BVwG
08.09.2017
W264 2149789-1
W264 2149794-1/13E
W264 2149795-1/10E
W264 2149797-1/10E
W264 2149796-1/10E
W264 2149792-1/10E
W264 2149791-1/10E
W264 2149790-1/10E
W264 2149788-1/10E
W264 2149789-1/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 ,
StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1096365804-151837238-BMI-BFA_STM_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 ,
StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1096117305-151837491/BMI-BFA_STM_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AslyG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter römisch 40 und römisch 40 , diese beiden vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1132419709-161416337/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AslyG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter römisch 40 und römisch 40 , diese beiden vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1096117610-151837335/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AslyG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter römisch 40 und römisch 40 , diese beiden vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1096117708-151837297/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AslyG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter römisch 40 und römisch 40 , diese beiden vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1096118509-151837394/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AslyG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter römisch 40 und römisch 40 , diese beiden vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1096117806-151837050/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AslyG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter römisch 40 und römisch 40 , diese beiden vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1096119909-151844905/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AslyG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Tanja KOENIG-LACKNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Islamische Republik Afghanistan, vertreten durch die gesetzlichen Vertreter römisch 40 und römisch 40 , diese beiden vertreten durch ARGE Rechtsberatung,
Mag. Carolin SEIFRIEDSBERGER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, vom 21.2.2017, Zahl: 1096117501-151837360/BMI-BFA_KNT_AST_01_TEAM_02, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 11.7.2017 zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und römisch 40 gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 2, AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AslyG 2005 wird festgestellt, dass römisch 40 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
Zur leichteren Nachvollziehbarkeit und zum Zwecke flüssigerer Lesbarkeit wird festgehalten, dass vor dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführer folgende Bezeichnung erhalten: römisch 40 als Beschwerdeführer1 (BF1), römisch 40 als Beschwerdeführerin2 (BF2), römisch 40 als Beschwerdeführerin3 (BF3), römisch 40 als Beschwerdeführerin4 (BF4),
römisch 40 als Beschwerdeführer5 (BF5), römisch 40 als Beschwerdeführer6 (BF6),
römisch 40 als Beschwerdeführer7 (BF7), römisch 40 als Beschwerdeführerin8 (BF8) und römisch 40 als Beschwerdeführerin9 (BF9) geführt werden.
1. BF1 und BF2 reisten gemeinsam mit ihren minderjährigen Kindern BF4 bis BF9 unrechtmäßig und schlepperunterstützt in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten am 22.11.2015 für sich und die minderjährigen BF4 bis BF9 – das Kind BF3 wurde im September 2016 in Österreich geboren – Anträge auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 24.11.2015 befragt, gab der BF1 zu seinem Fluchtgrund an, Jurist zu sein und in seinem Heimatland für Menschenrechte gekämpft zu haben. Er wäre von den Taliban und den radikalen Islamisten mehrmals mit dem Tode bedroht worden und hätte er Drohbriefe bekommen. Aus diesem Grunde hätte er sich gezwungen gefühlt, mit seiner Familie das Land zu verlassen und fürchte er bei einer Rückkehr nach Afghanistan um sein Leben und das seiner Familie. Die Frage ob er in seinem Heimatland nach der Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen – genannt wurden und menschliche Strafe, unmenschliche Behandlung, Todesstrafe – zu rechnen hätte, verneinte er.
Am 25.1.2017 wurde der BF1 von der belangten Behörde einvernommen. Er gab an, an Asthma zu leiden und zweimal pro Tag ein Spray anzuwenden. Er habe bis dato im Verfahren vor der Polizei die Wahrheit gesagt und sei auch alles richtig protokolliert worden, auch die Übersetzung habe gestimmt. Er sei im Jahre 1975 in Kabul geboren, sei Hasara und schiitischer Moslem. Er habe zehn Jahre die Pflichtschule besucht, drei Jahre Krankenpflegeschule und vier Jahre Jusstudium absolviert. Einen Reisepass habe er nie besessen, so der BF1 in der Befragung vor der belangten Behörde am 25.1.2017.
Befragt zu seinen bisherigen Arbeitsstationen gab er an von 1996-1997 im Krankenhaus römisch 40 in Kabul gearbeitet zu haben und habe er die Stelle wegen den Taliban aufgeben müssen. 2001-2002 habe er in diesem Krankenhaus als Krankenpfleger gearbeitet, 2002-2004 bei römisch 40 als Krankenpfleger und Berater in Maidan Wardak und Badakhshan. Von Ende 2004-2009 habe er für eine japanische Organisation als Koordinator in Kabul gearbeitet. Von 2010-2012 sei er für die Organisation römisch 40 als Chefkoordinator in Kabul tätig gewesen. Er sei Moderator für Programme gewesen und habe diese Tätigkeit bis 22.10.2015 ausgeübt und gab er an: "Da beschlossen wir zu flüchten". Sein Vater sei Mullah in einer Moschee und habe er selbst sein Heimatland 2008 und 2006 im Rahmen einer Ausbildung zum Dolmetscher in Richtung Kambodscha verlassen.
Konfrontiert damit, dass er zunächst gesagt habe, einen Reisepass nie besessen zu haben, gab er an doch einen Reisepass besessen zu haben, aber wisse er nicht wo dieser ist. Er habe schnell das Geld genommen, die Familie hätte sich angezogen und wäre geflüchtet. Die anderen Dokumente, welcher vorgelegt habe, hätte ihn seine Schwester per Post geschickt und er wisse nicht, ob seine Schwester den Reisepass habe. Die Familie sei am 20.11.2015 in Österreich angekommen und lebe der Bruder seiner Frau bereits seit 18 Jahren in Österreich.
Er sei in seinem Heimatland nicht Politisch aktiv gewesen, habe nie Probleme mit Polizei oder Behörden in Afghanistan gehabt und die Organisationen, für welche er gearbeitet hätte, hätten mit staatlichen Stellen in Afghanistan zusammengearbeitet. Als aktives Mitglied der Organisation für zivile Rechte und Menschenrechte habe er ca. zehn mal an Demonstrationen teilgenommen, dabei hätte es nie Probleme mit der Polizei gegeben und wären alle Demonstrationen, an denen er teilgenommen habe, friedlich und ohne Gewalt gewesen.
Als Fluchtgründe gab er als "Hauptproblem" Probleme mit den Mullahs an und als "zweites Problem" Problem mit den Taliban. Er habe Frauenrechte verteidigt und wäre ein Gegner des Mullahsystems gewesen. Er hätte sich gegen Gewalt an Frauen und in den Familien ausgesprochen und versucht, die Menschenrechte zu verteidigen, sodass eine Feindschaft zwischen ihm und den Mullahs entstanden wäre.
Seine Mitarbeit bei den Organisationen und seine Tätigkeit als Radiomoderator seien öffentlich bekannt geworden, sodass auch die Taliban davon erfahren hätten. So wäre er verfolgt und beobachtet worden und hätte die Sache zuerst nicht ernst genommen und nicht gewusst, dass es sich um eine ernste Sache handle. Zwei Monate vor seiner Flucht hätte er das Gefühl gehabt, beobachtet und verfolgt zu werden und hätte er nicht gewusst, dass es sich dabei um eine ernste Sache handle. In Kabul wären überall Süßigkeiten und Kekse auf der Straße verteilt worden und hätte er am 12.10.2015 in Halwa im Bereich Kote Sangi "Puli Sulchta" erhalten. Er wäre 50 m danach auf den Boden gefallen und ins Krankenhaus eingeliefert (‚Magenwaschung‘) worden und hätte er eine Nacht im Krankenhaus zugebracht. Am 14.10.2015 sei er mit dem Auto seines Neffen nach Hause gefahren und unterwegs an der Ampel beim Kreisverkehr wäre eine Person zum Auto gelaufen und hätte ein Spray in das Innere gesprüht. Er hätte es noch nach Hause geschafft und hätten sein Bruder und seine Frau ihn in das Krankenhaus Taban gebracht, wo er untersucht und stationär für eine Nacht aufgenommen worden wäre. Am 16.10.2015 hätten sich drei Personen bei der Bäckerei in der Nähe mit seinem Foto nach ihm erkundigt und habe er am nächsten Tag erfahren, dass er von drei Personen gesucht worden wäre. Der Bäcker habe die Adresse des BF1 nicht verraten und hätte ihm sein Vater, der Mullah, geraten, sofort abzuhauen und habe er alles zu Hause stehen lassen und wären sie am 22.10.2015 geflüchtet. Er gehe davon aus, dass es sich bei diesen Männern um Taliban gehandelt habe. Er habe nie Feinde gehabt, niemand Anderer als Taliban könnten ihn suchen und hieße es, die Taliban würden ihm als erstes die Augen herausnehmen aufgrund der europäischen Ansichten.
Auf Befragen gab er an, alle Fluchtgründe genannt zu haben. Nach Vorlage des Länderberichts brachte er vor, 18 Jahre zuvor festgenommen und eine Woche im Gefängnis römisch 40 gefoltert worden zu sein, da er seinen Bart rasiert gehabt hätte. Er sei als Gotteslästerer und Sünder bezeichnet worden und hätte die Festnahme in Kabul stattgefunden. Damals wären die Taliban an der Macht gewesen.
Im Falle der Rückkehr in seinen Herkunftsstaat fürchte er um das Leben und um das Leben und die Zukunft seiner Kinder. Er habe in Afghanistan alles gehabt, nur keine Sicherheit und würde er von den Taliban verfolgt werden.
Die Flucht für sich und seine Familie hätte 18.000 US-Dollar gekostet. Davon habe er selbst 3.000 US-Dollar aufgebracht und Geld von seinem Vater bekommen.
Er habe zu seinem in Österreich befindlichen Schwager, welcher zugleich sein Cousin ist, regelmäßig Kontakt und heiße dieser römisch 40 .
Der BF1 gab an, bei der Einvernahme am 24.1.2017 keine Verständigungsprobleme gehabt zu haben. Seine Frau, die BF2, und die Kinder hätten keine eigenen Fluchtgründe, sie wären wegen ihm geflüchtet.
3. Im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 23.11.2015 befragt, gab die BF2 zu ihrem Fluchtgrund an, dass ihr Mann von Taliban oder anderen bedroht worden wäre, weil er für die Menschenrechte gearbeitet habe. Ihr Mann wäre zweimal vergiftet worden, daher hätten sie Angst gehabt und wären deshalb geflüchtet.
Die Frage nach konkreten Hinweisen zu unmenschlicher Behandlung, unmenschlicher Strafe oder Todesstrafe im Falle ihrer Rückkehr und ob sie im Falle der Rückkehr mit Sanktionen zu rechnen habe, beantwortete die BF2 damit, dass sie Angst um ihr Leben hätten.
Bei der Einvernahme am 95. Ersten 2017 vor der belangten Behörde gab die BF2 an, bei der Polizei die Wahrheit gesagt zu haben und wäre alles richtig protokolliert worden. Sie sei im Jahre 1980 in Kabul geboren, gehöre zur Volksgruppe der Hazara und sei schiitischen Glaubens. Sie habe die Pflichtschule bis zur achten Klasse besucht und wäre immer Hausfrau gewesen. Die Eheschließung vor 19 Jahren habe durch einen Mullah (Vater ihres Gatten und zugleich ihr Onkel) stattgefunden und habe sie bis zur Ausreise an der Adresse römisch 40 gelebt. Ca. im Oktober 2015 wären sie nach Pakistan geflüchtet. Die Kosten ihrer Flucht habe ihr Ehegatte bezahlt und wären es sicher mehr als
15.000 US-Dollar gewesen. Ihr Mann sei bereits früher schon zweimal nach Kambodscha geflogen. Ihr Bruder lebe seit 18 Jahren in Österreich und habe sie informiert, dass die Menschenrechte in Österreich gelebt werden.
Sie selbst habe nie an politischen Aktivitäten oder an Demonstrationen teilgenommen, ihr Mann aber habe für Menschenrechte gearbeitet und auch demonstriert. Sie persönlich habe überhaupt keine Probleme gehabt und hätte sich ihrem Mann anschließen müssen, welcher geflüchtet wäre, um zu überleben. Ihr Mann habe für eine Organisation für Menschenrechte gearbeitet und sei dies bei den Mullahs nicht gut angekommen. Einmal wäre er vergiftet worden, ca. zwei oder drei Tage vor der Flucht wäre ihr Mann gesucht worden, sein Foto wäre herum gezeigt worden. Deshalb hätten ihr Mann und der Schwiegervater beschlossen, dass sie das Land zu verlassen hätten. Einmal sei ihr Mann auch besprüht worden. Wären sie in Afghanistan geblieben, hätten sie ihren Mann umgebracht.
Auch die gemeinsamen Kinder wären wegen dem Ehemann geflüchtet und hätten keine eigenen Fluchtgründe, sodass sie für ihre Kinder römisch 40 die gleichen Flucht- und Asylgründe wie für ihren Mann und sich geltend mache.
Auf Befragen am 25.1.2017, ob sie alle ihre Fluchtgründe genannt habe, gab die Beschwerdeführerin an "Ja". Sie hätte nicht in einem anderen Teil des Herkunftslandes leben können, da überall Taliban wären und es den IS gäbe und würden Schiiten überall enthauptet werden.
Nach Vorhalt des Länderberichts brachte sie vor, diesen nicht zu brauchen da sie aus Afghanistan komme und diese Probleme kenne. Auf Befragen, ob ihr im Falle der Rückkehrverfolgung, unmenschliche Behandlung oder die Todesstrafe drohe, gab sie an: "Nein, ich bin wegen meinem Mann geflüchtet. Mein Mann würde umgebracht werden und eine Familie ohne Mann zählt nichts. Ich wüsste nicht, was ich mit den Kindern machen sollte.
Ihr Bruder römisch 40 wäre seit 18 Jahren in Österreich und wäre Österreich ein gutes Land für Flüchtlinge, so die BF2. Sie bedanke sich bei Österreich.
4. Am 30.9.2016 wurde BF3 römisch 40 in Österreich geboren.
5. Mit den nunmehr bekämpften (im Spruch näher bezeichneten) Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark wurde den BF1 bis BF9 jeweils gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten / einer Asylberechtigten abgewiesen und jeweils gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich Zuerkennung des Status eines / einer subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen. Mit den im Spruch näher bezeichneten bekämpften Bescheiden wurde den oben Genannten ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt und wurde gegen die oben Genannten gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG 2005 erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass die Abschiebung der oben Genannten gemäß Paragraph 46, FPG nach Afghanistan zulässig ist. Mit den im Spruch näher bezeichneten bekämpften Bescheiden wurde die Frist für die freiwillige Ausreise der oben Genannten mit "zwei Wochen" ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.
5. Gegen diese Bescheide brachten die BF1 bis BF9, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung das Rechtsmittel der Beschwerde ein.
In dieser werden – zusammengefasst – die Bescheide der belangten Behörde betreffend die Beschwerdeführer 1 bis 5 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens bekämpft und zu den verfassungsrechtlichen Bedenken betreffend die zweiwöchige Beschwerdefrist gemäß Paragraph 16, Absatz eins, BFA-VG ausgeführt.
Es wurde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren und eine mangelhafte Länderfeststellung gerügt sowie vorgebracht, dass die Behörde es unterlassen hätte die Beschwerdeführer zu ihrer westlichen Orientierung zu befragen, insbesondere die Töchter (BF9, BF8, BF6 und BF5). Es wäre keine Ermittlung zu den Lebensumständen von Mitarbeitern internationaler NGOs durchgeführt worden. Die Informationen in den Länderberichten der Behörde zu Diskriminierung und Verfolgung von Hazara in Afghanistan wären widersprüchlich und würden teilweise unzulässige Quellenangaben enthalten, welche die Überprüfung der darin getroffenen Aussage unmöglich mache. Es wurde unter Hinweis auf in der Beschwerde näher bezeichnete Quellen zur Sicherheitslage in Afghanistan ausgeführt, zur Rückkehr afghanischer Asylsuchender, zur Schutzfähigkeit der afghanischen Behörden, zur Situation der Hazara und zum Zugang zum staatlichen Schutz ausgeführt. Weiters wurde in der Beschwerde zur Situation von Mitarbeitern ausländischer Institutionen oder Organisationen ausgeführt und ein Risikoprofil betreffend die BF.
Es wurde mangelhafte Feststellung und mangelhafte Beweiswürdigung gerügt und eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Es wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben und den BF den Status der Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze zu beheben zurückzuverweisen und im Falle der Abweisung des obigen Beschwerdeantrags festzustellen, dass den BF der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf ihren Herkunftsstaat zukommt. Es wurde beantragt festzustellen, dass die erlassene Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und festzustellen dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung (plus) vorliegen würden und daher den BF gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG eine Aufenthaltsberechtigung (plus) von Amts wegen zu erteilen wäre, in eventu festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gem. Paragraph 57, Absatz eins, AsylG von Amts wegen zu erteilen ist. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde beantragt.
6. Die belangte Behörde legte den bezughabenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor und verzichtete auf die Teilnahme einer allenfalls durchgeführten mündlichen Verhandlung. Der bezughabende Akt langte am 13.3.2017 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
7. Mit Eingabe des Rechtsberaters vom 29.3.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht Folgendes übermittelt:
* Zertifikat betreffend den BF1 über das Absolvieren des Lehrgangs "Basisbildung für Migrantinnen und Migranten" vom 1.3.2017
Inhalt laut dessen Beschreibung: 300 Ausbildungsstunden mit den Lehrgangsinhalten soft skills, Lesen & Schreiben, Deutsch als Zweitsprache, Rechnen, Medienkompetenz
* Urkunde für BF4 über den 9. Platz beim Sportfest der XXXX
* Ergänzende differenzierende Leistungsbeschreibung der NMS römisch 40 vom 8.7.2016 betreffend BF7
* Schulbesuchsbestätigung mit 4 Seiten Leistungsbeschreibung betreffend Schuljahr 2015/16 für BF4, römisch 40 , 12.2.2016
* Schulbesuchsbestätigung mit 4 Seiten Leistungsbeschreibung betreffend Schuljahr 2015/16 für BF9, römisch 40 , 12.2.2016
* Schulbesuchsbestätigung der NMS römisch 40 betreffend Schuljahr 2015/16 für BF7
* Schulbesuchsbestätigung mit 4 Seiten Leistungsbeschreibung betreffend Schuljahr 2015/16 für BF9, römisch 40 , 8.7.2016
* Schulbesuchsbestätigung mit 4 Seiten Leistungsbeschreibung betreffend Schuljahr 2015/16 für BF4, römisch 40 , 8.7.2016
* Schulnachricht der NMS römisch 40 vom 12.2.2016 betreffend BF7
* Schulnachricht der NMS römisch 40 vom 12.2.2016 betreffend BF7
* Schulnachricht mit 4 Seiten Leistungsbeschreibung betreffend Schuljahr 2016/17 für BF9, römisch 40 , 17.2.2017
* Zusatz zur Schulbesuchsbestätigung mit 6 Seiten Leistungsbeschreibung betreffend Schuljahr 2016/17 für BF4, römisch 40 , 17.2.2017
8. Mit Eingabe des Rechtsberaters vom 26.4.2017 wurde dem Bundesverwaltungsgericht folgendes übermittelt:
* OSD Zertifikat A2 betreffend den BF1 vom 12.4.2017 ("Sehr gut bestanden",
87 Punkte von 90 erreichbaren Punkten)
9. Am 19.7.2017 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht die öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher als Dolmetscher für die Sprache Farsi Herr Dr. Molawi teilnahm.
