Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

21.02.2018

Geschäftszahl

W175 2177637-1

Spruch

W175 2177637-1/10Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Eva Neumann als Einzelrichter über die Beschwerde des römisch XXXX , geboren am römisch XXXX , somalischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.10.2017, Zahl: 1112216710/160565890, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

B)Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: BF) stellte am 20.04.2016 nach erfolgter unrechtmäßiger Einreise beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) einen Antrag gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, Asylgesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF (in der Folge: AsylG). Am 21.04.2016 fand die Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt. Am 20.09.2017 fand vor dem BFA, Regionaldirektion Steiermark, eine niederschriftliche Einvernahme des BF im Asylverfahren statt.

1.1. Im Rahmen der Erstbefragung am 21.04.2016 gab der BF in Somalisch befragt an, dass er somalischer Staatsbürger, verheiratet, Vater eines Sohnes, Angehöriger des Clans der Afgooye und sunnitischer Moslem sei. Er habe 6 Jahre die Grundschule und danach das College besucht und sei ausgebildeter IT-Informatiker.

Der BF gab an, Somalia mit einem gefälschten Reisepass, den er dem Schlepper in der Türkei habe aushändigen müssen, verlassen zu haben. Er habe nie einen echten Pass besessen. Den Schlepper habe er selber organisiert und bezahlt.

Nach dem Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass sein Vater in Somalia eine Landwirtschaft besessen habe. Eines Tages hätten ihm Mitglieder des Stammes der Hawiye diese wegnehmen wollen. Als sich der Vater geweigert habe, hätten sie ihn getötet. Aus Angst, ebenfalls getötet zu werden, hätte der BF das Land verlassen. In Somalia würden noch seine Mutter, zwei Schwestern, zwei Brüder und seine Ehefrau mit dem gemeinsamen Sohn leben (irrtümlich im Protokoll der Erstbefragung als Tochter angeführt).

Der BF brachte keine gesundheitlichen Probleme vor.

Dem BF wurde das Protokoll der Befragung rückübersetzt, er gab an, keine Verständigungsprobleme gehabt zu haben und bestätigte dies mit seiner Unterschrift.

1.2. In der Einvernahme vom 20.09.2017 gab der BF nach erfolgter Rechtsberatung in Somalisch befragt an, dass er bei der Erstbefragung die Wahrheit gesagt habe.

Identitätsdokumente habe er nie besessen. Er stamme aus Südsomalia und gehöre der Volksgruppe der Tumaal an. Nach sechs Jahren Grundschule habe er einen Computerkurs besucht. Mit 14 Jahren habe er zu arbeiten begonnen und insgesamt 8 Jahre als Friseur gearbeitet. Bis zu seiner Ausreise habe er bei seinen Eltern und seinen Geschwistern gewohnt. Die Verhältnisse seien normal bis schlecht gewesen, da es oft lange nicht geregnet habe. Die Eltern hätten eine Landwirtschaft betrieben.

Er habe Somalia im März 2015 verlassen, die Ausreise habe die Mutter bezahlt und seine Freunde hätten gesammelt. Den Schlepper habe er selbst in Mogadischu organisiert. Er sei gemeinsam mit einigen Freunden bis nach Österreich gereist. Dies sei bereits in Mogadischu ausgemacht gewesen.

Er habe in Somalia keine Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Behörden gehabt und sei nie politisch aktiv gewesen.

Nach seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass sein Nachbar, ein Angehöriger des Stammes der Hawiye, den Vater des BF getötet habe, woraufhin der Bruder des BF diesen Nachbarn getötet habe. Der Bruder habe die Stadt verlassen, der BF und die Mutter seien daheimgeblieben. Die Nachbarn hätten ihn töten wollen und seien bewaffnet zu ihnen nach Hause gekommen. Der BF habe Angst gehabt und sei durch das hintere Tor hinausgegangen und nach Mogadischu gefahren. Er glaube, man habe ihm nachgeschossen. Die Hawiye hätten seine Mutter misshandelt und seine Schwester missbraucht. Die Mutter habe gesagt, dass er nicht zurückkommen dürfe, deshalb habe er das Land verlassen. Über Rückfrage, ob er jemals persönlich bedroht worden sei, gab er an, dass diese Leute ihn angerufen hätten, als er in Mogadischu gewesen sei. Sie hätten gesagt, dass sie ihn töten würden, wenn er zurückkäme. Er sei in ganz Somalia nicht sicher. Die Hawiye würden Mogadischu kontrollieren.

