdächtigen wird routinemäßig die notwendige Sicherheitsfreigabe zur Ausstellung von Personalausweisen und Dokumenten verweigert. Ohne vollständige Personenstanddokumente können sich Iraker im Land jedoch nicht frei bewegen, um Arbeitsplätze bewerben oder Sozialleistungen beantragen. Frauen, die keine Sterbeurkunden für ihre Ehemänner haben oder erhalten, können nicht erben und nicht wieder heiraten (HRW 25.2.2018; vergleiche CIVIC 9.5.2018).

Der IS konfiszierte regelmäßig offizielle Dokumente, die von staatlichen irakischen Stellen ausgestellt worden waren. IS Behörden erstellten ihre eigenen Dokumente, wie z.B. Heirats- und Geburtsurkunden. Diese werden von den irakischen Behörden jedoch nicht anerkannt. Ohne Geburtsurkunde kann ein Kind, das unter IS-Kontrolle geboren wurde, keine anderen Dokumente erhalten, was ihm z.B. den Zugang zu staatliche Leistungen, wie den Zugang zur Schule, Gesundheitsversorgung, etc., verwehrt (HRW 25.2.2018; vergleiche USDOS 20.4.2018). Tausende von Kindern, die unter der IS-Herrschaft geboren oder von Kämpfern gezeugt wurden, fallen so durch den Raster des irakischen Rechtssystems und sind faktisch staatenlos (Independent 18.5.2017). Es handelt sich dabei um mindestens 30.000 Kinder (ISI 6.2017).

Quellen:

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trapped and exploited in Iraq,

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Zugriff 4.10.2018

https://civiliansinconflict.org/wp-content/uploads/2018/05/FINAL_MosulCIVProtectChallenges

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https://www.hrw.org/world-report/2018/country-chapters/iraq. Zugriff 2.10.2018

https://www.hrw.org/news/2018/02/25/iraq-families-alleged-isis-members-denied-ids.

Zugriff

4.10.2018

https://www.ecoi.net/de/dokument/1436492.html. Zugriff 4.10.2018

Zugriff

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https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 21.9.2018

17.8. Staatenlose ("Bidoun")

Im Jahr 2006. dem letzten Jahr. für das Daten zur Verfügung standen. waren schätzungsweise 54.500 Menschen im Irak "Bidoun" [auch Bidun. Bidoon; d.h. ohne Staatsbürgerschaft]. Gemeint sind damit Nachkommen von Personen. die bei der Staatsgründung nie die irakische Staatsbürgerschaft erhielten und als Nomaden undokumentiert in der Wüste leben. in den südlichen Provinzen von Basra. Dhi Qar und Qadisiyya. Die anhaltende Dürre im südlichen Teil des Landes hat viele Bidoun gezwungen. in die Städte zu ziehen. wo die meisten von ihnen Ausweispapiere und Zugang zu Lebensmittelrationen und anderen Sozialleistungen erhielten (USDOS 20.4.2018).

Andere Gemeinschaften. die ebenfalls von Staatenlosigkeit bedroht sind. waren die Roma- Bevölkerung des Landes. die Ahwazis (schiitische Araber iranischer Abstammung). die religiöse Minderheit der Bahai. die Bewohner des südlichen Marschlandes. Mitglieder der goyanischen und türkisch-kurdischen Omariya Stämme bei Mosul und Staatsangehörige des Südsudans (USDOS 20.4.2018; vergleiche AA 12.2.2018).

Viele Staatenlose können sich nicht für Personalausweise registrieren lassen. was ihnen den Zugang zum öffentlichen Schulsystem und staatlichen Leistungen verwehrt und sie daran hindert. ihre Ehen zu registrieren. Staatenlose werden auch in der Beschäftigung diskriminiert (USDOS

20.4.2018) .

Quellen:

https://www.ecoi.net/en/file/local/1437719/4598_1531143225_deutschland-

auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 27.9.2018 - USDOS - United States Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Iraq.

https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 21.9.2018

18. Bewegungsfreiheit

Die irakische Verfassung und andere nationale Rechtsinstrumente erkennen das Recht aller Bürger auf Freizügigkeit. Reise- und Aufenthaltsfreiheit im ganzen Land an (USDOS 20.4.2018). Die Bewegungsfreiheit verbesserte sich etwas. nachdem die vom IS kontrollierten Gebiete wieder unter staatliche Kontrolle gebracht wurden (FH 1.2018).

Die Regierung respektiert das Recht auf Bewegungsfreiheit jedoch nicht konsequent. In einigen Fällen beschränken die Behörden die Bewegungsfreiheit von Vertriebenen und verbieten Bewohnern von IDP-Lagern. ohne eine Genehmigung das Lager zu verlassen. Das Gesetz erlaubt es den Sicherheitskräften. die Bewegungsfreiheit im Land einzuschränken. Ausgangssperren zu verhängen. Gebiete abzuriegeln und zu durchsuchen. Es gab zahlreiche Berichte. dass Sicherheitskräfte (ISF. Peshmerga. PMF) Bestimmungen. die Aufenthaltsgenehmigungen vorschreiben. um die Einreise von Personen in befreite Gebiete unter ihrer Kontrolle zu beschränken. selektiv umgesetzt haben (USDOS 20.4.2018).

Die kurdische Autonomieregierung schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten ein (USDOS 20.4.2018). Innerirakische Migration aus dem Zentralirak in die Autonome Region Kurdistan ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug jedoch kontrolliert. Wer dauerhaft bleiben möchte. muss sich bei der Asayish-Behörde des jeweiligen Bezirks anmelden. Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht (AA 12.2.2018). Die Behörden verlangen von Nicht-Ortsansässigen. Genehmigungen einzuholen. die einen befristeten Aufenthalt in der Autonomieregion erlauben. Diese Genehmigungen waren in der Regel erneuerbar. Bürger. die eine Aufenthaltserlaubnis für die Autonome Region Kurdistan bzw. die von ihr kontrollierten Gebiete einholen wollen. benötigen einen in der Region ansässigen Bürgen. Bürger. die aus dem Zentral- oder Südirak in die Autonome Region Kurdistan einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehörten. auch Kurden) müssen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen über sich ergehenlassen (USDOS 20.4.2018).

Die Behörden der Autonomen Region Kurdistan wenden Beschränkungen unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt. Beamte hindern Personen. die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten. an der Einreise in die Region. Die Einreise ist für Männer oft schwieriger. insbesondere für arabische Männer. die ohne Familie reisen (USDOS 20.4.2018).