10. Der BF1 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.7.2017 in der öffentlichen mündlichen Verhandlung befragt und wird dies wiedergegeben wie folgt:
R: Fühlen Sie sich gesundheitlich gut?
BF1: Ja.
R: Erklären Sie mir was Sie in Österreich machen. Wie verbringen Sie hier den Tag?
BF1: Der BF erklärt in deutscher Sprache: Ich lerne Deutsch und unterrichte drei Klassen. Ich unterrichte Englisch und Deutsch (auf A1). Nachmittags bin ich immer beschäftigt. Vormittags bereite ich für den Schultag alles vor. Ich nehme an Gemeinderatssitzungen zum Thema Integration teil. Manchmal machen wir Programme mit der evangelischen Kirche zum Kennenlernen und gemeinsamen Festen. Ich helfe meinen Kindern zu Hause beim Deutsch lernen. Ich helfe meiner Frau beim Kochen, manchmal Wasche ich das Geschirr. Normalerweise geht meine Frau einkaufen aber manchmal gehe auch ich. Ich habe eine große Familie, wenn jemand zum Arzt muss dann muss ich helfen.
R: Ihre Frau hat uns gesagt, dass Sie sich ganz anders kleiden kann als in Afghanistan. Was würden Sie sagen wenn Ihre Frau sich komplett westlich kleidet?
BF1: Meiner Meinung nach ist es wichtig individuell alleine zu entscheiden. Ich akzeptiere das, dass meine Frau selbst Ihre Kleidung auswählt oder die unserer Kinder. Ich war selber einer der Aktivisten im Menschenrechtsbereich, man kann dies als moderne Gesellschaft/ zivilisierte Welt bezeichnen. Ich war Mitglied im Menschenrechtsbereich, ich habe mich also auch für die Frauenrechte eingesetzt. Frau bedeutet Mensch. Wenn ein Mann alle Rechte hat, muss eine Frau die gleichen Rechte haben. Zum Beispiel, Recht auf Bildung, Recht auf Arbeit, generell die Aktivitäten in der Gesellschaft, im politischen Bereich, Freiheit also Ihre eigene Meinung zu äußern, Recht auf Auswahl. Wie ich bereits gesagt habe, alles was sich ein Mann erlauben kann, das muss auch einer Frau erlaubt sein.
R: Das heißt also Sie sehen das so, dass man als Frau alleine rausgehen darf ohne dass man die Zustimmung von irgendjemand haben muss?
BF1: Selbstverständlich.
R: Ihre Frau hat uns erzählt, dass das in Afghanistan nicht so war. Können Sie uns erzählen wie das in Afghanistan war?
BF1: Das war das Problem, mein Vater ist ein Mulla. Unsere Ideen waren ganz unterschiedlich, mein Vater hatte eine andere Meinung als ich. Laut Mullahs, dürfen die Frauen nicht alleine rausgehen und alles selber erledigen. Mein Kampf hat bei mir zu Hause angefangen, ich habe zu Hause angefangen gegen die Ungerechtigkeit zu kämpfen. Meine Aktivitäten haben zu Hause angefangen, ich akzeptiere meinen Vater, er ist mein Vater. Ich habe mit ihm viel darüber diskutiert.
R: Aus welcher Provinz, aus welchem Ort stammen Sie?
BF1: Ich bin in der Stadt Kabul geboren. Ursprünglich komme ich aus Parwan. Meine letzte Wohnadresse war auch Kabul.
R: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
BF1: Ich bin Hazara und schiitischer Moslem.
R: Sie haben bei der Behörde gesagt, dass Sie gegen den Islam gekämpft haben. Wie darf ich das verstehen? Sie sind angehöriger des islamischen Glaubens?
BF1: Ich habe nicht gemeint gegen den Islam, aber gegen die einigen die sagen "Wir präsentieren den Islam" damit meine ich die Mullahs. Im Islam darf eine Frau arbeiten, sie darf das Haus verlassen, sie darf eine Ausbildung genießen, sie darf selber einen Partner auswählen. Auch wenn sie ein Einkommen hat, laut Islam darf sie selber entscheiden wo sie das selbst ausgeben möchte. Ich meine damit den Koran.
R: Haben Sie da mit Ihrem Vater immer ordentlich diskutiert?
BF1: Ja.
R: Ihre Frau hat uns erzählt, dass Ihr Schwiegervater zugleich Ihr Onkel ist. Haben Sie damals vor 19 Jahren die Frau aussuchen dürfen?
BF1: Jetzt hat sich in Afghanistan alles geändert, zu meiner Zeit war das so, dass das alles von unseren Eltern vorgeschlagen wurde.
R: Sie haben vor der Behörde erzählt, dass Sie vor 18 Jahren ein Ereignis hatten. Was haben Sie da vor 18 Jahren erlebt?
BF1: Damals waren die Taliban an der Macht. Ich habe meinen Bart nicht ganz rasiert, sondern nur gekürzt. Die Taliban hatten eine Organisation, als sie jemand gesehen haben der sich rasiert hat, haben sie diesen festgenommen. Die Taliban haben mich festgenommen und beleidigt, das Shiiten keine Moslems sind und die Hazara keine Menschen sind. Ich wollte darüber mit den Taliban diskutieren. Ich habe angefangen mit ihnen über Menschlichkeit zu reden, egal was er ist. Dann wollten sie mich angreifen. Er hatte eine Waffe dabei, ich glaube diese heißt "PK". Ich wollte mich verteidigen, die Spuren kann man noch immer an meiner Hand sehen, dass ich verletzt wurde. An meinem Kopf ist auch noch die Wunde sichtbar als er mich mit einer Pistole geschlagen hat.
R: Wie lange waren Sie im Gefängnis?
BF1: Acht Tage.
R: Warum sind Sie nach dieser Angelegenheit in Afghanistan geblieben?
BF1: Ich hatte keine andere Wahl. Finanziell war es nicht möglich.
R: Wie haben Sie jetzt die Ausreise finanziert?
BF1: Ein Teil davon war gespartes Geld und der zweite Teil kam von meinem Haus in Kabul, dieses habe ich verpachtet und 12.000 US-Dollar bekommen. Wir sind mit dem gesparten sofort geflüchtet, das Haus wurde erst später verpachtet. 3.000 US-Dollar habe ich gespart, dieses Geld habe ich mitgenommen und nachher als wir weg waren, hat mein Cousin 10.000 US-Dollar aus der Verpachtung meines Hauses und 5.000 US-Dollar mir gegeben.
Dem BF wird vorgehalten, dass die Angaben jetzt von den vor der belangten Behörde gemachten, nicht übereinstimmen.
R: Haben Sie Krankheiten?
BF1: Ja, Asthma.
R: Nehmen Sie Medikamente?
BF1: Ich muss einen Spray mittragen.
R: Sie haben bei der Polizei gesagt, dass alles richtig protokolliert wurde. Sie haben auch gesagt, dass Sie einen afghanischen Führerschein hätten, haben Sie diesen mit?
BF1: Ja. (BF legt diesen vor).
R: Können Sie uns erzählen welche Ausbildungen Sie zu Hause genossen haben?
BF1: Ich habe 10 Jahre die Pflichtschule besucht, davon habe ich drei Jahre die Krankenpflegerausbildung gemacht und vier Jahre Jus, dieses habe ich auch abgeschlossen. Ich habe das Studium abgeschlossen vier Jahre, aber das Diplom habe ich nicht dabei. Mein Diplom war noch in Arbeit, also noch nicht fertig. Ich habe es abgeschlossen, aber die Dokumente habe ich noch nicht bekommen. Es dauert in Afghanistan immer eine Zeit bis man das Diplom bekommt.
Auf AS 53 ist ein Kuvert abgebildet mit welchem ihm seine Schwester Jamila, folgende Dokumente übersendet hat: Tazkira, auf AS 137; ein Gratulationsschreiben zum Studiumabschluss der Privat-UNI Carteb, AS 139; Kursbestätigung der Ibn-e Sina Institute of Higher Education, AS 141, 143 und 145, ein Dankschreiben für den Unterricht den der BF an Kinder erteilt hat, AS 145, 147, 149, 151 und 153; Dankschreiben eines Jugendvereins für Englischunterricht, welchen der BF erteilt hat (ehrenamtliche Arbeit im Zusammenhang mit Menschenrechte).
R: Ihre Kinder haben alle eine Tazkira?
BF1: Ja, ab 5 Jahren sobald man in die Schule gehen möchte.
R: Wo haben Sie Englisch gelernt?
BF1: In Kabul in der Schule, aber auch bei Privatkursen.
R: In welchen Jahren war das?
BF1: In der Schule ab der 4. Klasse. Die Privatkurse habe ich lange besucht, ich habe ein Dokument von wann bis wann ich diesen besucht habe. Von 1998 habe ich eine Bestätigung. Der BF gibt zum Akt ein Zertifikat des "Olfat English Language & Computer Training Center" vom 15.01.1998.
R: In welchem Krankenhaus waren Sie als Krankenpfleger beschäftigt?
BF1: Ich habe in einem Spital in Kabul namens Esteqlal gearbeitet, ab 2001 ca., nach dem Sturz der Taliban bis Ende 2002. Auf Befragen der R ob er zuvor auch dort gearbeitet hat, gibt der BF an. Als Hazara durfte man während des Taliban Regime nicht arbeiten. Ich habe in der Kinderabteilung und in der internen Abteilung gearbeitet. Es gab unterschiedliche Abteilungen, Kinderabteilung, interne Abteilung und Frauenabteilung. Die interne und die Frauenabteilung sind die wichtigsten.
R: Wo haben Sie noch als Krankenpfleger gearbeitet?
BF1: In der Provinz Maidan Wardaq, im Bezirk Besut. Dort gibt es eine Klinik, dort habe ich gearbeitet. Der BF buchstabiert in deutscher Sprache: BHC. (Berta Heinrich Cesar)
R: Sie haben gesagt, dass Sie für eine japanische Organisation gearbeitet haben, haben Sie dafür ein Zertifikat?
BF1: Der BF gibt auf Befragen nach seiner Tätigkeit für die japanische Organisation, vier Zertifikate zum Akt, nämlich einen letter of Recommondation vom 12.07.2009 von JICA/MoPH Reproductive Health Project, Certificat of Appreciation von JICA-UHSSP, letter of Recommondation vom Dez. 2012 von JICA-UHSSP, ein japanisches Schreiben, diese werden als
R: Was macht man als Chief Project Coordinator?
BF1: Die Japaner helfen den afghanischen Krankenhäusern im technischen Bereich. Es gibt eine Abteilung vom Gesundheitsministerium und ich war dort zuständig. Ich habe bei Trainings etc. geholfen, dass technische Informationen weitergeleitet werden. Ich habe bei der Organisation von Seminaren geholfen. Ich habe versucht es zu koordinieren. Meine Aufgabe war auch an verschiedenen Sitzungen teilzunehmen. Als Dolmetscher habe ich auch gearbeitet. Ich habe die Vorbereitungen gemacht für Präsentationen. Die japanische Regierung hat mir meinen Lohn ausgezahlt. Es gibt eine internationale japanische Organisation (JIHC). Mein Geld wurde mir vom japanischen Außenministerium ausgezahlt.
R: Haben Sie also Kontakte nach Japan?
BF1: Ja.
R: Wollten Sie nicht nach Japan flüchten?
BF1: Es ist schwierig. Ich wollte selbst nicht nach Japan. Ich hatte Gründe nach Österreich zu kommen. Ich habe in meinem Land gelebt, wo nur Krieg geherrscht hat. Ich habe nur Krieg erlebt. Auf der ganzen Welt gibt es zwei Länder die nie an einem Krieg beteiligt waren, Österreich und Schweden. Man weiß nicht wie man zu einem Krieg kommt, ich hasse Krieg. Ich habe gelesen das Österreich ein neutrales Land ist.
R: Sie haben gesagt, Sie waren zu Hause ein Moderator für ein Radioprogramm. Wie hieß das Programm? Wie heißt der Sender?
BF1: Der Sender hat Bayan geheißen und ich habe als ein Menschenrechtsaktivist Beiträge gehabt. Ich wurde dorthin eingeladen zu diesen Sendungen, ich habe quasi teilgenommen. Einen Letter of Recommandation gebe ich zum Akt. Ich habe damals nicht gefragt wie die Sendung heißt, aber ich habe im Rechtsbereich gesprochen in dieser Sendung. Ich war dort kein Moderator ich wurde Interviewt. Es wurde dort über Menschenrechte gesprochen.
R: Wurden Sie dort mit Ihrem eigenen Namen vorgestellt?
BF1: Ja.
R: Wann war die Ausstrahlung dieser Sendung?
BF1: Unterschiedliche Zeiten.
R: Wie oft sind Sie da aufgetreten?
BF1: Manchmal drei Mal pro Woche, manchmal einmal pro Woche. Die meisten Programme waren Live und meistens nachmittags. Manchmal war die Aufnahme am Vormittag und wurde am Nachmittag auf Sendung gebracht. Es war unterschiedlich.
R: Haben Sie auch für Zeitungen geschrieben?
BF1: Nein.
R: Kennen Sie eine Frau Raihana AZAD?
BF1: Sie ist eine Parlamentsabgeordnete. Ich habe nicht viele Informationen über Sie. Ich weiß, dass Sie in Kabul lebt, Hazara und Abgeordnete ist. Was ihr spezielles Anliegen ist weiß ich nicht.
Auf Befragen woher er wisse wofür sich die Frau einsetzt, dass er es nicht wisse. Er wisse aber Sie sei eine Hazara und im Parlament.
R: Was hat Sie bewogen, dass Sie flüchten?
BF1: Ja, ich hatte eine Arbeit, Freunde, Beziehungen und finanziell ist es mir auch nicht schlecht gegangen. Ich habe 40 Jahre in Afghanistan gelebt und meine sozialen Kontakte waren auch gut. Der Grund dafür war, dass mein Leben in Gefahr war. Ich hatte zwei Probleme. Eines war mit den Extremisten Mullahs und das zweite Problem war mit den Taliban. Mein Vater war ein gemäßigter Mulla. Einerseits durfte meine Schwester sogar studieren, anderseits war mein Vater streng dagegen wenn meine Kinder keine lange Kleidung trugen. Ich hatte Probleme mit den Mullahs. Am 15.03.2013 habe ich angefangen für eine Menschenrechtsorganisation namens CSHRN (Zertifikat als zum Akt genommen).
R: Wer finanziert diese Organisation?
BF1: Es gibt verschiedene Projekte, europäische Projekte was aus Europa finanziert wird. Sie haben verschiedene Projekte, diese müssen vorgelegt werden und die verschiedenen Länder werden finanziell unterstützt. Ich war Vertreter der Organisation, ich habe sie vertreten bei Sitzungen. Meine Aufgabe war mit den Menschen zu reden, etwa mit den Mullahs. Die Mullahs und die islamischen Wissenschaftler wollten nicht über Frauenrechte reden, aber ich habe es thematisiert, weil ich diese Organisation vertreten habe. Ich wollte die Mullahs überzeugen, dass sie über Frauenrechte reden sollen, aufgrund ihrer hohen Position in der Gesellschaft und das Thema Frauenrechte thematisieren sollen. Ich habe über verschieden Themen gesprochen, die für die Mullahs nicht akzeptabel waren, zum Beispiel Heiraten, Zwangsheirat, oder Ehe von Minderjährigen, Polygamie, denn gegen all das war ich dagegen. Ich habe mich auch gegen häusliche Gewalt ausgesprochen. Wir wollten, dass keine Gewalt mehr gegenüber Frauen praktiziert wird. Aus diesem Grund wurde ich mehrmals von den Mullahs bedroht. Ich wurde mehrmals beschuldigt, dass ich diese Werte die ich dort praktizieren möchte, importwerte und somit gegen den Islam sind.
R: Konnte Ihr Vater Sie nicht schützen mit seiner Stelle als Mulla?
BF1: Nein, mein Vater ist Mulla und etwa mit der Vorschrift das bereits 10 jährige Mädchen heiraten dürfen einverstanden. Er konnte mich also nicht schützen.
R: Wie konnte Ihr Vater Sie vorher beschützen?
BF1: In Kabul ist es kein Problem mit einer ausländischen Firma zu arbeiten. Die Mulla sind nicht so mächtig, dass sie was dagegen tun können, aber die Leute die für ausländische Organisationen arbeiten, sind von den Taliban bedroht. Die Mullahs sind nicht so mächtig wie die Taliban. Die Hauptprobleme waren die Mullahs und die Taliban. Mein Problem war auch mit den Mullahs. Die Arbeit für eine ausländische Organisation war nicht das Hauptproblem, aber der Kampf gegen die islamischen Werte, etwa als ich gesagt habe, ich spreche mich für die Heirat minderjähriger Mädchen aus, haben die Mullahs heftig reagiert. Sie haben mich bedroht und zu mir gesagt, dass wenn ich nicht aufhöre, dass sie mich töten können.
R: Haben Sie das Ihrem Vater erzählt?
BF1: Mein Vater hat an einer Sitzung teilgenommen und zu ihm haben sie gesagt, dass wenn ich nicht aufhöre, dass sie mich bestrafen und ich selbst dafür verantwortlich bin.
