BVwG
17.10.2017
W252 2137904-1
W252 2137904-1/20E
Schriftliche Ausfertigung des am 02.08.2017 mündlich verkündeten Erkenntnisses:
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Elisabeth Shala LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Somalia, vertreten durch den Migrantinnenverein St. Marx und dessen Obmann RA Dr. Lennart Binder, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom römisch 40 , Zl.XXXX, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:
A)
römisch eins. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. gemäß Paragraph 3, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
römisch II. Hinsichtlich Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides wird der Beschwerde stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.
römisch III. Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG wird römisch 40 eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigten bis zum 02.08.2018 erteilt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein männlicher Staatsangehöriger Somalias, stellte am 21.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.
2. Am 22.03.2015 fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt. Dabei gab der Beschwerde-führer zu seinen Fluchtgründen befragt an, dass er dem Clan römisch 40 , einer Minderheit in Somalia angehöre. Er habe seine Frau im Jänner 2014 heimlich geheiratet, weil der Stamm seiner Frau – der Clan der Abgal – eine Heirat mit dem Beschwerdeführer nicht erlaubt habe. Er sei dann mit dem Tod bedroht und von zwei Brüdern seiner Frau gefoltert worden. Diese hätten auch das Geschäft des Beschwerdeführers niedergebrannt.
3. Am 21.07.2016 fand eine Einvernahmen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) statt, bei der der Beschwerdeführer im Wesentlichen angab, Angehöriger des Subclans
römisch 40 zu sein, der ein Subclan der Hawiye sei, aber von diesen nicht akzeptiert werde. Seine Frau gehöre dem Clan der Hawiye und dem Subclan der Abgal an. Der Beschwerdeführer habe seine Frau heimlich im Jänner 2014 geheiratet. Der Onkel des Beschwerdeführers habe auf Wunsch des Beschwerdeführers die Familie seiner Frau von der heimlichen Heirat informiert. Daraufhin seien zwei Brüder der Frau des Beschwerdeführers zum Geschäft des Beschwerdeführers gegangen und hätten den Beschwerdeführer mit einem Polizeistock geschlagen, ihm den Mittelfinger gebrochen und mit dem Tod gedroht. Als der Beschwerdeführer gegen Mitternacht zuhause angekommen sei, habe ihn ein Bekannter angerufen und mitgeteilt, dass sein Geschäft brenne. Der Beschwerdeführer sei dann nach römisch 40 gegangen und habe sich dort bei Bekannten ca. ein Monat versteckt. Er habe vorgehabt nach Hause zurückzukehren. Bei einer Versammlung von Geschäftsleuten seien jedoch sein Onkel und der Älteste seines Clans hinausgeschmissen worden. Seit dieser Versammlung werde dem Beschwerdeführer auch unterstellt, dass er die Al Shabaab unterstütze. Die Brüder der Frau des Beschwerdeführers hätten dafür gesorgt, dass für den Fall, dass er erwischt werde vor das Gericht in Mogadischu komme, wo Leute der Al Shabaab verurteilt werden. Der Richter und Staatsanwalt würden ebenfalls dem Clan Hawiye, Subclan Abgal angehören.
4. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.10.2016 wies das Bundesamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt römisch eins.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt römisch II.) ab und erteilte dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen. Gegen den Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Somalia zulässig sei (Spruchpunkt römisch III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt römisch IV.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sein Vorbringen zu einer Verfolgung und zu Verfolgungshandlungen in Somalia aus asylrelevanten Gründen nicht glaubhaft machen konnte. Es drohe dem Beschwerdeführer auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Dem Beschwerdeführer stehe zudem eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung und könne er auf die finanzielle Unterstützung durch seinen Bruder zurückgreifen. Der Beschwerdeführer verfüge in Österreich auch über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehr-entscheidung entgegenstehen würde.
Mit Verfahrensanordnung gemäß Paragraph 63, Absatz 2, AVG vom 05.10.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater zur Seite gestellt.
5. Der Beschwerdeführer erhob fristgerecht Beschwerde und führte begründend darin aus, dass das Bundesamt den Anforderungen des amtswegigen Ermittlungsverfahrens nicht entsprochen habe und es sich nicht mit seinem konkreten Fluchtvorbringen sachgerecht auseinandergesetzt habe. Weiters drohe dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Somalia eine reale Verletzung von Artikel 2 und 3 EMRK und bestehe für den Beschwerdeführer eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt. Darüber hinaus legte der Beschwerdeführer der Beschwerde ein Schreiben in somalischer Sprache bei, in welchem er auf die geltend gemachten Fluchtgründe eingehe. Der Beschwerdeführer führt in diesem Schreiben - das ins Deutsche übersetzt wurde - aus, dass er die Schläge, Drohungen und die Brandstiftung durch die Brüder seiner Frau nicht bei der Polizei habe anzeigen können, weil diese bei der Polizei tätig gewesen seien. Weiters habe er Angst im Falle eine Rückkehr nach Somalia getötet zu werden, weil er nun von den Geschwistern seiner Frau beschuldigt werde Al Shabaab Mitglied zu sein und mehrere Leute getötet zu haben. Auch seine Frau werde von ihren eigenen Geschwistern verfolgt.
6. Mit Vollmachtsbekanntgabe vom 22.10.2016 gab der Beschwerdeführer bekannt seine ausgewiesenen Rechtsvertreter mit der weiteren Vertretung im Verfahren bevollmächtigt zu haben.
7. Mit Beschwerdeergänzung vom 18.04.2017 brachte der Beschwerdeführer vor, dass die Beweiswürdigung des Bundesamtes ausschließlich aus selektiven Zitaten aus dem Protokoll der Einvernahme und Textbausteinen bestehe. Weiters stütze sich die Beweiswürdigung des Bundesamtes auf die – wie vom Bundesamt behauptet – nicht vollständige Darstellung seiner Fluchtgründe in der Erstbefragung, womit das Bundesamt Paragraph 19, Absatz eins, AsylG außer Acht gelassen habe. Der Beschwerdeführer befürchte auch eine Verfolgung durch den somalischen Staat, weil die Brüder seiner Frau für die Polizei arbeiten würden und dem Beschwerdeführer eine Unterstützung der Al Shabaab vorwerfen würden. Die somalischen Behörden seien aufgrund der allgemeinen Auseinandersetzungen im Bürgerkrieg auch nicht in der Lage den Beschwerdeführer zu schützen. Darüber hinaus seien scheinbar die behördlichen Länderberichte nicht in die Beurteilung einbezogen worden, denn dem Beschwerdeführer drohe insbesondere aufgrund der aktuellen Hungersnot in Somalia in eine existenzbedrohende Notlage zu geraten.
8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am römisch 40 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die somalische Sprache und im Beisein des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer u.a. ausführlich zu seinen Fluchtgründen und seiner Integration in Österreich befragt wurde. Ein Vertreter des Bundesamtes nahm an der Verhandlung nicht teil. Nach Schluss der Verhandlung verkündete die erkennende Richterin mündlich gemäß Paragraph 29, Absatz 2, VwGVG das Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen und erteilte Rechtsmittelbelehrung. Die Verhandlungs-schrift wurde dem Bundesamt übermittelt.
9. Mit Schriftsatz vom 14.08.2017 beantragte der Beschwerdeführer die schriftliche Ausfertigung des am römisch 40 mündlich verkündeten Erkenntnisses.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer führt den Namen römisch 40 und ist am römisch 40 geboren. Er ist somalischer Staatsangehöriger und bekennt sich zum muslimischen Glauben.
Der Beschwerdeführer ist Angehöriger des Subclans römisch 40 und des Subsubclans römisch 40 . Der Hauptclan dieser Sub(sub)clans sind die Hawiye. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer Angehöriger des (Haupt)Clans der Gabooye ist.
Der Beschwerdeführer ist traditionell mit römisch 40 verheiratet und hat keine Kinder. Die Ehefrau des Beschwerdeführers gehört dem Hauptclan der Hawiye, römisch 40 , Subsubclan römisch 40 und in weiterer Abstufung schließlich den Abgal an.
Der Beschwerdeführer ist in Mogadischu im Bezirk römisch 40 im Unterbezirk römisch 40 geboren und ist dort mit seiner Mutter seinen zwei Brüdern und seiner – nunmehr bereits verstorbenen – Schwester aufgewachsen. Er hat eine Abendschule besucht, jedoch keine Berufsausbildung. Der Beschwerdeführer hatte ein Lebensmittelgeschäft in Mogadischu, womit er sich sowie seine Mutter, seinen geistig und körperlich beeinträchtigten Bruder und die drei Kinder seiner verstorbenen Schwester versorgt hat. Der Beschwerdeführer hat seinen Vater nie kennengelernt.
Die Mutter sowie der beeinträchtigte Bruder des Beschwerdeführers und die drei Kinder seiner Schwester sind derzeit in einem Flüchtlingslager in römisch 40 , außerhalb von Mogadischu aufhältig. Die Mutter des Beschwerdeführers geht keiner beruflichen Tätigkeit nach, sondern ist auf die Unterstützung im Flüchtlingslager angewiesen. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in Saudi Arabien. Er geht keiner Arbeit nach und hat die finanzielle Unterstützung seiner Familie eingestellt. Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt zu seinen Familienangehörigen.
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers derzeit in Kenia aufhältig ist. Der Beschwerdeführer hat regelmäßigen Kontakt zu seiner Ehefrau.
Der Beschwerdeführer hält sich seit März 2015 in Österreich auf. Er spricht und versteht Deutsch mittelmäßig. Er hat bereits das ÖSD-Zertifikat A1 und A2 für Deutsch erworben. Der Beschwerdeführer besucht seit römisch 40 einen Pflichtschulabschlusskurs, der im Juli 2018 abgeschlossen sein wird. Er hat freiwillige Hilfeleistungen im Garten und im Haus für ältere Dorfbewohner übernommen. Er lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbst-erhaltungsfähig.
Der Beschwerdeführer leidet an einer mittelgradigen depressiven Episode mit impulsiv autoaggressiven Verhaltensauffälligkeiten sowie einer Dermatitis-Licheninfikation beider Handrücken.
Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.2. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:
Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Brüdern seiner Ehefrau körperlich attackiert und ein Finger gebrochen worden ist. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Brüder der Ehefrau des Beschwerdeführers oder sonstige Familienangehörige seiner Ehefrau das Geschäft des Beschwerdeführers in Mogadischu in Brand gesteckt haben. Weiters kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Brüdern seiner Ehefrau oder von anderen Familienangehörigen seiner Ehefrau konkret und individuell mit dem Tod oder der Ausübung von physischer oder psychischer Gewalt bedroht worden ist.
Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aufgrund einer unterstellten Mitgliedschaft zur Al Shabaab von staatlichen Behörden oder Familienangehörigen seiner Ehefrau verfolgt wird.
Es kann daher nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Somalia Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Angehörige seiner Ehefrau oder staatliche Behörden droht.
1.3. Zur maßgeblichen Situation in Somalia:
1.3.1. Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus dem vom Bundes-verwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation betreffend Somalia vom 25.04.2016, inklusive der Kurzinformation vom 13.02.2017 wiedergegeben. Das Bundesverwaltungsgericht brachte den Bericht und die Informationen in das Verfahren ein und stellte sie den Parteien zur Wahrung des Parteiengehörs im Laufe des Verfahrens zur Verfügung:
Sicherheitslage Mogadischu
Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.2.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014, EASO 2.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al Shabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 3.10.2014; vergleiche EGMR 10.9.2015), auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können (EASO 2.2016).
In Mogadischu gibt es eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei, sowie des Geheimdienstes NISA. Die Stadt ist generell sicher, auch wenn sie von al Shabaab bedroht wird (EASO 2.2016; vergleiche DIS 9.2015). Es besteht keine Angst mehr, dass in Mogadischu wieder Bürgerkrieg herrschen könnte. Seit 2011 hat sich die Sicherheitslage in der Stadt sehr verbessert. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der al Shabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde (LI 1.4.2016). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014). Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind (LI 1.4.2016). Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al Shabaab erkennbar sind (UKUT 3.10.2014). EASO listet als angegriffene Ziel von Sprengstoffanschlägen der al Shabaab vor allem Hotels (YSL Hotel, Central Hotel, Maka al-Mukarama Hotel, Jazeera Palace Hotel, Sahafi Hotel), Restaurants, Regierungseinrichtungen und -Konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM (EASO 2.2016).
Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, trotzdem gibt es noch wöchentlich Angriffe (BFA 10.2015; vergleiche EASO 2.2016).
Der vor einigen Jahren noch gefürchtete Artillerie- und Mörserbeschuss ist drastisch zurückgegangen. In den ersten drei Quartalen 2015 kam es zu vier Feuerüberfällen auf Wardhiigleey, Xamar Weyne, Hodan, Dayniile, und das Küstengebiet von Wadajir. Lediglich letzterer war von mehr als zwei Granaten begleitet. Insgesamt scheint es für AS einerseits sehr schwierig geworden zu sein, Artillerie entsprechend einzusetzen. Andererseits scheint die Strategie von AS derzeit auch das Geringhalten von Kollateralschäden zu beinhalten (BFA 10.2015).
