BVwG
15.11.2017
W257 2158243-1
W257 2158243-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Herbert Gerhard MANTLER, MBA, als Einzelrichter über die Beschwerden von römisch 40 , geboren am römisch 40 , Staatsbürgerin der Islamischen Republik Afghanistan, vertreten durch "MigrantInnenverein St. Marx", 1090 Wien, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, römisch 40 , vom 28.04.2017, Zl. römisch 40 , nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.09.2017, zu Recht:
A) römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. des
angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz 2, Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 138 aus 2017, in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 145 aus 2017, als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG stattgegeben und der Beschwerdeführerin gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 3, AsylG 2005 der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 wird der Beschwerdeführerin eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 15.11.2018 erteilt.
römisch IV. In Erledigung der Beschwerde wird Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 28, Absatz eins und 2 VwGVG ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
1. Verfahrensgang
Die minderjährige Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz "BF5" genannt) reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 05.08.2015, vertreten durch ihre Mutter, einen Antrag auf internationalen Schutz. Sie ist Teil einer Familie. Die Familie besteht aus:
römisch 40 XXXX
BF1 Vater römisch 40 römisch 40 XXXX
BF2 Mutter römisch 40 römisch 40 XXXX
BF3 Sohn römisch 40 römisch 40 XXXX
BF4 Tochter römisch 40 römisch 40 XXXX
BF5 Tochter römisch 40 römisch 40 XXXX
Die BF gehört der Volksgruppe der Hazara an und bekennt sich zur schiitischen Glaubensausrichtung.
Die BF hätten die Flucht vom Iran nach Europa gemeinsam angetreten. Der BF1 sei dabei von seiner Familie getrennt und nach Afghanistan abgeschoben worden. Die restliche Familie hätte es bis nach Europa geschafft und konnten so am 05.08.2015 einen Asylantrag stellen. BF1 hätte die Flucht von Afghanistan aus nochmals gestartet und sei dann später nach Europa zu seiner Familie nachgekommen. So stellte er erst am 27.01.2016 einen Asylantrag.
Mit dem im Spruch erwähnten Bescheid wurde der BF sowohl ihr Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz 1 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (AsylG) idgF, als auch sein Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz 1 in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins. und Spruchpunkt römisch II.). Der BF wurde gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz 1 Ziffer 3 AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen ihr eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2 Ziffer 2 FPG erlassen und weiters gemäß Paragraph 52, Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.). Weiters wurde innerhalb des Spruches ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt römisch IV.).
Die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass keinem Familienmitglied der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Daher komme auch für die BF keine Zuerkennung aufgrund des vorliegenden Familienverfahrens in Betracht. Die BF habe keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, sondern habe ihr Vorbringen auf jenes des Vaters gestützt.
Die dagegen erhobene vollumfängliche Beschwerde vom 16.05.2017, eingebracht von der damals rechtlichen Vertreterin, der Diakonie Flüchtlingsdienst, führte zusammenfassend aus, dass die allgemeine Lage in Afghanistan sehr schlecht sei, die BF der Risikogruppe der Hazaras angehören würden und die medizinische Versorgung der BF 5 nicht gesichert sei. Bei Würdigung dieser Umstände hätte das BFA den BF Asyl, oder zumindest den subsidiären Schutz zuerkennen müssen.
Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 22.05.2017 vorgelegt. Ab dem gleichen Tag waren die BF vom "MigrantInnenverein St. Marx", Pulverturmgasse 4/2/R01, zugleich von Dr. Lennart Binder LL.M, Rechtsanwalt in Wien (in der Folge kurz "RV"), vertreten. In der Vollmachtsbekanntgabe wird neben den bisherigen Fluchtgründen und der allgemeinen Sicherheitslage darauf hingewiesen, dass die BF den religiösen Minderheiten in Afghanistan und der Volksgruppe der Hazaras angehören und somit einer Verfolgung ausgesetzt seien. Ergänzend wird vorgebracht, dass die BF und Ihre Töchter so sehr westlich orientiert seien, dass sie sich mit der konservativen Wertehaltung der Gesellschaft in Afghanistan nicht abfinden könnten (Seite 3). Die Frauen würden sich an das "westliche" Frauen- und Gesellschaftsbild orientieren. Zudem seien sie als Hazara besonders "vulnerabel" und es stünde ihnen kein adäquates soziales Auffangnetz zur Verfügung (Seite 6).
Das Bundesverwaltungsgericht verband aufgrund der Familienzusammengehörigkeit die Verfahren und hat über die eingebrachten Beschwerden am 22.09.2017 eine öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der die BF, mit Ausnahme von BF3, im Beisein der Rechtsvertretung erschienen und in welche diese ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt wurden. Ein Vertreter des BFA nahm an der Verhandlung nicht teil. Die Verhandlungsschrift wurde der Behörde übermittelt.
Im Zuge der Verhandlungseinladung für den 22.09.2017 wurde den Parteien folgende Länderberichte zum Parteigengehör mit einer 14tägigen Stellungnahmefrist zugesandt:
Eine Stellungnahme hierzu langte nicht ein.
In der mündlichen Verhandlung wiederholten der BF1 die Fluchtgründe, wie sie bei der Behörde vorgebracht wurden. Vor ca römisch 40 Jahren sei es in Afghanistan zu einer Grundstücksstreitigkeit gekommen, der BF1 wurde in dessen Zuge verletzt und bedroht, weswegen die BF in den Iran flüchteten. Im Iran bekamen Sie einen Drohbrief nachgesandt. Wegen des schlechten Gesundheitszustandes der Tochter (BF5) verließen Sie den Iran in Richtung Europa. BF2 gab ergänzend an, Sie seien geflüchtet weil sie Hazara sind und die Taliban gegen die Hazara Krieg führten. Ein eigener Fluchtgrund aus dem Herkunftsstaat wurde weder von der gesetzlichen Vertreterin behauptet, noch selbst nicht vorgebracht.
Während der mündlichen Verhandlung wurde dem Regierungsvorlage nochmals eine Stellungnahmefrist innerhalb einer Woche eingeräumt. Am 04.10.2017 langte eine Stellungnahme seitens des Regierungsvorlage ein. Darin werden medizinische Unterlagen der BF vorgelegt und bezugnehmend auf die Länderberichte auf die Stigmatisierung von Behinderungen in Afghanistan hingewiesen. Effektive medizinische Behandlungsmöglichkeiten würden nicht bestehen und sei es der BF5 unmöglich ein menschenwürdiges Leben in Afghanistan zu führen. Die BF seien einer asylrelevanten Verfolgung aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der geistig Behinderten ausgesetzt. Zudem wird erneut auf die westliche Orientierung und die damit einhergehende asylrelevante Verfolgung der weiblichen Familienmitglieder verwiesen. Ansonsten wird um Zuerkennung des subsidiären Schutzes gebeten.
Diese Stellungnahme wurde dem BFA am 24.10.2017 Parteiengehör übersandt. Eine schriftliche Stellungnahme langte seitens des BFA nicht ein. Während der Verhandlung wurde die BF5 als die BF3 bezeichnet.
Zusammengefasst bringen die BF folgende Fluchtgründe vor:
Seitens des BF:
Zusätzlich im Zuge der Beschwerde:
Zusätzlich in der Beschwerdeergänzung:
Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
2. Feststellungen (Sachverhalt):
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens folgende Beweismittel der Beurteilung zugrunde gelegt:
2.1. Zur Person der BF
Die minderjährige BF ist Staatsbürgerin der Islamischen Republik Afghanistan. Sie gehört der Volksgruppe der Hazara an und bekennt sich zur schiitischen Glaubensausrichtung des Islam. Sie ist Teil der in Österreich lebenden Kernfamilie, bestehend aus dem Vater römisch 40 , der Mutter römisch 40 , dem Sohn römisch 40 , geboren römisch 40 , der Tochter römisch 40 , geboren römisch 40 , der Tochter römisch 40 , geboren römisch 40 . Ein weiterer Sohn namens römisch 40 befindet sich in römisch 40 und ist ebenso Asylwerber.
Ein Onkel väterlicherseits befindet sich im Iran, ein weiterer Onkel väterlicherseits lebt in Kabul, zu denen kein Kontakt besteht. Ein Bruder und zwei Schwestern mütterlicherseits leben im Iran. Auch zu diesen Verwandten besteht kein Kontakt mehr. Ein weiterer Onkel mütterlicherseits befindet sich in Deutschland.
Die BF stammen aus dem Dorf namens römisch 40 , im Distrikt römisch 40 (bzw "XXXX"), in der Provinz Ghazni. Der BF1 war Landwirt, besaß einige Felder im Eigentum und war zudem Landarbeiter auf fremden Grundstücken in verschiedenen Örtlichkeiten. Die BF2 ist Analphabetin. Im Iran war BF1 Bauarbeiter.
BF5 (römisch 40 ) erlitt vor ca römisch 40 oder römisch 40 Jahren im Iran einen Unfall. Seitdem leidet Sie an einer Schizophrenie und wurde im Iran und in Österreich behandelt.
Nachdem der Gesundheitszustand der Tochter BF5 immer schlechter wurde bzw die erhoffte Heilung im Iran nicht eintrat, die Familie zudem einen Drohbrief von Afghanistan in den Iran nachgesandt bekam, entschlossen sie sich, nach Europa zu flüchten. Bei der Flucht wurden sie getrennt und der BF 1 nach Afghanistan abgeschoben. Dort lebte er 4 Monate bei einem Bekannten, und begann dann wieder die Flucht nach Österreich, wo er auf schließlich auf seine bereits in Österreich befindliche Familie traf.
Anfänglich erlitt BF5 auch epileptische Anfälle, die heute nicht mehr zu verzeichnen sind. Sie leidet laut einer Diagnose an einer "XXXX Schizophrenie", "Epilepsie" und einer "XXXX Traumafolgenstörung". Die derzeitige Therapieempfehlung (Befund vom römisch 40 ) ist die Einnahme von römisch 40 und römisch 40 . Zudem möge ein Sozialkompetenztraining vermittelt werden und der Deutschkurs fortgeführt werden.
BF5 hat eine festgestellte XXXX%ige Behinderung.
Die Mutter (BF2) leidet lt Befund an Halsschmerzen. Der Vater BF1 hatte vor 3 Jahren im Iran Herzprobleme, war zuletzt im September auf Kontrolle, römisch 40 und nimmt regelmäßig blutverdünnende Medikamente ("XXXX") ein. In Zukunft ist keine Operation notwendig.
2.2. Zu den Fluchtgründen des BF aus Afghanistan
Die BF2 bis 5 haben keinen gesonderten Fluchtgrund. Die ganze Familie flüchtete wegen dem Vorfall mit den Grundstücken des BF1. Diese wurden von einem Paschtunen (mit dem Namen "XXXX" oder "XXXX") beansprucht, weswegen die Familie mit diesem in Streit geriet. Dem BF1 wurden bei einer Auseinandersetzung die Finger gebrochen. Die Familie flüchtete schließlich ca im Jahr römisch 40 in den Iran und überließ den Paschtunen die Grundstücke.
Es konnte nicht festgestellt, werden dass der BF1 von dem Aggressor mit dem Tode bedroht wurde. Es konnte nicht festgestellt werden, dass die "allgemeine Sicherheitslage" in Afghanistan, insbesondere in Kabul dermaßen instabil ist, dass die Familie oder einzelne Personen davon unabhängig von einem vorgebrachten auf die Familie oder die Person bezogenen Sachverhalt mit dem Tode oder mit einer unmenschlichen Behandlung bedroht werden würden.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass der oder die BF in Afghanistan aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, politische Gesinnung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, insbesondere jener welche ein behindertes Familienmitglied haben, Verfolgung droht. Es konnte weiters bei BF5 nicht festgestellt werden, dass ihr aufgrund der Behinderung eine Verfolgung droht.
2.3. Zu den Fluchtgründen der BF aus dem Iran.
Der Tochter römisch 40 (BF5) ging es wegen eines Unfalles und der in der Folge erlittenen psychischen Krankheit immer schlechter. Die Behandlungen im Iran waren für die Familie wenig zielführend.
Die Familie bekam römisch 40 zwei Drohbriefe von den Taliban an die Adresse in den Iran nachgesandt. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese Drohbriefe tatsächlich von den Taliban stammen. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Familie oder einzelne Personen davon aufgrund dieses Briefes aktuell bedroht werden und diese Bedrohung im Falle einer Rückführung virulent werden würde.
Die Familie floh 2016 nach Europa um der Tochter (BF5) eine bessere medizinische Versorgung zukommen zu lassen und auch damit die beiden Söhne von dem iranischen Staat nicht in den Syrienkrieg gesandt werden.
2.4. Zu dem nach der Beschwerdeeinbringung hinzugetretenen Fluchtgrund der "westlich orientierten Frau"
In der Beschwerdeergänzung vom 22.05.2017 ist angeführt, dass die BF (es ist nicht näher erläutert ob nun die Mutter oder eines der Töchter, oder alle damit umfasst sein sollen) durch die westliche Orientierung des Frauen- und Gesellschaftsbildes im Falle einer Rückkehr die BF in der Ausübung "ihres grundlegenden Menschenrechtes" beeinträchtigt wäre.
Dieses Vorbringen konnte nicht festgestellt werden.
2.5. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat
Die BF würde derzeit bei einer Rückkehr in ihre Herkunftsdistrikt römisch 40 , in der Provinz Ghazni ein Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit drohen. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung außerhalb ihrer Heimatprovinz, insbesondere in der Stadt Kabul, liefe die BF Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
2.6. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat Afghanistan:
2.6.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Gesamtaktualisierung am 02.03.2017, letzte Kurzinformation eingefügt am 27.06.2017
Anmerkung, Gegenständlicher Text wurde am 09.08.2017 zum Parteiengehör ausgesandt.
"Erläuterung
Bei der Erstellung des vorliegenden LIB wurde die im §3 Absatz 4 a, AsylG festgeschriebene Aufgabe der Staatendokumentation zur Analyse "wesentlicher, dauerhafter Veränderungen der spezifischen, insbesondere politischen Verhältnisse, die für die Furcht vor Verfolgung maßgeblich sind", berücksichtigt. Hierbei wurden die im vorliegenden LIB verwendeten Informationen mit jenen im vorhergehenden LIB abgeglichen und auf relevante, im o.g. Gesetz definierte Verbesserungen hin untersucht.
Als den oben definierten Spezifikationen genügend eingeschätzte Verbesserungen wurden einer durch Qualitätssicherung abgesicherten Methode zur Feststellung eines tatsächlichen Vorliegens einer maßgeblichen Verbesserung zugeführt (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt römisch II). Wurde hernach ein tatsächliches Vorliegen einer Verbesserung i.S. des Gesetzes festgestellt, erfolgte zusätzlich die Erstellung einer entsprechenden Analyse der Staatendokumentation (siehe Methodologie der Staatendokumentation, Abschnitt römisch IV) zur betroffenen Thematik.
Verbesserung i.S. §3 Absatz 4 a, AsylG |
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Titel | LIB-Abschnitt |
Ein Vergleich der Informationen zu asylrelevanten Themengebieten im vorliegenden LIB mit jenen des vormals aktuellen LIB hat ergeben, dass es zu keinen wie im §3 Absatz 4 a, AsylG beschriebenen Verbesserungen in Afghanistan gekommen ist. |
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Neueste Ereignisse -
Integrierte Kurzinformationen
KI vom 27.6.2017: Afghanische Flüchtlinge im Iran (betrifft: Abschnitt 23 Rückkehrer)
Aus gegebenem Anlass darf auf folgendes hingewiesen werden:
Informationen zur Situationen afghanischer Flüchtlinge im Iran können dem Länderinformationsblatt Iran entnommen werden (LIB Iran - Abschnitt 21/Flüchtlinge).
Länderkundliche Informationen, die Afghanistan als Herkunftsstaat betreffen, sind auch weiterhin dem Länderinformationsblatt Afghanistan zu entnehmen.
KI vom 22.6.2017: Aktualisierung der Sicherheitslage in Afghanistan - Q2.2017 (betrifft: Abschnitt 3 Sicherheitslage)
Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert - eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:
improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten - gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).
Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (...)
ANDSF - afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte
Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF - Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).
Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA - Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP - Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).
High-profile Angriffe:
Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).
Hauptstadt Kabul
Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):
Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vergleiche auch:
al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).
[Grafik]
(The Guardian 31.5.2017) [Anm.: man beachte, dass die Opferzahlen in dieser Grafik, publiziert am Tag des Anschlags, noch überhöht angegeben wurden]
Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vergleiche auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).
Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).
Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten- den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten - kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vergleiche auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vergleiche auch: The Guardian 3.6.2017).
[...]
Politische Lage
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet (IDEA o.D.), und im Jahre 2004 angenommen (Staatendokumentation des BFA 7.2016; vergleiche auch: IDEA o.D.). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahre 1964. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation des BFA 3.2014; vergleiche Max Planck Institute 27.1.2004).
Die Innenpolitik ist seit der Einigung zwischen den Stichwahlkandidaten der Präsidentschaftswahl auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) von mühsamen Konsolidierungsbemühungen geprägt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern der Regierung unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah sind kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 schließlich alle Ministerämter besetzt worden (AA 9.2016). Das bestehende Parlament bleibt erhalten (CRS 12.1.2017) - nachdem die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen wegen bisher ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden konnten (AA 9.2016; vergleiche CRS 12.1.2017).
Parlament und Parlamentswahlen
(...)
Parteien
(...)
Friedens- und Versöhnungsprozess:
Im afghanischen Friedens- und Versöhnungsprozess gibt es weiterhin keine greifbaren Fortschritte. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Die Reintegration versöhnungswilliger Aufständischer bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 9.2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)
Nach zweijährigen Verhandlungen (Die Zeit 22.9.2016), unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtet sich die Gruppe alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommen zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung, erklärte erstere in einer Stellungnahme eine Waffenruhe (The Express Tribune 30.9.2016). Das Abkommen beinhaltet unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, int. Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, wird von Hekmatyar erwartet, nach 20 Jahren aus dem Exil nach Afghanistan zurückkehren. Im Jahr 2003 war Hekmatyar von den USA zum "internationalen Terroristen" erklärt worden (NYT 29.9.2016). Schlussendlich wurden im Februar 2017 die Sanktionen gegen Hekmatyar von den Vereinten Nationen aufgehoben (BBC News 4.2.2017).
Quellen:
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
[Grafik]
(INSO 2017).
INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).
[Grafik]
| 1.12.2015 - 15.2.2016 | 16.2.2016 - 19.5.2016 | 20.5.2016 - 15.8.2016 | 16.8.2016 - 17.11.2016 | 1.12.2015 - 17.11.2016 |
sicherheitsrelevante Vorfälle | 4.014 | 6.122 | 5.996 | 6.261 | 22.393 |
Bewaffnete Zusammenstöße | 2.248 | 3.918 | 3.753 | 4.069 | 13.988 |
Vorfälle mit IED¿s | 770 | 1.065 | 1.037 | 1.126 | 3.998 |
gezielte Tötungen | 154 | 163 | 268 | 183 | 768 |
Selbstmordattentate | 20 | 15 | 17 | 19 | 71 |
(UN GASC 13.12.2016; UN GASC
7.9.2016; UNGASC10.6.2016; UN GASC 7.3.2016; Darstellung durch die Staatendokumentation des BFA )
Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen - ausgeführt durch die Polizei und das Militär - landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. - 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vergleiche auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. -einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
Rebellengruppen
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).
Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).
Taliban und ihre Offensive
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).
Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).
Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz - größtenteils unter Talibankontrolle - liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).
Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vergleiche auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vergleiche auch:
The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).
Haqqani-Netzwerk
Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).
Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban - dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).
Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus - wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).
Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).
Al-Qaida
Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.1.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Kamp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.1.2017; vergleiche auch: FP 2.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 2.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.1.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzertierte und nicht wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.4.2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)
Siehe Kapitel 2 - Politische Lage - Friedens- und Versöhnungsprozesse
IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh - Islamischer Staat
Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan - in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vergleiche auch:
MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 3.11.2016).
Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vergleiche auch: USIP 3.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen. Die Gruppe wird von den Ansässigen jedoch Großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansässigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verslusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.1.2017).
Unterstützt von internationalen Militärkräften, führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch - dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).
Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten, aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.1.2017).
Drogenanbau und Gegenmaßnahmen
[...]
Zivile Opfer
Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 1.1. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) - dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation waren weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten, sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED), und gezielter und willkürlicher Tötungen (UNAMA 6.2.2017).
UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) - eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 6.2.2017).
Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivilen Opfern (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) - eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) - eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert, aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffe auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte), sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 6.2.2017).
Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfen zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% ziviler Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 6.2.2017).
Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte
[...]
Quellen:
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2. BBC News (22.5.2016): Taliban leader Mullah Akhtar Mansour killed, Afghans confirm,
http://www.bbc.com/news/world-asia-36352559, Zugriff 26.1.2017
3. http://www.bbc.com/news/world-asia-35169478, Zugriff 12.1.2016
4. BBC (29.6.2015): Taliban ambush in Herat province 'kills 11 soldiers', http://www.bbc.com/news/world-asia-33308094, Zugriff 12.1.2016
5. BBC (2.9.2014): Afghan militant fighters 'may join Islamic State', http://www.bbc.com/news/world-asia-29009125, Zugriff 27.10.2014
6. CRS - Congressional Research Service (26.5.2016): Taliban Leadership Succession, https://fas.org/sgp/crs/row/IN10495.pdf, Zugriff 30.1.2017
7. CRS (12.1.2017): Afghanistan: Post Taliban Governance, Security, and U.S. Policy https://www.fas.org/sgp/crs/row/RL30588.pdf, Zugriff 30.1.2017
8. DS - The Daily Signal (6.1.2016): römisch eins t Would Be a Mistake to Not Hold Steady in Afghanistan,
http://dailysignal.com/2016/01/06/it-would-be-a-mistake-to-not-hold-steady-in-afghanistan/, Zugriff 13.1.2016
9. DW - Deutsche Welle (25.5.2016): Taliban names Mansour's deputy Haibatullah Akhundzada as new leader, http://www.dw.com/en/taliban-names-mansours-deputy-haibatullah-akhundzada-as-new-leader/a-19281225, Zugriff 1.3.2017
10. DW - Deutsche Welle (17.10.2014): Capture of senior leaders to 'further weaken' Haqqani network, http://www.dw.de/capture-of-senior-leaders-to-further-weaken-haqqani-network/a-18001448, Zugriff 27.10.2014
11. Die Zeit (22.9.2016): Kabul schließt Friedensabkommen mit berüchtigtem Milizenführer Hekmatjar, http://www.zeit.de/news/2016-09/22/afghanistan-kabul-schliesst-friedensabkommen-mit-beruechtigtem-milizenfuehrer-hekmatjar-22113008, Zugriff 5.10.2016
12. DW - Deutsche Welle (29.9.2016): Friedensabkommen in Afghanistan unterzeichnet,
http://www.dw.com/de/friedensabkommen-in-afghanistan-unterzeichnet/a-35923949, Zugriff 5.10.2016
13. FP-Foreign Policy (2.11.2015): Massive Al-Qaeda Camp Destroyed in Afghanistan; PML-N Wins Local Polls; Secular Publisher Killed in Bangladesh; Indian RBI Chief Calls for Tolerance, http://foreignpolicy.com/2015/11/02/massive-al-qaeda-camp-destroyed-in-afghanistan-pml-n-wins-local-polls-secular-publisher-killed-in-bangladesh-indian-rbi-chief-calls-for-tolerance/, Zugriff 31.1.2017
14. EASO - European Asylum Support Office (21.1.2016): EASO Country of Origin Information Report AfghanistanSecurity Situation, https://easo.europa.eu/wp-content/uploads/EASO-COI-Afghanistan_Security_Situation-BZ0416001ENN_FV1.pdf, Zugriff 21.1.2016
15. INSO - The International NGO Safety Organisation (2017): Gross Incident Rate, http://www.ngosafety.org/country/afghanistan, Zugriff 23.2.2017
16. IRBC - International Immigration and Refugee Board of Canada (22.2.2016): Afghanistan: Situation of Afghan citizens who work for NGOs or international aid organizations, and whether they are targeted by the Taliban; attacks against schools and incidents of violence against students, teachers, and the educational sector; state response (2012-January 2016), http://www.refworld.org/docid/56d7f1994.html, Zugriff 23.2.2017
17. Khaama Press (16.10.2014): Top Haqqani Network leaders arrested by Afghan intelligence,
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18. Landinfo (9.9.2015): Temanotat Afghanistan: Sivile afghanere tilknyttet internasjonal virksomhet, http://www.landinfo.no/asset/3219/1/3219_1.pdf, Zugriff 12.1.2015
19. Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA (14.11.2014):
Sicherheitslage, per E-Mail.
20. Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan (17.2.2017):
Übermittlung per E-Mail. Unterlagen liegen bei der Staatendokumentation auf.
21. LWJ - Long War Journal (13.4.2016): US military admits al Qaeda is stronger in Afghanistan than previously estimated, http://www.longwarjournal.org/archives/2016/04/us-military-admits-al-qaeda-is-stronger-in-afghanistan-than-previously-estimated.php, Zugriff 31.1.2017
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NDS,
http://www.pajhwok.com/en/2015/07/01/special-unit-established-wipe-out-daesh-nds, Zugriff 12.1.2016
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http://www.pajhwok.com/en/2015/05/26/moi-confirms-daesh-presence-parts-country, Zugriff 12.1.2016
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http://www.tolonews.com/en/afghanistan/22921-unama-chief-reports-of-increased-security-incidents, Zugriff 12.1.2016
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32. RAND (28.11.2016): The RAND Blog: The Islamic State Taliban rivalry in Afghanistan,
http://www.rand.org/blog/2016/11/the-islamic-state-taliban-rivalry-in-afghanistan.html, Zugriff 31.1.2017
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http://www.reuters.com/article/us-afghanistan-taliban-idUSKBN15B1PN?il=0, Zugriff 30.1.2017
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http://www.reuters.com/article/us-afghanistan-taliban-idUSKCN0X90D1; Zugriff 26.1.2017
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http://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3-CF6E4FF96FF9%7D/2016_12_forecast.pdf, Zugriff 26.1.2017
36. SIGAR - Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction (30.1.2017): QUARTERLY REPORT TO THE UNITED STATES CONGRESS, https://www.sigar.mil/pdf/quarterlyreports/2017-01-30qr.pdf, zugriff 2.2.2017
37. The National (13.1.2017): Did ISIL, the Taliban or the Haqqani Network carry out the Kandahar attack?, http://www.thenational.ae/world/central-asia/did-isil-the-taliban-or-the-haqqani-network-carry-out-the-kandahar-attack, Zugriff 26.1.2017
38. UNAMA - United Nations Mission in Afghanistan (6.2.2017):
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https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_annual_report_2016_feb2017.pdf, Zugriff 7.7.2017
39. UNAMA - United Nations Mission in Afghanistan (10.2016): UN chief in Afghanistan renews call for parties to protect civilians - UNAMA releases civilian casualty data for third quarter of 2016, http://unama.unmissions.org/sites/default/files/19_october_2016_-_un_chief_in_afghanistan_renews_call_for_parties_to_protect_civilians_english.pdf, Zugriff 31.1.2017
40. USIP - United States Institute of Peace (3.11.2016): The Rise and Stall of the Islamic State in Afghanistan, http://www.usip.org/publications/2016/11/03/the-rise-and-stall-of-the-islamic-state-in-afghanistan, Zugriff 31.1.2017
41. UN GASC - General Assembly Security Council (13.12.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/1049, Zugriff 1912.2016
42. UN GASC - United Nation General Assembly Security Council (7.3.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security, http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/218, Zugriff 4.4.2016
43. UN GASC - General Assembly Security Council (10.6.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/n1616020.pdf, Zugriff 29.6.2016
44. UN GASC - General Assembly Security Council (7.9.2016): The situation in Afghanistan and its implications for international peace and security,
http://www.un.org/en/ga/search/view_doc.asp?symbol=S/2016/768, Zugriff 15.9.2016
45. USDOD - Department of Defense (12.2016): Enhancing Security and Stability in Afghanistan,
https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/pubs/Afghanistan-1225-Report-December-2016.pdf, Zugriff 13.2.2017 , Zugriff 31.1.2017
46. WP - The Washington Post (27.12.2015). A year of Taliban gains shows that 'we haven't delivered,' top Afghan official says, https://www.washingtonpost.com/world/asia_pacific/a-year-of-taliban-gains-shows-that-we-havent-delivered-top-afghan-official-says/2015/12/27/172213e8-9cfb-11e5-9ad2-568d814bbf3b_story.html, Zugriff 13.1.2016
Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)
Distrikt Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen | 21 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 18 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 50 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 31 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 28 |
Andere Vorfälle | 3 |
Insgesamt | 151 |
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Provinz Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen | 5 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 89 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 30 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 36 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 1 |
Andere Vorfälle | 0 |
Insgesamt | 161 |
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 1.9.2015. - 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).
In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).
Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vergleiche auch: UNAMA 6.2.2017).
Quellen:
47. Afghanistan Spirit (18.7.2016): 45 Taliban Commanders Killed In Four Months: MoI,
http://afghanspirit.com/45-taliban-commanders-killed-in-four-months-moi/, Zugriff 9.2.2017
48. Bakhtar News (29.6.2017): Clearing Operation Begins In Several Districts of Kabul,
http://www.bakhtarnews.com.af/eng/security/item/23489-clearing-operation-begins-in-several-districts-of-kabul.html, Zugriff 2.2.2017
49. BBC News (10.1.2017): Afghanistan bombings: Dozens killed across the country, http://www.bbc.com/news/world-asia-38567241, Zugriff 30.1.2017
50. CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (2016):
Afghanistan - Estimated Population 2016/2017, https://data.humdata.org/dataset/estimated-population-of-afghanistan-2016-2017, Zugriff 22.2.2017
51. DW - Deutsche Welle (10.1.2017): Multiple casualties reported after explosions in Afghanistan, http://www.dw.com/en/multiple-casualties-reported-after-explosions-in-afghanistan/a-37077325, Zugriff 30.1.2017
52. EASO - European Asylum Support Office (11.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1479191564_2016-11-09-easo-afghanistan-security-situation.pdf, Zugriff 30.1.2017
53. IBT - International Business Times (1.7.2016): Taliban Outguns Afghan, US Troops in Strategic, Opium-Rich Helmand Province, http://www.ibtimes.com/taliban-outguns-afghan-us-troops-strategic-opium-rich-helmand-province-2254921, Zugriff 11.1.2016
54. Kabul Tribune (8.2.2017): Taliban leader killed with his fighters in Kabul operation,
http://www.kabultribune.com/index.php/2017/02/08/taliban-leader-killed-with-his-fighters-in-kabul-operation/, Zugriff 8.2.2017
55. Khaama Press (13.1.2017): Serious threats exist in Kabul, US Embassy warn
citizens,http://www.khaama.com/serious-threats-exist-in-kabul-us-embassy-warn-citizens-02664, Zugriff 30.1.2017
56. Khaama Press (10.1.2017): 43 militants killed in 17 provinces in past 24 hours, MoI claims,
http://www.khaama.com/43-militants-killed-in-17-provinces-in-past-24-hours-moi-claims-02645, Zugriff 9.2.2017
57. Khaama Press (2.1.2017): Explosion near a mosque in Herat city leaves 6 wounded,
http://www.khaama.com/explosion-near-a-mosque-in-herat-city-leaves-6-wounded-02601, Zugriff 16.2.2017
58. Pajhwok (o.D.z): Kabul province background profile, http://www.elections.pajhwok.com/en/content/kabul-province-background-profile, Zugriff 23.10.2014
59. Tolonews (4.1.2017a): Afghan Forces Battle Insurgents On Multiple Fronts: MoD,
http://www.tolonews.com/afghanistan/afghan-forces-battle-insurgents-multiple-fronts-mod, Zugriff 3.2.2017
60. UNAMA - United Nations Mission in Afghanistan (6.2.2017):
Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_annual_report_2016_feb2017.pdf, Zugriff 7.7.2017
61. UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (26.8.2015): Afghanistan: Population Estimate for 2015,
https://www.humanitarianresponse.info/en/system/files/documents/files/afg_mm_population_aug2015_a3.pdf, Zugriff 2.2.2017
62. VOA - Voice of America (5.1.2017): Afghan Forces Vow No Break in Fighting During Winter,
http://www.voanews.com/a/afghanistan-winter-fighting-taliban-islamic-state-us-troops/3664876.html, Zugriff 30.1.207
[...]
Ghazni
Ghazni ist eine der wichtigsten Zentralprovinzen Afghanistans. Ghazni liegt 145 km südlich von Kabul Stadt an der Autobahn Kabul-Kandahar. Die Provinzen (Maidan) Wardak und Bamyan liegen im Norden, während die Provinzen Paktia, Paktika und Logar im Osten liegen; Zabul grenzt gemeinsam mit Uruzgan an den Westen der Provinz. Laut dem afghanischen Statistikbüro (CSO) ist sie die Provinz mit der zweithöchsten Bevölkerungszahl (Pajhwok o.D.a), die auf 1.249.376 Bewohner/innen geschätzt wird (CSO 2016).
Ghazni ist in folgende Distrikte unterteilt: Jaghuri, Malistan, Nawur, Ajiristan, Andar, Qarabagh, Giro, Muqur, Waghaz, Gelan, Ab Band, Nawa, Dih Yak, Rashidan, Zana Khan, Khugiani, Khwaja Omari, Jaghatu und Ghazni City (Vertrauliche Quelle 15.9.2015). Ghazni wird aufgrund ihrer strategischen Position, als Schlüsselprovinz gewertet - die Provinz verbindet durch die Autobahn, die Hauptstadt Kabul mit den bevölkerungsreichen südlichen und westlichen Provinzen (HoA 15.3.2016).
Gewalt gegen Einzelpersonen | 39 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 952 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 140 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 155 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 4 |
Andere Vorfälle | 2 |
Insgesamt | 1.292 |
Im Zeitraum 1.9.2015 - 31.5.2016 wurden in der Provinz Ghazni 1.292 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Im Vergleich zum vorigen Berichtszeitraum wurden Veränderungen der Sicherheitslage in Ghazni festgehalten; gleichwohl sind die Gewinne der Taliban in diesen Teilen des Landes minimal und unbeständig (USDOD 12.2016). Im Dezember 2016 verlautbarte der CEO Afghanistans den baldigen Beginn militärischer Spezialoperationen in den Provinzen Ghazni und Zabul, um Sympathisanten des Islamischen Staates und Talibanaufständische zu vertreiben (Khaama Press 23.1.2017).
Ghazni zählt zu den volatilen Provinzen in Südostafghanistan, wo regierungsfeindliche aufständische Gruppen in den verschiedenen Distrikten aktiv sind und regelmäßig Operationen durchführen (Khaama Press 15.10.2016; Khaama Press 8.7.2016; vergleiche auch: Truthdig 23.1.2017). Die Bevölkerung der Provinz kooperiere bereits mit den Sicherheitskräften. Ein Mitglied des Provinzrates verlautbarte, dass sich die Sicherheitslage verbessern könnte, wenn die Polizei mit notwendiger Ausrüstung versorgt werden würde (Pajhwok 8.1.2017). Im Gegensatz zum Jahr 2015 registrierte die UNAMA 2016 keine Entführungsfälle der Hazara-Bevölkerung in Ghazni. In vormals betroffenen Gegenden wurden Checkpoints der afghanischen Sicherheitskräfte errichtet; dies wird als Abschreckung gewertet (UNMA 6.2.2017).
In der Provinz werden regelmäßig Militäroperationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 15.1.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 8.1.2017; Tolonews 26.12.2016; Pajhwok 21.11.2016; Afghanistan Times 25.8.2016; Afghanistan Times 21.8.2016), auch in Form von Luftangriffen (Pajhwok 18.6.2017; Afghanistan Times 3.8.2016; Khaama Press 8.6.2016). Es kommt zu Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften (Sputnik News 30.11.2016). Unter anderem wurden Taliban Kommandanten getötet (Khaama Press 9.1.2017; Sputnik News 26.12.2016; Khaama Press 17.10.2016; Afghanistan Spirit 18.7.2016; Pajhwok 18.6.2016; Afghanistan Times 3.8.2016; Khaama Press 7.6.2016).
Im Februar 2017 bestätigte der afghanische Geheimdienst (NDS) den Tod eines hochrangigen al-Qaida Führers: Qari Saifullah Akhtar, war vom NDS in einer Razzia im Jänner 2017 getötet worden. Berichten zufolge, war Qari Saifullah Akhtar jahrzehntelang am Aufstand beteiligt; ihm werden direkte Verbindung zu Osama bin Laden und dem pakistanischen Geheimdienst nachgesagt (LWJ 19.2.2017; vergleiche auch:
ATN News 19.2.2017).