R: Haben sie gesagt was die Strafe ist?
BF1: Sie haben zu meinem Vater gesagt, wenn dein Sohn nicht aufhört, werden wir ihn vernichten und du hast kein Recht dich zu beschweren. Ich wurde auch von ihnen direkt bedroht. Ich habe an verschiedenen Sitzungen mit den Mullahs teilgenommen und sie haben direkt zu mir gesagt, das alles was ich sage sind gegen die Werte gegen den Islam und falls ich nicht aufhöre, werden sie mich streng bestrafen.
Auf Befragen der R womit bestrafen gibt der BF an: Die Mullahs sind mächtig und haben Beziehungen zur afghanischen Regierung. Sie haben eine starke Position in der Gesellschaft und bewaffnete Männer. Sie können selber töten oder über die Regierung töten lassen oder über terroristische Gruppierungen.
R: Das zweite Problem das Sie zur Flucht bewegt hat ist was gewesen?
BF1: Ich habe für die Menschenrechte gearbeitet und ich habe auch die Ideen für die Menschenrechte per Radiosendungen verbreitet. Es ist die Human Right Convention. Wir haben uns bemüht den Inhalt der Convention zu Frauen und anderen Personen zu vermitteln. Durch verschiedene Projekte oder Radiosendungen haben wir versucht neben der Convention gegen Gewalt zu Frauen zu agieren. Die Radiosendungen konnten in Logar, Ghazni, Kapisa, Baghlan usw. die unter der Kontrolle der Taliban sind, ausgestrahlt werden. Daher sind drei verschieden Vorfälle passiert. Einmal wurde ich vergiftet. Am Anfang habe ich nicht Gedacht, dass dahinter die Taliban oder die Mullahs stecken. Damals zu diesem Zeitpunkt habe ich das Gedacht, aber nach den nächsten Vorfällen bin ich mir sicher gewesen. Beim zweiten Mal war ich unterwegs mit dem Auto und bin bei einer Ampel gestanden, als mich jemand mit einem Spray angegriffen hat. Von dieser Ampel bis zu mir sind es 10min. mit dem Auto. Ich bin nach Hause gegangen und ab diesem Zeitpunkt erinnere ich mich nicht mehr was passiert ist. Ich wurde in ein Spital gebracht. Als ich wach wurde, bin ich im Spital namens Taban gewesen. Bei der Essensvergiftung war ich im Spital namens Maola Ali.
R: Schließen Sie aus, dass das Essen nur durch Zutaten verdorben war?
BF1: Ich war im Spital und sie haben das festgestellt, dass ich vergiftet wurde.
R: Haben Sie Belege aus dem Spital?
BF1: Leider nicht mehr.
R: Mit welchem Auto waren Sie unterwegs als das mit dem Spray passiert ist?
BF1: Das Auto hat einem Cousin von mir gehört, dem Bruder meiner Frau.
R: Warum haben Sie nicht das eigene Auto genommen?
BF1: Es war in der Reparatur. Drei bewaffnete Männer sind zu unserer Ortschaft zur Bäckerei gekommen, die Bäckerein tragen keine Namen. Die Männer hatten ein Foto von mir dabei und haben bei der Bäckerei nach mir gefragt und wo ich lebe. Die Angestellten der Bäckerei haben gesagt, dass sie mich kennen aber nicht wüssten wo ich lebe. Am nächsten Tag hat der Chef, dessen Namen ich vergessen habe, von dieser Bäckerei zu mir gesagt, dass bewaffnete Männer hier waren und mich gesucht haben.
R: Trauen Sie diesem Chef?
BF1: Ja, natürlich glaube ich ihm. Ich kenne diese Gesellschaft. Er hat mir das gesagt und ich habe das ernst genommen. Er hat bemerkt, dass hier eine Bedrohung ist.
R: Wie gut kennen Sie ihn?
BF1: Wir haben in der gleichen Ortschaft gelebt.
R: Aber Sie kennen seinen Namen nicht?
BF1: Gerade habe ich ihn vergessen.
R: Sie gehen davon aus, dass es Taliban waren?
BF1: Laut der Beschreibung des Bäckers, bin ich mir sicher dass es sich um die Taliban handelt. So wie seine Beschreibung war, können es nur Taliban gewesen sein. In derselben Nacht sind wir geflüchtet.
R: Haben Sie Taliban irgendwas Spezielles gesagt?
BF1: Als sie dort waren haben sie dem Bäcker das Foto gezeigt und wollte meine Adresse haben.
R: Bei der Behörde haben Sie ausgesagt: " Es hieß, mir würden die Taliban als erstes die Augen herausnehmen, da wir europäische Ansichten haben".
BF1: Das habe ich generell gemeint. Die Taliban glauben dass sie wenn sie die westlichen Länder besiegen wollen müssen sie die Augen herausnehmen. Das ist eine allgemeine Position. Mir fällt ein, der Bäcker heißt Naser. Die Bäckerei ist im 10. Bezirk im Stadtteil Char Qalae Qazirabad. Die kleinere Ortschaft heißt Saraj Kantinar.
R: Fällt Ihnen zur Flucht noch etwas ein oder haben Sie alles vorgebracht?
BF1: Das wars.
R: Der Bruder Ihrer Gattin, wo lebt er in Wien und wie heißt er?
BF1: Er lebt im 21. Bezirk in Floridsdorf, er heißt römisch 40 . Die Straße weiß ich leider nicht.
R: Sie leben in Knittelfeld?
BF1: Ja.
R: Sind Sie zu Hause einmal in Haft gewesen?
BF1: Nein.
R: Wurden Sie aus politischen oder religiösen Gründen verfolgt?
BF1: Nein.
R: Auf Gründen der Rasse oder Nationalität?
BF1: In der Herrschaft der Taliban ja, als ich in Haft war und ich wurde auch bedroht. Da war ich noch ledig. Das war in den Anfangszeiten der Taliban.
R: Als Sie für die japanische Organisation gearbeitet haben, hatten Sie da Ruhe vor den Taliban?
BF1: Damals hatte ich keine Probleme.
R: Wann genau haben Sie mit den Radiosendungen angefangen?
BF1: 2013 habe ich damit angefangen, damals als ich für die Menschenrechte angefangen habe zu arbeiten.
R: Wurde bei den Radiosendungen auch Musik gespielt?
BF1: Ja, Volksmusik und traditionelle Musik.
R: Wenn Sie nach Hause zurück müssten, was befürchten Sie für Ihr Leben?
BF1: Mein Leben ist dort in Gefahr. Die Taliban sind dort präsent auch für die islamische Organisation.
R: Haben Sie auch außerhalb Kabuls Verwandte in Afghanistan?
BF1: Ja, einen Bruder in Mazar e Sharif. Wenn jemand die Taliban vernichten will, hat dieser keine Chance. Die Mullahs sind überall in Afghanistan.
R: Möchten Sie noch etwas vorbringen?
BF1: Nein.
Regierungsvorlage, Denken Sie das dieser Vorfall vor 20 Jahren aufgrund Ihrer Zugehörigkeit zu den Hazara passiert ist?
BF1: Ja, das war wegen meiner Zugehörigkeit.
Regierungsvorlage, In der EV haben Sie erwähnt, dass Sie aktiv an Demonstrationen teilgenommen haben. Stimmt das? Haben Sie Fotos?
BF1: Ja, ich hab teilgenommen. Fotos habe ich momentan nicht. Die Aufgabe der Organisation ist es für die Rechte zu bekämpfen. Aus diesen Gründen habe ich an Demos teilgenommen.
Regierungsvorlage, Habe ich vorhin richtig verstanden, dass Sie von den Mullahs direkt bedroht wurden?
BF1: Ja.
Regierungsvorlage, Die Person die Ihnen beim ersten Vorfall das Essen gegeben hat, wie hat diese ausgesehen? Hat er Ihnen irgendwas gesagt?
BF1: Das weiß ich nicht mehr. Es war kein Hazara. Nein hat er nicht.
Regierungsvorlage, Wie weit war die Bäckerei von ihrem Haus entfernt?
BF1: 2min.
Regierungsvorlage, Habe ich richtig verstanden, dass Sie bei Ihrer Rückkehr in ganz Afghanistan verfolgt werden?
BF1: Ja.
Die R wirft ein: Das hat er so nicht gesagt und die Regierungsvorlage wirft ein:
Das habe ich so verstanden, weil er gesagt hat, dass die Mullahs und die Taliban überall aktiv sind.
11. Die BF2 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.7.2017 in der öffentlichen mündlichen Verhandlung befragt und wird dies wiedergegeben wie folgt:
R auf Deutsch: Wie verbringen Sie Ihren Tag in Österreich?
BF2: Die BF bringt im gebrochenen Deutsch vor das sie kocht, einkauft, wäscht, mit den Kindern spazieren geht und mit Ingrid, Anja und Eva wandern geht. Sie besucht einen Deutschkurs zwei Mal die Woche.
In der Muttersprache führt die BF aus: Mein Mann gibt vier Mal pro Woche einen Deutschkurs in einer Kirche und hier bin ich auch dabei und lerne Deutsch.
R: Warum haben Sie Ihre Heimat verlassen? Was haben Sie gemacht? Wo haben Sie gewohnt?
BF2: Ich bin in der Stadt Kabul geboren. Ich war Hausfrau. Ich weiß nicht ob mein Mann bei einer bestimmten Organisation gearbeitet hat, er hat für Menschenrechte gekämpft und hat Probleme bekommen. Das ist der Grund warum wir das Land verlassen haben. Da die Sicherheitslage in Afghanistan auch sehr schlecht war, haben wir Angst gehabt.
R: Wo haben Sie gelebt bevor Sie Afghanistan verlassen haben?
BF2: In Kabul.
R: Wie haben Sie sonst zu Hause Ihren Tag verbracht?
BF2: Ich habe den Haushalt gemacht. Ich habe geputzt, die Kinder vorbereitet für die Schule, Essen gekocht usw. Ich habe zu Hause ein bisschen für andere Menschen als Schneiderin gearbeitet.
R: Haben Sie eine Ausbildung gemacht?
BF2: Ich habe acht Jahre die Schule besucht. Einen Beruf habe ich nicht erlernt.
R: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
BF2: Hazara. Ich bin schiitischer Moslem.
R: Wie hat Ihr Haus ausgesehen?
BF2: Mittelmäßig.
R: Wie lange sind Sie schon verheiratet?
BF2: Seit 19 Jahren.
R: War das eine traditionelle Hochzeit?
BF2: Ja.
R: Konnten Sie sich Ihren Mann selbst aussuchen?
BF2: Zuerst wurde er von den Familien vorgeschlagen, aber ich konnte auch auswählen. Mein Mann ist der Sohn meines Onkels väterlicherseits, wir sind Cousins. Es läuft so, zuerst kommt jemand zu einem Mädchen nach Hause und fragte diesen Mädchen ob diese einverstanden ist mit demjenigen Mann.
R: Ihr Mann hat gesagt Sie hatten die gleichen Fluchtgründe wie Ihr Mann. Ist das korrekt?
BF2: Ja.
R: Was waren aus Ihrer Erinnerung die Fluchtgründe Ihres Mannes?
BF2: Mein Mann hat im Menschenrechtsbereich gearbeitet, dadurch hat er Probleme bekommen. Das war der Grund warum wir das Land verlassen mussten.
Mein Mann bekam eines Tages etwas zu essen (Anmerkung des D: Es ist durchaus üblich, dass in Afghanistan fremde Menschen aus Dankbarkeit aufgrund etwa der Genesung eines Kindes oder bei der Geburt eines Kindes, oder beim Ableben eines Familienmitgliedes Essen ausgeben an Fremde.) Die BF führt weiter aus: Er war unterwegs in Kabul mit einem Auto, er war im Stau und erhielt etwas zu Essen. Als er nach Hause kam ging es ihm so schlecht. Dort wo er vergiftet wurde, wurde er ins Spital gefahren, er sollte vergiftet werden.
R: Wenn Sie sagen Ihr Mann hat für Menschenrechte gekämpft. Was meinen Sie mit Menschenrechte?
BF2: Er hat für die Menschenrechte gearbeitet, ich war nur eine Hausfrau, ich weiß es nicht genau.
R: Wenn Sie Ihr Leben zu Hause in Afghanistan mit dem Leben hier in Österreich vergleichen. Gibt es da Parallelen? Erklären Sie mir das bitte.
BF2: In Afghanistan war es nicht möglich ohne "Chadari, Chadar Namaz oder Hejab" raus zu gehen. Ohne männliche Begleitung war es nicht möglich das Haus zu verlassen. Mein Schwiegervater war sehr streng, ich hatte keine Freiheiten. Im Vergleich zu hier, kann ich jederzeit raus gehen, ich kann mich Problemlos bewegen und meine Sachen selber erledigen.
R: Was erledigen Sie für Sachen in Österreich?
BF2: Zum Beispiel Einkaufen, den Deutschkurs besuchen etc. Ich möchte die Sprache noch besser lernen, dann kann ich auch selber zum Arzt gehen wenn ich besser Deutsch kann. Ich kann alleine einkaufen, in den Park gehen usw. Ich gehe drei Mal pro Woche zur Caritas zum Einkaufen.
R: Sie haben gesagt man musste in Afghanistan das traditionelle Gewand tragen, das müssen Sie jetzt nicht mehr.
BF2: Jetzt muss ich es nicht mehr, es ist freiwillig was ich anziehe. Ich kann selber auswählen.
Ich trage heute Panjabi. In Afghanistan war es nicht möglich mein heutiges Outfit außerhalb des Hauses zu tragen (Anmerkung der R: Die BF erscheint in einem färbigen Panjabi mit einem Chadar als Kopfbedeckung. Wenn ich in Afghanistan raus ging musste ich einen Chadari tragen.
R: Wie sehen Sie Ihre Zukunft wenn Sie hier bleiben können?
BF2: Ich möchte die Sprache zuerst gut beherrschen. Die Kinder sind jetzt momentan sehr klein. Wenn ich die Sprache kann, dann denk ich erst daran was für Möglichkeiten ich hier habe. Mein Wunsch ist das ich Krankenschwester werde, das wünsche ich mir seit der Kindheit. Ich durfte bis zur 8. Klasse die Schule besuchen, danach war es nicht mehr erlaubt. Ich habe es leider nicht geschafft meinen Traumjob zu machen. Mein großer Wunsch ist das meine Kinder es schaffen, einmal Ärzte zu werden.
R: Waren Sie Mitglied einer Partei?
BF2: Nein.
R: Hatten Sie Probleme mit der Polizei oder anderen staatlichen Behörden?
BF2: Nein.
R: Waren Sie einmal in Haft?
BF2: Nein.
R: Haben Sie eine Krankheit oder sind Sie gesund?
BF2: Nein, ich bin gesund.
R: Sind Sie zu Hause aufgrund Ihrer religiösen Zugehörigkeit verfolgt worden?
BF2. Nein.
R: Möchten Sie sonst noch etwas mitteilen?
BF2: Mein großer Wunsch ist, dass ich hier bleiben kann und meine Kinder eine Zukunft haben. Ich bin hier sehr glücklich, ich fühl mich sehr wohl.
R: Fühlen Sie sich hier wohler als Frau als in Afghanistan?
BF2: Ja. Zum Beispiel, wenn mein Mann nicht zu Hause ist und ich raus gehen will, müsste mein Schwiegervater zustimmen, sogar auf Besuch zur eigenen Familie. Hier habe ich Freiheit, wann und was ich mache.
R: Wie genau hat die Ortschaft bzw. der Teil von Kabul geheißen wo Sie mit Ihrem Mann gelebt haben?
BF2: Char Qalae Wazirabad. Auf einer Seite von uns war eine Moschee, wo mein Schwiegervater gewesen ist.
R an Regierungsvorlage, Haben Sie Fragen an die BF2?
Regierungsvorlage, Ja.
Regierungsvorlage, Sie haben gesagt, dass Sie in Österreich Dinge alleine machen. Was sagt Ihr Ehemann dazu?
BF2: Er ist glücklich darüber.
Regierungsvorlage, Hatten Sie in Afghanistan als Frau Rechte?
BF2: Ich hatte keine Probleme mit meinem Mann gehabt, aber mit meinem Schwiegervater, er ist Mulla. Meine Kinder waren in kabul noch sehr klein, sechs und acht Jahre. Wenn Sie Kleidung bekommen haben (Kurzarm) wurde mein Schwiegervater böse.
Regierungsvorlage, Vor was hätten Sie in Afghanistan Angst, wenn Sie genauso wie Sie heute in dieser Kleidung sitzen?
BF2: Ich hoffe, dass der liebe Gott nicht erlaubt, dass wir zurückkehren. Wie würden viel Probleme kriegen, mit meinem Schweigervater, mit den Mullahs und mit den Taliban.
R: Wo lebt Ihre Familie?
BF2: Einen Vater habe ich nicht, meine Mutter und mein Bruder leben in diesem Ort den ich vorher erwähnt habe. Die BF erzählt in Deutsch, das ein Bruder mit der Mutter in Kabul. Ich habe eine Schwester und zwei Brüder und ein Bruder lebt seit 18 Jahren in Wien und hat die Staatsbürgerschaft Österreichs, er heißt römisch 40 . Meine Schwester lebt in Khatar, zu ihr habe ich Kontakt. Zu meiner Mutter und meinem Bruder in Kabul habe ich auch Kontakt.
R: Wissen Sie wie die Straße heißt wo Ihr Bruder wohnt?
BF2: Es ist im 21. Bezirk. Die Regierungsvorlage wirft ein: Sie haben heute dort übernachtet.
R: Konnten Sie heute alle Fluchtgründe darlegen und erklären?
BF: Ja.
12. Die mündige minderjährige BF5 (17) und die mündige minderjährige BF8 (15) wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.7.2017 in der öffentlichen mündlichen Verhandlung befragt und wird dies wiedergegeben wie folgt:
R: Wissen Sie etwas zu Ihrer Flucht?
BF5: Die BF bringt in deutscher Sprache fehlerfrei vor: Mein Vater wurde zwei Mal vergiftet und bewaffnete Personen haben dem Bäcker ein Foto von ihm gezeigt, deshalb sind wir geflüchtet.
R: Wie vergleichen Sie Ihr Leben in Afghanistan mit dem in Österreich?
