Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

29.09.2017

Geschäftszahl

W148 2131949-1

Spruch

W148 2131949-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Stefan KEZNICKL als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn römisch XXXX, geboren am römisch XXXX, Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Christian Schmaus, 1060 Wien, vom 29.07.2016 gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.07.2016, Zl. römisch XXXX zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang und Sachverhalt:

römisch eins.1. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (in weiter Folge auch: "BF") hat nach schlepperunterstützter und unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am römisch XXXX den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 24 aus 2016,, gestellt.

2. Am selben Tag fand vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes die niederschriftliche Erstbefragung des Beschwerdeführers statt, bei der er zu seinem Fluchtgrund befragt vorbrachte, dass er in Afghanistan etwas Englisch gelernt habe, da in ihrer Nachbarschaft Amerikaner gewohnt hätten. Er hätte für diese Amerikaner als Hilfsarbeiter gearbeitet und so etwas Geld verdient. Auch einer seiner Freunde hätte für diese Amerikaner gearbeitet. Eines Tages sei sein Freund von irgendwelchen Leuten umgebracht worden. Er wisse nicht welche Leute das gewesen seien, aber er glaube es seien Taliban gewesen. Sein Vater hätte dann gefürchtet, dass auch ihm etwas zustoßen könne, daher hätte sein Vater entschieden, dass er das Land verlassen und sein Leben retten solle. Er habe Angst, dass ihn die Leute, die seinen Freund umgebracht hätten, auch umbringen, wenn er zurück nach Afghanistan gehe.

3. Bei seiner Einvernahme am 17.05.2016 gab der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, Außenstelle St. Pölten, (in Folge: BFA), im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Dari an, dass seine bisherigen Angaben im Verfahren der Wahrheit entsprächen, nur der angeführte Bruder römisch XXXX sei ein Cousin, er hätte einen Bruder, römisch XXXX, der in Graz wohne. Weiters führte er an, Angehöriger der Volksgruppe der römisch XXXX und sunnitischer Moslem zu sein. Zu seinem Vater befragt, gab er an, dass er seit fünf bis sechs Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm hätte und nicht wisse wo er wohne oder was er mache.

Zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass die Taliban ihn wegen seinem Bruder aufgesucht hätten und immer wieder gefragt hätten, wo er wohne. Da die Taliban erfahren hätten, dass er Englisch sprechen hätte können und eine staatliche Arbeit hätte wollen, hätten sie ihn oft belästigt. Der Sohn seines Onkels hätte einen Sohn gehabt, welcher eine staatliche Stelle gehabt hätte und von den Taliban getötet worden sei. Er selber hätte nicht für den Staat gearbeitet. Er hat auch für niemanden beruflich gedolmetscht. Er habe nur gelegentlich für Amerikaner, wenn sie bei ihnen in der Region gewesen seien und nach einem Anschlag Hausdurchsuchungen gemacht hätten gedolmetscht. Er hätte dies nicht gegen Bezahlung gemacht, manchmal hätte er eine Schokolade bekommen. Zum konkreten Anlass für das Verlassen seines Herkunftsstaates befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er viel und oft wegen seinem Bruder gefragt worden sei und weil er Englisch könne und eine staatliche Stelle gewollt hätte. Deswegen hätten sie ihn oft darauf angesprochen und befragt, manchmal hätten sie ihn auch mit einem Messer bedroht. Er sei fünf bis sechsmal mit dem Messer bedroht worden, zuletzt im November 2015. Sein Bruder hätte in einem Musikgeschäft gearbeitet und die Taliban hätten gemeint, dass das im Islam verboten sei. Sie hätten seinen Bruder schriftlich und mündlich gewarnt. Sein Bruder habe Afghanistan 2010 oder 2011 verlassen. Zu einer persönlichen Bedrohung befragt gab der Beschwerdeführer an, dass er einmal mit einer Kalaschnikow bedroht worden sei. Er sei zu Hause, am häufigsten letztes Jahr bedroht worden. Anfangs sei er mehrmals mündlich, später mit Waffe und Messer bedroht worden und sie hätten gesagt sie würden ihn töten. Dazu ersucht die Vorfälle konkreter zu beschreiben gab er an, dass sie am Abend bei ihnen vor der Tür gewesen seien und gerufen hätten "Komm heraus!" und wenn er rausgegangen sei hätten sie mit ihm auf bedrohliche Art gesprochen und sie hätten ihn nach seinem Bruder gefragt und wissen wollen, warum er Englisch könne und dass er keine staatliche Stelle annehmen solle. Nach seinen Befürchtungen bei einer Rückkehr nach Afghanistan befragt gab der Beschwerdeführer an, dass sein Leben in Gefahr sei, weil manche seiner Freunde, die für den Staat gearbeitet hätten von den Taliban getötet worden seien. Wenn er nach Afghanistan reise, würden sie wieder zu ihm kommen und nach seinem Bruder fragen und all das.

4. Das BFA hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.07.2016, Zl. römisch XXXX, den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 (Spruchpunkt römisch eins.), als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-Verfahrensgesetz, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 87 aus 2012, (BFA-VG) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015,,wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, Fremdenpolizeigesetz 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, (FPG) in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 70 aus 2015, erlassen. Es wurde gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt römisch III.) und dass gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für seine freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt römisch IV.).

Die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten begründete das BFA im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer im Zuge seiner Befragungen unterschiedliche, gesteigerte und unplausibel und sohin unglaubwürdige Angaben bezüglich seines vermeintlichen Fluchtgrundes gemacht hätte. Einerseits seien seine Angaben bezüglich seiner Beschäftigung, seiner Dolmetschertätigkeit, der Bedrohungshandlungen durch die Taliban und der angeblich von Taliban ermordeten Personen in seinem Nahbereich auf Grund der maßgeblichen inhaltlichen Steigerung unglaubwürdig andererseits sei es auch gänzlich unplausibel und sohin unglaubwürdig, wenn er dennoch, obwohl er aussagekonform und glaubhaft einen Arbeitsplatz als Verkäufer inne gehabt habe, der ihm ein durchschnittliches Salär eingetragen habe, trotz der mutmaßlichen zahlreichen Todesfälle aus seinem familiären und sozialen Nahbereich auf Grund staatlicher Arbeitsstellen dennoch eine staatliche Arbeitsstelle angestrebt hätte. Unglaubwürdig, da im Verhältnis zu seiner Erstbefragung gesteigert und unplausibel auf Grund der zeitlichen Distanz sei auch seine behauptete Bedrohung durch die Taliban wegen seines Bruders, welcher ein Musikgeschäft in Logar (Provinz) betrieben haben soll und aussagekonform bereit 2010 oder 2011 Afghanistan verlassen habe. Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers sei auch unglaubwürdig, weil er mehrfach nach konkreten Situationen solcher behaupteter Bedrohungen befragt, lediglich allgemeine stereotype Antworten gebe. Die inhaltliche Qualität seiner Aussagen bezüglich der Bedrohungen, dass er von den Taliban "gefragt", "darauf angesprochen", bzw. "belästigt" worden wäre, seien nicht geeignet, eine hinreichende Intensität einer GFK-relevanten Bedrohung glaubhaft zu machen. Seine erst spät im Verfahrensverlauf vorgebrachten Behauptungen, dass er persönlich von den Taliban mehrfach, mündlich und mit Waffen bedroht worden sei, seien eine maßgebliche Steigerung, da er dies in seiner Erstbefragung auch nicht einmal ansatzweise erwähnt habe, und somit unglaubwürdig. Der Beschwerdeführer habe daher keinerlei staatliche oder sonstige Verfolgung oder Bedrohung seiner Person ansatzweise glaubhaft geltend gemacht. Der Beschwerdeführer sei jung, gesund, arbeitsfähig und arbeitswillig, verfüge über Berufserfahrung und sei bis unmittelbar vor seiner Ausreise arbeitstätig gewesen. Er erwirtschaftete sich seinen Lebensunterhalt selbst und es sei sohin auch davon auszugehen, dass er hierzu im Rückkehrfall auch wieder in der Lage sein werde. Er verfüge über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat, einerseits in seinem Heimatort (Eltern, Geschwister, Onkel mit Familie), andererseits auch in Kabul (Tante mit Familie) und es sei davon auszugehen, dass er im Rückkehrfall nicht ohne familiäre Unterstützung sein werde. Dem Beschwerdeführer sei es möglich und zumutbar seinen Heimatort via Flug nach Kabul und anschließender Autofahrt zu erreichen. Alternativ sei es ihm auch möglich und zumutbar bei seiner Tante in Kabul Aufenthalt und Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Zuletzt kam das BFA zu dem Schluss, dass die Rückkehrentscheidung zulässig sei.

5. Mit Verfahrensanordnung gemäß Paragraph 63, Absatz 2, AVG, Bundesgesetzblatt Nr. 51 aus 1991, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 161 aus 2013,, (in der Folge: AVG) vom 20.07.2016 wurde dem Beschwerdeführer gemäß Paragraph 52, Absatz eins, BFA-VG der Verein Menschenrechte Österreich als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

6. Gegen den angefochtenen Bescheid wurde mit 29.07.2016 beim BFA Beschwerde eingebracht, welche durch den Verein Menschenrecht Österreich versendet wurde. Der Bescheid werde wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Rechtswidrigkeit des Inhaltes bekämpft. Die Behörde hätte dem Beschwerdeführer Widersprüche zwischen der Erstbefragung und der Einvernahme vorgeworfen, die die Unglaubwürdigkeit seiner Aussagen verursacht hätten. Dazu wurde auf Paragraph 19, Absatz eins, AsylG verwiesen, nachdem die Erstbefragung insbesondere der Ermittlung der Identität und der Reiseroute des Fremden diene und sich nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hätte. Er hätte sich darauf verlassen und daher seine Fluchtgründe nur kurz umrissen. Außerdem habe der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Einvernahme Verständnisprobleme mit der iranischen Dolmetscherin gehabt. Zusätzlich wurden Berichte zur Sicherheitslage in Afghanistan zitiert.

7. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 08.08.2016 vom BFA vorgelegt. Gleichzeitig teilte das BFA mit, dass es auf die Durchführung und Teilnahme an einer mündlichen Beschwerdeverhandlung verzichte.

8. Am 22.11.2016 langte beim BVwG die Vollmachtsbekanntgabe an den Rechtsanwalt Dr. Christian Schmaus, 1060 Wien ein.

9. Am 26.05.2017 langte beim BVwG eine Stellungnahme des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers zum Verfahrensstand ein. Darin wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe, der der Familie, sowie auf Grund einer (zumindest) unterstellten politischen Gesinnung und seiner westlichen Orientierung Opfer von asylrelevanter Verfolgung in Afghanistan geworden sei und dies auch in Zukunft sein werde. Insbesondere hätte die Behörde es verabsäumt sich mit der Verfolgungsgefahr von Personen, welche für die Amerikaner arbeiteten und für sie Hilfsarbeiten und/oder Übersetzungstätigkeiten vornahmen auseinanderzusetzen. Hiezu wurde aus den UNHCR Richtlinien vom April 2016 zitiert. Weiters hätte der Beschwerdeführer bei entsprechender Einvernahme nähere Angaben zur Verschollenheit seines Vaters machen können. Dieser sei nach der Flucht des Bruders des Beschwerdeführers von den Taliban bedroht worden und sei davon auszugehen, dass gegen den Vater ein tätlicher Angriff ausgeführt worden sei, zumindest sei dies auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes glaubhaft und hätte von der Behörde gewürdigt werden müssen. Das Vorgehen der Behörde stehe im klaren Widerspruch mit der in Paragraph 37, AVG in Verbindung mit Paragraph 18, AsylG vorgeschrieben amtswegigen Ermittlungsplicht. Insbesondere sei der Bescheid durch das Aufgreifen des Vorgebrachten der Erstbefragung zur Untermauerung des Mangels der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, entgegen Paragraph 19, Absatz eins, AsylG sowie Paragraph 10, BFA-VG, mit wesentlichen Verfahrensmängeln behaftet. Außerdem hätte die Behörde es unterlassen weitere Ermittlungen insbesondere zur Wohn- und Lebenssituation der Familie anzustellen und sei lediglich auf Grund der Klarstellung der Familienverhältnisse durch den Beschwerdeführer in seiner Einvernahme pauschal von einer Widersprüchlichkeit des Gesamtvorbringens ausgegangen. Eine innerstaatliche Fluchtalternative sei darüber hinaus nicht gegeben.

Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Einholung länderkundiger Sachverständigengutachten, zum Beweis für die vom Beschwerdeführer geschilderten Familienverhältnisse und zur realen und konkreten erheblichen Verfolgungsgefahr bei Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Herkunftsland beantragt. Zusätzlich wurden Teilnahmebestätigungen an mehreren Deutschkursen, ein Auszug aus einer Pfarrzeitschrift, ein Prüfungszeugnis ÖSD Zertifikat A1, ein Prüfungszeugnis ÖIF-Test A2 und eine Teilnahmebestätigung am Kurs "Basisbildung für junge Flüchtlinge" vorgelegt.

10. Mit Beschluss vom 08.06.2017 bestellte das BVwG Dr. Sarajuddin Rasuly als nichtamtlichen Sachverständigen zur Erstellung eines Gutachtens.

11. Am 04.09.2017 wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer, wenn er über diese verfüge, seine Tazkira im Original zur mündlichen Verhandlung mitnehmen solle. Der bevollmächtigte Vertreter Dr. Schmaus gab bekannt, dass ihn RA Mag. Nadja Lorenz in der mündlichen Verhandlung vertreten werde, da er verhindert sei.

12. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 05.09.2017 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der Beschwerdeführer im Beisein seiner Sub-Rechtsvertreterin teilnahm.

Der Beschwerdeführer brachte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ein Konvolut an Unterlagen in Vorlage (Prüfungszeugnis Niveau B1, Bestätigung über freiwillige Mitarbeit bei der Caritas St. Pölten, Stellungnahme des Quartiergebers der Diakonie Flüchtlingsdienst, Referenzschreiben, Zeitbestätigung über eine Informationsveranstaltung des ÖIF, Fitnesscenterbestätigung)

Dabei führte der Beschwerdeführer aus, dass er im Herkunftsstaat insgesamt zwei Mal von den Taliban bedroht worden sei. Das erste Mal sei er (indirekt) über den Mullah gewarnt worden nicht mehr für die Amerikaner zu dolmetschen. Beim zweiten Mal hätten die Taliban ihm vorgeworfen für die Amerikaner zu arbeiten. Sie hätten verschiedene Waffen bei sich gehabt und ihm gedroht ihn umzubringen. Während sie ihn angehalten hätten, hätten Kämpfe begonnen, die Taliban seien nervös geworden und hätten ihn dort stehen lassen.

Die Amerikaner seien im Jahr 2015 fünf Mal in ihr Dorf gekommen und hätten Hausdurchsuchungen durchgeführt. Der Beschwerdeführer hätte im Heimatort mit seiner Großfamilie in einem Verbund mit sieben Häusern gelebt, die von einer hohen Mauer umgegeben gewesen seien. Als die Amerikaner zu ihnen in dieses Gehöft (Häuser-Verbund) gekommen seien, hätte der Beschwerdeführer sie in die einzelnen Häuser begleitet und seinen Verwandten gesagt, was die Amerikaner vorhätten, wenn kein Dolmetscher anwesend gewesen sei. Für diese Tätigkeiten hätte er kein Geld bekommen, manchmal seien ihm Süßigkeiten geschenkt worden.

In der mündlichen Verhandlung, S 12 - 14, vor dem Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerdeführer zu den fünf Kontakten mit "Amerikanern" (gemeint: US-Soldaten) wörtlich erklärt:

"[ ] Sie haben gesagt, dass Sie für Amerikaner bei Hausdurchsuchungen gedolmetscht haben. Bitte schildern Sie diese Umstände?

BF: Das erste Mal sind die Amerikaner am 30. Tag des Ramadan im Jahr 2015 in unser Dorf gekommen. Unser Haus liegt etwa römisch XXXX von der Hauptstraße römisch XXXX entfernt. Die Amerikaner haben das ganze Dorf umstellt und sind im Dorf direkt in die Häuser hineingegangen und haben diese durchsucht. Bei diesen Hausdurchsuchungen wurden sie von keinen Dolmetschern begleitet. Nach ca. einer Stunde haben sie mit Unterstützung der afghanischen Nationalarmee (ANA) die drei benachbarten Dörfer, römisch XXXX, römisch XXXX und römisch XXXX umstellt und haben in diesen Dörfern alle Häuser durchsucht. Sie sind schließlich zu uns gekommen. Meine Großfamilie/Sippschaft (mein Großvater, seine fünf Brüder und eine Schwester) lebt jeder in einem von sieben Häusern, all diese Häuser waren von einer hohen Mauer umgeben, dort habe auch ich gelebt. Als die Amerikaner zu uns gekommen sind, habe ich mit einen von ihnen gesprochen und ihn gefragt ob er Englisch sprechen würde, er bejahte dies. Er bat mich, dass ich den Leuten erklären soll, dass sie auf die Seite gehen sollen, weil die Amerikaner die Häuser durchsuchen würden. Ich habe sie dann in die einzelnen Häuser begleitet, denn zu dieser Zeit hatten sie keinen Dolmetscher bei sich. Später sind sie noch ein zweites Mal zu uns gekommen, sie wurden von einem Dolmetscher begleitet.

VR: Sie haben nur beim ersten Mal gedolmetscht?

BF: Es war das erste Mal, das[s] ich für sie gedolmetscht habe. Ich habe insgesamt fünf Mal für sie gedolmetscht.

VR: Bei welchen anderen Gelegenheiten haben Sie für sie gedolmetscht?

BF: Zwei Tage später wurden zwei Panzer der Amerikaner gesprengt. Sie sind wieder in das Dorf gekommen, ich habe zwar mit ihnen gesprochen aber nicht für sie gedolmetscht, weil sie von einem Dolmetsch begleitet wurden. Das dritte Mal als sie wieder in das Dorf gekommen sind, habe ich für sie gedolmetscht.

VR: Sie haben vorher gesagt, dass Sie insgesamt fünf Mal gedolmetscht haben. Die erste Situation haben Sie geschildert. Können Sie mir diese restlichen vier Situationen bitte genau beschreiben?

BF: Die zweite Begegnung mit den Amerikanern, wo ich nicht gedolmetscht habe, habe ich bei den fünf Malen jedoch mitgezählt.

VR: Dann bleiben noch drei Situation [ ], wo Sie gedolmetscht haben.

BF: Die dritte Begegnung mit den Amerikanern war im Monat Assad 1394 (= Juli/August 2015). Damals wurde gegen 8:30 Uhr in der Früh ein Konvoi der Amerikaner angegriffen. Sie sind anschließend in unser Dorf gekommen. Diesmal war auch eine amerikanische Soldatin dabei, mit der ich mich in unseren sieben Häusern unterhalten habe. Auch diesmal sind sie in unser Haus gekommen.

VR: Wir sind jetzt beim dritten Mal, wo Sie mit einer Soldatin gesprochen haben. Mit einer Soldatin sprechen ist nicht dolmetschen.

BF: Ich habe für sie gedolmetscht, indem ich sie in die sieben Häuser, die uns gehört haben, begleitet habe.

[ ]

VR fasst die bisherigen drei Situationen zusammen und erteilt dem BF das Wort.

BF: Auch beim vierten Mal sind die Amerikaner in unser Haus gekommen. Sie wollten nach einem Übergriff auf sie alle Häuser durchsuchen. Ich habe mit einem amerikanischen Soldaten gesprochen, er erklärte mir, dass sie alle Häuser durchsuchen würden. Ich bin dann zu meiner Familie und Verwandten gegangen und habe ihnen gesagt, was die Amerikaner vorhaben. Das fünfte Mal sind sie im 11. Monat 2015 in unser Dorf gekommen, es war am frühen Morgen, als eine Mine am Straßenrand auf Höhe meines Heimatdorfes explodiert ist und einen Panzer zerstört hat. Ich habe zu dieser Zeit beim Brunnen Wasser geholt. Ich bin schnell nachhause gelaufen, sie wollten wieder alle Häuser durchsuchen. Ich habe sie in unsere sieben Häuser begleitet und für sie gedolmetscht.

VR: Bei der Erstbefragung (12.1.2016, AS 11) sagten Sie: "Ich arbeite für diese Amerikaner auch als Hilfsarbeiter und verdiente so etwas Geld." In der Einvernahme (17.5.2016, AS 65) sagten Sie, befragt, ob Sie für jemanden beruflich gedolmetscht haben: "Nein. Ich habe nur gelegentlich für Amerikaner, wenn sie bei uns in der Region waren und nach einem Anschlag Hausdurchsuchungen machten – ich bekam dann manchmal eine Schokolade Ich tat das nicht gegen Bezahlung." Was sagen Sie dazu?

BF: Es muss ein Fehler passiert sein. Ich habe bei beiden Einvernahmen angegeben, dass ich für die Dolmetsch Tätigkeit kein Geld bekommen habe, ich habe manchmal Süßigkeiten als Geschenk erhalten."

Weiters brachte der BF in der Verhandlung vor, es sei von den Taliban nach seinem Bruder gefragt worden, sie hätten gesagt sein Bruder hätte gegen den Islam gearbeitet. Sein Bruder hätte in Afghanistan ein Musikgeschäft besessen, welches in Brand gesetzt worden sei. Ausdrücklich vom Richter befragt, ob die Nachfragen (durch Taliban) bei ihm nach dem Verbleib bzw. der Tätigkeit seines Bruders ein Fluchtgrund (bzw. eine Gefährdung) sei, gab der BF an, dass dies kein Fluchtgrund sei. Wörtlich erklärte er dazu in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht:

"VR: Fürchten Sie sich auch in Ihrem Herkunftsland auch wegen der Gefährdung/Verfolgung Ihres Bruders?

