Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

31.08.2017

Geschäftszahl

W268 2127620-1

Spruch

W268 2127620-1/9E

W268 2126762-1/8E

W268 2126763-1/6E

W268 2147221-1/4E

W268 2147219-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Staatenlos; 2.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Libanon; 3.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Staatenlos; 4.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Staatenlos; 5.) römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Staatenlos, alle vertreten durch RA Mag. Nadja Lorenz, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2016 bzw. 05.04.2016 bzw. 17.01.2017, FZ. römisch 40 , römisch 40 , römisch 40 , römisch 40 , römisch 40 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.08.2017 zu Recht:

A)

römisch eins.) Die Beschwerden werden hinsichtlich der Spruchpunkte römisch eins. und römisch II. gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraphen 3, Absatz eins und 8 Absatz eins, Ziffer eins, AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

römisch II.) Gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 9, Absatz 2 und 3 BFA-VG wird den Beschwerden hinsichtlich Spruchpunkt römisch III. stattgegeben und festgestellt, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

römisch III.) römisch 40 wird gemäß Paragraph 54, Absatz eins, Ziffer 2,, Paragraph 58, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 55, Absatz 2, AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" erteilt. römisch 40 , römisch 40 , römisch 40 und römisch 40 wird gemäß Paragraph 54, Absatz eins, Ziffer 2,, Paragraph 58, Absatz 2, in Verbindung mit Paragraph 55, Absatz 2, AsylG 2005, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

römisch eins. Verfahrensgang:

römisch eins.1. Der Erstbeschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF1" bezeichnet), ein in Kuwait aufgewachsener staatenloser Palästinenser, reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Zweitbeschwerdeführerin (in weiterer Folge kurz als "BF2" bezeichnet), einer libanesischen Staatsbürgerin, im August 2014 in Österreich ein und sie stellten am 18.08.2014 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Sie wurden am selben Tag einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Der BF1 gab dort zu seinen Fluchtgründen an, dass er sich im Jahr 2010 zum Christentum bekennen habe lassen. Zum selben Zeitpunkt habe er auch seine Frau kennengelernt und sie standesamtlich geheiratet, damit sie gemeinsam in Kuwait in eine Wohnung gehen konnten. Seine Familie habe nichts von seiner Bekehrung und seiner Hochzeit gewusst. Im Juli 2014 habe ihn dann ein Freund seines Vaters mit seiner Ehefrau in die Kirche gehen gesehen. Er habe ihn daraufhin angesprochen und kaum eine Stunde später habe sich sein Vater gemeldet. Er sei zu ihm nach Hause gegangen und er und sein Bruder hätten ihn bereits erwartet. Als er erfahren habe, dass er verheiratet sei und zum Christentum übergetreten sei, hätten sie zu raufen begonnen und die Nachbarn seien eingeschritten. Sein Vater habe ihn angebrüllt, dass er ein Ketzer sei und diese Schande nur mit Blut gereinigt werden könne. Am selben Tag sei dann der BF mit seiner Frau zu einer befreundeten christlichen Familie geflohen und in weiterer Folge seien sie nach Beirut geflohen. Im Falle einer Rückkehr befürchte der BF1, dass er oder seine Ehefrau von seinen Eltern getötet werden. Ansonsten hätten sie keine Fluchtgründe. Die BF2 brachte vor, dass sie im Jahr 2003 nach Kuwait gezogen sei und im Jahr 2009 ihren Mann kennengelernt habe. Zu ihren Fluchtgründen gab sie an, dass sie seit dem Jahr 2009 im Geheimen mit ihrem Ehemann verheiratet gewesen sei. Seine Eltern hätten nichts von der Hochzeit sowie von seiner Konversion zum Christentum gewusst. Sie wisse nicht genau wie, aber im Juli 2014 hätten sie es schließlich erfahren und hätten gedroht, sie und ihren Mann zu töten. Aus diesem Grund seien sie zunächst in den Libanon und danach nach Österreich geflohen. Ansonsten hätte sie keine Fluchtgründe.

Im Hinblick auf den vom BF1 vorgelegten jordanischen Reisepass wurde am 06.05.2014 eine Anfrage an die Staatendokumentation gestellt, bei welcher sich zusammen mit einem Untersuchungsbericht der LPD NÖ ergab, dass dieser authentisch sei. Weiters stellte sich heraus, dass es nicht erforderlich sei, jordanischer Staatsbürger zu sein, um einen jordanischen Reisepass zu erhalten. So hätten etwa 100.000 Palästinenser aus dem Westjordanland einen jordanischen Reisepass bekommen.

Der am römisch 40 geborene Drittbeschwerdeführer (in weiterer Folge kurz als "BF3" bezeichnet) stellte, vertreten durch den BF1 und die BF2, am 18.06.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 28.07.2015 fand eine niederschriftliche Einvernahme mit dem BF1 und der BF2 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge kurz als "BFA" bezeichnet) statt, in welchen die BF näher zu ihren Fluchtgründen befragt wurden. Der BF1 gab dort kurz zusammengefasst an, dass er im Jahr 2010 seine Frau in Zypern geheim geheiratet habe. Nach Europa seien sie schließlich mittels eines Touristenvisums zunächst nach Griechenland und in Folge nach Österreich gekommen. Sie hätten zunächst nicht an Asyl gedacht und wollten eigentlich Urlaub machen, jedoch habe sich die Lage für sie total geändert. Seine Familie wollte ihn töten, nachdem sie erfahren haben, dass der BF1 konvertiert sei und geheiratet habe. In Beirut im Libanon hätten sie auch nicht bleiben können, da der BF1 kein Recht habe, dort zu bleiben. Mit staatlichen Behörden habe der BF1 niemals Probleme gehabt. Seine Frau sei schon von Geburt an Christin gewesen und sei im Jahr 2003 nach Kuwait gekommen. Sie habe dort aber keine Probleme wegen ihrer Religion gehabt und als Christ könne man dort normal leben. Abgesehen von dem Übergriff seiner Familie habe er aufgrund seiner Religion auch keine Probleme gehabt, da alles geheim gewesen sei. Die BF2 gab zu ihren Fluchtgründen an, dass die Familie ihres Ehemanns religiös konservativ sei und er brutal von seinen Angehörigen angegriffen worden sei. Sie selbst habe den Vorfall jedoch nicht gesehen, da sie in der Kirche gewesen sei. Sie sei danach nicht mehr nach Hause gegangen, sondern zu einer Freundin und ihr Mann sei später auch dorthin gekommen. Abgesehen davon habe sie in ihrem Herkunftsland keine Probleme gehabt. Im Libanon hätten sie auch nicht bleiben können, da ihr Mann dort nicht die nötigen Papiere bekommen hätte und ihn seine Familie auch dort aufgespürt hätte.

Mit Schreiben vom 13.08.2015 wurde eine weitere Anfrage an die Staatendokumentation im Hinblick auf allgemeine Länderfeststellungen zum Libanon, zu Kuwait sowie zur Minderheit der Palästinenser in Kuwait übermittelt.

römisch eins.2. Mit den im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2016 bzw. 05.04.2016 wurden die Anträge der BF1-BF3 auf internationalen Schutz Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG wurden die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Herkunftsstaaten Kuwait bzw. Libanon ebenso abgewiesen (Spruchpunkt römisch II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß Paragraphen 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Kuwait bzw. nach Libanon gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch III). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV). Begründend wurde dazu ausgeführt, dass das Vorbringen der BF nicht glaubwürdig gewesen sei.

Mit Verfahrensanordnungen vom 22.04.2016 wurde den BF gemäß Paragraph 63, Absatz 2, AVG amtswegig jeweils ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt.

Am 02.05.2016 erfolgte die Vollmachtsbekanntgabe von Seiten der von den BF bevollmächtigten Vertreterin.

römisch eins.3. Mit Schriftsatz vom 09.05.2016 erhoben die BF2 und der BF3, vertreten durch ihre Rechtsvertreterin, fristgerecht Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des Bescheides und machten eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend.

römisch eins.4. Am 25.05.2016 bzw. am 09.06.2016 langten die Beschwerdevorlagen des BFA beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG) ein.

römisch eins.5. Am 14.06.2017 erfolgte eine Urkundenvorlage an das Bundesverwaltungsgericht, in welcher B1-Deutschzertifikate betreffend den BF1 in Vorlage gebracht wurden.

römisch eins.6. Am 28.06.2016 langte die Beschwerde hinsichtlich des BF1 beim Bundesverwaltungsgericht ein, in welcher ua ausgeführt wurde, dass der bekämpfte Bescheid der Vertreterin nicht zugestellt worden sei und die Beschwerde rechtzeitig sei. Inhaltlich wurden Rechtswidrigkeit des Inhalts des Bescheids und Verfahrensfehler geltend gemacht.

römisch eins.7. Für die am römisch 40 geborenen Viert- und Fünftbeschwerdeführerinnen (in weiterer Folge kurz als "BF4" und "BF5" bezeichnet) wurde am 28.09.2016 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

römisch eins.8. Mit den im Spruch genannten Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.01.2017 wurden die Anträge der BF4-BF5 auf internationalen Schutz Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG abgewiesen (Spruchpunkt römisch eins). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG wurden die Anträge auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Libanon ebenso abgewiesen (Spruchpunkt römisch II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigenden Gründen gemäß Paragraphen 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen die BF4-BF5 eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen und gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Libanon gemäß Paragraph 46, FPG zulässig sei (Spruchpunkt römisch III). Gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt römisch IV).

römisch eins.9. Mit Schriftsatz vom 27.01.2017 erhob die Rechtsvertreterin, fristgerecht Beschwerde gegen alle Spruchpunkte des Bescheides betreffend die BF4 und die BF5 und machte eine inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verfahrensfehler geltend. Im Übrigen wurde auf die Ausführungen in den Beschwerden betreffend die BF1-BF3 verwiesen.

römisch eins.10. Das Gericht erstellte aktuelle Auszüge aus den Datenbanken des zentralen Melderegisters, des Grundversorgungsinformationssystems, des zentralen Fremdenregisters und des Strafregisters die BF betreffend.

römisch eins.11. Mit Schriftsatz vom 03.07.2017 wurde ein Antrag auf Fristsetzung gemäß Artikel 133, Absatz eins, Ziffer 2, B-VG sowie ein Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht.

römisch eins.12. Am 25.08.2017 wurde eine mündliche Verhandlung unter Teilnahme des BF1 und der BF2 vor dem Bundesverwaltungsgericht abgehalten.

römisch eins.13. Hinsichtlich des Verfahrensinhaltes sowie des Inhalts der Beschwerden im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zu den Beschwerdeführern:

Die genaue Identität der BF steht fest. Der BF1 ist staatenlos und gehört der Volksgruppe der Palästinenser an. Er wurde in Kuwait geboren und war dort bis zu seiner Ausreise nach Europa wohnhaft. Er besuchte dort die Schule und war nebenbei berufstätig. Er ging im Jahr 1999 mit einem Studentenvisum nach Großbritannien, brach jedoch das Studium nach drei Monaten ab, um nach Kuwait zurückzukehren, da dort seine Mutter im Sterben lag und er sich um seine Geschwister kümmern musste. Danach war der BF1 mehrere Jahre als Dolmetscher in Kuwait und im Irak tätig. Vor seiner Ausreise war er bei einem amerikanischen Erdölunternehmen beschäftigt. Der Vater und die Geschwister des BF1 sind weiterhin in Kuwait wohnhaft. Der BF ist gebürtiger Muslim, konvertierte jedoch im Jahr 2010 zum Christentum.

Die BF2 ist libanesische Staatsangehörige, wuchs dort bei ihrer Familie auf und besuchte dort die Schule. Danach absolvierte sie eine Ausbildung als Kosmetikerin. Sie kam im Jahr 2003 mittels eines Arbeitsvisums nach Kuwait und war dort als Kosmetikerin in einem Schönheitssalon tätig. Vor der Ausreise war die BF2 bei einem Fernsehsender tätig. Die BF2 ist Christin. Die Familie der BF2 lebt im Libanon.

Der BF1 und die BF2 heirateten im Jahr 2010 standesamtlich auf Zypern und im Jahr 2011 kirchlich in Kuwait. Sie wohnten von 2010 bis zur Ausreise im Jahr 2014 gemeinsam in einer Wohnung in Kuwait. Sie waren beide berufstätig und konnten von ihrem jeweiligen Einkommen gut leben.

Der BF1 und die BF2 verließen am 19.07.2014 gemeinsam Kuwait und flogen auf legale Weise in den Libanon, wo sie sich bis zum 30.07.2014 aufhielten. Von dort flogen sie mit Touristenvisa nach Athen und am 08.08.2014 reisten sie von Athen nach Österreich. Am 18.08.2014 stellten sie jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Die BF3-BF5 sind die Kinder des BF1 und der BF2. Der BF3 wurde am römisch 40 , die BF4 und die BF5 am römisch 40 in Österreich geboren. Sie sind staatenlos.

Die BF befinden sich seit ihrer Antragstellung auf internationalen Schutz aufgrund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz durchgängig rechtmäßig im Bundesgebiet. Der BF1 und die BF2 bezogen seit der Einreise nach Österreich für ihren Lebensunterhalt Leistungen der staatlichen Grundversorgung für Asylwerber. Der BF1 besuchte Sprachkurse und verfügt über gute Kenntnisse der deutschen Sprache. Er absolvierte eine BF1 Sprachprüfung. Die BF2 konnte aufgrund ihrer minderjährigen kleinen Kinder (3 Kinder von 1-2 Jahren) bis dato noch keinen Sprachkurs absolvieren. Die Familie verfügt über zahlreiche soziale Kontakte. Sie besuchen regelmäßig die Kirche und gehen in die Messe. Der BF1 litt im Jahr 2015 an einer Meningitis und wurde diesbezüglich stationär im Krankenhaus zwei Wochen lang erfolgreich behandelt. Er ist nunmehr nicht mehr aufgrund der Meningitis in Behandlung, leidet jedoch gelegentlich an Kopfschmerzen. Er ist in psychotherapeutischer Behandlung und nimmt aus diesem Grund Medikamente ein. Die BF2 macht eine Psychotherapie, nimmt aber aufgrund ihrer Verpflichtungen betreffend ihre minderjährigen Kinder keine Medikamente ein. Beim BF3 wurde eine Verhaltensauffälligkeit festgestellt. Die BF leiden an keinen schwerwiegenden Erkrankungen und sind aktuell strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zu den Ausreisegründen der BF:

Nicht festgestellt werden kann, dass den BF in Kuwait bzw. im Libanon mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - droht. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass der BF1 aufgrund seiner Konversion zum Christentum und seiner Heirat mit einer Christin einer (asylrelevanten) Verfolgung von Seiten seiner Angehörigen ausgesetzt ist.

Es kann ferner nicht festgestellt werden, dass die BF im Falle ihrer Rückkehr in ihre Herkunftsstaaten in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Nicht festgestellt werden kann weiters, dass der BF1 bzw. die BF2 - auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Erkrankungen und Gesundheitsbeeinträchtigungen - an dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem In den jeweiligen Herkunftsstaaten nicht behandelbaren Erkrankungen leiden, welche eine Rückkehr nach Kuwait bzw. in den Libanon iSd Artikel 3, EMRK unzulässig machen würden. Der BF1 und die BF2 sind trotz der geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen arbeitsfähig. Die BF3-BF5 sind gesund.

1.3. Zur allgemeinen Lage in Kuwait bzw. im Libanon wird festgestellt:

Kuwait:

Politische Lage

Kuwait ist ein Fürstentum (Emirat). Die Emir-Würde ist in der Familie Al-Sabah erblich. Es kommen laut Verfassung nur Nachkommen Scheich Mubaraks des Großen in Frage (AA 6.2015a; vergleiche FH 28.1.2015). Der Emir ernennt unter Mitwirkung des Parlaments den Thronfolger. Das Regierungssystem Kuwaits beruht nach seiner Verfassung auf der Gewaltenteilung. Es verbindet Elemente einer traditionellen Monarchie mit der parlamentarischen Regierungsform (AA 6.2015a). Die legislative Gewalt liegt bei der Nationalversammlung, jedoch wirkt der Emir durch sein Initiativ- und suspensives Vetorecht dabei maßgeblich mit. Die exekutive Gewalt liegt bei dem vom Emir ernannten Ministerpräsidenten und den von diesem ernannten Ministern (AA 6.2015a; vergleiche FH 28.1.2015). Das Amt des Ministerpräsidenten und wichtige Ministerien werden in der Regel mit Angehörigen der herrschenden Familie besetzt (AA 6.2015a).

Die Nationalversammlung ist ein auf vier Jahre gewähltes Einkammerparlament. Die Nationalversammlung wirkt bei der Ernennung der Regierung nicht mit, kann jedoch Minister zur Befragung vorladen und gegebenenfalls durch Misstrauensvotum ihren Rücktritt durchsetzen. Gegen den Ministerpräsidenten ist ein Misstrauensvotum nicht zulässig. Das Parlament kann jedoch beschließen, dass es mit diesem nicht mehr zusammenarbeiten kann; der Emir wird darauf entweder den Ministerpräsidenten entlassen und ein neues Kabinett ernennen oder das Parlament auflösen (AA 6.2015a). Politische Parteien sind verboten (FH 28.1.2015).

Die letzten Parlamentswahlen fanden am 27. Juli 2013 statt. Die Wahlbeteiligung übertraf trotz teilweisen Wahlboykotts seitens der Opposition und der erstmaligen Durchführung während des Fastenmonats Ramadan mit ca. 52,5% die Erwartungen. Grund des Teil-Boykotts war die Änderung des Wahlgesetzes per Emir-Dekret, welches die Wählerstimmen von vier auf eine Stimme pro Wähler reduziert hatte. Bei den vorausgegangen Wahlen im Februar 2012 hatte die Wahlbeteiligung bei 59% gelegen. Da Parteien in Kuwait verboten sind, treten die Kandidaten formal als Unabhängige an. Die sogenannten Liberalen erhielten bei den Wahlen (2013) sechs Mandate. Mindestens 10 Stammesangehörige und zwei Frauen zogen in das Parlament ein. Schiitische Kandidaten erhielten 10 Plätze (AA 6.2015a).

Quellen:

Sicherheitslage

Die Zahl politischer Demonstrationen nimmt zu, und es kann zu Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften kommen. In Anbetracht der komplizierten Verhältnisse in der Region kann sich die Lage plötzlich ändern. Die Möglichkeit von Terroraktionen kann nicht ausgeschlossen werden (EDA 5.4.2016).

Nach Angaben des kuwaitischen Innenministeriums kamen am 26.6.2015 bei einem Anschlag auf eine [schiitische] Moschee in Kuwait mindestens 27 Menschen ums Leben, weitere 227 Personen wurden verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich die Gruppierung "Provinz von Najaf", der saudi-arabische Ableger des IS. Mehrere Verdächtige sollen festgenommen worden sein (BN 29.6.2015; vergleiche CRS 19.2.2016).

Der Anschlag war der erste Terroranschlag seit mehr als 20 Jahren. Zum Begräbnis kamen Tausende Schiiten und Sunniten. Kuwait hat eines der offensten politischen Systeme unter den Monarchien der Golfstaaten. Einige Politiker haben begonnen, eine konfessionell geprägte Ausdrucksweise zu verwenden, um konservative Anhänger anzusprechen (NYT 27.6.2015). Vorfälle von religiöser oder ethnischer Gewalt sind extrem selten. OSAC erwähnt außer dem obigen Anschlag nur das Ausheben eines großen Waffen- und Sprengstofflagers im August 2015 (OSAC 12.2.2016).

Noch besteht sowohl in Wüsten- wie auch Küstenregionen die Gefahr von Landminen und nicht explodierten Bomben. Die Grenzgebiete zum Irak sind zur militärischen Sperrzone erklärt worden (EDA 5.4.2016).

Quellen:

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sowie Gesetze gewährleisten eine unabhängige Justiz (USDOS 25.6.2015). Die Justiz ist in Kuwait dennoch nicht unabhängig. Der Emir ernennt alle Richter, und die Exekutive bestätigt Beförderungen im Justizbereich (FH 28.1.2015; vergleiche USDOS 25.6.2015). Richter, die kuwaitische Staatsbürger sind, werden auf Lebenszeit bestellt. Viele Richter sind nicht kuwaitische Staatsbürger und haben ein bis drei Jahre laufende verlängerbare Verträge. Das Justizministerium hat die Befugnis, Richter ihres Amtes entheben. Ausländer, die in rechtliche Auseinandersetzungen mit kuwaitischen Staatsbürgern verwickelt sind, geben oft an, dass Gerichte letztere bevorzugen. Es gibt keine weiblichen Richter (USDOS 25.6.2015).

Die Behörden können Verdächtige vier Tage lang ohne Anklage festhalten (FH 28.1.2015). Per Verfassung sind die Unschuldsvermutung sowie das Recht auf ein Gerichtsverfahren vorgesehen, bei dem der Angeklagte das Recht auf einen Verteidiger hat. Gesetzlich müssen die Angeklagten auch sofort über die gegen sie erhobenen Vorwürfe informiert werden. Die Angeklagten haben das Recht auf angemessene Zeit, um ihre Verteidigung vorzubereiten. Angeklagte und ihre Anwälte haben üblicherweise Zugang zu von der Regierung gegen sie gehaltenen Beweismitteln (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Sicherheitsbehörden

Die Polizei hat die alleinige Verantwortung für den Gesetzesvollzug in Angelegenheiten, die nicht die nationale Sicherheit betreffen. Die Kuwait State Security ist für geheimdienstliche und die nationale Sicherheit betreffende Angelegenheiten zuständig. Die Polizei ist üblicherweise effektiv bei der Ausübung ihrer Kernaufgaben. Es gab allerdings Berichte, dass einige Polizeistationen Beschwerden nicht ernstnahmen, insbesondere von Ausländern oder Opfern von Vergewaltigungen oder häuslicher Gewalt. Bei Vorwürfen von Misshandlungen durch die Sicherheitskräfte, werden diese vom District Chief Investigator [Anm.: in etwa Bezirksstaatsanwalt] untersucht und an die Gerichte weitergeleitet. Es gab einige Beweise von Straffreiheit, vor allem in Fällen exzessiver Gewalt bei der Auflösung nicht genehmigter Demonstrationen. Medien berichteten das ganze Jahr 2014 über durchgehend über sexuelle Übergriffe durch Polizisten gegen üblicherweise nicht-kuwaitische Frauen (USDOS 25.6.2015).

Anders als in Bahrain, sind Schiiten bei der Polizei sowie beim Militär vertreten, obwohl sie dort üblicherweise keine Führungspositionen angeboten bekommen (CRS 19.2.2016).

Quellen:

Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung und andere Gesetze verbieten Folter und andere unmenschliche Behandlung. Es gibt jedoch Berichte, dass einige Polizisten und Mitglieder der Sicherheitskräfte Häftlinge misshandeln (USDOS 25.6.2015) bzw. foltern, und zwar vorwiegend Bidun (FH 28.1.2015) oder Araber, die nicht Bürger der Golfstaaten sind, sowie Asiaten (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Wehrdienst

Im Alter von 17-21 Jahren kann freiwilliger Militärdienst geleistet werden. Die Wehrpflicht ist ausgesetzt (CIA 22.3.2016).

