BVwG
13.08.2018
W250 2145726-1
W250 2145727-1/11E
W250 2145732-1/12E
W250 2145730-1/11E
W250 2145726-1/11E
W250 2145731-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde von 1.) römisch 40 , geb. am römisch 40 , 2.) römisch 40 , geb. am römisch 40 , 3.) mj. römisch 40 , geb. am römisch 40 alias römisch 40 , 4.) mj. römisch 40 , geb. am römisch 40 , und 5.) mj. römisch 40 , geb. am römisch 40 , alle StA. Afghanistan, vertreten durch RA Mag. Robert Bitsche, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.12.2016 1.) zur Zl. römisch 40 , 2.) zur Zl. römisch 40 , 3.) zur Zl. römisch 40 , 4.) zur Zl. römisch 40 , und 5.) zur Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.04.2018, zu Recht:
A)
römisch eins. Der Beschwerde wird stattgegeben und es wird römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 und römisch 40 , römisch 40 , römisch 40 und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt.
römisch II. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, Asylgesetz 2005 wird festgestellt, dass den Beschwerdeführern damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
BEGRÜNDUNG:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer, alle Staatsangehörige Afghanistans, reisten gemeinsam in das Bundesgebiet ein und stellten am 23.07.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am römisch 40 wurde der Fünftbeschwerdeführer in Österreich geboren. Für ihn wurde am 14.09.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind traditionell miteinander verheiratet und die Eltern der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer.
2. Am 24.07.2015 fand die niederschriftliche Erstbefragung des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Sie gaben zu ihren Fluchtgründen befragt an, dass sie sich seit ca. 13 Jahren (Erstbeschwerdeführer) bzw. seit ihrem 4. Lebensjahr (Zweitbeschwerdeführerin) im Iran aufgehalten hätten. Aufgrund der Gewalt und Willkür der Polizei und der Bevölkerung im Iran und weil sie dort nicht arbeiten bzw. ihre Kinder nicht in die Schule gehen hätten können, seien sie aus dem Iran geflüchtet. Im Falle einer Rückkehr in ihr Herkunftsland fürchten sie dort kein friedliches Leben bzw. keine Zukunft zu haben.
3. Am 25.11.2016 wurden der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) niederschriftlich zu ihren Anträgen auf internationalen Schutz einvernommen. Der Erstbeschwerdeführer gab betreffend seine Fluchtgründe zusammengefasst an, dass sein Vater beim Militär für eine bestimmte Gruppe gearbeitet habe und diese gegen die Taliban, Paschtunen und Afghanen gekämpft habe. Nach dem Tod des Gruppenanführers habe die Gruppe seines Vaters nicht mehr funktioniert und der Vater des Erstbeschwerdeführers habe keine Sicherheit mehr gehabt, weshalb dieser mit seiner Familie - darunter der Erstbeschwerdeführer - im Jahr 1379 (umgerechnet das Jahr 2000) in den Iran gezogen sei. Da der Vater des Beschwerdeführers beschuldigt worden sei mehrere Personen im Krieg getötet zu haben, habe dieser Feinde in Afghanistan.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab hinsichtlich ihrer Fluchtgründe an, dass ihr Vater einen (Familien)Konflikt mit Angehörigen der Kutschis gehabt und deshalb Feinde in Afghanistan habe. Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan habe sie Angst vor den Feinden ihres Vaters.
Hinsichtlich der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht.
4. Das Bundesamt wies die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz mit oben genannten Bescheiden bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) ab, erkannte ihnen den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihnen eine befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt römisch III.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass weder der Erstnoch die Zweit-beschwerdeführerin eine asylrelevante individuelle Verfolgungsgefährdung vorgebracht hätten. Für die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer seien keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht worden.
5. Gegen die oben genannten Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und die Bescheide vollinhaltlich angefochten. Im Wesentlichen wurde vorgebracht, dass das Ermittlungsverfahren des Bundesamtes nicht den Anforderungen des Paragraph 18, Absatz eins, AsylG genügt habe, weshalb das Verfahren mangelhaft sei. So habe das Bundesamt eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens der Beschwerdeführer unterlassen. Dem Erstbeschwerdeführer drohe aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara und dem Umstand, dass er schon seit dem Kindesalter im Iran und nunmehr auch in Europa aufhältig sei, weshalb er in seinem Herkunftsstaat nicht mehr als richtiger Afghane angesehen werde, eine Verfolgung. Er könne daher auch leicht unter Verdacht der Taliban geraten ein Spion zu sein. Da er ein Mann im kampffähigen Alter sei, könne ihm auch Zwangsrekrutierung drohen. Die kumulativen individuellen Umstände würden auch zu einer Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe führen. Der Zweitbeschwerdeführerin drohe aufgrund der Zugehörigkeit zur bestimmten Gruppe der westlich orientierten afghanischen Frauen, denen eine Rückkehr nach Afghanistan aufgrund dessen nicht zugemutet werden könne, eine Verfolgung in Afghanistan.
6. Mit Stellungnahme vom 09.04.2018 brachte die Zweitbeschwerdeführerin vor in Österreich ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie habe bereits Schritte zur finanziellen Selbständigkeit unternommen und arbeite regelmäßig als Putzkraft. Bei der Drittbeschwerdeführerin handle es sich um ein schulpflichtiges Mädchen, dem der Zugang zu Bildung in Afghanistan verwehrt sei.
7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 20.04.2018 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari und im Beisein des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Verfahren der Beschwerdeführer wurden zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. Ein Vertreter des Bundesamtes nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Verhandlungsschrift wurde dem Bundesamt übermittelt.
8. Mit Stellungnahme vom 24.04.2018 brachte der Erstbeschwerdeführer vor, dass aufgrund der Zugehörigkeit seines Vaters zu einer Gruppe die Teil der Hezbe Wahdat gewesen sei, sein Elternhaus in Afghanistan beschossen worden sei und sein Vater dieses verteidigen habe müssen. Die Zugehörigkeit zu einem Familienverband erfülle den Verfolgungstatbestand der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe. Dem Erstbeschwerdeführer drohe daher Verfolgung, weil er als Sohn seines Vaters identifiziert werden würde.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:
Der Erstbeschwerdeführer führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 . Er ist mit der Zweitbeschwerdeführerin seit römisch 40 traditionell verheiratet. Die Zweitbeschwerdeführerin führt den Namen römisch 40 und das Geburtsdatum römisch 40 . Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin haben gemeinsam drei Kinder: die am römisch 40 alias römisch 40 geborene Drittbeschwerdeführerin römisch 40 , den am römisch 40 geborenen Viertbeschwerdeführer römisch 40 und den am römisch 40 in Österreich geborenen Fünftbeschwerdeführer römisch 40 .
Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige, gehören der
Volksgruppe der Hazara an und bekennen sich zum
muslimisch-schiitischen Glauben (W250 2145727-1 = BF 1 AS 41; W250
2145732-1 = BF 2 AS 43; Verhandlungsprotokoll vom 20.04.2018 = VP,
S. 8, 17).
Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin stammen aus der Provinz Daikundi, dem Distrikt römisch 40 und dem Dorf römisch 40 (beim Bundesamt "XXXX" geschrieben) (BF 1 AS 41; BF 2 AS 43; VP, Sitzung 8). Der Erstbeschwerdeführer hat vier Jahre lang in Afghanistan eine Schule besucht. Die Familie des Erstbeschwerdeführers ist im Jahr 2000 in den Iran gezogen (BF 1 AS 1, 40 f, 43; VP, Sitzung 10). Die Zweitbeschwerdeführerin ist Analphabetin, sie hat keine Schule besucht. Sie ist im Alter von ca. drei Jahren mit ihrer Familie in den Iran gezogen (BF 2 AS 1, 45).
Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer reisten im Familienverband unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich ein und stellten am 23.07.2015 bzw. den Fünftbeschwerdeführer betreffend am 14.09.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz (BF 1 AS 3 ff; BF 2 AS 3 ff; W250 2145731-1 = BF 5 AS 17 f).
Die Beschwerdeführer sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:
1.2.1. Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Erstbeschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der Zugehörigkeit zur Familie seines Vaters konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt durch Angehörige der Paschtunen, der Kutschis, der Taliban oder anderen Personen droht.
1.2.2. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass dem Erstbeschwerdeführer konkret und individuell die Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban in Afghanistan droht. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer allein auf Grund der Tatsache, dass es sich bei ihm um einen Mann im wehrfähigen Alter handelt, in Afghanistan der Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban ausgesetzt wäre.
1.2.3. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass er sich in Europa aufgehalten hat, in Afghanistan als westlich orientiert gelte. Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass sie sich seit dem Kindesalter im Iran aufgehalten (Erst- und Zweitbeschwerdeführerin) bzw. im Iran geboren worden sind (Dritt- und Viertbeschwerde-führer) und in der Folge in Europa aufgehalten haben bzw. in Europa geboren worden ist (Fünftbeschwerdeführer), in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wären. Es kann nicht festgestellt werden, dass afghanischen Staatsangehörigen, die aus dem Iran bzw. Europa nach Afghanistan zurückkehren, in Afghanistan allein aufgrund ihres Aufenthaltes außerhalb Afghanistans psychische und/oder physische Gewalt droht.
1.2.4. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass den Beschwerdeführern aufgrund ihrer ethnisch-religiösen Zugehörigkeit zu den schiitischen Hazara konkret und individuell physische oder psychische Gewalt in Afghanistan droht. Ebenso wenig kann festgestellt werden, dass Angehörige der Religionsgemeinschaft der Schiiten oder der Volksgruppe der Hazara in Afghanistan allein aufgrund der Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit physischer und/oder psychischer Gewalt ausgesetzt sind.
1.2.5. Die Beschwerdeführer verließen den Iran aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen für dort aufhältige Afghanen.
1.2.6. Es kann weder festgestellt werden, dass es den Dritt- bis Fünftbeschwerdeführern unmöglich oder unzumutbar wäre, sich in das afghanische Gesellschaftssystem zu integrieren noch, dass ihnen aufgrund ihres Alters bzw. vor dem Hintergrund der Situation der Kinder in Afghanistan physische und/oder psychische Gewalt droht und sie deswegen einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wären.
1.2.7. Die Zweitbeschwerdeführerin ist eine junge auf Eigenständigkeit bedachte Frau, die in ihrer persönlichen Wertehaltung und Lebensweise an dem in Europa mehrheitlich gelebten, allgemein als "westlich" bezeichneten Frauen- und Gesellschaftsbild orientiert ist. In Österreich kleidet, frisiert und schminkt sich die Beschwerdeführerin nach westlicher Mode, geht einer regelmäßigen beruflichen Tätigkeit nach und erledigt alleine bzw. mit ihren minderjährigen Kindern den Einkauf, hat bereits Deutschkurse absolviert und will ihre Kinder frei von Zwängen erziehen. Die Zweitbeschwerdeführerin lehnt die Umstände und Lebensverhältnisse für Frauen in Afghanistan ab und kann sich nicht vorstellen, nach dem konservativ-afghanischen Wertebild zu leben, wobei auch ihr Ehemann ihr westliches Leben unterstützt.
Vor diesem Hintergrund würde die Zweitbeschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan von dem dortigen konservativen Umfeld als eine am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte Frau angesehen werden.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:
1.3.1. Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundes-verwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 02.03.2017, zuletzt aktualisiert am 30.01.2018 (LIB) wiedergegeben:
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vergleiche auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
Taliban und ihre Offensive
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).
Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).
Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. Hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand (Reuters 27.1.2017).
Daikundi
Die Provinz Daikundi ist seit dem Jahr 2014 autonom (UNDP 5.2.2017); davor war sie ein Distrikt der Provinz Uruzgan (Pajhwok. O.D.ac).
Daikundi ist mehr als 400 km von Kabul entfernt, liegt in Zentralafghanistan und grenzt an die Provinzen Ghor, Ghazni, Uruzgan und Helmand (Tolonews 15.11.2016). Administrative Einheiten sind:
die Provinzhauptstadt Nieli, Ashtarly, Khijran, Khedir, Kitti, Miramor, Sang Takh Shahristan und Gizab (Pajhwok o.D.ac). Die Provinz Daikundi ist die zweitgrößte Region, in der Hazara leben; in der Provinz sind dies 86% der Bevölkerung (UNDP 5.2.2017; vergleiche auch:
Die Zeit 5.1.2015). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf
468.178 geschätzt (CSO 2016).
Daikundi ist eine gebirgige Provinz mit schwacher Infrastruktur ohne asphaltierte Straßen (Pajhwok 25.3.2015; vergleiche auch: Tolonews 15.11.2016). Die abgelegene Provinz Daikundi in Afghanistan, hat derzeit die einzige amtierende Gouverneurin des Landes (France Soir 1.8.2016).
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2015 wurden in der Provinz Daikundi 48 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Daikundi ist als relativ friedliche Provinz anzusehen, einzig der Distrikt Kijran gilt als relativ unsicher. Dennoch gilt die Provinz für Anrainer/innen als unterentwickelt - viele Gegenden haben wenig oder gar keinen Zugang zu Elektrizität; Gesundheitsleistungen und anderen elementaren Leistungen (Tolonews 15.11.2016; vergleiche auch:
Xinhua 1.10.2016).
Nur in einer Handvoll der 34 Provinzen Afghanistans (wie Balkh, Bamyan, Ghor, Daikundi, Jawzjan und Samangan) stellen die Taliban keine große Bedrohung dar. Die fehlende Mehrheit der Paschtunen erklärt die relative Stabilität dieser Provinzen (Lobe Log Foreign Policy 14.9.2016).
Religionsfreiheit
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Artikel 3, der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).
Schiiten
Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt (AA 9.2016; vergleiche auch: CIA 21.10.2016). Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara (USDOS 10.8.2016). Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe (AA 9.2016). Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran (CRS 8.11.2016).
Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert (USCIRF 30.4.2015). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (USDOS 10.8.2016).
Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt (USDOS 13.4.2016). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.9.2015).
Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (CRS 8.11.2016). Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt (Tolonews 22.11.2016; vergleiche auch: FAZ 21.11.2016). Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden (Khaama Press 22.11.2016). In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt (FAZ 21.11.2016). Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten (AA 9.2016).
Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter (CRS 8.11.2016); sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen, während die Ismailiten hauptsächlich in Kabul, den zentralen und nördlichen Provinzen leben (USDOS 10.8.2016).
Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Manche Mitglieder der ismailitischen Gemeinde beschweren sich über Ausgrenzung von Position von politischen Autoritäten (USDOS 10.8.2015).
Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).
Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."
(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Artikel 16,) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).
Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9.2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016).
Hazara
Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. (CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert (AA 9.2016); sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert (CRS 12.1.2015). In der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (AA 9.2016). In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, auch Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.1.2015).
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara (AA 9.2016; vergleiche auch: UDOS 13.4.2016; NYT 21.11.2015; World Hazara Council 10.11.2016; RFE/RL 25.2.2016). Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt (UNAMA 6.2.2017). Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat (HRW 12.1.2017).
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.10.2016).