BF: Nein."

Zum Antrag (Beschwerde) auf Einholung länderkundiger Sachverständigengutachten, zum Beweis für die vom Beschwerdeführer geschilderten Familienverhältnisse, gab die Beschwerdeführerin an, dass er aufrecht erhalten werde. Auf Frage des Richters, welche ungeklärten Familienverhältnisse gemeint seien, gab die Beschwerdeführervertreterin an, dass der Verbleib des Vaters des BF unklar sei und dass sie dazu nicht mehr sagen möchte. Auch der Antrag auf Einholung eines länderkundlichen SV-Gutachtens, ob im Falle einer Rückkehr eine reale und konkret erheblich Verfolgungsgefahr für den BF besteht, wurde erklärt, dass er aufrecht bleibe und einer späteren schriftlichen Stellungnahme vorbehalten werde.

Befrag, was den BF im Falle der Rückkehr in seine Heimatprovinz drohe, sagte er, dass sein Leben dort in Gefahr sei.

Dem Beschwerdeführer wurde eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme zu den in der mündlichen Verhandlung eingebrachten Länderberichten gewährt.

13. Am 19.09.2017 langte eine ergänzende Stellungnahme des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers beim BVwG ein. Darin wurde der Beweisantrag für den Fall, dass von Seiten des erkennenden Gerichts weiterhin Zweifel an den vorgebrachten Familienverhältnissen bestehen, aufrechterhalten. Es wurde aus einer ACCORD Anfragebeantwortung zur Sicherheitslage und zur Aktivität der Taliban in der Provinz Logar zitiert, wonach die Provinz unter starkem Einfluss bzw. teilweise unter Kontrolle der Taliban stehe. Der Beschwerdeführer wäre als Zugehöriger der Risikogruppe der "als verwestlicht" wahrgenommenen Personen" bei einer Rückkehr nach Afghanistan gefährdet. Er sei auf Grund seiner, auch anderen Familienmitgliedern unterstellten, politischen Anti-Taliban Gesinnung verstärkt gefährdet. Zur Versorgungslage in Afghanistan wurde dabei auf die UNHCR-Richtlinien aus dem April 2016, einem Artikel von Friederike Stahlmann und einem Zitat eines länderkundigen Sachverständigen verwiesen. Außerdem wurden Ausführungen zum Gutachten von Mag. Mahringer getätigt. Weiters wurden Berichte zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan zitiert. Eine Rückkehr des Beschwerdeführers würde auf Grund der Sicherheitslage in Afghanistan im Allgemeinen sowie auf Grund seiner individuellen Situation jedenfalls eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2 und 3 EMRK sowie der Artikel 2 und 3 GRC bedeuten. Überdies würde sich für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens und der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen Konfliktes ergeben. Abschließend wurde auf die herausragenden Integrationserfolge des Beschwerdeführers in Österreich verwiesen. Die Beweisanträge wurden aufrechterhalten.

Es wurde eine Bestätigung über die freiwillige Mitarbeit bei der Diakonie Flüchtlingsdienst vorgelegt.

römisch eins.2. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ( festgestellter Sachverhalt)

Das Bundesverwaltungsgericht geht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:

a) Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers

1. Der Name des Beschwerdeführers ist römisch XXXX, er wurde am römisch XXXX im Dorf römisch XXXX, Provinz Logar (Afghanistan), geboren und ist dort aufgewachsen und war dort bis zur Ausreise aufhältig. Er ist Staatsangehöriger der Islamischen Republik Afghanistan. Weiters ist er Angehöriger der Volksgruppe der Tadschiken, des Stammes der römisch XXXX und bekennt sich zur sunnitischen Glaubensrichtung des Islam. Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Dari, außerdem spricht er noch Paschtu, Englisch und verfügt über Deutschkenntnisse.

2. Der Beschwerdeführer hat bis zur sechsten Klasse die Schule besucht und wurde danach von seinem Onkel väterlicherseits zu Hause in Englisch unterrichtet. Er hat von 2014 bis 2015 als Verkäufer in einem Geschäft, welches Farben verkauft hat, gearbeitet. Die Familie des Beschwerdeführers besitzt ein Grundstück im Ausmaß von 7,5 jirib (umgerechnet 15.000 m²). Dieses Grundstück wird an einen Bauern verpachtet, der die Pacht in Form eines Teils der Ernte (Naturalien) an die Mutter des Beschwerdeführers zahlt. Die Großfamilie des Beschwerdeführers lebt in unmittelbarer Nähe von einander in sieben Häusern, die alle von einer hohen Mauer umgegeben sind. Der Beschwerdeführer und seine Mutter haben gemeinsam in einem Haus mit seinem Onkel mütterlicherseits gelebt, der ein Geschäft für Autoersatzteile besitzt. Der Onkel unterstützt die Mutter des Beschwerdeführers finanziell. Der Beschwerdeführer ist gesund, er nimmt nur Medikamente gegen Magenschmerzen. Vor seiner Ausreise aus Afghanistan hat er sich Ende 2015 drei bis vier Tage in Kabul aufgehalten, wo er bei seiner Tante mütterlicherseits gewohnt hat.

3. In Afghanistan leben die Großfamilie des Beschwerdeführers (sein Großvater, dessen sieben Brüder und dessen Schwester), seine Mutter, die Onkel väterlicher- und mütterlicherseits, die Tanten väterlicher- und mütterlicherseits, seine Cousins und Cousinen. Seine Mutter, sein Onkel mütterlicherseits und dessen Familie leben weiterhin zusammen im Heimatdorf des Beschwerdeführers. Seine Tante mütterlicherseits lebt in Kabul, zu dieser hat der Beschwerdeführer telefonischen Kontakt. Über diese Tante hält er auch telefonischen Kontakt mit seiner Mutter bzw. Familie, indem sie ihn darüber informiert wenn eine Telefonverbindung in seinem Heimatdorf besteht bzw. fährt seine Mutter manchmal nach Kabul und kann er dann mit ihr sprechen. Seiner Tante mütterlicherseits geht es gut, seine Mutter leidet an Diabetes. Sein Bruder, römisch XXXX, lebt seit Mai 2011 in Österreich. Sein Vater ist seit 2011 verschwunden. Der Beschwerdeführer kennt die Gründe für sein Verschwinden nicht, er hatte seitdem auch keinen Kontakt mehr zu seinem Vater. Es wird festgestellt, dass das Verschwinden des Vaters mit dem Fluchtvorbringen in keinem Zusammenhang steht.

4. Der Beschwerdeführer hat Ende Dezember des Jahres 2015 Afghanistan verlassen und ist über ihm unbekannte Länder und über Serbien bis nach Österreich gereist, wo er nach unrechtmäßiger Einreise am römisch XXXX den gegenständlichen Antrag gestellt hat.

5. Der Beschwerdeführer hält sich seit Jänner 2016 in Österreich auf, lebt inXXXX. Er besucht laufend Deutschkurse und hat sich bereits gute Deutschkenntnisse angeeignet. Er hat eine Deutschprüfung auf Niveau B1 erfolgreich absolviert. Er leistet freiwillige Hilfstätigkeiten bei Einrichtungen der Caritas (z.B Verpackungstätigkeiten, Unterstützung bei der Organisation von Festen). Er unterstützt auch andere Asylwerber bei Arztbesuchen oder bei Behördenwegen. Der Beschwerdeführer möchte im Herbst die Hauptschulabschlussprüfung machen. Er war bisher in Österreich nicht erwerbstätig. Er lebt von der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Ferner verfügt er über keine Einstellungszusage. Der Beschwerdeführer ist nicht verheiratet, nicht verlobt, lebt nicht in einer Lebensgemeinschaft und hat keine Kinder. Sein Bruder befindet sich seit Mai 2011 in Österreich und hat den Status eines subsidiär Schutzberechtigten. Dieser ist volljährig, lebt in römisch XXXX und der Beschwerdeführer steht in regelmäßigem telefonischem Kontakt zu ihm. Der Beschwerdeführer hat seinen Bruder seit seiner Einreise nach Österreich jedoch nur ein einziges Mal im Februar 2016 gesehen und es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beiden. Er lebt auch sonst mit keiner nahestehenden Person zusammen. Der Beschwerdeführer lernt regelmäßig mit einem freiwilligen Helfer Deutsch und geht an Feiertagen mit einer freiwilligen Helferin spazieren. Er nimmt auch an monatlichen Veranstaltungen, die von der Pfarrverband-Initiativgruppe "Flüchtlinge" seines Wohnortes veranstaltet werden, teil. Er steht mit einem pensionierten Lehrer in Kontakt, der zu ihm in die Pension kommt; weiters steht er mit einer Dame, die in einem Krankenhaus in St. Pölten arbeitet, an Feiertagen in Kontakt. Sonst hat er keine Kontakte zu Österreichern.

6. Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

7. Der Beschwerdeführer ist in seinem Herkunftsstaat nicht vorbestraft, war dort nie inhaftiert, war kein Mitglied einer politischen Partei oder sonstigen Gruppierung, er hat sich nicht politisch betätigt und hatte keine Probleme mit staatlichen Einrichtungen oder Behörden im Heimatland.

8. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Übergriffe zu befürchten hätte. Im Jahr 2015 sind amerikanische Soldaten insgesamt fünf Mal, zweimal in Begleitung der afghanischen Nationalarmee, gekommen, um nach Anschlägen im Ort des BF Hausdurchsuchungen in den sieben Häusern der Familie (ummauertes Gehöft innerhalb der Ortschaft) durchzuführen. Der Beschwerdeführer hat die Soldaten in vier Fällen in die einzelnen Häuser des ummauerten Gehöftes der Familie begleitet. Weil er Englischkenntnisse besitzt wurde er von den Soldaten gebeten, den übrigen Familienmitgliedern Anweisungen zu übersetzen (bzw. zu erklären). Es kann festgestellt werden, dass der BF und die in den Häusern befindlichen Verwandten bzw. deren Grundstück nach Anschlägen auf die US-Militärs Objekt einer Hausdurchsuchung (Verdacht) waren. Der BF wurde von den US-Militärs nicht entlohnt. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF semi-professionelle Dolmetschdienste für US-Militärangehörige geleistet hat.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Tatsache, dass er die amerikanischen Soldaten bei Hausdurchsuchungen begleitet hat einer Bedrohung bzw. Verfolgung durch die Taliban ausgesetzt gewesen war bzw. bei Rückkehr einer solchen ausgesetzt wäre.

Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer als Zugehöriger zur sozialen Gruppe der Familie in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner "westlichen Orientierung" bzw. seiner "Verwestlichung" in Afghanistan psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

Der Beschwerdeführer konnte somit nicht glaubhaft machen, dass er seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit psychischer und/oder physischer Gewalt ausgesetzt wäre.

Dem Beschwerdeführer würde jedoch bei einer Überstellung nach Afghanistan in die Provinz Logar ein reales Risiko einer Verletzung der Artikel 2, oder 3 EMRK drohen. Diese Provinz ist aufgrund der dortigen Sicherheitslage volatil.

Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Kabul kann der Beschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Er bzw. seine Mutter verfügen über Grundbesitz in beträchtlichem Ausmaß, der eine Einkommensquelle in Form von Naturalien bildet. Dem Beschwerdeführer steht somit eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul zur Verfügung.

b) Zur Lage im Herkunftsstaat

Das Bundesverwaltungsgericht trifft folgende entscheidungsrelevante Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat:

1. Auszug aus der vorläufigen Sachverhaltsannahme des Bundesverwaltungsgerichtes zur maßgeblichen Lage in Afghanistan der dem Beschwerdeführer mit der Ladung übermittelt wurde:

Aktualisierung der Sicherheitslage – Q2.2017

Den Vereinten Nationen zufolge war die Sicherheitslage in Afghanistan im Berichtszeitraum weiterhin volatil: zwischen 1.3. und 31.5.2017 wurden von den Vereinten Nationen 6.252 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert – eine Erhöhung von 2% gegenüber dem Vorjahreswert. Bewaffnete Zusammenstöße machten mit 64% den Großteil registrierter Vorfälle aus, während IEDs [Anm.:

improvised explosive device] 16% der Vorfälle ausmachten – gezielte Tötungen sind hingegen um 4% zurückgegangen. Die östlichen und südöstlichen Regionen zählten auch weiterhin zu den volatilsten; sicherheitsrelevante Vorfälle haben insbesondere in der östlichen Region um 22% gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Die Taliban haben hauptsächlich folgende Provinzen angegriffen: Badakhshan, Baghlan, Farah, Faryab, Helmand, Kunar, Kunduz, Laghman, Sar-e Pul, Zabul und Uruzgan. Talibanangriffe auf afghanische Sicherheitskräfte konnten durch internationale Unterstützung aus der Luft abgewiesen werden. Die Anzahl dieser Luftangriffe ist mit einem Plus von 112% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Jahres 2016 deutlich gestiegen (UN GASC 20.6.2017).

Laut der internationalen Sicherheitsorganisation für NGOs (INSO) wurden in Afghanistan 11.647 sicherheitsrelevante Vorfälle von 1.1.-31.5.2017 registriert (Stand: 31.5.2017) (INSO o.D.).

ANDSF – afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Laut einem Bericht des amerikanischen Verteidigungsministeriums behielten die ANDSF, im Berichtszeitraum 1.12.2016-31.5.2017 trotz aufständischer Gruppierungen, auch weiterhin Kontrolle über große Bevölkerungszentren: Die ANDSF waren im Allgemeinen fähig große Bevölkerungszentren zu schützen, die Taliban davon abzuhalten gewisse Gebiete für einen längeren Zeitraum zu halten und auf Talibanangriffe zu reagieren. Die ANDSF konnten in städtischen Gebieten Siege für sich verbuchen, während die Taliban in gewissen ländlichen Gebieten Erfolge erzielen konnten, in denen die ANDSF keine dauernde Präsenz hatten. Spezialeinheiten der afghanischen Sicherheitskräfte (ASSF – Afghan Special Security Forces) leiteten effektiv offensive Befreiungsoperationen (US DOD 6.2017).

Bis Ende April 2017 lag die Truppenstärke der afghanischen Armee [ANA – Afghan National Army] bei 90,4% und die der afghanischen Nationalpolizei [ANP – Afghan National Police] bei 95,1% ihrer Sollstärke (UN GASC 20.6.2017).

High-profile Angriffe:

Als sichere Gebiete werden in der Regel die Hauptstadt Kabul und die regionalen Zentren Herat und Mazar-e Sharif genannt. Die Wahrscheinlichkeit, hier Opfer von Kampfhandlungen zu werden, ist relativ geringer als zum Beispiel in den stark umkämpften Provinzen Helmand, Nangarhar und Kunduz (DW 31.5.2017).

Hauptstadt Kabul

Kabul wird immer wieder von Attentaten erschüttert (DW 31.5.2017):

Am 31.5.2017 kamen bei einem Selbstmordattentat im hochgesicherten Diplomatenviertel Kabuls mehr als 150 Menschen ums Leben und mindestens 300 weitere wurden schwer verletzt als ein Selbstmordattentäter einen Sprengstoff beladenen Tanklaster mitten im Diplomatenviertel in die Luft sprengte (FAZ 6.6.2017; vergleiche auch:

al-Jazeera 31.5.2017; The Guardian 31.5.2017; BBC 31.5.2017; UN News Centre 31.5.2017). Bedeutend ist der Angriffsort auch deswegen, da dieser als der sicherste und belebteste Teil der afghanischen Hauptstadt gilt. Kabul war in den Wochen vor diesem Anschlag relativ ruhig (al-Jazeera 31.5.2017).

Zunächst übernahm keine Gruppe Verantwortung für diesen Angriff; ein Talibansprecher verlautbarte nicht für diesen Vorfall verantwortlich zu sein (al-Jazeera 31.5.2017). Der afghanische Geheimdienst (NDS) macht das Haqqani-Netzwerk für diesen Vorfall verantwortlich (The Guardian 2.6.2017; vergleiche auch: Fars News 7.6.2017); schlussendlich bekannte sich der Islamische Staat dazu (Fars News 7.6.2017).

Nach dem Anschlag im Diplomatenviertel in Kabul haben rund 1.000 Menschen, für mehr Sicherheit im Land und eine Verbesserung der Sicherheit in Kabul demonstriert (FAZ 2.6.2017). Bei dieser Demonstration kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften (The Guardian 2.6.2017); dabei wurden mindestens sieben Menschen getötet und zahlreiche verletzt (FAZ 2.6.2017).

Auf der Trauerfeier für einen getöteten Demonstranten– den Sohn des stellvertretenden Senatspräsidenten – kam es am 3.6.2017 erneut zu einem Angriff, bei dem mindestens 20 Menschen getötet und 119 weitere verletzt worden waren. Polizeiberichten zufolge, waren während des Begräbnisses drei Bomben in schneller Folge explodiert (FAZ 3.6.2017; vergleiche auch: The Guardian 3.6.2017); die Selbstmordattentäter waren als Trauergäste verkleidet (The Guardian 3.6.2017). Hochrangige Regierungsvertreter, unter anderem auch Regierungsgeschäftsführer Abdullah Abdullah, hatten an der Trauerfeier teilgenommen (FAZ 3.6.2017; vergleiche auch: The Guardian 3.6.2017).

Herat

Anfang Juni 2017 explodierte eine Bombe beim Haupteingang der historischen Moschee Jama Masjid; bei diesem Vorfall wurden mindestens 7 Menschen getötet und 15 weitere verletzt (Reuters 6.6.2017; vergleiche auch: TMN 7.6.2017). Zu diesem Vorfall hat sich keine Terrrorgruppe bekannt (TMN 7.6.2017; vergleiche auch: US News 12.6.2017). Sirajuddin Haqqani – stellvertretender Leiter der Taliban und Führer des Haqqani Netzwerkes – verlautbarte, die Taliban wären für diese Angriffe in Kabul und Herat nicht verantwortlich (WP 12.6.2017).

Mazar-e Sharif

Auf der Militärbase Camp Shaheen in der nördlichen Stadt Mazar-e Sharif eröffnete Mitte Juni 2017 ein afghanischer Soldat das Feuer auf seine Kameraden und verletzte mindestens acht Soldaten (sieben US-amerikanische und einen afghanischen) (RFE/RL 17.6.2017).

Die Anzahl solcher "Insider-Angriffe" [Anm.: auch green-on-blue attack genannt] hat sich in den letzten Monaten erhöht. Unklar ist, ob die Angreifer abtrünnige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte sind oder ob sie Eindringlinge sind, die Uniformen der afghanischen Armee tragen (RFE/RL 17.6.2017). Vor dem Vorfall im Camp Shaheen kam es dieses Jahr zu zwei weiteren registrierten Insider-Angriffen: der erste Vorfall dieses Jahres fand Mitte März auf einem Militärstützpunkt in Helmand statt: ein Offizier des afghanischen Militärs eröffnete das Feuer und verletzte drei US-amerikanische Soldaten (LWJ 11.6.2017; vergleiche auch: al-Jazeera 11.6.2017).

Der zweite Vorfall fand am 10.6.2017 im Zuge einer militärischen Operation im Distrikt Achin in der Provinz Nangarhar statt, wo ein afghanischer Soldat drei US-amerikanische Soldaten tötete und einen weiteren verwundete; der Angreifer wurde bei diesem Vorfall ebenso getötet (BBC 10.6.21017; vergleiche auch: LWJ 11.6.2017; DZ 11.6.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Afghanistan ist mit einer anhaltenden Bedrohung durch mehr als 20 aufständische Gruppen bzw. terroristische Netzwerke, die in der AfPak-Region operieren, konfrontiert; zu diesen Gruppierungen zählen unter anderem die Taliban, das Haqqani Netzwerk, der Islamische Staat und al-Qaida (US DOD 6.2017).

Taliban

Die Fähigkeiten der Taliban und ihrer Operationen variieren regional signifikant; sie verwerten aber weiterhin ihre begrenzten Erfolge, indem sie diese auf sozialen Medien und durch Propagandakampagnen als strategische Siege bewerben (US DOD 6.2017).

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive "Operation Mansouri" am 28. April 2017 eröffnet (UN GASC 20.6.2017; vergleiche auch:

BBC 7.5.2017). In einer Stellungnahme verlautbarten sie folgende Ziele: um die Anzahl ziviler Opfer zu minimieren, wollen sie sich auf militärische und politische Ziele konzentrieren, indem ausländische Kräfte in Afghanistan, sowie ihre afghanischen Partner angegriffen werden sollen. Nichtdestotrotz gab es bezüglich der Zahl ziviler Opfer keine signifikante Verbesserung (UN GASC 20.6.2017).

Während des Berichtszeitraumes der Vereinten Nationen gelang es den Taliban den strategischen Distrikt Zaybak/Zebak in der Provinz Badakhshan zu erobern (UN GASC 20.6.2017; vergleiche auch: Pajhwok 11.5.2017); die afghanischen Sicherheitskräfte konnten den Distrikt einige Wochen später zurückerobern (Pajhwok 11.5.2017). Kurzfristig wurden auch der Distrikt Sangin in Helmand, der Distrikt Qal‘ah-e Zal in Kunduz und der Distrikt Baha’ al-Din in Takhar von den Taliban eingenommen (UN GASC 20.6.2017).

Bei einer Friedens- und Sicherheitskonferenz in Kabul wurde unter anderem überlegt, wie die radikal-islamischen Taliban an den Verhandlungstisch geholt werden könnten (Tagesschau 6.6.2017).