Quellen:
63. Afghanistan Spirit (18.7.2016): 45 Taliban Commanders Killed In Four Months: MoI,
http://afghanspirit.com/45-taliban-commanders-killed-in-four-months-moi/, Zugriff 9.2.2017
64. Afghanistan Times (25.8.2016): 22 Insurgents Killed, 21 Wounded During Military Operations,
http://afghanistantimes.af/22-insurgents-killed-21-wounded-during-military-operations/, Zugriff 9.2.2017
65. Afghanistan Times (21.8.2016): Over 50 insurgents killed in military operations,
http://afghanistantimes.af/over-50-insurgents-killed-in-military-operations/, Zugriff 9.2.2017
66. Afghanistan Times (3.8.2016): 24 insurgents killed, 35 injured in Ghazni air strike,
67. ATN News (19.2.2017): NDS Confirms Top Al-Qaeda Leader Killed in Ghazni,
http://ariananews.af/nds-confirms-top-al-qaeda-leader-killed-in-ghazni/, Zugriff 20.2.2017
68. BS - Business Standard (9.7.2016): 10 militants killed in Afghanistan during military operations, http://www.business-standard.com/article/international/10-militants-killed-in-afghanistan-during-military-operations-114013100059_1.html, Zugriff 3.2.2017
69. CSO - Central Statistics Organization (CSO) Afghanistan (2016):
Afghanistan - Estimated Population 2016/2017, https://data.humdata.org/dataset/estimated-population-of-afghanistan-2016-2017, Zugriff 22.2.2017
70. EASO - European Asylum Support Office (11.2016): EASO Country of Origin Information Report Afghanistan Security Situation, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1479191564_2016-11-09-easo-afghanistan-security-situation.pdf, Zugriff 30.1.2017
71. HoA - Heart of Asia (15.3.2016): Concerns about Ghazni's security, and the responsibility of government, http://www.heartofasia.af/index.php/editorial/item/885-concerns-about-ghazni-s-security-and-the-responsibility-of-government, Zugriff 9.2.2017
72. Khaama Press (23.1.2017): Afghan air force bomb ISIS hideout in Zabul, 21 killed,
http://www.khaama.com/afghan-air-force-bomb-isis-hideout-in-zabul-21-killed-02729, Zugriff 22.2.2017
73. Khaama Press (15.1.2017): Taliban suffered heavy casualties during operations in 4 provinces: MoI, http://www.khaama.com/taliban-suffered-heavy-casualties-during-operations-in-4-provinces-moi-02673, Zugriff 9.2.2017
74. Khaama Press (10.1.2017): 43 militants killed in 17 provinces in past 24 hours, MoI claims,
http://www.khaama.com/43-militants-killed-in-17-provinces-in-past-24-hours-moi-claims-02645, Zugriff 9.2.2017
75. Khaama Press (9.1.2017): 10 militants join peace process in Kunduz city,
http://www.khaama.com/10-militants-join-peace-process-in-kunduz-city-02641, Zugriff 9.2.2017
76. Khaama Press (17.10.2016): Airstrike kill Haqqani and Al-Qaeda terrorist network members in Afghanistan, http://www.khaama.com/airstrike-kill-haqqani-and-al-qaeda-terrorist-network-members-in-afghanistan-02096, Zugriff 9.2.2017
77. Khaama Press (15.10.2016): Afghan forces release 50 prisoners from Taliban jail in Ghazni,
http://www.khaama.com/afghan-forces-release-50-prisoners-from-taliban-jail-in-ghazni-02079, Zugriff 9.2.2017
78. Khaama Press (8.6.2016): 7 terrorists killed in an airstrike in Ghazni province, MoD says,
http://www.khaama.com/7-terrorists-killed-in-an-airstrike-in-ghazni-province-mod-says-01206, Zugriff 9.2.2017
79. Khaama Press (7.6.2016): MoD: 14 terrorists killed in an airstrike in Ghazni province,
http://www.khaama.com/mod-14-terrorists-killed-in-an-airstrike-in-ghazni-province-01184, Zugriff 9.2.2017
80. LWJ - The Long War Journal (19.2.2017): Afghan intelligence confirms top al Qaeda leader killed in raid, http://www.longwarjournal.org/archives/2017/02/afghan-intelligence-confirms-top-al-qaeda-leader-killed-in-raid.php, Zugriff 20.2.2017
81. Pajhwok (8.1.2017): People to help improve Ghazni security:
Amarkhel,
http://www3.pajhwok.com/en/2017/01/08/people-help-improve-ghazni-security-amarkhel, Zugriff 9.2.2017
82. Pajhwok (21.11.2016): 15 militants killed, 7 injured in security operations: MoD,
http://www.pajhwok.com/en/2016/11/25/15-militants-killed-7-injured-security-operations-mod, Zugriff 9.2.2017
83. Pajhwok (18.6.2016): Taliban's shadow governor for Ghazni killed in airstrike,
http://www.pajhwok.com/en/2016/06/18/taliban%E2%80%99s-shadow-governor-ghazni-killed-airstrike, Zugriff 9.2.2017
84. Pajhwok (o.D.a): Background Profile of Ghazni, http://www.elections.pajhwok.com/en/content/background-profile-ghazni, Zugriff 10.10.2014
85. Sputnik News (26.12.2016): Afghanistan Police Kill Top Taliban Commander in Ghazni Province,
https://sputniknews.com/asia/201612261049003311-afghanistan-police-ghazni-taliban/, Zugriff 9.2.2017
86. Sputnik News (30.11.2016): Afghan Security Forces Kill 16 Taliban Fighters in Ghazni,
https://sputniknews.com/middleeast/201611301048019569-afghanistan-taliban-fight-ghazni/, Zugriff 9.2.2017
87. Tolonews (8.1.2017): 77 Insurgents Killed, Wounded In Operations in 16 Provinces,
http://www.tolonews.com/afghanistan/77-insurgents-killed-wounded-operations-16-provinces, Zugriff 6.2.2017
88. Tolonews (26.12.2016): Top Taliban Commander Among Six Killed In Ghazni,
http://www.tolonews.com/afghanistan/top-taliban-commander-among-six-killed-ghazni,Zugriff 9.2.2017
89. Truthdig (23.1.2017): Given Away as a Child Bride, Afghan Woman Describes 24 Years of Abuse,
http://www.truthdig.com/report/item/given_away_to_settle_family_dispute_child_bride_describes_abuse_20170123, Zugriff 9.2.2017
90. UNAMA - United Nations Mission in Afghanistan (6.2.2017):
Afghanistan Annual Report on Protection of Civilians in Armed Conflict: 2016,
https://unama.unmissions.org/sites/default/files/protection_of_civilians_in_armed_conflict_annual_report_2016_feb2017.pdf, Zugriff 7.7.2017
91. UN OCHA - United Nation Office for the Coordination of Humanitarian Affairs (26.8.2015): Afghanistan: Population Estimate for 2015,
https://www.humanitarianresponse.info/en/system/files/documents/files/afg_mm_population_aug2015_a3.pdf, Zugriff 2.2.2017
92. USDOD - Department of Defense (12.2016): Enhancing Security and Stability in Afghanistan,
https://www.defense.gov/Portals/1/Documents/pubs/Afghanistan-1225-Report-December-2016.pdf, Zugriff 13.2.2017
93. Vertrauliche Quelle - eine internationale Organisation, die in Afghanistan ansässig ist (15.9.2015): Informationen zu den Provinzen Afghanistans. Per Mail, liegt bei der Staatendokumentation des BFA auf
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Religionsfreiheit
Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vergleiche USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10-19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vergleiche auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).
Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Artikel 3, der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).
Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vergleiche auch:
CSR 8.11.2016).
Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).
Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).
Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).
Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).
Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).
Blasphemie - welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).
Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).
Quellen:
Schiiten
Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt (AA 9.2016; vergleiche auch: CIA 21.10.2016). Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara (USDOS 10.8.2016). Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe (AA 9.2016). Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran (CRS 8.11.2016).
Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert (USCIRF 30.4.2015). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (USDOS 10.8.2016).
Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt (USDOS 13.4.2016). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.9.2015).
Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (CRS 8.11.2016). Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt (Tolonews 22.11.2016; vergleiche auch: FAZ 21.11.2016). Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden (Khaama Press 22.11.2016). In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt (FAZ 21.11.2016). Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten (AA 9.2016).
Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter (CRS 8.11.2016); sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein - dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen, während die Ismailiten hauptsächlich in Kabul, den zentralen und nördlichen Provinzen leben (USDOS 10.8.2016).
Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Manche Mitglieder der ismailitischen Gemeinde beschweren sich über Ausgrenzung von Position von politischen Autoritäten (USDOS 10.8.2015).
Quellen:
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Ethnische Minderheiten
In Afghanistan leben laut Schätzungen vom Juli 2016 mehr als 33.3 Millionen Menschen (CIA 12.11.2016). Zuverlässige statistische Angaben zu den Ethnien Afghanistans und zu den verschiedenen Sprachen existieren nicht (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Schätzungen zufolge, sind: 40% Pashtunen, rund 30% Tadschiken, ca. 10% Hazara, 9% Usbeken. Auch existieren noch andere ethnische Minderheiten, wie z.B. die Aimaken, die ein Zusammenschluss aus vier semi-nomadischen Stämmen mongolisch, iranischer Abstammung sind, sowie die Belutschen, die zusammen etwa 4 % der Bevölkerung ausmachen (GIZ 1.2017).
Artikel 4 der Verfassung Afghanistans besagt: "Die Nation Afghanistans besteht aus den Völkerschaften der Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Turkmenen, Belutschen, Paschai, Nuristani, Aimaq, Araber, Kirgisen, Qizilbasch, Gojar, Brahui und anderen Völkerschaften. Das Wort ‚Afghane' wird für jeden Staatsbürger der Nation Afghanistans verwendet."
(Staatendokumentation des BFA 7.2016). Die afghanische Verfassung schützt sämtliche ethnische Minderheiten. Neben den offiziellen Landessprachen Dari und Paschtu wird in der Verfassung (Artikel 16,) sechs weiteren Sprachen ein offizieller Status in jenen Gebieten eingeräumt, wo die Mehrheit der Bevölkerung (auch) eine dieser Sprachen spricht. Diese weiteren in der Verfassung genannten Sprachen sind Usbekisch, Turkmenisch, Belutschisch, Pashai, Nuristani und Pamiri (AA 9.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Es gibt keine Hinweise, dass bestimmte soziale Gruppen ausgeschlossen werden. Keine Gesetze verhindern die Teilnahme der Minderheiten am politischen Leben. Nichtsdestotrotz, beschweren sich unterschiedliche ethnische Gruppen, keinen Zugang zu staatlicher Anstellung in Provinzen haben, in denen sie eine Minderheit darstellen (USDOS 13.4.2016).
Der Gleichheitsgrundsatz ist in der afghanischen Verfassung verankert. Fälle von Sippenhaft oder sozialer Diskriminierung sind jedoch nicht auszuschließen und kommen vor allem in Dorfgemeinschaften auf dem Land häufig vor (AA 9.2016). Ethnische Spannungen zwischen unterschiedlichen Gruppen resultierten weiterhin in Konflikten und Tötungen (USDOS 13.4.2016).
Paschtunen:
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Hazara
Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. (CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (azarajat) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert (AA 9.2016); sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert (CRS 12.1.2015). In der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (AA 9.2016). In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, auch Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.1.2015).
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara (AA 9.2016; vergleiche auch: UDOS 13.4.2016; NYT 21.11.2015; World Hazara Council 10.11.2016; RFE/RL 25.2.2016). Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt (UNAMA 6.2.2017). Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat (HRW 12.1.2017).
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.10.2016).
Ausführliche Informationen zu den Hazara, können dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016) entnommen werden.
Quellen:
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Frauen
Jahrzehntelanger Kampf gegen patriarchale und frauenfeindliche Normen, führte zu einer Sensibilisierung in Bezug auf Frauen und ihrer Rechte. Allmählich entwickelt sich die Rolle von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Bereichen (AF 7.12.2016). Die Situation der Frauen hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert; die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9.2016).
Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Bildung
Afghanistan ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung - auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben. Laut Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes ist mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (SIGAR 4.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004).
Seit dem Jahr 2000 hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht (AF 2015). Das afghanische Bildungsministerium errichtete gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 16.000 Schulen; rekrutierte und bildete mehr als 154.000 Lehrerinnen und Lehrer aus, und erhöhte die Zahl der Schuleinschreibungen um mehr als 60%. Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen. Frauen und Mädchen gehen öfter zu Schule wenn sie keine langen Distanzen zurücklegen müssen. USAID hat 84.000 afghanische Mädchen dabei unterstützt Schulen innerhalb ihrer Gemeinden besuchen zu können, damit sich nicht durch teilweise gefährliche Gegenden pendeln müssen (USAID 19.12.2016).
Laut dem afghanischen Statistikbüro, gab es landesweit 15.645 Schulen, 9.184.494 Schüler/innen, davon waren 362.906 weiblich. Diese Zahlen beinhalten alle Schultypen, dazu zählen Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren, etc. Die Zahl der Schülerinnen hat sich im Zeitraum 2015-2016 zum Vergleichszeitraum 2014 - 2015 um 2,2% erhöht. Die Gesamtzahl der Lehrer/innen betrug 199.509, davon waren
63.911 Frauen (CSO 2016).
Frauenuniversität in Kabul
Seit dem Jahr 2008 hat sich die Studierendenzahl in Afghanistan um 50% erhöht. Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (The Economist 13.8.2016; vergleiche auch:
MORAA 31.5.2016).
Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (Khaama Press 18.10.2015; vergleiche auch:
University Herold 18.10.2015); im ersten Lehrgang waren 28 Student/innen eingeschrieben, wovon 10 Männer waren (University Herold 18.10.2015).
Berufstätigkeit
Für viele Frauen ist es noch immer sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Berufe zu ergreifen. Einflussreiche Positionen werden abhängig von Beziehungen und Vermögen vergeben (AA 9.2016). Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016).
Bemerkenswert ist die Steigerung jener Afghan/innen, die der Meinung sind, Frauen sollen sich bilden und außerhalb des Heimes arbeiten dürfen. Bei einer Befragung gaben 81% der Befragten an, Männer und Frauen sollten gleiche Bildungschancen haben (The Diplomat 9.12.2016; vergleiche auch: AF 7.12.2016).
Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig verbessert und betrug im Jahr 2016 19%. Rund 64% der Afghan/innen befürworteten Frauen außerhalb ihres Heimes arbeiten zu dürfen. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen: Einschränkungen, Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UN Women 2016). Die Alpahbetisierungsrate bei Frauen in Afghanistan liegt durchschnittlich bei 17%, in manchen Provinzen sogar unter 2% (UN Women 2016; vergleiche auch: UNESCO Institute for statistics o.D.). In der Altersklasse der 15 - 24 jährigen betrug die Alphabetisierungsrate im Jahr 2015 bei Frauen 46,11%, bei den über 65-jährigen 4,33% (UNESCO Institute for statistics o.D.).
Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der Raum für weibliche Führungskräfte bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichstellung werden weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Frauen sind im Arbeitsleben mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert, etwa Verwandte, die verlangen sie sollen zu Hause bleiben; oder Einstellungsverfahren, die Männer bevorzugten. Jene die arbeiteten, berichteten von sexueller Belästigung, fehlenden Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten; Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten von, Drohungen und Misshandlungen (USDOS 13.4.2016).
Frauen machen 30% der Medienmitarbeiter/innen aus. Teilweise leiten Frauen landesweit Radiostationen - manche Radiostationen setzten sich ausschließlich mit Frauenangelegenheiten auseinander. Nichtsdestotrotz, finden Reporterinnen es schwierig ihren Job auszuüben. Unsicherheit, fehlende Ausbildung und unsichere Arbeitsbedingungen schränken die Teilhabe von Frauen in den Medien weiterhin ein (USDOS 13.4.2016).
Frauen im öffentlichen Dienst
Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016). Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Die von Präsident Ghani bewirkten Wahlreformen sehen zudem Frauenquoten von 25% der Sitze für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit vier Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 9.2016). Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden (UN Women 2016). Frauen in hochrangigen Regierungspositionen waren weiterhin Opfer von Drohungen und Gewalt (USDOS 13.4.2016).
Das Netzwerk von Frauenrechtsaktivistinnen "Afghan Women's Network" berichtet von Behinderungen der Arbeit seiner Mitglieder bis hin zu Bedrohungen und Übergriffen, teilweise von sehr konservativen und religiösen Kreisen (AA 9.2016).
Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften
Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Im Jahr 2016 haben mehr Frauen denn je die Militärschule und die Polizeiakademie absolviert (AF 7.12.2016). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u.a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden. Dieses ist allerdings bisher noch nicht geschehen (AA 9.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: Sputnik News 14.6.2016). Laut Verteidigungsministerium werden derzeit 400 Frauen in unterschiedlichen Bereichen des Verteidigungsministeriums ausgebildet: 30 sind in der nationalen Militärakademie, 62 in der Offiziersakademie der ANA, 143 in der Malalai Militärschule und 109 Rekrutinnen absolvieren ein Training in der Türkei (Tolonews 28.1.2017).
Im Allgemeinen verbessert sich die Situation der Frauen innerhalb der Sicherheitskräfte, bleibt aber weiterhin fragil. Der Schutz von Frauenrechten hat in größeren städtischen Gegenden, wie Kabul, Mazar-e Sharif und in der Provinz Herat, moderate Fortschritte gemacht; viele ländliche Gegenden sind extrem konservativ und sind aktiv gegen Initiativen, die den Status der Frau innerhalb der Gesellschaft verändern könnte (USDOD 6.2016).
Auch wenn die Regierung Fortschritte machte, indem sie zusätzliche Polizistinnen rekrutierte, erschweren kulturelle Normen und Diskriminierung die Rekrutierung und den Verbleib in der Polizei (USDOS 13.4.2016).
