Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

06.09.2017

Geschäftszahl

W189 2147837-1

Spruch

W189 2147837-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

römisch eins.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. RIEPL als Einzelrichterin über die Beschwerde römisch 40 , geb. am römisch 40 , StA. Somalia, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.01.2017, Zl. 1079059100-150886664, zu Recht erkannt:

A) Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge

Unzuständigkeit der Behörde gemäß Paragraphen 28, in Verbindung mit 16 Absatz eins, VwGVG, aufgehoben.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

römisch II.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. RIEPL als Einzelrichterin über den Antrag auf internationalen Schutz vom 19.07.2015 von römisch 40 , geb. römisch 40 StA Somalia, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 19.07.2017 Recht erkannt:

A)

1. Der Antrag von römisch 40 auf internationalen Schutz vom 19.07.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Abs. AsylG 2005 abgewiesen.

2. Der Antrag auf internationalen Schutz von römisch 40 wird bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen.

3. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wird dem Antragsteller gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wird gegen den Antragsteller eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Somalia zulässig ist.

4. Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Somalia, dem Clan Sheikal und dem islamischen Glauben (Sunnite) zugehörig, stellte am 19.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich, nachdem er zuvor illegal in das Bundesgebiet gelangt war.

2. Er wurde am 21.07.2015 vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt. Er erklärte, traditionell verheiratet zu sein. Im Herkunftsstaat würden sich seine Eltern, seine Lebensgefährtin und seine Schwester aufhalten.

Er habe zuletzt in römisch 40 gelebt und habe den Entschluss zur Ausreise im Dezember 2014 gefasst.

Er sei im Februar 2015 schlepperunterstützt mittels Flugzeug ausgereist. Er sei nach Teheran und von dort über die Türkei nach Europa und bis nach Österreich gelangt. Er sei illegal mit einem gefälschten somalischen Reisepass ausgereist. Ein Reisedokument oder einen sonstigen Identitätsnachweis habe er nie gehabt.

Die Schleppung habe er selbst organisiert. Diese habe ca. US-$ 5.000 gekostet.

Zum Grund für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, gab er an, dass sein Onkel und sein Bruder ein Geschäft in römisch 40 gehabt hätten. Es sei neben einer Straße gelegen, die von Regierungstruppen benutzt worden sei. Ein Al Shabaab Kämpfer habe dort eine Bombe versteckt, die die Regierungstruppen treffen hätte sollen. Sein Bruder habe dies den Regierungstruppen mitgeteilt. Diese hätten die Bombe entschärft. Zur Vergeltung hätten die Al Shabaab Milizen seinen Bruder getötet und die gesamte Familie mit dem Umbringen bedroht.

Für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat fürchte er um sein Leben.

Am 11.04.2016 wurde der römisch 40 und zugleich römisch 40 . zur Vertretung im Verfahren bevollmächtigt (Vollmacht vom 05.04.2016).

3. Mit Fax vom 31.10.2016 (Montag) wurde Säumnisbeschwerde erhoben und der Ablauf der 15monatigen Entscheidungsfrist geltend gemacht.

4. Der Beschwerdeführer wurde am 19.01.2017 niederschriftlich vor dem BFA, RD OÖ, befragt.

Er gab an, gesund zu sein. Er erklärte sich auch mit amtswegigen Erhebungen vor Ort einverstanden.

Er habe bislang im Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben gemacht, die auch jeweils rückübersetzt und korrekt protokolliert worden seien.

Er sei in römisch 40 geboren worden, habe vier Jahre lang die Koranschule besucht. Er sei ein Jahr lang in einer normalen Schule gewesen, die er wegen einer Epilepsie-Erkrankung nicht weiter besuchen habe können. In den Jahren 2003 bis 2005 habe er als Geldwechsler gearbeitet, was er nach einem Überfall aber nicht mehr gemacht habe. Von 2005 bis 2007 sei er als Vermittler und Zwischenhändler tätig gewesen. Ab dem Jahr 2007 habe er im Geschäft seines Onkels gearbeitet, in dem Utensilien fürs Bauen verkauft worden seien. Das habe er bis November 2014 gemacht. Er sei bei seinem Onkel angestellt gewesen und habe seinen letzten Arbeitstag im November 2014 gehabt. Er habe im Monat US-$ 500 verdient und am Ende des Jahres habe er auch noch eine Gewinnausschüttung von seinem Onkel in der Höhe von ca. US-$ 2.000 erhalten. Sein Bruder habe ein Auto gehabt.

Er gehöre dem Clan Sheikal an und sei sunnitischer Muslim. Die Sheikal würden dem Hauptclan Hawiye angehören. Als Subclan führte er Loboge an.

Er wurde auch nach der Herkunft seines Vaters und seines Großvaters befragt. Seine Eltern, seine Schwester, seine Lebensgefährtin und sein minderjähriger Sohn würden sich noch in der Heimat befinden. Sein Bruder sei verstorben. Sein Vater sei Koranlehrer und seine Mutter Hebamme gewesen. Sein Vater habe ein eigenes Haus. Er habe noch drei Onkel. Seine Familie sei eine somalische Familie in normaler Größe gewesen.

Er habe in römisch 40 in einem gemieteten Haus in einem näher genannten Bezirk gelebt.

Ausgereist sei er am 22.02.2015. Die Ausreise sei mit gefälschtem Reisepass per Flugzeug in ein ihm unbekanntes arabisches Land erfolgt. Über den Iran und die Türkei sei er nach Griechenland und über den Balkan nach Österreich gelangt.

Die letzte Nacht vor der Ausreise habe er bei einem Freund in römisch 40 verbracht.

Den Entschluss zur Ausreise habe er am 05.12.2014 gefasst.

Nach Kontakten zu seiner Familie befragt, meinte er, mit seiner Mutter zu telefonieren, wobei er jedoch keinen regelmäßigen Kontakt habe. Mit seiner Lebensgefährtin habe er zuletzt im August 2016 Kontakt gehabt. Er wisse nicht, wo genau sich diese aufhalte, habe er jedoch gehört, dass sie in der Nähe von römisch 40 aufhältig sei. Seine Lebensgefährtin stamme aber nicht von dort.

Der Beschwerdeführer sei im Herkunftsstaat nicht vorbestraft, dort auch nie inhaftiert gewesen und habe er dort auch keine Probleme mit den staatlichen Behörden gehabt. Nach ihm werde auch nicht gefahndet und bestehe auch kein Haftbefehl.

Er sei nicht politisch tätig gewesen und auch kein Mitglied einer politischen Partei. Er habe im Herkunftsstaat auch keine Probleme in Zusammenhang mit seiner Religions- bzw. Volksgruppenzugehörigkeit gehabt.

Nach gröberen privaten Problemen befragt, meinte er, dass der Bruder seiner Ex-Frau ihn hin und wieder bedroht habe.

Er habe im Heimatland an keinen bewaffneten oder gewalttätigen Auseinandersetzungen aktiv teilgenommen.

Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates befragt, gab er an, in Somalia keine Probleme gehabt zu haben. Er habe der Mittelschicht angehört und sei verheiratet gewesen. Finanziell sei es ihm gut gegangen und habe er ein eigenes Haus gemietet gehabt.

Eines Tages habe er wie immer das Geschäft um acht Uhr geöffnet. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Waren herzurichten. Sein Bruder sei immer bei der Kasse gewesen. Während er das Geschäft geputzt und aufgeräumt habe, habe er vor dem Geschäft einen großen Stein gesehen. Das Geschäft sei an einer großen Straße gelegen, die sehr oft von Regierungstruppen und Regierungsangestellten benutzt worden sei. Er habe den Stein auf die andere Seite schieben wollen, habe er aber unter dem Stein eine Metalldose und Kabel gesehen. Er habe seinen Bruder gerufen und diesem den Stein gezeigt. Sein Bruder habe erkannt, dass es sich um eine Bombe handle. Sie hätten das Geschäft zugesperrt und die Polizei verständigt. Eine Stunde später sei die Polizei gekommen und seien sie befragt worden. Die Bombe sei von der Polizei entschärft worden und sie hätten noch die Umgebung abgesucht. Die Polizei habe sich noch bedankt und sei wieder gefahren. Am Nachmittag sei sein Bruder von einem Unbekannten telefonisch bedroht worden. Der Unbekannte habe seinem Bruder gesagt, dass dieser kein Muslim mehr sei. Einige Zeit später sei auch der Beschwerdeführer in derselben Weise telefonisch bedroht worden. Er wisse aber nicht, ob es sich um denselben Anrufer gehandelt habe. Zwei Tage später sei er in der Mittagspause zum Mittagsgebet gegangen. Sein Bruder sei im Geschäft geblieben. Er habe Schüsse gehört und als er zurückgekehrt sei, seien dort viele Menschen gewesen und sei sein Bruder tot auf dem Boden gelegen. Dem Bruder sei in den Kopf geschossen worden. Er sei aus Angst nicht dort geblieben. Er habe, als er nachhause gekommen sei, seinen Onkel und seine Schwester angerufen, um von dem Vorfall zu erzählen. Onkel und Schwester seien in das Geschäft gegangen, hätten dieses zugesperrt und die Leiche seines Bruders mitgenommen. Vor dem Geschäft sei ein Schriftstück in somalischer Sprache gelegen auf dem gestanden sei: " Dieses Geschäft darf nicht mehr geöffnet werden."

Dieser Vorfall habe sich am 30.11.2014 ereignet. Der Vorfall mit der Bombe sei am 28.11.2014 gewesen. Nach dem 30.11.2014 habe er mehrere Anrufe erhalten, im Rahmen derer er mit dem Tod bedroht worden sei. Am Abend des 05.12.2014 sei er wieder angerufen worden und er habe gesagt, sie sollen ihn in Ruhe lassen. Nach langen Diskussionen habe der Unbekannte verlangt, er solle zugeben, die Bombe an die Polizei gemeldet zu haben. Sie hätten ihm vorgeworfen, kein Moslem zu sein und mit der Regierung und AMISOM zusammen zu arbeiten. Sie hätten ihm angeboten, mit der Al Shabaab zusammen zu arbeiten, andernfalls er umgebracht werden würde. Er habe um Zeit zum Überlegen gebeten. Seine Mutter habe gemeint, er solle das Land verlassen. Diese habe auch gemeint, er solle sich an die Regierung wenden. Er habe den Bezirksvorsteher informiert, der ihm aber keine persönliche Sicherheit bieten habe können. Er sei dann wieder telefonisch bedroht worden. Er hätte rekrutiert werden und Regierungspersonen in seiner Nachbarschaft erschießen sollen. Der Anrufer habe auch gemeint, Al Shabaab würde sich um sein Kind und seine Frau kümmern. Er habe abgelehnt und sei ihm gedroht worden, ihn zu köpfen. Sie hätten auch gemeint, ihn in römisch 40 überall zu finden. Er habe deshalb beschlossen, das Land zu verlassen.

Weitere Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates habe er nicht.

Dem Beschwerdeführer wurde sein bisheriges Vorbringen rückübersetzt.

Im Fall einer Rückkehr fürchte er um sein Leben.

Er könne lesen und schreiben. Er könne Arabisch. Seine Ausreise habe er selbst organisiert. Den gefälschten Pass hätten die Schlepper organisiert. Die Organisation des Passes habe vom 05.12.2014 bis zu seiner Ausreise am 22.02.2015 gedauert.

Befragt, warum er nicht versucht habe, das Land auf offiziellem Weg zu verlassen, meinte er, dass man hiefür eine Geburtsurkunde brauche, was drei Monate lang dauere. Auch die Passausstellung würde weitere drei Monate dauern.

Sein Bruder habe beim Bezirksvorsteher angerufen und den Bombenfund gemeldet. Dieser habe dann die Polizei geschickt.

Das Begräbnis des Bruders sei am 01.12.2014 gewesen. Er sei dort nicht anwesend gewesen. Seine Eltern und seine Schwester seien dabei gewesen. Von Dezember bis Februar habe er sich bei einem Freund in römisch 40 aufgehalten, wobei er sich bis zum 05.12. in seiner Wohnung aufgehalten habe. Seine Eltern würden sich in ihrem Haus aufhalten. Seine Eltern seien nicht bedroht worden, jedoch seine Lebensgefährtin.

Seine Mutter gehöre, wie auch seine Lebensgefährtin, dem Clan Habargidir an.

Warum sich seine Lebensgefährtin in römisch 40 befinde, wisse er nicht. Er habe jedoch gehört, dass deren Tante dort lebe. Sein Sohn befinde sich bei seiner Ex-Frau.

Zu den familiären Umständen näher befragt, meinte er, dass seine Ex-Frau seine erste Frau gewesen sei. Als er seine zweite Frau geheiratet habe, habe das seine Ex-Frau nicht gewollt und sich scheiden lassen.

Danach befragt, erklärte er, dass sein Onkel in der Stadt gewesen sei, als der Vorfall stattgefunden habe. Er wurde weiters zum Geschäft befragt und erklärte, dass sein Onkel Geschäftsführer sei. Als solcher sei er auch nach römisch 40 geflogen, um Dinge zu kaufen und nach Somalia zu bringen.

Die Polizisten hätten grüne Polizeiuniformen getragen. Polizisten seien gekommen, um die Bombe zu entschärfen, wobei der Stein ca. 50 cm Durchmesser gehabt habe.

Der Beschwerdeführer sei bei dieser Aktion zwei Kilometer entfernt gewesen. Die Polizei habe alle Leute von diesem Ort weggeschickt.

Auf Vorhalt, wonach die Polizei in römisch 40 nicht über die Mittel verfüge, solche Art Bomben zu entschärfen, meinte er, dass Somalier auch im Ausland ausgebildet werden würden.

Das Geschäft sei in der Folge zugesperrt worden. Es sei nur gemietet gewesen. Sein Onkel habe das Geschäft am römisch 40 wieder eröffnet. Befragt, ob sein Onkel bedroht worden sei, meinte er, dass dieser nicht im Geschäft sei. Sein Onkel sei immer noch Geschäftsmann, sei aber nicht bedroht worden.

Nachgefragt, wie der Beschwerdeführer die Situation und Möglichkeiten von Al Shabaab in römisch 40 sehe, meinte er, dass Al Shabaab immer noch gefährlich sei. Sie würden überall angreifen und auch Anschläge verüben können.

Auf Aufforderung die Bedrohung seiner Lebensgefährtin zu schildern, meinte er, dass während er bei seinem Freund gewohnt habe, er von seiner Lebensgefährtin erzählt bekommen habe, dass sie nach dem Einkaufen von zwei Männern verfolgt worden sei. Seiner Lebensgefährtin sei eine Pistole an den Kopf gehalten worden und hätten sie zu seiner Lebensgefährtin gesagt, sie solle das machen, was die Männer sagen würden. Sie seien mit ihr zur Wohnung gegangen und hätten die Wohnung nach dem Beschwerdeführer durchsucht. Weil sie den Beschwerdeführer nicht gefunden hätten, hätten sie seine Lebensgefährtin gefragt, wo der Beschwerdeführer sei. Sie hätten angekündigt, wieder zu kommen, da sie den Beschwerdeführer telefonisch nicht erreichen und ihn nicht finden könnten. Nach dem Besuch der Männer sei seine Lebensgefährtin ausgezogen und habe sich vorerst zu Verwandten in römisch 40 begeben.

Befragt, wie er sich seine Zukunft in Österreich vorstelle, meinte er, dass er mit seinem Onkel hier gerne ein Geschäft eröffnen würde, um mit Waren zu handeln, welche in Somalia benötigt werden würden.

Seine Familie unterstütze ihn von Somalia aus nicht.

Er sei arbeitsfähig und habe auch versucht, Arbeit zu erhalten. Er habe Deutschkurse besucht und eine Prüfung positiv absolviert. Er habe in Österreich keine Schule bzw. Ausbildung gemacht. Er sei kein Mitglied in einem Verein und er gehe auch keiner ehrenamtlichen Tätigkeit nach. Er sei hier unbescholten.

Interesse an einer freiwilligen Ausreise im Falle der Erlassung einer Rückkehrentscheidung bestehe nicht.

Abschließend wurden dem Beschwerdeführer allgemeine Länderinformationen zur schriftlichen Stellungnahme ausgefolgt, wobei er ausdrücklich und nachweislich auf die Ausfolgung der Länderinformationsblätter verzichtete.

Vorgelegt wurden drei Deutschkursbesuchsbestätigungen.

5. Mit Bescheid des BFA, RD OÖ, vom 30.01.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Abs. AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde sein Antrag auch hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia abgewiesen (Spruchpunkt römisch II.) und ihm in Spruchpunkt römisch III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt, gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen sowie gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß Paragraph 46, FPG nach Somalia zulässig ist, wobei gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt wurde (Spruchpunkt römisch IV.).

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 02.02.2017 nachweislich zugestellt.

6. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und dieser angefochten. Der Bescheid wurde seinem gesamten Inhalt nach wegen unrichtiger Tatsachenfeststellungen, unrichtiger Beweiswürdigung sowie inhaltlicher Rechtswidrigkeit in Folge unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten.

Dort wurde das bereits in der Einvernahme vom 19.01.2017 getätigte Vorbringen wiederholt.

Der Beschwerdeführer habe mangels Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit der somalischen Behörden einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt.

Das BFA habe sich in seinem Bescheid darauf gestützt, dass die Fluchtgründe des Beschwerdeführers nicht den Erfordernissen der GFK entsprechen würden und er insgesamt unglaubwürdig sei. Seinem Vorbringen sei im angefochtenen Bescheid generell keine Glaubwürdigkeit zugemessen worden, was von der belangten Behörde lapidar damit begründet worden sei, dass die behauptete Bedrohung des Beschwerdeführers nicht festgestellt habe werden können. Der Beschwerdeführer habe in der Einvernahme jedoch konkret und nachvollziehbar seinen nach der GFK relevanten Sachverhalt dargetan. Er habe die fluchtauslösenden Ereignisse durchaus nachvollziehbar und vor allem auch lebensnah geschildert.

Dem Beschwerdeführer wäre es auch nicht möglich, gegen die Verfolgung durch Al Shabaab Schutz durch die Behörden im Heimatstaat zu erhalten.

Auch sei die allgemeine Situation in seiner Heimat massiv instabil und eine Abschiebung des Beschwerdeführers wäre unverantwortlich.

Es habe auch keine konkrete Untersuchung der Situation des Beschwerdeführers stattgefunden. Der Beschwerdeführer habe Angaben gemacht, die zumindest bei Wahrheitsunterstellung jedenfalls eine Verletzung seiner Rechte gemäß Artikel 2,, Artikel 3 und Artikel 8, EMRK indizieren würden. Vom BFA seien keine Versuche unternommen worden, diese Angaben in irgendeiner Weise zu widerlegen.

Auch die Länderberichte der Behörde würden keineswegs ein so positives Bild zeigen, wie in der Beweiswürdigung versucht worden sei, darzulegen.

Der Beschwerdeführer bemühe sich um einen legalen Aufenthalt in Österreich, habe stets mit den Behörden kooperiert und stehe zu den westlichen und demokratischen Werten. Er habe Kontakte zu österreichischen Staatsbürgern. Der Beschwerdeführer werde von seinen Freunden in jeder Angelegenheit unterstützt und es bestehe ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis. Er sei in sozialer und gesellschaftlicher Art und Weise sehr gut im Bundesgebiet integriert. Eine Ausweisung würde in Anbetracht der vollständigen Integration in seine privatrechtlichen Belange eingreifen. Der Beschwerdeführer sei auch arbeitswillig und arbeitsfähig.

Im Übrigen habe das BFA seine amtswegigen Ermittlungspflichten verletzt und seien unrichtige Tatsachenfeststellungen und eine unrichtige Beweiswürdigung erfolgt.

Es wurde die Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung beantragt.

7. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 19.07.2017 in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Somalisch und seines Vertreters eine mündliche Verhandlung mit dem Beschwerdeführer durch, im Rahmen welcher das Fluchtvorbringen sowie die Lebensumstände im Herkunftsstaat und im Bundesgebiet im Vordergrund standen. Ein Vertreter der belangten Behörde ist entschuldigt nicht erschienen.

Die erkennende Richterin brachte im Zuge der Verhandlung eine – vorläufige – Beurteilung der politischen und menschenrechtlichen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beschwerdeführers auf Grund der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Informationen über die allgemeine Lage im Herkunftsstaat in das gegenständliche Verfahren ein. Dem Beschwerdeführer wurde hiezu eine schriftliche Stellungnahmefrist gewährt.

Im Zuge der Beschwerdeverhandlung wurden Deutschkurs Teilnahmebestätigungen aus 2015 und vom 29.04.2016 sowie 12.01.2017 vorgelegt.

8. In der Stellungnahme vom 30.07.2017 wurde auf die katastrophale Sicherheitslage und die fehlende Existenzmöglichkeit des Beschwerdeführers im Falle einer Rückkehr hingewiesen.

Auch private Verfolgung könne asylrelevant sein, wenn kein ausreichender staatlicher Schutz gegen eine solche bestehe, was im Lichte der Berichtslage in Somalia der Fall sei.

Der Beschwerdeführer habe in seiner Einvernahme und seiner Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht konsistent und ausführlich erklärt, worin die gegen ihn gerichtete Verfolgungsgefahr bestehe und dass ihm bei einer Rückkehr nach Somalia der Tod drohen würde.

Im Übrigen befürchte der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der aktuellen Hungersnot in Somalia in eine existenzbedrohende Lage zu geraten. Dahingehend wurde ein Bericht des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes wiedergegeben, wobei auch die aktuellen Nachrichtenberichte das Ausmaß der Katastrophe, die sich in Somalia in Zusammenhang mit der Hungerkrise anbahne, aufzeigen würden.

Für den Fall einer Abschiebung des Beschwerdeführers bestehe daher die reale Gefahr menschenrechtswidriger Behandlung aufgrund der ausgesprochen schlechten Sicherheits- und Versorgungslage in Somalia, insbesondere in seiner Heimatgegend, und wegen seiner Entwurzelung.

Im Übrigen wurde auf die von ihm gesetzten Integrationsschritte in Österreich verwiesen.

9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag wurde der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der Behörde gemäß Paragraphen 28, in Verbindung mit 16 Absatz eins, VwGVG aufgehoben und der Säumnisbeschwerde gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 3, B-VG in Verbindung mit Paragraph 22, Absatz eins, AsylG 2005 stattgegeben.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des Beschwerdeführers, beinhaltend die niederschriftlichen Einvernahmen am 21.07.2015 (Erstbefragung) und am 19.01.2017 vor dem BFA, die Säumnisbeschwerde vom 31.10.2016, die Beschwerde vom 14.02.2017, durch die Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 19.07.2017, die vorgelegten Deutschkursbesuchsbestätigungen sowie die Stellungnahme vom 30.07.2017, durch Einsicht in aktuelle Auszüge aus Strafregister, GVS und IZR sowie durch Einsichtnahme in das aktualisierte Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Somalia (Stand 13.02.2017).

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und seinen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Somalia, dem muslimischen Glauben (Sunnite) und dem Clan Sheikal zugehörig.

Die Identität des Beschwerdeführers konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden.

Festzustellen ist, dass er in römisch 40 geboren wurde, wo er vor der Ausreise auch gearbeitet und gelebt hat und wo er unverändert sozialen bzw. familiären Anschluss hat.

Der Beschwerdeführer war im Herkunftsstaat in der Vergangenheit keiner Bedrohung aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten ausgesetzt und drohen ihm solche auch in Zukunft nicht. Sein Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgung durch die Al Shabaab war nicht glaubwürdig bzw. war von keiner aktuellen Verfolgung iSd. GFK im Herkunftsstaat auszugehen.

Nicht festgestellt werden kann, dass der gesunde Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Somalia in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass der junge, arbeitsfähige und arbeitswillige Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Somalia in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Der Beschwerdeführer hält sich nach illegaler Einreise seit Juli 2015 durchgehend im Bundesgebiet auf.

Er hat Deutschkurse besucht, jedoch keine Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 durch eine entsprechende Prüfung nachgewiesen. Er hat sich nicht aus-, fort- oder weitergebildet. Er betätigt sich nicht karitativ und hat keine Mitgliedschaft in einem Verein oder in einer sonstigen Organisation dargelegt. Er lebt von der Grundversorgung in einer Unterkunft für Asylwerber.

Der private und familiäre Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers befand sich bislang in Somalia – konkret in römisch 40 . Umgekehrt hat er im Bundesgebiet keinen familiären bzw. verwandtschaftlichen Anschluss.

Im Herkunftsstaat halten sich abgesehen von seinen Eltern und seiner Schwester, seine Lebensgefährtin und sein minderjähiger Sohn mit seiner Ex-Frau auf. Im Übrigen halten sich in römisch 40 Familienangehörige seiner Lebensgefährtin und sein Onkel auf, in dessen Geschäft er bis zur Ausreise gearbeitet hat.

Im Fall des Beschwerdeführers waren familiäre oder sonstige nennenswerte sozialen Bindungen in Österreich klar zu verneinen. Er hat sich hier nicht nachhaltig integriert.

Es konnten keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Somalia gemäß Paragraph 46, FPG unzulässig wäre.

1.2. Zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 13.2.2017: Farmaajo neuer Präsident (betrifft: Abschnitt 2 / politische Lage)

Der frühere Regierungschef Mohamed Abdullahi Mohamed Farmaajo hat die Präsidentenwahl in Somalia gewonnen. Im zweiten Durchgang der Wahl am Mittwoch ließ der 54-jährige somalisch-amerikanische Doppelstaatsbürger Farmaajo den bisherigen Amtsinhaber Hassan Sheikh Mohamud hinter sich (NZZ 8.2.2017). Tausende Menschen feierten am Mittwochabend (8.2.2017) den Sieg von Farmaajo auf den Straßen von Mogadischu. Es gab Hupkonzerte, und Menschen umarmten Soldaten (FR 10.2.2017; vergleiche VOA 9.2.2017). Auch in anderen somalischen Städten sowie in Kenia – in Garissa und Eastleigh – kam es zu spontanen Freudenfeiern, die als Ausdruck aufrichtiger Unterstützung für den neuen Präsidenten durch die Bevölkerung gewertet werden können (VOA 9.2.2017).

Die Wahl von Mohamed Farmaajo kam überraschend, galt doch der Amtsinhaber Hassan Sheikh Mohamud als Favorit (FR 10.2.2017). Letzterer hat jedenfalls seine Niederlage eingestanden (NZZ 8.2.2017; vergleiche VOA 9.2.2017), und er forderte alle Somalis dazu auf, den neuen Präsidenten zu unterstützen. Farmaajo wurde unmittelbar angelobt (VOA 9.2.2017).

Die Durchführung einer allgemeinen und freien Wahl war in Somalia zwar nicht möglich gewesen; doch die Zahl von 14.024 Wahlmännern ist ein erheblicher Fortschritt gegenüber früheren Wahlen, als der Sieger unter gerade einmal 135 Clanchefs ausgekungelt wurde. Die Medien konnten hinsichtlich der Wahl relativ frei agieren und Korruption und Wahlverschiebung anprangern – ein gutes Zeichen (DW 10.2.2017).

2010/2011 war Farmaajo acht Monate lang Premierminister von Somalia gewesen. Damals hatte er sich einen Namen als Anti-Korruptionskämpfer erworben (FR 10.2.2017; vergleiche VOA 9.2.2017). Seine Entlassung durch den damaligen Präsidenten Ahmed Sheikh Sharif führte zu heftigen Protesten der Bevölkerung (FR 10.2.2017).

Quellen:

https://www.nzz.ch/international/nahost-und-afrika/mohamud-in-somalia-abgewaehlt-praesidentenwahl-zwischen-sandsaecken-und-ruinen-ld.144287, Zugriff 13.2.2017

http://www.voanews.com/a/hopes-high-somalia-s-new-president-will-improve-security/3716301.html, Zugriff 13.2.2017

KI vom 19.1.2017: Dürre (betrifft: Abschnitt 19 / Grundversorgung)

Nach einer schwachen Gu-Regenzeit im Jahr 2016 blieben auch die Regenfälle der Deyr-Regenzeit Ende 2016 aus. Von der Nahrungsversorgungsunsicherheit am schlimmsten betroffen sind landwirtschaftlich genutzte Gebiete im Süden und nomadisch genutzte Gebiete im Nordosten des Landes (FEWSNET 16.1.2017). Alleine im sogenannten South-West-State sind 820.000 Menschen dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen. Viele suchen in größeren Städten nach Hilfe. Der Gouverneur der Region Bay schätzt, dass bereits rund 3.000 Familien aus ländlichen Gebieten nach Baidoa geflohen sind (UNSOM 16.1.2017). Dabei ziehen Nahrungsmittelpreise an: Der Preis für Mais liegt in Qoryooley 51% über dem Fünfjahresmittel; für Sorghum in Baidoa um 88% darüber (FEWSNET 16.1.2017).