Präsident Ghani verlautbarte mit den Taliban reden zu wollen:

sollten die Taliban dem Friedensprozess beiwohnen, so werde die afghanische Regierung ihnen erlauben ein Büro zu eröffnen; dies sei ihre letzte Chance (WP 6.6.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS-Zweig in Afghanistan – teilweise bekannt als IS Khorasan – ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017; vergleiche auch: DZ 14.6.2017). Der IS hat trotz verstärkter Militäroperationen, eine Präsenz in der Provinz Nangarhar (UN GASC 20.6.2017; vergleiche auch: DZ 14.6.2017).

Mehreren Quellen zufolge, eroberte der IS Mitte Juni 2017 die strategisch wichtige Festung der Taliban Tora Bora; bekannt als Zufluchtsort bin-Ladens. Die Taliban negieren den Sieg des IS und verlautbarten die Kämpfe würden anhalten (DZ 14.6.2017; vergleiche auch:

NYT 14.6.2017; IBT 14.6.2017). Lokale Stammesälteste bestätigten hingen den Rückzug der Taliban aus großen Teilen Tora Boras (Dawn 16.6.2017).

Aktualisierung der Sicherheitslage – Q1.2007

Den Vereinten Nationen zufolge hat sich im Jahr 2016 die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtert; dieser Trend zieht sich bis ins Jahr 2017. Gefechte fanden vorwiegend in den folgenden fünf Provinzen im Süden und Osten statt: Helmand, Nangarhar, Kandahar, Kunar und Ghazni; 50% aller Vorfälle wurden in diesen Regionen verzeichnet (für das Jahr 2016 wurden 23.712 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert). Doch der Konflikt hat sich geographisch ausgeweitet, da die Taliban ihre Aktivitäten in Nord- und Nordostafghanistan, sowie in der westlichen Provinz Farah, verstärkt haben. In den Provinzhauptstädten von Farah, Kunduz, Helmand und Uruzgan übten die Taliban Druck auf die Regierung aus. Wesentlich für die Machterhaltung der Regierung in diesen Provinzhauptstädten war die Entsendung afghanischer Spezialeinheiten und die Luftunterstützung durch internationale und afghanische Kräfte (UN GASC 3.3.2017).

Im Jahr 2016 hat sich die Zahl der Gefechte zwischen Taliban und Regierungskräften (meist Angriffe der Taliban) um 22% erhöht und machen damit 63% der sicherheitsrelevanten Vorfälle aus. Die Anzahl der IED-Vorfälle war 2016 um 25% niedriger als im Jahr davor und ist damit weiterhin rückläufig (UN GASC 3.3.2017).

ANDSF – afghanische Sicherheits- und Verteidigungskräfte

Die afghanischen Sicherheitskräfte sind auch weiterhin signifikanten Herausforderungen ausgesetzt – speziell was ihre operative Leistungsfähigkeit betrifft: Schwächen in den Bereichen Führung und Kontrolle, Leitung und Logistik, sowie hohe Ausfallsraten, haben maßgebliche Auswirkungen auf Moral, Rekrutierung und Leistungsfähigkeit (UN GASC 3.3.2017). Dennoch haben die afghanischen Sicherheitskräfte hart gegen den Talibanaufstand und terroristische Gruppierungen gekämpft und mussten dabei hohe Verluste hinnehmen. Gleichzeitig wurden qualitativ hochwertige Spezialeinheiten entwickelt und Aufständische davon abgehalten Bevölkerungszentren einzunehmen oder zu halten (SIGAR 30.4.2017).

Der sich intensivierende Konflikt hat zunehmend Opfer bei Sicherheitskräften und Taliban gefordert. Die Rate der Neu- bzw. Weiterverpflichtungen ist zu niedrig, um die zunehmenden Desertionen und Ausfälle zu kompensieren. Bis Februar 2016 war die Truppenstärke des afghanischen Heeres bei 86% und die der afghanischen Nationalpolizei auf 94% ihres geplanten Mannschaftsstandes (UN GASC 3.3.2017).

Berichtszeitraum 18.11.2016 bis 14.2.2017

Im Berichtszeitraum wurden von den Vereinten Nationen 5.160 sicherheitsrelevanter Vorfälle registriert; dies bedeutet eine Erhöhung von 10% zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 (UN GASC 3.3.2017).

Im Jänner 2017 wurden 1.877 bewaffnete Zusammenstöße registriert; die Anzahl hatte sich gegenüber dem vorigen Vergleichszeitraum um 30 erhöht. Im Berichtszeitraum haben sich IED-Angriffe im Vergleich zum Vorjahr um 11% verstärkt (UN GASC 3.3.2017).

High-profile Angriffe

Nahe der Provinzhauptstadt Mazar-e Sharif in der afghanischen Nordprovinz Balkh, sind bei einem Angriff der Taliban auf eine Militärbasis mindestens 140 Soldaten getötet und mehr als 160 verwundet worden (FAZ 21.4.2017; vergleiche auch: al-Jazeera 29.4.2017, Reuters 23.4.2017). Balkh gehört zu den eher sicheren Provinzen Afghanistans; dort ist die Kommandozentrale für den gesamten Norden des Landes (FAZ 21.4.2017). Dies war afghanischen Regierungskreisen zufolge, der bislang folgenschwerste Angriff auf einen Militärstützpunkt. Laut dem Sprecher der Taliban war der Angriff die Vergeltung für die Tötung mehrerer ranghoher Rebellenführer. Vier der Angreifer seien in die Armee eingeschleust worden. Sie hätten dort einige Zeit ihren Dienst verrichtet. Das wurde aber von der afghanischen Armee nicht bestätigt (Reuters 23.4.2017).

Dies ist der zweite Angriff auf eine Militäreinrichtung innerhalb weniger Monate, nach dem Angriff auf ein Militärkrankenhaus in Kabul Anfang März, zu dem sich die Terrormiliz Islamischer Staat bekannt hatte. Damals kamen mindestens 49 Menschen ums Leben und 76 weitere wurden verletzt (FAZ 21.4.2017; vergleiche auch: BBC 8.5.2017, NYT 7.5.2017, Dawn 7.5.2017, SIGAR 30.4.2017, FAZ 8.3.2017).

Regierungsfeindliche Gruppierungen:

Angaben, welche Gebiete von den Aufständischen in Afghanistan kontrolliert werden, sind unterschiedlich: Schätzungen der BBC zufolge, wird bis zu ein Drittel des Landes von den Taliban kontrolliert (BBC 9.5.2017). Einer US-amerikanischen Quelle zufolge stehen 59,7% der Distrikte unter Kontrolle bzw. Einfluss der afghanischen Sicherkräfte (Stand: 20.2.2017); was eine Steigerung von 2,5% gegenüber dem letzten Quartal wäre; jedoch einen Rückgang von 11% gegenüber dem Vergleichswert des Jahres 2016. Die Anzahl der Distrikte, die unter Einfluss oder Kontrolle von Aufständischen sind, hat sich in diesem Quartal um 4 Distrikte vermehrt: es sind dies 45 Distrikte in 15 Provinzen (SIGAR 30.4.2017). Die ANDSF konnten die Taliban davon abhalten Provinzhauptstädte einzunehmen oder zu halten; die Aufständischen haben die Kontrolle über gewisse ländliche Gebiete behalten. (SIGAR 30.4.2017).

Taliban

Die Taliban haben ihre diesjährige Frühjahrsoffensive Ende April 2017 eröffnet; seitdem kommt es zu verstärkten Gefechtshandlungen in Nordafghanistan (BBC 7.5.2017). Bisher haben die Taliban ihre alljährliche Kampfsaison durch die Frühjahrsoffensive eingeläutet; allerdings haben dieses Jahr die Taliban-Aufständischen auch in den Wintermonaten weitergekämpft (BBC 28.4.2017).

Helmand

Die Taliban haben den Druck auf die Provinz Helmand erhöht; heftige Gefechte fanden Ende Jänner und Anfang Februar im Distrikt Sangin statt (UN GASC 3.3.2017): 10 der 14 Distrikte in Helmand werden entweder von den Taliban kontrolliert oder sind umstritten. In die Provinz Helmand wurde bereits eine Anzahl US-amerikanischer Soldaten entsendet (al-Jazeera 29.4.2017; vergleiche auch: Khaama Press 11.4.2017). Auch das afghanische Verteidigungsministerium hat Befreiungsoperationen gestartet, die sogenannten Khalid-Operationen in Helmand aus den beiden Distrikten, Garamser und Nad-e Ali heraus (Khaama Press 11.4.2017). Militärischen Quellen zufolge, wurde im Mai eine riesige Kommandozentrale der Taliban im Distrikt Nad-e Ali zerstört (Sputnik News 10.5.2017).

Kunduz

Seit zwei Jahren ist Kunduz Zentrum intensiver Gefechte zwischen Taliban und Sicherheitskräften (LWJ 9.5.2017); die Stadt Kunduz fiel zweimal bevor die ANDSF und die Koalitionskräfte sie wieder unter ihre Kontrolle bringen konnten (SIGAR 30.4.2017; vergleiche auch: LWJ 9.5.2017).

IS/ISIS/ISKP/ISIL-KP/Daesh

Der IS-Zweig in Afghanistan – teilweise bekannt als IS Khorasan – ist seit dem Jahr 2015 aktiv; er kämpft gegen die Taliban, sowie auch gegen die afghanischen und US-amerikanischen Kräfte (Dawn 7.5.2017). Der IS verliert weiterhin Gebiete, die zuvor von ihm kontrolliert wurden; Verantwortlich dafür sind hauptsächlich die Aktivitäten der afghanischen Luftstreitkräfte mit Unterstützung der Luftangriffe der NATO (SCR 28.2.2017).

Abdul Hasib, der IS-Anführer in Afghanistan, wurde im Rahmen einer militärischen Operation in Nangarhar getötet (BBC 8.5.2017; vergleiche auch: NYT 7.5.2017); von Hasib wird angenommen für viele high-profile Angriffe verantwortlich zu sein – so auch für den Angriff gegen das Militärkrankenhaus in Kabul (Dawn 7.5.2017; vergleiche auch: BBC 8.5.2017).

In diesem Jahr wurden hunderte IS-Aufständische entweder getötet oder gefangen genommen (BBC 8.5.2017). Im April 2017 wurde die größte nicht-nukleare Bombe, in einer Region in Ostafghanistan eingesetzt, die dafür bekannt ist von IS-Aufständischen bewohnt zu sein (Independent 13.4.2017). Netzwerke bestehend aus Höhlen und Tunnels wurden zerstört und 94 IS-Kämpfer, sowie vier Kommandanten, getötet (Dawn 7.5.2017). Quellen zufolge waren keine Zivilisten von dieser Explosion betroffen (BBC 14.4.2017; vergleiche auch: The Guardian 13.4.2017, al-Jazeera 14.4.2017).

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.01.2017).

In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint Einzelberichten zufolge auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.02.2017).

INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).

Mit Stand September 2016 schätzt die Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghanischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.01.2017).

Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen – ausgeführt durch die Polizei und das Militär – landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 05.01.2017).

Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: Intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen den Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.08. – 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vergleiche auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).

Kontrolle von Distrikten und Regionen

Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im dritten Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.01.2017).

Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. –einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal an: Zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit fünf von sechs Distrikten und Helmand mit acht von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.01.2017).

Rebellengruppen

Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin, durch Bedrohungen, Entführungen und gezielte Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).

Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistische Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan – gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).

Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihre Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).

Taliban und ihre Offensive

Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).

Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstützte Regierung zu vertreiben (Reuters 12.04.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD 12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).

Der derzeitige Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. Hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz – größtenteils unter Talibankontrolle – liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand wie einst Mansour (Reuters 27.01.2017).

Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.05.2016; vergleiche auch: The National 13.01.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt – ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter – der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.05.2016; vergleiche auch:

The National 13.01.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.01.2017), und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.05.2016).

Haqqani-Netzwerk:

Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.01.2017).

Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban – dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.05.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.01.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).

Das Haqqani-Netzwerk ist fähig – speziell in der Stadt Kabul –,Operationen durchzuführen; es finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus – wahrscheinlich, um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.01.2017).

Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit, eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.01.2017).

Al-Qaida

Laut US-amerikanischen Beamten war die Präsenz von al-Qaida in den Jahren 2001 bis 2015 minimal (weniger als 100 Kämpfer); al-Qaida fungierte als Unterstützer für Rebellengruppen (CRS 12.01.2017). Im Jahr 2015 entdeckten und zerstörten die afghanischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit US-Spezialkräften ein Camp der al-Quaida in der Provinz Kandahar (CRS 12.01.2017; vergleiche auch: FP 02.11.2015); dabei wurden 160 Kämpfer getötet (FP 02.11.2015). Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass al-Qaida die Präsenz in Afghanistan vergrößert hat. US-amerikanische Kommandanten bezifferten die Zahl der Kämpfer in Afghanistan mit 100-300, während die afghanischen Behörden die Zahl der Kämpfer auf 300-500 schätzten (CRS 12.01.2017). Im Dezember 2015 wurde berichtet, dass al-Qaida sich primär auf den Osten und Nordosten konzentrierte und nicht, wie ursprünglich von US-amerikanischer Seite angenommen, nur auf Nordostafghanistan (LWJ 16.04.2016).

Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)

Nach zweijährigen Verhandlungen (Die Zeit 22.09.2016) unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.01.2017), das der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtet sich die Gruppe, alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.09.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung erklärte erstere in einer Stellungnahme eine Waffenruhe (The Express Tribune 30.09.2016). Das Abkommen beinhaltet unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, internationale Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.01.2017). Sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, wird von Hekmatyar erwartet, nach 20 Jahren aus dem Exil nach Afghanistan zurückkehren. Im Jahr 2003 war Hekmatyar von den USA zum "internationalen Terroristen" erklärt worden (NYT 29.09.2016). Schlussendlich wurden im Februar 2017 die Sanktionen gegen Hekmatyar von den Vereinten Nationen aufgehoben (BBC News 04.02.2017).

IS/ISIS/ISIL/ISKP/ISIL-K/Daesh – Islamischer Staat:

Seit dem Jahr 2014 hat die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) eine kleine Präsenz in Afghanistan etabliert (RAND 28.11.2016). Die Führer des IS nennen diese Provinz Wilayat Khorasan – in Anlehnung an die historische Region, die Teile des Irans, Zentralasien, Afghanistan und Pakistan beinhaltete (RAND 28.11.2016; vergleiche auch:

MEI 5.2016). Anfangs wuchs der IS schnell (MEI 5.2016). Der IS trat im Jahr 2014 in zwei getrennten Regionen in Afghanistan auf: in den östlichsten Regionen Nangarhars, an der AfPak-Grenze und im Distrikt Kajaki in der Provinz Helmand (USIP 03.11.2016).

Trotz Bemühungen, seine Macht und seinen Einfluss in der Region zu vergrößern, kontrolliert der IS nahezu kein Territorium außer kleineren Gegenden wie z.B. die Distrikte Deh Bala, Achin und Naziyan in der östlichen Provinz Nangarhar (RAND 28.11.2016; vergleiche auch: USIP 03.11.2016). Zwar kämpfte der IS hart in Afghanistan, um Fuß zu fassen, die Gruppe wird von den Ansäßigen jedoch großteils als fremde Kraft gesehen (MEI 5.2016). Nur eine Handvoll Angriffe führte der IS in der Region durch. Es gelang ihm nicht, sich die Unterstützung der Ansäßigen zu sichern; auch hatte er mit schwacher Führung zu kämpfen (RAND 28.11.2016). Der IS hatte mit Verlusten zu kämpfen (MEI 5.2016). Unterstützt von internationalen Militärkräften führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch – dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Auch wenn die Gruppierung weiterhin interne Streitigkeiten der Taliban ausnützt, um die Präsenz zu halten, ist sie mit einem harten Kampf konfrontiert, um permanenter Bestandteil komplexer afghanischer Stammes- und Militärstrukturen zu werden. Anhaltender Druck durch US-amerikanische Luftangriffe haben weiterhin die Möglichkeiten des IS in Afghanistan untergraben; auch wird der IS weiterhin davon abgehalten, seinen eigenen Bereich in Afghanistan einzunehmen (MEI 5.2016). Laut US-amerikanischem Außenministerium hat der IS keinen sicherheitsrelevanten Einfluss außerhalb von isolierten Provinzen in Ostafghanistan (SIGAR 30.10.2017).

Unterstützt von internationalen Militärkräften führten die afghanischen Sicherheitskräfte regelmäßig Luft- und Bodenoperationen gegen den IS in den Provinzen Nangarhar und Kunar durch – dies verkleinerte die Präsenz der Gruppe in beiden Provinzen. Eine kleinere Präsenz des IS existiert in Nuristan (UN GASC 13.12.2016).

Presseberichten zufolge betrachtet die afghanische Bevölkerung die Talibanpraktiken als moderat im Gegensatz zu den brutalen Praktiken des IS. Kämpfer der Taliban und des IS gerieten aufgrund politischer oder anderer Differenzen, aber auch aufgrund der Kontrolle von Territorium, aneinander (CRS 12.01.2017).

Drogenanbau und Gegenmaßnahmen

Einkünfte aus dem Drogenschmuggel versorgen auch weiterhin den Aufstand und kriminelle Netzwerke (USDOD 12.2016). Laut einem Bericht des afghanischen Drogenbekämpfungsministeriums vergrößerte sich die Anbaufläche für Opium um 10% im Jahr 2016 auf etwa 201.000 Hektar. Speziell in Nordafghanistan und in der Provinz Badghis verstärkte sich der Anbau: Blaumohn wächst in 21 der 34 Provinzen im Vergleich zum Jahr 2015, wo nur 20 Provinzen betroffen waren. Seit dem Jahr 2008 wurde zum ersten Mal von Opiumanbau in der Provinz Jawzjan berichtet. Helmand bleibt mit 80.273 Hektar (40%) auch weiterhin Hauptanbauprovinz, gefolgt von Badghis, Kandahar und der Provinz Uruzgan. Die potenzielle Opiumproduktion im Jahr 2016 macht insgesamt 4.800 Tonnen aus – eine Steigerung von 43% (3.300 Tonnen) im Gegensatz zum Jahr 2015. Die hohe Produktionsrate kann einer Steigerung des Opiumertrags pro Hektar und eingeschränkten Beseitigungsbemühungen aufgrund von finanziellen und sicherheitsrelevanten Ressourcen zugeschrieben werden. Hauptsächlich erhöhten sich die Erträge aufgrund von vorteilhaften Bedingungen, wie z.B. des Wetters und nicht vorhandener Pflanzenkrankheiten (UN GASC 17.12.2016).

Zivile Opfer

Die Mission der Vereinten Nationen in Afghanistan (UNAMA) dokumentiert weiterhin regierungsfeindliche Elemente, die illegale und willkürliche Angriffe gegen Zivilist/innen ausführen (UNAMA 10.2016). Zwischen 01.01. und 31.12.2016 registrierte UNAMA 11.418 zivile Opfer (3.498 Tote und 7.920 Verletzte) – dies deutet einen Rückgang von 2% bei Getöteten und eine Erhöhung um 6% bei Verletzten im Gegensatz zum Vergleichszeitraum des Jahres 2015 an. Bodenkonfrontation war weiterhin die Hauptursache für zivile Opfer, gefolgt von Selbstmordangriffen und komplexen Attentaten sowie unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtung (IED) und gezielten und willkürlichen Tötungen (UNAMA 06.02.2017).

UNAMA verzeichnete 3.512 minderjährige Opfer (923 Kinder starben und 2.589 wurden verletzt) – eine Erhöhung von 24% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres; die höchste Zahl an minderjährigen Opfern seit Aufzeichnungsbeginn. Hauptursache waren Munitionsrückstände, deren Opfer meist Kinder waren. Im Jahr 2016 wurden 1.218 weibliche Opfer registriert (341 Tote und 877 Verletzte), dies deutet einen Rückgang von 2% gegenüber dem Vorjahr an (UNAMA 06.02.2017).

Hauptsächlich waren die südlichen Regionen von dem bewaffneten Konflikt betroffen: 2.989 zivile Opfer (1.056 Tote und 1.933 Verletzte) – eine Erhöhung von 17% gegenüber dem Jahr 2015. In den zentralen Regionen wurde die zweithöchste Rate an zivilen Opfern registriert: 2.348 zivile Opfer (534 Tote und 1.814 Verletzte) – eine Erhöhung von 34% gegenüber dem Vorjahreswert aufgrund von Selbstmordangriffen und komplexen Angriffen auf die Stadt Kabul. Die östlichen und nordöstlichen Regionen verzeichneten einen Rückgang bei zivilen Opfern: 1.595 zivile Opfer (433 Tote und 1.162 Verletzte) im Osten und 1.270 zivile Opfer (382 Tote und 888 Verletzte) in den nordöstlichen Regionen. Im Norden des Landes wurden 1.362 zivile Opfer registriert (384 Tote und 978 Verletzte) sowie in den südöstlichen Regionen 903 zivile Opfer (340 Tote und 563 Verletzte). Im Westen wurden 836 zivile Opfer (344 Tote und 492 Verletzte) und 115 zivile Opfer (25 Tote und 90 Verletzte) im zentralen Hochgebirge registriert (UNAMA 06.02.2017).

Laut UNAMA waren 61% aller zivilen Opfer regierungsfeindlichen Elementen zuzuschreiben (hauptsächlich Taliban), 24% regierungsfreundlichen Kräften (20% den afghanischen Sicherheitskräften, 2% bewaffneten regierungsfreundlichen Gruppen und 2% internationalen militärischen Kräften); Bodenkämpfe zwischen regierungsfreundlichen Kräften und regierungsfeindlichen Kräften waren Ursache für 10% zivile Opfer, während 5% der zivilen Opfer vorwiegend durch Unfälle mit Munitionsrückständen bedingt waren (UNAMA 06.02.2017).