Quellen:

https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/ku.html, Zugriff 5.4.2016

Allgemeine Menschenrechtslage

Wesentliche Menschenrechtsprobleme sind die mangelnden politischen Gestaltungsmöglichkeiten der Bürger (USDOS 25.6.2015), Einschränkungen der Meinungs- (USDOS 25.6.2015; vergleiche FH 28.1.2015; vergleiche HRW 27.1.2016) und Versammlungsfreiheit (USDOS 25.6.2015; vergleiche FH 28.1.2015), vor allem bei ausländischen Arbeitskräften und staatenlosen Arabern (Bidun), Menschenhandel bei ausländischen Arbeitskräften, v.a. in wenig qualifizierten Arbeitsbereichen oder bei Haushaltshilfen und Einschränkungen der Arbeitnehmerrechte (USDOS 25.6.2015).

Andere Menschenrechtsprobleme sind Berichte über Misshandlungen von Häftlingen und Demonstranten durch Mitglieder der Sicherheitskräfte, willkürliche Verhaftungen und ungesetzliche Deportierungen von ausländischen Arbeitskräften (USDOS 25.6.2015), sowie Einschränkungen der Presse- (USDOS 25.6.2015; vergleiche FH 28.1.2015; vergleiche HRW 27.1.2016), Vereinigungs- und Religionsfreiheit (USDOS 25.6.2015; FH 28.1.2015). Per Gesetz ist die Veröffentlichung von Material untersagt, das den Islam beleidigt, den Emir oder die Regierung kritisiert, geheime oder private Informationen offenlegt, oder den Sturz des Regimes verlangt (HRW 27.1.2016). Mehrere kritische Journalisten und Zeitungen werden weiterhin schikaniert (FH 28.1.2015, HRW 27.1.2016).

Es gab mehrere Fälle von Personen, die wegen ihrer politischen Überzeugung verhaftet wurden, obwohl die Regierung diese offiziell wegen des Vorwurfs, wie etwa der Teilnahme an nicht genehmigten Demonstrationen oder der Beleidigung der Justiz festnehmen ließ. Die meisten waren entweder Bidun, die sich für die Menschenrechte einsetzten, oder politische Oppositionelle, die der Regierung Korruption unterstellten (USDOS 25.6.2016).

Problematisch sind auch Einschränkungen der Bewegungsfreiheit für bestimmte Gruppen, unter anderem ausländische Arbeitskräfte und Bidun. Frauen, Bidun, und Personen, die nicht Staatsbürger Kuwaits sind, sind gesetzlicher und gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt. Die Regierung kann einer als Staatsbürger geborenen Person die Staatsbürgerschaft nicht entziehen, außer wenn diese Person eine zweite Staatsangehörigkeit erhalten hat und somit gegen das Gesetz verstößt. Allerdings kann die Regierung die Staatsbürgerschaft von naturalisierten Bürgern aberkennen und ausweisen. Während 2014 machte sie dies bei mehr als 30 Personen, einige davon Doppelstaatsbürgernen. Darunter befanden sich Oppositionelle, ein Inhaber einer Medienfirma, ein salafistischer Kleriker, und mehrere Beduinen (Badu). Die Regierung rechtfertigte dies, mit einem Staasbürgerschaftsgesetz aus dem Jahr 1959, das die Aberkennung der Staatsbürgerschaft von naturalisierten Kuwaitern erlaubt, wenn diese die Staatsbürgerschaft auf unehrliche Weise erworben hätten oder "die wirtschaftliche oder soziale Struktur des Landes untergraben" würden. Die von der Aberkennung betroffenen Personen wurden staatenlos. (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Haftbedingungen

Die Haftbedingungen entsprechen üblicherweise internationalen Standards (USDOS 25.6.2015). Gefängnisse sind jedoch oft überbelegt (USDOS 25.6.2015; vergleiche FH 28.1.2015). Manchen Haftanstalten mangelt es an angemessenen sanitären Einrichtungen und ausreichendem medizinischen Personal. Es gibt Berichte über Misshandlungen von Häftlingen durch Sicherheitskräfte. Insassen können üblicherweise Besuch erhalten und ihre Religion praktizieren. Sie dürfen - ohne Zensur - Beschwerden an die Justiz richten und die Untersuchung von unmenschlichen Zuständen einfordern. Es gibt keine speziellen Unterkünfte für Menschen mit Behinderungen (USDOS 25.6.2015).

Das Innenministerium gestattet Gefängnisbesuche durch internationale und nationale Menschenrechtsgruppen (USDOS 25.6.2015; vergleiche FH 28.1.2015), den Medien und dem IKRK (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Religionsfreiheit

Die Verfassung gewährleistet Religionsfreiheit, jedoch schränken andere Gesetze diese ein und die Regierung setzte diese Einschränkungen auch durch. Während die Verfassung Religionsfreiheit gewährleistet, schreibt sie vor, dass die Religionsausübung im Einklang mit etablierten Traditionen stehen muss und öffentlicher Ordnung und Moral nicht zuwiderlaufen darf. Das Gesetz verbietet den Abfall vom Glauben nicht ausdrücklich. Es gibt allerdings erheblichen gesellschaftlichen Druck gegen die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion (USDOS 14.10.2015). Der Islam ist Staatsreligion (USDOS 14.10.2015; vergleiche FH 28.1.2015) und die Scharia Quelle der Gesetzgebung. Religiöse Minderheiten sind bestimmten Einschränkungen durch die Regierung ausgesetzt. Im Beobachtungsjahr 2015 gibt es keine Berichte über gesellschaftliche Diskriminierung basierend auf der Religionszugehörigkeit, des Glaubens bzw. der Religionsausübung. In den Medien gibt es bezüglich Juden negative Kommentare (USDOS 14.10.2015). Religiöse Minderheiten können im Privaten dennoch üblicherweise ihre Religion ausüben. Schiitische Muslime, die etwa ein Drittel der Bevölkerung ausmachen, haben volle politische Rechte, sind jedoch Belästigungen ausgesetzt (FH 28.1.2015).

Der Islam ist Staatsreligion in Kuwait. Es gibt 85 % Moslems, von denen über zwei Drittel Sunniten sind. Christen und Hindus bilden kleine Minderheiten (Länder-Lexikon o.D.).

Quellen:

Minderheiten

Etwa 68% der Einwohner sind nicht Staatsbürger Kuwaits, viele stammen aus dem Indischen Subkontinent oder aus Südostasien. Gesellschaftliche Diskriminierung von Nicht-Staatsbürgern und Bidun kommt in allen Lebensbereichen vor, wie etwa Arbeitswelt, Bildung, Unterkunft, soziale Interaktion und Gesundheitsversorgung (USDOS 25.6.2015). Mehr als 105.000 Einwohner Kuwaits sind staatenlose Bidun (HRW 27.1.2016). Fragen des Aufenthaltsstatus, Immigration und Staatsbürgerschaft unterliegen nicht der Justitz. Daher haben Ausländer ohne legalen Aufenthalt oder deren Aufenthalt aufgrund einer Verhaftung beendet wurde, keinen Zugang zu Gerichten (USDOS 25.6.2015).

Vor 50 Jahren betrug die Zahl der kuwaitischen Einwohner 113.000, während die Zahl der Einwohner nichtkuwaitischer Abstammung sich damals auf 93.000 bezifferte. Gegenwärtig hat sich die Zahl der kuwaitischen Einwohner auf 1,1 Million verzehnfacht, während sich die Zahl der Nichtkuwaiter 25-fach erhöht hat und damit 2,3 Millionen beträgt. Davon sind 60 % Asiaten und 40 % arabischer Abstammung (Botschaft Kuwait 11.4.2016).

Quellen:

Bidun

"Bidoon" bezieht sich auf eine unterschiedliche Gruppe von Menschen, denen zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit nicht die kuwaitische Staatsbürgerschaft gewährt wurde. Als die Briten ihr Protektorat 1961 beendeten, erhielt ein Drittel der Bevölkerung die Staatsangehörigkeit auf der Grundlage "Gründungsväter" des neuen Nationalstaates zu sein. Ein weiteres Drittel wurde eingebürgert und der Rest wurde als "bedoon jinsiya" - auf Arabisch: "ohne Nationalität" - betrachtet. Viele der kuwaitischen politischen Entscheidungsträger behaupten, dass die "Bidoon" eigentlich nicht staatenlos, sondern eher Angehörige anderer Staaten, wie des Iraks, Syriens oder Saudi-Arabiens, sind. Während es gewiss möglich und wahrscheinlich ist, dass es einige wenige fremde Staatsangehörige gibt, die von sich behaupten Bidoon zu sein, wird die überwiegende Mehrheit von anderen Staaten nicht als deren Staatsbürger betrachtet (OFS 24.3.2011).

Der kuwaitische Staat betrachtet die Bidun als illegal aufhältige Personen. Der Standpunkt der kuwaitischen Regierung ist, dass es sich bei der Mehrheit der Bidun nicht um Staatenlose handelt, sondern um Bürger anderer Staaten (UKHO 3.2.2014; vergleiche HRW 27.1.2016), denen es um die Erlangung der Vorteile kuwaitischer Staatsbürger geht (HRW 27.1.2016). Mehr als 100.000 Anfragen von Bidun zur Verleihung der Staatsbürgerschaft liegen bei der zuständigen Behörde (USDOS 25.6.2015).

Die Regierung verweigert weiterhin zehntausenden von Bidun die kuwaitische Staatsbürgerschaft sowie die damit verbundenen Vorteile:

kostenfreie Bildung, kostenfreie Gesundheitsversorgung, das Wahlrecht. Eine kleine Anzahl wurde als kuwaitische Staatsbürger anerkannt (FH 18.1.2015). Das Justizsystem hat nicht die Befugnis, in Staatsbürgerschaftsangelegenheiten zu entscheiden. Die Bidun können somit nicht den Weg einer Klage bei Gericht in Staatsbürgerschaftsangelegenheiten gehen (USDOS 25.6.2015). Die Regierung kann einem Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft eines Bidun auch aufgrund von Straftaten eines Familienmitglieds verweigern (USDOS 25.6.2015).

Bidun wurden seitens Kuwaits nicht immer als illegal angesehen: Bis Mitte der achtziger Jahre galten sie als "Bürger ohne Staatsbürgerschaft" und hatten dieselben Rechte wie Staatsbürger (Muftah 15.2.2012). Viele Bidun arbeiteten zu dieser Zeit in den Streitkräften oder bei der Polizei; der Anteil der Bidun machte dort etwa 80 % aus. Einen gewissen Anteil machten hier auch Gastarbeiter aus dem Irak aus, die auf ihre Staatsbürgerschaft verzichteten, um den Streitkräften oder der Polizei beizutreten (UKHO 3.2.2014). Seit 1985 wurden jedoch die Neuaufnahmen von Bidun effektiv gestoppt (USDOS 25.6.2015). Vor allem nach dem Golfkrieg verloren viele Bidun ihren Arbeitsplatz bei den Streitkräften oder der Polizei (UKHO 3.2.2014). Derzeit arbeiten noch einige Bidun in diesen beiden Institutionen, da dies nicht gesetzlich verboten ist. Im August 2014 wurden Kinder von kuwaitischen Müttern (und Bidun-Vätern) sowie von für Kuwait gefallenen Bidun in die Streitkräfte aufgenommen (USDOS 25.6.2015).

Das führende kuwaitische Komitee für illegale Bewohner, die Mitte der 1990er gegründete einzige, für Bidun verantwortliche Körperschaft, wurde mit der Dokumentation jener Bidun beauftragt, die Beweise hatten, dass sie oder ihre Vorfahren aus Kuwait stammen, und nicht einem anderen Land. Laut diesem Komitee haben nur 34.000 der 100.000 Bidun ein Anrecht auf die Staatsbürgerschaft, während von den anderen 70.000 angenommen wird, dass sie ihre Wurzeln in benachbarten Ländern haben (Muftah 15.2.2012).

Bei den häufigen Protesten der Bidun, um gegen die Tatenlosigkeit der Regierung in Bezug auf ihre Forderung nach Zuerkennung der Staatsbürgerschaft zu demonstrieren, werden immer wieder Teilnehmer inhaftiert. Gesetzlich ist es Nicht-Kuwaitis verboten, sich öffentlich zu versammeln (HRW 27.1.2016). Anfang 2012 kam es zusätzlich zu Deportationen von Bidun, die an Protesten teilgenommen hatten (Muftah 15.2.2012).

Zwischen 1996 und 2000 (in Form der Sicherheitskarte - "security card") registrierte Bidun haben mehr Rechte als nicht-registrierte. Nicht-registrierte Bidun haben üblicherweise weder Zugang zum Arbeitsmarkt noch zu medizinscher Versorgung, Unterkunft, Ausweisen, Bildung oder Führerscheinen (UKHO 3.2.2014). Ein Dekret aus dem Jahr 2011 soll den Bidun ein Mindestmaß an Unterstützung durch die Regierung sichern, wie etwa Bildung, Zugang zum Arbeitsmarkt, zu medizinischer Versorgung und zivilrechtlichen Dokumenten. Dies wird jedoch nicht durchgängig umgesetzt und es kommt weiterhin zu Diskriminierungen von Bidun. Die Beschaffung von Geburtsurkunden für Bidun ist weiterhin eingeschränkt (USDOS 25.6.2015). Bei der Registrierung der Geburt muss die Nationalität der Eltern angegeben werden. Die Möglichkeit "Bidun" einzutragen gibt es nicht, nur "Staatsbürger eines anderen Staates" oder "kein Kuwaiti". Eltern, die diese Eintragung ablehnen, weil sie damit um den eventuellen zukünftigen Anspruch auf eine Staatsbürgerschaft fürchten, erhalten keine Geburtsurkunde - ihre Kinder sind nicht registriert (OFS 24.3.2011). Das bedeutet, dass deren Kinder keinen Zugang zu Ausweisdokumenten, zu öffentlicher Bildung und kostenfreier medizinischer Versorgung haben (USDOS 25.6.2015; vergleiche OFS 24.3.2011). Bidun, die im Besitz der Sicherheitskarte sind, können ihre Kinder in privaten Schulen (laut USDOS meistens Schulen von schlechter Qualität - USDOS 25.6.2016) anmelden (für manche Schüler übernimmt der Staat die Schulgebühren), und sie und ihre Kinder erhalten in Spitälern Zugang zur Gesundheitsversorgung. Gemäß Human Rights Watch erhielten 106.000 Bidun, die sich beim Bidun-Komitee zwischen 1996 und 2000 registrierten, die Sicherheitskarte (UKHO 3.2.2014).

Erwachsene Bidun haben oft keine Ausweisdokumente, was deren Möglichkeit zu legaler Arbeit oder den Zugang zu Reisedokumenten einschränkt (USDOS 25.6.2015). Viele ihrer Kinder arbeiten folglich als Straßenverkäufer um zum Familieneinkommen beizutragen (USDOS 25.6.2015; vergleiche GVO 16.11.2014). Da die Staatsbürgerschaft durch den Vater übertragen wird, sind Kinder eines Bidun und einer kuwaitischen Staatsbürgerin staatenlos. Die Mutter kann in diesem Fall Aufenthaltsgenehmigungen für Ehemann und Kinder erlangen bzw. nach dem Tod des Ehemanns oder der Scheidung die Staatsbürgerschaft für ihre Kinder beantragen. Bidun haben kein Recht auf Eigentum. Die Regierung schränkte die Befähigung einiger "Bidoon" ein, ins Ausland zu reisen ein, indem sie ihnen keine Reisedokumente ausstellte. Allerdings gestattete die Regierung einigen Bidoon zur jährlichen islamischen Pilgerfahrt (Hadsch) nach Saudi Arabien zu reisen. Im März stoppte das Innenministerium die Ausgabe von Pässen gemäß "Artikel 17" (temporäre Reisedokumente ohne Verleihung der Staatsbürgerschaft) - außer aufgrund humanitärer Gründe - an Bidoon, die nicht in der Volkszählung von 1965 aufscheinen (USDOS 25.6.2015).

Im Verlaufe des Jahres schlugen Regierungsvertreter in Interviews in den Medien vor, dass Kuwait die Forderungen der Bidun-Gemeinde nach Staatsbürgerschaft dadurch "lösen" könnte, dass die Komoren den Bidun eine Art ökonomischer Staatsbürgerschaft verleihen, wodurch diese regulär zu ausländischen Staatsbürger in Kuwait würden und sie somit verpflichtend aus Kuwait legal abgeschoben würden, möglicherweise unter Verletzung des Rechtes auf ein Leben in der Familie (HRW 27.1.2016).

Ausländische Staatsbürger können leichter als staatenlose Einwohner außer Landes gebracht werden. Bidun und andere Menschenrechtsaktivisten haben den Vorschlag abgelehnt, der ein Versuch der kuwaitischen Regierung sei, die Verantwortung für ihre Bidun Bevölkerung abzugeben (FH 18.1.2015).

Quellen:

http://globalvoicesonline.org/2014/11/16/kuwait-stateless-bidoon-children-barred-from-school/, Zugriff 6.4.2016

http://muftah.org/kuwait-the-bedoun-a-question-of-citizenship/, Zugriff 6.4.2016

Who Are the Bidoon?,
http://www.opensocietyfoundations.org/voices/stateless-kuwait-who-are-bidoon, Zugriff 6.4.2016

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/311943/Kuwait_country_information_guidance_2014.pdf, Zugriff 6.4.2016

Palästinenser

1990 lebten rund 450.000 Palästinenser in Kuwait, sie bildeten fast 40 % der Bevölkerung des Golfemirats - die größte Exilgemeinde außerhalb Jordaniens. Gekommen waren sie als Flüchtlinge nach dem Palästinakrieg 1948/49 oder als Bürger Jordaniens, die hofften, am Golf besser zu verdienen. Sie integrierten sich leidlich und arbeiteten oft als Ärzte, Anwälte und Manager. Mischehen allerdings blieben rar. Nach dem zweiten Golfkrieg 1991 wurde ein Großteil der Palästinenser vertrieben. Nur rund 7.000 blieben. [Die Welt wandte sich gegen Saddam Hussein, selbst die Arabische Liga verurteilte 1990 die Invasion. Klare Unterstützung fand der Irak nur bei Libyen und der PLO] (NZZ 15.12.2015).

Arafat starb im November 2004, im Dezember entschuldigte sich sein Nachfolger Mahmud Abbas förmlich dafür, dass die PLO Saddam Hussein unterstützt hatte. Einige Palästinenser kehrten zurück, andere, die nie hier gewesen waren, kamen. Heute leben laut Auskunft der palästinensischen Botschaft in Kuwait City rund 10.000 Palästinenser sowie rund 70.000 Personen mit jordanischem Pass, von denen viele Palästinenser sind. Wieder arbeiten sie als Mittelständler, sozial hoch über den Arbeitern aus dem Subkontinent und Ostasien. Über die Vertreibung der Palästinenser aus Kuwait spricht niemand, und kaum jemand will darüber sprechen. Völkerrecht wurde verletzt, aufs Gröbste. Doch weder der Uno-Sicherheitsrat noch die Generalversammlung haben je eine Resolution zum Thema verabschiedet. Die USA hoben ein-, zweimal mahnend den Zeigefinger, in ernste Verlegenheit bringen wollten sie ihre Schützlinge aber nicht. Am aktivsten setzten sich für die Palästinenser das IKRK und Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International und Human Rights Watch ein (NZZ 15.12.2015).

Historisch gesehen gab es mehrere Fälle in denen palästinensische Flüchtlinge unter Zwangsvertreibung gelitten haben. In Kuwait wurden während des Golfkrieges 1990-1991 die meisten von 350.000 bis 400.000 palästinensische Flüchtlinge kollektiv bestraft für die PLO-Unterstützung der Irakinvasion und aus dem Land vertrieben. Es gibt lediglich etwa 32.000 Menschen, die nicht vertrieben worden sind (Badil 10.11.2015). Von den rund 400.000 Palästinensern, die in Kuwait vor dem Krieg [1990/1991; Anm.] lebten, sind damals nur etwa 20.000 im Land geblieben. Laut der Botschaft von Palästina in Kuwait, stieg die Zahl der Palästinenser in den letzten 25 Jahren auf rund 70.000 (Al Jazeera 6.8.2015).

Rechte und Rechtstellung der Palästinenser in Kuwait:

Flüchtlinge in Kuwait werden gemäß dem Fremdengesetz 1959 als Ausländer und die Palästinenser als Gastarbeiter betrachtet. Darüber hinaus hängt ihre Aufenthaltserlaubnis von ihrem Beschäftigungsstatus ab, da sie diese über ihren Arbeitgeber erhalten. Ihr Aufenthaltsrecht endet sobald ihre Beschäftigung endet. Das Gesetz in Kuwait sieht keine Flüchtlingseigenschaft oder Asylgewährung vor, und es gibt kein System zum Schutz der Flüchtlinge.

Palästinensische Flüchtlinge haben nicht die gleichen Arbeitsrechte wie andere Ausländer. Sie haben in der Privatwirtschaft nicht die gleichen Rechte wie Kuwaiter. Palästinenser benötigen in rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten einen Bürgen. Das ist meistens ein kuwaitischer Arbeitgeber.

Bezüglich der Bildung wird Palästinenser eine Einschreibung an öffentlichen Schulen und Universitäten durch eine Quotenregelung eingeschränkt. Gemäß dem Gesetz 1979 haben die Palästinenser bedingtes Recht auf eine einzige Immobilie (Badil 10.11.2015).

Die Palästinenser werden vom Zugang zu Regierungsjobs, staatlichen Schulen und Universitäten abgehalten (Al Jazeera 6.8.2015). Ab 2017 sollen jedoch palästinensische LehrerInnen nach Kuwait entsendet werden und eine Reihe von Fächern unterrichten dürfen (MEM 4.4.2016).

Quellen:

http://www.aljazeera.com/news/2015/08/palestine-kuwait-relations-ice-started-melt-150805072107680.html, Zugriff 11.4.2016

https://www.middleeastmonitor.com/news/middle-east/24828-kuwait-agrees-to-let-palestinians-teach-in-schools;
Zugriff am 12.4.2016

Bewegungsfreiheit

Die Verfassung gewährleistet Bewegungsfreiheit im Land im Allgemeinen, aber zahlreiche Gesetze schränken Auslandsreisen ein und für Inlandsreisen bestehen bestimmte Einschränkungen (Badil 10.11.2015; vergleiche USDOS 25.6.2015). Frauen und Bidun sowie ausländische Arbeitskräfte sind Restriktionen bei Auslandseisen ausgesetzt. Reisebeschränkungen für Einwohner des Landes (Bürger oder nicht) können auch aufgrund des Verdachtes oder einer Anklage wegen eines Verbrechens erfolgen (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Kuwait hat die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 und das Zusatzprotokoll von 1967 nicht ratifiziert (UNHCR 6.2014). Die Verfassung gewährleistet die Zuerkennung von Asyl oder des Flüchtlingsstatus nicht (USDOS 25.6.2015). Es gibt ebenso wenig andere nationale Gesetze oder Regulierungen, die den Status von Asylwerbern oder Flüchtlingen regeln. Alle Personen, die nicht Staatsbürger sind, also auch Asylwerber und Flüchtlinge, fallen unter nationale Immigrationsgesetze (UNHCR 6.2014). Es gibt daher auch kein System, um den Schutz von Flüchtlingen zu gewährleisten (USDOS 25.6.2015; vergleiche UNHCR 6.2014).