Frauen
Jahrzehntelanger Kampf gegen patriarchale und frauenfeindliche Normen, führte zu einer Sensibilisierung in Bezug auf Frauen und ihrer Rechte. Allmählich entwickelt sich die Rolle von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Bereichen (AF 7.12.2016). Die Situation der Frauen hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert; die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9.2016).
Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Bildung
Afghanistan ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung - auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben. Laut Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes ist mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (SIGAR 4.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004).
Seit dem Jahr 2000 hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht (AF 2015). Das afghanische Bildungsministerium errichtete gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 16.000 Schulen; rekrutierte und bildete mehr als 154.000 Lehrerinnen und Lehrer aus, und erhöhte die Zahl der Schuleinschreibungen um mehr als 60%. Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen. Frauen und Mädchen gehen öfter zu Schule wenn sie keine langen Distanzen zurücklegen müssen. USAID hat 84.000 afghanische Mädchen dabei unterstützt Schulen innerhalb ihrer Gemeinden besuchen zu können, damit sich nicht durch teilweise gefährliche Gegenden pendeln müssen (USAID 19.12.2016).
Laut dem afghanischen Statistikbüro, gab es landesweit 15.645 Schulen, 9.184.494 Schüler/innen, davon waren 362.906 weiblich. Diese Zahlen beinhalten alle Schultypen, dazu zählen Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren, etc. Die Zahl der Schülerinnen hat sich im Zeitraum 2015-2016 zum Vergleichszeitraum 2014 - 2015 um 2,2% erhöht. Die Gesamtzahl der Lehrer/innen betrug 199.509, davon waren
63.911 Frauen (CSO 2016).
Frauenuniversität in Kabul
Seit dem Jahr 2008 hat sich die Studierendenzahl in Afghanistan um 50% erhöht. Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (The Economist 13.8.2016; vergleiche auch:
MORAA 31.5.2016).
Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (Khaama Press 18.10.2015; vergleiche auch:
University Herold 18.10.2015); im ersten Lehrgang waren 28 Student/innen eingeschrieben, wovon 10 Männer waren (University Herold 18.10.2015).
Berufstätigkeit
Für viele Frauen ist es noch immer sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Berufe zu ergreifen. Einflussreiche Positionen werden abhängig von Beziehungen und Vermögen vergeben (AA 9.2016). Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016).
Bemerkenswert ist die Steigerung jener Afghan/innen, die der Meinung sind, Frauen sollen sich bilden und außerhalb des Heimes arbeiten dürfen. Bei einer Befragung gaben 81% der Befragten an, Männer und Frauen sollten gleiche Bildungschancen haben (The Diplomat 9.12.2016; vergleiche auch: AF 7.12.2016).
Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig verbessert und betrug im Jahr 2016 19%. Rund 64% der Afghan/innen befürworteten Frauen außerhalb ihres Heimes arbeiten zu dürfen. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen: Einschränkungen, Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UN Women 2016). Die Alpahbetisierungsrate bei Frauen in Afghanistan liegt durchschnittlich bei 17%, in manchen Provinzen sogar unter 2% (UN Women 2016; vergleiche auch: UNESCO Institute for statistics o.D.). In der Altersklasse der 15 - 24 jährigen betrug die Alphabetisierungsrate im Jahr 2015 bei Frauen 46,11%, bei den über 65-jährigen 4,33% (UNESCO Institute for statistics o.D.).
Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der Raum für weibliche Führungskräfte bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichstellung werden weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Frauen sind im Arbeitsleben mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert, etwa Verwandte, die verlangen sie sollen zu Hause bleiben; oder Einstellungsverfahren, die Männer bevorzugten. Jene die arbeiteten, berichteten von sexueller Belästigung, fehlenden Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten; Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten von, Drohungen und Misshandlungen (USDOS 13.4.2016).
Frauen machen 30% der Medienmitarbeiter/innen aus. Teilweise leiten Frauen landesweit Radiostationen - manche Radiostationen setzten sich ausschließlich mit Frauenangelegenheiten auseinander. Nichtsdestotrotz, finden Reporterinnen es schwierig ihren Job auszuüben. Unsicherheit, fehlende Ausbildung und unsichere Arbeitsbedingungen schränken die Teilhabe von Frauen in den Medien weiterhin ein (USDOS 13.4.2016).
Frauen im öffentlichen Dienst
Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016). Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Die von Präsident Ghani bewirkten Wahlreformen sehen zudem Frauenquoten von 25% der Sitze für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit vier Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 9.2016). Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden (UN Women 2016). Frauen in hochrangigen Regierungspositionen waren weiterhin Opfer von Drohungen und Gewalt (USDOS 13.4.2016).
Das Netzwerk von Frauenrechtsaktivistinnen "Afghan Women's Network" berichtet von Behinderungen der Arbeit seiner Mitglieder bis hin zu Bedrohungen und Übergriffen, teilweise von sehr konservativen und religiösen Kreisen (AA 9.2016).
Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften
Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Im Jahr 2016 haben mehr Frauen denn je die Militärschule und die Polizeiakademie absolviert (AF 7.12.2016). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u.a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden. Dieses ist allerdings bisher noch nicht geschehen (AA 9.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: Sputnik News 14.6.2016). Laut Verteidigungsministerium werden derzeit 400 Frauen in unterschiedlichen Bereichen des Verteidigungsministeriums ausgebildet: 30 sind in der nationalen Militärakademie, 62 in der Offiziersakademie der ANA, 143 in der Malalai Militärschule und 109 Rekrutinnen absolvieren ein Training in der Türkei (Tolonews 28.1.2017).
Im Allgemeinen verbessert sich die Situation der Frauen innerhalb der Sicherheitskräfte, bleibt aber weiterhin fragil. Der Schutz von Frauenrechten hat in größeren städtischen Gegenden, wie Kabul, Mazar-e Sharif und in der Provinz Herat, moderate Fortschritte gemacht; viele ländliche Gegenden sind extrem konservativ und sind aktiv gegen Initiativen, die den Status der Frau innerhalb der Gesellschaft verändern könnte (USDOD 6.2016).
Auch wenn die Regierung Fortschritte machte, indem sie zusätzliche Polizistinnen rekrutierte, erschweren kulturelle Normen und Diskriminierung die Rekrutierung und den Verbleib in der Polizei (USDOS 13.4.2016).
Teilnahmeprogramme für Frauen in den Sicherheitskräften
Initiiert wurde ein umfassendes Programm zur Popularisierung des Polizeidienstes für Frauen (SIGAR 30.7.2016; vergleiche auch: Sputnik News 5.12.2016). Dies Programm fördert in verschiedenster Weise Möglichkeiten zur Steigerung der Frauenrate innerhalb der ANDSF (SIGAR 30.7.2016). Das afghanische Innenministerium gewährte im Vorjahr 5.000 Stellen für Frauen bei der Polizei, diese Stellen sind fast alle noch immer vakant (Sputnik News 5.12.2016; vergleiche auch:
SIGAR 30.7.2016). Eines der größten Probleme ist, dass sowohl junge Mädchen als auch Ehefrauen in ihren Familien nichts selbständig entscheiden dürften (Sputnik News 5.12.2016). Die afghanische Nationalpolizei schuf zusätzlich neue Posten für Frauen - womit sich deren Zahl auf 5.969 erhöhte; 5.024 dieser Posten sind innerhalb der afghanischen Nationalpolizei, 175 in Gefängnissen und Haftanstalten, sowie 770 zivile Positionen (SIGAR 30.7.2016). Im Juni 2016 verlautbarten die Behörden in Kabul, bis März 2017 die Polizei mit 10.000 neuen Stellen für weibliche Polizeikräfte aufzustocken. Die Behörden möchten der steigenden Gewalt gegen Frauen in Afghanistan entgegentreten und effektiver gegen die Terrorbedrohung und den Drogenhandel im Land vorgehen (Sputnik News 14.6.2016).
Seit fast einem Jahrzehnt schaffen afghanische Behörden massiv Arbeitsstellen für Frauen bei der Polizei und versuchen alljährlich den Frauenanteil zu erhöhen. Das dient vor allem dazu, den Afghaninnen Schutz zu gewähren. Wenn Verdächtigte und mutmaßliche Verbrecher Frauen seien, werden Polizistinnen bevorzugt. Allerdings haben Beamtinnen wegen ihres Polizeidienstes öfter Probleme mit ihren konservativen Verwandten (Sputnik News 14.6.2016). Im Arbeitskontext sind Frauen von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen: so sind z. B. Polizistinnen massiven Belästigungen und auch Gewalttaten durch Arbeitskollegen oder im direkten Umfeld ausgesetzt (AA 9.2016; vergleiche auch: Sputnik News 14.6.2016).
Strafverfolgung und Unterstützung
Afghanistan verpflichtet sich in seiner Verfassung durch die Ratifizierung internationaler Konventionen und durch nationale Gesetze, die Gleichberechtigung und Rechte der Frauen zu achten und zu stärken. In der Praxis mangelt es jedoch oftmals an der praktischen Umsetzung dieser Rechte (AA 9.2016). Viele Frauen sind sich ihrer in der Verfassung garantierten, und auch gewisser vom Islam vorgegebener, Rechte nicht bewusst. Eine Verteidigung ihrer Rechte ist in einem Land, in dem die Justiz stark konservativ-traditionell geprägt und überwiegend von männlichen Richtern oder traditionellen Stammesstrukturen bestimmt wird, nur in eingeschränktem Maße möglich (AA 9.2016; vergleiche USDOS 13.4.2016). Staatliche Akteure aller drei Gewalten sind häufig nicht in der Lage oder auf Grund tradierter Wertevorstellungen und nicht gewillt, Frauenrechte zu schützen. Gesetze zum Schutz und zur Förderung der Rechte von Frauen werden nur langsam umgesetzt. Das Personenstandsgesetz enthält diskriminierende Vorschriften für Frauen, insbesondere in Bezug auf Heirat, Erbschaft und Beschränkung der Bewegungsfreiheit (AA 9.2016)
Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte, sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht, nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen (AA 9.2016). Gleichzeitig führt aber eine erhöhte Sensibilisierung auf Seiten der afghanischen Polizei und Justiz zu einer sich langsam, aber stetig verbessernden Lage der Frauen in Afghanistan. Insbesondere die Schaffung von auf Frauen spezialisierte Staatsanwaltschaften in einigen Provinzen, hatte positive Auswirkungen (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016). In der patriarchalischen Gesellschaft Afghanistans trauen sich Frauen selbst oftmals nicht, an Polizisten zu wenden (Sputnik News 14.6.2016).
Anlässlich des dritten "Symposium on Afghan Women's Empowerment" im Mai 2016 in Kabul bekräftigte die afghanische Regierung auf höchster Ebene den Willen zur weiteren Umsetzung. Inwieweit sich dies in das System an sich und bis in die Provinzen fortsetzt, ist zumindest fraglich (AA 9.2016).
Das EVAW-Gesetz wurde durch ein Präsidialdekret im Jahr 2009 eingeführt (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: AA 9.2016; UN Women 2016); und ist eine wichtige Grundlage für den Kampf gegen Gewalt gegen Frauen - inklusive der weit verbreiteten häuslichen Gewalt. Dennoch ist eine Verabschiedung des EVAW-Gesetzes durch beide Parlamentskammern noch ausständig und birgt die Gefahr, dass die Inhalte verwässert werden (AA 9.2016). Das Gesetz kriminalisiert Gewalt gegen Frauen, inklusive Vergewaltigung, Körperverletzung, Zwangsverheiratung bzw. Kinderheirat, Erniedrigung, Einschüchterung und Entzug des Erbes, jedoch war die Umsetzung eingeschränkt. Im Falle von Vergewaltigung sieht das Gesetz eine Haftstrafe von 16-20 Jahren vor. Sollte die Vergewaltigung mit dem Tod eines Opfers enden, sieht das Gesetz die Todesstrafe für den Täter vor. Der Straftatbestand der Vergewaltigung beinhaltet nicht Vergewaltigung in der Ehe. Das Gesetz wurde nicht weitgehend verstanden und manche öffentliche und religiöse Gemeinschaften erachteten das Gesetz als unislamisch. Der politische Wille das Gesetz umzusetzen und seine tatsächliche Anwendung ist begrenzt (USDOS 13.4.2016). Außerhalb der Städte wird das EVAW-Gesetz weiterhin nur unzureichend umgesetzt (AA 9.2016). Laut Angaben von Human Rights Watch, verabsäumte die Regierung Verbesserungen des EVAW-Gesetzes durchzusetzen. Die Regierung verabsäumt ebenso die Verurteilung sogenannter Moral-Verbrechen zu stoppen, bei denen Frauen, die häuslicher Gewalt und Zwangsehen entfliehen, zu Haftstrafen verurteilt werden (HRW 27.1.2016). Die Regierung registrierte 5.406 Fälle von Gewalt an Frauen, 3.715 davon wurden unter dem EVAW-Gesetz eingebracht (USDOS 13.4.2016). Einem UNAMA-Bericht zufolge, werden 65% der Fälle, die unter dem EVAW-Gesetz eingebracht werden (tätlicher Angriff und andere schwerwiegende Misshandlungen) durch Mediation gelöst, während 5% strafrechtlich verfolgt werden (HRW 27.1.2016).
Die erste EVAW-Einheit (Law on the Elimination of Violence Against Women) wurde im Jahre 2010 durch die afghanische Generalstaatsanwaltschaft initiiert und hat ihren Sitz in Kabul (USDOS 13.4.2016). Die Generalstaatsanwaltschaft erhöhte weiterhin die Anzahl der EVAW-Einheiten. Mit Stand September 2015 existieren sie mittlerweile in 20 Provinzen. In anderen Provinzen wurde Staatsanwälten durch die Generalstaatsanwaltschaft Fälle zur Behandlung zugeteilt. Im März hielt das Büro der Generalstaatsanwaltschaft das erste nationale Treffen von EVAW-Staatsanwälten ab, um die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen EVAW-Einheiten in den Provinzen zu fördern und gemeinsame Probleme zu identifizieren (USDOS 13.4.2016). Ein im April veröffentlichter Bericht der UNAMA zu Erfahrungen von 110 rechtssuchenden Frauen im Justizsystem; zeigte, dass sich die Effektivität der Einheiten stark unterschied, diese aber dennoch Frauen, die Gewalt erlebt hatten, ermutigten ihre Fälle zu verfolgen (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: UNAMA 4.2015).
Der UN-Sonderberichterstatter zu Gewalt an Frauen berichtet von Frauen in Afghanistan, die das formelle Justizsystem als unzugänglich und korrupt bezeichnen; speziell dann wenn es um Angelegenheiten geht, die die Rechte von Frauen betreffen - sie bevorzugen daher die Mediation (USDOS 13.4.2016).
Die unabhängige afghanische Menschenrechtskommission (Afghanistan Independent Human Rights Commission - AIHRC), veröffentlichte einen Bericht, der 92 Ehrenmorde auflistete (Berichtszeitraum: März 2014 - März 2015), was eine Reduzierung von 13% gegenüber dem Vorjahr andeutete. Diesem Bericht zufolge wurden auch 67% der Täterbei Vergewaltigung oder Ehrenmord verhaftet; 60% wurden verurteilt und bestraft (USDOS 13.4.2016).