Teilnahmeprogramme für Frauen in den Sicherheitskräften
Initiiert wurde ein umfassendes Programm zur Popularisierung des Polizeidienstes für Frauen (SIGAR 30.7.2016; vergleiche auch: Sputnik News 5.12.2016). Dies Programm fördert in verschiedenster Weise Möglichkeiten zur Steigerung der Frauenrate innerhalb der ANDSF (SIGAR 30.7.2016). Das afghanische Innenministerium gewährte im Vorjahr 5.000 Stellen für Frauen bei der Polizei, diese Stellen sind fast alle noch immer vakant (Sputnik News 5.12.2016; vergleiche auch:
SIGAR 30.7.2016). Eines der größten Probleme ist, dass sowohl junge Mädchen als auch Ehefrauen in ihren Familien nichts selbständig entscheiden dürften (Sputnik News 5.12.2016). Die afghanische Nationalpolizei schuf zusätzlich neue Posten für Frauen - womit sich deren Zahl auf 5.969 erhöhte; 5.024 dieser Posten sind innerhalb der afghanischen Nationalpolizei, 175 in Gefängnissen und Haftanstalten, sowie 770 zivile Positionen (SIGAR 30.7.2016). Im Juni 2016 verlautbarten die Behörden in Kabul, bis März 2017 die Polizei mit 10.000 neuen Stellen für weibliche Polizeikräfte aufzustocken. Die Behörden möchten der steigenden Gewalt gegen Frauen in Afghanistan entgegentreten und effektiver gegen die Terrorbedrohung und den Drogenhandel im Land vorgehen (Sputnik News 14.6.2016).
Seit fast einem Jahrzehnt schaffen afghanische Behörden massiv Arbeitsstellen für Frauen bei der Polizei und versuchen alljährlich den Frauenanteil zu erhöhen. Das dient vor allem dazu, den Afghaninnen Schutz zu gewähren. Wenn Verdächtigte und mutmaßliche Verbrecher Frauen seien, werden Polizistinnen bevorzugt. Allerdings haben Beamtinnen wegen ihres Polizeidienstes öfter Probleme mit ihren konservativen Verwandten (Sputnik News 14.6.2016). Im Arbeitskontext sind Frauen von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen: so sind z. B. Polizistinnen massiven Belästigungen und auch Gewalttaten durch Arbeitskollegen oder im direkten Umfeld ausgesetzt (AA 9.2016; vergleiche auch: Sputnik News 14.6.2016).
Strafverfolgung und Unterstützung
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Gewalt an Frauen: Vergewaltigung, Ehrenverbrechen und Zwangsverheiratung
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Ehrenmorde
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Legales Heiratsalter
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Medizinische Versorgung - Gynäkologie
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Quellen:
Kinder
Die Situation der Kinder hat sich in den vergangenen Jahren verbessert. So werden mittlerweile rund zwei Drittel aller Kinder eingeschult. Mädchen waren unter der Taliban-Herrschaft fast vollständig vom Bildungssystem ausgeschlossen (AA 9.2016). Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen (USAID 19.12.2016). Der Anteil der Mädchen nimmt jedoch mit fortschreitender Klassen- und Bildungsstufe ab. Aber auch geografisch gibt es Unterschiede. Den geringsten Mädchen-Anteil findet man im Süden und Südwesten des Landes (Helmand, Uruzgan, Zabul und Paktika) (AA 9.2016).
Der gewaltfreie Umgang mit Kindern hat sich in Afghanistan noch nicht als Normalität durchsetzen können. Körperliche Züchtigung und Übergriffe im familiären Umfeld, in Schulen oder durch die afghanische Polizei sind verbreitet. Dauerhafte und durchsetzungsfähige Mechanismen seitens des Bildungsministeriums, das Gewaltpotenzial einzudämmen, gibt es nicht. Gerade in ländlichen Gebieten gehört die Ausübung von Gewalt zu den gebräuchlichen Erziehungsmethoden an Schulen. Das Curriculum für angehende Lehrer beinhaltet immerhin Handreichungen zur Vermeidung eines gewaltsamen Umgangs mit Schülern (AA 9.2016).
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Bildungssystem in Afghanistan
In Afghanistan gibt es zwei parallele Bildungssysteme. Religiöse Bildung liegt in der Verantwortung des Klerus in den Moscheen, während die Regierung kostenfreie Bildung an staatlichen Einrichtungen bietet. Im Alter von 7 bis 13 Jahren gehen die Schüler in die Primärschule. Darauf folgen 3 Jahre Mittelschule. Studieninteressenten müssen am Ende dieses Abschnitts ein Examen bestehen. In der Sekundarschule haben die Schüler/innen die Wahl entweder für 3 weitere Jahre den akademischen Weg einzuschlagen, welcher weiter zur Universität führen kann; oder Themen wie angewandte Landwirtschaft, Luftfahrt, Kunst, Handel etc. zu lernen. Beide Programme enden mit einem "Bacculuria"-Examen. Aus- und Weiterbildung: Bildungseinrichtungen umfassen auch Berufsschulen, technische Hochschulen und tertiäre Institute wie das Kabul Polytechnic Institute. Viele Einrichtungen, unter der Leitung des Ministeriums für Arbeit und Soziales, bieten Trainings an. Auch das Ministerium für Bildung betreibt eine Abteilung für Weiterbildung (41 Schulen), die Unterstützung bieten. Diese fokussieren sich hauptsächlich auf Mechanik, Tischlerei, Sanitär, Metallarbeiten, Friseur, Schneiderei und Bürotätigkeiten. Öffentliche Schulen und Kindergärten sind bis zum Universitätslevel kostenlos. Private Bildungseinrichtungen und Universitäten müssen bezahlt werden.
Kinderbetreuung: Es gibt einige staatlich finanzierte und verwaltete Kindergärten. Diese gewähren Kindern von Mitarbeiter/innen kostenfreien Zugang (IOM 2016).
Viele Kinder sind unterernährt. Ca. 10% (laut offizieller Statistik 91 von 1.000, laut Weltbank 97 von 1.000) der Kinder sterben vor ihrem fünften Geburtstag. Straßenkinder gehören zu den am wenigsten geschützten Gruppen Afghanistans und sind jeglicher Form von Missbrauch und Zwang ausgesetzt (AA 9.2016).
Quellen:
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Bewegungsfreiheit
Das Gesetz garantiert interne Bewegungsfreiheit, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr, die Regierung schränke die Bewegung der Bürger/innen gelegentlich aus Sicherheitsgründen ein [Anm.: siehe dazu auch Artikel 39 der afghanischen Verfassung] (USDOS 13.4.2016; vergleiche Max Planck Institut 27.1.2004).
In manchen Teilen des Landes ist fehlende Sicherheit die größte Bewegungseinschränkung. In manchen Teilen machen Gewalt von Aufständischen, Landminen und Improvisierte Sprengfallen (IEDs) das Reisen besonders gefährlich, speziell in der Nacht. Bewaffnete Aufständischengruppen betreiben illegale Checkpoints und erpressen Geld und Waren. Die Taliban verhängen nächtliche Ausgangssperren in jenen Regionen, in denen sie die Kontrolle haben - Großteiles im Südosten (USDOS 13.4.2016).
Quellen:
Meldewesen
Es gibt keine Meldepflicht in Afghanistan (DIS 5.2012; vergleiche auch: DW 9.10.2004).
Quellen:
Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge
Einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) zufolge, verkomplizieren rückkehrende Flüchtlinge die Situation der bereits mehr als eine Million Binnenvertriebenen, deren Anzahl sich aufgrund des Aufstandes im Jahr 2016 erhöht hat. Nach Meinung des IWF wird dies die Kapazitäten des Landes überfordern (DAWN 28.1.2017).
Die Zahl der Internvertriebenen im Jahr 2017 betrug 9.759 (Stand 4. Februar 2017) (UN OCHA 5.2.2017). 636.503 Menschen wurden insgesamt im Jahr 2016 aufgrund des Konfliktes vertrieben (UN OCHA 29.1.2017). Mehr als die Hälfte dieser Menschen (56%) waren Kinder unter 18 Jahren. Von Binnenvertreibung betroffen waren 31 Provinzen in unterschiedlichem Ausmaß; alle 34 Provinzen beherbergten Binnenvertriebene. Im Jahr 2016 stammten die meisten Binnenvertriebenen aus den Provinzen Kunduz, Uruzgan, Farah und Helmand. Gleichzeitig nahmen die Provinzen Helmand, Takhar, Farah, Kunduz und Kandahar die meisten Binnenvertriebenen auf. Viele Menschen suchen also in der Nähe ihrer Heimat Schutz. Binnenvertriebene tendieren dazu aus ländlichen Gebieten in die Provinzhauptstädte zu ziehen, oder in die angrenzenden Provinzen zu gehen. Sobald der Konflikt zu Ende ist, versuchen sie bald wieder nach Hause zu kehren (AAN 28.12.2016).
Der verhängnisvollste Monat war Oktober, in welchem die Taliban mehrere Provinzhauptstädte gleichzeitig angriffen: Kunduz City, Farah City, Maimana, und Lashkar Gah. Der Anstieg der IDP-Zahlen ist auch auf den Rückzug internationaler Truppen zurückzuführen, die durch Luftangriffe unterstützten; mittlerweile haben die Taliban ihre Angriffstaktik geändert und sind zu Bodenoffensiven übergegangen. Bodenoffensiven sind nicht nur die Ursache für Tote und Verletzte innerhalb der Zivilbevölkerung, sondern zwingen die Menschen aus ihren Heimen zu fliehen (AAN 28.12.2016).
Im Rahmen von humanitärer Hilfe wurden Binnenvertriebene, je nach Region und Wetterbedingungen, unterschiedlich unterstützt: Bargeld, Paket für Familien, winterliche Ausrüstung, Nahrungspakete, Hygienepakete, Decken, Zelte, und andere Pakete, die keine Nahrungsmittel enthielten usw. Auch wurde Aufklärung in Bereichen wie Hygiene betrieben (UN OCHA 5.2.2017; vergleiche auch: UN OCHA 29.1.2017; UN OCHA 1.11.2016; UN OCHA 1.10.2016; vergleiche ACBAR 7.11.2016).
Unterschiedliche Organisationen, wie z.B. das Internationale Rote Kreuz (IRC) oder das Welternährungsprogramm (WFP) usw. sind je nach Verantwortungsbereichen für die Verteilung von Gütern zuständig.
Dazu zählten: Nahrung, Zelte, sowie andere Güter, die keine Nahrungsmittel waren (IOM 17.4.2016; vergleiche auch ACBAR 15.5.2016).
UNHCR unterstützt Rückkehrer/innen mit finanziellen Beihilfen in vier Geldausgabezentren, außerdem mit Transiteinrichtungen und elementaren Gesundheitsleistungen. Zusätzlich wurden sie in anderen Bereichen aufgeklärt, wie z.B. Schuleinschreibungen, Gefahren von Minen etc. (UNHCR 6.2016).
2017
Im Jänner 2017 wurde ein humanitärer Plan für US$ 550 Millionen aufgestellt, mit dem Ziel im Jahr 2017 die vulnerabelste und marginalisierteste Bevölkerung des Landes zu unterstützen. Ziel sind strategische und lebensnotwendige Interventionen: Nahrung, Unterkunft, Gesundheitsvorsorge, Ernährung, sauberes Wasser und Hygiene. Im Rahmen des "Afghanistan 2017 Humanitarian Response Plan" sollen etwa 5,7 Millionen Menschen erreicht werden (UN News Centre 23.1.2017).
2016
Im September 2016 suchten die Vereinten Nationen um 152 Millionen US Dollar an, um lebensnotwendige Hilfe für Internvertriebenen, nicht-dokumentierten Rückkehrer/innen und registrierten Flüchtlingen bieten zu können. Von den zugesagten 42 Millionen US Dollar wurden 40,2 Millionen US Dollar bereits entgegengenommen. Somit stand die gesamte humanitäre Unterstützung für Afghanistan im November 2016 bei 401 Millionen US Dollar (UN GASC 13.12.2016).
Flüchtlinge in Afghanistan:
Laut UNHCR sind derzeit in Afghanistan rund 55.000 registrierte Flüchtlinge (darunter viele pakistanische Staatsangehörige) und ca. 300 Asylwerber. Der Großteil der Menschen aus Pakistan ist im Juni 2014 vor Auseinandersetzungen aus der Nord-Waziristan-Region nach Afghanistan geflüchtet (AA 9.2016).
Informationen und Zahlen zu Rückkehrer/innen nach Afghanistan siehe Kapitel 23. Rückkehr
Quellen:
Grundversorgung und Wirtschaft
Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vergleiche auch: AA 11.2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade, eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit, sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.4.2016).
Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011, stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 2.5.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringem Ausbildungsstand der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 11.2016).
Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt, als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, welche Privatinvestitionen schwächte; verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten (IMF 13.4.2016). Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Mrd. USD, lt. Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels - Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig - sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 11.2016). Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung - Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit, nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen, sowie Gewalt, sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (WB 2.5.2016).
Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken (AA 11.2016).
Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis. Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus. Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 11.2016).
Projekte der afghanischen Regierung:
Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens' Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie Zufriedenheit zu steigern und Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren (WB 10.10.2016).
Quellen:
Medizinische Versorgung
Die Datenlage zur medizinischen Versorgung in Afghanistan bleibt äußerst lückenhaft. In vielen Bereichen liegen Daten nur unzuverlässig oder nur ältere statistische Erhebungen der afghanischen Regierung oder der Weltgesundheitsorganisation vor. Besonders betroffen von unzureichender Datenlage sind hierbei die südlichen und südwestlichen Provinzen (AA 9.2016).
Gemäß der afghanischen Verfassung ist die primäre Gesundheitsversorgung in öffentlichen Einrichtungen, inklusive Medikamente, kostenfrei [Anm.: siehe dazu afghanische Verfassung
Artikel 52, (Max Planck Institute 27.1.2004)].
Im regionalen Vergleich fällt die medizinische Versorgung weiterhin drastisch zurück (AA 9.2016). Dennoch hat das afghanische Gesundheitssystem in der letzten Dekade ansehnliche Fortschritte gemacht (The World Bank Group 10.2016; vergleiche auch: AA 9.2016). Dies aufgrund einer soliden öffentlichen Gesundheitspolitik, innovativer Servicebereitstellung, sorgfältiger Überwachung und Evaluierung, sowie Entwicklungshilfe. Trotz signifikanter Verbesserungen im Bereich des Deckungsgrades und der Qualität der Gesundheitsservices, wie auch einer Reduzierung der Sterberate von Müttern, Säuglingen und unter 5-jährigen, sind die afghanischen Gesundheitsindikatoren weiterhin schlechter als die der Niedrigeinkommensländer. Des Weiteren hat Afghanistan eine der höchsten Unterernährungsraten der Welt. Etwa 41% der Kinder unter 5 Jahren leiden unter chronischer Unterernährung. Sowohl Frauen als auch Kinder leiden an Vitamin- und Mineralstoffmangel (The World Bank Group 10.2016).
Die medizinische Versorgung leidet trotz erkennbarer und erheblicher Verbesserungen landesweit weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärztinnen und Ärzten, sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal (v.a. Hebammen). Im Jahr 2013 stand 10.000 Einwohnern Afghanistans ca. eine medizinisch qualifiziert ausgebildete Person gegenüber. Auch hier gibt es bedeutende regionale Unterschiede innerhalb des Landes, wobei die Situation in den Nord- und Zentralprovinzen um ein Vielfaches besser ist als in den Süd- und Ostprovinzen (AA 9.2016).
Erhebliche Fortschritte der letzten Dekade sind: Die Mütter- und Kindersterblichkeitsrate hat sich signifikant reduziert; die Sterberate von Kindern unter 5 Jahren ist von 257 auf 55 pro 1.000 Lebendgeburten gesunken, die Säuglingssterblichkeitsrate von 165 auf
45. Die Müttersterblichkeitsrate ist auf 327 bei 100.000 Lebendgeburten gesunken (WB 2.11.2016). Im Vergleich dazu betrug die Müttersterblichkeitsrate im Jahr 2002 noch 1.600. Die Zahl funktionierender Gesundheitsanstalten verbesserte sich von 496 im Jahr 2002 auf 2.000 im Jahr 2012. Proportional dazu erhöhte sich die Zahl der Anstalten mit weiblichem Personal (WB 2.11.2016). Bei 34% der Geburten war ausgebildetes Gesundheitspersonal anwesend. Schätzungen der UN Population Division zufolge, verwenden 23% der Frauen in gebärfähigem Alter moderne Methoden der Empfängnisverhütung (USDOS 13.4.2016).
Krankenkassen und Gesundheitsversicherung
Es gibt keine staatliche Krankenkasse und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar und somit müssen bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst (IOM 21.9.2016). Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Physisch und geistig Behinderte, sowie Opfer von Missbrauch müssen eine starke familiäre und gesellschaftliche Unterstützung sicherstellen. Für verschiedene Krankheiten und Infektionen ist medizinische Versorgung nicht verfügbar. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie ist in Kabul (1 in Kabul) verfügbar (IOM 2016).
Medikamente
Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (IOM 2016). Obwohl freie Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war vielen Frauen nicht erlaubt alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 13.4.2016).
Beispiele für Behandlung psychischer Fälle in Afghanistan
In öffentlichen und privaten Kliniken ist beispielsweise paranoide Schizophrenie behandelbar. Die Behandlung in privaten Kliniken ist für Menschen mit durchschnittlichen Einkommen nicht leistbar. In öffentlichen Krankenhäusern müssen die Patient/innen nichts für ihre Aufnahme bezahlen. Die Patient/innen müssen ihre Medikamente in außenstehenden Apotheken kaufen (IOM 11.10.2016). In Kabul gibt es zwei psychiatrische Einrichtungen: das Mental Health Hospital mit 100 Betten und die Universitätsklinik Aliabad mit 48 Betten. In Jalalabad und Herat gibt es jeweils 15 Betten für psychiatrische Fälle. In Mazar-e Scharif gibt es eine private Einrichtung, die psychiatrische Fälle stationär aufnimmt. Folgebehandlungen sind oft schwierig zu leisten, insbesondere wenn Patient/innen kein unterstützendes Familienumfeld haben. Traditionell mangelt es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Sie werden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen "behandelt", oder es wird ihnen in einer "Therapie" mit Brot, Wasser und Pfeffer der "böse Geist ausgetrieben". Es gibt jedoch aktuelle Bemühungen, die Akzeptanz und Kapazitäten für psychiatrische Behandlungsmöglichkeiten zu stärken und auch Aufklärung sowohl über das Internet als auch in Form von Comics (für Analphabeten) zu betreiben. Die Bundesregierung finanziert Projekte zur Verbesserung der Möglichkeiten psychiatrischer Behandlung und psychologischer Begleitung in Afghanistan (AA 9.2016).