Handgranatenanschläge sind fast gänzlich aus der Strategie der al Shabaab ausgeschieden. Im Zeitraum Q1 2013 – Q1 2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an Handgranatenanschlägen pro Quartal noch 86; in den Quartalen Q2 2014 – Q3 2015 ist diese Zahl auf unter 15 eingebrochen. Auch die Zahlen an gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen sind – vor allem im Jahr 2015 – rückläufig. Im Zeitraum Q1 2013 – Q4 2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an gezielten Attentaten 52; an Sprengstoffanschlägen 27. Vergleichsweise fallen die Zahlen in den ersten drei Quartalen 2015 geringer aus (46 und 19) – und dies, obwohl der Ramadan schon stattgefunden hat (BFA 10.2015).
Insgesamt sind die Zahlen terroristischer Aktivitäten seit einer Spitze im Q3 2013 nachhaltig eingebrochen und liegen im Jahr 2015 bei nur noch einem Drittel der Zahl. Hingegen scheint die Strategie der al Shabaab zunehmend bewaffnete Zusammenstöße als bevorzugtes Mittel zu umfassen. Betrug die Zahl der Scharmützel in den Quartalen des Jahres 2013 noch durchschnittlich 22, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 36, im Jahr 2015 sogar weiter auf 44 (BFA 10.2015).
Bei der Zusammenfassung terroristischer Aktivitäten (Artillerie- und Mörserbeschuss; gezielte Attentate; Sprengstoff- und Handgranatenanschläge) im ersten Halbjahr 2015 zeigt sich, dass mehrere Bezirke massiv betroffen sind. Dies gilt für Yaqshiid, Wardhiigleey, Hawl Wadaag, Hodan, Dharkenley und Wadajir. Mäßig betroffen sind Heliwaa, Dayniile, Xamar Jabjab und Waaberi; kaum betroffen sind Karaan, Shibis, Boondheere, Xamar Weyne und die Peripherie. Aus Cabdulcasiis und Shangaani wurden keinerlei Aktivitäten vermerkt (BFA 10.2015).
In Mogadischu sind die Zahlen an terroristischen Aktivitäten und auch die Gesamtzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen innerhalb der vergangenen vier Quartale zurückgegangen. Gleichzeitig bleibt aber die Zahl bewaffneter Auseinandersetzungen mit al Shabaab konstant hoch. Während terroristische Aktivitäten relativ flächendeckend über das Stadtgebiet verstreut vorkommen, konzentrieren sich bewaffnete Zusammenstöße in einer kleinen, übersichtlichen Anzahl an Bezirken (BFA 10.2015).
Im Vergleich zu den Zahlen anderer Städte in Süd/Zentralsomalia kann festgestellt werden, dass die Situation in den o.g. mäßig, kaum oder gar nicht betroffenen Bezirken von Mogadischu wesentlich besser ist, als beispielsweise in Afgooye, Merka, Baidoa oder Kismayo. Dahingegen liegen etwa Yaqshiid, Hodan und Hawl Wadaag durchaus an der Spitze der landesweiten Skala terroristischer Gewalt. Werden noch die Zahlen bewaffneter Zusammenstöße hinzugezählt, müssen Yaqshiid, Hodan und Heliwaa vermutlich als gewaltsamste Orte Somalias bezeichnet werden. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass al Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen (BFA 10.2015). Die Zahl der Angriffe ging insgesamt also zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer (LI 1.4.2016).
Es ist zu erkennen, dass al Shabaab nach wie vor in der Lage ist, über die Peripherie in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. In militärischer Hinsicht betrifft dies Dayniile, Heliwaa, sowie Teile von Karaan, Yaqshiid und Dharkenley. Außerdem kann der Einfluss von al Shabaab in der Nacht in den schraffierten Gebieten größer werden. Die restlichen Teile von Mogadischu sind für al Shabaab vor allem auf zwei Arten erreichbar: Erstens in Form verdeckter Akteure; und zweitens in Form von großangelegten Operationen von Spezialeinheiten – sogenannte komplexe Anschläge (welche sowohl Selbstmordattentäter und ferngezündete Sprengsätze als auch eine größere Zahl an nachstoßenden Kämpfern beinhalten). Insgesamt ist jedenfalls feststellbar, dass al Shabaab in den oben blau markierten Teilen der somalischen Hauptstadt mangels permanent anwesender, sichtbarer Kampfeinheiten nur geringer Einfluss zugesprochen werden, wiewohl die Anwesenheit verdeckter Elemente und die Durchführung terroristischer Aktivitäten das Leben der Bewohner beeinflussen (BFA 10.2015).
Minderheiten und Clans
Bevölkerungsstruktur und Clanschutz
Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft (USDOS 13.4.2016). Die somalische Bevölkerung ist aber nur auf den ersten Blick homogen (EASO 8.2014). In ganz Somalia gibt es eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Sub-Clans und Sub-Sub-Clans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).
Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).
Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem – wie erwähnt – keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen – auch geographische – sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).
Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).
• Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).
• Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.
• Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).
• Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.
• Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).
Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 13.4.2016). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach – in externen Belangen – als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).
Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010).
Die wichtigsten Gruppen sind:
• • Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)
• • Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)
• • Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)
Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).
Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell – aber nicht überall – funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).
Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).
Aktuelle Situation
Die somalische und auch die puntländische Verfassung bekennen sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung (AA 1.12.2015). Grundsätzlich wurde bei der Bildung der föderalen Regierung Ende 2012 sowie beim letzten umfassenden Regierungsumbau auf eine möglichst breite Zusammensetzung aller Clans und Sub-Clans geachtet. Sowohl Regierung als auch Parlament sind entlang der sogenannten "4.5 Lösung" organisiert, das bedeutet, dass für jeden Sitz, den ein Vertreter der großen Clans in Regierung bzw. Parlament innehat, ein halber Sitz einem Vertreter der kleineren Clans (ÖB 10.2015) bzw. Minderheitenclans zufällt (USDOS 13.4.2016). So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft mit jeweils 61 Sitzen im Parlament. Dementsprechend sind die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2015). Die 4.5-Formel wurde aber auch schon zugunsten der Minderheiten gebrochen (USDOS 13.4.2016).
In den meisten Gegenden schließt der dominante Clan andere Gruppen von einer effektiven Partizipation an Regierungsinstitutionen aus (USDOS 13.4.2016). Auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten ist grundsätzlich von einer Diskriminierung im Lichte der jeweiligen Clan- bzw. Sub-Clan-Zugehörigkeit auszugehen (AA 1.12.2015).
Dabei kann es sich um wirtschaftliche Diskriminierung beispielsweise im Rahmen staatlicher Vergabeverfahren, aber auch um Diskriminierung beim Zugang zu Nahrungsmittelhilfe, natürlichen Ressourcen, Gesundheitsdienstleistungen oder anderen staatlichen Diensten (AA 1.12.2015) oder um Gerichtsverfahren handeln (USDOS 13.4.2016). Angehörige eines (Sub-)Clans können in Gebieten, die von einem anderen (Sub-)Clan dominiert werden, aber auch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, insbesondere in Konfliktsituationen bezüglich Unfällen, Eigentum oder Wasser (AA 1.12.2015). Es kann davon ausgegangen werden, dass der staatliche Schutz im Falle von Clan-Konflikten nicht zur Anwendung kommt, sondern die "Regelung" dieser Konflikte grundsätzlich den Clans selbst überlassen wird. Die staatlichen Sicherheitskräfte sind in der Regel zu schwach, um in Clankonflikte effektiv eingreifen zu können; zudem ist die föderale Regierung wohl auch nicht willens, sich in Konflikte dieser Art einzumischen und so den Unwillen einzelner Clans auf sich zu ziehen (ÖB 10.2015).
Viele Minderheitengemeinden leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 13.4.2016). Bantu werden aufgrund ihrer Ethnie diskriminiert (UNHRC 28.10.2015). Auch einzelne andere Minderheiten (u.a. Jareer, Benadiri, Midgan, Gabooye), leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich, da sie nicht in die Clan-Strukturen eingebunden sind, in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung – nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Viele Minderheitengemeinden leben in tiefer Armut. Sie sind auch überproportional von der im Land herrschenden Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.) (USDOS 13.4.2016). Allerdings datieren die letzten – unbestätigten – Berichte von Repressionen im engeren Sinn mit November 2013, als staatliche Sicherheitskräfte des Hawiye-Clans angeblich sesshafte Bantu-Landwirte von ihren Grundstücken vertrieben haben sollen (AA 1.12.2015). In den hier verwendeten Berichten werden keine aktuellen Beispiele gewaltsamer Repression oder der Verfolgung von Minderheiten genannt.
Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:
Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010). Mischehen – vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans – sind traditionell beschränkt (USDOS 13.4.2016; vergleiche EASO 8.2014, ÖB 10.2015). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).
Auch in anderen Bereichen gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).
In Mogadischu gibt es heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr. Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015). Zusätzlich gibt eines keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine Person angehört (LI 4.4.2016).
Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben – sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).
Al Shabaab (AS)
Ziel der al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an (EASO 2.2016).
Völkerrechtlich kommen der al Shabaab als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu (AA 1.12.2015). Staatlicher Schutz ist in der Gebieten der al Shabaab nicht verfügbar (UKHO 15.3.2016).
Seit 2011 wurden die militärischen Kapazitäten der al Shabaab durch AMISOM und somalische Kräfte sowie durch innere Streitigkeiten beachtlich dezimiert (UKHO 15.3.2016). In der jüngeren Vergangenheit hat al Shabaab schwere Niederlagen erlitten. Einerseits wurde der Anführer, Ahmed Godane, im September 2014 von einer US-Drohne eliminiert. Andererseits hat al Shabaab nach dem Verlust der wichtigen Hafenstadt Baraawe im Oktober 2014 noch weitere, strategisch wichtige Städte verloren (EASO 2.2016). Zuletzt wurden al Shabaab auch herbe Verluste zugefügt. Alleine bei einem Luftschlag gegen ein Lager der Terroristen in Raso (Hiiraan) wurden mehr als 150 frisch ausgebildete Kämpfer getötet und zahlreiche weitere verletzt. Bei einem Vorstoß der al Shabaab entlang der Küste in Nugaal wurden weitere 115 Kämpfer der al Shabaab getötet und 110 gefangen gesetzt. Bei einem ähnlichen Vorstoß im Hinterland fügten Kräfte der GIA der al Shabaab ebensolche Verluste zu. Allein im März 2016 betrugen die Verluste für al Shabaab mindestens 500 Mann, weitere 210 wurden gefangen gesetzt (A 4.2016). Trotz der Verluste ist al Shabaab immer noch in der Lage, große Teile des ländlichen Raumes in Süd-/Zentralsomalia zu halten (EASO 2.2016; vergleiche AI 24.2.2016). Die Gruppe kontrolliert auch Versorgungsrouten (UKHO 15.3.2016). Über wie viele Kämpfer die al Shabaab verfügt, ist nicht exakt bekannt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Miliz über mehr als 6.000 Mann verfügt (EASO 2.2016). Al Shabaab ist jedenfalls noch weit davon entfernt, besiegt zu sein (BS 2016).
Allerdings entwickelten sich Mitte 2015 innerhalb der al Shabaab die ersten Risse hinsichtlich einer Neuorientierung zum Islamischen Staat (IS). Mehrere IS-Sympathisanten wurden verhaftet; es kam auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen (EASO 2.2016; vergleiche AI 24.2.2016, UNSC 8.1.2016).
Die Menschen auf dem Gebiet der al Shabaab sind einer höchst autoritären und repressiven Herrschaft unterworfen. Während dies zwar einerseits zur Stärkung der Sicherheit beiträgt (weniger Kriminalität und Gewalt durch Clan-Milizen) (BS 2016), versucht al Shabaab alle Aspekte des öffentlichen und privaten Lebens der Menschen zu kontrollieren (BS 2016; vergleiche DIS 9.2015). Alle Bewohner der Gebiete von al Shabaab müssen strenge Vorschriften befolgen, z. B. Kleidung, Eheschließung, Steuerzahlung, Teilnahme an militärischen Operationen, Rasieren, Spionieren, Bildung etc. (DIS 9.2015). Mit den damit verbundenen harten Bestrafungen wurde ein generelles Klima der Angst geschaffen (BS 2016). Das Brechen von Vorschriften kann zu schweren Strafen bis hin zum Tod führen (DIS 9.2015).
Grundversorgung/Wirtschaft
Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (AA 1.12.2015).
Die Versorgungslage ist anhaltend schlecht und hat sich im Jahr 2015 aufgrund der Nahrungsmittelknappheit zusätzlich verschlechtert (ÖB 10.2015). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet (AA 1.12.2015).
Im Dezember 2015 galten eine Million Menschen in Somalia als im humanitären Notstand befindlich; 3,9 Millionen befanden sich in "food security stress" (EASO 2.2016). Im Februar 2016 waren rund 305.000 Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt, davon mehr als 58.000 schwer (UNOCHA 19.2.2016). Im Zeitraum Jänner bis Oktober 2015 wurden fast 22.000 akut unterernährte Kinder unter fünf Jahren mit lebensrettender Ernährung versorgt (UNSC 8.1.2016). Die Situation hatte sich durch saisonale Überschwemmungen in Hiiraan, Lower und Middle Juba und Middle Shabelle verschärft. Außerdem können manche Städte nicht ordentlich versorgt werden, weil al Shabaab die Warenzufuhr blockiert – z.B. Diinsoor (Bay) (EASO 2.2016), Buulo Barde (Hiiraan), Xudur und Waajid (Bakool) (UNOCHA 19.2.2016). Al Shabaab verbietet auch weiterhin den meisten humanitären Organisationen, auf eigenem Gebiet aktiv zu werden; vulnerable Bevölkerungsgruppen können dort nicht erreicht werden (UNHRC 28.10.2015).