Die BF bringt in deutscher Sprache fehlerfrei vor: Hier haben wir mehr Rechte und Freiheit. Ich bin 11. Jahre in die Schule gegangen in Afghanistan. In Österreich bin ich 3 Monate in die Schule ins Gymnasium gegangen. Ich lerne dort auch Englisch.
R: Was denken Sie von Ihrem Großvater?
BF5: Die BF führt auf Deutsch aus: Wenn wir zurückkehren, dann werden wir verheiratet, wir sind bereits im richtigen Alter dafür. Das Oberhaupt unserer Familie ist der Großvater.
R: Haben Sie schon Freundinnen und Freund gefunden?
BF5: Die BF führt auf Deutsch aus: Ja, in der Klasse schon.
R: Wie verbringen Sie Ihren Tag?
BF5: Die BF führt auf Deutsch aus: Wir machen einen Deutschkurs mit meinem Papa und an manchen Tagen gehen wir ins Bad, wir müssen noch Schwimmen lernen.
R: Mussten Sie sich in Afghanistan anders kleiden als hier in Österreich?
BF8: Die BF führt auf Deutsch aus: Ja, wir mussten immer lange Kleider tragen und das Kopftuch streng am Gesicht anliegend tragen, weil mein Großvater das so wollte.
R: Was würde Ihr Vater sagen wenn Sie eine Kleidung wie die Regierungsvorlage tragen würden Regierungsvorlage trägt Sommerkleid)
BF8: Die BF führt auf Deutsch aus: Der Papa, der sagt da nichts.
R: Was befürchten sie wenn sie nach Hause zurückkehren müssten?
BF5: Die BF führt auf Deutsch aus: Wegen meinem Vater, eine Familie ohne Vater, das ist in Afghanistan sehr schwer so zu leben. Wir haben hier schon eineinhalb Jahre gelebt. Es ist dann auch schwer für uns wieder in Afghanistan zu leben.
BF8: Die BF führt auf Deutsch aus: Wenn ich zurück müsste, dann kann ich nicht mehr lernen. Mein Großvater sagt ich müsste heiraten und dann muss ich heiraten.
R: Angenommen sie würden jetzt hier bleiben. Was wünschen sie sich für die Zukunft?
BF5: Die BF führt auf Deutsch aus: Ich will eine Ärztin werden. Ich will die Schule fertig machen und studieren. Ich will ein guter Mensch für die Gesellschaft werden.
BF8: Die BF führt auf Deutsch aus: Ich will Richterin werden. Ich will vier Jahre in die Schule gehen und dann studieren.
R: Fällt Ihnen sonst noch etwas ein was sie sagen möchten?
BF5 und BF8: Die BF führen auf Deutsch aus: Nein.
Auf Befragen der Richterin, wer das Oberhaupt der Familie in Afghanistan ist, führte der BF1 aus: "In Afghanistan mein Vater und in Österreich sind wir alle das Oberhaupt."
BF1: Ich möchte übrigens noch weitere Unterlagen zum Akt geben: zwei Zertifikate ÖSD, Schulbesuchsbestätigung von römisch 40 , Jahres- und Abschlusszeugnis von Fahranaz, Schreiben der NMS für neue Mittelschule der DaZ-Lehrerin an Fahranaz, eine Schulbesuchsbestätigung von Mahdi Hussain, Volksschulzeugnis für Tabasum, Volksschulzeugnis von Hediyeh.
13. Im vorgelegten Fremdakt 1096365804-151837238 einliegend sind diverse den BF1 betreffende Zertifikate und Bestätigungen von folgenden Organisationen:
* römisch 40 * Privat-Universität römisch 40 * XXXX
XXXX
* Radio römisch 40 East
XXXX
* XXXX
* XXXX
* XXXX
* XXXX
* XXXX
* XXXX
* XXXX
* XXXX
Ebenso sind im vorgelegten Fremdakt zwei Schreiben von Bürgern (römisch 40 und Mag. römisch 40 ) einliegend sowie eines der Stadtgemeinde römisch 40 .
Fremdakt einliegenden Schreiben der Stadtgemeinde römisch 40 (AS 73) hervor.
14. Den BF wurde bereits mit der Ladung das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 2.3.2017 in der Fassung 22.06.2017 übermittelt und gab die Rechtsberaterin dazu in der Verhandlung an, diesen zu kennen. Dieses Länderinformationsblatt wird der Entscheidungsfindung zu Grunde gelegt.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest.
Aufgrund des vorgelegten Fremdakt der belangten Behörde, des Beschwerdeschriftsatzes, der vom Rechtsberater übermittelten Dokumente sowie aufgrund der öffentlichen mündlichen Verhandlung und der darin vorgelegten Dokumente geht das Bundesverwaltungsgericht auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalt aus:
1.1. Zu den Beschwerdeführern wird festgestellt, dass deren Identität mit der für das Verfahren ausreichender Sicherheit feststeht.
Die BF1 bis BF9 sind Staatsangehörige von Afghanistan mit der Volksgruppenzugehörigkeit "Hazara". Sie gehören der sunnitischen Glaubensrichtung des Islam an. Der BF1 ist mit der BF2 verheiratet. Die minderjährigen BF3 bis BF9 sind deren Kinder.
Der BF1 und die BF2 verließen gemeinsam mit den minderjährigen BF4 bis BF9 schlepperunterstützt die Islamische Republik Afghanistan. Diese sind über Pakistan und den Iran nach Europa gelangt und im November 2015 unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist. Sie stellten am 22.11.2015 Anträge auf internationalen Schutz. Die BF3 ist im September 2016 in Österreich geboren.
1.2. Der BF1 lebte gemeinsam mit den BF4 bis BF9 bis zur gemeinsamen Ausreise in Afghanistan, in Kabul an der Adresse römisch 40 .
Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergab, dass der BF1 ein gebildeter Mann ist, welcher in Afghanistan nach der Schulbildung und Ausbildung zum Krankenpfleger ein Jus-Studium aufgenommen hat. Der BF1 besuchte in seinem Herkunftsstaat bei diversen internationalen NGOs diverse Fortbildungen in seinem Beruf "Krankenpflege" sowie im Bereich Gesundheitsmanagement und absolvierte Englischkurse und Kurse für Führungskräfte-Praxis zur Mitarbeiterführung. Weiters erwarb er Kenntnisse in Erwachsenenbildung und erteilte Englischunterricht.
Der BF1 wurde im Rahmen von Projekten und Programmen internationaler in Afghanistan tätiger Organisationen ausgebildet und war in den Bereichen Menschenrechte, Frauenrechte, Rolle des Rechts, afghanisches Verfassungsrecht – etwa im Rahmen eines Radiosenders – aktiv.
Diese Einstellung des BF1 steht im Widerspruch zu den nach den Länderfeststellungen im Herkunftsstaat bestehenden traditionalistisch-religiös geprägten gesellschaftlichen Auffassungen.
Der BF1 pflegt in Österreich Kontakt zu Österreicherinnen und Österreichern, etwa durch Vortragstätigkeit, Dolmetschdienste, seine Teilnahme am Frühjahrsputz der Gemeinde im Ortsteil Apfelberg und durch Teilnahme am Mobilitätstag im September 2016. Der BF1 hat bereits ein Sprachdiplom über die Beherrschung der deutschen Sprache vorzuweisen.
1.3. Die BF1 bis BF9 gaben als Verwandten römisch 40 , den Bruder der BF2, welcher zugleich Cousin des BF1 ist, an und haben somit Verwandtschaft in Österreich.
1.4. BF1 bis BF9 leben in Österreich von der Grundversorgung und sind in Österreich strafrechtlich unbescholten.
1.5. Zur Situation in Afghanistan wird festgestellt:
Politische Lage
Nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Jahr 2001 wurde eine neue Verfassung erarbeitet (IDEA o.D.), und im Jahre 2004 angenommen (Staatendokumentation des BFA 7.2016; vergleiche auch: IDEA o.D.). Sie basiert auf der Verfassung aus dem Jahre 1964. Bei Ratifizierung sah diese Verfassung vor, dass kein Gesetz gegen die Grundsätze und Bestimmungen des Islam verstoßen darf und alle Bürger Afghanistans, Mann und Frau, gleiche Rechte und Pflichten vor dem Gesetz haben (BFA Staatendokumentation des BFA 3.2014; vergleiche Max Planck Institute 27.1.2004).
Die Innenpolitik ist seit der Einigung zwischen den Stichwahlkandidaten der Präsidentschaftswahl auf eine Regierung der Nationalen Einheit (RNE) von mühsamen Konsolidierungsbemühungen geprägt. Nach langwierigen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Lagern der Regierung unter Führung von Präsident Ashraf Ghani und dem Regierungsvorsitzenden (Chief Executive Officer, CEO) Abdullah Abdullah sind kurz vor dem Warschauer NATO-Gipfel im Juli 2016 schließlich alle Ministerämter besetzt worden (AA 9.2016). Das bestehende Parlament bleibt erhalten (CRS 12.1.2017) - nachdem die für Oktober 2016 angekündigten Parlamentswahlen wegen bisher ausstehender Wahlrechtsreformen nicht am geplanten Termin abgehalten werden konnten (AA 9.2016; vergleiche CRS 12.1.2017).
Parlament und Parlamentswahlen
Generell leidet die Legislative unter einem kaum entwickelten Parteiensystem und mangelnder Rechenschaft der Parlamentarier gegenüber ihren Wähler/innen. Seit Mitte 2015 ist die Legislaturperiode des Parlamentes abgelaufen. Seine fortgesetzte Arbeit unter Ausbleiben von Neuwahlen sorgt für stetig wachsende Kritik (AA 9.2016). Im Jänner 2017 verlautbarte das Büro von CEO Abdullah Abdullah, dass Parlaments- und Bezirksratswahlen im nächsten Jahr abgehalten werden (Pajhwok 19.1.2017).
Die afghanische Nationalversammlung besteht aus dem Unterhaus, Wolesi Jirga, und dem Oberhaus, Meshrano Jirga, auch Ältestenrat oder Senat genannt. Das Unterhaus hat 249 Sitze, die sich proportional zur Bevölkerungszahl auf die 34 Provinzen verteilen. Verfassungsgemäß sind für Frauen 68 Sitze und für die Minderheit der Kutschi 10 Sitze im Unterhaus reserviert (USDOS 13.4.2016 vergleiche auch: CRS 12.1.2017).
Das Oberhaus umfasst 102 Sitze. Zwei Drittel von diesen werden von den gewählten Provinzräten vergeben. Das verbleibende Drittel, wovon 50% mit Frauen besetzt werden müssen, vergibt der Präsident selbst. Zwei der vom Präsidenten zu vergebenden Sitze sind verfassungsgemäß für die Kutschi-Minderheit und zwei weitere für Behinderte bestimmt. Die verfassungsmäßigen Quoten gewährleisten einen Frauenanteil von 25% im Parlament und über 30% in den Provinzräten. Ein Sitz im Oberhaus ist für einen Sikh- oder Hindu-Repräsentanten reserviert (USDOS 13.4.2016).
Die Rolle des Zweikammern-Parlaments bleibt trotz mitunter erheblichem Selbstbewusstsein der Parlamentarier begrenzt. Zwar beweisen die Abgeordneten mit der kritischen Anhörung und auch Abänderung von Gesetzentwürfen in teils wichtigen Punkten, dass das Parlament grundsätzlich funktionsfähig ist. Zugleich nutzt das Parlament seine verfassungsmäßigen Rechte, um die Regierungsarbeit destruktiv zu behindern, deren Personalvorschläge z. T. über längere Zeiträume zu blockieren und sich Zugeständnisse teuer abkaufen zu lassen. Insbesondere das Unterhaus spielt hier eine unrühmliche Rolle und hat sich dadurch sowohl die RNE als auch die Zivilgesellschaft zum Gegner gemacht (AA 9.2016).
Parteien
Der Terminus Partei umfasst gegenwärtig eine Reihe von Organisationen mit sehr unterschiedlichen organisatorischen und politischen Hintergründen. Trotzdem existieren Ähnlichkeiten in ihrer Arbeitsweise. Einer Anzahl von ihnen war es möglich die Exekutive und Legislative der Regierung zu beeinflussen (USIP 3.2015).
Die afghanische Parteienlandschaft ist mit über 50 registrierten Parteien stark zersplittert. Die meisten dieser Gruppierungen erscheinen jedoch mehr als Machtvehikel ihrer Führungsfiguren, denn als politisch-programmatisch gefestigte Parteien. Ethnischer Proporz, persönliche Beziehungen und ad hoc geformte Koalitionen genießen traditionell mehr Einfluss als politische Organisationen. Die Schwäche des sich noch entwickelnden Parteiensystems ist auf fehlende strukturelle Elemente (wie z.B. ein Parteienfinanzierungsgesetz) zurückzuführen, sowie auf eine allgemeine Skepsis der Bevölkerung und der Medien. Reformversuche sind im Gange - werden aber durch die unterschiedlichen Interessenlagen immer wieder gestört, etwa durch das Unterhaus selbst (AA 9.2016).
Im Jahr 2009 wurde ein neues Parteiengesetz eingeführt, welches von allen Parteien verlangte sich neu zu registrieren und zum Ziel hatte ihre Zahl zu reduzieren. Anstatt wie zuvor die Unterschrift von 700 Mitgliedern, müssen sie nun 10.000 Unterschriften aus allen Provinzen erbringen. Diese Bedingung reduzierte tatsächlich die Zahl der offiziell registrierten Parteien von mehr als 100 auf 63, trug aber scheinbar nur wenig zur Konsolidierung des Parteiensystems bei (USIP 3.2015).
Unter der neuen Verfassung haben sich seit 2001 zuvor islamistisch-militärische Fraktionen, kommunistische Organisationen, ethno-nationalistische Gruppen und zivilgesellschaftliche Gruppen zu politischen Parteien gewandelt. Sie repräsentieren einen vielgestaltigen Querschnitt der politischen Landschaft und haben sich in den letzten Jahren zu Institutionen entwickelt. Keine von ihnen ist eine weltanschauliche Organisation oder Mobilmacher von Wähler/innen, wie es Parteien in reiferen Demokratien sind (USIP 3.2015). Eine Diskriminierung oder Strafverfolgung aufgrund exilpolitischer Aktivitäten nach Rückkehr aus dem Ausland ist nicht anzunehmen. Auch einige Führungsfiguren der RNE sind aus dem Exil zurückgekehrt, um Ämter bis hin zum Ministerrang zu übernehmen. Präsident Ashraf Ghani verbrachte selbst die Zeit der Bürgerkriege und der Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren weitgehend im pakistanischen und US-amerikanischen Exil (AA 9.2016).
Friedens- und Versöhnungsprozess:
Im afghanischen Friedens- und Versöhnungsprozess gibt es weiterhin keine greifbaren Fortschritte. Die von der RNE sofort nach Amtsantritt konsequent auf den Weg gebrachte Annäherung an Pakistan stagniert, seit die afghanische Regierung Pakistan der Mitwirkung an mehreren schweren Sicherheitsvorfällen in Afghanistan beschuldigte. Im Juli 2015 kam es erstmals zu direkten Vorgesprächen zwischen der afghanischen Regierung und den Taliban über einen Friedensprozess, die aber nach der Enthüllung des jahrelang verschleierten Todes des Taliban-Führers Mullah Omar bereits nach der ersten Runde wieder eingestellt wurden. Die Reintegration versöhnungswilliger Aufständischer bleibt weiter hinter den Erwartungen zurück, auch wenn bis heute angeblich ca. 10.000 ehemalige Taliban über das "Afghanistan Peace and Reintegration Program" in die Gesellschaft reintegriert wurden (AA 9.2016).
Hezb-e Islami Gulbuddin (HIG)
Nach zweijährigen Verhandlungen (Die Zeit 22.9.2016), unterzeichneten im September 2016 Vertreter der afghanischen Regierung und der Hezb-e Islami ein Abkommen (CRS 12.1.2017), das der Hezb-e Islami Immunität für "vergangene politische und militärische" Taten zusichert. Dafür verpflichtet sich die Gruppe alle militärischen Aktivitäten einzustellen (DW 29.9.2016). Einen Tag nach Unterzeichnung des Friedensabkommen zwischen der Hezb-e Islami und der Regierung, erklärte erstere in einer Stellungnahme eine Waffenruhe (The Express Tribune 30.9.2016). Das Abkommen beinhaltet unter anderem die Möglichkeit eines Regierungspostens für Hekmatyar; auch soll sich die afghanische Regierung bemühen, int. Sanktionen gegen Hekmatyar aufheben zu lassen (CRS 12.1.2017). Sobald internationale Sanktionen aufgehoben sind, wird von Hekmatyar erwartet, nach 20 Jahren aus dem Exil nach Afghanistan zurückkehren. Im Jahr 2003 war Hekmatyar von den USA zum "internationalen Terroristen" erklärt worden (NYT 29.9.2016). Schlussendlich wurden im Februar 2017 die Sanktionen gegen Hekmatyar von den Vereinten Nationen aufgehoben (BBC News 4.2.2017).
Sicherheitslage
Die Sicherheitslage ist beeinträchtigt durch eine tief verwurzelte militante Opposition. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädten und den Großteil der Distriktzentren. Die afghanischen Sicherheitskräfte zeigten Entschlossenheit und steigerten auch weiterhin ihre Leistungsfähigkeit im Kampf gegen den von den Taliban geführten Aufstand. Die Taliban kämpften weiterhin um Distriktzentren, bedrohten Provinzhauptstädte und eroberten landesweit kurzfristig Hauptkommunikationsrouten; speziell in Gegenden von Bedeutung wie z.B. Kunduz City und der Provinz Helmand (USDOD 12.2016). Zu Jahresende haben die afghanischen Sicherheitskräfte (ANDSF) Aufständische in Gegenden von Helmand, Uruzgan, Kandahar, Kunduz, Laghman, Zabul, Wardak und Faryab bekämpft (SIGAR 30.1.2017).