Wenn Justizbehörden das EVAW-Gesetz beachten, war es Frauen in manchen Fällen möglich angemessene Hilfe zu erhalten. Staatsanwält/innen und Richter/innen in abgelegenen Provinzen ist das EVAW-Gesetz oft unbekannt, andere werden durch die Gemeinschaft unter Druck gesetzt um Täter freizulassen. Berichten zufolge, geben Männer, die der Vergewaltigung bezichtigt werden, oft an, das Opfer hätte dem Geschlechtsverkehr zugestimmt, was zu "Zina"-Anklagen gegen die Opfer führt (USDOS 13.4.2016).
Im Juni 2015 hat die afghanische Regierung den Nationalen Aktionsplan für die Umsetzung der VN-SR-Resolution 1325 auf den Weg gebracht (AA 9.2016; vergleiche auch: HRW 12.1.2017). Dennoch war bis November 2016 kein finales Budget für den Umsetzungsplan aufgestellt worden (HRW 12.1.2017).
Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung
Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzungen und Misshandlungen über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigungen und Mord (AA 9.2016). In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 dokumentierte die AIHRC 2.621 Fälle häuslicher Gewalt - in etwa dieselbe Zahl wie im Jahr 2015; obwohl angenommen wird, die eigentliche Zahl sei viel höher (HRW 12.1.2017). Die AIHRC berichtet von mehr als 4.250 Fällen von Gewalt an Frauen, die in den ersten neun Monaten des afghanischen Jahres (beginnend März 2015) gemeldet wurden (USDOS 13.4.2016). Diese Fälle beinhalten unterschiedliche Formen von Gewalt: physische, psychische, verbale, sexuelle und wirtschaftliche. In den ersten sechs Monaten des Berichtszeitraumes wurden 190 Frauen und Mädchen getötet; in 51 Fällen wurde der Täter verhaftet (Khaama Press 23.3.2016).
Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen. Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (kein Straftatbestand, aber oft als Versuch der zina gewertet) (AA 9.2016).
Ehrenmorde
Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, wenn sie vor Zwangsverheiratung davonlaufen oder Opfer eines sexuellen Übergriffs werden. Die AIHRC gab bekannt, zwischen März 2014 und März 2015 92 Ehrenmorde registriert zu haben (USDOS 13.4.2016).
Afghanische Expert/innen sind der Meinung, dass die Zahl der Mordfälle an Frauen und Mädchen viel höher ist, da sie normalerweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Grund dafür ist Misstrauen in das juristische System durch einen Großteil der afghanischen Bevölkerung (Khaama Press 23.3.2016).
Legales Heiratsalter:
Das Zivilgesetz Afghanistans definiert für Mädchen 16 Jahre und für Burschen 18 Jahre als das legale Mindestalter für Vermählungen (Girls not brides 2016). Ein Mädchen, welches jünger als 16 Jahre ist, kann mit der Zustimmung eines Vormunds oder eines zuständigen Gerichtes heiraten. Die Vermählung von Mädchen unter 15 Jahren ist auch weiterhin üblich (USDOS 13.4.2016). Die UN und HRW schätzen die Zahl der Zwangsehen auf 70% (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: AA 9.2016).
In Fällen von Gewalt oder unmenschlicher traditioneller Praktiken laufen Frauen oft von zu Hause weg, oder verbrennen sich sogar selbst (USDOS 13.4.2016). Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (AA 9.2016).
Frauenhäuser
USDOS zählt 28 formelle Frauenhäuser- um einige Frauen vor Gewalt durch die Familien zu schützen, nahmen die Behörden diese in Schutzhaft. Die Behörden wandten die Schutzhaft auch dann an, wenn es keinen Platz in Frauenhäusern gab (USDOS 13.4.2016).
Weibliche Opfer von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung oder Zwangsehe sind meist auf Schutzmöglichkeiten außerhalb der Familie angewiesen, da die Familie oft (mit-)ursächlich für die Notlage ist. Landesweit gibt es in den großen Städten Frauenhäuser, deren Angebot sehr oft in Anspruch genommen wird. Manche Frauen finden vorübergehend Zuflucht, andere wiederum verbringen dort viele Jahre. Die Frauenhäuser sind in der afghanischen Gesellschaft höchst umstritten, da immer wieder Gerüchte gestreut werden, diese Häuser seien Orte für unmoralische Handlungen und die Frauen in Wahrheit Prostituierte. Sind Frauen erst einmal im Frauenhaus untergekommen, ist es für sie sehr schwer, danach wieder in ein Leben außerhalb zurückzufinden (AA 9.2016).
Die Schwierigkeit für eine nachhaltige Lösung für Frauen, war der soziale Vorbehalt gegen Frauenhäuser, nämlich der Glaube, das "Weglaufen von zu Hause" sei eine ernsthafte Zuwiderhandlung gegen gesellschaftliche Sitten. Frauen, die vergewaltigt wurden, wurden von der Gesellschaft als Ehebrecherinnen angesehen (USDOS 13.4.2016).
Berichten zufolge, würde das MoWA, aber auch NGOs, versuchen Ehen für Frauen zu arrangieren, die nicht zu ihren Familien zurückkehren konnten (USDOS 13.4.2016).
Medizinische Versorgung - Gynäkologie
Das Recht auf Familienplanung wird von wenigen Frauen genutzt. Auch wenn der weit überwiegende Teil der afghanischen Frauen Kenntnisse über Verhütungsmethoden hat, nutzen nur etwa 22 % (überwiegend in den Städten und gebildetere Schichten) die entsprechenden Möglichkeiten. Viele Frauen gebären Kinder bereits in sehr jungem Alter (AA 9.2016).
Weibliche Genitalverstümmelung ist in Afghanistan nicht üblich (AA 9.2016)
Kinder
Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. So werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult. Mädchen waren unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen (AA 9.2016). Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen (USAID 19.12.2016). Der Anteil der Mädchen nimmt jedoch mit fortschreitender Klassen- und Bildungsstufe ab. Aber auch geografisch gibt es Unterschiede. Den geringsten Mädchen-Anteil findet man im Süden und Südwesten des Landes (Helmand, Uruzgan, Zabul und Paktika) (AA 9.2016).
Der gewaltfreie Umgang mit Kindern hat sich in Afghanistan noch nicht als Normalität durchsetzen können. Körperliche Züchtigung und Übergriffe im familiären Umfeld, in Schulen oder durch die afghanische Polizei sind verbreitet. Dauerhafte und durchsetzungsfähige Mechanismen seitens des Bildungsministeriums, das Gewaltpotenzial einzudämmen, gibt es nicht. Gerade in ländlichen Gebieten gehört die Ausübung von Gewalt zu den gebräuchlichen Erziehungsmethoden an Schulen. Das Curriculum für angehende Lehrer beinhaltet immerhin Handreichungen zur Vermeidung eines gewaltsamen Umgangs mit Schülern (AA 9.2016).
Bacha Bazi (Bacha Bazi) - Tanzjungen
In weiten Teilen Afghanistans, vor allem in den Rängen von Armee und Polizei, aber nicht nur dort, ist der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nach wie vor ein großes Problem. Das Thema ist gesellschaftlich tabuisiert und wird nicht selten unter dem Deckmantel kultureller Gepflogenheiten ("Bacha Bazi", so genannte "Tanzjungen") verschwiegen oder verharmlost (AA 9.2016). Üblicherweise sind die Jungen zwischen 10 und 18 Jahre alt (SBS 20.12.2016; vergleiche auch: AA 9.2016); viele von ihnen werden weggeben, sobald sie erste Anzeichen eines Bartes haben (SBS 21.12.2016). Viele der Jungen wurden entführt und manchmal werden sie von ihren Familien, aufgrund von Armut, an die Täter verkauft (SBS 20.12.2016; vergleiche auch: AA 9.2016).
Die afghanische Menschenrechtskommission AIHRC hat sich 2014 mit einer nationalen Studie des Themas angenommen. Ein Großteil der Täter hat keinerlei Unrechtsbewusstsein. Die Jungen werden oft weiter gehandelt oder auch getötet. Die Jungen und ihre Familien werden oft von ihrer sozialen Umgebung verstoßen; eine polizeiliche Aufklärung findet nicht statt. (AA 9.2016)
Das von der AIHRC geleitete Komitee zum Thema Bacha Bazi, reichte beim Justizministerium einen Gesetzesentwurf ein, um diese Praxis zu kriminalisieren. Nach intensiver medialer Auseinandersetzung über vermeintliche Misshandlungen durch afghanische Sicherheitskräfte, ordnete der Präsident am 23. September 2015, die Schaffung einer Organisation - bestehend aus dem Büro der Generalstaatsanwaltschaft, dem Innenministerium und der AIHRC - um sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen (UN GASC 10.12.2015).
Die UNAMA unterstütze weiterhin Bemühungen der AIHRC Bacha Bazi, und andere Formen sexuellen Missbrauchs, vorzubeugen und zu kriminalisieren: sie drängte die afghanische Regierung Bacha Bazi zu kriminalisieren, indem die von einer Kommission entworfenen und vorgeschlagenen Gesetze, durch ein Präsidialdekret bestätigt werden sollen. Derzeit gibt es sehr wenige Leistungen und Unterstützungsmechanismen für Opfer von Bacha Bazi - oftmals werden sie selbst bestraft (UNAMA 6.2.2017).
Kinderarbeit
Das Arbeitsgesetz in Afghanistan setzt das Mindestalter für Arbeit mit 18 Jahren fest, erlaubt 14 -Jährigen als Lehrlinge zu arbeiten, sowie 15-Jährigen (und älter) "einfache Arbeit" zu verrichten. Ebenso dürfen 16- und 17-Jährige bis zu 35 Stunden pro Woche arbeiten. Unter 14-Jährigen ist es unter gar keinen Umständen erlaubt zu arbeiten. Das Arbeitsgesetz verbietet die Anstellung von Kindern in Bereichen, die ihre Gesundheit gefährden. In Afghanistan existiert eine Liste, die gefährliche Jobs definiert - dazu zählen:
Arbeit in Bergbau, Betteln, Abfallentsorgung und Müllverbrennung, arbeiten an Schmelzöfen, sowie großen Schlachthöfen, arbeiten mit Krankenhausabfall oder Drogen, arbeiten als Sicherheitspersonal und Arbeit im Kontext von Krieg (USDOS 13.4.2016).
Afghanistan hat die Konvention zum Schutze der Kinder ratifiziert. Kinderarbeit ist in Afghanistan somit offiziell verboten. Dennoch haben im Jahr 2014 laut AIHRC (Children's Situation Summary Report vom 14. Dezember 2014) 51,8% der Kinder auf die ein oder andere Weise gearbeitet. Viele Familien sind auf die Einkünfte, die ihre Kinder erwirtschaften, angewiesen. Daher ist die konsequente Umsetzung eines Kinderarbeitsverbots schwierig. Es gibt allerdings Programme, die es Kindern erlauben sollen, zumindest neben der Arbeit eine Schulausbildung zu absolvieren. Auch ein maximaler Stundensatz und Maßnahmen zum Arbeitsschutz (wie z. B. das Tragen einer Schutzmaske beim Teppichknüpfen) wurden gesetzlich geregelt. Der Regierung fehlt es allerdings an durchsetzungsfähigen Überprüfungsmechanismen dieser gesetzlichen Regelungen. 6,5 Millionen Kinder gelten als Gefahren ausgesetzt (AA 9.2016). Allgemein kann gesagt werden, dass schwache staatliche Institutionen die effektive Durchsetzung des Arbeitsrechts hemmen und die Regierung zeigt nur geringe Bemühungen, Kinderarbeit zu verhindern oder Kinder aus ausbeuterischen Verhältnissen zu befreien (USDOS 13.4.2016).
Kinderarbeit bleibt ein tiefgreifendes Problem. Das Arbeitsministerium verweigerte Schätzungen zu den Zahlen der arbeitenden Kinder in Afghanistan und begründete dies mit fehlenden Daten und Mängeln bei der Geburtenregistrierung. Dies schränkte, die ohnehin schwachen Kapazitäten der Behörden bei der Durchsetzung des Mindestalters für Arbeit ein. Berichten zufolge, wurden weniger als 10% der Kinder bei Geburt registriert. In einem Bericht der AIHRC, gaben 22% der Befragten an, arbeitende Kinder zu haben. Kinder sind bei der Arbeit einer Anzahl von Gesundheits- und Sicherheitsrisiken ausgesetzt; Berichte existieren wonach Kinder sexuellem Missbrauch durch erwachsene Arbeiter ausgesetzt waren (USDOS 13.4.2016).
Das Gesetz besagt, dass die Verhaftung eines Kindes als letztes Mittel und nur für die kürzest mögliche Zeit vorgenommen werden soll. Berichten zufolge mangelt es Kinder in Jugendhaftanstalten landesweit an Zugang zu adäquatem Essen, Gesundheitsvorsorge und Bildung. Verhafteten Kindern wurden oftmals Basisrechte wie z.B. die Unschuldsvermutung, das Recht auf einen Anwalt, oder das Recht auf Information über die Haftgründe usw., sowie das Recht nicht zu einem Geständnis gezwungen zu werden, verwehrt. Das Gesetz sieht eine eigene Jugendgerichtsbarkeit vor, limitierte Ressourcen ermöglichten bisher aber nur Jugendgerichte in sechs Gebieten: Kabul, Herat, Balkh, Kandahar, Jalalabad und Kunduz. In anderen Provinzen, in denen keine speziellen Gerichte existieren, fallen Kinder unter die Zuständigkeit allgemeiner Gerichte. In manchen Fällen nahmen die Behörden die Opfer, als zu bestrafende wahr, da sie Schande über die Familie gebracht haben, indem sie Missbrauch anzeigten. In manchen Fällen wurden misshandelte Kinder von den Behörden verhaftet, wenn sie nicht zu ihren Familien zurückgebracht werden konnten und keine anderen Zufluchtsstätten existierten. Auch gab es Vorwürfe wonach die Behörden Kinder oft stellvertretend für verwandte Täter verhafteten (USDOS 13.4.2016).