Gleichzeitig befinden sich viele der in Notstand befindlichen Personen, die auf Nahrungsmittel und Ernährungshilfe angewiesen sind, in den Regionen Awdal und Sanaag (Somaliland), Bari (Puntland) und Benadir. Auch die armen und vulnerablen städtischen Populationen sind betroffen, vor allem in den vom Handel abgeschnittenen Städten (UNOCHA 19.2.2016).
Die Behörden in Somaliland und Puntland haben den Katastrophenzustand (Dürre) ausgerufen. In Somaliland sind fast 75.000 Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt, in Puntland sind es 23.000. Am meisten betroffen sind Bari und Nugaal in Puntland sowie Awdal, Togdheer, Sool, Sanaag und Woqooyi Galbeed in Somaliland (UNOCHA 19.2.2016).
Im Zeitraum Jänner bis Oktober 2015 erhielten 1,5 Millionen Menschen grundlegende medizinische Leistungen. Schutzleistungen erreichten 303.000 Personen, Haushalts- und Unterkunftsunterstützung 145.000 Personen. Rund 100.000 Personen erhielten Geldmittel als Unterstützung. Im Oktober 2015 erhielten 406.000 Personen Nahrungsmittelhilfe, 393.000 Personen Unterstützung für den Lebensunterhalt und weitere 621.000 saisonale Unterstützung für den Lebensunterhalt (UNSC 8.1.2016). Trotzdem erreichen Hilfsprojekte von UN oder nichtstaatlichen Hilfsorganisationen in der Regel nicht die gesamte Bevölkerung. Dies gilt im Großen und Ganzen auch für Puntland, allerdings erreichen dort Hilfsorganisationen im Falle einer Dürrekatastrophe aufgrund der besseren Sicherheitslage mehr Menschen (AA 1.12.2015).
Es gibt unterschiedliche Zahlen darüber, wie hoch die Jugendarbeitslosigkeit in Somalia ist. UNDP gab die Zahl im Jahr 2012 mit 67% an (IOM 2.2016; vergleiche ÖB 10.2015). Bei der aktuellen Studie aus dem Jahr 2016 gaben aber nur 14,3% der befragten Jugendlichen in Mogadischu (6%), Kismayo (13%) und Baidoa (24%) an, gegenwärtig arbeitslos zu sein. Dies kann auf folgende Gründe zurückzuführen sein: a) dass die Situation in diesen drei Städten anders ist, als in anderen Teilen Somalias; b) dass die wirtschaftliche Entwicklung seit 2012 die Situation verbessert hat;
c) dass es nun mehr Unterbeschäftigte gibt; d) dass die Definition von "arbeitslos" unklar ist (z.B. informeller Sektor) (IOM 2.2016). All dies bedeutet jedenfalls, dass man die Arbeitslosigkeit in Somalia und in Mogadischu nicht beziffern kann (LI 1.4.2016). Insgesamt sind zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren, u.a. aufgrund der Tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor aus Nomaden besteht (ÖB 10.2015). Außerdem haben sich bisherige Studien darüber, wie Menschen in Mogadischu ihren Lebensunterhalt bestreiten, auf die am meisten vulnerablen Gruppen der Stadt konzentriert: Auf IDPs und Arme (urban poor). Für diese Gruppen ist es charakteristisch, dass sie humanitäre Unterstützung erhalten. Sie stellen etwa 20% der Bevölkerung von Mogadischu. Diese Gruppen profitieren nur zu einem äußerst geringen Anteil von Remissen (2% der Befragten; somalische Gesamtbevölkerung: 30%). Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle dieser Gruppen ist der Kleinhandel – v.a. mit landwirtschaftlichen Produkten. Zusätzlich erhalten sie Nahrungsmittelhilfe und andere Leistungen über wohltätige Organisationen (LI 1.4.2016).
Hinsichtlich jugendlicher Arbeitsloser in Mogadischu gibt es außerdem die Vermutung, dass viele von ihnen gar nicht nach Arbeit suchen, u.a. deswegen, weil sie auf Rimessen aus dem Ausland, auf Nahrungs- und andere Hilfe und manchmal auch auf Pachterträge zurückgreifen können (UKUT 5.11.2015). Seitens der Regierung gibt es für Arbeitslose jedenfalls keinerlei Unterstützung (LI 1.4.2016). In einer Studie von IOM gaben arbeitslose Jugendliche (14-30 Jahre) an, in erster Linie von der Familie in Somalia (60%) und von Verwandten im Ausland (27%) versorgt zu werden (IOM 2.2016).
Dabei kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften, als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung (LI 1.4.2016). Neben den Bauaktivitäten gibt es auch vermehrt Taxiunternehmen, Busunternehmen, Reinigungen, Elektronikhändler etc. und die damit verbundenen Arbeitsmöglichkeiten (z.B. Bauarbeiter, Kellner, Fahrer, Verkäufer) (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).
In der Stadt gibt es eine steigende Nachfrage an Hilfsarbeitern. Früher hatten die nicht-Ausgebildeten größere Schwierigkeiten, eine Arbeit zu finden. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt aber auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen (IOM 2.2016; vergleiche LI 1.4.2016). Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, bei denen es nur um physische Kraft geht (Bauwirtschaft, Hafenarbeiter etc.) in Mogadischu zahlreich verfügbar. Junge Kandidaten werden bevorzugt (IOM 2.2016).
Einen großen Bedarf gibt es an folgenden ausgebildeten Kräften und Fähigkeiten – bzw. womöglich auch an Ausbildungswilligen: Handwerker (Tischler, Maurer, Schweißer etc.); im Gastgewerbe (Köche, Kellner etc.); Schneider; Ingenieure; medizinisches Personal;
fortgeschrittene IT- und Computerkenntnisse; Agrarfachwissen;
Lehrkräfte auf allen Ebenen. Einen Bedarf gibt es auch an folgenden Arbeitskräften und Fähigkeiten: Mechaniker, Elektriker, Installateure, Fahrer von Spezialfahrzeugen; Betriebswirte und Buchhalter; Verkauf und Marketing; Englisch-Sprechern; IT- und Computerkenntnisse (IOM 2.2016). Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird (z.B. im Gastgewerbe auf Kenianer und Somaliländer; oder im Baugewerbe auf Handwerker aus Bangladesch) (LI 1.4.2016; vergleiche IOM 2.2016).
Fast alle in der Studie von IOM befragten Arbeitgeber haben angegeben, dass sie mittelfristig mehr Personal einstellen wollen (IOM 2.2016). Weil freie Arbeitsplätze oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne richtige Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen (IOM 2.2016; vergleiche DIS 9.2015), Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen (DIS 9.2015). Arbeitssuchende greifen also auf ihre privaten Netzwerke zurück. Größere Firmen platzieren Jobangebote auch an Hauswänden oder in lokalen Medien. Öffentliche Stellen greifen auch auf Onlinemedien zurück (z.B. baidoanews.net oder somalijobs.net). Männliche Hilfsarbeiter stellen ihre Arbeitskraft frühmorgens an bestimmten Plätzen zur Verfügung (Mogadischu: Bakara; Baidoa: Kilo 7; Kismayo: Golol Place) (IOM 2.2016).
Der militärische Erfolg gegen al Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind (BS 2016; vergleiche LI 1.4.2016). Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen (LI 1.4.2016). Außerdem traten neue Investoren in den Vordergrund, z.B. die Türkei (BS 2016; vergleiche LI 1.4.2016), China und die Golf-Staaten (LI 1.4.2016). Die Wirtschaft von Mogadischu hat begonnen zu wachsen. Dies wird angesichts des Baubooms am offensichtlichsten (BS 2016). Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet (LI 1.4.2016). Supermärkte, Restaurants und Hotels wurden neu geöffnet (BS 2016). Auch in anderen, der al Shabaab abgerungenen Städten steigt die Zahl wirtschaftlicher Aktivitäten (BS 2016).
Viele UN-Agenturen (bspw. UN-Habitat, UNICEF, UNHCR) sind tatkräftig dabei das Land wiederaufzubauen (ÖB 10.2015). So haben z.B. UN für Somalia ein Programm entworfen, das auf die Beschäftigung Jugendlicher abzielt. Mit dem Programm soll das Wachstum arbeitsintensiver Wirtschaftssektoren angekurbelt werden. Jugendliche sollen jene Fähigkeiten erhalten, die auf wachsenden Märkten am meisten gebraucht werden. Außerdem sind Initiativen der Weltbank auf den Weg gebracht, welche auf die Stromversorgung und auf den Finanzsektor abzielen. Privates Investment und die Schaffung von Arbeitsplätzen sollen gefördert werden. Die FAO unterstützt die Vieh-, Land- und Fischereiwirtschaft. Außerdem hat sie mehr als 30.000 Haushalte über cash-for-work-Programme finanziell beim Wiederaufbau von Infrastruktur unterstützt. Die ILO hat für 11.000 Haushalte (Rückkehrer aus Kenia, IDPs und Gastgemeinden) Arbeitsmöglichkeiten geschaffen (UNSC 11.9.2015).
Das meiste Einkommen lukriert Somalia mit Viehexport, Häuten, Fisch, Holzkohle und Bananen. Ein Schlüsselelement der Wirtschaft ist der Telekommunikationsbereich. Außerdem sind seit dem Rückzug der al Shabaab aus Mogadischu einige Bereiche stark gewachsen: Die öffentliche Verwaltung; internationale Organisationen; Botschaften; der Bausektor; und der Dienstleistungsbereich (Hotels, Restaurants, Transportsektor, Schulen, Spitäler etc.) (LI 1.4.2016). Viele Bereiche liegen in den Händen privater Anbieter (LI 1.4.2016; vergleiche BS 2016). Neben Schulen und Spitälern wird beispielsweise auch die Steuer von einer Privatfirma eingehoben. Berechnungen zufolge ist die somalische Wirtschaft ständig gewachsen; für 2014 schätzt der IWF das Wachstum auf 3,7% (LI 1.4.2016).
Aufgrund der Tatsache, dass bereits eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit sind, freiwillig zurückzukehren bzw. viele schon zurückgekehrt sind, besteht eine berechtigte Hoffnung, in absehbarer Zeit das Land als zunehmend sicherer und bewohnbarer zu qualifizieren (ÖB 10.2015).
KI vom 19.1.2017: Dürre (betrifft: Abschnitt 23 / Grundversorgung)
Nach einer schwachen Gu-Regenzeit im Jahr 2016 blieben auch die Regenfälle der Deyr-Regenzeit Ende 2016 aus. Von der Nahrungsversorgungsunsicherheit am schlimmsten betroffen sind landwirtschaftlich genutzte Gebiete im Süden und nomadisch genutzte Gebiete im Nordosten des Landes (FEWSNET 16.1.2017). Alleine im sogenannten South-West-State sind 820.000 Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele suchen in größeren Städten nach Hilfe. Der Gouverneur der Region Bay schätzt, dass bereits rund 3.000 Familien aus ländlichen Gebieten nach Baidoa geflohen sind (UNSOM 16.1.2017). Dabei ziehen Nahrungsmittelpreise an: Der Preis für Mais liegt in Qoryooley 51% über dem Fünfjahresmittel; für Sorghum in Baidoa um 88% darüber (FEWSNET 16.1.2017).
Die humanitäre Situation in Somalia ist zunehmend fragil. Fünf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA 12.1.2017; vergleiche UNSOM 16.1.2017) und leiden unter Nahrungsversorgungsunsicherheit (FAO 20.12.2016). 3,9 Millionen davon gelten als "stressed", 1,1 Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsversorgungsunsicherheit (acutely food insecure) (UNOCHA 12.1.2017) und befinden sich auf den IPC-Stufen drei (Krise) und 4 (Not/Emergency). Alleine im zweiten Halbjahr 2016 hat die Zahl um 20% zugenommen. Prognosen lassen erwarten, dass die Zahl der akut Bedrohten im ersten Halbjahr 2017 um eine weitere Viertelmillion zunehmen wird. Ähnliche Bedingungen hatten im Jahr 2011 zu einer Hungersnot und Hungertoten geführt (FAO 20.12.2016). Folglich fahren humanitäre Organisationen ihre lebensrettenden Maßnahmen hoch, angesammelte Fonds werden angezapft (UNOCHA 12.1.2017).
Eine Entschärfung der Situation ist in rein nomadisch genutzten Gebieten nicht für Mai/Juni zu erwarten; in agro-pastoral genutzten Gebieten nicht vor Juni/Juli. Im schlimmsten anzunehmenden Szenario bleibt auch die Gu-Regenzeit des Jahres 2017 – wie gegenwärtig prognostiziert – schwach und in der Folge sinkt die Kaufkraft auf das Niveau der Jahre 2010/2011. Reicht dann die humanitäre Hilfe nicht aus, wird eine Hungersnot (IPC 5) die Folge sein (FEWSNET 16.1.2017). Bereits jetzt werden vereinzelt Hungertote aus den Regionen Bay (UNSOM 16.1.2017) und Gedo gemeldet (SMN 15.1.2017).