Aufgrund militärischer Operationen gegen den IS erhöhten die irakischen Streitkräfte, PMF und Peshmerga die Zahl der Checkpoints und errichteten in vielen Teilen des Landes provisorische Straßensperren (USDOS 20.4.2018). Diese Checkpoints unterliegen oft undurchschaubaren Regeln verschiedenster Gruppierungen (NYT 2.4.2018). Der IS richtet falsche Checkpoints ein, um Zivilisten zu entführen bzw. Angriffe auf Sicherheitskräfte und Zivilisten zu verüben (albawaba 12.3.2018; vergleiche GardaWorld 29.3.2018, Kurdistan24 29.3.2018, Iraqi News 28.6.2018).

In Bagdad selbst sollen seit Dezember 2017 hingegen 305 Checkpoints und Straßensperren entfernt worden sein. Über tausend Straßen sind in Bagdad seit dem offiziellen Sieg über den IS wieder geöffnet worden (AAA 8.8.2018; vergleiche AAA 29.1.2018, Iraqi News 29.1.2018).

Die Regierung verlangt von Bürgern, die das Land verlassen, eine Ausreisegenehmigung. Diese Vorschrift wird jedoch nicht routinemäßig durchgesetzt (USDOS 20.4.2018). An den Grenzen zu den Nachbarstaaten haben sich in den letzten Monaten immer wieder Änderungen der Ein- und Ausreisemöglichkeiten, Kontrollen, Anerkennung von Dokumenten etc. ergeben. Nach wie vor muss mit solchen Änderungen - auch kurzfristig - gerechnet werden (AA 12.2.2018).

Die Bewegungsfreiheit von Frauen wird im Allgemeinen durch Recht und Brauchtum nicht respektiert. So hindert das Gesetz Frauen beispielsweise daran, ohne die Zustimmung eines männlichen Vormunds oder gesetzlichen Vertreters einen Reisepass zu beantragen. In den vom IS kontrollierten Gebieten war es Frauen angeblich verboten, ihr Zuhause ohne männlichen Verwandten zu verlassen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

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Zugriff 5.10.2018

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https://www.garda.com/crisis24/news-alerts/104516/iraq-increasing-is-attacks-on-fake-

checkpoints-in-north, Zugriff 5.10.2018

http://www.kurdistan24.net/en/news/995d414a-88be-42ec-be9b-b3cf84e2bac5.
Zugriff

5.10.2018

19. IDPs und Flüchtlinge

Seit Jänner 2014 hat der Krieg gegen den IS im Irak die Vertreibung von ca. sechs Millionen Irakern verursacht, rund 15 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes (IOM 4.9.2018). Ende September 2018 betrug die Zahl der weiterhin intern Vertriebenen noch 1,89 Millionen (IOM

30.9.2018) . Dabei handelt es sich um die niedrigste Zahl an IDPs seit Ende 2014 (IOM 4.9.2018). Die Zahl der Vertriebenen sinkt seit der zweiten Hälfte des Jahres 2017 sukzessive (UNHCR 31.8.2018; vergleiche UNHCR 31.7.2018, IOM 30.9.2018); die Zahl der Rückkehrer ist mittlerweile auf 4 Millionen gestiegen (IOM 30.9.2018). Bis zu einer Million Menschen bleiben weiterhin aus dem konfessionellen Konflikt von 2006-08 vertrieben (USDOS 20.4.2018).

Die Regierung und internationale Organisationen, einschließlich UN-Einrichtungen und NGOs, versuchen, IDPs Schutz und andere Hilfe zu gewähren. Eine hohe Anzahl von IDPs außerhalb der Lager belastet die Ressourcen der Gastgebergemeinden (USDOS 20.4.2018).

Die folgende Grafik zeigt die Entwicklung der Zahlen an IDPs im Irak von März 2014 bis September 2018. Das Diagramm mit den blauen Balken links unten veranschaulicht die Verteilung der IDPs auf die jeweiligen Provinzen.

Bild kann nicht dargestellt werden

Quelle: IOM - International Organization for Migration - Iraq Mission (30.9.2018): DTM (Displacement Tracking Matrix): IDPs, http://iraqdtm.iom.int/IDPsML.aspx, Zugriff 5.10.2018

Wie den folgenden Grafiken zu entnehmen ist, sind die Provinzen mit den höchsten Zahlen an IDPs Ninewa, gefolgt von Dohuk, Erbil, Salah al-Din, Sulaymaniya, Kirkuk, Bagdad, Anbar und Diyala (IOM 30.9.2018; vergleiche UNOCHA 31.8.2018, IOM 4.9.2018).

Bild kann nicht dargestellt werden

Quelle: IOM - International Organization for Migration - Iraq Mission (30.9.2018): DTM (Displacement Tracking Matrix):

Displacement OverView,

http://iraqdtm.iom.int/DTMDisplacementDashboards.aspx. Zugriff 11.10.2018

Bild kann nicht dargestellt werden

Quelle: UNOCHA - United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (31.8.2018): Iraq: Internally displaced people by governorate,

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/iraq_idps_and_returnees_by_governorate_dt

m-iom_round_102_aug31_2018.pdf. Zugriff 5.10.2018

Anfang 2018 lag die Rückkehrrate noch bei ca. 200.000 Menschen pro Monat. Diese Zahl hat sich seither drastisch verringert. So kehrten im März 2018 beispielsweise 112.446 Menschen in ihre Heimat zurück, von April bis Mai 2018 durchschnittlich 79.000 pro Monat, von Juni bis Juli 45.871. Im August 2018 lag die Zahl der Rückkehrer bei

33.528 Menschen (Joel Wing 19.9.2018).

Verschiedene Hilfsorganisationen berichten über eine Änderung der Einstellung von IDPs. Ursprünglich erklärte eine Mehrheit, sie würden zurückkehren, sobald der Krieg gegen den IS vorbei sei. Jetzt sind sie besorgt aufgrund der Sicherheit, dem Mangel an Dienstleistungen, zerstörten Häusern, wenig Arbeitsplätzen und wenig Geld. Es gibt auch eine beträchtliche Anzahl an IDPs, denen die Rückkehr verweigert wird, weil ihnen vorgeworfen wird, mit dem IS in Verbindung zu stehen. Darüber hinaus gibt es Menschen, die in ihre ursprünglichen Gebiete zurückgereist sind, die Situation dort jedoch als mangelhaft wahrgenommen haben und wieder in die Binnenvertreibung zurückgekehrt sind (Joel Wing 19.9.2018). Der Großteil der verbliebenen IDPs hat keine unmittelbaren Pläne zur Rückkehr (IOM 26.6.2018; vergleiche REACH 29.8.2018, Joel Wing 11.10.2018).

Schwierige Rückkehrbedingungen finden sich unter anderem in Sinjar Zentrum, Telafar Zentrum, West Mosul, al-Ba'aj, im Wüsten-Streifen von al-Tal, Hatra (Hadr) und Muhallabiyya (Provinz Ninewa); in Baiji, Tuz Khurmatu/Sulayman Beg und Balad/Duloeiya (Provinz Salah al-Din); in Taza Khurmatu, Hawija Zentrum und al-'Abassi (Provinz Kirkuk); in al-Adheim und Sa'adiya/Jalawla (Provinz Diyala); und im Falludscha-Ramadi Streifen sowie in Ana Zentrum (Provinz Anbar) (IOM

9.2018) .

