Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

30.05.2018

Geschäftszahl

W225 2160783-2

Spruch

1) W225 2160780-2/2E

2) W225 2160784-2/2E

3) W225 2160783-2/2E

4) W225 2160781-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEIß, LL.M. über den Antrag von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundeverwaltungsgerichtes vom 21.12.2017, W225 2160780-1/13E, abgeschlossenen Verfahrens beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 26.02.2018 wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 32, Absatz eins, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, idgF, abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

2) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEIß, LL.M. über den Antrag von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundeverwaltungsgerichtes vom 21.12.2017, W225 2160784-1/14E, abgeschlossenen Verfahrens beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 26.02.2018 wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 32, Absatz eins, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, idgF, abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

3) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEIß, LL.M. über den Antrag des mj. römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch seine gesetzliche Vertreterin römisch XXXX , diese vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundeverwaltungsgerichtes vom 21.12.2017, W225 2160783-1/17E, abgeschlossenen Verfahrens beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 26.02.2018 wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 32, Absatz eins, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, idgF, abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

4) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Dr. Barbara WEIß, LL.M. über den Antrag von römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundeverwaltungsgerichtes vom 21.12.2017, W225 2160781-1/15E, abgeschlossenen Verfahrens beschlossen:

A)

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vom 26.02.2018 wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 32, Absatz eins, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, idgF, abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die im Spruch genannten Wiederaufnahmewerber zu 1) und 2) (im Folgenden: Antragstellerin 1 und Antragsteller 2) reisten mit ihren gemeinsamen Kindern, dem minderjährigen Wiederaufnahmewerber zu 3.) (im Folgenden: Antragsteller 3) und dem damals noch minderjährigen Wiederaufnahmewerber zu 4.) (im Folgenden: Antragsteller 4) in das Bundesgebiet ein und stellten für sich sowie als gesetzliche Vertretung für den Antragsteller 3 und den Antragsteller 4, am 30.05.2014 Anträge auf internationalen Schutz.

2. Am 31.05.2014 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung der Antragstellerin 1 und des Antragstellers 2 statt. Am 15.04.2016 fand eine niederschriftliche Einvernahme der Antragstellerin 1 und des damals bereits volljährigen Antragstellers 4 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) statt. Am 02.06.2016 wurde auch der BF2 von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA niederschriftlich einvernommen. Die Antragsteller gaben im Wesentlichen an, dass die gesamte Familie aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit zu den Sikhs in Afghanistan von Moslems misshandelt und verfolgt worden sei. Mehrmals sei die Familie aufgefordert worden, zum Islam zu konvertieren.

3. Das Bundesamt wies mit Bescheiden vom 08.05.2017 die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass eine Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei. Es wurde eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise festgelegt.

4. Die Antragsteller erhoben gegen die Bescheide fristgerecht eine (gemeinsame) Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, dass das Bundesamt zwar festgestellt habe, dass Angehörige der Sikhs zahlreichen Diskriminierungen und Anfeindungen ausgesetzt seien, die geschilderten Vorfälle laut dem BFA jedoch keine Eingriffe erforderlicher Intensität darstellen würden, um asylrelevant zu sein. Die Antragsteller seien jedoch durchaus bereit gewesen, detailliertere Angaben zu tätigen. Ihnen sei dies seitens des BFA mit dem Hinweis, dass der Sachverhalt ohnedies bereits feststehe, jedoch nicht ermöglicht worden. Von einer "intensiven Befragung" könne nicht die Rede sein.

5. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 24.08.2017 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Punjabi und im Beisein des Rechtsvertreters der Antragsteller eine mündliche Verhandlung durch.

6. Am 28.11.2017 wurde durch das Bundesverwaltungsgericht eine weitere öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Erkenntnis vom 21.12.2017 als unbegründet ab und erkannte, dass eine Revision nicht zulässig ist. Das Bundesverwaltungsgericht sprach dem Fluchtvorbringen der Antragsteller die Glaubwürdigkeit ab und führte in der Begründung im Wesentlichen aus, dass die Antragsteller keinen konkreten und sie persönlich betreffenden Verfolgungshandlungen (insbesondere aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Sikhs) ausgesetzt gewesen sei. Gründe, aus denen hervorgeht, dass die Antragstellerin 1, seit ihrer Einreise in Österreich eine "westliche" Lebensführung und damit eine Lebensweise angenommen hat, die einen deutlichen und nachhaltigen Bruch mit den allgemein verbreiteten gesellschaftlichen Werten in Afghanistan darstellen würde, sind im gegenständlichen Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen.