Alle Aktivitäten mit Asyl-Bezug werden von UNHCR abgewickelt, ebenso wie die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft. Die Möglichkeiten zur lokalen Integration sind beschränkt. Dennoch nimmt der kuwaitische Staat davon Abstand, Personen, die Gesundheits- oder Sicherheitsrisiken ausgesetzt sind, in ihre Herkunftsländer zurückzuführen (UNHCR 6.2014). UNHCR verfügt über ein Büro in Kuwait; das veranschlagte Budget für 2014 betrug allerdings nur USD 5.000 (UNHCR 2015).

Die Regierung Kuwaits kooperierte im Allgemeinen nicht bei den meisten Bemühungen von UNHCR und anderen humanitären Organisationen bzgl. Schutz und Hilfe für Flüchtlinge, rückkehrende Flüchtlinge, Asylsuchende, Staatenlose oder andere Personen (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

Aufenthaltstitel für Syrer (bzw. Araber im Allgemeinen)

In Kuwait gibt es verschiedene Typen von Aufenthaltsgenehmigungen in Form von Visa: Arbeitsvisa (öffentlicher oder privater Sektor, Haushaltshilfen) sowie "dependent visa" für Familienbesuche sowie die eher theoretische Möglichkeit der Selbsterhaltungsfähigkeit durch eine große Investition. "Dependent Visa" - dient für den legalen Aufenthalt der Familie von in Kuwait in Form von Arbeitsvisa tätigen Personen (IRBC 31.1.2014; vergleiche UNHCR 6.2014). Aufenthaltsgenehmigungen oder Visa für syrische Flüchtlinge sind in Kuwait äußerst schwer zu erlangen (Al Akhbar 13.5.2013), bzw. auch nur schwer zu verlängern. Syrische Flüchtlinge sind somit dem Risiko der Deportation sowie dem Ausschluss von allen öffentlichen Dienstleistungen bedroht (UNHCR 6.2014). Im Mai 2011 wurde die Ausstellung aller Visa für Syrer gestoppt und erst Ende Jänner 2013 wieder etwas gelockert. Selbst für Syrer, die bereits Aufenthaltstitel haben, kann es bei der Ausreise und Rückkehr nach Kuwait zu Problemen kommen (Al Akhbar 13.5.2013).

Fünf Syrer wurden im Jahr 2015 verhaftet und ausgewiesen, weil sie auf einer Hochzeitsfeier die syrische Revolutionsflagge gehisst hatten. Sie wurden vor die Wahl gestellt nach Syrien zurückzukehren oder nach Jordanien, Libanon oder Türkei zu auszureisen (USDOS 25.6.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/local_link/306364/443639_de.html; Zugriff am 5.4.2016

Grundversorgung/Wirtschaft

Der dominierende Wirtschaftszweig in Kuwait ist der Ölsektor, in dem über 50% des BIP erwirtschaftet werden, gefolgt von Dienstleistungen sowie Finanzen und Immobilien. Noch deutlicher zeigt sich die einseitige Abhängigkeit im Staatshaushalt und im Außenhandel: 94% der Budgeteinnahmen kommen aus dem Ölsektor. Hohe Budgetüberschüsse aus dem Ölgeschäft bei ebenfalls hohen Ausgaben zur Befriedigung der Erwartungen und Ansprüche der kuwaitischen Bevölkerung an Leistungen des Wohlfahrtsstaates kennzeichnen die Lage. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf wurde für 2014 vom Internationalen Währungsfonds (IWF) auf ca. 43.000 US-Dollar veranschlagt. Angesichts der großen Zahl (etwa 2,5 Mio.) gering verdienender Ausländer liegt das Pro-Kopf-Einkommen der kuwaitischen Staatsangehörigen wesentlich höher (AA 5.2014c).

Trotz der ehrgeizigen Entwicklungsstrategie "Kuwait Vision 2035" und dem neuen Fünf-Jahres-Nationalen Entwicklungsplan 2015-2019, die unter anderem die wachsende Privatisierung der Volkswirtschaft vorsieht, hat sich Kuwait in diesem Berichtszeitraum nicht wesentlich nach vorne bewegt. Die meisten Projekte sind wegen der politischen Pattsituation ins Stocken geraten (BTI 2016). Kuwait ist eines der reichsten Länder der Welt. Wer als Kuwaiti geboren ist, braucht sich um seine Zukunft keine Sorgen zu machen, der Staat reicht einen Teil des Ölreichtums großzügig an seine Bürger weiter. Für die Bidun sind Armut und Ausgrenzung darum besonders schwer zu ertragen. Bidun sind von der Gesellschaft ausgeschlossen: Sie dürfen nicht in staatlichen Jobs arbeiten, dürfen keine staatlichen Krankenhäuser aufsuchen und ihre Kinder können nicht in normale Schulen oder Universitäten gehen (FR 21.3.2013).

Quellen:

Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung in der Hauptstadt (AA 6.4.2016d) bzw. im ganzen Land ist zufriedenstellend (EDA 5.4.2016). Der Standard entspricht in manchen Bereichen jedoch nicht dem europäischen Niveau (BMEIA 6.4.2016).

Quellen:

http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/KuwaitSicherheit_node.html, Zugriff 6.4.2016

Behandlung nach Rückkehr

Der kuwaitische Staat erkennt die Rechte der Bidun, Langzeitbewohner des Landes, als kuwaitische Staatsbürger nicht an. Kinder von Bidun sind auch staatenlos. Daraus ergibt sich, dass aufgrund dieser Staatenlosigkeit, die Bidun nicht frei nach Kuwait ein- und ausreisen dürfen (HRW 27.1.2016). Reisedokumente werden normalerweise nicht an Bidun ausgestellt, daher haben viele keine Möglichkeit Kuwait zu verlassen. Jedoch wird manchen Bidun ein temporäres Reisedokument unter Artikel 17 des kuwaitischen Nationalgesetzes ausgestellt, ohne Verleihung der kuwaitischen Staatsbürgerschaft (UKHO 3.2.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015). Dieses wird oft an Bidun im Regierungsdienst ausgestellt, die im Rahmen ihrer offiziellen Tätigkeit ins Ausland reisen, sowie ihren Familien - häufig derzeitige oder frühere Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums, sowie deren Familien. Laut der Abteilung für Staatsbürgerschaft und Reisedokument, werden Artikel 17-Reisedokumente auch für Bidun ausgestellt, die medizinische Behandlungen im Ausland haben (der Antragssteller muss medizinische Berichte von Kuwait oder ausländischen Spitälern oder Ärzten vorweisen); die an Universitäten im Ausland studieren (in Begleitung eines Zulassungsschreiben der Universität) (UKHO 3.2.2014); die für die Hadsch reisen (UKHO 3.2.2014; vergleiche USDOS 25.6.2015); oder für den Abänderungsantrags des legalen Status eines Bidun in Kuwait (UKHO 3.2.2014).

Flüchtlinge in Kuwait werden gemäß dem Fremdengesetz 1959 als Ausländer und die Palästinenser als Gastarbeiter betrachtet. Darüber hinaus hängt ihre Aufenthaltserlaubnis von ihrem Beschäftigungsstatus ab, da sie diese über ihren Arbeitgeber erhalten. Ihr Aufenthaltsrecht endet sobald ihre Beschäftigung endet (Badil 10.11.2015).

Wenn ein Besitzer einer Aufenthaltsbewilligung Kuwait für mehr als sechs Monate verlässt, kann er nicht mehr in das Land, selbst wenn seine Bewilligung noch gültig ist. Er müsste um eine neue Aufenthaltsbewilligung ansuchen, die jedoch nicht notwendigerweise erteilt würde. (IRBC 31.1.2014).

Quellen:

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/311943/Kuwait_country_information_guidance_2014.pdf, Zugriff 5.4.2016

Libanon:

Politische Lage

Libanon ist eine parlamentarische Demokratie nach konfessionellem Proporzsystem. Das politische System basiert auf der Verfassung von 1926, dem ungeschriebenen Nationalpakt von 1943 und dem im Gefolge der Taif-Verhandlungen am 30. September 1989 verabschiedeten "Dokument der Nationalen Versöhnung". Bei der im Abkommen von Taif vorgesehenen allmählichen Entkonfessionalisierung des politischen Systems gibt es bisher keine Fortschritte. Das libanesische System wird von der Zusammenarbeit der verschiedenen religiösen Gruppen getragen; daneben spielen Familien- und regionale Interessen eine große Rolle. (AA 30.12.2015).

Die Verfassung des Landes schreibt eine Trennung der Gewalten vor. Parlamentswahlen sollen alle vier Jahre abgehalten werden. Der Staatspräsident wird von den Abgeordneten für sechs Jahre gewählt. Nach dem Taif-Abkommen wurde festgelegt, dass die drei wichtigsten Ämter im Land auf die drei größten Konfessionen verteilt werden:

• Das Staatsoberhaupt muss maronitischer Christ sein

• Der Parlamentspräsident muss schiitischer Muslim sein

• Der Regierungschef muss sunnitischer Muslim sein

Dieser Proporz bestimmt die gesamte Verwaltung und macht ebenfalls vor der Legislative nicht halt. Das Parlament mit seinen 128 Mitgliedern setzt sich nach dem Grundsatz der Konfessionellen Parität zusammen, aus 34 Maroniten, 27 Schiiten, 27 Sunniten, 14 Rum-Orthodoxe, 8 Drusen, 8 Rum-melikitische Katholiken, 5 orthodoxe Armenier, 2 Alewiten, 1 armenischer Katholik, 1 Protestant und 1 Minderheit. Derzeit ist das Parlament des Libanon horizontal konfessionsübergreifend gespalten, so dass sich keine Mehrheiten organisieren lassen. Dadurch war es nicht möglich, ein Wahlgesetz zu verabschieden. Die Parlamentswahl 2013 wurde ausgesetzt. Die Abgeordneten haben ihr Mandat verlängert. Diese Situation lähmt das Land und verhinderte bislang die Wahl eines neuen Präsidenten (GIZ 3/2016). Das libanesische Parlament beschloss in einer Abstimmung, sein eigenes Mandat bis ins Jahr 2017 zu verlängern. 95 von 97 Parlamentariern stimmten für diese Verlängerung. Laut politischen Analysten nutzen die libanesischen Politiker die allgemeine Verunsicherung in der Region aus, um Wahlen aus dem Weg zu gehen (Reuters 5.11.2014).

Nach mehreren Vakanzen und einer geschäftsführenden Regierung unter Vorsitz von Nadjib Miqati wurde Mitte Februar 2014 eine Regierung der nationalen Einheit unter Vorsitz von Tamam Salam vereidigt. Dieser Regierung gehören sunnitische, christliche, drusische und schiitische Minister (auch Minister der Hisbollah) an (AA 30.12.2015).

Aktuell sind die Libanesen nicht in der Lage, die Parlamentswahlen abzuhalten, weil die Blöcke nicht in der Lage sind, sich auf ein Wahlgesetz zu einigen. Die Präsidentschaftswahlen hätten verfassungsgemäß bis Mai 2014 stattfinden müssen.

Aufgrund der zunehmenden politischen Polarisierung im Land, sind die Fraktionen im Parlament bislang nicht in der Lage, sich auf einen neuen Präsidenten zu einigen. Wichtige sicherheitspolitisch relevante Führungspositionen innerhalb der Verwaltung können nicht besetzt werden, was wiederum verheerende Folgen für die Sicherheitslage im Libanon hat. Seit 2005 sind die den Libanesen aus dem Bürgerkrieg vertrauten Phänomene der politisch motivierten Entführung und der Autobomben wieder präsent (GIZ 3/2016).

Der Präsident (stets ein maronitischer Christ) wird für eine Amtszeit von sechs Jahren vom Parlament gewählt. Die Amtszeit des letzten Präsidenten Michel Suleiman endete am 24. Mai 2014. Seitdem ist der Posten vakant (AA 30.12.2016). Michel Suleiman hat ein politisches Vakuum hinterlassen. Die politische Pattsituation ist für viele Libanesen zum Normalzustand geworden und kommt besonders immer dann zum Tragen, wenn ein neues Parlament, eine neue Regierung oder ein neuer Präsident gewählt werden soll. In der Vergangenheit kam es bei solchen Gelegenheiten auch immer wieder dazu, dass libanesische Politiker auf eine Einigung zwischen außenstehenden Staaten wie Saudi Arabien und dem Iran - die im Libanon einen großen Einfluss ausüben - warteten, um ihre Differenzen beizulegen.

Politische Parteien sind zugelassen; sie sind jedoch in der Praxis meist Zweckbündnisse, die vor allem auf der Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe basieren (AA 11.11.2013).

In der Einheitsregierung von Salam stehen sich die folgenden beiden Blöcke unversöhnlich gegenüber: Auf der einen Seite die schiitisch geprägte und von der Hisbollah angeführte 8.März-Koalition und auf der anderen Seite die eher westlich orientierte, sunnitisch geprägte und von Saad Hariri (Future Movement) angeführte 14.März-Bewegung. Die traditionelle Feindschaft zwischen den beiden Blöcken wurde zusätzlich durch den Konflikt im benachbarten Syrien angeheizt, als schiitische Hisbollah-Kämpfer sich auf die Seite der syrischen Regierung stellten, während die 14.März-Bewegung die syrischen Rebellen unterstützt (BBC 4.11.2014; vergleiche GIZ 3/2016). Gleichzeitig ist im Libanon ein Erstarken militanter Salafisten zu verzeichnen, die teilweise eng mit ihren Gesinnungsgenossen in Syrien verbunden sind, zum Jihad aufrufen. Alle regionalen Entwicklungen wirken unmittelbar auf die Innenpolitik des Landes aus. Ende Dezember 2014 startete ein politischer Dialog " zwischen Hisbollah und Mustaqbal (Arab. für Future Movement), was von vielen Beobachtern als Lichtschimmer der Hoffnung am libanesischen Himmel bewertet wird. Dieser Dialog verhindert zwar die Konfrontation auf der Straße, löste allerdings bislang die zentralsten Probleme des Landes nicht (GIZ 3/2016).

Der Bürgerkrieg (1975 bis 1991) ruinierte das Land vollständig. Nach dem bewaffneten Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah im Sommer 2006 geriet der Libanon in eine lang anhaltende innenpolitische Krise, die im Frühjahr und Sommer 2008 nach fast zwei Jahren in bewaffneten Auseinandersetzungen gipfelte. Im Rahmen einer Verhandlungslösung (Kompromiss von Doha) fand sie ihren Abschluss in der erfolgreichen Durchführung der Parlamentswahlen 2009 und der Benennung des Präsidenten Michel Suleiman.

Auch wenn die verschiedenen innerstaatlichen Konflikte institutionell gelöst scheinen, bestehen die Ursachen weiter. Die destabilisierenden regionalen politischen und konfessionellen Spannungen haben infolge der Krise in Syrien seit Anfang 2011 deutlich zugenommen.

So ist die Hisbollah erklärtes Ziel sunnitischer Extremisten, die sich mit Selbstmordanschlägen gegen schiitische Wohn- und Einflussgebiete für den Kampf der Schiiten-Miliz an der Seite von Baschar al-Assad in Syrien rächen wollen. Die größte christliche Partei des Landes (Free Patriotic Movement) ist demgegenüber politisch mit der Hisbollah verbündet und stellt dies als Stabilisierungsfaktor für den Libanon und seine religiösen Minderheiten dar.

Die politische und militärische Rolle von Hisbollah bleibt damit struktureller Streitpunkt für den Libanon. Ihr politischer Arm ist mit zehn Vertretern im Parlament und mit zwei Ministern im Kabinett vertreten. Ihr "militärischer Arm" ist von der EU als terroristische Vereinigung gelistet. Die Hisbollah bildet zumindest in ihren Hochburgen (Teile der Bekaa-Ebene, südliche Beiruter Vororte, Teilgebiete des Südens) weiterhin eine Art Staat im Staate und übernimmt dort neben sozialen und politischen faktisch auch Aufgaben der Sicherheitsbehörden. Parallel bestehen kleinere bewaffnete Milizen der AMAL-Partei des Parlamentspräsidenten Nabih Berri, drusische Bürgerwehren sowie christliche Milizen (etwa in Nähe zur Kataeb-Partei oder zur griechisch-orthodoxen Kirche), die sich zuletzt im Spätsommer 2015 auch an Kampfhandlungen gegen aus Syrien einsickernde sunnitische Extremisten beteiligt haben (AA 30.12.2016).

"Die miserable Leistung der libanesischen politischen Klasse hat paradoxerweise ihre Position verstärkt. Die libanesische Gesellschaft, abgehärtet durch die dauerhafte Krise, hat sich an die Fehlfunktionen des Staates angepasst, umgeht seine Instiutionen und stützt sich auf private Initiativen, um das Leben fortzusetzen. Die Defizite des Staatsapparats und der Wirtschaft verstärken die Patronagenetzwerke in Verbindung mit der politischen Elite und machen sie unverzichtbar. Auch wenn sie diese Umstände beklagt, die den Rechtsstaat untergraben, so lebt ein großer Teil der Gesellschaft nach den Gesetzen von Klientelismus, Nepotismus und Korruption (ICG 23.7.2015).

Geschwächt durch die sich vertiefenden Gräben zwischen und innerhalb der Gemeinschaften [Anm.: Konfessionen] hat der libanesische Staat schrittweise seine Hauptaufgabe der Regierung und als Manager repräsentativer Politik aufgegeben und stützt sich vermehrt auf Sicherheitsmaßnahmen zur Aufrechterhaltung der Stabilität und des Status Quo (ICG 23.2.2016).

Quellen:

Zugriff am 15.4.2016

http://www.reuters.com/article/2014/11/05/us-lebanon-parliament-idUSKBN0IP18T20141105, Zugriff 6.2.2015

http://www.crisisgroup.org/en/regions/middle-east-north-africa/syria-lebanon/lebanon/op-eds/atrache-lebanons-deceptive-resilience.aspx;
Zugriff am 18.4.2016

Sicherheitslage

Im folgenden Abschnitt finden sich allgemeine Informationen zur Sicherheitslage. Er ist nicht als abschließende aller sicherheitsrelevanten Ereignisse zu verstehen. Der besseren Übersichtlichkeit wegen ist die Darstellung der Sicherheitslage in den palästinensischen Flüchtlingslagern im Abschnitt über palästinensische Flüchtling zu finden. Die wichtigsten religiösen Hauptgruppen im Libanon sind Schiiten, Sunniten, Christen und Drusen. Die sich daraus ergebenden Spannungen sind die Ursache für die meisten der internen Konflikte im Libanon, und andere Staaten der Region haben diese internen Konflikte immer wieder als Vorwand genutzt, um in das Land einzugreifen. Die Präsenz von palästinensischen Flüchtlingen, ihr Status und ihre Handlungen waren immer wieder eine Hauptursache für Konflikte im Land. Von 1975 bis in die frühen 1990iger Jahre herrschte im Libanon Bürgerkrieg, in dem die regionalen Mächte, insbesondere Israel, Syrien und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO), das Land als Schlachtfeld für ihre eigenen Konflikte benutzten. Syrien hat zwar nach 29 Jahren Militärpräsenz seine Truppen aus dem Libanon abgezogen, übt aber nach wie vor großen Einfluss auf das Land aus. Zu dem Rückzug kam es im Jahr 2005, nach der Ermordung des früheren Premierministers Rafik Hariri, nachdem von syrischen Oppositionellen behauptet wurde, dass Syrien hinter dem Attentat stand. Die UN forderte die Entwaffnung aller bewaffneten Gruppen im Libanon, einschließlich der palästinensischen Milizen und dem Militärflügel der Hisbollah, die große Teile des Südlibanon kontrolliert. Ein Jahr, nachdem Syrien 2011 in den Bürgerkrieg schlitterte, kam es in Tripolis und Beirut zu blutigen Zusammenstößen zwischen Sunniten und Alawiten, und die Angst wuchs, dass im ohnehin politisch fragilen Libanon erneut konfessionell motivierte Konflikte aufflammen könnten.

Der massive Flüchtlingsstrom aus Syrien - bereits im April 2014 machten die syrischen Flüchtlinge bereits schätzungsweise ein Viertel der Bevölkerung aus - belastet die Ressourcen des Landes massiv und verschärft die Dissonanzen zwischen den Gruppierungen (BBC 4.11.2014).

Der Syrienkonflikt, in welchem die libanesische Hisbollah-Miliz seit Frühjahr 2013 auf Seiten des syrischen Regimes mitkämpft, greift immer wieder auf libanesisches Territorium über. Zwar bleibt die Sicherheitslage im Großen und Ganzen stabil. Es kommt jedoch immer wieder zu Sicherheitsvorfällen seit Beginn der Auseinandersetzungen in Syrien (AA 3012.2015). Seit Juli 2014 kommt es zudem im syrisch-libanesischen Grenzgebiet rund um die sunnitische Stadt Arsal immer wieder zu schweren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der regulären libanesischen Armee auf der einen, sowie sunnitischen Extremisten mit Bezügen zu Jabhat an-Nusra/Islamischer Staat auf der anderen Seite. Es befinden sich weiterhin 9 libanesische Sicherheitskräfte in der Hand von IS-nahen Gruppierungen; weitere 16 wurden von Jabat Al Nusra im Rahmen eines Gefangenenaustauschs am 1.12.2015 freigelassen (AA 30.12.2016). Die Stadt Arsal ist seit August 2014 militärisches Sperrgebiet und für Außenstehende nicht zugänglich (BMeiA 15.4.2016).

Obwohl im Libanon technisch gesehen Friede herrscht, ist in den letzten Jahren eine Reihe von "Minikonflikten" ausgebrochen, in Sidon, in Arsal, in Akkar, vor allem aber in Tripolis, wo es seit dem Ausbruch des Bürgerkrieges in Syrien zu ungefähr 20 Kämpfen zwischen zwei verfeindeten Nachbarschaften mit darauffolgendem Einschreiten der Armee kam (Daily Star 30.12.2014).

Seit 2005 sind die den Libanesen aus dem Bürgerkrieg vertrauten Phänomene der politisch motivierten Entführung und der Autobomben wieder präsent (GIZ 3/2016). Speziell im Zeitraum September 2013 bis Frühjahr 2014 und erneut am 12. November 2015 haben sich schwere Autobomben- und Selbstmordanschläge gegen schiitische Wohngebiete in der südlichen Vorstadt Beiruts, sog. Dahiye, sowie in der Stadt Hermel (HRW 1/2015) ereignet (AA 30.12.2015). Bei den beiden Bombenanschlägen im Sommer 2013 in den südlichen Vororten Beiruts kamen 27 Menschen ums Leben, 391 wurden verletzt. Die Anschläge wurden als Vergeltung gegen das Syrien-Engagement der Hisbollah interpretiert. Zwei weitere Bomben gingen im Sommer 2013 in Tripolis hoch, die 47 Menschen töteten und einige hundert verletzten. Diese Anschläge werden der syrischen Regierung zugerechnet (FH 23.1.2014). In Tripolis hat sich zuletzt im Januar 2015 ein Selbstmordanschlag ereignet (AA 30.12.2015). Das BMeiA erwähnt einen Bombenanschlag in Bourj al Barajneh (südlicher Stadtteil Beiruts) am 12.11.2015 als Hinweis, dass weiterhin mit Terroraktionen gerechnet werden muss (BMeiA 15.4.2016).