Die humanitäre Situation in Somalia ist zunehmend fragil. Fünf Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen (UNOCHA 12.1.2017; vergleiche UNSOM 16.1.2017) und leiden unter Nahrungsversorgungsunsicherheit (FAO 20.12.2016). 3,9 Millionen davon gelten als "stressed", 1,1 Millionen Menschen leiden unter akuter Nahrungsversorgungsunsicherheit (acutely food insecure) (UNOCHA 12.1.2017) und befinden sich auf den IPC-Stufen drei (Krise) und 4 (Not/Emergency). Alleine im zweiten Halbjahr 2016 hat die Zahl um 20% zugenommen. Prognosen lassen erwarten, dass die Zahl der akut Bedrohten im ersten Halbjahr 2017 um eine weitere Viertelmillion zunehmen wird. Ähnliche Bedingungen hatten im Jahr 2011 zu einer Hungersnot und Hungertoten geführt (FAO 20.12.2016). Folglich fahren humanitäre Organisationen ihre lebensrettenden Maßnahmen hoch, angesammelte Fonds werden angezapft (UNOCHA 12.1.2017).

Eine Entschärfung der Situation ist in rein nomadisch genutzten Gebieten nicht für Mai/Juni zu erwarten; in agro-pastoral genutzten Gebieten nicht vor Juni/Juli. Im schlimmsten anzunehmenden Szenario bleibt auch die Gu-Regenzeit des Jahres 2017 – wie gegenwärtig prognostiziert – schwach und in der Folge sinkt die Kaufkraft auf das Niveau der Jahre 2010/2011. Reicht dann die humanitäre Hilfe nicht aus, wird eine Hungersnot (IPC 5) die Folge sein (FEWSNET 16.1.2017). Bereits jetzt werden vereinzelt Hungertote aus den Regionen Bay (UNSOM 16.1.2017) und Gedo gemeldet (SMN 15.1.2017).

Quellen:

http://reliefweb.int/report/somalia/continued-drought-horn-africa-braces-another-hunger-season, Zugriff 19.1.2017

http://allafrica.com/stories/201701160709.html, Zugriff 19.1.2017

http://reliefweb.int/report/somalia/deputy-srsg-de-clercq-assesses-humanitarian-crisis-somalia-s-south-west-state, Zugriff 19.1.2017

KI vom 20.9.2016: Dürre (betrifft: Abschnitt 23 / Grundversorgung)

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Die humanitäre Lage in Somalia bleibt prekär. Etwa 38 Prozent der Bevölkerung sind auf Unterstützung angewiesen, eine Million Menschen können ihren grundlegenden Nahrungsbedarf nicht decken. 305.000 Kinder unter fünf Jahren sind akut unterernährt. Zwischen Jänner und Juni wurden ca. 490.000 Menschen mit Nahrungsmittelhilfe versorgt, 125.000 Kinder konnten wegen akuter Unterernährung behandelt werden (UNSC 6.9.2016). UNOCHA stellt hinsichtlich Nahrungsmittelsicherheit nebenstehende aktuelle Karte zur Verfügung (UNOCHA 9.9.2016).

Das Klimaphänomen El Niño führte in Somaliland und in Puntland zu Dürre. Dort sind 385.000 Menschen akut von Nahrungsmittelunsicherheit bedroht, weitere 1,3 Millionen Menschen sind dem Risiko ausgesetzt, ohne Unterstützung in eine akute Bedrohung abzugleiten (UNSC 6.9.2016; vergleiche UNOCHA 1.9.2016). In Süd-/Zentralsomalia brachte El Niño hingegen schwere Regenfälle und teilweise Überschwemmungen (UNOCHA 1.9.2016).

Die Regenzeit Gu (März-Juni) brachte für Puntland und Somaliland zwar eine teilweise Entlastung; doch wird für den Zeitraum Juli-Dezember 2016 wieder eine Erhöhung der Nahrungsmittelunsicherheit erwartet (UNSC 6.9.2016). Für eine nachhaltige Besserung bedarf es mehr als nur einer guten Regenzeit. Prognosen zufolge könnte sich die Situation durch das nachfolgende Wetterphänomen La Niña weiter verschärfen. So bietet auch die Nahrungsmittelsicherheit in Süd-/Zentralsomalia zunehmend Grund zur Sorge. Derzeit sind also – v.a. im Norden – noch die Auswirkungen von El Niño zu spüren, während aufgrund von La Niña eine schlechte Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) erwartet wird. Die schwere Hungersnot der Jahre 2011/2012 war durch La Niña verursacht worden (UNOCHA 1.9.2016).

Quellen:

2. Politische Lage

Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014). Im Hinblick auf fast alle asylrelevanten Tatsachen ist Somalia in diesen drei Teilen zu betrachten (AA 1.12.2015).

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit Jahrzehnten gibt es keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder zentralstaatlicher Ebene. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen (v.a. Clan-Strukturen) vergeben (AA 1.12.2015). Somalia ist keine Wahldemokratie. Es gibt keine demokratischen Institutionen. Das Parlament wurde durch Clan-Repräsentanten ausgewählt, und zwar entlang der sogenannten 4.5-Formel. Diese gibt den vier Hauptclans jeweils gleich viele Sitze, und den kleineren Clans und Minderheiten insgesamt halb so viele Sitze, wie einem Hauptclan. Trotzdem wird die Förderung der Demokratie formell von allen politischen Akteuren – mit der Ausnahme von al Shabaab – akzeptiert. So ist das politische System Somalias weder demokratisch noch autoritär; alles dreht sich um die Repräsentation auf Basis der Clans (BS 2016).

Im August 2012 endete die Periode der Übergangsregierung (BS 2016). Das derzeitige Bundesparlament wurde konsensual unter Einbeziehung traditioneller Eliten bestimmt und hat dann den Präsidenten gewählt (AA 1.12.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Dies ist die erste Regierung Somalias seit 1991, der breite internationale Unterstützung zukommt (BS 2016). Somalia gilt laut dem UN-Repräsentanten nicht mehr als failed state, sondern als fragiles Land. Die Situation hat sich in den vergangenen drei Jahren stabilisiert (AP 23.12.2015; vergleiche AA 1.12.2015).

Eigentlich waren für 2016 Wahlen vorgesehen. Der Präsident hat aber im Juni 2015 angekündigt, dass diese "one person, one vote"-Wahlen verschoben werden (USDOS 13.4.2016; vergleiche UNSC 8.1.2016). Dagegen hat es im Parlament Proteste gegeben (AI 24.2.2016). Ein von der Regierung einberufenes National Consultative Forum soll über einen anderen Wahlprozess für das Jahr 2016 beraten. Gleichzeitig soll das Forum auf Vorbereitungen für allgemeine Wahlen im Jahr 2020 treffen (UNSC 8.1.2016).

Obwohl seit dem Ende der Übergangsperiode wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet wird, ist die faktische Situation nach wie vor in all diesen Bereichen sehr mangelhaft (AA 1.12.2015). Die Erfolge der aktuellen Regierung bei Friedens- und Staatsbildung waren sehr bescheiden. Politische Grabenkämpfe zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister haben zu mangelnder Kontinuität beim Regierungspersonal geführt (BS 2016). Zuletzt gab es im August 2015 eine Regierungskrise, als das Parlament ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Mohamud einleiten wollte (UNSC 11.9.2015; vergleiche AI 24.2.2016). Dieses Begehren wurde später zurückgezogen (UNSC 8.1.2016).

Die anhaltenden politischen Grabenkämpfe und der Fokus auf die Föderalisierung haben die Regierung von Reformen im Justiz- und Sicherheitsbereich abgelenkt (HRW 27.1.2016). Das Clansystem hat wiederum die Einrichtung nachhaltiger Regierungs- und Verwaltungsstrukturen behindert (UNHRC 28.10.2015). Außerdem wird die Autorität der Zentralregierung vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al Shabaab-Miliz in Frage gestellt (AA 1.12.2015).

Es gab einen signifikanten Fortschritt bei der Einrichtung staatlicher Strukturen auf regionaler Ebene, und für alle Bezirke (außer Baardheere) gibt es vorläufige Verwaltungen (UNSC 8.1.2016). Gleichwohl gibt es aber keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind fragil und schwach, wesentliche Staatsfunktionen können nicht ausgeübt werden (AA 1.12.2015). Die föderale Regierung hat es bislang kaum geschafft, sich außerhalb Mogadischus durchzusetzen (ÖB 10.2015). Die regionalen Verwaltungen kämpfen noch damit, ihre Autorität durchzusetzen. Sie stehen dabei einem Mangel an Geld, einem Mangel an Regierungsinfrastruktur und einem Mangel an Personal gegenüber. Außerdem fehlt es an Details zu den Strukturen der Bundesstaaten sowie an breiter Unterstützung beim Staatsbildungsprozess (UNSC 8.1.2016). Die internationalen Partner werden auch weiterhin signifikante Unterstützung gewähren müssen (UNSC 8.1.2016), wie etwa über laufende Projekte zur Kapazitätsbildung und zu Kernfunktionen der Regierung durch die Weltbank und UNDP (UNSC 11.9.2015).

Neue föderale Teilstaaten (Bundesstaaten)

Die Bundesregierung hat einen Prozess zur Schaffung föderaler Bundesstaaten initiiert (BS 2016). Das Bundesparlament hat eine Grenz- und Bundeskommission einberufen, welche hinsichtlich der Grenzen der Bundesstaaten, Regionalverwaltungen und Bezirke beraten soll. Die Kommission wird von der UN und anderen Partnern unterstützt (UNSC 11.9.2015).

Der Schritt zur Föderalisierung hat zur Verschärfung von lokalen Clan-Spannungen beigetragen und eine Reihe gewalttätiger Konflikte ausgelöst. Die Föderalisierung hat zu politischen Kämpfen zwischen lokalen Größen und ihren Clans geführt (BS 2016).

Im Zuge der Föderalisierung Somalias wurden mehrere Teilverwaltungen (Bundesstaaten) neu geschaffen: die Galmudug Interim Administration (GIA); die Interim Juba Administration (JIA); und die Interim South West Administration (ISWA). Keine dieser Verwaltungen hat die volle Kontrolle über die ihr unterstehenden Gebiete (USDOS 13.4.2016).

1) Im Juni 2015 fand in Cadaado die Staatsbildungskonferenz für den Bundesstaat Galmudug statt. Es sollte eine Galmudug Interim Administration (GIA) für die zentralen Regionen Galgaduud und Mudug geschaffen werden (UNSC 11.9.2015). In der Folge wurde eine Regionalversammlung gebildet, die im Juli 2015 Abdikarim Hussein Guled als Präsident gewählt hat (UNSC 11.9.2015; vergleiche EASO 2.2016). Die Regionalversammlung war von der Bundesregierung eingesetzt worden. Ausgewählt wurden die 89 Mitglieder von 40 Ältesten, welche wiederum 11 Clans repräsentierten (USDOS 13.4.2016). Die Gruppe Ahlu Sunna wal Jama’a (ASWJ), die Teile der Region Galgaduud kontrolliert, hat den Prozess boykottiert (UNSC 11.9.2015) und eine eigene Verwaltung eingerichtet (USDOS 13.4.2016). Fraktionen der ASWJ haben sich später mit der GIA arrangiert (UNSC 11.9.2015). Trotzdem kontrolliert ASWJ noch immer teile der GIA, darunter die wichtige Stadt Dhusamareb (UNSC 8.1.2016). Auch Puntland hat sich ursprünglich gegen die GIA gestellt, da es selbst den nördlichen Teil von Mudug beansprucht. Nach Verhandlungen hat die GIA ihre Ansprüche auf Nord-Mudug zurückgezogen (UNSC 11.9.2015). Unter die GIA fallen demnach neben Galgaduud noch die Bezirke Hobyo und Xaradheere (EASO 2.2016). Die GIA hat bei der Einrichtung ihrer Verwaltungsinstitutionen in der Übergangshauptstadt Cadaado Fortschritte gemacht. Auch wurden Anstrengungen unternommen, die Bevölkerung zu erreichen, Clanmilizen zu entwaffnen und Sicherheitskräfte auszubilden (UNSC 8.1.2016). Die GIA wird von Hawiye/Habr Gedir/Sa‘ad dominiert (EASO 2.2016).

2) Nach dem Ende einer zweijährigen Übergangsperiode wurde Sheikh Ahmed Islam "Madobe" am 15.8.2015 von der neuen, 75sitzigen Regionalversammlung des Bundesstaates Juba (Lower und Middle Juba, Gedo) als Präsident der Interim Juba Administration (IJA) angelobt (USDOS 13.4.2016; vergleiche UNSC 11.9.2015). Zuvor war im Mai 2015 die Regionalversammlung selbst in Kismayo eingerichtet worden. Dabei gab es auch Kritik und das Bundesparlament strebte eine Auflösung der Regionalversammlung an (UNSC 11.9.2015). Bei der Lösung von Konflikten zwischen Clans sowie innerhalb der Darod/Marehan auf dem Gebiet der IJA gibt es Fortschritte (UNSC 8.1.2016).

3) Nach anfänglichen Streitigkeiten über die Frage, ob der Bundesstaat South West aus drei oder sechs Regionen bestehen soll, einigte man sich auf die drei-Regionen-Lösung. Die Interim South West Administration (ISWA) umfasst nunmehr die Regionen Bay, Bakool und Lower Shabelle. Im November 2014 wurde Sharif Hassan Sheikh Adan von einer ISWA-Konferenz zum Präsidenten gewählt. Damit wurde die Übergangsverwaltung ISWA offiziell geschaffen (USDOS 13.4.2016). Im August 2015 wurde ein Prozess gestartet, um eine ISWA-Regionalversammlung zu schaffen (UNSC 11.9.2015). Mit der Einrichtung der Regionalversammlung ist die Errichtung der ISWA abgeschlossen. Von den 146 Abgeordneten sind 30 weiblich (UNSC 8.1.2016).

4) Im August 2015 wurde von der Bundesregierung ein Prozess zur Bildung eines Bundesstaates Hiiraan-Middle Shabelle initiiert (UNSC 11.9.2015). Dieser Prozess wird weiter vorangetrieben. Buulo Barde könnte die Hauptstadt des neuen Bundesstaates werden (UNSC 8.1.2016).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

3. Sicherheitslage

Hinsichtlich der Lesbarkeit untenstehender Karte sind die folgenden Kommentare zu berücksichtigen. Es wurden die unterschiedlichen Akteure in Somalia kategorisiert:

* Die farbigen Gebiete zeigen Akteure, die über signifikanten Einfluss verfügen. Diese Akteure verfügen auch über Ressourcen, um diesen Einfluss zu garantieren. Derartige Akteure sind: Somaliland, Puntland, die Galmudug Interim Administration (GIA), AMISOM und die Somali National Army (SNA), die Jubbaland Interim Administration (JIA), al Shabaab (AS) und die Ahlu Sunna Wal Jama’a (Zentralsomalia; ASWJ). Einige Städte werden von anderen Parteien beherrscht: Von der Clan-Miliz SSC (Dulbahante; Khatumo), von der Clan-Miliz der Warsangeli, von ASWJ (Fraktion Gedo), von Clan-Milizen an der Grenze zu Äthiopien (in den Regionen Gedo, Bakool und Hiiraan). Eine Gebiete – und hier vor allem in Süd-/Zentralsomalia – werden von zwei dieser relevanten Akteure beeinflusst.

* In mit strichlierten Linien umrandeten Gebieten gibt es zusätzliche Akteure mit eingeschränktem Einfluss. Diese Akteure agieren neben den oben erwähnten Hauptakteuren, und sie verfügen nur über eingeschränkte Ressourcen (EASO 2.2016).

Kommentare zu den Eintragungen auf der Karte:

* In Puntland und Jubbaland wurden Zellen des Islamischen Staates markiert; diese Markierungen erfolgten auf der Grundlage anekdotischer Berichte über größere Gruppen von AS-Deserteuren.

* Einige der kleineren Ortschaften der al Shabaab wurden auf der Grundlange anekdotischer Berichte eingetragen.

* Hinsichtlich der Städte Buuhoodle (Togdheer) und Taalex (Sool) gibt es unterschiedliche Berichte und Informationen, die keine Grundlage bieten, diese Ortschaften mit einem relevanten Akteur zu verbinden.

* Die Karte zeigt für Qoryooley keine Garnison der AMISOM. Allerdings gibt es einen Stützpunkt und auch verfügbare Truppen. Allerdings scheinen diese Truppen den Stützpunkt nicht permanent besetzt zu halten. Daher ist Qoryooley die einzige von AMISOM kontrollierte Bezirkshauptstadt, für welche keine Garnison eingetragen worden ist (wiewohl es eine Garnison der somalischen Armee gibt).

* Dhusamareb wurden deshalb als AMISOM markiert, da die Garnison äthiopischer AMISOM-Truppen in der Stadt der wichtigste Akteur ist. Allerdings hat dort nach wie vor ASWJ die politische Kontrolle.

* Das gleiche gilt für die Städte Ceel Buur und Wabxo: Sie sind zwar unter der politischen Kontrolle der GIA, der jeweils wichtigste Akteur im Ort ist aber AMISOM.

* Dies gilt auch für Städte in Gedo: Sie mögen unter der politischen Kontrolle der JIA sein, trotzdem ist ungewiss, ob die Führung in Kismayo tatsächlich die Kontrolle über die Armee in Gedo innehat. So bleibt als wichtigster Akteur AMISOM.

* Äthiopische Flaggen markieren nicht nur äthiopische AMISOM-Garnisonen sondern auch Garnisonen äthiopischer Truppen, die nicht Teil von AMISOM sind sowie Kräfte der äthiopischen Liyu Police. Letztere operiert im mit "Government Allied Militias" markierten Gebiet entlang der äthiopischen Grenze.

* Während die kenianischen, burundischen, ugandischen und dschibutischen Garnisonen nahezu abgedeckt zu sein scheinen, gibt es mehr äthiopische Garnisonen als auf der Karte vermerkt. Es ist unmöglich, ein klares Bild über die oben erwähnten äthiopischen Truppen außerhalb von AMISOM zu erlangen.

* Jene AMISOM-Garnisonen, die als "Strongholds" (Bastionen) markiert sind, können als permanent erachtet werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese an al Shabaab fallen können.

* Die meisten AMISOM-Garnisonen, die als "Forward Position" markiert sind, haben taktische Relevanz und scheinen permanent zu sein. Allerdings hat die Vergangenheit gezeigt, dass diese unter starkem Druck der al Shabaab geräumt werden können (EASO 2.2016).

Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);

Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);

Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vergleiche EASO 2.2016).

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(EASO 2.2016).

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

3.1. Süd-/Zentralsomalia

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz

gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten ums Leben oder werden verwundet (AI 24.2.2016). Aus verschiedenen Garnisonsstädten heraus werden Vorstöße tief ins Gebiet der al Shabaab unternommen. Diese werden teilweise von Luftschlägen begleitet (BFA 10.2015). Al Shabaab betreibt auch asymmetrische Kriegsführung (EASO 2.2016; vergleiche UNHRC 28.10.2015), gekennzeichnet durch Sprengstoffanschläge und komplexe Angriffe, von welchen Zivilisten überproportional betroffen sind. Daneben führt al Shabaab auch gezielte Attentate (UNHCR 28.10.2015; vergleiche UKHO 15.3.2016) und sogenannte hit-and-run-Angriffe aus (DIS 9.2015).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 10.2015). Politische Anstrengungen zur Etablierung von Bundesländern verstärkten die Clankämpfe in einigen Bereichen (ÖB 10.2015; vergleiche BS 2016, USDOS 13.4.2016). Dabei kam es auch zu zahlreichen Todesopfern und Vertreibungen, z.B. zwischen Dir und Hawadle im Jänner 2015 (USDOS 13.4.2016).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet und deren Eigentum wird zerstört. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 10.2015). Neben den Kampfhandlungen gegen al Shabaab gibt es aus dem ganzen Land auch Berichte über Inter- und Intra-Clankonflikte um Land und Wasserressourcen (EASO 2.2016).

AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 10.2015). Bei gemeinsamen Offensiven mit der somalischen Armee wurde al Shabaab aus Städten in Hiiraan, Bay, Bakool, Gedo und Lower Shabelle vertrieben (AI 24.2.2016). Bei den beiden jüngeren Offensiven (Operation Indian Ocean, Operation Jubba Corridor) trafen AMISOM und Regierungskräfte aufgrund taktischer Rückzüge der al Shabaab nur auf wenig Widerstand. Eingenommen wurde die letzte Bastion der al Shabaab in der Region Gedo – Baardheere – und Diinsoor in der Region Bay. Der al Shabaab wurde zwar die Kontrolle über diese Städte entzogen, doch ist sie ansonsten nicht relevant geschwächt worden. Dahingegen kann AMISOM aufgrund einer Überdehnung der zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr in jeder Stadt und in jedem Dorf eine Präsenz aufrecht halten (EASO 2.2016). Auch die Haupttransportrouten werden von al Shabaab kontrolliert (HRW 27.1.2016).

In der Folge kam es zu schweren Angriffen der al Shabaab auf Janaale (am 1.9.2015) (UNSC 8.1.2016) und Leego (am 26.6.2015) mit insgesamt rund 100 Toten Soldaten der AMISOM und zahlreichen Vermissten (BFA 10.2015; vergleiche UNSC 8.1.2016, EASO 2.2016). Als Reaktion auf diese Angriffe begann AMISOM mit einer Umgruppierung, wobei einige Städte und Ortschaften geräumt wurden, darunter Kurtunwarey, Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley (Lower Shabelle); Buq-Aqabla und Xarar-Lugoole in Hiiraan; und Fidow an der Grenze zu Middle Shabelle. Al Shabaab hat all diese Orte unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016). Auch Qoryooley und Wanla Weyne blieben über Tage ohne permanente Truppen der AMISOM (allerdings mit Besatzungen der somalischen Armee). Insgesamt ist einzelnen, exponierten und schwach besetzten Außenposten ein permanenter Status abzusprechen. Spätestens seit dem Angriff der al Shabaab auf den AMISOM-Stützpunkt in Leego werden einzelne Orte zugunsten einer Konzentration von Truppen in größeren Stützpunkten aufgegeben, teilweise wurde der Schutz an die – nur eingeschränkt widerstandsfähige – somalische Armee übertragen (BFA 10.2015).

Es ist nicht möglich, zu definieren, wie weit der Einfluss oder die Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee von einer Stadt hinausreicht. Der Übergang zum Gebiet der al Shabaab ist fließend und unübersichtlich. Im Umfeld (Vororte, Randbezirke) der meisten Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung in Süd-/Zentralsomalia verfügt al Shabaab über eine verdeckte Präsenz, in den meisten Städten selbst über Schläfer (DIS 9.2015). Manche Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung können als Inseln auf dem Gebiet der al Shabaab umschrieben werden (BFA 10.2015; vergleiche DIS 9.2015). Jedenfalls verfügt al Shabaab über ausreichend Kapazitäten, um in Städten unter Kontrolle von AMISOM und Regierung asymmetrische Kriegsführung (hit-and-run-Angriffe, Sprengstoffanschläge, gezielte Attentate) anzuwenden. Es gibt in allen Regionen in Süd-/Zentralsomalia Gebiete, wo al Shabaab Präsenz und Einfluss hat, und wo sie die lokale Bevölkerung zu Steuerzahlungen zwingt. Die Bastion der al Shabaab ist dabei die Region Middle Juba (DIS 9.2015).

Die Sicherheitslage in von der Regierung kontrollierten Städten bleibt also volatil (HRW 27.1.2016). Al Shabaab ist nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 24.2.2016). Bei aller Fragilität der Lage hat aber auch UNHCR festgestellt, dass es Zeichen zunehmender Stabilität gibt (UNHRC 28.10.2015). Seitens der Regierung, AMISOM und der internationalen Gemeinde gibt es Anstrengungen, die neu eroberten Bezirke zu stabilisieren. So wurden etwa nach Diinsoor unmittelbar Verwaltungsbeamte entsendet (UNSC 11.9.2015). Dass al Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen Städte zurückerobert, in denen starke Garnisonen ("strongholds") der AMISOM stationiert sind, ist sehr unwahrscheinlich (EASO 2.2016; vergleiche DIS 9.2015).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

3.1.1. Mogadischu

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.2.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Shabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014, EASO 2.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al Shabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al Shabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 3.10.2014; vergleiche EGMR 10.9.2015), auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können (EASO 2.2016).

In Mogadischu gibt es eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei, sowie des Geheimdienstes NISA. Die Stadt ist generell sicher, auch wenn sie von al Shabaab bedroht wird (EASO 2.2016; vergleiche DIS 9.2015). Es besteht keine Angst mehr, dass in Mogadischu wieder Bürgerkrieg herrschen könnte. Seit 2011 hat sich die Sicherheitslage in der Stadt sehr verbessert. Die größte Gefahr geht heute von terroristischen Aktivitäten der al Shabaab aus. Die Hauptziele dafür sind die Regierung und die internationale Gemeinde (LI 1.4.2016). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014). Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind (LI 1.4.2016). Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al Shabaab erkennbar sind (UKUT 3.10.2014). EASO listet als angegriffene Ziel von Sprengstoffanschlägen der al Shabaab vor allem Hotels (YSL Hotel, Central Hotel, Maka al-Mukarama Hotel, Jazeera Palace Hotel, Sahafi Hotel), Restaurants, Regierungseinrichtungen und -Konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM (EASO 2.2016).

Die Halbjahre 2/2014 und 1/2015 lassen bei sicherheitsrelevanten Zwischenfällen einen Abwärtstrend erkennen, trotzdem gibt es noch wöchentlich Angriffe (BFA 10.2015; vergleiche EASO 2.2016).

Der vor einigen Jahren noch gefürchtete Artillerie- und Mörserbeschuss ist drastisch zurückgegangen. In den ersten drei Quartalen 2015 kam es zu vier Feuerüberfällen auf Wardhiigleey, Xamar Weyne, Hodan, Dayniile, und das Küstengebiet von Wadajir. Lediglich letzterer war von mehr als zwei Granaten begleitet. Insgesamt scheint es für AS einerseits sehr schwierig geworden zu sein, Artillerie entsprechend einzusetzen. Andererseits scheint die Strategie von AS derzeit auch das Geringhalten von Kollateralschäden zu beinhalten (BFA 10.2015).

Handgranatenanschläge sind fast gänzlich aus der Strategie der al Shabaab ausgeschieden. Im Zeitraum Q1 2013 – Q1 2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an Handgranatenanschlägen pro Quartal noch 86; in den Quartalen Q2 2014 – Q3 2015 ist diese Zahl auf unter 15 eingebrochen. Auch die Zahlen an gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen sind – vor allem im Jahr 2015 – rückläufig. Im Zeitraum Q1 2013 – Q4 2014 betrug die durchschnittliche Anzahl an gezielten Attentaten 52; an Sprengstoffanschlägen 27. Vergleichsweise fallen die Zahlen in den ersten drei Quartalen 2015 geringer aus (46 und 19) – und dies, obwohl der Ramadan schon stattgefunden hat (BFA 10.2015).

Insgesamt sind die Zahlen terroristischer Aktivitäten seit einer Spitze im Q3 2013 nachhaltig eingebrochen und liegen im Jahr 2015 bei nur noch einem Drittel der Zahl. Hingegen scheint die Strategie der al Shabaab zunehmend bewaffnete Zusammenstöße als bevorzugtes Mittel zu umfassen. Betrug die Zahl der Scharmützel in den Quartalen des Jahres 2013 noch durchschnittlich 22, so stieg die Zahl im Jahr 2014 auf 36, im Jahr 2015 sogar weiter auf 44 (BFA 10.2015).