Die getroffenen Länderfeststellungen stützte das Gericht auf die jeweils angeführten Berichte angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen sowie zusätzlich auf das Gutachten von Mag. Mahringer.

8. Die Antragsteller erhoben gegen dieses Erkenntnis eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

9. Die Antragsteller stellten am 26.02.2018 einen (gemeinsamen) Antrag auf Wiederaufnahme dieses Verfahrens gemäß Paragraph 32, VwGVG. Begründend führten sie darin aus, dass sich das Gericht hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit einer innerstaatlichen Fluchtalternative in wesentlichen Passagen auf die Ausführungen des Sachverständigen Mag. Mahringer gestützt habe.

Am Montag, den 12.02.2018, habe der Vertreter der Antragsteller das Gutachten von Doz. Dr. Weber erhalten, mit dem die Wissenschaftlichkeit des Gutachtens von Mag. Mahringer bewertet worden sei. Das Gutachten von Mag. Mahringer würde die drei grundlegenden Gütekriterien wissenschaftlichen Arbeitens, 1. Nachvollziehbarkeit (intersubjektive Überprüfung), 2. Gültigkeit (Validität) und 3. Verlässlichkeit (Reliabilität), nicht erfüllen. Es sei keine Datenqualität gegeben und würden Quellenangaben fehlen. Es sei gegen anerkannte Grundsätze wissenschaftlicher Arbeit verstoßen worden. Das Gutachten von Mag. Mahringer habe einen nichtwissenschaftlichen Charakter, sodass dieses als Entscheidungshilfe ungeeignet sei.

Das Gutachten von Doz. Dr. Weber stelle ein neues Beweismittel dar und würde Tatsachen in Zweifel ziehen, auf welche sich das Gericht im Hinblick auf die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative tragend gestützt habe.

Wären dem Gericht die mit dem Antrag vorgelegten Beweismittel vorgelegen, hätte es starke Zweifel an der Eignung des Gutachtens respektive des Gutachters Mag. Mahringer haben müssen und hätte diese Entscheidung zur innerstaatlichen Fluchtalternative nicht seiner Entscheidung zu Grunde gelegt.

Die Antragsteller stellten zudem einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt römisch eins. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die vorliegenden Verwaltungsakte Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden und im Verfahren unbeanstandeten Aktenlage fest.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. römisch eins 2013/33 in der Fassung BGBl. römisch eins 2013/122, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Paragraph 31, Absatz eins, VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A) Abweisung der Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens:

Gemäß Paragraph 32, Absatz eins, Ziffer 2, VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.

Gemäß Absatz 2, leg. cit. ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

Absatz 3, leg. cit. lautet: Unter den Voraussetzungen des Absatz eins, kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Absatz eins, Ziffer eins, stattfinden.

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, römisch XXIV. GP) ist festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der Paragraphen 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des römisch IV. Teiles des AVG, ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des Paragraph 32, Absatz eins -, 3, VwGVG mit Paragraph 69, AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturrichtlinien zu Paragraph 69, AVG herangezogen werden können.

Die gegenständlichen Anträge zielen darauf ab, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.12.2017 in Hinblick auf Asyl und subsidiären Schutz rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren der antragstellenden Parteien aufgrund neu hervorgekommener Beweismittel im Sinne des Paragraph 32, Absatz eins, Ziffer 2, VwGVG wieder aufzunehmen.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach Paragraph 69, Absatz eins, Ziffer 2, AVG nur auf solche Tatsachen, das heißt Geschehnisse im Seinsbereich vergleiche VwGH 15. 12. 1994, 93/09/0434; 4. 9. 2003, 2000/17/0024) oder Beweismittel, das heißt Mittel zur Herbeiführung eines Urteiles über Tatsachen vergleiche VwGH 16. 11. 2004, 2000/17/0022; 24. 4. 2007, 2005/11/0127), gestützt werden, die erst nach Abschluss eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten.

Es muss sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ("nova producta" bzw. "nova causa superveniens") vergleiche VwGH 17.2.2006, 2006/18/0031; 7.4.2000, 96/19/2240, 20.6.2001, 95/08/0036; 18.12.1996, 95/20/0672; 25.11.1994, 94/19/0145; 25.10.1994, 93/08/0123; 19.2.1992, 90/12/0224 u.a.).

Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es zwar notwendig, aber nicht ausreichend, dass die Tatsachen (Beweismittel) im wieder aufzunehmenden Verfahren nicht geltend gemacht worden sind; es ist darüber hinaus auch erforderlich, dass sie - allenfalls auch im Verfahren vor der höheren Instanz - nicht geltend gemacht werden konnten und dass die Partei daran kein Verschulden trifft. Jegliches Verschulden, dass die Partei an der Unterlassung ihrer Geltendmachung trifft, auch leichte Fahrlässigkeit, schließt den Rechtsanspruch auf Wiederaufnahme des Verfahrens aus vergleiche VwGH 19.03.2003, Zl. 2000/08/0105). Die Wiederaufnahme des Verfahrens dient jedenfalls nicht dazu, Versäumnisse während eines Verwaltungsverfahrens zu sanieren vergleiche VwGH 22.12.2005, Zl. 2004/07/0209).

Gegenständlich wurde zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages ein Gutachten des Sachverständigen für Plagiatsprüfung, Doz. Dr. Stefan Weber vom 08.02.2018 vorgelegt, welches belege, dass das Gutachten des Sachverständigen Mag. Mahringer, aufgrund seines deutlich nichtwissenschaftlichen Charakters als Entscheidungshilfe komplett ungeeignet und die Befragung vor Ort nicht lege artis durchgeführt worden sei.

Da das Gutachten des Sachverständigen Doz. Dr. Stefan Weber von 08.02.2018 stammt und somit erst rund eineinhalb Monate nachdem das Erkenntnis vom 21.12.2017 zu den Geschäftszahlen W225 2160780-1/13E, W225 2160784-1/14E, W225 2160783-1/17E und W225 2160781-1/15E ergangen ist, entstand, handelt es sich bei dem vorgelegten Gutachten um kein Beweismittel, welches beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden war. Vielmehr handelt es sich um ein erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandenes Beweismittel. Der Beschwerdeführer kann sich daher zur Begründung seines Antrages auf Wiederaufnahme nicht auf dieses Beweismittel stützen.

Schon aus diesem Grund war daher der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abzuweisen.

Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass dem Antrag auch inhaltlich nicht stattzugeben gewesen wäre, weil das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweise allein nicht genügt, um das Verfahren wieder aufzunehmen. Es handelt sich bei diesem "Neuerungstatbestand" nämlich um einen relativen Wiederaufnahmegrund und ist für eine Wiederaufnahme weiters erforderlich, dass die neuen Tatsachen und Beweise voraussichtlich auch zu einem anderen Verfahrensergebnis führen würden vergleiche VwGH 14. 6. 1993, 91/10/0107; 27. 9. 1994, 92/07/0074; 22. 2. 2001, 2000/04/0195).

Die neuen Tatsachen müssen die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen (nova reperta). Neue Beweismittel dürfen nur geltend gemacht werden, wenn die zu beweisende Tatsache im abgeschlossenen Verfahren geltend gemacht wurde, die in Rede stehenden Beweismittel aber erst nach Abschluss des Verfahrens hervorkamen (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 Paragraph 69, Rz 7).

Es muss sich also um neu hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel handeln, die den Sachverhalt betreffen und die, wenn sie schon im wieder aufzunehmenden Verfahren berücksichtigt worden wären, zu einer anderen Feststellung des Sachverhaltes und voraussichtlich zu einem im Hauptinhalt des Spruchs anders lautenden Bescheid geführt hätten (VwGH 30.06.1998, 98/05/0033; 20.12.2005, 2005/12/0124; Mannlicher/Quell AVG Paragraph 69, Anmerkung 6).

Aus dem klaren und unmissverständlichen Gesetzeswortlaut und dem Gesetzeszweck, durch das Institut der Wiederaufnahme ein Korrektiv gegen aus bestimmten in Paragraph 69, Absatz eins, AVG näher ausgeführten Gründen unrichtige rechtskräftige Bescheide einzurichten, ergibt sich, dass die Relevanz des behaupteten Wiederaufnahmetatbestandes immer am in der Sache selbst ergangenen rechtskräftigen Bescheid zu messen ist, keinesfalls aber lediglich an den Inhalten und Ergebnissen von diesem Bescheid folgenden und dem gegenständlichen Antrag vorangegangenen Wiederaufnahmeverfahren (VwGH 20.10.1995, 94/19/1353).

