BVwG
14.06.2018
W264 2167956-1
W264 2167948-1/9E
W264 2167957-1/7E
W264 2167956-1/7E
W264 2167935-1/7E
W264 2167953-1/7E
W264 2167960-1/7E
W264 2167964-1/7E
W264 2167962-1/7E
W264 2167952-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der Fünftbeschwerdeführerin BF5 römisch 40 , geb. römisch 40 , vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, Staatsangehörigkeit Islamische Republik Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147728803-170403255, zu Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und wird der unmündigen minderjährigen BF5 römisch 40 gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird der unmündigen minderjährigen BF5 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin BF1 römisch 40 , geboren römisch 40 alias römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147745706-170403099, zu Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß
§ 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und wird der BF1 XXXX gemäß
§ 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 8 Abs 4 AsylG 2005 der Status des
subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird der BF1 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin BF2 römisch 40 , geboren römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147728302-170403269, zu
Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides
gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß
§ 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und wird der BF2 XXXX gemäß
§ 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 8 Abs 4 AsylG 2005 der Status des
subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird der BF2 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der Drittbeschwerdeführerin BF3 römisch 40 , geboren römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147745804-170403188, zu
Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und wird der BF3
römisch 40 gemäß
Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird der BF3 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigte bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des Viertbeschwerdeführers BF4 römisch 40 , geboren römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147745510-170403218, zu
Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides
gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und wird dem BF4
römisch 40 gemäß
Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird dem BF4 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigtem bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der Sechstbeschwerdeführerin BF6 römisch 40 , geboren römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147728400-170403293, zu Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides
gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und wird der BF6
römisch 40 gemäß
Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird der BF6 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der Siebentbeschwerdeführers BF7 römisch 40 , geboren römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147728705-170403340, zu Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides
gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß
§ 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und wird BF7 XXXX gemäß
§ 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 8 Abs 4 AsylG 2005 der Status des
subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird BF7 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde des Achtbeschwerdeführers BF8 römisch 40 , geboren römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147728509-170403315, zu
Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides
gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und wird dem BF8
römisch 40 gemäß
Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird dem Beschwerdeführer BF8 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde der Neuntbeschwerdeführers BF9 römisch 40 , geboren römisch 40 , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch die Mutter römisch 40 , diese vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie, gegen den Bescheid des Bundesamtes für
Fremdenwesen und Asyl vom 28.7.2017, Zahl: 1147728607-170403234, zu
Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß
§ 28 Abs 2 VwGVG stattgegeben und wird BF9 XXXX gemäß
§ 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 iVm § 8 Abs 4 AsylG 2005 der Status des
subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird BF9 römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 29.5.2019 erteilt.
römisch IV. Gemäß Paragraph 28, Absatz eins und Absatz 2, VwGVG wird der Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheids aufgehoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführer BF1 bis BF9 sind afghanischer Staatsangehörige und Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken mit sunnitischen Glaubensbekenntnis. Die BF1 stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet für sich und ihre unmündigen Kinder BF2 bis BF9 am 2.4.2017 den Antrag auf Internationalen Schutz.
Sie gab als Fluchtgrund eine Feindschaft mit den Cousins ihres Ehemannes an, welche aus Grundstückstreitigkeiten resultiere. Ca. vor 3 1/2 Jahren sei ihr Ehemann verschwunden und seither unbekannten Aufenthalts. Die BF1 gab an, dass vor ca. einem Jahr ihr ältester Sohn römisch 40 getötet worden sei, da er einen seiner Cousins umgebracht hätte. Danach sei die Familie bedroht worden und habe die BF1 Angst um ihre Kinder gehabt und aus diesem Grunde die Flucht angetreten. Aufgrund dieser Drohungen sei der BF8 krank geworden, er bekomme Anfälle, vermutlich Epilepsie und habe schon länger starke Kopfschmerzen, Schwächeanfälle und leide an Vergesslichkeit. Im Falle der Rückkehr habe sie sowohl Angst um das Leben ihrer Kinder als auch um ihr eigenes.
2. Am 26.7.2017 wurde die BF1 Einvernahme der BF1 vor der belangten Behörde durchgeführt.
3. Mit oben näher bezeichneten Bescheiden der belangten Behörde wurden die Anträge auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 abgewiesen und den Beschwerdeführern jeweils der Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) sowie gemäß
Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, leg. cit. der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.). Mit Spruchpunkt römisch III. wurde den Beschwerdeführern jeweils ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt und wurde gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG 2005 erlassen. Mit Spruchpunkt römisch IV. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des BF zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.
4. Gegen den Bescheid des BFA richten sich die zulässigen und fristgerecht erhobenen Beschwerden der BF1 bis BF9, welche mit Schriftsatz ihres Rechtsvertreters Diakonie Flüchtlingsdienst erstattet wurden. Damit wurden die Bescheide des BFA wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften im vollen Umfang bekämpft und zu den von der Behörde vorgenommenen Länderfeststellungen näher ausgeführt. Die BF1 sei eine Frau ohne Berufserfahrung ohne Schulbildung und sei daher in Frage gestellt, wie diese sich und ihre Kinder BF2 bis BF9 bei Rückkehr versorgen könne. Unter anderem unter Hinweis auf den im Asylmagazin 3/2017 erschienenen Artikel von Friederike Stahlmann und auf ein Referat von Thomas Ruttig aus April 2017 wird in den Beschwerden zur Sicherheitslage in Afghanistan und zu der Lage in Kabul wie auch zu der sozio-ökonomischen Situation und der allgemeinen wirtschaftlichen Lage und jener am Arbeitsmarkt ausgeführt. Die Beschwerden nehmen auch Bezug auf einen Bericht des Generalsekretärs der VN an die Generalversammlung am 3.3.2017 betreffend Lage für humanitäre Hilfsleistungen, wonach viele der jüngst intern Vertriebenen und der Rückkehrer vulnerabel blieben. Die dem Bescheid zu Grunde liegenden Länderberichte würden Feststellungen zu der Lage von (de facto) Witwen vermissen lassen und hätte die Behörde eine ACCORD-Anfragebeantwortung zum Thema "Widows", wonach diese sehr vulnerabel seien und es in den beiden Sprachen Dari und Paschtu nicht einmal ein Vokabel für alleinerziehende Mutter gäbe, (Beschwerde Sitzung 13) berücksichtigen müssen. Dabei wird auf die Ausführungen von UNHCR vom 19.4.2016, Seite 63, zu Frauen ohne männlichen Schutz und zu Witwen hingewiesen. Von UNAMA interviewte Frauen hätten angegeben, dass sich deren finanzielle Situation seit dem Tod ihrer Ehemänner bzw Ehefrauen von versehrten Männern drastisch verschlechtert habe. Aus den in den Beschwerden dargetanen Quellen ergäbe sich, dass eine Niederlassung in Kabul nicht zumutbar sei und habe auch eine mangelhafte Ermittlung im Hinblick auf den Gesundheitszustand des römisch 40 stattgefunden, dieser habe nachweislich Epilepsie mit Anfällen sowie eine posttraumatische Belastungsstörung. Die Behörde habe zur Feststellung, ob eine Rückkehr eine Verletzung von Artikel 2, oder 3 EMRK darstelle nicht ermittelt, ob eine Behandlung des BF auch im Herkunftsstaat möglich wäre und ob Abhilfe schaffende Medikamente erhältlich seien und wird auf eine ACCORD-Anfragebeantwortung zur Behandelbarkeit von psychischen Störungen im Raum Kabul hingewiesen.
Den Beschwerdeführern stehe keine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, da die BF1 Zeit ihres Lebens als Hausfrau tätig gewesen sei, es ihr an Schulbildung mangle und sie Analphabetin sei. Als Witwe sei sie gesellschaftlichen Diskriminierungen ausgesetzt und würde ihr bei der Versorgung der Familie keine Unterstützung seitens ihrer Familie oder jener des Ehemannes zukommen. Hätte die Behörde ihrer Ermittlungspflicht wahrgenommen, wäre den Beschwerdeführern subsidiärer Schutz zuzuerkennen gewesen.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt und beantragt, den Beschwerdeführern den Status von Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den Beschwerdeführern den Status subsidiär Schutzberechtigter zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zurückzuverweisen.
5. Die bezughabenden Fremdakte langten beim Bundesverwaltungsgericht am 18.8.2017 ein.
6. Am 29.5.2019 wurde die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführt, an welcher ein Dolmetsch für die Sprache Dari teilnahm.
Die BF erschienen im Beisein ihrer Rechtsvertretung und legten dem Gericht Beweismittel vor. Aus den medizinischen Beweismitteln geht hervor, dass der BF8 laufend in ärztlicher Betreuung steht. Die wesentlichen sind:
* Unterlagen über die Integrationsbemühungen (Schulzeugnisse, Schulbesuchsbestätigungen, Beschreibung des BF7 und des BF4 durch die Lehrerin)
* Kursteilnahmebestätigung über die BF3 betreffend Deutschkurs
* Befundbericht der ORS GmbH betreffend den BF8: "Seit Säuglingsalter Epileptiker unter medikamentöser Therapie, damals EEG etc in Pakistan"
* Überweisungsschein betreffend BF8 an Facharzt für Neuropädiatrie wegen Epilepsie (schlecht kompensiert)
* Ambulanzbefund des LK römisch 40 vom 16.5.2018 betreffend den BF8 (Anlass für die Vorstellung: sekundär generalisierte Epilepsie;
Relevantes aus der Anamnese: "Mutter sagt, es war einmalig Anfall von 2 min Dauern, sonst geht es ihm gut, keine Myoklonien nachts;
Patient verlässt vor Abschluss der Behandlung das Krankenhaus ohne Brief; Video-EEG Untersuchung: gering abnorm)"
* Schulpsychologischer Bericht vom 7.11.2017, wonach laut Kindesmutter BF1 der BF8 an epileptischer Erkrankung seit 1 1/2 Jahren leide
* Digitialer EEG-Videomonitoringbefund des römisch 40 vom 13.4.2018 mit Beurteilung: "EEG abnorm, geringe Zeichen für eine fokal erhöhte cerebrale Erregungsbereitschaft. Besserung gegenüber dem Vorbefund!"
* Ambulanzbefund des LK römisch 40 vom 16.2.2018; Anlass für Vorstellung:
sekundär generalisierte Epilepsie, psychogene Komponente
* Ambulanzbefund des LK römisch 40 vom 18.3.2018; Anlass für Vorstellung:
sekundär generalisierte Epilepsie, psychogene Komponente
* Bestätigung des Universitätsklinikum St. Pölten über stationären Aufenthalt des BF8 im Mai 2017
* Zeitungsberichte aus der FAZ, Die Presse, Der Standard
* Auszug aus einem Gutachten Dris. Rasuly vom 29.1.2018 im Verfahren vor dem BVwG, Zahl W107 2163759-1
* Artikel der Friederike Stahlmann "Überleben in Afghanistan" aus Asylmagazin 3/2017
In der Verhandlung wurde die BF1 - welche auch als gesetzliche Vertreterin der BF2 bis BF9 fungiert - sowie die mündige minderjährige BF3 (geb. römisch 40 ) jeweils zu ihren Fluchtgründen, ihren Befürchtungen für den Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat sowie zu ihrem aktuellen Leben hier in Österreich befragt. Dabei wurden sowohl die BF1 als auch die BF3 auf die Mitwirkungspflicht nach Paragraph 15, AsylG und das Aussageverweigerungsrecht hingewiesen und ersucht, in Ruhe in freier Erzählung alle Fluchtgründe mitzuteilen und nichts wegzulassen, sich Zeit zu nehmen und ganz konkret und mit Details zu erzählen. Hingewiesen wurden die BF1 als auch die BF3 auch darauf, dass falsche Angaben die Glaubwürdigkeit beeinträchtigen können.
Die BF1 wurde von der Richterin befragt und wurden seitens der Rechtsvertreterin keine Fragen an die BF1 gestellt.
Befragt, ob sie bei der Einvernahme vor der belangten Behörde die Wahrheit gesagt habe, gab die BF1 an, dass sie bisher die Wahrheit gesagt habe und dies auch jetzt tun werde. Ihr Sohn römisch 40 sei getötet worden, der Ehemann spurlos verschwunden und habe sie extrem viele Probleme im Leben gehabt. Sie stamme aus Jalalabad, habe ihr ganzes Leben in dieser Provinz zugebracht und nach dem Tod des Sohnes römisch 40 3 1/2 Monate in Pakistan gelebt.
Auf Befragen, ob sie noch Familie in Afghanistan hat und insbesondere ob sie zu dieser Kontakt hält und wann der letzte Kontakt stattgefunden hat gab sie an: "keinen Kontakt. Meine Eltern sind nicht mehr am Leben, die Geschwister des Ehemanns sind in Afghanistan. Onkel väterlicherseits habe ich nicht. Einen Onkel mütterlicherseits, keinen Kontakt zu dem. Eine Tante mütterlicherseits und drei Tanten väterlicherseits. Keinen Kontakt zu den Tanten."
Auf Befragen, wie es ihr gelang als Frau zu flüchten, gab die BF1 zur Antwort: "Mir wurde von jemandem geholfen, ein Arbeitskollege meines Mannes, der mit meinem Mann Geschäfte machte. Den Namen dieses Mannes kann ich nicht sagen. Er kam niemals zu mir alleine, wir haben immer durch verschlossene Türen gesprochen. Befragt nach der Finanzierung der Flucht: er hat es organisiert, ich weiß nicht, wieviel er bezahlt hat. In Afghanistan habe ich im Haus, das ich gemeinsam mit meinem Mann hatte, gelebt".
Zusammengefasst gab die BF1 an: "Mein Sohn hat den Cousin meines Mannes getötet und wurde dann von denen getötet. Nachdem von unserer Seite jemand getötet wurde, nachdem auf der anderen Seite jemand von unserem Sohn getötet wurde, haben wir gedacht, es ist alles schon vorbei. Eines Nachts kamen drei vermummte Männer. Ich habe diese gesehen, sie waren aber noch nicht in unserem Hof. Ich habe geschrien und dann waren auch die Kinder wach und seitdem hat mein Kind auch diese Epilepsie-Probleme. Ich habe ein Geräusch gehört, dass die Männer geflüchtet sind, ich weiß nicht, wohin. Wir hatten Angst. Die Leute, die meinen Sohn umgebracht haben, haben uns immer wieder bedroht, dass sie auch meine anderen Kinder umbringen werden, ich hatte große Angst und daher mussten wir flüchten."
Auf Befragen warum der Sohn den Cousin meines Mannes tötete: "Die Beziehung beider Familien war nicht gut, der Grund ist mir unbekannt. Zu diesem Zeitpunkt war ich daheim. Wir haben uns auch nicht gegenseitig besucht, aber was das Problem war, weiß ich nicht. Wir hatten Felder und diese wurden von anderen Bauern bewirtschaftet, mir ist unbekannt, ob im Sinne von Angestellten oder Pächtern. Wir hatten damit keine Arbeit. Wir haben dafür Geld bekommen und manchmal nach Bedarf Naturalien."
Auf Befragen, ob unser Leben in Afghanistan finanziell und wirtschaftlich gut war, gab die BF1 an: "Als mein Mann bei uns war und der Sohn noch am Leben, ging es uns finanziell gut. Wir hatten Geld und Grundstücke und danach war alles schlecht. Ich möchte mich entschuldigen, ich hatte ein sehr schwieriges Leben, mein Sohn wurde getötet, mein Mann ist verschwunden, mein Kind ist schwer krank, wenn ich durcheinander rede, bitte ich um Verzeihung. Ich vergesse leider sehr viel, es tut mir sehr leid. Wissen sie, bei acht Kindern ist es sehr schwer. Es geht mir sehr schlecht, wenn ich an meinen verstorbenen Sohn und an meinen Mann denke. Mein verstorbener Sohn war 17 Jahre alt."
Befragt, wie lange sie nach dem Verschwinden des Mannes in Afghanistan verblieb, gab die BF1 zur Antwort: "Ich bin Analphabetin. So genau weiß ich es nicht, 2 1/2 Jahre war ich noch in Afghanistan, dann wurde mein Sohn getötet, dann war ich ca. 3 1/2 Monate in Pakistan. 3 1/2 Monate war ich unterwegs, insgesamt vor 4 1/2 Jahren muss es gewesen sein, dass mein Mann verschwunden ist."
Sie gab an, dass weder sie noch ihre Kinder Kontakt zu den Brüdern des Ehemannes der BF1 hätten. Befragt, ob nach der Einreise zu den Brüdern des Ehemannes der BF1 bestand brachte die BF1 vor: "Wir waren in St. Pölten, der BF4 ging einkaufen und zufällig ist er mit einem Afghanen ins Gespräch gekommen und der fragte, ob wir noch Kontakt nach Afghanistan haben, mein Sohn hat das verneint. Mein Sohn hat gesagt, dass er einen Onkel in Afghanistan namens römisch 40 hat, woraufhin dieser Afghane zu meinem Sohn sagte: " römisch 40 ist zufällig mein Freund, ich kenne ihn". Dieser Afghane rief den römisch 40 an und römisch 40 (BF4) sprach mit dem Onkel und gab ihm an, wo wir sind. Das war der einzige Kontakt, eine Nummer haben wir nicht von römisch 40 . Der Name des Afghanen in St. Pölten ist mir nicht bekannt, es war ein Afghane".
Auf Befragen ob die BF1 sonst noch etwas vorbringen möchte, ob es sonst noch Probleme in Afghanistan gab, gab diese an: "Mein Sohn wurde getötet, mein Mann war auch weg. Ich durfte dort nicht rausgehen, nicht einmal arbeiten gehen. Meine Töchter durften keine Schule besuchen. Wir haben vom Geschäftspartner meines Mannes Hilfe bekommen, um das Land zu verlassen und sagte dieser zu uns, dass er selbst Angst habe, dass ihm auch etwas passieren könne". Den Namen dieses Geschäftspartners könne sie leider nicht angeben.