Logar

Logar hat folgende Distrikte: Mohammad Agha, Sarkh, Kharwar, Baraki

Barak, Khwaki und Azrah und eine Provinzhautstadt: Pole Alam. Kabul liegt im Norden von Logar, Paktia im Süden, Nangarhar im Osten und die Provinz (Maidan) Wardak im Westen. Ein Streifen der Provinz Ghazni berührt ebenfalls Logar. Stämme der Pashtunen, Tadschiken und Hazara leben in der Provinz (Pajhwok o.D.t). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 398.535 geschätzt (CSO 2016).

Im Zeitraum 1.9.2015. – 31.5.2016 wurden in der Provinz Logar 180 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Das Haqqani Netzwerk verfügt über eine Präsenz in Teilen der Provinz (The Diplomat 15.11.2016; vergleiche auch: Khaama Press 30.5.2016). Im Rahmen einer Sicherheitsoperation wurden Schlüsselfiguren des Haqqani Netzwerkes in der Provinz verhaftet (Kabul Tribune 14.6.2016).

In der Provinz wurden militärische Operationen durchgeführt, um bestimmte Gegenden von Aufständischen zu befreien (Khaama Press 4.1.2017; Pajhwok 14.10.2017; Pajhwok 15.4.2016); dabei wurden Aufständische getötet (Pajhwok 4.1.2017). Hochrangige Talibanführer wurden verhaftet (Pajhwok 20.2.2017; vergleiche auch: Khaama Press 20.2.2017) oder getötet (Khaama Press 20.4.2016).

Kabul

Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)

Distrikt Kabul

Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Provinz Kabul

Im Zeitraum 1.9.2015. – 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).

Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).

In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).

Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vergleiche auch: UNAMA 6.2.2017).

Religionsfreiheit

Etwa 99.7% der Bevölkerung sind Muslime, davon sind 84.7-89.7% Sunniten (CIA 21.11.2016; vergleiche USCIRF 4.2016). Schätzungen zufolge, sind etwa 10–19% der Bevölkerung Schiiten (AA 9.2016; vergleiche auch: CIA 21.10.2016). Andere in Afghanistan vertretene Glaubensgemeinschaften wie z.B. Sikhs, Hindus, Baha¿i und Christen machen zusammen nicht mehr als 1% der Bevölkerung aus. Offiziell lebt noch ein Jude in Afghanistan (AA 9.2016).

Laut Verfassung ist der Islam die Staatsreligion Afghanistans. Religionsfreiheit ist in der afghanischen Verfassung verankert, dies gilt allerdings ausdrücklich nur für Anhänger/innen anderer Religionen als dem Islam. Die von Afghanistan ratifizierten internationalen Verträge und Konventionen wie auch die nationalen Gesetze sind allesamt im Lichte des generellen Islamvorbehalts (Artikel 3, der Verfassung) zu verstehen (AA 9.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Die Glaubensfreiheit, die auch die freie Religionsauswahl beinhaltet, gilt in Afghanistan daher für Muslime nicht. Darüber hinaus ist die Abkehr vom Islam (Apostasie) nach Scharia-Recht auch strafbewehrt (AA 9.11.2016).

Die Religionsfreiheit hat sich seit 2001 verbessert, wird aber noch immer durch Gewalt und Drangsale gegen religiöse Minderheiten und reformierte Muslime behindert. Blasphemie und Abtrünnigkeit werden als Kapitalverbrechen angesehen. Nichtmuslimische Religionen sind erlaubt, doch wird stark versucht, deren Missionierungsbestrebungen zu behindern (FH 27.1.2016). Hindus, Sikhs und Schiiten, speziell jene, die den ethnischen Hazara angehören, sind Diskriminierung durch die sunnitische Mehrheit ausgesetzt (FH 27.1.2016; vergleiche auch:

CSR 8.11.2016).

Im Strafgesetzbuch gibt es keine Definition für Apostasie. Laut der sunnitisch-hanafitischen Rechtsprechung gilt Enthauptung als angemessene Strafe für Männer, für Frauen lebenslange Haft, sofern sie die Apostasie nicht bereuen. Ein Richter kann eine mindere Strafe verhängen, wenn Zweifel an der Apostasie bestehen. Zu Verfolgung von Apostasie und Blasphemie existieren keine Berichte - dennoch hatten Individuen, die vom Islam konvertierten, Angst vor Konsequenzen. Christen berichteten, dass sie aus Furcht vor Vergeltung, Situationen vermieden, in denen es gegenüber der Regierung so aussehe, als ob sie missionieren würden (USDOS 10.8.2016).

Nichtmuslimische Minderheiten, wie Sikh, Hindu und Christen, sind sozialer Diskriminierung und Belästigung ausgesetzt, und in manchen Fällen, sogar Gewalt. Dieses Vorgehen ist jedoch nicht systematisch (USDOS 10.8.2016). Dennoch bekleiden Mitglieder dieser Gemeinschaften vereinzelt Ämter auf höchster Ebene (CSR 8.11.2016). Im Mai 2014 bekleidete ein Hindu den Posten des afghanischen Botschafters in Kanada (RFERL 15.5.2014). Davor war Sham Lal Bathija als hochrangiger Wirtschaftsberater von Karzai tätig (The New Indian Express16.5.2012).

Laut Verfassung soll der Staat einen einheitlichen Bildungsplan einrichten und umsetzen, der auf den Bestimmungen des Islams basiert; auch sollen religiöse Kurse auf Grundlage der islamischen Strömungen innerhalb des Landes entwickelt werden. Der nationale Bildungsplan enthält Inhalte, die für Schulen entwickelt wurden, in denen die Mehrheiten entweder schiitisch oder sunnitisch sind; ebenso konzentrieren sich die Schulbücher auf gewaltfreie islamische Bestimmungen und Prinzipien. Der Bildungsplan beinhaltet Islamkurse, nicht aber Kurse für andere Religionen. Für Nicht-Muslime ist es nicht erforderlich den Islam an öffentlichen Schulen zu lernen (USDOS 10.8.2016).

Nicht-muslimische religiöse Minderheiten werden durch das geltende Recht diskriminiert. So gilt die sunnitische-hanafitische Rechtsprechung für alle afghanischen Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von ihrer Religion (AA 9.2016). Für die religiöse Minderheit der Schiiten gilt in Personenstandsfragen das schiitische Recht (USDOS 10.8.2016).

Militante Gruppen haben sich unter anderem als Teil eines größeren zivilen Konfliktes gegen Moschen und Gelehrte gerichtet. Konservative soziale Einstellungen, Intoleranz und das Unvermögen oder die Widerwilligkeit von Polizeibeamten individuelle Freiheiten zu verteidigen bedeuten, dass jene, die religiöse und soziale Normen brechen, anfällig für Misshandlung sind (FH 27.1.2016).

Blasphemie – welche anti-islamische Schriften oder Ansprachen beinhaltet, ist ein Kapitalverbrechen im Rahmen der gerichtlichen Interpretation des islamischen Rechtes. Ähnlich wie bei Apostasie, gibt das Gericht Blasphemisten drei Tage um ihr Vorhaben zu widerrufen oder sie sind dem Tod ausgesetzt (CRS 8.11.2016).

Ein Muslim darf eine nicht-muslimische Frau heiraten, aber die Frau muss konvertieren, sofern sie nicht Anhängerin der zwei anderen abrahamitischen Religionen, Christentum und Judentum, ist. Einer Muslima ist nicht erlaubt einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten. Ehen zwischen zwei Nicht-Muslimen sind legal, solange das Paar nicht öffentlich ihren nicht-muslimischen Glauben deklariert (USDOS 10.8.2016).

Tadschiken

Die dari-sprachige Minderheit der Tadschiken ist die zweitgrößte und zweitmächtigste Gemeinschaft in Afghanistan (CRS 12.1.2015). Die Tadschiken machen etwa 30% der afghanischen Gesellschaft aus (GIZ 1.2017). Der Name t?jik (Tadschike) bezeichnete sesshafte persischsprachige Bauern oder Stadtbewohner sunnitischer Konfession (Staatendokumentation des BFA 7.2016).

Der Hauptführer der "Nordallianz", eine politisch-militärische Koalition, ist Dr. Abdullah Abdullah - dessen Mutter Tadschikin und dessen Vater Pashtune ist. Er selbst identifiziert sich politisch gesehen als Tadschike, da er ein hochrangiger Berater von Ahmad Shah Masoud, war. Mittlerweile ist er "Chief Executive Officer" in Afghanistan (CRS 12.1.2015).

Die Tadschiken sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 25% in der Afghan National Army (ANA) und der Afghan National Police (ANP) repräsentiert (Brookings 31.10.2016).

Flugverbindungen

Laut dem World Factbook existieren in Afghanistan 23 Flughäfen mit asphaltierten Landebahnen und 29 Flughäfen, die nicht über asphaltierte Landebahnen verfügen (The World Factbook 25.2.2016).

Beispiele für internationale Flughäfen in Afghanistan

Internationaler Flughafen Kabul

Der Flughafen in Kabul ist ein internationaler Flughafen (NYT 4.1.2016; vergleiche auch: Hamid Karzai Airport 2015). Ehemals bekannt als internationaler Flughafen Kabul, wurde er im Jahr 2014 in den internationalen Flughafen Hamid Karzai umbenannt. Dieser liegt 16 km außerhalb des Stadtzentrums von Kabul. In den letzten Jahren wurde der Flughafen erweitert und modernisiert. Ein neuer internationaler Terminal wurde hinzugefügt und der alte Terminal wird nun für nationale Flüge benutzt (Hamid Karzai Airport 2015).

Internationaler Flughafen Mazar-e Sharif

Im Jahr 2013 wurde der internationale Maulana Jalaluddin Balkhi Flughafen in Mazar-e Sharif, der Hauptstadt der Provinz Balkh eröffnet (Pajhwok 9.6.2013).

Internationaler Flughafen Kandahar

Der internationale Flughafen Kandahar hat 37 Stellplätze für insgesamt 250 Flugzeuge. Laut einem offiziellen Vertreter des Flughafens ist sowohl die externe als auch interne Sicherheit des Flughafens zufriedenstellend und der Flughafen sicherer als andere Flughäfen im Land. Der Flughafen ist Ziel nationaler, sowie auch internationaler Flüge z.B. aus Indien, Iran, Dubai und anderen Abflugsorten. Hinkünftig sollen auch Flüge der Turkish Airline den Flughafen Kandahar anfliegen, nachdem auch die Türkei ein Konsulat in dieser Provinz eröffnet hat. Ferner hat die in Bahrain ansässige Firma DHL Express damit begonnen Frachtflüge zum Flughafen Kandahar durchzuführen. Ein Teil des Flughafens steht den internationalen Streitkräften zur Verfügung. Eine separate Militärbasis für einen Teil des afghanischen Heeres ist ebenso dort, wie andere Gebäude für Firmen (Pajhwok 3.6.2015).

Internationaler Flughafen Herat

Im Jahr 2012 wurde der neue Terminal des internationalen Flughafens von Herat eröffnet (Pajhwok 13.2.2012; vergleiche auch: DW 10.4.2013).

Grundversorgung und Wirtschaft

Im Jahr 2015 belegte Afghanistan im 'Human Development Index' (HDI) den 171. von 188 Plätzen (UNDP 2016; vergleiche auch: AA 11.2016). Afghanistan bleibt trotz eines gewaltigen Fortschritts innerhalb einer Dekade eines der ärmsten Länder. Die Sicherheit und politische Ungewissheit sowie die Reduzierung internationaler Truppen, gemeinsam mit einer schwachen Regierung und [schwachen] Institutionen, haben Wachstum und Beschäftigung gehemmt und seit kurzem zu einer erhöhten Migration geführt (IWF 13.04.2016).

Trotz eines guten Wirtschaftswachstums von 2007 bis 2011 stagnierte die Armutsrate bei 36%. Am häufigsten tritt Armut in ländlichen Gebieten auf, wo die Existenzgrundlage von der Landwirtschaft abhängig ist (WB 02.05.2016). Die Regierung hat die landwirtschaftliche Entwicklung zur Priorität erhoben. Dadurch sollen auch gering qualifizierte Afghaninnen und Afghanen bessere Chancen auf einen Arbeitsplatz bekommen. Insbesondere sollen die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Afghanistans wieder eine stärkere Rolle auf den Weltmärkten spielen. Gerade im ländlichen Raum bleiben die Herausforderungen für eine selbsttragende wirtschaftliche Entwicklung angesichts mangelnder Infrastruktur, fehlender Erwerbsmöglichkeiten außerhalb der Landwirtschaft und geringen Ausbildungsstandes der Bevölkerung (Analphabetenquote auf dem Land von rund 90%) aber groß. Sicher ist, dass die jährlich rund 400.000 neu auf den Arbeitsmarkt drängenden jungen Menschen nicht vollständig vom landwirtschaftlichen Sektor absorbiert werden können (AA 11.2016).

Das BIP-Wachstum im Jahr 2015 wurde auf 1,5% geschätzt. Als Faktoren zählten die sich verschlechternde Sicherheitslage, die Privatinvestitionen schwächte, verspätete Vollstreckung des Haushaltsplanes und unvorteilhafte Wetterbedingungen, die zu einem niedrigeren landwirtschaftlichen Ertrag führten (IMF 13.4.2016). Die wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans wird trotz positiver Wachstumsraten in der letzten Dekade weiterhin nicht durch ein selbsttragendes Wirtschaftswachstum, sondern durch die Zuschüsse der internationalen Gebergemeinschaft stimuliert. Den größten Anteil am BIP (2015: 19,2 Milliarden USD laut Weltbank) hat der Dienstleistungssektor mit 55%, gefolgt von der Landwirtschaft mit 22,6%. Industrieproduktion ist kaum vorhanden. Trotz einer großen Bedeutung des Außenhandels – Afghanistan ist in hohem Maße von Importen abhängig – sind afghanische Produkte bisher auf internationalen sowie regionalen Märkten kaum wettbewerbsfähig (AA 11.2016). Das Wirtschaftswachstum ist in den Jahren 2014 und 2015 stark auf 1.5 - 2% gesunken; internationale Entwicklungshilfe führte zu Wachstum und Jobs in Konfliktregionen, dennoch steuerte es nicht zu einer gesteigerten Produktivität bei. Ungleichheit stieg parallel zur ungleichen Wachstumsverteilung – Regionen im Nordosten, Osten, sowie im Westen des Zentralgebietes scheinen aufgrund ihrer geografischen Abgelegenheit, starken Klimaveränderungen, niedriger Hilfe und Unsicherheit nachzuhinken. Arbeitslosigkeit, Naturgefahren, fehlender Zugang zu Dienstleistungen sowie Gewalt sind Hauptfaktoren für die hohe Armutsrate in Afghanistan. Entwicklungsschwierigkeiten verstärkten die wachsende Unsicherheit, Verunsicherung und schrumpfende Hilfe (WB 02.05.2016).

Wichtige Erfolge wurden im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur erzielt. Durch den Bau von Straßen und Flughäfen konnte die infrastrukturelle Anbindung des Landes verbessert werden. Große wirtschaftliche Erwartungen werden an die zunehmende Erschließung der afghanischen Rohstoffressourcen geknüpft. In Afghanistan lagern die weltweit größten Kupfervorkommen sowie Erdöl, Erdgas, Kohle, Lithium, Gold, Edelsteine und seltene Erden. Mit dem 2014 verabschiedeten Rohstoffgesetz wurden die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen für privatwirtschaftliche Investitionen in diesem Bereich verbessert. Entscheidend für Wachstum, Arbeitsplätze und Einnahmen aus dem Rohstoffabbau ist die Umsetzung des Gesetzes. Darüber hinaus müssen Mechanismen zum Einnahmenmanagement etabliert werden. Der Abbau der Rohstoffe erfordert große und langfristige Investitionen in die Exploration und Infrastruktur durch internationale Unternehmen. Bisher sind diese noch kaum im Abbau von Rohstoffen im Land aktiv. Derzeit niedrige Weltmarktpreise lassen die Investitionsbereitschaft zusätzlich sinken (AA 11.2016).

Afghanistan bleibt weiterhin der weltweit größte Produzent für Opium, Heroin und Cannabis. Trotz einer breit angelegten Strategie verhindern die angespannte Sicherheitslage in den Hauptanbaugebieten im Süden des Landes sowie die weit verbreitete Korruption eine effiziente Bekämpfung des Drogenanbaus. Die hohen Gewinnmargen erschweren zudem die Einführung von alternativen landwirtschaftlichen Produkten (AA 11.2016).

Projekte der afghanischen Regierung

Im September 2016 fiel der Startschuss für das "Citizens’ Charter National Priority Program"; dieses Projekt zielt darauf ab, die Armut zu reduzieren und den Lebensstandard zu erhöhen, indem die Kerninfrastruktur und soziale Dienstleistungen der betroffenen Gemeinschaften verbessert werden. Die erste Phase des Projektes hat ein Drittel der 34 Provinzen zum Ziel; die vier Städte Balkh, Herat, Kandahar und Nangarhar sind Schwerpunkt des städtischen Entwicklungsprogrammes, welche als erste behandelt werden sollen. In der ersten Phase sollen 8,5 Millionen Menschen erreicht werden, mit dem Ziel, 3,4 Millionen Menschen sauberes Trinkwasser zur Verfügung zu stellen, die Gesundheitsdienstleistungen zu verbessern, Bildung, Landstraßen, Elektrizität, sowie die Zufriedenheit zu steigern und das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung zu erhöhen. Des Weiteren zielt das Projekt darauf ab, Binnenvertriebene, Menschen mit Behinderung, arme Menschen und Frauen besser zu integrieren (WB 10.10.2016).

Krankenkassen und Gesundheitsversicherung

Es gibt keine staatliche Krankenkasse, und die privaten Anbieter sind überschaubar und teuer, somit für die einheimische Bevölkerung nicht erschwinglich. Die staatlich geförderten öffentlichen Krankenhäuser bieten ihre Dienste zwar umsonst an, jedoch sind Medikamente häufig nicht verfügbar, und somit muss bei privaten Apotheken von den Patient/innen selbst bezahlt werden. Untersuchungen, Labortests sowie Routine Check-Ups sind in den Krankenhäusern umsonst (IOM 21.09.2016). Da kein gesondertes Verfahren existiert, haben alle Staatsbürger Zugang zu medizinischer Versorgung und Medikamenten. Physisch und geistig Behinderte sowie Opfer von Missbrauch müssen eine starke familiäre und gesellschaftliche Unterstützung sicherstellen. Für verschiedene Krankheiten und Infektionen ist medizinische Versorgung nicht verfügbar. Chirurgische Eingriffe können nur in ausgewählten Orten geboten werden, welche zudem meist einen Mangel an Ausstattung und Personal aufweisen. Diagnostische Ausstattungen wie Computer Tomographie sind in Kabul (eine in Kabul) verfügbar (IOM 2016).

Medikamente

Medikamente sind auf jedem Markt in Afghanistan erwerblich, Preise variieren je nach Marke und Qualität des Produktes (IOM 2016). Obwohl freie Gesundheitsdienstleistungen in öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, können sich viele Haushalte gewisse Kosten für Medikamente oder den Transport zu Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen nicht leisten bzw. war es vielen Frauen nicht erlaubt, alleine zu einer Gesundheitseinrichtung zu fahren (USDOS 13.04.2016).

Krankenhäuser in Afghanistan

Eine begrenzte Zahl staatlicher Krankenhäuser in Afghanistan bietet kostenfreie medizinische Versorgung. Die Kosten für Medikamente in diesen Einrichtungen weichen vom lokalen Marktpreis ab. Privatkrankenhäuser gibt es zumeist in größeren Städten wie Kabul, Jalalabad, Mazar-e-Sharif, Herat und Kandahar. Die Behandlungskosten in diesen Einrichtungen variieren. Um Zugang zu erhalten, benötigt man die afghanische Nationalität (Ausweis/Tazkira). Man kann sich mit seinem Ausweis in jedem afghanischen Krankenhaus registrieren und [wird] je nach gesundheitlicher Beschwerde einem Arzt zugewiesen werden. Sollten Operation und Krankenhausaufenthalt nötig sein, wird dem Patienten in dem Krankenhaus ein Bett zur Verfügung gestellt (IOM 2016).

In Kandahar eröffnete eine pädiatrische Abteilung im Mirwais Krankenhaus, mit dem Ziel, die extrem hohe Säuglingssterberate zu reduzieren: unter anderem verdoppelte sich die Zahl der Säuglingsschwestern; die neue Brutkasteneinheit unterstützt die Spezialist/innen der Neonatalogie (The Guardian 01.12.2016).

[ ]

Rückkehr:

Seit Jänner 2016 sind mehr als 700.000 nicht registrierte Afghanen aus dem Iran und Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Thomson Reuters Foundation 12.01.2017); viele von ihnen sind laut Internationalem Währungsfonds (IMF) hauptsächlich aus Pakistan, aus dem Iran, Europa und anderen Regionen nach Afghanistan zurückgekehrt. Viele Afghan/innen, die jahrzehntelang im Ausland gelebt haben, kehren in ein Land zurück und sind Konflikten, Unsicherheit und weitreichender Armut ausgesetzt. Aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Bedingungen sind Rückkehrer/innen im Allgemeinen arm. Auch wenn reichere Rückkehrer/innen existieren, riskiert ein typischer rückkehrender Flüchtling, in die Armut abzurutschen (RFL/RE 28.01.2017). Die meisten Rückkehrer/innen (60%) entschlossen sich – laut UNHCR –, sich in den städtischen Gegenden Kabuls, Nangarhar und Kunduz niederzulassen (UNHCR 6.2016).