KI vom 20.9.2016: Dürre (betrifft: Abschnitt 23 / Grundversorgung)
Die humanitäre Lage in Somalia bleibt prekär. Etwa 38 Prozent der Bevölkerung sind auf Unterstützung angewiesen, eine Million Menschen können ihren grundlegenden Nahrungsbedarf nicht decken. 305.000 Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt. Zwischen Jänner und Juni wurden ca. 490.000 Menschen mit Nahrungsmittelhilfe versorgt, 125.000 Kinder konnten wegen akuter Unterernährung behandelt werden (UNSC 6.9.2016). UNOCHA stellt hinsichtlich Nahrungsmittelsicherheit nebenstehende aktuelle Karte zur Verfügung (UNOCHA 9.9.2016).
Das Klimaphänomen El Niño führte in Somaliland und in Puntland zu Dürre. Dort sind 385.000 Menschen akut von Nahrungsmittelunsicherheit bedroht, weitere 1,3 Millionen Menschen sind dem Risiko ausgesetzt, ohne Unterstützung in eine akute Bedrohung abzugleiten (UNSC 6.9.2016; vergleiche UNOCHA 1.9.2016). In Süd-/Zentralsomalia brachte El Niño hingegen schwere Regenfälle und teilweise Überschwemmungen (UNOCHA 1.9.2016).
Die Regenzeit Gu (März-Juni) brachte für Puntland und Somaliland zwar eine teilweise Entlastung; doch wird für den Zeitraum Juli-Dezember 2016 wieder eine Erhöhung der Nahrungsmittelunsicherheit erwartet (UNSC 6.9.2016). Für eine nachhaltige Besserung bedarf es mehr als nur einer guten Regenzeit. Prognosen zufolge könnte sich die Situation durch das nachfolgende Wetterphänomen La Niña weiter verschärfen. So bietet auch die Nahrungsmittelsicherheit in Süd-/Zentralsomalia zunehmend Grund zur Sorge. Derzeit sind also – v.a. im Norden – noch die Auswirkungen von El Niño zu spüren, während aufgrund von La Niña eine schlechte Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) erwartet wird. Die schwere Hungersnot der Jahre 2011/2012 war durch La Niña verursacht worden (UNOCHA 1.9.2016).
Rückkehrspezifische Grundversorgung
Als allgemeine Regel gilt, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Allerdings wurde das Konzept der Clan-Solidarität in Süd-/Zentralsomalia überdehnt. Viele Familien und Clan-Netzwerke sehen sich nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse vertriebener Verwandter zu erfüllen (DIS 9.2015).
Beide – Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan – bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht. Eine Person, die an einen neuen Wohnort zieht, erwartet sich die Akzeptanz des Clans in der lokalen Gemeinschaft. Diese Akzeptanz bedeutet, dass die Menschen über den Neuankömmling und seine Verbindungen Bescheid wissen; damit steht auch der Schutz in Verbindung, den diese Person vom Clan erlangen kann. Dies gilt auch für Rückkehrer, doch können diese ja nach Fähigkeiten und Kapazitäten auch autark leben, ohne einer Clan-Belästigung ausgesetzt zu sein. Auf der anderen Seite ist eine schwache Person mit wenigen Ressourcen auf die Unterstützung von Angehörigen, Verwandten oder einem engen Netzwerk angewiesen, um Unterkunft und Einkünfte zu erlangen. Grundsätzlich wird dabei nicht zuerst der Clan um Unterstützung angefragt (DIS 9.2015). Hier wendet man sich zuerst an die Familienebene. Wenn aber eine Person in einem Gebiet weder über Kernfamilie noch über Verwandte verfügt, dann kann der Clan Ressourcen zur Verfügung stellen (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014), wobei dies im Falle von Mogadischu eher bei großen Clans Erfolg haben wird (UKUT 3.10.2014). Eine übersiedelnde Person, wird sich in einem IDP-Lager wiederfinden und sich keinen Lebensunterhalt sichern können, wenn sie in einer Stadt weder über Kern- oder erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügt (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 5.11.2015) noch auf Rimessen zurückgreifen kann. Diese Person ist auf humanitären Schutz angewiesen (UKUT 5.11.2015). Auch für alleinstehende Frauen oder Alleinerzieherinnen hängt der zu erwartende Lebensunterhalt vom Status und von den Ressourcen der Familienangehörigen im Aufnahmegebiet ab (DIS 9.2015).
Rückkehrer haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).
Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Rimessen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Insgesamt liegt es also an der Person selbst zu erklären, warum sie nicht an den durch den Wirtschaftsboom in Mogadischu bestehenden ökonomischen Möglichkeiten teilhaben kann (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).
Rückkehr
Über die Behandlung rückgeführter somalischer Staatsangehöriger liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, da insbesondere westliche Staaten Rückführungen nur in sehr begrenztem Ausmaß durchgeführt haben. Staatliche Repressionen sind nicht die Hauptsorge dieser Personengruppe, sondern das gelegentlich unvorhersehbare Verhalten der Sicherheitskräfte, die Sicherheits- und Versorgungslage allgemein sowie mögliche Übergriffe der al Shabaab (AA 1.12.2015). Trotz aller Erfolge von somalischer Armee und AMISOM ist die Sicherheitslage in vielen Teilen Somalias nicht stabil genug, um die Aufnahme von Rückkehrern zu gewährleisten (UNHRC 28.10.2015). Andererseits sind nach Somalia Rückgeführte nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014). Generell ist ein "normaler Zivilist" (keine Verbindung zur Regierung; zu Sicherheitskräften; zu Behörden; zu NGOs oder internationalen Organisationen) nach einer längeren Abwesenheit bei einer Rückkehr nach Mogadischu aufgrund der Tatsache, dass er in einem europäischen Land gelebt hat, keinem derartigen Risiko ausgesetzt, dass dieses einen Schutz gemäß Artikel 3 oder Artikel 15c erforderlich machen würde (UKUT 3.10.2014; vergleiche EGMR 10.9.2015).
Beobachter, darunter v.a. UNHCR, warnen allerdings vor der nicht-existenten Infrastruktur und mangelnden Einrichtungen für somalische Rückkehrer. Somalia scheint auf eine Rückkehr von Flüchtlingen in größerem Ausmaß nicht vorbereitet zu sein (ÖB 10.2015). Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und auch nicht für unbegleitete Minderjährige (AA 1.12.2015). Der zuständigen österreichischen Botschaft liegen keine näheren Informationen zu rückkehrenden Minderheiten im Besonderen oder zu in diesem Bereich tätigen NGOs vor (ÖB 10.2015).
Gleichzeitig unterstützen UNHCR und andere internationale Partner aber seit 2015 die freiwillige Rückkehr von Somaliern aus Kenia. Grundlage ist ein dreiseitiges Abkommen zwischen Kenia, Somalia und dem UNHCR (AA 1.12.2015). Dabei haben die drei Parteien die Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen und des Non-Refoulement zugesichert (UNHRC 28.10.2015; vergleiche LI 1.4.2016). UNHCR steht es zu, jene somalischen Gebiete zu definieren, welche für eine Rückkehr als sicher erachtet werden (LI 1.4.2016). Gemäß Vereinbarungen zwischen Kenia, Somalia und UNHCR sind ab 2015 die unterstütze Rückkehr nach Kontingenten vereinbart: 10.000 im Jahr 2015, 50.000 im Jahr 2016, 75.000 im Jahr 2017, 65.000 im Jahr 2018 und 15.000 im Jahr 2019 (ÖB 10.2015). Die Kontingente konnten bisher nicht eingehalten werden. In der Pilotphase zwischen Dezember 2014 und August 2015 waren rund 3.000 von UNHCR unterstützte Somali in die Bezirke Luuq, Baidoa und Kismayo zurückgekehrt (UNHRC 28.10.2015). Im Oktober 2015 wurden
1.500 Personen nach Mogadischu repatriiert (LI 1.4.2016). In den ersten zwei Monaten des Jahres 2016 wurden schon fast 4.200 Rückkehrer aus Kenia unterstützt. Die Rückkehrer wurden zu 95% auf dem Landweg in insgesamt 26 unterschiedliche Bezirke Süd-/Zentralsomalias transportiert – vorwiegend in die Bezirke Baardheere, Belet Xawo, Baidoa, Diinsoor, Buale, Jamaame und nach Mogadischu. Im Rahmen der freiwilligen Rückkehr aus Kenia werden Starthilfegelder, grundlegende Hilfsgüter und Nahrungsmittelhilfe verteilt (UNHCR 28.2.2016). Außerdem erhalten Rückkehrer längerfristige Reintegrationsunterstützung (LI 1.4.2016; vergleiche UNHCR 3.9.2015). 4.000 Personen aus Mogadischu, die sich als Flüchtlinge in Kenia befinden, stehen auf der Warteliste des UNHCR, um in ihre Heimat zurückgebracht zu werden. Eine Ausnahme bilden alleinstehende Frauen, die UNHCR angesichts der eigenen Leitlinien nicht nach Mogadischu zurückführen kann (LI 1.4.2016).
Es sind aber auch zahlreiche Somali ohne Unterstützung von UNHCR aus Kenia zurückgekehrt (UNHRC 28.10.2015). Die Zahl somalischer Flüchtlinge in Kenia lag im Jahr 2011 bei einem Spitzenwert von ca. 520.000 Personen. Im Jahr 2015 verringerte sich diese Zahl um ca. 100.000. UNHCR geht davon aus, dass die große Mehrheit dieser Menschen auf eigene Faust nach Somalia zurückgekehrt ist (LI 1.4.2016).
Auch aus dem Jemen sind Somali zurückgekehrt. Zwischen März 2015 und März 2016 sind alleine in Puntland knapp 19.000 Somali aus dem Jemen eingetroffen (RMMS 2.2016; vergleiche UNHCR 29.2.2016). 55% dieser Rückkehrer reisten nach Mogadischu weiter (USDOS 13.4.2016). Für aus dem Jemen Kommende gibt es Unterstützung seitens des Norwegian Refugee Council, das Danish Refugee Council, von IOM, UNHCR und WFP (UNHCR 29.2.2016). UNHCR gewährt finanzielle Unterstützung und bietet temporäre Unterkünfte (USDOS 13.4.2016). IOM unterstützt die Rückkehrer mit Weitertransport (USDOS 13.4.2016; vergleiche UNHCR 29.2.2016).
Aus der EU führen folgende Länder Abschiebungen durch:
Großbritannien grundsätzlich; die Niederlande, Dänemark und Norwegen unterstützen freiwillige Rückkehrer; die Niederlande und Dänemark nur nach Somaliland, Norwegen auch in andere Landesteile; Finnland kann in Ausnahmefällen verurteilte Straftäter nach Somaliland zurückführen, Schweden nach Somaliland und Puntland (AA 1.12.2015).
Seit Dezember 2013 kommt es auch zu massiven Deportationen aus Saudi Arabien. Es sind ca. 70.000 Menschen nach Somalia zurückgebracht worden. IOM hat ca. 15.000 von ihnen unterstützt und teilweise Weitertransport zur Verfügung gestellt (USDOS 13.4.2016). IOM bietet den Ankömmlingen Unterstützung in Form von Repatriierung, medizinischer Betreuung, psycho-sozialer Unterstützung, Nahrung und Trinkwasser sowie Weitertransport an. Für gefährdete Personen gibt es auch Unterkunft und Schutz (EASO 8.2014). Viele dieser zwangsweise Rückgeschobenen wurden bei ihrer Rückkehr zu IDPs, da sie nicht in ihre eigentliche Heimat zurückkehren konnten (USDOS 13.4.2016).
In einer Studie, bei welcher 130 Somali der Diaspora in London, Minneapolis, Toronto, Bern, Malmö, Amsterdam und Helsinki befragt wurden, gaben viele an, bereits nach Somalia zu reisen (UNHCR 1.2016).
Einen geordneten Direktflugverkehr nach Mogadischu aus Europa gibt es bislang nur aus Istanbul mit Turkish Airlines. Darüber hinaus fliegen nur regionale Fluglinien, die Vereinten Nationen, die Europäische Union und private Chartermaschinen Mogadischu aus Nairobi regelmäßig an. Die Abfertigung der Flüge von Turkish Airlines findet in der zentralen Abfertigungshalle des Flughafens statt. Der Aufenthalt oder die Passage durch diese Abfertigungshalle wird aus Sicherheitsgründen dem gesamten in Mogadischu tätigen oder dorthin reisenden Personal von UN, EU und infolgedessen auch den meisten Botschaftsvertretern untersagt. Das muss im Hinblick auf eine etwaige Rückführung begleitende Beamte in Betracht gezogen werden (AA 1.12.2015).