Bei der Zusammenfassung terroristischer Aktivitäten (Artillerie- und Mörserbeschuss; gezielte Attentate; Sprengstoff- und Handgranatenanschläge) im ersten Halbjahr 2015 zeigt sich, dass mehrere Bezirke massiv betroffen sind. Dies gilt für Yaqshiid, Wardhiigleey, Hawl Wadaag, Hodan, Dharkenley und Wadajir. Mäßig betroffen sind Heliwaa, Dayniile, Xamar Jabjab und Waaberi; kaum betroffen sind Karaan, Shibis, Boondheere, Xamar Weyne und die Peripherie. Aus Cabdulcasiis und Shangaani wurden keinerlei Aktivitäten vermerkt (BFA 10.2015).

In Mogadischu sind die Zahlen an terroristischen Aktivitäten und auch die Gesamtzahl an sicherheitsrelevanten Vorfällen innerhalb der vergangenen vier Quartale zurückgegangen. Gleichzeitig bleibt aber die Zahl bewaffneter Auseinandersetzungen mit al Shabaab konstant hoch. Während terroristische Aktivitäten relativ flächendeckend über das Stadtgebiet verstreut vorkommen, konzentrieren sich bewaffnete Zusammenstöße in einer kleinen, übersichtlichen Anzahl an Bezirken (BFA 10.2015).

Im Vergleich zu den Zahlen anderer Städte in Süd/Zentralsomalia kann festgestellt werden, dass die Situation in den o.g. mäßig, kaum oder gar nicht betroffenen Bezirken von Mogadischu wesentlich besser ist, als beispielsweise in Afgooye, Merka, Baidoa oder Kismayo. Dahingegen liegen etwa Yaqshiid, Hodan und Hawl Wadaag durchaus an der Spitze der landesweiten Skala terroristischer Gewalt. Werden noch die Zahlen bewaffneter Zusammenstöße hinzugezählt, müssen Yaqshiid, Hodan und Heliwaa vermutlich als gewaltsamste Orte Somalias bezeichnet werden. Insgesamt wird jedenfalls deutlich, dass al Shabaab in der Lage ist, fast im gesamten Stadtgebiet von Mogadischu terroristische Taten zu begehen (BFA 10.2015). Die Zahl der Angriffe ging insgesamt also zurück und diese richten sich vor allem gegen Repräsentanten der somalischen Regierung und ihre Unterstützer (LI 1.4.2016).

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(BFA 10.2015; vergleiche EASO 2.2016)

Es ist zu erkennen, dass al Shabaab nach wie vor in der Lage ist, über die Peripherie in Randbezirke von Mogadischu einzudringen. In militärischer Hinsicht betrifft dies Dayniile, Heliwaa, sowie Teile von Karaan, Yaqshiid und Dharkenley. Außerdem kann der Einfluss von al Shabaab in der Nacht in den schraffierten Gebieten größer werden. Die restlichen Teile von Mogadischu sind für al Shabaab vor allem auf zwei Arten erreichbar: Erstens in Form verdeckter Akteure; und zweitens in Form von großangelegten Operationen von Spezialeinheiten – sogenannte komplexe Anschläge (welche sowohl Selbstmordattentäter und ferngezündete Sprengsätze als auch eine größere Zahl an nachstoßenden Kämpfern beinhalten). Insgesamt ist jedenfalls feststellbar, dass al Shabaab in den oben blau markierten Teilen der somalischen Hauptstadt mangels permanent anwesender, sichtbarer Kampfeinheiten nur geringer Einfluss zugesprochen werden, wiewohl die Anwesenheit verdeckter Elemente und die Durchführung terroristischer Aktivitäten das Leben der Bewohner beeinflussen (BFA 10.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html, Zugriff 7.4.2015

3.1.2. Al Shabaab (AS)

Ziel der al Shabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren. Außerdem verfolgt al Shabaab auch eine Agenda des globalen Dschihads und griff im Ausland Ziele an (EASO 2.2016).

Völkerrechtlich kommen der al Shabaab als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten gemäß des 2. Zusatzprotokolls zu den Genfer Konventionen zu (AA 1.12.2015). Staatlicher Schutz ist in der Gebieten der al Shabaab nicht verfügbar (UKHO 15.3.2016).

Seit 2011 wurden die militärischen Kapazitäten der al Shabaab durch AMISOM und somalische Kräfte sowie durch innere Streitigkeiten beachtlich dezimiert (UKHO 15.3.2016). In der jüngeren Vergangenheit hat al Shabaab schwere Niederlagen erlitten. Einerseits wurde der Anführer, Ahmed Godane, im September 2014 von einer US-Drohne eliminiert. Andererseits hat al Shabaab nach dem Verlust der wichtigen Hafenstadt Baraawe im Oktober 2014 noch weitere, strategisch wichtige Städte verloren (EASO 2.2016). Zuletzt wurden al Shabaab auch herbe Verluste zugefügt. Alleine bei einem Luftschlag gegen ein Lager der Terroristen in Raso (Hiiraan) wurden mehr als 150 frisch ausgebildete Kämpfer getötet und zahlreiche weitere verletzt. Bei einem Vorstoß der al Shabaab entlang der Küste in Nugaal wurden weitere 115 Kämpfer der al Shabaab getötet und 110 gefangen gesetzt. Bei einem ähnlichen Vorstoß im Hinterland fügten Kräfte der GIA der al Shabaab ebensolche Verluste zu. Allein im März 2016 betrugen die Verluste für al Shabaab mindestens 500 Mann, weitere 210 wurden gefangen gesetzt (A 4.2016). Trotz der Verluste ist al Shabaab immer noch in der Lage, große Teile des ländlichen Raumes in Süd-/Zentralsomalia zu halten (EASO 2.2016; vergleiche AI 24.2.2016). Die Gruppe kontrolliert auch Versorgungsrouten (UKHO 15.3.2016). Über wie viele Kämpfer die al Shabaab verfügt, ist nicht exakt bekannt. Es ist unwahrscheinlich, dass die Miliz über mehr als 6.000 Mann verfügt (EASO 2.2016). Al Shabaab ist jedenfalls noch weit davon entfernt, besiegt zu sein (BS 2016).

Allerdings entwickelten sich Mitte 2015 innerhalb der al Shabaab die ersten Risse hinsichtlich einer Neuorientierung zum Islamischen Staat (IS). Mehrere IS-Sympathisanten wurden verhaftet; es kam auch zu bewaffneten Auseinandersetzungen (EASO 2.2016; vergleiche AI 24.2.2016, UNSC 8.1.2016).

Die Menschen auf dem Gebiet der al Shabaab sind einer höchst autoritären und repressiven Herrschaft unterworfen. Während dies zwar einerseits zur Stärkung der Sicherheit beiträgt (weniger Kriminalität und Gewalt durch Clan-Milizen) (BS 2016), versucht al Shabaab alle Aspekte des öffentlichen und privaten Lebens der Menschen zu kontrollieren (BS 2016; vergleiche DIS 9.2015). Alle Bewohner der Gebiete von al Shabaab müssen strenge Vorschriften befolgen, z. B. Kleidung, Eheschließung, Steuerzahlung, Teilnahme an militärischen Operationen, Rasieren, Spionieren, Bildung etc. (DIS 9.2015). Mit den damit verbundenen harten Bestrafungen wurde ein generelles Klima der Angst geschaffen (BS 2016). Das Brechen von Vorschriften kann zu schweren Strafen bis hin zum Tod führen (DIS 9.2015).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

4. Rechtsschutz/Justizwesen

In Süd-/Zentralsomalia und in Puntland sind die Grundsätze der Gewaltenteilung in der Verfassung niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt (AA 1.12.2015; vergleiche UKHO 15.3.2016; USDOS 13.4.2016).

Laut Verfassung sollte es ein Verfassungsgericht, Bundesgerichte und Gerichte der Bundesstaaten geben. Alle diese Institutionen müssen erst geschaffen werden (EASO 2.2016). Insgesamt existiert nur ein rudimentärer Justizapparat (BS 2016). Die Justiz bleibt unterfinanziert, ineffektiv (UKHO 15.3.2016) und korrupt (UKHO 15.3.2016; vergleiche BS 2016; USDOS 13.4.2016). Es mangelt an Ausbildung und Personal (UKHO 15.3.2016; vergleiche EASO 2.2016). Gleichzeitig wird die Justiz durch Drohungen beeinflusst (UKHO 15.3.2016). Frauen, Arme, IDPs und vulnerable Personen sehen sich beim Zugang zur Justiz Hindernissen ausgesetzt. Diese sind z.B. Protektion, politische Einflussnahme und Mangel an Transparenz (UNHRC 6.11.2015).

Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 1.12.2015). Es gibt zwar sowohl in Süd-Zentralsomalia als auch in Puntland einen Instanzenzug, aber in der Praxis werden Zeugen eingeschüchtert und Beweismaterial nicht ausreichend herbeigebracht (AA 1.12.2015).

Das formelle Justizsystem ist in vielen Teilen Somalias nicht vorhanden. Einige Regionen haben lokale Gerichte eingerichtet, die vom lokal dominanten Clan abhängen (USDOS 13.4.2016).

Es gibt kein einheitliches Justizsystem, vielmehr herrscht eine Mischung aus formellem, traditionellem (xeer) und islamischem (Scharia) Recht (BS 2016; vergleiche USDOS 13.4.2016; EASO 2.2016).

Zur Anwendung kommt xeer bei Konflikten und bei Kriminalität (EASO 2.2016). Im traditionellen Recht vermitteln Älteste. Sie verhandeln auch über Friedensabkommen und einigen sich auf Kompensationszahlungen (BS 2016). Die traditionelle Justiz wird oft herangezogen, da sie zu schnellen Entscheidungen gelangt. Allerdings werden in diesem System oft ganze Clans für die Tat Einzelner zur Verantwortung gezogen (USDOS 13.4.2016).

In den nicht von den jeweiligen Regierungen kontrollierten Gebieten werden Urteile häufig nach traditionellem Recht von Clan-Ältesten gesprochen. Diese Verfahren betreffen in der Regel nur den relativ eng begrenzten Bereich eines bestimmten Clans. Bei Sachverhalten, die mehrere Clans betreffen, kommt es häufig zu außergerichtlichen Vereinbarungen (Friedensrichter), auch und gerade in Strafsachen. Repressionen gegenüber Familie und Nahestehenden (Sippenhaft) spielen dabei eine wichtige Rolle (AA 1.12.2015).

Familien- und Standesangelegenheiten (Heirat, Scheidung, Erbschaft) werden im Rahmen der Scharia abgehandelt. Allerdings sind Schariagerichte oftmals von Clans beeinflusst (BS 2016).

Vor Militärgerichten, wo manchmal auch Zivilisten angeklagt werden, wird Angeklagten nur selten das Recht auf eine Rechtsvertretung oder auf Berufung zugestanden. Internationale Standards werden nicht eingehalten (USDOS 13.4.2016; vergleiche HRW 27.1.2016). Begründet wird die Verfolgung von Zivilisten durch das Militärgericht damit, jede Person, welche sich mit Waffengewalt gegen den Staat richtet, dem Militärgesetz unterliegt (UNHRC 28.10.2015).

Aufgrund der anhaltend schlechten Sicherheitslage sowie mangels Kompetenz der staatlichen Sicherheitskräfte und Justiz muss der staatliche Schutz in Süd-/Zentralsomalia als schwach bis nicht gegeben gesehen werden (ÖB 10.2015). Der Regierung gelingt es nicht, Zivilisten Schutz zukommen zu lassen (HRW 27.1.2016).

In den unter Kontrolle der al Shabaab stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al Shabaab nicht anerkannt (AA 1.12.2015). Dort gibt es kein formelles Justizsystem, es gilt die strikte Interpretation der Scharia (EASO 2.2016; vergleiche USDOS 13.4.2016; BS 2016). Insgesamt gibt es nur wenige Informationen darüber, wie die Schariagerichte aufgebaut sind und wie sie arbeiten (BS 2016). Angeklagte vor einem Schariagericht haben kein Recht auf Verteidigung, Zeugen oder einen Anwalt (USDOS 13.4.2016; vergleiche BS 2016). Gerichte verhängen harte Strafen, wie Steinigung, Enthauptung, Amputation oder Auspeitschung (EASO 2.2016; vergleiche BS 2016). Außerdem setzt al Shabaab strikte Moralgesetze durch, welche Kleidervorschriften oder das Verbot von Rauchen und öffentlichem Khat-Konsum umfassen (BS 2016).

Es gilt das Angebot einer Amnestie gegenüber Kämpfern der al Shabaab, die die Waffen ablegen, der Gewalt abschwören und sich zur staatlichen Ordnung bekennen (AA 1.12.2015).

Auch wenn diese in der puntländischen Verfassung festgeschrieben ist, gibt es in Puntland keine Gewaltenteilung. Sowohl die Legislative als auch die Justiz werden von der Exekutive substantiell beeinflusst. Die Unabhängigkeit der Justiz wurde mehrmals unterminiert (BS 2016).

In Puntland gibt es zwar funktionierende Gerichte (EASO 2.2016; vergleiche USDOS 13.4.2016), doch können diese nicht gewährleisten, dass vor dem Recht alle gleich sind (USDOS 13.4.2016). Außerdem leidet die Justiz an Unterfinanzierung, Kapazitätsproblemen, ausgebildetem Personal, Erfahrung und Reichweite (BS 2016). Trotzdem werden in Puntland Verfahrensrechte besser respektiert als in Süd-/Zentralsomalia (AA 1.12.2015). Es gilt die Unschuldsvermutung, das Recht auf ein öffentliches Verfahren und das Recht auf einen Anwalt (USDOS 13.4.2016).

Das Justizsystem in Puntland ist eine Mischung aus traditionellem Recht (xeer), islamischem Recht (Scharia) und formellem Recht (EASO 2.2016; vergleiche BS 2016). Die meisten Fälle werden durch Clanälteste im xeer abgehandelt. Ins formelle Justizsystem gelangen vor allem jene Fälle, wo keine Clan-Repräsentation gegeben ist (USDOS 13.4.2016).

Zu den weder von Regierung noch von al Shabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z. B. "Clanältesten") liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 1.12.2015).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

5. Sicherheitsbehörden

Die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) wurde im Jänner 2015 mit Resolutionen der Afrikanischen Union und der UN ins Leben gerufen. Die Mission hat eine militärische, eine polizeiliche und eine zivile Komponente. Truppenstellerstaaten für die militärische Komponente sind gegenwärtig Uganda, Burundi, Dschibuti, Kenia und Äthiopien (EASO 2.2016). Das AMISOM-Mandat wurde am 24.3.2016 vom UN Sicherheitsrat auf März 2017 verlängert (UNNS 24.3.2016). Die AMISOM arbeitet mit der somalischen Armee zusammen, um in Süd-/Zentralsomalia für Ordnung zu sorgen (USDOS 13.4.2016). Die Stärke von AMISOM (Soldaten und Polizisten) beträgt zurzeit mehr als 22.000 (ÖB 10.2015; vergleiche BS 2016).

Allerdings ist nur ein Teil der äthiopischen Truppen in Somalia in die AMISOM integriert, Äthiopien verfügt über 2.000-9.000 weitere, nationale Kräfte im Land (EASO 2.2016).

Zusätzlich gibt es noch eine UN Guard Unit (UNGU) mit 530 ugandischen Soldaten, deren einzige Aufgabe der Schutz der UN-Einrichtungen in Mogadischu ist (EASO 2.2016)

Die Polizei untersteht einer Mischung an lokalen und regionalen Verwaltungen und der Bundesregierung. Die nationale Polizei untersteht dem Ministerium für Nationale Sicherheit; außerdem betreiben regionale Behörden eigene Polizeikräfte, die den jeweiligen regionalen Sicherheitsministerien unterstehen. In Mogadischu gibt es zwei getrennte Polizeikräfte: Eine unter der Kontrolle der Bundesregierung, einen andere unter Kontrolle der Regionalverwaltung Benadir. Die Bundespolizei ist in allen 17 Bezirken der Stadt präsent. Oft verdanken Polizisten in Mogadischu ihren Job familiären oder Clan-Kontakten (USDOS 13.4.2016). Von der somalischen Regierung sind zirka 4.000 (EASO 2.2016), nach anderen Angaben 5.200 (UNSC 11.9.2015) oder 6.000 (ÖB 10.2015) oder schließlich 6.748 Polizisten biometrisch erfasst. Der neueste Bericht der UN beziffert die Zahl der Lohnempfangenden somalischen Polizisten mit 12.500 Mann (UNSC 8.1.2016).

Zusätzlich gibt es in Mogadischu noch Polizeieinheiten der AMISOM. Rund 300 AMISOM-Polizisten bilden die somalischen Polizisten in den Bereichen Polizeiarbeit; Menschenrechte; Verbrechensprävention; Gemeindepolizei und Fahndungsmethoden weiter (USDOS 13.4.2016). Im Bereich der Polizeiausbildung bestehen außerdem bilaterale Initiativen, etwa durch Italien und die Türkei (Ausbildung von Polizeikräften in Mogadischu), weiteres durch UNDP, UNODC (v.a. Strafvollzug) sowie durch die IOM (Counter-Trafficking) und in jüngster Zeit auch durch die Vereinigten Arabischen Emirate. Die EU plant zusätzliche 15 Millionen Euro für die Ausbildung der Polizei zur Verfügung zu stellen (ÖB 10.2015).

Die Polizei ist generell nicht effektiv (USDOS 13.4.2016).

Das Verteidigungsministerium ist für die Kontrolle der Armee verantwortlich. Dabei bleibt die ausgeübte Kontrolle dürftig, hat sich aber mit Hilfe internationaler Partner etwas verbessert. Letzteres gilt etwa für die Kräfte im Großraum Mogadischu bis Merka, Baidoa und Jowhar (USDOS 13.4.2016).

Über die Gesamtzahl der somalischen Armee gibt es unterschiedliche Angaben. Laut US Außenministerium betrug diese Ende 2015 rund 23.000 Soldaten (USDOS 13.4.2016). EASO und die UN nennen für August 2015 die Zahl von insgesamt 16.780 biometrisch erfassten Angehörigen der Armee (EASO 2.2016; vergleiche UNSC 11.9.2015), EASO geht jedoch davon aus, dass die Anzahl der tatsächlich aktiven Truppe vermutlich geringer sei. Auch werden Quellen genannt, welche die Gesamtzahl der somalischen Armee auf lediglich 10.000 schätzen (EASO 2.2016). Die neueste Zahl der UN berichtet von 19.800 biometrisch erfassten und 22.000 insgesamt vorhandenen somalischen Armeeangehörigen (UNSC 8.1.2016).

Die Masse der Truppe befindet sich in Middle und Lower Shabelle sowie in Bay, Bakool und Gedo. Die Armee ist in 17 unabhängige Brigaden unterteilt. Kräfte der Armee und von pro-Regierungs-Milizen operieren Seite an Seite mit der AMISOM (USDOS 13.4.2016). Sowohl Schlüsselpositionen als auch Mannschaften der somalischen Armee werden von Hawiye dominiert (EASO 2.2016).

Die Rolle des Staatsschutzes liegt in der Hand der National Intelligence and Security Agency (NISA). NISA ist mit exekutiven Vollmachten ausgestattet (AA 1.12.2015). Die Bundesregierung greift regelmäßig auf die Kräfte des NISA zurück, um polizeiliche Arbeit zu erledigen. Hierbei werden Zivilisten ohne Haftbefehl festgehalten (USDOS 13.4.2016). Zwar hat auch die somalische Polizei eine eigene Anti-Terror-Einheit gegründet, trotzdem ist die NISA bei der Reaktion auf Terrorangriffe in Mogadischu hauptverantwortlich (EASO 2.2016).

Mehrere hundert Somali sind von der äthiopischen Armee ausgebildet worden, um das äthiopisch-somalische Grenzgebiet zu schützen. Diese Einheiten operieren unabhängig von AMISOM und somalischer Armee (EASO 2.2016).

Sowohl die Bundesregierung als auch die Interim Juba Administration (IJA) und die Interim South West Administration (ISWA) arbeiten an der Einrichtung von regionalen Polizeikräften. Die UN-Mission UNSOM unterstützt sie dabei; so wurden in Baidoa und Kismayo je 200 Rekruten für die Polizei ausgewählt (UNSC 11.9.2015). Die Ausbildung wird von AMISOM und vom Vereinigten Königreich unterstützt (UNSC 8.1.2016). Außerdem hat die IJA zugestimmt, die eigenen Kräfte in die somalische Armee zu integrieren. Die Integration der ersten

1.350 von insgesamt rund 3.000 Mann erfolgte im Juli 2015 (EASO 2.2016).

Auch für die jüngst eroberten Gebiete wurden Polizeikräfte rekrutiert. Ziel ist es, in jedem der dreizehn neu eroberten Bezirke je zehn Polizisten der somalischen Polizei zu stationieren und diese mit je 35 lokal rekrutierten Gemeindepolizisten zu verstärken (UNSC 11.9.2015). Die betroffenen 130 Polizisten waren gegen Ende 2015 fertig ausgebildet, jedoch gab es hinsichtlich der Verlegung in die Zielgebiete Probleme (UNSC 8.1.2016).

Puntland verfügt ebenso wie Somaliland und die Juba Interim Administration (JIA) über eigene Polizeikräfte (EASO 2.2016). Die Zahl der puntländischen Sicherheitskräfte wird auf ca. 4.000 geschätzt – inklusive staatlicher Milizen und Polizeikräfte. Dabei handelt es sich um die Puntland Darawish Force, die Puntland Maritim Police Force (PMPF) und die Puntland Intelligence Agency (PIA). Letztere wird von den Darod/Majerteen dominiert (EASO 2.2016). Die nachrichtendienstlich arbeitende Innenbehörde verfügt über exekutive Vollmachten (AA 1.12.2015).

Zwar ist die zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte in Puntland etwas stärker ausgeprägt, als in Süd-/Zentralsomalia, doch entzieht sich das Handeln der Sicherheitskräfte auch dort weitgehend Kontrolle der öffentlichen Kontrolle. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden keine erhoben (AA 1.12.2015).

Die Sicherheitskräfte in Puntland wurden in der Vergangenheit nicht immer regelmäßig entlohnt, wodurch es zu Protesten von Soldaten und dem Errichten illegaler Straßensperren kam (EASO 2.2016).

Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere der NISA entziehen sich oftmals der öffentlichen Kontrolle (AA 1.12.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und bei Verstößen straffrei davonkommen (AA 1.12.2015). Nur selten kommt es zur Untersuchung von durch Polizei, Armee oder Milizen begangene Vergehen, es herrscht eine Kultur der Straflosigkeit (USDOS 13.4.2016; vergleiche AA 1.12.2015).

Der Bundesregierung ist es nicht gelungen, das Gewaltmonopol des Staates wiederherzustellen. Vielmehr hängt die Regierung von den Kräften der AMISOM und von alliierten lokalen und regionalen Milizen ab. Die Abhängigkeit von lokalen Milizen verläuft dabei nicht friktionsfrei. Die Loyalität der Milizen liegt – trotz offizieller Allianz mit der Regierung – zuallererst bei den Kommandanten und beim Clan. Die Spannungen zwischen lokalen Milizen und der Armee traten bereits zutage, als die Verwaltungsstrukturen im Sinne der Föderalisierung geändert worden sind (BS 2016).

Das Verhalten der Sicherheitskräfte entspricht nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 1.12.2015). AMISOM und nationale Sicherheitskräfte geben ihr Bestes, um die Gefahr durch al Shabaab in Mogadischu einzudämmen. Auch wenn die Arbeit der Polizei Defizite aufweist, so trägt sie doch ihren Teil bei (UKUT 3.10.2014). In Mogadischu und anderen urbanen Gebieten unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten können die Behörden schutzwillig sein; jedoch sind sie meist nicht in der Lage, einen effektiven Schutz zu gewährleisten. Dies kann der strukturellen Schwäche der Sicherheitskräfte, dem Mangel an Ressourcen, Ausbildung und Ausrüstung, schwachen Kommandostrukturen, der Korruption und der Straflosigkeit für schwerste Verbrechen angelastet werden (UKHO 15.3.2016).

Der durchschnittliche Sold somalischer Soldaten beträgt 100 US-Dollar. Es kommt vor, dass manche Soldaten nur mit Nahrungsmitteln (ÖB 10.2015) oder sehr unregelmäßig bezahlt werden (AA 1.12.2015; vergleiche EASO 2.2016). Die geringe Entlohnung führt immer wieder dazu, dass Soldaten und Polizisten zu Clan-Milizen oder sogar zur al Shabaab überlaufen (EASO 2.2016; vergleiche ÖB 10.2015), da sie dort besser bezahlt werden. Um diese Überläufer zu ersetzen, werden nach wie vor mehr Sicherheitsbeamte rekrutiert (ÖB 10.2015). Außerdem verkaufen Soldaten ihre Ausrüstung oder wurden kriminell (z.B. Errichtung illegaler Straßensperren (EASO 2.2016; vergleiche UNSC 8.1.2016). Ende 2015 ist es gelungen, an 5.200 somalische Polizisten einen achtmonatigen Gehaltsrückstand auszuzahlen (UNSC 8.1.2016).

Die EU hat seit 2010 im Rahmen der Trainingsmission EUTM Somalia bereits über 4.000 somalische Soldaten ausgebildet. Die Besoldung der Rekruten wurde in erster Linie von den USA und Italien finanziert. Mittlerweile ist EUTM verstärkt zu Beratungstätigkeiten für die somalische Armee in Mogadischu sowie zu Offiziersausbildung übergegangen (ÖB 10.2015).

Das Ziel der AMISOM ist es, innerhalb der nächsten Jahre bis zu 30.000 somalische Uniformierte auszubilden (ÖB 10.2015). Die UN betreibt eine Ausbildung hinsichtlich Menschenrechte, diese findet auch dezentral in Kismayo und Ceel Waaq statt (UNSC 11.9.2015). Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt, für die Mehrzahl der regulären Kräfte muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur äußerst begrenzt bekannt sind. Für die regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Vonseiten der Kämpfer der al Shabaab wird der völkerrechtliche Rahmen für die Arbeit von Sicherheitsorganen als solcher nicht anerkannt (AA 1.12.2015).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

6. Folter und unmenschliche Behandlung

Auch wenn die Übergangsverfassung Folter und unmenschliche Behandlung verbietet, kommt es zu derartigen Vorfällen. Es wurden Anschuldigungen erhoben, dass Angehörige des Geheimdienstes NISA Folter anwenden würden (USDOS 13.4.2016). NISA führt Razzien durch und verhaftet Menschen, obwohl der Dienst dafür über kein Mandat verfügt (HRW 27.1.2016). Die NISA hält Beschuldigte über lange Zeit ohne Anklage fest und misshandelt Verdächtige bei Verhören (USDOS 13.4.2016; vergleiche HRW 27.1.2016). Auch gegen Kräfte der Juba Interim Administration wurden Foltervorwürfe erhoben (USDOS 13.4.2016).

In den von der al Shabaab kontrollierten Gebieten ist regelmäßig von unmenschlicher Behandlung auszugehen, wenn einzelne Personen gegen die Interessen der al Shabaab handeln oder dessen verdächtigt werden (AA 1.12.2015). Al Shabaab misshandelt Menschen auf dem Gebiet unter eigener Kontrolle und setzt diese harten Bestrafungen aus (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

7. Korruption

Somalia war im Jahr 2015 laut Transparency International zum wiederholten Male das korrupteste Land der Welt (Platz 167) (TI 2015). Auch in anderen Indizes rangiert Somalia als Schlusslicht (WB 10.2015). Trotz erheblicher internationaler Unterstützung hat es die Regierung verabsäumt, einen Reformprozess zu initiieren. Wie auch die Vorgängerregierungen beteiligt sich die aktuelle Regierung an systematischer Korruption und großangelegtem Missbrauch staatlicher Gelder (BS 2016). Das räuberische Verhalten der politischen Akteure bleibt ein Problem (WB 10.2015). Regierungsbedienstete und -Offizielle beteiligen sich häufig an Korruption. Es gibt zwar ein Gesetz gegen Korruption in der Verwaltung, dieses wird aber nicht effektiv angewendet. Die in der Verfassung vorgesehene Antikorruptionskommission ist noch nicht eingerichtet worden (USDOS 13.4.2016). Auch das Justizsystem ist von Korruption durchdrungen (BS 2016).

Al Shabaab hebt in ihren Gebieten nicht vorhersagbare und hohe Zakat- und Sadaqa-Steuern ein. Außerdem werden humanitäre Hilfsgüter zweckentfremdet oder gestohlen (USDOS 13.4.2016).