Auf die Frage, wie sie dann feststellen habe konnte, dass es sich um den Geschäftspartner handelte, weil doch so jeder hätte kommen können und sagen hätte können er sei der Geschäftspartner, antwortete sie: "Ich habe ihn an der Stimme erkannt. Er half uns immer wieder. Er war eine große Hilfe. Er sagte er kann uns nach Pakistan bringen und ist auch mitgegangen und hat uns nach Pakistan gebracht und dort ein Haus organisiert". Sie habe nie nach seinem Namen gefragt.
Auf Befragen wer aus der Familie des Mannes der BF1 für den Tod des Sohnes verantwortlich gewesen sei, gab sie zur Antwort, dass der Ehemann vier Cousins gehabt habe. Welcher der vier Cousins römisch 40 und römisch 40 es gewesen sei, wisse sie nicht. Schon vor dem Tod des Sohnes habe sie keinen Kontakt zu diesen vier Cousins des Ehemannes gehalten. Nie habe ein Besuch stattgefunden, auch nach dem Tod ihres Sohnes nicht.
Auf Befragen ob irgendjemand aus der Familie dieser Cousins römisch 40 und römisch 40 jemals bei der BF1 gewesen sei und sie bedroht oder verfolgt habe, antwortete sie: "Also direkt nicht. Da einmal in der Nacht drei Männer bei mir waren, glaube ich, das waren die Cousins meines Mannes. Auf Befragen wie der Mann hieß, den ihr Sohn umgebracht habe, vermochte sie nur anzugeben, dass es einer dieser vier Cousins gewesen sei, welcher wisse sie nicht. Ihr Sohn sei zum ersten Mal auf die Felder gegangen. Sie wisse nicht, was genau vorgefallen ist, so die BF1. Der Sohn sei auf den Feldern umgebracht worden. Nachgefragt woher sie wisse, dass der Sohn durch die Hand dieser Cousins gestorben sei, brachte die BF1 vor: "Viele Leute haben sich auf diesen Feldern versammelt und diese haben gesagt: Wir wissen den Grund für die Tötung des römisch 40 nicht." Die Richterin richtete die Frage, ob sie wisse, weshalb der Sohn getötet worden sei, an die BF1. Diese gab an: "Mein Sohn wurde auf den Feldern getötet. Und wie das gelaufen ist, weiß ich nicht".
Befragt, ob diese Männer, als sie bei ihr im Hof gewesen sind, mit der BF1 gesprochen hätten, antwortete die BF1: "Die Männer waren noch nicht in meinem Hof, rundherum waren Mauern. Ich habe deren Köpfe gesehen. Als ich geschrien habe, sind sie geflüchtet". Befragt was sie geschrien habe, gab die BF1 zur Antwort: "Als ich die vermummten Männer gesehen habe, bekam ich Angst. Ich bin sehr laut geworden. Mir ist nicht erinnerlich, was ich genau gesagt habe. Ich hab so große Angst gehabt. Ich weiß, dass meine Kinder auch schon wach geworden sind".
Es wurde die Antwort auf die Frage "Haben diese Männer irgendetwas gesprochen?" begehrt und gab die BF1 da zu an: "Nein. Ich habe sie nur gesehen, dann geschrien und dann sind diese geflüchtet. Ich hatte Glück, dass ich sie gesehen habe. Wer weiß was sonst passiert wäre".
Wie sind sie auf diese Männer aufmerksam geworden sei, beantwortete sie wie folgt: "Die Kinder waren am Schlafen, ich war wach. Ich sah es zufällig".
Auf die Frage ob diese Männer Lärm gemacht hätten oder leise gewesen seien: "Die Männer waren ganz leise".
Zur Frage "Warum glauben Sie, dass die Männer genau zu Ihnen oder zu Ihnen in das Haus wollten?" gab sie an: "Ich wusste es, weil sie es überall gesagt haben. Auf Befragen was ich damit meine: Ich habe von den Verwandten mitbekommen. Alle Freunde haben gesagt, dass diese Männer uns umbringen wollen. Das sagten sie vorher und auch nachher". Zur Erhellung dieser Antwort wurde an die BF1 die Frage gerichtet, was sie mit "vorher" meine. Dazu gab sie an: "Bevor die Männer zu uns gekommen sind. Daher hatte ich auch Angst. Mit "vorher" meine ich bevor die Männer bei uns waren und "nachher" als die Männer bei uns gewesen sind".
Befragt ob es auch sonst noch Gründe gab, warum die BF1 aus Afghanistan weggegangen sei, gab diese an: "Das waren die Gründe warum ich das Land verlassen habe. Ich durfte nicht rausgehen, ich durfte nicht arbeiten, die Schule durften die Töchter nicht besuchen. Ich hatte große Angst und wollte meine Kinder schützen. Ich hatte große Angst, dass meine anderen Kinder auch ums Leben kommen können. Ich habe keine männliche Unterstützung gehabt. Der große Sohn wurde mit 17 Jahren getötet und ich war alleine mit so vielen Kindern".
Befragt ob sie es in Erwägung gezogen habe, nochmals zu heiraten, gab sie an, dass es ihr an einer solchen Möglichkeit gefehlt habe. Sie habe auch niemanden heiraten wollen, denn ein neuer Ehemann hätte ihre Kinder nicht genommen. Alles was sie gemacht habe, sei wegen den Kindern geschehen.
Auf Befragen ob aus der Familie dieser vier Cousins jemals eine Person gekommen sei um mit der BF1 zu sprechen, gab die BF1 zur Antwort: "Nein. Die sind nie zu uns gekommen. Die Beziehung war nicht gut. Auch nachdem einer dieser Cousins von meinem Sohn getötet wurde, ist keiner aus der Familie dieser Cousins auf mich zugekommen. Mein Sohn hat jemanden von diesen vier Cousins meines Mannes am Feld umgebracht. Daraufhin wurde mein Sohn am Feld durch einen anderen dieser vier Cousins umgebracht. Das passierte zur selben Zeit".
Die Rechtsvertreterin führte ergänzend aus, dass die BF1 bei der Vorbereitung berichtet habe, dass sie aufgrund dessen, dass nunmehr auch ihr Sohn getötet worden sei, angenommen habe, "dass es nun damit vorbei sei". Dadurch, dass die vermummten Männer dann zu ihr gekommen seien, dachte sie [Anm: BF1], dass diese nun ihren anderen Kindern etwas antun könnten.
Auf Befragen gab die BF1 an, dass zuerst der Ehemann verschwunden sei und dann der Sohn durch den Zwischenfall am Feld verstorben sei. Sie habe keine Ahnung, warum ihr Ehemann verschwunden sie. Die Ehe mit diesem Mann sei sehr gut gewesen. Befragt nach Eigentum in Afghanistan berichtete die BF1, der Geschäftspartner habe alles verkauft, um die Ausreise zu finanzieren. Jetzt habe sie in Afghanistan nichts mehr.
Die BF1 gab an, dass sie alle Fluchtgründe betreffend Afghanistan gesagt habe. Sie habe ihre Kinder schützen wollen, es habe ihr an männlicher Unterstützung gemangelt und für sie allein sei es extrem schwierig gewesen. Außerdem sie überall in Afghanistan Krieg, es gäbe Explosionen. Für mich als eine Frau ohne Arbeit sei es unmöglich, für das Fortkommen so vieler Kinder zu sorgen, noch dazu wenn ein Kind wie der Sohn BF8 so krank sei. Hinzu komme die sehr schlechte Sicherheitslage, keine Ausbildung für die Kinder und keine medizinische Versorgung. Ohne männliche Unterstützung mit so vielen Kindern sei es ein riesengroßes Problem.
Befragt ob es für eine Frau im Alter der BF1 [Anm: Jahrgang XXXX] schwierig sei, in Afghanistan einen männlichen Versorger zu finden, gab sie an: "Kein Mann ist bereit, eine Frau zu heiraten, die so viele Kinder hat. Wissen Sie, eine Mutter macht alles in ihrer Macht Stehende für die Zukunft meiner Kinder. Meine Kinder fühlen sich hier sehr wohl, es geht ihnen hier gut".
Befragt, ob die Kinder BF2 bis BF9 die gleichen Fluchtgründe wie sie habe oder ob eigene Fluchtgründe geltend gemacht würden, gab die BF1 an: "Ja. Es ist dort auch keine Ausbildung möglich und es war für mich alleine dort sehr schwierig, für so viele Kinder zu sorgen. Wer will denn nicht im eigenen Land leben mit seinen eigenen Freunden, der Familie. Hätte es die Probleme nicht gegeben, hätte ich nicht das Land verlassen: krankes Kind, keine männliche Unterstützung".
Die BF1 verneinte, in Afghanistan je wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und / oder ihrer Religionszugehörigkeit bedroht oder verfolgt worden zu sein. Ihre Feinde seien nur die Cousins ihres Mannes gewesen, so die BF1. Die Frage, ob sie in Afghanistan jemals von irgendjemandem face-to-face bedroht oder verfolgt (Blutfehde, Racheakte) worden sei, verneinte sie. Sie gab dazu aber an: "Aber ich fühlte mich durch die drei vermummten Männer, die eines Nachts zu meinem Haus kamen, bedroht".
Sie sei in Afghanistan weder Mitglied einer Partei, noch sonst politisch tätig gewesen. Sie kenne sich überhaupt nicht aus und sei Hausfrau gewesen. Die BF1 verneinte, in Afghanistan je in Haft gewesen zu sein, sie sei dort weder vorbestraft, noch werde sie einer staatlichen Fahndungsmaßnahme wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief gesucht. In Afghanistan habe sie niemals Probleme mit Behörden, der Polizei oder einem Gericht gehabt, ebenso wenig in Österreich.
Die Frage, ob sie in Afghanistan jemals wegen ihrer Eigenschaft "Frau" bedroht oder verfolgt worden sei, verneinte sie und gab ergänzend an: "Ich war die ganze Zeit zuhause. Man kann nicht rausgehen".
Für den Fall der Rückkehr befürchte sie für ihr Leben und das ihrer Kinder, dass die Feinde sie alle umbringen würden. Mit "Feinde" meine ich die Cousins meines Mannes. Und ich bin ganz allein mit allen Kindern. Ich schaff das nicht. Ich habe nach wie vor Angst. Ich habe auch hier Angst. Pakistan ist ganz in der Nähe, auch dort hatten wir Angst. Außerdem hatten wir dort keinen Aufenthaltstitel und die Afghanen werden nach Afghanistan abgeschoben. Keines der Kinder bleibt am Leben. Sie würden alle getötet werden".
Da die BF auch minderjährige Töchter hat, wurde die Antwort auf die Frage, was sie für deren Leben im Falle der Rückkehr befürchte, begehrt. Sie gab zur Antwort: "Keine Ausbildung, sie dürfen nicht rausgehen. Sie haben keine Freiheit mehr. Sie müssten auch die Burka tragen".
Sie sei noch nie in Kabul gewesen und auch nicht in Herat oder Mazar-e-Sharif.
Zu der Frage wie sie ihr Leben hier in Österreich momentan verbringe, gab sie an, dass sie bislang keinen Deutschkurs besucht habe und versuche mit den Kindern zu reden. In deutscher Sprache gab sie an: "Ich bin römisch 40 . Ich heiße römisch 40 , ich bin 45 Jahre alt". In der Muttersprache führte sie aus, dass sie teilweise deutsch verstehe und sich bemühen werde, die deutsche Sprache zu erlernen, wenn die Kinder größer sind. Sie sei das Oberhaupt der Familie und wolle, dass die Kinder eine gute Ausbildung erhalten.
Die mündige Minderjährige BF3 [Anm: Jahrgang XXXX] wurde ebenso befragt. Seitens der Rechtsvertreterin wurden an die BF3 keine Fragen gerichtet.
Befragt nach den Fluchtgründen führte die BF3 aus wie folgt: "Wir haben Feinde gehabt in Afghanistan. Deshalb sind wir geflüchtet. Das waren die väterlichen Cousins meines Vaters. Ich kenne sie, wir haben uns aber nie besucht. Sie haben meinen Bruder umgebracht, sie wollten auch uns töten. Damit meine ich die Cousins, die Feinde".
Es wurde die Frage woher sie das wisse und ob ihr jemand persönlich gesagt habe, dass dieser jemand die BF3 umbringen wolle, gerichtet.
Darauf gab sie zur Antwort: "Alle haben zu uns gesagt, dass sie uns umbringen wollen. Auch unsere Nachbarn. Und einmal waren sie auch bei uns. Mein Bruder römisch 40 wurde umgebracht. Irgendwelche Männer wollten zu uns, wir haben große Angst gehabt".
Befragt wann diese Männer gekommen sind, gab die BF3 an: "Es war in der Nacht. Wir haben geschlafen, meine Mutter war wach. Meine Mutter hat laut geschrien, wir waren dann wach. Wir haben gefragt "was ist passiert". Sie sagte, irgendwelche Männer wollten zu uns".
Befragt wer für die Familie Geld verdient und gesorgt hat, nachdem der Vater nicht mehr da gewesen sei, gab sie an, dass ihre Mutter sich um uns [Anm: BF3 und ihre Geschwister] gekümmert habe und das Geld - so glaube sie - "von einem Mann bekommen, der mit meinem Vater zusammengearbeitet hat" habe.
Auf die Frage ob es sonst noch Fluchtgründe gegeben habe, antwortete die BF3, dass die Frauen dort auch keine Rechte hätten und zuhause sitzen müssten. Sie selbst habe keine Schule besucht und führte sie weiter aus: "Die Mädchen haben keine Rechte und dürfen nicht rausgehen. Meine Brüder haben keine Schule besucht, keines meiner Geschwister hat in Afghanistan eine Schule besucht".
Die Frage "Gab es eine Schule bei Ihnen im Ort?" beantwortete sie mit "Kann sein. Aber wir durften nicht rausgehen. Dort ist es halt so. So sind die Gesetze".
Die Buben dürften in Afghanistan schon rausgehen und ergänzte sie:
"Aber wegen der Feindschaft waren wir sehr vorsichtig".
Die Rechtsvertreterin konkretisierte, dass die Feindschaft war schon vorher bestanden habe, nicht erst seit dem Vorfall am Feld wo römisch 40 ums Leben gekommen sei. Daher würden die Beschwerdeführer immer vorbringen, dass sie sich nie besucht haben und kein guter Kontakt bestanden habe. Die BF1 habe auch gesagt, sie wisse nicht, warum die Feindschaft besteht. Ihr Mann habe es nie gesagt, so die Rechtsvertreterin.
Auf die Frage wo sie schreiben gelernt habe, gab die BF3 an, dass dies in Österreich geschehen sei. Sie habe auch schon Deutschkurse belegt. Auf die Frage ob sie sonst noch etwas zu den Fluchtgründen vorbringen wolle, antwortete die BF3: "Das war's, was ich gesagt habe. Die Frauen haben dort keine Rechte. Mir gefällt es hier, hier habe ich meine Freiheit".
Die BF3 verneinte, in Afghanistan aufgrund ihrer Volksgruppenzugehörigkeit und / oder ihrer Religionszugehörigkeit jemals bedroht oder verfolgt worden zu sein. Sie sei dort auch nie Mitglied einer Partei oder sonst politisch tätig gewesen und sei in Afghanistan nie inhaftiert gewesen und dort auch nicht vorbestraft oder per staatlicher Fahndungsmaßnahme wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief gesucht. Dazu gab sie ergänzend an: "Ich konnte ja nicht einmal rausgehen". Sie habe in niemals Probleme mit Behörden, der Polizei oder einem Gericht gehabt.
Auf die Frage, ob sie in Afghanistan jemals von irgendjemandem face-to-face bedroht oder verfolgt (Blutfehde, Racheakte oder dergleichen) worden sei, gab die BF3 an: "Nein. Auch nachdem mein Bruder getötet wurde, kam auf mich direkt nicht jemand zu und sagte er werde mich töten. Ich konnte ja nicht einmal rausgehen. Es kann sein, dass ich das Haus verlassen habe, als ich ganz klein war. Später habe ich das Haus nie verlassen. Zuhause habe ich meiner Mutter im Haushalt geholfen".
Die Frage, ob sie in Afghanistan jemals wegen der Eigenschaft "Frau" bedroht oder verfolgt worden sei, verneinte die BF3.
Auf die Frage, was sie befürchte, wenn sie nach Afghanistan zurückkehren müsste, gab die BF3 zur Antwort: "Ich habe Angst vor den Feinden. Sie werden mich umbringen. Ich habe niemanden in Afghanistan, ich kann nicht zurück. Ich war nie Kabul, auch nicht in Mazar-e-Sharif oder Herat".
Zu ihrem Leben in Österreich gab die BF3 an, dass sie einen Deutschkurs von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr belege und wenn sie daheim sie, mache sie die Hausaufgaben für den Deutschkurs. Jetzt könne sie teilweise Deutsch sprechen, der Betreuer habe gesagt, dass sie bald eine Schule besuchen könne. Die BF3 verständigte sich mit der Richterin zu Fragen nach ihrer Alltagsgestaltung teilweise in deutscher Sprache und vermochte dabei nicht auf alle der einfach gehaltenen Fragen zu antworten und bedurfte dabei zum Teil der Übersetzung in die Muttersprache.
In ihrer Muttersprache führte sie abschließend aus, dass sie (alle) sehr froh und glücklich sei(en) und dem Staat dienen wollen.
Sowohl die BF1 als auch die BF3 verzichteten auf die Rückübersetzung, sodass die Richterin der Rechtsvertreterin das gesamte bislang angefertigte Verhandlungsprotokoll zur Einsichtnahme aushändigte. Von der Rechtsvertreterin gewünschte Änderungen (Tippfehler) wurden vorgenommen.
Zum Länderbericht der Staatendokumentation wurde von der Rechtsvertreterin vorgebracht, dass unter Hinweis auf den Beschwerdeschriftsatz auch das Gutachten von Frau Stahlmann für das Verfahren vor dem Gericht in Wiesbaden eingebracht werde. Darüber hinaus wurde ein Konvolut an aktuellen Zeitungsberichten zur Sicherheitslage in Afghanistan und zwei Beiträge des Asylmagazin aus 2017, zur humanitären Situation und zur Sicherheitslage und Bedrohungen im sozialen Umfeld, beide von Frau Stahlmann, in das Verfahren eingebracht sowie eine chronologische Auflistung der Angriffe in Kabul in den letzten Jahren.