Krankenhäuser in Afghanistan
Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira). Man kann sich mit seinem Ausweis in jedem afghanischen Krankenhaus registrieren und je nach gesundheitlicher Beschwerde einem Arzt zugewiesen werden. Sollten Operation und Krankenhausaufenthalt nötig sein, wird dem Patienten in dem Krankenhaus ein Bett zur Verfügung gestellt (IOM 2016).
In Kandahar eröffnete eine pädiatrische Abteilung im Mirwais Krankenhaus, mit dem Ziel die extrem hohe Säuglingssterberate zu reduzieren: unter anderem verdoppelte sich die Zahl der Säuglingsschwestern; die neue Brutkasteneinheit unterstützt die Spezialist/innen der Neonatalogie (The Guardian 1.12.2016).
Krankenhäuser in Kabul:
* Antani Hospital Address: Salan Watt, District 2, Kabul Tel: +93 (0)20 2201 372
* Ataturk Children's Hospital Address: Behild Aliabaad (near Kabul University), District 3, Kabul Tel: +93 (0)75 2001893 / +93 (0)20 250 0312
* Ahyaia Mujadad Hospital Address: Cinema Pamir, 1st District, Kabul Tel: +93(0)20 2100436
* Centre Poly Clinic Address: District 1, Cinema Pamir, Kabul Tel:
+93 (0)202100445
* Istiqlal Hospital Address: District 6, Kabul Tel: +93 (0)20 2500674
* Ibnisina Emergency Hospital Address: Pull Artal, District 1, Kabul
Tel: +93 (0)202100359
* Jamhoriat Hospital Address: Ministry of Interior Road, Sidarat
Square, District 2,Kabul Tel: +93 (0)20 220 1373/ 1375
* Malalai Maternity Hospital Address: Malalai Watt, Shahre Naw,
Kabul Tel: +93(0)20 2201 377
* Noor Eye Hospital Address: Cinema Pamir, Kabul Tel: +93 (0)20 2100 446
* Rabia-i-Balki Maternity Hospital Address: Frosh Gah, District 2, Kabul Tel: +93(0)20 2100439
* Tuberculosis Hospital Address: Sana Turiam, Dar-ul-Aman, District 6, Kabul Tel:+93 (0)75 201 4842
Beispiele für Nichtregierungsorganisationen vor Ort:
Ärzte ohne Grenzen (MSF)
In Helmand besteht das größte Krankenhaus im südlichen Afghanistan, welches von Ärzten ohne Grenzen (MSF) geführt wird. Als eines der wenigen Krankenhäuser in der Provinz, hat das Krankenhaus 300 Betten. Etwa 700 afghanische Mitarbeiter/innen und 25 Ausländer/innen arbeiten in den Abteilungen des Krankenhauses, zu diesen zählen unter anderem die Pädiatrie, die Intensivmedizin, die Orthopädie, erste Hilfe und Operationen. Die Behandlung in diesem Krankenhaus ist kostenfrei, sofern man es schafft einen Platz zu bekommen (Time 31.8.2016).
Das Komitee des internationalen Roten Kreuz (ICRC)
Zugang zu Gesundheitsbehandlung bleibt schwierig in jenen Gegenden, in denen die Sicherheitslage schwach ist.
Das ICRC:
Telemedizinprojekt durch den Mobilfunkanbieter Roshan
Das Telemedizinprojekt, verbindet Ärzte in ländlichen Gegenden mit Spezialist/innen im französischen Kindermedizininstitut in Kabul und dem Aga Khan Universitätskrankenhaus in Pakistan. Durch eine Hochgeschwindigkeits-Videoverbindung werden arme Patient/innen auf dem Land von Expert/innen diagnostiziert. Die von Roshan zur Verfügung gestellte Technologie ermöglicht es afghanischen Ärzten im Institut zudem, durch komplizierte Behandlungen geleitet zu werden, für die sie sonst nicht die Expertise hätten (Good Impact 17.12.2016).
Quellen:
Rückkehr
Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017); viele von ihnen sind, laut Internationalem Währungsfonds (IMF), hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.1.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich - laut UNHCR - in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).
IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.1.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlinge, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind - davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt sind (Khaama Press 17.1.2017).
Afghanische Rückkehrer/innen, afghanische Flüchtlinge und nicht registrierte Afghan/innen
Pakistan
Pakistan hat seit 1978 nicht weniger als eine Million Afghan/innen beherbergt. In den Jahren 1986 bis 1991 waren etwa drei Millionen Flüchtlinge in Pakistan. Zwischen 2002 und 2015 unterstütze UNHCR 3,9 Millionen Afghan/innen bei der Rückkehr. Der Großteil davon kehrte bis Ende 2008 zurück, danach ging die Rückkehrrate signifikant zurück (HRW 13.2.2017).
Wegen zunehmender Spannungen zwischen der afghanischen und pakistanischen Regierung (Die Zeit 13.2.2017), waren im Jahr 2016
249.832 Afghan/innen entweder freiwillig oder durch Abschiebung aus Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Stand: 7.1.2017) (IOM 8.1.2017).
Bis Ende 2017 soll eine weitere halbe Million Afghan/innen aus Pakistan zurückkehren. Die Anzahl der Rückkehrer/innen ist in den letzten zwei Jahren stetig gestiegen (DAWN 12.1.2017). In der ersten Jännerwoche 2017 kehrten 1.643 nicht registrierte Afghan/innen aus Pakistan (freiwillig oder im Rahmen von Abschiebungen) nach Afghanistan zurück (IOM 8.1.2017). In der zweiten Jännerwoche sind insgesamt 1.579 nicht registrierte Afghan/innen über Nangarhar und Kandahar, entweder freiwillig oder im Zuge von Abschiebungen zurückgekehrt. IOM hat im Berichtszeitraum 79% nicht registrierte Afghan/innen unterstützt; dies beinhaltete Essen und Unterbringung in Transitzentren in Grenznähe, sowie Haushaltsgegenstände und andere Artikel für Familien, spezielle Unterstützung für Personen mit speziellen Bedürfnissen, eine ein-Monatsration vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) und andere relevante Hygieneartikel. Im Rahmen einer Befragung gaben 76% Ende 2016 an, Nangarhar als Niederlassungsprovinz zu wählen, für 16% war dies Kabul, für 4% war es Laghman, 2% gingen nach Kunar und weitere 2% nach Logar (IOM 15.1.2017).
Im Februar 2017 veröffentlichte Human Rights Watch (HRW) einen Bericht, in dem von "Zwangsrückführungen" afghanischer Flüchtlinge gesprochen wird (HRW 13.2.2017). Der HRW-Bericht basiert auf 115 Interviews mit afghanischen Rückkehrer/innen nach Afghanistan, sowie afghanischen Flüchtlingen und nicht registrierten Afghan/innen in Pakistan (DAWN 13.2.2017; vergleiche auch: HRW 13.2.2017). UNHCR hatte im Juni 2016 die finanzielle Unterstützung für jede Rückkehrer/in von US$ 200 auf US$ 400 erhöht (HRW 13.2.2017). HRW argumentiert, dies sei ein Faktor, der afghanische Flüchtlinge dazu bewogen habe nach Afghanistan zurückzukehren. Laut UNHCR wurden 4.500 Rückkehrer/innen bei Ankunft interviewt, von denen keiner die Bargeldzuschüsse als primären Faktor für die Rückkehrentscheidung angab (DAWN 13.2.2017). Als Gründe für die Rückkehr wurden unter anderem folgendes angegeben: Einrichtung formeller Grenzkontrolle in Torkham; große Besorgnis über die Gültigkeit der Proof of Registration Card (PoR-Cards); Kampagne der afghanischen Regierung in Pakistan ("home sweet home"), die Afghan/innen bat nach Hause zurückzukehren (UNHCR 3.2.2017).
Zahl der Afghan/innen, die von Pakistan in den Jahren 2009 - 2016 zurückgekehrt sind
[Grafik]
(HRW 13.2.2017)
Zahl der Afghan/innen, die von Pakistan im Jahr 2016 zurückgekehrt sind
[Grafik]
(HRW 13.2.2017)
Iran
Seit 1. Jänner 2016 sind insgesamt 461.112 nicht-registrierte Afghan/innen aus dem Iran nach Afghanistan zurückgekehrt. In der zweiten Jännerwoche 2017 sind insgesamt 9.378 nicht registrierte Afghan/innennach Afghanistan durch Herat oder Nimroz zurückgekehrt; von diesen sind 3.531 freiwillig und 5.847 im Zuge von Abschiebungen zurückgekehrt - 2% der nicht registrierten Afghan/innen, die in den Transitzentren in Herat oder Nimroz ankamen, wurden von IOM unterstützt. Dazu zählten 101 UMF (Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge), denen IOM eine besondere Unterstützung zukommen ließ, inklusive medizinischer Behandlung, sichere Unterkünfte und die Suche nach Familienangehörigen (IOM 15.1.2017).
Ein UNHCR-Vertreter berichtete, dass afghanische Flüchtlinge in Gegenden zurückkehrten, in denen der Friede wieder hergestellt wurde. Dennoch sei es schwierig, alle afghanischen Flüchtlinge eines Jahres zu verteilen, da der Iran afghanische Migrant/innen zurückschickt und Afghanistan eine Anzahl wohnungsloser Menschen hat, die zusätzlich die Situation verkomplizieren (Pakistan Observer 2.1.2017). Die IOM-Transitzentren in Grenznähe bieten elementare Unterkünfte, Schutz für unbegleitete Minderjährige, Haushaltsgegenstände (Töpfe und Pfannen), sowie Transportmöglichkeiten für Familien, um sich in ihren Wunschgebieten ansiedeln zu können (DAWN 12.1.2017).
Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort
Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).
Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:
Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt - um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).
Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9.2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).
Staatliches Pensionssystem
Es ist nur ein öffentliches Rentensystem etabliert. Das übliche Rentenalter liegt zwischen 63 und 65 Jahren, hängt jedoch vom Einzelfall ab. Personen, die in Afghanistan gearbeitet haben, haben Zugang zu Rentenzahlungen. Es gibt keine Einschränkungen, die einzige Voraussetzung ist, dass die Person mehr als 32 Jahre gearbeitet hat und zwischen 63-65 Jahren alte ist. Menschen mit körperlichen oder psychischen Behinderungen werden als vulnerabel/schutzbedürftig eingestuft. Sie können Sozialhilfe beziehen und zumindest körperlich benachteiligte Menschen werden in der Gesellschaft respektvoll behandelt. Schwierig ist es allerdings mit mental erkrankten Menschen, diese können beim Roten Halbmond und in entsprechenden Krankenhäusern (Ali Abad Mental Hospital, siehe Kontakte) behandelt werden (IOM 2016).
Es gibt keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Lediglich beratende Unterstützung wird vom Arbeitsministerium und der NGO ACBAR (www.acbar.org) angeboten (IOM 2016).
Erhaltungskosten in Kabul
Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).
Wohnungssituation in Sar-e Pul
[...]
Auszüge aus dem Bankensystem in Afghanistan
[...]
Memorandum of Understanding (MoU)
Die Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Schweden haben seit 2002 mit Afghanistan und dem UNHCR sog. Drei-Parteien-Abkommen (MoU - Memorandum of Understanding) zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Die Abkommen sehen u. a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien schieben abgelehnte Asylbewerber/innen afghanischer Herkunft nach Afghanistan ab. Von Norwegen ist bekannt, dass auch Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Der afghanische Flüchtlingsminister Balkhi (seit Ende Januar 2015 im Amt) lehnt die Rücknahme von afghanischen Flüchtlingen ab und ignoriert die MoUs, wurde jedoch von Präsident Ghani in seinem Einfluss beschnitten. Ein deutsch-afghanisches Rücknahme-MoU wurde am 2. Oktober 2016 in Kabul unterzeichnet (AA 9.2016).
Quellen:
[...]
Ausbildungen für Rückkehr/innen in Afghanistan
In Afghanistan bieten staatliche Schulen, unter Leitung des Ministeriums für Bildung, und private Berufsschulen, Trainings/Ausbildungen an. Die Einschreibung an Bildungseinrichtungen können Rückkehrer/innen beim Ministerium für Rückkehr beantragen. Diese verweisen Rückkehrer/innen an die Bildungsabteilung in Kabul (Marif Shahr); danach werden die Rückkehrer/innen in jenen Bildungseinrichtung eingeschrieben, deren nachgewiesenem Bildungsniveau sie entsprechen. Um ausländische Abschlüsse anzuerkennen, sollten relevante Unterlagen (Zeugnisse, Diploma oder Abschlüsse) an das Ministerium für ausländische Angelegenheiten geschickt werden. Unter der Bedingung, dass diese Unterlagen zuvor vom Ministerium für ausländische Angelegenheiten im Gastland geprüft wurden, wird das Ministerium die Unterlagen akzeptieren. Danach werden die Unterlagen an das Ministerium für höhere Bildung weitergeleitet. Im Anschluss werden die vom Ministerium anerkannten Kopien der Unterlagen an den Inhaber zurückversandt (IOM 2016).
Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen
Laut UNHCR handelt es sich bei afghanischen UMF allgemein um männliche unbegleitete Kinder im Alter zwischen 13 und 17 Jahren, die so eine Reise auf sich nehmen - motiviert werden sie aus unterschiedlichen Gründen. Diese zusammenhängenden Faktoren inkludieren Armut, Unsicherheit, inadäquate Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten, sowie Erwartungshaltung von Familie und Peergruppe. Sowohl aus Gegenden mit einer geringen Zahl an entsandten Kindern, als auch aus Gegenden mit einer hohen Zahl entsandter Kinder, waren europäische Länder typischerweise das gewünschte Ziel. Der Iran wurde teilweise als Zwischenstation ausgewählt, da dort lebende Familienmitglieder und Verwandte helfen konnten Arbeit zu finden. Die Hauptabreiseorte waren Herat, Islam Qala [Anm.: im Westen von Herat] und Nimroz. Es ist allgemein bekannt, dass Schmuggelnetzwerke für diese Reise verwendet werden (UNHCR 12.2014).
Waisenhäuser
[...]
Quellen:
Waisenhaus Afghanistan (2010): Projekte, http://www.waisenhaus-afghanistan.de/de/projekte--bilder.html, Zugriff 29.10.2015."
2.6.2. Auszüge aus den UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016:
"Zu Kindern:
Kinder können mehreren der weiteren in diesen Richtlinien beschriebenen Risikoprofilen entsprechen. Jedoch können Kinder auch der Gefahr kinderspezifischer Formen von Verfolgung ausgesetzt sein, einschließlich Rekrutierung von Minderjährigen, Kinderhandel, Entführung, Zwangskinderarbeit, gefährliche Kinderarbeit, häusliche Gewalt gegen Kinder, Zwangsheirat, Kinderheirat, Kinderprostitution und Kinderpornographie sowie die systematische Verweigerung von Bildung.
a) Zwangskinderarbeit und gefährliche Kinderarbeit
Eine Erwerbstätigkeit von Kindern unter 14 Jahren ist nach dem Arbeitsgesetz ausnahmslos verboten. Kinder zwischen 15 und 18 Jahren dürfen "leichte Arbeiten" bis zu 35 Stunden die Woche verrichten, jedoch keine Arbeiten, die ihre Gesundheit bedrohen oder zu Behinderungen führen können. Dessen ungeachtet ist Kinderarbeit Berichten zufolge nach wie vor weit verbreitet. In Afghanistan existieren, wie Berichten zu entnehmen ist, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit, wie etwa Schuldknechtschaft und andere Formen von Zwangsarbeit, der Einsatz von Kindern für illegale Tätigkeiten wie Drogenhandel oder im Rahmen von Prostitution. Kinder werden, wie aus Berichten hervorgeht, außerdem für gefährliche Arbeiten benutzt, die ihre Gesundheit, Sicherheit oder Moralverständnis gefährden. Berichten zufolge behindern jedoch mangelnde institutionelle Kapazitäten - darunter inadäquate Ressourcen für Kontrollen und die Durchsetzung von Sanktionen bei Verstößen - nach wie vor die Durchsetzung des Arbeitsgesetzes erheblich. Zusätzlich erschwert wird die Durchsetzung des Arbeitsgesetzes in Bezug auf Kinder Berichten zufolge durch die Tatsache, dass weniger als zehn Prozent der Kinder über formelle Geburtsregistrierungen verfügten.
Straßenkinder gehören zu den ungeschütztesten und schutzbedürftigsten Gruppen Afghanistans und haben kaum oder keinen Zugang zu staatlichen Leistungen. Armut und Lebensmittelknappheit sind Berichten zufolge die Hauptgründe dafür, warum Familien ihre Kinder zum Betteln um Essen und Geld auf die Straße schicken.
b) Gewalt gegen Kinder, einschließlich sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt
Kindesmissbrauch ist Berichten zufolge im gesamten Land weit verbreitet, wobei die Zahl der gemeldeten Vorfälle steigt. Zu den verbreiteten Formen der Misshandlung zählen körperliche Gewalt, sexueller Missbrauch, Aussetzung und generelle Vernachlässigung. Einige Formen der häuslichen Gewalt gegen Kinder finden Berichten zufolge zum vorgeblichen Zweck der Disziplinierung statt. Sexueller Kindesmissbrauch ist Berichten zufolge weiterhin weit verbreitet. Während die meisten Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch, insbesondere solche an Mädchen, Berichten zufolge von Familienangehörigen ausgehen, sind Jungen und Mädchen auch gefährdet, Opfer von sexueller Gewalt durch regierungsnahe Kräfte, regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) und durch zivile Mitglieder der Gesellschaft zu werden. Jungen niederiger Altersstufen sind weiterhin durch bacha bazi gefährdet, einen Brauch, bei dem Jungen von einflussreichen Personen gehalten werden, die sie in weiblicher Kleidung vor einem männlichen Publikum tanzen lassen und sie für sexuelle Zwecke missbrauchen. Dieser Brauch verbreitet sich Berichten zufolge weiter.