In einigen Gebieten behindern Gewalt und Unsicherheit sowie langjährige politische, stammes¬und konfessionelle Spannungen die Fortschritte bei der nationalen Aussöhnung und erschweren den Schutz von IDPs. Tausende von Familien haben mehr als eine Vertreibung erlebt, und viele waren gezwungen, auf der Suche nach Schutz über die Grenzen der jeweiligen Provinz hinaus zu ziehen. Zwangsvertreibungen, kombiniert mit dem langwierigen und weitgehend ungelösten Problem von Millionen von Menschen, die in den letzten Jahrzehnten entwurzelt wurden, haben eine destabilisierende Wirkung auf die ohnehin schon komplexe soziale und politische Dynamik des Landes. Dies belastet die Kapazitäten der lokalen Behörden und offenbart die Grenzen der rechtlichen und administrativen Rahmenbedingungen (USDOS 20.4.2018).

Sowohl Vertriebene als auch Rückkehrer sind vulnerabel und auf humanitäre Hilfe angewiesen, um ihren Lebensunterhalt wiederzuerlangen und ihre Familien ernähren zu können (IOM 4.9.2018).

Die Regierung stellt vielen - aber nicht allen - IDPs, auch in der kurdischen Autonomieregion, Nahrungsmittel, Wasser und finanzielle Hilfe zur Verfügung. Viele IDPs leben in informellen Siedlungen, wo sie keine ausreichende Versorgung mit Wasser, sanitären Einrichtungen oder anderen wichtigen Dienstleistungen erhalten (USDOS 20.4.2018). Alle Bürger sind berechtigt, Lebensmittel im Rahmen des Public Distribution System (PDS) zu erhalten. Die Behörden verteilen aber nicht jeden Monat alle Waren, und nicht alle IDPs können in jeder Provinz auf Lebensmittel aus dem Public Distribution System (PDS) zugreifen. Die Bürger können die PDS-Rationen nur an ihrem Wohnort und in ihrer eingetragenen Provinz einlösen, was zu einem Verlust des Zugangs und der Ansprüche aufgrund von Vertreibungen führt (USDOS 20.4.2018).

Personen, die sich nicht als IDPs an ihrem Wohnort registriert haben, verfügen manchmal nur über einen begrenzten Zugang zu staatlichen Leistungen. Die lokalen Behörden entscheiden oft darüber, ob IDPs Zugang zu örtlichen Leistungen erhalten. Humanitäre Organisationen berichten, dass einige IDPs mangels erforderlicher Unterlagen Schwierigkeiten bei der Registrierung haben. Viele Bürger, die zuvor in den vom IS kontrollierten Gebieten gelebt haben, besitzen keine Personenstandsdokumente, was die Schwierigkeit, einen Ausweis und andere persönliche Dokumente zu erhalten, noch vergrößerte. Durch die Bereitstellung von Rechtshilfe unterstützen die Vereinten Nationen und humanitäre Organisationen IDPs bei der Beschaffung von Dokumenten und der Registrierung bei Behörden, um den Zugang zu staatlichen Leistungen zu verbessern (USDOS 20.4.2018).

Ausländische Flüchtlinge

Das Gesetz sieht die Gewährung von Asyl vor, und die Regierung hat ein System zum Schutz von Flüchtlingen eingerichtet (USDOS 20.4.2018). Unter den etwa 335.000 ausländischen Flüchtlingen sind etwa 245.000 Syrer und ca. 40.000 Flüchtlinge aus anderen Gebieten. Ihren Status regelt das "Gesetz über politische Flüchtlinge", Nr. 51 (1971). Der Entwurf einer Novellierung des Gesetzes wurde bislang nicht verabschiedet. Die Flüchtlinge befinden sich überwiegend in und um Bagdad sowie unmittelbar im Grenzbereich zu Syrien und Jordanien (AA 12.2.2018). Die Regierung arbeitete im Allgemeinen mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Flüchtlingen im Land Schutz und Unterstützung zu bieten (USDOS 20.4.2018).

UN-Organisationen, NGOs und die Presse berichten, dass konfessionelle Gruppen, Extremisten, Kriminelle und in einigen Fällen Regierungskräfte Flüchtlinge angegriffen und verhaftet haben, darunter Palästinenser, Ahwazis und syrische Araber. Lokale NGOs berichten, dass Misshandlungen syrischer Flüchtlinge, oft begangen durch andere Flüchtlinge, weit verbreitet waren, einschließlich Gewalt gegen Frauen und Kinder, Kinderheirat, Zwangsprostitution und sexuelle Belästigung (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

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https://www.ecoi.net/de/dokument/1430110.html. Zugriff 4.10.2018

20. Grundversorgung und Wirtschaft

Der Staat kann die Grundversorgung der Bürger nicht kontinuierlich und in allen Landesteilen gewährleisten (AA 12.2.2018). Die Iraker haben eine dramatische Verschlechterung in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Strom. Wasser. Abwasser- und Abfallentsorgung. Gesundheitsversorgung. Bildung. Verkehr und Sicherheit erlebt. Der Konflikt hat nicht nur in Bezug auf die Armutsraten. sondern auch bei der Erbringung staatlicher Dienste zu stärker ausgeprägten räumlichen Unterschieden geführt. Der Zugang zu diesen Diensten und deren Qualität variiert demnach im gesamten Land erheblich (K4D 18.5.2018).

Die über Jahrzehnte internationaler Isolation und Krieg vernachlässigte Infrastruktur ist sanierungsbedürftig. Trotz internationaler Hilfsgelder bleibt die Versorgungslage für ärmere Bevölkerungsschichten schwierig. Die genannten Defizite werden durch die grassierende Korruption zusätzlich verstärkt. Nach Angaben des UN-Programms "Habitat" leben 70 Prozent der Iraker in Städten. die Lebensbedingungen von einem großen Teil der städtischen Bevölkerung gleichen denen von Slums (AA 12.2.2018).

In vom IS befreiten Gebieten muss eine Grundversorgung nach Räumung der Kampfmittel erst wieder hergestellt werden. Einige Städte sind weitgehend zerstört. Die Stabilisierungsbemühungen und der Wiederaufbau durch die irakische Regierung werden intensiv vom United Nations Development Programme (UNDP) und internationalen Gebern unterstützt (AA 12.2.2018).