Im Januar 2015 kam es zu erneuten Konflikten zwischen Israel und der Hisbollah, die auf einen Drohnenangriff der Israelis, bei dem sechs Hisbollah-Kämpfer getötet wurden, mit Panzerabwehrraketen antwortete, die 2 israelische Soldaten töteten. Analysten zufolge ist die Lage zwar heikel, beide Seiten haben derzeit nationale Gründe, nach außen hin stark wirken zu müssen, jedoch hat keine der beiden Seiten ein tatsächliches Interesse an weiteren offenen Kämpfen (NY Times 28.1.2015).

Das österreichische Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres gibt aufgrund möglicher Kampfhandlungen, Anschläge oder Entführungsgefahr eine partielle Reisewarnung [Anm.: großteils korrelierend mit den weiter unten vom AA angeführten Gebieten außerhalb staatlicher Kontrolle] für folgende Gebiete des Libanon aus: Das gesamte libanesisch-syrische Grenzgebiet, Südbeirut, Südlibanon (Provinzen Südlibanon und Nabatiye), die Bekaa-Ebene, und die Region Tripoli und Akkar - insbesondere in der Nähe der Palästinenserlager Nahr al Bared und Bedawi. Hohes Sicherheitsrisiko besteht laut dem Ministerium auch im Rest des Landes, insbesondere in Saida (Sidon), in der unmittelbaren Umgebung aller Palästinenserlager und in den Gebieten südlich des Flusses Litani.

Die Sicherheitslage ist im ganzen Land sehr angespannt (BMeiA 15.4.2016). Die staatlichen Institutionen haben in Teilen des Landes keinen uneingeschränkten Zugriff. Er fehlt umfassend in einigen der palästinensischen Flüchtlingslager. Auch in den Grenzregionen zu Syrien (Randgebiete des Akkar/Wadi Khaled/Qalamoun- Gebirge, vor allem aber der Großraum Arsal) fehlt staatliche Kontrolle bzw. diese wird von bewaffneten Gruppierungen aus Syrien ausgeübt. Auch in anderen Landesteilen schränkt die Existenz nichtstaatlicher Akteure die Zugriffsmöglichkeiten der Staatsorgane ein. Dies gilt insbesondere für die südlichen Vororte Beiruts und die schiitischen Siedlungsgebiete im Süden des Landes, in denen die Hisbollah präsent ist und Druck auf staatliche Institutionen ausübt. Verschleppungen durch nichtstaatliche Akteure, v.a. Hisbollah, kommen vor (AA 30.12.2015).

Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassungsinstitutionen, insbesondere Parlament, Regierung und Justizwesen, funktionieren im Prinzip nach rechtsstaatlichen Grundsätzen, sind aber in ihrer tatsächlichen

Arbeit politischen Einflussnahmen ausgesetzt. Die Gewaltenteilung ist in der Verfassung festgeschrieben, wird in der Praxis aber nur eingeschränkt respektiert; insbesondere in politisch brisanten Ermittlungsverfahren kommt es zu Versuchen der Einflussnahme (dazu siehe auch USDOS 13.4.2016) auf die Justiz, z.B. bei der Ernennung von Staatsanwälten und Ermittlungsrichtern oder zum Schutz politischer Parteigänger vor Strafverfolgung (zuletzt im Mai 2015 bei einem Strafprozess gegen den ehemaligen Minister Samaha, bei welchem - trotz nachgewiesener Teilnahme an Anschlagsplanungen - ein sehr mildes Urteil erging). Die Einhaltung der in der Verfassung garantierten richterlichen Unabhängigkeit ist in der praktischen Durchführung durch verbreitete Korruption, chronischen Richtermangel und zum Teil auch politische Einflussnahme eingeschränkt. Neben den in mehrere Instanzen gegliederten und strukturell dem französischen Justizwesen angeglichenen Zivilgerichten existieren in Libanon konfessionelle Gerichtsbarkeiten, in deren Zuständigkeit die familienrechtlichen, bei den islamischen Religionsgemeinschaften auch die erbrechtlichen Verfahren fallen, soweit (konfessionelles und in Familienrechtsfragen sehr patriarchalisches) libanesisches Recht Anwendung findet (AA 30.12.2015). Der Libanon hat 15 separate Personenstandsgesetze für seine offiziell anerkannten Religionen, es gibt jedoch kein bürgerliches Gesetzbuch, das Themen wie Scheidung, Eigentumsrecht oder Kindersorgerecht behandelt. Darüber hinaus werden die religiösen Gerichte kaum vom Staat kontrolliert (Daily Star 19.1.2015). Das Auswärtige Amt verweist bzgl. der sich daraus ergebenden Einschränkungen von Frauenrechten auf einen umfassenden Bericht von Human Rights Watch im Jahr 2015.

Die Zuständigkeit der dem Verteidigungsministerium unterstehenden Militärgerichtsbarkeit umfasst von und gegen Angehörige der Streitkräfte begangene Delikte sowie sicherheitsrelevante Straftaten, auch wenn sie von Zivilisten begangen wurden. Verfahren, die Fragen der nationalen Sicherheit berühren, werden auf Beschluss des Ministerrates vor dem "Conseil de Justice" ("Justizrat", zusammengesetzt aus dem Präsidenten und vier Richtern des Kassationsgerichtshofs) verhandelt. Gegen Urteile des sogenannten Justizrates ("Conseil de Justice") kann kein Rechtsmittel eingelegt werden.

Das Sondertribunal für Libanon (STL) mit Sitz in Den Haag ist durch ein bilaterales Abkommen zwischen den Vereinten Nationen und Libanon zur Aufklärung der Ermordung des ehemaligen libanesischen PM Hariri und 22 weiterer Personen mandatiert. Die mündliche Verhandlung hat Anfang 2014 begonnen. Derzeit finden in Den Haag Zeugenanhörungen statt (AA 30.12.2015).

Das Militärgericht hat die Rechtsprechung über Fälle, die das Militär betreffen, bzw. in welchen Militärs oder Zivilisten der Spionage, des Hochverrats, des Waffenbesitzes und der Wehrdienstverweigerung bezichtigt werden.

Menschenrechtsorganisationen zeigten sich besorgt über die Praxis, dass Zivilisten vor Militärgerichte gerufen werden, über das Maß an Prozessrechten für Angeklagte sowie die fehlende Überprüfung der Urteilssprüche durch reguläre Gerichte (USDOS 13.4.2016).

Sobald Übergriffe von staatlichen Hoheitsträgern in Armee oder Sicherheitsapparat festgestellt werden, müssen die Verantwortlichen zwar theoretisch mit Strafverfolgung rechnen; Übergriffe der Sicherheitskräfte wie auch Korruptionsvorwürfe werden aber nicht konsequent verfolgt und aufgeklärt, so dass de facto weitgehende Straffreiheit bei Übergriffen herrscht (AA 11.11.2013).

Es besteht keine ethnisch oder religiös diskriminierende Gesetzgebung für libanesische Staatsangehörige. Allerdings unterliegen palästinensische Flüchtlinge zum Teil gravierenden rechtlichen und tatsächlichen Einschränkungen. Anmerkung, Zu rechtlichen Diskriminierungen von LGBT-Personen siehe Kapitel "Homosexuelle".) (AA 11.11.2013).

In Flüchtlingslagern betreiben palästinensische Gruppen nach eigenem Ermessen eine autonome Rechtsprechung jenseits der Kontrolle des Staates (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

http://www.dailystar.com.lb/News/Lebanon-News/2015/Jan-19/284576-lebanon-religious-laws-discriminate-against-women-rights-group.ashx, Zugriff 6.2.2015

Sicherheitsbehörden

Die führenden Positionen in den Sicherheitsbehörden werden u.a. nach konfessionellem Proporz vergeben. Die Forces de Sécurité Intérieure (FSI) [auch "Internal Security Force" - ISF] ist die allgemein zuständige Polizei des Staates und gleichzeitig Hilfsorgan der Justiz (z.B. zum Führen des Kriminalregisters), sie wird durch einen sunnitischen General geleitet und steht dem (ebenfalls sunnitischen) Innenminister nahe. Die demgegenüber schiitisch geprägte Sûreté Générale (SG) hat neben Fragen der Ein- und Ausreisekontrollen auch eine nachrichtendienstliche Funktion inne. Ihr Leiter wird der AMAL-Partei von Parlamentspräsident Berri zugeordnet. Ein Polizeigesetz im engeren Sinne gibt es nicht (AA 30.12.2015).

Die LAF [Lebanese Armed Forces] unter der Führung des Verteidigungsministeriums ist verantwortlich für die externe Sicherheit, aber haben auch aus Gründen der Staatssicherheit die Befugnis, Verdächtige zu verhaften (USDOS 13.4.2016). Anders als die beiden anderen Sicherheitskräfte gilt die Armee als parteipolitisch und konfessionell weitgehend neutral (trotz eines stets christlichen Oberbefehlshabers und zahlreicher christlicher Generäle) und genießt grundsätzlich hohes Ansehen in allen Bevölkerungsteilen. Sie nimmt im Libanon Aufgaben der inneren Sicherheit wahr, z.B. durch die weit verbreiteten Kontrollpunkte.

Daneben gibt es noch mehrere vorwiegend nachrichten-dienstlich tätige Sicherheitsbehörden (Amn ad-Daula - Staatssicherheit; Amn al-Dschaisch - militärische Sicherheit; Sicherheitsdienst der Quwat al-Amn ad-Dakhili - Polizeikräfte; Nachrichtendienstliche Abteilung der Sûreté Générale). Alle genannten Institutionen und Dienste arbeiten seit Frühjahr 2014 zwar verstärkt miteinander, gleichwohl sind ihre Kompetenzen nicht abschließend abgegrenzt. Ihre Professionalisierung wird auch deutlich durch die Tatsache limitiert, dass bestimmte Institutionen einer bestimmten Konfession und ihrem politischen Lager zuzuordnen sind. Die daraus resultierenden Loyalitäten beeinflussen teilweise spürbar die Arbeit der Institution (AA 30.12.2015).

Das General Directorate for State Security, das an den Premierminister berichtet, und das Directorate of General Security - DGS [auch "Sûreté Générale - SG] unter der Führung des Innenministeriums sind verantwortlich für die Grenzsicherung (USDOS 13.4.2016). Sowohl das General Directorate for State Security, als auch das DGS sammeln Informationen über potentiell die Staatssicherheit gefährdende Gruppen. Jeder Sicherheitsapparat hat seine eigenen internen Mechanismen, um Fälle von Missbrauch und Fehlverhalten zu untersuchen.

Eine Verhaltensvorschrift der ISF aus dem Jahr 2012 definiert die Pflichten der ISF-Mitglieder und die verpflichtenden gesetzlichen und ethischen Standards. Verschiedene Sicherheitskräfte erhielten Training zur Umsetzung des Verhaltenskodex. Trotz effektiver Kontrolle ziviler Behörden über die Sicherheitskräfte genießen diese Berichten zufolge ein gewisses Maß an impliziter Straflosigkeit, weil es an öffentlich zur Verfügung stehenden Informationen über den Ausgang von Verfahren fehlt. Außerdem fehlen Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Misshandlungen und Korruption. (USDOS 13.4.2016).

Die staatlichen Institutionen haben zudem in Teilen des Landes keinen uneingeschränkten Zugriff. Die Hisbollah bildet zumindest in ihren Hochburgen (Teile der Bekaa-Ebene, südliche Beiruter Vororte, Teilgebiete des Südens) weiterhin eine Art Staat im Staate und übernimmt dort neben sozialen und politischen faktisch auch Aufgaben der Sicherheitsbehörden (AA 30.12.2016). Trotz der Anwesenheit von libanesischen und UN-Sicherheitskräften behielt die Hisbollah signifikanten Einfluss über Teile des Landes, und die Regierung machte keinen konkreten Fortschritt in Richtung Auflösung und Entwaffnung der bewaffneten Milizgruppen. Palästinensische Flüchtlingslager agieren weiterhin als sich selbst regierende Einheiten und betreiben Sicherheits- und Militärkräfte, die nicht unter der Kontrolle von Regierungsbeamten stehen (USDOS 13.4.2016; zur Hisbollah siehe auch gleichnamiger Abschnitt oben, zu der Sicherheitslage in den palästinensischen Flüchtlingslagern siehe Abschnitt zu den palästinensischen Flüchtlingen).

Quellen:

Folter und unmenschliche Behandlung

Das Gesetz verbietet nicht dezidiert alle Formen von Folter oder grausamer, unmenschlicher oder herabwürdigender Behandlung oder Bestrafung, und es gab Berichte, dass Sicherheitsbeamten solche Praktiken anwendeten. Das Strafgesetzbuch verbietet Gewaltanwendung um ein Geständnis über ein Verbrechen zu erhalten, aber die Justiz untersuchte oder verfolgte solche Vorwürfe selten. Gemäß heimischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen misshandelten Sicherheitskräfte Inhaftierte und wendeten Folter an, um Geständnisse zu erhalten oder Verdächtige dazu zu bringen, andere Personen zu belasten.

Menschenrechtsorganisationen berichteten, dass Folter in bestimmten Polizeistationen, Hafteinrichtungen des Verteidigungsministeriums und in der Informationsabteilung der ISF (Internal Security Force) vorkam. Die Regierung bestreitet weiterhin die Anwendung von Folter, auch wenn die Behörden bestätigten, dass gewalttätige Misshandlungen manchmal während der vorausgehenden Untersuchungen in Polizeistationen oder Militäreinrichtungen vorkam, wo Verdächtige ohne Anwalt verhört wurden. Solche Fälle von Missbrauch fanden in vielen Einrichtungen statt, obwohl es das nationale Gesetz Richtern verbietet, durch Nötigung erzwungene Geständnisse anzuerkennen. Die ISF betritt die Problematik in einigen Einrichtungen, auch wenn Beweise, darunter Videos vorlagen. Infolge eines Videos über die Folterung von Häftlingen des Roumieh Gefängnisses, des größten Gefängnisses im Libanon, verurteilte Innenminister Nouhad Mashnouq die Folter von Gefangenen und versprach Maßnahmen, ebenso wie Justizminister Ashraf Rifi die Ermittlungen aller Täter versprach. Mit Stand 1.12.2015 befanden sich die drei im Video zu sehenden Wächter in Haft und waren des Schlages der Häftlinge angeklagt, während der vierte, der Kameramann, entlastet und freigelassen worden war. Berichten zufolge war die Anwendung von Drohungen, Misshandlungen und Folter bei inhaftierten Drogenkonsumenten, Personen, die in Prostitution und besonders LGBTI-Personen üblich (USDOS 13.04.2016).

Trotz der Ratifizierung des Optional Protocol to the UN Convention against Torture im Jahr 2000 hat der Libanon bisher noch keine nationale Aufsichtseinrichtung geschaffen, wie es das Protokoll vorsieht (AI 24.2.2016).

Folter ist weitverbreitet und wird quer durch den Libanon systematisch und routinemäßig auch von der Hisbollah angewendet (Daily Star 14.10.2014).

Quellen:

http://www.dailystar.com.lb/News/Lebanon-News/2014/Oct-14/273959-torture-is-widespread-in-lebanon-un-report-says.ashx, Zugriff 15.1.2015

http://www.ecoi.net/local_link/322488/461965_de.html; Zugriff am 15.4.2016

Allgemeine Menschenrechtslage

Der Libanon ist seit 1945 Gründungsmitglied der Vereinten Nationen. Der damalige libanesische Delegierte Charles Malik wirkte wesentlich an der Erstellung der UN-Charta und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte mit. Entsprechend genießt das Land im Vergleich zu anderen arabischen Ländern eine demokratische und rechtsstaatliche Tradition, die sich in einer aktiven Zivilgesellschaft und Nichtregierungsorganisationen ausdrückt. Jedoch lassen sich trotz gesetzlicher Regelung grobe Verstöße gegen die Menschenrechte feststellen. So hinkt die Gleichstellung der Frauen hinterher. Die Staatsbürgerschaft wird über den Vater vergeben, was von vielen Beobachtern als deutlichstes Zeichen von struktureller und kultureller Diskriminierung von Frauen im Libanon bewertet wird. Der Schutz von Migranten und Flüchtlingen wird nicht gemäß internationaler Standards gewährt, auch häufen sich Berichte von Misshandlungen und Folter bei Verhören. Eine offene Wunde des Libanons sind die seit dem Bürgerkrieg vermissten Menschen. Eine der größten Herausforderungen für die Menschenrechte im Libanon ist die Gratwanderung des libanesischen Staates zwischen Sicherheitsgewährung und der Einhaltung der Freiheitsrechte. In der aktuellen Situation scheitert der Staat an beiden Aufgaben (GIZ 3/2016).

Zu den wichtigsten Menschenrechtsverletzungen zählten während des Jahres 2015 Folter und Misshandlungen durch Sicherheitskräfte, harte Bedingungen in Haftanstalten und Beschränkungen der Bewegungsfreiheit für palästinensische und syrische Flüchtlinge.

Andere Menschenrechtsverletzungen waren ausgedehnte Untersuchungshaft, eine dem politischem Druck ausgesetzte Justiz, lange Verzögerungen in Gerichtsverfahren, Verletzungen der Privatsphäre, einige Beschränkungen der Meinungs- und Pressefreiheit, einschließlich der Einschüchterung von Journalisten, einige Einschränkungen der Versammlungsfreiheit, Berichte von Schikanen gegen syrische politische Aktivisten und Flüchtlingen, Einschränkung der Möglichkeiten für Bürger, ihre Regierung zu ändern, Korruption, weitverbreitete Gewalt gegen Frauen, gesellschaftliche, gesetzliche und wirtschaftliche Diskriminierung gegen Frauen, Menschenhandel, Diskriminierung gegen behinderte Personen, systematische Diskriminierung gegen palästinensische Flüchtlinge und Minderheiten, Diskriminierung auf Basis der sexuellen Orientierung, Morde in Zusammenhang mit gesellschaftlicher Gewalt, Beschränkung von Arbeitnehmerrechten von ausländischen Hausangestellten, Misshandlungen von ausländischen Hausangestellten und Kinderarbeit (USDOS 13.4.2016).

Es gibt keine Anhaltspunkte für gezielte staatliche Repressionen gegen bestimmte Personengruppen aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder wegen der Zugehörigkeit

zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Palästinensische und syrische Flüchtlinge unterliegen allerdings gravierenden rechtlichen und tatsächlichen Einschränkungen. Politische Betätigung ist in den vom Staat anerkannten Parteien und Organisationen möglich. Neu gegründete Organisationen - das schließt auch NGOs ein - müssen sich beim Innenministerium registrieren lassen. Dies wird zum Teil durch bürokratische Hindernisse erschwert. Es gibt kein Parteiengesetz im engeren Sinne. Es sind keine Fälle politischer Häftlinge bekannt (AA 30.12.2015).

Quellen:

Religionsfreiheit

54 Prozent der Bevölkerung sind Muslime, davon je 27 Prozent Sunniten und Schiiten. 40,5 Prozent sind Christen, 5,6 Prozent Drusen. Überdies gibt es einige wenige Juden, Baha'is, Buddisten, Hindus und Mormonen (CIA 6.4.2016).

Die Verfassung und andere Gesetze gewähren Religionsfreiheit und in der Praxis respektierte die Regierung diese auch. Die Verfassung erklärt die Gleichheit der Rechte und Pflichten ohne Diskriminierung für alle Bürger, aber etabliert ein Machtgleichgewicht zwischen den Hauptreligionen. (USDOS 14.10.2015)

Die Verfassung garantiert die Religionsfreiheit als Grundrecht, beschränkt dieses Recht aber auf den 1936 erstellten Katalog von 18 offiziell anerkannten Religionsgemeinschaften: vier muslimische (Sunniten, Schiiten, Alawiten und Ismailis), 12 christliche (Maroniten, Griechisch-Orthodoxe, Griechisch-Katholische, Armenisch-Orthodoxe, Armenisch-Katholische, Syrisch-Orthodoxe, Syrisch-Katholische, Assyrische, Chaldäische, Kopten, Römisch-Katholische und Protestanten, die wiederum aus 12 einzelnen anerkannten Kirchen bestehen), Drusen und Juden (AA 30.12.2015).

Der Libanon hat 15 separate den Personenstand betreffende Gesetze für die offiziell anerkannten Religionen, es gibt kein Zivilrecht, das Bereiche wie Scheidung, Eigentumsrecht und Sorgerecht für Kinder abdeckt. Die religiösen Gerichte werden von der Regierung kaum überwacht (Daily Star 19.1.2015)

Die Ehe kann nur durch anerkannte Religionsgemeinschaften und in religiöser Form geschlossen werden. Konfessionelle Mischehen waren nur in wenigen Fällen und unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, die letztlich darauf abzielen, dass ein Ehegatte zum Glauben des anderen konvertiert. Die vor einer anerkannten religiösen Instanz geschlossenen Ehen müssen anschließend in das libanesische Personenstandsregister eingetragen werden, damit die Eheurkunde rechtliche Beweiskraft erlangen kann. Eine zivile Eheschließung ist im Libanon weiterhin nicht möglich. Zivile Eheschließungen im Ausland (in der Regel auf Zypern), auch zwischen Partnern unterschiedlicher Konfessionen, werden vom libanesischen Staat aber anerkannt; auch sie müssen nachträglich registriert werden. Zur Religionsfreiheit gehört auch die Freiheit, zu einer anderen Konfession überzutreten (Gesetz von 1951). In der Praxis kommt dies nur in familienrechtlich motivierten Ausnahmefällen vor (Eheschließung, Erbrecht). Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft geht immer mit stark ausgeprägten Clan- und Familienloyalitäten einher. Konvertiten können nur eingeschränkt mit Verständnis ihres familiären oder gesellschaftlichen Umfelds rechnen und werden je nach familiärem Umfeld auch physisch bedroht. Staatlichen Repressionen sind Konvertiten nicht ausgesetzt.

Es gibt keine Anhaltspunkte für staatliche Repressionen gegen Angehörige anderer als der 18 anerkannten Konfessionen (z. B. Buddhisten, Hindus, Sikhs, Bahai, Mormonen, evangelikale Freikirchen). Berufswahl, Karrierechancen und die Möglichkeit zur Ausübung öffentlicher Ämter sind angesichts des libanesischen Proporzsystems für Angehörige staatlich nicht anerkannter Religionsgemeinschaften und bekennende Atheisten jedoch eingeschränkt (AA 30.12.2015).

Es gab Spannungen und Konfrontationen unter den religiösen Gruppen, die Beobachtern zufolge durch politische Differenzen, dem Erbe des Bürgerkriegs und der Gewalt im benachbarten Syrien verstärkt wurden. Zunehmende regionale Spannungen, die vom konfessionellen Hintergrund des syrischen Konflikts herrühren, waren ebenfalls eine Quelle für Reibungen und Gewalt zwischen einigen konfessionellen Gruppen. In den meisten Bereichen der sozialen Interaktion spielte die religiöse Identität eine bedeutende Rolle. Trotz der steigenden Gewalt sprachen sich politische und religiöse Führer gegen gewaltsamen Extremismus aus und für eine friedliche Koexistenz über die konfessionellen Gräben hinweg. Andachtsstätten existierten weiterhin in relativem Frieden und Sicherheit (USDOS 14.10.2015).