1.3.2. Auszug aus einer ACCORD-Anfragebeantwortung vom 19.03.2015 zu Mischehen:
"[ ]
Die Minority Rights Group International (MRG), die sich für die Rechte von ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten und indigenen Völkern weltweit einsetzt, schreibt in einem Bericht vom Jänner 2015 zur Lage von Frauen, die einer Minderheitengruppe angehören, dass es ein weitverbreitetes gesellschaftliches Verbot von Mischehen zwischen Mitgliedern von Mehrheitsclans und Minderheiten gebe. Im Gegensatz zu Frauen, die einem Mehrheitsclan angehören, die Mitglieder verschiedener Clans heiraten könnten, sei es für eine Frau, die einem Minderheiten-Clan angehört, gesellschaftlich nicht annehmbar jemanden von einem Mehrheitsclan zu heiraten. Die wenigen Frauen, die einem Minderheitenclan angehören und geheime Beziehungen mit Mitgliedern anderer Clans führen würden, würden oftmals von permanenter Feindschaft und Einschüchterung seitens der Verwandten ihres Mehrheitsclans-Partners betroffen sein. Eine Angehörige der Bantu habe gegenüber MRG angegeben, dass Angehörige eines Mehrheitsclans keine Frauen ihres Clans heiraten würden. Wenn die Jungen (des Mehrheitsclans) versuchen würden die (Bantu-) Mädchen zu heiraten, würden ihre Familien die Heirat stoppen und die Väter würden versuchen, ihre Söhne wegen einer Heirat mit einer Bantu-Frau zu töten. Eine weitere Person habe gegenüber MRG angegeben, dass ihr Sohn eine Beziehung mit einem Mädchen von einem Mehrheitsclan geführt habe. Die Verwandten des Mädchens hätten ihre Wohnung angegriffen, sie und ihren Sohn geschlagen und verhaften lassen. Die Polizei habe sie erst freigelassen, nachdem der Sohn versprochen habe, die Beziehung zu beenden. Eine Angehörige der Benadiri habe gegenüber MRG angeführt, dass ihre Gemeinschaft verschiedene Unterclans habe. Einige würden sich höher und stolzer als andere einschätzen und die anderen Unterclans ausgrenzen und auf sie herabschauen und keine Mischehen eingehen. Eine Angehörige der Bantu habe als Beispiel für Diskriminierung innerhalb der Minderheitengruppen zudem angegeben, dass etwa Benadiri keine Mischehen mit den Tumal eingehen wollten und die Tumal keine mit den Bantu [ ]
Laut einem Bericht des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (European Asylum Support Office, EASO) vom August 2014, der auf Angaben verschiedener Quellen beruht, seien Mischehen zwischen Mehrheitsclans und Minderheiten durch das Brauchtum eingeschränkt, obwohl dies in den letzten Jahren anscheinend weniger streng gehandhabt worden sei ("this seems to have become less strict"). Es sei zu Mischehen gekommen und würde weiterhin zu Mischehen kommen. Es gebe jedoch Berichte über schädliche Konsequenzen, wie Zwangsscheidung oder (versuchte) Tötung eines Ehepartners (oder, "in früheren Zeiten", des Kindes). Die gesellschaftliche Akzeptanz variiere abhängig davon, ob die Heirat zwischen einem Mann eines Mehrheitsclans und der Frau einer Minderheit erfolge (was manchmal ohne größere Probleme passiere), oder ob eine Angehörige eines Mehrheitsclans einen Mann heirate, der einer Minderheit angehört, was gesellschaftlich nicht annehmbar sei. Kinder, die innerhalb solcher Ehen geboren würden, würden Mitglieder einer Minderheitengruppe werden und daher für den Mehrheitsclan "verloren" sein. Die Frau würde von ihrer eigenen Familie und ihrem eigenen Clan ausgeschlossen werden. Zudem würde ein Mann, der einem Mehrheitsclan angehöre, bei der Eheschließung mit einer Frau, die einer Minderheitengruppe angehöre, den Schutz seines eigenen Clans verlieren. Kinder, die innerhalb einer Ehe zwischen einem Mann, der einem Mehrheitsclan angehöre und einer Frau, die einer Minderheitengruppe angehöre, geboren würden, würden die Clanidentität des Vaters annehmen [ ]
Das Danish Immigration Service (DIS) zitiert in einem Bericht zu einer gemeinsam mit dem norwegischen Herkunftsländerinformationszentrum Landinfo durchgeführten Fact-Finding- Mission vom März 2014 Angaben eines Diaspora-Forschers in Mogadischu. Er habe als Beispiel einen jungen Mann angeführt, der der Minderheitengruppe der Jareer angehöre, der ein Mädchen aus einem Mehrheitsclan geheiratet habe. Die Mutter des Mädchens habe die Heirat abgelehnt und den Fall vor Gericht gebracht und behauptet, die Ehe sei nicht gültig. Das Gericht habe entschieden, dass die Ehe gültig und das Paar rechtmäßig verheiratet sei. Das Mädchen sei zudem schwanger gewesen. Die Mutter habe sich an ein weiteres Gericht in einem anderen Stadtteil gewendet und dieses Gericht habe entschieden, dass die Ehe ungültig sei. Dem Rechtsanwalt des Ehemannes sei es nicht erlaubt worden während der Anhörung im Gericht zu bleiben: [ ]
Das US-Außenministerium (US Department of State, USDOS) erwähnt in seinem Länderbericht zur Menschenrechtslage vom Februar 2014 (Berichtszeitraum 2013), dass Mischehen zwischen Minderheitengruppen und Mehrheitsclans durch das Brauchtum verboten seien. Das USDOS zählt unter anderem die Rer Hamar [Anm. BVwG: sowie die Madhiban] zu den Minderheitengruppen:
"Minority group clans included the Bantu (the largest minority group), Benadiri, Rer Hamar, Brawanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub, and Gabooye. Custom restricted intermarriage between minority groups and mainstream clans." (USDOS, 27. Februar 2014, Section 6)
Das kanadische Immigration and Refugee Board (IRB) bezieht sich in einer Anfragebeantwortung vom Dezember 2012 zu den Gaboye/Midgan auf Angaben mehrerer Quellen. Mehrheitsclans würden Mischehen mit Mitgliedern einer Minderheitengruppe verbieten. Ein Gaboye-Ältester aus Hargeisa habe angegeben, dass ein Paar, das eine Mischehe eingehe, getötet würde. Zudem sei über Fälle berichtet worden, in denen Partner in einer Mischehe gezwungen worden seien, sich scheiden zu lassen, geschlagen oder von Verwandten des Mehrheitsclans beschossen worden seien. In einem Fall sei eine Frau, die einem Mehrheitsclan angehöre, aufgrund ihrer Eheschließung mit einem Gaboye-Mann von ihren Familienmitgliedern körperlich misshandelt und mit dem Tod bedroht worden. Auch der Sohn der Frau sei mit dem Tod bedroht worden. Der Gaboye-Mann selbst habe aus dem Land fliehen müssen: [ ]
Das Danish Immigration Service (DIS) erwähnt in einem Bericht zu einer Fact-Finding-Mission nach Somalia vom April 2012, dass eine in Mogadischu ansässige NGO angegeben habe, dass Angehörige von ethnischen Minderheitengruppen gesellschaftlich diskriminiert würden, da sie keine Mischehen mit Angehörigen der Mehrheitsclans ("Somalia clans") eingehen dürften. Sogar die Verfassung von Somalia garantiere Angehörigen ethnischer Minderheitengruppen keine Gerechtigkeit
[ ]"
1.3.3. Auszug aus einer Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 07.06.2017 zur Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadischu:
"[ ]
Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, dass Somalia mit einer Hungersnot konfrontiert ist. Davon ist auch Mogadischu betroffen, wo täglich viele Menschen eintreffen, die der anhaltenden Dürre entfliehen wollen. [ ]
The Guardian berichtet, dass Somalia mit einer Hungersnot konfrontiert ist. Dies ist eine Konsequenz der schlimmsten Dürre seit 40 Jahren und der anhaltenden Rebellion. Über eine halbe Millionen Menschen sind bereits in Bewegung und suchen Nahrung, Wasser Zuflucht und medizinische Versorgung. Etwa 100.000 haben bereits Mogadischu erreicht, es kommen jedoch jeden Tag weitere Menschen an. Hilfsorganisationen befürchten, dass die Zahlen steigen werden, wenn es nicht im nächsten Monat regnen wird und dass dann etwa eine Million Menschen Zuflucht in den Städten Somalias suchen werden. Derartige Zahlen könnten die Anstrengungen der Regierung und der internationalen Gemeinde überwältigen. Bei einem Lager am Stadtrand von Mogadischu ist der Ausmaß des Problems deutlich erkennbar. Bereits etwa 6.000 Menschen leben dort auf engsten Raum in Zelten und Unterkünften. Über 700 Neuankömmlinge sind innerhalb zweier Tage angekommen. Nahrung, welche von Save the Children zur Verfügung gestellt wird, wird knapp. Der Leiter des Lagers berichtet, dass die Situation nicht zu bewältigen ist. Es herrscht ein Mangel an Unterkünften, Kochpersonal, Treibstoff usw. Die Neuankömmlinge haben alles verkauft, um ihre Reise zum Lager finanzieren zu können. Sie haben nichts mehr, sind sehr schwach und einige Kinder sterben unterwegs. Der Zustrom von Menschen könnte den fragilen Prozess zum Wiederaufbau Mogadischus stören, da somit die wenigen Basisdienstleistungen, die den etwa 2 Millionen Bewohnern zur Verfügung stehen, einer großen Belastung ausgesetzt sind. Beamte räumen ein, dass Bereiche um Mogadischu "No Man’s Land" sind und dass Polizei und Regierungsbeamte zwei Gegenden nicht betreten können, da diese als Hochburgen für Unterstützer der al Shabaab bekannt sind. Für Mogadischu ist es immer noch eine Herausforderung, den Zustrom an Menschen aus den letzten Jahren zu absorbieren, viele waren aufgrund der letzten Hungersnot im Jahr 2011 nach Mogadischu geflohen. [ ]
Xinhua New China, die Nachrichtenagentur der Regierung der Volksrepublik China, berichtet, dass laut UN die geschätzte Anzahl von Menschen, die in Somalia humanitäre Hilfe benötigen, auf 6,7 Millionen gestiegen ist. Seit November 2016 sind aufgrund der Dürre 683.000 Menschen innerhalb Somalias zu IDPs geworden. [ ]
UNSOM, United Nations Assistance Mission in Somalia, berichtet im März 2017, dass binnen zweier Monate im Banaadir Krankenhaus in Mogadischu 47 Kinder durch von Hunger verursachte Krankheiten gestorben sind. Etwa 1.200 Kinder wurden im selben Zeitraum aufgrund schwerer Unterernährung behandelt. Eine NGO, Somali Relief and Rehabilitation Development Organization, verteilt im Bezirk Hodan in Mogadischu Nahrung an hilfsbedürftige Kinder und ältere Menschen. Die Zahl der Menschen, die dort bei der Organisation Nahrung erhalten, hat in den letzten Monaten deutlich zugenommen. [ ]
ABC News, der Nachrichtenbereich des US-amerikanischen Fernsehsenders American Broadcasting Company, berichtet im Mai 2017, dass UNICEF mitgeteilt hat, dass in Somalia im Jahr 2017 etwa 1.4 Millionen Kinder an akuter Unterernährung leiden werden. Seit November 2016 waren etwa 615.000 Menschen (hauptsächliche Frauen und Kinder) aufgrund der anhaltenden Dürre gezwungen, ihre Heimatgebiete zu verlassen. Laut Oxfam International sind 2.9 Millionen in Somalia akuter Ernährungsunsicherheit ausgesetzt. Durch frühzeitige Planung und Finanzierung konnten UNICEF und dessen Partner die Hilfslieferungen für Somalia erhöhen. Über 1 Millionen Menschen, die von der Dürre betroffen sind, wurden mit vorübergehendem Zugang zu sauberem Wasser geholfen. [ ]"
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, in Auszüge aus dem Zentralen Melderegister und dem Fremdeninformationssystem, in einen Strafregisterauszug und einen Auszug aus dem Grundversorgungs-Informationssystem, durch Einvernahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung und durch Einsichtnahme in die zum Akt genommenen Urkunden sowie durch Einsichtnahme in das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation betreffend Somalia vom 25.04.2016, zuletzt aktualisiert am 13.02.2017, die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 07.06.2017 betreffend die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadischu, die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 05.03.2015 betreffend Mischehen, die Country Policy and Information Note Somalia des Home Office von Juni 2017, den Country Marriage Pack des Refugee Documentation Centre von April 2015 sowie die Genealogical Table of Somali Clans des UNHCR.
2.1. Zu den Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers:
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben vor dem Bundesamt, in der Beschwerde und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die getroffenen Feststellungen zum Namen und zum Geburtsdatum des Beschwerdeführers gelten ausschließlich zur Identifizierung der Person des Beschwerdeführers im Asylverfahren.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers, seiner Religions-zugehörigkeit, seinem Aufwachsen in Somalia, seinem Schulbesuch, seiner fehlenden Berufsausbildung sowie zu seiner Tätigkeit in Somalia ergeben sich aus seinen widerspruchsfreien und schlüssigen Angaben im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung.