8. Es erfolgte die mündliche Verkündung und wurde den BF1 bis BF3 subsidiärer Schutz zuerkannt und die Belehrung gemäß Paragraph 29, Absatz 2 a, VwGVG erteilt. Die BF1 bis BF9 verzichteten nach Belehrung über die Folgen des Verzichts gemäß Paragraph 25 a, Absatz 4 a, VwGVG und §82 Absatz 3 b, VfGG nicht auf die Revision beim VwGH bzw Beschwerde beim VfGH.
9. Mit per Telefax vom 4.6.2018, eingelangt am 5.6.2018, begehrten die BF1 bis BF9 im Wege ihrer Rechtsvertretung die schriftliche Ausfertigung der am 29.5.2018 mündlich verkündeten Entscheidung.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Zur Person der Beschwerdeführer BF1 bis BF9:
Die BF1 bis BF9 sind Staatsangehörige der Islamischen Republik Afghanistan, Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken und sunnitischen Glaubensbekenntnisses.
Die BF1 bis B9 haben bis zu ihrer Ausreise aus Afghanistan in Afghanistan gelebt. Die BF1 bis B9 kommen aus Jalalabad.
Sie reisten in Umgehung der Grenzkontrollen unrechtmäßig nach Österreich ein und stellten am 2.4.2017 den Antrag auf internationalen Schutz.
Die Identität der BF1 bis BF9 steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.
Die vor dem Bundesverwaltungsgericht einvernommenen Beschwerdeführerinnen BF1 und BF3 erscheinen von dem vor dem Gericht hinterlassenen Eindruck her glaubwürdig.
Die BF1 ist die Mutter der BF2 bis BF9. Die BF 2 bis BF9 sind untereinander jeweils Geschwister.
Die BF1 bis BF9 leben von der Grundversorgung und scheinen die BF1 bis BF9 betreffend im Strafregister der Republik Österreich keine Vormerkungen auf.
Die Muttersprache der BF1 bis B9 ist Dari.
Die BF1 verfügt nicht über eine Schulbildung und war in Afghanistan als Mutter und Hausfrau tätig. Die BF1 hat außer ihren Kindern in Österreich keine Familienangehörige.
BF1 bis B9 verfügen über Familienangehörige in Afghanistan.
Bis auf den BF8 sind alle Beschwerdeführer gesund und benötigen keine regelmäßigen Medikamente. Es ist betreffend BF1 bis BF7 und BF9 Anderslautendes betreffend deren Gesundheitszustand auch sonst dem Gericht nicht bekannt geworden.
Der BF8 leidet an Epilepsie.
1.2. Zu den Fluchtgründen:
Die unmündigen Minderjährigen BF2, BF4 bis BF9 und die mündige Minderjährige BF3 haben dieselben Fluchtgründe wie deren gesetzliche Vertreterin BF1.
Als Fluchtgrund wird ins Treffen geführt, nach dem Verschwinden des Vaters der BF2 bis B9 (Ehemann der BF1) und dem Tod des Sohnes römisch 40 Afghanistan verlassen zu haben, da eines Nachts vermummte Männer eines Nachts zum Anwesen der BF1 bis BF9 gekommen wären, von denen die BF1 annahm, dass diese aufgrund dessen, dass der getötete Sohn römisch 40 einen der Cousins ihres Mannes getötet hatte, nun die Kinder töten wolle.
Es kann nicht festgestellt werden, dass den BF1 bis BF9 im Herkunftsstaat eine asylrechtlich relevante Verfolgung droht oder im Falle der Rückkehr droht.
Die BF1 bis BF9 wurden in Afghanistan weder aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit bedroht oder verfolgt, noch aufgrund der Religionszugehörigkeit. Die BF1 bis BF9 waren in Afghanistan niemals Mitglied einer Partei oder sonst politisch tätig, sie waren in Afghanistan niemals in Haft, sind in Afghanistan nicht vorbestraft und werden auch nicht mit einer staatlichen Fahndungsmaßnahme wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief gesucht. Die BF1 bis BF9 hatten in Afghanistan auch nie Probleme mit Behörden, der Polizei oder einem Gericht.
Die BF1 bis BF9 wurden in Afghanistan niemals von irgendjemandem face-to-face bedroht oder verfolgt.
Die BF1 und BF3 wurden in Afghanistan niemals bedroht oder verfolgt, weil es sich bei diesen beiden um eine Frau handelt.
Eine asylrelevante Diskriminierung der weiblichen Beschwerdeführerinnen aufgrund von "westlicher Orientierung" konnte nicht festgestellt werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret die BF1 und BF3 aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau sind, in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist bzw dass jede afghanische Staatsangehörige weiblichen Geschlechts in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.
Mit ihren Angaben zeigen die BF1 bis BF9 asylrelevante Gründe für das Verlassen Afghanistans nicht auf.
1.3. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer BF1 bis BF9 in den Herkunftsstaat:
Mit ihren Angaben zeigen die BF1 bis BF9 asylrelevante Gründe für das Verlassen Afghanistans nicht auf, welche dazu geeignet wären, sie im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen auszusetzen.
Es kann für den Fall ihrer Rückkehr nicht festgestellt werden, dass konkret die Beschwerdeführer BF1 bis BF9 als Angehörige der Volksgruppe der Tadschiken sowie als sunnitische Muslime in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt sind bzw dass jeder Angehörige dieser Volksgruppe sowie sunnitische Muslime in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.
Es kann nicht festgestellt werden, dass konkret die BF1 bis BF9 aufgrund der Tatsache, dass sie sich in Pakistan und zuletzt in Europa aufgehalten haben, in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt sind bzw dass jeder afghanische Staatsangehörige, welcher aus Pakistan und / oder aus Europa nach Afghanistan zurückkehrt, in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt ist.
Insgesamt konnten die Beschwerdeführer BF1 bis BF9 nicht glaubhaft vermitteln, dass sie im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat einer Verfolgung aus asylrelevanten Gründen ausgesetzt wären.
Zum Herkunftsort Jalalabad ist zu sagen, dass laut dem aktuellen Länderbericht in der Fassung 30.1.2018 Quellen zufolge der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018) operiert; die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind. Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle der Rückkehr nach Jalalabad die reale Gefahr einer Verletzung des Artikel 3, EMRK drohen würde, sodass zu prüfen ist, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative möglich wäre.
Es besteht betreffend die unmündig mj BF5 eine allgemeine Gefährdungslage im Herkunftsstaat. Bei der unmündig minderjährigen BF handelt es sich um eine besonders vulnerable und besonders schutzbedürftige Person (VwGH 21.3.2018, Ra 2017/18/0474 bis 0479-9) und geht das Gericht davon aus, dass der BF5 bei einer Rückkehr nach Afghanistan in eine innerstaatliche Fluchtalternative Kabul, Mazar-e-Sharif oder Herat die reale Gefahr einer Verletzung des Artikel 3, EMRK drohen würde.
Kabul, Mazar-e-Sharif oder Herat stehen nicht als eine taugliche innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, sodass die BF5 nicht in zumutbarer Weise auf die Übersiedelung in andere Landesteile Afghanistans verwiesen werden kann. Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedelung der unmündig minderjährigen BF5 in außerhalb der Herkunftsprovinz gelegenen Landesteilen wie etwa Kabul, Herat oder Mazar-e-Sharif ergeben sich unter Berücksichtigung der vom UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan aus dem Länderbericht zu Mazar-e-Sharif und Herat.
Im Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung droht der unmündigen Minderjährigen BF5 im Falle der Rückkehr in den Herkunftsstaat eine Verletzung ihrer gemäß Artikel 2 und Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte.
Da der Länderbericht die Versorgungslage für Kinder des Alters der BF5 nicht bloß für einzelne Teile Afghanistans schildert, wäre dies nicht bloß in der Herkunftsprovinz so, sondern auch in Kabul sowie in Mazar-e-Sharif und in Herat.
Nach Prüfung des Einzelfalls steht der unmündigen minderjährigen BF5 somit eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zur Verfügung, sodass sie nicht in zumutbarer Weise auf die Übersiedelung in andere Landesteile Afghanistans verwiesen werden kann, da sie auch dort Gefahr laufen würde, im Falle der Rückkehr in ihren gemäß Artikel 2 und Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechten verletzt zu werden.
Die getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand des BF8 basieren auf den Informationen der behandelnden Ärzte der Krankenanstalten aus jenen medizinischen Unterlagen, welche der BF8 als Beilage ./B in der mündlichen Verhandlung vorlegte.
1.4. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat Afghanistan:
Aus dem Länderbericht:
KI vom 30.01.2018: Angriffe in Kabul (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Landesweit haben in den letzten Monaten Aufständische, inklusive der Taliban und des IS, ihre Angriffe auf afghanische Truppen und Polizisten intensiviert (The Guardian; vergleiche BBC 29.1.2018). Die Gewalt Aufständischer gegen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen hat in den letzten Jahren zugenommen (The Guardian 24.1.2018). Die Taliban erhöhen ihre Operationen, um ausländische Kräfte zu vertreiben; der IS hingegen versucht seinen relativ kleinen Einflussbereich zu erweitern. Kabul ist in diesem Falle für beide Gruppierungen interessant (Asia Pacific 30.1.2018).
Im Stadtzentrum und im Diplomatenviertel wurden Dutzende Hindernisse, Kontrollpunkte und Sicherheitskameras errichtet. Lastwagen, die nach Kabul fahren, werden von Sicherheitskräften, Spürhunden und weiteren Scannern kontrolliert, um sicherzustellen, dass keine Sprengstoffe, Raketen oder Sprengstoffwesten transportiert werden. Die zeitaufwändigen Kontrollen führen zu langen Wartezeiten; sollten die korrekten Papiere nicht mitgeführt werden, so werden sie zum Umkehren gezwungen. Ebenso werden die Passagiere in Autos von der Polizei kontrolliert (Asia Pacific 30.1.2018).
Angriff auf die Marshal Fahim Militärakademie 29.1.2019
Am Montag den 29.1.2018 attackierten fünf bewaffnete Angreifer einen militärischen Außenposten in der Nähe der Marshal Fahim Militärakademie (auch bekannt als Verteidigungsakademie), die in einem westlichen Außendistrikt der Hauptstadt liegt. Bei dem Vorfall wurden mindestens elf Soldaten getötet und 15 weitere verletzt, bevor die vier Angreifer getötet und ein weiterer gefasst werden konnten. Der Islamische Staat bekannte sich zu dem Vorfall (Reuters 29.1.2018; vergleiche NYT 28.1.2018).
Quellen zufolge operiert der IS in den Bergen der östlichen Provinz Nangarhar (The Guardian 29.1.2018); die Provinzhauptstadt Jalalabad wird als eine Festung des IS erachtet, dessen Kämpfer seit 2015 dort aktiv sind (BBC 24.1.2018). Nachdem der IS in Ostafghanistan unter anhaltenden militärischen Druck gekommen war, hatte dieser immer mehr Angriffe in den Städten für sich beansprucht. Nationale und Internationale Expert/innen sehen die Angriffe in den Städten als Überlappung zwischen dem IS und dem Haqqani-Netzwerk (einem extremen Arm der Taliban) (NYT 28.1.2018).
Angriff im Regierungs- und Diplomatenviertel in Kabul am 27.1.2018
Bei einem der schwersten Angriffe der letzten Monate tötete am Samstag den 27.1.2018 ein Selbstmordattentäter der Taliban mehr als 100 Menschen und verletzte mindestens 235 weitere (Reuters 28.1.2018; vergleiche The Guardian 28.1.2018). Eine Bombe - versteckt in einem Rettungswagen - detonierte in einem schwer gesicherten Bereich der afghanischen Hauptstadt (The Guardian 27.1.2018; vergleiche The Guardian 28.1.2018). Der Vorfall ereignete sich im Regierungs- und Diplomatenviertel und wird als einer der schwersten seit dem Angriff vom Mai 2017 betrachtet, bei dem eine Bombe in der Nähe der deutschen Botschaft explodiert war und 150 Menschen getötet hatte (Reuters 28.1.2018).
Die Taliban verlautbarten in einer Aussendung, der jüngste Angriff sei eine Nachricht an den US-amerikanischen Präsidenten, der im letzten Jahr mehr Truppen nach Afghanistan entsendete und Luftangriffe sowie andere Hilfestellungen an die afghanischen Sicherheitskräfte verstärkte (Reuters 28.1.2018).
Angriff auf die NGO Save the Children am 24.1.2018
Am Morgen des 24.1.2018 brachte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Fahrzeug am Gelände der Nichtregierungsorganisation (NGO) Save The Children in der Provinzhauptstadt Jalalabad zur Explosion. Mindestens zwei Menschen wurden dabei getötet und zwölf weitere verletzt. Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich 50 Mitarbeiter/innen im Gebäude. Der IS bekannte sich zu diesem Vorfall (BBC 24.1.2018; vergleiche Reuters 24.1.2018).
Der jüngste Angriff auf eine ausländische Hilfseinrichtung in Afghanistan unterstreicht die wachsende Gefahr, denen Mitarbeiter/innen von Hilfsorganisationen in Afghanistan ausgesetzt sind (The Guardian 24.1.2018).
Das Gelände der NGO Save the Children befindet sich in jener Gegend von Jalalabad, in der sich auch andere Hilfsorganisationen sowie Regierungsgebäude befinden (BBC 24.1.2018). In einer Aussendung des IS werden die Autobombe und drei weitere Angriffe auf Institutionen der britischen, schwedischen und afghanischen Regierungen (Reuters 24.1.2018).
Angriff auf das Hotel Intercontinental in Kabul am 20.1.2018
Der Angriff bewaffneter Männer auf das Luxushotel Intercontinental in Kabul, wurde von afghanischen Truppen abgewehrt, nachdem die ganze Nacht um die Kontrolle über das Gebäude gekämpft worden war (BBC 21.1.2018).Fünf bewaffnete Männer mit Sprengstoffwesten hatten sich Zutritt zu dem Hotel verschafft (DW 21.1.2018). Die exakte Opferzahl ist unklar. Einem Regierungssprecher zufolge sollen 14 Ausländer/innen und vier Afghan/innen getötet worden sein. Zehn weitere Personen wurden verletzt, einschließlich sechs Mitglieder der Sicherheitskräfte (NYT 21.1.2018). 160 Menschen konnten gerettet werden (BBC 21.1.2018). Alle Fünf Angreifer wurden von den Sicherheitskräften getötet (Reuters 20.1.2018). Die Taliban bekannten sich zu dem Angriff (DW 21.1.2018).
Wie die Angreifer die Sicherheitsvorkehrungen durchbrechen konnten, ist Teil von Untersuchungen. Erst seit zwei Wochen ist eine private Firma für die Sicherheit des Hotels verantwortlich. Das Intercontinental in Kabul ist trotz des Namens nicht Teil der weltweiten Hotelkette, sondern im Besitz der afghanischen Regierung. In diesem Hotel werden oftmals Hochzeiten, Konferenzen und politische Zusammentreffen abgehalten (BBC 21.1.2018). Zum Zeitpunkt des Angriffes war eine IT-Konferenz im Gange, an der mehr als 100 IT-Manager und Ingenieure teilgenommen hatten (Reuters 20.1.2018; vergleiche NYT 21.1.2018).
Insgesamt handelte es sich um den zweiten Angriff auf das Hotel in den letzten acht Jahren (NYT 21.1.2018). Zu dem Angriff im Jahr 2011 hatten sich ebenso die Taliban bekannt (Reuters 20.1.2018).
Unter den Opfern waren ausländische Mitarbeiter/innen der afghanischen Fluggesellschaft Kam Air, u.a. aus Kirgisistan, Griechenland (DW 21.1.2018), der Ukraine und Venezuela. Die Fluglinie verbindet jene Gegenden Afghanistans, die auf dem Straßenweg schwer erreichbar sind (NYT 29.1.2018).
Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)
Distrikt Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen | 21 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 18 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 50 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 31 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 28 |
Andere Vorfälle | 3 |
Insgesamt | 151 |
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Provinz Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen | 5 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 89 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 30 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 36 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 1 |
Andere Vorfälle | 0 |
Insgesamt | 161 |
Im Zeitraum 1.9.2015.
- 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).
In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).
Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vergleiche auch: UNAMA 6.2.2017).
Nangarhar
Die Provinz Nangarhar liegt im Osten von Afghanistan. Im Norden grenzt sie an die Provinzen Kunar und Laghman, im Westen an die Hauptstadt Kabul und die Provinz Logar und den Gebirgszug Spinghar im Süden (Pajhwok o.D.g). Die Provinzhauptstadt Jalalabad ist 120 Kilometer von Kabul entfernt (Xinhua 10.2.2017). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 1.545.448 geschätzt (CSO 2016)
Gewalt gegen Einzelpersonen | 127 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 1.049 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 199 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 460 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 55 |
Andere Vorfälle | 11 |
Insgesamt | 1.901 |
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Nangarhar 1.901 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Seit dem Auftreten des Islamischen Staates in der bergreichen Provinz Nangarhar kommt es zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräfte und IS-Aufständischen (Xinhua 18.2.2017; vergleiche auch: Xinhua 10.2.2017). Die Aktivitäten des Islamischen Staates in der Provinz sind auf einige Gebiete in Nangarhar beschränkt (Tolonews 19.2.2017). Berichten zufolge sind dies insbesondere die Distrikte Achin, Kot, Haska Mina, sowie andere abgelegene Distrikte in Nangarhar (Khaama Press 22.1.2017).