Auf neuerliches Nachfragen gab der BF an, dass er mit seinem Vater auf den Feldern gewesen sei. Vier Männer hätten ihnen den Grund wegnehmen wollen. Sie hätten den Vater aufgefordert, das Land zu verlassen, da er ein Tumaal sei. Danach wären sie nach Hause gegangen. Am nächsten Tag sei der Vater alleine aufs Feld gegangen, der BF sei seiner Arbeit als Friseur nachgegangen. Die Schwester habe ihn telefonisch verständigt, dass der Vater angeschossen und von der Familie ins Krankenhaus gebracht worden sei, wo er am selben Tag verstorben sei. Am nächsten Tag sei der Bruder des BF zu den Nachbarn gegangen, habe dort einen Mann getötet und die Stadt verlassen. Er habe die Mutter angerufen und ihr alles erzählt. Der BF glaube, dass der Bruder jemanden aus der Familie des Nachbarn getötet habe. Er wisse es nicht, da der Bruder nur die Mutter informiert und dann das Handy weggeschmissen habe. Der BF sei am gleichen Tag nach Mogadischu gefahren. Die Polizei hätten sie bei dem Vorfall nicht involviert, da die Hawiye die Polizei und das Militär kontrollieren würden. Auf Frage der Vertreterin, woher er gewusst habe, wer den Angriff auf den Vater verübt habe, gab dieser an, dass ihn seine Schwester informiert habe.

2. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens wies das BFA mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 06.10.2017, zugestellt am 13.10.2017, den Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG ab (Spruchpunkt römisch eins.) und erkannte dem BF den Status eines Asylberechtigten nicht zu. Das BFA erkannte dem BF weiters den Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte ihm gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung gültig bis 06.10.2018 (Spruchpunkt römisch III.).

In der Bescheidbegründung traf die Erstbehörde Feststellungen zur Person des BF und zur Lage in seinem Herkunftsstaat. Er habe keine Verfolgung im Sinne des AsylG glaubhaft gemacht. Seine Angaben wären - zusammengefasst - widersprüchlich und unplausibel, das Fluchtvorbringen nicht lebensnah.

Subsidiärer Schutz wurde ihm zuerkannt, da im Falle einer Rückkehr des BF in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur GFK oder eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt oder im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes nicht ausgeschlossen werden könne.

3. Mit Fax vom 07.11.2017 brachte der BF das Rechtsmittel der Beschwerde ein, mit dem der Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. angefochten und eine mündliche Verhandlung vor dem Asylgerichtshof beantragt wurde.

Ausgeführt wurde, dass der Bruder des BF den Nachbarn, der ihren Vater getötet habe, daraufhin selber getötet habe. Drei bewaffnete Nachbarn hätten dann den BF töten wollen, es sei ihm die Flucht gelungen, die Mutter sei misshandelt, die Schwester missbrauch worden. Man hätte den BF telefonisch bedroht. Als Angehöriger des Stammes der Tumaal werde der BF vom Stamm der Hawiye bedroht und diskriminiert.

4. Die Beschwerde samt zugehörigem Verwaltungsakt langte am 29.11.2017 beim Bundesverwaltungsgericht (in der Folge: BVwG) ein.

5. Am 12.02.2018 wurde vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der BF in Begleitung seines gewillkürten Vertreters erschien:

Grundsätzlich folgte der BF der bereits vorgebrachten Fluchtgeschichte, wobei er wesentliche Details jedoch abweichend schilderte.

Er gab an, dass ein anderer Stamm seinen Vater wegen dessen Landwirtschaft getötet habe. Der BF würde wie sein Vater einem Minderheitenstamm angehören, diese seien unbewaffnet. Mitglieder des anderen Stammes hätten den Vater auf dem Feld zweimal angeschossen, einmal im Bauch- und einmal im Brustbereich. Der BF sei nicht zu Hause gewesen, aber man hätte den Vater vom Feld nach Hause gebracht. Die Schwester hätte den BF angerufen, dieser sei dann nach Hause gekommen und habe den Vater ins Krankenhaus gebracht, wo man gemeint habe, dass man ihm aufgrund der Verletzungen nicht mehr helfen könne. Sie hätten ihn wieder nach Hause gebracht, wo der Vater am Abend verstorben sei. Am nächsten Tag hätten sie ihn beerdigt.

Einen Tag danach habe der Bruder des BF einen Mann aus der anderen Gruppe getötet. Danach habe er die Mutter angerufen und gesagt, er werde nicht nach Hause kommen, weil er einen der Mörder getötet habe. Die Mutter habe es gleich dem BF erzählt, der zu diesem Zeitpunkt zu Hause anwesend gewesen sei. Am Abend seien mindestens drei bis vier Bewaffnete zu ihnen nach Hause gekommen. Die Schwester habe die Tür aufgemacht und sie hätten nach dem BF gefragt, sie habe die Frage jedoch nicht beantworten können. Man habe sie geschlagen, er habe sie schreien und weinen gehört. Er sei durch das hintere Fenster geflüchtet. Einer der Männer habe ihn nach hinten laufen sehen, sie hätten begonnen, in seine Richtung zu schießen, hätten ihn aber nicht getroffen. Seine Hose sei damals zerrissen, er wisse jedoch nicht, ob durch einen Schuss oder ob er wo hängengeblieben sei. Er habe dann ein Auto angehalten, das ihn nach Mogadischu mitgenommen habe. Er habe sich dann bei einem Freund des Vaters versteckt, der ihn, nachdem er alles erzählt habe, in einer anderen Wohnung untergebracht habe. Der Freund habe dann am nächsten Tag die Mutter kontaktiert. Er sei dann zum BF gegangen und dieser habe mit der Mutter gesprochen. Diese erzählte ihm, dass die Männer noch geblieben seien, als der BF weggelaufen sei. Sie hätten die Schwester geschlagen und ihr die Hand gebrochen. Nach zwei Tagen seien die Männer erneut gekommen und hätten nach dem BF gefragt. Die Mutter habe ihn ersucht, das Land zu verlassen. Die Männer seien auch bei dem Freund des Vaters gewesen, als dieser den BF gerade in einer anderen Wohnung untergebracht hätte.