Das Wiederaufnahmeverfahren hat nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei in einem Ermittlungsverfahren oder die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels im Wege über die Wiederaufnahme eines Verfahrens zu sanieren (VwGH 20.6.2002, 2002/07/0055).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bilden weder ein einem Sachverständigen in seinem Gutachten unterlaufener Irrtum noch neue Schlussfolgerungen eines dem Verwaltungsverfahren nicht beigezogenen Sachverständigen einen Wiederaufnahmegrund vergleiche VwGH 16.10.2007, 2004/18/0376).

Verfahrensgegenständlich hätte das nun geltend gemachte Beweismittel weder allein, noch in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens, voraussichtlich eine im Hauptinhalt des Spruches anders lautende Entscheidung herbeigeführt:

Das Gericht hat sich zur Beurteilung einer innerstaatlichen Fluchtalternative auf die Feststellungen gestützt, dass es sich beim Antragsteller 2 um einen arbeitsfähigen Mann handelt, bei dem es bereits vor der Ausreise möglich war, als selbständiger Lebensmittelhändler für die gesamte Familie (die weiteren Antragsteller) den Lebensunterhalt zu bestreiten und die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben bei einer Rückkehr zugemutet werden kann. Diese Tatsachen wurden weder von den Antragstellern bestritten, noch durch das Gutachten von Doz. Dr. Stefan Weber wiederlegt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Artikel 3, EMRK verstoßen würde. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden hg. Judikatur ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3, EMRK ist nicht ausreichend. Nach der herrschenden Rechtsprechung des VwGH liegen bei Rückkehr eines arbeitsfähigen, gesunden Mannes nach Kabul solche exzeptionellen Umstände nicht vor (Vgl. VwGH 25.05.2016, Ra 2016/19/0036; VwGH 13.09.2016, Ra 2016/01/0096) und ist auch nicht davon auszugehen, dass solche Umstände für die Kinder des Antragstellers 2, welche ihren Lebensmittelpunkt im behüteten Kreise der Familie haben sowie dessen Frau (also die weiteren Antragsteller) vorliegen.

Hervorgehoben sei zudem, dass das Gericht nicht ausschließlich das Gutachten von Mag. Mahringer, sondern primär das Länderinformationsblatt zur Feststellung und Beweiswürdigung der Lage in Afghanistan herangezogen hat. Selbst ein Wegfall des Gutachtens von Mag. Mahringer hätte daher auf den festgestellten Sachverhalt und damit auch auf den Spruch keinen Einfluss gehabt.

Das Gutachten von Doz. Dr. Stefan Weber hätte daher keine im Hauptinhalt des Spruches anders lautende Entscheidung herbeiführen könne. Dies zumal weder die Antragsteller noch Doz. Dr. Stefan Weber den Feststellungen entgegengetreten sind. Der Sachverständige für Plagiatsprüfung Doz. Dr. Stefan Weber hat lediglich die Einhaltung der Regeln guter wissenschaftlicher Praxis im Gutachten von Mag. Karl Mahringer überprüft und keine inhaltlichen Äußerungen zum Sachverhalt getroffen. Die Vorlage des Gutachtens von Doz. Dr. Stefan Weber vom 08.02.2018 muss im gegenständlichen Verfahren daher als nicht dazu geeignet angesehen werden, im wiederaufgenommenen Verfahren voraussichtlich ein anderes Verfahrensergebnis herbeizuführen.

Der Antrag auf Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen inhaltlichen Verfahrens des Antragstellers war sohin spruchgemäß abzuweisen.

Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Antrag auf Wiederaufnahme als geklärt erschien und es sich bei der Einordnung, ob die Eignung eines vorgebrachten Wiederaufnahmegrundes vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt vergleiche VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159; Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013) Paragraph 32, VwGVG Anmerkung 9), konnte gemäß Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG in Verbindung mit Paragraph 24, VwGVG die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben vergleiche VwGH 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018; VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Aufgrund dieser zeitnahen Entscheidung erübrigt sich ein Eingehen auf den Antrag "auf Erlassung einer einstweiligen Anordnung nach dem Unionsrecht, auf Gewährung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts bzw. auf Hintanhaltung der Abschiebung".

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen (siehe dazu insbesondere die unter Spruchpunkt A) zitierte Judikatur). Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2018:W225.2160783.2.00