Straflosigkeit bei sexuellem Kindesmissbrauch stellt Berichten zufolge weiterhin ein Problem dar: Die meisten Verantwortlichen werden nicht verhaftet und es wird berichtet, dass Kinder durch Sicherheits¬und Polizeikräfte vergewaltigt wurden, ohne dass die Täter bestraft wurden. Einige Kinder, die aufgrund "moralischer Vergehen" verfolgt wurden, waren vielmehr Überlebende von Missbrauch als Täter jener Vergehen. Nachdem sie Fälle von sexuellem Missbrauch gemeldet hatten, wurden sie als Schande für die Familie angesehen und bestraft. Berichten zufolge wurden einige Kinder, die Familienangehörige eines Straftäters waren, an dessen Stelle als Vertreter ihrer Familie inhaftiert.
c) Systematische Verweigerung des Zugangs zu Bildung
Aus Berichten geht hervor, dass der Zugang zu Bildung für Kinder mit erheblichen Problemen verbunden ist. Es wurden Bedenken in Hinblick auf die Tatsache geäußert, dass die offiziellen Statistiken der Regierung zu Schulbesuchen eine deutlich höhere Zahl an Kindern ausweisen, die zur Schule gehen, als in der Realität gegeben ist und dass die Angaben zur Qualität der Bildung ebenfalls nicht der Realität entsprechen. Weiterhin liegt die Anzahl der Mädchen, die die Schule besuchen, deutlich unter der hinsichtlich der Jungen. Das hohe Maß an Unsicherheit ist ein großes Hindernis beim Zugang zu Bildung. Die in Berichten dokumentierte Benutzung von Schulen zu militärischen Zwecken durch sowohl regierungsfeindliche als auch regierungsnahe Kräfte stellt ein weiteres Problem dar.
Regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) führen Berichten zufolge außerdem weiterhin gezielte Angriffe auf Schulen, Lehrer und Schüler aus, insbesondere im Zusammenhang mit Bildung für Mädchen.
Die Angriffe werden mehrheitlich den Taliban zugerechnet, jedoch schließen auch mit ISIS verbundene Gruppen gewaltsam Schulen, bedrohen Lehrer und schüchtern sie ein. Weitere Hindernisse, die die Bildung - insbesondere von Mädchen - erschweren, sind Armut, frühe und erzwungene Heirat, mangelnde familiäre Unterstützung, Mangel an weiblichen Lehrkräften und weite Entfernungen zur nächsten Schule.
d) Entführungen, Bestrafungen und Vergeltungsakte durch die afghanischen nationalen Sicherheitskräfte (ANSF) und regierungsfeindliche Kräfte (AGEs)
Aus Berichten geht hervor, dass afghanische nationale Sicherheitskräfte (ANSF) und regierungsfeindliche Kräfte (AGEs) Kinder zu unterschiedlichen Zwecken entführen, darunter als Bestrafungen und Vergeltungsakte, die sich gegen Familienangehörige des Opfers richten. Kinder werden Berichten zufolge aufgrund von angeblicher Unterstützung der Gegenpartei außerdem entführt und anschließend hingerichtet, verstümmelt oder vergewaltigt."
Zur internen Schutzalternative:
"[...] Bei der Prüfung der Relevanz einer internen Schutzalternative für afghanische Antragsteller müssen die folgenden Aspekte erwogen werden:
(i) Der instabile, wenig vorhersehbare Charakter des bewaffneten Konflikts in Afghanistan hinsichtlich der Schwierigkeit, potenzielle Neuansiedlungsgebiete zu identifizieren, die dauerhaft sicher sind, und
(ii) die konkreten Aussichten auf einen sicheren Zugang zum vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet unter Berücksichtigung von Risiken im Zusammenhang mit dem landesweit verbreiteten Einsatz von improvisierten Sprengkörpern und Landminen, Angriffen und Kämpfen auf Straßen und von regierungsfeindlichen Kräften auferlegte Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Zivilisten.
[...] Im Lichte der verfügbaren Informationen über schwerwiegende und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen durch regierungsfeindliche Kräfte [...] in von ihnen kontrollierten Gebieten sowie der Unfähigkeit des Staates, für Schutz gegen derartige Verletzungen in diesen Gebieten zu sorgen, ist nach Ansicht von UNHCR eine interne Schutzalternative in Gebieten des Landes, die sich unter tatsächlicher Kontrolle regierungsfeindlicher Kräfte [...] befinden, nicht gegeben; es sei denn in Ausnahmefällen, in denen Antragsteller über zuvor hergestellte Verbindungen zur Führung der regierungsfeindlichen Kräfte [...] im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet verfügen. UNHCR geht davon aus, dass eine interne Schutzalternative in den vom aktiven Konflikt betroffenen Gebieten unabhängig davon, von wem die Verfolgung ausgeht, nicht gegeben ist.
[...]
Ob eine interne Schutzalternative zumutbar ist, muss anhand einer Einzelfallprüfung unter vollständiger Berücksichtigung der Sicherheits-, Menschenrechts- und humanitären Lage im voraussichtlichen Neuansiedlungsgebiet zum Zeitpunkt der Entscheidung festgestellt werden. Insbesondere stellen die schlechten Lebensbedingungen sowie die prekäre Menschenrechtssituation von Afghanen, die derzeit innerhalb des Landes vertrieben wurden, relevante Erwägungen dar, die bei der Prüfung der Zumutbarkeit einer vorgeschlagenen internen Schutzalternative berücksichtigt werden müssen. UNHCR ist der Auffassung, dass eine vorgeschlagene interne Schutzalternative nur dann zumutbar ist, wenn der Zugang zu (i) Unterkunft, (ii) grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung und zu (iii) Erwerbsmöglichkeiten gegeben ist. Ferner ist UNHCR der Auffassung, dass eine interne Schutzalternative nur dann zumutbar sein kann, wenn betroffene Personen Zugang zu einem traditionellen Unterstützungsnetzwerk durch Mitglieder ihrer (erweiterten) Familie oder durch Mitglieder ihrer größeren ethnischen Gruppe im vorgeschlagenen Neuansiedlungsgebiet haben und davon ausgegangen werden kann, dass diese willens und in der Lage sind, den Antragsteller tatsächlich zu unterstützen.
Die einzigen Ausnahmen von dieser Anforderung der externen Unterstützung stellen nach Auffassung von UNHCR alleinstehende leistungsfähige Männer und verheiratete Paare im berufsfähigen Alter ohne festgestellten besonderen Schutzbedarf dar. Diese Personen können unter bestimmten Umständen ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semiurbanen Umgebungen leben, die die notwendige Infrastruktur sowie Erwerbsmöglichkeiten zur Sicherung der Grundversorgung bieten und unter tatsächlicher staatlicher Kontrolle stehen. Angesichts des Zusammenbruchs des traditionellen sozialen Gefüges der Gesellschaft aufgrund jahrzehntelang währender Kriege, der massiven Flüchtlingsströme und der internen Vertreibung ist gleichwohl eine einzelfallbezogene Analyse notwendig. [...]"
2.6.3. Auszug aus Afghanistan: Psychiatrische und psychotherapeutische Behandlung, Auskunft der SFH-Länderanalyse, Bern, 5. April 2017
Anmerkung, Gegenständlicher Text wurde am 09.08.2017 zum Parteiengehör ausgesandt. Die Fußnoten wurden entfernt.
"1 Einleitung
Einer Anfrage an die SFH-Länderanalyse haben wir die folgenden Fragen entnommen:
1. Inwiefern ist in Kabul eine psychiatrische Behandlung einschliesslich Anbindung an eine Institutsambulanz möglich, und wie hoch sind die Kosten?
2. Sind folgende Medikamente in Afghanistan erhältlich, und wie hoch sind die jeweiligen Kosten?
a) Sertralin 150 mg
b) Flupentixol 5 mg
c) Amitriptylin 100 mg
3. Ist eine Kontrolle der medikamentösen Behandlung einschliesslich regelmässiger Kontrollen von Blutbild, Leberwerten, Nierenwerten und Elektrolyten in Kabul möglich? Welches sind die damit verbundenen Kosten?
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe SFH beobachtet die Entwicklungen in Afghanistan seit mehreren Jahren. Aufgrund von Auskünften von Expertinnen und Experten und eigenen Recherchen nehmen wir zu den Fragen wie folgt Stellung:
2 Psychische Erkrankungen
Posttraumatische Belastungsstörung und andere psychische Krankheiten weit verbreitet. Psychische Krankheiten wie posttraumatische Belastungsstörung, Depression und Angstzustände, die durch den Krieg hervorgerufen wurden, stellen gemäss mehreren Quellen eine "verborgene Epidemie" in Afghanistan dar. Laut der letzten verfügbaren Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation von 2004, zitiert in einem Bericht von Samuel Hall, litten 68 Prozent der Befragten an einer Depression, 72 Prozent an Angstzuständen und 42 Prozent an einer posttraumatischen Belastungsstörung. 2005 litten gemäss Guardian 16,5 Prozent der Afghaninnen und Afghanen an psychischen Krankheiten. Seither dürfte sich die Zahl psychisch leidender Menschen höchstwahrscheinlich noch erhöht haben.
Stigmatisierung von psychisch Kranken. Während alle Provinzspitäler inzwischen psychische Beratung anbieten, kämpfen die Beraterinnen und Berater selbst in der Hauptstadt Kabul gegen lange Traditionen und eine Kultur der Stigmatisierung von psychisch Kranken an. Gemäss einem Bericht von Disability World vom Februar 2005, der in den UNHCR-Richtlinien vom 19. April 2016 zitiert wird, ergibt sich diese Stigmatisierung daraus, dass psychische Erkrankungen von der Gesellschaft oft als Bestrafung für Sünden angesehen würden. So sei es üblich, psychisch kranke Familienmitglieder aus der Öffentlichkeit fernzuhalten.
Kaum Kapazitäten zur Behandlung psychischer Erkrankungen. Gemäss Samuel Hall wurden psychosoziale Probleme und psychische Erkrankungen in Afghanistan bisher stark unterschätzt und daher kaum angegangen, wenn nicht sogar ignoriert. Obwohl die Bedürfnisse nach Behandlung wegen der weiten Verbreitung solcher Erkrankungen akut seien, herrsche weiterhin ein Mangel an ausgebildetem Personal, namentlich an Psychiaterinnen und Psychiater, Sozialarbeitenden, Psychologinnen und Psychologen sowie an angemessener Infrastruktur. Das Bewusstsein, dass psychische Erkrankungen dringend behandelt werden müssen, fehle. Verglichen mit seinen Nachbarstaaten ist Afghanistan gemäss den von Samuel Hall zitierten Informationen der WHO von 2014 mit nur einer einzigen tertiären Gesundheitseinrichtung zur Behandlung psychischer Erkrankungen (Kabul Mental Health Hospital) sowie ungefähr drei ausgebildeten Psychiaterinnen und Psychiatern und zehn Psychologinnen und Psychologen für eine Bevölkerung von mehr als 30 Millionen Menschen sehr schlecht ausgerüstet.
"Behandlung" durch Drogen oder an Schreinen aus Tradition oder wegen niedriger Kosten üblich. Viele Afghaninnen und Afghanen greifen bei psychischen Krankheiten aus Tradition oder Kostengründen auf Drogen oder abergläubische Praktiken an Schreinen ("ziyarats") zurück, die oft mehr schaden als nutzen. Beispielsweise ist eine "Behandlung" am Schrein Mia Ali Baba mit umgerechnet 20 Dollar günstiger als Arzneimittel oder der Transport zum nächsten Spital. Die lange Dauer einer psychischen Behandlung im Spital schreckt in erster Linie Patientinnen und Patienten aus entlegenen ländlichen Gebieten wegen der hohen Kosten ab. Psychische Beratung wird ausserdem mit Skepsis betrachtet, da das Mitteilen von persönlichen Themen und Familiengeheimnissen in kultureller Hinsicht als nicht angemessen gilt.
3 Gesundheitsversorgung
Keine staatliche Krankenversicherung, private Gesundheitsdienstleistungen unerschwinglich, auch in staatlichen Einrichtungen müssen Medikamente oft selbst bezahlt werden. Gemäss dem deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gibt es in Afghanistan keine staatliche Krankenversicherung. Private Gesundheitseinrichtungen bieten Behandlungen an, sind jedoch für einheimische Patientinnen und Patienten unerschwinglich. Behandlungen, Labortests und Routineuntersuchungen in öffentlichen Krankenhäusern sind kostenlos. Medikamente sind dort allerdings oft nicht verfügbar, so dass Patientinnen und Patienten diese in privaten Apotheken selbst kaufen und bezahlen müssen.
Afghanistan als Markt für Medikamente schlechter Qualität und für gefälschte Medikamente wegen laxer Import- und Qualitätskontrollen und Korruption. Gemäss einem im Oktober 2014 publizierten Bericht des von der afghanischen Regierung unabhängigen Independent Joint Anti-Corruption Monitoring and Evaluation Committee (MEC) werden laut Informationen des afghanischen Gesundheitsministeriums mindestens die Hälfte aller nach Afghanistan importierten Medikamente illegal eingeführt. Der gesamte Importprozess sei höchst anfällig für Korruption. Enorme finanzielle Anreize für die illegale Einfuhr von Arzneimitteln haben zu einem Anstieg des Schmuggels geführt sowie eine gesamte Industrie für die Produktion und den Import von Arzneimitteln von schlechter Qualität sowie gefälschten Medikamenten nach Afghanistan gefördert. Beispielsweise werden schätzungsweise bis zu 60 Prozent aller nach Afghanistan importierten Medikamente in Pakistan speziell für den afghanischen Markt produziert. Diese Medikamente sind oft von schlechter Qualität, da die Produktion kaum einer Aufsicht und einer Qualitätskontrollen unterliegt. Dies führt zu sehr hohen Profitmargen, denn die produzierenden Firmen müssen nicht einmal pakistanische Qualitätsstandards erfüllen, solange die produzierten Medikamente ausschliesslich für den Export nach Afghanistan bestimmt sind.
Gemäss MEC gibt es für Importeure darüber hinaus nur wenige Anreize, dem existierenden Prozess zur Vergabe von Importlizenzen im Pharmabereich zu folgen. Dieser sei lang, sehr kompliziert und leicht durch Bestechungsgelder oder Kontakte mit hohen Amtsträgern im und ausserhalb des afghanischen Gesundheitsministeriums zu umgehen. Die meisten Firmen importieren Arzneimittel illegal oder beschaffen sich Lizenzen, ohne den vorgeschriebenen Prozess zu beachten. Viele von MEC interviewte Kontaktpersonen gaben an, die Importe bestimmter stark nachgefragter Arzneimittel würden von mächtigen Gruppierungen kontrolliert. In diesen Gruppierungen seien hohe Staatsvertreter einschliesslich von Parlamentariern und Ministern sowie produzierende und importierende Firmen vertreten. Der Registrierungsprozess für ausländische Pharmafirmen sei zudem mangelhaft, da es den Mitarbeitenden der dafür verantwortlichen Abteilung im Gesundheitsministerium an der nötigen Integrität und Qualifikation fehle und da keine wirksamen Abläufe zur Qualitätskontrolle von Medikamenten existierten, welche durch ausländische Pharmafirmen produziert werden.
Im Juli 2016 rief das afghanische Gesundheitsministerium eine neue Institution zur Kontrolle von Qualität und Preisen von Arzneimitteln ins Leben, die National Medicine and Healthcare Products Regulatory Authority. Gesundheitsminister Ferozuddin Feroz kritisierte die schlechte Qualität und die hohen und sehr unterschiedlichen Preise von Medikamenten in verschiedenen Apotheken. Die neue Institution habe die Aufgabe, die aktuelle Situation zu verbessern.
Korruption im afghanischen Gesundheitssystem weit verbreitet. Gemäss einem Medienartikel vom Januar 2015 durchdringt Korruption das öffentliche Gesundheitssystem in Afghanistan bis hin zu den Beschaffungsabteilungen der Spitäler. Pharmafirmen würden Ärztinnen und Ärzte dafür bezahlen, Medikamente von schlechter Qualität zu verkaufen. Eine von der humanitären NGO Médécins sans Frontières durchgeführte und im Februar 2014 publizierte Studie zeigt darüber hinaus auf, dass öffentliche Gesundheitsdienstleistungen nicht immer kostenlos sind, obwohl dies in der afghanischen Verfassung so vorgesehen sei. In der Praxis müssten Patientinnen und Patienten oft selbst für die Kosten von Medikamenten und auch für Behandlungskosten aufkommen. Es gebe auch versteckte Kosten und korruptes Verhalten: Befragte Personen berichteten, dass Ärzte, die im öffentlichen Gesundheitssystem tätig sind, sie zu Behandlungen in den ebenfalls von ihnen geleiteten Privatpraxen bewegen wollten.
4 Verfügbarkeit von Medikamenten und Behandlungen
4.1 Verfügbarkeit von spezifischen Medikamenten
4.1.1 Verfügbarkeit auf dem freien Markt
a) Sertralin (Wirkstoff: Sertralin Hydrochlorid, 150 mg)
Sertralin ist im Shefa Curative Hospital, einem privaten Spital in Kabul, in einer Dosierung von 50 mg erhältlich. 10 Tabletten kosten dort 70 Afghanis (AFN) (0.98 EUR). In der Apotheke "Awesta Pharmacy" ist Sertralin in derselben Dosierung und Packungsgrösse und zum selben Preis erhältlich, allerdings müssen die Kosten von den Patientinnen und Patienten vollständig selbst getragen werden. In der "Sadan Pharmacy" kosten 10 Tabletten Sertralin in der Dosierung von 100 mg 224 AFN (3.15 EUR); die Kosten müssen vollständig privat gezahlt werden. Das dort erhältliche Medikament wird in den Surge Laboratories in Karachi, Pakistan hergestellt.
b) Flupentixol (Wirkstoff: Flupentixol, 5 mg)
Flupentixol ist im Shefa Curative Hospital in den Dosierungen 20 mg und 40 mg erhältlich. Eine Ampulle kostet jeweils 70 AFN (0.98 EUR).21 In der Apotheke "Awesta Pharmacy" kosten 10 Tabletten Flupentixol 50 AFN (0.70 EUR); die Kosten müssen vollständig privat übernommen werden.22 In der "Sadan Pharmacy" ist das in Bangladesh hergestellte Medikament Flupentixol + Melitracen 0.5 mg ACI erhältlich. 10 Tabletten kosten 110 AFN (1.55 EUR); die Kosten müssen vollständig von den Patientinnen und Patienten bezahlt werden.23
c) Amitriptylin (Wirkstoff: Amitriptylin,100 mg)
Amitriptylin ist im Shefa Curative Hospital in der Dosierung von 50 mg erhältlich. 10 Tabletten kosten 30 AFN (0.42 EUR). Es wird aus Pakistan, Iran und Indien importiert. In der Apotheke "Awesta Pharmacy" kosten Tabletten in der Dosierung von 25 mg 15 AFN (0.21 EUR). In der "Sadan Pharmacy" ist Amitriptylin ebenfalls in der Dosierung von 25 mg erhältlich. 10 Tabletten kosten dort 20 AFN (0.28 EUR); die Kosten müssen vollständig privat getragen werden. Das dort erhältliche Medikament wird in Iran durch die Firma Iran Daru hergestellt.