Dass der Beschwerdeführer keine Kinder hat, mit römisch 40 traditionell verheiratet ist und diese dem Clan der Hawiye, Subclan römisch 40 , Subsubclan römisch 40 und in weiterer Abstufung schließlich den Abgal angehört ergibt sich aus seinen gleichgebliebenen Angaben bei der Erstbefragung (AS 1), bei der Einvernahme beim Bundesamt (AS 47f) und in der mündlichen Verhandlung (Verhandlungsprotokoll vom 02.08.2017, OZ 15, Sitzung 7, 14) sowie aus der Abstammungstabelle der somalischen Clans des UNHCR. Die erkennende Richterin hat keine Veranlassung, an diesen im gesamten Verfahren gleich gebliebenen Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.
Die Feststellungen zur Clanzugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich einerseits hinsichtlich des Sub- und Subsubclans des Beschwerdeführers aus seinen gleichgebliebenen Aussagen bei der Erstbefragung (AS 1), bei der Einvernahme beim Bundesamt (AS 48) und in der mündlichen Verhandlung (OZ 15, Sitzung 5) und andererseits aus der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Abstammungstabelle der somalischen Clans des UNHCR. Der Beschwerdeführer gab beim BFA nach der Clanstruktur befragt an, dass sein Clan unter den Hawiye komme, diese jedoch seinen Clan nicht akzeptieren würden, weil die meisten Angehörigen seines Clans Geschäftsleute sowie vermögend und handwerklich geschickt seien (AS 48). In der mündlichen Verhandlung jedoch führte der Beschwerdeführer diesbezüglich aus, dass der Hauptclan seines Clans die Gabooye seien und zählte die Clanstruktur mit weiteren Subclans auf. Auf seine Aussage beim Bundesamt hingewiesen, führte der Beschwerdeführer aus, dass er beim Bundesamt gefragt worden sei, ob sein Clan den Hawiye angehöre und er gesagt habe, dass sein Clan diesen ursprünglich angehört habe. Er sei nach seiner Stammeszugehörigkeit befragt worden. Er werde von Somaliern Bon genannt, was ein Schimpfwort in Somalia darstelle. Die Besonderheiten seines Clans seien, dass sie Töpfe, Geschirr, Besteck, Messer sowie Rollen und Kübel für Brunnen herstellen. Sie seien einfache Arbeiter. Darüber hinaus gebe es noch andere Dinge, die ihm jedoch gerade nicht einfallen (OZ 15, Sitzung 5f). Wie der Abstammungstabelle des UNHCR zu entnehmen ist, kann der Clan römisch 40 dem Hauptclan der Hawiye zugeordnet werden. Daraus ist auch ersichtlich, dass der Clan der Gabooye eine Minderheitengruppe darstellt, die keine entsprechende Clanhierarchie aufweist. Dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung plötzlich angibt, den Gabooye anzugehören und deren Clanstruktur aufzählt ist daher absolut nicht nachvollziehbar und mit den Länderfeststellungen nicht in Einklang zu bringen. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer beim Bundesamt auch die konkrete Frage, ob es richtig sei, dass seine Ehefrau, deren Brüder sowie der Richter und Staatsanwalt, die nach ihm suchen würden, und sein eigener Clan zu den Hawiye gehören, bejaht und ausgeführt, dass der Richter jedoch nicht glaube, dass er Hawiye sei. Zu der beim Bundesamt dem Beschwerdeführer gezeigten Clanstruktur aus der Staatendokumentation, die im Bescheid vom 03.10.2016 auszugsweise abgebildet ist und im Wesentlichen mit der Abstammungstabelle des UNHCR übereinstimmt, gab der Beschwerdeführer an, dass diese absolut richtig sei, aber keiner der "XXXX Leute" in der Polizei oder bei Gericht vertreten sei (AS 50). Dass der Beschwerdeführer nunmehr die Gabooye als seinen Hauptclan angibt, wertet die erkennende Richterin daher als Versuch seine Fluchtgeschichte plausibler darzustellen und somit als bloße Schutzbehauptung.
Die Feststellungen betreffend die Familienangehörigen ergeben sich aus den schlüssigen und mit den Länderberichten in Einklang stehenden Aussagen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung (OZ 15, Sitzung 8). Der Beschwerdeführer konnte aufgrund seiner gleichbleibenden Angaben im Verfahren auch glaubhaft machen, dass er regelmäßigen Kontakt zu seinen Familienangehörigen und seiner Frau hat (AS 47, 48; OZ 15, Sitzung 8, 14). Aufgrund des bestehenden Kontakts zu seinen Familienangehörigen konnte der Beschwerdeführer auch schlüssig angeben, dass seine Mutter, sein körperlich und geistig beeinträchtigter Bruder und die drei Kinder seiner verstorbenen Schwester nach wie vor in Somalia aufhältig sind und auf die Unterstützung durch das Flüchtlingslager angewiesen sind (OZ 15, Sitzung 8). Der Beschwerdeführer konnte aufgrund seines regelmäßigen Kontakts zu seinem Bruder in Saudi Arabien schlüssig angeben, dass sein Bruder dort nicht mehr für ein Bauunternehmen arbeitet, weil er aufgefordert worden ist Saudi Arabien zu verlassen, weshalb sein Bruder auch die finanzielle Unterstützung seiner Familie eingestellt hat (OZ 15, Sitzung 8).
Nicht festgestellt werden konnte hingegen, dass sich die Ehefrau des Beschwerdeführers in Kenia aufhält. In der Einvernahme beim Bundesamt gab der Beschwerdeführer an, dass er ca. am 17. Juni [Anm.
BVwG: wohl gemeint das Jahr 2016] mit seiner Ehefrau das letzte Mal telefoniert habe. Nachgefragt führte er aus, dass seiner Frau das Handy weggenommen worden sei, sie jedoch mit dem Telefon ihrer Schwägerin telefonieren habe können (AS 48). Während es beim Bundesamt noch den Eindruck machte als wohne die Ehefrau des Beschwerdeführers nach wie vor zuhause bei ihrer Familie, gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, dass seine Frau vor ihrer Familie nach Kenia geflüchtet sei. Bei der Frage, wie seine Frau jetzt in Kenia lebe, begann der Beschwerdeführer zu weinen und musste die Verhandlung unterbrochen werden (OZ 15, Sitzung 14). Der emotionale Ausbruch des Beschwerdeführers machte für die erkennende Richterin jedoch lediglich den Eindruck als wolle der Beschwerdeführer der Frage auszuweichen. Zudem scheint es dem Gericht unplausibel, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers auch zwei Jahre nachdem der Beschwerdeführer Somalia und somit auch seine Ehefrau verlassen hat, nach wie vor von ihrer Familie, insbesondere ihren Brüdern, "verfolgt" bzw. festgehalten wurde, sodass diese vor ihrer Familie flüchten habe müssen. Der Beschwerdeführer ist der Aufforderung der Brüder seiner Ehefrau, diese zu verlassen (AS 49; OZ 15, Sitzung 11), dadurch dass er aus Somalia ausgereist ist, ja nachgekommen. Ebenso unplausibel scheint, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers erst jetzt alleine flüchtet [Anm. BVwG: die Ehefrau muss offenbar irgendwann zwischen der Einvernahme beim Bundesamt am 21.07.2016 und der mündlichen Verhandlung am 02.08.2017, somit mindestens 1 ¿ Jahre nach der Ausreise des Beschwerdeführers, geflüchtet sein]. Befragt warum er nicht gemeinsam mit seiner Frau geflüchtet sei, gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung an, dass seine Frau von ihrer Familie im Haus festgehalten worden sei, als sie von der Beziehung erfahren haben (OZ 15, Sitzung 15 f). Dass der Beschwerdeführer jedoch nicht einmal versucht hat seine Frau zu befreien und mit ihr gemeinsam zu fliehen, sondern sie alleine zurücklässt, obwohl er doch befürchten muss, dass seiner Frau von ihrer Familie physische oder psychische Gewalt zugefügt werden wird, ist nicht nachvollziehbar. Aufgrund der unplausiblen Aussagen konnte daher nicht festgestellt werden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers nach Kenia geflüchtet ist und derzeit dort aufhältig ist.
Die Feststellungen zu den mittelmäßigen Deutschkenntnissen konnten von der Richterin getroffen werden, da der Beschwerdeführer die in der Verhandlung in Deutsch gestellten Fragen verstanden und auf Deutsch mittelmäßig beantwortet hat (OZ 15, Sitzung 9). Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer das römisch 40 und A2 erworben hat und seit römisch 40 einen Pflichtschulabschlusskurs, der im Juli 2018 abgeschlossen sein wird, basiert auf seiner Angabe sowie auf den im Verfahren vorgelegten Urkunden (römisch 40 ). Die Feststellungen zur Integration des Beschwerdeführers in Österreich basieren auf seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung sowie der dort vorgelegten Urkunde (OZ 15, Sitzung 9f; römisch 40 ).
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand gründen auf den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten ärztlichen Befundberichten
(römisch 40 ).
Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.
2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:
Im vorliegenden Verfahren hat der Beschwerdeführer nach seiner Erstbefragung in der Einvernahme vor dem Bundesamt die Gelegenheit gehabt, seine Gründe umfassend darzulegen. Der aufgrund dieser Befragung festgestellte Sachverhalt und die Beweiswürdigung finden ihren Niederschlag im angefochtenen Bescheid. In Anbetracht des vom Bundesamt durchgeführten Ermittlungsverfahrens sowie angesichts der mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts, hat dieses auch keine Bedenken gegen die (in der Bescheidbegründung zum Ausdruck kommende) Annahme des Bundesamtes, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat keine gezielte und auch keine konkrete Verfolgung drohen.
Soweit der Beschwerdeführer vorbrachte, ihm drohe Lebensgefahr durch staatliche Behörden und durch die Brüder seiner Ehefrau, weil er mit deren Schwester eine Ehe eingegangen sei und ihm nunmehr eine Unterstützung der Al Shabaab sowie die Begehung von Straftaten unterstellt werde, kommt seinem Vorbringen aus folgenden Gründen keine Glaubhaftigkeit zu:
Die zur Entscheidung berufene Richterin des Bundesverwaltungsgerichts geht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung und aufgrund ihres persönlichen Eindrucks des Beschwerdeführers davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Vorbringens keine Glaubwürdigkeit zukommt. Der Beschwerdeführer wurde zu Beginn der Verhandlung angehalten, sein Vorbringen gleichbleibend, konkret und nachvollziehbar zu gestalten. Diesen Anforderungen ist der Beschwerdeführer jedoch nicht gerecht worden. Obwohl der Beschwerdeführer ein ausführliches Vorbringen zu seiner Fluchtgeschichte erstattete, ist dieses sehr vage, wenig detailreich und sind in den wesentlichen Angaben des Beschwerdeführers betreffend seine Fluchtgeschichte auch erhebliche Ungereimtheiten und Widersprüche enthalten, die seine Angaben unglaubhaft scheinen lassen. Das Gericht verkennt zwar nicht, dass die behaupteten Vorfälle schon einige Zeit zurückliegen und deshalb Erinnerungslücken einer vollkommen detaillierten Erzählung entgegenstehen können. Dass der Beschwerdeführer die Ereignisse jedoch in einer derart oberflächlichen und unplausiblen Weise wie in der mündlichen Verhandlung schildern würde und er auch auf Nachfrage keine weiteren Details nennen konnte, wäre allerdings nicht anzunehmen, hätten sich die Ereignisse tatsächlich so zugetragen und wären sie von fluchtauslösender Intensität.
Das Hauptvorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung lautet zusammengefasst, dass der Beschwerdeführer eine Frau des Clans der Hawiye, des Subsubclans Abgal im Jänner 2014 heimlich geheiratet habe. Der Beschwerde-führer habe mit seiner Ehefrau beschlossen, dass sie nach einiger Zeit ihrer Familie von der Heirat erzählen, weshalb der Beschwerdeführer seinen Onkel Ende Oktober zu der Familie seiner Ehefrau geschickt habe um diese davon zu informieren. Der Onkel sei von der Familie der Ehefrau des Beschwerdeführers geschlagen und beleidigt worden. Die Brüder der Ehefrau des Beschwerdeführers seien nach der Mitteilung von der heimlichen Hochzeit zum Geschäft des Beschwerdeführers gefahren und hätten den Beschwerdeführer geohrfeigt, geschlagen (einer der Brüder mit einem Polizeistock), an den Haaren gezogen und ihm mit dem Tod gedroht. In derselben Nacht sei der Beschwerdeführer von dem Nachbar seines Geschäftslokals angerufen worden, der ihm mitgeteilt habe, dass sein Geschäft brenne. Der Beschwerdeführer habe daraufhin Mogadischu verlassen und sei nach römisch 40 zu Bekannten gegangen, wo er sich ca. ein Monat aufgehalten habe. Der Beschwerdeführer habe bei einer Besprechung die Situation mit der Familie seiner Ehefrau und die Möglichkeit sein Geschäft weiter zu betreiben, klären wollen um wieder in seinen Heimatbezirk zurückkehren zu können. Im Zuge dieser Besprechung sei ihm jedoch vorgeworfen die Al Shabaab zu unterstützen und Straftaten begangen zu haben. Der Beschwerdeführer habe daraufhin beschlossen Somalia zu verlassen, was er am 20.12.2014 getan habe.