Die puntländische Good Governance and Anticorruption Commission hat im Jahr 2015 keine Behördenmitarbeiter oder Politiker vor Gericht gebracht (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

8. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Zahlreiche lokale und internationale Menschenrechtsgruppen sind in jenen Gebieten Süd-/Zentralsomalias und Puntlands, die sich nicht unter der Kontrolle der al Shabaab befinden, aktiv. Sie untersuchen Vorfälle, veröffentlichen Ergebnisse (USDOS 13.4.2016) und werden möglicherweise politisch gebilligt und gefördert (AA 1.12.2015). Die Regierung ist hinsichtlich der Ergebnisse in manchen Fällen kooperativ und reagiert auf Vorwürfe (USDOS 13.4.2016).

Allerdings wird ihre Bewegungsfreiheit in Süd-/Zentralsomalia durch Sicherheitserwägungen eingeschränkt (USDOS 13.4.2016; vergleiche UNSC 8.1.2016). Außerdem kommt es auch zur Belästigung von NGOs seitens der Regierung (USDOS 13.4.2016), oder zu Repressionen durch staatliche Sicherheitsorgane, die auch auf eigene Faust und im eigenen Interesse agieren (AA 1.12.2015).

Gezielte Angriffe auf humanitäre Organisationen gibt es weiterhin (HRW 27.1.2016). Das Umfeld für humanitäre Kräfte bleibt gefährlich, es gab sogar eine Steigerung bei Angriffen auf diese Personengruppe. Im Jahr 2015 wurden 120 gewalttätige Zwischenfälle gegen humanitäre Organisationen gezählt, im Jahr 2014 waren es noch 75. 12 Mitarbeiter kamen ums Leben, 17 wurden verletzt, weitere 36 verhaftet und 8 verschleppt (UNSC 8.1.2016).

In Puntland können internationale und lokale NGOs generell ohne größere Einschränkungen seitens der Regierung arbeiten (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

9. Ombudsmann

Die Verfassung sieht eine unabhängige Menschenrechtskommission sowie eine Wahrheits- und Versöhnungskommission vor. Beide Institutionen waren zum Jahresende 2015 noch nicht eingerichtet worden (USDOS 13.4.2016).

Die Effektivität des puntländischen Human Rights Defender Office bleibt aufgrund eingeschränkter Ressourcenlage und Unerfahrenheit eingeschränkt (USDOS 13.4.2016). Allerdings hat UNSOM den Angestellten des Human Rights Defender’s Office bereits Ausbildung zukommen lassen. Der Einrichtung fehlt es aber an Ressourcen, um ihr Mandat ausreichend durchführen zu können (UNHRC 28.10.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

10. Militär, Rekrutierungen, Deserteure

In Somalia gibt es keinen verpflichtenden Militärdienst. Allerdings rekrutieren die Clans regelmäßig eigenmächtig und unter Androhung von Zwangsmaßnahmen für die Familie junge Männer zum Dienst in einer der Milizen, bei den staatlichen Sicherheitskräften oder sogar bei der al Shabaab, um einen gewissen Schutz des eigenen Clans oder Sub-Clans zu erreichen (AA 1.12.2015).

Quellen:

10.1. (Zwangs-)Rekrutierungen und Kindersoldaten

Kinder werden – weniger durch die Regierung, regelmäßig jedoch in Verbänden der al Shabaab oder von Clan-Milizen – als Kindersoldaten rekrutiert (AA 1.12.2015) und eingesetzt (USDOS 13.4.2016). Bis 5.6.2015 hat die UN 819 Fälle der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldaten durch al Shabaab, die somalische Armee, alliierte Milizen, Ahlu Sunna Wal Jama’a und andere bewaffnete Gruppen dokumentiert (AI 24.2.2016). Während sich in den Reihen der Regierungskräfte v.a. Minderjährige finden, deren Alter im Rahmen des Rekrutierungsprozesses nicht eindeutig festgestellt wurde, setzt al Shabaab Kindersoldaten systematisch ein. Erfreulicherweise geht die Zahl der Rekrutierung von Kindern tendenziell zurück. Die somalische Regierung hat 2012 einen Aktionsplan zur Verwirklichung einer "kinderfreien" somalischen Armee verabschiedet, die Umsetzung schreitet allerdings langsam voran. UNSOM und UNICEF unterstützen die Regierung bei der Umsetzung ihrer Vorgaben in diesem Bereich (ÖB 10.2015).

In welchem Ausmaß al Shabaab heute noch Kinder rekrutiert, kann nicht genau gesagt werden (LI 11.6.2015). Die UN haben von 82 Fällen berichtet, bei welchen Kinder in Moscheen oder während religiösen Veranstaltungen der al Shabaab rekrutiert worden sind (USDOS 13.4.2016).

Hauptrekrutierungsbereich von al Shabaab ist Süd-/Zentralsomalia. Die Rekrutierung als solche wird von UNHCR nicht als Fluchtgrund gesehen. Somalische Flüchtlinge – v.a. jene, die das Land nach 2011 verlassen haben – seien nicht vor al Shabaab geflohen sondern vor der Hungersnot (ÖB 10.2015). Es ist zwar weniger wahrscheinlich, aber auch in Städten unter der Kontrolle der Regierung und von AMISOM wird durch al Shabaab rekrutiert (DIS 9.2015).

Die wichtigste Personengruppe für Rekrutierungen ist für al Shabaab jene der 12-16jährigen Buben. Als wichtige Werkzeuge bei der Rekrutierung gelten Propaganda; die Rekrutierung über Clanführer und Koranschulen; Gehirnwäsche und Indoktrinierung; wie Deserteure berichten, stehen letztere zwei Methoden im Vordergrund. Gleichzeitig wird manchmal Zwang angewendet, meist aber erfolgt die Rekrutierung durch Überzeugungsarbeit – und durch die Aussicht auf Sold. Denn al Shabaab ist für junge Männer attraktiv, die keine Bildung haben oder arbeitslos sind. Gleichzeitig ist es für Familien attraktiv, ein bis zwei Angehörige bei al Shabaab unterzubringen, um so Einkommen zu generieren (LI 10.9.2015) bzw. um die Familie abzusichern (DIS 9.2015). Am leichtesten kann al Shabaab folglich in IDP-Lagern rekrutieren (LI 10.9.2015). Al Shabaab rekrutiert normalerweise in Moscheen oder bei religiösen Veranstaltungen (EASO 2.2016; vergleiche ÖB 10.2015).

Es ist schwer einzuschätzen, wie systematisch und weitverbreitet Zwangsrekrutierungen stattfinden. Die UN führt jegliche Rekrutierung von Kindern als Zwangsrekrutierung (LI 10.9.2015).

In Mogadischu gibt es kein Risiko hinsichtlich einer Zwangsrekrutierung durch al Shabaab (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015). Al Shabaab führt in Städten wie Mogadischu keine Zwangsrekrutierungen von Kindern mehr durch. Allerdings bezahlt al Shabaab in Mogadischu Kinder für Aktivitäten (Informationen; aber auch das Werfen von Handgranaten) (LI 11.6.2015). In jenen ländlichen Gebieten, die unter Kontrolle der al Shabaab sind, kommt die (Zwangs-)Rekrutierung von Kindern immer noch vor (LI 11.6.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016), ist aber die Ausnahme (EASO 2.2016). Es ist ein Fall dokumentiert, wo al Shabaab in einer Koranschule im Gebiet der Regierung – in Baidoa – sechs Buben rekrutiert hat. Generell ist es aber unwahrscheinlich, dass al Shabaab in Gebieten, die nicht unter ihrer Kontrolle stehen, Zwangsrekrutierungen vornimmt (LI 10.9.2015).

Die Weigerung, der al Shabaab beizutreten, kann für die Person selbst, aber auch für Familienangehörige tödlich sein. Eine andere Konsequenz, um einer Rekrutierung zu entgehen, wäre die Übersiedlung in ein anderes Gebiet (DIS 9.2015).

Die UN unterstützen die Reintegration von 500 ehemaligen Kindersoldaten in ihre Familien und Gemeinden. Die Aktivitäten umfassen psycho-soziale Unterstützung, "back-to-school"-Programme und Berufsausbildung (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

10.2. Deserteure und ehemalige Kämpfer der al Shabaab

Hinsichtlich Deserteuren der al Shabaab gibt es nur wenige Informationen. Es gibt keine Aufzeichnungen über diese Personen, und auch nicht darüber, was später mit ihnen geschah. Ein bis zwei Drittel der Deserteure scheinen unmittelbar zu ihren Gemeinden zurückzukehren, ohne sich vorher der Armee oder AMISOM zu ergeben (LI 5.8.2015).

Eigentlich gilt gegenwärtig eine bereits 2014 ausgerufene Amnestie für al-Shabaab-Mitglieder, die sich ergeben; allerdings scheint es hier Ausnahmen zu geben. Jene Deserteure, die sich ergeben, werden vom Geheimdienst NISA einem Screening unterzogen. Dabei wird nach "high risk" und "low risk" kategorisiert. Erstere bleiben in Haft und warten auf ein Gerichtsverfahren; letztere werden rehabilitiert und/oder in die somalischen Sicherheitskräfte integriert. Sie stellen die Mehrheit (LI 5.8.2015).

In Belet Weyne bleiben low-risk-Deserteure beispielsweise nur kurze Zeit in Rehabilitationszentren, bevor sie nach Hause entlassen werden. Mindestens 1.200 Deserteure sind alleine durch ein Rehabilitationszentrum in Mogadischu gegangen. Die Gesamtzahl für Somalia ist unbekannt. Von diesen 1.200 sind rund 700 nach Hause (Mogadischu und Lower Shabelle) zurückgekehrt, weitere 200 wurden in die Sicherheitskräfte übernommen (LI 5.8.2015).

In Süd-/Zentralsomalia gibt es mehrere Rehabilitationszentren, z.B. das Serendi Centre in Mogadischu oder das Hiil Walaal Rehabilitation Centre in Belet Weyne (LI 5.8.2015) sowie ein Zentrum in Baidoa (UNSC 8.1.2016). Das Lager in Baidoa wird von IOM betrieben und von Deutschland finanziert. Ein weiteres Lager in Mogadischu wird von Großbritannien finanziert (ÖB 10.2015).

Die Einhaltung internationaler Menschenrechtsstandards wird von UNSOM überwacht (UNSC 11.9.2015). Im Dezember 2015 befanden sich im Serendi Centre 225 Männer, im Hiil Walaal Centre 25, in Baidoa 95 (UNSC 8.1.2016). Außerdem hat IOM mit der Unterstützung von UNSOM in Baidoa ein eigenes Frauenhaus für weibliche, ehemalige al-Shabaab-Mitglieder eingerichtet (UNSC 8.1.2016; vergleiche ÖB 10.2015).

In den Zentren werden Berufsausbildung, eine Ausbildung zur Konfliktlösung und eine Traumabehandlung angeboten (UNSC 8.1.2016; vergleiche ÖB 10.2015). Einzelpersonen werden nach Feststellung des exit board in die Gesellschaft reintegriert (UNSC 8.1.2016). Als Integrationsmaßnahme wird Entlassenen auch Geld zur Verfügung gestellt, um eventuell ein Unternehmen zu gründen (ÖB 10.2015).

Da es aufgrund der Militäroperationen im Jahr 2015 zu einem Anstieg der Zahl an al-Shabaab-Kämpfern gekommen ist, die sich ergeben haben oder die gefangen genommen worden sind, mussten diese teils in privaten Unterkünften und temporären Einrichtungen untergebracht werden (UNSC 11.9.2015).

Für ehemalige Kindersoldaten gibt es eigene Zentren, wie z.B. das Interim Care Centre in Mogadischu, das auch von UNICEF unterstützt wird (LI 5.8.2015). UNICEF Somalia betreibt zwei Zentren für minderjährige ehemalige al Shabaab-Kämpfer, in denen die Minderjährigen gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung resozialisiert und unterrichtet werden (ÖB 10.2015). Alle Kinder, die sich früher im Serendi Centre befanden, wurden an UNICEF übergeben (UNHRC 28.10.2015). Außerdem bietet UNICEF ein Reintegrationsprogramm für Kinder an, die bei bewaffneten Gruppen – darunter al Shabaab – Dienst versahen. Davon profitieren 625 Kinder (UNSC 11.9.2015).

Es herrscht allgemein Einigkeit darüber, dass al Shabaab schon Deserteure ermordet hat (LI 5.8.2015). Es herrscht auch Einigkeit darüber, dass al Shabaab in der Lage ist, Deserteure auch auf dem Gebiet unter Kontrolle von AMISOM und Regierung aufzuspüren (DIS 9.2015; vergleiche LI 5.8.2015).

Allerdings herrscht Uneinigkeit darüber, in welchem Ausmaß al Shabaab der Jagd nach Deserteuren Priorität einräumt. Ein Bericht der norwegischen COI-Einheit Landinfo kommt zum Schluss, dass al Shabaab für Deserteure zwar ein Risiko darstellt, jedoch aus den vorhandenen Informationen geschlossen werden kann, dass al Shabaab der Suche nach Deserteuren auf dem Gebiet von AMISOM und Regierung keine Priorität einräumt (LI 5.8.2015).

Zwar gaben mehrere Quellen an, dass al Shabaab beachtliche Ressourcen aufwendet, um Deserteure aufzuspüren und zu töten (LI 5.8.2015). Andere Quellen aber erklären, dass Deserteure von al Shabaab auf dem Gebiet von AMISOM und Regierung nicht systematisch verfolgt und getötet werden (DIS 9.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Vielmehr kommt es zu Einschüchterungsversuchen (ÖB 10.2015); sowie in Einzelfällen zur Tötung. Bisher hat al Shabaab nur eine geringe Zahl an Deserteuren getötet und war auch nicht in der Lage, deren Familienmitglieder zu bedrohen oder anzugreifen (DIS 9.2015).

Eine mögliche Erklärung ist, dass starke Clans in der Lage sind, al Shabaab von einer Rachenahme an Deserteuren des eigenen Clans abzubringen. Dies kann der Grund dafür sein, warum so viele Deserteure in ihre Gemeinden zurückkehren können. Dementsprechend riskieren Deserteure schwacher Clans ihr eigenes Leben und das ihrer Familienangehörigen. Eine andere mögliche Erklärung ist, dass al Shabaab nicht mehr über die Ressourcen verfügt, um Deserteure systematisch verfolgen zu können (LI 5.8.2015).

Hinsichtlich minderjähriger Deserteure wird al Shabaab kaum motiviert sein, diese auf dem Gebiet von AMISOM und Regierung aufzuspüren und zu töten. Die Minderjährigen verfügen i.d.R. über keine wichtigen Informationen über die al Shabaab; trotzdem sind in Baidoa in der Vergangenheit auch minderjährige Deserteure getötet worden – vermutlich, um ein Exempel zu statuieren (DIS 9.2015).

Trotzdem befürchten z.B. Deserteure im Rehabilitationszentrum in Mogadischu die Rache der al Shabaab. Viele trauen sich nicht, das Lager zu verlassen. Andererseits sind z.B. 700 Deserteure aus dem Rehabilitationszentrum nach Hause (Mogadischu und Lower Shabelle), in Regionen unter der Kontrolle von AMISOM und Regierung zurückgekehrt. Keiner von ihnen wurde von al Shabaab getötet (LI 5.8.2015).

Wenn aber al Shabaab eine Person als ausreichend wichtiges Ziel erachtet, wird sie diese zu töten versuchen. Bei ranghohen Deserteuren wird dies mit dem Wissen über al Shabaab gerechtfertigt werden. Manchmal wird al Shabaab aber einfach nur ein Exempel statuieren; davon sind auch niedrigere Ränge und deren Familienangehörige betroffen (DIS 9.2015).

Quellen:

http://www.landinfo.no/asset/3204/1/3204_1.pdf, Zugriff 4.4.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

11. Allgemeine Menschenrechtslage

Sowohl in der Verfassung von Somalia als auch in jener von Puntland ist der Schutz der Menschenrechte in der Verfassung ebenso verankert, wie die prägende Rolle der Scharia als Rechtsquelle (AA 1.12.2015).

Bei Kämpfen zwischen AMISOM und äthiopischer und somalischer Armee auf der einen und al Shabaab auf der anderen Seite kommt es zu zivilen Opfern (USDOS 13.4.2016; vergleiche AI 24.2.2016; UNSC 11.9.2015). In den Monaten September bis Dezember 2015 zählte die UN 123 zivile Opfer des Konfliktes; im Zeitraum Mai bis August 2015 waren es 113 gewesen (UNSC 8.1.2016).

Alle Konfliktparteien sind für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich (AI 24.2.2016). Die schwersten Menschenrechtsverletzungen sind: Tötung von Zivilisten durch al Shabaab, somalische Kräfte und unbekannte Angreifer; Gewalt und Diskriminierung von Frauen und Mädchen, darunter Vergewaltigungen und FGM (USDOS 13.4.2016). In Süd-/Zentralsomalia werden extralegale Tötungen in der Regel von der al Shabaab in von ihr kontrollierten Gebieten durchgeführt (AA 1.12.2015).

Bei staatlichen somalischen Sicherheitskräften stellen extralegale Tötungen kein strukturelles Problem dar. Im Falle einer solchen Tötung ist jedoch aufgrund des dysfunktionalen Justizsystems in der Regel von Straflosigkeit auszugehen (AA 1.12.2015). Es liegen keine Berichte über "Verschwindenlassen vor (AA 1.12.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Vermeintliche Sympathisanten der radikalen Islamisten werden unter Missachtung völkerrechtlicher Verfahrensgarantien unter Staatsschutzaspekten festgehalten (AA 1.12.2015).

Weitere Menschenrechtsverletzungen sind Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung; lebensbedrohliche Haftbedingungen und willkürliche Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; exzessive Gewaltanwendung; die Einschränkung von Meinungs-, Presse-, Bewegungsfreiheit; Delogierung von IDPs; Korruption; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans (USDOS 13.4.2016).

Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen. Bei Konflikten zwischen Clans kam es in den Regionen Lower Shabelle, Middle Shabelle, Hiiraan, Galgaduud und Gedo zu Toten (USDOS 13.4.2016).

Al Shabaab begeht Morde, entführt Menschen, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen; Bürgerrechte und Bewegungsfreiheit werden eingeschränkt. Al Shabaab rekrutiert Kindersoldaten (USDOS 13.4.2016; vergleiche HRW 27.1.2016; BS 2016). Da auf dem Gebiet der al Shabaab eine strikte Interpretation der Scharia zur Anwendung gebracht wird, kommt es dort zu Folter und körperlichen Strafen, wenn die Interpretation nicht eingehalten wird (UKHO 3.2.2015; vergleiche EASO 2.2016; AI 24.2.2016). Außerdem richtet al Shabaab regelmäßig und ohne ordentliches Verfahren Menschen unter dem Vorwurf hin, diese hätten mit der Regierung, einer internationalen Organisation oder einer westlichen Hilfsorganisation zusammengearbeitet oder spioniert (AA 1.12.2015; vergleiche AI 24.2.2016). Moralgesetze verbieten das Rauchen, das öffentliche Einnehmen von Khat, weltliche Musik und das Tanzen (BS 2016), Filme, und Sport (EASO 2.2016); Verschleierung und Männerhaarschnitte werden vorgeschrieben (BS 2016). Die Rekrutierung von Kindersoldaten und Zwangsehen haben bei al Shabaab laut einem UN-Bericht zugenommen (EASO 2.2016).

Generell ist Straflosigkeit die Norm. Die Regierung ergreift nur minimale Schritte, um öffentlich Bedienstete strafrechtlich zu verfolgen (USDOS 13.4.2016).

Die somalische Bundesregierung arbeitet daran, mit der Unterstützung der UN und der Afrikanischen Union und bilateralen Partnern die Menschenrechtssituation zu verbessern (UNHRC 28.10.2015).

Zu Puntland liegen keine Erkenntnisse hinsichtlich extralegaler Tötungen, willkürlicher Festnahmen, "Verschwindenlassen" oder Menschenhandel vor. Vorwürfe dieser Art werden nicht erhoben (AA 1.12.2015).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

12. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in Somalia sind sehr schlecht (EASO 2.2016). Zu den Haftbedingungen ist zusammenfassend für ganz Somalia festzuhalten: Sie sind hart und gelten zum Teil als lebensbedrohlich (AA 1.12.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Dabei sind die Lebensbedingungen in Haftanstalten aber in Puntland und Somaliland generell etwas besser, als in anderen Landesteilen (USDOS 13.4.2016). Überfüllung, fehlende sanitäre Einrichtungen und fehlende Gesundheitsversorgung sind Regelerscheinungen. Neben Krankheiten wie Tuberkulose und HIV/AIDS stellen Übergriffe des häufig ungeschulten Bewachungspersonals eine kontinuierliche Bedrohung für die Insassen dar (AA 1.12.2015).

Aktivitäten von UNDP und UNODC sowie des IKRK beim Gefängnisaufbau und der Schulung von Gefängnispersonal in allen Regionen schaffen nur langsam Abhilfe. Die Haftbedingungen entsprechen nur in den UNODC-unterstützten Anstalten den international gültigen Mindeststandards (AA 1.12.2015). UNSOM (UNSC 8.1.2016) und andere UN-Agenturen haben in unterschiedlichen Regionen Somalias Haftanstalten verbessert und Ausbildungsmaßnahmen für Gefängnispersonal durchgeführt. Den Inhaftierten kamen Ausbildungs- und Rehabilitierungsprogramme zu Gute (USDOS 13.4.2016).

Die Regierungen von Somalia, Puntland und Somaliland gestatten unabhängigen Beobachtern Zutritt zu Haftanstalten (USDOS 13.4.2016).

Von al Shabaab werden Personen für verhältnismäßig geringfügige Vergehen und unter inhumanen Bedingungen in Haft gehalten (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

13. Todesstrafe

Die Todesstrafe wird in allen Landesteilen verhängt und vollzogen, allerdings deutlich seltener in Gebieten unter der Kontrolle der jeweiligen Regierung/Behörden und dort nur für schwerste Verbrechen. In den von der Regierung kontrollierten Gebieten und in Puntland kommt es unter anderem infolge von Staatsschutzdelikten auch nach Verfahren, die nicht internationalen Standards genügen, zur Ausführung der Todesstrafe (AA 1.12.2015). Auf dem Gebiet der somalischen Regierung werden Todesurteile von Militärgerichten ausgesprochen; dies gilt sowohl für angeklagte Militärpersonen und Rebellen als auch für Zivilisten. Urteile werden oft noch am selben Tag vollstreckt (UNHRC 28.10.2015) – oftmals durch Erschießungskommandos (AI 24.2.2016).

Im Jahr 2014 wurden in Süd-/Zentralsomalia 21 Exekutionen vollstreckt, in Puntland eine. Im ersten Halbjahr 2015 in Süd-/Zentralsomalia sechs, in Puntland vier (UNHRC 28.10.2015). Bis Jahresende 2015 ist mindestens noch eine weitere Person exekutiert worden (HRW 27.1.2016).

Auch in von der al Shabaab kontrollierten Gebieten kommt es zu Hinrichtungen, oftmals wegen des Verdachts der Spionage (UNHRC 28.10.2015); aber auch wegen Ehebruchs oder wegen des Vorwurfs der Zusammenarbeit mit der Regierung, einer internationalen Organisation oder einer westlichen Hilfsorganisation bzw. der "Kooperation mit den Feinden des Islam" (d.h. mit der Regierung, AMISOM, UNO oder Hilfsorganisationen) (AA 1.12.2015).

Exekutionen durch al Shabaab werden öffentlich (AA 1.12.2015; vergleiche UNHRC 28.10.2015) und meist innerhalb weniger Stunden vollzogen (UNHRC 28.10.2015). Es gibt aktuelle Berichte über Steinigungen und Enthauptungen (USDOS 13.4.2016).

Eine Zusicherung der Nichtverhängung oder des Nichtvollzugs der Todesstrafe erscheint im Hinblick auf die jeweiligen Regierungen sehr unwahrscheinlich, im Hinblick auf die von der al Shabaab kontrollierten Gebiete aussichtslos (AA 1.12.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

14. Religionsfreiheit

14.1. Religiöse Gruppen

Die somalische Bevölkerung bekennt sich zum sunnitischen Islam (AA 1.12.2015). Gleichzeitig ist die große Mehrheit der Bevölkerung Anhänger der Sufi-Tradition (EASO 8.2014).

Über die verschwindend geringe Zahl von Christen in Somalia liegen keine Informationen vor (AA 1.12.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

14.2. Gebiete der somalischen Regierung, Somaliland, Puntland

Repressionen aufgrund der Religion spielen in Somalia fast keine Rolle, da es außer den Entsandten, z.B. bei den Vereinten Nationen, praktisch keine Nicht-Muslime im Land gibt (AA 1.12.2015).

Die Verfassungen für Gesamtsomalia, Puntland und Somaliland bestimmen den Islam zur Staatsreligion und das islamische Recht (Scharia) zur grundlegenden Quelle für die staatliche Gesetzgebung. Die Verfassungen bekennen sich aber gleichzeitig zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung. Unabhängig von staatlichen Bestimmungen und insbesondere jenseits der Bereiche, in denen die staatlichen Stellen effektive Staatsgewalt ausüben können, sind islamische und lokale Traditionen und islamisches Gewohnheitsrecht weit verbreitet (AA 1.12.2015).

Die neue Übergangsverfassung sieht eine eingeschränkte Freiheit der Glaubensausübung vor. Der Islam ist Staatsreligion, Missionierung für andere Religionen ist verboten. Alle Gesetze müssen mit den generellen Prinzipien der Scharia konform sein. Der Übertritt zu einer anderen Religion ist nicht explizit verboten (USDOS 14.10.2015).

In Puntland und Somaliland gelten eigene Verfassungen. Auch dort ist der Islam als Staatsreligion festgeschrieben und es ist Moslems verboten zu einer anderen Religion überzutreten; auch Missionierung ist verboten. In der somaliländischen Verfassung ist die Religionsfreiheit verankert. In der puntländischen Verfassung wird nicht-Muslimen freie Glaubensausübung garantiert. Diesbezüglich gibt es keine Berichte, wonach Puntland diese Rechte verletzt hätte (USDOS 14.10.2015).

Es herrscht ein starker sozialer Druck, den Traditionen des sunnitischen Islam zu folgen. Eine Konversion vom Islam zu einer anderen Religion wird überall in Somalia als sozial inakzeptabel erachtet. Jene, die unter dem Verdacht stehen, konvertiert zu sein, müssen mit Belästigungen seitens der Gesellschaft rechnen (USDOS 14.10.2015). Andererseits gibt es keine Anzeichen dafür, dass Atheisten bzw. Personen, welche nicht die Moschee aufsuchen, Misshandlungen im Sinne des Artikels 3 EMRK zu erleiden hätten (UKUT 5.11.2015).

Quellen:

14.3. Gebiete der al Shabaab

Al Shabaab setzt gewaltsam die eigene Interpretation des islamischen Rechts und Praxis durch. Dabei wird auch gegen andere Salafistengruppen (z.B. al-Takfir) (USDOS 14.10.2015) oder muslimische Sufis vorgegangen (EASO 8.2014). Al Shabaab verfolgt auf eigenem Gebiet somalische Christen. Die Gruppe drangsaliert, verstümmelt oder tötet Personen, die sie unter Verdacht stellt, zu einer anderen Religion konvertiert zu sein oder jene, die sich nicht an die Edikte von al Shabaab halten. Vertreter der Regierung und ihrer Verbündeten werden unter dem Vorwand getötet, sie seien Nicht-Muslime und Glaubensabtrünnige (USDOS 14.10.2015).

In Gebieten, wo al Shabaab die Kontrolle ausübt, wurden Kinos, Musik, das Zusehen bei Sportübertragungen, der Verkauf von Khat, Rauchen und anderes, von der Gruppe als "nicht-islamisch" qualifiziertes Verhalten, verboten (USDOS 14.10.2015). Aus religiösen Gründen verboten ist etwa auch Fußballspielen. Auch Singen sowie das Anhören von nicht der al Shabaab gehörenden Radiosendern (EASO 8.2014) sowie Tanzen ist untersagt (BS 2016). Es gilt das Gebot der Vollverschleierung, zuletzt wurde auch gegen buntes Gewand vorgegangen (USDOS 14.10.2015).