In der Provinz werden regelmäßig Luftangriffe gegen den Islamischen Staat durchgeführt (UN GASC 13.12.2016; vergleiche auch: Khaama Press 21.2.2017; Khaama Press 14.2.2017; ICT 7.2.2017; Global Times 28.1.2017; Khaama Press 29.12.2016). Auch werden regelmäßig militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (UN GASC 13.12.2016; vergleiche auch: Khaama Press 16.2.2017; Khaama Press 14.2.2017; Xinhua 10.2.2017; Xinhua 14.1.2017; Pajhwok 26.7.2016); getötet wurden dabei hochrangige Führer des IS (Khaama Press 16.2.2017; Xinhua 10.2.2017; vergleiche auch:
Shanghai Daily 4.2.2017), aber auch Anführer der Taliban (Khaama Press 29.12.2017). In manchen Teilen der Provinz hat sich die Sicherheitslage aufgrund von militärischen Operationen verbessert (Pajhwok 19.9.2016). Einem hochrangigen Beamten zufolge, werden die afghanischen Sicherheitskräfte weiterhin Druck auf Sympathisanten des IS in Ostafghanistan ausüben, um zu verhindern, dass diese sich in den Distrikten Nangarhars oder anderen Provinzen ausweiten (Khaama Press 24.1.2017).
Religionsfreiheit:
Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vergleiche USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vergleiche auch: CIA 21.10.2016).
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans.
Tadschiken
Die dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan (CRS 12.1.2015). Die Tadschiken machen etwa 30% der afghanischen Gesellschaft aus (GIZ 1.2017). Der Name tajik (Tadschike) bezeichnete sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Der Hauptführer der "Nordallianz", eine politisch-militärische Koalition, ist Dr. Abdullah Abdullah - dessen Mutter Tadschikin und dessen Vater Pashtune ist. Er selbst identifiziert sich politisch gesehen als Tadschike, da er ein hochrangiger Berater von Ahmad Shah Masoud, war. Mittlerweile ist er "Chief Executive Officer" in Afghanistan (CRS 12.1.2015).
Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).
Frauen
Jahrzehntelanger Kampf gegen patriarchale und frauenfeindliche Normen, führte zu einer Sensibilisierung in Bezug auf Frauen und ihrer Rechte. Allmählich entwickelt sich die Rolle von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Bereichen (AF 7.12.2016). Die Situation der Frauen hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert; die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9.2016).
Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Bildung
Afghanistan ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung - auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben. Laut Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes ist mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (SIGAR 4.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004).
Seit dem Jahr 2000 hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht (AF 2015). Das afghanische Bildungsministerium errichtete gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 16.000 Schulen; rekrutierte und bildete mehr als 154.000 Lehrerinnen und Lehrer aus, und erhöhte die Zahl der Schuleinschreibungen um mehr als 60%. Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen. Frauen und Mädchen gehen öfter zu Schule wenn sie keine langen Distanzen zurücklegen müssen. USAID hat 84.000 afghanische Mädchen dabei unterstützt Schulen innerhalb ihrer Gemeinden besuchen zu können, damit sich nicht durch teilweise gefährliche Gegenden pendeln müssen (USAID 19.12.2016).
Laut dem afghanischen Statistikbüro, gab es landesweit 15.645 Schulen, 9.184.494 Schüler/innen, davon waren 362.906 weiblich. Diese Zahlen beinhalten alle Schultypen, dazu zählen Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren, etc. Die Zahl der Schülerinnen hat sich im Zeitraum 2015-2016 zum Vergleichszeitraum 2014 - 2015 um 2,2% erhöht. Die Gesamtzahl der Lehrer/innen betrug 199.509, davon waren
63.911 Frauen (CSO 2016).
Frauenuniversität in Kabul
Seit dem Jahr 2008 hat sich die Studierendenzahl in Afghanistan um 50% erhöht. Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (The Economist 13.8.2016; vergleiche auch:
MORAA 31.5.2016).
Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (Khaama Press 18.10.2015; vergleiche auch:
University Herold 18.10.2015); im ersten Lehrgang waren 28 Student/innen eingeschrieben, wovon 10 Männer waren (University Herold 18.10.2015).
Berufstätigkeit
Für viele Frauen ist es noch immer sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Berufe zu ergreifen. Einflussreiche Positionen werden abhängig von Beziehungen und Vermögen vergeben (AA 9.2016). Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016).
Bemerkenswert ist die Steigerung jener Afghan/innen, die der Meinung sind, Frauen sollen sich bilden und außerhalb des Heimes arbeiten dürfen. Bei einer Befragung gaben 81% der Befragten an, Männer und Frauen sollten gleiche Bildungschancen haben (The Diplomat 9.12.2016; vergleiche auch: AF 7.12.2016).
Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig verbessert und betrug im Jahr 2016 19%. Rund 64% der Afghan/innen befürworteten Frauen außerhalb ihres Heimes arbeiten zu dürfen. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen: Einschränkungen, Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UN Women 2016). Die Alpahbetisierungsrate bei Frauen in Afghanistan liegt durchschnittlich bei 17%, in manchen Provinzen sogar unter 2% (UN Women 2016; vergleiche auch: UNESCO Institute for statistics o.D.). In der Altersklasse der 15 - 24-jährigen betrug die Alphabetisierungsrate im Jahr 2015 bei Frauen 46,11%, bei den über 65-jährigen 4,33% (UNESCO Institute for statistics o.D.).
Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der Raum für weibliche Führungskräfte bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichstellung werden weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Frauen sind im Arbeitsleben mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert, etwa Verwandte, die verlangen sie sollen zu Hause bleiben; oder Einstellungsverfahren, die Männer bevorzugten. Jene die arbeiteten, berichteten von sexueller Belästigung, fehlenden Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten; Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten von, Drohungen und Misshandlungen (USDOS 13.4.2016).
Frauen machen 30% der Medienmitarbeiter/innen aus. Teilweise leiten Frauen landesweit Radiostationen - manche Radiostationen setzten sich ausschließlich mit Frauenangelegenheiten auseinander. Nichtsdestotrotz, finden Reporterinnen es schwierig ihren Job auszuüben. Unsicherheit, fehlende Ausbildung und unsichere Arbeitsbedingungen schränken die Teilhabe von Frauen in den Medien weiterhin ein (USDOS 13.4.2016).
Frauen im öffentlichen Dienst
Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016). Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Die von Präsident Ghani bewirkten Wahlreformen sehen zudem Frauenquoten von 25% der Sitze für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit vier Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 9.2016). Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden (UN Women 2016). Frauen in hochrangigen Regierungspositionen waren weiterhin Opfer von Drohungen und Gewalt (USDOS 13.4.2016).
Das Netzwerk von Frauenrechtsaktivistinnen "Afghan Women's Network" berichtet von Behinderungen der Arbeit seiner Mitglieder bis hin zu Bedrohungen und Übergriffen, teilweise von sehr konservativen und religiösen Kreisen (AA 9.2016).
Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften
Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Im Jahr 2016 haben mehr Frauen denn je die Militärschule und die Polizeiakademie absolviert (AF 7.12.2016). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u.a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden. Dieses ist allerdings bisher noch nicht geschehen (AA 9.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: Sputnik News 14.6.2016). Laut Verteidigungsministerium werden derzeit 400 Frauen in unterschiedlichen Bereichen des Verteidigungsministeriums ausgebildet: 30 sind in der nationalen Militärakademie, 62 in der Offiziersakademie der ANA, 143 in der Malalai Militärschule und 109 Rekrutinnen absolvieren ein Training in der Türkei (Tolonews 28.1.2017).
Im Allgemeinen verbessert sich die Situation der Frauen innerhalb der Sicherheitskräfte, bleibt aber weiterhin fragil. Der Schutz von Frauenrechten hat in größeren städtischen Gegenden, wie Kabul, Mazar-e Sharif und in der Provinz Herat, moderate Fortschritte gemacht; viele ländliche Gegenden sind extrem konservativ und sind aktiv gegen Initiativen, die den Status der Frau innerhalb der Gesellschaft verändern könnte (USDOD 6.2016).
Auch wenn die Regierung Fortschritte machte, indem sie zusätzliche Polizistinnen rekrutierte, erschweren kulturelle Normen und Diskriminierung die Rekrutierung und den Verbleib in der Polizei (USDOS 13.4.2016).
Teilnahmeprogramme für Frauen in den Sicherheitskräften
Initiiert wurde ein umfassendes Programm zur Popularisierung des Polizeidienstes für Frauen (SIGAR 30.7.2016; vergleiche auch: Sputnik News 5.12.2016). Dies Programm fördert in verschiedenster Weise Möglichkeiten zur Steigerung der Frauenrate innerhalb der ANDSF (SIGAR 30.7.2016). Das afghanische Innenministerium gewährte im Vorjahr 5.000 Stellen für Frauen bei der Polizei, diese Stellen sind fast alle noch immer vakant (Sputnik News 5.12.2016; vergleiche auch:
SIGAR 30.7.2016). Eines der größten Probleme ist, dass sowohl junge Mädchen als auch Ehefrauen in ihren Familien nichts selbständig entscheiden dürften (Sputnik News 5.12.2016). Die afghanische Nationalpolizei schuf zusätzlich neue Posten für Frauen - womit sich deren Zahl auf 5.969 erhöhte; 5.024 dieser Posten sind innerhalb der afghanischen Nationalpolizei, 175 in Gefängnissen und Haftanstalten, sowie 770 zivile Positionen (SIGAR 30.7.2016). Im Juni 2016 verlautbarten die Behörden in Kabul, bis März 2017 die Polizei mit 10.000 neuen Stellen für weibliche Polizeikräfte aufzustocken. Die Behörden möchten der steigenden Gewalt gegen Frauen in Afghanistan entgegentreten und effektiver gegen die Terrorbedrohung und den Drogenhandel im Land vorgehen (Sputnik News 14.6.2016).
Seit fast einem Jahrzehnt schaffen afghanische Behörden massiv Arbeitsstellen für Frauen bei der Polizei und versuchen alljährlich den Frauenanteil zu erhöhen. Das dient vor allem dazu, den Afghaninnen Schutz zu gewähren. Wenn Verdächtigte und mutmaßliche Verbrecher Frauen seien, werden Polizistinnen bevorzugt. Allerdings haben Beamtinnen wegen ihres Polizeidienstes öfter Probleme mit ihren konservativen Verwandten (Sputnik News 14.6.2016). Im Arbeitskontext sind Frauen von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen: so sind z. B. Polizistinnen massiven Belästigungen und auch Gewalttaten durch Arbeitskollegen oder im direkten Umfeld ausgesetzt (AA 9.2016; vergleiche auch: Sputnik News 14.6.2016).
Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung
Sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt ist weit verbreitet. Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen finden zu über 90% innerhalb der Familienstrukturen statt. Die Gewalttaten reichen von Körperverletzungen und Misshandlungen über Zwangsehen bis hin zu Vergewaltigungen und Mord (AA 9.2016). In den ersten acht Monaten des Jahres 2016 dokumentierte die AIHRC 2.621 Fälle häuslicher Gewalt - in etwa dieselbe Zahl wie im Jahr 2015; obwohl angenommen wird, die eigentliche Zahl sei viel höher (HRW 12.1.2017). Die AIHRC berichtet von mehr als 4.250 Fällen von Gewalt an Frauen, die in den ersten neun Monaten des afghanischen Jahres (beginnend März 2015) gemeldet wurden (USDOS 13.4.2016). Diese Fälle beinhalten unterschiedliche Formen von Gewalt: physische, psychische, verbale, sexuelle und wirtschaftliche. In den ersten sechs Monaten des Berichtszeitraumes wurden 190 Frauen und Mädchen getötet; in 51 Fällen wurde der Täter verhaftet (Khaama Press 23.3.2016).
Viele Gewaltfälle gelangen nicht vor Gericht, sondern werden durch Mediation oder Verweis auf traditionelle Streitbeilegungsformen (Schuren und Jirgas) verhandelt. Traditionelle Streitbeilegung führt oft dazu, dass Frauen ihre Rechte sowohl im Strafrecht als auch im zivilrechtlichen Bereich wie z. B. im Erbrecht nicht gesetzeskonform zugesprochen werden. Viele Frauen werden darauf verwiesen, den "Familienfrieden" durch Rückkehr zu ihrem Ehemann wiederherzustellen. Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (kein Straftatbestand, aber oft als Versuch der zina gewertet) (AA 9.2016).
Ehrenmorde
Ehrenmorde an Frauen werden typischerweise von einem männlichen Familien- oder Stammesmitglied verübt (BFA Staatendokumentation 2.7.2014). Mädchen unter 18 Jahren sind auch weiterhin dem Risiko eines Ehrenmordes ausgesetzt, wenn eine außereheliche sexuelle Beziehung angenommen wird, wenn sie vor Zwangsverheiratung davonlaufen oder Opfer eines sexuellen Übergriffs werden. Die AIHRC gab bekannt, zwischen März 2014 und März 2015 92 Ehrenmorde registriert zu haben (USDOS 13.4.2016).
Afghanische Expert/innen sind der Meinung, dass die Zahl der Mordfälle an Frauen und Mädchen viel höher ist, da sie normalerweise nicht zur Anzeige gebracht werden. Der Grund dafür ist Misstrauen in das juristische System durch einen Großteil der afghanischen Bevölkerung (Khaama Press 23.3.2016).
Legales Heiratsalter:
Das Zivilgesetz Afghanistans definiert für Mädchen 16 Jahre und für Burschen 18 Jahre als das legale Mindestalter für Vermählungen (Girls not brides 2016). Ein Mädchen, welches jünger als 16 Jahre ist, kann mit der Zustimmung eines Vormunds oder eines zuständigen Gerichtes heiraten. Die Vermählung von Mädchen unter 15 Jahren ist auch weiterhin üblich (USDOS 13.4.2016). Die UN und HRW schätzen die Zahl der Zwangsehen auf 70% (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: AA 9.2016).
In Fällen von Gewalt oder unmenschlicher traditioneller Praktiken laufen Frauen oft von zu Hause weg, oder verbrennen sich sogar selbst (USDOS 13.4.2016). Darüber hinaus kommt immer wieder vor, dass Frauen inhaftiert werden, wenn sie z.B. eine Straftat zur Anzeige bringen, von der Familie aus Gründen der "Ehrenrettung" angezeigt werden, Vergewaltigung werden oder von zu Hause weglaufen (AA 9.2016).
Frauenhäuser
USDOS zählt 28 formelle Frauenhäuser- um einige Frauen vor Gewalt durch die Familien zu schützen, nahmen die Behörden diese in Schutzhaft. Die Behörden wandten die Schutzhaft auch dann an, wenn es keinen Platz in Frauenhäusern gab (USDOS 13.4.2016).
Weibliche Opfer von häuslicher Gewalt, Vergewaltigung oder Zwangsehe sind meist auf Schutzmöglichkeiten außerhalb der Familie angewiesen, da die Familie oft (mit-)ursächlich für die Notlage ist. Landesweit gibt es in den großen Städten Frauenhäuser, deren Angebot sehr oft in Anspruch genommen wird. Manche Frauen finden vorübergehend Zuflucht, andere wiederum verbringen dort viele Jahre. Die Frauenhäuser sind in der afghanischen Gesellschaft höchst umstritten, da immer wieder Gerüchte gestreut werden, diese Häuser seien Orte für unmoralische Handlungen und die Frauen in Wahrheit Prostituierte. Sind Frauen erst einmal im Frauenhaus untergekommen, ist es für sie sehr schwer, danach wieder in ein Leben außerhalb zurückzufinden (AA 9.2016).
Die Schwierigkeit für eine nachhaltige Lösung für Frauen, war der soziale Vorbehalt gegen Frauenhäuser, nämlich der Glaube, das "Weglaufen von zu Hause" sei eine ernsthafte Zuwiderhandlung gegen gesellschaftliche Sitten. Frauen, die vergewaltigt wurden, wurden von der Gesellschaft als Ehebrecherinnen angesehen (USDOS 13.4.2016).
Berichten zufolge, würde das MoWA, aber auch NGOs, versuchen Ehen für Frauen zu arrangieren, die nicht zu ihren Familien zurückkehren konnten (USDOS 13.4.2016).
Medizinische Versorgung - Gynäkologie
Das Recht auf Familienplanung wird von wenigen Frauen genutzt. Auch wenn der weit überwiegende Teil der afghanischen Frauen Kenntnisse über Verhütungsmethoden hat, nutzen nur etwa 22 % (überwiegend in den Städten und gebildetere Schichten) die entsprechenden Möglichkeiten. Viele Frauen gebären Kinder bereits in sehr jungem Alter (AA 9.2016).
Weibliche Genitalverstümmelung ist in Afghanistan nicht üblich (AA 9.2016)
Kinder
Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. So werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult. Mädchen waren unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen (AA 9.2016). Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen (USAID 19.12.2016). Der Anteil der Mädchen nimmt jedoch mit fortschreitender Klassen- und Bildungsstufe ab. Aber auch geografisch gibt es Unterschiede. Den geringsten Mädchen-Anteil findet man im Süden und Südwesten des Landes (Helmand, Uruzgan, Zabul und Paktika) (AA 9.2016).
Der gewaltfreie Umgang mit Kindern hat sich in Afghanistan noch nicht als Normalität durchsetzen können. Körperliche Züchtigung und Übergriffe im familiären Umfeld, in Schulen oder durch die afghanische Polizei sind verbreitet. Dauerhafte und durchsetzungsfähige Mechanismen seitens des Bildungsministeriums, das Gewaltpotenzial einzudämmen, gibt es nicht. Gerade in ländlichen Gebieten gehört die Ausübung von Gewalt zu den gebräuchlichen Erziehungsmethoden an Schulen. Das Curriculum für angehende Lehrer beinhaltet immerhin Handreichungen zur Vermeidung eines gewaltsamen Umgangs mit Schülern (AA 9.2016).
Bacha Bazi (Bacha Bazi) - Tanzjungen
In weiten Teilen Afghanistans, vor allem in den Rängen von Armee und Polizei, aber nicht nur dort, ist der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nach wie vor ein großes Problem. Das Thema ist gesellschaftlich tabuisiert und wird nicht selten unter dem Deckmantel kultureller Gepflogenheiten ("Bacha Bazi", so genannte "Tanzjungen") verschwiegen oder verharmlost (AA 9.2016). Üblicherweise sind die Jungen zwischen 10 und 18 Jahre alt (SBS 20.12.2016; vergleiche auch: AA 9.2016); viele von ihnen werden weggeben, sobald sie erste Anzeichen eines Bartes haben (SBS 21.12.2016). Viele der Jungen wurden entführt und manchmal werden sie von ihren Familien, aufgrund von Armut, an die Täter verkauft (SBS 20.12.2016; vergleiche auch: AA 9.2016).