Quellen:

http://www.dailystar.com.lb/News/Lebanon-News/2015/Jan-19/284576-lebanon-religious-laws-discriminate-against-women-rights-group.ashx, Zugriff 21.1.2015

http://www.ecoi.net/local_link/281931/412287_de.html; Zugriff am 15.4.2016

Ethnische Minderheiten

95 Prozent der libanesischen Bevölkerung sind Araber, 4 Prozent Armenier, andere Ethnien machen rund 1 Prozent aus. Viele Christen sehen sich nicht als Araber, sondern als Phönizier und Nachfahren der Kanaaniter (CIA 6.4.2016).

Es besteht keine ethnisch diskriminierende Gesetzgebung für libanesische Staatsangehörige oder die 18 anerkannten konfessionellen Gruppen. Die armenisch-stämmige Bevölkerung, eine bedeutende ethnische Minderheit, ist in Staat und Gesellschaft integriert. Ein Teil der Angehörigen der Nomadenstämme/Beduinen in der Bekaa-Ebene wurde 1994 eingebürgert. Auch wenn diese rechtlich nicht diskriminiert werden, handelt es sich sozial und ökonomisch neben den palästinensischen Flüchtlingen um die am stärksten benachteiligte Bevölkerungsgruppe. Die Lage der nicht eingebürgerten Beduinen ist besonders prekär; sie haben keinen Zugang zu staatlichen Leistungen.

Einen Sonderfall stellen ca. 200.000-250.000 in Libanon lebende ausländische Hausangestellte dar. Es handelt sich überwiegend um Frauen aus Süd- und Südostasien und aus Afrika. Medien und Menschenrechtsorganisationen berichten glaubhaft von weit verbreiteten Fällen schwerer Misshandlung, sexuellen Missbrauchs, wirtschaftlicher Ausbeutung und Einschränkung der Bewegungsfreiheit durch Passentzug seitens der Arbeitgeber. Zahlreiche ausländische Arbeiter warten in zwei gesonderten Haftanstalten der Sûreté Générale auf ihre Abschiebung in ihr Herkunftsland. Ergänzend unterliegen die Hausangestellten nicht dem libanesischen Arbeitsrecht und seinen Schutzbestimmungen. Das Erfordernis eines persönlichen "Sponsors" für die Aufenthaltsgenehmigung unterwirft die Betreffenden faktischer und rechtlicher Abhängigkeit. Staatliche Bemühungen bleiben für eine signifikante Verbesserung der Lage von Hausangestellten unzureichend (AA 30.12.2015).

Für die palästinensischen Flüchtlinge gelten gravierende Einschränkungen (s. dazu Kapitel "Palästinensische Flüchtlinge").

Quellen:

Frauen/Kinder

Frauen

Im Jahr 1996 ratifizierte der Libanon das UN-Abkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung gegen die Frau (CEDAW), jedoch wurde das dazu gehörige Fakultativprotokoll noch nicht unterzeichnet. Im Artikel 1 des Protokolls erkennen die Vertragsstaaten die Zuständigkeit des Ausschusses für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau für die Entgegennahme und Prüfung von Mitteilungen betroffener Frauen und Gruppen von Frauen an (GIZ 3/2016).

Die Lebenssituation der Frauen ist insgesamt besser als in den meisten Staaten der Region. Allerdings sind Frauen im politischen und gesellschaftlichen Leben deutlich unterrepräsentiert. Seit 1953 haben Frauen das aktive und passive Wahlrecht, konnten jedoch erst 2004 Ministerinnen im Kabinett stellen. Das 2014 gebildete Kabinett Salam verfügt nur über eine Ministerin (für die Rechte libanesischer Binnenflüchtlinge). Unter den im Jahr 2009 gewählten 128 Abgeordneten befinden sich vier Frauen (zuvor sechs). Damit liegt das Land unter dem Durchschnitt der arabischen Staaten.

Libanon hat 1997 das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau ratifiziert, jedoch bezüglich zahlreicher Bestimmungen Vorbehalte eingelegt. Die rechtliche Stellung der Frau wird stark durch die konfessionell unterschiedlichen Personenstandsgesetze beeinflusst, die teilweise zur Diskriminierung von Frauen führen: Islamisches Ehe- und Erbrecht, aber auch christlich-maronitisches Aufenthaltsbestimmungsrecht (AA 30.12.2016).

Human Rights Watch hat 447 erlassene Gerichtsurteile von religiösen Gerichten zu den Bereichen Scheidung, Sorgerecht, Unterhaltsansprüchen und Kinderbeihilfe analysiert, und kommt zum Schluss, dass die religiösen Personenstandsgesetze besonders Frauen benachteiligen, sowie dass alle religiösen Personenstandsgesetze, bei denen es um die Beendigung von Ehen, um Misshandlung in der Ehe, das Initiieren von Scheidungsverfahren, die Rechte in Bezug auf Kinder nach einer Scheidung und die Sicherung finanzieller Rechte in Bezug auf frühere Ehepartner für Frauen größere Barrieren vorsieht, als für Männer (Daily Star 19.1.2015).

Frauen werden in Staatsangehörigkeitsfragen oder Passangelegenheiten stark benachteiligt: Kinder erwerben durch Geburt die libanesische Staatsangehörigkeit vom Vater, nicht aber von der Mutter. Verheiratete Frauen benötigen für die Ausstellung eines Reisepasses die Zustimmung des Ehemannes. Gemäß Artikel 487 bis 489 des Strafgesetzes erhalten Frauen bei Verurteilung wegen Ehebruchs höhere Strafen als Männer.

Gewalt gegen Frauen (und Kinder) ist ein verbreitetes soziales Problem, das öffentlich prominent diskutiert wird. Seit 2014 ist ein Gesetz in Kraft, das häusliche Gewalt und Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe stellt, und welches nach NRO-Angaben in ca. 200 Fällen auch zur Anwendung kam. Am 4. August 2011 wurde Artikel 562, des Strafgesetzbuches aufgehoben, welcher Strafmilderung bei gewissen "Ehrverbrechen" vorsah und somit Delikte gegen Frauen "privilegierte" (AA 30.12.2016).

Libanesische Frauen werden sowohl in Behörden als auch in der freien Wirtschaft schlechter bezahlt, dabei sind libanesische Frauen überrepräsentiert an den Universitäten des Landes (GIZ 3/2016).

Libanon ist ein Zielland des internationalen Frauenhandels, vornehmlich aus Osteuropa, Russland und Syrien. Die vornehmlich weiblichen Hausangestellten aus Afrika und Asien leben zum Teil unter menschenverachtenden Bedingungen und werden - teils auch sexuell - ausgebeutet (AA 30.12.2016).

Kinder

Die Einschulungsrate für 6 bis 11-jährige Kinder liegt bei ca. 90 %, bei den 3 bis 5-jährigen liegt sie über 90 % (Vorschulen). Dies betrifft aber nur libanesische Staatsangehörige, nicht die im Libanon befindlichen Kinder von Flüchtlingen. Kinderarbeit, speziell in abgelegenen und ländlichen Gebieten (Bekaa-Ebene/ Akkar), ist gleichwohl verbreitet. Betroffene kommen meist aus den unteren sozialen Schichten und haben oft keine libanesische Staatsangehörigkeit, wie palästinensische bzw. syrische Flüchtlinge oder auch die Kinder afrikanischer oder asiatischer Hausangestellter. Das gesetzliche Mindestalter für eine Arbeitsaufnahme liegt bei 14 Jahren.

Die Zahl der Straßenkinder ist in den letzten Jahren, insbesondere seit Konfliktbeginn in Syrien 2011, enorm angestiegen. Laut einem Bericht von UNICEF leben derzeit 1500 Kinder auf der Straße, vor allem in Beirut und Tripoli. Im Zusammenhang mit der schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Syrienflüchtlinge wird zunehmend von der Verheiratung minderjähriger Mädchen berichtet. Eltern erhoffen sich durch die Verheiratung eine bessere wirtschaftliche Lage für ihre Töchter; oft tritt jedoch das Gegenteil ein (AA 30.12.2015).

Eine Million Libanesen sind derzeit im staatlichen und privaten Schulsystem integriert. Der Libanon wendet etwa 9,3% seines Bruttoinlandsprodukts unter starker Beteiligung des Privatsektors auf. Doch trotz der relativ hohen Bildungsinvestitionen gelingt es dem Libanon nicht, die für viel Geld ausgebildeten Individuen mit ihrer Qualifikation entsprechenden Arbeitsplätzen auszustatten. In einem Spannungsfeld zwischen privater, meist konfessionell organisierter Privatbildung und staatlich zentral organisierter öffentlicher Bildung leidet das staatliche Bildungssystem unter kolossalen strukturellen und qualitativen Problemen. Etwa zwei Drittel der libanesischen Kinder besuchen derzeit teure Privatschulen, während öffentliche Schulen der letzte Ausweg für einkommensschwache Familien sind. Das vergrößert die Bildungs- und damit die Einkommenslücke zwischen den wirtschaftlich benachteiligten Jugendlichen und ihren Altersgenossen. Diese Spannung wird durch die Tatsache erhöht, dass der Libanon keine Schulpflicht kennt. Die Alphabetisierungsrate beträgt 89,6 Prozent (männlich: 93,1, weiblich: 87,2). Es existieren im Libanon 47 Universitäten und Hochschulen, an denen etwa 120.000 Menschen studieren. Über die Hälfte von ihnen ist an den 13 Fakultäten der staatlichen Université Libanaise immatrikuliert. Die übrigen Studenten sind an privaten Hochschulen eingeschrieben.

Die Grundlegenden Probleme des Bildungssystems im Libanon liegen darin begründet, dass es dem libanesischen Staat seit dem Ende des Bürgerkrieges nicht gelingt, die Kontrolle und die Aufsicht über das eigene Schulsystem zu haben. Eine inhaltliche Überwachung der privaten Schule ist nicht möglich. Die an Konfessionen gebundenen politischen Parteien suchen dies zu verhindern. Sie erkannten im Bildungswesen ein Reservoir potentieller Unterstützer. Im Libanon existiert kein konfessionsübergreifendes Schulbuch "Geschichte" (GIZ 9/2015).

Durch die große Anzahl der syrischen Flüchtlinge kämpfen die Schulen im Libanon mit 100.000 zusätzlichen Schülern, die sie aufgenommen haben. Dies hat einen Einfluss auf die Qualität des Unterrichts. Außerdem gibt es ca. 300.000 Flüchtlingskinder, die keinen Platz in einer Schule bekommen haben (SOS Children's Villages 4.4.2014).

Quellen:

http://www.dailystar.com.lb/News/Lebanon-News/2015/Jan-19/284576-lebanon-religious-laws-discriminate-against-women-rights-group.ashx, Zugriff 21.1.2015

Bewegungsfreiheit

Das Gesetz gewährt Bewegungsfreiheit in Bezug auf Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektierte grundsätzlich diese Rechte, schränkte aber die Rechte von palästinensischen Flüchtlingen ein. Die Regierung und verschiedene Milizen betrieben weiterhin Checkpoints, insbesondere in Militärzonen und anderen eingeschränkt zugänglichen Gebieten. Regierungstruppen waren meistens nicht fähig, das Gesetz in den von der Hisbollah kontrollierten südlichen Vororten Beiruts zu vollziehen, und sie betraten üblicherweise keine palästinensischen Flüchtlingslager. Gemäß UNRWA konnten palästinensische Flüchtlinge, die beim Direktorat für politische und Flüchtlingsangelegenheiten des Innenministeriums von einem Gebiet des Landes in ein anderes reisen. Das Direktorat musste diese Transfers bewilligen, wenn es sich um Flüchtlinge handelte, die in Flüchtlingslagern wohnten. Grundsätzlich wurden diese Bewilligungen erteilt (USDOS 13.4.2016).

Libanesische Stadtverwaltungen haben zunehmend Ausgangssperren für syrische Flüchtlinge verhängt (NRC 1.2.2016)

Quellen:

Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Im Libanon leben schätzungsweise 5 Mio. Menschen, davon etwa 400 Tausend palästinensische Flüchtlinge. Der Libanon beherbergt zudem laut UNHCR 1,2 Millionen syrische Flüchtlinge im Libanon registriert, das entspricht mehr als 25 Prozent der Wohnbevölkerung des Landes (GIZ 3/2016). Neben Syrern und palästinensischen Flüchtlingen gibt es im Libanon, mit sinkender Tendenz, ca. 40-45.000 Flüchtlinge aus Drittstaaten, meist aus Irak, in geringem Umfang aus Sudan (AA 30.12.2015). Iraker stellen die drittgrößte Gruppe unter den Flüchtlingen dar (USDOS 13.4.2016).

Die syrischen Flüchtlinge im Libanon sind eine starke Belastung für Infrastruktur und Ressourcen (BBC 5.1.2015). Ungefähr 3,3 Millionen Menschen sind im Libanon direkt von der Syrienkrise betroffen. (UNHCR 16.12.2014). Die libanesische Regierung sieht eine lokale Integration von Flüchtlingen nicht als eine machbare, dauerhafte Lösung an (USDOS 13.4.2016).

Libanon ist bislang keiner internationalen Konvention zur Regelung des Status von Flüchtlingen beigetreten und erwägt dies auch weiterhin nicht. In der Berliner Erklärung "Solidarity with Refugees and their Hosts" vom 28.10.2014 (Flüchtlingskonferenz im Auswärtigen Amt) bekennt sich die libanesische Regierung speziell gegenüber syrischen Flüchtlingen zum Prinzip des Non-Refoulement. Die Regierung gewährt kein Asyl, hat aber seit September 2003 durch ein "Memorandum of Understanding" in Absprache mit dem UNHCR ein faktisches und verlängerbares Bleiberecht von höchstens einem Jahr für Flüchtlinge geschaffen, das allerdings nicht für Altfälle gilt. Die Regierung duldet ferner den vorübergehenden Aufenthalt von Asylsuchenden, die vom UNHCR betreut werden, bis zu einer Dauer von sechs Monaten. Für Flüchtlinge besteht aber selbst bei gestelltem Schutzersuchen keine Sicherheit vor Abschiebung in den Herkunftsstaat. Einzige Perspektive für einen Flüchtling ist die Aufnahme bzw. Schutzgewährung durch ein Drittland. Aufgrund dieser Rechtslage ist jeder Flüchtling oder jeder sich illegal im Land aufhaltende Ausländer von mitunter sehr langer Abschiebehaft und Abschiebung auch in unsichere Herkunftsstaaten bedroht (im Prinzip mit Ausnahmen zu Gunsten syrischer und palästinensischer Flüchtlinge, siehe unten). Abschiebungen von durch den UNHCR anerkannten Flüchtlingen kommen vor, in Einzelfällen selbst in Widerspruch zu libanesischen Gerichtsentscheidungen, die Abschiebeschutz gewähren (AA 30.12.2015).

Im Jänner 2015 begann der Libanon die Einreise syrischer Flüchtlinge einzuschränken und verwehrte weiterhin palästinensischen Flüchtlingen aus Syrien die Einreise. Im Mai instruierte der Libanon UNHCR, provisorisch alle Neuregistrierungen von syrischen Flüchtlingen einzustellen (AI 24.2.2016) (AI 24.2.2016).

Die libanesische Regierung hat dem UNHCR erlaubt hat, Flüchtlinge zu registrieren, jedoch kann diese Organisation weiterhin nur eingeschränkten Schutz bieten. In Libanon beim UNHCR registriert zu sein, kann einen gewissen rechtlichen Schutz mit sich bringen und ist bedeutsam, um einen Zugang zu Dienstleistungen zu erhalten, aber es gibt den Flüchtlingen nicht das Recht, Asyl zu beantragen, eine Aufenthaltsgenehmigung oder den Flüchtlingsstatus zu erhalten (FM Review-1 9/2014).

Seit Jänner 2015 müssen syrische Flüchtlinge eine Gebühr von 300 000 Libanesische Pfund/200 US-Dollar zur Erneuerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung für je 12 Monate zahlen. Die Gebühr ist für jede Person ab 15 Jahre zu entrichten. Angesichts schwindender Ressourcen unter den Flüchtlingen ist das unerschwinglich. Die meisten Flüchtlinge haben Schwierigkeiten, die Gebühr zahlen zu können.

Palästinensische Flüchtlinge aus Syrien müssen 300 000 Libanesische Pfund bzw. 200 US-Dollar für die Erneuerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung für 3 Monate zahlen. Die Implementierung war uneinheitlich, und die Kosten für die meisten unerschwinglich. Zusätzlich müssen die Flüchtlinge Dokumente für eine legale Unterkunft vorweisen, eine Verpflichtung, nicht zu arbeiten, unterzeichnen und in manchen Fällen einen libanesischen Sponsor vorweisen.

Aufgrund dieser Regelungen waren viele Flüchtlinge nicht in der Lage, ihre Dokumente zu verlängern, was ihre Bewegungsfreiheit einschränkte aufgrund der Verhaftungen bei Checkpoints. Im November 2015 stellte eine Studie der UNO fest, dass von 100 000 Familien 87 Prozent mindestens ein Mitglied ohne legalen Status hatten (USDOS 13.4.2016).

Flüchtlinge aus Syrien, die es sich nicht leisten konnten, ihre Aufenthaltsgenehmigungen zu erneuern, wurden illegal aufhältig und konnten verhaftet, festgehalten und abgeschoben werden (AI 24.2.2016). Flüchtlinge aus Syrien berichteten, dass sie an Checkpoints oft verhaftet wurden, wenn sie keine gültigen Visa oder Dokumente hatten und im Anhaltezentrum des DGS unter einer Autobahnüberführung in Beirut (zu den schlechten Bedingungen dort siehe Abschnitt Haftbedingungen) bis zu eine Woche festgehalten wurden und hohe Strafen zahlen mussten, um freigelassen zu werden (USDOS 13.4.2016).

Neu- oder Wiedereinreisen von syrischen Flüchtlingen oder Flüchtlingen mit palästinensischer Volkszugehörigkeit sind nach verschärften Einreisebestimmungen (in Kraft seit dem 5. Januar 2015) nur sehr begrenzt möglich (AA 30.12.2015). Syrer, die in den Libanon wollen, müssen bestimmte Kriterien erfüllen, um an der Grenze ein Visum zu erhalten (BBC 5.1.2015).

Palästinensische Flüchtlinge

Etwa 425.000 palästinensische Flüchtlinge sind bei UNRWA zur Zeit registriert; es ist davon auszugehen, dass sich davon ca. 270.000 Personen tatsächlich im Land aufhalten (AA 30.12.2015). Etwa 53 Prozent der im Libanon registrierten Flüchtlinge leben in einem der 12 offiziellen palästinischen Flüchtlingslager [Anm.: zusätzlich gibt es inoffizielle palästinensische Lager] (UNHCR). Bis zu 200.000-250.000 Menschen [Anm.: diese Zahl dürfte auch die palästinensischen Flüchtlinge aus Syrien sowie Nicht-PalästinenserInnen umfassen] leben unter zum Teil sehr schwierigen und beengten Verhältnissen in den zwölf über das ganze Land verteilten palästinensischen Flüchtlingslagern. Alle Lager sind massiv von Hilfeleistungen der chronisch unterfinanzierten UNRWA abhängig (AA 30.12.2015). Nicht die UNRWA bestimmt, wer in einem Lager wohnt, sondern die Unterkünfte werden vom Lagerrat/Volkskomitee vergeben. Allerdings sind alle Lager überfüllt und Unterkünfte schwer zu bekommen (VB 7.7.2014).

Unterkunftsmöglichkeiten für palästinensische Flüchtlinge sind eingeschränkt auf: - palästinensische Flüchtlingslager mit Substandardlebensbedingungen, - Mietunterkünfte außerhalb der Lager, wo aber die Mieten für viele unerschwinglich sind, - halblegale, informelle und rechtlich ungesicherte Vereinbarungen mit Libanesen, die den palästinensischen Besitz aus der Zeit vor 2001 für sie halten oder seit 2001 kaufen.

Die 12 offiziellen Lager, deren Fläche trotz wachsender Bevölkerung und dem Zustrom tausender Flüchtlinge aus Syrien seit 1948 gleich blieb, leiden an ernster Überbevölkerung, schlechten Unterkünften und unzureichender Infrastruktur (besonders Abwasser, Wasser und Elektrizität). Die Zustände gelten als ungesund. Den palästinensischen Flüchtlingen sind zudem Grenzen bei der Verbesserung der Unterkünfte gesetzt und die UNRWA-Initiative für die Verbesserung der Unterkünfte leidet an chronischer Unterfinanzierung (UNHCR 2/2016).

Die Lage der zum Teil seit 1948 im Libanon lebenden palästinensischen Flüchtlinge ist prekär. Trotz eines sicheren Aufenthaltsstatus für die bei UNRWA (Hilfswerk der Vereinten Nationen für palästinensische Flüchtlinge, The United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East) registrierten Palästinenser gelten für sie gravierende wirtschaftliche und politische Einschränkungen, da die libanesische Regierung fürchtet, dass die Integration der (meist sunnitischen) Palästinenser das konfessionelle Gleichgewicht des Landes gefährdet.

Repressionen allein aufgrund der palästinensischen Volkszugehörigkeit sind nicht bekannt. Den palästinensischen Flüchtlingen werden aber weiterhin politische und wirtschaftliche Rechte verwehrt. Auch wenn einige Berufe den Palästinensern zugänglich gemacht werden, bestehen rechtliche Hindernisse und gesellschaftliche Diskriminierung z.B. beim Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten (AA 30.12.2015).

Einer Studie aus dem Jahr 2010 zufolge sind die palästinensischen Flüchtlinge im Libanon stark marginalisiert. Zwei Drittel werden als arm oder extrem arm eingestuft. Mit Stand 31.12.2010 waren 56 Prozent arbeitslos. Es ist wahrscheinlich, dass die Armut und Arbeitslosigkeit seither aufgrund des allgemeinen Anstiegs der Zahl der Armen und Arbeitslosen im Land vergrößert hat. Diese Verschlechterung ist die Folge der sozioökonomischen Herausforderungen durch über eine Million Flüchtlinge aus Syrien (UNHCR 2/2016).

Der Besuch staatlicher Schulen ist palästinensischen Flüchtlingen untersagt, sie haben Zugang zu den (unterfinanzierten) UNRWA-Schulen. Palästinensische Studenten müssen sich auf die für Ausländer reservierten 10% der Studienplätze bewerben. Für ihre Schulbildung und gesundheitliche Versorgung hängt die Lagerbevölkerung ausschließlich vom UNRWA-Hilfswerk bzw. Hilfeleistungen anderer NROs (z.B. des Palästinensischen Roten Halbmondes) ab (AA 30.12.2015). Sie haben nämlich keinen Zugang zum öffentlichen libanesischen Gesundheitssystem.