Absolut nicht nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer von der Familie seiner Ehefrau nicht akzeptiert worden sein soll. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer befragt, warum die Familie seiner Frau ihn nicht akzeptiere, an, dass viele Somalier an die (schlechte) Tradition glauben würden und ihre Familie daher glaube, dass er minderwertig sei und nicht zu seiner Frau passe. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, dass sie ihn wegen seiner Stammeszugehörigkeit nicht akzeptieren und ihn als "schlechten Midgan" bezeichnet hätten. Er gehöre einem Stamm an, der nicht gleich geehrt wird, weshalb er aus Sicht der Brüder seiner Ehefrau nicht zu deren Schwester passe (OZ 15; Sitzung 13 f). Wie bereits festgestellt und unter Punkt römisch II.2.1. ausgeführt wurde, gehört der Beschwerdeführer ebenso wie seine Ehefrau und deren Familienangehörigen dem Clan der Hawiye und dem Subclan römisch 40 an. Der Beschwerdeführer hat daher lediglich eine andere Subsubclanzugehörigkeit als seine Ehefrau und deren Familie. Dass der Beschwerdeführer daher angegeben hat einer Minderheit anzugehören, die als minderwertig angesehen werde, ist daher absolut nicht nachvollziehbar und auch mit den Länderfeststellungen nicht in Einklang zu bringen, wonach die Hawiye einen der vier größten Clans in Somalia darstellen vergleiche Punkt römisch II.1.3.1.). Weiters ist den Länderfeststellungen zwar zu entnehmen, dass es ein weitverbreitetes gesellschaftliches Verbot von Mischehen zwischen Mitgliedern von Mehrheitsclans und Minderheiten gebe vergleiche Punkt römisch II.1.3.2.). Da jedoch sowohl der Sub(sub)clan des Beschwerde-führers als auch der seiner Ehefrau und deren Familie auf die Clanfamilie der Hawiye zurückgehen, liegt keine Mischehe zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau vor. Dass der Beschwerdeführer nicht von der Familie seiner Ehefrau, insbesondere ihren Brüdern akzeptiert werde, ist daher absolut nicht nachvollziehbar und steht im Widerspruch zu den Länderberichten (siehe Punkt römisch II.1.3.1. und römisch II.1.3.2.)
Nicht nachvollziehbar ist auch, dass der Beschwerdeführer, obwohl er und seine Ehefrau davon ausgegangen seien, dass der Beschwerdeführer von der Familie seiner Ehefrau nicht akzeptiert werde und sie daher wegen ihrer Beziehung Probleme bekommen würden, dennoch heimlich geheiratet haben. So gab der Beschwerdeführer beim Bundesamt an, dass die Hochzeit geheim gewesen sei, weil seine Ehefrau gewusst habe, dass sie beide Probleme bekommen würden (AS 47). Nicht nachvollziehbar ist vor diesem Hintergrund auch, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau sich vor ihrer geheimen Hochzeit öffentlich in der Stadt getroffen haben und zusammen ins Restaurant gegangen sind (OZ 15, Sitzung 13), obwohl doch die Familie seiner Ehefrau im selben Bezirk wie der Beschwerdeführer gewohnt hat (AS 47, OZ 15, Sitzung 12) und sie daher leicht hätten antreffen können. Darüber hinaus hätten sie auch Bekannte oder Nachbarn sehen und der Familie seiner Ehefrau davon berichten können. Es ist daher nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau sich zwar öffentlich getroffen haben, ihre Beziehung und Hochzeit jedoch aus Angst vor Problemen mit der Familie der Ehefrau des Beschwerdeführers geheim gehalten haben.
Völlig unplausibel ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau, die ja davon ausgegangen seien, dass der Beschwerdeführer von der Familie seiner Ehefrau nicht akzeptiert werde (AS 47; OZ 15, Sitzung 13) und deshalb auch die Umstände einer heimlichen Beziehung und geheimen Hochzeit auf sich genommen haben, dann trotzdem von sich aus der Familie der Ehefrau des Beschwerdeführers von der geheimen Hochzeit erzählt haben (OZ 15, Sitzung 11). Befragt, warum er der Familie seiner Ehefrau von der Hochzeit erzählt habe, gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung lediglich an, dass ihm seine Ehefrau gesagt habe, dass er, wenn er dann dazu bereit sei, es ihrer Familie mitteilen solle. Er habe es ihrer Familie bisher nicht mitgeteilt, weil er Angst vor ihren Familienangehörigen gehabt habe. Er habe seiner Frau am Anfang ihrer Beziehung auch gesagt, dass es nur Zeitverschwendung wäre, weil ihre Familie ihn nicht akzeptiere. Seine Ehefrau habe ihm dann jedoch mitgeteilt, dass ihre Eltern verstorben seien und sie nunmehr von ihren Brüdern versorgt werde, die die Hochzeit akzeptieren würden, weil sie ja bereits verheiratet seien (OZ 15, Sitzung 13). Dies ist insofern nicht nachvollziehbar, weil der Beschwerdeführer bei der Einvernahme beim Bundesamt angegeben hat, dass die Familie seiner Ehefrau sehr streng sei (AS 47). Dem Beschwerdeführer und insbesondere seiner Ehefrau hätte daher bewusst sein müssen, dass die Brüder seiner Ehefrau streng traditionell von den Eltern seiner Ehefrau erzogen worden seien, so dass sie auch davon ausgehen hätten müssen, dass auch die Brüder seiner Ehefrau den Beschwerdeführer nicht akzeptieren werden.
Nicht nachvollziehbar ist – wie unter Punkt römisch II.2.1. bereits ausgeführt-, dass der Beschwerdeführer alleine aus Somalia geflüchtet ist, obwohl doch seine Ehefrau von ihren Brüdern zuhause festgehalten worden sei (OZ 15, Sitzung 15 f).
Der Beschwerdeführer schilderte den Vorfall bei dem er von den Brüdern seiner Ehefrau körperlich attackiert worden sei, beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung so, dass er von den Brüdern seiner Frau aufgefordert worden sei aus seinem Geschäft herauszukommen (AS 49, OZ 15, Sitzung 11). Unplausibel scheint in diesem Zusammenhang jedoch, dass dem Beschwerdeführer, der öffentlich auf der Straße geschlagen worden sei, so dass dieser sogar zu Boden gefallen sei (AS 49, OZ 15, Sitzung 11), niemand zu Hilfe gekommen ist. Unplausibel scheint auch, dass der Beschwerdeführer, obwohl er doch gemerkt haben muss, dass die Brüder seiner Frau aufgebracht gewesen sind und ihm nichts Gutes wollen, dennoch der Aufforderung aus seinem Geschäft herauszukommen, nachgekommen ist. Der Beschwerdeführer sei zwar noch nicht von seinem Onkel über den Verlauf des Gesprächs mit der Familie seiner Ehefrau informiert gewesen (OZ 15, Sitzung 11), er habe jedoch gewusst, dass sein Onkel ihnen von der geheimen Hochzeit erzählen werde. Dem Beschwerdeführer habe daher bewusst sein müssen, dass es nichts Gutes verheiße, wenn die Brüder seiner Ehefrau plötzlich vor seinem Geschäft auftauchen und ihn auffordern aus dem Geschäft zu treten.
Aufgrund der derart unplausiblen, unschlüssigen und zu den Länderberichten widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer von den Brüdern seiner Ehefrau oder von anderen Familienangehörigen seiner Ehefrau konkret und individuell mit dem Tod oder der Ausübung von physischer oder psychischer Gewalt bedroht und von diesen körperlich attackiert und ein Finger gebrochen worden ist.
Der Beschwerdeführer stützt das Vorbringen bezüglich der Brandstiftung seines Geschäfts auf lediglich vage Mutmaßungen und Spekulationen. Dies gilt insbesondere für die Zuordnung der angeblichen Täter zu den Brüdern seiner Ehefrau. Der Beschwerdeführer gab in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich befragt an, dass sicher die Brüder seiner Frau sein Geschäft angezündet haben, weil "das Ganze" zur gleichen Zeit passiert sei. Nachgefragt führte der Beschwerdeführer aus, dass er am selben Abend [Anm. BVwG: von den Brüdern seiner Frau] geschlagen worden sei und er deshalb weil ihm sein Arm so wehgetan habe, nach Hause gegangen sei. Normalerweise schlafe der Beschwerdeführer in seinem Geschäft um auf sein Geschäft aufzupassen, was auch bei anderen Geschäftsleuten üblich sei. Er habe den Verdacht gehabt, dass die Brüder seiner Frau dahinterstecken, seine Frau habe ihm dies später auch bestätigt (OZ 15, Sitzung 16). Es fällt auf, dass der Beschwerdeführer sein diesbezügliches Vorbringen lediglich auf die Angaben seines Geschäftsnachbarn und seiner Frau stützt. So habe er von seinem Geschäftsnachbarn vom Brand seines Geschäftes erfahren, der ihm auch erzählt habe, dass das Feuer aus einem Auto heraus gelegt worden sei (AS 49, OZ 15, Sitzung 11). Der Beschwerdeführer selbst habe die Täter daher gar nicht sehen, geschweige denn erkennen können. Unplausibel scheint auch, dass sein Nachbar erkennen habe können, wer in dem Auto sitzt, weil der Vorfall in der Nacht stattgefunden habe (AS 49, OZ 15, Sitzung 11). Dass es sich bei den Tätern um die Brüder seiner Ehefrau handle, ist daher eine reine Vermutung des Beschwerdeführers. Sofern der Beschwerdeführer ausführte, dass seine Frau ihm dies später bestätigte (OZ 15, Sitzung 16), ist dies insofern nicht nachvollziehbar, weil seine Frau bei dem Vorfall ebenfalls nicht dabei gewesen sei. Dass die Brüder der Ehefrau des Beschwerdeführers ihrer Schwester gegenüber die Brandstiftung gestehen, scheint ebenso unplausibel, weil ihnen doch klar sein musste, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers ihrem Mann davon erzählen werde.
Aufgrund der vagen Angaben des Beschwerdeführers, die sich lediglich auf Mutmaßungen und Spekulationen stützen, ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass die Brüder der Ehefrau des Beschwerdeführers oder sonstige Familienangehörige seiner Ehefrau das Geschäft des Beschwerdeführers in Mogadischu in Brand gesteckt haben.
Der Beschwerdeführer gab beim Bundesamt an, dass er nachdem er sich ca. ein Monat bei einer bekannten Familie in römisch 40 versteckt habe, wieder zurück [Anm. BVwG: nach Mogadischu] gehen habe wollen um sein Geschäft wieder zu eröffnen und mit den Brüdern seiner Frau zu reden. Es habe dann jedoch eine Versammlung der Geschäftsleute gegeben, an der neben den Geschäftsleuten auch sein Onkel und der Älteste seines Clans teil-genommen haben, die bei dieser Versammlung die Probleme des Beschwerdeführers besprechen haben wollen. Der Onkel des Beschwerdeführers und der Älteste seines Clans seien jedoch aus der Versammlung geschmissen worden. Seit der Versammlung werde dem Beschwerdeführer unterstellt die Al Shabaab zu unterstützen und Leute im Auftrag der Al Shabaab ermordet zu haben (AS 49, 51). In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer an, dass ein Stammesangehöriger, der für Sicherheit sorge, die Geschäftsleute sowie der Onkel des Beschwerdeführers zusammengekommen seien, um mit der Familie seiner Frau zu reden. Es sei um die Streitschlichtung gegangen und darum, dass er sein Geschäft weiterbetreiben könne. Ausdrücklich danach befragt, wer bei dieser Besprechung anwesend gewesen sei, nannte der Beschwerdeführer seinen Onkel, den "Sicherheitssorger" seines Stammes, die Marktleute und die Geschäftsleute seiner Nachbargeschäfte (OZ 15, Sitzung 11 f). Nicht nachvollziehbar ist, warum der Vorfall mit den Brüdern seiner Ehefrau im Beisein der Geschäftsleute besprochen worden sei, weil es sich doch um eine private Angelegenheit zwischen dem Beschwerdeführer und der Familie seiner Frau gehandelt habe.