Der BF gab auf Rückfrage an, dass er seit Anfang 2015 verheirate sei. Sein Sohn sei erst geboren worden, als er schon in der Türkei gewesen sei. Auf Nachfragen gab er an, dass seine Frau ab und zu bei ihren Eltern gelebt habe, so auch am fraglichen Abend. Die Frage, weshalb er seine Frau nach dem behaupteten Vorfall nicht angerufen habe, beantwortete der BF dahingehend, dass er die Nummer nicht gewusst habe. Auf die Frage, ob er um seine Frau keine Angst gehabt habe, gab er an, er mache sich Sorgen, aber er könne jetzt nichts für sie machen. Außerdem würden in Somalia die Frauen und Kinder nicht geschlagen. Es könne nur sein, dass man sie vergewaltige. Nach erfolgter Rückübersetzung des gesamten Protokolls verbesserte sich der BF dahingehend, dass diese Gruppe seine Frau schlagen oder vergewaltigen werde, aber man werde sie nicht töten.

Auf Nachfrage, wer den Vater vom Feld nach Hause gebracht habe, gab der BF an, dass er dies nicht wisse, möglicherweise seien es Nachbarn gewesen, die die Schüsse gehört hätten. Auf Nachfrage, ob die Nachbarn die Schüsse tatsächlich gehört hätten, oder ob er das nur annehme, gab der BF an, sie hätten sie tatsächlich gehört, das wisse er.

Der BF gab an, dass er nicht genau wisse, wen der Bruder getötet habe, es sei jedoch ein Mitglied der Nachbarsfamilie gewesen. Er könne nicht angeben, wie der Bruder den anderen getötet habe, sie hätten keine Waffen zu Hause. Der Bruder habe es der Mutter nicht erzählt. Der BF fürchte nun Blutrache. Er wisse nicht, wo sich sein Bruder derzeit aufhalte. Er habe, seit er weggegangen sei, keinen Kontakt mehr zu seiner Familie. Sein anderer Bruder sei nur ein Halbbruder. Er habe gehört, dass er seit längerer Zeit in Saudi Arabien sei. Er habe keinen Kontakt seit er 14 oder 15 Jahre alt gewesen sei.

Auf Nachfrage gab er an, dass es sonst keine Vorfälle gegeben habe.

Erst auf Frage des Vertreters, ob er von den Nachbarn auch angerufen worden sei, gab der BF an, dass sie ihn mehrmals angerufen hätten. Aber als er Mogadischu verlassen habe, habe er kein Handy mehr gehabt. Die Nummer hätten sie von der Mutter. Er habe gedacht, das hätte er bereits erwähnt.

Der Vertreter des BF verzichtete auf die Vorlage der aktuellen Länderfeststellungen (Jänner 2018) durch das Gericht, diese lägen ihm bereist vor, sowie auf eine Stellungnahme dazu.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweisaufnahme:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch Einsicht in:

Weiters herangezogen wurden die Angaben des BF in der Verhandlung vor dem BVwG am 12.02.2018.

Seitens des BF wurden im Verfahren vor dem BVwG keine Beweismittel oder sonstige Belege zu seiner Identität vorgelegt.

2. Feststellungen (Sachverhalt):

2.1. Der BF führt den Namen römisch XXXX, geboren am römisch XXXX, ist Staatsangehöriger von Somalia und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Er ist nach eigenen Angaben in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft und war nie inhaftiert. Er war nicht politisch aktiv und hatte keine über das Antragsvorbringen hinausgehenden Probleme in seinem Herkunftsstaat. Der BF ist seinen Angaben nach verheiratet und hat einen Sohn. Eine Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan oder einer Volksgruppe konnte nicht mit maßgeblicher Sicherheit festgestellt werden. Der BF ab an, den Tumaal zugehörig zu sein.

2.2. Die Ausreise des BF aus Somalia erfolgte schlepperunterstützt. Eine weitere Überprüfung erübrigt sich, da die Fluchtroute für das Fluchtvorbringen nicht relevant ist.