Wirtschaftslage

Der Irak erholt sich nur langsam vom Terror des sogenannten Islamischen Staat und seinen Folgen. Nicht nur sind ökonomisch wichtige Städte wie Mosul zerstört worden. Dies trifft das Land. nachdem es seit Jahrzehnten durch Krieg. Bürgerkrieg. Sanktionen zerrüttet wurde. Wiederaufbauprogramme laufen bereits. vorsichtig-positive Wirtschaftsprognosen traf die Weltbank im Oktober 2018 für das Jahr 2019. Ob der Wiederaufbau zu einem nachhaltigen positiven Aufschwung beiträgt. hängt aus Sicht der Weltbank davon ab. ob das Land die Korruption in den Griff bekommt (GIZ 11.2018).

Das Erdöl stellt immer noch die Haupteinnahmequelle des irakischen Staates dar (GIZ 11.2018). Rund 90 Prozent der Staatseinnahmen stammen aus dem Ölsektor (AA 12.2.2018).

Noch im Jahr 2016 wuchs die irakische Wirtschaft laut Economist Intelligence Unit (EIU) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) um 11 Prozent. Im Folgejahr schrumpfte sie allerdings um 0,8 Prozent. Auch 2018 wird das Wachstum um die 1 Prozent betragen, während für 2019 wieder ein Aufschwung von 5 Prozent zu erwarten ist (WKO 2.10.2018). Laut Weltbank wird erwartet, dass das gesamte BIP-Wachstum bis 2018 wieder auf positive 2,5 Prozent ansteigt. Die Wachstumsaussichten des Irak dürften sich dank der günstigeren Sicherheitslage und der allmählichen Belebung der Investitionen für den Wiederaufbau verbessern (WB 16.4.2018). Die positive Entwicklung des Ölpreises ist dafür auch ausschlaggebend. Somit scheint sich das Land nach langen Jahren bewaffneter Auseinandersetzungen wieder in Richtung einer gewissen Normalität zu bewegen. Dieser positiven Entwicklung stehen gleichwohl weiterhin

Herausforderungen gegenüber (WKO 2.10.2018).

So haben der Krieg gegen den IS und der langwierige Rückgang der Ölpreise seit 2014 zu einem Rückgang der Nicht-Öl-Wirtschaft um 21,6 Prozent geführt, sowie zu einer starken Verschlechterung der Finanz- und Leistungsbilanz des Landes. Der Krieg und die weit verbreitete Unsicherheit haben auch die Zerstörung von Infrastruktur und Anlageobjekten in den vom IS kontrollierten Gebieten verursacht, Ressourcen von produktiven Investitionen abgezweigt, den privaten Konsum und das Investitionsvertrauen stark beeinträchtigt und Armut, Vulnerabilität und Arbeitslosigkeit erhöht. Dabei stieg die Armutsquote [schon vor dem IS, Anm.] von 18,9 Prozent im Jahr 2012 auf geschätzte 22,5 Prozent im Jahr 2014 (WB 18.4.2018).

Jüngste Arbeitsmarktstatistiken deuten auf eine weitere Verschlechterung der Armutssituation hin. Die Erwerbsquote von Jugendlichen (15-24 Jahre) ist seit Beginn der Krise im Jahr 2014 deutlich gesunken, von 32,5 Prozent auf 27,4 Prozent. Die Arbeitslosigkeit nahm vor allem bei Personen aus den ärmsten Haushalten und Jugendlichen und Personen im erwerbsfähigen Alter (25-49 Jahre) zu. Die Arbeitslosenquote ist in den von IS-bezogener Gewalt und Vertreibung am stärksten betroffenen Provinzen etwa doppelt so hoch wie im übrigen Land (21,1 Prozent gegenüber 11,2 Prozent), insbesondere bei Jugendlichen und Ungebildeten (WB 16.4.2018).

Der Irak besitzt kaum eigene Industrie. Hauptarbeitgeber ist der Staat (AA 12.2.2018). Grundsätzlich ist der öffentliche Sektor sehr gefragt. Die IS-Krise und die Kürzung des Budgets haben Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt im privaten und öffentlichen Sektor. Jobangebote sind mit dem Schließen mehrerer Unternehmen zurückgegangen. Im öffentlichen Sektor sind ebenfalls viele Stellen gestrichen worden. Gute Berufschancen bietet jedoch derzeit das Militär. Das durchschnittliche monatliche Einkommen im Irak beträgt derzeit 350-1.500 USD, je nach Position und Ausbildung (IOM 13.6.2018).

Das Ministerium für Arbeit und Soziales bietet Unterstützung bei der Arbeitssuche und stellt Arbeitsagenturen in den meisten Städten. Die Regierung hat auch ein Programm gestartet, um irakische Arbeitslose und Arbeiter, die weniger als 1 USD pro Tag verdienen, zu unterstützen.

Aufgrund der derzeitigen Situation im Land wurde die Hilfe jedoch eingestellt. Weiterbildungsmöglichkeiten werden durch Berufsschulen, Trainingszentren und Agenturen angeboten (IOM 13.6.2018).

Stromversorgung

Die Stromversorgung des Irak ist im Vergleich zu der Zeit vor 2003 schlecht (AA 12.2.2018). Sie deckt nur etwa 60 Prozent der Nachfrage ab, wobei etwa 20 Prozent der Bevölkerung überhaupt keinen Zugang zu Elektrizität haben. Der verfügbare Stromvorrat variiert jedoch je nach Gebiet und Jahreszeit (Fanack 22.12.2017). Selbst in Bagdad ist die öffentliche Stromversorgung vor allem in den Sommermonaten, wenn bei Temperaturen von über 50 Grad flächendeckend Klimaanlagen eingesetzt werden, häufig unterbrochen. Dann versorgt sich die Bevölkerung aus privaten Generatoren, sofern diese vorhanden sind. Die Versorgung mit Mineralöl bleibt unzureichend und belastet die Haushalte wegen der hohen Kraftstoffpreise unverhältnismäßig. In der Autonomen Region Kurdistan erfolgt die Stromversorgung durch Betrieb eigener Kraftwerke, unterliegt jedoch wie in den anderen Regionen Iraks erheblichen Schwankungen und erreicht deutlich weniger als 20 Stunden pro Tag. Kraftwerke leiden unter Mangel an Brennstoff und es gibt erhebliche Leitungsverluste (AA 12.2.2018).

Wasserversorgung

Die Wasserversorgung wird von der schlechten Stromversorgung in Mitleidenschaft gezogen (AA

12.2.2018) . Der Irak befindet sich inmitten einer schweren Wasserkrise, die durch akute Knappheit, schwindende Ressourcen und eine stark sinkende Wasserqualität gekennzeichnet ist (Clingendael 10.7.2018). Die Wasserknappheit dürfte sich kurz- bis mittelfristig noch verschärfen. Besonders betroffen sind die südlichen Provinzen, insbesondere Basra. Der Klimawandel ist dabei ein Faktor, aber auch große Staudammprojekte in der Türkei und im Iran, die sich auf den Wasserstand von Euphrat und Tigris auswirken und zur Verknappung des Wassers beitragen. Niedrige Wasserstände führen zu einem Anstieg des Salzgehalts, wodurch das bereits begrenzte Wasser für die landwirtschaftliche Nutzung ungeeignet wird (UNOCHA 31.8.2018).