In den letzten zwei Jahren hatten die Taliban kurzzeitig Fortschritte gemacht, wie z.B. in Helmand und Kunduz, nachdem die ISAF-Truppen die Sicherheitsverantwortung den afghanischen Sicherheits- und Verteidigungskräften (ANDSF) übergeben hatten. Die Taliban nutzen die Schwächen der ANDSF aus, wann immer sie Gelegenheit dazu haben. Der IS (Islamischer Staat) ist eine neue Form des Terrors im Namen des Islam, ähnlich der al-Qaida, auf zahlenmäßig niedrigerem Niveau, aber mit einem deutlich brutaleren Vorgehen. Die Gruppierung operierte ursprünglich im Osten entlang der afghanisch-pakistanischen Grenze und erscheint, Einzelberichten zufolge, auch im Nordosten und Nordwesten des Landes (Lokaler Sicherheitsberater in Afghanistan 17.2.2017).
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(INSO 2017).
INSO beziffert die Gesamtzahl sicherheitsrelevanter Vorfälle in Afghanistan im Jahr 2016 mit 28.838 (INSO 2017).
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| 1.12.2015 - 15.2.2016 | 16.2.2016 - 19.5.2016 | 20.5.2016 - 15.8.2016 | 16.8.2016 - 17.11.2016 | 1.12.2015 - 17.11.2016 |
sicherheitsrelevante Vorfälle | 4.014 | 6.122 | 5.996 | 6.261 | 22.393 |
Bewaffnete Zusammenstöße | 2.248 | 3.918 | 3.753 | 4.069 | 13.988 |
Vorfälle mit IED¿s | 770 | 1.065 | 1.037 | 1.126 | 3.998 |
gezielte Tötungen | 154 | 163 | 268 | 183 | 768 |
Selbstmordattentate | 20 | 15 | 17 | 19 | 71 |
(UN GASC 13.12.2016; UN GASC
7.9.2016; UNGASC10.6.2016; UN GASC 7.3.2016; Darstellung durch die Staatendokumentation des BFA )
Mit Stand September 2016, schätzen Unterstützungsmission der NATO, dass die Taliban rund 10% der Bevölkerung beeinflussen oder kontrollieren. Die afghanischen Verteidigungsstreitkräfte (ANDSF) waren im Allgemeinen in der Lage, große Bevölkerungszentren zu beschützen. Sie hielten die Taliban davon ab, Kontrolle in bestimmten Gegenden über einen längeren Zeitraum zu halten und reagierten auf Talibanangriffe. Den Taliban hingegen gelang es, ländliche Gegenden einzunehmen; sie kehrten in Gegenden zurück, die von den ANDSF bereits befreit worden waren, und in denen die ANDSF ihre Präsenz nicht halten konnten. Sie führten außerdem Angriffe durch, um das öffentliche Vertrauen in die Sicherheitskräfte der Regierung, und deren Fähigkeit, für Schutz zu sorgen, zu untergraben (USDOD 12.2016). Berichten zufolge hat sich die Anzahl direkter Schussangriffe der Taliban gegen Mitglieder der afghanischen Nationalarmee (ANA) und afghaninischen Nationalpolizei (ANP) erhöht (SIGAR 30.1.2017).
Einem Bericht des U.S. amerikanischen Pentagons zufolge haben die afghanischen Sicherheitskräfte Fortschritte gemacht, wenn auch keine dauerhaften (USDOD 12.2016). Laut Innenministerium wurden im Jahr 2016 im Zuge von militärischen Operationen – ausgeführt durch die Polizei und das Militär – landesweit mehr als 18.500 feindliche Kämpfer getötet und weitere 12.000 verletzt. Die afghanischen Sicherheitskräfte versprachen, sie würden auch während des harten Winters gegen die Taliban und den Islamischen Staat vorgehen (VOA 5.1.2017).
Obwohl die afghanischen Sicherheitskräfte alle Provinzhauptstädte sichern konnten, wurden sie von den Taliban landesweit herausgefordert: intensive bewaffnete Zusammenstöße zwischen Taliban und afghanischen Sicherheitskräften verschlechterten die Sicherheitslage im Berichtszeitraum (16.8. – 17.11.2016) (UN GASC 13.12.2016; vergleiche auch: SCR 30.11.2016). Den afghanischen Sicherheitskräften gelang es im August 2016, mehrere große Talibanangriffe auf verschiedene Provinzhauptstädte zu vereiteln, und verlorenes Territorium rasch wieder zurückzuerobern (USDOD 12.2016).
Kontrolle von Distrikten und Regionen
Den Aufständischen misslangen acht Versuche, die Provinzhauptstadt einzunehmen; den Rebellen war es möglich, Territorium einzunehmen. High-profile Angriffe hielten an. Im vierten Quartal 2016 waren 2,5 Millionen Menschen unter direktem Einfluss der Taliban, während es im 3. Quartal noch 2,9 Millionen waren (SIGAR 30.1.2017).
Laut einem Sicherheitsbericht für das vierte Quartal, sind 57,2% der 407 Distrikte unter Regierungskontrolle bzw. –einfluss; dies deutet einen Rückgang von 6,2% gegenüber dem dritten Quartal: zu jenem Zeitpunkt waren 233 Distrikte unter Regierungskontrolle, 51 Distrikte waren unter Kontrolle der Rebellen und 133 Distrikte waren umkämpft. Provinzen, mit der höchsten Anzahl an Distrikten unter Rebelleneinfluss oder -kontrolle waren: Uruzgan mit 5 von 6 Distrikten, und Helmand mit 8 von 14 Distrikten. Regionen, in denen Rebellen den größten Einfluss oder Kontrolle haben, konzentrieren sich auf den Nordosten in Helmand, Nordwesten von Kandahar und die Grenzregion der beiden Provinzen (Kandahar und Helmand), sowie Uruzgan und das nordwestliche Zabul (SIGAR 30.1.2017).
Rebellengruppen
Regierungsfeindliche Elemente versuchten weiterhin durch Bedrohungen, Entführungen und gezielten Tötungen ihren Einfluss zu verstärken. Im Berichtszeitraum wurden 183 Mordanschläge registriert, davon sind 27 gescheitert. Dies bedeutet einen Rückgang von 32% gegenüber dem Vergleichszeitraum im Jahr 2015 (UN GASC 13.12.2016). Rebellengruppen, inklusive hochrangiger Führer der Taliban und des Haqqani Netzwerkes, behielten ihre Rückzugsgebiete auf pakistanischem Territorium (USDOD 12.2016).
Afghanistan ist mit einer Bedrohung durch militante Opposition und extremistischen Netzwerken konfrontiert; zu diesen zählen die Taliban, das Haqqani Netzwerk, und in geringerem Maße al-Qaida und andere Rebellengruppen und extremistische Gruppierungen. Die Vereinigten Staaten von Amerika unterstützen eine von Afghanen geführte und ausgehandelte Konfliktresolution in Afghanistan - gemeinsam mit internationalen Partnern sollen die Rahmenbedingungen für einen friedlichen politischen Vergleich zwischen afghanischer Regierung und Rebellengruppen geschaffen werden (USDOD 12.2016).
Zwangsrekrutierungen durch die Taliban, Milizen, Warlords oder kriminelle Banden sind nicht auszuschließen. Konkrete Fälle kommen jedoch aus Furcht vor Konsequenzen für die Rekrutierten oder ihren Familien kaum an die Öffentlichkeit (AA 9.2016).
Taliban und ihre Offensive
Die afghanischen Sicherheitskräfte behielten die Kontrolle über große Ballungsräume und reagierten rasch auf jegliche Gebietsgewinne der Taliban (USDOD 12.2016). Die Taliban erhöhten das Operationstempo im Herbst 2016, indem sie Druck auf die Provinzhauptstädte von Helmand, Uruzgan, Farah und Kunduz ausübten, sowie die Regierungskontrolle in Schlüsseldistrikten beeinträchtigten und versuchten, Versorgungsrouten zu unterbrechen (UN GASC 13.12.2016). Die Taliban verweigern einen politischen Dialog mit der Regierung (SCR 12.2016).
Die Taliban haben die Ziele ihrer Offensive "Operation Omari" im Jahr 2016 verfehlt (USDOD 12.2016). Ihr Ziel waren großangelegte Offensiven gegen Regierungsstützpunkte, unterstützt durch Selbstmordattentate und Angriffe von Aufständischen, um die vom Westen unterstütze Regierung zu vertreiben (Reuters 12.4.2016). Gebietsgewinne der Taliban waren nicht dauerhaft, nachdem die ANDSF immer wieder die Distriktzentren und Bevölkerungsgegenden innerhalb eines Tages zurückerobern konnte. Die Taliban haben ihre lokalen und temporären Erfolge ausgenutzt, indem sie diese als große strategische Veränderungen in sozialen Medien und in anderen öffentlichen Informationskampagnen verlautbarten (USDOD12.2016). Zusätzlich zum bewaffneten Konflikt zwischen den afghanischen Sicherheitskräften und den Taliban kämpften die Taliban gegen den ISIL-KP (Islamischer Staat in der Provinz Khorasan) (UN GASC 13.12.2016).
Der derzeitig Talibanführer Mullah Haibatullah Akhundzada hat im Jänner 2017 16 Schattengouverneure in Afghanistan ersetzt, um seinen Einfluss über den Aufstand zu stärken. Aufgrund interner Unstimmigkeiten und Überläufern zu feindlichen Gruppierungen, wie dem Islamischen Staat, waren die afghanischen Taliban geschwächt. hochrangige Quellen der Taliban waren der Meinung, die neu ernannten Gouverneure würden den Talibanführer stärken, dennoch gab es keine Veränderung in Helmand. Die südliche Provinz – größtenteils unter Talibankontrolle – liefert der Gruppe den Großteil der finanziellen Unterstützung durch Opium. Behauptet wird, Akhundzada hätte nicht den gleichen Einfluss über Helmand, wie einst Mansour (Reuters 27.1.2017).
Im Mai 2016 wurde der Talibanführer Mullah Akhtar Mohammad Mansour durch eine US-Drohne in der Provinz Balochistan in Pakistan getötet (BBC News 22.5.2016; vergleiche auch: The National 13.1.2017). Zum Nachfolger wurde Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt - ein ehemaliger islamischer Rechtsgelehrter - der bis zu diesem Zeitpunkt als einer der Stellvertreter diente (Reuters 25.5.2016; vergleiche auch:
The National 13.1.2017). Dieser ernannte als Stellvertreter Sirajuddin Haqqani, den Sohn des Führers des Haqqani-Netzwerkes (The National 13.1.2017) und Mullah Yaqoub, Sohn des Talibangründers Mullah Omar (DW 25.5.2016).
Haqqani-Netzwerk
Das Haqqani-Netzwerk ist eine sunnitische Rebellengruppe, die durch Jalaluddin Haqqani gegründet wurde. Sirajuddin Haqqani, Sohn des Jalaluddin, führt das Tagesgeschäft, gemeinsam mit seinen engsten Verwandten (NCTC o.D.). Sirajuddin Haqqani, wurde zum Stellvertreter des Talibanführers Mullah Haibatullah Akhundzada ernannt (The National 13.1.2017).
Das Netzwerk ist ein Verbündeter der Taliban – dennoch ist es kein Teil der Kernbewegung (CRS 26.5.2016). Das Netzwerk ist mit anderen terroristischen Organisationen in der Region, inklusive al-Qaida und den Taliban, verbündet (Khaama Press 16.10.2014). Die Stärke des Haqqani-Netzwerks wird auf 3.000 Kämpfer geschätzt (CRS 12.1.2017). Das Netzwerk ist hauptsächlich in Nordwaziristan (Pakistan) zu verorten und führt grenzübergreifende Operationen nach Ostafghanistan und Kabul durch (NCTC o.D.).
Das Haqqani-Netzwerk ist fähig - speziell in der Stadt Kabul - Operationen durchzuführen; finanziert sich durch legale und illegale Geschäfte in den Gegenden Afghanistans, in denen es eine Präsenz hat, aber auch in Pakistan und im Persischen Golf. Das Netzwerk führt vermehrt Entführungen aus – wahrscheinlich um sich zu finanzieren und seine Wichtigkeit zu stärken (CRS 12.1.2017).
Kommandanten des Haqqani Netzwerk sagten zu Journalist/innen, das Netzwerk sei bereit eine politische Vereinbarung mit der afghanischen Regierung zu treffen, sofern sich die Taliban dazu entschließen würden, eine solche Vereinbarung einzugehen (CRS 12.1.2017).
Frauen
Jahrzehntelanger Kampf gegen patriarchale und frauenfeindliche Normen, führte zu einer Sensibilisierung in Bezug auf Frauen und ihrer Rechte. Allmählich entwickelt sich die Rolle von Frauen in politischen und wirtschaftlichen Bereichen (AF 7.12.2016). Die Situation der Frauen hat sich seit dem Ende der Taliban-Herrschaft erheblich verbessert; die vollumfängliche Realisierung ihrer Rechte innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft bleibt schwierig. Die konkrete Situation von Frauen kann sich allerdings je nach regionalem und sozialem Hintergrund stark unterscheiden (AA 9.2016).
Artikel 22 der afghanischen Verfassung besagt, dass jegliche Form von Benachteiligung oder Bevorzugung unter den Bürgern Afghanistans verboten ist. Die Bürger Afghanistans, sowohl Frauen als auch Männer, haben vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten (Max Planck Institut 27.1.2004). Ein Meilenstein in dieser Hinsicht war die Errichtung des afghanischen Ministeriums für Frauenangelegenheiten (MoWA) im Jahr 2001 (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Bildung
Afghanistan ist eine Erfolgsgeschichte in der Verbesserung des Zugangs zu Bildung – auch für Mädchen (Education for Development 7.7.2015). Das Recht auf Bildung wurde den Frauen nach dem Fall der Taliban im Jahr 2001 eingeräumt (BFA Staatendokumentation 3.2014).
Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben. Laut Artikel 4 des afghanischen Bildungsgesetzes ist mittlere (elementare) Bildung in Afghanistan verpflichtend. Artikel 43 der afghanischen Verfassung besagt, dass alle afghanischen Staatsbürger das Recht auf Bildung haben (SIGAR 4.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004).
Seit dem Jahr 2000 hat sich die durchschnittliche Zahl der Kinder, die eine Schule besuchen von 2,5 Jahren auf 9,3 Jahre erhöht (AF 2015). Das afghanische Bildungsministerium errichtete gemeinsam mit USAID und anderen Gebern, mehr als 16.000 Schulen; rekrutierte und bildete mehr als 154.000 Lehrerinnen und Lehrer aus, und erhöhte die Zahl der Schuleinschreibungen um mehr als 60%. Das Bildungsministerium gibt die Zahl der Schüler/innen mit ca. 9 Millionen an, davon sind etwa 40% Mädchen. Frauen und Mädchen gehen öfter zu Schule wenn sie keine langen Distanzen zurücklegen müssen. USAID hat 84.000 afghanische Mädchen dabei unterstützt Schulen innerhalb ihrer Gemeinden besuchen zu können, damit sich nicht durch teilweise gefährliche Gegenden pendeln müssen (USAID 19.12.2016).
Laut dem afghanischen Statistikbüro, gab es landesweit 15.645 Schulen, 9.184.494 Schüler/innen, davon waren 362.906 weiblich. Diese Zahlen beinhalten alle Schultypen, dazu zählen Volks- und Mittelschulen, Abendschulen, Berufsschulen, Lehrerausbildungszentren, etc. Die Zahl der Schülerinnen hat sich im Zeitraum 2015-2016 zum Vergleichszeitraum 2014 – 2015 um 2,2% erhöht. Die Gesamtzahl der Lehrer/innen betrug 199.509, davon waren
63.911 Frauen (CSO 2016).
Frauenuniversität in Kabul
Seit dem Jahr 2008 hat sich die Studierendenzahl in Afghanistan um 50% erhöht. Im Mai 2016 eröffnete in Kabul die erste Privatuniversität für Frauen im Moraa Educational Complex, mit dazugehörendem Kindergarten und Schule für Kinder der Studentinnen. Die Universität bietet unter anderem Lehrveranstaltungen für Medizin, Geburtshilfe etc. an. (The Economist 13.8.2016; vergleiche auch:
MORAA 31.5.2016).
Im Herbst 2015 eröffnete an der Universität Kabul der Masterlehrgang für "Frauen- und Genderstudies" (Khaama Press 18.10.2015; vergleiche auch:
University Herold 18.10.2015); im ersten Lehrgang waren 28 Student/innen eingeschrieben, wovon 10 Männer waren (University Herold 18.10.2015).
Berufstätigkeit
Für viele Frauen ist es noch immer sehr schwierig, außerhalb des Bildungs- und Gesundheitssektors Berufe zu ergreifen. Einflussreiche Positionen werden abhängig von Beziehungen und Vermögen vergeben (AA 9.2016). Oft scheitern Frauen schon an den schwierigen Transportmöglichkeiten und eingeschränkter Bewegungsfreiheit ohne männliche Begleitung (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016).
Bemerkenswert ist die Steigerung jener Afghan/innen, die der Meinung sind, Frauen sollen sich bilden und außerhalb des Heimes arbeiten dürfen. Bei einer Befragung gaben 81% der Befragten an, Männer und Frauen sollten gleiche Bildungschancen haben (The Diplomat 9.12.2016; vergleiche auch: AF 7.12.2016).
Die Erwerbstätigkeit von Frauen hat sich seit dem Jahr 2001 stetig verbessert und betrug im Jahr 2016 19%. Rund 64% der Afghan/innen befürworteten Frauen außerhalb ihres Heimes arbeiten zu dürfen. Frauen sind dennoch einer Vielzahl von Hindernissen ausgesetzt; dazu zählen: Einschränkungen, Belästigung, Diskriminierung und Gewalt, aber auch praktische Hürden, wie z.B. fehlende Arbeitserfahrung, Fachkenntnisse und (Aus)Bildung (UN Women 2016). Die Alpahbetisierungsrate bei Frauen in Afghanistan liegt durchschnittlich bei 17%, in manchen Provinzen sogar unter 2% (UN Women 2016; vergleiche auch: UNESCO Institute for statistics o.D.). In der Altersklasse der 15 - 24 jährigen betrug die Alphabetisierungsrate im Jahr 2015 bei Frauen 46,11%, bei den über 65-jährigen 4,33% (UNESCO Institute for statistics o.D.).