Außerdem gibt es zahlreiche Berichte darüber, dass al Shabaab Personen aus religiösen Gründen in Haft hält. Die Angst vor Vergeltung durch al Shabaab verhindert, dass religiöse Gruppen ungestört aktiv sein können. Auch gegen AMISOM wird Propaganda betrieben (USDOS 14.10.2015).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

15. Minderheiten und Clans

15.1. Bevölkerungsstruktur und Clanschutz

Mehr als 85% der Bevölkerung teilen eine ethnische Herkunft (USDOS 13.4.2016). Die somalische Bevölkerung ist aber nur auf den ersten Blick homogen (EASO 8.2014). In ganz Somalia gibt es eine Zersplitterung in zahlreiche Clans, Sub-Clans und Sub-Sub-Clans, deren Mitgliedschaft sich nach Verwandtschaftsbeziehungen bzw. nach traditionellem Zugehörigkeitsempfinden bestimmt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).

Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem – wie erwähnt – keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen – auch geographische – sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).

Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).

* Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).

* Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.

* Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).

* Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.

* Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 13.4.2016). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach – in externen Belangen – als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

Die größte ethnische Minderheit stellen die Bantu (Jareer). Die Bantu leben traditionell als Bauern in und zwischen den fruchtbaren Flusstälern von Shabelle und Jubba. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli und Gobaweyne sind Namen, die den unterschiedlichen Bantu-Gruppen zugeschrieben werden. Manche der Gosha wurden in den Clan der Digil/Mirifle assimiliert. Viele Bantu sprechen Somali (Maay-tiri), manche – etwa Gosha und Mushunguli – pflegen eigene Bantusprachen (EASO 8.2014).

Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status‘ als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein. Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).

Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010).

Die wichtigsten Gruppen sind:

* Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

* Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

* Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).

Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell – aber nicht überall – funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).

Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/content/AT/Downloads/Publikationen/n8_Laenderinfo_Somalia.pdf, Zugriff 21.4.2016

15.2. Aktuelle Situation

Die somalische und auch die puntländische Verfassung bekennen sich zum Grundsatz der Nichtdiskriminierung (AA 1.12.2015). Grundsätzlich wurde bei der Bildung der föderalen Regierung Ende 2012 sowie beim letzten umfassenden Regierungsumbau auf eine möglichst breite Zusammensetzung aller Clans und Sub-Clans geachtet. Sowohl Regierung als auch Parlament sind entlang der sogenannten "4.5 Lösung" organisiert, das bedeutet, dass für jeden Sitz, den ein Vertreter der großen Clans in Regierung bzw. Parlament innehat, ein halber Sitz einem Vertreter der kleineren Clans (ÖB 10.2015) bzw. Minderheitenclans zufällt (USDOS 13.4.2016). So blieben die Clans der entscheidende Faktor in der somalischen und somaliländischen Politik. Gegen oder ohne sie lässt sich kein Staat aufbauen. Die vier größten Clans (Darood, Hawiye, Dir und Digil-Mirifle) dominieren Verwaltung, Politik, und Gesellschaft mit jeweils 61 Sitzen im Parlament. Dementsprechend sind die lokalen Verwaltungen und auch das nationale Parlament um die verschiedenen Clans bzw. Sub-Clans organisiert (ÖB 10.2015). Die 4.5-Formel wurde aber auch schon zugunsten der Minderheiten gebrochen (USDOS 13.4.2016).

In den meisten Gegenden schließt der dominante Clan andere Gruppen von einer effektiven Partizipation an Regierungsinstitutionen aus (USDOS 13.4.2016). Auch in den von der Regierung kontrollierten Gebieten ist grundsätzlich von einer Diskriminierung im Lichte der jeweiligen Clan- bzw. Sub-Clan-Zugehörigkeit auszugehen (AA 1.12.2015).

Dabei kann es sich um wirtschaftliche Diskriminierung beispielsweise im Rahmen staatlicher Vergabeverfahren, aber auch um Diskriminierung beim Zugang zu Nahrungsmittelhilfe, natürlichen Ressourcen, Gesundheitsdienstleistungen oder anderen staatlichen Diensten (AA 1.12.2015) oder um Gerichtsverfahren handeln (USDOS 13.4.2016). Angehörige eines (Sub-)Clans können in Gebieten, die von einem anderen (Sub-)Clan dominiert werden, aber auch auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, insbesondere in Konfliktsituationen bezüglich Unfällen, Eigentum oder Wasser (AA 1.12.2015). Es kann davon ausgegangen werden, dass der staatliche Schutz im Falle von Clan-Konflikten nicht zur Anwendung kommt, sondern die "Regelung" dieser Konflikte grundsätzlich den Clans selbst überlassen wird. Die staatlichen Sicherheitskräfte sind in der Regel zu schwach, um in Clankonflikte effektiv eingreifen zu können; zudem ist die föderale Regierung wohl auch nicht willens, sich in Konflikte dieser Art einzumischen und so den Unwillen einzelner Clans auf sich zu ziehen (ÖB 10.2015).

Viele Minderheitengemeinden leiden an zahlreichen Formen der Diskriminierung und Exklusion (USDOS 13.4.2016). Bantu werden aufgrund ihrer Ethnie diskriminiert (UNHRC 28.10.2015). Auch einzelne andere Minderheiten (u.a. Jareer, Benadiri, Midgan, Gabooye), leben unter besonders schwierigen sozialen Bedingungen und sehen sich, da sie nicht in die Clan-Strukturen eingebunden sind, in vielfacher Weise von der übrigen Bevölkerung – nicht aber systematisch von staatlichen Stellen – wirtschaftlich, politisch und sozial ausgegrenzt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015). Viele Minderheitengemeinden leben in tiefer Armut. Sie sind auch überproportional von der im Land herrschenden Gewalt betroffen (Tötungen, Folter, Vergewaltigungen etc.) (USDOS 13.4.2016). Allerdings datieren die letzten – unbestätigten – Berichte von Repressionen im engeren Sinn mit November 2013, als staatliche Sicherheitskräfte des Hawiye-Clans angeblich sesshafte Bantu-Landwirte von ihren Grundstücken vertrieben haben sollen (AA 1.12.2015). In den hier verwendeten Berichten werden keine aktuellen Beispiele gewaltsamer Repression oder der Verfolgung von Minderheiten genannt.

Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:

Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010). Mischehen – vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans – sind traditionell beschränkt (USDOS 13.4.2016; vergleiche EASO 8.2014, ÖB 10.2015). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).

Auch in anderen Bereichen gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).

Die Existenz einer dynamischen Wirtschaftsgemeinde der Benadiri ist erwiesen (UKUT 5.11.2015). Ihnen ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben (B 10.2014). Benadiri können sich auf der Suche nach einem Lebensunterhalt an diese Gemeinde wenden (UKUT 5.11.2015).

In Mogadischu gibt es heute keine Clankämpfe oder -Konflikte mehr. Es gibt dort auch kein Risiko einer schweren Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit. Da es in der Stadt keine Clanmilizen mehr gibt, ist der Clan heute weniger eine Schutzstruktur als vielmehr eine soziale Struktur. Minderheitenangehörige werden nicht mehr aufgrund ihrer Zugehörigkeit marginalisiert oder belästigt. Die Sicherheitslage für Angehörige kleiner, schwacher Clans oder ethnischer Minderheiten hat sich wesentlich verbessert. Auch die Andeutung von UNHCR, dass für eine Rückkehr nach Mogadischu die Anwesenheit der Kernfamilie relevant ist, weist auf die nunmehr geringe Bedeutung des Clans hin (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015). Zusätzlich gibt eines keine physischen Charakteristika, welche die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Clan erkennen ließen. Daher wissen die Menschen in Mogadischu und anderen großen Städten nicht automatisch, welchem Clan eine Person angehört (LI 4.4.2016).

Manche Minderheiten haben von al Shabaab profitiert und die Gruppe unterstützt. Mit dem Machtverlust für al Shabaab kommt es auch zu Fällen, wo diese vorherige Unterstützung nun negative Auswirkungen hat (EASO 8.2014). So waren bzw. sind überproportional viele Angehörige von Minderheiten bei der Ausführung von Körperstrafen und Exekutionen sowie bei der Verübung gezielter Attentate beteiligt. Das Risiko von Racheaktionen besteht (B 10.2014). Bei al Shabaab gilt generell, dass jene Clans, die als gegen al Shabaab gerichtet erachtet werden, mit mehr Problemen zu rechnen haben – sei es z.B. eine höhere Besteuerung; ökonomische Isolierung; oder Plünderung (EASO 8.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

16. Subjekte gezielter Attentate durch al Shabaab

In Gebieten, die von der al Shabaab kontrolliert werden, gelten eine Unterstützung der Regierung und Äußerungen gegen die al Shabaab als ausreichend, um als Verräter verurteilt und hingerichtet zu werden. Unterstützer der staatlichen Strukturen oder Mitarbeiter von Hilfsorganisationen werden als militärisches Ziel definiert und entsprechend zur Ermordung freigegeben (AA 1.12.2015). Auch Blockadebrecher (HRW 27.1.2016) und Dorfälteste in Ortschaften in der Nähe von AMISOM/Regierungsstädten wurden getötet (DIS 9.2015). Es gibt mehrere Berichte darüber, dass al Shabaab Personen wegen des Verdachts der Spionage angeklagt und binnen Stunden nach der Urteilsverkündung öffentlich exekutiert hat (UNHRC 28.10.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016, HRW 27.1.2016).

Neben militärischen Zielen der al Shabaab, wie AMISOM und somalische Sicherheitskräfte, werden auch bestimmte zivile Ziele erwähnt, die auf dem Gebiet von AMISOM und somalischer Regierung angegriffen werden. Darunter fallen die somalische Regierung (DIS 9.2015; vergleiche UKHO 15.3.2016, HRW 27.1.2016); Zivilisten, die mit der Regierung in Verbindung stehen; Mitarbeiter humanitärer NGOs; UN-Mitarbeiter (USDOS 13.4.2016; vergleiche UKHO 15.3.2016) bzw. Personen und Institutionen, welche die internationale Gemeinschaft repräsentieren; internationale NGOs (DIS 9.2015; vergleiche UKHO 15.3.2016); diplomatische Missionen; prominente Friedensaktivisten, Gemeindeführer, Clanälteste und deren Angehörige (USDOS 13.4.2016; vergleiche HRW 27.1.2016); sowie Journalisten (UKHO 15.3.2016; vergleiche HRW 27.1.2016) und Kleriker (HRW 27.1.2016). Auch Bildungseinrichtungen und Personen, die sich weigern, Zakat (Steuer) an al Shabaab abzuführen, werden als Ziele genannt (DIS 9.2015). Gezielte Attentate auf diese Personengruppen gibt es vor allem in Mogadischu, Baidoa und Belet Weyne (HRW 27.1.2016).

Es kommt also z.B. in Mogadischu regelmäßig zu Angriffen auf Zivilisten und zivile Strukturen (HRW 27.1.2016). Allerdings sind nicht alle Zivilisten gleichermaßen betroffen. Generell ist ein "normaler Zivilist" (keine Verbindung zur Regierung; zu Sicherheitskräften; zu Behörden; zu NGOs oder internationalen Organisationen) – auch bei einer Rückkehr nach Mogadischu – keinem derartigen Risiko ausgesetzt, dass dieses einen Schutz gemäß Artikel 3 oder Artikel 15c erforderlich machen würde (UKUT 3.10.2014; vergleiche EGMR 10.9.2015). Im Zuge von Angriffen der al Shabaab auf Ziele in bewohnten Gebieten (durch Sprengsätze oder Handgranaten) kommen allerdings auch "normale Zivilisten" zu Schaden oder ums Leben. Zivilisten als solche werden aber nicht zum spezifischen Ziel der al Shabaab (DIS 9.2015). Alleine der Umstand, dass eine Person in einer Stadt in Süd-/Zentralsomalia wohnt, steigert weder das Risiko der Verfolgung noch das Risiko ernsthaften Schadens durch die al Shabaab (UKHO 15.3.2016). Bei der strategischen Zielauswahl der al Shabaab gibt es keine spezifische Kategorie der "Zivilisten” oder der aus der Diaspora Zurückgekehrten (UKUT 3.10.2014).

Für Personen, die in einem städtischen Gebiet leben, das von AMISOM und/oder der Regierung kontrolliert wird; und die weder mit der Regierung noch der internationalen Gemeinschaft in Verbindung stehen, diese unterstützen, oder von denen angenommen wird, dass sie diese unterstützen; ist es unwahrscheinlich, dass sie für al Shabaab von Interesse sind (UKHO 15.3.2016).

Auch "low level"-Ziele (z.B. lokale Mitarbeiter von internationalen oder nationalen NGOs) sind keine Priorität der al Shabaab. Sind allerdings keine "high profile"-Ziele (z.B. AMISOM, UN) verfügbar, dann könnten "low level"-Ziele ersatzweise angegriffen werden (UKHO 15.3.2016; vergleiche DIS 9.2015).

Mehrere Quellen von Landinfo erwähnen ein erhöhtes Risiko für lokale Bedienstete von AMISOM. Andererseits strömen jeden Morgen zahlreiche Bedienstete in die gesicherte Zone von AMISOM. Eine Quelle erklärt, dass wenige von al Shabaab getötet worden sein, die meisten leben in relativer Sicherheit in der Nähe des Flughafens. Insgesamt scheint die Situation für lokale Bedienstete der UN ähnlich (LI 2.6.2015). Es gibt nur wenige dokumentierte Fälle, wo al Shabaab lokale Angestellte der UN angegriffen hat (DIS 9.2015). Zwischen Mai 2014 und Februar 2015 sind mindestens vier der rund 2.000 direkt und indirekt für die UN arbeitenden lokalen Bediensteten von al Shabaab ermordet worden (LI 2.6.2015). Lokale Angestellte der UN haben allerdings Angst vor Übergriffen der al Shabaab. Sie treffen Vorkehrungen, um nicht mit der UN in Verbindung gebracht zu werden (DIS 9.2015).

Hinsichtlich einer Tätigkeit für andere internationale Organisationen und NGOs hat Landinfo bei einigen Quellen Rückfrage gehalten. Lokalen Bediensteten werden spezielle Sicherheitsmaßnahmen auferlegt bzw. treffen diese selbst Sicherheitsvorkehrungen (LI 2.6.2015). Es kommt manchmal zu Drohungen per Telefon (LI 2.6.2015; vergleiche DIS 9.2015). Keine der gefragten Quellen gab an, dass ein Mitarbeiter von al Shabaab ermordet worden war. Bei zwei Vorfällen (2011 und 2013) waren lokale Mitarbeiter von al Shabaab verhaftet, und erst nach Vermittlung von Clan-Ältesten wieder freigelassen worden. Manche Mitarbeiter werden von al Shabaab zur Kooperation (hinsichtlich Aufklärung) gezwungen; dabei kommt es auch zu Drohungen hinsichtlich der Tötung von Familienangehörigen (LI 2.6.2015).

Laut UNOCHA kommen Angriffe auf und Drohungen gegen Mitarbeiter humanitärer Organisationen immer öfter vor. In den ersten fünf Monaten 2015 hat es 60 Vorfälle gegeben (UNHRC 28.10.2015). Dabei scheint es nur wenige Angriffe zu geben (DIS 9.2015). Landinfo geht aufgrund der Informationslage nicht davon aus, dass die Tötung lokaler Bediensteter von AMISOM, UN oder anderer internationaler Organisationen für al Shabaab eine Priorität haben (LI 2.6.2015).

Einige nationale NGOs scheinen eine Steuer an al Shabaab abzuführen. Zusätzlich scheint al Shabaab momentan den Schwerpunkt auf hochrangige Ziele zu legen (z.B. AMISOM, Regierung, UN) (DIS 9.2015). Außerdem will al Shabaab die systematische Tötung von Zivilisten verhindern, die in keiner oder nur äußerst geringer Verbindung mit AMISOM, der Regierung, der UN oder NGOs stehen (z.B. Teeverkäufer), da derartige Morde sehr unpopulär sind (DIS 9.2015; vergleiche EASO 2.2016).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html, Zugriff 7.4.2015

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

17. Bewegungsfreiheit und Relokation

Die Übergangsverfassung schützt das Recht auf Bewegungsfreiheit im Land und das Recht zur Ausreise. Diese Rechte sind in einigen Landesteilen eingeschränkt (USDOS 13.4.2016). Reisefreiheit ist im Prinzip gegeben, wobei sich Einschränkungen durch die jeweiligen Machthaber – al Shabaab, Kriegsherren, lokale Administrationen – sowie durch Kampfhandlungen in bestimmten Gebieten ergeben können. Hiervon ausgenommen sind IDPs in den Flüchtlingslagern in und um Mogadischu, die sehr oft strikten Beschränkungen – zumeist durch ihre Unterkunftgeber – unterworfen sind. Davon abgesehen sind der Botschaft keine Einschränkungen für bestimmte Gruppen bekannt (ÖB 10.2015). Die meisten Orte in Südsomalia können erreicht werden (LI 4.4.2016). Überlandreisen sind zwar eine Herausforderung für die Menschen (Auseinandersetzungen, schlechte Infrastruktur, Checkpoints) (DIS 9.2015), doch reist die Bevölkerung trotzdem auf der Straße, wiewohl zu erwartende Risiken mit der Notwendigkeit einer Reise abgewogen werden (EASO 2.2016; vergleiche RMMS 2015a; DIS 9.2015). Täglich verlassen mit Passagieren beladene Minibusse Mogadischu in alle Richtungen, auch in Gebiete der al Shabaab. Die Preise variieren von einem US-Dollar von Mogadischu nach Afgooye bis zu z.B. 80 US-Dollar von Mogadischu nach Afmadow (LI 4.4.2016).

Naturereignisse und Kampfhandlungen können unterschiedliche Gebiete vorübergehend unzugänglich machen. Busfahrer und Reisende holen vor einer Fahrt Erkundigungen über die Lage entlang der geplanten Route ein, um das Risiko zu minimieren. Ein Risiko ergibt sich primär aus den zu erwartenden Straßensperren. Die Wahrscheinlichkeit, auf eine Straßensperre der Regierungskräfte oder der al Shabaab zu stoßen, ist immer noch hoch (LI 4.4.2016). An Straßensperren kann es zu Gewalt, Bedrohung und Plünderung kommen (USDOS 13.4.2016; vergleiche DIS 9.2015). Straßensperren werden durch somalische Sicherheitskräfte, Clan-Milizen, al Shabaab und Banditen betrieben (LI 4.4.2016; vergleiche USDOS 13.4.2016). Jene, die es sich leisten können, versuchen mit dem Flugzeug so nah wie möglich an die Zieldestination zu gelangen. Von Mogadischu gibt es Flüge nach Baidoa, Belet Weyne und Kismayo (LI 4.4.2016; vergleiche DIS 9.2015). Menschen reisen auf dem Luftweg auch nach Berbera und Hargeysa (RMMS 2015a).

Das Hauptrisiko an Straßensperren der Regierungskräfte und der al Shabaab ist es, als zum Feind gehörig verdächtigt zu werden (LI 4.4.2016). Kontrollpunkte der al Shabaab können entlang der meisten Routen spontan eingerichtet werden, es gibt auch permanente Kontrollpunkte (LI 4.4.2016; vergleiche EASO 2.2016). Alleine die Tatsache, dass jemand in einem westlichen Land gewesen ist, stellt im Kontext mit al Shabaab an solchen Straßensperren kein Problem dar. Allerdings ruft westliches Verhalten oder westliche Kleidungsart Sanktionen hervor. Zu befürchten haben an Straßensperren der al Shabaab jene Personen etwas, die mit der Regierung in Verbindung gebracht werden. Diese Personengruppe riskiert, getötet zu werden. Aufgrund der eingeschränkten Ressourcen von al Shabaab sind hier höherrangige ("high profile") Personen eher gefährdet. Außerdem kann es Personen treffen, die von al Shabaab – etwa wegen des Mitführens von bestimmten Objekten (Smartphones, Regierungsdokumente, Symbole, die mit der Regierung assoziiert werden etc.) – als mit der Regierung in Zusammenhang stehend oder als Spione verdächtigt werden. Die Wahrscheinlichkeit, umgehend getötet zu werden, ist dort höher, wo al Shabaab keine volle Kontrolle hat. In den Gebieten unter Kontrolle der al Shabaab werden Verdächtige i.d.R. verhaftet und vor Gericht gestellt. Auch dies hat - bei einem Schuldspruch - den Tod zur Folge (LI 4.4.2016).

In Mogadischu herrscht generell Bewegungsfreiheit; es gibt diesbezüglich keine Clan-spezifischen Einschränkungen (LIDIS 3.2014). Es gibt zwar noch Checkpoints, diese scheinen aber kein Problem darzustellen. Gemäß den Angaben lokaler NGO-Vertreterinnen können sich Frauen frei in der Stadt bewegen. Eine Ausnahme ist der Bakara-Markt. Die Menschen bewegen sich frei in der Stadt, vermeiden jedoch Gebiete, die als unsicher bekannt sind (EASO 8.2014). Der EASO-Bericht vom Februar 2016 erwähnt keine Bewegungseinschränkungen für Zivilisten in Mogadischu (EASO 2.2016).

Eine effektive Ausreisekontrolle an den Grenzübergängen von Somalia in die Nachbarländer findet nicht statt. Die "grüne Grenze" sowie die Seegrenze sind weitgehend nicht überwacht. Kontrollen werden dagegen bei Flugreisen ab Mogadischu, Garowe und Bossaso durchgeführt (AA 1.12.2015)

Innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen mit Sicherheit. Mogadischu kann grundsätzlich als IFA für Personen dienen, die dort über enge Verwandtschaft verfügen. Relativ sichere Gebiete sind weiterhin auch Puntland und v.a. Somaliland (mit Ausnahme des Grenzgebietes zu Puntland), wo sich Angehörige aller Clans relativ frei bewegen können (ÖB 10.2015). Generell sind relativ sichere Zufluchtsgebiete aber schwierig zu bestimmen, da man je nach Ausweichgrund und persönlichen Umständen möglicherweise in einem anderen Gebiet Somalias dann von anderen Menschenrechtsverletzungen oder Verletzungen des humanitären Völkerrechts bedroht ist. Grundsätzlich herrscht aber in Somaliland und Puntland (außer in den umstrittenen Gebieten) relative Bewegungsfreiheit (AA 1.12.2015). Für alleinstehende Frauen und Alleinerzieherinnen ohne männlichen Schutz – vor allem für Minderheitenangehörige – ist eine innerstaatliche Relokationsmöglichkeit nicht gegeben. Dies gilt in Anbetracht der Umstände, dass weder relevante Unterstützungsnetzwerke noch eine Aussicht auf einen ausreichenden Lebensunterhalt gegeben sind (UKHO 3.2.2015).

Für jene Personen, die in Mogadischu oder anderen Städten einem Risiko seitens der al Shabaab ausgesetzt sind, ist das Vorhandensein einer internen Relokationsmöglichkeit in Süd-/Zentralsomalia unwahrscheinlich. Al Shabaab könnte immer noch in der Lage sein, sie aufzuspüren. Jene Personen, die nicht höherrangig sind; oder die nicht mit der Regierung oder einer internationalen Organisation in Verbindung stehen; oder deren Risiko lokal begrenzt ist; sollten in der Lage sein, eine interne Relokation in Anspruch zu nehmen. Dies muss von Fall zu Fall abgewogen werden. Jene Personen, die höherrangig (high profile) sind, und in ländlichen Gegenden unter dem Einfluss der al Shabaab leben, können in Städten, wo al Shabaab keinen Einfluss hat, eine interne Relokation wahrnehmen (UKHO 15.3.2016).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.regionalmms.org/indexe371.html?id=18, Zugriff 30.3.2016

17.1. Dokumente und Meldewesen

Nachdem in Somalia kein Personenstandsverzeichnis existiert, erfolgt die Ausstellung von Dokumenten allein aufgrund der Angaben der antragstellenden Person. Die Registrierungsrate von Geburten wird lt. Auskunft von UNICEF auf rd. 3 % in ganz Somalia geschätzt (ÖB 10.2015). Es besteht keine Möglichkeit, über amtliche Register verlässliche Auskünfte über somalische Staatsangehörige in Süd- und Zentralsomalia sowie in Puntland zu erhalten (AA 1.12.2015). Die Feststellung von Identitäten erfolgt oft nur durch den Ältestenrat eines Dorfes oder durch Verwandte bzw. Bekannte. Personen mit fünf verschiedenen Reisedokumenten und fünf darin anderslautenden Namen sind keine Seltenheit. Hinzu kommen erschwerend die häufige Namensgleichheit bzw. verschiedene Namensschreibweisen (ÖB 10.2015).

Somalia steht auf dem letzten Platz des Korruptionswahrnehmungsindexes von Transparency International. Für Somalier ist es einfach, echte Dokumente (fast jeden) unwahren Inhalts zu besorgen. Das gilt auch für unrichtige Pässe der Nachbarländer Dschibuti, Äthiopien und Kenia. In Somalia selbst, aber auch in den von Somalis bewohnten Enklaven, z. B. dem Stadtteil Eastleigh in Nairobi, werden gefälschte somalische Reisepässe ebenso wie zahlreiche andere gefälschte Dokumente zum Verkauf angeboten. (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015; EASO 8.2014). Selbst die somalische Botschaft in Nairobi stellt somalische Reisedokumente offensichtlich unreflektiert und ohne jegliche Identitätsprüfung aus (ÖB 10.2015).

Nach 1991 gab es in Somalia keine Ausstellung von Ausweisen und keine Registrierungen mehr. Im Dezember 2013 hat die somalische Regierung ein neues System und gleichzeitig ein neues Zentrum für die Ausstellung von Pässen und Personalausweisen in Mogadischu eingerichtet. Die Daten – inklusive Biometrie – werden elektronisch erfasst. Für die Erstellung eines Passes müssen zuvor zwingend ein Personalausweis und eine Geburtsurkunde eingeholt werden. Allerdings sind die Kapazitäten eingeschränkt und ausschließlich in Mogadischu sowie an wenigen Botschaften verfügbar. Es besteht große Nachfrage nach diesen Dokumenten (EASO 8.2014). Die Echtheit von Dokumenten bzw. Urkundenüberprüfungen hinsichtlich der inhaltlichen Richtigkeit bzw. dem Wahrheitsgehalt von Dokumenten kann von österreichischen Vertretungsbehörden keinesfalls überprüft werden (ÖB 10.2015).

UNICEF hat sich nun als Ziel gesetzt, alle Kinder unter fünf Jahren, die noch nicht registriert sind, ausfindig zu machen und die Behörden dabei zu unterstützen, die Anmeldung durchzuführen. Die Daten der Geburtenregistrierung sollen der Behörde eine bessere Vorstellung von Bevölkerungszahlen gewähren und in weiterer Folge ein Ende der illegalen Dokumente herbeiführen. Einhergehend mit der Registrierung werden Geburtsurkunden ausgestellt (ÖB 10.2015).

In Mogadischu werden Adressen aufgrund fehlender Straßennamen und Hausnummern üblicherweise mit Bezügen zu prominenten Gebäuden, Monumenten etc. angegeben (z.B. "hinter", "in der Nähe von"). Im Jänner 2014 legte die Stadtverwaltung Pläne für eine Durchnummerierung der Häuser vor (EASO 8.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

18. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Die somalische Regierung und Somaliland arbeiten mit dem UNHCR und IOM zusammen, um IDPs, Flüchtlinge, Rückkehrer und Asylwerber zu unterstützen (USDOS 13.4.2016).

Mit 3.2.2016 gab es in Somalia schätzungsweise 1,1 Millionen IDPs. Davon fanden sich ca. 85.000 in Somaliland; 130.000 in Puntland (inkl. Mudug); 120.000 in Galgaduud; 103.000 in Lower Shabelle; und 369.000 in Mogadischu (UNHCR 3.2.2016; vergleiche EASO 2.2016; UNSC 8.1.2016). Die AMISOM-Offensiven im Jahr 2015 und Dürre haben zur Vertreibung von weiteren 42.000 Personen geführt (USDOS 13.4.2016).

Die Aufnahmekapazität der Zufluchtsgebiete ist begrenzt (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015), und die Situation angesichts der mehr als einer Million IDPs sowie durch die Rückkehrer bzw. Flüchtlinge aus dem Jemen sehr angespannt. Brennpunkte sind dabei das Umland von Mogadischu mit Hunderttausenden Binnenvertriebenen sowie Hargeysa und die Hafenstadt Bossaso in Puntland (AA 1.12.2015). Allerdings sind z.B. in Puntland nur 5% der dort lebenden Menschen IDPs, während es in Jubaland (Middle und Lower Juba, Gedo) und in South West State (Bay, Bakool, Lower Shabelle) sowie in Hiiraan und Middle Shabelle 10% sind; in Galmudug (Mudug, Galgaduud) 15%; und in Mogadischu mehr als 20% (WB 10.2015).