Die afghanische Menschenrechtskommission AIHRC hat sich 2014 mit einer nationalen Studie des Themas angenommen. Ein Großteil der Täter hat keinerlei Unrechtsbewusstsein. Die Jungen werden oft weiter gehandelt oder auch getötet. Die Jungen und ihre Familien werden oft von ihrer sozialen Umgebung verstoßen; eine polizeiliche Aufklärung findet nicht statt. (AA 9.2016)
Das von der AIHRC geleitete Komitee zum Thema Bacha Bazi, reichte beim Justizministerium einen Gesetzesentwurf ein, um diese Praxis zu kriminalisieren. Nach intensiver medialer Auseinandersetzung über vermeintliche Misshandlungen durch afghanische Sicherheitskräfte, ordnete der Präsident am 23. September 2015, die Schaffung einer Organisation - bestehend aus dem Büro der Generalstaatsanwaltschaft, dem Innenministerium und der AIHRC - um sexuellen Missbrauch von Kindern zu verhindern und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen (UN GASC 10.12.2015).
Die UNAMA unterstütze weiterhin Bemühungen der AIHRC Bacha Bazi, und andere Formen sexuellen Missbrauchs, vorzubeugen und zu kriminalisieren: sie drängte die afghanische Regierung Bacha Bazi zu kriminalisieren, indem die von einer Kommission entworfenen und vorgeschlagenen Gesetze, durch ein Präsidialdekret bestätigt werden sollen. Derzeit gibt es sehr wenige Leistungen und Unterstützungsmechanismen für Opfer von Bacha Bazi - oftmals werden sie selbst bestraft (UNAMA 6.2.2017).
Kinderarbeit
Das Arbeitsgesetz in Afghanistan setzt das Mindestalter für Arbeit mit 18 Jahren fest, erlaubt 14 -Jährigen als Lehrlinge zu arbeiten, sowie 15-Jährigen (und älter) "einfache Arbeit" zu verrichten. Ebenso dürfen 16- und 17-Jährige bis zu 35 Stunden pro Woche arbeiten. Unter 14-Jährigen ist es unter gar keinen Umständen erlaubt zu arbeiten. Das Arbeitsgesetz verbietet die Anstellung von Kindern in Bereichen, die ihre Gesundheit gefährden. In Afghanistan existiert eine Liste, die gefährliche Jobs definiert - dazu zählen:
Arbeit in Bergbau, Betteln, Abfallentsorgung und Müllverbrennung, arbeiten an Schmelzöfen, sowie großen Schlachthöfen, arbeiten mit Krankenhausabfall oder Drogen, arbeiten als Sicherheitspersonal und Arbeit im Kontext von Krieg (USDOS 13.4.2016).
Afghanistan hat die Konvention zum Schutze der Kinder ratifiziert. Kinderarbeit ist in Afghanistan somit offiziell verboten. Dennoch haben im Jahr 2014 laut AIHRC (Children's Situation Summary Report vom 14. Dezember 2014) 51,8% der Kinder auf die ein oder andere Weise gearbeitet. Viele Familien sind auf die Einkünfte, die ihre Kinder erwirtschaften, angewiesen. Daher ist die konsequente Umsetzung eines Kinderarbeitsverbots schwierig. Es gibt allerdings Programme, die es Kindern erlauben sollen, zumindest neben der Arbeit eine Schulausbildung zu absolvieren. Auch ein maximaler Stundensatz und Maßnahmen zum Arbeitsschutz (wie z. B. das Tragen einer Schutzmaske beim Teppichknüpfen) wurden gesetzlich geregelt. Der Regierung fehlt es allerdings an durchsetzungsfähigen Überprüfungsmechanismen dieser gesetzlichen Regelungen. 6,5 Millionen Kinder gelten als Gefahren ausgesetzt (AA 9.2016). Allgemein kann gesagt werden, dass schwache staatliche Institutionen die effektive Durchsetzung des Arbeitsrechts hemmen und die Regierung zeigt nur geringe Bemühungen, Kinderarbeit zu verhindern oder Kinder aus ausbeuterischen Verhältnissen zu befreien (USDOS 13.4.2016).
Kinderarbeit bleibt ein tiefgreifendes Problem. Das Arbeitsministerium verweigerte Schätzungen zu den Zahlen der arbeitenden Kinder in Afghanistan und begründete dies mit fehlenden Daten und Mängeln bei der Geburtenregistrierung. Dies schränkte, die ohnehin schwachen Kapazitäten der Behörden bei der Durchsetzung des Mindestalters für Arbeit ein. Berichten zufolge, wurden weniger als 10% der Kinder bei Geburt registriert. In einem Bericht der AIHRC, gaben 22% der Befragten an, arbeitende Kinder zu haben. Kinder sind bei der Arbeit einer Anzahl von Gesundheits- und Sicherheitsrisiken ausgesetzt; Berichte existieren wonach Kinder sexuellem Missbrauch durch erwachsene Arbeiter ausgesetzt waren (USDOS 13.4.2016).
Das Gesetz besagt, dass die Verhaftung eines Kindes als letztes Mittel und nur für die kürzest mögliche Zeit vorgenommen werden soll. Berichten zufolge mangelt es Kinder in Jugendhaftanstalten landesweit an Zugang zu adäquatem Essen, Gesundheitsvorsorge und Bildung. Verhafteten Kindern wurden oftmals Basisrechte wie z.B. die Unschuldsvermutung, das Recht auf einen Anwalt, oder das Recht auf Information über die Haftgründe usw., sowie das Recht nicht zu einem Geständnis gezwungen zu werden, verwehrt. Das Gesetz sieht eine eigene Jugendgerichtsbarkeit vor, limitierte Ressourcen ermöglichten bisher aber nur Jugendgerichte in sechs Gebieten: Kabul, Herat, Balkh, Kandahar, Jalalabad und Kunduz. In anderen Provinzen, in denen keine speziellen Gerichte existieren, fallen Kinder unter die Zuständigkeit allgemeiner Gerichte. In manchen Fälle nahmen die Behörden die Opfer, als zu bestrafende wahr, da sie Schande über die Familie gebracht haben, indem sie Missbrauch anzeigten. In manchen Fällen wurden misshandelte Kinder von den Behörden verhaftet, wenn sie nicht zu ihren Familien zurückgebracht werden konnten und keine anderen Zufluchtsstätten existierten. Auch gab es Vorwürfe wonach die Behörden Kinder oft stellvertretend für verwandte Täter verhafteten (USDOS 13.4.2016).
Bildungssystem in Afghanistan
In Afghanistan gibt es zwei parallele Bildungssysteme. Religiöse Bildung liegt in der Verantwortung des Klerus in den Moscheen, während die Regierung kostenfreie Bildung an staatlichen Einrichtungen bietet. Im Alter von 7 bis 13 Jahren gehen die Schüler in die Primärschule. Darauf folgen 3 Jahre Mittelschule. Studieninteressenten müssen am Ende dieses Abschnitts ein Examen bestehen. In der Sekundarschule haben die Schüler/innen die Wahl entweder für 3 weitere Jahre den akademischen Weg einzuschlagen, welcher weiter zur Universität führen kann; oder Themen wie angewandte Landwirtschaft, Luftfahrt, Kunst, Handel etc. zu lernen. Beide Programme enden mit einem "Bacculuria"-Examen. Aus- und Weiterbildung: Bildungseinrichtungen umfassen auch Berufsschulen, technische Hochschulen und tertiäre Institute wie das Kabul Polytechnic Institute. Viele Einrichtungen, unter der Leitung des Ministeriums für Arbeit und Soziales, bieten Trainings an. Auch das Ministerium für Bildung betreibt eine Abteilung für Weiterbildung (41 Schulen), die Unterstützung bieten. Diese fokussieren sich hauptsächlich auf Mechanik, Tischlerei, Sanitär, Metallarbeiten, Friseur, Schneiderei und Bürotätigkeiten. Öffentliche Schulen und Kindergärten sind bis zum Universitätslevel kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten müssen bezahlt werden.
Kinderbetreuung: Es gibt einige staatlich finanzierte und verwaltete Kindergärten. Diese gewähren Kindern von Mitarbeiter/innen kostenfreien Zugang (IOM 2016).
Viele Kinder sind unterernährt. Ca. 10% (laut offizieller Statistik 91 von 1.000, laut Weltbank 97 von 1.000) der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag. Straßenkinder gehören zu den am wenigsten geschützten Gruppen Afghanistans und sind jeglicher Form von Missbrauch und Zwang ausgesetzt (AA 9.2016).
Medizinische Versorgung
Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder nur ältere statistische Erhebungen der afghanischen Regierung oder der Weltgesundheitsorganisation vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen (AA 9.2016).
Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei [Anm.: siehe dazu afghanische Verfassung
Artikel 52, (Max Planck Institute 27.1.2004)].
Im regionalen Vergleich fällt die medizinische Versorgung weiterhin drastisch zurück (AA 9.2016). Dennoch hat das afghanische Gesundheitssystem in der letzten Dekade ansehnliche Fortschritte gemacht (The World Bank Group 10.2016; vergleiche auch: AA 9.2016). Dies aufgrund einer soliden öffentlichen Gesundheitspolitik, innovativer Servicebereitstellung, sorgfältiger Überwachung und Evaluierung, sowie Entwicklungshilfe. Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsservices, wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und unter 5-jährigen, sind die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin schlechter als die der Niedrigeinkommensländer. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter 5 Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel (The World Bank Group 10.2016).
Die medizinische Versorgung leidet trotz erkennbarer und erheblicher Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärztinnen und Ärzten, sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine medizinisch qualifiziert ausgebildete Person gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (AA 9.2016).
Erhebliche Fortschritte der letzten Dekade sind: Die Mütter- und Kindersterblichkeitsrate hat sich signifikant reduziert; die Sterberate von Kindern unter 5 Jahren ist von 257 auf 55 pro 1.000 Lebendgeburten gesunken, die Säuglingssterblichkeitsrate von 165 auf
45. Die Müttersterblichkeitsrate ist auf 327 bei 100.000 Lebendgeburten gesunken (WB 2.11.2016). Im Vergleich dazu betrug die Müttersterblichkeitsrate im Jahr 2002 noch 1.600. Die Zahl funktionierender Gesundheitsanstalten verbesserte sich von 496 im Jahr 2002 auf 2.000 im Jahr 2012. Proportional dazu erhöhte sich die Zahl der Anstalten mit weiblichem Personal (WB 2.11.2016). Bei 34% der Geburten war ausgebildetes Gesundheitspersonal anwesend. Schätzungen der UN Population Division zufolge, verwenden 23% der Frauen in gebärfähigem Alter moderne Methoden der Empfängnisverhütung (USDOS 13.4.2016).
Krankenkassen und Gesundheitsversicherung
Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar und somit müssen bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst (IOM 21.9.2016). Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Physisch und geistig Behinderte, sowie Opfer von Missbrauch müssen eine starke familiäre und gesellschaftliche Unterstützung sicherstellen. Für verschiedene Krankheiten und Infektionen ist medizinische Versorgung nicht verfügbar. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie ist in Kabul (1 in Kabul) verfügbar (IOM 2016).
Medikamente
Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (IOM 2016). Obwohl freie Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war vielen Frauen nicht erlaubt alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 13.4.2016).
Beispiele für Behandlung psychischer Fälle in Afghanistan
In öffentlichen und privaten Kliniken ist beispielsweise paranoide Schizophrenie behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patient/innen nichts für ihre Aufnahme bezahlen. Die Patient/innen müssen ihre Medikamente in außenstehenden Apotheken kaufen (IOM 11.10.2016). In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital mit 100 Betten und die Universitätsklinik Aliabad mit 48 Betten. In Jalalabad und Herat gibt es jeweils 15 Betten für psychiatrische Fälle. In Mazar-e Scharif gibt es eine private Einrichtung, die psychiatrische Fälle stationär aufnimmt. Folgebehandlungen sind oft schwierig zu leisten, insbesondere wenn Patient/innen kein unterstützendes Familienumfeld haben. Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt", oder es wird ihnen in einer "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (AA 9.2016).
Krankenhäuser in Afghanistan
Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira). Man kann sich mit seinem Ausweis in jedem afghanischen Krankenhaus registrieren und je nach gesundheitlicher Beschwerde einem Arzt zugewiesen werden. Sollten Operation und Krankenhausaufenthalt nötig sein, wird dem Patienten in dem Krankenhaus ein Bett zur Verfügung gestellt (IOM 2016).
In Kandahar eröffnete eine pädiatrische Abteilung im Mirwais Krankenhaus, mit dem Ziel die extrem hohe Säuglingssterberate zu reduzieren: unter anderem verdoppelte sich die Zahl der Säuglingsschwestern; die neue Brutkasteneinheit unterstützt die Spezialist/innen der Neonatalogie (The Guardian 1.12.2016).
Krankenhäuser in Kabul:
Antani Hospital Address: Salan Watt, District 2, Kabul Tel: +93 (0)20 2201 372
Ataturk Children's Hospital Address: Behild Aliabaad (near Kabul University), District 3, Kabul Tel: +93 (0)75 2001893 / +93 (0)20 250 0312
Ahyaia Mujadad Hospital Address: Cinema Pamir, 1st District, Kabul
Tel: +93(0)20 2100436
Centre Poly Clinic Address: District 1, Cinema Pamir, Kabul Tel: +93 (0)202100445
Istiqlal Hospital Address: District 6, Kabul Tel: +93 (0)20 2500674
Ibnisina Emergency Hospital Address: Pull Artal, District 1, Kabul
Tel: +93 (0)202100359
Jamhoriat Hospital Address: Ministry of Interior Road, Sidarat
Square, District 2,Kabul Tel: +93 (0)20 220 1373/ 1375
Malalai Maternity Hospital Address: Malalai Watt, Shahre Naw, Kabul
Tel: +93(0)20 2201 377
Noor Eye Hospital Address: Cinema Pamir, Kabul Tel: +93 (0)20 2100 446
Rabia-i-Balki Maternity Hospital Address: Frosh Gah, District 2,
Kabul Tel: +93(0)20 2100439
Tuberculosis Hospital Address: Sana Turiam, Dar-ul-Aman, District 6, Kabul Tel:+93 (0)75 201 4842
Beispiele für Nichtregierungsorganisationen vor Ort:
Ärzte ohne Grenzen (MSF)
In Helmand besteht das größte Krankenhaus im südlichen Afghanistan, welches von Ärzten ohne Grenzen (MSF) geführt wird. Als eines der wenigen Krankenhäuser in der Provinz, hat das Krankenhaus 300 Betten. Etwa 700 afghanische Mitarbeiter/innen und 25 Ausländer/innen arbeiten in den Abteilungen des Krankenhauses, zu diesen zählen unter anderem die Pädiatrie, die Intensivmedizin, die Orthopädie, erste Hilfe und Operationen. Die Behandlung in diesem Krankenhaus ist kostenfrei, sofern man es schafft einen Platz zu bekommen (Time 31.8.2016).
Das Komitee des internationalen Roten Kreuz (ICRC)
Zugang zu Gesundheitsbehandlung bleibt schwierig in jenen Gegenden, in denen die Sicherheitslage schwach ist.
Das ICRC:
stellt medizinische Unterstützung dem staatlich geführten Sheberghan Krankenhaus im Norden und dem regionalen Mirwais Krankenhaus im Süden zur Verfügung stellt technische und finanzielle Unterstützung für 47 ARCS Kliniken (Afghan Red Crescent Society) und lokalen Freiwilligen, die Menschen in Konfliktgebieten medizinische Hilfe anbieten, zur Verfügung stellt auf Anfrage medizinische Arzneiwaren, jenen Krankenhäusern zur Verfügung, in denen Massenverletzte sind unterstützt im Süden das Betreiben eines Taxidienstes, der Verwundete in Krankenhäuser bringt sendet medizinische Ausrüstungen in jene Konfliktgegenden, um Notfälle zu behandeln betreibt sieben physikalische Rehabilitationszentren (diese werden oftmals als orthopädische Zentren in Afghanistan bezeichnet), in diesen werden Rehabilitation und soziale Integration für tausende Menschen mit Amputationen oder anderen Behinderungen angeboten bildet Physiotherapeut/innen aus, die Menschen mit Rückenmarkverletzungen zu Hause besuchen (ICRC 2.9.2016).
Telemedizinprojekt durch den Mobilfunkanbieter Roshan
Das Telemedizinprojekt, verbindet Ärzte in ländlichen Gegenden mit Spezialist/innen im französischen Kindermedizininstitut in Kabul und dem Aga Khan Universitätskrankenhaus in Pakistan. Durch eine Hochgeschwindigkeits-Videoverbindung werden arme Patient/innen auf dem Land von Expert/innen diagnostiziert. Die von Roshan zur Verfügung gestellte Technologie ermöglicht es afghanischen Ärzten im Institut zudem, durch komplizierte Behandlungen geleitet zu werden, für die sie sonst nicht die Expertise hätten (Good Impact 17.12.2016).