IOM verlautbarte eine Erhöhung von 50.000 Rückkehrer/innen gegenüber dem Vorjahr. UNHCR hat im Jahr 2016 offiziell 372.577 registrierte Afghanen in die Heimat zurückgeführt. Laut UNHCR und IOM waren der Großteil der Rückkehrer junge Männer aus dem Iran, die auf der Suche nach Arbeit oder auf dem Weg nach Europa waren (Thomson Reuters Foundation 12.01.2017). Der Minister für Flüchtlinge und Repatriierung sprach sogar von einer Million Flüchtlingen, die im letzten Jahr nach Afghanistan zurückgekehrt sind – davon sind über 900.000 freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt (Khaama Press 17.01.2017).

Afghanische Rückkehrer/innen, afghanische Flüchtlinge und nicht registrierte Afghan/innen

Pakistan

Pakistan hat seit 1978 nicht weniger als eine Million Afghan/innen beherbergt. In den Jahren 1986 bis 1991 waren etwa drei Millionen Flüchtlinge in Pakistan. Zwischen 2002 und 2015 unterstützte UNHCR 3,9 Millionen Afghan/innen bei der Rückkehr. Der Großteil davon kehrte bis Ende 2008 zurück, danach ging die Rückkehrrate signifikant zurück (HRW 13.02.2017).

Wegen zunehmender Spannungen zwischen der afghanischen und pakistanischen Regierung (Die Zeit 13.02.2017) waren im Jahr 2016

249.832 Afghan/innen entweder freiwillig oder durch Abschiebung aus Pakistan nach Afghanistan zurückgekehrt (Stand: 07.01.2017) (IOM 08.01.2017).

Bis Ende 2017 soll eine weitere halbe Million Afghan/innen aus Pakistan zurückkehren. Die Anzahl der Rückkehrer/innen ist in den letzten zwei Jahren stetig gestiegen (DAWN 12.01.2017). In der ersten Jännerwoche 2017 kehrten 1.643 nicht registrierte Afghan/innen aus Pakistan (freiwillig oder im Rahmen von Abschiebungen) nach Afghanistan zurück (IOM 08.01.2017). In der zweiten Jännerwoche sind insgesamt 1.579 nicht registrierte Afghan/innen über Nangarhar und Kandahar, entweder freiwillig oder im Zuge von Abschiebungen, zurückgekehrt. IOM hat im Berichtszeitraum 79% nicht registrierte Afghan/innen unterstützt; dies beinhaltete Essen und Unterbringung in Transitzentren in Grenznähe, sowie Haushaltsgegenstände und andere Artikel für Familien, spezielle Unterstützung für Personen mit speziellen Bedürfnissen, eine ein-Monatsration vom Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme – WFP) und andere relevante Hygieneartikel. Im Rahmen einer Befragung gaben 76% Ende 2016 an, Nangarhar als Niederlassungsprovinz zu wählen, für 16% war dies Kabul, für 4% war es Laghman, 2% gingen nach Kunar und weitere 2% nach Logar (IOM 15.01.2017).

Im Februar 2017 veröffentlichte Human Rights Watch (HRW) einen Bericht, in dem von "Zwangsrückführungen" afghanischer Flüchtlinge gesprochen wird (HRW 13.02.2017). Der HRW-Bericht basiert auf 115 Interviews mit afghanischen Rückkehrer/innen nach Afghanistan, sowie afghanischen Flüchtlingen und nicht registrierten Afghan/innen in Pakistan (DAWN 13.02.2017; vergleiche auch: HRW 13.02.2017). UNHCR hatte im Juni 2016 die finanzielle Unterstützung für jede Rückkehrer/in von US$ 200 auf US$ 400 erhöht (HRW 13.02.2017). HRW argumentiert, dies sei ein Faktor, der afghanische Flüchtlinge dazu bewogen habe, nach Afghanistan zurückzukehren. Laut UNHCR wurden 4.500 Rückkehrer/innen bei Ankunft interviewt, von denen keiner die Bargeldzuschüsse als primären Faktor für die Rückkehrentscheidung angab (DAWN 13.02.2017). Als Gründe für die Rückkehr wurden unter anderem folgendes angegeben: Einrichtung formeller Grenzkontrolle in Torkham; große Besorgnis über die Gültigkeit der Proof of Registration Card (PoR-Cards); Kampagne der afghanischen Regierung in Pakistan ("home sweet home”), die Afghan/innen bat, nach Hause zurückzukehren (UNHCR 03.02.2017).

Iran

Seit 01.01.2016 sind insgesamt 461.112 nicht-registrierte Afghan/innen aus dem Iran nach Afghanistan zurückgekehrt. In der zweiten Jännerwoche 2017 sind insgesamt 9.378 nicht registrierte Afghan/innen nach Afghanistan durch Herat oder Nimroz zurückgekehrt; von diesen sind 3.531 freiwillig und 5.847 im Zuge von Abschiebungen zurückgekehrt – 2% der nicht registrierten Afghan/innen, die in den Transitzentren in Herat oder Nimroz ankamen, wurden von IOM unterstützt. Dazu zählten 101 UMF (unbegleitete minderjährige Flüchtlinge), denen IOM eine besondere Unterstützung zukommen ließ, inklusive medizinischer Behandlung, sichere Unterkünfte und die Suche nach Familienangehörigen (IOM 15.01.2017).

Ein UNHCR-Vertreter berichtete, dass afghanische Flüchtlinge in Gegenden zurückkehrten, in denen der Friede wieder hergestellt wurde. Dennoch sei es schwierig, alle afghanischen Flüchtlinge eines Jahres zu verteilen, da der Iran afghanische Migrant/innen zurückschicke und Afghanistan eine [hohe] Anzahl wohnungsloser Menschen hat, die zusätzlich die Situation verkomplizieren (Pakistan Observer 02.01.2017). Die IOM-Transitzentren in Grenznähe bieten elementare Unterkünfte, Schutz für unbegleitete Minderjährige, Haushaltsgegenstände (Töpfe und Pfannen), sowie Transportmöglichkeiten für Familien, um sich in ihren Wunschgebieten ansiedeln zu können (DAWN 12.01.2017).

Unterstützung durch verschiedene Organisationen Vorort

Eine steigende Zahl von Institutionen bietet Mikrofinanzleistungen an. Die Voraussetzungen hierfür unterscheiden sich, wobei zumeist der Fokus auf die Situation/Gefährdung des Antragenden und die Nachhaltigkeit des Projekts gelegt wird. Rückkehrer und insbesondere Frauen erhalten regelmäßig Unterstützung durch Mikrofinanzleistungen. Jedoch sind die Zinssätze in der Regel vergleichsweise hoch (IOM 2016).

Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme - WFP) hat in Afghanistan eine neunmonatige Operation eingeleitet, um die wachsenden Zahl der Rückkehrer/innen aus Pakistan und Binnenvertriebe zu unterstützen, indem ihnen Notfallsnahrung und andere Mittel zur Verfügung gestellt werden:

Sowohl das WFP als auch andere UN-Organisationen arbeiten eng mit der afghanischen Regierung zusammen, um die Kapazität humanitärer Hilfe zu verstärken, rasch Unterkünfte zur Verfügung zu stellen, Hygiene- und Nahrungsbedürfnisse zu stillen. Die Organisation bietet 163.000 nicht-registrierten Rückkehrer/innen, 200.000 dokumentierten Rückkehrer/innen und 150.000 Binnenvertriebenen, Flüchtlingen Nahrungs- und Finanzhilfe an; auch 35.000 Flüchtlinge in den Provinzen Khost und Paktika wurden unterstützt. Das WAFP hat seine Unterstützungen in Ostafghanistan verstärkt – um Unterernährung zu vermeiden; das WFP unterstützte mehr als 23.000 Kleinkindern aus Rückkehrer-Familien. Ziel des WFP ist es 550.000 Menschen durch Notfallsorganisationen zu helfen (UN News Centre 15.11.2016).

Einige Länder arbeiten auch eng mit IOM in Afghanistan im Rahmen des Programms Assisted Voluntary Return zusammen - insbesondere, um die Reintegration zu erleichtern. IOM bietet Beratung und psychologische Betreuung im Aufnahmeland, Unterstützung bei Reiseformalitäten, Ankunft in Kabul und Begleitung der Reintegration einschließlich Unterstützung bei der Suche nach einer Beschäftigung oder Gewährung eines Anstoßkredits an. Obwohl IOM Abschiebungen nicht unterstützt und keine Abschiebungsprogramme durchführt, gibt IOM auch abgeschobenen Asylbewerber/innen Unterstützung nach der Ankunft im Land (AA 9.2016). Mit Ausnahme von IOM gibt es keine weiteren Organisationen, die Unterstützung bei der Reintegration von Rückkehrer/innen in Afghanistan anbieten (IOM 2016).

Staatliches Pensionssystem

Es ist nur ein öffentliches Rentensystem etabliert. Das übliche Rentenalter liegt zwischen 63 und 65 Jahren, hängt jedoch vom Einzelfall ab. Personen, die in Afghanistan gearbeitet haben, haben Zugang zu Rentenzahlungen. Es gibt keine Einschränkungen, die einzige Voraussetzung ist, dass die Person mehr als 32 Jahre gearbeitet hat und zwischen 63-65 Jahren alte ist. Menschen mit körperlichen oder psychischen Behinderungen werden als vulnerabel/schutzbedürftig eingestuft. Sie können Sozialhilfe beziehen und zumindest körperlich benachteiligte Menschen werden in der Gesellschaft respektvoll behandelt. Schwierig ist es allerdings mit mental erkrankten Menschen, diese können beim Roten Halbmond und in entsprechenden Krankenhäusern (Ali Abad Mental Hospital, siehe Kontakte) behandelt werden (IOM 2016).

Es gibt keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit. Lediglich beratende Unterstützung wird vom Arbeitsministerium und der NGO ACBAR (www.acbar.org) angeboten (IOM 2016).

Erhaltungskosten in Kabul

Die monatlichen Lebenshaltungskosten in Kabul, für eine Person sind abhängig von den Ausgaben und liegen durchschnittlich zwischen 150-250 USD pro Person. Diese Zahlen beziehen sich nur auf Kleidung, Nahrung und Transport, die Unterbringung (Miete) ist dabei nicht berücksichtigt. Die Haus- oder Wohnungsmiete hängt von der Lage ab. Die Unterbringung im Zentrum der Stadt beträgt für eine Ein-Zimmer Wohnung (Bad und Küche) beginnend von 6.000 AFA (88 USD) bis zu 10.000 AFD (146 USD) pro Monat (IOM 22.4.2016). In Kabul sowie im Umland und auch anderen Städten stehen eine große Anzahl an Häusern und Wohnungen zur Verfügung. Die Kosten in Kabul City sind jedoch höher als in den Vororten oder auch anderen Provinzen. Private Immobilienhändler bieten Informationen zu Mietpreisen für Häuser, Apartments etc. an. Rückkehrer können bis zur 2 Wochen im IOM Empfangszentrum in Jangalak untergebracht werden (IOM 2016).

Auszüge aus dem Bankensystem in Afghanistan

Nach einer Zeit mit begrenzten Bankdienstleistungen, entstehen im Finanzsektor in Afghanistan schnell mehr und mehr kommerzielle Banken und Leistungen. Die kommerziellen Angebote der Zentralbank gehen mit steigender Kapazität des Finanzsektors zurück. Es ist einfach in Afghanistan ein Bankkonto zu eröffnen. Die Bank wird nach folgendem fragen: Tazkira/ (Personalausweis/Pass); 2 Passfotos und AFA 1,000 bis 5,000 als Mindestkapital für das Bankkonto (IOM 2016).

Bis heute sind mehr als ein Dutzend Banken im Land aktiv:

Afghanistan International Bank, Azizi Bank, Arian Bank, Alfalah Bank Ltd., Bank-E-Millie Afghan, BRAC Afghanistan Bank, Development Bank of Afghanistan, Export Promotion Bank, Habib Bank of Pakistan, Kabul Bank, National Bank of Pakistan, Pashtany Bank, Punjab National Bank - India, The First Microfinance Bank, Ghazanfar Bank, Maiwand Bank, Bakhtar Bank. Zu deren Leistungen zählen: Internationaler Geldtransfer via SWIFT (Society For World Wide Interbank Funds Transfer), inländische Geldtransfers in Afghanistan, diverse Kreditprodukte und andere Handelsleistungen, sowie Sparen und Girokonten (IOM 2016).

Internationaler Geldtransfer via SWIFT ist seit 2003 über die Zentralbank verfügbar. Auch kommerzielle Banken bieten derzeit internationalen Geldtransfer an, manche nutzen eigene Möglichkeiten, andere greifen auf die Ressourcen der Zentralbank zurück. Die Zentralbank kann die Nachfrage des Bankensektors nach Bargeld in afghanischer Währung sowie in US Dollar bedienen. Um Geld nach Afghanistan zu überweisen, müssen die Betroffenen ein Konto in Afghanistan haben. Die Zentralbank beabsichtigt, sich vom kommerziellen Bankgeschäft zurückzuziehen, da die kommerziellen Banken ihre Tätigkeiten in Afghanistan ausbauen. Die Zentralbank kann Überweisungen und andere Bankdienstleistungen in den Provinzen in ganz Afghanistan gewährleisten (IOM 2016). Geldtransferanbieter wie Western Union sind ebenfalls weit verbreitet (IOM 2016; vergleiche auch: Western Union Holdings, Inc 2016 und Azizi Bank 2014).

Memorandum of Understanding (MoU)

Die Schweiz, Australien, Iran, Norwegen, Pakistan, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, die Niederlande und Schweden haben seit 2002 mit Afghanistan und dem UNHCR sog. Drei-Parteien-Abkommen (MoU – Memorandum of Understanding) zur Regelung der freiwilligen Rückkehr von afghanischen Flüchtlingen in ihr Heimatland geschlossen. Die Abkommen sehen u. a. die Übernahme von Reisekosten, Wiedereingliederungshilfe und Unterstützungsmaßnahmen für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge vor. Großbritannien, Frankreich, Italien, Dänemark, Norwegen, Schweden und Australien schieben abgelehnte Asylbewerber/innen afghanischer Herkunft nach Afghanistan ab. Von Norwegen ist bekannt, dass auch Familien mit minderjährigen Kindern abgeschoben werden. Der afghanische Flüchtlingsminister Balkhi (seit Ende Januar 2015 im Amt) lehnt die Rücknahme von afghanischen Flüchtlingen ab und ignoriert die MoUs, wurde jedoch von Präsident Ghani in seinem Einfluss beschnitten. Ein deutsch-afghanisches Rücknahme-MoU wurde am 2. Oktober 2016 in Kabul unterzeichnet (AA 9.2016).

2. Auszug aus einer mündlichen gutachterlichen Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. Rasuly, erstattet in der mündlichen Verhandlung vom 05.09.2017:

"Fragen an den SV Dr. Rasuly:

VR an den SV: Welche Mindestanforderungen stellen US-Truppen in Afghanistan an lokale Dolmetscher hinsichtlich Aus- und Vorbildung?

SV: Für Militäreinsätze der Nato-Truppen werden Afghanen mit einfachem z.B. Basis-Englisch-kenntnis aufgenommen. Bei Militäreinsätzen der Nato-Truppen werden Hausdurchsuchungen durchgeführt. Bei dieser Gelegenheit reicht es, dass der Dolmetscher, die Frauen anweisen, sich aus den Räumlichkeiten zu entfernen, weil eine Hausdurchsuchung durchgeführt wird oder sie werden gefragt, wie ihre Männer oder Söhne heißen würden usw. Die festgenommenen Personen werden abgeführt und werden nicht an Ort und Stelle befragt. Für sie werden qualifizierte Dolmetscher herangezogen, die bei der US-Armee angestellt sind.

VR an den SV: Bis wann waren oder sind US-Truppen in Logar stationiert (gewesen)?

SV: Die Nato-Truppen wurden Großteils im Jahre 2015 aus Afghanistan abgezogen. Aber die Länder wie USA, Deutschland, Australien usw. behielten kleinere Kontingente weiterhin in Afghanistan. Die US Armee führte weiterhin Luftangriffe und Hausdurchsuchungen, u. A. in der Provinz Logar, wo die Taliban aktiv sind durch. Die US-Armee hatte ein Militärlager in Logar. Ob sie diesen Militärstützpunkt 2015 geschlossen haben, konnte ich keine Literatur dazu, ad hoc, finden, aber sie hatten auf alle Fälle auch im Jahre 2015 und 2016 Luftangriffe und weiteren Militäreinsätze in der Provinz Logar.

VR: Frage an den SV: Besteht für jemanden, der gelegentlich anlässlich einer Hausdurchsuchung Hilfsdienste ohne Bezahlung für Amerikaner im Rahmen des Hofes/Hauses der Großfamilie (von Mauer umgeben) geleistet hat, eine Gefahr der Bedrohung durch Taliban? Auch noch nach Jahren?

SV: Nach den heutigen Angaben des BF während der Verhandlung hat der BF für die Amerikaner nicht gearbeitet und er war auch nicht bei diesen für Gelegenheitstätigkeiten angestellt.

Nach den Angaben des BF selbst sind die Amerikaner zu ihnen gekommen und wollten Hausdurchsuchungen durchführen. Dabei hat sich herausgestellt, dass ein Familienmitglied, der BF, Englisch sprechen konnte und er ist zwischen den Amerikanern und seiner Familienmitglieder als Dolmetscher aufgetreten. Dieser Art von Aktivität kann nicht als Tätigkeit für die Amerikaner bezeichnet werden, sondern als Unterstützung und Hilfe für sich und seine eigene Familie. Während einer Hausdurchsuchung der Amerikaner bleiben jene Familien Großteils verschont, wenn jemand aus der eigenen Familie Englisch-Kenntnis besitzt und mit den Amerikaner über die Angelegenheiten seiner Familie kommuniziert. Aber wenn in dieser Familie Terroristen vermutet und während der Hausdurchsuchung Personen festgenommen werden, bleibt diese Familie trotzt Englischkenntnissen eines Familienmitgliedes nicht verschont und können mehrere Familienmitglieder, auch der als Dolmetscher fungierendes Mitglied mitgenommen werden.

Taliban verfolgen jene Personen, die für die Amerikaner außerhalb ihrer Familien und Häusern übersetzen und an den Hausdurchsuchungen in fremden Häusern sich beteiligen.

Außerdem werden Personen von den Taliban verfolgt, die in einem NGO oder Büro der Amerikaner angestellt sind.

Taliban müssen eine Person als Feind oder als Mitarbeiter der Ungläubigen ansehen, um sie zu verfolgen. Der BF war jedoch nach seinen eigenen Angaben außerhalb seiner Familie nicht als Dolmetscher für die Amerikaner tätig.

VR an den SV: Werden Personen, die die Absicht haben, sich für eine staatliche Stelle zu bewerben, von religiöse-radikalen Gruppen (Taliban), verfolgt?

SV: Millionen Afghanen suchen Arbeit, weil die Arbeitslosenrate in Afghanistan besonders unter den Jugendlichen sehr hoch ist. Die meisten dieser Personen versuchen, im staatlichen Bereich eine Anstellung z.B. als Beamte oder als Gärtner zu bekommen. Es ist mir nicht bekannt, dass jemand wegen einer Absichtserklärung, einmal bei einer staatlichen Stelle sich zu bewerben, von den Taliban verfolgt worden wäre. Allerdings kommt es gelegentlich vor, dass Personen, die für den Staat ehrenamtlich tätig gewesen sind, wie z.B. Dorfältesten oder Geschäftsleute, von den Taliban in Mitleidenschaft gezogen worden sind."

römisch II. Beweiswürdigung:

Der Beweiswürdigung liegen folgende maßgebende Erwägungen zugrunde:

römisch II.1. Zum Verfahrensgang

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsakts des Bundesverwaltungsgerichts.

römisch II.2. Zur Person und zum Vorbringen des Beschwerdeführers

1. Die Feststellungen zur Identität (Name, Geburtsdatum und Geburtsort), zur Staatsangehörigkeit, zur Volksgruppen- und zur Religionszugehörigkeit und zur Herkunft beruhen auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers im verwaltungsbehördlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG sowie auf der Kenntnis und Verwendung der Sprache Dari.

Die Identität des Beschwerdeführers steht mit für das Verfahren ausreichender Sicherheit fest.

2. Die Feststellung zur unrechtmäßigen Einreise in Österreich stützt sich auf die Aussage des Beschwerdeführers bei seiner Erstbefragung, nach denen er nicht mit den für die Einreise nach Österreich vorgeschriebenen Dokumenten in das Bundesgebiet einreiste.

3. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Heimatort, seinen Lebensumständen im Herkunftsstaat, seiner Schulbildung, seiner Berufstätigkeit und seinem Gesundheitszustand stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

4. Die Feststellungen zur Familiensituation stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

Dass seine Mutter ein Grundstück besitzt und sein Onkel sie unterstützt führte der Beschwerdeführer bereits in der Einvernahme vor dem BFA aus. In der mündlichen Verhandlung gab er dann näher dazu befragt an, dass seine Mutter ein großes Grundstück (7,5 jirib umgerechnet 15.000 m²) besitzt, welches sie an einen Bauern verpachtet, der im Gegenzug einen Teil der Ernte an sie leistet. Weiters gab er an, dass sein Onkel mütterlicherseits ein Autoersatzteilgeschäft hat und seine Mutter finanziell unterstützt.