Bei UNRWA registrierte palästinensische Flüchtlinge werden grundsätzlich vom Gesundheitsdienst der UNRWA versorgt (AA 30.12.2015). Die UNRWA bietet umfassende primäre Gesundheitsversorgungsleistungen gratis an, allerdings stehen nicht alle Leistungen in allen Lagern zur Verfügung. Die UNRWA finanziert teilweise Behandlungen im sekundären und tertiären Bereich in Spitälern mit Verträgen mit der UNRWA (UNHCR 2/2016).och deckt diese Versorgung Leistungen der Nachsorge (qualifizierte Krankenhausversorgung) nur unzureichend ab (AA 30.12.2015). Angesichts hoher Arbeitslosigkeit und Armut können jedoch die hohen Kosten besonders für Personen mit chronischen Krankheiten oder mit Bedarf von komplexen Behandlungen unerschwinglich sein. Viele sind auf Hilfe von Verwandten, Freunden, NGOs oder Wohltätigkeitsorganisationen angewiesen und machen manchmal Schulden. Die Gesundheitsversorgung für palästinensische Flüchtlinge ist zudem chronisch unterfinanziert und kann den wachsenden Bedarf nicht decken. Auch die Lebensbedingungen in den Lagern werden mit einer Vielzahl physischer und psychischer Gesundheitsprobleme in Verbindung gebracht (UNHCR 2/2016).

Im April 2016 sorgten Demonstranten für die Suspendierung des Betriebs der UNRWA-Kliniken und -Schulen als Protest gegen Kürzungen bei der Gesundheitsversorgung (The New Arab 12.4.2016).

Die libanesische Armee beschränkt sich auf Zugangskontrollen zu den Lagern und die Sicherung der Umgebung. Die in den Lagern lebenden Palästinenser benötigen keine spezielle Erlaubnis, um sie zu verlassen. Die Sûreté Générale stellt registrierten palästinensischen Flüchtlingen Reisedokumente (Document de Voyage) aus.

Palästinensische Flüchtlinge, die im Land leben, können nicht die libanesische Staatsbürgerschaft erhalten und sind staatenlos (USDOS 13.4.2016). Palästinenserinnen können per Gesetz durch Heirat die libanesische Staatsbürgerschaft erlangen, doch werden ihnen häufig gesetzlich nicht vorgesehene administrative Hürden in den Weg gestellt (z.B. Einbürgerung erst nach Geburt eines Sohnes). Libanesische Frauen, die mit einem Palästinenser (oder anderem Ausländer) verheiratet sind, können ihre Staatsangehörigkeit weder an ihren Ehemann, noch an ihre Kinder weitergeben (AA 30.12.2015).

PalästinenserInnen dürfen, anders als andere Ausländer, seit 2001 keinen Grund und Boden mehr erwerben (AA 30.12.2015). Sie dürfen ihn auch nicht weitergeben oder erben (UNHCR 2/2016).

Auch wenn einige Berufe den Palästinensern zugänglich gemacht werden, bestehen rechtliche Hindernisse und gesellschaftliche Diskriminierung. So wird von Palästinensern stets eine Arbeitserlaubnis verlangt; freie Berufe (Arzt, Rechtsanwalt etc.) können nicht ausgeübt werden (AA 30.12.2015).

Palästinenserinnen können per Gesetz durch Heirat die libanesische Staatsbürgerschaft erlangen, doch werden ihnen häufig gesetzlich nicht vorgesehene administrative Hürden in den Weg gestellt (z.B. Einbürgerung erst nach Geburt eines Sohnes). Libanesische Frauen, die mit einem Palästinenser (oder anderem Ausländer) verheiratet sind, können ihre Staatsangehörigkeit weder an ihren Ehemann, noch an ihre Kinder weitergeben. Besonders schwierig ist die Lage palästinensischer Flüchtlinge, die weder über eine Registrierung bei UNRWA, noch beim libanesischen Staat verfügen (ca. 3.000 Personen). Diese so genannten "Non-ID-Palestinians" laufen Gefahr, wegen illegalen Aufenthalts verhaftet zu werden, sobald sie die Lager verlassen. Auch wenn auf Drängen (nicht zuletzt der EU) bisher ca. 1.000 Identitätsnachweise ausgestellt wurden, bleibt die Rechtsstellung der betroffenen Personen unverändert prekär (AA 30.12.2015).

Die Sicherheitslage in den Lagern (egal ob offiziell oder nicht) kann schnell eskalieren (lokale Schießereien, teilweise Bombenexplosionen). Aufgrund eines im April 2015 erfolgten Bombenanschlags auf einen hohen Fatah-Funktionär scheint eine Verschärfung der Lage zumindest in manchen Flüchtlingslagern möglich, zumal sich die Situation schon vorher verschlechtert hatte.

Die palästinensischen Flüchtlingslager sind der Kontrolle durch staatliche Gewalt weitgehend entzogen. Die libanesische Armee beschränkt sich auf Zugangskontrollen und die Sicherung der Umgebung. Die Sicherheit innerhalb der Lager wird teilweise durch palästinensische bewaffnete Ordnungskräfte und Volkskomitees gewährleistet, die von der jeweils politisch bestimmenden Fraktion gestellt werden (AA 30.12.2015). Die Gruppen variieren von Lager zu Lager. In den Lagern verfügen alle palästinensischen Gruppen einschließlich Fatah, linke Gruppen und jihadistische Fraktionen über Waffen und Milizionäre. Politische Konflikte und der Konkurrenz um Einfluss führen zu politische motivierten Morden und sporadischen Kämpfen sowohl unter palästinensischen wie nicht-palästinensischen Gruppen, wobei die Zivilbevölkerung von Auseinandersetzungen oft betroffen ist. Gelegentlich wirken sich auch innerlibanesische Konflikte in den in Lagern aus, indem dort bewaffnete libanesische Milizionäre Zuflucht suchen oder mit palästinensischen bewaffneten Gruppen zusammenarbeiten. Es gibt auch Besorgnis über die Infiltrierung der Lager durch radikale islamistische Gruppen wie den "Islamischen Staat" oder Al Qaida. Außerdem tragen noch kriminelle Netzwerke, die in Drogen- und Waffenschmuggel sowie Prostitution verwickelt sind, zur Unsicherheit bei (UNHCR 2/2016).

Die Sicherheitslage in den 12 offiziellen Palästinenserlagern im Libanon ist nach UNRWA- Angaben sehr besorgniserregend. Seit Yassir Arafats Tod seien in den Palästinenserlagern im Libanon 17-18 verschiedene Fraktionen vertreten, die in etwa in drei gleich große Blöcke zerfallen: Fatah, Hamas und die der IS-Ideologie nahestehenden islamistischen Kräfte. Die Islamisten in den Lagern seien nach UNRWA-Angaben zwar noch nicht militant, dass dieser Fall aber früher oder später eintreten werde, sei vorprogrammiert.

Es kam in letzter Vergangenheit (ca. seit Jahreshälfte 2015) verstärkt zu Sicherheitsproblemen in den Palästinenserlagern - insbesondere im Lager Ain El Helweh im Süden des Libanon. Gründe sind Machtkämpfe zwischen der Fatah - Hamas und den Islamisten. Ein Beispiel dafür ist die Explosion eine Autobombe beim Eingang des Palästinenserlager Ain El Helweh (auch Ain El Helwe geschrieben) am 12.4.2016. Bei der Explosion soll der Fatah Funktionär Fathi Zaydan (angeblicher Generalsekretär der Fatah-Bewegung für das palästinensische Lager Mieh Mieh 4 Km östlich von Saida) getötet worden sein. Ob es noch weitere Tote oder Verletzte gab ist derzeit noch nicht bekannt (VB 17.4.2016).

Immer wieder kommt es speziell in den Lagern Mie-Mie und Ain-el-Hilwe zu schweren bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen extremistischen Gruppierungen (Jund al-Scham, Abdullah-Azzam-Brigaden etc.). Die libanesischen Sicherheitskräfte greifen in diese Auseinandersetzungen nicht ein (AA 30.12.2015). Eine Ausnahme ist Nahr el-Bared (UNHCR 2/2016).

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Die PLO soll ca. 100 schwer bewaffnete Kämpfer in das Lager Ain al Hilweh, das mitten in Saida gelegene größte Palästinenserlager im Libanon, eingeschleust haben. Ain al Hilweh mit seinen ca. 100.000 Bewohnern, ist wie alle anderen Palästinenserlager ein rechtsfreier Raum, in denen neben Extremisten auch zahlreiche Kriminelle Zuflucht finden. Unbestätigten Quellen zufolge wussten die libanesischen Sicherheitsbehörden von der Einschleusung der bewaffneten PLO-Kämpfer in das Lager. Man habe dies auch zugelassen, weil man im Libanon ein weiteres islamistisches Palästinenserlager verhindern will (VB 17.4.2016). Junge Männer mit begrenzten Arbeitsmöglichkeiten treten wahrscheinlicher bewaffneten Gruppen bei (UNHCR 2/2016).

Einer Umfrage aus dem Jahr 2015 ergab, dass sich 61 Prozent der palästinensischen Flüchtlinge und 57 Prozent der palästinensischen Flüchtlinge aus Syrien in den Lagern unsicher fühlten. Sowohl durch libanesische Sicherheitskräfte als auch durch palästinensische Gruppen führten willkürliche Verhaftungen durch. Letztere verfügen über eigene Gefängnisse in den Lagern und ein eigenes Justizsystem außerhalb staatlicher Kontrolle.

PalästinenserInnen können Schikanen, Drohungen oder Misshandlungen durch die Milizen in den Lagern ausgesetzt sein. Ob eine Person Schutz bei einer Fraktionen, den Volks-/Sicherheitskomittees (auch Lagerräte) der Gruppen erhalten könne, hängt von der politischen Zugehörigkeit der betroffenen Person und/oder ihren Beziehungen zu einflussreichen Personen oder Familien ab (UNHCR 2/2016).

Grundversorgung/Wirtschaft

Vor dem Bürgerkrieg 1975 zählte der Libanon zu den bedeutendsten Finanzzentren im Nahen Osten. Das während des Bürgerkriegs geflohene Kapital kam mit dem Ende des Krieges nicht zurück, womit es dem Libanon an wichtigen Investitionen für den Wiederaufbau fehlte. Der Libanon ist heute mit etwa 60 Milliarden US$ überschuldet. Der Schuldendienst machte 2012 annähernd 43% der Staatsausgaben aus, die Staatsverschuldung "entsprach 150% des BIP. Die wichtigste Ressource und größte Einnahmequelle des Landes sind seine gut ausgebildeten Arbeitskräfte ", die aus dem Ausland Devisen in den Libanon überweisen. Die Alphabetisierungsrate liegt bei 89,6 %. Das BIP des Libanon wird zu 8 % durch den Agrarsektor, zu 23 % durch den Industriesektor und zu 69 % durch den Dienstleistungssektor erwirtschaftet. Dabei erzielt das Land seit Jahren hohe Handelsbilanzdefizite. Durch die starken innenpolitischen Turbulenzen und nicht zuletzt durch den Syrienkonflikt ist für das laufende Jahr davon auszugehen, dass das Handelsbilanzdefizit von 13,71 Milliarden US-Dollar im Jahr 2010 bei weitem übertroffen wird. Die Exporte in die Golfstaaten sind komplett eingebrochen. Die politische Lage hat dieses Jahr ebenfalls den Tourismussektor massiv beschädigt, so dass die Arbeitslosigkeit die 30 % Hürde erreichen wird. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt Schätzungen zu Folge bei über 54 % was die Arbeitsmigration aus dem Libanon verstärkt. Insbesondere gut ausgebildete Ingenieure, Ärzte und Betriebswirte verlassen das Land. Notwendige Investitionen bleiben aus, der Anteil von Armut (unter 2 $ pro Tag) erreicht 28 Prozent. (GIZ 6/2015).

Durch die Krise in Syrien sind die Einnahmen der Regierung um 1,5 Milliarden gesunken, während gleichzeitig der zusätzliche Bedarf an öffentlichen Dienstleistungen eine Steigerung der Ausgaben um 1,1 Milliarden zur Folge hatte (FM Review 26.1.2015). Der anhaltende Flüchtlingsstrom aus Syrien hat zur Folge, dass die Mieten steigen, die Löhne sinken. Viele Libanesen klagen, dass sie keine Jobs mehr finden (BBC 5.1.2015). Nachdem der [vor der aktuellen Syrienkrise stattgefundene] wirtschaftliche Boom immer mehr Bewohner der Dörfer des Umlandes in die Hauptstadt gelockt hat, hat sich die Wohnungssituation erheblich verschlechtert. (BAMF 8/2014).

Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist u.a. über Nothilfemaßnahmen des Sozialministeriums gewährleistet. Ein erheblicher Teil der Bevölkerung, insbesondere im Nord-Libanon (Akkar-Gebiet) und in der nördlichen Bekaa-Ebene (insb. Hermel-Gebiet) sowie in Süd-Libanon, lebt unterhalb der Armutsgrenze. Insgesamt lebten 2015 nach Angaben von UNDP ca. 30% der Bevölkerung mit weniger als 4 US-Dollar pro Tag. Die Arbeitslosenrate liegt bei ca. 30%. Darüber hinausgehende belastbare Zahlen liegen mangels Zensus und politisch nicht erwünschter Statistik zu den Bevölkerungsanteilen nicht vor, doch dürfte sich die Situation aufgrund des starken Zuzugs syrischer Flüchtlinge weiter verschlechtern. Bedürftige Personen können nur sehr eingeschränkt auf staatliche Unterstützung zählen, es existieren weder eine allgemeine Arbeitslosen- noch eine Rentenversicherung (nur eine arbeitsrechtliche Austrittsprämie, die mit Blick auf die Arbeitsjahre berechnet wird). Wesentliches Element sozialer Sicherung ist die Familie, daneben karitative und religiöse Einrichtungen (immer nur für die jeweilige Religionsgruppe). Es gibt keine speziellen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (AA 30.12.2015).

Quellen:

http://www.fmreview.org/en/syria/zetter-ruaudel.pdf, Zugriff 26.1.2015

https://www.liportal.de/libanon/wirtschaft-entwicklung/; Zugriff 11.4.2016

Medizinische Versorgung

Die ärztliche Versorgung im Libanon kann als zufriedenstellend gelten, vor allem dank der Tatsache, dass praktisch sämtliche Medikamente verfügbar sind. Der Libanon verfügt über 24 öffentliche und 138 privat geführte Krankenhäuser. Daneben betreiben NGOs und politische Parteien etwa 760 örtliche Kliniken. Gemäß Angaben des Gesundheitsministeriums gibt es im Libanon 11.186 Ärzte, 4.200 Zahnärzte und 4667 Apotheker. Daneben praktizieren landesweit etwa 200 Psychologen, 48 Psychiater, 39 Psychoanalytiker (GIZ 9/2015) Der Libanon weist die höchste Pro-Kopf-Zahl an Ärzten im Nahen Osten auf und bietet fachärztliche Behandlungsmöglichkeiten jeder Richtung. Die hohe Zahl an Medizinern (1/270 Einwohner) und die moderne, hoch entwickelte Technologie des Landes gewährleisten eine schnelle und umfassende, jedoch sehr teure medizinische Versorgung AA 30.12.2015). Libanon verfügt über die besten Krankenhäuser und Ärzte der Region (GIZ 9/2015). Die Ärzteschaft umfasst viele Spezialisten, die zu einem großen Teil im westlichen Ausland studiert und auch praktiziert haben. Auch sehr spezielle Behandlungen (Operationen am offenen Herzen, Krebstherapien) können im Land durchgeführt werden. Die Nachversorgung kriegsbedingter Behinderungen ist möglich (inkl. Transplantationen). Lediglich Patienten mit sehr seltenen oder schweren Erkrankungen müssen zwingend ins Ausland überwiesen werden, etwa schwerste Brandverletzungen (AA 30.12.2015). Natürlich sind die besten und höchst-spezialisierten medizinischen Einrichtungen in und um Beirut herum konzentriert. (BAMF 8/2014).

Trotzdem ist die Versorgung im ländlichen Bereich mäßig. Zudem sind die qualitativen Unterschiede zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor sehr groß (GIZ 9/2015).

Die Gesundheitsversorgungseinrichtungen sind überlastet (SOS Children's Villages 4.4.2014, vergleiche 11.11.2013, World Policy 29.4.2015, WHO 1/2016). Staatliche Krankenhäuser gibt es in allen größeren Städten. 95% der medizinischen Versorgung wird von den privaten Krankenhäusern übernommen. Hier besteht ein Überangebot an medizinischen Leistungen, während der öffentliche Gesundheitssektor personell unterbesetzt und schlecht ausgestattet ist (AA 30.12.2015).

Nur ein kleiner Teil der Libanesen ist Mitglied der Nationalen Sozialversicherungskasse (Caisse nationale de la sécurité sociale, CNSS "). Das Gesundheitsministerium wendet 80 % seines Budgets für die Bezahlung privater Krankenhäuser auf, um die Kosten der medizinischen Betreuung von Patienten abzudecken, die nicht sozial- bzw. privatversichert sind und ihre Krankenhausrechnung nicht bezahlen können. Damit ist der Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu Gesundheitsdiensten sehr hoch. Die Sterblichkeit bei Müttern und Säuglingen ist im Libanon geringer als in den meisten Ländern der Region.

Da das nationale Gesundheitsprogramm sich nur auf Personen erstreckt, die seit mehr als 10 Jahren libanesische Staatsbürger sind und nicht vom Nationalen Sicherheitsplan oder anderen staatlichen Versicherungen abgedeckt werden, fallen große Teile der im Libanon lebenden Menschen aus dem Versorgungssystem heraus. Insbesondere ist die Gruppe der palästinensischen Flüchtlinge betroffen. Staatenlose [Anm.: Ausnahme UNRWA-Flüchtlinge] und andere Flüchtlinge sind auf sozial-karitative Organisationen angewiesen. Das libanesische Rote Kreuz ist die größte private Organisation unter den zahlreichen karitativ und konfessionell tätigen Vereinigungen (GIZ 9/2015).

Neben privater wie staatlicher Krankenversicherung können Behandlung und Medikation für mittellose und/oder aus dem Ausland zurückkehrende Libanesen durch eine Überweisung des Gesundheitsministeriums an dessen Vertragskrankenhäuser (darunter auch renommierte Kliniken wie das American University Hospital oder das Hôtel Dieu in Beirut) und Vertragsärzte erfolgen. Die Vertragskrankenhäuser des Gesundheitsministeriums sind verpflichtet, vom Gesundheitsministerium zugewiesene Patienten im Rahmen einer monatlichen Quote aufzunehmen. Sie wehren sich gelegentlich - soweit diese Quote überschritten wird oder besonders "teure" Fälle darunter sind - mit juristischen oder bürokratischen Maßnahmen gegen die Überweisung oder versuchen Einzelpersonen an eine karitative Organisation "weiterzureichen". Darüber hinaus muss der Patient bis zu 10-15 % der Kosten selbst zahlen, sofern nicht seine Mittellosigkeit förmlich durch das Gesundheitsministerium festgestellt wurde. Parallel existiert ein vom Gesundheits- und Sozialministerium gefördertes Netzwerk von "Erstversorgungseinrichtungen", die häufig von Nichtregierungsorganisationen betrieben werden. Diese nehmen einfache Behandlungen (Impfungen/ Gabe von Generika/ Röntgen etc.) gegen eine Gebühr von ca. 5-10 US-Dollar vor. Nicht-palästinensische Flüchtlinge und Ausländer haben keinen Zugang zur staatlichen Krankenversorgung und müssen ihre Behandlungskosten selbst tragen oder eine private Krankenversicherung abschließen. Für ältere Personen oder bei Vorerkrankungen kann es ausgeschlossen oder prohibitiv teuer sein, eine private Krankenversicherung abzuschließen.

Rückkehrer können grundsätzlich auch eine - allerdings kostspielige - private Krankenversicherung abschließen. Alle international gängigen Medikamente sind in Libanon erhältlich. Die Einfuhr von Medikamenten aus Deutschland ist möglich (AA 30.12.2015).

Quellen:

Zugriff am 18.4.2016

http://www.worldpolicy.org/blog/2015/04/29/lebanon%E2%80%99s-health-care-strained-syrian-crisis;
Zugriff am 15.4.2016

Behandlung nach Rückkehr

Es sind keine Fälle bekannt, in denen libanesische Staatsangehörige, die aus Deutschland abgeschoben wurden, aus diesem Grund eine diskriminierende Behandlung in Libanon erfahren haben. Sie werden - wie alle Einreisenden - von den Sicherheitsbehörden überprüft. Ein besonderes staatliches Interesse an dieser Personengruppe ist nicht erkennbar. Bisher ist auch kein Fall bekannt geworden, in dem die unfreiwillige Rückkehr eines abgelehnten Asylbewerbers staatliche Repressionsmaßnahmen ausgelöst hätte. In Abwesenheit verurteilte Personen werden bei der Einreise in Strafhaft genommen und verbüßen die verhängte Haftstrafe. Sie haben unmittelbar nach Haftantritt die Möglichkeit, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen. Das Verfahren wird vollständig neu durchgeführt, und es gilt das Verbot der reformatio in peius ("Verböserung"). In diesen Fällen sind keine Vorwürfe von Folter oder Misshandlung bekannt geworden. Allerdings werden gelegentlich Fälle von Exil-Libanesen bekannt, denen wegen SLA-Aktivitäten [Anm.: Südlibanesische Armee - pro-israelische Miliz bis zum israelischen Abzug aus dem Südlibanon im Jahr 2000] in der Vergangenheit die Wiedereinreise in den Libanon verweigert wird.

Es gibt keine speziellen Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (AA 30.12.2015).

Quellen:

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der BF, der von ihnen vorgelegten Beweismittel, der bekämpften Bescheide und des Beschwerdeschriftsatzes, die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht, die Einsichtnahme in die im Beschwerdeverfahren eingelangten Beweismittel, die ergänzende Heranziehung aktueller länderkundlicher Informationen zur allgemeinen Lage in Kuwait sowie im Libanon sowie die amtswegige Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters und des Grundversorgungsdatensystems die BF betreffend.

2.2. Die Identität und Staatsangehörigkeit der BF sowie ihre Volksgruppenzugehörigkeit, Religionszugehörigkeit und regionale Herkunft konnten aufgrund ihrer glaubwürdigen, weil in Übereinstimmung mit den von ihnen vorgelegten Dokumenten stehenden und über das gesamte Verfahren hinweg gleichlautenden Angaben festgestellt werden, gleiches gilt für die Feststellungen zu ihrem Bildungsniveau sowie ihren aktuellen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen im Herkunftsstaat sowie in Österreich.

Im Hinblick auf die Staatsbürgerschaft der BF3-BF5 ist auszuführen, dass diese zwar im Verfahren bisher als libanesische Staatsbürger geführt wurden, sich jedoch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergab, dass diese tatsächlich staatenlos sind, zumal aus den Länderberichten betreffend den Libanon, welche im Rahmen der Verhandlung erörtert wurden, die Staatsbürgerschaft lediglich vom Vater an die Kinder weitergegeben werden darf, jedoch nicht von der Mutter.

Die Feststellung zur Konversion des BF1 zum Christentum ergibt sich aus den vom BF vorgelegten diesbezüglichen Unterlagen in Verbindung mit seinen gleichlautenden Angaben zu diesem Themenbereich.

2.3. Zur allgemeinen länderkundlichen Lage in Kuwait bzw. im Libanon nahm das erkennende Gericht Einsicht in die diesbezüglich verfügbaren jüngsten Berichte sowie in die dem Gericht intern zur Verfügung stehenden täglichen Presseberichte, aus denen sich das oben dargestellte Gesamtbild ergab. Ein davon abweichendes Vorbringen der BF lag nicht vor.