2.3. Der BF ist in seinem Herkunftsstaat weder vorbestraft, noch wurde er jemals inhaftiert oder hatte mit den Behörden des Herkunftsstaates sonstige Probleme. Der BF hat keine gravierenden Probleme aufgrund einer Clanzugehörigkeit.

Eine wie auch immer geartete Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung konnte der BF weder glaubhaft machen, noch geht sie aus dem Akt hervor.

Ein konkreter Anlass für das (fluchtartige) Verlassen des Herkunftsstaates konnte nicht festgestellt werden. Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Fall der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer wie auch immer gearteten Verfolgungsgefahr ausgesetzt sein wird.

Der BF konnte eine an asylrelevante Merkmale im Sinne der GFK anknüpfende Verfolgung in Somalia nicht glaubhaft machen, noch kam eine solche im Verfahren sonst wie zu Tage.

3. Beweiswürdigung:

3.1. Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt römisch eins. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA, und dem zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Akt des BVwG.

3.2. Zur Person des BF:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität (Namen, Geburtsdatum, Geburtsort), Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit des BF getroffen wurden, beruhen diese rein auf den Angaben des BF im Verfahren vor dem BFA sowie vor dem BVwG und in der Beschwerde, sowie auf der Kenntnis und Verwendung der somalischen Sprache.

Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen Verfahren.

Das Vorbringen des BF war in seiner Gesamtheit - wie noch auszuführen sein wird - nicht geeignet, die Notwendigkeit weiterer Erhebungen zu bedingen, in deren Zusammenhang oder zu deren Durchführung der korrekte Name des BF notwendig gewesen wäre. Zur Individualisierung der Person als Verfahrenspartei war der vorgebrachte Namen ausreichend.

3.3. Die Feststellungen zur Ausreise aus Somalia, zur weiteren Reiseroute und zur Einreise in Österreich ergeben sich aus dem Akteninhalt. Eine weitere Überprüfung erübrigt sich, da sie für das Fluchtvorbringen nicht relevant waren.

3.4. Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen seines Herkunftsstaates beruht auf den Angaben des BF in der Erstbefragung, in der Einvernahme vor dem BFA und in der Verhandlung vor dem BVwG.

Da die vorgebrachten Verfolgungsgründe weder bewiesen noch glaubhaft belegt wurden, ist zur Beurteilung, ob diese als glaubhaft gemacht anzusehen sind, auf die persönliche Glaubwürdigkeit des BF und sein Vorbringen zu den Fluchtgründen abzustellen.

Wie sich aus der Erstbefragung und der Einvernahme vor dem BFA ergibt, hatte der BF ausreichend Zeit und Gelegenheit, seine Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie allfällige Beweismittel oder Belege vorzulegen. Der BF wurde vom BFA und vor dem BVwG auch mehrmals zur umfassenden und detaillierten Schilderung seiner Fluchtgründe und zur Vorlage entsprechender Unterlagen aufgefordert, sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt. Die Fragen waren prägnant und altersgerecht gehalten und wurden mehrmals widerholt. Widersprüche wurden dem BF mehrfach vorgehalten, sodass er Gelegenheit hatte, diese zu aufzuklären.

Dabei ist festzuhalten, dass der BF grundsätzlich in der Lage sein muss, umfassende und inhaltlich übereinstimmende Angaben zu den konkreten Umständen und dem Grund der Aus-reise aus dem Herkunftsstaat zu machen, zumal eine Person, die aus Furcht vor Verfolgung ihren Herkunftsstaat verlassen hat, auf konkrete Befragung zu ihrer Flucht die ihr gebotene Möglichkeit nicht ungenützt lassen wird, die Umstände und Gründe ihrer Flucht in umfassender und in sich schlüssiger Weise darzulegen, um den beantragten Schutz vor Verfolgung möglichst rasch erhalten zu können. Es entspricht auch der allgemeinen Lebenserfahrung, dass eine mit Vernunft begabte Person, die behauptet, aus Furcht vor Verfolgung aus ihrem Herkunftsstaat geflüchtet zu sein, über wesentliche Ereignisse im Zusammenhang mit ihrer Flucht, die sich ins Bewusstsein dieser Person einprägen, selbst nach einem längeren Zeitraum noch ausreichend konkrete, im Wesentlichen widerspruchsfreie und nachvollziehbare Angaben machen kann. Eine dem entgegenstehende psychische Beeinträchtigung wurde vom BF nicht vorgebracht und ist auch nicht aus dem Akt erkennbar.

Darüber hinaus hat der BF im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht seinen Antrag auf internationalen Schutz ohne unnötigen Aufschub zu begründen und alle zur Begründung des Antrages erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen, worüber der BF zu Beginn des Verfahrens auch hingewiesen wurde.

Auch vor dem BVwG wurde der BF angehalten, wahrheitsgemäße Angaben zu machen.

Der BF widersprach sich bei der Schilderung seines Fluchtgrundes in mehreren wesentlichen Punkten.