Der Beschwerdeführer führte in der mündlichen Verhandlung weiter aus, dass ihm die Brüder seiner Ehefrau unterstellt hätten, dass er die Al Shabaab unterstütze und Straftaten begangen habe und man ihn daher vor Gericht bringen solle (OZ 15, Sitzung 12). Sie hätten Sicherheitskräften, die bei der Besprechung dabei gewesen seien, gesagt, dass sie Beweise dafür hätten. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, dass dies damals als er das mit der Familie seiner Ehefrau besprechen habe wollen, stattgefunden habe. Die Brüder seiner Frau seien damals auch anwesend gewesen, für ihn hätten aber andere gesprochen, denn er sei nicht dort gewesen. Darauf aufmerksam gemacht, dass er auf die ausdrückliche Frage nach den Anwesenden bei der Besprechung, die Brüder seiner Ehefrau oder sonstige Familien-angehörige seiner Frau nicht erwähnt habe (OZ 15, Sitzung 14), gab der Beschwerdeführer äußerst widersprüchlich und wirr an: "Das waren die Leute, die für mich gesprochen haben. Sie haben das andere mit den Brüdern besprochen. Das waren Leute, die für mich gesprochen haben, es gab auch Leute die dazwischen waren." (OZ 15, Sitzung 15). Der Beschwerdeführer hat nicht nur die Brüder seiner Ehefrau, sondern auch die Sicherheitskräfte, die ebenfalls bei der Besprechung dabei gewesen seien sollen, bei der Aufzählung der anwesenden Personen bei der Besprechung nicht erwähnt. Auch den Vorfall, wonach der Onkel des Beschwerdeführers sowie der Älteste bzw. "Sicherheitssorger" seines Clans aus der Versammlung geworfen worden seien, hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgebracht. Aufgrund der in sich widersprüchlichen, vagen und wirren Aussage des Beschwerdeführers, ist nicht davon auszugehen, dass es sich um einen Vorfall handelt, der tatsächlich so stattgefunden hat.
In diesem Zusammenhang fällt auch auf, dass der Beschwerdeführer seine angebliche Verfolgung durch staatliche Behörden wegen einer unterstellten Unterstützung der Al Shabaab auf lediglich vage Mutmaßungen und Spekulationen stützt. So gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung befragt, ob ihm jemals persönlich von einem Regierungsmitglied oder der Polizei vorgeworfen worden sei ein Sympathisant der Al Shabaab zu sein an, dass die Brüder seiner Frau ihm dies vorgeworfen hätten (OZ 15, Sitzung 14). Ein Richter habe auch einen Beschluss geschrieben, aufgrund dessen nach ihm gesucht werde und er vor Gericht kommen werde. Nachgefragt führte der Beschwerdeführer aus, dass dieser Beschluss nicht zu ihm nach Hause gebracht worden sei, aber die Brüder seiner Frau dies gesagt hätten. Die Frage, ob er diesen Beschluss gesehen habe, verneinte der Beschwerdeführer und gab an geflüchtet zu sein um sein Leben zu retten (OZ 15, Sitzung 15). Der Beschwerdeführer hat daher weder den Beschluss aufgrund dessen nach ihm gesucht werde persönlich gesehen noch direkte Wahrnehmungen zu den Vorwürfen der Brüder seiner Ehefrau, da er bei der angeblichen Besprechung nicht anwesend gewesen ist. Der Beschwerdeführer stützt daher die Vorwürfe seitens staatlicher Behörden und der Brüder seiner Ehefrau lediglich auf die Erzählungen seines Onkels und des Ältesten bzw. "Sicherheitssorger" seines Clans, wobei auch diesbezüglich fraglich ist, inwieweit diese direkte Wahrnehmungen zu den Vorwürfen seitens der staatlichen Behörden und der Brüder der Ehefrau des Beschwerdeführers haben, weil sie doch aus der Versammlung geworfen worden seien (AS 49). Dass dem Beschwerdeführer eine Unterstützung der Al Shabaab und Straftaten seitens staatlicher Behörden sowie der Brüder seiner Ehefrau unterstellt werden und nach ihm mittels Beschluss gesucht werde, ist daher eine reine Vermutung des Beschwerdeführers, seines Onkels und dem Ältesten bzw. "Sicherheitssorger" seines Clans.
Die Ausführungen zu den entsprechenden Aufenthaltsorten des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung sind sehr vage. So gab der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung zunächst an, dass der Vorfall bei dem er von den Brüdern seiner Ehefrau geschlagen worden sei Ende Oktober stattgefunden habe. Im November sei er mit den Besprechungsvorbereitungen, wie er sein Geschäft weiterbetreiben könne, beschäftigt gewesen. Ende November habe seine Mutter und sein Bruder beschlossen, dass er Somalia verlassen solle. Am 20.12.2014 sei der Beschwerdeführer dann aus Somalia ausgereist (OZ 15, Sitzung 12). Befragt, wo er sich zwischen Oktober 2014 und 20.12.2014 aufgehalten habe, gab der Beschwerdeführer an, zuerst ca. ein Monat in römisch 40 gewesen zu sein und sich dann woanders versteckt zu haben. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht genau wisse von wann bis wann er wo gewesen sei, aber Ende Oktober sei er nach Gubadley gegangen bis Ende November sei er dort gewesen als ihm seine Familie geraten habe Somalia zu verlassen. Danach habe ihn der Schlepper in einem Haus versteckt (OZ 15, Sitzung 15). Nicht nachvollziehbar ist, dass der Beschwerdeführer nicht sagen kann, wo er sich nach Gubadley versteckt habe. Selbst wenn der Schlepper das Haus in dem er sich versteckt habe, organisiert habe, ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer den Schlepper nicht einmal nach seinem Aufenthaltsort gefragt habe. Ebenso unplausibel ist, dass der Beschwerdeführer nicht sagen kann wie lange er sich in dem Haus des Schleppers aufgehalten habe, aber das genaue Datum seiner Ausreise benennen kann.
Aufgrund der derart vage, widersprüchlichen und lediglich auf Mutmaßungen gestützten Aussagen des Beschwerdeführers, konnte er nicht glaubhaft machen, dass er aufgrund einer unterstellten Mitgliedschaft zur Al Shabaab von staatlichen Behörden oder Familien-angehörigen seiner Ehefrau verfolgt wird.
Aufgrund der daher insgesamt nicht glaubhaften Aussagen des Beschwerdeführers konnte auch nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Somalia Lebensgefahr oder ein Eingriff in seine körperliche Integrität durch Angehörige seiner Ehefrau oder staatliche Behörden droht.
2.3. Zu den Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat:
Das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation betreffend Somalia vom 25.04.2016, zuletzt aktualisiert am 13.02.2017, wurde dem Beschwerdeführer bereits mit der Ladung übermittelt. In der Verhandlung wurden dem Beschwerdeführer die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 07.06.2017 betreffend die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln in Mogadischu, die ACCORD-Anfragebeantwortung vom 05.03.2015 betreffend Mischehen, die Country Policy and Information Note Somalia des Home Office von Juni 2017, der Country Marriage Pack des Refugee Documentation Centre von April 2015 sowie die Genealogical Table of Somali Clans des UNHCR ausgehändigt. Dem Beschwerdeführer wurde die Bedeutung dieser Berichte erklärt, insbesondere, dass aufgrund dieser Berichte die Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat getroffen werden, sowie deren Zustandekommen. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers hat dazu in der mündlichen Verhandlung ein mündliches Vorbringen erstattet, worin er den Länderfeststellungen nicht substantiiert entgegen getreten ist.
Die Feststelllungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat, welche dem Beschwerdeführer im Rahmen der Ladung und in der mündlichen Verhandlung vorgelegt und denen in weiterer Folge nicht substantiiert entgegengetreten wurde, stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nichtregierungsoffiziellen Stellen beruhen, und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A) Spruchpunkt römisch eins.:
3.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberichtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht (vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG, die auf Artikel 9, der Statusrichtlinie verweist).
Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder der staatenlos ist, sich außerhalb des Landes eines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
3.1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zentraler Aspekt der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK definierten Verfolgung im Herkunftsstaat die wohl begründete Furcht davor. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgungsstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht drauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Zumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohl begründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht vergleiche etwa VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt einer von Privatpersonen bzw. privaten Gruppierungen ausgehenden Verfolgung nur dann Asylrelevanz zu, wenn der Staat nicht gewillt und nicht in der Lage ist, diese Verfolgungshandlungen hintan zu halten. Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Entscheidend für die Frage, ob eine ausreichend funktionierende Staatsgewalt besteht, ist vielmehr, ob für einen von dritter Seite aus den in der GFK genannten Gründen Verfolgten trotz staatlichen Schutz der Eintritt eines – asylrelevant Intensität erreichenden – Nachteils aus dieser Verfolgung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist vergleiche VwGH 13.11.20008, 2006/01/0191, mwN).
3.1.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der Beschwerdeführer die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit seiner Mitwirkung, d.h. er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG, Paragraph 45,, RZ 3, mit Literaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" begründete Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und der Glaubwürdigkeit der hierzu geeigneten Beweismittel insbesondere diesen Feststellungen zu Grunde liegenden vorbringend Asylwerbers voraus vergleiche VwGH 19.3.1997, 95/0 1/0466) zu. Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).
3.1.4. Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK genannten Gründen habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
3.1.5. Wie bereits in der Beweiswürdigung unter Punkt römisch II.2.2. dargestellt, mangelt es den vorgebrachten Fluchtgründen des Beschwerdeführers an der erforderlichen Glaubhaftigkeit, weshalb es ihm nicht gelungen ist, eine konkrete und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursachen in einem der in der GFK genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.
Auch die Durchsicht der aktuellen Länderberichte zur Herkunftsregion des Beschwerdeführers erlaubt es nicht anzunehmen, dass gegenständlich sonstige mögliche Gründe für die Befürchtung einer entsprechenden Verfolgungsgefahr vorliegen.
Mangels Bestehen einer aktuellen maßgeblich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr aus einem der Gründe, die in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK aufgezählt sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides daher in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.2. Zu A) Spruchpunkt römisch II. und römisch III.:
3.2.1. Wird ein Antrag auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, so ist dem Fremden gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005) offen steht. Dies ist gem. Paragraph 11, Absatz eins, AsylG dann der Fall, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann. Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz eins, AsylG) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände des Asylwerbers zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (Paragraph 11, Absatz 2, leg. cit.).
3.2.2. Gemäß Artikel 2, EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3, EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Die Protokolle Nr. 6 und Nr. 13 zur Konvention betreffen die Abschaffung der Todesstrafe.
3.2.3. Paragraph 8, Absatz eins, AsylG beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Herkunftsstaat des Antragstellers. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen Paragraph 57, FrG - welche in wesentlichen Teilen auf Paragraph 8, Absatz eins, AsylG zu übertragen sein wird - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Fremden betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (z.B. VwGH 26.06.1997, Zl. 95/21/0294, VwGH 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438, VwGH 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
3.2.4. Anwendung der Rechtsgrundlagen auf die gegenständliche Beschwerde:
Die aktuellen Länderinformationen zeigen eine äußerst prekäre Versorgungssituation in Süd- und Zentralsomalia auf, die sich noch nicht entspannt hat. Von den Auswirkungen der Dürre und der Nahrungsversorgungsunsicherheit ist auch Mogadischu betroffen, wo täglich viele Menschen eintreffen, die der anhaltenden Dürre entfliehen wollen vergleiche Punkt römisch II.1.3.3.).
Der Beschwerdeführer verfügt nach den Feststellungen zwar noch über seine Mutter, seinen körperlich und geistig behinderten Bruder und seine Nichten und Neffen in Somalia, zu denen er auch regelmäßig Kontakt hat. Seine Familienangehörigen leben derzeit jedoch in einem IDP Lager in Somalia und sind auf Unterstützung angewiesen. Der Bruder des Beschwerdeführers in Saudi Arabien hat die finanzielle Unterstützung der Familie eingestellt. Es ist daher nicht zu erwarten, dass die Familienangehörigen des Beschwerdeführers sowohl sich als auch den Beschwerdeführer während der Dürrekatastrophe erhalten könnten, zumal die Familie selbst auf Unterstützung durch das IDP Lager angewiesen ist. Eine Möglichkeit der Versorgung betreffend grundlegende Bedürfnisse durch die Familie ist daher nicht ausreichend gesichert. Der Beschwerdeführer liefe daher Gefahr grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten.
3.2.5. Eine innerstaatliche Fluchtalternative, z.B. in den Süden oder Norden des Landes, erschließt sich gegenständlich nicht: zum einen betrifft die schwierige Versorgungssituation aufgrund von Dürre alle Teile des Landes. Zum anderen, gehen die oben unter Punkt römisch II.1.3. angeführten Länderberichte davon aus, dass für eine erfolgreiche Ansiedlung in einem anderen Teil Somalias Unterstützung durch die Kernfamilie oder durch den Clan notwendig ist. Beides lässt sich im gegenständlichen Fall nicht annehmen, da der Beschwerdeführer über keine weiteren Verwandten in Somalia verfügt.
3.2.6. Dem Beschwerdeführer würde daher in Zusammenschau aller Faktoren im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland Somalia die reale Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung drohen, wobei eine innerstaatliche Fluchtalternative aus den dargelegten Erwägungen nicht in Betracht kommt. Es ist damit dargetan, dass seine Abschiebung eine Verletzung in seinen Rechten nach Artikel 3, EMRK darstellen würde.
3.2.7. Ausschlussgründe nach Paragraph 8, Absatz 3 a, in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2, AsylG liegen nicht vor, weil sie einerseits nicht hervorgekommen sind (Ziffer eins und Ziffer 2,) und der Beschwerdeführer andererseits unbescholten ist (Ziffer 3,).
3.2.8. Daher war der Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides stattzugeben und dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf Somalia zuzuerkennen.
Gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG war dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung für die Dauer eines Jahres zu erteilen.
3.3. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor, zumal der vorliegende Fall vor allem im Bereich der Tatsachenfragen anzusiedeln ist. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist dies nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
ECLI:AT:BVWG:2017:W252.2137904.1.00