4.1.2 Verfügbarkeit in öffentlichen Einrichtungen
Kostenlose Verfügbarkeit von Medikamenten in öffentlichen Einrichtungen, hängt von internationaler Finanzierung ab. Die kostenlose Verfügbarkeit von Medikamenten in öffentlichen Gesundheitseinrichtungen in Afghanistan beruht auf der Basic Package of Health Services (BPHS), die von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) bereitgestellt wird. Die Bereitstellung von Medikamenten durch öffentliche Kliniken ist ein Bestandteil der BPHS. Die Finanzierung dieses Programms erfolgt durch internationale Geldgeber und Partner wie die US Agency for International Development (USAID), die Weltbank oder die Europäische Kommission. Das Programm selbst wird von NGOs umgesetzt und vom afghanischen Gesundheitsministerium verwaltet.
Sertralin, Flupentixol und Amitriptylin oder wirkstoffgleiche Medikamente sind für Patientinnen und Patienten öffentlicher Spitäler kostenlos, allerdings nur, solange die Finanzierung durch NGOs gesichert ist. Gemäss einer am Kabul Mental Health and Drug Addicts Hospital (KMHH) lehrenden Fachperson sind wirkstoffgleiche Medikamente für die drei benötigten Wirkstoffe in Kabul erhältlich. Patientinnen und Patienten im KMHH erhalten sie kostenlos. Dieses Spital erhält die oben genannten Medikamente durch die NGO HealthNet. Wenn der Vorrat an diesen Medikamenten im Spital aufgebraucht ist, wird Nachschub bei der NGO HealthNet angefordert. Die Nachlieferung erfolgt ungefähr einen Monat nach der Bestellung. HealthNet stellt dem KMHH Medikamente und Weiterbildungen auf der Grundlage einer Vertragsvereinbarung zur Verfügung, die vor einem Jahr abgeschlossen wurde und noch ein weiteres Jahr läuft. Es ist bisher unklar, ob HealthNet die Vereinbarung verlängern wird, oder ob eine andere NGO sie übernehmen wird. Im Zeitraum zwischen 2001 und 2017 stellten NGOs dem Spital während insgesamt fünf Jahren Medikamente zur Verfügung. Wenn sich nach Ablauf der aktuellen Vereinbarung keine NGO für die Versorgung mit Medikamenten bereit erklärt, müssen die Patientinnen und Patienten im KMHH verschriebene Medikamente auf dem freien Markt kaufen. 80 Prozent der Kosten müssen sie dann selbst bezahlen. Die afghanische Regierung vergütet nur 20 Prozent der Kosten für solche Medikamente, übernimmt für Patientinnen und Patienten des KMHH daneben aber unter anderem die Kosten für Verpflegung, stationäre Behandlung und Beratung (counseling).
4.2 Verfügbarkeit von Behandlungen
Verfügbarkeit von ambulanten und stationären Behandlungen in zwei staatlichen Spitälern in Kabul. Laut einer am Kabul Mental Health and Drug Addicts Hospital (KMHH) lehrenden Fachperson bietet dieses Spital ambulante psychiatrische Behandlungen an. Es ist das einzige staatliche Spital in Afghanistan, das spezialisierte Behandlungen für eine grössere Zahl von Patientinnen und Patienten einschliesslich medikamentöser Behandlung, Psychotherapie (Gruppen-, individuelle und kognitive Verhaltenstherapie), Ergotherapie sowie Beratungen anbietet. Ausserdem hat dieses Spital 100 Betten. Durchschnittlich bietet es psychiatrische Behandlungen in Form von Operationalisierter Psychodynamischer Diagnostik (OPD) für 100 Patientinnen und Patienten pro Tag an. Patientinnen und Patienten, die stationär aufgenommen werden müssen, bleiben für mindestens zwei Wochen in diesem Spital. In Kabul gibt es ausserdem ein zweites staatliches Spital, Ali Abad, das ebenfalls psychiatrische Behandlungen anbietet, allerdings in kleinerem Rahmen als das KMHH.
Bedarf übersteigt die Kapazität der beiden staatlichen Spitäler in Kabul. Diese beiden staatlichen Spitäler können den Bedarf an psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlungen bei weitem nicht decken. Im KMHH wird versucht, Patientinnen und Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen einen Spitalaufenthalt zu ermöglichen. Patientinnen und Patienten ohne suizidale Symptome und Personen, die keine Gefahr für andere darstellen, werden ambulant und durch Familientherapie behandelt. Ihre Familien werden informiert, wie sie mit den Patientinnen und Patienten umgehen und wann sie sie ins Spital bringen sollen. Gemäss dem Direktor des privaten Shefa Curative Hospital ist die Anzahl der Betten für stationäre Behandlungen in den staatlichen Spitälern begrenzt. Diese könnten daher nicht viele stationäre Patientinnen und Patienten behandeln. Weitere staatliche Spitäler in Afghanistan haben zwar eine psychiatrische Abteilung, allerdings stellen entsprechende Behandlungen dort keine Priorität dar.
Mehrere private Einrichtungen in Kabul bieten psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungen an; nur wenige Personen können sich private Behandlungen leisten. In Kabul gibt es eine Reihe von lizenzierten Fachpersonen mit Spezialisierung im Bereich Psychiatrie, die psychiatrische Medikamente sowie ambulante psychotherapeutische Behandlungen in ihren Privatkliniken verschreiben. Die Kosten für privat verschriebene Medikamente und Behandlungen müssen vollständig von den Patientinnen und Patienten getragen werden. Gemäss einer im afghanischen Gesundheitsministerium tätigen Fachperson belaufen sich beispielsweise die Kosten für eine Psychotherapie zur Behandlung einer posttraumatischen Belastungsstörung sowie einer schweren depressiven Episode ohne psychotische Symptome in einer privaten Einrichtung auf monatlich ungefähr 1000 AFN (14.04 EUR). Die meisten psychiatrischen Patientinnen und Patienten wenden sich an staatliche Einrichtungen in Kabul, da eine Behandlung dort kostenlos ist.
Das private Shefa Curative Hospital bietet psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungen an. Es gibt in Kabul zwei weitere private Spitäler im Bereich Psychiatrie: Nademi Hospital und Syed Jamaludin Hospital. Im privaten French Medical Institute for Children (FMIC) in Kabul gibt es nur eine Fachperson, die ambulante psychiatrische und psychotherapeutische Behandlungen anbietet. Die Kosten müssen vollständig von den Patientinnen und Patienten getragen werden. Sehr arme und arbeitslose Personen sowie Personen mit finanziellen Schwierigkeiten können beim FMIC einen Kostenerlass beantragen. In diesem Fall schätzt das FMIC basierend auf einem Gespräch die finanziellen Situation der Person ein. Möglich sind Kostenerlässe von bis zu 30 Prozent, in sehr seltenen Fällen von bis zu 80 Prozent der Gesamtkosten.
4.3 Verfügbarkeit von Labortests
Das private French Medical Institute for Children (FMIC) gehört gemäss Informationen einer Kontaktperson der SFH zu den verlässlichsten Institutionen in Kabul, die Labortests anbieten. Labortests zur Kontrolle der medikamentösen Behandlung durch die oben erwähnten spezifischen Medikamente können in Kabul vor Ort durchgeführt werden. Diese Tests sind auch in anderen Institutionen und privaten medizinischen Laboren in Kabul verfügbar. Am FMIC sind die Kosten für die benötigten Tests wie folgt:
Blutbild: 680 AFN (9.55 EUR)
Leberwerte: 1080 AFN (15.17 EUR)
Nierenwerte: 600 AFN (8.43 EUR)
Elektrolyte: 800 AFN (11.24 EUR)
Die Kosten für diese und andere Tests sowie für Behandlungen und Medikamente müssen, wie oben erwähnt, zu 100 Prozent privat getragen werden mit Ausnahme der erwähnten möglichen Kostenerlässe.
5 Sozioökonomische Situation
Wirtschaftliche Lage. Afghanistan bleibt weiterhin weltweit eines der ärmsten Länder. Rund 35,8 Prozent der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze und 1,7 Millionen Menschen sind ernsthaft von Lebensmittelunsicherheit betroffen. Der Zugang humanitärer Organisationen zur notleidenden Bevölkerung ist stark eingeschränkt und verhindert oft lebensrettende Massnahmen. Die anhaltenden Konflikte verschärfen die Lage der Menschen: Weiterhin wird die Lebensgrundlage zahlreicher Menschen zerstört, die Anzahl der intern Vertriebenen ist rasant in die Höhe geschnellt, ansteckende Krankheiten nehmen zu und die Kriminalitätsrate steigt an. Die geschwächte Bevölkerung ist Naturkatastrophen und harten Wintern schutzlos ausgeliefert.
Zugang zu Arbeit. Seit dem Abzug der internationalen Sicherheitskräften Ende 2014 ist die bereits sehr hohe Arbeitslosigkeit rasant angestiegen, was damit zusammenhängt, dass die afghanische Wirtschaft zuvor stark von Aufträgen der inter-nationalen Staatengemeinschaft abhing (insbesondere in Bau, Logistik, Transport und Dienstleistungen). Im Rahmen einer Umfrage sagten im Juni 2015 rund 55,4 Prozent der befragten Personen, ihre Beschäftigungsmöglichkeiten hätten sich verschlechtert. Die Anzahl der Analphabetinnen und Analphabeten ist noch immer hoch und der Pool an Fachkräften ist bescheiden. In der Landwirtschaft werden nur gerade 25 Prozent des Bruttoinlandproduktes erwirtschaftet, obwohl bis zu 80 Prozent der Bevölkerung in diesem Sektor tätig sind.
Unterschiedliche Informationen zu Löhnen und Lebenshaltungskosten. Laut dem Länderinformationsblatt 2016 des deutschen Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) beträgt der Durchschnittslohn in Afghanistan monatlich ungefähr zwischen 80 und 120 US-Dollar. Demgegenüber liegt die Monatsmiete für eine Wohnung zwischen 400 und 800 US-Dollar, die Nebenkosten betragen über 40 US-Dollar, und die monatlichen Lebenshaltungskosten liegen bei bis zu 500 US-Dollar. Ein anderer Bericht des BAMF, ebenfalls aus dem Jahr 2016, geht für die Hauptstadt Kabul von monatlichen Kosten für Kleidung, Nahrung und Transport in Höhe von 150 bis 250 US-Dollar pro Person aus. Eine Einzimmerwohnung in Miete im Zentrum Kabuls koste monatlich zwischen 6000 und 10'000 AFN (zwischen 84.27 und 140.44 EUR)."
2.6.4. Auszug aus Anfragebeantwortung der Staatendokumentation AFGHANISTAN, Paranoide Schizophrenie & Medikament Risperdal
Anmerkung, Gegenständlicher Text wurde am 09.08.2017 zum Parteiengehör ausgesandt.
"
0. Ist eine Behandlung in Afghanistan möglich, wenn ja, wo?
1. Gibt es das Medikament Risperdal oder ein ähnliches Generikum in Afghanistan?
Quellenlage/Quellenbeschreibung:
Die Internationale Organisation für Migration (IOM) ist eine zwischenstaatliche Organisation mit 146 Mitgliedstaaten und 98 Beobachtern (u.a. globale und regionale internationale Organisationen und NGOs). IOM ist an mehr als 440 Standorten weltweit tätig und verfügt über ungefähr 7.300 Mitarbeiter, die an mehr als 2.900 Projekten vor Ort arbeiten.
Zusammenfassung:
Nachfolgend zitierter Quelle ist zu entnehmen, dass staatliche und private Kliniken für die Behandlung von paranoider Schizophrenie in Afghanistan existieren und dass das Medikament Risperdal und dessen Generikum verfügbar sind.
Einzelquellen:
Es existieren staatliche und private Kliniken für die Behandlung von paranoider Schizophrenie in Afghanistan. Jedoch sind die Behandlungskosten von privaten Kliniken nicht erschwinglich für Personen mit durchschnittlichen Einkommen. In staatlichen Spitälern müssen Patient/innen keine Zulassungsgebühren bezahlen. Patient/innen müssen für Labortests und Unterbringung bezahlen, und müssen ihre Medikamente in einer Apotheke außerhalb [Anm.: des Spitals] kaufen. Die Kosten wären eine Herausforderung für Patient/innen mit durchschnittlichem Einkommen.
Beispiele für Spitäler und Behandlungszentren in Afghanistan:
• Ali Abad Teaching Hospital:
Address: Kabul, Jamal Mina; Contact: + 93 (0)202500327
Email Address: info@kmu.edu.af
Website: www.kmu.edu.af
• Kart-e-saeh Mental Hospital:
Kart-e-Saeh, 3 Rahee Alauddin, PD6, Kabul
Allgemeine Information: Kart-e-saeh ist eine Behandlungsklinik für psychische Krankheiten, mit Kapazitäten von 60 Betten. 20 Betten sind für Drogensüchtige vorgesehen, 40 für Patient/innen die an Depression oder Schizophrenie leiden.
• Alimi Diagnostic Center:
Dasht-e-Barchi Shaeed Mazare Road, Dasht-e-Barchi district, Kabul
Tel: +93 799 457370; contact person: Dr Esmatullah Rasooli
Sowohl Risperdal, als auch dessen Generikum ist in Afghanistan verfügbar.
Das Medikament ist landesweit verfügbar. Der Preis für 10 Tabletten Risperdal ist bei 150 AFN (2.03 EUR). Eine Verschreibung ist notwendig um dieses psychiatrische Medikament zu erhalten.
1. römisch eins s the treatment of paranoid schizophrenia available in Afghanistan?
Yes. There are governmental and private clinics available for the treatment of paranoid schizophrenia in Afghanistan. However, treatment costs in private clinics are not affordable for persons with average income. In governmental hospitals, the patients don't need to pay for admission. Patients have to pay for laboratory tests, board and have to buy medication by themselves from an outsource pharmacy. These costs would be a challenge for a patient with an average salary. (The average official salary during 2016 was 7000 AFN equivalent to 95,13) .
römisch eins f so, please provide examples of hospitals/treatment facilities in Afghanistan?
• Ali Abad Teaching Hospital:
Address: Kabul, Jamal Mina; Contact: + 93 (0)202500327
Email Address: info@kmu.edu.af
Website: www.kmu.edu.af
• Kart-e-saeh Mental Hospital:
Kart-e-Saeh, 3 Rahee Alauddin, PD6, Kabul
General information: Kart-e-saeh is a mental health clinic in Kabul. Overall capacity is 60 beds, 20 of them are for drug addicts, 40 - for patients who suffer from depression and/or schizophrenia.
• Alimi Diagnostic Center:
Dasht-e-Barchi Shaeed Mazare Road, Dasht-e-Barchi district, Kabul
Tel: +93 799 457370; contact person: Dr Esmatullah Rasooli
There are also several private clinics available for treatment of paranoid schizophrenia with post graduated and specialized medical doctors (psychologists).
2. römisch eins s the aforementioned medication or its generic substitute available in Afghanistan?
Yes, Risperdal as well as a generic substitute is available in Afghanistan.
3. Does every pharmacy carry the medication/generic drug?
römisch eins f so, what is the price of the medication?
The medication is available throughout the country. The price for 10 tablets Risperdal is 150 AFN (2,03 EUR)
römisch eins s a prescription necessary to obtain the medication?
Yes, a prescription is necessary to obtain this psychiatric medication.
IOM (11.10.2016): Afghanistan Anfrage. Per E-Mail."
3. Beweiswürdigung:
3.1. Zu den Feststellungen zur Person der BF:
Die Feststellungen zur Identität der BF (Name und Geburtsdatum) ergeben sich aus den dahingehend übereinstimmenden Angaben vor dem BFA, in der Beschwerde, in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, in der im Verfahren erstatteten Stellungnahmen vom 22.05.2017 und vom 04.10.2017. Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität der BF (Name und Geburtsdatum) getroffen werden, gelten diese ausschließlich für die Identifizierung der Person der BF im Asylverfahren. Daran ändert auch nichts die Vorlage der Tatzkira beim BFA, weil es sich bei diesen um kein staatliches Dokument am handelt.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit der BF, ihrer Herkunft, ihrer Religion und ihrer Volksgruppenzugehörigkeit gründen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben der BF, welche sich auch gegenseitig nicht widersprachen. Das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren im Wesentlichen gleich gebliebenen und sich mit den Länderberichten zu Afghanistan deckenden - Aussagen der BF zu zweifeln.
Die Angaben der BF zu Ihren Geburtsorten, zu den Familienangehörigen, zu den sozialen und familiären Anknüpfungspunkten in Afghanistan, zur wirtschaftlichen Situation sowie zu den beruflichen Werdegang waren im Wesentlichen gleichbleibend und widerspruchsfrei, weitgehend chronologisch stringent und vor dem Hintergrund der bestehenden sozio-ökonomischen Strukturen in Afghanistan plausibel.
In der Einvernahme vor dem Gericht gab der BF1 an, dass die Familie aus dem Dorf "XXXX", im Distrikt "XXXX" aus der Provinz Ghazni zu stammen. Im Distrikt Ghazni gibt es allerdings keinen Distrikt namens "XXXX". Der Richter nahm Einsicht in den dem Gericht vorliegenden Kartenmaterial und konnte das genannte Dorf finden. Es liegt im Distrikt römisch 40 in Ghazni. Aus diesem Grund wurde festgestellt, dass die Familie aus dem Distrikt römisch 40 stammt.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der BF, jedoch insbesondere der BF5 gründen sich auf die vorliegenden Untersuchungsbefunde, an denen Richtigkeit kein Zweifel besteht.
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
3.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Das übereinstimmende Verfolgungsvorbringen der BF lautet, dass BF1 wegen Grundstückstreitigkeiten mit einen Paschtunen vor ca. römisch 40 Jahren Afghanistan verlassen musste. Es seien ihm (BF1) dabei die Finger gebrochen worden und sei er auch mit dem Tode bedroht worden.