Die Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise aus Kabul drei bis vier Tage bei seiner Tante mütterlicherseits in Kabul aufgehalten hat ergibt sich aus seinen Angaben in der behördlichen Einvernahme und der mündlichen Verhandlung. In der mündlichen Verhandlung führte der Beschwerdeführer außerdem aus, dass es seiner Tante gut gehe und er telefonischen Kontakt zu ihr habe, wobei er das letzte mal vier Tage vor der mündlichen Verhandlung mit ihr telefoniert hat. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers brachte in seiner ergänzenden Stellungnahme vor, dass diese Tante auf Grund ihrer schlechten finanziellen Situation nicht fähig sei, ihn zu unterstützen und auf Grund des patrilinearen Gesellschaftssystems auch nicht dafür zuständig sei. Ihr Ehemann lehne zudem eine Unterstützung des Beschwerdeführers, auf Grund unterschiedlicher religiöser Hintergründe zwischen ihm und dem Beschwerdeführer, ab. In den Aussagen des Beschwerdeführers zu seiner Tante lassen sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte für ein solches Vorbringen finden und wird dies auf Grund der Art und Weise des Vorbringens (erstmals in der ergänzenden Stellungnahme nach der mündlichen Verhandlung) als reine Schutzbehauptung gewertet.

Die Feststellung, dass der Vater des Beschwerdeführers im Jahr 2011 verschwunden ist und er die Gründe für sein Verschwinden nicht kennt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers vor dem BFA und in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. In der Einvernahme vor der Behörde gab er an, dass er seit fünf oder sechs Jahren keinen Kontakt mehr zu seinem Vater hätte und auch nicht wisse wo er wohne oder was er mache. In der mündlichen Verhandlung bekräftigte er diese Aussage erneut und gab an, dass er "nichts über sein Leben und Tod wissen würde" (VH-Protokoll S. 5). Die Ausführungen in der Stellungnahme des bevollmächtigten Vertreters des Beschwerdeführers vom 19.05.2017 dazu, dass die Taliban nach der Flucht des Beschwerdeführers seinen Vater bedroht hätten, um den Aufenthaltsort des Bruders zu erfahren und dass sein Vater im selben Jahr plötzlich verschwand, so dass davon auszugehen sei, dass gegen den Vater ein tätlicher Angriff ausgeführt worden sei, sind rein spekulativer Natur und lassen sich nicht mit den Aussagen des Beschwerdeführers vereinen. Der Beschwerdeführer hat weder in seiner Einvernahme vor der Behörde, noch in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Zusammenhang zwischen den vermeintlichen Drohungen gegen seinen Bruder und dem Verschwinden seines Vaters hergestellt. Er berichtete lediglich davon, dass er selber und sein Onkel von den Taliban nach seinem Bruder gefragt worden seien. Seinen Vater erwähnte der Beschwerdeführer, dabei mit keinem Wort (VH-Protokoll S. 17: "BFV:

Wie oft haben die Taliban nach Ihrem Bruder gefragt? BF: Ich wurde bei der zweiten Bedrohung durch die Taliban nach meinen Bruder gefragt. Ich weiß nicht, wie oft sie meinen Onkel ms nach meinem Bruder gefragt haben.").

5. Die Feststellungen zu den Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich stützen sich auf seine Angaben dazu in der mündlichen Verhandlung und den von ihm im Laufe des Verfahrens vorgelegten Unterlagen. Dass sich sein Bruder, der Volljährig ist und den Status des subsidiär Schutzberechtigten hat, seit Mai 2011 in Österreich aufhält ergibt sich aus den Aussagen des Beschwerdeführers vor dem BFA und vor dem BVwG. In der mündlichen Verhandlung erklärte der Beschwerdeführer, dass er regelmäßigen telefonischen Kontakt zu seinem Bruder habe und ihn ein einziges Mal im Februar 2016 gesehen bzw. besucht habe. Es gibt keinerlei Hinweise auf ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Bruder.

Die Feststellungen zu seinen Deutschkenntnissen und zu seinen Integrationsbemühungen stützen sich auf die von ihm vorgelegten Urkunden und Bestätigungen sowie seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung. Dass er regelmäßig mit einem freiwilligen Helfer Deutsch lernt, an Feiertagen mit einer freiwilligen Helferin spazieren geht und an monatlichen Veranstaltungen, die von dem Pfarrverband-Initiativgruppe "Flüchtlinge" seines Wohnortes veranstaltet werden, teilnimmt gründet sich auf die vorgelegten Bestätigungen (Fotos) und seine eigenen Angaben. Die Feststellungen zu einem Kontakt mit einem pensionierten Lehrer und einer Krankenhausangestellten gründen sich ebenfalls auf die eignen Angaben in des BF in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG. Ebenso die Feststellung, dass er neben diesen Kontakten keine weiteren habe.

6. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafrechtlich unbescholten ist ergibt sich aus dem aktuellen Strafregisterauszug.

7. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Soweit das vom Beschwerdeführer behauptete Fluchtvorbringen (betreffend die Bedrohung und Verfolgung seitens der Taliban, wegen seiner Dolmetschertätigkeit für die Amerikaner) nicht festgestellt werden konnte, ist Folgendes festzuhalten:

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005, BGBl. römisch eins Nr. 100 in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2017,, (in der Folge: AsylG 2005) liegt es auch am Beschwerdeführer, entsprechend glaubhaft zu machen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK droht. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd Paragraph 274, ZPO zu verstehen. Ausgehend von Paragraph 274, Absatz eins, letzter Satz ZPO eignet sich nur eine Beweisaufnahme, die sich sofort ausführen lässt (mit Hilfe so genannter "parater" Bescheinigungsmittel) zum Zwecke der Glaubhaftmachung (VwGH 27.05.2014, 2014/16/0003 mwN), wobei der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner asylrechtlichen Spruchpraxis von dieser Einschränkung abweicht.

Mit der Glaubhaftmachung ist auch die Pflicht der Verfahrenspartei verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der behaupteten Voraussetzungen spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzung liefern. Insoweit trifft die Partei eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Allgemein gehaltene Behauptungen reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus vergleiche VwGH 17.10.2007, 2006/07/0007).

Die Glaubhaftmachung hat das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt (VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252). Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel am Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen.

In diesem Zusammenhang ist Artikel 4, Absatz 5, der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl. L 337, 9, (Statusrichtlinie), maßgeblich:

"Artikel 4

Prüfung der Tatsachen und Umstände

(1) – (4) [ ]

(5) Wenden die Mitgliedstaaten den Grundsatz an, wonach der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz begründen muss, und fehlen für Aussagen des Antragstellers Unterlagen oder sonstige Beweise, so bedürfen diese Aussagen keines Nachweises, wenn

a) der Antragsteller sich offenkundig bemüht hat, seinen Antrag zu begründen;

b) alle dem Antragsteller verfügbaren Anhaltspunkte vorliegen und eine hinreichende Erklärung für das Fehlen anderer relevanter Anhaltspunkte gegeben wurde;

c) festgestellt wurde, dass die Aussagen des Antragstellers kohärent und plausibel sind und zu den für seinen Fall relevanten, verfügbaren besonderen und allgemeinen Informationen nicht in Widerspruch stehen;

d) der Antragsteller internationalen Schutz zum frühestmöglichen Zeitpunkt beantragt hat, es sei denn, er kann gute Gründe dafür vorbringen, dass dies nicht möglich war; und

e) die generelle Glaubwürdigkeit des Antragstellers festgestellt worden ist."

Unter diesen Maßgaben ist das Vorbringen eines Asylwerbers auf seine Glaubhaftigkeit hin zu prüfen. Dabei ist v.a. auf folgende Kriterien abzustellen: Zunächst bedarf es einer persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers, die insbesondere dann getrübt sein wird, wenn sein Vorbringen auf ge- oder verfälschte Beweismittel gestützt ist oder er wichtige Tatsachen verheimlicht respektive bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert. Weiters muss das Vorbringen des Asylwerbers – unter Berücksichtigung der jeweiligen Fähigkeiten und Möglichkeiten – genügend substantiiert sein; dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. Das Vorbringen hat zudem plausibel zu sein, muss also mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen; diese Voraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen. Schließlich muss das Fluchtvorbringen in sich schlüssig sein; der Asylwerber darf sich demgemäß nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

7.1. Vor diesem Hintergrund geht der zur Entscheidung berufene Richter des Bundesverwaltungsgerichtes auf Grund seines in der mündlichen Verhandlung erhaltenen persönlichen Eindrucks vom Beschwerdeführer zunächst davon aus, dass ihm hinsichtlich seines Fluchtvorbringens (betreffend die Bedrohung und Verfolgung seitens der Taliban, wegen seiner Dolmetschertätigkeit für die Amerikaner und seiner damit in Zusammenhang stehenden, zumindest unterstellten, politischen Gesinnung) keine Glaubwürdigkeit zukommt:

Zunächst war festzustellen, dass der Beschwerdeführer sein anfängliches Vorbringen bei der Erstbefragung als Hilfsarbeiter für die Amerikaner gearbeitet und so etwas Geld verdient zu haben bereits in seiner behördlichen Einvernahme revidierte. Er gab beim BFA dazu befragt an, dass er nicht beruflich gedolmetscht habe, sondern gelegentlich für Amerikaner, wenn sie bei ihnen in der Region gewesen seien und nach einem Anschlag Hausdurchsuchungen gemacht hätten, gedolmetscht hätte. Dies hätte er nicht gegen Bezahlung gemacht, manchmal hätte er eine Schokolade bekommen. In der mündlichen Verhandlung führte er dann konkret dazu befragt aus, dass er insgesamt vier Mal bei Hausdurchsuchungen durch amerikanische Soldaten in den Häusern seiner Verwandten bzw. seiner Familie gedolmetscht habe. Beim ersten Mal als die amerikanischen Soldaten zum Hof seiner Familie gekommen seien hätte der Beschwerdeführer mit einem der Soldaten gesprochen und ihn gefragt ob er Englisch sprechen würde. Der Soldat hätte ihn dann gebeten, den Leuten zu erklären, dass sie ihre Häuser durchsuchen würden. Der Beschwerdeführer hätte ihn dann in die einzelnen Häuser seiner Verwandten begleitet. Auch bei den weiteren Malen habe der Beschwerdeführer die Soldaten in die Häuser begleitet und zwischen ihnen und seinen Verwandten gedolmetscht (VH-Protokoll S. 12, 13 und 14). Nach Vorhalt seiner Angaben in der Erstbefragung, erklärte er, ausdrücklich kein Geld für seine Tätigkeiten, sondern nur manchmal Schokolade, bekommen zu haben. Der Beschwerdeführer hat also nicht gegen Bezahlung offiziell als Dolmetscher für die amerikanischen Soldaten gearbeitet. Er hat lediglich die Kommunikation zwischen den Soldaten und seinen Verwandten bei den durchgeführten Hausdurchsuchungen erleichtert.

Die Angaben des Beschwerdeführers bezüglich der Drohungen durch die Taliban wegen Dolmetschertätigkeiten für die Amerikaner waren aus folgenden Erwägungen widersprüchlich und unplausibel:

In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen befragt auf das Wesentliche zusammengefasst an, dass er zwei Mal von den Taliban bedroht worden wäre. Das erste Mal sei er über den Mullah, der davon erfahren hätte, gewarnt worden nicht mehr zu dolmetschen. Das zweite Mal sei er persönlich von den Taliban bedroht worden. Sie hätten ihn auf dem Weg nach Hause beim Kleingarten neben ihrem Haus angehalten und ihn am Arm gepackt. Sie hätten zu ihm gesagt, dass sie von seiner Arbeit erfahren hätten und ihn deshalb töten werden. Der Beschwerdeführer hätte ihnen erklärt, dass er nicht für die Amerikaner arbeiten würde, sondern lediglich bei Hausdurchsuchungen geholfen habe. Sie hätten verschiedene Waffen bei sich gehabt. Als sie gehört hätten, dass woanders gekämpft wurde, hätten sie den Beschwerdeführer dort stehen lassen und seien weggelaufen. Der Beschwerdeführer sei nach Hause gegangen und hätte seiner Mutter von der Begegnung erzählt, die ihn nach Kabul schickte.

Diese Aussage stimmt jedoch nicht mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner behördlichen Einvernahme überein; darin brauchte er nämlich als Grund für das Verlassen seines Herkunftsstaates an, dass die Taliban sie wegen seines Bruders immer wieder aufgesucht und gefragt hätten, wo sein Bruder wohne. Da der Beschwerdeführer Englisch gekonnt hätte und eine staatliche Arbeit gewollt hätte, hätten sie ihn oft belästigt. Sie hätten ihn oft darauf angesprochen und befragt. Er sei auch fünf bis sechsmal mit einem Messer bedroht worden. Dazu befragt ob er persönlich bedroht worden sei gab er an, dass er einmal mit einer Kalaschnikow bedroht worden sei. Zuerst sei er mündlich bedroht worden, später mit der Waffe und mit dem Messer. Nachgefragt wann er von wem bedroht worden sei antwortete er, dass dies zu Hause gewesen sei, am häufigsten letztes Jahr [gemeint vor der Flucht]. Anfangs sei er mehrmals mündlich bedroht worden, später dann mit Waffe und Messer und sie hätten gesagt sie werden ihn töten. Darum gebeten die Vorfälle konkreter zu beschreiben gab er an, dass sie am Abend bei ihnen vor der Tür gewesen seien und gerufen hätten "Komm heraus!" und wenn er rausgegangen sei hätten sie mit ihm auf bedrohliche Art gesprochen und sie hätten ihn nach seinem Bruder gefragt und hätten wissen wollen, warum er Englisch könne und gewollt, dass er keine staatliche Stelle annehme. Zu seiner Rückkehrbefürchtung in seinen Herkunftsstaat befragt gab er an, dass sein Leben in Gefahr sei, weil manche seiner Freunde, die für den Staat gearbeitet hätten, von den Taliban getötet worden seien. Wenn er wieder nach Afghanistan reisen würde, würden sie wieder zu ihm kommen und nach seinem Bruder fragen.

Schon die Aussagen zum Grund für die vermeintlichen Drohungen weichen gravierend voneinander ab. Vor dem BFA brachte er noch vor wegen seinem Bruder aufgesucht und belästigt worden zu sein, weil er Englisch könne und eine staatliche Stelle gewollt hätte. In der mündlichen Verhandlung erwähnte er dies überhaupt erst nach Rückfrage des erkennenden Richters.

Auf sein Vorbringen vor dem BFA, bezüglich dem Vorwurf der Taliban er könne Englisch und wolle eine staatliche Stelle, angesprochen erklärte er, dass die Taliban gedacht hätten, dass er für die Amerikaner arbeite und ihm dies vorgeworfen hätten. Von seiner Rechtsvertretung dazu befragt, wie er sich erklären könne, dass die Taliban davon ausgegangen seien, dass er für eine staatliche Stelle arbeite erklärte er, dass er die Amerikaner ein oder zwei Mal beim Haupteingang Anmerkung, des Hofes der Familie) hinaus begleitet hätte und es möglich sei, dass ihn einer der Nachbarn, der vielleicht für die Taliban spioniert habe, dabei gesehen habe. Darauf hingewiesen, dass die Frage der Rechtsvertretung sich auf die Arbeit für staatliche Stellen bezogen habe gab der Beschwerdeführer an, dass die Amerikaner drei (!) Mal gekommen seien, zwei weitere Male seien sie von der afghanischen Nationalarmee begleitet worden (VH-Protokoll S. 16). Dazu befragt für welche staatliche Stelle er sich interessiert oder sogar beworben hätte gab er an, dass er sich für keine Stelle beworben habe, er hätte gerne Lehrer werden wollen. Dies sei auf Grund seiner mangelnden Schulbildung nicht möglich gewesen, deshalb habe er daran gedacht, als Dolmetscher zu arbeiten. Er hätte aber für keine staatliche Stelle gearbeitet (VH-Protokoll S. 16). Der Beschwerdeführer hat in der mündlichen Verhandlung eine Belästigung oder Bedrohung durch die Taliban im Zusammenhang mit der Bewerbung für eine oder dem Interesse nach einer staatlichen Stelle selbst auf Nachfrage verneint und sein Vorbringen dahingehend somit nicht aufrechterhalten.

Zum Fluchtvorbringen wegen der Tätigkeit seines Bruders von (angeblichen) Taliban gefragt worden zu sein, gab der BF in der mündlichen Verhandlung selbst an, dass er dieses Fluchtvorbringen nicht aufrecht halte.

Außerdem wurde der Beschwerdeführer auf seine Aussage in der behördlichen Einvernahme angesprochen, in der er einmal erwähnte, dass "Hashem einen Sohn gehabt hätte, welcher eine staatliche Stelle gehabt hätte und von den Taliban getötet worden wäre". Dazu führte er aus, dass dies mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers in keinem Zusammenhang (VH-Protokoll S. 15) steht.

Bezüglich seiner Angaben in der Erstbefragung angesprochen, in der er gesagt hatte, dass er Angst habe, dass die Leute die seinen Freund, der für die Amerikaner gearbeitet hätte, umgebracht hätten auch umbringen, erklärte der Beschwerdeführer, dass das Verschwinden seines Freundes nichts mit seinem Fluchtvorbringen zu tun hätte (VH-Protokoll S. 15).

Auch die Art und Weise sowie die Anzahl der Drohungen sind widersprüchlich zueinander. Vor der Behörde sprach der Beschwerdeführer noch davon, dass er immer wieder aufgesucht, befragt und belästigt worden sei. Er sei mehrmals bedroht worden. In der mündlichen Verhandlung sprach der Beschwerdeführer dann nur mehr von insgesamt zwei Drohungen. Bei der behördlichen Einvernahme gab er an, dass er mehrmals mündlich, später mit Messer und Waffe bedroht worden sei. Im Gegensatz dazu erwähnte er in der Verhandlung mit keinem Wort ein Messer. Auch seine Beschreibung des konkreten Bedrohungsvorfalls in der mündlichen Verhandlung variiert massiv zu seinen Ausführungen dazu vor dem BFA.

Der Beschwerdeführer muss sich mit seinen gesamten Ausführungen eine mehrmalige gravierende Änderung (Austausch) und eine Steigerung seines Kernvorbringens vorwerfen lassen, die das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers insgesamt in Zweifel ziehen. Es entspricht nämlich der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass Gründe, die zum Verlassen des Heimatlandes beziehungsweise Herkunftsstaates geführt haben, im Allgemeinen als nicht glaubwürdig angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens (beispielsweise in niederschriftlichen Einvernahmen) unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen oder mit tatsächlichen Verhältnissen bzw. Ereignissen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt vergleiche dazu ua das Erkenntnis vom 6. März 1996, Zl 95/20/0650).

Aus der gutachterlichen Stellungnahme des länderkundigen Sachverständigen Dr. Rasuly lässt sich außerdem entnehmen, dass das Auftreten als Dolmetscher zwischen Familienmitgliedern und amerikanischen Soldaten im Zuge von Hausdurchsuchungen, wie es vom Beschwerdeführer geschildert wurde, nicht als Tätigkeit für die ausländisches Militär bezeichnet werden kann, sondern als Unterstützung und Hilfe für sich und seine eigene Familie zu sehen ist. Während einer Hausdurchsuchung der US-Militärs (Soldaten) nach konkreten Verdachtsmomenten (Anschläge auf Militärfahrzeuge) wären jene Familien im Vorteil, bei der jemand aus der eigenen Familie Englischkenntnisse besitze und mit den Amerikanern über die Angelegenheiten seiner Familie kommunizieren könne. Taliban würden jene Personen verfolgen, die für die Amerikaner außerhalb ihrer Familien und Häuser übersetzen würden und sich an den Hausdursuchungen in fremden Häusern beteiligen würden. Außerdem würden Personen von den Taliban verfolgt werden, die in einer NGO oder einem Büro der Amerikaner angestellt seien. Die Taliban müssen eine Person als Feind oder als Mitarbeiter der Ungläubigen ansehen, um sie zu verfolgen. Der Beschwerdeführer sei jedoch nach eigenen Angaben außerhalb seiner Familie nicht als Dolmetscher für die Amerikaner tätig gewesen.

Es leuchtet auch nach allgemeinen Plausibilitätsüberlegungen ein, dass Personen(gruppen), die von ausländischen Militäreinrichtungen als Verdächtige im Zuge von Hausdurchsuchungen untersucht werden , von oppositionellen politischen Kräften (Taliban) nicht als Kollaborateure betrachtet werden können.

In Bezug auf Personen die die Absicht hätten sich für eine staatliche Stelle zu bewerben führte der länderkundige Sachverständige aus, dass es ihm nicht bekannt sei, dass jemand wegen einer Absichtserklärung, sich einmal bei einer staatlichen Stelle bewerben zu wollen, von den Taliban verfolgt worden wäre. Diese Ausführungen entsprechen auch der allgemeinen Lebenserfahrung

Der Beschwerdeführer ist diesen Ausführungen weder in der Verhandlung (VH-Protokoll S. 19), noch in seiner Stellungnahme substantiiert entgegengetreten.