Auszug aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016:
Quelle:
http://www.unhcr.org/dach/wp-content/uploads/sites/27/2017/04/AFG_042016.pdf
Wie von UNHCR in den Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 festgestellt, ist es erforderlich, dass die internationalen Schutzbedürfnisse afghanischer Asylsuchender auf individueller Grundlage unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Antragstellers geprüft werden und wird aus den UNHCR-Richtlinien Folgendes entnommen:
Zu Rechtsschutz, Justizsystem und Sicherheitsbehörden in Afghanistan:
"Die starke Zunahme von regierungsfeindlichen Gruppen mit unterschiedlichen Zielen und Vorgehensweisen, einschließlich insbesondere der neuen Bedrohung durch mit ISIS verbundene Gruppen, hat zusammen mit der Gewalt der aufständischen Gruppen untereinander zu einer zunehmend unübersichtlichen Sicherheitslage beigetragen. Berichten zufolge unterminieren außerdem regierungsnahe bewaffnete Gruppen in den Gebieten unter ihrem Einfluss die Autorität der Regierung und werden zunehmend mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung gebracht. [ ]
Experten zufolge haben sich die afghanischen Sicherheitskräfte als generell in der Lage erwiesen, Provinzhauptstädte und größere städtische Zentren zu verteidigen. Eine wichtige Ausnahme stellte die kurzfristige Eroberung von Kunduz durch die Taliban im September 2015 dar. Jedoch stieg 2015 die Anzahl getöteter Mitglieder der afghanischen nationalen Sicherheitskräfte (ANSF) deutlich, als die wiedererstarkten Taliban breit angelegte Offensiven starteten und die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte (ANSF) regelmäßig in eine reaktive Rolle drängten und während der Kämpfe 2015 ihre Kontrolle über ländliche Gebiete im ganzen Land stärkten. [ ]
Die Regierung der nationalen Einheit (NUG) bleibt eine instabile Regierungskoalition, die von ethnischen Trennlinien, Klientelpolitik und interner Uneinigkeit in Hinblick auf zentrale strategische Fragen geprägt ist. Die sich verschlechternde Sicherheitslage hat Berichten zufolge dazu geführt, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Fähigkeit der Regierung, für Sicherheit zu sorgen, schwindet und dass die Regierung infolgedessen die Unterstützung der Bevölkerung verliert. [ ]
Diese Entwicklungen müssen vor dem Hintergrund einer berichteten endemischen Korruption, Schwierigkeiten bei der Einrichtung und Aufrechterhaltung der staatlichen Autorität, andauernder Bedenken hinsichtlich der mangelnden Rechtsstaatlichkeit und eines nicht ausreichend funktionierenden Justizsystems, eines hohen Maßes an Kriminalität , weit verbreiteter Menschenrechtsverletzungen und einem allgemeinen Klima der Straflosigkeit betrachtet werden. [ ]
Sogar dort, wo der rechtliche Rahmen den Schutz der Menschenrechte vorsieht, bleibt die Umsetzung der Verpflichtungen Afghanistans, nach nationalem und internationalem Recht diese Rechte zu fördern und zu schützen, in der Praxis oftmals eine Herausforderung. Die Regierungsgewalt Afghanistans und die Rechtsstaatlichkeit werden als besonders schwach wahrgenommen, die Zufriedenheit der Öffentlichkeit mit der Regierungsarbeit und das Vertrauen in öffentliche Einrichtungen sanken Berichten zufolge im Jahr 2015 auf drastische Weise.
Die Fähigkeit der Regierung, die Menschenrechte zu schützen, wird in vielen Distrikten durch Unsicherheit und zahlreiche Angriffe durch regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) untergraben. Ländliche und instabile Gebiete leiden Berichten zufolge unter einem allgemein schwachen förmlichen Justizsystem, das unfähig ist, Zivil- und Strafverfahren effektiv und zuverlässig zu entscheiden. Von der Regierung ernannte Richter und Staatsanwälte sind Berichten zufolge oftmals aufgrund der Unsicherheit nicht in der Lage, in diesen Gemeinden zu bleiben.
Beobachter berichten von einem hohen Maß an Korruption, von Herausforderungen für effektive Regierungsgewalt und einem Klima der Straflosigkeit als Faktoren, die die Rechtsstaatlichkeit schwächen und die Fähigkeit des Staates untergraben, Schutz vor Menschenrechtsverletzungen zu bieten. Berichten zufolge werden in Fällen von Menschenrechtsverletzungen die Täter selten zur Rechenschaft gezogen und für die Verbesserung der Übergangsjustiz besteht wenig oder keine politische Unterstützung."
Zu der internen Schutzalternative:
"[ ] Bei der Prüfung der Relevanz einer internen Schutzalternative für afghanische Antragsteller müssen die folgenden Aspekte erwogen werden:
(i) Der instabile, wenig vorhersehbare Charakter des bewaffneten Konflikts in Afghanistan hinsichtlich der Schwierigkeit, potenzielle Neuansiedlungsgebiete zu identifizieren, die dauerhaft sicher sind, und
(ii) die konkreten Aussichten auf einen sicheren Zugang zum vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet unter Berücksichtigung von Risiken im Zusammenhang mit dem landesweit verbreiteten Einsatz von improvisierten Sprengkörpern und Landminen, Angriffen und Kämpfen auf Straßen und von regierungsfeindlichen Kräften auferlegte Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Zivilisten.
[ ] Im Lichte der verfügbaren Informationen über schwerwiegende und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen durch regierungsfeindliche Kräfte [ ] in von ihnen kontrollierten Gebieten sowie der Unfähigkeit des Staates, für Schutz gegen derartige Verletzungen in diesen Gebieten zu sorgen, ist nach Ansicht von UNHCR eine interne Schutzalternative in Gebieten des Landes, die sich unter tatsächlicher Kontrolle regierungsfeindlicher Kräfte [ ] befinden, nicht gegeben; es sei denn in Ausnahmefällen, in denen Antragsteller über zuvor hergestellte Verbindungen zur Führung der regierungsfeindlichen Kräfte [ ] im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet verfügen. UNHCR geht davon aus, dass eine interne Schutzalternative in den vom aktiven Konflikt betroffenen Gebieten unabhängig davon, von wem die Verfolgung ausgeht, nicht gegeben ist.
[ ]
Ob eine interne Schutzalternative zumutbar ist, muss anhand einer Einzelfallprüfung unter vollständiger Berücksichtigung der Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet zum Zeitpunkt der Entscheidung festgestellt werden. Insbesondere stellen die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtssituation von Afghanen, die derzeit innerhalb des Landes vertrieben wurden, relevante Erwägungen dar, die bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer vorgeschlagenen internen Schutzalternative berücksichtigt werden müssen. UNHCR ist der Auffassung, dass eine vorgeschlagene interne Schutzalternative nur dann zumutbar ist, wenn der Zugang zu (i) Unterkunft, (ii) grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung und zu (iii) Erwerbsmöglichkeiten gegeben ist. Ferner ist UNHCR der Auffassung, dass eine interne Schutzalternative nur dann zumutbar sein kann, wenn betroffene Personen Zugang zu einem traditionellen Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gruppe im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet haben und davon ausgegangen werden kann, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen.
Die einzigen Ausnahmen von dieser Anforderung der externen Unterstützung stellen nach Auffassung von UNHCR alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen. Angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft aufgrund jahrzehntelang währender Kriege, der massiven Flüchtlingsströme und der internen Vertreibung ist gleichwohl eine einzelfallbezogene Analyse notwendig. [ ]"
Zu in Blutfehden verwickelten Personen:
"Gemäß althergebrachter Verhaltens- und Ehrvorstellungen töten bei einer Blutfehde die Mitglieder einer Familie als Vergeltungsakte die Mitglieder einer anderen Familie. In Afghanistan sind Blutfehden in erster Linie eine Tradition der Paschtunen und im paschtunischen Gewohnheitsrechtssystem Paschtunwali verwurzelt, kommen jedoch Berichten zufolge auch unter anderen ethnischen Gruppen vor. Blutfehden können durch Morde ausgelöst werden, aber auch durch andere Taten wie die Zufügung dauerhafter, ernsthafter Verletzungen, Entführung oder Vergewaltigung verheirateter Frauen oder ungelöster Streitigkeiten um Land, Zugang zu Wasser oder Eigentum. Blutfehden können zu langanhaltenden Kreisläufen aus Gewalt und Vergeltung führen. Nach dem Paschtunwali muss die Rache sich grundsätzlich gegen den Täter selbst richten, unter bestimmten Umständen kann aber auch der Bruder des Täters oder ein anderer Verwandter, der aus der väterlichen Linie stammt, zum Ziel der Rache werden. Im Allgemeinen werden Berichten zufolge Racheakte nicht an Frauen und Kindern verübt. Wenn die Familie des Opfers nicht in der Lage ist, sich zu rächen, dann kann, wie aus Berichten hervorgeht, die Blutfehde erliegen, bis die Familie des Opfers sich für fähig hält, Racheakte auszuüben. Daher kann sich die Rache Jahre oder sogar Generationen nach dem eigentlichen Vergehen ereignen. Die Bestrafung des Täters im Rahmen des formalen Rechtssystems schließt gewaltsame Racheakte durch die Familie des Opfers nicht notwendigerweise aus. Sofern die Blutfehde nicht durch eine Einigung mit Hilfe traditioneller Streitbeilegungsmechanismen beendet wurde, kann Berichten zufolge davon ausgegangen werden, dass die Familie des Opfers auch dann noch Rache gegen den Täter verüben wird, wenn dieser seine offizielle Strafe bereits verbüßt hat."
Auszug aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 betreffend Risikogruppen:
"Risikogruppen
Laut UNHCR können folgende Asylsuchende aus Afghanistan, abhängig von den im Einzelfall besonderen Umständen, internationalen Schutz benötigen. Diese Risikoprofile sind weder zwangsläufig erschöpfend, noch werden sie der Rangfolge nach angeführt:
(1) Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung oder mit der internationalen Gemeinschaft, einschließlich der internationalen Streitkräfte, verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen;
(2) Journalisten und in der Medienbranche tätige Personen;
(3) Männer im wehrfähigen Alter und Kinder im Zusammenhang mit der Einberufung von Minderjährigen und der Zwangsrekrutierung;
(4) Zivilisten, die der Unterstützung regierungsfeindlicher Kräfte verdächtigt werden;
(5) Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen die Scharia verstoßen haben;
(6) Personen, bei denen vermutet wird, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte gemäß der Auslegung regierungsfeindlicher Kräfte verstoßen haben;
(7) Frauen mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;
(8) Frauen und Männer, die angeblich gegen gesellschaftliche Normen verstoßen haben;
(9) Personen mit Behinderungen, insbesondere geistigen Beeinträchtigungen, und Personen, die unter psychischen Erkrankungen leiden;
(10) Kinder mit bestimmten Profilen oder unter spezifischen Umständen;
(11) Überlebende von Menschenhandel oder Zwangsarbeit und Personen, die entsprechend gefährdet sind;
(12) Personen mit unterschiedlicher sexueller Orientierung und/oder Geschlechtsidentität;
(13) Angehörige gewisser Volksgruppen, insbesondere ethnischer Minderheiten;
(14) An Blutfehden beteiligte Personen, und
(15) Geschäftsleute und andere wohlhabende Personen (sowie ihre Familienangehörigen)."
Beweiswürdigung:
Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:
Die unter römisch II.1.1. getroffenen Feststellungen zur Person der Beschwerdeführer BF1 bis BF9 ergeben sich aus den widerspruchsfreien Angaben vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht sowie aus den vorgelegten Dokumenten. Ebenso basieren die unter römisch II.1.1. getroffenen Feststellungen auch auf der persönlichen Wahrnehmung der erkennenden Richterin und ist zu den unter römisch II.1.1. getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF1 bis BF7 und BF9 zu sagen, dass dem erkennenden Gericht nichts Anderslautendes vorgelegt wurde und dem Gericht auch sonst nichts bekannt geworden ist, dass gegen die Annahme, dass die BF1 bis BF7 und BF9 gesund sind, spräche. Dass der BF8 an der neurologischen Erkrankung Epilepsie leidet, kommt aus den dem Gericht und aus den dem BFA vorgelegten Unterlagen hervor.
Die Feststellung zur Staats-, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF gründen sich auf seine im Laufe des Verfahrens vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, vor der belangten Behörde sowie dem erkennenden Gericht stets gleichlautend gemachten und daher glaubhaften Angaben.
Die Angaben zu dem Herkunftsort in Afghanistan, zu den persönlichen Lebensumständen, insbesondere schulischen und beruflichen Werdegang, zu den Familienangehörigen, sowie zu der Ausreise und den Aufenthaltsorten der Beschwerdeführer BF1 bis BF9 sind chronologisch stringent und aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes plausibel. Die in diesem Zusammenhang getätigten Angaben waren gleichbleibend und widerspruchsfrei und sind daher als glaubhaft zu beurteilen.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der BF1 bis BF9 ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich.
Die unter römisch II.2. getroffenen Feststellungen zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer BF1 bis BF9 gründen auf dem glaubhaften Vorbringen der BF1, welche für sich und für ihre minderjährigen Kinder BF2 bis BF9 sprach bzw aus dem glaubhaften Vorbringen der ebenso befragten mündigen minderjährigen BF3.
Soweit das behauptete Fluchtvorbringen nicht festgestellt werden konnte, ist Folgendes festzuhalten: Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 liegt es auch an einem Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht. Laut Rspr des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Paragraph 274, ZPO zu verstehen. Ausgehend von Paragraph 274, Absatz eins,, letzter Satz ZPO eignet sich nur eine Beweisaufnahme, die sich sofort ausführen lässt mit Hilfe so genannter "parater" Bescheinigungsmittel zum Zwecke der Glaubhaftmachung (VwGH 27.5.2014, 2014/16/0003 mwN), wobei der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner asylrechtlichen Spruchpraxis von dieser Einschränkung abweicht. Mit der Glaubhaftmachung ist auch die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und dies betreffend konkrete Umstände anzuführen, welche objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007). Die Glaubhaftmachung hat zum Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.5.2006, 2005/17/0257). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen eines Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, welche für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektive Sichtweise anzustellen. In diesem Zusammenhang ist der unmittelbar anzuwendende Artikel 4, Absatz 5, der Richtlinie 2011/95/EU (Status-RL) maßgeblich, welcher betreffend "Prüfung der Tatsachen und Umstände" im Absatz 5, normiert wie folgt:
"Wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn
a)-der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen;
b)-alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;
c)-festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;
d)-der Antragsteller internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war; und
e)-die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."
Unter diesen Maßgaben ist ein Vorbringen eines Asylwerbers also auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen und ist dabei auf folgende Kriterien abzustellen: zunächst bedarf es einer persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers, welche insbesondere dann getrübt sein wird, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel gestützt wird oder er wichtige Tatsachen verheimlicht respektive bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Weiters muss das Vorbringen eines Asylwerbers - unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten - genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht jedoch in der Lage ist, Konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat überdies plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein - der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
Die BF1 und die BF3 brachten nach der Aufforderung in Ruhe in freier Erzählung alle ihre Fluchtgründe mitzuteilen und nichts wegzulassen" die Beweggründe für das Verlassen des Herkunftsstaates vor.
Die BF1 gab an, dass ihre Kinder BF2 bis BF9 dieselben Fluchtgründe haben wie die BF1. Die BF1 bis BF9 geben als fluchtauslösendes Moment an, dass sie und deren Ehemann (Vater) nie zu den Cousins des Ehemannes der BF1 (Vater der BF2 bis BF9) gepflegt hätten. Die BF1 vermutet, ihr Ehemann (Vater der BF2 bis BF9) sei vor 4 1/2 Jahren verschwunden und nun ihr unbekannten Aufenthalts bzw wisse sie nicht, ob er noch am Leben sei. Nach dem Tod des Mannes habe sie ca. 2 1/2 Jahre noch in Afghanistan gelebt und dabei männliche Unterstützung von einem ihr namentlich nicht bekannten Geschäftspartner ihres Ehemannes erhalten. Einige Zeit später sei ihr Sohn von einem der Cousins des Ehemannes der BF1 getötet worden, nachdem dieser einen dieser Cousins - sie wisse nicht welchen - getötet habe.
Eines Nachts seien drei vermummte Männer zum Anwesen der BF1 bis BF9 gekommen, ohne dabei Lärm zu erregen (""Die Männer waren ganz leise"). Die BF1 habe dies zufällig bemerkt. Die BF1 habe gewusst, dass diese Männer genau zu ihr oder zu ihr in das Haus wollten, das hätte sie von den Verwandten mitbekommen. Alle Freunde hätten "vorher" und "auch nachher" gesagt, dass diese Männer sie [Anm: uns] umbringen hätten wollen. Sie habe auch schon "vorher", bevor die Männer zu dem Anwesen der Familie gekommen wären, Angst gehabt.
Sie habe auch keine männliche Unterstützung gehabt.
Festzuhalten ist, dass die vorgetragenen Verfolgungsgründe weder bewiesen noch hinreichend belegt worden sind. Daher ist zur Beurteilung, ob die Verfolgungsgründe als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit der BF1 - welche für sich und ihre Kinder BF2 bis BF9 sprach - sowie auch auf die Glaubwürdigkeit der BF3 (mündige Minderjährige) - abzustellen.
Die Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit eines BF hat vor allem zu berücksichtigen, ob dieser außerhalb des unmittelbaren Vortrags zu seinen Fluchtgründen die Wahrheit gesagt hat; auch ist die Beachtung der in Paragraph 15, AsylG normierten Mitwirkungspflichten gemäß Paragraph 18, Absatz 2, AsylG und die sonstige Mitwirkung des BF im Verfahren zu berücksichtigen.
Die BF1 zeichnete insbesondere in der mündlichen Verhandlung in ihren Aussagen und ihrem Antwortverhalten ein glaubwürdiges Bild.
Dennoch vermochte die BF1 für sich und ihre Kinder eine asylrelevante Verfolgungsgefahr iSd Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht aufzuzeigen, da es diesbezüglich an einem kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) mangelt. Daher konnte eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat nicht glaubhaft gemacht werden. Es konnte weder eine konkret gegen die Personen der Beschwerdeführer gerichtete asylrelevante Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen für wahrscheinlich erscheinen lassen.