So gab der BFA vor dem BFA an, die Familie habe den Vater ins Krankenhaus gebracht, vor dem BVwG gab er an, er habe ihn hingebracht.

Vor dem BFA gab er an, dass der Vater in ein Krankenhaus gebracht worden sei, wo er auch verstorben sei. Vor dem BVwG gab er an, dass die Familie ihn wieder nach Hause gebracht habe, da man nichts für ihn habe tun können, der Vater sei zu Hause verstorben. Da es einen wesentlichen Unterschied macht, ob man eine sterbende Person oder einen Verstorbenen nach Hause verbringt, muss dieser Umstand dem BF erinnerlich sein, sofern das Vorbringen real ist.

Vor dem BFA gab der BF an, dass sein Bruder am nächsten Tag einen Mann getötet habe, vor dem BVwG gab er an, dass am nächsten Tag die Beerdigung des Vaters gewesen sei, der Bruder habe erst am Tag nach der Beerdigung den Mann getötet. Auch ist sich der BF einmal sicher, der Bruder habe den Mörder des Vaters getötet, an anderer Stelle sei es lediglich irgendein Mitglied der Nachbarsfamilie gewesen.

Der BF war sich auch in der Schilderung des ihn direkt betreffenden Geschehens unsicher, so gab er einmal an, die Männer (einmal 3 Männer, einmal mindestens 3 bis 4) hätten möglicherweise auf ihn geschossen, vor dem BVwG gab er an, sie hätte begonnen auf ihn zu schießen, er wisse nicht, ob die Hose von den Schüssen kaputt gegangen sei, somit stellte er die Schüsse als eine Tatsache und nicht mehr als Möglichkeit dar.

Dass er von den Verfolgern persönlich telefonisch bedroht worden sei, war dem BF sowohl vor dem BFA als auch vor dem BVwG erst nach einer entsprechenden Suggestivfrage des Rechtsberaters beziehungsweise Vertreters erinnerlich.

Vor dem BFA gab der BF an, die Männer hätten seine Schwester geschlagen und vergewaltigt, vor dem BVwG gab er an, sie hätten sie geschlagen und ihr die Hand gebrochen. Vor dem BVwG gab der BF, der offenbar seine Frau und sein Kind nachträglich nicht mehr in die bereist vorgebrachte Fluchtgeschichte einordnen konnte, an, dass sie eben gerade an dem Tag, als die Männer gekommen seien, nicht anwesend gewesen wären. Nicht zu erklären vermochte er allerdings, weshalb er seine Frau zu keiner Zeit angerufen oder sonst wie verständigt habe, da er doch logischerweise befürchten hätte müssen, da man ihn auch bei seiner Frau beziehungsweise bei deren Familie suchen würde. Dass er ihre Nummer nicht gewusst hätte, ist wenig glaubhaft, selbst wenn, hätten er oder andere Familienmitglieder als vernünftig denkende Menschen irgendwann zeitnahe versucht, mit der Frau Kontakt aufzunehmen, falls ihr tatsächlich Gefahr gedroht hätte. Der Versuch einer Erklärung dahingehend, dass in Somalia Frauen und Kinder nicht geschlagen würden, geht schon allein deshalb ins Leere, als der BF angab, man habe die Schwester geschlagen und ihr die Hand gebrochen und/oder sie vergewaltigt. Die nachträgliche Erklärung, weshalb er nicht versucht habe, die Ehefrau zu verständigen, nämlich dass diese Gruppe seine Frau (nur) schlagen oder vergewaltigen, aber nicht töten würde, ist offensichtlich nur dem vergeblichen Versuch geschuldet, die vorgebrachte Geschichte nachvollziehbar zu machen und entspringt wohl nicht der Einstellung des BF seiner Frau gegenüber.

Insgesamt ist der BF nicht in der Lage, das behauptete Geschehen konsistent, lebensnah und glaubhaft zu schildern. Eine Verfolgung des BF durch die Nachbarn, die auf Streitigkeiten unter zwei Clans beziehungsweise auf eine Zugehörigkeit des BF zu einem Minderheitenclan gegründet ist, konnte der BF durch die vorgebrachte Geschichte nicht glaubhaft machen.

Da von einem realen Geschehen nicht auszugehen war, ist es in Folge nicht erforderlich, sich mit den Fragen hinsichtlich Beziehungen zwischen zwei bestimmten Clans oder einer behaupteten konkreten Verfolgung aufgrund von Clanzugehörigkeiten auseinanderzusetzen. Die vom BF konkret behauptete Verfolgung durch Angehörige der Hawiye war nicht glaubhaft, eine andere Form einer Verfolgung oder Artikel 3, EMRK relevanten Diskriminierungen aufgrund seiner - im Lichte des Vorbringens ohnehin zweifelhaften - Clanzugehörigkeit wurde von ihm nicht vorgebracht. Der BF brachte weiters vor, dass er eine Ausbildung als IT-Techniker machen konnte und jahrelang als Friseur gearbeitet hat, somit war ihm laut eigenen Angaben auch ein gewisses berufliches Fortkommen nicht verwehrt. Aus den Länderberichten ergibt sich keine wahrscheinliche Artikel 3, EMRK relevante generelle Verfolgung des BF als behaupteter Angehöriger der Tumaal, eine solche wurde auch nicht behauptet:

1.1. Bevölkerungsstruktur und Clanschutz

Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft (USDOS 13.4.2016). Die somalische Bevölkerung ist aber nur auf den ersten Blick homogen (EASO 8.2014). In ganz Somalia gibt es eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Sub-Clans und Sub-Sub-Clans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).

Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).

Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).

* Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).

* Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.

* Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).

* Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.

* Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 13.4.2016). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

Die größte ethnische Minderheit stellen die Bantu (Jareer). Die Bantu leben traditionell als Bauern in und zwischen den fruchtbaren Flusstälern von Shabelle und Jubba. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli und Gobaweyne sind Namen, die den unterschiedlichen Bantu-Gruppen zugeschrieben werden. Manche der Gosha wurden in den Clan der Digil/Mirifle assimiliert. Viele Bantu sprechen Somali (Maay-tiri), manche - etwa Gosha und Mushunguli - pflegen eigene Bantusprachen (EASO 8.2014).

Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status' als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein. Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).

Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010).

Die wichtigsten Gruppen sind:

* Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

* Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

* Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).

Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).

Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/content/AT/Downloads/Publikationen/n8_Laenderinfo_Somalia.pdf, Zugriff 21.4.2016

1.2. Aktuelle Situation

Die somalische und auch die puntländische Verfassung bekennen sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung (AA 1.12.2015). Grundsätzlich wurde bei der Bildung der föderalen Regierung Ende 2012 sowie beim letzten umfassenden Regierungsumbau auf eine möglichst breite Zusammensetzung aller Clans und Sub-Clans geachtet. Sowohl Regierung als auch Parlament sind entlang der sogenannten "4.5 Lösung" organisiert, das bedeutet, dass für jeden Sitz, den ein Vertreter der großen Clans in Regierung bzw. Parlament innehat, ein halber Sitz einem Vertreter der kleineren Clans (ÖB 10.2015) bzw. Minderheitenclans zufällt (USDOS 13.4.2016). So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft mit jeweils 61 Sitzen im Parlament. Dementsprechend sind die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2015). Die 4.5-Formel wurde aber auch schon zugunsten der Minderheiten gebrochen (USDOS 13.4.2016).

In den meisten Gegenden schließt der dominante Clan andere Gruppen von einer effektiven Partizipation an Regierungsinstitutionen aus (USDOS 13.4.2016). Auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten ist grundsätzlich von einer Diskriminierung im Lichte der jeweiligen Clan- bzw. Sub-Clan-Zugehörigkeit auszugehen (AA 1.12.2015).

Dabei kann es sich um wirtschaftliche Diskriminierung beispielsweise im Rahmen staatlicher Vergabeverfahren, aber auch um Diskriminierung beim Zugang zu Nahrungsmittelhilfe, natürlichen Ressourcen, Gesundheitsdienstleistungen oder anderen staatlichen Diensten (AA 1.12.2015) oder um Gerichtsverfahren handeln (USDOS 13.4.2016). Angehörige eines (Sub-)Clans können in Gebieten, die von einem anderen (Sub-)Clan dominiert werden, aber auch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, insbesondere in Konfliktsituationen bezüglich Unfällen, Eigentum oder Wasser (AA 1.12.2015). Es kann davon ausgegangen werden, dass der staatliche Schutz im Falle von Clan-Konflikten nicht zur Anwendung kommt, sondern die "Regelung" dieser Konflikte grundsätzlich den Clans selbst überlassen wird. Die staatlichen Sicherheitskräfte sind in der Regel zu schwach, um in Clankonflikte effektiv eingreifen zu können; zudem ist die föderale Regierung wohl auch nicht willens, sich in Konflikte dieser Art einzumischen und so den Unwillen einzelner Clans auf sich zu ziehen (ÖB 10.2015).

Viele Minderheitengemeinden leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 13.4.2016). Bantu werden aufgrund ihrer Ethnie diskriminiert (UNHRC 28.10.2015). Auch einzelne andere Minderheiten (u.a. Jareer, Benadiri, Midgan, Gabooye), leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich, da sie nicht in die Clan-Strukturen eingebunden sind, in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung - nicht aber systematisch von staatlichen Stellen - wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Viele Minderheitengemeinden leben in tiefer Armut. Sie sind auch überproportional von der im Land herrschenden Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.) (USDOS 13.4.2016). Allerdings datieren die letzten - unbestätigten - Berichte von Repressionen im engeren Sinn mit November 2013, als staatliche Sicherheitskräfte des Hawiye-Clans angeblich sesshafte Bantu-Landwirte von ihren Grundstücken vertrieben haben sollen (AA 1.12.2015). In den hier verwendeten Berichten werden keine aktuellen Beispiele gewaltsamer Repression oder der Verfolgung von Minderheiten genannt.

Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:

Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010). Mischehen - vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans - sind traditionell beschränkt (USDOS 13.4.2016; vergleiche EASO 8.2014, ÖB 10.2015). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).

Auch in anderen Bereichen gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).

Die Existenz einer dynamischen Wirtschaftsgemeinde der Benadiri ist erwiesen (UKUT 5.11.2015). Ihnen ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben (B 10.2014). Benadiri können sich auf der Suche nach einem Lebensunterhalt an diese Gemeinde wenden (UKUT 5.11.2015).

In Mogadischu gibt es heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr. Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015). Zusätzlich gibt eines keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine Person angehört (LI 4.4.2016).

Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben - sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

Es entspricht der ständigen Judikatur des VwGH, wenn Gründe, die zum Verlassen des Heimatstaates beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen beziehungsweise Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (VwGH 06.03.1996, 95/20/0650).

Auch sonst sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine konkret gegen die Person des BF gerichtete asylrelevante Verfolgung für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.

Dass der Inhalt des Bescheides des BFA an Rechtswidrigkeit leide und eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliege, konnte nicht festgestellt werden, zumal im gesamten Verfahren vor dem BFA keinerlei Anhaltspunkte dahingehend ersichtlich sind, dass die belangte Behörde rechtswidrig oder gar willkürlich entschieden hätte. Vielmehr wurden dem BF ausreichende Möglichkeiten eingeräumt, sein Fluchtvorbringen darzulegen, gegebenenfalls zu ergänzen, beziehungsweise aufgetretene Unklarheiten oder Widersprüche zu beseitigen, sowie allfällige Beweismittel vorzulegen. Die maßgebenden Erwägungen, von denen sich die belangte Behörde bei ihrer Begründung leiten ließ, sind im angefochtenen Bescheid in umfassender und übersichtlicher Art dargelegt. Die Beschwerde (oder die Befragung vor dem BVwG) bot keine Klärung der Widersprüche an.

3.5. Die von der belangten Behörde im gegenständlich angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat ergeben sich aus den von ihr in das Verfahren eingebrachten und im Bescheid ausführlich dargelegten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen. Die belangte Behörde hat dabei Berichte verschiedenster allgemein anerkannter Institutionen berücksichtigt. Diese Quellen liegen dem BVwG von Amts wegen vor und decken sich im Wesentlichen mit dem Amtswissen des BVwG, das sich aus der ständigen Beachtung der aktuellen Quellenlage (Einsicht in aktuelle Berichte zur Lage im Herkunftsstaat) ergibt.

Insoweit die belangte Behörde ihren Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde gelegt hat, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem BVwG von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie des Umstandes, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Auch in der Beschwerde wurden die Länderfeststellungen nicht angezweifelt.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

4.1.1. Gemäß Artikel 151, Absatz 51, Ziffer 7, des B-VG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 164 aus 2013, wurde der Asylgerichtshof mit 01.01.2014 zum Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

4.1.2. Gemäß Paragraph eins, des Bundesgesetzes über das Verfahren der Verwaltungsgerichte, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2013, (VwGVG) ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das VwGVG geregelt.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, Bundesgesetzblatt Nr. 51 aus 1991, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 161 aus 2013, (AVG), mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Im gegenständlichen Verfahren sind daher gemäß Paragraph eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, idgF (BFA-VG), dieses sowie weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung von Einreisetitel, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF (FPG) anzuwenden.

4.1.3. Gemäß Paragraph 6, des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 2003, (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des BVwG zuständigen Einzelrichter.

Gemäß Paragraph 27, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (Paragraph 9, Absatz eins, Ziffer 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (Paragraph 9, Absatz 3,) zu überprüfen.

Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß Paragraph 28, Absatz 3, VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn die Voraussetzungen des Absatz 2, nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer eins, B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

4.2. Zu Spruchteil A):

4.2.1. Gemäß Paragraph 15, Absatz eins, AsylG hat ein Asylwerber am Verfahren nach diesem Bundesgesetz mitzuwirken; insbesondere hat er

1. ohne unnötigen Aufschub seinen Antrag zu begründen und alle zur Begründung des Antrags auf internationalen Schutz erforderlichen Anhaltspunkte über Nachfrage wahrheitsgemäß darzulegen;

2. bei Verfahrenshandlungen und bei Untersuchungen durch einen Sachverständigen persönlich und rechtzeitig zu erscheinen, und an diesen mitzuwirken. Unfreiwillige Eingriffe in die körperliche Integrität sind unzulässig;