Aus dem verwaltungsbehördlichen Verfahren und der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG ergibt sich, dass der Beschwerdeführer ausreichend Zeit und Gelegenheit hatte, Fluchtgründe umfassend und im Detail darzulegen sowie Beweismittel oder Belege vorzulegen. Er wurde auch mehrmals zur umfassenden und detaillierten Schilderung seiner Fluchtgründe und zur Vorlage entsprechender Unterlagen aufgefordert sowie über die Folgen unrichtiger Angaben belehrt. In der mündlichen Verhandlung gab der Beschwerdeführer anfangs dazu befragt an, dass er die Dolmetscherin bei der behördlichen Einvernahme nicht gut verstanden habe. Er gab dazu befragt an, dass in der Niederschrift stehe er sei fünf Mal von den Taliban bedroht worden, dabei hätte er angegeben fünf Mal für die Amerikaner gedolmetscht zu haben. Der Beschwerdeführer behauptete, dass die Rückübersetzung nur zwei bis drei Minuten gedauert hätte und ihm deshalb diese Fehler nicht aufgefallen seien. Diese Behauptung ist jedoch nicht glaubwürdig, da in der Niederschrift ausdrücklich festgehalten wurde, dass diese wortwörtlich rückübersetzt wurde. Aus der Niederschrift geht außerdem hervor, dass er die Dolmetscherin gut verstanden habe und es nach der Rückübersetzung keine Einwände gebe, da alles richtig und vollständig niedergeschrieben worden sei. Der Beschwerdeführer hat mit seiner Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Niederschrift sowie der erfolgten Rückübersetzung bestätigt. Abgesehen davon fügt sich seine Behauptung schon nicht denklogisch in den Befragungsablauf des BFA, denn die Antwort "5 bis 6 Mal" folgt unmittelbar auf die Schilderung des Beschwerdeführers er sei "viel und oft wegen seinem Bruder gefragt und weil er Englisch könne und eine staatliche Stelle wolle [ ]. Manchmal sei er mit einem Messer bedroht worden" (AS. 65). Auf Grund dieser Ausführungen wird die Richtigkeit der behördlichen Niederschrift nicht in Zweifel gezogen.

Aus den aufgezeigten Gründen war das Vorbringen des Beschwerdeführers als unglaubwürdig zu werten und konnte der erkennende Richter nicht feststellen, dass der Beschwerdeführer von den Taliban auf Grund seiner Dolmetschertätigkeit für die Amerikaner von den Taliban bedroht bzw. verfolgt worden sei.

7.2. Zur vorgebrachten Verfolgung des Beschwerdeführers auf Grund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie ist Folgendes auszuführen:

Der bevollmächtigte Vertreter des Beschwerdeführers brachte in seinen beiden Stellungnahmen vor, dass der Beschwerdeführer auf Grund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie in Afghanistan Verfolgung ausgesetzt sei. Dazu ist auf die Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung zu verweisen. In der er, wie bereits ausgeführt, die wiederholten Fragen der Taliban nach dem Verbleib seines Bruder erst auf Nachfrage des erkennenden Richters überhaupt erwähnte. Schließlich gab er weiters dazu befragt an, dass er Afghanistan nicht wegen seines Bruders verlassen habe, er hätte selbst Probleme bekommen, wenn er diese nicht gehabt hätte, wäre er nicht geflüchtet. Nach der Flucht seines Bruders sei sein Onkel mütterlicherseits mehrmals nach dem Aufenthaltsort seines Bruders gefragt worden. Eine Verfolgung aus Gründen der GFK lässt sich jedoch, daraus nicht ableiten. Sein Bruder hat laut Angaben des Beschwerdeführers Afghanistan 2011 verlassen. Sein Onkel mütterlicherseits, dessen Familie und seine Mutter leben seither unverändert im Heimatdorf des Beschwerdeführers ohne irgendwelche, über das vermeintliche "Nachfragen" hinausgehende Vorfälle. Auch in Anbetracht der Aussage des Beschwerdeführers, die Taliban hätten seine Tätigkeiten gegen sie, mit der "Arbeit" seines Bruders gegen den Islam verglichen, lässt sich aus diesem Vergleich kein Zusammenhang zwischen den angeblichen "Drohungen" der Taliban gegen den Beschwerdeführer mit denen gegen seinen Bruder herstellen.

Ebenso ist ein Konnex zwischen der Tötung seines Cousins, auf Grund dessen Tätigkeit als Bodyguard für einen Kommandanten, durch die Taliban mit dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht zu erkennen. Der Beschwerdeführer erklärte in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage, dass diese Vorfälle in keinem Zusammenhang stehen würden. Er führte aus, dass sein Onkel väterlicherseits wegen der Tätigkeit seines Sohnes mehrmals bedroht worden sei. Sein Onkel lebt jedoch ebenfalls noch in der Umgebung seines Heimatdorfes und arbeitet als Lehrer. Aktuelle Probleme seines Onkels väterlicherseits mit den Taliban gab der Beschwerdeführer nicht an.

Somit konnte der Beschwerdeführer eine Verfolgung auf Grund seiner Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der Familie nicht glaubhaft machen. Sein diesbezügliches wiederholtes und widersprüchliches Vorbringen geht ins Leere.

7.3. Zur vorgebrachten Verfolgung des Beschwerdeführers auf Grund seiner "westlichen Orientierung" bzw. "Verwestlichung" ist Folgendes auszuführen:

Der Beschwerdeführer vermittelte zwar im Rahmen der mündlichen Verhandlung in glaubhafter Weise den Eindruck, um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht zu sein, seine bereits vorhandenen Deutschkenntnisse weiter verbessern zu wollen und die österreichische Kultur bzw. Lebensweise wertzuschätzen vergleiche VH-Protokoll S. 9 ff und die im Akt einliegenden Bestätigungen zu Integrationsbemühungen). Auf Grund der Kürze seines Aufenthalts ist in Zusammenhang mit dem von ihm in der Beschwerdeverhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck jedoch nach Ansicht des erkennenden Richters nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer eine westliche Lebenseinstellung in einer ihn in Afghanistan exponierenden Intensität übernommen hätte.

Wenn der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zu seinen Ausführungen vorbringt, dass er sich als alleinstehender junger Erwachsener im anpassungsfähigen Alter rasch an österreichische Gepflogenheiten angepasst hätte und europäische Werte kennen und schätzen gelernt hätte, wodurch die Gefahr, dass er bei einer etwaigen Rückkehr nach Afghanistan als verwestlicht wahrgenommen werden würde, erheblich sei, so lässt sich das aus den Aussagen des Beschwerdeführers nicht ableiten. Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren als Gründe für seine Flucht und die Unmöglichkeit der Rückkehr in seinen Heimatstaat die vermeintliche Bedrohung bzw. Verfolgung durch die Taliban vorgebracht. Dass er auf Grund eines "westlichen" Lebensstils nicht mehr nach Afghanistan zurückkehren könne wurde von ihm erst in der Stellungnahme nach der mündlichen Verhandlung vorgebracht. Dem ist jedoch die Stellungnahme des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung entgegenzuhalten, dass er, wenn er in Afghanistan (sonst) keine Probleme gehabt hätte, nicht geflüchtet wäre.

Der Verweis des bevollmächtigten Rechtsvertreters auf eine Passage eines Artikels von Friederike Stahlmann, nachdem "das Bespiel auf das besondere Risiko für Rückkehrende hinweise, als ,verwestlicht‘ angesehen zu werden und somit dem Vorwurf der Kollaboration mit dem Feind oder des Abfalls vom Glauben ausgesetzt zu werden" bezieht sich auf den Lynchmord einer jungen Frau im März 2015 in Kabul, der vorgeworfen worden sei, ein Exemplar des Koran verbrannt zu haben. Zur Annahme, dass die "Verwestlichung" des Beschwerdeführers geeignet sei, allerorts im Herkunftsland künftige Verfolgungshandlungen zu provozieren, wobei diese auch von bisher unbeteiligten Privaten ausgehen können, ist zusätzlich anzumerken, dass bei Männern nicht von einer ausschließlich durch eine westliche Geisteshaltung begründeten Verfolgung asylrelevanter Intensität auszugehen ist; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt dafür nicht (dazu näher in der rechtlichen Beurteilung).

8. Den Anträgen des Rechtsvertreters auf Einholung länderkundiger Sachverständigengutachten, zum Beweis für die vom Beschwerdeführer geschilderten Familienverhältnisse und zur realen und konkreten erheblichen Verfolgungsgefahr bei Rückkehr des Beschwerdeführers in sein Herkunftsland, war nach Ansicht des erkennenden Richters, auf Grund der geklärten Beweisthemen, nicht zu entsprechen; die eingebrachten LIB und sonstigen Beweisergebnisse waren ausreichend. Den ins Verfahren eingebrachten LIB wurde nicht substantiiert entgegen getreten. Zudem war der Antrag bezüglich der "ungeklärten Familienverhältnisse" ohne Nennung eines konkreten Beweisthemas ("Zum Beweis für ") unzulässig (Erkundungsbeweis).

römisch II.3. Zur Lage im Herkunftsstaat

1. Die Feststellungen zur im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat stützen sich auf die zitierten Quellen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

2. Die Feststellungen und Erkenntnisquellen zur Lage im Herkunftsstaat sind dem Beschwerdeführer zur Einsicht mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung zugegangen. Ihm wurde die Möglichkeit eingeräumt, zu den getroffenen Feststellungen eine schriftliche Stellungnahme vor oder eine mündliche Stellungnahme in der Verhandlung abzugeben. In der mündlichen Verhandlung wurden die aktuellsten Ergänzungen zu der allgemeinen Lage in Afghanistan eingebracht und dem Beschwerdeführer überreicht. Ihm wurde eine zweiwöchige Frist zur Stellungnahme zu diesen Berichten eingeräumt, der er fristgerecht nachgekommen ist.

3. Die in der mündlichen Verhandlung erstattete gutachterliche Stellungnahme des Ländersachverständigen Dr. Rasuly ist schlüssig und nachvollziehbar.

Wie bereits oben ausgeführt, ist der Beschwerdeführer den sachverhaltsrelevanten Ausführungen des länderkundigen Sachverständigen weder in der Verhandlung, noch in der Stellungnahme seines bevollmächtigten Vertreters substantiiert und auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Hinsichtlich der volatilen Lage in der Heimatprovinz ist dem BF-Vorbringen gefolgt worden, weil es sich mit den in den LIB enthaltenen Informationen gedeckt hat.

4. Der Beschwerdeführer ist weder den in das Verfahren eingeführten sonstigen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen noch den auf diesen beruhenden Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat substantiiert entgegengetreten. Es wurden somit im gesamten Verfahren keinerlei Gründe dargelegt, die an der Richtigkeit der Informationen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat und seinen Landesteilen (Orte, Distrikte, Provinzen) Zweifel aufkommen ließen. Die Ausführungen in der schriftlichen Stellungnahme sind soweit sie nicht die Provinz Logar betreffen, diesbezüglich besteht eine unsichere Situation, die eine Rückkehr des BF ausschließt (siehe unten), nur allgemein gehalten und haben konkrete und individuelle die Person des BF betreffende Umstände vermissen lassen.

römisch III. Rechtliche Beurteilung:

Mit gegenständlichem Bescheid vom BFA wurde dem Beschwerdeführer eine Beschwerdefrist von zwei Wochen eingeräumt. Der angefochtene Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 26.07.2016 zugestellt. Die am 29.07.2016 erhobene und bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangte Beschwerde war rechtzeitig und zulässig, jedoch wie nachstehend näher ausgeführt nicht begründet.

Zu Spruchteil A)

römisch III.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß Paragraph 18, AsylG hat die Behörde in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Bescheinigungsmittel für die Angaben bezeichnet oder die angebotenen Bescheinigungsmittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Bescheinigungsmittel auch von Amts wegen beizuschaffen.

römisch III.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides

1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus vergleiche VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051). Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen vergleiche VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0370). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH v. 23.09.1998, Zl. 98/01/0224). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet.

Die Verfolgungsgefahr muss auch aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Für die Asylgewährung kommt es auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinn der GFK zum Zeitpunkt der Entscheidung an. Es ist demnach für die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten zum einen nicht zwingend erforderlich, dass eine Person bereits in der Vergangenheit verfolgt wurde, zum anderen ist auch eine bereits stattgefundene Verfolgung ("Vorverfolgung") für sich genommen nicht hinreichend. Es ist entscheidend, dass im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen gerechnet werden muss vergleiche aktuell VwGH 03.05.2016, Ra 2015/18/0212, mwN).

Die Gefahr der Verfolgung iSd Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK kann nicht nur ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Verfolgungshandlungen abgeleitet werden. Sie kann auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Droht den Angehörigen bestimmter Personengruppen eine über die allgemeinen Gefahren eines Bürgerkriegs hinausgehende "Gruppenverfolgung", hat bei einer solchen, gegen eine ganze Personengruppe gerichteten Verfolgung jedes einzelne Mitglied schon wegen seiner Zugehörigkeit zu dieser Gruppe Grund, auch individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung zu befürchten; diesfalls genügt für die geforderte Individualisierung einer Verfolgungsgefahr die Glaubhaftmachung der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe vergleiche VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151; 17.12.2015, Ra 2015/20/0048).

Für das Vorliegen einer Gruppenverfolgung ist nicht entscheidend, dass sich die Verfolgung gezielt gegen Angehörige nur einer bestimmten Gruppe und nicht auch gezielt gegen andere Gruppen richtet. Schutz für Angehörige einer verfolgten Gruppe ist unabhängig davon, ob auch andere Gruppen in vergleichbarer Intensität verfolgt werden, zu gewähren vergleiche VfGH 18.09.2015, E 736/2014). Der Verwaltungsgerichtshof hat erkannt, dass die Ermittlung der asylrelevanten Verfolgungsgefahr (insbesondere unter dem Aspekt einer "Gruppenverfolgung") nach rein mathematischen Gesichtspunkten nicht möglich ist; eine solche Betrachtung sei schon vom Ansatz her verfehlt. Entscheidend ist vielmehr, ob der Asylwerber sein Heimatland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat. Dies ist der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde vergleiche VwGH 19.12.2007, 2006/20/0771 ua.). Anhand dieses Maßstabes ist auch zu ermitteln, ob eine asylrelevante Verfolgung wegen Zugehörigkeit zu einer bestimmten (etwa ethnischen) Gruppe glaubhaft ist. Dabei spielen Häufigkeit und Intensität der bereits dokumentierten Übergriffe auf Mitglieder dieser Gruppe im Herkunftsstaat eine wesentliche Rolle.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.10.2009, 2006/01/0793; 23.02.2011, 2011/23/0064) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.03.2000, 99/01/0256 mwN).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird vergleiche VwGH 01.06.1994, 94/18/0263; VwGH 01.02.1995, 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist.

Abgesehen davon, dass einer derartigen nicht vom Staat sondern von Privatpersonen ausgehenden Bedrohung nur dann Asylrelevanz zuzubilligen wäre, wenn solche Übergriffe von staatlichen Stellen geduldet würden (VwGH 10.03.1993, 92/01/1090) bzw. wenn der betreffende Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt wäre, diese Verfolgung hintanzuhalten, hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausdrücklich klargestellt, dass die Asylgewährung für den Fall einer solchen Bedrohung nur dann in Betracht kommt, wenn diese von Privatpersonen ausgehende Verfolgung auf Konventionsgründe zurückzuführen ist vergleiche VwGH 23.11.2006, 2005/20/0551; 29.06.2006, 2002/20/0167).

Anträge auf internationalen Schutz sind gemäß Paragraph 3, Absatz 3, AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn den Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11,) offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6,) gesetzt hat.

2. Ausgehend von diesen rechtlichen Voraussetzungen ergibt sich für den Fall des Beschwerdeführers Folgendes:

2.1. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr durch Taliban

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung dargestellt wurde, kommt dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu den behaupteten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zu, bzw. war das Vorbringen auch nicht geeignet, eine mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit drohende Verfolgung aus asylrelevanten Gründen darzutun, weshalb es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Diesbezüglich ist auch in Erinnerung zu rufen, dass eine Verfolgungsgefahr nur dann anzunehmen ist, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/011; 28.05.2009, 2008/19/1031). Wenn im Rahmen der Beschwerde und der ergänzenden Stellungnahme besonders auf die Präsenz und Terrorherrschaft der Taliban in der Herkunftsprovinz hingewiesen wird, wird nicht verkannt, dass Aufständische in der Herkunftsprovinz (Logar) des Beschwerdeführers verstärkt in einer Anzahl von Distrikten aktiv sind. Bei der festgestellten Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens droht aber alleine aus dem Umstand der Präsenz der Taliban in Distrikten der Herkunftsprovinz dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keine Verfolgung aus Gründen der GFK mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit.

Es konnte weder eine asylrelevante Bedrohung oder Verfolgung des Beschwerdeführers unmittelbar, noch als Mitglied der sozialen Gruppe der Familie (seines Vaters, Bruders, Cousins) festgestellt werden. Da das Fluchtvorbringen nicht zugrunde gelegt wird, kann auch von keiner dem Beschwerdeführer "unterstellten politischen Anti-Taliban Gesinnung" durch die Taliban ausgegangen werden.

Auch der Umstand, dass die Familie des Beschwerdeführers nach den behaupteten Drohungen der Taliban weiterhin im Heimatort des Beschwerdeführers wohnt und an ihrer Lebensführung nichts geändert haben (seine Mutter verpachtet weiterhin ihre Grundstücke, sein Onkel mütterlicherseits betreibt weiterhin sein Autoersatzteilgeschäft, sein Onkel väterlicherseits arbeitet weiterhin als Lehrer)– ohne dass signifikante Vorkommnisse behauptet wurden oder festgestellt werden konnten -, spricht gegen eine asylrelevante Bedrohung des Beschwerdeführers, da die Verfolgungsgefahr jedenfalls auch aktuell nicht vorliegt.

2.2. Zur behaupteten Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers auf Grund seiner "westlichen" Orientierung:

Soweit die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers in seinen beiden Stellungnahmen vorbrachte, dass die "Verwestlichung" des Beschwerdeführers geeignet sei, allerorts im Herkunftsland zu provozieren, ist es des Beschwerdeführer, wie bereits in der Beweiswürdigung erörtert, nicht gelungen eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität, die ihre Ursache in einem der GFK genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Aus den vorhandenen Länderberichten sowie dem notorischen Amtswissen ist nicht ableitbar, dass alleine eine westliche Geisteshaltung bei Männern bereits mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung asylrelevanter Intensität auslösen würde; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt dafür nicht (so z.B. VwGH 10.11.2015, Ra 2015/19/0185, mwN).

Im Ergebnis ist es dem Beschwerdeführer insgesamt nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Das Verlassen des Herkunftsstaates aus persönlichen Gründen oder wegen der dort vorherrschenden prekären Lebensbedingungen stellt keine relevante Verfolgung im Sinne der GFK dar. Auch Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen für sich genommen keine Verfolgung im Sinne der GFK dar.

Soweit der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 17.05.2017 ausführt, dass die Behörde dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit gegeben hätte die von ihr festgestellten Widersprüche im Zusammenhang mit seinen Familienverhältnissen aufzuklären, indem sie es verabsäumt hätte nachzufragen, ist auf das Erkenntnis des VwGH vom 23.02.2017 zu verweisen, das mit Hinweis auf weitere Erkenntnisse ausführt, dass für die Behörde keine Verpflichtung bestehe, dem Asylwerber im Wege eines Vorhalts zur Kenntnis zu bringen, dass Widersprüche vorhanden seien, die im Rahmen der gemäß Paragraph 45, Absatz 2, AVG vorzunehmenden Beweiswürdigung zu seinem Nachteil von Bedeutung sein könnten, und ihm aus diesem Grunde eine Stellungnahme hiezu zu ermöglichen (VwGH Ra 2016/20/0089). Weiters ist dazu festzuhalten, dass der Verbleib seines Bruders völlig unstrittig ist, weil er nämlich seit 2011 in Österreich aufhältig ist. Der Verbleib des verschwundenen Vaters steht jedoch mit dem Fluchtvorbringen in keinem Zusammenhang. Es sind daher auch keine Familienverhältnisse, die mit dem Fluchtvorbringen in Zusammenhang stehen, ungeklärt. Der Vorwurf bzw. der Beweisantrag ging daher ins Leere.

Auch der Antrag auf Einholung eines länderkundlichen Sachverständigenbeweises, ob für den Fall der Rückkehr in das Herkunftsland eine reale konkret erhebliche Verfolgungsgefahr für den BF bestehe, geht ins Leere bzw. war abzuweisen. Erstens wurden ausführliche Länderinformationsberichte (LIB) eingebracht und zweitens hat der für das Verfahren bestellte SV in der mündlichen VH konkrete Länderinformationen eingebracht. Die Stellungnahmen sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch die dort zugesagten schriftlichen Stellungnahem lassen keinen Bedarf nach weiteren Beweiserhebungen entstehen. Es wurde auch kein konkretes, individuelles Beweisthema angeführt. Die allgemein gehaltenen Stellungnahmen enthalten nur Hinweise auf allgemeine Umstände über die Sicherheitslage im Herkunftsland. Es werden keine konkreten, individuell auf die Person des BF passenden Umstände vorgebracht.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abzuweisen.

römisch III.2. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides

1. Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.

Gemäß Paragraph 8, Absatz 3, AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des Paragraph 11, offen steht.

Nach Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz von Asylwerbern, denen in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden kann, und denen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann, abzuweisen (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind.

Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates (allenfalls auch auf einzelne Provinzen, Distrikte und Orte) und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (Paragraph 11, Absatz 2, AsylG 2005).

Gemäß Artikel 2, EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt. Gemäß Artikel 3, EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen vergleiche etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3, EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582; 31.05.2005, 2005/20/0095).

Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Artikel 3, EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Artikel 3, EMRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Artikel 3, EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen vergleiche VwGH 25.05.2016, Ra 2016/19/0036, mwN; 08.09.2016, Ra 2016/20/006). Es reicht nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage in Afghanistan zu berufen, sondern es müssen vom Betroffenen auch individuelle Umstände glaubhaft gemacht werden, die im Fall der Rückkehr nach Afghanistan eine reale Gefahr der Verletzung von Artikel 3, EMRK für maßgeblich wahrscheinlich erscheinen lassen.

In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Judikatur des EGMR hinzuweisen, wonach es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Artikel 3, EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3, EMRK widersprechende Behandlung drohen würde vergleiche VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, römisch eins gegen Schweden, Nr. 61 204/09; s. dazu zuletzt auch VwGH 18.03.2016, Ra 2015/01/0255). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

In dem bereits zitierten Beschluss Ra 2015/01/0134 hat der Verwaltungsgerichtshof auch auf die Rechtsprechung des EGMR in jüngst ergangenen Urteilen hingewiesen, wonach die allgemeine Situation in Afghanistan nicht so gelagert sei, dass die Ausweisung dorthin automatisch gegen Artikel 3, EMRK verstoßen würde vergleiche die Urteile des EGMR jeweils vom 12.01.2016, jeweils gegen Niederlande:

S. D. M., Nr. 8161/07; A. G. R., Nr. 13 442/08; A. W. Q. und D. H., Nr. 25 077/06; S. S., Nr. 39 575/06; M. R. A. u. a., Nr. 46 856/07).

Für die zur Prüfung der Notwendigkeit subsidiären Schutzes erforderliche Gefahrenprognose ist bei einem nicht landesweiten bewaffneten Konflikt auf den tatsächlichen Zielort des Beschwerdeführers bei einer Rückkehr abzustellen. Kommt die Herkunftsregion des Beschwerdeführers als Zielort wegen der ihm dort drohenden Gefahr nicht in Betracht, kann er nur unter Berücksichtigung der dortigen allgemeinen Gegebenheiten und seiner persönlichen Umstände auf eine andere Region des Landes verwiesen werden (VfGH 12.03.2013; U1674/12; 12.06.2013, U2087/2012; 13.09.2013, U370/2012).

Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Judikatur eine konkrete Auseinandersetzung mit den den Asylwerber konkret und individuell betreffenden Umständen, die er bei Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative zu gewärtigen hätte (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/20/0233). Die Annahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative erfordert im Hinblick auf das ihr u.a. innewohnende Zumutbarkeitskalkül somit insbesondere nähere Feststellungen über die zu erwartende konkrete Lage des Asylwerbers in dem in Frage kommenden Gebiet (VwGH 29.04.2015, Ra 2014/20/0151; 08.09.2016, Ra 2016/20/0063).

Die Inanspruchnahme der innerstaatlichen Fluchtalternative muss dem Fremden – im Sinne eines zusätzlichen Kriteriums – zumutbar sein (Zumutsbarkeitskriterium), d. h. es muss eine Prüfung der konkreten Lebensumstände am Zielort erfolgen. Für die Frage der Zumutbarkeit (im engeren Sinn) muss daher ein geringerer Maßstab als für die Zuerkennung subsidiären Schutzes maßgeblich angesehen werden vergleiche Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, 2016, Paragraph 11, AsylG 2005, K15).

2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 nicht gegeben sind:

Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Rückführung eines Beschwerdeführers nach Afghanistan sind insbesondere die Sicherheits- und Versorgungslage der jeweiligen Heimatprovinz des Beschwerdeführers, oder, wenn eine Niederlassung in der Heimatregion wegen deren praktischer Unzugänglichkeit nicht möglich sein sollte eines anderen für eine Niederlassung in Betracht kommenden Ortes innerhalb Afghanistans sowie die persönlichen Umstände des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der Notwendigkeit des Aufbaues einer Existenzgrundlage maßgeblich.

Aus den im Verfahren herangezogenen herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen ergibt sich, dass die Sicherheitslage regional von Provinz zu Provinz und innerhalb der Provinzen von Distrikt zu Distrikt variiert.

Der Beschwerdeführer stammt aus der Provinz Logar, in der in bestimmten Gegenden Aufständische aktiv sind. Zur Befreiung dieser Gegenden werden militärische Operationen durchgeführt. Dabei wurden auch hochrangige Talibanführer verhaftet. Auf Grund dieser Länderberichte geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass dem Beschwerdeführer bei einer Überstellung nach Afghanistan in diese Provinz die reale Gefahr einer Verletzung des Artikel 3, EMRK drohen würde.

2.1. Dem Beschwerdeführer kann nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedoch aus folgenden Gründen in zumutbarer Weise auf die Übersiedlung in außerhalb der Provinz Logar gelegene Landesteile Afghanistans, wie insbesondere in die Stadt Kabul, verwiesen werden:

In Kabul ist nach den vorliegenden Länderberichten die allgemeine Lage als vergleichsweise sicher und stabil zu bezeichnen, und die afghanische Regierung behält die Kontrolle über diese Stadt, auch wenn es selbst dort zu vereinzelten Anschlägen kommt. Innerhalb Kabuls existieren demnach in verschiedenen Vierteln unterschiedliche Sicherheitslagen. Aus den entsprechenden Länderberichten ergibt sich, dass sich die in der Stadt Kabul verzeichneten Anschläge hauptsächlich im Nahebereich staatlicher Einrichtungen (etwa Regierungs- und Polizeigebäude) oder NGOs sowie gezielt auf (internationale) Sicherheitskräfte ereignen, dies aus Gründen der Propaganda und der hohen medialen Aufmerksamkeit. Wenn es auch zu zivilen Opfern kommt, so sind in erster Linie Regierungsinstitutionen und internationale Einrichtungen Anschlagsziele. In Kabul Stadt geht aber nicht für eine Vielzahl von Zivilpersonen eine allgemeine Gefahr aus, die sich in der Person des Beschwerdeführers so verdichtet, dass sie für diesen eine erhebliche individuelle Gefahr darstellen würde. Die genannten Gefährdungsquellen sind in reinen Wohngebieten nicht anzunehmen, weshalb die Sicherheitslage in der Stadt Kabul nach wie vor als ausreichend sicher zu bewerten ist. Es ist auch allgemein der Zugang zu Unterkunft, grundlegender Versorgung wie sanitärer Infrastruktur, Gesundheitsdiensten und Bildung und zu Erwerbsmöglichkeiten gegeben. Kabul ist über den dortigen Flughäfen sicher erreichbar.

Bei dem Beschwerdeführer handelt es sich um einen arbeitsfähigen und gesunden jungen Mann, bei dem die grundsätzliche Teilnahmemöglichkeit am Erwerbsleben vorausgesetzt werden kann. Er ist im Dorf römisch XXXX, in der Provinz Logar, geboren, aufgewachsen, hat dort bis zur sechsten Klasse die Schule besucht und wurde danach von seinem Onkel väterlicherseits in Englisch unterrichtet. Er hat dort bereits Arbeitserfahrung gesammelt, da er von 2014 bis 2015 als Verkäufer in einem Geschäft, welches Farben verkauft hat, gearbeitet hat. Während seines Aufenthaltes in Österreich hat sich der Beschwerdeführer bereits gute Deutschkenntnisse angeeignet. Die Familie des Beschwerdeführers besitzt ein Grundstück im Ausmaß von 7,5 jirib (umgerechnet 15.000 m²). Dieses Grundstück wird an einen Bauern verpachtet, der die Pacht in Form eines Teils der Ernte an die Mutter des Beschwerdeführers zahlt. Die Großfamilie des Beschwerdeführers lebt in unmittelbarer Nähe von einander in sieben Häusern, die alle von einer hohen Mauer umgegeben sind. Vor seiner Ausreise hat der Beschwerdeführer mit seiner Mutter gemeinsam in einem Haus mit seinem Onkel mütterlicherseits gelebt. Seine Mutter, sein Onkel mütterlicherseits und dessen Familie leben auch weiterhin zusammen in einem Haus. Sein Onkel mütterlicherseits besitzt ein Geschäft für Autoersatzteile und unterstützt die Mutter des Beschwerdeführers finanziell. Daher ist anzunehmen, dass er auch den Beschwerdeführer bei seiner Rückkehr finanziell unterstützen würde. Seine Tante mütterlicherseits lebt in Kabul, zu dieser hat der Beschwerdeführer telefonischen Kontakt. Über diese Tante hält er auch telefonischen Kontakt mit seiner Mutter bzw. Familie, indem sie ihn darüber informiert wenn eine Telefonverbindung in seinem Heimatdorf besteht bzw. fährt seine Mutter manchmal nach Kabul und kann er dann mit ihr sprechen. Seiner Tante mütterlicherseits geht es gut. Der Beschwerdeführer hat vor seiner Ausreise aus Afghanistan Ende 2015 drei bis vier Tage in Kabul bei seiner Tante mütterlicherseits gewohnt. Somit hat der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr die Möglichkeit wieder bei seiner Tante unterzukommen oder zumindest diesen verwandtschaftlichen Kontakt nützen, um sein Fortbringen zu erleichtern. Seine Mutter und sein Onkel können ihn überdies finanziell unterstützen, entweder durch direkte Übergabe des Geldes oder in Form einer Überweisung. Seine Mutter ist laut Angaben des Beschwerdeführers in der Lage ihre Schwester in Kabul zu besuchen und bei seinem Onkel kann man, als Geschäftsmann, davon ausgehen, dass er mit der Überweisung von Geldbeträgen vertraut ist. Aus den Länderfeststellungen ist ersichtlich, dass Geldtransferanbieter wie Western Union in Afghanistan weit verbreitet sind. Bis er eine Stelle findet verfügt er bei seiner Tante über eine vorübergehende Unterkunft und kann durch die finanzielle Unterstützung seiner Mutter bzw. seines Onkels seinen Lebensunterhalt sichern. Zudem gehört der Beschwerdeführer keinem Personenkreis an, von dem anzunehmen ist, dass er sich in Bezug auf die individuelle Versorgungslage qualifiziert schutzbedürftiger darstellt als die übrige Bevölkerung, die ebenfalls für ihre Existenzsicherung aufkommen kann. Vielmehr befindet sich der Beschwerdeführer durch seine familiären Anknüpfungspunkte, seine Arbeitserfahrung, seine guten Englisch- und Deutschkenntnisse und dem familiären Eigentum in einer begünstigten Lage.

Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers bringt in seiner ergänzenden Stellungnahme vor, dass die Tante des Beschwerdeführers ihn, auf Grund ihrer schlechten finanziellen Situation nicht unterstützen könne und auf Grund des patrilinearen Gesellschaftssystems auch nicht dafür zuständig wäre sowie, dass ihr Ehemann eine Unterstützung des Beschwerdeführers, wegen religiöser Divergenzen, ablehne. Dies ist jedoch wie schon in der Beweiswürdigung ausgeführt wurde nicht mit den Angaben des Beschwerdeführers vereinbar. Zudem stammt der Beschwerdeführer aus einem Kulturkreis, in dem auf den familiären Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung im Familienkreis großer Wert gelegt wird. Daher kann der Beschwerdeführer mit der zumindest vorübergehenden Unterstützung seiner Tante mit Lebensmitteln und Wohnraum rechnen.

Außerdem kann der Beschwerdeführer durch die Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise in Kabul das Auslangen finden. Deshalb ist auch nicht zu befürchten, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten könnte. Dem Beschwerdeführer ist es aufgrund der dargelegten Umstände möglich, sich dort - etwa auch durch Hilfs- und Gelegenheitsarbeiten - eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern sowie eine (einfache) Unterkunft zu finden. Dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Die Prüfung der maßgeblichen Kriterien führt daher im konkreten Fall zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat in die Stadt Kabul möglich und auch zumutbar ist.

Ausgehend davon, ist mit Blick auf die persönliche Situation des Beschwerdeführers nicht zu erkennen, dass er im Fall seiner Abschiebung - bezogen auf das gesamte Staatsgebiet - in eine ausweglose Lebenssituation geraten und real Gefahr laufen würde, eine Verletzung seiner durch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der durch die Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention geschützten Rechte zu erleiden.

Die Rückverbringung des Beschwerdeführers nach Afghanistan steht daher nicht im Widerspruch zu Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005, weshalb der Beschwerdeführer nach den genannten Bestimmungen der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan nicht zuzuerkennen ist.

Im Ergebnis war daher auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. abzuweisen.

römisch III.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides

römisch II.3.1. Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt.

Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Ziffer 3, FPG geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG iSd Artikel 8, EMRK geboten ist.

Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lauten:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen vergleiche VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423 uva).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Artikel 8, Absatz eins, EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen vergleiche VwGH 21.4.2011, 2011/01/0093).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine relevanten familiären Beziehungen zu einer zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person und eine Rückkehrentscheidung greift nicht in sein Familienleben ein.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich außer seinem Bruder keine Familienangehörigen. Sein Bruder römisch XXXX ist in Österreich subsidiär schutzberechtigt. Sein Bruder ist volljährig, lebt in Graz und der Beschwerdeführer hat angegeben in regelmäßigem telefonischem Kontakt zu ihm zu stehen. Der Beschwerdeführer hat seinen Bruder seit seiner Einreise nach Österreich jedoch nur ein einziges Mal im Februar 2016 gesehen. Ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis wurde nicht dargelegt. Es finden sich demnach keine Anhaltspunkte für die von der Judikatur geforderte besondere Intensität bzw. Verbundenheit, um ein Familienleben iSd. Artikel 8, EMRK zu bejahen. Es ist demnach evident, dass ein Eingriff in diese verwandtschaftliche Beziehung keine Verletzung des Rechtes auf Familienleben iSd. Artikel 8, EMRK bedeutet. Eine iSd. Artikel 8, EMRK schützenswerte familiäre Bande besteht mit dem im Bundesgebiet aufhältigen Verwandten nicht.

Ist im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben iSd. Artikel 8, EMRK zu verneinen, bleibt noch zu prüfen, ob mit der Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingriffen wird und ob ein derartiger Eingriff gerechtfertigt ist.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche Sisojeva ua, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beschwerdeführer in Österreich über ein schützenswertes Privatleben verfügt, spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da - abseits familiärer Umstände - eine von Artikel 8, EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist. Der Verwaltungsgerichtshof geht bei einem dreieinhalbjährigen Aufenthalt im Allgemeinen von einer eher kürzeren Aufenthaltsdauer aus vergleiche Chvosta, ÖJZ 2007/74 unter Hinweis auf VwGH 8.3.2005, 2004/18/0354; 27.3.2007, 2005/21/0378), und stellt im Erkenntnis vom 26.6.2007, 2007/10/0479, fest, "dass der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [...] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte".

Im gegenständlichen Fall reiste der Beschwerdeführer am römisch XXXX in das österreichische Bundesgebiet ein. Er hält sich seit etwas mehr als eineinhalb Jahren in Österreich auf, somit nicht so lange, als dass man nach vorhin angeführter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs von einem schützenswerten Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich ausgehen könnte.

Selbst wenn man vom Vorliegen schützenswerten Privatlebens ausginge, wäre der Eingriff in dieses Recht durch Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht unverhältnismäßig:

Dass der Fremde strafrechtlich unbescholten ist, vermag weder sein persönliches Interesse an einem Verbleib in Österreich zu verstärken noch das öffentliche Interesse an der aufenthaltsbeendenden Maßnahme entscheidend abzuschwächen (zB VwGH 25.2.2010, 2009/21/0070; 13.10.2011, 2009/22/0273; 19.4.2012, 2011/18/0253). Die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers kann somit jedenfalls die Interessensabwägung nicht zu ihren Gunsten beeinflussen.

Der Beschwerdeführer reiste illegal nach Österreich ein vergleiche dazu VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654) und hält sich erst seit einem Jahr und neun Monaten in Österreich auf. Die Dauer des Verfahrens überstieg nicht das Maß dessen, was für ein rechtsstaatlich geordnetes, den verfassungsrechtlichen Vorgaben an Sachverhaltsermittlungen und Rechtschutzmöglichkeiten entsprechendes Asylverfahren angemessen ist. Es liegt somit jedenfalls kein Fall vor, in dem die öffentlichen Interessen an der Einhaltung der einreise- und fremdenrechtlichen Vorschriften sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung angesichts der langen Verfahrensdauer oder der langjährigen Duldung des Aufenthalts im Inland nicht mehr hinreichendes Gewicht haben, die Rückkehrentscheidung als "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" erscheinen zu lassen vergleiche VfSlg 18.499/2008, 19.752/2013; EGMR 4.12.2012, Fall Butt, Appl. 47.017/09, Ziffer 85, f.).

Der Beschwerdeführer lebt in Österreich von der Grundversorgung. Er ist in Österreich nie einer Beschäftigung bzw. Erwerbstätigkeit nachgegangen und somit nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hat bereits einen Deutschkurs Niveau B1 absolviert und bereitet sich derzeit auf die Deutschprüfung für Niveau B2 vor. Er lernt regelmäßig mit einem freiwilligen Helfer, den er über die Pfarrverband-Initiativgruppe "Flüchtlinge" seines Wohnortes kennengelernt hat, Deutsch. An Feiertagen geht er mit einer freiwilligen Helferin spazieren. Er nimmt auch an monatlichen Veranstaltungen, die von der Pfarrverband-Initiativgruppe "Flüchtlinge" veranstaltet werden, teil. Er leistet freiwillige Hilfstätigkeiten bei Einrichtungen der Caritas (z.B Verpackungstätigkeiten, Unterstützung bei der Organisation von Festen). Er unterstützt auch andere Asylwerber bei Arztbesuchen oder bei Behördenwegen. Der Beschwerdeführer möchte im Herbst die Hauptschulabschlussprüfung machen. Diese sozialen Kontakte, sein gemeinnütziges Engagement und sein Weiterbildungsbestreben sprechen zwar für eine Integrationsbemühung des Beschwerdeführers. Diese genügen insbesondere vor dem Hintergrund seiner erst kurzzeitigen Aufenthaltsdauer in Österreich nicht, um eine nachhaltige Integration des Beschwerdeführers in Österreich annehmen zu können. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass der Beschwerdeführer für die Dauer seines Asylverfahrens in Österreich stets nur vorläufig aufenthaltsberechtigt war. Ihm musste sein während seines Asylverfahrens bestehender ungewisser Aufenthaltsstatus bekannt sein. Er musste von vornherein damit rechnen, dass es im Falle einer negativen Entscheidung über seinen Asylantrag zu einer Beendigung seines Aufenthalts kommt. Das Gewicht eines in diesem Zeitraum entstandenen Privat- und Familienlebens nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist bereits dadurch gemindert, dass sich der Beschwerdeführer nicht darauf verlassen konnte, dieses auch nach Beendigung des Asylverfahrens im Aufnahmestaat fortführen zu können. Eine Ausweisung – im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung – in derartigen Fällen, in denen sich die betroffene(n) Person(en) der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus bewusst sein musste(n), könne nur unter ganz speziellen bzw. außergewöhnlichen Umständen ("in exceptional circumstances") eine Verletzung von Artikel 8, EMRK darstellen vergleiche hierzu z.B. EGMR 11. 4. 2006, Useinov v. The Netherlands, Appl. 61.292/00 bzw. EGMR 8. 4. 2008, Nnyanzi v. The United Kingdom, Appl. 21.878/06).

Den schwach ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8, Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu (zB VwGH 16.01.2001, 2000/18/0251).

Der Beschwerdeführer hat sein gesamtes Leben bis zur Ausreise in Afghanistan verbracht und dort seine Sozialisation erfahren. Er beherrscht Dari, Pashtu und Englisch; er verfügt auch über Deutschkenntnisse. Er besuchte bis zur sechsten Klasse die Schule in Afghanistan und arbeitete zwischen 2014 und 2015 als Verkäufer in einem Geschäft. Seine gesamte Familie, bis auf seinen Bruder, lebt noch im Herkunftsstaat. Seine Mutter, sein Onkel mütterlicherseits und dessen Familie, mit der der Beschwerdeführer vor seiner Ausreise zusammengelebt hat, befinden sich weiterhin in seinem Heimatdorf. Seine Tante mütterlicherseits, zu der er telefonischen Kontakt hat und bei der er vor seiner Ausreise bereits mehrere Tage verbracht hat, lebt in Kabul. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich nach einer Abwesenheit von einem Jahr und neun Monaten vom Herkunftsstaat in die dortige Gesellschaft wieder eingliedern können wird.

In Gesamtbetrachtung überwiegen nach vorgenommener Interessensabwägung aufgrund der vorliegenden Umstände somit die öffentlichen Interessen die privaten Interessen des Beschwerdeführers. Dass im gegenständlichen Fall durch eine Rückkehrentscheidung unverhältnismäßig in das Privatleben des Beschwerdeführers iSv Artikel 8, Absatz 2, EMKR eingegriffen würde, kann nicht erkannt werden.

Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des Paragraph 9, BFA-VG ist die belangte Behörde somit zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet das persönliche Interesse des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Artikel 8, EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.

Nach Paragraph 50, Absatz eins, FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach Paragraph 50, Absatz 2, FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005).

Nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat ist gegeben, da den die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz zugrunde liegenden Feststellungen zufolge keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des Paragraph 50, FPG ergeben würde.

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit zwei Wochen festgelegt worden.

Da somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung und die gesetzte Frist für die freiwillige Ausreise vorliegen, war die Beschwerde auch gegen Spruchpunkt römisch III. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchteil B):

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), Bundesgesetzblatt Nr. 10 aus 1985, idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind somit weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen, zumal im vorliegenden Fall vornehmlich die Klärung von Sachverhaltsfragen maßgeblich für die zu treffende Entscheidung war.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2017:W148.2131949.1.00