Parallel zur Wasserknappheit tragen veraltete Leitungen und eine veraltete Infrastruktur zur Kontaminierung der Wasserversorgung bei (UNOCHA 31.8.2018). Es fehlt weiterhin an Chemikalien zur Wasseraufbereitung. Die völlig maroden und teilweise im Krieg zerstörten Leitungen führen zu hohen Transportverlusten und Seuchengefahr. Im gesamten Land verfügt heute nur etwa die Hälfte der Bevölkerung über Zugang zu sauberem Wasser (AA 12.2.2018). Im August meldete Iraks südliche Provinz Basra 17.000 Fälle von Infektionen aufgrund der Kontaminierung von Wasser. Der Direktor der Gesundheitsbehörde Basra warnte vor einem Choleraausbruch (Iraqi News 28.8.2018).

Nahrungsversorgung

Laut Welternährungsorganisation sind im Irak zwei Millionen Menschen von

Nahrungsmittelunsicherheit betroffen (FAO 8.2.2018). 22,6 Prozent der Kinder sind unterernährt (AA 12.2.2018). Schätzungen des Welternährungsprogramms zufolge benötigen mindestens 700.000 Iraker Nahrungsmittelhilfe (USAID 23.2.2018).

Die Landwirtschaft ist für die irakische Wirtschaft von entscheidender Bedeutung. Schätzungen zufolge hat der Irak in den letzten vier Jahren jedoch 40 Prozent seiner landwirtschaftlichen Produktion verloren. Im Zuge des Krieges gegen den IS waren viele Bauern gezwungen, ihre Betriebe zu verlassen. Ernten wurden zerstört oder beschädigt. Landwirtschaftliche Maschinen, Saatgut, Pflanzen, eingelagerte Ernten und Vieh wurden geplündert. Aufgrund des Konflikts und der Verminung konnten Bauern für die nächste Landwirtschaftssaison nicht pflanzen. Die Nahrungsmittelproduktion und -versorgung wurde unterbrochen, die Nahrungsmittelpreise auf den Märkten stiegen (FAO 8.2.2018). Das Land ist stark von Nahrungsmittelimporten abhängig (AW 11.2.2018; vergleiche USAID 1.8.2017).

Das Sozialsystem wird vom sogenannten "Public Distribution System" (PDS) dominiert, einem Programm, bei dem die Regierung importierte Lebensmittel kauft, um sie an die Öffentlichkeit zu verteilen. Das PDS ist das wichtigste Sozialhilfeprogramm im Irak, in Bezug auf Flächendeckung und Armutsbekämpfung. Es ist das wichtigste Sicherheitsnetz für Arme, obwohl es von schweren Ineffizienzen gekennzeichnet ist (K4D 18.5.2018). Es sind zwar alle Bürger berechtigt, Lebensmittel im Rahmen des PDS zu erhalten. Das Programm wird von den Behörden jedoch sporadisch und unregelmäßig umgesetzt, mit begrenztem Zugang in den wiedereroberten Gebieten. Außerdem hat der niedrige Ölpreis die Mittel für das PDS weiter eingeschränkt

(USDOS

20.4.2018) .

Quellen:

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21. Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgungssituation bleibt angespannt (AA 12.2.2018). Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können, haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen (IOM 13.6.2018).

Auf dem Land kann es bei gravierenden Krankheitsbildern problematisch werden. Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustformel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung. Staatliche wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore (GIZ 11.2018).

Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD. Für spezielle

Untersuchungen und Laboranalysen sind dann noch zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 11.2018).

In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser nur mit deutlich eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführungen oder Repressionen das Land verlassen. Korruption ist verbreitet. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA

12.2.2018) . Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).

Die große Zahl von Flüchtlingen und IDPs belastet das Gesundheitssystem zusätzlich. Hinzu kommt, dass durch die Kampfhandlungen nicht nur eine Grundversorgung sichergestellt werden muss, sondern auch schwierige Schusswunden und Kriegsverletzungen behandelt werden müssen (AA 12.2.2018).

Quellen:

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22. Rückkehr

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig - u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Zu einer begrenzten Anzahl an Abschiebungen in den Zentralirak kommt es jedenfalls aus Deutschland, Großbritannien, Schweden und Australien. Rückführungen aus Deutschland in die Autonome Region Kurdistan finden regelmäßig statt (AA 12.2.2018).

Studien zufolge ist die größte primäre Herausforderung für Rückkehrer die Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. Einkommen. Andere Herausforderungen bestehen in der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, psychischen und psychologischen Problemen, sowie negativen Reaktionen von Freunden und Familie zu Hause im Irak (IOM 2.2018; vergleiche REACH 30.6.2017). In der Autonomen Region Kurdistan gibt es mehr junge Menschen, die sich nach ihrer Rückkehr organisieren. Ob sich diese Tendenzen verstetigen, wird aber ganz wesentlich davon abhängen, ob sich die wirtschaftliche Lage in der Autonomen Region Kurdistan kurz- und mittelfristig verbessern wird (AA 12.2.2018).

Die Höhe einer Miete hängt vom Ort, der Raumgröße und der Ausstattung der Unterkunft ab. Außerhalb des Stadtzentrums sind die Preise für gewöhnlich günstiger. Die Miete für 250m2 in Bagdad liegt bei ca. 320 USD. In den Städten der kurdischen Autonomieregion liegt die Miete bei 300-600 USD für eine Zweizimmerwohnung. Der Kaufpreis eines Hauses oder Grundstücks hängt ebenfalls von Ort, Größe und Ausstattung ab. Während die Nachfrage nach Mietobjekten stieg, nahm die Nachfrage nach Kaufobjekten ab. Durchschnittliche Betriebskosten betragen pro Monat 15.000 IQD Anmerkung, ca. 11 EUR) für Gas, 10.000-25.000 IQD Anmerkung, ca. 7-18 EUR) für Wasser, 30.000-40.000 IQD Anmerkung, ca. 22-29 EUR) für Strom (staatlich) und 40.000 IQD für private oder nachbarschaftlichen Generatorenstrom (IOM 13.6.2018).