Wie auch sonst überall besteht für die Flüchtlinge keine Grundversorgung, außer jener, die durch internationale Organisationen gewährleistet wird (v.a. in Puntland und Somaliland) (ÖB 10.2015). IDPs stellen 68% der von akuter Nahrungsmittelunsicherheit betroffenen Bevölkerung, sie sind auf Unterstützung angewiesen. Die Unterernährung ist hoch, besonders betroffen sind IDPs in Bossaso, Doolow, Galkacyo und Garoowe (UNOCHA 19.2.2016).

Es mangelt den IDPs an Schutz (UNHRC 28.10.2015). Die Regierung und Regionalbehörden bieten den IDPs nur unwesentlichen Schutz und Unterstützung. Dies ist vor allem auf die beschränkten Ressourcen und Kapazitäten sowie auf eine schlechte Koordination zurückzuführen (USDOS 13.4.2016). So sehen sich IDPs der Diskriminierung sowie sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt (UNHRC 28.10.2015). In Mogadischu sind dafür Regierungs- und alliierte Kräfte sowie Zivilisten verantwortlich (HRW 27.1.2016). Viele der Opfer von Vergewaltigungen waren Frauen und Kinder in und um Mogadischu, im Afgooye-Korridor, in Bossaso, Galkacyo und Hargeysa (USDOS 13.4.2016).

IDPs – und hier v.a. Frauen und Kinder – sind extrem vulnerabel. Humanitäre Hilfsorganisationen sehen sich Sicherheitsproblemen und Restriktionen ausgesetzt (HRW 27.1.2016). Viele IDPs leben in überfüllten und unsicheren Lagern und haben dort nur eingeschränkten Zugang zu Wasser, sanitären Einrichtungen und grundlegender Hygiene (UNHRC 28.10.2015).

UNHCR unterstützt auch weiterhin IDP-Rückkehrer aus Mogadischu (USDOS 13.4.2016). UNHCR und IOM unterstützen die organisierte Rückkehr von Binnenvertriebenen in Somalia, in erster Linie in den Regionen Shabelle und Bay. Bis Mitte 2013 konnten insgesamt 3.500 Familien im Rahmen des von UNHCR-Programms wieder in ihre Dörfer zurückkehren. Die Zahl von spontanen – also nicht mithilfe von UNHCR organisierten – Rückkehrern im gleichen Zeitraum wird auf 18.000 geschätzt (ÖB 10.2015).

In Mogadischu kam es aber auch zur Vertreibung bzw. Zwangsumsiedlung von IDPs (AI 24.2.2016). Auch in Jubaland, Südwest sowie in Puntland kam es zu Zwangsräumungen von IDP-Lagern (USDOS 13.4.2016; vergleiche HRW 27.1.2016). Insgesamt betraf dies im ersten Halbjahr 2015 fast 100.000 Personen. Laut einem Bericht von Human Rights Watch waren an den Vertreibungen staatliche Sicherheitskräfte beteiligt, die auch Gewalt angewendet hatten (USDOS 13.4.2016).

Somalia ist ein äußerst unattraktives Zufluchtsland für Asylsuchende. Die Zahl ausländischer Flüchtlinge wird als sehr gering eingeschätzt (AA 1.12.2015). Trotzdem sind zwischen März 2015 und März 2016 alleine in Puntland knapp 21.000 Flüchtlinge aus dem Jemen eingetroffen. Davon waren 91% somalische Rückkehrer. 52-53% der Rückkehrer gaben an, nach Mogadischu zurückkehren zu wollen (RMMS 2.2016; vergleiche UNHCR 29.2.2016). Für aus dem Jemen Kommende gibt es Unterstützung seitens des Norwegian Refugee Council, das Danish Refugee Council, von IOM, UNHCR und WFP. Auch für den Weitertransport zur Zieldestination wird gesorgt (UNHCR 29.2.2016).

5% der Menschen in Puntland sind IDPs (WB 10.2015). Die große Mehrheit der IDPs stammt aus Süd-/Zentralsomalia, nur ein kleiner Teil aus Puntland selbst (NRC 13.7.2015). Puntland hat 2012 IDP Policy Guidelines angenommen. Die Situation von IDPs in Puntland wird von mehreren NGOs als durchaus positiv beschrieben (können geregelter Tätigkeit nachgehen usw.) (ÖB 10.2015). Viele der IDPs in Puntland sind schon seit mehr als zehn Jahren vor Ort. Sie leben in temporären Siedlungen – meist ohne sichere Pachtverhältnisse. Es gab in den vergangenen Jahren mehrere Initiativen, um den IDPs Land zu widmen. In einigen Fällen war es IDPs möglich, ihrerseits Land zu erwerben (NRC 13.7.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1457428154_4somaliainter-agencyupdate16-29february2016.pdf, Zugriff 30.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

19. Grundversorgung/Wirtschaft

Periodisch wiederkehrende Dürreperioden mit Hungerkrisen und die äußerst mangelhafte Gesundheitsversorgung sowie der mangelhafte Zugang zu sauberem Trinkwasser und das Fehlen eines funktionierenden Abwassersystems machen Somalia seit Jahrzehnten zum Land mit dem größten Bedarf an internationaler Nothilfe (AA 1.12.2015).

Die Versorgungslage ist anhaltend schlecht und hat sich im Jahr 2015 aufgrund der Nahrungsmittelknappheit zusätzlich verschlechtert (ÖB 10.2015). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht gewährleistet (AA 1.12.2015).

Im Dezember 2015 galten eine Million Menschen in Somalia als im humanitären Notstand befindlich; 3,9 Millionen befanden sich in "food security stress" (EASO 2.2016). Im Februar 2016 waren rund 305.000 Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt, davon mehr als 58.000 schwer (UNOCHA 19.2.2016). Im Zeitraum Jänner bis Oktober 2015 wurden fast 22.000 akut unterernährte Kinder unter fünf Jahren mit lebensrettender Ernährung versorgt (UNSC 8.1.2016). Die Situation hatte sich durch saisonale Überschwemmungen in Hiiraan, Lower und Middle Juba und Middle Shabelle verschärft. Außerdem können manche Städte nicht ordentlich versorgt werden, weil al Shabaab die Warenzufuhr blockiert – z.B. Diinsoor (Bay) (EASO 2.2016), Buulo Barde (Hiiraan), Xudur und Waajid (Bakool) (UNOCHA 19.2.2016). Al Shabaab verbietet auch weiterhin den meisten humanitären Organisationen, auf eigenem Gebiet aktiv zu werden; vulnerable Bevölkerungsgruppen können dort nicht erreicht werden (UNHRC 28.10.2015).

Gleichzeitig befinden sich viele der in Notstand befindlichen Personen, die auf Nahrungsmittel und Ernährungshilfe angewiesen sind, in den Regionen Awdal und Sanaag (Somaliland), Bari (Puntland) und Benadir. Auch die armen und vulnerablen städtischen Populationen sind betroffen, vor allem in den vom Handel abgeschnittenen Städten (UNOCHA 19.2.2016).

Die Behörden in Somaliland und Puntland haben den Katastrophenzustand (Dürre) ausgerufen. In Somaliland sind fast 75.000 Kinder unter fünf Jahren akut unterernährt, in Puntland sind es 23.000. Am meisten betroffen sind Bari und Nugaal in Puntland sowie Awdal, Togdheer, Sool, Sanaag und Woqooyi Galbeed in Somaliland (UNOCHA 19.2.2016).

Im Zeitraum Jänner bis Oktober 2015 erhielten 1,5 Millionen Menschen grundlegende medizinische Leistungen. Schutzleistungen erreichten 303.000 Personen, Haushalts- und Unterkunftsunterstützung 145.000 Personen. Rund 100.000 Personen erhielten Geldmittel als Unterstützung. Im Oktober 2015 erhielten 406.000 Personen Nahrungsmittelhilfe, 393.000 Personen Unterstützung für den Lebensunterhalt und weitere 621.000 saisonale Unterstützung für den Lebensunterhalt (UNSC 8.1.2016). Trotzdem erreichen Hilfsprojekte von UN oder nichtstaatlichen Hilfsorganisationen in der Regel nicht die gesamte Bevölkerung. Dies gilt im Großen und Ganzen auch für Puntland, allerdings erreichen dort Hilfsorganisationen im Falle einer Dürrekatastrophe aufgrund der besseren Sicherheitslage mehr Menschen (AA 1.12.2015).

Es gibt unterschiedliche Zahlen darüber, wie hoch die Jugendarbeitslosigkeit in Somalia ist. UNDP gab die Zahl im Jahr 2012 mit 67% an (IOM 2.2016; vergleiche ÖB 10.2015). Bei der aktuellen Studie aus dem Jahr 2016 gaben aber nur 14,3% der befragten Jugendlichen in Mogadischu (6%), Kismayo (13%) und Baidoa (24%) an, gegenwärtig arbeitslos zu sein. Dies kann auf folgende Gründe zurückzuführen sein: a) dass die Situation in diesen drei Städten anders ist, als in anderen Teilen Somalias; b) dass die wirtschaftliche Entwicklung seit 2012 die Situation verbessert hat;

c) dass es nun mehr Unterbeschäftigte gibt; d) dass die Definition von "arbeitslos" unklar ist (z.B. informeller Sektor) (IOM 2.2016). All dies bedeutet jedenfalls, dass man die Arbeitslosigkeit in Somalia und in Mogadischu nicht beziffern kann (LI 1.4.2016). Insgesamt sind zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren, u.a. aufgrund der Tatsache, dass die Mehrheit der Bevölkerung nach wie vor aus Nomaden besteht (ÖB 10.2015). Außerdem haben sich bisherige Studien darüber, wie Menschen in Mogadischu ihren Lebensunterhalt bestreiten, auf die am meisten vulnerablen Gruppen der Stadt konzentriert: Auf IDPs und Arme (urban poor). Für diese Gruppen ist es charakteristisch, dass sie humanitäre Unterstützung erhalten. Sie stellen etwa 20% der Bevölkerung von Mogadischu. Diese Gruppen profitieren nur zu einem äußerst geringen Anteil von Remissen (2% der Befragten; somalische Gesamtbevölkerung: 30%). Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle dieser Gruppen ist der Kleinhandel – v.a. mit landwirtschaftlichen Produkten. Zusätzlich erhalten sie Nahrungsmittelhilfe und andere Leistungen über wohltätige Organisationen (LI 1.4.2016).

Hinsichtlich jugendlicher Arbeitsloser in Mogadischu gibt es außerdem die Vermutung, dass viele von ihnen gar nicht nach Arbeit suchen, u.a. deswegen, weil sie auf Rimessen aus dem Ausland, auf Nahrungs- und andere Hilfe und manchmal auch auf Pachterträge zurückgreifen können (UKUT 5.11.2015). Seitens der Regierung gibt es für Arbeitslose jedenfalls keinerlei Unterstützung (LI 1.4.2016). In einer Studie von IOM gaben arbeitslose Jugendliche (14-30 Jahre) an, in erster Linie von der Familie in Somalia (60%) und von Verwandten im Ausland (27%) versorgt zu werden (IOM 2.2016).

Dabei kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt, als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften, als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung (LI 1.4.2016). Neben den Bauaktivitäten gibt es auch vermehrt Taxiunternehmen, Busunternehmen, Reinigungen, Elektronikhändler etc. und die damit verbundenen Arbeitsmöglichkeiten (z.B. Bauarbeiter, Kellner, Fahrer, Verkäufer) (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).

In der Stadt gibt es eine steigende Nachfrage an Hilfsarbeitern. Früher hatten die nicht-Ausgebildeten größere Schwierigkeiten, eine Arbeit zu finden. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt aber auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen (IOM 2.2016; vergleiche LI 1.4.2016). Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, bei denen es nur um physische Kraft geht (Bauwirtschaft, Hafenarbeiter etc.) in Mogadischu zahlreich verfügbar. Junge Kandidaten werden bevorzugt (IOM 2.2016).

Einen großen Bedarf gibt es an folgenden ausgebildeten Kräften und Fähigkeiten – bzw. womöglich auch an Ausbildungswilligen: Handwerker (Tischler, Maurer, Schweißer etc.); im Gastgewerbe (Köche, Kellner etc.); Schneider; Ingenieure; medizinisches Personal;

fortgeschrittene IT- und Computerkenntnisse; Agrarfachwissen;

Lehrkräfte auf allen Ebenen. Einen Bedarf gibt es auch an folgenden Arbeitskräften und Fähigkeiten: Mechaniker, Elektriker, Installateure, Fahrer von Spezialfahrzeugen; Betriebswirte und Buchhalter; Verkauf und Marketing; Englisch-Sprechern; IT- und Computerkenntnisse (IOM 2.2016). Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird (z.B. im Gastgewerbe auf Kenianer und Somaliländer; oder im Baugewerbe auf Handwerker aus Bangladesch) (LI 1.4.2016; vergleiche IOM 2.2016).

Fast alle in der Studie von IOM befragten Arbeitgeber haben angegeben, dass sie mittelfristig mehr Personal einstellen wollen (IOM 2.2016). Weil freie Arbeitsplätze oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne richtige Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen (IOM 2.2016; vergleiche DIS 9.2015), Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen (DIS 9.2015). Arbeitssuchende greifen also auf ihre privaten Netzwerke zurück. Größere Firmen platzieren Jobangebote auch an Hauswänden oder in lokalen Medien. Öffentliche Stellen greifen auch auf Onlinemedien zurück (z.B. baidoanews.net oder somalijobs.net). Männliche Hilfsarbeiter stellen ihre Arbeitskraft frühmorgens an bestimmten Plätzen zur Verfügung (Mogadischu: Bakara; Baidoa: Kilo 7; Kismayo: Golol Place) (IOM 2.2016).

Der militärische Erfolg gegen al Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind (BS 2016; vergleiche LI 1.4.2016). Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen (LI 1.4.2016). Außerdem traten neue Investoren in den Vordergrund, z.B. die Türkei (BS 2016; vergleiche LI 1.4.2016), China und die Golf-Staaten (LI 1.4.2016). Die Wirtschaft von Mogadischu hat begonnen zu wachsen. Dies wird angesichts des Baubooms am offensichtlichsten (BS 2016). Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet (LI 1.4.2016). Supermärkte, Restaurants und Hotels wurden neu geöffnet (BS 2016). Auch in anderen, der al Shabaab abgerungenen Städten steigt die Zahl wirtschaftlicher Aktivitäten (BS 2016).

Viele UN-Agenturen (bspw. UN-Habitat, UNICEF, UNHCR) sind tatkräftig dabei das Land wiederaufzubauen (ÖB 10.2015). So haben z.B. UN für Somalia ein Programm entworfen, das auf die Beschäftigung Jugendlicher abzielt. Mit dem Programm soll das Wachstum arbeitsintensiver Wirtschaftssektoren angekurbelt werden. Jugendliche sollen jene Fähigkeiten erhalten, die auf wachsenden Märkten am meisten gebraucht werden. Außerdem sind Initiativen der Weltbank auf den Weg gebracht, welche auf die Stromversorgung und auf den Finanzsektor abzielen. Privates Investment und die Schaffung von Arbeitsplätzen sollen gefördert werden. Die FAO unterstützt die Vieh-, Land- und Fischereiwirtschaft. Außerdem hat sie mehr als 30.000 Haushalte über cash-for-work-Programme finanziell beim Wiederaufbau von Infrastruktur unterstützt. Die ILO hat für 11.000 Haushalte (Rückkehrer aus Kenia, IDPs und Gastgemeinden) Arbeitsmöglichkeiten geschaffen (UNSC 11.9.2015).

Das meiste Einkommen lukriert Somalia mit Viehexport, Häuten, Fisch, Holzkohle und Bananen. Ein Schlüsselelement der Wirtschaft ist der Telekommunikationsbereich. Außerdem sind seit dem Rückzug der al Shabaab aus Mogadischu einige Bereiche stark gewachsen: Die öffentliche Verwaltung; internationale Organisationen; Botschaften; der Bausektor; und der Dienstleistungsbereich (Hotels, Restaurants, Transportsektor, Schulen, Spitäler etc.) (LI 1.4.2016). Viele Bereiche liegen in den Händen privater Anbieter (LI 1.4.2016; vergleiche BS 2016). Neben Schulen und Spitälern wird beispielsweise auch die Steuer von einer Privatfirma eingehoben. Berechnungen zufolge ist die somalische Wirtschaft ständig gewachsen; für 2014 schätzt der IWF das Wachstum auf 3,7% (LI 1.4.2016).

Aufgrund der Tatsache, dass bereits eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit sind, freiwillig zurückzukehren bzw. viele schon zurückgekehrt sind, besteht eine berechtigte Hoffnung, in absehbarer Zeit das Land als zunehmend sicherer und bewohnbarer zu qualifizieren (ÖB 10.2015).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

19.1. Rückkehrspezifische Grundversorgung

Als allgemeine Regel gilt, dass Somali auch sehr entfernt Verwandte, die aus einer anderen Gegend kommen, unterstützen werden, da eine Clan-Verbindung besteht. Voraussetzung dafür ist, dass die Kapazitäten dafür zur Verfügung stehen. Allerdings wurde das Konzept der Clan-Solidarität in Süd-/Zentralsomalia überdehnt. Viele Familien und Clan-Netzwerke sehen sich nicht mehr in der Lage, die Bedürfnisse vertriebener Verwandter zu erfüllen (DIS 9.2015).

Beide – Familie (auch die erweiterten und entfernt verwandten Teile) und Clan – bleiben einer der wichtigsten Faktoren, wenn es um Akzeptanz, Sicherheit und Grundbedürfnisse (Unterkunft, Nahrung) geht. Eine Person, die an einen neuen Wohnort zieht, erwartet sich die Akzeptanz des Clans in der lokalen Gemeinschaft. Diese Akzeptanz bedeutet, dass die Menschen über den Neuankömmling und seine Verbindungen Bescheid wissen; damit steht auch der Schutz in Verbindung, den diese Person vom Clan erlangen kann. Dies gilt auch für Rückkehrer, doch können diese ja nach Fähigkeiten und Kapazitäten auch autark leben, ohne einer Clan-Belästigung ausgesetzt zu sein. Auf der anderen Seite ist eine schwache Person mit wenigen Ressourcen auf die Unterstützung von Angehörigen, Verwandten oder einem engen Netzwerk angewiesen, um Unterkunft und Einkünfte zu erlangen. Grundsätzlich wird dabei nicht zuerst der Clan um Unterstützung angefragt (DIS 9.2015). Hier wendet man sich zuerst an die Familienebene. Wenn aber eine Person in einem Gebiet weder über Kernfamilie noch über Verwandte verfügt, dann kann der Clan Ressourcen zur Verfügung stellen (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 3.10.2014), wobei dies im Falle von Mogadischu eher bei großen Clans Erfolg haben wird (UKUT 3.10.2014). Eine übersiedelnde Person, wird sich in einem IDP-Lager wiederfinden und sich keinen Lebensunterhalt sichern können, wenn sie in einer Stadt weder über Kern- oder erweiterte Familie mit entsprechenden Ressourcen verfügt (DIS 9.2015; vergleiche UKUT 5.11.2015) noch auf Rimessen zurückgreifen kann. Diese Person ist auf humanitären Schutz angewiesen (UKUT 5.11.2015). Auch für alleinstehende Frauen oder Alleinerzieherinnen hängt der zu erwartende Lebensunterhalt vom Status und von den Ressourcen der Familienangehörigen im Aufnahmegebiet ab (DIS 9.2015).

Rückkehrer haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).

Zur Klärung, welche Mittel eine Person bei einer Rückkehr nach Mogadischu zur Verfügung hat, sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Die Lebensumstände der Person vor der Abreise aus Mogadischu; die Dauer der Abwesenheit aus der Stadt; die Clan-Verbindungen, auf welche zurückgegriffen werden kann; der Zugang zu finanziellen Ressourcen; die Möglichkeiten der Person, sich durch Arbeit oder Selbständigkeit einen Lebensunterhalt zu finanzieren; die Verfügbarkeit von Rimessen aus dem Ausland; die Lebensumstände der Person im Gastland; und die Frage, ob die Finanzierung der Reise in den Westen einer finanziellen Unterstützung bei der Rückkehr entgegensteht. Insgesamt liegt es also an der Person selbst zu erklären, warum sie nicht an den durch den Wirtschaftsboom in Mogadischu bestehenden ökonomischen Möglichkeiten teilhaben kann (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015).

Quellen:

20. Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft (AA 1.12.2015). Der Zugang zu medizinischer Versorgung variiert in Somalia, scheint aber in Somaliland und Mogadischu am besten zu sein (LI 11.6.2015). Die medizinische Grundversorgung kann aber insgesamt als schlecht bis kaum vorhanden bezeichnet werden, durchgehende Versorgung ist wohl nur in den Flüchtlingslagern an der somalisch-kenianischen Grenze sowie in Mogadischu (ÖB 10.2015) sowie in größeren Städten gesichert (DIS 9.2015). Schätzungsweise 80% der Bevölkerung haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung (LI 11.6.2015), deswegen reisen Menschen aus entlegenen Gebieten in die Städte, um medizinische Versorgung zu erlangen (DIS 9.2015). Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nach den verfügbaren UN-Angaben 45 Jahre für Männer und 47 Jahre für Frauen. Erhebliche Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zu trinkbarem Wasser oder zu hinreichenden sanitären Einrichtungen (AA 1.12.2015). Grundsätzlich muss im Bereich der Grundversorgung von einem negativen Trend ausgegangen werden. Die Einstellung aller Programme der internationalen Hilfsorganisation Medecins sans frontières (MSF) nach 22 Jahren ununterbrochener Aktivität in Somalia im Jahr 2013 bedeutete eine weitere Verschärfung der medizinischen Versorgungslage (ÖB 10.2015).

Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Zudem behindert die unzureichende Sicherheitslage ihre Arbeit. Versorgungs- und Gesundheitsmaßnahmen internationaler Hilfsorganisationen mussten auch immer wieder wegen Kampfhandlungen oder aufgrund von Anordnungen örtlicher (islamistischer) Machthaber unterbrochen werden (AA 1.12.2015). Es gibt keinen gesetzlichen Rahmen für die Gesundheitsversorgung und keine Regulierung des Medikamentensektors. Viele Initiativen im Gesundheitsbereich gehen auf nationale und internationale NGOs sowie auf Rückkehrer aus der Diaspora zurück. Auch humanitäre Organisationen, wie etwa das Rote Kreuz, betreiben Spitäler und Mutter-Kind-Zentren. Zusätzlich betreibt AMISOM Spitäler und Kliniken in Middle und Lower Shabelle, in Belet Weyne, Kismayo und Baidoa. Geberländer – z.B. die Türkei – unterstützen die Rehabilitierung des Gesundheitssektors. Auf dem Gebiet der al Shabaab gibt es keine Krankenhäuser (EASO 8.2014).

In Somalia gibt es eine hohe Rate an geistigen Erkrankungen. Versorgung gibt es im Habeeb Spital in Mogadischu. Oft werden geistig Kranke aber auch angekettet oder sich selbst überlassen (EASO 8.2014).

In Puntland gibt es nach Angaben des Gesundheitsministeriums fünf regionale Spitäler (in Bossaso, Garoowe, Gaalkacyo und Qardho), sieben Bezirksspitäler, 72 medizinische Zentren, 192 Gesundheitsposten und vier psychologische Zentren (PMH ohne Datum). Neben den öffentlichen Spitälern gibt es auch Privatkliniken, wie z. B. das Puntland Hospital in Bossaso, wo – nach eigenen Angaben – eine Spezialisierung für Tuberkulose, HIV/AIDS, Bilharziose sowie chronische Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes oder Leber- und Lungenkrankheiten besteht (PHB 2012).

Aufgrund der instabilen medizinischen Versorgungslage im Norden Somalias sind die dortigen Behandlungsmöglichkeiten und die vorhandenen Medikamente weitgehend unbekannt. MedCOI ist deshalb nicht in der Lage, entsprechende Auskünfte zu Somalia zu geben (MAO 24.9.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

21. Rückkehr

Über die Behandlung rückgeführter somalischer Staatsangehöriger liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, da insbesondere westliche Staaten Rückführungen nur in sehr begrenztem Ausmaß durchgeführt haben. Staatliche Repressionen sind nicht die Hauptsorge dieser Personengruppe, sondern das gelegentlich unvorhersehbare Verhalten der Sicherheitskräfte, die Sicherheits- und Versorgungslage allgemein sowie mögliche Übergriffe der al Shabaab (AA 1.12.2015). Trotz aller Erfolge von somalischer Armee und AMISOM ist die Sicherheitslage in vielen Teilen Somalias nicht stabil genug, um die Aufnahme von Rückkehrern zu gewährleisten (UNHRC 28.10.2015). Andererseits sind nach Somalia Rückgeführte nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014). Generell ist ein "normaler Zivilist" (keine Verbindung zur Regierung; zu Sicherheitskräften; zu Behörden; zu NGOs oder internationalen Organisationen) nach einer längeren Abwesenheit bei einer Rückkehr nach Mogadischu aufgrund der Tatsache, dass er in einem europäischen Land gelebt hat, keinem derartigen Risiko ausgesetzt, dass dieses einen Schutz gemäß Artikel 3 oder Artikel 15c erforderlich machen würde (UKUT 3.10.2014; vergleiche EGMR 10.9.2015).

Beobachter, darunter v.a. UNHCR, warnen allerdings vor der nicht-existenten Infrastruktur und mangelnden Einrichtungen für somalische Rückkehrer. Somalia scheint auf eine Rückkehr von Flüchtlingen in größerem Ausmaß nicht vorbereitet zu sein (ÖB 10.2015). Es gibt keine staatlichen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer und auch nicht für unbegleitete Minderjährige (AA 1.12.2015). Der zuständigen österreichischen Botschaft liegen keine näheren Informationen zu rückkehrenden Minderheiten im Besonderen oder zu in diesem Bereich tätigen NGOs vor (ÖB 10.2015).

Gleichzeitig unterstützen UNHCR und andere internationale Partner aber seit 2015 die freiwillige Rückkehr von Somaliern aus Kenia. Grundlage ist ein dreiseitiges Abkommen zwischen Kenia, Somalia und dem UNHCR (AA 1.12.2015). Dabei haben die drei Parteien die Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen und des Non-Refoulement zugesichert (UNHRC 28.10.2015; vergleiche LI 1.4.2016). UNHCR steht es zu, jene somalischen Gebiete zu definieren, welche für eine Rückkehr als sicher erachtet werden (LI 1.4.2016). Gemäß Vereinbarungen zwischen Kenia, Somalia und UNHCR sind ab 2015 die unterstütze Rückkehr nach Kontingenten vereinbart: 10.000 im Jahr 2015, 50.000 im Jahr 2016, 75.000 im Jahr 2017, 65.000 im Jahr 2018 und 15.000 im Jahr 2019 (ÖB 10.2015). Die Kontingente konnten bisher nicht eingehalten werden. In der Pilotphase zwischen Dezember 2014 und August 2015 waren rund 3.000 von UNHCR unterstützte Somali in die Bezirke Luuq, Baidoa und Kismayo zurückgekehrt (UNHRC 28.10.2015). Im Oktober 2015 wurden

1.500 Personen nach Mogadischu repatriiert (LI 1.4.2016). In den ersten zwei Monaten des Jahres 2016 wurden schon fast 4.200 Rückkehrer aus Kenia unterstützt. Die Rückkehrer wurden zu 95% auf dem Landweg in insgesamt 26 unterschiedliche Bezirke Süd-/Zentralsomalias transportiert – vorwiegend in die Bezirke Baardheere, Belet Xawo, Baidoa, Diinsoor, Buale, Jamaame und nach Mogadischu. Im Rahmen der freiwilligen Rückkehr aus Kenia werden Starthilfegelder, grundlegende Hilfsgüter und Nahrungsmittelhilfe verteilt (UNHCR 28.2.2016). Außerdem erhalten Rückkehrer längerfristige Reintegrationsunterstützung (LI 1.4.2016; vergleiche UNHCR 3.9.2015). 4.000 Personen aus Mogadischu, die sich als Flüchtlinge in Kenia befinden, stehen auf der Warteliste des UNHCR, um in ihre Heimat zurückgebracht zu werden. Eine Ausnahme bilden alleinstehende Frauen, die UNHCR angesichts der eigenen Leitlinien nicht nach Mogadischu zurückführen kann (LI 1.4.2016).