Bildungssystem in Afghanistan
In Afghanistan gibt es zwei parallele Bildungssysteme. Religiöse Bildung liegt in der Verantwortung des Klerus in den Moscheen, während die Regierung kostenfreie Bildung an staatlichen Einrichtungen bietet. Im Alter von 7 bis 13 Jahren gehen die Schüler in die Primärschule. Darauf folgen 3 Jahre Mittelschule. Studieninteressenten müssen am Ende dieses Abschnitts ein Examen bestehen. In der Sekundarschule haben die Schüler/innen die Wahl entweder für 3 weitere Jahre den akademischen Weg einzuschlagen, welcher weiter zur Universität führen kann; oder Themen wie angewandte Landwirtschaft, Luftfahrt, Kunst, Handel etc. zu lernen. Beide Programme enden mit einem "Bacculuria"-Examen. Aus- und Weiterbildung: Bildungseinrichtungen umfassen auch Berufsschulen, technische Hochschulen und tertiäre Institute wie das Kabul Polytechnic Institute. Viele Einrichtungen, unter der Leitung des Ministeriums für Arbeit und Soziales, bieten Trainings an. Auch das Ministerium für Bildung betreibt eine Abteilung für Weiterbildung (41 Schulen), die Unterstützung bieten. Diese fokussieren sich hauptsächlich auf Mechanik, Tischlerei, Sanitär, Metallarbeiten, Friseur, Schneiderei und Bürotätigkeiten. Öffentliche Schulen und Kindergärten sind bis zum Universitätslevel kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten müssen bezahlt werden.
Kinderbetreuung: Es gibt einige staatlich finanzierte und verwaltete Kindergärten. Diese gewähren Kindern von Mitarbeiter/innen kostenfreien Zugang (IOM 2016).
Viele Kinder sind unterernährt. Ca. 10% (laut offizieller Statistik 91 von 1.000, laut Weltbank 97 von 1.000) der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag. Straßenkinder gehören zu den am wenigsten geschützten Gruppen Afghanistans und sind jeglicher Form von Missbrauch und Zwang ausgesetzt (AA 9.2016).
1.3.2. Auszug aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016:
"[...] 7. Frauen mit bestimmten Profilen oder unter bestimmten Bedingungen lebende Frauen
Die Regierung hat seit 2001 einige wichtige Schritte zur Verbesserung der Situation der Frauen im Land unternommen, darunter die Aufnahme internationaler Standards zum Schutz der Rechte der Frauen in die nationale Gesetzgebung, insbesondere durch Verabschiedung des Gesetzes über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (EVAW-Gesetz), den Erlass von Maßnahmen zur Stärkung der politischen Teilhabe von Frauen und die Einrichtung eines Ministeriums für Frauenangelegenheiten.
Die Verbesserungen der Situation von Frauen und Mädchen blieben jedoch Berichten zufolge marginal und Afghanistan wird weiterhin als ‚sehr gefährliches' Land für Frauen und Mädchen betrachtet. Fortschritte, die in der Vergangenheit in Hinblick auf die Menschenrechte von Frauen erzielt wurden, wurden teilweise durch die Verschlechterung der Sicherheitslage in einigen Teilen des Landes zunichte gemacht. Die tief verwurzelte Diskriminierung von Frauen bleibt endemisch. Berichten zufolge ist Gewalt gegen Frauen und Mädchen nach wie vor weit verbreitet und nimmt weiter zu. Es wird berichtet, dass derartige Gewaltakte üblicherweise straflos bleiben. Für Frauen ist die vollständige Wahrnehmung ihrer wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte nach wie vor mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Trotz einiger Fortschritte sind Frauen überproportional von Armut, Analphabetismus und schlechter Gesundheitsversorgung betroffen.
Beobachter berichten, dass Gesetze zum Schutz von Frauenrechten weiterhin nur langsam umgesetzt werden, dies betrifft insbesondere die Umsetzung des Gesetzes über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (EVAW-Gesetz). Das im August 2009 verabschiedete Gesetz stellt 22 gegen Frauen gerichtete gewalttätige Handlungen und schädliche traditionelle Bräuche, einschließlich Kinderheirat, Zwangsheirat sowie Vergewaltigung und häusliche Gewalt, unter Strafe und legt die Bestrafung der Täter fest. Den Behörden fehlt Berichten zufolge der politische Wille, das Gesetz umzusetzen. Dementsprechend wird es Berichten zufolge nicht vollständig durchgesetzt, insbesondere nicht in ländlichen Gebieten. Die überwiegende Mehrheit der Fälle der gegen Frauen gerichteten Gewaltakte, einschließlich schwerer Straftaten gegen Frauen, wird immer noch nach traditionellen Streitbeilegungsmechanismen statt wie vom Gesetz vorgesehen strafrechtlich verfolgt. UNAMA berichtet, dass sowohl die afghanische nationale Polizei (ANP) als auch die Staatsanwaltschaften zahlreiche Fälle, einschließlich schwerwiegender Straftaten, an jirgas und shuras zum Zweck der Beratung oder Entscheidung weiterleiten und dadurch die Umsetzung des Gesetzes über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen (EVAW-Gesetz) unterminieren und die Praktizierung schädlicher traditioneller Bräuche fördern. Durch Entscheidungen gemäß diesen Mechanismen sind Frauen und Mädchen der Gefahr weiterer Schikanierung und Ausgrenzung ausgesetzt.
Das schiitische Personenstandsgesetz, das Familienangelegenheiten wie Heirat, Scheidung und Erbrecht für Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft regelt, enthält mehrere diskriminierende Bestimmungen für Frauen, insbesondere in Bezug auf Vormundschaft, Erbschaft, Ehen von Minderjährigen und Beschränkungen der Bewegungsfreiheit außerhalb des Hauses.
Während die in diesem Abschnitt beschriebenen Menschenrechtsprobleme Frauen und Mädchen im gesamten Land betreffen, gibt die Situation in Gebieten, die tatsächlich von regierungsfeindlichen Kräften (AGEs) kontrolliert werden, Anlass zu besonderer Sorge.
Regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) haben Berichten zufolge in diesen Gebieten die Rechte von Mädchen und Frauen in schwerwiegender Weise beschnitten, darunter ihr Recht auf Bewegungsfreiheit und politische Partizipation. Außerdem besteht in von regierungsfeindlichen Kräften (AGEs) kontrollierten Gebieten eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass Frauen besonderen Schwierigkeiten beim Zugang zur Justiz ausgesetzt sind und ihnen keine wirksamen Rechtsmittel gegen die Verletzung ihrer Rechte zur Verfügung stehen. Die von den regierungsfeindlichen Kräften (AGEs) in den von ihnen kontrollierten Gebieten betriebene Paralleljustiz verletzt Berichten zufolge tatsächlich regelmäßig die Rechte von Frauen.
[...]
Zwangsrekrutierung durch regierungsfeindliche Kräfte (AGEs)
Regierungsfeindliche Kräfte nutzen in Gebieten, in denen sie die tatsächliche Kontrolle über das Territorium und die Bevölkerung ausüben, Berichten zufolge verschiedene Methoden zur Rekrutierung von Kämpfern, einschließlich Maßnahmen unter Einsatz von Zwang. Personen, die sich der Rekrutierung widersetzen, sind Berichten zufolge ebenso wie ihre Familienmitglieder gefährdet, getötet oder bestraft zu werden.
Regierungsfeindliche Kräfte rekrutieren, wie berichtet wird, weiterhin Kinder - sowohl Jungen als auch Mädchen - um sie für Selbstmordanschläge, als menschliche Schutzschilde oder für die Beteiligung an aktiven Kampfeinsätzen einzusetzen, um Sprengsätze zu legen, Waffen und Uniformen zu schmuggeln und als Spione, Wachposten oder Späher für die Aufklärung zu dienen.
[...]
Zusammenfassung
Im Licht der oben beschriebenen Umstände ist UNHCR der Ansicht, dass - je nach den spezifischen Umständen des Einzelfalls - für Männer im wehrfähigen Alter und für Minderjährige, die in Gebieten leben, die sich unter der tatsächlichen Kontrolle der regierungsfeindlichen Kräfte befinden, oder in denen regierungsnahe und regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) und/oder mit ISIS verbundene bewaffnete Gruppen um Kontrolle kämpfen, ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus anderen relevanten Gründen bestehen kann. Je nach den spezifischen Umständen des Einzelfalls kann für Männer im wehrfähigen Alter und für Kinder, die in Gebieten leben, in denen Befehlshaber der afghanischen lokalen Polizei (ALP) über eine hinreichende Machtstellung für die Zwangsrekrutierung von Mitgliedern der Gemeinden für die afghanische lokale Polizei (ALP) verfügen, ebenfalls Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus anderen relevanten Gründen bestehen. Für Männer im wehrfähigen Alter und für Kinder, die sich der Zwangsrekrutierung widersetzen, kann ebenfalls Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund ihrer (zugeschriebenen) politischen Überzeugung oder aus anderen relevanten Gründen bestehen. Je nach den spezifischen Umständen des Falls kann auch für Familienangehörige von Männern und Kindern mit diesem Profil aufgrund ihrer Verbindung zu der gefährdeten Person internationaler Schutzbedarf bestehen."
1.3.3. Auszug aus der Anfragebeantwortung von ACCORD vom 12.06.2015 betreffend die Situation für AfghanInnen (insbesondere Hazara), die ihr ganzes Leben im Iran verbracht haben und dann nach Afghanistan kommen (u.a. mögliche Ausgrenzung oder Belästigungen) sowie das Verhalten der Taliban gegenüber Hazara, die aus dem Iran zurückkehren (a-9219):
"[...]
[...] Darin gehen die Autoren auf die Motivationen und die Lage von afghanischen Flüchtlingen im Iran ein, die nach Afghanistan zurückkehren. Wie der Artikel anführt, würden RückkehrerInnen bei ihrer Ankunft in Afghanistan nach einer Abwesenheit von sieben bis 30 Jahren bemerken, dass sie weitgehend von den Verwandtschafts-, Geschäfts- und Patronage-Beziehungen, die sich in den vergangenen zehn Jahren entwickelt hätten, ausgeschlossen seien. So würden RückkehrerInnen beispielsweise berichten, dass sie keine Jobs über Verwandte oder Freunde bekommen könnten, da sie keinem Patronage-Netzwerk mit Zugang zu Ressourcen angehören würden. Dies führe nicht nur dazu, dass ihr neues Leben wirtschaftlich unhaltbar sei, sondern auch zu vielen Anzeichen einer Identitätskrise bei den RückkehrerInnen. Nach ihrer Rückkehr nach Afghanistan seien sie Fremde im eigenen Land, die Mühe hätten, ihre schwachen sozialen Beziehungen, die sich weder materiell auszahlen noch Schutz bieten würden, neu zu beleben [...]
Die Afghanistan Research and Evaluation Unit (AREU), eine unabhängige Forschungsorganisation mit Sitz in Kabul, geht in einem Bericht vom Juli 2009 auf die Erfahrungen junger AfghanInnen bei ihrer Rückkehr aus Pakistan und dem Iran ein. Wie der Bericht anführt, sei die soziale Ablehnung durch AfghanInnen, die während der Konfliktjahre in Afghanistan geblieben seien, eine schwierige Erfahrung für einige RückkehrerInnen der zweiten Generation gewesen. Es gebe zwei wichtige Gründe, warum Flüchtlinge der zweiten Generation bei ihrer Rückkehr in ihr Heimatland mit dieser sozialen Exklusion konfrontiert seien: Zum einen könnten einige Flüchtlinge als "Eindringlinge" in die afghanische Gesellschaft angesehen werden, zum zweiten könnte es sich um das erste Mal handeln, dass sie als AfghanInnen mit tiefgreifenden ethnischen und Stammes-Unterschieden unter ihren Landsleuten konfrontiert würden. Rund ein Viertel der befragten RückkehrerInnen, die meisten aus dem Iran, aber auch einige aus Pakistan, hätten berichtet, dass sie bzw. Familienangehörige oder Freunde von anderen AfghanInnen wegen ihrer Rückkehr aus einem anderen Land geächtet worden seien. Bei den RückkehrerInnen, die dies berichtet hätten, habe es sich vor allem um alleinstehende, gebildete und weibliche Personen gehandelt. Zurückgekehrte Frauen seien relativ einfach anhand ihrer Kleidung auszumachen und ihre Erscheinung und ihr Verhalten könnten im Widerspruch zu den lokalen kulturellen Erwartungen und sozialen Codes stehen. Bei diesen RückkehrerInnen handle es sich eindeutig um "AußenseiterInnen", die leichte Ziele für Schikanierungen seitens anderer AfghanInnen darstellen würden. Insbesondere dann, wenn Flüchtlinge der zweiten Generation sich sehr stark in die pakistanische oder iranische Lebensweise integriert hätten und nicht wüssten, was für AfghanInnen "normal" sei, bzw. sich nicht dementsprechend verhalten könnten, könnten sie als "verwöhnt", "Nichtstuer" oder "nicht afghanisch" betrachtet werden.
Im Großen und Ganzen scheine es eine generelle negative Einstellung gegenüber einigen RückkehrerInnen zu geben, denen von einigen in Afghanistan verbliebenen Personen vorgeworfen werde, ihr Land im Stich gelassen zu haben, dem Krieg entflohen zu sein und im Ausland ein wohlhabendes Leben geführt zu haben. Einer der Gründe für diese Vorwürfe sei Angst im Zusammenhang mit der Konkurrenz um Ressourcen. RückkehrerInnen der zweiten Generation, bei denen es wahrscheinlich sei, dass sie sich in einer besseren sozioökonomischen Lage befinden würden als Personen, die in Afghanistan geblieben seien, würden von ihren Landsleuten, die ihr "Territorium" in den Bereichen Bildung, Arbeit, Eigentum und sozialer Status bedroht sehen würden, manchmal als unerwünschte Eindringlinge angesehen. Darüber hinaus scheine es eine stereotype Wahrnehmung von zurückgekehrten Mädchen und Frauen zu geben, wonach diese "freier" seien. Dies hänge mit der generellen Wahrnehmung der AfghanInnen von pakistanischen und iranischen Frauen zusammen. Afghanische Flüchtlinge der zweiten Generation würden diese Frauen oftmals als "freier" ansehen, sowohl in negativer (z.B. Scham in Verbindung mit einem weniger moralischen Verhalten) als auch in positiver Hinsicht (z.B. besserer Zugang zu Bildung und Arbeit). Die jungen RückkehrerInnen, die in Pakistan und im Iran aufgewachsen seien, würden von den in Afghanistan Verbliebenen ähnlich betrachtet. Wie der Bericht weiters anführt, werde Diskriminierung aus ethnischen, religiösen und politischen Gründen von Flüchtlingen der zweiten Generation noch intensiver erlebt als von Flüchtlingen der ersten Generation oder AfghanInnen, die bereits Erfahrungen in Afghanistan gemacht hätten und sich dieser Realität bewusster seien [...]
In einem im Februar 2011 von den beiden Denkfabriken Middle East Institute (MEI) und Fondation pour la Recherche Stratégique (FRS) veröffentlichten Bericht geht Bruce Koepke, der aktuell beim Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) tätig ist und zuvor für die Unterstützungsmission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UN Assistance Mission in Afghanistan, UNAMA) in Nordafghanistan, Kabul und Teheran gearbeitet hat, auf die Lage von AfghanInnen im Iran ein. Wie Koepke anführt, habe der Umstand, dass die Mehrheit der im Iran geborenen AfghanInnen, vor allem Dari-/Farsi-sprechende sunnitische TadschikInnen und schiitische Hazara, über Schule und Arbeit die iranische Kultur und Lebensweise aufgenommen habe, ihre kulturelle Anpassung erleichtert. Gleichzeitig werde dadurch aber auch ihre Repatriierung erschwert. Für viele sei die Vorstellung, in ländliche Gebiete Afghanistans zurückzukehren, die meist ("most commonly") nur ein sehr grundlegendes Maß an Infrastruktur, sozialen Diensten und Beschäftigungsmöglichkeiten bieten würden, beängstigend. Darüber hinaus seien im Iran ausgebildete AbsolventInnen bei ihrer Rückkehr nach Afghanistan nicht selten mit unterschiedlich stark ausgeprägten Vorurteilen konfrontiert [...]