2.4. Zur Feststellung fehlender individueller Verfolgung der BF vor der Ausreise bzw. der fehlenden Gefahr einer solchen pro futuro ist auszuführen:

Zusammengefasst machten sowohl der BF1 als auch die BF2 eine asylrelevante Verfolgung durch die Familienangehörigen des BF1 aufgrund dessen Konversion zum Christentum bzw. der Eheschließung mit einer Christin, nämlich der BF2, geltend.

Das Vorbringen der BF zu den Fluchtgründen erweist sich jedoch insofern als nicht glaubhaft, zumal es im Rahmen der Schilderung des asylrelevanten Vorfalls durch den BF1 und die BF2 zu mehreren relevanten Widersprüchen kam und sich das Fluchtvorbringen der BF zudem auch aus anderen Gründen teilweise als unplausibel und nicht nachvollziehbar erweist.

So ist zunächst schon einmal auf die mehrfachen Widersprüche des BF1 im Hinblick auf seine Aussagen in der Erstbefragung in Zusammenschau mit seinem Vorbringen vor dem BFA sowie vor dem Bundesverwaltungsgericht hinzuweisen:

Während er nämlich in der Erstbefragung noch angab, dass der von ihm als fluchtauslösende Vorfall dargestellte Übergriff seines Vaters und seines Bruders auf ihn im Haus des Vaters des BF stattgefunden habe und er noch am selben Tag mit seiner Frau zu einer befreundeten Familie und in Folge nach Beirut geflohen sei (AS 15), stellte er sein Fluchtvorbringen beim BFA auf gänzlich andere Weise dar, indem er dort behauptete, dass er vor der Kirche von seinem Vater und seinem Bruder tätlich angegriffen worden sei (AS 73). Er rechtfertigte sich dann nach Vorhalt der widersprüchlichen Angaben zwar insofern, als er angab, dass es vor dem Vorfall in der Kirche einen kleinen Zwischenfall gegeben habe und sich dieser Zwischenfall eben in der Wohnung seines Vaters ereignet habe, welchen er in der Erstbefragung geschildert habe, jedoch steht diese Erklärung mit den weiteren Aussagen des BF1 in Widerspruch: So gab er nämlich noch zuvor in der Einvernahme an, dass es lediglich einen einzigen Vorfall gegeben habe (AS 75) und stimmt diese Erklärung zudem auch nicht mit der vorherigen Aussage des BF in der Erstbefragung überein, dass er nach dem Übergriff im Haus seines Vaters noch am selben Tag geflüchtet sei (AS 15). Auch die weitere Erklärung des BF1 im Rahmen seiner Einvernahme, wonach man ihm bei der Erstbefragung nicht die Gelegenheit gegeben habe, die Chronik zu erläutern und aus diesem Grund die zeitlichen Ungereimtheiten entstanden seien, vermag nicht zu überzeugen, zumal es sich hier um gänzlich unterschiedliche zeitliche Darstellungen handelt, die miteinander letztendlich nicht in Einklang zu bringen sind. Auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der BF1 zudem im Hinblick darauf befragt, weshalb er beim BFA einerseits angegeben habe, dass der Vorfall in der Kirche der einzige Vorfall gewesen sei, während er andererseits zwei verschiedene Vorfälle geschildert hat, jedoch konnten auch seine diesbezüglichen Angaben zu keiner Klärung seiner unterschiedlichen Angaben führen, zumal er dort lediglich angab, dass der Vorfall in der Kirche der fluchtauslösende Vorfall gewesen sei und der erste Vorfall nicht direkt zu seiner Ausreise geführt habe, was jedoch mit seiner Aussage in der Erstbefragung, wonach er noch selben Tag nach dem Übergriff in der Wohnung seines Vaters geflüchtet sei, nicht in Einklang zu bringen ist. Die Rechtfertigung des BF1 in der Einvernahme vor dem BFA, wonach es sich beim Übergriff in der Wohnung seines Vaters lediglich um einen "kleinen Zwischenfall" gehandelt habe (AS 79), steht zudem auch nicht in Einklang mit den Schilderungen dieses Vorfalls im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht, wo der BF1 angab, dass er von seinem Bruder geschlagen sowie am Kopf sowie auf der Stirn verletzt worden sei Sitzung 13 des Protokolls der Verhandlung), was sich wohl nicht lediglich als "kleiner Zwischenfall" bezeichnen lässt.

Ein weiterer Widerspruch zwischen den Aussagen des BF1 vor dem BFA und im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht ergab sich auch im Hinblick auf das Vorbringen des BF1, wonach sein Bruder seine Kette mit Kreuz gesehen habe und ihn daraufhin geschlagen habe, zumal er diese Episode vor dem BFA im Rahmen der Schilderung des Vorfalls vor der Kirche darstellte (AS 73), während er in der mündlichen Verhandlung angab, dass sich diese Episode in Zusammenhang mit den Übergriffen seines Vaters und seines Bruders im Haus seines Vaters ergab Sitzung 13 des Protokolls der Verhandlung). Es ist zudem auch nicht nachvollziehbar, wie das Tragen einer Kette mit einem Kreuz mit der Behauptung des BF1, dass er seine Konversion immer verheimlicht hat, in Einklang zu bringen ist.

Im Hinblick auf die Schilderung des Fluchtgrundes durch die BF2 ist weiters auszuführen, dass die BF2 vor dem BFA von lediglich einem Übergriff sprach, und erst im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht dazu überging, auch den zweiten Übergriff auf den BF1 in der Wohnung von dessen Vater vorzubringen, was ein weiteres Indiz für die mangelnde Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der BF ist.

Abgesehen von den Widersprüchen in der Darstellung der fluchtauslösenden Vorfälle ist auszuführen, dass sich das Vorbringen der BF auch insofern als nicht glaubhaft erweist, zumal es nicht nachvollziehbar ist, dass die Familie des BF1 über einen Zeitraum von immerhin vier Jahren nichts von dessen Konversion zum Christentum bzw. dessen Eheschließung mit einer Christin mitbekommen haben soll, obwohl dieser gemäß seinen Aussagen regelmäßig mit seiner Familie in Kontakt gestanden ist und diese auch immer wieder besucht hat. So lebten der BF1 und die BF2 gemäß ihren Aussagen nach ihrer Eheschließung im Jahr 2010 sogar ständig gemeinsam in derselben Wohnung und es ist in diesem Zusammenhang nicht plausibel, dass die Familie des BF1 angesichts des regelmäßigen Kontakts des BF1 mit seiner Familie weder dessen Adresse kannte noch ihn jemals dort besuchte bzw. auf andere Weise mitbekam, dass er dort zusammen mit seiner Ehefrau wohnhaft war.

Auch die Tatsache, dass der BF1 und die BF2 letztendlich ihre Flucht mittels eines Touristenvisums für Griechenland, welches sie noch vor dem Zeitpunkt der von ihnen geschilderten fluchtauslösenden Vorfälle beantragt hatten, antraten, deutet nicht darauf hin, dass diese tatsächlich aus Angst vor einer asylrelevanten Verfolgung Kuwait verlassen haben. Die diesbezügliche Erklärung des BF1, wonach sie ursprünglich auf Urlaub nach Griechenland fahren wollten und sich jedoch die Lage geändert habe und sie daraufhin flüchten mussten, scheint wenig überzeugend und ist hier von einer Schutzbehauptung auszugehen. Zudem ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass der BF1 noch vor dem BFA davon sprach, dass er mit seiner Frau lediglich auf Urlaub nach Griechenland fahren wollte, während er dann vor dem Bundesverwaltungsgericht behauptete, dass sie geplant hätten, zu einer Hochzeit eines Freundes in Griechenland zu fahren, wobei seine Frau schließlich keine Zeit gehabt habe und er letztendlich zunächst allein nach Griechenland flog und danach wieder nach Kuwait zurückkehrte. Diesbezüglich ist jedoch festzustellen, dass er vor dem BFA eine derartige Hochzeit gar nicht erwähnte und vielmehr davon auszugehen ist, dass er die Hochzeit als Vorwand benutzte, um eine Erklärung für seine (erste) Ausreise nach Griechenland zu haben.

Auch die Tatsache, dass die BF letztendlich über einen Zwischenstopp im Libanon ihre Ausreise nach Griechenland begannen, deutet vielmehr auf eine geplante Ausreise aus dem Herkunftsland und nicht auf eine überstürzte Flucht hin, zumal auch gemäß den Aussagen der BF ein (Touristen)Visum für den BF1 für den Libanon lange vorher beantragt werden muss und somit nicht nachvollziehbar ist, weshalb die BF nicht direkt nach Griechenland geflogen sind.

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass auch sowohl der BF1 als auch die BF2 übereinstimmend angaben, dass sie zunächst gar nicht an Asyl gedacht hätten, sondern lediglich auf der Suche nach einem Land gewesen seien, in welchem sie leben könnten (AS 69-BF1; Sitzung 24 des Protokolls der Verhandlung). Dies steht auch weiters im Einklang mit der Aussage des BF1 vor dem BFA, wo er angab, dass er am 08.08.2014 in Österreich eingereist sei und erst am 18.08.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, zumal ihm bei der Arbeitssuche beim AMS mitgeteilt worden sei, dass er mit seinem Visum nicht arbeiten dürfe und einen Asylantrag stellen solle, wenn er in Gefahr sei (AS 69). Auch dieser Aspekt deutet somit darauf hin, dass der BF1 und die BF2 sich nicht aufgrund asylrelevanter Verfolgung nach Österreich begeben haben, sondern letztendlich nur einen Asylantrag stellten, um eine legale Aufenthaltsmöglichkeit zu bekommen.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die von den BF geschilderten Übergriffe auf den BF1 durch seine Familienangehörigen auch keine asylrelevante Intensität aufweisen, zumal der BF1 in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht selbst angab, dass er nur leichte Verletzungen erlitten habe und keine schweren. Falls jedoch die Familienangehörigen des BF1 dem BF1 aufgrund dessen Konversion bzw. Heirat mit einer Christin tatsächlich nach dem Leben getrachtet hätte, so wäre im Gegensatz dazu anzunehmen, dass sie diesem zumindest im Rahmen des zweiten geschilderten Übergriffs schwere Verletzungen zugefügt hätten, weshalb es dem Fluchtvorbringen letztendlich auch an asylrelevanter Intensität mangelt.

Die erkennende Richterin geht letztendlich davon aus, dass es zwar durchaus möglich erscheint, dass der BF1 aufgrund seiner Konversion zum Christentum bzw. seiner Eheschließung mit einer Christin in Auseinandersetzungen mit seinen Familienangehörigen geraten ist, jedoch ist in Gesamtschau der bisherigen Ausführungen nicht davon auszugehen, dass der BF1 und die BF2 aus diesem Grund Kuwait verlassen haben.

Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass weder der BF1 noch die BF2 allfällige Probleme mit staatlichen Behörden geltend machten, sondern sogar selbst angaben, dass man als Christ normal in Kuwait leben könne (AS 77-BF1) bzw. sie keine Probleme mit den staatlichen Behörden hatten Sitzung 21 und 25 des Protokolls der Verhandlung) und sich somit ein näheres Eingehen auf das Argument eines gesellschaftlichen Drucks gegen die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion erübrigt Sitzung 26 des Protokolls der Verhandlung).

Der Vollständigkeit halber ist weiters zu erwähnen, dass die BF2 keine Probleme im Hinblick auf ihren eigenen Herkunftsstaat Libanon geltend machte und sich somit die Prüfung der Fluchtgründe auf die Situation der BF in Kuwait beschränkt.

In der Gesamtsicht dieser Erwägungen gelangte daher das erkennende Gericht in Übereinstimmung mit der belangten Behörde zum Schluss, dass im konkreten Fall keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden konnten, dass die BF Gefahr liefen, in ihren jeweiligen Herkunftsstaaten einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr asylrelevanter Art ausgesetzt zu sein.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zum Spruchteil A)

Gemäß Paragraph 6, BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BFA-VG, AsylG 2005, FPG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Absatz 2, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß Paragraphen 4,, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht vergleiche auch die Verfolgungsdefinition in Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 11, AsylG 2005, die auf Artikel 9, der Statusrichtlinie verweist).

Flüchtling iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK ist, wer sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Überzeugung, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde vergleiche VwGH 09.03.1999, 98/01/0370). Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr vergleiche VwGH 27.01.2000, 99/20/0519). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vergleiche VwGH 28.03.1995, 95/19/0041; 26.02.2002, 99/20/0509 mwN; 17.09.2003, 2001/20/0177) ist eine Verfolgungshandlung nicht nur dann relevant, wenn sie unmittelbar von staatlichen Organen (aus Gründen der GFK) gesetzt worden ist, sondern auch dann, wenn der Staat nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, Handlungen mit Verfolgungscharakter zu unterbinden, die nicht von staatlichen Stellen ausgehen, sofern diese Handlungen - würden sie von staatlichen Organen gesetzt - asylrelevant wären. Eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung kann nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewandt werden kann vergleiche VwGH vom 22.03.2003, 99/01/0256 mwN).

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist der Begriff der "Glaubhaftmachung" im AVG oder in den Verwaltungsvorschriften iSd ZPO zu verstehen. Es genügt daher diesfalls, wenn der [Beschwerdeführer] die Behörde von der (überwiegenden) Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der zu bescheinigenden Tatsachen überzeugt. Diesen trifft die Obliegenheit zu einer erhöhten Mitwirkung, dh er hat zu diesem Zweck initiativ alles vorzubringen, was für seine Behauptung spricht (Hengstschläger/Leeb, AVG Paragraph 45, Rz 3 mit Judikaturhinweisen). Die "Glaubhaftmachung" wohlbegründeter Furcht setzt positiv getroffene Feststellungen seitens der Behörde und somit die Glaubwürdigkeit der "hierzu geeigneten Beweismittel", insbesondere des diesen Feststellungen zugrundeliegenden Vorbringens des Asylwerbers voraus vergleiche VwGH 19.03.1997, 95/01/0466). Die Frage, ob eine Tatsache als glaubhaft gemacht zu betrachten ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung der Behörde (VwGH 27.05.1998, 97/13/0051).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung unter 2.4. dargestellt wurde, kommt dem Vorbringen der BF zu den behaupteten Fluchtgründen keine Glaubwürdigkeit zu, weshalb es den BF insgesamt nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Vor dem Hintergrund der Feststellungen zur Lage in Kuwait bzw. im Libanon sowie der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens kann daher nicht erkannt werden, dass den BF im Herkunftsstaat eine asylrelevante Verfolgung droht.

Die Beschwerden gegen Spruchpunkt römisch eins. der angefochtenen Bescheide sind daher gemäß Paragraph 28, Absatz 2, VwGVG in Verbindung mit Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abzuweisen.

Zur Nichtzuerkennung des subsidiären Schutzes:

Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen,

1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder

2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist,

wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Absatz eins, mit der abweisenden Entscheidung nach Paragraph 3, oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach Paragraph 7, zu verbinden.

Der (vormalige) Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 verwies auf Paragraph 57, Fremdengesetz (FrG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 75 aus 1997, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 126 aus 2002,, wonach die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig ist, wenn dadurch Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder das Protokoll Nr. 6 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum vormaligen Paragraph 57, FrG - welche in wesentlichen Teilen auf Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 übertragen werden kann - ist Voraussetzung für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten, dass eine konkrete, den Berufungswerber betreffende, aktuelle, durch staatliche Stellen zumindest gebilligte oder (infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt) von diesen nicht abwendbare Gefährdung bzw. Bedrohung vorliege. Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH 08.06.2000, 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben vergleiche VwGH 14.10.1998, 98/01/0122; 25.01.2001, 2001/20/0011). Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen (zB VwGH 26.06.1997, 95/21/0294; 25.01.2001, 2000/20/0438; 30.05.2001, 97/21/0560). Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 08.06.2000, 99/20/0203). Die bloße Möglichkeit einer dem Artikel 3, EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des Paragraph 57, FrG als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (VwGH 27.02.2001, 98/21/0427; 20.06.2002, 2002/18/0028).

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen vergleiche etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3, EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche VwGH jeweils vom 31.03.2005, 2002/20/0582, 2005/20/0095).

Die Anerkennung des Vorliegens einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Person, die als Zivilperson die Gewährung von subsidiärem Schutz beantragt, setzt nicht voraus, dass sie beweist, dass sie aufgrund von ihrer persönlichen Situation innewohnenden Umständen spezifisch betroffen ist. Eine solche Bedrohung liegt auch dann vor, wenn der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein vergleiche EuGH 17.02.2009, Elgafaji, C-465/07, Slg. 2009, I-0000, Rn 45).

Wie bereits oben ausgeführt wurde, haben die BF keine sie konkret drohende aktuelle, an asylrelevante Merkmale iSd Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität bzw. keine für eine aktuell drohende unmenschliche Behandlung oder Verfolgung sprechende Gründe glaubhaft vorgebracht und es kann daher nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass den BF in Kuwait bzw. im Libanon eine konkret und gezielt gegen ihre Person gerichtete Verfolgung maßgeblicher Intensität droht.

Dass den BF im Falle einer Rückkehr nach Kuwait bzw. in den Libanon die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3, EMRK überschritten wäre vergleiche diesbezüglich das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.07.2003, 2003/01/0059, zur dargestellten "Schwelle" des Artikel 3, EMRK), kann im Beschwerdefall nicht angenommen werden, zumal die BF über familiäre Anknüpfungspunkte im Herkunftsstaat verfügen. Vor dem Hintergrund der getroffenen Länderfeststellungen kann im Zusammenhalt mit dem genannten Vorbringen der BF daher nicht davon ausgegangen werden, dass der BF1 und die BF2 gemeinsam mit ihren Kindern in Kuwait bzw. im Libanon in ihrer Existenz bedroht wären.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die BF nach ihrer Rückkehr nach Kuwait bzw. in den Libanon in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnten, zumal es sich beim BF1 und der BF2 um junge, arbeitsfähige Personen handelt, von denen eine Teilnahme am Erwerbsleben erwartet werden kann. Es kann ihnen somit zugemutet werden, nach ihrer Rückkehr erneut eine Beschäftigung aufzunehmen und das für sie und ihre Familie zum Überleben Notwendige durch eigene Arbeit zu bestreiten, wie sie es auch vor ihrer Ausreise schon getan haben. So war der BF1 vor seiner Ausreise mehrere Jahre als Dolmetscher sowie bei einem amerikanischen Erdölunternehmen tätig und konnte von seinem Einkommen gut leben Sitzung 12 des Protokolls der Verhandlung). Die BF2 war in Kuwait als Kosmetikerin in einem Schönheitssalon und danach bei einem Fernsehsender tätig. Vor der Ausreise war die BF2 bei einem Fernsehsender tätig. Auch sie gab an, dass sie ein gutes Leben in Kuwait gehabt habe Sitzung 23 des Protokolls der Verhandlung). Letztendlich kann somit eine völlige Perspektivenlosigkeit für die BF in Kuwait bzw. im Libanon nicht erkannt werden. Zudem leben sowohl der Vater als auch die Geschwister des BF1 in Kuwait bzw. die Eltern und die Geschwister der BF2, zu welchen sie gemäß ihren eigenen Angaben ein gutes Verhältnis hat, im Libanon, wodurch den BF in Kuwait bzw. im Libanon auch ein familiäres Auffangnetz zur Verfügung steht. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu schützen, sondern einzig und alleine Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.

Weiters gilt es zu bedenken, dass der BF1 und die BF2 bis zum Alter von etwa 35 bzw. 33 Jahren in Kuwait bzw. im Libanon aufhältig waren, dort also den überwiegenden Teil ihres Lebens verbracht haben, die arabische Sprache beherrschen und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut sind.

Soweit der BF1 sowie die BF2 ihren Gesundheitszustand thematisieren, wird Folgendes erwogen:

Unbestritten ist, dass nach der allgemeinen Rechtsprechung des EGMR zu Artikel 3, EMRK und Krankheiten, die auch im vorliegenden Fall maßgeblich ist, eine Überstellung nach Kuwait bzw. in den Libanon nicht zulässig wäre, wenn durch die Überstellung eine existenzbedrohende Situation drohte und diesfalls das Selbsteintrittsrecht der Dublin römisch II VO zwingend auszuüben wäre.

In diesem Zusammenhang ist vorerst auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH vom 06.03.2008, Zl: B 2400/07-9) zu verweisen, welches die aktuelle Rechtsprechung des EGMR zur Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Artikel 3, EMRK festhält (D. v. the United Kingdom, EGMR 02.05.1997, Appl. 30.240/96, newsletter 1997,93; Bensaid, EGMR 06.02.2001, Appl. 44.599/98, newsletter 2001,26; Ndangoya, EGMR 22.06.2004, Appl. 17.868/03; Salkic and others, EGMR 29.06.2004, Appl. 7702/04; Ovdienko, EGMR 31.05.2005, Appl. 1383/04; Hukic, EGMR 29.09.2005, Appl. 17.416/05; EGMR Ayegh, 07.11.2006; Appl. 4701/05; EGMR Goncharova & Alekseytsev, 03.05.2007, Appl. 31.246/06).

Zusammenfassend führt der VfGH aus, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung in Artikel 3, EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (Fall D. v. the United Kingdom).

Die Rechtsprechung des EGMR (N vs UK, 27.05.2008) und Literaturmeinungen (Premiszl, Migralex 2/2008, 54ff, Schutz vor Abschiebung von Traumatisierten in "Dublin-Verfahren") bestätigen diese Einschätzung.

Aus diesen Judikaturlinien des EGMR ergibt sich jedenfalls der für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Prüfungsmaßstab:

Nach der geltenden Rechtslage ist eine Überstellung dann unzulässig, wenn die Durchführung eine in den Bereich des Artikel 3, EMRK reichende Verschlechterung des Krankheitsverlaufs oder der Heilungsmöglichkeiten bewirken würde (siehe Feststellungen des Innenausschusses zu Paragraph 30, AsylG); dabei sind die von den Asylbehörden festzustellenden Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat als Hintergrundinformation beachtlich, sodass es sich quasi um eine "erweiterte Prüfung der Transportfähigkeit" handelt.

Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Artikel 3, EMRK-Relevanz einer psychischen Erkrankung angesichts einer Abschiebung sind Aufenthalte in geschlossenen Psychiatrien infolge von Einweisungen oder auch Freiwilligkeit, die Häufigkeit, Regelmäßigkeit und Intensität der Inanspruchnahme medizinisch-psychiatrischer Leistungen, die Möglichkeit einer wenn auch gemessen am Aufenthaltsstaat schlechteren medizinischen Versorgung im Zielstaat sowie die vom Abschiebestaat gewährleisteten Garantien in Hinblick auf eine möglichst schonende Verbringung. Rechtfertigen diese Kriterien eine Abschiebung, hat eine denkmögliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder ungünstige Entwicklung des Gesundheitszustands zumeist außer Betracht zu bleiben, geschweige denn vermag die Verursachung von überstellungsbedingtem mentalen Stress eine Abschiebung unzulässig machen.