Viele Frauen haben sich in bedeutenden Positionen in den verschiedenen Bereichen von nationaler Wichtigkeit entwickelt, dazu zählen Politik, Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Der Raum für weibliche Führungskräfte bleibt eingeschränkt, von Gebern abhängig und ist hauptsächlich in den Städten vertreten. Frauen sind im Privatsektor unterrepräsentiert und haben keine aktive Rolle in der Wirtschaftsproduktion. Unsicherheit, Belästigung, Immobilität, religiöser Extremismus und Korruption sind verbreitet. Begriffe wie zum Beispiel Geschlechtergleichstellung werden weiterhin missverstanden. Frauen in Führungspositionen werden als symbolisch betrachtet, werden politisch mangelhaft unterstützt, haben schwach ausgebildete Entscheidungs- und Durchsetzungskompetenzen und mangelnden Zugang zu personellen und finanziellen Mitteln (USIP 9.2015). Frauen sind im Arbeitsleben mit gewissen Schwierigkeiten konfrontiert, etwa Verwandte, die verlangen sie sollen zu Hause bleiben; oder Einstellungsverfahren, die Männer bevorzugten. Jene die arbeiteten, berichteten von sexueller Belästigung, fehlenden Transport- und Kinderbetreuungsmöglichkeiten; Benachteiligungen bei Lohnauszahlungen existieren im Privatsektor. Journalistinnen, Sozialarbeiterinnen und Polizistinnen berichteten von, Drohungen und Misshandlungen (USDOS 13.4.2016).
Frauen machen 30% der Medienmitarbeiter/innen aus. Teilweise leiten Frauen landesweit Radiostationen - manche Radiostationen setzten sich ausschließlich mit Frauenangelegenheiten auseinander. Nichtsdestotrotz, finden Reporterinnen es schwierig ihren Job auszuüben. Unsicherheit, fehlende Ausbildung und unsichere Arbeitsbedingungen schränken die Teilhabe von Frauen in den Medien weiterhin ein (USDOS 13.4.2016).
Frauen im öffentlichen Dienst
Die politische Partizipation von Frauen ist rechtlich verankert und hat sich deutlich verbessert. So sieht die afghanische Verfassung Frauenquoten für das Zweikammerparlament vor: Ein Drittel der 102 Sitze im Oberhaus (Meshrano Jirga) werden durch den Präsidenten vergeben; die Hälfte davon ist gemäß Verfassung für Frauen bestimmt (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016). Zurzeit sind 18 Senatorinnen in der Meshrano Jirga vertreten. Im Unterhaus (Wolesi Jirga) sind 64 der 249 Sitze für Parlamentarierinnen reserviert; derzeit sind 67 Frauen Mitglied des Unterhauses. Die von Präsident Ghani bewirkten Wahlreformen sehen zudem Frauenquoten von 25% der Sitze für Provinz- und Distriktratswahlen vor; zudem sind mindestens zwei von sieben Sitzen in der einflussreichen Wahlkommission (Independent Election Commission) für Frauen vorgesehen. Die afghanische Regierung hat derzeit vier Ministerinnen (von insgesamt 25 Ministern) (AA 9.2016). Drei Afghaninnen sind zu Botschafterinnen ernannt worden (UN Women 2016). Frauen in hochrangigen Regierungspositionen waren weiterhin Opfer von Drohungen und Gewalt (USDOS 13.4.2016).
Das Netzwerk von Frauenrechtsaktivistinnen "Afghan Women‘s Network" berichtet von Behinderungen der Arbeit seiner Mitglieder bis hin zu Bedrohungen und Übergriffen, teilweise von sehr konservativen und religiösen Kreisen (AA 9.2016).
Frauen in den afghanischen Sicherheitskräften
Polizei und Militär sind Bereiche, in denen die Arbeit von Frauen besonders die traditionellen Geschlechterrollen Afghanistans herausfordert. Der Fall des Taliban-Regimes brachte, wenn auch geringer als zu Beginn erwartet, wesentliche Änderungen für Frauen mit sich. So begannen Frauen etwa wieder zu arbeiten (BFA Staatendokumentation 26.3.2014). Im Jahr 2016 haben mehr Frauen denn je die Militärschule und die Polizeiakademie absolviert (AF 7.12.2016). Das Innenministerium bemüht sich um die Einstellung von mehr Polizistinnen, allerdings wird gerade im Sicherheitssektor immer wieder über Gewalt gegen Frauen berichtet. Die afghanische Regierung hat sich bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Frauen ehrgeizige Ziele gesetzt und plant u.a. in der ersten Jahreshälfte 2016 ein Anti-Diskriminierungspaket für Frauen im öffentlichen Sektor zu verabschieden. Dieses ist allerdings bisher noch nicht geschehen (AA 9.2016). 2.834 Polizistinnen sind derzeit bei der Polizei, dies beinhaltete auch jene die in Ausbildung sind (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: Sputnik News 14.6.2016). Laut Verteidigungsministerium werden derzeit 400 Frauen in unterschiedlichen Bereichen des Verteidigungsministeriums ausgebildet: 30 sind in der nationalen Militärakademie, 62 in der Offiziersakademie der ANA, 143 in der Malalai Militärschule und 109 Rekrutinnen absolvieren ein Training in der Türkei (Tolonews 28.1.2017).
Im Allgemeinen verbessert sich die Situation der Frauen innerhalb der Sicherheitskräfte, bleibt aber weiterhin fragil. Der Schutz von Frauenrechten hat in größeren städtischen Gegenden, wie Kabul, Mazar-e Sharif und in der Provinz Herat, moderate Fortschritte gemacht; viele ländliche Gegenden sind extrem konservativ und sind aktiv gegen Initiativen, die den Status der Frau innerhalb der Gesellschaft verändern könnte (USDOD 6.2016).
Auch wenn die Regierung Fortschritte machte, indem sie zusätzliche Polizistinnen rekrutierte, erschweren kulturelle Normen und Diskriminierung die Rekrutierung und den Verbleib in der Polizei (USDOS 13.4.2016).
Teilnahmeprogramme für Frauen in den Sicherheitskräften
Initiiert wurde ein umfassendes Programm zur Popularisierung des Polizeidienstes für Frauen (SIGAR 30.7.2016; vergleiche auch: Sputnik News 5.12.2016). Dies Programm fördert in verschiedenster Weise Möglichkeiten zur Steigerung der Frauenrate innerhalb der ANDSF (SIGAR 30.7.2016). Das afghanische Innenministerium gewährte im Vorjahr 5.000 Stellen für Frauen bei der Polizei, diese Stellen sind fast alle noch immer vakant (Sputnik News 5.12.2016; vergleiche auch:
SIGAR 30.7.2016). Eines der größten Probleme ist, dass sowohl junge Mädchen als auch Ehefrauen in ihren Familien nichts selbständig entscheiden dürften (Sputnik News 5.12.2016). Die afghanische Nationalpolizei schuf zusätzlich neue Posten für Frauen – womit sich deren Zahl auf 5.969 erhöhte; 5.024 dieser Posten sind innerhalb der afghanischen Nationalpolizei, 175 in Gefängnissen und Haftanstalten, sowie 770 zivile Positionen (SIGAR 30.7.2016). Im Juni 2016 verlautbarten die Behörden in Kabul, bis März 2017 die Polizei mit 10.000 neuen Stellen für weibliche Polizeikräfte aufzustocken. Die Behörden möchten der steigenden Gewalt gegen Frauen in Afghanistan entgegentreten und effektiver gegen die Terrorbedrohung und den Drogenhandel im Land vorgehen (Sputnik News 14.6.2016).
Seit fast einem Jahrzehnt schaffen afghanische Behörden massiv Arbeitsstellen für Frauen bei der Polizei und versuchen alljährlich den Frauenanteil zu erhöhen. Das dient vor allem dazu, den Afghaninnen Schutz zu gewähren. Wenn Verdächtigte und mutmaßliche Verbrecher Frauen seien, werden Polizistinnen bevorzugt. Allerdings haben Beamtinnen wegen ihres Polizeidienstes öfter Probleme mit ihren konservativen Verwandten (Sputnik News 14.6.2016). Im Arbeitskontext sind Frauen von sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen: so sind z. B. Polizistinnen massiven Belästigungen und auch Gewalttaten durch Arbeitskollegen oder im direkten Umfeld ausgesetzt (AA 9.2016; vergleiche auch: Sputnik News 14.6.2016).
Kabul
Die Provinzhauptstadt von Kabul und gleichzeitig Hauptstadt von Afghanistan ist Kabul Stadt. Die Provinz Kabul grenzt im Nordwesten an die Provinz Parwan, im Nordosten an Kapisa, im Osten an Laghman, Nangarhar im Südosten, Logar im Süden und (Maidan) Wardak im Südwesten. Kabul ist mit den Provinzen Kandahar, Herat und Mazar durch die sogenannte Ringstraße und mit Peshawar in Pakistan durch die Kabul-Torkham Autobahn verbunden. Die Stadt hat 22 Stadtgemeinden und 14 administrative Einheiten (Pajhwok o.D.z). Die Bevölkerungszahl der Provinz wird auf 4.523.718 geschätzt (CSO 2016)
Distrikt Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen | 21 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 18 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 50 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 31 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 28 |
Andere Vorfälle | 3 |
Insgesamt | 151 |
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 1.9.2015 – 31.5.2016 wurden im Distrikt Kabul 151 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Provinz Kabul
Gewalt gegen Einzelpersonen | 5 |
Bewaffnete Konfrontationen und Luftangriffe | 89 |
Selbstmordattentate, IED-Explosionen und andere Explosionen | 30 |
Wirksame Einsätze von Sicherheitskräften | 36 |
Vorfälle ohne Bezug auf den Konflikt | 1 |
Andere Vorfälle | 0 |
Insgesamt | 161 |
(EASO 11.2016)
Im Zeitraum 1.9.2015. – 31.5.2016 wurden in der gesamten Provinz Kabul 161 sicherheitsrelevante Vorfälle registriert (EASO 11.2016).
Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Transitrouten, Provinzhauptstädte und fast alle Distriktzentren (USDOD 12.2015). Aufständischengruppen planen oft Angriffe auf Gebäude und Individuen mit afghanischem und amerikanischem Hintergrund: afghanische und US-amerikanische Regierungseinrichtungen, ausländische Vertretungen, militärische Einrichtungen, gewerbliche Einrichtungen, Büros von Nichtregierungsorganisation, Restaurants, Hotels und Gästehäuser, Flughäfen und Bildungszentren (Khaama Press 13.1.2017). Nach einem Zeitraum länger andauernder relativer Ruhe in der Hauptstadt, explodierte im Jänner 2017 in der Nähe des afghanischen Parlaments eine Bombe; bei diesem Angriff starben mehr als 30 Menschen (DW 10.1.2017). Die Taliban bekannten sich zu diesem Vorfall und gaben an, hochrangige Beamte des Geheimdienstes wären ihr Ziel gewesen (BBC News 10.1.2017).
In der Provinz Kabul finden regelmäßig militärische Operationen statt (Afghanistan Times 8.2.2017; Khaama Press 10.1.2017; Tolonews 4.1.2017a; Bakhtar News 29.6.2016). Taliban Kommandanten der Provinz Kabul wurden getötet (Afghan Spirit 18.7.2016). Zusammenstößen zwischen Taliban und Sicherheitskräften finden statt (Tolonews 4.1.2017a).
Regierungsfeindliche Aufständische greifen regelmäßig religiöse Orte, wie z.B. Moscheen, an. In den letzten Monaten haben eine Anzahl von Angriffen, gezielt gegen schiitische Muslime, in Hauptstädten, wie Kabul und Herat stattgefunden (Khaama Press 2.1.2017; vergleiche auch: UNAMA 6.2.2017).
Quellen:
Schiiten
Die Bevölkerung schiitischer Muslime wird auf 10-19% geschätzt (AA 9.2016; vergleiche auch: CIA 21.10.2016). Zu der schiitischen Bevölkerung zählen die Ismailiten und die ethnischen Hazara (USDOS 10.8.2016). Die meisten Hazara Schiiten gehören der Jafari-Sekte (Zwölfer-Sekte) an. Im letzten Jahrhundert ist allerdings eine Vielzahl von Hazara zur Ismaili-Sekte übergetreten. Es gibt einige Hazara-Gruppen, die zum sunnitischen Islam konvertierten. In Uruzgan und vereinzelt in Nordafghanistan sind einige schiitische Belutschen (BFA Staatendokumentation 7.2016).
Auseinandersetzungen zwischen Sunniten und Schiiten sind in Afghanistan selten. Sowohl im Rat der Religionsgelehrten (Ulema), als auch im Hohen Friedensrat sind Schiiten vertreten; beide Gremien betonen, dass die Glaubensausrichtung keinen Einfluss auf ihre Zusammenarbeit habe (AA 9.2016). Afghanische Schiiten und Hazara sind dazu geneigt weniger religiös und gesellschaftlich offener zu sein, als ihre religiösen Brüder im Iran (CRS 8.11.2016).
Die Situation der afghanisch schiitisch-muslimischen Gemeinde hat sich seit dem Ende des Taliban-Regimes wesentlich gebessert (USCIRF 30.4.2015). Beobachtern zufolge ist die Diskriminierung gegen die schiitische Minderheit durch die sunnitische Mehrheit zurückgegangen; dennoch gab es Berichte zu lokalen Vorfällen (USDOS 10.8.2016).
Ethnische Hazara sind gesellschaftlicher Diskriminierungen ausgesetzt (USDOS 13.4.2016). Informationen eines Vertreters einer internationalen Organisation mit Sitz in Kabul zufolge, sind Hazara, entgegen ihrer eigenen Wahrnehmung, keiner gezielten Diskriminierung aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit ausgesetzt (Vertrauliche Quelle 29.9.2015).
Afghanischen Schiiten ist es möglich ihre Feste öffentlich zu feiern - manche Paschtunen sind über die öffentlichen Feierlichkeiten verbittert, was gelegentlich in Auseinandersetzungen resultiert (CRS 8.11.2016). Im November 2016, hat ein Kämpfer der IS-Terrormiliz, während einer religiösen Zeremonie in der Bakir-al-Olum-Moschee - einer schiitischen Moschee in Kabul - am schiitischen Feiertag Arbain, einen Sprengstoffanschlag verübt (Tolonews 22.11.2016; vergleiche auch: FAZ 21.11.2016). Bei diesem Selbstmordanschlag sind mindestens 32 Menschen getötet und 80 weitere verletzt worden (Khaama Press 22.11.2016). In Kabul sind die meisten Moscheen trotz Anschlagsgefahr nicht besonders geschützt (FAZ 21.11.2016). Am 23. Juli 2016 wurde beim schwersten Selbstmordanschlag in der afghanischen Geschichte die zweite Großdemonstration der Enlightenment-Bewegung durch den ISKP angegriffen. Es dabei starben über 85 Menschen, rund 240 wurden verletzt. Dieser Schlag richtete sich fast ausschließlich gegen Schiiten (AA 9.2016).
Einige Schiiten bekleiden höhere Ämter (CRS 8.11.2016); sowie andere Regierungsposten. Schiiten verlautbarten, dass die Verteilung von Posten in der Regierung die Demographie des Landes nicht adäquat berücksichtigte. Das Gesetz schränkt sie bei der Beteiligung am öffentlichen Leben nicht ein – dennoch verlautbarten Schiiten - dass die Regierung die Sicherheit in den Gebieten, in denen die Schiiten die Mehrheit stellten, vernachlässigte. Hazara leben hauptsächlich in den zentralen und westlichen Provinzen, während die Ismailiten hauptsächlich in Kabul, den zentralen und nördlichen Provinzen leben (USDOS 10.8.2016).
Unter den Parlamentsabgeordneten befinden sich vier Ismailiten. Manche Mitglieder der ismailitischen Gemeinde beschweren sich über Ausgrenzung von Position von politischen Autoritäten (USDOS 10.8.2015).
Quellen:
Vertrauliche Quelle - eine internationale Organisation, die in Afghanistan ansässig ist (29.9.2015): Informationen zu der Sicherheitslage in Afghanistan. Interview, liegt bei der Staatendokumentation auf
Hazara
Die schiitische Minderheit der Hazara macht etwa 10% der Bevölkerung aus. (CRS 12.1.2015). Die Hazara besiedelten traditionell das Bergland in Zentralafghanistan, das sich zwischen Kabul im Osten und Herat im Westen erstreckt und unter der Bezeichnung Hazaradschat (az?raj?t) bekannt ist. Das Kernland dieser Region umfasst die Provinzen Bamyan, Ghazni, Daikundi und den Westen der Provinz Wardak. Es können auch einzelne Teile der Provinzen Ghor, Uruzgan, Parwan, Samangan, Baghlan, Balkh, Badghis, und Sar-e Pul dazugerechnet werden. Wichtige Merkmale der ethnischen Identität der Hazara sind die schiitische Konfession (mehrheitlich Zwölfer-Schiiten) und ihre ethnisch-asiatisches Erscheinungsbild, woraus gern Schlussfolgerungen über eine turko-mongolische Abstammung der Hazara gezogen werden. Eine Minderheit der Hazara, die vor allem im nordöstlichen Teil des Hazaradschat leben, sind Ismailiten. Nicht weniger wichtig als Religion und Abstammung ist für das ethnische Selbstverständnis der Hazara eine lange Geschichte von Unterdrückung, Vertreibung und Marginalisierung. Jahrzehntelange Kriege und schwere Lebensbedingungen haben viele Hazara aus ihrer Heimatregion in die afghanischen Städte, insbesondere nach Kabul, getrieben (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Ihre Gesellschaft ist traditionell strukturiert und basiert auf der Familie bzw. dem Klan. Die sozialen Strukturen der Hazara werden manchmal als Stammesstrukturen bezeichnet; dennoch bestehen in Wirklichkeit keine sozialen und politischen Stammesstrukturen. Das traditionelle soziale Netz der Hazara besteht größtenteils aus der Familie, obwohl gelegentlich auch politische Führer einbezogen werden können (Staatendokumentation des BFA 7.2016).
Für die während der Taliban-Herrschaft besonders verfolgten Hazara hat sich die Lage grundsätzlich verbessert (AA 9.2016); sie haben sich ökonomisch und politisch durch Bildung verbessert (CRS 12.1.2015). In der öffentlichen Verwaltung sind sie jedoch nach wie vor unterrepräsentiert. Unklar ist, ob dies Folge der früheren Marginalisierung oder eine gezielte Benachteiligung neueren Datums ist (AA 9.2016). In der Vergangenheit wurden die Hazara von den Pashtunen verachtet, da diese dazu tendierten, die Hazara als Hausangestellte oder für andere niedere Arbeiten einzustellen. Berichten zufolge schließen viele Hazara, auch Frauen, Studien ab oder schlagen den Weg in eine Ausbildung in Informationstechnologie, Medizin oder anderen Bereichen ein, die in den unterschiedlichen Sektoren der afghanischen Wirtschaft besonders gut bezahlt werden (CRS 12.1.2015).