[...] Wie Nawa anführt, würden diese AfghanInnen die Identität Afghanistans ändern und das Land iranischer machen. Diese Änderungen hätten zu Spannungen zwischen AfghanInnen, die das Land nie verlassen hätten, und den afghanischen RückkehrerInnen geführt. Den qualifizierten RückkehrerInnen werde übel genommen, dass sie bessere Jobs bei Hilfsorganisationen und der afghanischen Regierung bekommen würden. Konservative Personen würden die afghanischen Frauen, die im Iran aufgewachsen seien, verachten, da diese liberaler und mutiger erscheinen würden. Wie Nawa weiter anführt, würden Hazara, bei denen es sich historisch betrachtet um die ärmste der Minderheiten in Afghanistan gehandelt habe, reicher, gebildeter und geeint zurückkehren.
Dem Artikel zufolge würden die RückkehrerInnen als "Afghan-e badal" oder falsche AfghanInnen bezeichnet. Nur wenige von ihnen hätten politische Verbindungen in den Iran, aber aufgrund ihrer Zeit im Iran seien sie in den Augen der AfghanInnen, die das Land nicht verlassen hätten, kulturell nicht authentisch und politisch verdächtig [...]
In einer im Jahr 2014 eingereichten Masterarbeit an der University of Ottawa geht Masuma Moravej auf die Situation junger afghanischer Flüchtlinge, die aus dem Iran nach Afghanistan zurückkehren, ein. Unter anderem basiert die Arbeit auf Angaben von zwölf afghanischen RückkehrerInnen in Kabul (im Alter zwischen 19 und 34, davon sechs Hazara), die sich bereit erklärten, mit der Autorin über ihre Erfahrungen zu sprechen. Wie Moravej anführt, habe es InterviewpartnerInnen gegeben, die sich diskriminiert und geringgeschätzt gefühlt und angegeben hätten, als "verwöhnt", "Nichtstuer" oder "nicht afghanisch" bezeichnet zu werden. Obwohl einige Interviewte der Aussage, es komme zu Diskriminierung, nicht zugestimmt hätten, habe ungefähr die gleiche Anzahl an Interviewten dieser Aussage beigepflichtet. Ausgrenzung aufgrund des Status eines/r Rückkehrers/Rückkehrerin sei nur eine der negativen Erfahrungen gewesen, die die InterviewpartnerInnen gemacht hätten. Eine weitere sei die Diskriminierung aufgrund persönlicher Merkmale (so wie Ethnie, Religion und Geschlecht) gewesen. Eine(r) der Interviewten habe mitgeteilt, dass man als RückkehrerIn aus dem Iran mit verschiedenen Arten von Diskriminierung und einem gewissen Grad an Stereotypisierung durch die lokale Gemeinschaft (andere AfghanInnen) konfrontiert werde. Deshalb müssten sich RückkehrerInnen mehr anstrengen, um bei der Arbeit oder in anderen Lebensbereichen erfolgreich zu sein. Drei Interviewte hätten angegeben, dass die BewohnerInnen Kabuls ihnen gegenüber ein unfreundliches Verhalten an den Tag gelegt hätten. Die BewohnerInnen hätten sie als OpportunistInnen und SchwindlerInnen angesehen, die während des Krieges geflüchtet und nun nach Afghanistan zurückgekehrt seien, um von der teilweise stabilisierten Lage im Land zu profitieren. Das Problem der ethnischen Diskriminierung sei von zehn der Interviewten genannt worden. So habe eine der Interviewten (eine Hazara) angegeben, dass sie im Iran wegen ihres Afghanisch-Seins beleidigt worden sei und nun in Kabul wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert werde. Wie Moravej anführt, hätten die den Hazara angehörenden Interviewten berichtet, mit einem größeren Ausmaß ethnischer Diskriminierung konfrontiert worden zu sein [...]
Der vom US-amerikanischen Kongress finanzierte Rundfunkveranstalter Radio Free Europe/Radio Liberty (RFE/RL) berichtet im Februar 2015, dass Bewaffnete zwei Busse mit 30 Hazara an Bord in der Provinz Zabul auf dem Highway zwischen Kandahar und Kabul aufgehalten hätten. Laut Angaben lokaler Behörden hätten die Bewaffneten die männlichen Hazara mitgenommen, während Frauen, Kinder und Personen, die nicht den Hazara angehört hätten, zurückgelassen worden seien. Es werde davon ausgegangen, so RFE/RL weiters, dass es sich bei den BusinsassInnen um afghanische Flüchtlinge gehandelt habe, die aus dem Iran zurückgekehrt seien. Keine Gruppe habe sich zu dieser Massenentführung bekannt [...]
In einer E-Mail-Auskunft vom 4. Juni 2015 schreibt Liza Schuster vom Institut für Soziologie an der City University London, die gegenwärtig als Gastwissenschaftlerin am Afghanistan Centre der Kabul University (ACKU) tätig ist, dass sie keine Studie kenne, die sich mit dieser konkreten Fragestellung beschäftige. Sie könne lediglich sagen, dass Hazara zur Zielscheibe würden und Hazara, die Zeit im Iran verbracht hätten, aufgrund ihres veränderten Akzents und ihrer Kleidung (vor allem Frauen, die kleinere Kopftücher und kurze Mäntel über enganliegenden Hosen tragen würden) hervorstechen würden. Die 31 Hazara, die vor kurzem in Zabul entführt worden seien, hätten sich auf dem Rückweg aus dem Iran befunden. Es sei allerdings nicht bekannt, ob das Motiv für die Tat die Annahme, die Entführten hätten Geld, ihre ethnische Zugehörigkeit zu den Hazara oder politische Gründe gewesen sei. Sie habe gehört, dass fünf der Entführten getötet und 26 im Austausch für die Freilassung von Taliban-Kämpfern freigelassen worden seien, so Schuster weiter [...]
In einer E-Mail-Auskunft vom 5. Juni 2015 schreibt Niamatullah Ibrahimi von der Australian National University, dessen Forschungsschwerpunkt auf politischen und Menschenrechtsthemen in Afghanistan liegt, dass die Behandlung eines Hazara, der aus dem Iran nach Afghanistan zurückkehre, von den individuellen Umständen abhängen könnte. Im Allgemeinen denke er, dass folgende Punkte berücksichtigt werden müssten:
Zum einen könnten Hazara, die längere Zeit im Iran verbracht hätten oder dort geboren seien, mit beträchtlichen Herausforderungen bei der Wiederansiedelung und Reintegration in Afghanistan konfrontiert sein. Es sei wahrscheinlich, dass die betreffende Person einen iranischen Akzent angenommen und einen städtischen und iranischen Lebensstil entwickelt habe und nur wenig über die sich schnell verändernden sozialen und sicherheitsrelevanten Dynamiken in Afghanistan wisse. Dies könnte die Person einer großen öffentlichen Aufmerksamkeit und Kontrolle aussetzen, was zu beträchtlichen Herausforderungen in Gebieten, die einem iranischen Einfluss feindlich gegenüberstehen würden, führen könnte.
Zum zweiten seien die Taliban dem Iran traditionell feindlich gesinnt und würden dazu tendieren, die religiösen und kulturellen Verbindungen der Hazara zum Iran mit Misstrauen zu betrachten. Während es einige Fraktionen innerhalb der Taliban gebe, die gemäßigtere Ansichten in Bezug auf den Iran und die Hazara haben könnten oder einem Angriff auf aus dem Iran zurückkehrende Hazara zu diesem Zeitpunkt keine Priorität einräumen würden, würden einige Taliban-Fraktionen gegenüber Hazara, die sie als eng mit dem Iran verbunden wahrnehmen würden, ein extremistischeres und gewalttätigeres Verhalten an den Tag legen [...]"
1.3.4. Auszug aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 16.03.2018 betreffend die Schulbildung von Mädchen in der Provinz Daikundi:
"[...] Verschiedene afghanischen Stellen berichten über einen Bestand von etwa 350 bis 400 Schulen in der Provinz Daikundi, während eine internationale Quelle 2017 die Existenz von lediglich 80 Bildungseinrichtungen in der Provinz anführt.
Der offizielle Anteil von Schülerinnen in der Provinz Daikundi lag gem. den nachfolgenden Angaben zufolge 2016 bei 44 Prozent [Anm. d.
Staatendokumentation: der landesweite Schnitt für Mädchen liegt bei 40 Prozent].
Nur sechs Prozent der Schulen in der Provinz Daikundi verfügen über angemessene Gebäude und Räumlichkeiten für eine Unterrichtsgestaltung. Auch herrscht ein Mangel an professionellem Lehrpersonal. Viele Familien versuchen aber trotz enormer Widerstände, ihren Töchtern eine gute Schulausbildung zukommen zu lassen. Auch wird über den Bau neuer Schulgebäude, wie auch die Existenz von Schulen für Mädchen in der Provinz Daikundi berichtet.
Human Rights Watch (HRW) führt im Oktober 2017 an, dass in Gebieten, welche unter der Kontrolle der Taliban stehen, von diesen die Ausbildungszeit der Mädchen entweder auf wenige Schuljahre beschränkt, oder ganz verboten wird. In umkämpften Gebieten sind Mädchen, welche eine Schule besuchen wollen, erhöhten Sicherheitsrisiken wie sexuellen Belästigungen, Entführungen und Säureangriffen sowie gezielten Angriffen und Drohungen gegen die Bildung von Mädchen im Allgemeinen ausgesetzt.
Trotzdem versuchen viele Familien - trotz dieser Risiken - ihren Töchtern Bildung zukommen zu lassen. HRW sprach mit Familien, die in andere Stadtteile und sogar in andere Teile des Landes gezogen sind, um eine Schule für ihre Töchter zu finden. Auch wird über Familien berichtet, welche sich getrennt haben damit den Mädchen das Studium ermöglicht werden kann. So wurden von älteren Brüdern gefährliche Reisen zum Zwecke eines illegalen Arbeitsaufenthaltes in den Iran unternommen, um die Ausbildungskosten für deren jüngere zu Hause gebliebene Schwestern zu verdienen. [...]
Human Rights Watch (HRW) führt im Oktober 2017 an, dass in Gebieten, welche unter der Kontrolle der Taliban stehen, von diesen die Ausbildungszeit der Mädchen entweder auf wenige Schuljahre beschränkt, oder ganz verboten wird. In umkämpften Gebieten sind Mädchen, welche eine Schule besuchen wollen, erhöhten Sicherheitsrisiken wie sexuellen Belästigungen, Entführungen und Säureangriffen sowie gezielten Angriffen und Drohungen gegen die Bildung von Mädchen im Allgemeinen ausgesetzt.
Trotzdem versuchen viele Familien - trotz dieser Risiken - ihren Töchtern Bildung zukommen zu lassen. HRW sprach mit Familien, die in andere Stadtteile und sogar in andere Teile des Landes gezogen sind, um eine Schule für ihre Töchter zu finden. Auch wird über Familien berichtet, welche sich getrennt haben damit den Mädchen das Studium ermöglicht werden kann. So wurden von älteren Brüdern gefährliche Reisen zum Zwecke eines illegalen Arbeitsaufenthaltes in den Iran unternommen, um die Ausbildungskosten für deren jüngere zu Hause gebliebene Schwestern zu verdienen. [...]
Die Naval Postgraduate School (NPS), eine Graduiertenschule mit Sitz in Monterey, Kalifornien, die von der United States Navy betrieben wird, listet im März 2017 insgesamt 80 Bildungseinrichtungen für die Provinz Daikundi [...]
Das Bildungsministerium der Islamischen Republik Afghanistan, das Ministry of Education (MoE), berichtet, dass in der Provinz 353 allgemeinbildende Schulen, sieben islamische Schulen, fünf technische und berufliche Institute und sieben Lehrerausbildungszentren bestehen. In Daikundi gibt es gemäß Angaben des Bildungsministeriums 160.121 Schüler und Schülerinnen (45 Prozent) im schulpflichtigen Alter.
Im Jahre 2013 wurden in den technischen und beruflichen Schulungszentren etwa 450 Schülerinnen ausgebildet. Ebenso profitierten rund 1.500 Studenten von der islamischen Bildung, 500 davon waren Studentinnen.
Daikundi hat 9 Distrikte, von denen die Distrikte Khader, Ashtarly und Kitti durch das GPE-Programm (Global Partnership for Education) abgedeckt sind. In diesen Distrikten werden derzeit 57.640 Kinder [Anm. d. Staatendokumentation: wie viele Kinder in den oben genannten drei Distrikten schulpflichtig sind konnte nicht erhoben werden] ausgebildet, davon insgesamt 24.992 Mädchen. Dabei werden durch das GPE-Programm derzeit folgende Bildungsangebote vermittelt:
1.888 Studenten werden in 81 gemeindebasierten Klassen ausgebildet. Davon sind 54 Prozent, also 1.025, Studentinnen.
849 Studierende erfahren Bildung in 30 sog. beschleunigten Lernklassen. 79 Prozent davon - oder 677 - sind weibliche Studierende. In 90 Moscheeklassen werden 2.480 Studenten gelehrt. Von diesen sind 1.220, also 49 Prozent weiblichen Geschlechts. [...]
Kabul Press, eines der meistgelesenen afghanischen Online-Nachrichtenportale berichtet im Mai 2016, dass zum Zeitpunkt der Herausbildung der Provinz im Jahre 2004 nur 15 Schulen bestanden haben. Mittlerweile gibt es mehr als 400 Schulen, welche in Grund-, Mittel- und Oberstufen aufgeteilt sind. 44 Prozent der Schüler Daikundis sind weiblich.
Viele der Schulen in Daikundi verfügen allerdings über keine Gebäude oder geeignete Schulinfrastruktureinrichtungen, sodass der Unterricht zum Teil in Zelten oder unter Bäumen abgehalten werden muss. Der Stellenwert von Bildung wird in dieser Gegend sehr hoch eingeschätzt, was auch in der Wahl der ersten Bürgermeisterin Afghanistans in der Provinzhauptstadt von Daikundi seinen besonderen Ausdruck findet.
Weiters nimmt die Zahl der StudentInnen aus Daikundi, die sich für die schwierigen Hochschulaufnahmsprüfungen anmelden, von Jahr zu Jahr zu.