Aufgrund der gelichbleibenden Angaben des BF1, welche sich auch zwischen der BF1 und der BF2 nicht widersprachen, gelangte das Gericht zum Ergebnis, dass es tatsächlich einen Grundstücksstreit zwischen dem BF1 und den genannten Paschtunen gab. Die Schilderungen wurden auch glaubhaft vorgetragen, insbesondere den Punkt, in dem den BF1 die Finger gebrochen wurden und die Familie daraufhin die Flucht in den Iran antrat, sind vor dem Hintergrund der geschichtlichen Struktur glaubhaft. BF1 konnte allerdings zu der Bedrohung mit dem Tode keinen näheren Angaben machen. Seine Aussagen bleiben in einem wesentlichen Teil äußerst vage. Auch wenn seitdem römisch 40 Jahre vergangen sind, wird davon ausgegangen, dass Schilderungen über die Bedrohung durchaus genauer erzählt werden können. Nachdem keine genaueren Schilderungen über die Art und Weise der Bedrohung vorgebracht wurden, kann der Aussage keine Glaubhaftigkeit geschenkt werden kann. Insofern war von einer negativen Feststellung auszugehen.
BF2 führte in der mündlichen Verhandlung zudem lediglich an, dass sie wegen der Volksgruppenzugehörigkeit zu den Hazara aus Afghanistan geflohen seien.
Die Grundstücke wurden dem Paschtunen übergeben und die Familie flüchtete ca im Jahr römisch 40 in den Iran an. Dass den BF, nachdem Sie sich im Iran angesiedelt haben, ca im Jahr römisch 40 , also 9 Jahre nach dem Vorfall, ein Drohbrief von den Taliban nachgesandt wurde, ist dem Gericht nicht glaubhaft. Der BF1 legte eine Kopie eines Drohbriefes dem Gericht vor und vermeinte, dass dieser von den Taliban stamme. Der Brief wurde in der Verhandlung übersetzt und konnte von der Dolmetscherin festgestellt werden, dass dieser im Jahr römisch 40 verfasst wurde. Dieser Brief sei von den Taliban einem Freund übergeben worden, welcher ihn in den Iran zu der Familie weitersandte.
Dass es sich bei dem Brief tatsächlich um einen Drohbrief handelt ist nicht glaubhaft. Die Taliban bzw der genannte Paschtune waren bzw war römisch 40 bereits 9 Jahre im Besitz der Grundstücke. Der BF als der ursprüngliche Besitzer dieser Grundstücke befand sich mit seiner Familie im Iran. Es ist somit in keiner Hinsicht eine Konfliktsituation zu erkennen, dies Anlass für solch einen Brief gewesen sein könnte. Der Brief wird daher als Totalfälschung qualifiziert und dem Inhalt die Glaubwürdigkeit abgesprochen.
Die seitens der BF vorgebrachte westliche Orientierung der Frauen konnte nicht festgestellt werden. Zwar trug die BF2 bei der Verhandlung kein Kopftuch, doch zeichnen sich weder sozial verstärkte und tragfähige Beziehungen außerhalb der Familie, noch berufliche Verfestigungen, welche für eine dermaßen starken Wandel in der gesellschaftlichen Ausrichtung sprechen könnten.
Es lässt sich aus den Länderberichten nicht entnehmen, dass die BF aufgrund der Behinderung der Tochter BF5 einer Verfolgung ausgesetzt seien. Dies tritt auch auf die BF5 selbst zu. Aus diesem Grund war diese Feststellung zu treffen.
3.3. Zu den Feststellungen zu einer möglichen Rückkehr der BF in den Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zu den Folgen bei einer Rückkehr des Beschwerdeführers in seine Herkunftsprovinz Ghazni ergeben sich aus den oben angeführten Länderberichten (sh Punkt 2.6.1). Auf das Wesentliche zusammengefasst geht daraus hervor, dass Ghazni eine relativ volatile Provinz ist und die Taliban in einer Anzahl von Bezirken aktiv sind.
Die Feststellungen zu den Folgen einer Ansiedlung der BF in außerhalb seiner Herkunftsprovinz gelegenen Landesteilen und insbesondere in der Stadt Kabul ergeben sich - unter Berücksichtigung der von UNHCR aufgestellten Kriterien für das Bestehen einer internen Schutzalternative für Afghanistan - aus den oben angeführten Länderberichten zu Kabul, den Berichten hinsichtlich der medizinischen Versorgung in Kabul, aus den seitens der BF eingebrachten schriftlichen Stellungnahmen, insbes die darin zitierten Länderberichte in Zusammenschau mit den - seitens der BF glaubhaft dargelegten - persönlichen Umständen. Die BF ist als minderjähriges Kind der Obsorge der BF1 und BF2 anvertraut. Die Umstände, welche auf die BF1 und der BF2 zutreffen, gelten bis zur Volljährigkeit gleichsam für sie.
Dem Vorbringen der BF, dass im Falle einer Rückkehr in das Heimatdorf die Aggression des seinerzeitigen Paschtunen gegen die Familie bzw insbesondere gegen den BF1 wieder aufflammen könnten, kann mit den logischen Denkgesetzen vereinbart, nicht gefolgt werden. Zum einen steht derzeit nicht fest, ob es diese Person noch gibt, zum anderen liegt es alleine beim BF1 Forderungen gegen den Paschtunen zu stellen. Würde er die Forderung der Rückübereignung an ihm nicht stellen, käme es auch zu keinem Konflikt. Die vorauseilende Unterstellung dass außenstehende Dritte annehmen könnten, dass BF1 eine solche Forderung stellen könnte und er deswegen Gefahr für Leib und Leben ausgesetzt sein würde, ist mit den logischen Denkgesetzen nicht vereinbar.
3.4. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
Die oben zitierte Länderberichte und weitere Erkenntnisquellen wurden dem BF und dem BFA im Rahmen des Parteiengehörs zugesandt.
4. Rechtliche Beurteilung:
4.1. Die Beschwerde ist zulässig.
4.2. Zu A) römisch eins.: Zur Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:
Paragraph 34, AsylG 2005 lautet auszugsweise:
"Familienverfahren im Inland
Paragraph 34, (1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8,) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 7,).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK mit dem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist;
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 9,) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Absatz 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß Paragraph 12 a, Absatz 4, zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Absatz eins bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.[...]"
Im vorliegenden Fall liegt unbestritten ein Familienverfahren im Sinne des Paragraph 34, AsylG 2005 bezüglich aller Familienmitglieder (BF1 bis BF5) vor.
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG 2005, die auf Artikel 9, der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohlbegründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutzes der Eintritt eines - asylrelevante Intensität erreichenden - Nachteiles aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist vergleiche VwGH 13.11.2008, 2006/01/0191, mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Gefahr der Verfolgung im Sinne des Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe vergleiche VwGH vom 10. 12.2014, Ra 2014/18/0078, mwN).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, Paragraph 45,, Rz 3, mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrunde liegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus vergleiche VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl begründete die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten damit, dass der Beschwerdeführer eine drohende individuelle Gefahr einer asylrechtlich relevanten Verfolgung nicht plausibel und sohin nicht glaubhaft darlegen konnte.
Mit dieser Beurteilung ist die belangte Behörde im Ergebnis im Recht:
Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt, kommt dem Vorbringen des BF1, von dessen Fluchtgrund sich die übrigen Familienmitglieder ableiten, er werde im Falle einer Rückführung abermals bedroht, weil er seine Grundstücke zurückverlangen könne keine Glaubhaftigkeit zu.
Der BF bzw die BF gehört als Hazara zwar einer ethnischen und als Schiite auch einer religiösen Minderheit an, doch ist festzuhalten, dass sich für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara - wie aus den zugrunde gelegten Länderfeststellungen ersichtlich - die Situation in der Zwischenzeit deutlich verbessert hat, wenngleich die gesellschaftlichen Spannungen fortbestehen und in lokal unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder aufleben. Es ist somit davon auszugehen, dass weder die Zugehörigkeit einer Person zur ethnischen Minderheit der Hazara noch die Zugehörigkeit einer Person zur religiösen Minderheit der Schiiten für sich alleine ausreicht, um davon ausgehen zu müssen, dass diese Person der Gefahr einer Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse bzw. einer bestimmten Glaubensgemeinschaft ausgesetzt wäre vergleiche dazu auch VwGH 31.10.2002, 2000/20/0358).
Soweit die BF in ihrer Beschwerde auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 verweist, wonach Angehörige religiöser Minderheiten und Personen, die angeblich gegen die Scharia verstoßen (i) und Angehöriger ethnischer (Minderheiten-)Gruppen (ii) ein Bedarf an internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit oder religiöser Überzeugung bestehen kann, ist anzumerken, dass auch nach den genannten UNHCR-Richtlinien ein solcher Bedarf nur "je nach den Umständen des Einzelfalls" besteht.
Aufgrund der dargelegten Erwägungen ist es den BF jedoch im hier vorliegenden Einzelfall insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine bzw ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Afghanistan sowie der mangelnden Glaubhaftigkeit des Vorbringens kann daher nicht erkannt werden, dass dem/der BF insofern im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.
Die allgemeine Lage in Afghanistan ist nicht dergestalt, dass bereits jedem, der sich dort aufhält, der Status eines Asylberechtigten zuerkannt werden müsste vergleiche etwa AsylGH 07.06.2011, C1 411.358-1/2010/15E, sowie den diesbezüglichen Beschluss des VfGH vom 19.09.2011, Zahl U 1500/11-6 u.v.a.) und wurde Derartiges seitens des Beschwerdeführers auch nicht behauptet.
Soweit die BF in ihrer Ergänzung zur Beschwerde auf die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016 verweist, wonach ein Bedarf an einem internationalem Flüchtlingsschutz aufgrund von "verwestlicht" wahrgenommene Personen besteht, ist anzumerken, dass auch nach den genannten UNHCR-Richtlinien ein solcher Bedarf nur "je nach den Umständen des Einzelfalls" besteht.
Wie in der Beweiswürdigung ausführt ist eine "westliche Orientierung" nicht erkennbar gewesen. Davon abgesehen stünde einem solchen augenscheinlich in Missbrauchsabsicht erstatteten Vorbringen, da auch keine der vier in Paragraph 20, Absatz eins, BFA-VG normierten Ausnahmen vorliegen, ohnedies das Neuerungsverbot entgegen vergleiche dazu den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juli 2015, Ra 2015/18/0036 u.v.m.).
Da sich aus diesem Vorbringen des Beschwerdeführers auch darüber hinaus eine asylrelevante Verfolgung nicht ableiten lässt, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.
4.3. Zu A) römisch II.: Zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:
Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Nach Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, leg.cit. mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, leg.cit. oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, leg.cit. zu verbinden.
Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, leg.cit.) offen steht.
Nach Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt die Beurteilung eines drohenden Verstoßes gegen Artikel 2, oder 3 EMRK eine Einzelfallprüfung voraus, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") insbesondere einer gegen Artikel 2, oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche etwa VwGH 08.09.2016, Ra 2016/20/0053, mwN).
Herrscht im Herkunftsstaat eines Asylwerbers eine prekäre allgemeine Sicherheitslage, in der die Bevölkerung durch Akte willkürlicher Gewalt betroffen ist, so liegen stichhaltige Gründe für die Annahme eines realen Risikos bzw. für die ernsthafte Bedrohung von Leben oder Unversehrtheit eines Asylwerbers bei Rückführung in diesen Staat dann vor, wenn diese Gewalt ein solches Ausmaß erreicht hat, dass es nicht bloß möglich, sondern geradezu wahrscheinlich erscheint, dass auch der betreffende Asylwerber tatsächlich Opfer eines solchen Gewaltaktes sein wird. Davon kann in einer Situation allgemeiner Gewalt nur in sehr extremen Fällen ausgegangen werden, wenn schon die bloße Anwesenheit einer Person in der betroffenen Region Derartiges erwarten lässt. Davon abgesehen können nur besondere in der persönlichen Situation der oder des Betroffenen begründete Umstände (Gefährdungsmomente) dazu führen, dass gerade bei ihr oder ihm ein - im Vergleich zur Bevölkerung des Herkunftsstaats im Allgemeinen - höheres Risiko besteht, einer dem Artikel 2, oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw. eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen vergleiche VwGH 21.02.2017, Ra 2016/18/0137, mwN insbesondere zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und des Europäischen Gerichtshofes).
Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen vergleiche VwGH 19.06.2017, Ra 2017/19/0095).
Für den hier in Rede stehenden Herkunftsstaat Afghanistan hat der Verwaltungsgerichtshof jüngst mehrfach auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte hingewiesen, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert ist, dass schon alleine die Rückkehr eines Antragstellers dorthin eine ernsthafte Bedrohung für die durch Artikel 3, EMRK geschützten Rechte bedeuten würde vergleiche dazu VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, 18.03.2016, Ra 2015/01/0255, 13.09.2016, Ra 2016/01/0096, jeweils mit zahlreichen Hinweisen auf die seit 2013 bestehende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte).
In diesem Sinn hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner jüngeren zum Herkunftsstaat Afghanistan ergangenen Rechtsprechung wiederholt und unter Bezugnahme auf die diesbezügliche ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ausgesprochen, dass es grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3, EMRK widersprechende Behandlung drohen würde vergleiche VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf EGMR 05.09.2013, römisch eins gegen Schweden, Appl. 61204/09; siehe dazu auch VwGH 18.03.2016, Ra 2015/01/0255).
Selbst wenn einem Antragsteller in seiner Herkunftsregion eine Artikel 3, EMRK-widrige Situation drohen sollte, ist seine Rückführung dennoch möglich, wenn ihm in einem anderen Landesteil seines Herkunftsstaates eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht (Paragraph 11, AsylG 2005). Ihre Inanspruchnahme muss dem Fremden zumutbar sein (Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort). Dass das mögliche Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative auch bei der Prüfung des subsidiären Schutzes zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus dem Wortlaut des Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005, wonach sich die innerstaatliche Fluchtalternative, die als ein Kriterium u.a. die Zumutbarkeit des Aufenthalts in einem bestimmten Teil des Staatsgebietes vorsieht, auf den "Antrag auf internationalen Schutz" und somit auch auf jenen auf Zuerkennung des Status subsidiär Schutzberechtigten bezieht vergleiche hierzu auch VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233).
Vor diesem Hintergrund ist für den vorliegenden Fall Folgendes festzuhalten:
Die Familie stammt aus der Provinz Ghazni, welche - wie im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt - eine der Provinzen mit schlechter Sicherheitslage in Afghanistan ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in seine Herkunftsprovinz die reale Gefahr einer Verletzung des Artikel 3, EMRK drohen würde.
Dem BF1 und der BF2 können nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes nicht in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in andere Landesteile Afghanistans, insbesondere in die Hauptstadt Kabul, verwiesen werden:
Aus dem in das Verfahren eingebrachten Länderberichtsmaterial geht im Wesentlichen Folgendes hervor, dass die Rückkehrer weitreichender Armut ausgesetzt sind. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen, sind Rückkehrer(innen) im Allgemeinen arm. Der typische Rückkehrer riskiert in die Armut abzurutschen. Durch die prekäre Versorgungslage in Kabul (vorgelegt in den Berichten des BF in der Beschwerde), der durch die Rückkehrer steigende Wohnungsdruck ist die ist die Versorgung von drei minderjährigen Kindern, wobei eines an Behinderung leidet nach der derzeitigen Versorgungslage nicht möglich. Die Stadt Kabul ist massiv vom starken Anstieg der Zahl der Rückkehrer aus Pakistan, der im Jahresvergleich gleichbleibend großen Zahl an Rückkehrern aus dem Iran sowie von den vom Konflikt betroffenen Binnenvertriebenen (v.a. aus der Zentralregion) betroffen, weshalb sich die Wohnraumsituation sowie die Lage im Dienstleistungsbereich als extrem angespannt darstellen.
Wie in der Beweiswürdigung zudem angeführt besteht bei der Tochter römisch 40 (BF5) aufgrund der Behinderung ein reales Risiko von der Gesellschaft ausgegrenzt und erniedrigt zu werden. Zudem ist die gesundheitliche Versorgung nicht gesichert.
Dem Vater, der Mutter und der Tochter römisch 40 (BF5) würde daher vor dem Hintergrund der dargelegten Erkenntnisquellen unter Berücksichtigung der - im Rahmen seiner Einvernahme vor dem BFA, in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht und in der Beschwerde vorgebrachten - ihnen betreffenden individuellen Umstände bei einer Rückkehr nach Afghanistan die reale Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung drohen, wobei eine innerstaatliche Fluchtalternative aus den dargelegten Erwägungen nicht in Betracht kommt. Es ist damit dargetan, dass die Abschiebung eine Verletzung in seinen Rechten nach Artikel 3, EMRK darstellen würde.
Für BF3 und BF4 sind solche Gründe nicht erkennbar, wobei diese im Rahmen des Familienverfahrens subsidiärer Schutz zu gewähren ist. Gleiches gilt - falls BF5 keine Behinderung hätte - auch für diese.
Ausschlussgründe nach Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 liegen nicht vor, weil sie einerseits nicht hervorgekommen sind (Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer eins und 2 AsylG 2005) und der Beschwerdeführer andererseits unbescholten ist (Ziffer 3, leg.cit.).
Der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 für BF1, BF2 und BF5 stattzugeben.
4.4. Zu A) römisch III.: Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung:
Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG 2005 ist einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird, vom Bundesverwaltungsgericht gleichzeitig eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu erteilen. Die Aufenthaltsberechtigung gilt ein Jahr und wird im Fall des weiteren Vorliegens der Voraussetzungen über Antrag des Fremden vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl für jeweils zwei weitere Jahre verlängert. Nach einem Antrag des Fremden besteht die Aufenthaltsberechtigung bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Verlängerung des Aufenthaltsrechts, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf der Aufenthaltsberechtigung gestellt worden ist.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt dem Beschwerdeführer mit vorliegendem Erkenntnis den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu, sodass eine befristete Aufenthaltsberechtigung in der Dauer von einem Jahr zu erteilen ist.
4.5. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar. Die in Bezug auf einen Antrag auf internationalen Schutz vom Bundesverwaltungsgericht im Einzelfall vorzunehmende Beweiswürdigung ist - soweit diese nicht unvertretbar ist - nicht revisibel (z.B. VwGH 19.04.2016, Ra 2015/01/0002, mwN).
ECLI:AT:BVWG:2017:W257.2158243.1.00