Gesellschaftliche Spannungen bestehen fort und leben lokal in unterschiedlicher Intensität gelegentlich wieder auf (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016). Im Jahr 2015 kam es zu mehreren Entführungen von Angehörigen der Hazara (AA 9.2016; vergleiche auch: UDOS 13.4.2016; NYT 21.11.2015; World Hazara Council 10.11.2016; RFE/RL 25.2.2016). Im Jahr 2016 registrierte die UNAMA einen Rückgang von Entführungen von Hazara. Im Jahr 2016 dokumentierte die UNAMA 15 Vorfälle in denen 82 Hazara entführt wurden. Im Jahr 2015 wurden 25 Vorfälle von 224 entführten Hazara dokumentiert. Die Entführungen fanden in den Provinzen Uruzgan, Sar-e Pul, Daikundi, Maidan Wardak und Ghor statt (UNAMA 6.2.2017). Im Juli 2016 sprengten sich mehrere Selbstmordattentäter bei einem großen Protest der Hazara in die Luft, dabei wurden mindestens 80 getötet und 250 verletzt; mit dem IS verbundene Gruppen bekannten sich zu dem Attentat (HRW 12.1.2017).
Die Hazara sind im nationalen Durchschnitt mit etwa 10% in der Afghan National Army und der Afghan National Police repräsentiert (Brookings 31.10.2016).
Ausführliche Informationen zu den Hazara, können dem Dossier der Staatendokumentation (7.2016) entnommen werden.
Quellen:
Versammlungsfreiheit
Die afghanische Verfassung garantiert das Recht der Versammlungsfreiheit (Artikel 36) (FH 27.1.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004). Dennoch gibt es einige Restriktionen, die von Region zu Region unterschiedlich aufrechterhalten werden. Im Jahr 2015 fanden in Kabul Demonstrationen statt, u.a. für die Sicherheit der Hazara (FH 27.1.2016).
Die Versammlungsfreiheit ist in Afghanistan grundsätzlich gewährleistet. Es gibt regelmäßig – genehmigte wie spontane – Demonstrationen, v. a. gegen soziale Missstände, gegen Koranverbrennungen oder auch für die Gewährleistung von Frauenrechten. Die jüngste Demonstration der sogenannten Enlightenment-Bewegung für Zugang zur Stromversorgung vom 23. Juli 2016 wurde jedoch von einem Selbstmordanschlag überschattet, der zahlreiche Todesopfer forderte. Die Regierung gestand ein, trotz erheblicher Anstrengungen nicht in der Lage zu sein, bei Demonstrationen die Sicherheit der Teilnehmenden vollständig zu gewährleisten (AA 9.2016).
Quellen:
Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen und der US-Streitkräfte
Die Taliban greifen weiterhin Mitarbeiter/innen lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen an – nichtsdestotrotz sind der Ruf der Organisationen innerhalb der Gemeinschaft und deren politischer Einfluss ausschlaggebend, ob ihre Mitarbeiter/innen Problemen ausgesetzt sein werden. Dieser Quelle zufolge, sind Mitarbeiter/innen von NGOs Einschüchterungen der Taliban ausgesetzt. Einer anderen Quelle zufolge kam es im Jahr 2015 nur selten zu Vorfällen, in denen NGOs direkt angegriffen wurden (IRBC 22.2.2016). Angriffe auf Mitarbeiter/innen internationaler Organisationen wurden in den letzten Jahren registriert; unter anderem wurden im Februar 2017 sechs Mitarbeiter/innen des Int. Roten Kreuzes in der Provinz Jawzjan von Aufständischen angegriffen und getötet (BBC News 9.2.2017); im April 2015 wurden 5 Mitarbeiter/innen von "Save the Children" in der Provinz Uruzgan entführt und getötet (The Guardian 11.4.2015).
Die norwegische COI-Einheit Landinfo berichtet im September 2015, dass zuverlässige Berichte über konfliktbezogene Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen vorliegen. Andererseits konnte nur eine eingeschränkte Berichtslage bezüglich konfliktbezogener Gewalt gegen ehemalige Übersetzer, Informanten oder andere Gruppen lokaler Angestellter ziviler oder militärischer Organisationen festgestellt werden (Landinfo 9.9.2015). Ferner werden reine Übersetzerdienste, die auch geheime Dokumente umfassen, meist von US-Staatsbürgern mit lokalen Wurzeln durchgeführt, da diese eine Sicherheitszertifizierung benötigen (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).
Grundsätzlich sind Anfeindungen gegen afghanische Angestellte der US-Streitkräfte üblich, da diese im Vergleich zu ihren Mitbürger/innen verhältnismäßig viel verdienen. Im Allgemeinen hält sich das aber in Grenzen, da der wirtschaftliche Nutzen für die gesamte Region zu wichtig ist. Tätliche Übergriffe kommen vor, sind aber nicht nur auf ein Arbeitsverhältnis bei den internationalen Truppen zurückzuführen. Des Weiteren bekommen afghanische Angestellte bei den internationalen Streitkräften Uniformen oder Dienstbekleidung, Verpflegung und Zugang zu medizinischer Versorgung nach westlichem Standard. Es handelt sich somit meist um Missgunst. Das Argument der Gefahr im Beruf für lokale Dolmetscher wurde von den US-Streitkräften im Bereich der SOF (Special Operation Forces), die sehr sensible Aufgaben durchführen, dadurch behoben, dass diesen Mitarbeitern nach einer gewissen Zeit die Mitnahme in die USA angeboten wurde. Dieses Vorgehen wurde von einer militärischen Quelle aus Deutschland bestätigt (Liaison Officer to Ministry of Interior of GIROA 14.11.2014).
Quellen:
Meinungs- und Pressefreiheit
Die Presse- und Meinungsfreiheit ist in Artikel 34 der afghanischen Verfassung verankert (USDOS 13.4.2016; vergleiche auch: Max Planck Institut 27.1.2004), jedoch werden diese Rechte in der Praxis von der Regierung in unterschiedlichen Maßen eingeschränkt (USDOS 13.4.2016). Die Freiheiten sind grundsätzlich – vor allem im regionalen Vergleich – in einem bemerkenswerten Maß verwirklicht (AA 9.2016). Afghanistan konnte sich im Rahmen des World Press Freedom Index, um zwei weitere Plätze auf Platz 120 von 180 verbessern (RSF 4.2016).
Afghanistan hat einen lebhaften Mediensektor – mit vielen Print-, Radio- und Fernsehkanälen, die insgesamt ein großes Spektrum an Meinungen - allgemein unzensiert – darstellen. Medienanbieter sind entweder unabhängige und gewinnorientierte Firmen, es gibt auch einen staatlichen Rundfunk und Kanäle, die spezifische politische Interessen vertreten (FH 27.1.2016). In den vergangenen Jahren galt die afghanische Medienlandschaft als Vorzeigesektor: diversifiziert, unabhängig, im Wachstums- und Professionalisierungsprozess begriffen und von einem vergleichsweise liberalen rechtlichen Rahmenwerk gestützt. Dieses Bild muss differenziert werden. Während der Boomjahre 2007-2012 sind mehr Medien entstanden, als der afghanische Markt erhalten kann, es gibt allein 75 TV- und über 200 Radio-Sender. Nur die größten Sender und die Kanäle lokaler Mäzene können dem wirtschaftlichen Druck standhalten.
Sicherheitserwägungen, eine konservative Medienpolitik und religiöse Forderungen schränken die Medienfreiheit ein. Zugleich übernehmen afghanische Medienvertreter zunehmend politische Verantwortung und gehen bewusst Risiken ein, um Missstände anzuprangern (AA 9.2016).
Journalist/innen beklagen eine wachsende Kontrolle des Staates über die Berichterstattung; Einflussnahme und Drohungen durch Parlamentarier, Ministerien, Sicherheitsorgane und lokale Machthaber. "Reporter ohne Grenzen" berichtet, dass in mehreren Provinzen im Nordosten des Landes – darunter Badakhshan, Nangarhar, Baghlan und Nuristan – praktisch keine unabhängige Berichterstattung mehr möglich ist. Wegen der heftigen Kämpfe sowie der Bedrohung durch Islamisten (u.a. Taliban) haben viele Journalist/innen dort ihre Arbeit völlig eingestellt. In Helmand im Süden und Khost im Osten Afghanistans ist die Lage für Medienschaffende schon länger äußerst schwierig (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016).
Das Afghan Journalists Safety Committee berichtet aber von einem Rückgang der Bedrohungen und Einschüchterungen von Journalist/innen im ersten Halbjahr 2015 um 43% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Von Januar bis Juli 2015 zählte es 39 Fälle von Gewalt gegen Journalist/innen, darunter einen Mord. Bessere Beziehungen zwischen den Journalist/innen und den Medien unterstützenden Organisationen, aber auch die Unterstützung der Regierung für Journalist/innen und die Meinungsfreiheit sollen zu diesem Rückgang beigetragen haben (AA 9.2016). Amnesty International zufolge, verzeichnete die afghanische Organisation zur Unterstützung der Medien (Nai) 73 Fälle im Jahr 2015, in denen Journalisten und Medienschaffende bedroht, angegriffen, verletzt, verschleppt, inhaftiert oder getötet wurden. Den Großteil dieser Fälle hatten Regierungsvertreter, Polizei und Sicherheitsbehörden zu verantworten. Die Regierung verabsäumte es, Angriffe auf Journalist/innen und Medienmitarbeiter/innen zu untersuchen. Am 28. Januar 2015 beschloss das Parlament eine Änderung des Gesetzes über Massenmedien, das Einschränkungen der Medienfreiheit vorsah. Journalist/innen und Menschenrechtsaktivist/innen äußerten die Befürchtung, damit werde das Recht auf freie Meinungsäußerung weiter ausgehöhlt (AI 24.2.2016). Journalist/innen waren 2015 im Vergleich zum Vorjahr weniger Gewalt ausgesetzt. Mehrere Versuche der Regierung Inhalte zu unterbinden, waren weitgehend erfolglos; dazu zählten die Medienberichterstattung über die Taliban und die satirische Facebooksite "Kabul Taxi" (FH 27.1.2016).
Trotz Hindernissen publizierten Printmedien unabhängig Magazine, Newsletter und Zeitungen; jedoch war die Reichweite gering. Eine Vielzahl an Leitartikeln und Tageszeitungen kritisieren offen die Regierung. Aufgrund des hohen Grades an Analphabetentum, bevorzugen die meisten Bürger/innen Fernsehen oder Radio gegenüber Printmedien. Das Radio bleibt aufgrund der Zugänglichkeit weiterhin weitverbreitet (USDOS 13.4.2016).
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die unter römisch II.1.1. und römisch II.1.2. getroffenen Feststellungen stützen sich auf die diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF1 und der BF2 in der Erstbefragung, in der Einvernahme vor der belangten Behörde, in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.7.2017 und auf dem Akteninhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Fremdsakts.
Die getroffenen Feststellungen zum BF1 gründen auf den Angaben der vom Gericht angehörten BF1, BF2, BF5 und BF8 in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.7.2017 sowie auch auf deren persönlichen Eindruck, welchen diese BF hinterließen.
In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht hinterließ der BF1 glaubhaft den Eindruck, dass er in seinem Herkunftsstaat für Themen wie Frauenrechte und Menschenrechte eingetreten ist und durch die Mitteilung des Bäckers aus der Nachbarschaft, dass Männer mit einem Lichtbild, auf welchem der BF1 abgebildet war, nach ihm gefragt haben, sowie durch die Meinungsverschiedenheit mit den Mullahs, welchen sein zuhause als Oberhaupt geltende Vater angehört, in Furcht versetzt war.
Aus den der belangten Behörde und dem Gericht vorgelegten Beweismitteln (siehe unter römisch eins.13.) kommt hervor, dass der BF1 während seines Berufslebens in Afghanistan Aus- und Weiterbildungen im Rahmen von Workshops und Kursen internationaler Organisationen absolvierte, für internationale Organisationen auch tätig war und sich mit Themen wie Menschenrechte, Frauenrechte und Verfassungsrecht beschäftigte und diesbetreffend auch einen der NATO nahestehenden Radiosender bei der Programmgestaltung beriet.
Laut im Fremdakt einliegenden Dokument "XXXX", absolvierte der BF1 die Krankenpflegerprüfung am römisch 40 erfolgreich.
Im vorgelegten Fremdakts einliegend ist ein Gratulationsschreiben zum Studienabschluss der Privat-Universität römisch 40 (AS 139), Kursbestätigungen des römisch 40 (AS 141, 143 und 145), ein Dankschreiben für den vom BF1 gehaltenen Unterricht an Kinder (AS 145, 147, 149, 151 und 153), ein Dankschreiben eines Jugendvereins für Englisch-Unterricht, welchen der BF als ehrenamtliche Arbeit im Zusammenhang mit seinem Wirken rund um Menschrechte erteilt hat.
Der BF1 war bei Internationalen Organisationen in Afghanistan tätig. So zum Beispiel als Chief Project Coordinator bei der römisch 40 (22.3.2010 bis 12.5.2012), als Deputy Program Manager bei römisch 40 (15.3.2013 bis 15.10.2015) und bei Radio römisch 40 . In dem im Fremdakt einliegenden Schreiben des Radiostation-Direktors römisch 40 , Radio römisch 40 , (AS 113) wird der BF1 als "Afghan civil activist" beschrieben, dessen Expertise im Rechtsbereich die Produktion vieler in Ost-Afghanistan ausgestrahlter Stunden Radioprogramms – speziell betreffend die Themen Frauenrechte, Rolle des Rechts, afghanisches Verfassungsrecht – ermöglicht habe. Radio römisch 40 wird darin als von der NATO gegründete Radiostation beschrieben, welche lokale Radioprogramme mit den Inhalten afghanisches Recht, Menschenrechte, Geschichte, Politik und Kunst und Kultur ausstrahlt.
Aus der im Fremdakt einliegenden Beschäftigungsbestätigung (Certificate of Employment) geht hervor, dass er von Juni 2004 bis Oktober 2004 bei römisch 40 als Community Master Trainer und von 15.4.2003 bis 6.6.2004 als Krankenpfleger in der römisch 40 in Marak, Behsud römisch II, Maidan Wardak, tätig war (AS 95 und AS 97). Laut Website römisch 40 (Zugriff: 8.9.2017) handelt es sich dabei um eine international tätige von christlichen Grundwerten inspirierte Hilfsorganisation. Der BF1 wird auf AS 99 von römisch 40 in einem Empfehlungsschreiben als einer der wichtigsten Mitarbeiter des Projekts beschrieben und das Projekt selbst wird darin als Zusammenarbeit zwischen römisch 40 und dem afghanischen Ministerium für öffentliche Gesundheit bezeichnet. Ziel ist die Stärkung des lokalen Gesundheitsystems und wird der BF1 als sehr wichtiger Teil dieses Projekts beschrieben. Laut im Fremdakt einliegenden undatiertem Zertifikat der römisch 40 hat der BF1 an einem Krankenpflegetraining in der Zeit vom 7.10.-16.10.2002 teilgenommen. Laut Website ist Hope worldwide (AS 127) eine internationale karikative Organisation (römisch 40 Zugriff: 8.9.2017).
Ein weiterer vom BF1 besuchter Workshop ist laut einem im Fremdakt einliegenden Zertifikat (AS 129) ein in der Zeit von 22.11.-24.11.2008 vom römisch 40 in Kabul veranstalteter Workshop.
Mit dem Empfehlungsschreiben des römisch 40 wird der BF1 empfohlen und geht daraus hervor, dass er vom 22.3.2010 bis 12.5.2012 dort als Chief Project Coordinator beschäftigt war. Laut der im Fremdakt einliegenden undatierten Bestätigung von römisch 40 (AS 115) hat der BF1 Führungskräfte-Praxis zur Mitarbeiterführung erworben ("has learned the Leadership pracitce and can enable others to face challenges and achieve results"). Im vorgelegten Fremdakt einliegend ist ein undatiertes Abschlusszertifikat der römisch 40 (AS 117), wonach der BF1 ein Training während eines für NGO-Trainer abgehaltenen Trainerworkshops in der Zeit von 24.7.-29.7.2004 in Baghlan absolviert hat. Laut im Fremdakt einliegendem undatiertem Zertifikat (AS 119) hat der BF1 in der Zeit vom 21.1.-24.1.2008 ein von dem Gesundheitsministerium und dem Nationalen Geburtshilfe- und Kindergesundheitszentrum des römisch 40 durchgeführten Trainingsprogramm betreffend Gesundheitsmanagement absolviert. Laut im Fremdakt einliegendem Zertifikat vom 15.1.1998 hat der BF1 am römisch 40 ein Sprachdiplom erworben (AS 121).
Der BF1 war im Bereich Erwachsenenbildung in Afghanistan ebenso aktiv, dies wird durch eine im Fremdakt einliegende Bestätigung von römisch 40 aus dem Jahr 2008 belegt (AS 131).
Der BF1 hat eine Fortbildungsveranstaltung der römisch 40 vom 1.1.-3.1.2009 besucht. Laut im Fremdakt einliegendem Empfehlungsschreiben des XXXX(AS 135) hat der BF1 (Registraturnummer: römisch 40 ) im 1. Semester der Juridischen Fakultät die "First Position" erreicht. Laut Bestätigung des römisch 40 hat der BF1 erfolgreich die Abschlussprüfung des Kurses "Fair trial Principles" absolviert.
Aus den der belangten Behörde und dem Gericht vorgelegten Beweismitteln kommt hervor, dass der BF1 – wie auch die BF2, die BF4 bis BF9 – bereits Deutschkenntnisse erworben haben und diese in Deutschkursen bzw im Schulunterricht (BF4 bis BF9) verbessern.