In dem Bericht von Kabul Press wird auch angeführt, dass nach Angaben von U.S. Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (SIGAR) von Ende März 2015, die United States Agency for International Development (USAID) 769 Mio. USD für die Unterstützung von Bildung in Afghanistan ausgegeben hat. Im SIGAR-Bericht werden afghanische Beamte im Bildungsministerium jedoch beschuldigt, Millionen von Dollar veruntreut zu haben, indem Schulstatistiken gefälscht wurden. [...]"
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Verwaltungs- und Gerichtsakten, in Auszüge aus dem Zentralen Melderegister und dem Fremdeninformationssystem, in Strafregisterauszüge und in Auszüge aus dem Grundversorgungs-Informationssystem sowie durch Einvernahme des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Unterlagen Beilage ./A bis ./K (Lohn-Gehaltsabrechnungen des BF 1 von März 2017-Jänner 2018 - Beilage ./A; Lohnzettel und Beitragsgrundlagenachweis des BF 1 vom 21.12.2017 - Beilage ./B; Bestätigung einer Marktgemeinde für den BF 1 vom 16.11.2016 - Beilage ./C; Teilnahmebestätigung Deutsch B1 Teil 2 für den BF 1 vom 15.03.2018 - Beilage ./D; Deutschkursbestätigung B1 Teil 1 für den BF 1 vom 28.09.2017 - Beilage ./E; Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe für BF 2 vom 31.01.2018 - Beilage ./F;
Schulnachricht der BF 3 vom 16.02.2018 - Beilage ./G;
Semesterinformation für den BF 4 vom 16.02.2018 - Beilage ./H; ÖIF Integrationsprüfung Deutsch B1 für den BF 1 vom 07.04.2018 - Beilage ./I; Lohn-Gehaltsabrechnungen des BF 1 vom Februar und März 2018 - Beilage ./J; Konvolut an Lohnzetteln der BF 2 für den Zeitraum Oktober 2017-Februar 2018 - Beilage ./K) sowie durch Einsichtnahme in die Stellungnahme vom 09.04.2018 und die untereinem vorgelegten Urkunden (Arbeitsvertrag der BF 2 vom 02.10.2017;
Deutschkursbestätigung für die BF 2 vom 19.03.2018;
Deutschkursbestätigung für die BF 2 vom 21.06.2017) sowie in die Stellungnahme vom 24.04.2018.
2.1. Zu den Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer:
2.1.1. Die einzelnen Feststellungen beruhen auf den jeweils in der Klammer angeführten Beweismitteln.
2.1.2. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführer ergeben sich aus ihren dahingehend übereinstimmenden Angaben vor den Organen des öffentlichen Sicherheits-dienstes, vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum der Beschwerdeführer gelten ausschließlich zur Identifizierung der Personen der Beschwerdeführer im Asylverfahren.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer, ihrer Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit sowie ihrem Lebenslauf (ihr Aufwachsen sowie ihre familiäre Situation in Afghanistan und im Iran, die (fehlende) Schulausbildung des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin) gründen sich auf den diesbezüglich im Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen und stringenten Aussagen des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung an diesen Aussagen zu zweifeln.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Erst- und der Zweitbeschwerde-führerin ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister (Strafregisterauszug jeweils vom 19.04.2018). Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Drittbis Fünftbeschwerdeführer ergibt sich aus ihrer Strafunmündigkeit aufgrund ihres Alters.
Die Feststellung zur traditionellen Heirat des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ergibt sich aus den diesbezüglich übereinstimmenden und gleichgebliebenen Angaben.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer:
2.2.1. Soweit der Erstbeschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der Zugehörigkeit zur Familie seines Vaters konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt durch Angehörige der Paschtunen, der Kutschis, der Taliban oder anderen Personen, kommt seinem Vorbringen aus nachfolgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers zu seinen konkreten Fluchtgründen über weite Strecken nicht hinreichend substantiiert ist. Er wurde in der Beschwerdeverhandlung aufgefordert, sein Fluchtvorbringen möglichst gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu schildern, doch blieben gerade die Ausführungen zum letztlich fluchtauslösenden Moment, sohin zum Kern des Fluchtvorbringens, relativ vage und unkonkret. Er gab im Verfahren auch überwiegend ausweichende Antworten. Bis zuletzt konnte der Erstbeschwerdeführer trotz mehrmaliger Nachfrage in der mündlichen Verhandlung nicht eindeutig darlegen, ob seine Familie in Afghanistan persönlich bedroht oder verfolgt worden sei (BF 1 AS 46; VP, Sitzung 11).
In Gesamtschau seines Aussageverhaltens in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht vermochte der Erstbeschwerdeführer bloß eine grobe Rahmengeschichte wiederzugeben und seine Fluchtgeschichte erst auf Nachfragen mit einigen wenigen Details auszugestalten. Das Bundesverwaltungsgericht verkennt dabei nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen, der Erstbeschwerdeführer zum Zeitpunkt der Geschehnisse noch minderjährig war und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können und dass der Erstbeschwerdeführer einige Sachverhaltselemente nur aus Erzählungen seines Vaters kennen kann; dass der Erstbeschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart pauschalen Weise wie in der Einvernahme vor dem Bundesamt und der Beschwerdeverhandlung schildern würde, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sie sich tatsächlich so zugetragen.
Es fällt in diesem Zusammenhang auch auf, dass der Beschwerdeführer sein Fluchtvorbringen auf lediglich vage Mutmaßungen und Spekulationen stützt. So gab der Erstbeschwerdeführer sowohl beim Bundesamt als auch in der Beschwerdeverhandlung lediglich vage an, dass sein Vater beschuldigt worden sei mehrere Leute im Krieg getötet zu haben (AS 46) bzw. es Gerüchte gegeben habe, dass sein Vater den Paschtunen etwas angetan habe (VP, Sitzung 10). Befragt ob seine Familie in Afghanistan persönlich bedroht oder verfolgt worden sei, führte der Erstbeschwerdeführer lediglich ausweichend an, dass sein Vater aus Angst nicht zuhause geschlafen habe. Er habe für die Hazara gekämpft. Auf Nachfrage gab der Erstbeschwerdeführer dann an, dass er nicht wisse ob sein Vater je persönlich bedroht oder verfolgt worden sei. Aus Angst vor einer möglichen Bedrohung oder Verfolgung seien sie aus Afghanistan ausgereist. Der Erstbeschwerdeführer selbst sei nicht persönlich verfolgt oder bedroht worden (BF 1 AS 46). In der Beschwerdeverhandlung gab der Erstbeschwerdeführer nach konkreten Drohungen gegen seinen Vater oder seine Familie befragt an, dass er sich nicht erinnern könne. Sein Vater sei im Krieg gewesen, aber seine Familie sei schon unter dem Druck der Paschtunen gestanden. Die Paschtunen seien nachts zu ihnen gekommen und hätten auf ihr Haus geschossen. Nachgefragt gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er nicht wisse, ob nur seine Familie oder das ganze Dorf angegriffen worden sei. Seine Familie sei das Ziel gewesen, aber auch andere Familien, die mehr als 3-4 Brüder gehabt hätten, seien bewaffnet gewesen und hätten mitgekämpft (VP, Sitzung 11).
Zudem war das Vorbringen des Beschwerdeführers im gesamten Verfahren in essentiellen Punkten grob widersprüchlich. So gab der Erstbeschwerdeführer beim Bundesamt an, dass sein Vater beim Militär für eine bestimmte Gruppe gearbeitet habe (BF 1 AS 46). In der Beschwerdeverhandlung führte der Erstbeschwerdeführer hingegen aus, dass sein Vater Mitglied einer Gruppe gewesen sei, die zur Hezbe Wahdat gehört habe (VP, Sitzung 10).
Der Erstbeschwerdeführer gab beim Bundesamt auch an, dass sein Vater Feinde in Afghanistan gehabt habe (BF 1 AS 46 f). Nicht nachvollziehbar ist jedoch, wer die Feinde seines Vaters gewesen sein sollen, zumal der Erstbeschwerdeführer beim Bundesamt angegeben hat, dass sein Vater gegen die Taliban, Paschtunen und Afghanen gekämpft habe (AS 46), in der Beschwerdeverhandlung hingegen ausgeführt habe, dass sein Vater Probleme mit den Paschtunen und den Kutschis gehabt habe (VP, Sitzung 10).
Darüber hinaus muss sich der Erstbeschwerdeführer eine Steigerung seines Vorbringens vorwerfen lassen, die sein diesbezügliches Vorbringen insgesamt in Zweifel zieht. Er gab in der Beschwerdeverhandlung erstmals an, dass eines nachts als sein Vater nicht zuhause gewesen sei Unbekannte auf das Haus seiner Familie geschossen hätten. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer nicht bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt Ausführungen zum behaupteten Angriff tätigte, zumal sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Erstbeschwerdeführer dazu nicht in der Lage gewesen wäre. Befragt, warum er die Schüsse im bisherigen Verfahren nicht erwähnt habe, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er sich erst jetzt daran erinnert habe. Es scheint jedoch nicht nachvollziehbar, dass der Erstbeschwerdeführer einen Beschuss auf das Haus seiner Familie vergessen habe, zumal dies für den Erstbeschwerdeführer ein angsteinflößender und deshalb sehr einprägsamer Vorfall gewesen sein muss. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden, weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH). Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299). Es ist davon auszugehen, dass der Erstbeschwerdeführer damit lediglich versucht, seinem Vorbringen einen zusätzlichen Aspekt hinzuzufügen.
Das Verfolgungsvorbringen des Erstbeschwerdeführers ist derart vage und unsubstantiiert, dass daraus keine konkrete individuelle Bedrohung oder Verfolgung des Erstbeschwerdeführers bzw. seiner Familie zu erkennen ist.
Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass dem Erstbeschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der Zugehörigkeit zur Familie seines Vaters konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt durch Angehörige der Paschtunen, der Kutschis, der Taliban oder anderen Personen droht.
2.2.2. Aus den in der Beschwerde lediglich allgemein gehaltenen Angaben des Erstbeschwerdeführers betreffend die Gefahr einer Zwangsrekrutierung durch die Taliban, weil er sich im wehrfähigen Alter befinde, kann der erkennende Richter den Schluss ziehen, dass der Erstbeschwerdeführer keiner individuell konkreten Betroffenheit von Zwangsrekrutierung ausgesetzt gewesen ist.
Hinsichtlich einer behaupteten Gruppenverfolgung in Afghanistan wird auf die Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung verwiesen.
2.2.3. Soweit der Erstbeschwerdeführer vorbringt, dass er aufgrund seines langjährigen Auslandsaufenthaltes im Iran bzw. in Österreich als "verwestlicht" gelte, ist auszuführen, dass nicht ersichtlich ist wodurch sich sein "westlicher Lebensstil" oder eine andere, ihn exponierende Lebensweise äußern würde. Anders als in der Beschwerde vorgebracht, ist aufgrund des vom Erstbeschwerdeführer in der Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks nach Ansicht des Gerichts nicht davon auszugehen, dass er eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hätte. Es ist auch nicht erkennbar, warum gerade der Erstbeschwerdeführer gegenüber hunderttausend anderen Rückkehrern in eine derart exponierte Lage geraten soll, dass er auf Grund seines Lebensstils oder auf Grund seines Aufenthaltes in einem westlichen Land bzw. im Iran psychischer oder physischer Bedrohung in Afghanistan ausgesetzt wäre.
Eine individuelle konkrete Verfolgung der Beschwerdeführer im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan allein aufgrund ihres Auslandsaufenthaltes im Iran und Europa haben die Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgebracht. Es ist den beigezogenen Länderberichten auch nicht zu entnehmen, dass Rückkehrer aus dem Iran oder Europa in besonderer Form von Gewalt und Bedrohungen betroffen wären, sodass auch eine generelle (Gruppen-)Verfolgung von Rückkehrern aus Europa nicht festgestellt werden konnte.
2.2.4. Auch darüber hinaus vermochten die Beschwerdeführer eine individuelle und konkrete Betroffenheit von Verfolgung aufgrund ihrer Eigenschaft als Schiiten oder ihrer Zugehörigkeit zu einer Untergruppe der Hazara nicht aufzuzeigen:
Der Erstbeschwerdeführer gab sowohl beim Bundesamt als auch in der Beschwerde-verhandlung an, dass er in Afghanistan keine Probleme aufgrund seiner Religions- und/oder Volksgruppenzugehörigkeit gehabt habe (BF 1 AS 45; VP, Sitzung 10).
Die Zweitbeschwerdeführerin gab beim Bundesamt völlig vage an, dass ihr Vater Feinde aufgrund von Problemen mit den Kutschis gehabt habe. Mehr könne sie dazu nicht angeben, weil ihr Vater wenig darüber gesprochen habe (BF 2 AS 45, 47). In der Beschwerdeverhandlung führte sie aus, dass ihre Familie aus Afghanistan geflüchtet sei, weil ihr Vater dort Stammesprobleme und religiöse Probleme gehabt habe (BF 2 AS 47; VP, Sitzung 18). Sie führte weiter aus, dass er als Hazara mit anderen Stämmen Probleme gehabt habe. Genaueres wisse sie jedoch nicht (VP, Sitzung 19).
Die Zweitbeschwerdeführerin gab in der Beschwerdeverhandlung erstmals an, dass die Schwester ihres Vaters von den Paschtunen und den Kutschis entführt worden sei (VP, Sitzung 19). Sie muss sich diesbezüglich eine Steigerung ihres Vorbringens vorwerfen lassen, die ihr dementsprechendes Vorbringen insgesamt in Zweifel zieht. Es ist nicht nachvollziehbar, dass sie nicht bereits in der Einvernahme vor dem Bundesamt Ausführungen zur behaupteten Entführung ihrer Tante väterlicherseits tätigte, zumal sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Zweitbeschwerdeführerin nicht in der Lage gewesen wäre, bereits im behördlichen Verfahren ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Soweit die Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung angegeben hat, dass sie die Entführung bereits beim Bundesamt angegeben habe, dies jedoch nicht protokolliert worden sei (VP, Sitzung 10), ist festzuhalten, dass der Zweitbeschwerdeführerin nach der Schilderung ihrer Fluchtgründe die Einvernahme rückübersetzt wurde und sie aufgefordert wurde genau aufzupassen und sofort bekannt zu geben, wenn etwas nicht korrekt bzw. noch etwas zu ergänzen sein sollte. Die Zweitbeschwerdeführerin hat jedoch angegeben, dass alles richtig und vollständige ist und alles richtig wiedergegeben wurde (BF 2 AS 47). Am Ende der Einvernahme beim Bundesamt erfolgte eine weitere Rückübersetzung. Die Zweitbeschwerdeführerin wurde danach ausdrücklich gefragt, ob alles richtig und vollständig protokolliert worden sei, woraufhin sie keine Einwände erhoben hat (BF 2 AS 49). Sie hat die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift und die erfolgte Rückübersetzung auch mit ihrer Unterschrift auf jeder Seite des Protokolls bestätigt (BF 2 AS 41-50). Da es sich bei der Entführung ihrer Tante väterlicherseits um einen wesentlichen Umstand ihres Fluchtvorbringens handelt, ist es nicht glaubhaft, dass ihr bei der Rückübersetzung des Protokolls nicht aufgefallen sei, dass diese Angaben nicht protokolliert worden seien. Das Gericht wertet dies daher als bloße Schutzbehauptung.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein gesteigertes Vorbringen nicht als glaubwürdig anzusehen. Vielmehr müsse grundsätzlich den ersten Angaben des Asylwerbers ein erhöhter Wahrheitsgehalt zuerkannt werden (so schon VwGH 08.04.1987, 85/01/0299), weil es der Lebenserfahrung entspricht, dass Angaben, die in zeitlich geringerem Abstand zu den darin enthaltenen Ereignissen gemacht werden, der Wahrheit in der Regel am nächsten kommen (VwGH 11.11.1998, 98/01/0261, mwH).