Es sind aber auch zahlreiche Somali ohne Unterstützung von UNHCR aus Kenia zurückgekehrt (UNHRC 28.10.2015). Die Zahl somalischer Flüchtlinge in Kenia lag im Jahr 2011 bei einem Spitzenwert von ca. 520.000 Personen. Im Jahr 2015 verringerte sich diese Zahl um ca. 100.000. UNHCR geht davon aus, dass die große Mehrheit dieser Menschen auf eigene Faust nach Somalia zurückgekehrt ist (LI 1.4.2016).

Auch aus dem Jemen sind Somali zurückgekehrt. Zwischen März 2015 und März 2016 sind alleine in Puntland knapp 19.000 Somali aus dem Jemen eingetroffen (RMMS 2.2016; vergleiche UNHCR 29.2.2016). 55% dieser Rückkehrer reisten nach Mogadischu weiter (USDOS 13.4.2016). Für aus dem Jemen Kommende gibt es Unterstützung seitens des Norwegian Refugee Council, das Danish Refugee Council, von IOM, UNHCR und WFP (UNHCR 29.2.2016). UNHCR gewährt finanzielle Unterstützung und bietet temporäre Unterkünfte (USDOS 13.4.2016). IOM unterstützt die Rückkehrer mit Weitertransport (USDOS 13.4.2016; vergleiche UNHCR 29.2.2016).

Aus der EU führen folgende Länder Abschiebungen durch:

Großbritannien grundsätzlich; die Niederlande, Dänemark und Norwegen unterstützen freiwillige Rückkehrer; die Niederlande und Dänemark nur nach Somaliland, Norwegen auch in andere Landesteile; Finnland kann in Ausnahmefällen verurteilte Straftäter nach Somaliland zurückführen, Schweden nach Somaliland und Puntland (AA 1.12.2015).

Seit Dezember 2013 kommt es auch zu massiven Deportationen aus Saudi Arabien. Es sind ca. 70.000 Menschen nach Somalia zurückgebracht worden. IOM hat ca. 15.000 von ihnen unterstützt und teilweise Weitertransport zur Verfügung gestellt (USDOS 13.4.2016). IOM bietet den Ankömmlingen Unterstützung in Form von Repatriierung, medizinischer Betreuung, psycho-sozialer Unterstützung, Nahrung und Trinkwasser sowie Weitertransport an. Für gefährdete Personen gibt es auch Unterkunft und Schutz (EASO 8.2014). Viele dieser zwangsweise Rückgeschobenen wurden bei ihrer Rückkehr zu IDPs, da sie nicht in ihre eigentliche Heimat zurückkehren konnten (USDOS 13.4.2016).

In einer Studie, bei welcher 130 Somali der Diaspora in London, Minneapolis, Toronto, Bern, Malmö, Amsterdam und Helsinki befragt wurden, gaben viele an, bereits nach Somalia zu reisen (UNHCR 1.2016).

Einen geordneten Direktflugverkehr nach Mogadischu aus Europa gibt es bislang nur aus Istanbul mit Turkish Airlines. Darüber hinaus fliegen nur regionale Fluglinien, die Vereinten Nationen, die Europäische Union und private Chartermaschinen Mogadischu aus Nairobi regelmäßig an. Die Abfertigung der Flüge von Turkish Airlines findet in der zentralen Abfertigungshalle des Flughafens statt. Der Aufenthalt oder die Passage durch diese Abfertigungshalle wird aus Sicherheitsgründen dem gesamten in Mogadischu tätigen oder dorthin reisenden Personal von UN, EU und infolgedessen auch den meisten Botschaftsvertretern untersagt. Das muss im Hinblick auf eine etwaige Rückführung begleitende Beamte in Betracht gezogen werden (AA 1.12.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html, Zugriff 7.4.2015

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1457428154_4somaliainter-agencyupdate16-29february2016.pdf, Zugriff 30.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

2. Beweiswürdigung:

Aufgrund der im Verfahren unterlassenen Vorlage eines unbedenklichen nationalen Identitätsdokuments bzw. sonstigen Bescheinigungsmittels konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden. Aufgrund seiner gleichbleibenden Ausführungen in diesen Punkten und seinen Sprachkenntnissen wurde auf seine Staatsangehörigkeit, Volksgruppen- bzw. Clan- und Religionszugehörigkeit geschlossen.

Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers stellt sich im Wesentlichen dermaßen dar, dass sein Onkel in römisch 40 ein Geschäft betrieben habe, in dem der Beschwerdeführer und sein Bruder gearbeitet hätten. Vor diesem Geschäft hätten sie eines Tages einen Stein entdeckt, unter dem eine Bombe platziert gewesen sei, was sie der Polizei gemeldet hätten, die diese entschärft habe. Daraufhin seien der Beschwerdeführer und sein Bruder von der Al Ashaab bedroht worden und sei sein Bruder, als der Beschwerdeführer nicht im Geschäft gewesen sei, von Mitgliedern von Al Shabaab getötet worden. In der Folge sei der Beschwerdeführer telefonisch weiterhin bedroht worden und unter Drohungen zum Mitmachen bei der Terrormiliz aufgefordert worden. Er habe sich dann bei einem Freund in römisch 40 versteckt und sei ausgereist. Seine Frau sei in der Zwischenzeit, in der er beim Freund gewesen sei, von der Al Shabaab aufgesucht wurden, um nach dem Beschwerdeführer zu fragen.

Die erkennende Richterin des Bundesverwaltungsgerichtes kommt nach Einvernahme des Beschwerdeführers zum klaren Ergebnis, dass die von ihm geschilderten Umstände für das Verlassen des Herkunftsstaates nicht glaubhaft sind und er auch keine bestehende aktuelle Gefahr im Herkunftsstaat glaubhaft machen konnte. Dies aus folgenden Gründen:

Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; Ausschussbericht 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).

Aufgrund dieses persönlichen Eindrucks, den der Beschwerdeführer bei der erkennenden Richterin in der Beschwerdeverhandlung hinterlassen hat, sowie der dabei entstandenen Unplausibilitäten und Ungereimtheiten in seinem Vorbringen war von der Unglaubwürdigkeit seiner Verfolgungsbehauptung auszugehen.

Bereits das Vorbringen rund um die Platzierung der Bombe konnte vom Beschwerdeführer nicht plausibel geschildert werden.

Diese soll unter einem Stein gelegen sein. Befragt, ob der Stein das erste Mal vor dem Geschäft gelegen sei, meinte er, den Stein nur an diesem Tag gesehen zu haben. Der Beschwerdeführer erklärte, es habe sich um einen breiteren Stein in der Größe einer A4 Seite gehandelt. Sitzung 7 Verhandlungsprotokoll) Vor dem BFA meinte er im Widerspruch dazu, der Stein sei wesentlich größer gewesen und habe eine Durchmesser von ca. 50 cm gehabt (AS 101).

Nach der Größe der Bombe befragt, meinte er vorerst, es nicht zu wissen, da dort gegraben worden sei. Er schätze aber, diese habe ein Kilo und dieselbe Größe wie der Stein gehabt.

Es war hier bereits nicht nachvollziehbar, weshalb die Bombe an einem derart auffälligen Versteck platziert werden hätte sollen und überzeugt hier auch nicht die Verantwortung des Beschwerdeführers, wonach er glaube, sie hätten gewollt, dass die Soldaten der Regierung, die diesen Weg benützt hätten, dadurch zu Schaden hätten kommen sollen, hätte diesfalls die Al Shabaab sicher ein unauffälligeres Versteck gefunden und nicht einfach einen größeren Stein vor einem Geschäft hingelegt, um damit mit der Gefahr konfrontiert zu sein, dass das Bombenattentat vereitelt wird. Hiezu meinte der Beschwerdeführer, dass es dort nicht ungewöhnlich sei, dass Steine oder Häuserteile auf der Straße herumliegen würden, weshalb er glaube, die Al Shabaab habe dies nicht bedacht Sitzung 7 Verhandlungsprotokoll). Dieses Vorbringen überzeugt jedoch nicht, hat der Beschwerdeführer doch erklärt, den Platz vor dem Geschäft jeden Tag sauber gehalten zu haben. Dies soll letztlich doch der Grund gewesen sein, weshalb er den Stein überhaupt erst gefunden haben will Sitzung 7 Verhandlungsprotokoll). Wenn jedoch überall große Steine und Häuserteile auf der Straße herumliegen, der Beschwerdeführer jedoch gerade vor dem Geschäft jeden Tag sauber gemacht haben will, erscheint es wenig nachvollziehbar, weshalb die Al Shabaab Leute die Bombe nicht an einer unauffälligeren Stelle und nicht genau vor dem sauberen Boden des Geschäftes platzieren hätten sollen.

Auch der Rechtfertigung des Beschwerdeführers, wonach die Al Shabaab gewusst habe, dass die Leute dort Angst vor ihnen hätten und sie sich nie vor den Leuten versteckt hätten, wenn sie etwas vorgehabt hätten, überzeugt nicht, hätte dann doch gleich ein gezieltes Attentat durchgeführt und nicht eine Bombe unter einem Stein versteckt werden müssen.

Dass das Geschäft an einer Straße gelegen sein soll, die von Soldaten der Regierung benutzt worden sein soll Sitzung 7 und 8 Verhandlungsprotokoll) ist keine Erklärung dafür, warum die Al Shabaab gerade am sauberen Platz vor dem Geschäft und nicht an einem weniger auffälligen Ort die Bombe platzieren hätte sollen.

Vor dem BFA schilderte er, wie er den Stein entdeckt habe, diesen seinen Bruder gezeigt habe, sie die Bombe gesehen, die Polizei verständigt und das Geschäft zugesperrt hätten. Die Polizei habe die Bombe entschärft, den Beschwerdeführer und seinen Bruder befragt. Danach seien der Bruder und der Beschwerdeführer weiter im Geschäft gewesen, wären am Nachmittag – zuerst der Bruder und dann der Beschwerdeführer – von der Al Shabaab angerufen und bedroht worden, dass sie keine Muslime seien, da sie das Attentat vereitelt hätten (AS 99).

In der Beschwerdeverhandlung erklärte er auf die Frage, wie die Al Shabaab die Nummern derart schnell erhalten habe, dass die Telefonnummern auf den Wänden des Geschäftes geschrieben stehen würden und außerdem andere Geschäftsleute ihre Telefonnummern hätten Sitzung 8 Verhandlungsprotokoll).

Die Bombe sei von Soldaten bzw. der Polizei entschärft worden, hätten sie sich nach der Entschärfung beim Beschwerdeführer und seinem Bruder bedankt und seien dann weggegangen.

Zumal hier ein Attentat vereitelt worden sein soll, wäre doch davon auszugehen gewesen, dass weitere Veranlassungen – wie zB Überwachungen – getätigt worden wären, zumal die Straße – wie vom Beschwerdeführer ausgeführt – von Soldaten und Regierungsleuten frequentiert worden sein soll. In diesem Zusammenhang erscheint auch wenig nachvollziehbar, dass die Al Shabaab zwei Tage später problemlos ins Geschäft des Onkels gekommen sein soll, den Bruder erschossen haben soll, um in der Folge unerkannt zu flüchten. Es mutet wenig nachvollziehbar an, dass die Al Shabaab es kurz nach einem vereitelten Bombenattentat riskiert hätte, gerade an den Ort zurückzukommen, an dem von einem erhöhten Interesse der Regierung auszugehen gewesen ist.

Letztlich kann auch nicht nachvollzogen werden, inwieweit die Al Shabaab herausgefunden haben soll, dass der Beschwerdeführer und dessen Bruder die Bombe entdeckt und die Polizei bzw. Soldaten verständigt haben. Hätte dies die Al Shabaab tatsächlich beobachtet, wären sie doch sofort gegen den Beschwerdeführer und seinen Bruder vorgegangen bzw. hätten sie die Bombe in diesem Moment gezündet bzw. in dem Moment, in dem die Polizei bzw. die Soldaten die Bombe entschärft hätten.

Für die erkennende Richterin erscheint auch das geschilderte Verhalten der Al Shabaab wenig nachvollziehbar. Die Al Shabaab soll dem Beschwerdeführer und seinem Bruder gedroht haben, dass sie keine Muslime seien und sie deshalb getötet werden sollten. Sie könnten es aber wieder gut machen und wieder zur Religion zurückkehren Sitzung 8 Verhandlungsprotokoll).

Hier erscheint bereits nicht nachvollziehbar, weshalb die Al Shabaab gegen den Beschwerdeführer und seinen Bruder vorgehen hätte sollen, hätten die beiden doch nur ihr Hab und Gut retten wollen, indem sie die Entschärfung der Bombe veranlasst hätten. Dies mit der Ideologie der Al Shabaab zu begründen Sitzung 9 Verhandlungsprotokoll), erscheint wenig nachvollziehbar, ebenso wenn er meint, die Al Shabaab Leute hätten gemeint, einen guten Moslem mache aus, wenn er eine Pistole nehme Sitzung 9 Verhandlungsprotokoll).

Nicht plausibel sind auch seine Ausführungen über das weitere Geschehen, schilderte der Beschwerdeführer doch von der wenige Tage später erfolgten Ermordung seines Bruders durch die Al Shabaab, umgekehrt habe sich der Beschwerdeführer vorerst noch an seiner Wohnadresse und in der Folge mehrere Monate bei einem Freund in römisch 40 aufgehalten.

Er konnte im Übrigen kein Beweismittel für den Tod seines Bruders vorlegen und meinte lapidar, dass in Somalia keine Sterbeurkunden ausgestellt werden würden. Es hat nach seinen Ausführungen jedoch ein Begräbnis stattgefunden und hätte der Beschwerdeführer wohl irgendein Beweismittel für den Tod seines Bruders vorlegen können, hätte sich dieser Vorfall tatsächlich, wie von ihm vorgetragen, ereignet, zumal der Beschwerdeführer und sein Bruder noch kurz davor ein Bombenattentat verhindert haben sollen.

Der Beschwerdeführer soll seit der Vereitelung des Bombenattentates mehrmals angerufen und mit dem Umbringen bedroht worden sein. Nachdem dies seit dem 28.11.2014 so gewesen sei, sei er am 05.12.2014 nach einer längeren telefonischen Diskussion mit einem Unbekannten zum Schluss gekommen, auszureisen. Er sei zu seinem Freund gezogen. In der Diskussion soll dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden sein, das Bombenattentat vereitelt zu haben. Auch wurde ihm vorgeworfen, kein Moslem zu sein und mit der Regierung und AMISOM zusammen zu arbeiten. Er sei vor die Wahl gestellt worden, entweder mit der Al Shabaab zusammenzuarbeiten, oder getötet zu werden. Ihm sei auch gesagt worden, dass er überall in römisch 40 gefunden werden würde (AS 99)

Dieses Vorbringen ist in mehrfacher Hinsicht nicht nachvollziehbar.

So kann bereits nicht nachvollzogen werden, weshalb der Bruder des Beschwerdeführers umgebracht worden sein soll, die Al Shabaab es beim Beschwerdeführer jedoch dabei belassen hat, diesen bloß ständig telefonisch zu bedrohen und zu einer Zusammenarbeit zu bewegen.

Der Beschwerdeführer will sich bis 05.12. noch an seiner Adresse aufgehalten haben und wäre bei einem derart gravierenden Interesse am Beschwerdeführer nach der Ermordung des Bruders am 30.11. wohl davon auszugehen gewesen, dass auch der Beschwerdeführer umgehend an seiner Wohnadresse aufgesucht worden wäre, was jedoch nicht passiert ist.

Der Beschwerdeführer hat selbst gemeint, dass die Al Shabaab ihn überall in römisch 40 finden hätte können. Auch soll die Al Shabaab seine Telefonnummer gehabt haben, weshalb vollkommen unlogisch ist, dass der Beschwerdeführer bis 05.12. nicht von der Al Shabaab in seiner Wohnung aufgesucht wurde, hätte tatsächlich das von ihm behauptete Interesse an ihm bestanden.

Es macht auch einfach keinen Sinn, wieso die Al Shabaab den Bruder bedingungslos getötet haben soll, umgekehrt den Beschwerdeführer aber viel Zeit gelassen haben soll, um ihn auf die Seite der Al Shabaab zu holen. Der Beschwerdeführer meinte hier wenig überzeugend, die Al Shabaab wolle immer Leute auf ihrer Seite haben. Sie würden nicht jeden sofort töten, sondern den Leuten zuerst drohen und sie erst dann töten, wenn ihnen kein Gehör geschenkt werde. Hätte er sich ihnen nicht angeschlossen, wäre er auch getötet worden Sitzung 9 und 10 Verhandlungsprotokoll). Der Beschwerdeführer hat sich aber der Al Shabaab nicht angeschlossen und macht sein Vorbringen keinen Sinn, hätte er doch nach seinen eigenen Ausführungen auch von der Al Shabaab längst getötet worden sein müssen, da er sich ihnen nicht angeschlossen habe.

Es kann im Übrigen bereits das Interesse der Al Shabaab an einer Mitarbeit des Beschwerdeführers nicht erkannt werden. Dieser kommt aus guten wirtschaftlichen Verhältnissen und ist bereits über 30 Jahre alt. Primäre Zielgruppe der Al Shabaab sind jedoch insbesondere jüngere und ärmere Burschen.

Hier meinte er, dass er ab dem Zeitpunkt, wo er die Bombe gemeldet habe, zum Feind der Al Shabaab geworden sei und ihm vorgeworfen sei, mit den Regierungssoldaten zusammenzuarbeiten Sitzung 10 Verhandlungsprotokoll), womit jedoch wiederum nicht nachvollziehbar ist, weshalb der Bruder sofort umgebracht worden sein soll, der Beschwerdeführer jedoch zu einer Zusammenarbeit bewegt werden hätte sollen.

Auf Nachfrage, was die Al-Shabaab genau von ihm gewollt habe, meinte er, sie hätten ihn zur Al Shabaab bringen wollen, damit er andere Personen töte. Sie hätten ihm gesagt, er bekomme eine Pistole und werde ein Regierungsmitglied töten. Genaueres sei ihm nicht gesagt worden. Sitzung 10 Verhandlungsprotokoll). Vor dem BFA hat er im Gegensatz dazu Konkreteres angegeben, nämlich, dass die Al Shabaab zu ihm gesagt habe, dass er mit einer Pistole Regierungssoldaten in der Nachbarschaft töten solle (AS 99). Er meinte hier lediglich, dass er das Wort Nachbarschaft nicht wortwörtlich gesagt habe. Die konkrete Aussage zu seinem Vorbringen ist dem Beschwerdeführer jedoch unmittelbar nachdem er sie getätigt hat, in der Einvernahme vor dem BFA rückübersetzt worden und beanstandete er diese nicht.

Im Übrigen erscheint es sehr unprofessionell von der Al Shabaab, weitere Pläne zur Tötung von Regierungspersonen zu äußern, wenn der Beschwerdeführer doch vor der Al Shabaab untergetaucht sei und kein Interesse an dieser gezeigt habe. Hier meinte er, dass die Mitglieder der Al Shabaab Jugendliche seien, die zum Großteil nicht gebildet seien. Al Shabaab denke nicht so weit voraus und sei nicht so professionell, wie die erkennende Richterin glaube. Sitzung 11 Verhandlungsprotokoll). Mit diesem Vorbringen bestätigt er aber lediglich, dass die Al Shabaab sich offensichtlich aus ungebildeten Jugendlichen rekrutiert.

Auf Vorhalt, wonach laut seinen Angaben, die Inhaber des Geschäftes der Onkel und der Bruder gewesen seien, weshalb auch zu erwarten gewesen wäre, dass die Al Shabaab lediglich den Bruder bzw. Onkel angerufen hätte, weil doch deren Telefonnummern auf Plakaten am Geschäft aufscheinen müssten, meinte er, der Inhaber sei der Onkel gewesen, die Telefonnummern auf dem Geschäft seien die Kontaktnummern und würden nicht zeigen, wem das Geschäft gehöre. Sie würden nur zur Kontaktaufnahme zwischen den Kunden und dem Geschäftsinhaber dienen. Sitzung 11 Verhandlungsprotokoll) Warum dann der Onkel nicht angerufen und von der Al Shabaab belangt worden sein soll, erscheint nicht nachvollziehbar.

Er meinte ausweichend, dass er nichts darüber wisse. Sein Onkel sei selbst nicht im Geschäft aktiv gewesen und könne er nicht mit Sicherheit sagen, ob sein Onkel bedroht worden sei oder nicht Sitzung 11 Verhandlungsprotokoll).

Bei dem dargelegten großen Interesse der Al Shabaab am Beschwerdeführer erscheint dies vollkommen unlogisch, hätten sich deren Mitglieder doch sicher an seine Verwandten und insbesondere den Onkel gewandt. Er rechtfertigte sich auf diesen Vorhalt dahingehend, dass er die Zielperson der Al Shabaab gewesen sei, er die Bombe entdeckt und gemeldet habe und die Al Shabaab erzürnt gewesen sei und ihn unbedingt finden und töten habe wollen (S 11. Verhandlungsprotokoll.).

Unter dieser Prämisse ist jedoch vollkommen unverständlich, wie sich der Beschwerdeführer noch drei Monate lang von der Al Shabaab unbehelligt in römisch 40 aufgehalten haben will, und ändert an dem entstandenen Unverständnis nichts, wenn er ausführt, er habe Angst um sein Leben gehabt, jedoch nicht alles so schnell organisieren und nicht so schnell flüchten können. Sitzung 11 Verhandlungsprotokoll)

Hätte es dieses große Interesse tatsächlich gegeben, hätte letztlich auch massiver Druck auf seine Frau seitens der Al Shabaab ausgeübt werden müssen.

Hier erscheint vollkommen unlogisch, dass Al Shabaab seine Frau aufgesucht haben soll, diese jedoch lediglich bedroht worden sei. Zwei bewaffnete Männer sollen seine Frau auf der Straße bedroht haben und habe diese den Männern die Wohnung zeigen müssen und sei die Frau aufgefordert worden, den Aufenthaltsort des Beschwerdeführers zu nennen. Dann seien die Al Shabaab Männer wieder gegangen.

Es mutet bei dem vom Beschwerdeführer dargelegten brutalen Vorgehen der Al Shabaab vollkommen lebensfremd an, dass die Frau lediglich aufgesucht und befragt worden sein soll, zumal der Beschwerdeführer den Al Shabaab doch entwischt sei.

Führt man sich vor Augen, dass Al Shabaab seine Frau erst im Jänner 2015 aufgesucht haben sollen, wird das ganze Vorbringen noch unplausibler. Der Beschwerdeführer soll sich doch bereits seit Anfang Dezember 2014 nicht mehr in der Wohnung aufgehalten haben und erscheint vollkommen abwegig, dass Al Shabaab erst im Jänner 2015 bei der Frau des Beschwerdeführers vorstellig geworden sein soll, um nach dem Beschwerdeführer zu suchen. Sitzung 11 und 12 Verhandlungsprotokoll)

Insgesamt betrachtet kann dem Vorbringen des Beschwerdeführers aufgrund der dargelegten Ungereimtheiten nicht gefolgt werden. Das Vorbringen war – obwohl recht ausführlich – in keiner Weise stimmig, unplausibel und mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang zu bringen.

Probleme in Zusammenhang mit seiner Clanzugehörigkeit hat der Beschwerdeführer nicht vorgetragen und war im Zusammenhang mit dem Umstand, dass er dem Clan Sheikal angehört, keine Verfolgung in diesem Zusammenhang erkennbar.

Aus den Länderinformationen ergibt sich für den Clan der Sheikhal – als religiösen Clan – im Übrigen keine gravierende Diskriminierung. Tatsache ist, dass der Beschwerdeführer für sich bzw. seine Familie keine gravierenden Probleme bzw. eine massive Diskriminierung in Zusammenhang mit seiner Clanzugehörigkeit dargelegt hat.

Zur Glaubwürdigkeit des Vorbringens muss auch auf die Länderinformationen – insbesondere zu römisch 40 – verwiesen werden, wo ohne Hinzutreten weiterer Umstände von keiner asylrelevanten Gefährdung durch Al-Shabaab auszugehen ist.

Die erkennende Richterin legte in der Beschwerdeverhandlung basierend aus diesen Länderinformationen dar, dass römisch 40 frei von der Al Shabaab ist und römisch 40 von der AMISOM kontrolliert wird. Die Al Shabaab kann dort lediglich verdeckt auftreten und das speziell um Attentate auf Regierungspersonen bzw. regierungsnahen Organisationen durchführen zu können. Zivilpersonen sind keine Ziele der Al Shabaab. Dies ist aus Gründen der Publizität gar nicht das Vorhaben der Al Shabaab. Kollateral-Schäden an Zivilpersonen sind meistens Folgen von Bombenattentaten.

Die Länderfeststellungen gründen auf den jeweils angeführten Länderberichten angesehener staatlicher und nichtstaatlicher Einrichtungen. Angesichts der Seriosität der Quellen und der Plausibilität ihrer Aussagen, denen der Beschwerdeführer auch in der abschließenden Stellungnahme nicht substantiiert entgegengetreten ist, besteht für das Bundesverwaltungsgericht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln, sodass sie den Feststellungen zur Situation in Somalia zugrunde gelegt werden konnten.

Die Situation in römisch 40 , wo der Beschwerdeführer offensichtlich ein soziales Umfeld hat und wo sich zumindest sein Onkel aufhält, der unverändert in römisch 40 ein Geschäft betreibt und laut Beschwerdeführer ein derart gewichtiger Geschäftsmann ist, dass dieser geschäftlich regelmäßig nach Dubai gereist ist (AS 101), stellt sich im Vergleich zu anderen Regionen von Somalia nicht dergestalt dar, dass für den gesunden, erwachsenen und vor der Ausreise in Somalia im Berufsleben stehenden Beschwerdeführer eine asylrelevante Gefährdung bzw. sonstige Gefährdung besteht.

Der Beschwerdeführer will für seinen Onkel vor der Ausreise gearbeitet haben und kann nicht erkannt werden, inwieweit dies nach einer Rückkehr nach römisch 40 nicht mehr möglich sein sollte.

Vor seiner Ausreise will er auch unkompliziert über Monate bei einem Freund untergekommen sein, weshalb auch von einem sozialen und vor allem unterstützenden sozialen Umfeld in Somalia auszugehen war.

Vor dem BFA hat der Beschwerdeführer im Jänner 2017 erklärt, dass sein Onkel unverändert ein Geschäft in römisch 40 betreibt und nicht bedroht wird (AS 101). Dort erklärte er im Übrigen, sich seine Zukunft in Österreich so vorzustellen, dass er mit seinem Onkel hier gerne ein Geschäft eröffnen wolle. Es wäre auch möglich ein Geschäft mit Waren, welche in Somalia benötigt werden würden, von hier aus zu führen. (AS 102) Auch aus diesem Vorbringen wird deutlich, dass der Beschwerdeführer entsprechende Kontakte mit Somalia und insbesondere mit dem Onkel pflegt.

Auch hat er vor dem BFA seine Eltern, seine erste Frau, seinen minderjährigen Sohn, seine zweite Frau, eine Schwester sowie in Somalia aufhältige weitere Onkel bzw. seine normal große somalische Familie erwähnt, die in Somalia leben (AS 97 bis 98).

Er erklärte vor dem BFA auch, mit seiner Mutter in Kontakt zu stehen (AS 98) und erklärte im Übrigen, dass seine Eltern sich zuhause im Haus seines Vaters befinden würden (AS 100).

Auch in der Beschwerdeverhandlung erwähnte er seine Verwandten in Somalia, will jedoch plötzlich mit niemandem mehr in Somalia in Kontakt stehen bzw. schon in Somalia mit niemandem in Kontakt gestanden sein Sitzung 4 und 5 Verhandlungsprotokoll), was nicht nachvollziehbar ist.

Im Lichte des soeben geschilderten Vorbringens vor dem BFA zu seinem Onkel erscheint es auch eine bloße Schutzbehauptung des Beschwerdeführers zu sein, wenn er meint, er habe seit dem Verlassen von Somalia keinen Kontakt mehr zu seinem Onkel gehabt Sitzung 5 Verhandlungsprotokoll).