Die lange Zeit sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zusehends besser im Land. Jedoch gibt es sehr viel mehr Kauf- als Mietangebote (GIZ 11.2018). Wohnen ist zu einem der größten Probleme im Irak geworden, insbesondere nach den Geschehnissen von 2003 (IOM

13.6.2018) . Die Immobilienpreise in irakischen Städten sind in den letzten zehn Jahren stark angestiegen (IEC 24.1.2018). Im Zuge des Wiederaufbaus nach dem IS stellt der Wohnungsbau eine besonders dringende Priorität dar (Reuters 12.2.2018). Im November 2017 bestätigte der irakische Ministerrat ein neues Programm zur Wohnbaupolitik, das mit der Unterstützung von UN-Habitat ausgearbeitet wurde, um angemessenen Wohnraum für irakische Staatsbürger zu gewährleisten (UNHSP 6.11.2017). Öffentliche Unterstützung bei der Wohnungssuche besteht für Rückkehrer nicht (IOM 13.6.2018).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

https://www.liportal.de/irak/alltag/#c28570. Zugriff 20.11.2018

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/DP.1635%20-

%20Iraq Returnees Snapshot-Report%20-%20V5.pdf. Zugriff 16.10.2018

https://www.bamf.de/SharedDocs/MILo-DB/DE/Rueckkehrfoerderung/Laenderinformationen/

Informationsblaetter/cfs irak-

dl de.pdf:jsessionid=0E66FF3FBC9BF77D6FB52022F1A7B611.1 cid294?

blob=publicationFile. Zugriff 16.10.2018

https://www.humanitarianlibrary.org/sites/default/files/2013/05/634247_INHP_English_Version.

pdf. Zugriff 17.10.2018

https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/reach_irq_grc_report_iraqi_migration_to_

europe in 2016 june 2017%20%281%29.pdf. Zugriff 16.10.2018

https://www.reuters.com/article/us-mideast-crisis-iraq-reconstruction/iraq-savs-reconstruction-

after-war-on-islamic-state-to-cost-88-billion-idUSKBN1FW0JB. Zugriff 17.10.2018

https://reliefweb.int/report/iraq/council-ministers-endorses-updated-housing-policy-iraq-

ministry-construction-housing. Zugriff 17.10.2018

23. Dokumente und Staatsbürgerschaft

Die neuen irakischen Pässe enthalten einen maschinenlesbaren Abschnitt sowie einen 3D- Barcode und gelten als fälschungssicherer im Vergleich zu den Vorgängermodellen. v. a. können diese nur noch persönlich und nicht mehr durch Dritte beantragt werden. Die irakischen Botschaften haben erst vereinzelt begonnen. diese Pässe auszustellen (AA 12.2.2018).

Der irakische Personalausweis (Civil Status ID bzw. CSID oder National Identity Card) heißt auf Arabisch Bitaqa shakhsiya bzw. Bitaqa hawwiya (UKHO 9.2018; vergleiche IRBC 25.11.2013). Die CSID- Karte ist gesetzlich vorgeschrieben und wird jedem irakischen Staatsbürger. sowohl innerhalb als auch außerhalb des Irak. gegen Vorlage einer Geburtsurkunde ausgestellt. Sie gilt als das wichtigste persönliche Dokument und wird für alle Kontakte mit Behörden. dem Gesundheits- und Sozialwesen. Schulen. sowie für den Kauf und Verkauf von Wohnungen und Autos verwendet. Die CSID-Karte wird auch für die Beantragung anderer amtlicher Dokumente. wie z.B. Reisepässe. benötigt (UKHO 9.2018).

Jedes Dokument. ob als Totalfälschung oder als echte Urkunde mit unrichtigem Inhalt. ist gegen Bezahlung zu beschaffen. Zur Jahresmitte 2014 tauchten vermehrt gefälschte Visaetiketten auf. Auch gefälschte Beglaubigungsstempel des irakischen Außenministeriums sind im Umlauf; zudem kann nicht von einer verlässlichen Vorbeglaubigungskette ausgegangen werden (AA 12.2.2018).

Laut Verfassung kann jede Person, die über zumindest einen irakischen Elternteil verfügt, irakischer Staatsbürger werden (USDOS 20.4.2018). Das irakische Staatsbürgerschaftsrecht ist jedoch widersprüchlich bezüglich der Möglichkeit der Weitergabe der Staatsbürgerschaft durch die Mutter. Einerseits bestehen Widersprüche zwischen der Verfassung und Teilen des Staatsbürgerschaftsgesetzes; außerdem ist das Staatsbürgerschaftsgesetz in sich selbst widersprüchlich. Wie auch die irakische Verfassung, besagt Artikel 3 des Nationalitätsgesetzes, dass sowohl Väter als auch Mütter die irakische Staatsbürgerschaft an ihre Kinder weitergeben können. Laut Artikel 4 des Nationalitätsgesetzes ist dies jedoch im Falle der Mutter, wenn das Kind im Ausland geboren ist, nur unter bestimmten Umständen (Vater unbekannt oder staatenlos) möglich. In der Praxis ist den Quellen zufolge die Weitergabe der irakischen Staatsbürgerschaft durch die Mutter an ihre im Ausland geboren Kinder, deren Väter nicht Iraker und auch nicht staatenlos oder unbekannt sind, nicht gewährleistet (BFA 8.8.2017).

Quellen:

stand-dezember-2017-12-02-2018.pdf. Zugriff 12.10.2018

Irak/Syrien: Staatsbürgerschaft Kind, Vater Syrer, Mutter Irakerin,

https://www.ecoi.net/en/file/l

ocal/1407773/5209_1502703961_syri-irak-ra-staatsbuergerschaft-

kind-vater-svrer-mutter-irakerin-2017-08-08-ke.doc. Zugriff 20.9.2018

http://www.refworld.org/docid/52cd0a934.html. Zugriff 17.10.2018

Internal relocation, civil documentation and returns,

https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/

file/738200/Iraq_-_IFA_docs_and_return_-_CPIN - v7 September_2018_.pdf, Zugriff

17.10.2018

Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Zweifel aufkommen ließen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Zu Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974, (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" vergleiche VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318;

09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN;

19.10.2000, Zl. 98/20/0233; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131;

25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird vergleiche VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002,

Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und

Zl. 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Artikel eins, Abschnitt C Ziffer 5, GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999,

Zl. 98/20/0399; 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Beschwerde nicht begründet ist:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen die Person gerichtete, vom Herkunftsstaat ausgehende, dem Herkunftsstaat zurechenbare oder von diesem geduldete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde weder im Verfahren vor der belangten Behörde noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht.