Das Verfolgungsvorbringen der Zweitbeschwerdeführerin ist daher derart unsubstantiiert, dass daraus keine konkrete individuelle Bedrohung oder Verfolgung der Zweitbeschwerdeführerin aufgrund ihrer Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit zu erkennen ist, zumal sie beim Bundesamt auch ausdrücklich angegeben hat, dass sie keine Probleme in Afghanistan aufgrund ihrer Religions- oder Volksgruppenzugehörigkeit gehabt habe (BF 2 AS 47).
Hinsichtlich einer Gruppenverfolgung der Hazara in Afghanistan wird auf die Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung verwiesen.
2.2.5. Soweit die Beschwerdeführer die schlechten Lebensumstände als Afghanen im Iran als Grund für ihre Flucht aus dem Iran angaben, so waren ihre diesbezüglichen Aussagen - auch vor dem Hintergrund des notorischen Amtswissen zur Lage im Iran - schlüssig und plausibel und sohin glaubhaft.
2.2.6. Eine persönliche Bedrohung, die sich gezielt gegen die Drittbis Fünftbeschwerdeführer gerichtet hätte, haben der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin weder im behördlichen Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung vorgebracht.
Bei der Drittbeschwerdeführerin handelt es sich um ein elfjähriges Mädchen, bei den Viert- und Fünftbeschwerdeführern handelt es sich um einen fast achtjährigen und einen fast zweijährigen Buben. Sie sind im Iran bzw. in Österreich geboren und würden gemeinsam im Familienverband nach Afghanistan zurückkehren. Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es den Dritt- bis Fünftbeschwerdeführern unmöglich oder unzumutbar wäre, sich in das afghanische Gesellschaftssystem zu integrieren.
Das Bundesverwaltungsgericht geht auch nicht davon aus, dass unmündigen Minderjährigen dieses Alters eine eigene politische Gesinnung im Zusammenhang mit einer "westlichen Lebensweise" zugesonnen werden kann.
Die Möglichkeit eines Schulbesuches ist insbesondere in der Provinz Daikundi, der Herkunftsprovinz und dem letzten Anknüpfungspunkt ihrer Eltern in Afghanistan, gegeben, da - wie aus den oben angeführten Länderberichten hervorgeht - in Afghanistan Schulpflicht besteht und in Daikundi ein Schulangebot faktisch auch vorhanden vergleiche Punkt römisch II.1.3.4.) und der Zugang zu diesem - auch für Mädchen - grundsätzlich möglich ist und der Erst- sowie die Zweitbeschwerdeführerin als Eltern auch aktuell die Bildung ihrer Kinder, insbesondere auch ihrer Tochter, zu fördern willig sind (siehe dazu VP, Sitzung 15, 23).
Zur allgemeinen Situation von Kindern in Afghanistan ist auszuführen, dass aus den Länderinformationen hervorgeht, dass diese unter gewissen Umständen in Bereichen wie Versorgung, Gewalt, Zugang zu Schulbildung und Kinderarbeit nachteiliger Behandlung ausgesetzt sein können. Solche Handlungen wiederum können unter Umständen im Hinblick auf das Alter des Kindes, dessen fehlende Reife oder Verletzlichkeit eine kinderspezifische Form der "Verfolgung" darstellen. Die erwähnte Benachteiligung beruht primär auf dem Fehlen einer familiären bzw. sozialen Unterstützung und wird durch gesellschaftliche Restriktionen begünstigt. Die Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer leben im Familienverband mit ihren Eltern. Es gibt auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Dritt- bis Fünftbeschwerde-führer bei einer Rückkehr nach Afghanistan Gewalt oder Kinderarbeit ausgesetzt wären. Laut den Länderinformationen geht Gewalt gegen Mädchen überwiegend von Familien-angehörigen aus, es gab jedoch während des gesamten Verfahrens keinerlei Anzeichen dafür, dass die Drittbeschwerdeführerin durch ihre Eltern Vernachlässigung, körperliche Gewalt oder sexuellen Missbrauch erfahren habe. Die Frage einer eventuell drohenden Zwangsheirat der Drittbeschwerdeführerin ist aufgrund ihres Alters im Entscheidungszeitpunkt eine rein spekulative Mutmaßung hinsichtlich einer eventuell denkbaren zukünftigen Problematik. Zudem wäre der Erstbeschwerdeführer als ihr Vater in der Position, ein etwaiges Heiratsangebot abzulehnen. Ebenso ist zu erwarten, dass die Eltern ihre Kinder auch vor spezifischen, aus kriegerischen Vorgängen stammenden Gefahrenquellen schützen würden.
2.2.7. Die Feststellungen zur Zweitbeschwerdeführerin als eine am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte afghanische Frau ergeben sich aus den glaubhaften Angaben der Zweitbeschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungs-gericht und dem von der Zweitbeschwerdeführerin dort gewonnenen persönlichen Eindruck. So hinterließ die Zweitbeschwerdeführerin durch ihr aufgeschlossenes Auftreten und die Spontanität ihrer Antworten einen in dieser Hinsicht glaubwürdigen und überzeugenden Eindruck.
Bei der Zweitbeschwerdeführerin handelt es sich um eine erwachsene junge Frau, der es in Afghanistan nicht möglich war die Schule zu besuchen (BF 2 AS 45). In Österreich hat sie hingegen an zwei Deutschkursen teilgenommen (Deutschkursbestätigung für die BF 2 vom 19.03.2018; Deutschkursbestätigung für die BF 2 vom 21.06.2017). Sie verfügt bereits über grundlegende Deutschkenntnisse. Die Feststellungen zu den Deutschkenntnissen konnten auch vom erkennenden Richter getroffen werden, da die Zweitbeschwerdeführerin in der Verhandlung die auf Deutsch gestellten Fragen teilweise verstanden und teilweise auf Deutsch beantwortet hat (VP, Sitzung 22). Die Zweitbeschwerdeführerin hat sich somit bereits grundlegende Grundkenntnisse der deutschen Sprache angeeignet, die es ihr ermöglichen, eine zusammenhängende Kommunikation auf einfachem Niveau zu führen.
In der mündlichen Verhandlung führte die Zweitbeschwerdeführerin unter anderem befreit aus, dass sie sich in Österreich erstmals frei fühle und auf eigenen Beinen stehe. In Afghanistan wäre sie unterdrückt und könne sich nicht äußern oder frei bewegen. Sie wolle auch keine Burka tragen (VP, Sitzung 20 f). Die Freizeitgestaltung der Beschwerdeführerin ist derzeit aufgrund der Versorgung ihrer Kinder im Alter von 11, fast 8 Jahren sowie ihres Kleinkindes im Alter von fast 2 Jahren eingeschränkt, jedoch wird sie durch ihren Ehemann bei ihrer Lebensgestaltung unterstützt, indem auch er auf die Kinder aufpasst damit die Zweitbeschwerdeführerin in den Deutschkurs sowie arbeiten gehen kann (VP, Sitzung 14, 21). Die Zweitbeschwerdeführerin ist bei den alltäglichen Erledigungen nicht auf die Unterstützung anderer angewiesen, zumal sie selbst den Einkauf erledigt (VP, Sitzung 13 f, 22) und es ihr auch aufgrund ihrer Deutschkenntnisse möglich ist Erledigungen selbständig zu bewältigen. Sie gab auch überzeugend an, dass sie sich mit Freunden trifft und mit ihnen tanzen und spazieren geht und mit ihnen Spiele spielt (VP, Sitzung 21). Daran zeigt sich auch, dass sich die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich nicht nur in einem begrenzten Radius bewegt, sondern Freizeitaktivitäten unternimmt und ihren Hobbies nachgeht.
Die Zweitbeschwerdeführerin geht in Österreich auch einer regelmäßigen Tätigkeit im Ausmaß von zwei Stunden pro Woche nach (Arbeitsvertrag der BF 2 vom 02.10.2017). Sie gab auch glaubhaft an, dass sie sobald die Kinderbetreuung nicht mehr derart intensiv ist, länger arbeiten und eine Ausbildung zur Altenpflegerin machen möchte (VP, Sitzung 20). Die Zweitbeschwerdeführerin konnte daher glaubhaft machen, dass sie die ihr in Österreich gegebenen Freiheiten und Chancen nutzt und diese auch nicht mehr ablegen möchte.
Zudem war die Zweitbeschwerdeführerin in der Beschwerdeverhandlung geschminkt und mit einer Bluse und einer schwarzen engen Hose bekleidet. Sie trug Schuhe mit hohem Absatz sowie Schmuck und Ohrringe. Die Zweitbeschwerdeführerin hat gefärbte Haare und ist ohne Kopftuch erschienen. Aus den Länderberichten geht zwar hervor, dass auch die Frauenkleidung in Afghanistan ein breit gefächertes Spektrum, von moderner westlicher Kleidung, über farbenreiche volkstümliche Trachten, bis hin zur Burka und Vollverschleierung umfasst. Dennoch zeigt sich daran, dass die Zweitbeschwerdeführerin ohne Kopftuch außer Haus geht (VP, Sitzung 14, 22), dass sie sich den Gepflogenheiten in Österreich bereist angepasst hat.
Die Zweitbeschwerdeführerin konnte somit überzeugend und glaubhaft darlegen, dass sie sich einer westlichen Wertehaltung und einem westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild zugehörig fühlt, nach einer solchen bzw. einem solchen lebt und daran festzuhalten gewillt ist, wobei ihr westlich orientierter Lebensstil auch von ihrem Ehemann mitgetragen wird.
In Gesamtschau handelt es sich bei der Zweitbeschwerdeführerin sohin um eine Frau, die das streng konservativ-afghanische Frauen- und Wertebild ablehnt, demgegenüber westliche Werte bereits verinnerlicht hat und - aus Überzeugung und im Gegensatz zu der konservativ-afghanischen Tradition - auch danach lebt. Schließlich ist in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht klar hervorgekommen, dass die Zweitbeschwerdeführerin ihren Kindern einen westlich orientierten Lebensstil ermöglicht, indem sie sie selbstbestimmt erzieht und sie darin fördert, die ihnen in Österreich zukommenden Freiheiten (wie insbesondere freie Partnerwahl, Schulbildung und Berufswahl) auszuleben ("RI: Wie wird das bei Ihren Kindern sein? Werden Sie oder Ihr Ehemann die Ehepartner Ihrer Kinder aussuchen? BF2: Wie sie wollen. Es wird nicht so sein wie bei uns. RI: Was würden Sie dazu sagen, wenn sich Ihre Kinder christliche Ehepartner aussuchen? BF2: Nichts. RI:
Welchen Berufswunsch hat Ihre Tochter derzeit? BF2: Sie will Ärztin werden. Deswegen muss ich viel arbeiten und Geld sparen, um ihr Studium zu finanzieren." [VP, Sitzung 23]).
2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die den Länderfeststellungen (Punkt römisch II.1.3.) zu Grunde liegenden Berichte wurden in der mündlichen Verhandlung ins Verfahren eingebracht. Den Beschwerdeführern wurde die Bedeutung dieser Berichte erklärt, insbesondere, dass aufgrund dieser Berichte die Feststellungen zu ihrem Herkunftsstaat getroffen werden, sowie deren Zustandekommen. Ihnen wurde die Möglichkeit gegeben in die Länderberichte Einsicht zu nehmen sowie dazu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführer sind den Länderberichten mit Stellungnahme vom 24.04.2018 nicht substantiiert entgegengetreten.
Die Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde
3.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG, die auf Artikel 9, der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist vergleiche VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, AsylG in Verbindung mit Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe vergleiche VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG liegt es am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat eine Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Zivilprozessordnung (ZPO) zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, Paragraph 45,, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus vergleiche VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).
3.2. Nach Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22, AsylG ist "Familienangehöriger", wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.
Stellt ein Familienangehöriger iSd Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22, AsylG eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser gemäß Paragraph 34, Absatz eins, AsylG als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Die Behörde hat gemäß Paragraph 34, Absatz 2, AsylG aufgrund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Paragraph 2, Absatz 3, AsylG), die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 7, AsylG).
Gemäß Paragraph 34, Absatz 4, AsylG hat die Behörde Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen. Die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Absatz 2 und 3 des Paragraph 34, AsylG erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang.
Wird gegen eine zurückweisende oder abweisende Entscheidung im Familienverfahren gemäß dem 4. Abschnitt des 4. Hauptstückes des AsylG auch nur von einem betroffenen Familienmitglied Beschwerde erhoben, gilt diese gemäß Paragraph 16, Absatz 3, BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) auch als Beschwerde gegen die die anderen Familienangehörigen (Paragraph 2, Ziffer 22, AsylG) betreffenden Entscheidungen; keine dieser Entscheidungen ist dann der Rechtskraft zugänglich.
3.3. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt, kommt dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, ihm drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der Zugehörigkeit zur Familie seines Vaters konkret und individuell physische und/oder psychische Gewalt durch Angehörige der Paschtungen, der Kutschis, der Taliban oder anderen Personen, keine Glaubhaftigkeit zu. Dem Erstbeschwerdeführer ist es deshalb insoweit insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Afghanistan sowie der mangelnden Glaubhaftigkeit des Vorbringens kann daher nicht erkannt werden, dass dem Erstbeschwerdeführer insofern im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.
3.4. Zwar ist UNHCR in seinen Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 vergleiche Punkt römisch II.1.3.2.) der Ansicht, dass - je nach den spezifischen Umständen des Einzelfalls - für Männer im wehrfähigen Alter und für Minderjährige, die in Gebieten leben, die sich unter der tatsächlichen Kontrolle der regierungsfeindlichen Kräfte befinden, oder in denen regierungsnahe und regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) und/oder mit ISIS verbundene bewaffnete Gruppen um Kontrolle kämpfen, ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder aus anderen relevanten Gründen bestehen kann. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Afghanistan sowie dem lediglich allgemein gehaltenen Vorbringen kann jedoch nach den spezifischen Umständen des hier vorliegenden Einzelfalls nicht erkannt werden, dass dem Beschwerdeführer insofern im Herkunftsstaat eine konkrete und individuelle asylrelevante Verfolgung droht.