Die Feststellung, dass der BF1 in Österreich Kontakt zu Österreicherinnen und Österreichern hält, fußt auf den im Fremdakt befindlichen Beweismitteln, wonach er durch Vortragstätigkeit über seinen Herkunftsstaat referiert, Dolmetschdienste leistet und am Frühjahrsputz der Gemeinde im Ortsteil römisch 40 sowie am Mobilitätstag im September 2016 teilnahm. Dies kommt aus dem im Fremdakt einliegenden Schreiben der Stadtgemeinde römisch 40 sowie den oben unter römisch eins.13. näher bezeichneten Schreiben hervor.
Die unter römisch II.1.3. getroffene Feststellung, dass die BF in Österreich Familienangehörige haben, fußt auf der ZMR-Abfrage mit dem von dem BF1 und der BF2 angegebenen Namen des Bruders bzw Cousins, von welchem sie angaben, dass dieser in Wien 21. Bezirk lebe. Laut ZMR ist an der Adresse 1210 Wien, römisch 40 , römisch 40 , Geburtsstaat Afghanistan, nunmehr österreichischer Staatbürger, wohnhaft.
Die Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergab hinsichtlich BF1, dass dieser im Laufe seines Berufslebens in Afghanistan von Internationalen Organisationen aus- und weitergebildet bzw im Gesundheitssektor und im Medienbereich beschäftigt wurde.
2.2. Die unter römisch II.1.4. getroffene Feststellung, dass die BF in Österreich von der Grundversorgung leben und in Österreich strafrechtlich unbescholten sind, ergeben sich aus der Einsichtnahme ins österreichische Strafregister und ins Grundversorgungssystem.
2.3. Die getroffenen Feststellungen zur Situation in Afghanistan ergeben sich aus dem, den Beschwerdeführern mit der Verhandlungsladung übermittelten und anlässlich der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.7.2017 genannten Länderbericht der Staatendokumentation welche der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt wird.
Dabei handelt es sich um gemäß den vom Staatendokumentationsbeirat beschlossenen Standards und der Methodologie der Staatendokumentation erstellte Länderbericht der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, welche der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt werden. Die Länderfeststellungen stützen sich auf Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender staatlicher und nichtstaatlicher Institutionen und Personen, welche in ihren Aussagen ein einzelfallunabhängiges schlüssiges Gesamtbild der Situation in Afghanistan ergeben. Der Beschwerdeführer und dessen Vertreter sind dem mit der Ladung übersendeten Länderbericht nicht entgegen getreten.
Weder die BF1 bis BF9 noch deren Rechtsberaterin gaben in der mündlichen Verhandlung zu dem mit der Ladung übermittelten Länderbericht eine Stellungnahme ab.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl das Bundesverwaltungsgericht.
Gemäß Paragraph 6, Bundesverwaltungsgerichtsgesetz(BVwGG) entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt mangels anderslautender Regelung in einem Bundes- oder Landesgesetz Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, welche zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG) und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG) und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 3, B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.
Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Zu Spruchpunkt A) – Entscheidung in der Sache:
Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 (AsylG) ist einem Fremden, welcher in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits wegen Drittstaatssicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht.
Gemäß Paragraph 3, Absatz 2, AsylG 2005 kann die Verfolgung auch auf Ereignissen beruhen, die eingetreten sind, nachdem der Fremde seinen Herkunftsstaat verlassen hat (objektive Nachfluchtgründe) oder auf Aktivitäten des Fremden beruhen, die dieser seit Verlassen des Herkunftsstaates gesetzt hat, die insbesondere Ausdruck und Fortsetzung einer bereits im Herkunftsstaat bestehenden Überzeugung sind (subjektive Nachfluchtgründe).
Der Antrag auf internationalen Schutz ist allerdings gemäß Paragraph 3, Absatz 3, AsylG 2005 bezüglich Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative offen steht (Paragraph 11, AsylG 2005) oder der Fremde einen Asylausschlussgrund gesetzt hat (Paragraph 6, AsylG 2005).
Als Flüchtling im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH 9.3.1999, 98/01/0370; 21.9.2000, 2000/20/0286).
Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH 24.11.1999, 99/01/0280).
Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 6.10.1999, 99/01/0279; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25. 1.2001, 2001/20/0011).
Glaubhaftmachung bedeutet, die Behörde davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht oder nicht verwirklicht worden ist (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I², Anmerkung 1 zu Paragraph 45,, Sitzung 640). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus (VwGH 29.4.1992, 90/13/0201; 22.12.1992, 91/04/0019; 11.6.1997, 95/01/0627; 19.3.1997, 95/01/0466).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH 9.3.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH 5.11.1992, 92/01/0792; 9. 3.1999, 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen (Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2,) haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die beststehende Verfolgungsgefahr vergleiche VwGH 16.6.1994, 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird vergleiche VwGH 1.6.1994, 94/18/0263; 1.2.1995, 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht – in diesem Fall wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann –, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH 9.3.1999, 98/01/0370; 22.10.2002, 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor der konkreten Verfolgung findet (VwGH 8.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. "inländische Fluchtalternative" vor. Der Begriff "inländische Fluchtalternative" trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH 8.9.1999, 98/01/0503 und 98/01/0648).
Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist die vom BF1 glaubwürdig vorgebrachte Furcht vor Verfolgung durch Taliban und Mullahs in Afghanistan im Lichte der speziellen Situation des BF1 wohlbegründet, unter Berücksichtigung der Verhältnisse in Afghanistan nach Einschau in den aktuellen Länderbericht objektiv nachvollziehbar und aus Sicht des Bundesverwaltungsgericht würde sich eine vernunftbegabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten.
In casu sieht das Bundesverwaltungsgericht betreffend den BF1 die Gefahr einer Verfolgung iSv ungerechtfertigten Eingriff erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des BF1, sodass die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates Afghanistan und die Rückkehr in dieses Land begründet wird.
Der BF1 konnte dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft machen, dass eine den BF1 treffende Verfolgungsgefahr angenommen werden kann, da ihm die Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht. Glaubhaftmachung bedeutet, davon zu überzeugen, dass der behauptete Sachverhalt wahrscheinlich verwirklicht worden ist.
Die "Glaubhaftmachung" von wohlbegründeter Furcht seiner Person für sich persönlich, seine Gattin und seine Kinder gelang dem BF1. Sein Vorbringen, dass er aus Angst vor den Taliban geflüchtet wäre und diesen seine Tätigkeit für den etwa in Logar, Ghazni, Kapisa, Baghlan ausgestrahlten Radiosender nicht goutiert habe, ist im Hinblick auf den Länderbericht nachvollziehbar. In dem im Fremdakt einliegenden Schreiben des Radiostation-Direktors römisch 40 , Radio römisch 40 , (AS 113) wird der BF1 als "Afghan civil activist" beschrieben, dessen Expertise im Rechtsbereich die Produktion des in Ost-Afghanistan ausgestrahlten Radioprogramms, speziell betreffend die Themen Frauenrechte, Rolle des Rechts, afghanisches Verfassungsrecht, ermöglicht habe. Radio römisch 40 wird darin als von der NATO gegründete Radiostation beschrieben, welches lokale Radioprogramme mit den Inhalten afghanisches Recht, Menschenrechte, Geschichte, Politik und Kunst und Kultur ausstrahlt. Aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts ist der Radiosender somit in der öffentlichen Wahrnehmung Afghanistans eine internationalen Organisationen zurechenbare Einrichtung.
Aus dem Länderbericht geht hervor, dass das Netzwerk von Frauenrechtsaktivistinnen "Afghan Women‘s Network" von Behinderungen der Arbeit seiner Mitglieder bis hin zu Bedrohungen und Übergriffen, teilweise von sehr konservativen und religiösen Kreisen berichtet und ist im Hinblick darauf festzuhalten, dass der BF1 als Deputy Program Manager für die Menschenrechtsorganisation römisch 40 in Afghanistan tätig war.
Der Länderbericht nimmt auch Bezug auf einen Bericht von "Reporter ohne Grenzen" wonach in mehreren Provinzen im Nordosten des Landes – darunter Badakhshan, Nangarhar, Baghlan und Nuristan – praktisch eine unabhängige Berichterstattung nicht mehr möglich wäre und wegen der heftigen Kämpfe sowie der Bedrohung durch Islamisten (u.a. Taliban) viele Journalist/innen dort ihre Arbeit völlig eingestellt hätten. In Helmand im Süden und Khost im Osten Afghanistans wäre die Lage für Medienschaffende schon länger äußerst schwierig (AA 9.2016; vergleiche auch: USDOS 13.4.2016) und habe es die Regierung verabsäumt, Angriffe auf Journalist/innen und Medienmitarbeiter/innen zu untersuchen.
Den BF1 als im Medienbereich tätigen "Afghan civil activist" betreffend ist belegt, dass er bei Internationalen Organisationen und auch vom Afghanischen Gesundheitsministerium ausgehende Aus- und Fortbildungen besuchte bzw bei diesen beschäftigt war. Aus dem Länderbericht geht auch hervor, dass die Taliban weiterhin Mitarbeiter/innen lokaler Hilfsorganisationen und internationaler Organisationen angreifen und dieser Quelle zufolge Mitarbeiter/innen von NGOs Einschüchterungen der Taliban ausgesetzt sind. Die norwegische COI-Einheit Landinfo wird mit einem Bericht aus September 2015 im Länderbericht zitiert: demnach würden zuverlässige Berichte über konfliktbezogene Gewalt gegen Afghanen im aktiven Dienst für internationale Organisationen vorliegen.
Der BF1 machte sich im Rahmen seiner Tätigkeit für den Radiosender römisch 40 unter anderem für Frauenrechte stark. Gemäß dem Länderbericht bleibt die vollumfängliche Realisierung der Rechte der Frau innerhalb der konservativ-islamischen afghanischen Gesellschaft schwierig und ist daher die vom BF1 als Fluchtgründe ins Treffen geführte Furcht vor den Mullahs und den Taliban – beides sind konservativ-islamische Kräfte innerhalb der von der Staatsreligion Islam geprägten afghanischen Gesellschaft – glaubhaft.
Die Verfolgungsgefahr durch die Taliban und die Mullahs ist aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts aktuell und somit zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegend. Als Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr werden die bereits gesetzten vergangenen Verfolgungshandlungen (Konflikte mit den Mullahs wegen seinem von ihrem abweichenden Gedankengut zu den Themen Rechte der Frau und Gewaltverbot; Nachfrage durch ihm unbekannte Personen mit einem Foto seiner Person beim örtlichen Bäcker) herangezogen.
Zur Schutzfähigkeit des afghanischen Staates im Hinblick auf die von Taliban oder Mullah ("Dritte") ausgehende Gefahr ist zu sagen, dass eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen kann, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH 22.3.2000, 99/01/0256). Dies ist in casu aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes unter Hinweis auf den aktuellen Länderbericht der Fall, da diesem zu entnehmen ist, dass der afghanische Staat bislang Angriffe auf Journalist/innen und Medienmitarbeiter/innen nicht untersucht hat, diesen somit augenscheinlich nicht große Wichtigkeit zumaß und damit Angehörigen dieser Berufsgruppe nicht ausreichend Schutz bei von dritter Seite ausgehender Verfolgung angedeihen lässt.
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein. Der BF1 als beim Radiosender römisch 40 als "Afghan civil activist" Beschäftigter war in seiner Heimat mit seiner Expertise rund um Themen wie Frauenrechte und afghanisches Verfassungsrecht für die Radiosendungen mitverantwortlich und somit ein Medienschaffender, sodass er jener Gruppe angehört, welche laut Länderbericht der Bedrohung durch Islamisten (u.a. Taliban) solcher Intensität ausgesetzt sind, sodass viele Journalist/innen dort ihre Arbeit völlig eingestellt hätten. Laut dem Länderbericht ist die Lage im Osten Afghanistans für Medienschaffende schon länger äußerst schwierig und ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Ausstrahlung von dem von der NATO gegründeten Radio römisch 40 laut Schreiben des Radiodirektors (AS 113 im Fremdakt) in Ostafghanistan erfolgte.
Im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan wäre der BF1 daher mit einer für ihn prekären Sicherheitslage konfrontiert. Das bedeutet, dass für ihn in fast allen Teilen Afghanistans ein erhöhtes Risiko besteht, Eingriffen in die physische Integrität und Sicherheit ausgesetzt zu sein. Der BF1 führte vor dem Bundesverwaltungsgericht in der Verhandlung ins Treffen, dass er während seiner Tätigkeit bei der aus internationalen Geldern finanzierten Menschenrechtsorganisation römisch 40 unter anderem mit Mullahs über Frauenrechte sprach und diese ihn beschuldigt hätten, mit "Importwerten" gegen den Islam zu sein. Es besteht daher für den BF1 in allen Teilen Afghanistans ein erhöhtes Risiko, Eingriffen seine psychische Integrität und Sicherheit durch Beschimpfungen und Bedrohungen ausgesetzt zu sein bzw der Gefahr willkürlicher Übergriffe ausgesetzt zu sein. Dies, da er die Auslegung der Staatsreligion Islam durch die Mullahs hinterfragt und dieser mit der Argumentation von Frauenrechten – was von den Mullahs als "Importwerte" angesehen wird – entgegentritt.
Auf Grund der Ermittlungsergebnisse ist daher aus der Sicht einer auf die persönliche Situation des BF1 gerichteten Gefahrenprognose in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage für Medienschaffende und für Mitarbeiter von Internationalen Organisationen in Afghanistan davon auszugehen, dass sich der BF1 aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung, nämlich aus Gründen seiner politischen Gesinnung durch Unterstellung einer anti-islamischen Einstellung, außerhalb Afghanistans befindet und im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren. Denn die Situation in Afghanistan wirkt sich für den BF1 so aus, dass er im Falle einer Rückkehr einem Klima ständiger latenter Bedrohung und damit Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt wäre. Dies, da der BF1 infolge seiner Aus- und Fortbildungen in Workshops und Kursen in oben näher bezeichneten internationalen Organisationen laut seinen Angaben in der Verhandlung gegen diejenigen gewesen sei, welche sagen "Wir präsentieren den Islam", weil diese den Koran im Hinblick auf die Stellung der Frau anders auslegen. Die Mullahs haben ihm laut seinen Angaben in der Verhandlung unterstellt, "Importwerte" zu vertreten. Der BF1 hat somit die Auslegung der Staatsreligion Islam durch die Mullahs hinterfragt. Dies ist auch belegt durch seine bisherige Berufsvita in Afghanistan, wo er als Mitarbeiter eines in Ostafghanistan ausgestrahlten Radioprogramms Inhalte rund um Frauenrechte und Verfassungsrecht aufbereitete und als Mitarbeiter des Menschenrechtsnetzwerks römisch 40 in diesen Rechtsgebieten mit Regierungspersonal interagierte und auch das Gespräch mit Vertretern des Islams (Mullahs) suchte, um betreffend die Rechte der Frau und ihre gesellschaftliche Stellung zu sensibilisieren. Angesichts der Umstände dieses Einzelfalls ist zu sagen, dass der BF1 daher als eine Person, bei der in Afghanistan vermutet werden könnte, dass sie gegen islamische Grundsätze, Normen und Werte auftritt.
Eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht für den BF1 daher nicht, zumal im gesamten Staatsgebiet von Afghanistan von der oben geschilderten Situation auszugehen ist.
Es liegt keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe vor.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und dem BF1 daher gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen. Gemäß Paragraph 3, Absatz 5, AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass dem BF1 damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Zu den vom BF1 verschiedenen BF dieses Familienverfahrens ist zu sagen, dass gemäß
Paragraph 34, AsylG 2005 Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers oder einer Asylwerberin gesondert zu prüfen sind, jedoch die Verfahren unter einem zu führen sind.
Paragraph 34, Asylgesetz 2005 (in Kraft bis zum Ablauf des 31.10.2017) normiert wie folgt:
(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8,) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
2. die Fortsetzung eines bestehenden Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK mit dem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, in einem anderen Staat nicht möglich ist und
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (Paragraph 7,).
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(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Absatz 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß Paragraph 12 a, Absatz 4, zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Absatz eins bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind.
Familienangehöriger im Sinne des AsylG 2005 ist ua wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits im Herkunftsstaat bestanden hat (Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 22, AsylG 2005).
Zu den im Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung noch nicht volljährigen BF3 bis BF9 ist zu sagen, dass in deren Fällen der Status der Asylberechtigten aufgrund des Familienverfahrens nach Paragraph 34, AsylG 2005 vergeben wurde und war hinsichtlich BF3 bis BF9 gemäß die Flüchtlingseigenschaft festzustellen.
Bezüglich BF2 waren im Hinblick auf die Asylgewährung für ihren Ehemann ihre eigenen Fluchtgründe nicht mehr zu prüfen und war ihr gemäß Paragraph 34, AsylG 2005 Asyl zu gewähren und hinsichtlich ihre Person die Flüchtlingseigenschaft festzustellen.
Soweit verfassungsrechtliche Bedenken betreffend die zweiwöchige Beschwerdefrist gemäß Paragraph 16, Absatz eins, BFA-VG vorgebracht werden und angeregt wird, die Bestimmung des
Paragraph 16, Absatz eins, BFA-VG dem Verfassungsgerichtshof in einem Gesetzesprüfungsverfahren zuzuführen, ist zunächst anzumerken, dass die innerhalb der Frist eingebrachte gegenständliche Beschwerde umfangreich und inhaltlich ausführlich erscheint.
Im gegenständlichen Fall wurde eine aufenthaltsbeendende Maßnahme verhängt. Um den geordneten Vollzug des Fremden- und Asylwesens zu sichern, ist in einem solchen Fall die Beschleunigung dieses Verfahrens anzustreben, weshalb die verkürzte Beschwerdefrist aus Sicht des erkennenden Gerichts unerlässlich im Sinne der oben angeführten verfassungsrechtlichen Bestimmung erscheint. Im Hinblick auf die im Asylverfahren vorgesehenen Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Rechtsberatung (Paragraph 52, BFA-VG) ist auch nicht erkennbar, dass durch die Beschwerdefrist von zwei Wochen die Effektivität des Rechtsschutzes gefährdet wäre. Das Bundesverwaltungsgericht stimmt den in der Beschwerde ausgedrückten verfassungsrechtlichen Bedenken zum Paragraph 16, Absatz eins, BFA-VG daher nicht zu und sieht ein Normprüfungsverfahren nicht als notwendig an.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A wiedergegeben.
ECLI:AT:BVWG:2017:W264.2149789.1.00