3. Anmerkung, aufgehoben)

4. dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht, auch nachdem er Österreich, aus welchem Grund auch immer, verlassen hat, seinen Aufenthaltsort und seine Anschrift sowie Änderungen dazu unverzüglich bekannt zu geben. Hierzu genügt es, wenn ein in Österreich befindlicher Asylwerber seiner Meldepflicht nach dem Meldegesetz 1991 - MeldeG, nachkommt. Unterliegt der Asylwerber einer Meldeverpflichtung gemäß Paragraph 15 a,, hat die Bekanntgabe im Sinne des ersten Satzes spätestens zeitgleich mit der Änderung des Aufenthaltsortes zu erfolgen. Die Meldepflicht nach dem MeldeG bleibt hievon unberührt;

5. dem Bundesamt oder dem Bundesverwaltungsgericht alle ihm zur Verfügung stehenden Dokumente und Gegenstände am Beginn des Verfahrens, oder soweit diese erst während des Verfahrens hervorkommen oder zugänglich werden, unverzüglich zu übergeben, soweit diese für das Verfahren relevant sind;

6. Anmerkung, aufgehoben)

7. unbeschadet der Ziffer eins,, 2, 4 und 5 an den zu Beginn des Zulassungsverfahrens notwendigen Verfahrens- und Ermittlungsschritten gemäß Paragraph 29, Absatz 6, mitzuwirken.

Zu den in Absatz eins, Ziffer eins, genannten Anhaltspunkten gehören gemäß Absatz 3, insbesondere

1. der Name des Asylwerbers;

2. alle bisher in Verfahren verwendeten Namen samt Aliasnamen;

3. das Geburtsdatum;

4. die Staatsangehörigkeit, im Falle der Staatenlosigkeit der Herkunftsstaat;

5. Staaten des früheren Aufenthaltes;

6. der Reiseweg nach Österreich;

7. frühere Asylanträge und frühere Anträge auf internationalen Schutz, auch in anderen Staaten;

8. Angaben zu familiären und sozialen Verhältnissen;

9. Angaben über den Verbleib nicht mehr vorhandener Dokumente;

10. Gründe, die zum Antrag auf internationalen Schutz geführt haben, und

11. Gründe und Tatsachen, nach denen das Bundesamt oder das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich fragt, soweit sie für das Verfahren von Bedeutung sind.

Gemäß Paragraph 18, Absatz eins, AsylG haben das BFA und das BVwG in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

Im Rahmen der Beurteilung der Glaubwürdigkeit des Vorbringens eines Asylwerbers ist gemäß Absatz 3, auf die Mitwirkung im Verfahren Bedacht zu nehmen.

4.2.2. Zu Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides:

4.2.2.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl.

Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974, (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" vergleiche VwGH 22.12.1999, Zahl: 99/01/0334; 21.12.2000, Zahl:

2000/01/0131; 25.01.2001, Zahl: 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 09.03.1999, Zahl: 98/01/0370; 21.09.2000, Zahl: 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, Zahl: 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 19.12.1995, Zahl:

94/20/0858; 23.09.1998, Zahl: 98/01/0224; 09.03.1999, Zahl:

98/01/0318; 09.03.1999, Zahl: 98/01/0370; 06.10.1999, Zahl:

99/01/0279 mwN; 19.10.2000, Zahl: 98/20/0233; 21.12.2000, Zahl:

2000/01/0131; 25.01.2001, Zahl: 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 09.03.1999, Zahl:

98/01/0318; 19.10.2000, Zahl: 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 05.11.1992, Zahl: 92/01/0792; 09.03.1999, Zahl: 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH 16.06.1994, Zahl: 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird vergleiche VwGH 01.06.1994, Zahl: 94/18/0263; 01.02.1995, Zahl: 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, Zahl: 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 09.03.1999, Zahl: 98/01/0370; 22.10.2002, Zahl: 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 08.09.1999, Zahl: 98/01/0503 und Zahl: 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Artikel eins, Abschnitt C Ziffer 5, GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH 21.01.1999, Zahl: 98/20/0399; 03.05.2000, Zahl: 99/01/0359).

4.2.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des BF, in seinem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist:

Der BF konnte keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende an asylrelevante Merkmale im Sinne der GFK anknüpfende Verfolgung in Somalia glaubhaft machen. Eine solche ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Dem BF wurde gerade aufgrund der aktuellen Lage in Somalia im Zusammenspiel mit seiner individuellen Situation bereits der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im vorliegenden Fall liegen die tragenden Elemente der Entscheidung allein in der Bewertung der Glaubwürdigkeit der Angaben des BF zu seine Fluchtgründen und zu seiner allgemeinen Situation im Heimat- oder Herkunftsstaat , die auf den umfassenden und aktuellen Feststellungen der Behörde über die Lage im Heimat- oder Herkunftsstaat beruht, und demgemäß in Tatbestandsfragen.

Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht insbesondere auf die Rechtsprechung der Höchstgerichte und des EGMR beziehungsweise auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den rechtlichen Erwägungen wiedergegeben.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2018:W175.2177637.1.00