Der BF als Angehöriger der muslimischen Glaubensgemeinschaft sunnitischer Glaubensrichtung ist in Bagdad im Verhältnis zu den Angehörigen der schiitischen Glaubensgemeinschaft in der Minderheit, jedoch konnte eine systematische Verfolgung und Diskriminierung der Sunniten im Irak, konkret in Bagdad, durch staatliche Stellen oder Privatpersonen im Lichte der vorliegenden aktuellen Länderberichte nicht festgestellt werden. Im Parlament, als auch generell auf politischer Ebene sind Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft vertreten. Sunniten nehmen, trotz der überwiegenden Präsenz schiitischer Milizen, am gesellschaftlichen und politischen Leben im Irak insbesondere in Bagdad nach wie vor teil. Auch wenn die Kriegsgeschehnisse der vergangenen Jahre zu starken Ressentiments der Glaubensgruppen untereinander geführt haben, welche sich in Bagdad schließlich auch in die Bildung von "sunnitischen" und von "schiitischen" Vierteln niedergeschlagen hat, ist es für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft dennoch möglich, im Irak zu leben, zu arbeiten, staatliche und politische Posten zu besetzen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Unbeschadet dessen ist, insoweit der BF zur Furcht vor Verfolgung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat vorbrachte, von Mitgliedern der Fliegpolizei bzw. Privatpersonen verfolgt zu werden, festzuhalten, dass - wie oben bereits ausgeführt - keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend, dass die staatlichen Institutionen im Irak im Hinblick auf eine mögliche Verfolgung durch schiitische Milizen bzw. Fliegpolizei sowie Privatpersonen im Raum Bagdad tatsächlich weder schutzfähig noch schutzwillig wären, weder aus dem Vorbringen vor der belangten Behörde und in der Beschwerde sowie in der mündlichen Verhandlung noch aus den der Entscheidung zugrunde gelegten Erkenntnisquellen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ersichtlich sind. Dabei ist auch darauf hinzuweisen, dass ein lückenloser Schutz naturgemäß nicht gewährleistet werden kann, weshalb dem Fehlen eines solchen keine Asylrelevanz zukommt (VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177; 13.11.2008, Zl. 2006/01/0191).

Konkrete Probleme mit herkunftsstaatlichen Behörden hat der BF zudem nicht vorgebracht.

Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar.

Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, war in der Folge davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht existiert.

Daher war die Beschwerde gegen den Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchpunkt römisch II. der angefochtenen Bescheide:

Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Ziffer eins,), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Ziffer 2,), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden. Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des Paragraph 11, offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Absatz eins, oder aus den Gründen des Absatz 3, oder 6 abzuweisen, so hat gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; 26.06.1997, ZI. 95/18/1291; 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993,

Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben vergleiche VwGH 14.10.1998, Zl. 98/01/0122; 25.01.2001,

Zl. 2001/20/0011).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. Gesetzgebungsperiode zu Paragraph 8, AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (zB VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438; 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; 08.06.2000, Zl. 99/20/0203; 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offen bliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen vergleiche VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).

Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde vergleiche VwGH 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR 20.07.2010, N. gg. Schweden,

Zl. 23505/09, Rz 52ff; 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).

Dabei ist zu überprüfen, ob sich die von einem bewaffneten Konflikt für eine Vielzahl von Zivilpersonen ausgehende und damit allgemeine Gefahr in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet hat, dass sie eine erhebliche individuelle Bedrohung darstellt. Eine allgemeine Gefahr kann sich insbesondere durch individuelle gefahrerhöhende Umstände zuspitzen. Solche Umstände können sich auch aus einer Gruppenzugehörigkeit ergeben. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, eine Zivilperson würde bei Rückkehr in das betreffende Land oder die betreffende Region allein durch ihre Anwesenheit in diesem Gebiet Gefahr laufen, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein vergleiche EuGH U 17.02.2009, C-465/07). Ob eine Situation genereller Gewalt eine ausreichende Intensität erreicht, um eine reale Gefahr einer für das Leben oder die Person zu bewirken, ist insbesondere anhand folgender Kriterien zu beurteilen:

Ob die Konfliktparteien Methoden und Taktiken anwenden, die die Gefahr ziviler Opfer erhöhen oder direkt auf Zivilisten gerichtet sind; ob diese Taktiken und Methoden weit verbreitet sind; ob die Kampfhandlungen lokal oder verbreitet stattfinden; schließlich die Zahl der getöteten, verwundeten und vertriebenen Zivilisten (EGRM U 28.06.2011, Sufi/Elmi gegen Vereinigtes Königreich, Nrn. 8319/07, 11449/07).

Der VwGH hat dazu erst kürzlich festgehalten, dass bei einer allgemein prekären Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat erst dann vorliegen, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können aber besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaates im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Artikel 2, oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, zur Lage in Bagdad).

Dessen ungeachtet sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auch dann abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht (Paragraph 8, Absatz 3, AsylG 2005).

Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Artikel 3, EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände ("exceptional circumstances") vorliegen (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vergleiche auch VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter "außergewöhnlichen Umständen" können auch lebensbedrohende Ereignisse (zB Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Artikel 3, EMRK in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vergleiche VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Artikel 3, EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Artikel 3, EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr ("real risk") - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden. Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Artikel 2 und 3 EMRK oder ihren relevanten Zusatzprotokollen verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat, konkret in Bagdad, durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte.

Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass die Sicherheitslage in Teilen des Irak prekär ist und Anschlagskriminalität in Bagdad nach wie vor zu gewärtigen ist. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kann in Anbetracht der zu den Feststellungen zur Sicherheitslage im Irak dargestellten Gefahrendichte in Zentral- und Südirak jedoch nicht erkannt werden, dass schon aufgrund der bloßen Präsenz des BF davon ausgegangen werden muss, dass dieser wahrscheinlich Opfer eines Anschlages werden würde (VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137). Offene Kampfhandlungen finden im besagten Gebiet im Übrigen nicht statt und ist die Anzahl der sicherheitsrelevanten Vorfälle sowie der dabei getöteten Zivilisten in letzter Zeit stetig (weiter) gesunken, sodass von einer weiteren Stabilisierung der Sicherheitslage ausgegangen werden kann.

Zum anderen hat weder der BF selbst ein substantiiertes Vorbringen dahingehend erstattet, noch kann aus den Feststellungen zur Lage im Irak, konkret Bagdad, abgeleitet werden, dass der BF alleine schon aufgrund seiner bloßen Anwesenheit im Irak, konkret in Bagdad, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer individuellen Gefährdung durch Anschlagskriminalität oder bürgerkriegsähnliche Ereignisse ausgesetzt wäre.

Es kann auch nicht erkannt werden, dass dem BF im Falle einer Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3, EMRK überschritten wäre vergleiche hiezu grundlegend VwGH 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), hat doch der BF selbst nicht ausreichend konkret vorgebracht, dass es ihm im Falle seiner Rückführung in den Irak an jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre.

Der BF ist ein arbeitsfähiger und gesunder Mann mit hinreichender Schulbildung und Berufserfahrung. Die grundsätzliche Möglichkeit einer Teilnahme am Erwerbsleben kann in Ansehung des BF vorausgesetzt werden, zumal dieser bereits im Irak erwerbstätig war und ferner über hinreichende Schulbildung verfügt. Der BF wird demnach grundsätzlich in der Lage sein, sich mit seiner bislang ausgeübten Tätigkeit oder gegebenenfalls mit anderen Tätigkeiten ein ausreichendes Einkommen zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhalts zu erwirtschaften; es ist ihm auch in Anbetracht seines gesundheitlichen Zustandes und seiner Ausbildung zuzumuten, nach einer Beschäftigung zu suchen und seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Darüber hinaus kann davon ausgegangen werden, dass der BF im Fall seiner Rückkehr auch im Rahmen seines Familienverbandes - erneut - eine ausreichende wirtschaftliche und soziale Unterstützung durch seine im Irak aufhältigen Familienangehörigen zuteilwird. Es ist kein Umstand ersichtlich, der einer Unterstützung durch diese Familienmitglieder entgegenstehen würde.

Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, konkret in Bagdad, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde vergleiche VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 13.11.2001, 2000/01/0453; 18.07.2003, 2003/01/0059), liegt nicht vor.

Letztlich war zu berücksichtigen, dass der BF in der Beschwerde als auch in der mündlichen Verhandlung den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Irak, konkret nach Bagdad, nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit der BF durch die Rückkehr einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre.

Auf Grund der eben dargelegten Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat erübrigt sich eine weitere Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005.

Durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat würde der BF somit nicht in Rechten nach Artikel 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958, idgF, oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, Bundesgesetzblatt Nr. 138 aus 1985, idgF, und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, Bundesgesetzblatt Teil 3, Nr. 22 aus 2005, idgF, verletzt werden. Weder droht im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung noch durch Folgen einer substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den BF als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, sind nicht hervorgekommen.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. der angefochtenen Bescheide gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu den Spruchpunkten römisch III., römisch IV. und römisch fünf. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraphen 4, oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 5, zurückgewiesen wird,

3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und in den Fällen der Ziffer eins und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird.

Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, so ist gemäß Paragraph 9, Absatz eins, BFA-VG die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK insbesondere folgende Punkte zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Nach Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre.

Der mit "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" betitelte Paragraph 57, AsylG 2005 lautet wie folgt:

"§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

(2) Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen nach Absatz eins, Ziffer 2 und 3 hat das Bundesamt vor der Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" eine begründete Stellungnahme der zuständigen Landespolizeidirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß Absatz 3 und Paragraph 73, AVG gehemmt.

(3) Ein Antrag gemäß Absatz eins, Ziffer 2, ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein Strafverfahren nicht begonnen wurde oder zivilrechtliche Ansprüche nicht geltend gemacht wurden. Die Behörde hat binnen sechs Wochen über den Antrag zu entscheiden.

(4) Ein Antrag gemäß Absatz eins, Ziffer 3, ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO nicht vorliegt oder nicht erlassen hätte werden können.

Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG 2005 hat das BFA einen Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde.

Gemäß Paragraph 58, Absatz 3, AsylG 2005 hat das BFA über das Ergebnis der von Amts wegen erfolgten Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraphen 55 und 57 AsylG 2005 im verfahrensabschließenden Bescheid abzusprechen.

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Artikel 8, Absatz eins, EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa,

Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

In Ergänzung dazu verleiht weder die EMRK noch ihre Protokolle das Recht auf politisches Asyl (EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua., Zl. 13163/87 ua.; 17.12.1996, Ahmed, Zl. 25964/94; 28.02.2008 [GK] Saadi, Zl. 37201/06).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Artikel 8, EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Artikel 8, EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Artikel 8, EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u. a., Zl. 26940/10).

Die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen einen Fremden, dessen Aufenthalt lediglich auf Grund der Stellung von einem oder mehreren Asylanträgen oder Anträgen aus humanitären Gründen besteht, und der weder ein niedergelassener Migrant noch sonst zum Aufenthalt im Aufenthaltsstaat berechtigt ist, stellt in Abwägung zum berechtigten öffentlichen Interesse einer wirksamen Einwanderungskontrolle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in das Privatleben dieses Fremden dar, wenn dessen diesbezüglichen Anträge abgelehnt werden, zumal der Aufenthaltsstatus eines solchen Fremden während der ganzen Zeit des Verfahrens als unsicher gilt (EGMR 08.04.2008, Nnyanzi, Zl. 21878/06).

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Wie sich aus den bisherigen Angaben des BF im Verfahren vor der belangten Behörde und in der mündlichen Verhandlung ergibt, verfügt dieser durch seine Heirat mit einer österreichischen Staatsbürgerin seit dem XXXX2018 über familiäre Anknüpfungspunkte. Der BF verfügt aufgrund seines Aufenthaltes im Bundesgebiet seit Mai 2015, auch über soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet.

Vor dem Hintergrund, dass der BF sich der Unsicherheit seines einzig durch einen - unbegründeten - Asylantrag vorübergehend legitimierten Aufenthaltes, und der damit einhergehenden Möglichkeit im Bundesgebiet begründete soziale Beziehungen nicht vor Ort weiterführen zu können, bewusst war, haben allfällige soziale Bezugspunkte des BF eine Relativierung hinzunehmen. Eben so kann die - vor einem Jahr - durchgeführte Heirat nicht als Grund eines - ex lege - Aufenthaltsrechts angesehen werden. Dem BF musste es schon zum Zeitpunkt der negativen Bescheiderlassung - 23.11.2017 - seitens des BFA, bewusst gewesen sein, dass sein Aufenthalt nur vorübergehender sein wird. Um, so verwunderlicher ist es, dass der BF knapp 3 Monate später, seine nunmehrige Gattin ehelichte. Die Eheschließung und die Sprachkenntnisse alleine reichen noch nicht aus, um eine Rückkehrentscheidung abzuwenden bzw. unmöglich zu machen. Es muss die ganze Zeit des Aufenthaltes mit einfließen.

Selbst unter Beachtung der für den BF sprechenden Momente lässt sich eine besonders berücksichtigungswürdige Integration des BF in Österreich nicht festzustellen.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist die belangte Behörde, sohin zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts des BF im Bundesgebiet das persönliche Interesse dieses am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Umstände, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.

Es sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG getroffenen Feststellungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung in den Herkunftsstaat Irak unzulässig wäre. Derartiges wurde auch in der gegenständlichen Beschwerde nicht konkret behauptet.

Sohin ist die Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

Zum Spruchpunkt römisch VI. des angefochtenen Bescheides:

Der mit "Frist für die freiwillige Ausreise" betitelte Paragraph 55, FPG lautet:

"§ 55. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß Paragraph 68, AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß Paragraph 18, BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. Paragraph 37, AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß Paragraph 18, Absatz 2, BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Absatz eins, ist mit Mandatsbescheid (Paragraph 57, AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht."

Aufgrund der erfolgten Festlegung einer Frist zur freiwilligen Ausreise und dem Nichtvorbringen sowie von Amts wegen nicht fassbaren besonderen Gründen iSd. Paragraph 55, Absatz 3, FPG, war die Beschwerde auch in diesem Umfang als unbegründet abzuweisen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), Bundesgesetzblatt Nr. 10 aus 1985, idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2019:G306.2181763.1.00