Soweit der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerde und der Stellungnahme vom 24.04.2018 eine Gruppenverfolgung der von Zwangsrekrutierung durch die Taliban bedrohten wehrfähigen Männer behauptet, ist Folgendes festzuhalten:
Aus dem notorischen Amtswissen geht zwar hervor, dass Zwangsrekrutierungen seitens der Taliban in von ihnen beherrschten Gebieten stattfinden, diese sich jedoch nicht auf das gesamte Staatsgebiet beziehen. Es ist daher für das Bundesverwaltungsgericht nicht ersichtlich, dass jeder junge Erwachsene bzw. wehrfähige Mann bei einer Rückkehr nach Afghanistan automatisch einer Verfolgung aufgrund von drohender Zwangsrekrutierung in Afghanistan ausgesetzt wäre, weshalb die dahingehenden Ausführungen des Beschwerdeführers ins Leere gehen.
3.5. Den Beschwerdeführern ist es - wie unter Punkt römisch II.2.2.3. dargelegt - nicht gelungen, eine individuelle und konkret gegen sie gerichtete Verfolgung als "Rückkehrer" glaubhaft zu machen.
Auch eine von individuellen Aspekten unabhängige "Gruppenverfolgung" kann auf Basis der Quellenlage nicht erkannt werden: Aus den oben angeführten Länderberichten kann zwar abgeleitet werden, dass Afghanen, insbesondere Hazara, die ihr Leben im Iran verbracht haben und dann nach Afghanistan kommen, wegen ihres Akzents leicht erkannt werden, oft in wirtschaftlich prekäre Situationen geraten, dem Vorwurf ausgesetzt sind, ihr Land im Stich gelassen zu haben, von sozialer Ausgrenzung betroffen sind und Diskriminierungen erfahren. Diese Diskriminierungen und Ausgrenzungen erreichen jedoch nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht jenes Ausmaß, das erforderlich wäre, um von einer spezifischen Verfolgung aller Rückkehrer aus dem Iran (und aus Europa) ausgehen zu können.
Zu einer aus dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers allenfalls ableitbaren "westlichen Lebenseinstellung" ist zu sagen, dass eine solche nicht glaubhaft dargetan wurde vergleiche Punkt römisch II.2.2.3.). Im Übrigen ist ihm entgegen zu halten, dass aus den Länderfeststellungen nicht ableitbar ist, dass eine "westliche" Geisteshaltung bei Männern alleine bereits mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würde; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht (so zB VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN). Auch der VwGH verneint in seiner Judikatur eine Vergleichbarkeit solcher Sachverhalte mit seiner Judikatur zum "selbstbestimmten westlichen Lebensstil" von Frauen vergleiche VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0329).
3.6. Auch eine konkrete und individuelle Verfolgung aufgrund der ethnisch-religiösen Zugehörigkeit der Beschwerdeführer zu den schiitischen Hazara konnten die Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen (siehe Punkt römisch II. 2.2.4.).
In Ermangelung von den Beschwerdeführern individuell drohenden Verfolgungshandlungen bleibt im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu prüfen, ob sie im Herkunftsland aufgrund generalisierender Merkmale - etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zu den schiitischen Hazara - unabhängig von individuellen Aspekten einer über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehenden "Gruppenverfolgung" ausgesetzt wären.
Für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung ist zwar nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet (VwGH 17.12.2015, Ra 2015/20/0048, mit Verweis auf VfGH 18.09.2015, E 736/2014). Dass ein Angehöriger der ethnischen und religiösen Minderheit der schiitischen Hazara im Falle seiner Einreise nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, alleine wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Verfolgung im Sinne eines ungerechtfertigten Eingriffs von erheblicher Intensität ausgesetzt zu sein, kann das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht erkennen:
Die in Afghanistan immer wieder bestehende Diskriminierung der schiitischen Hazara und die beobachtete Zunahme von Übergriffen gegen Hazara vergleiche Punkt römisch II.1.3.1.) erreichen gegenwärtig nicht ein Ausmaß, das die Annahme rechtfertigen würde, dass in Afghanistan schiitische Hazara wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen und religiösen Minderheit mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine asylrelevante Verfolgung zu befürchten hätten, zumal die Gefährdung dieser Minderheit angesichts der in den Länderberichten dokumentierten allgemeinen Gefährdungslage in Afghanistan, die in vielen Regionen für alle Bevölkerungsgruppen ein erhebliches Gefahrenpotential mit sich bringt, (derzeit) nicht jenes zusätzliche Ausmaß erreicht, welches notwendig wäre, um eine spezifische Gruppenverfolgung der Hazara anzunehmen. Eine Gruppenverfolgung ist auch nicht daraus ableitbar, dass Hazara allenfalls Opfer krimineller Aktivitäten werden oder schwierigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind.
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geht davon aus, dass die Zugehörigkeit zur Minderheit der Hazara - unbeschadet der schlechten Situation für diese Minderheit - nicht dazu führt, dass im Fall einer Rückkehr nach Afghanistan eine unmenschliche Behandlung drohen würde (EGMR 05.07.2016, 29.094/09, A.M./Niederlande).
Aus den Länderberichten stellt sich die Lage für Schiiten in Afghanistan entsprechend jener der Hazara dar.
Es ist daher eine Gruppenverfolgung - sowohl in Hinblick auf die Religions- als auch die Volksgruppenzugehörigkeit - von Hazara und Schiiten in Afghanistan nicht gegeben.
3.7. Soweit sich das fluchtkausale Vorbringen der Beschwerdeführer auf die schwierigen Lebensumstände illegal im Iran aufhältiger Afghanen bezieht, so ist ihnen entgegen zu halten, dass dieses Vorbringen zwar, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, glaubhaft ist und der Beurteilung zu Grunde gelegt wird, dass aber Paragraph 3, Absatz eins, AsylG die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK droht. Der Herkunftsstaat ist gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 17, AsylG jener Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes als Herkunftsstaat. Aufgrund der afghanischen Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer kann somit ihr Vorbringen im Hinblick auf den Iran außer Betracht bleiben vergleiche VwGH 02.03.2006, 2004/20/0240).
3.8. Hinsichtlich der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer konnte eine begründete Furcht vor Verfolgung aus Gründen der GFK, insbesondere im Zusammenhang mit einem (zukünftigen) Wunsch nach Schulbildung und einem selbstbestimmten Leben, nicht festgestellt werden, dies insbesondere, weil es sich um unmündige Minderjährige im Alter von fast zwei bis elf Jahren handelt und ihnen ein Aufwachsen im afghanischen Normensystem zumindest unter dem Aspekt des Fehlens einer drohenden asylrelevanten Verfolgung zumutbar wäre. Für eine asylrelevante Verfolgung der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund ihrer spezifischen Situation als Kinder gab es auch keine Anhaltspunkte im Verfahren. Auch unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen an die Behandlung von Anträgen auf internationalen Schutz von Minderjährigen (VfGH 11.10.2017, E 1803/2017 ua., mwN) ist somit weder aufgrund des Vorbringens des Erst- oder der Zweitbeschwerde-führerin noch sonst eine individuelle Bedrohung oder Verfolgung der Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer im Verfahren hervorgekommen.
3.9. Es ist der Zweitbeschwerdeführerin jedoch gelungen, glaubhaft zu machen, eine am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte Frau zu sein. Sie hat damit eine maßgebliche Verfolgungswahrscheinlichkeit aus einem der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK genannten Gründe aufgezeigt:
Aus den vorliegenden herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen zur aktuellen Lage von Frauen in Afghanistan ergeben sich zwar keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass alle afghanischen Frauen gleichermaßen allein aufgrund ihres gemeinsamen Merkmals der Geschlechtszugehörigkeit und ohne Hinzutreten weiterer konkreter sowie individueller Eigenschaften im Fall ihrer Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Gefahr liefen, im gesamten Staatsgebiet Afghanistans einer systematischen asylrelevanten (Gruppen-) Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die Intensität von den in den Länderberichten aufgezeigten Einschränkungen und Diskriminierungen kann jedoch bei Hinzutreten weiterer maßgeblicher individueller Umstände, insbesondere einer diesen - traditionellen und durch eine konservativ-religiöse Einstellung geprägten - gesellschaftlichen Zwängen nach außen hin offen widerstrebenden Wertehaltung einer Frau, ein asylrelevantes Ausmaß erreichen.
Den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 vergleiche Punkt römisch II.1.3.2.) ist zu entnehmen, dass sich die afghanische Regierung zwar bemüht, die Gleichheit der Geschlechter zu fördern, jedoch Frauen aufgrund bestehender Vorurteile und traditioneller Praktiken nach wie vor weit verbreiteter gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt sind und gerade Frauen, die vermeintlich soziale Normen und Sitten verletzen, gesellschaftlich stigmatisiert werden und hinsichtlich ihre Sicherheit gefährdet sind (zur Indizwirkung solcher Länderberichte s. VwGH 16.01.2008, 2006/19/0182). Frauen sind daher besonders gefährdet, in Afghanistan Opfer von Misshandlungen zu werden, wenn ihr Verhalten - wie z.B. die freie Fortbewegung oder eine ausgeübte Erwerbstätigkeit - als nicht mit den von der Gesellschaft, von der Tradition oder sogar vom Rechtssystem auferlegten Geschlechterrollen vereinbar angesehen wird.
Für die Zweitbeschwerdeführerin wirkt sich die derzeitige Situation in Afghanistan so aus, dass sie im Falle einer Rückkehr einem Klima ständiger latenter Bedrohung, struktureller Gewalt sowie unmittelbaren Einschränkungen und durch das Bestehen dieser Situation der Gefahr einer Reihe von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wäre. Gerade die Zweitbeschwerdeführerin unterliegt einer diesbezüglich erhöhten Gefährdung, weil sie aufgrund ihrer Wertehaltung und Lebensweise bei einer Rückkehr gegenwärtig in Afghanistan als eine Frau wahrgenommen würde, die sich als nicht konform ihrer durch die Gesellschaft, die Tradition und das Rechtssystem vorgeschriebenen geschlechtsspezifischen Rolle benimmt; sie ist insofern einem besonderen Misshandlungsrisiko ausgesetzt vergleiche hierzu auch EGMR 20.07.2010, 23.505/09, N./Schweden, ebenfalls unter Hinweis auf UNHCR).
Vor diesem Hintergrund kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Zweitbeschwerdeführerin im Falle ihrer Rückkehr nach Afghanistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen drohen würden.
Diese Verfolgungsgefahr findet auch ihre Deckung in einem der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK genannten Gründe, zumal die Zweitbeschwerdeführerin einer bestimmten sozialen Gruppe, nämlich jener der am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierten afghanischen Frauen, zugehörig ist vergleiche dazu VwGH 20.06.2002, 99/20/0172, mwN).
Es ist nach Lage des Falles davon auszugehen, dass die Zweitbeschwerdeführerin vor diesen Bedrohungen in Afghanistan nicht ausreichend geschützt werden kann. Zwar stellen die angeführten Bedrohungen keine Eingriffe von staatlicher Seite dar, es ist der Zentralregierung jedoch nicht möglich, für die umfassende Gewährleistung grundlegender Rechte und Freiheiten der afghanischen Frauen Sorge zu tragen; gegenwärtig besteht in Afghanistan dahingehend kein funktionierender Polizei- und Justizapparat. Darüber hinaus ist vor dem Hintergrund der oben getroffenen Länderfeststellungen nicht davon auszugehen, dass im Wirkungsbereich einzelner lokaler Machthaber effektive Mechanismen zur Verhinderung von Übergriffen und Einschränkungen gegenüber Frauen bestünden; ganz im Gegenteil liegt ein derartiges Vorgehen gegenüber Frauen teilweise ganz im Sinne der lokalen Machthaber. Für die Zweitbeschwerdeführerin ist damit nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sie angesichts des sie als westlich orientierte Frau betreffenden Risikos, Opfer von Misshandlungen und Einschränkungen zu werden, ausreichenden Schutz im Herkunftsstaat finden kann.
3.10. Eine Prüfung der innerstaatlichen Fluchtalternative kann vor dem Hintergrund entfallen, dass die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative im Widerspruch zum gewährten subsidiären Schutz stehen würde, weil Paragraph 11, AsylG die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative nur erlaubt, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht gegeben sind vergleiche VwGH 13.11.2014, Ra 2014/18/0011 bis 0016).
Zudem ist im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan von einer Situation auszugehen, in der am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierte afghanische Frauen einem erhöhten Sicherheitsrisiko ausgesetzt sind.
3.11. Die Zweitbeschwerdeführerin konnte somit glaubhaft machen, dass ihr im Herkunftsstaat aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der am westlichen Frauen- und Gesellschaftsbild orientierten afghanischen Frauen mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK droht. Es liegen gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG keine Endigungs- oder Ausschlussgründe vor.
3.12. Im vorliegenden Fall liegt bezüglich der Verfahren des Erstbeschwerdeführers und seiner Ehefrau - der Zweitbeschwerdeführerin - ein Familienverfahren iSd Paragraph 34, AsylG vor, da die Ehe bereits vor ihrer gemeinsamen Einreise nach Österreich bestanden hat. Auch bezüglich der Verfahren der minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführer und ihrer Mutter - der Zweitbeschwerdeführerin - liegt ein Familienverfahren iSd Paragraph 34, AsylG vor. Da der Zweitbeschwerdeführerin gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG der Status der Asylberechtigten zuerkannt worden ist, ist gemäß Paragraph 34, Absatz 2, AsylG auch dem Erst-, sowie den Dritt- bis Fünftbeschwerdeführern der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, weil keine Umstände hervorgekommen sind, die unter einen der Tatbestände des Paragraph 34, Absatz 2, Ziffer eins bis 3 AsylG zu subsumieren wären.
Der Beschwerde ist daher hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG sowie hinsichtlich des Erst- und der Drittbis Fünftbeschwerdeführer gemäß Paragraph 3, Absatz eins und 4 AsylG in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG stattzugeben und gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG festzustellen, dass den Beschwerdeführern kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass die gegenständlichen Anträge der Erst- bis Viertbeschwerdeführer auf internationalen Schutz am 23.07.2015 und damit vor dem 15.11.2015 gestellt wurde. Die Paragraphen 2, Absatz eins, Ziffer 15 und 3 Absatz 4, AsylG finden daher gemäß Paragraph 75, Absatz 24, AsylG im vorliegenden Fall keine Anwendung.
Der Antrag auf internationalen Schutz des Fünftbeschwerdeführers wurde hingegen am 14.09.2016, somit nach dem 15.11.2015, gestellt, wodurch insbesondere Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 15 und Paragraph 3, Absatz 4, AsylG ("Asyl auf Zeit") gemäß Paragraph 75, Absatz 24, AsylG im konkreten Fall auf ihn Anwendung finden; dementsprechend kommt dem Fünftbeschwerdeführer eine auf drei Jahre befristete Aufenthaltsberechtigung zu, welche sich in eine unbefristete Aufenthaltsberechtigung umändert, sofern die Voraussetzungen für eine Einleitung eines Verfahrens zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten nicht vorliegen oder das Aberkennungsverfahren eingestellt wird.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist dies nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
ECLI:AT:BVWG:2018:W250.2145726.1.00