Es entzieht sich der Kenntnis der BF1, weshalb der Ehemann der BF1 (Vater der BF2 bis BF9) verschollen ist. Ihr Sohn sei aufgrund dessen, dass er einen Cousin seines Vaters getötet habe, getötet worden. Die BF1 gab an, dass daraufhin (nach dem Tod ihres Sohnes) sie nicht von einem der am Leben gebliebenen Cousins ihres Ehemannes oder diese Cousins als Gesamtheit aufgesucht worden wäre. Sie verneinte die Frage, ob einer der am Leben gebliebenen Cousins ihres Ehemannes oder diese Cousins als Gesamtheit bei ihr vorstellig geworden sind und sie bedroht oder verfolgt hätten. Die BF1 gab an, sie habe geglaubt, dass es sich bei den drei vermummten Männern, deren Köpfe sie eines Nachts vor den Mauern vor ihrem Anwesen wahrgenommen und die sie mit ihrem sehr lauten Geschrei vertrieben habe, um die Cousins ihres Mannes gehandelt haben könnte. Wenn die BF1 angibt "da einmal in der Nacht drei Männer bei mir waren, glaube ich, das waren die Cousins meines Mannes", bringt sie zum Ausdruck, nicht zu wissen ob diese Männer tatsächlich den Cousins ihres Mannes zurechenbar waren oder ob es sich dabei um diese Cousins selbst handelte. Ob diese Männer tatsächlich den Cousins ihres Mannes zurechenbar waren, ob es sich bei diesen um diese Cousins selbst handelte und ob diese Männer tatsächlich in das Anwesen der BF1 eindringen wollten, kann nicht festgestellt werden, da die BF1 angab, dass diese Männer leise gewesen seien und nicht irgendetwas gesprochen hätten. Die BF1 gab auf die Frage, ob sie wegen der Zugehörigkeit zu den Tadschiken und / oder wegen der Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sunniten verfolgt worden sei an, dass ihre Feinde nur die Cousins des Mannes gewesen seien. Dabei ist auch zu bemerken, dass sowohl die BF1 als auch die BF3 vor dem BVwG angaben, im Herkunftsstaat nie persönlich von Angesicht zu Angesicht von irgendjemandem bedroht oder verfolgt worden zu sein und auch die Cousins sich nachdem der Sohn der BF1 (Bruder der BF3) einen der Cousins getötet habe, nicht die BF1 bis BF9 aufgesucht hätten.
Bei Wahrunterstellung, dass diese vermummten Männer tatsächlich das Anwesen der BF1 hätten aufsuchen wollen, ist zu sagen, dass es sich dabei um Akteure von dritter Seite handelt. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.3.2000, Zl. 99/01/0256).
Zu dem Vorbringen, dass die BF1 in Afghanistan als alleinerziehende Frau (wie eine Witwe) ohne männlichen Protektor zugebracht habe, ist zu sagen, dass die BF1 vor dem Bundesverwaltungsgericht vorbrachte, nach dem Verschwinden ihres Ehemannes "2 1/2 Jahre noch in Afghanistan" gewesen zu sein und von einem ihr namentlich nicht bekannten Geschäftspartner ihres Mannes unterstützt worden zu sein. Dies wurde auch von der BF3 vorgebracht. Dieser "half immer wieder, er war eine große Hilfe". Er brachte die Beschwerdeführer auch nach Pakistan und organisierte ihnen dort ein Haus. Von diesem habe sie Hilfe bekommen, um das Land zu verlassen und das Eigentum der Beschwerdeführer verkauft, um die Ausreise zu finanzieren.
Mit den vorgetragenen Fluchtgründen vermag die BF1 für sich und ihre Kinder eine asylrelevante Verfolgungsgefahr iSd Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) nicht aufzuzeigen, da es diesbezüglich an einem kausalen Zusammenhang zu einem Konventionsgrund (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) mangelt. Daher konnte eine Verfolgung aus asylrelevanten Gründen im Herkunftsstaat nicht glaubhaft gemacht werden. Es konnte weder eine konkret gegen die Personen der Beschwerdeführers gerichtete asylrelevante Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine mögliche Verfolgung der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aus asylrelevanten Gründen für wahrscheinlich erscheinen lassen.
Zu den Feststellungen einer möglichen Rückkehr in den Herkunftsstaat:
Die unter römisch II.1.3. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Länderbericht, den oben unter römisch II.1.3. angegebenen Quellen sowie aus dem persönlichen und familiären Hintergrund der Beschwerdeführer.
Der persönliche Hintergrund der BF1 ist derart, dass sie weder über eine Schulbildung, noch über Berufserfahrung im Herkunftsstaat verfügt. Der Ehemann ist unbekannten Aufenthalt. Die BF1 ist gesund und im erwerbsfähigen Alter, jedoch sorgepflichtig für die acht minderjährigen BF2 bis BF9.
Der persönliche Hintergrund der Beschwerdeführer ist derart, dass diese über Verwandtschaft in Afghanistan verfügen, zu welcher aktuell ein Kontakt verneint wird.
Betreffend BF1 bis BF7 und BF9 ist zu sagen, dass in der Verhandlung vorgebracht wurde, dass diese gesund sind und nicht auf Medikamente angewiesen sind.
Wie vom UNHCR in den Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender dargetan, ist es hinsichtlich innerstaatliche Fluchtalternative erforderlich, dass eine solche für den betroffenen BF relevant und zumutbar ist. Für eine solche Relevanzprüfung ist die grundlegende Urheberschaft des Schadens zu bewerten und sind Feststellungen zur Frage, ob im Neuansiedelungsgebiet das Risiko fortbesteht, zu treffen.
Der unmündige minderjährige BF8 leidet an der neurologischen Krankheit Epilepsie und steht in Österreich laufend in Behandlung. Aus dem vorgelegten Beweismittel "Befundbericht ORS GmbH" geht aus der Anamnese hervor, dass den BF8 vorgebracht wird, dass der nunmehr 11 1/2jährige BF8, welcher seit April 2017 im Bundesgebiet ist, seit dem Säuglingsalter Epileptiker unter medikamentöser Therapie ist und in Pakistan ein EEG erstellt wurde. Laut der BF1 in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht erleidet der BF8 unterschiedlich oft Anfälle und hatte solche auch bereits in Afghanistan, wo er jedoch nicht behandelt wurde, da der Vater nicht mehr da war. Nach ständiger Rechtsprechung hat ein Fremder im allgemeinen nicht das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden. Selbst dann nicht, wenn es sich bei seinem Leiden um eine schwere Krankheit handelt vergleiche VwGH 21.2.2017, Ro 2016/18/0005).
Die BF5 ist eine unmündige Minderjährige. Sie ist Jahrgang 2014 und aufgrund ihres jungen Alters unter Zugrundelegung der oben zitierten Länderberichte die vulnerabelste Person im Familienverband.
Die Feststellungen, dass bei einer Rückkehr nach Jalalabad nicht ausgeschlossen werden kann, dass die reale Gefahr einer Verletzung des Artikel 3, EMRK drohen würde, fußt auf dem oben auszugsweise wiedergegebenen Länderbericht und aus den Ausführungen im oben wiedergegebenen Länderbericht zur Situation der Rückkehrer.
Die unter römisch II.1.4. getroffenen Feststellungen zum Herkunftsstaat gründen auf dem Länderbericht der Staatendokumentation in der aktuellen Fassung und die dort abgedruckten Dokumente der jeweils angegebenen Quelle, an deren Aussagekraft seitens des Gerichts kein Zweifel gehegt wird. Bei dem Länderbericht handelt sich um den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards und der Methodologie der Staatendokumentation erstellten Länderbericht der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, welche der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Die Länderfeststellungen stützen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen. Die Länderfeststellungen ergeben ein einzelfallunabhängiges schlüssiges Gesamtbild zur Situation in Afghanistan.
Gegenständlich wird somit der Länderbericht in der aktuellen Fassung als Primat herangezogen, da laut Judikatur des VwGH immer die aktuellsten Länderfeststellungen im Zeitpunkt der Entscheidung heranzuziehen sind (VwGH 6.6.2000, 99/01/02109). Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen im Länderbericht und der Plausibilität der überwiegend übereinstimmenden Aussagen im Länderbericht besteht für das Gericht kein Grund, an der Richtigkeit der darin enthaltenen Informationen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen Berichte älteren Datums zu Grunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Gericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums die Beurteilung des gegenwärtigen Situationsfalls relevant nicht wesentlich geändert haben.
Die in das Verfahren eingebrachten Erkenntnisquellen erscheinen dem Gericht schlüssig und nachvollziehbar und ist zu den beiden Autoren Friederike Stahlmann und Thomas Ruttig festzuhalten: Frau Stahlmann ist Mitglied der International Max Planck Research School on Retaliation Mediation und Punishment und u.a. Gutachterin für britische Gerichte zu Afghanistan in Asylrechtsfällen. Herr Ruttig ist Mitbegründer und Co-Direktor des Afghanistan Analysts Network (AAN), einer nicht gewinnorientierten Forschungsstelle mit Büro in Kabul, welches sich seit Jahrzehnten mit Afghanistan beschäftigt und hat dieser seit 1983 insgesamt mehr als zwölf Jahre dort gelebt. Er hat einen Abschluss in Asienwissenschaften (Afghanistik), spricht die beiden Hauptlandessprachen und war in verschiedenen Funktionen in Afghanistan tätig, u.a. für die UNO und als Stellvertreter des EU-Sondergesandten. Die von diesen beiden Personen verfassten Artikel bzw. Referate basieren auf hoher Fachkompetenz, widersprechen einander in wesentlichen Punkten nicht und sind schlüssig und nachvollziehbar.
Zu dem Gutachten der Frau Friederike Stahlmann vom 28.3.2018 im Verfahren vor dem VG Wiesbaden, Zahl 7 K 1757/16.WI.A, wird festgehalten, dass eine tiefgehende Recherche der Autorin hinsichtlich der Begebenheiten in Afghanistan ersichtlich ist, jedoch in bestimmten Abschnitten der Bericht auf subjektiven Einschätzungen, welche die Autorin auf ihre Ausbildung und beruflichen Erfahrungen zurückführt, basiert. Ihre Einschätzungen weichen in gewissen Punkten von Beurteilungen (höchst-) gerichtlicher nationaler Rechtsprechung sowie Länderinformationen nationaler bzw. europäischer Asylbehörden ab und ist zu beachten, dass dieses Gutachten in einem Gerichtsverfahren, welchem ein Einzelfall zu Grunde lag, erstellt wurde.
Das eingebrachte Gutachten Dris. Rasuly vom 29.1.2018 behandelt die Sicherheitslage in Kabul, welche sich seit Ende 2017 bis zum 29.1.2018 (zit: "bis heute") sehr prekär entwickelt habe. Dieses Gutachten wurde in einem anderen Verfahren des BVwG eingeholt.
Gegenständlich werden somit der Länderbericht in der aktuellen Fassung als auch die vom UNHCR stammenden Quellen als Primat herangezogen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gegenständlich sind das VwGVG und gemäß Paragraph 17, VwGVG die Verfahrensbestimmungen des AVG, des BFA-VG und jene im AsylG 2005 enthaltenen sowie die materiellen Bestimmungen des AsylG 2005, samt jenen Normen, auf welche das AsylG verweist, anzuwenden.
Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, in der geltenden Fassung, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß Paragraph 6, Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.
Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Absatz 2, nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht [ ].
Gemäß Paragraph 15, AsylG hat der Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken und insbesondere ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen.
Gemäß Paragraph 18, AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
Das AsylG normiert für das Familienverfahren Sonderbestimmungen:
Paragraph 34, (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8,) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
Anmerkung, Ziffer 2, aufgehoben durch Artikel 3, Ziffer 13,, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 84 aus 2017,)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 7,).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
Anmerkung, Ziffer 2, aufgehoben durch Artikel 3, Ziffer 13,, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 84 aus 2017,)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 9,) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Absatz 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß Paragraph 12 a, Absatz 4, zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Absatz eins bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (Paragraph 30, NAG).
In casu sind die die BF1 bis B9 jeweils betreffenden Verfahren unter einem zu führen und ist jeder Antrag der einzelnen Familienangehörigen in erster Linie auf die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gerichtet und daher für jeden Antragsteller ein Asylgrund zu ermitteln. In casu wurde vorgebracht, dass die Kinder BF2 bis BF9 jene Fluchtgründe haben, welche auch die Mutter BF 1 hat.
Rechtlich folgt daraus:
Zu Spruchpunkt A):
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung der nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG nunmehr zuständigen Einzelrichterin.
Das BVwG stellt weiters fest, dass das Verwaltungsverfahren in wesentlichen Punkten rechtmäßig durchgeführt wurde. So wurde dem BF insbesondere durch die Erstbefragung und die Einvernahme - jeweils unter Zuhilfenahme geeigneter Dolmetscher - ausreichend rechtliches Gehör gewährt und wurden in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage schlüssig, klar und übersichtlich zusammengefasst. Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, dass der BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung keine Zeit und Gelegenheit gehabt hätte, auf die Feststellungen zu seinem Heimatland, welche ihm im Zuge des Verfahrens vorgehalten wurden zu antworten bzw. zu reagieren, so ist zu sagen, dass die Wahrung des Parteiengehörs, das zu den fundamentalen Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit der Hoheitsverwaltung gehört, amtswegig ausdrücklich und in förmlicher Weise und unter Einräumung einer angemessenen Frist zu gewähren ist (statt vieler: VwGH 2.9.2013, 2012/08/0085; 22.4.2015, 2012/10/0239). Das Parteiengehör besteht nicht nur darin, den Parteien im Sinn des Paragraph 45, Absatz 3, AVG Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis einer Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen, sondern ihnen ganz allgemein zu ermöglichen, ihre Rechte und rechtlichen Interessen geltend zu machen, mithin Vorbringen zu gegnerischen Behauptungen zu erstatten, Beweisanträge zu stellen und überhaupt die Streitsache zu erörtern (VwGH 20.12.2005, 2005/12/0157). Die Verletzung des Parteiengehörs wurde aber im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren geheilt, indem dem BF mit Beschluss in der Verhandlung die Gelegenheit gegeben wurde, innerhalb der Frist von zwei Wochen eine Stellungnahme zum Länderbericht in der damals aktuellen Fassung 25.9.2017 abzugeben. Eine Verletzung des Parteiengehörs durch die belangte Behörde ist somit als saniert anzusehen, da der BF im gegenständlichen Rechtsmittelverfahren Gelegenheit zur Stellungnahme zum Länderbericht - wenn auch nun in aktuellerer Fassung als jenem, welcher der bekämpften Entscheidung zu Grunde gelegt wurde - hatte. Die gegenständliche Entscheidung fußt auf dem Länderbericht in der aktuellen Fassung 21.12.2017.
Die vorgetragenen Fluchtgründe wie auch das Vorbringen in der Beschwerde waren nicht geeignet, das bisherige Vorbringen der Beschwerdeführer zum Zweck der Erlangung eines internationalen Schutzes zu unterstützen.
Ad Spruchpunkt römisch eins. -
Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des bekämpften Bescheids:
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 3, AsylG 2005 ist der Asylantrag betreffend Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative
(Paragraph 11, AsylG 2005) offensteht oder wenn er einen Asylausschlussgrund iSd Paragraph 6, AsylG 2005 gesetzt hat.
Als Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Das Asylverfahren bietet nur beschränkte Möglichkeiten, Sachverhalte, welche sich im Herkunftsstaat des Asylwerbers ereignet haben sollen, vor Ort zu verifizieren. Hat der Asylwerber keine Beweismittel, so bleibt ihm lediglich seine Aussage, um das Schutzbegehren zu rechtfertigen. Diesen Beweisschwierigkeiten trägt das österreichische Asylrecht in der Weise Rechnung, dass es lediglich die Glaubhaftmachung der Verfolgungsgefahr verlangt.
Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zl. 99/01/0280).
Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 06.10.1999, Zl. 99/01/0279; 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedoch nicht vergleiche VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100 ua). Dabei hat der Asylwerber im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht nach Paragraph 15, AsylG 2005 alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen. Das Vorbringen des Asylwerbers muss demnach, um im obigen Sinne eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit und nicht nur eine entfernte Möglichkeit einer Verfolgung glaubhaft zu machen, eine entsprechende Konkretisierung aufweisen. Eine allgemeine Behauptung von Verfolgungssituationen, wie sie in allgemein zugänglichen Quellen auffindbar sind, wird grundsätzlich zum Dartun von selbst Erlebtem nicht genügen.
Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht oder nicht verwirklicht worden ist (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², Anmerkung 1 zu Paragraph 45,, Sitzung 640). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 29.04.1992, 90/13/0201; 22.12.1992, 91/04/0019; 11.06.1997, 95/01/0627; 19.03.1997, 95/01/0466).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zl. 92/01/0792; 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2,) haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die beststehende Verfolgungsgefahr vergleiche VwGH 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein vergleiche dazu VwGH 09.03.1999, 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; VwGH 15.03.2001, 99720/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.6.1994, 94/19/0183; VwGH 18.2.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche VwGH 9.3.1999, 98/01/0318;
VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird vergleiche VwGH 01.06.1994, Zl. 94/18/0263; 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - in diesem Fall wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zl. 98/01/0503 und Zl. 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Artikel eins, Abschnitt C Ziffer 5, GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.1.1999, 98/20/0399; 3.5.2000, 99/01/0359).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht, im Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist: Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Eine aktuelle und konkret gegen die BF1 bis BF9 gerichtete Verfolgungshandlung aus Konventionsgründen konnte jedoch nicht glaubhaft gemacht werden. Das vorgetragene Fluchtvorbringen ist nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens in Würdigung der vorliegenden Beweise nicht asylrelevant. Somit liegt die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der GFK genannten Gründe, nicht vor.
Es ergaben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer aufgrund generalisierender Merkmale, etwa als Zugehöriger zur Religionsgemeinschaft der Sunniten oder der Volksgruppe der Tadschiken, aktuell alleine deswegen in Afghanistan einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt wären, zumal sie während des gesamten Verfahrens keine diesbezüglichen konkreten ihre Personen tangierende Probleme dargetan haben. Dabei ist auch zu beachten, dass die BF1 - welche angab, dass ihre Fluchtgründe auch jene der Kinder BF2 bis BF9 seien - verneinte, in Afghanistan je wegen der Volksgruppenzugehörigkeit und / oder der Religionszugehörigkeit bedroht oder verfolgt worden zu sein. Ihre Feinde seien nur die Cousins ihres Mannes gewesen. Die Frage, ob sie in Afghanistan jemals von irgendjemandem face-to-face bedroht oder verfolgt (Blutfehde, Racheakte) worden sei, verneinte sie. Sie gab dazu aber an: "Aber ich fühlte mich durch die drei vermummten Männer, die eines nachts zu meinem Haus kamen, bedroht". Sie sei in Afghanistan weder Mitglied einer Partei, noch sonst politisch tätig gewesen. Die BF1 verneinte, in Afghanistan je in Haft gewesen zu sein, sie sei dort weder vorbestraft, noch werde sie einer staatlichen Fahndungsmaßnahme wie Haftbefehl, Strafanzeige, Steckbrief gesucht. In Afghanistan habe sie niemals Probleme mit Behörden, der Polizei oder einem Gericht gehabt, ebenso wenig in Österreich.