Völlig unlogisch meinte er in der Beschwerdeverhandlung auch, dass er das letzte Mal vor drei Monaten Kontakt zu seiner Muttergehabt habe, die ihm erzählt habe, Probleme zu haben. Seither habe er diese nicht mehr telefonisch erreicht. Auch meinte er, dass sein Vater ein gesundheitlich angeschlagener Mensch sei und er deshalb zu diesem keinen Kontakt habe Sitzung 5 Verhandlungsprotokoll).

Er schilderte dann davon, dass er die Nummer der Mutter über einen Freund in Kenia erhalten habe, der es über andere Freunde bewerkstelligt habe, die Nummer seiner Mutter zu bekommen Sitzung 5 Verhandlungsprotokoll).

In der Beschwerdeverhandlung wurde der Beschwerdeführer im Übrigen vorerst gefragt, ob er sein Handy mithat und wenn ja, dass er dieses ausschalten soll. Er meinte hier vorerst, dass er es schon ausgeschaltet habe und erst auf Aufforderung, dieses auf den Tisch zu legen, meinte er vollkommen unverhofft, dass ihm gerade einfalle, dass er sein Handy auf dem Weg zum Gericht im Zug vergessen habe Sitzung 5 Verhandlungsprotokoll). Für die erkennende Richterin hat dieses Verhalten des Beschwerdeführers den Eindruck erweckt, dass der Beschwerdeführer sein Handy nicht herzeigen wollte, zumal auf diesem allfällige Kontakte des Beschwerdeführers nach Somalia ersichtlich gewesen wären.

Nach dem Gesagten, bleibt für die erkennende Richterin kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer unverändert Kontakte nach Somalia hat, diese jedoch aus verfahrenstaktischen Gründen zu verschleiern versucht.

Die Berichte über die aktuelle Dürre in Somalia, die auch in der abschließenden Stellungnahme in den Vordergrund gerückt und durch weitere Berichte ergänzt wurden, müssen auch im Zusammenhang damit gesehen werden, dass der Beschwerdeführer in römisch 40 offensichtlich über familiäre und soziale Kontakte verfügt, die dort offenbar trotz dieser Dürre leben und sich versorgen können, weshalb auch für den Beschwerdeführer auszugehen ist, dass ihm mit Hilfe dieser Kontakte die Sicherung seiner Lebensgrundlage für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat möglich ist. Hier war insbesondere sein Onkel zu erwähnen, der in römisch 40 unverändert Geschäftsmann ist, mit dem der Beschwerdeführer im Jänner 2017 noch geschäftliche Beziehungen zwischen Somalia und Österreich anbahnen hat wollen und für den er in Somalia gearbeitet hat. Eine gesundheitliche Beeinträchtigung war beim Beschwerdeführer nicht erkennbar und wurde von ihm auch verneint Sitzung 3 Verhandlungsprotokoll) Andere Abschiebehindernisse waren nicht feststellbar.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß Paragraph 6, des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 10 aus 2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Anzuwendendes Verfahrensrecht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, Bundesgesetzblatt 51 aus 1991, (AVG) mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961, (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950, (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984, (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Paragraph eins, BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 144 aus 2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß Paragraphen 16, Absatz 6,, 18 Absatz 7, BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

3.2. Zu römisch eins.) A)

Paragraph 16, VwGVG lautet:

"Nachholung des Bescheides

Paragraph 16, (1) Im Verfahren über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 3, B-VG kann die Behörde innerhalb einer Frist von bis zu drei Monaten den Bescheid erlassen. Wird der Bescheid erlassen oder wurde er vor Einleitung des Verfahrens erlassen, ist das Verfahren einzustellen.

(2) Holt die Behörde den Bescheid nicht nach, hat sie dem Verwaltungsgericht die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen."

Die Behörde hat den Bescheid somit binnen drei Monaten ab Einbringung der Säumnisbeschwerde nachzuholen. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die Entscheidung der Behörde binnen drei Monaten erlassen wird (dh mündlich verkündet oder zugestellt, vergleiche Paragraph 62, Absatz eins, AVG) wird vergleiche Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Paragraph 16, K 3).

Die Säumnisbeschwerde wurde vom Beschwerdeführer am 31.10.2016 eingebracht. Die dreimonatige Frist zur Bescheiderlassung (Zustellung des Bescheides) endete daher am 31.01.2016.

Die belangte Behörde hat somit mit der erst am 02.02.2017 nachweislich (mit Rückschein) erfolgten Zustellung des Bescheides vom 30.01.2017 an den Vertreter des Beschwerdeführers den Bescheid nicht fristgerecht nachgeholt und erlassen.

Der Bescheid ist daher infolge Unzuständigkeit der Behörde mit Rechtswidrigkeit behaftet und aufzuheben, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

Darüber hinaus wird zum weiteren Verfahrensablauf noch angemerkt, dass die Behörde gemäß Paragraph 16, Absatz 2, BFA-VG dem Verwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen hat, wenn sie den Bescheid nicht nachgeholt hat.

Dieser Verpflichtung ist das BFA durch die Aktenvorlage am 15.02.2017 – Akt hg. eingelangt am 17.02.2017 – nachgekommen.

In diesem Verfahren ist die Zuständigkeit zur Sachentscheidung nun auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen.

3.3. Zu römisch II.) A)

3.3.1. Verletzung der Entscheidungspflicht:

In seiner ständigen Rechtsprechung vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, dass ein Spruchpunkt, mit dem einem Devolutionsantrag stattgegeben wird, keinen selbständigen rechtlichen Gehalt aufweist und daher entbehrlich ist. Es ist ausreichend, dass in der Begründung entsprechend dargelegt wird, weshalb die Behörde davon ausgeht, dass sie ihre Zuständigkeit auf Grund des Devolutionsantrages bejaht (VwGH 27.05.2015, Zl. Ra 2015/19/0075).

Gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 3, B-VG erkennen Verwaltungsgerichte über Beschwerden wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, VwGVG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 3, B-VG (Säumnisbeschwerde) erst erhoben werden, wenn die Behörde die Sache nicht innerhalb von sechs Monaten, wenn gesetzlich eine kürzere oder längere Entscheidungsfrist vorgesehen ist, innerhalb dieser entschieden hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war. Die Beschwerde ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

Paragraph 8, Absatz eins, VwGVG knüpft bei der Regelung der Frist zur Erhebung der Säumnisbeschwerde an die im AVG vorgesehene sechsmonatige Entscheidungsfrist an. Die Entscheidungsfrist beginnt grundsätzlich erst mit Einlangen des Antrages auf Sachentscheidung bei der zuständigen Behörde zu laufen. Für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde ist der Zeitpunkt ihrer Erhebung maßgeblich (siehe Eder/Martschin/Schmid: Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, NWV 2013, K 2 und K 4 zu Paragraph 8, VwGVG).

Ist die Säumnisbeschwerde zulässig und nicht abzuweisen, geht die Zuständigkeit zur Entscheidung auf das Verwaltungsgericht über (siehe Eder/Martschin/Schmid: Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, NWV 2013, K 28 zu Paragraph 28, VwGVG).

Am 01.06.2016 ist eine von Paragraph 73, Absatz eins, AVG abweichende längere Entscheidungsfrist für Anträge auf internationalen Schutz in Kraft getreten.

Gemäß Paragraph 22, Absatz eins, AsylG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, zuletzt geändert durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 24 aus 2016,) sieht für das BFA abweichend von Paragraph 73, Absatz eins, AVG eine Entscheidungsfrist von 15 Monaten bei Anträgen auf internationalen Schutz vor. Die vorübergehenden Verlängerung der Entscheidungsfrist für Verfahren aufgrund von Anträgen auf internationalen Schutz steht im Zusammenhang mit der außergewöhnlichen Belastungssituation mit rund 90 000 Anträgen auf internationalen Schutz im Verlauf insbesondere des zweiten Halbjahres 2015 vergleiche hiezu auch VwGH vom 24.05.2016, Zl. Ro 2016/01/0001 bis 0004-3).

Im konkreten Fall stellte der Beschwerdeführer am 19.07.2015 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz und erhob der bevollmächtigte Vertreter mit Schriftsatz vom 30.10.2016 (Sonntag) Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Artikel 130, Absatz eins, Ziffer 3, B-VG.

Zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Beschwerde war daher die 15monatige Entscheidungsfrist gemäß Paragraph 22, Absatz eins, AsylG 2005 verstrichen, weshalb sich aufgrund der – unbestrittenen – Säumigkeit des BFA die Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht als zulässig erweist.

Zu prüfen bleibt, ob die gegenständliche Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht des BFA abzuweisen ist, weil die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden des BFA zurückzuführen ist.

Wie sich aus dem Verwaltungsakt des BFA und aus dem oben dargestellten Verfahrensgang ergibt, ist bis zur Erhebung der Säumnisbeschwerde Ende Oktober 2016 – also in einem Zeitraum seit Antragstellung von mehr als 15 Monaten kein das Verfahren weiterführender Verfahrensschritt erfolgt.

Unter Punkt römisch eins.) wurde im Übrigen dargelegt, dass ein Zuständigkeitsübergang an das Bundesverwaltungsgericht eingetreten ist, zumal das BFA nach Erhebung der Säumnisbeschwerde nicht innerhalb der dreimonatigen Frist des Paragraph 16, Absatz eins, VwGVG entschieden hat.

Die außergewöhnliche Belastungssituation mit rund 90.000 gestellten Anträgen bis zum Ende des Jahres 2015, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Judikatur aufgegriffen hat und die zur vorübergehenden Einführung einer 15-monatigen Entscheidungsfrist bei Anträgen auf internationalen Schutz geführt hat, tangiert die gegenständliche Entscheidung, wurde zur Kompensation der außergewöhnlichen Belastungssituation jedoch die 15-monatige Entscheidungsfrist eingeführt, die vom BFA nicht eingehalten wurde. Damit ist von einem überwiegendes Behördenverschulden hinsichtlich der Verletzung der Entscheidungspflicht im konkreten Fall auszugehen. Im konkreten Fall hat das BFA das Verfahren im Übrigen weiter verzögert, in dem es seiner Verpflichtung zur Vorlage des Verwaltungsaktes nicht zeitgerecht nachgekommen ist, sondern in Verkennung der Rechtslage nach Ablauf der dreimonatigen Nachholfrist des Paragraph 16, Absatz eins, VwGVG eine Sachentscheidung getroffen hat.

Da sich aus dem Akteninhalt auch nicht ergibt, dass die Ermittlungsverzögerung durch ein schuldhaftes Verhalten des Beschwerdeführers oder durch unüberwindliche Hindernisse verursacht war, war der Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht stattzugeben.

Daraus folgt auch, dass die Zuständigkeit hinsichtlich des Antrages des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz auf das Bundesverwaltungsgericht übergegangen ist und es in der Folge über diesen Antrag selbst zu entscheiden hat.

3.3.2. Asyl:

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit der Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder wegen Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 55 aus 1955, (Genfer Flüchtlingskonvention, in der Folge: GFK) droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG 2005, die auf Artikel 9, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes [Statusrichtlinie] verweist). Gemäß Paragraph 3, Absatz 3, AsylG 2005 ist der Asylantrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005) offen steht oder wenn er einen Asylausschlussgrund (Paragraph 6, AsylG 2005) gesetzt hat.

Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK in der Fassung des Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 78 aus 1974,) – deren Bestimmungen gemäß Paragraph 74, AsylG 2005 unberührt bleiben – ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren."

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche zB VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann an-zunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 9.9.1993, 93/01/0284; 15.3.2001, 99/20/0128; 23.11.2006, 2005/20/0551); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet.

Die vom Asylwerber vorgebrachten Eingriffe in seine vom Staat zu schützende Sphäre müssen in einem erkennbaren zeitlichen Zusammenhang zur Ausreise aus seinem Heimatland liegen. Die fluchtauslösende Verfolgungsgefahr bzw. Verfolgung muss daher aktuell sein (VwGH 26.06.1996, Zl. 96/20/0414). Die Verfolgungsgefahr muss nicht nur aktuell sein, sie muss auch im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass als Fluchtgründe unter dem Gesichtspunkt der Schwere des Eingriffes nur solche Maßnahmen in Betracht kommen, die einen weiteren Verbleib im Heimatland aus objektiver Sicht unerträglich erscheinen lassen (VwGH vom 16.09.1992, 92/01/0544, VwGH vom 07.10.2003, 92/01/1015, 93/01/0929, u.a.).

Es sei weiters betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.06.1990, 90/01/0041).

Der Beschwerdeführer hat keine glaubwürdigen Verfolgungsgründe erstattet, was in der obigen Beweiswürdigung schlüssig und nachvollziehbar dargelegt wurde.

Aus den zitierten Länderinformationen lässt sich insbesondere nicht ableiten, dass er in römisch 40 , wo er auch ein soziales und familiäres Umfeld hat, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer Gefährdung im asylrelevanten Ausmaß ausgesetzt wäre.

Dem Beschwerdeführer ist es somit nicht gelungen, eine glaubwürdige, individuelle, konkrete und nachvollziehbare Verfolgungsgefahr seiner Person in seinem Herkunftsland darzulegen.

Auch von Amts wegen waren keine Anhaltspunkte für eine asylrelevante Gefährdung im Herkunftsstaat ableitbar, weshalb dem Beschwerdeführer der Status eines Asylberechtigten nicht zuzuerkennen war.

3.3.3. Subsidiärer Schutz

Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

Paragraph 8, Absatz 3, in Verbindung mit Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer 17, AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Artikel 2, EMRK in Verbindung mit den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Artikel 3, EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen vergleiche etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Artikel 3, EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben vergleiche EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates vergleiche EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen vergleiche EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3, EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Artikel 3, EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind vergleiche EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Artikel 3, EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist vergleiche VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikel 3, EMRK zu gelangen.

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer derartigen Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, die für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Artikel 3, EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).

Ausgehend von den in das Verfahren eingeführten allgemeinen Länderberichten zum Herkunftsstaat besteht kein Grund davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsangehörige Somalias einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Artikel 3, EMRK ausgesetzt wäre, wobei in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen in der Beweiswürdigung zu verweisen war, wonach der Beschwerdeführer vor der Ausreise in römisch 40 gelebt hat, wo sich sein Familienclan bzw. sein soziales Umfeld aufhält, mit dem er auch in Kontakt steht. So erklärte er sogar, mit seinem Onkel, bei dem er zuletzt gearbeitet hat, und der unverändert in römisch 40 ein Geschäft führt, von Österreich aus einen Handel betreiben zu wollen.

Für römisch 40 kann nicht festgestellt werden, dass eine Rückkehr dorthin für eine unpolitische Person mit einem sozialen bzw. familiären Umfeld vor Ort eine Gefährdung bzw. existenzbedrohende Situation mit sich bringen würde.

Zumal der Beschwerdeführer vor der Ausreise gearbeitet hat, unverändert Handel mit seinem Onkel betreiben will und in römisch 40 finanziell abgesichert gelebt hat und sich die Aureise (US-$ 5.000) finanzieren hat könne, kann nicht erkannt werden, inwieweit ihm eine Rückkehr nach römisch 40 nicht zumutbar sein sollte. Auch im Lichte der aktuellen Berichte zur Dürre in der Region des Beschwerdeführers kann kein Rückkehrhindernis erblickt werden, zumal es seinem Familienclan trotz dieser Dürre möglich ist, sich in römisch 40 weiterhin die Existenzgrundlage zu sichern.

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für den Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann somit schlichtweg nicht erkannt werden.

Für die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich unter diesen Aspekten keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzbedrohende Situation geraten würde.

Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr nach Somalia sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben. Weiters gilt es zu bedenken, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aufgewachsen ist, dort den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, er die Sprache beherrscht und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist. Vor allem halten sich dort sein Familienclan, seine aktuelle Ehefrau und sein minderjähriger Sohn aus erster Ehe auf.

Unter Verweis auf die vorgehaltenen Länderinformationen kann für das für eine Rückkehr in Frage kommende Gebiet – die Hauptstadt römisch 40 – zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlichtweg nicht festgestellt werden, dass dort eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd. Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig erscheinen ließe.

Im Falle einer Rückkehr ist daher nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in eine Notlage geraten würde.

Wie beweiswürdigend dargelegt, waren auch keine schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen festzustellen, sondern ist der Beschwerdeführer vielmehr gesund.

Es war noch auf ein aktuelles Judikat des Verwaltungsgerichtshofes vom 05.10.2016, Zl. Ra 2016/19/0158-6, zu verweisen, das einen somalischen Asylwerber behandelt: "In diesem Zusammenhang ist auf die ständige Judikatur des EGMR hinzuweisen, wonach es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Artikel 3, EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person obliegt, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Artikel 3, EMRK widersprechende Behandlung drohen würde vergleiche den hg. Beschluss vom 23. Februar 2016, Ra 2015/01/0134, mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 5. September 2013, römisch eins gegen Schweden, Nr. 61204/09, sowie das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2016, Ra 2016/19/0036)." Im vorliegenden Fall wurde umfassend dargelegt, dass der Beschwerdeführer ein gesunder Mann ist und im Verfahren keine Umstände hervorgekommen sind, wonach im Fall einer Rückkehr nach Somalia die reale Gefahr einer Verletzung der dem Beschwerdeführer aus Artikel 3, EMRK entspringenden Rechte droht.

Somit war dem Beschwerdeführer der Status eines subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen.

3.3.4. Rückkehrentscheidung:

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt.

Der Antrag auf internationalen Schutz wird mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, wobei ein Asylausschlussgrund vorliegt.

Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich nach seiner Antragstellung im Juli 2015 durchgehend im Bundesgebiet. Sein Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Er ist auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Somalia kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach Paragraph 13, AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Artikel 8, EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Artikel 8, EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte, weshalb eine aufenthaltsbeendende Maßnahme offensichtlich keinen Eingriff in sein Familienleben iSd. Artikel 8, EMRK darstellt.

Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesamt als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK und ist der Eingriff aufgrund der bereits zitierten gesetzlichen Bestimmungen gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Artikel 8, EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Artikel 8, Absatz 2, EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privatlebens iSd. Artikel 8, EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt vergleiche dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH vom 17.12.2007, 2006/01/0126, mit weiterem Nachweis).

Der Beschwerdeführer hält sich seit etwas mehr als zwei Jahren (seit Juli 2015) im Bundesgebiet auf. Er hat seinen Aufenthalt auf einen letztlich unbegründet gebliebenen Asylantrag gestützt vergleiche Verwaltungsgerichtshof vom 26.06.2007, 2007/01/0479, "... der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte..." und zu diesem Erkenntnis: Gruber, "Bleiberecht" und Artikel 8 EMRK, in Festgabe zum 80. Geburtstag von Rudolf MACHACEK und Franz MATSCHER (2008)

166," ... Es wird im Ergebnis bei einer solchen (zu kurzen)

Aufenthaltsdauer eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zur "Bindung zum Aufenthaltsstaat" als nicht erforderlich gesehen...").

Gemäß der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Integration von Asylwerbern stärker zu berücksichtigen, wenn – anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte – diese während eines einzigen Asylverfahrens erfolgt ist und von den Asylwerbern nicht schuldhaft verzögert wurde vergleiche VfGH 7.10.2010, B 950/10 u.a., wonach es die Verantwortung des Staates ist, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung – ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass den nunmehrigen Beschwerdeführer die lange Dauer des Asylverfahrens anzulasten wäre – 7 Jahre verstreichen). Diese Judikatur wurde durch die Einführung der lit. römisch eins in Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, AsylG 2005 im Rahmen der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011, umgesetzt und findet sich nunmehr in Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 9, BFA-VG.

Der Beschwerdeführer hat zwar erfolgreich eine Säumnisbeschwerde erhoben, war sein Aufenthalt im Bundesgebiet jedoch im Lichte der Judikatur als vergleichsweise kurz anzusehen, um der Verfahrensdauer bzw. der Verfahrensführung der belangten Behörde eine hervorgehobene Bedeutung zuzumessen.

Im Fall Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ausweisung einer ugandischen Asylwerberin aus dem Blickwinkel des Artikel 8, EMRK als zulässig, obwohl die Beschwerdeführerin, die erfolglos Asyl begehrt hatte, in der Zwischenzeit bereits fast 10 Jahre in Großbritannien aufhältig gewesen war: Ihrem Hinweis auf ihr zwischenzeitlich begründetes Privatleben, nämlich dass sie sich mittlerweile an einer Kirchengemeinschaft beteiligt habe, berufstätig geworden und eine Beziehung zu einem Mann entstanden sei, hielt der Gerichtshof entgegen, dass die Beschwerdeführerin keine niedergelassene Einwanderin und ihr vom belangten Staat nie ein Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Ihr Aufenthalt im Vereinigten Königreich während der Anhängigkeit ihrer verschiedenen Asylanträge und Menschenrechtsbeschwerden sei immer prekär gewesen, weshalb ihre Abschiebung nach Abweisung dieser Anträge durch eine behauptete Verzögerung ihrer Erledigung durch die Behörden nicht unverhältnismäßig werde (EGMR 8.4.2008, 21.878/06, NL 2008, 86, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich).

Im Fall Omoregie u.a. gegen Norwegen, der die Ausweisung eines ehemaligen (nigerianischen) Asylwerbers betraf, erkannte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls keine Verletzung von Artikel 8, EMRK, obwohl der Beschwerdeführer während seines Asylverfahrens eine Lebensgemeinschaft mit einer norwegischen Staatsangehörigen gegründet hatte und Vater einer gemeinsamen Tochter geworden war, da sich der Beschwerdeführer, der seine Lebensgefährtin (nach Abweisung des Asylantrages) geehelicht hatte, über die Unsicherheit seines fremdenrechtlichen Aufenthaltsstatus in Norwegen bereits zu Beginn der Beziehung im Klaren sein habe müssen (EGMR 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a. v. Norwegen). In derartigen Fällen könne die Ausweisung eines Fremden nach Ansicht des Gerichtshofes (wie er im Fall da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande hervorhob) nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Artikel 8, EMRK darstellen (EGMR 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande mwN).

Unter Berufung auf diese Judikatur hatte der Verfassungsgerichtshof etwa in VfSlg. 18.224/2007 keine Bedenken gegen die Ausweisung eines kosovarischen Staatsangehörigen trotz seines 11-jährigen Aufenthaltes, da sich der Aufenthalt (zunächst) auf ein für Studienzwecke beschränktes Aufenthaltsrecht gegründet hatte und vom Beschwerdeführer nach zwei Scheinehen schließlich durch offenkundig aussichtslose bzw. unzulässige Asylanträge verlängert wurde.

Keine Verletzung von Artikel 8, EMRK erblickte auch der Verwaltungsgerichtshof in der Ausweisung eines ukrainischen (ehemaligen) Asylwerbers, der im Laufe seines rund sechseinhalbjährigen Aufenthaltes durch den Erwerb der deutschen Sprache, eines großen Freundeskreises sowie der Ausübung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen (sowie mit seiner Unbescholtenheit) seine Integration unter Beweis gestellt hatte, da – wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausführte – die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der "auf einem (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag" gegründet gewesen sei (VwGH 8.7.2009, 2008/21/0533; vergleiche auch VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654). Auch die Ausweisung eines unbescholtenen nigerianischen (ehemaligen) Asylwerbers, der beinahe während seines gesamten und mehr als 9-jährigen Aufenthaltes in Österreich einer legalen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen war, über sehr gute Deutschkenntnisse verfügte und nie öffentliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen hatte, beanstandete der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Artikel 8, EMRK nicht, wobei er auch dem Argument des Beschwerdeführers, dass über seine Berufung in seinem Asylverfahren ohne sein Verschulden erst nach 7 Jahren entschieden worden war, keine entscheidende Bedeutung zugestand: Vielmehr vertrat er die Ansicht, dass der Fremde spätestens nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages – auch wenn er subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende gehabt haben sollte – im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen habe müssen (VwGH 29.4.2010, 2010/21/0085). Keine außergewöhnlichen Umstände iSd Artikel 8, EMRK, die es unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen, erkannte der Verwaltungsgerichtshof auch bei der Ausweisung eines (ehemaligen) chinesischen Asylwerbers, der in den letzten sieben Jahren seines rund achteinhalb Jahre andauernden Aufenthaltes in Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen war und über eine österreichische Lebensgefährtin verfügte (VwGH 29.6.2010, 2010/18/0209; vergleiche ähnlich auch VwGH 13.4.2010, 2010/18/0087). Zum selben Ergebnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof bei der Ausweisung eines georgischen (ehemaligen) Asylwerbers, der sich schon fast 8 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hatte, über gute Deutsch-Kenntnisse verfügte und selbständig erwerbstätig war: Der Verwaltungsgerichtshof wies darauf hin, dass eine Reintegration des Beschwerdeführers (nicht zuletzt auch aufgrund seines Schulbesuchs in seiner Heimat) trotz behaupteter Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche in Georgien weder unmöglich noch unzumutbar erscheine (VwGH 6.7.2010, 2010/22/0081).

Unter Berücksichtigung der Beschwerdeverhandlung ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer hat in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes Deutschkenntnisse erworben, jedoch keine Prüfung auf dem Niveau A2 abgelegt. In der Beschwerdeverhandlung merkte die erkennende Richterin nach Gesprächsversuchen mit dem Beschwerdeführer in deutscher Sprache auch an, dass seine Deutschkenntnisse noch sehr ausbaufähig, wenn auch im Ansatz vorhanden sind Sitzung 13 Verhandlungsprotokoll).

Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer in Österreich nicht legal beschäftigt gewesen. Er lebt in einer Unterkunft für Asylwerber, wo er anscheinend beim Putzen und Sauberhalten hilft Sitzung 13 Verhandlungsprotokoll), was jedoch keine Integration darlegt, sondern angesichts der staatlichen Versorgung als selbstverständlich anzusehen ist, dass eine Person beim Putzen und Sauberhalten der eigenen Unterkunft mitwirkt.

An Kontakten in Österreich konnte er lediglich die ehrenamtlichen Deutschlehrerinnen beim Vornamen nennen Sitzung 14 Verhandlungsprotokoll).

Er hat sich sonst nicht aus-, fort- oder weitergebildet und ist auch nicht Mitglied in einem Verein oder einer sonstigen Organisation.

Im Fall des Beschwerdeführers war eine fortgeschrittene Integration in Österreich ganz klar zu verneinen. Dieser lebt vielmehr von der Grundversorgung in einem Quartier für Asylwerber und ist nicht davon auszugehen, dass es ihm in absehbarer Zeit möglich wäre, am österreichischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Es war schließlich noch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer im Gegensatz zum Bundesgebiet stärkere Anknüpfungspunkte zum Herkunftsstaat hat, was bereits beweiswürdigend und unter dem Punkt subsidiärer Schutz dargelegt wurde. Im Lichte der kurzen Ortsabwesenheit von gut zwei Jahren kann auch nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zu Recht finden würde.

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiären Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich – im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen vergleiche VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

Der Beschwerdeführer ist zwar unbescholten, doch geht der VwGH davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten eines Fremden ins Gewicht fallen jedoch rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht vergleiche Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer illegal eingereist und hat einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei einer Zusammenschau all dieser Umstände überwiegen im vorliegenden Fall jene Umstände, die für eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sprechen, wobei neben dem relativ kurzen Aufenthalt und der illegalen Einreise auch die kaum vorhandene Integration besonderes Gewicht zukommt.

Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH v. 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, u. v.a.).

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen daher derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie des Schutzes des österreichischen Arbeitsmarktes die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet vergleiche dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf vergleiche dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07), wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Zusammengefasst ist deshalb davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, jedenfalls in den Hintergrund treten.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf das Privatleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages unterlassen, bzw. nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes entsprechen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde vergleiche hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Verhängung seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste femdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau festzuhalten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe, dass die Rückkehrentscheidung einen Eingriff in das durch Artikel 8, EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellt.

Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig.

Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach Paragraph 50, Absatz eins, FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach Paragraph 50, Absatz 2, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005).

Nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia ist gegeben, da nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des Paragraph 50, FPG ergeben würde.

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige Gründe im Verfahren nicht vorgebracht wurden, ist die Frist zu Recht mit 14 Tagen festgelegt worden.

3.4. Zu römisch eins. und römisch II. B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu römisch eins.) und römisch II.) A) wiedergegeben. Insoweit die dort angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2017:W189.2147837.1.00