Die Frage, ob sie in Afghanistan jemals wegen ihrer Eigenschaft "Frau" bedroht oder verfolgt worden sei, verneinte sie und gab ergänzend an: "Ich war die ganze Zeit zuhause. Man kann nicht rausgehen".
Eine Verfolgung aus Gründen westlicher Orientierung wurde weder von der BF1, noch von der BF3 vorgebracht und auch die Frage, ob sie wegen ihrer Eigenschaft als "Frau" im Herkunftsstaat verfolgt und / oder bedroht worden wären, wurde von beiden verneint. Zwar kann ein langjähriger Auslandsaufenthalt einen das Verfolgungsrisiko erhöhenden Faktor darstellen und sind daher alle dahingehenden Umstände in ihrer Gesamtheit im Rahmen einer globalen Bewertung zu beurteilen (VwGH 15.3.2016, Ra 2015/19/0180; hier jedoch betreffend ein minderjähriges Waisenkind). Die den gegenständlichen BF betreffenden Umstände sind derart, dass die Beschwerdeführer erst seit April 2017 dauerhaft in einem westlichen Land aufhaltig sind und vor der Einreise nach Europa im Herkunftsstaat sowie
3 1/2 Monate in Pakistan aufhaltig waren. Es handelt sich bei Pakistan - ebenso wie bei Afghanistan - um ein islamisches Land mit der Sprache und Religion der Beschwerdeführer. In Zusammenschau mit den Schilderungen der BF1 und der BF3 zu deren Alltag in Österreich lässt sich nicht erkennen, dass sich deren Lebensführung während ihres Aufenthalts in Österreich so geändert hätte, dass die Lebensführung im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht mehr aufrechterhalten werden könnte, sodass deshalb internationaler Schutz gewährt werden müsste.
Aus den Länderberichten ergibt sich nicht, dass die weiblichen Beschwerdeführer aufgrund dessen, dass es sich bei diesen um Frauen handelt, in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt sind bzw dass jeder afghanische Staatsangehörige weiblichen Geschlechts in Afghanistan psychischer und / oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.
Aus der allgemeinen Lage in Afghanistan lässt sich für die Beschwerdeführer eine Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten nicht herleiten: Eine allgemeine desolate wirtschaftliche und soziale Situation stellt nach ständiger Judikatur des VwGH keinen hinreichenden Grund für eine Asylgewährung dar vergleiche etwa VwGH vom 14.3.1995, 94/20/0798; 17.6.1993, 92/01/1081).
Zu den von den Beschwerdeführern ins Treffen geführten Problemen infolge der vom Sohn durchgeführten Tötung eines Cousins bzw des nächtlichen Vorbeikommens dreier vermummter Männer ist auf Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 hinzuweisen, welcher die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten nur vorsieht, wenn dem Fremden in dem Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A 7 2 GFK droht. Gemäß Legaldefinition des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 17, AsylG 2005 ist jener Staat der "Herkunftsstaat", dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt; nur im Falle der Staatenlosigkeit gilt der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthalts als Herkunftsstaat.
In Ermangelung einer maßgeblich wahrscheinlichen und aktuellen Verfolgungsgefahr aus einem jener Gründe, welche in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK aufgezählt sind, kann daher der Beschwerde zu Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 nicht stattgegeben werden. Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
Ad Spruchpunkt A) -
Ad Spruchpunkt A) II: Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten
Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung oder Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß Artikel 2, EMRK wird jedes Menschen Recht auf Leben gesetzlich geschützt. Nach Artikel 3, EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr 6 und Nr 13 zur EMRK betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.
Betreffend eine mögliche Verletzung des Artikel 3, EMRK durch Abschiebung eines Antragstellers in seinen Heimatstaat, ergibt sich aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass die bloße Möglichkeit einer Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, nicht genügt, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde vergleiche VwGH 27.2.2001, 98/21/0427 sowie 20.6.2002, 2002/18/0028).
Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.
Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd Paragraph 11, AsylG 2005 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Absatz eins, oder aus den Gründen des Absatz 3, oder Absatz 6, abzuweisen, so hat gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG 2005 eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Das Bundesverwaltungsgericht hat somit vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger - noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung - erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist
(VwGH 23.2.1995, 95/18/0049; 5.4.1995, 95/18/0530; 4.4.1997, 95/18/1127; 26.6.1997, 95/18/1291; 2.8.2000, 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.9.1993, 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Bereit längere Zeit zurückliegende Ereignisse sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, welche ihnen einen aktuellen Stellenwert geben vergleiche VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.1.2001, 2001/20/0011).
Gemäß Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative).
Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
Paragraph 8, Absatz eins, Asylgesetz 1997 Bundesgesetzblatt Teil eins, 76 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 101 aus 2003,), verwies auf Paragraph 57, Fremdengesetz (FrG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 75 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 126 aus 2002,), wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder das Protokoll Nr 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Paragraph 57, FrG - welche in wesentlichen Teilen auf Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber (Beschwerdeführer) betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) eine von diesen Stellen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliegt. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 8.6.2000, 2000/20/0141). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (VwGH 30.6.2005, 2002/20/0205, mwN). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder einer Bürgerkriegspartei anzugehören - der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 17.9.2008, 2008/23/0588). Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).
Unter "reale Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen ("a sufficiently real risk") im Zielstaat zu verstehen (VwGH 19.2.2004, 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. Gesetzgebungsperiode zu
Paragraph 8, AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikel 3, EMRK zu gelangen
(zB VwGH 26.6.1997, 95/21/0294; 25.1.2001, 2000/20/0438; VwGH 30.5.2001, 97/21/0560).
Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3, EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche VwGH 31.3.2005, 2002/20/0582; 31.5.2005, 2005/20/0095). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können.
Nach der auf der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschrechte beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Wie bereits angeführt, reicht die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3, EMRK nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Artikel 3, EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen vergleiche VwGH 25.5.2016, 2016/19/0036, mwN).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Asylwerber das Bestehen einer aktuellen Bedrohung der relevanten Rechtsgüter, hinsichtlich derer der Staat nicht willens oder nicht in der Lage ist, Schutz zu bieten, glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 17.7.2008, 2007/21/0366). Diese Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 18.10.2005, 2005/01/0461).
Die Anerkennung des Vorliegens einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person, die als Zivilperson die Gewährung von subsidiärem Schutz beantragt, setzt nicht voraus, dass sie beweist, dass sie auf Grund von ihrer persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. Eine solche Bedrohung liegt auch dann vor, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein vergleiche EuGH 17.2.2009, Elgafaji, C-465/07, Rn 45).
Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine dem Artikel 3, EMRK zuwiderlaufende Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (Paragraph 11, AsylG 2005). Ihre Inanspruchnahme muss dem Fremden - iS eines zusätzlichen Kriteriums - zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort); für die Frage der Zumutbarkeit (im engeren Sinn) muss daher ein geringerer Maßstab als für die Zuerkennung subsidiären Schutzes als maßgeblich angesehen werden vergleiche Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, Paragraph 11, AsylG 2005, K 15). Dass das mögliche Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch bei der Prüfung des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus den verba legalia des Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative - welche als ein Kriterium ua die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht - auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten bezieht vergleiche hierzu auch VwGH 23.2.2016, Ra 2015/20/0233).
Betreffend innerstaatliche Fluchtalternative in Afghanistan nahm der Verfassungsgerichtshof in ständiger - und bislang auch nicht revidierter - Rechtsprechung ein willkürliches Vorgehen des (zum damaligen Zeitpunkt noch bestehenden) Asylgerichtshofes an, wenn dieser das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul für afghanische Asylwerber bejahte hatte, obwohl diese nie in Kabul gelebt und dort keine sozialen bzw. familiären Anknüpfungspunkte hatten (siehe ua VfGH 6.6.2013, U 2666/2012; 7.6.2013, U 2436/2012; 13.9.2013, U 370/2012; vergleiche hierzu auch VfGH 23.2.2017, E 1197/2016).
Auch der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Judikatur eine konkrete Auseinandersetzung mit den den Beschwerdeführer konkret und individuell betreffenden Umständen, die er bei Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul zu gewärtigen hätte (VwGH 23.2.2016, Ra 2015/20/0233). Vor diesem Hintergrund ging der Verwaltungsgerichtshof jüngst mitunter auch davon aus, dass betreffend die Beschwerdeführer in den konkreten Verfahren - auf Basis der darin getroffenen Feststellungen - keine Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative in Kabul dargetan worden sei vergleiche VwGH 8.9.2016, Ra 2016/20/0063). Die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative erfordert nämlich im Hinblick auf das ihr u.a. innewohnende Zumutbarkeitskalkül insbesondere nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet (VwGH 29.4.2015, Ra 2014/20/0151; 8.9.2016, Ra 2016/20/0063).
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 in casu gegeben sind:
Stellt man bei der Erwerbsfähigkeit der BF1 auf die körperliche Eignung ab, so ist diese - aufgrund ihrer Angabe gesund zu sein und in Ermangelung, dass Anderslautendes im Verfahren nicht zu Tage trat - eine erwerbsfähige Frau. Jedoch ist sie eine alleinstehende Frau mit Sorgepflichten für acht Kinder und ohne Schulbildung und ohne Berufserfahrung. Bei der mangelnden Schulbildung ist zu sagen, dass Analphabetismus in Afghanistan weit verbreitet ist (90% der Landbevölkerung).
Der Herkunftsort aller Beschwerdeführer ist Jalalabad. Dies ist die Hauptstadt der Provinz Nangarhar. Diese Stadt wird als Festung des IS erachtet und es handelt sich um eine Provinz mit einer hohen Anzahl registrierter sicherheitsrelevanter Vorfälle. Es kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass im Falle der Rückkehr nach Jalalabad die reale Gefahr einer Verletzung des Artikel 3, EMRK drohen würde, sodass zu prüfen ist, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative möglich wäre.
Die BF2 bis BF9 sind allesamt minderjährig. Die jüngste Beschwerdeführerin ist die unmündige Minderjährige BF5 des Geburtenjahrgangs 2014 und damit die vulnerabelste im Familienverband. Der BF5 droht im Fall einer Rückkehr eine Verletzung ihrer gemäß Artikel 2, EMRK und Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte: Bei der BF5 handelt es sich um eine Angehörige einer besonders vulnerablen und besonders schutzbedürftigen Personengruppe vergleiche die Definition schutzbedürftiger Personen in Artikel 21, der EU-Richtlinie 2013/33/EU (Aufnahmerichtlinie)), sodass diese besondere Vulnerabilität bei der Beurteilung, ob bei einer Rückkehr in die Heimat eine Verletzung ihrer durch Artikel 2, EMRK und Artikel 3, EMRK geschützten Rechte droht, im Speziellen zu berücksichtigen ist vergleiche VwGH Ra2017/18/0474 bis 0479 vom 21.3.2018 mit dem Hinweis auf VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0089, mwN; VwGH 30.8.2017, Ra 2017/18/0036, mwN).
Auch wenn das eingebrachte Gutachten Dris. Rasuly vor fünf Monaten die Sicherheitslage in Kabul die Sicherheitslage als "sehr prekär entwickelt" beschrieb, so ist zu sagen, dass laut Länderbericht die Lage in der als innerstaatliche Fluchtalternative möglichen Stadt Kabul vergleichsweise sicher und stabil ist. Es wird zur allgemeinen Sicherheitslage in Kabul seitens des erkennenden Gerichts im Hinblick auf die oben angeführten Länderfeststellungen zwar keineswegs verkannt, dass die Situation (auch) in der Stadt Kabul nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass die afghanische Regierung die Kontrolle über Kabul und größere Transitrouten hat. Aus dem vorliegenden Berichtsmaterial geht hervor, dass Terroranschläge - insbesondere auf Einrichtungen mit Symbolcharakter - in Kabul nicht auszuschließen sind und in unregelmäßigen Abständen auch stattfinden. Jedoch begründet allein der Umstand, dass an diesen Orten ein Bombenanschlag terroristischer Gruppierungen erfolgen könnte, bei der derzeitigen Gefahrenlage für den BF noch keine stichhaltigen Gründe für ein reales Risiko der Verletzung seiner durch Artikel 2, oder 3 EMRK garantierten Rechte bzw. liegt deshalb noch keine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konflikts vor (VwGH 25.04.2017, 2017/01/0016, mwN). Die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge ereignen sich hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen und richten sich mehrheitlich gezielt gegen die Regierung und internationale Organisationen sowie Restaurants, Hotels oder ähnliche Einrichtungen, in denen vorwiegend ausländische Personen verkehren. Diese Gefährdungsquellen sind jedoch in reinen Wohngebieten nicht in einem solchen Ausmaß anzunehmen, dass die Lage in der Stadt Kabul nicht insgesamt als ausreichend sicher bewertet werden könnte.
Wenn nach der Ermittlung der einzelnen Fluchtgründe der jeweiligen Beschwerdeführer einer Familie hervorkommt, dass der Status des Asylberechtigten nicht zuzuerkennen ist, so ist einem Antragsteller jener Schutz zu gewähren, welcher bereits einem anderen Familienangehörigen gewährt wurde (VwGH 30.4.2018, Ra2017/01/0418).
Im gegenständlichen Fall ist den Beschwerdeführern eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht zumutbar. Dies, da diese einen Familienverband darstellen und diesem die unmündige Minderjährige BF5 angehört. Diese ist eine besonders vulnerable Person: Laut Länderfeststellungen wurde den Vereinten Nationen (UNAMA) zufolge im Jahr 2016 die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn verzeichnet und wurde die zweithöchste Zahl an zivilen Opfern dabei in zentralen Regionen, wozu auch die Stadt Kabul zählt, registriert.
Auch wenn die Mutter BF1 der unmündigen minderjährigen BF5 gewiss auch in Afghanistan dieser in der Kernfamilie den bestmöglichen Schutz angedeihen lassen würde, so ist auf Folgendes hinzuweisen:
United Nations Assistance Mission in Afghanistan (UNAMA) verzeichnete laut Bericht aus Feber 2017 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren (UNAMA 6.2.2017). Die im Jahr 2014 geborene BF5 ist unmündige Minderjährige im Alter von ca 4 1/2 Jahren. Die Versorgungssituation kleiner Kinder in Afghanistan ist laut aktuellem Länderbericht derart, dass viele Kinder unterernährt sind, ca. 10 % der Kinder versterben vor ihrem fünften Geburtstag. Die Versorgungssituation Afghanistans wird in dem von den Beschwerdeführern eingebrachten Zeitungsartikel "Dürre in Afghanistan bedroht zwei Millionen Menschen", aus Die Presse, 26.5.2018, dahingehend beschrieben, dass Dürre die Lebensgrundlage vieler Afghanen drastisch geschmälert habe.
Der vulnerablen BF5 würde bei einer Rückkehr nach Afghanistan in die Herkunftsprovinz wie auch in die innerstaatliche Fluchtalternative Kabul eine Verletzung ihrer durch Artikel 3, EMRK garantierten Rechte drohen.
Der BF5 würde daher vor dem Hintergrund der oben auszugsweise angeführten Erkenntnisquellen bei einer Rückkehr nach Afghanistan die reale Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung drohen, wobei eine innerstaatliche Fluchtalternative aus den dargelegten Erwägungen nicht in Betracht kommt. Es ist damit dargetan, dass die Abschiebung eine Verletzung in den Rechten nach Artikel 3, EMRK in sich birgt.
Das Gericht verkennt nicht, dass es sich bei den BF2 bis BF4 und BF6 bis BF9 auch um Minderjährige handelt und die Länderberichte die Lage für Minderjährige im Herkunftsstaat hinsichtlich Gefahren durch Munitionsrückstände, Kinderarbeit, Misshandlungsrisiko etc. betreffend Missstände aufzeigen, doch kennt das AsylG weder einen "originären Status", noch spricht das Gesetz in Paragraph 34, leg.cit. davon, dass im Familienverfahren ein anderer, nur "abgeleiteter" Status zuzuerkennen ist. Bei der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten eines Familienangehörigen im Familienverfahren ist in diesem Fall die Prüfung eigener Gründe für die Gewährung des subsidiären Schutzes für diese jeweilige Person nicht mehr vorzunehmen, andernfalls dies der vom Gesetzgeber ausdrücklich beabsichtigten Beschleunigung der Verfahren von Asylwerbern im Familienverband entgegenstehen würde vergleiche VwGH 30.4.2018, Ra2017/01/0418). Ein Recht auf originäre Zuerkennung eines Status besteht nicht (VwGH 30.4.2018, Ra2017/01/0418).
Ausschlussgründe nach Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 liegen nicht vor, da sie einerseits nicht hervorgekommen sind (Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins und 2 AsylG 2005) und die Beschwerdeführer andererseits unbescholten ist (Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 3, AsylG 2005).
Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides war daher stattzugeben.
Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 ist einem Fremden, welchem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Fall des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt den Beschwerdeführern mit dem gegenständlichen Erkenntnis betreffend den Herkunftsstaat Afghanistan den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu, sodass eine befristete Aufenthaltsberechtigung in der Dauer von einem Jahr zu erteilen ist.
Ad Spruchpunkt A) römisch III - betreffend die Rückkehrentscheidung
Aufgrund der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten und der damit verbundenen Aufenthaltsberechtigung liegen die Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung hinsichtlich den Beschwerdeführer einschließlich Fristsetzung für die freiwillige Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Herkunftsstaat des Beschwerdeführers gemäß Paragraph 10, Absatz eins, AsylG 2005 nicht (mehr) vor.
Es war daher der Spruchpunkt römisch III. des bekämpften Bescheids aufzuheben.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben.
ECLI:AT:BVWG:2018:W264.2167956.1.00