Im Hinblick auf die vom BF1 vorgebrachte Meningitis-Erkrankung sowie die vom BF1 und der BF2 vorgebrachten psychischen Probleme wird Folgendes erwogen:

Wie bereits erwähnt, geht der EGMR weiter davon aus, dass aus Artikel 3, EMRK grundsätzlich kein Bleiberecht mit der Begründung abgeleitet werden kann, dass der Herkunftsstaat gewisse soziale, medizinische od. sonst. unterstützende Leistungen nicht biete, die der Staat des gegenwärtigen Aufenthaltes bietet und kann nur unter außerordentlichen, ausnahmsweise vorliegenden Umständen kann die Entscheidung, den Fremden außer Landes zu schaffen, zu einer Verletzung des Artikel 3, EMRK führen {EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964 ("St. Kitts-Fall")}. Im Zusammenhang mit einer Erkrankung des Beschwerdeführers nahm der EGMR außerordentliche, ausnahmsweise vorliegende Umstände im "St. Kitts-Fall" an. Im Mai 1997 hatte der EGMR die Abschiebung eines HIV-infizierten Drogenhändlers, welcher laut medizinischen Erkenntnissen auch in Großbritannien bei entsprechender Behandlung nur mehr ca. 8 - 14 Monate zu leben gehabt hätte und sich somit im fortgeschrittenen Krankheitsstadium befand, aus Großbritannien auf seine Heimatinsel St. Kitts/kleine Antillen (Karibik) als "unmenschliche Behandlung" im Sinne des Artikel 3, der Europäischen Menschenrechtskonvention angesehen. Die im zitierten Erkenntnis beschriebene außergewöhnliche, exzeptionelle Notlage ( er hätte dort keinen Zugang zu medizinischer Versorgung und Betreuung, nicht einmal zu einem Pflegebett gehabt hätte und wäre so qualvollst, einsam und in extremer Armut gestorben) die ihn dort erwarte, würde seine Lebenserwartung deutlich reduzieren und ihn psychischem und physischem Leiden aussetzen. Diese Abschiebung war daher in diesem Einzelfall unzulässig (EGMR 02.05.1997 -146/1996/767/964).

Ähnlich entschied die Europäische Kommission für Menschenrechte 1998 im Falle eines AIDS-Kranken aus der Demokratischen Republik Kongo (B.B. gegen Frankreich, 9.3.1998, Nr. 30930/96). Auch die Kommission stellte auf die fortgeschrittene Erkrankung, die fehlende Behandlungsmöglichkeit in der Heimat mit der großen Gefahr opportunistischer Erkrankungen, fehlende familiäre Bindungen und die Übernahme der (medizinischen) Verantwortung Frankreichs durch die Behandlung ab und bejahte ein Abschiebungshindernis im Sinne des Artikel 3, EMRK.

In der Entscheidung vom 15.2.2000 (S.C.C. gegen Schweden, Nr. 46553 /99) kam der EGMR zu einer entgegen gesetzten Auffassung. Die Antragstellerin stammte aus Sambia. Sie machte geltend, es sei im Jahr 1995 eine HIV-Infektion bei ihr festgestellt worden, mit einer Therapie habe man im Jahr 1999 begonnen. Der EGMR verneinte eine Verletzung von Artikel 3, EMRK unter Berücksichtigung der Tatsachen, dass erst kürzlich mit einer Therapie begonnen worden sei, dass Verwandte in Sambia lebten und dass nach Vortrag der schwedischen Botschaft die Behandlung von AIDS in Sambia möglich sei.

Auch in seiner sonstigen, dem in die Literatur unter der "St. Kitts-Fall" bekannten Fall nachfolgenden Rechtsprechung hat der EGMR (unter Berücksichtigung der jeweils gegebenen konkreten Umstände) in keinem Fall eine derart außergewöhnliche - und damit vergleichbare - Situation angenommen vergleiche z.B. EGMR 10.11.2005, Paramsothy gegen die Niederlande [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom], EGMR 10.11.2005, Ramadan gegen die Niederlande, Nr. 35989/03 [Erkrankung an Depression, teils mit psychotischer Charakteristik], EGMR 27.09.2005, Hukic gegen Schweden, Nr. 17416/05 [Erkrankung am Down-Syndrom], EGMR 22.09.2005, Kaldik gegen Deutschland, Nr. 28526 [Erkrankung an Posttraumatischem Stresssyndrom mit Selbstmordgefahr], EGMR 31.05.2005, Ovdienko gegen Finnland, Nr. 1383/04 [Erkrankung an schwerer Depression mit Selbstmordgefahr], EGMR 25.11.2004, Amegnigan gegen die Niederlande, Nr. 25629/04 [HIV-Infektion], EGMR 29.06.2004, Salkic gegen Schweden, Nr. 7702/04 [psychische Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen], EGMR 22.06.2004, Ndangoya gegen Schweden, Nr. 17868/03 [HIV-Infektion], EGMR 06.02.2001, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich [Erkrankung an Schizophrenie]).

Die genannten allgemeinen Ausführungen gelten auch beim Vorliegen psychischer Erkrankungen bzw. Störungen. Zur Verdeutlichung der vom EGMR gesetzten Schwelle sei hier aus der Application no. 7702/04 by SALKIC and others against Sweden zitiert, wo es um die Zulässigkeit der Abschiebung schwer traumatisierter und teilweise suizidale Tendenzen aufweisende Bosnier nach Bosnien und Herzegowina ging, wobei hier wohl außer Streit gestellt werden kann, dass das bosnische Gesundheitssystem dem schwedischen qualitätsmäßig erheblich unterliegt:

"Das Gericht ist sich bewusst, dass die Versorgung bei psychischen Problemen in Bosnien-Herzegowina selbstverständlich nicht den gleichen Standard hat wie in Schweden, dass es aber dennoch Gesundheitszentren gibt, die Einheiten für geistige Gesundheit einschließen und dass offensichtlich mehrere derartige Projekte am Laufen sind, um die Situation zu verbessern. Auf jeden Fall kann die Tatsache, dass die Lebensumstände der Antragsteller in Bosnien-Herzegowina weniger günstig sind als jene, die sie während ihres Aufenthaltes in Schweden genossen haben, vom Standpunkt des Artikel 3, [EMRK] aus nicht als entscheidend betrachtet werden (siehe, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich Urteil, oben angeführt, Artikel 38,).

...

Abschließend akzeptiert das Gericht die Schwere des psychischen Gesundheitszustandes der Antragsteller, insbesondere den der beiden Kinder. Dennoch mit Hinblick auf die hohe Schwelle, die von Artikel 3, [EMRK] gesetzt wurde, besonders dort, wo der Fall nicht die direkte Verantwortlichkeit des Vertragsstaates für die Zufügung von Schaden betrifft, findet das Gericht nicht, dass die Ausweisung der Antragsteller nach Bosnien-Herzegowina im Widerspruch zu den Standards von Artikel 3, der Konvention stand. Nach Ansicht des Gerichtes zeigt der vorliegende Fall nicht die in seinem Fallrecht festgelegten außergewöhnlichen Umstände auf (siehe, unter anderem, D. gegen Vereinigtes Königreich, oben angeführt, Artikel 54,). Dieser Teil des Antrages ist daher offenkundig unbegründet."

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

Der Umstand, dass die medizinischen Behandlungsmöglichkeiten im Zielland schlechter sind als im Aufenthaltsland, und allfälligerweise "erhebliche Kosten" verursachen, ist nicht ausschlaggebend. In der Entscheidung HUKIC gg. Schweden, 27.09.2005, Rs 17416/05 wurde die Abschiebung des am Down-Syndrom leidenden Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina für zulässig erklärt und wurde ausgeführt, dass die Möglichkeit der medizinischen Versorgung in Bosnien-Herzegowina gegeben sei. Dass die Behandlung in Bosnien-Herzegowina nicht den gleichen Standard wie in Schweden aufweise und unter Umständen auch kostenintensiver sei, sei nicht relevant. Notwendige Behandlungsmöglichkeiten wären gegeben und dies sei jedenfalls ausreichend. Im Übrigen hielt der Gerichtshof fest, dass ungeachtet der Ernsthaftigkeit eines Down-Syndroms, diese Erkrankung nicht mit den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit zu vergleichen sei.

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Im vorliegenden Fall konnten somit seitens der BF keine akut existenzbedrohenden Krankheitszustände oder Hinweise einer unzumutbaren Verschlechterung der Krankheitszustände im Falle einer Überstellung nach Kuwait bzw. in den Libanon belegt werden, respektive die Notwendigkeit weitere Erhebungen seitens des Bundesverwaltungsgerichts. Aus der Aktenlage sind keine Hinweise auf das Vorliegen (schwerer) Erkrankungen ersichtlich.

Laut einhelliger Berichtslage ist sowohl in Kuwait bzw. im Libanon die medizinische Versorgung flächendeckend gewährleistet und zufriedenstellend. Im Hinblick auf den Libanon ist sogar darauf hinzuweisen, dass aus den Länderberichten hervorgeht, dass dort praktisch sämtliche Medikamente verfügbar sind und der Libanon sogar die höchste Pro-Kopf Dichte an Ärzten im Nahen Osten aufweist und fachärztliche Behandlungsmöglichkeiten jeder Richtung bietet. Dass diese möglicherweise nicht auf demselben (sehr hohen) Niveau wie in Österreich und nicht oder nicht zur Gänze kostenlos ist, spielt nach der zitierten Judikatur keine Rolle. Weiters ist in diesem Zusammenhang anzuführen, dass die vom BF1 geltend gemachte Meningitis-Erkrankung schon im Jahr 2015 festgestellt wurde und er diesbezüglich auch etwa 10 Tage lang im Juni 2015 stationär behandelt wurde. Er war danach weiters zu einer Kontrolle im Juli 2015 eine Nacht stationär im Krankenhaus aufhältig, wobei aus dem Entlassungsbericht hervorgeht, dass der BF1 mit deutlich rückläufiger Zellzahl sowie im Vergleich zum letzten Aufenthalt deutlich gebesserten Beschwerden nach Hause entlassen wurde. Derzeit steht der BF1 aufgrund der Meningitis-Erkrankung nicht in Behandlung und wurden auch keine weiteren aktuellen Befunde in diesem Zusammenhang vorgelegt. Im Hinblick auf die vom BF1 und auch der BF2 vorgebrachten psychischen Probleme ist auszuführen, dass beim BF1 im Mai 2016 eine Anpassungsstörung diagnostiziert wurde und der BF1 diesbezüglich medikamentös (Trittico) in Behandlung steht. Die BF2 steht aufgrund ihrer Depressionen in psychotherapeutischer Behandlung. Angesichts der Berichtslage hinsichtlich der guten medizinischen Versorgung sowohl in Kuwait als auch im Libanon kann davon ausgegangen werden, dass sowohl der BF1 als auch die BF2 ihre jeweiligen medizinischen Behandlungen in ihren jeweiligen Herkunftsländern fortsetzen können.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass der EGMR es für eine Artikel 3, EMRK-konforme Überstellung als ausreichend ansieht, dass Behandlungsmöglichkeiten [für Traumatisierte, hier aufgrund der identischen Interessenslage jedoch analog anwendbar] im Land der Überstellung verfügbar sind vergleiche Paramasothy v. Netherlands 10.11.2005; Ramadan Ahjeredine v. Netherlands, 10.11.2005, Ovidienko v. Finland 31.5.2005; Hukic v. Sweden, 27.9.2005), was im Herkunftsstaat hinsichtlich der von der BF vorgebrachten Erkrankung offensichtlich der Fall ist (Vgl. etwa den öffentlich zugänglichen WHO Mental Health Atlas 2005 [vgl. die bereits erörterte Berichtslage zum Gesundheitswesen im Herkunftsstaat.)

Ebenso ist davon auszugehen, dass Österreich in der Lage ist, im Rahmen aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausreichende medizinische Begleitmaßnahmen zu setzen (VwGH 25.4.2008, 2007/20/0720 bis 0723, VfGH v. 12.6.2010, Gz. U 613/10-10 und die bereits zitierte Judikatur; ebenso im h. Erk. vom 12.3.2010, B7 232.141-3/2009/3E zitierte Auskunft des Bundesministeriums für Inneres Abt. II/3/C, Fremdenpolizeiliche Zwangsmaßnahmen, in welcher mitgeteilt wurde, dass, wenn im Voraus bekannt sei, dass eine Problemabschiebung bevorstehe, vom Zeitpunkt der Festnahme an ein Amtsarzt bei der Amtshandlung zugegen sei. Für solche Fälle habe sich auch der stellvertretende Chefarzt des Bundesministeriums für Inneres bereit erklärt, für die ärztliche Versorgung zu sorgen. Es könne also davon ausgegangen werden, dass in solchen Fällen (bei Charterabschiebungen, ..., sei dies Standard) von Beginn der Amtshandlung bis zur Übergabe der betreffenden Person an die Behörden des Heimatlandes eine ärztliche Versorgung gewährleistet sei. Auch sei es bei derartigen Charterabschiebungen gängige Praxis, dass Vertreter des Menschenrechtsbeirates sowohl bei den Kontaktgesprächen als auch im Rahmen der Flugabschiebung als Beobachter dabei seien. Transporte von Kindern würden auch von speziell ausgebildeten weiblichen Beamten begleitet. Auch könne die hauseigene Psychologin des Bundesministeriums für Inneres beigezogen werden und mitfliegen, wenn man von dem Abschiebungsvorgang rechtzeitig Kenntnis erlange.

Aufgrund der getroffenen Ausführungen ist davon auszugehen, dass die BF nicht vernünftiger Weise (VwGH 9.5.1996, Zl.95/20/0380) damit rechnen müssen, in ihrem Herkunftsstaat mit einer über die bloße Möglichkeit (z.B. VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858, VwGH vom 14.10.1998. Zl. 98/01/0262) hinausgehenden maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer aktuellen (VwGH 05.06.1996, Zl. 95/20/0194) Gefahr im Sinne des Paragraph 8, AsylG ausgesetzt zu sein, weshalb die Gewährung von subsidiären Schutz ausscheidet.

Die Beschwerde zu Spruchpunkt römisch II. des angefochtenen Bescheides war daher abzuweisen.

Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und in den Fällen der Ziffer eins und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Ziffer eins bis 5 kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, vorliegt.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG iSd Artikel 8, EMRK geboten ist.

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Artikel 8, EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung - nunmehr Rückkehrentscheidung - nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind - wie in Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird - die oben genannten Kriterien zu berücksichtigen vergleiche VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Artikel 8, EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Die BF leben in Österreich als Ehepaar mit 3 minderjährigen Kindern im Alter von zum Stichtag 2 (BF3), 1 (BF4) und 1 (BF5) im Familienverband zusammen, wobei zwischen dem BF1 und der BF2 ein Familienleben schon im Herkunftsstaat bestanden hat. Sie haben auch gemeinsam den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Zwischen dem BF1 und seiner Ehefrau BF2 sowie seinen minderjährigen Kindern besteht ein schützenswertes Familienleben iSd Artikel 8, EMRK vergleiche etwa VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423; 08.06.2006, 2003/01/0600; 26.01.2006, 2002/20/0235). Eine Rückkehrentscheidung, die das Ehepaar und ihre Kinder zusammen betrifft, würde nicht in das Familienleben der BF eingreifen vergleiche VwGH 19.12.2012, Zl. 2012/22/0221; VwGH 19.09.2012, Zl. 2012/22/0143; EGMR 9.10.2003, Fall Slivenko, NL 2003, 263), die Rückkehrentscheidung nur gegen die Mutter, den Vater oder die Kinder hingegen sehr wohl.

Hinweise für ein darüber hinaus bestehendes Familienleben der BF in Österreich sind nicht hervorgetreten.

Im Fall der BF kommt erschwerend hinzu, dass diese aus verschiedenen Herkunftsstaaten stammen, nämlich Libanon sowie Kuwait bzw. staatenlos, und somit vor Erlassung einer Rückkehrentscheidung geprüft werden muss, ob die Familienmitglieder unter dem unter dem Blickwinkel des durch Artikel 8, EMRK geschützten Rechtes auf Familienleben - nach allfälliger vorübergehender Trennung - die Möglichkeit haben, ihr gemeinsames Familienleben in einem von mehreren Herkunftsstaaten der Familienmitglieder (oder einem anderen in Betracht kommenden Staat) zu führen (siehe VwGH vom 03.Mai 2016, 2016/18/0062 mit Verweis auf VwGH vom 15. Dezember 2011, 2010/18/0248, und vom 25. Oktober 2012, 2011/21/0270).

Eine solche Prüfung ergibt jedoch im Fall der BF ein negatives Ergebnis: So ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es sich beim BF1 um einen staatenlosen Palästinenser aus Gaza handelt, der zwar sein bisheriges Leben in Kuwait verbracht hat, jedoch wurde er dort niemals als Flüchtling anerkannt und erwarb er dort auch niemals die Staatsbürgerschaft. Aus den Länderfeststellungen betreffend Palästinenser in Kuwait geht weiters hervor, dass diese dort lediglich als Gastarbeiter betrachtet werden und darüber hinaus ihre Aufenthaltserlaubnis von ihrem Beschäftigungsstatus abhängt, da sie diese über ihren Arbeitgeber erhalten. Ihr Aufenthaltsrecht endet letztendlich, sobald ihre Beschäftigung endet. Das Gesetz in Kuwait sieht weiters keine Flüchtlingseigenschaft oder Asylgewährung vor und es gibt kein System zum Schutz der Flüchtlinge. Der BF1 hat durch sein Verlassen von Kuwait vor über drei Jahren seinen damaligen Arbeitsplatz aufgegeben, welcher gemäß seinen Aussagen inzwischen naturgemäß auch wieder besetzt wurde und er verfügt somit in Kuwait über keine Arbeitsstelle, über welche er als staatenloser Palästinenser ein Aufenthaltsvisum beantragen könnte. Es ist daher nicht davon auszugehen, dass der BF1 im Falle einer Rückkehr nach Kuwait über ein Aufenthaltsrecht verfügen würde.

Wie viele andere Palästinenser verfügt der BF1 zwar über einen jordanischen Reisepass, jedoch besitzt er dennoch nicht die jordanische Staatsbürgerschaft und hat auch nicht die Aussicht, eine solche zu erlangen (siehe dazu die diesbezügliche Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.09.2015 AS 109 ff). Ein derartiger Reisepass ist nur für zwei Jahre gültig und ist in diesem auch keine nationale Identifikationsnummer vermerkt. Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 23.09.2015 geht weiters hervor, dass diese befristet ausgestellten Reisepässe für Palästinenser diesen auch keinen Zugang zu Regierungsleistungen gewährten und diese Personen zumeist komplett von Diensten der UNRWA abhängig sind. Aus diesem Grund ist nicht davon auszugehen, dass der BF1 in Jordanien ein Aufenthaltsrecht erhalten würde, zumal der Pass mittlerweile ohnedies abgelaufen ist und er auch niemals bisher dort wohnhaft war.

Der BF2 als libanesischer Staatsbürgerin stünde es zwar frei, wieder in den Libanon zurückzukehren, jedoch kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Familienleben im Libanon fortgesetzt werden kann, zumal der Reisepass für staatenlose Palästinenser nur jeweils zwei Jahre gültig ist, jedoch Grundvoraussetzung für eine libanesische Aufenthaltsberechtigung ein für mindestens drei Jahre gültiger Reisepass ist (siehe Webseite des libanesischen "General Directorate of General Security"). Zudem geht aus derselben Webseite hervor, dass Personen mit jordanischem Pass für einen Aufenthaltstitel eine Sozialversicherungsnummer angeben müssen, die man jedoch in Jordanien mit dem lediglich für zwei Jahre gültigen jordanischen Reisepass nicht erhält. Dasselbe gilt auch für das libanesische Sechsmonatsvisum. Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die für mehrere Aufenthaltstitel im Libanon notwendige Sicherheitsüberprüfung durch die libanesischen Behörden bei staatenlosen Palästinensern, die einen befristeten Pass haben, zwingend negativ ausfallen muss (siehe Webseite des libanesischen "General Directorate of General Security"). Aus den Länderfeststellungen zum Libanon geht weiters hervor, dass libanesische Frauen, die mit einem Palästinenser (oder anderem Ausländer) verheiratet sind, ihre Staatsangehörigkeit weder an ihren Ehemann, noch an ihre Kinder weitergeben können, weshalb somit der BF1 und die BF3-BF5 im Falle einer etwaigen Wohnsitznahme im Libanon weiterhin jedenfalls auf Dauer staatenlos bleiben würden.

Im Hinblick auf die Kinder der Familie (BF3-BF5) war zudem die Feststellung zu treffen, dass diese ebenso staatenlos sind, zumal aus den Länderfeststellungen zu Libanon hervorgeht, dass die Übertragung der libanesischen Staatsbürgerschaft von der Mutter auf die Kinder nicht möglich ist, sondern diese lediglich die Staatsbürgerschaft des Vaters erlangen könnten. Aus diesem Grund betreffen die vorherigen Ausführungen nicht nur den BF1, sondern zum Großteil auch die BF3-BF5, wobei bei diesen noch hinzuzufügen ist, dass diese derzeit über keine Reisedokumente verfügen.

Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich daher, dass die Prüfung der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Familienlebens in einem anderen Staat ergeben hat, dass diese Prüfung im vorliegenden Fall negativ ausfällt, zumal nicht davon ausgegangen werden kann, dass allen BF und hier insbesondere dem BF1 sowie den BF3-BF5 als Personen ohne Staatsangehörigkeit, ein Aufenthaltsrecht in Kuwait bzw. im Libanon zukommt.

Eine Rückkehrentscheidung, durch welche die BF auf Dauer in verschiedene Staaten ausgewiesen werden würden, würde jedoch zu einer Verletzung des durch Artikel 8, EMRK geschützten Rechtes auf Familienleben führen, weshalb Spruchpunkt römisch III. stattgegeben und festgestellt wurde, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt auch die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung grundsätzlich keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt vergleiche dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, MRK, in ÖJZ 2007, 852ff.). Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass einem inländischen Aufenthalt von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung hinsichtlich der durchzuführenden Interessenabwägung zukommt vergleiche dazu VwGH 30.07.2015, Zl. 2014/22/0055; VwGH 23.06.2015, Zl. 2015/22/0026; VwGH 10.11.2010, Zl. 2008/22/0777, VwGH 26.06.2007, Zl. 2007/01/0479). Andererseits kann aber auch nicht gesagt werden, dass eine in drei Jahren erlangte Integration keine außergewöhnliche, die Erteilung eines Aufenthaltstitels rechtfertigende Konstellation begründen kann. Die Annahme eines "Automatismus", wonach ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bei Vorliegen einer Aufenthaltsdauer von nur drei Jahren "jedenfalls" abzuweisen wäre, ist verfehlt vergleiche VwGH 30.07.2015, Zl. 014/22/0055). Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Interessenabwägung gemäß Artikel 8, EMRK ist bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von einem Überwiegen der persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen. Nur dann, wenn der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit überhaupt nicht genützt hat, um sich sozial und beruflich zu integrieren, wurden etwa Aufenthaltsbeendigungen ausnahmsweise auch nach so langem Inlandsaufenthalt noch für verhältnismäßig angesehen (VwGH 10.11.2015, Zl. 2015/19/0001; VwGH 26.03.2015, Zl. 2013/22/0303; VwGH 16.12.2014, Zl. 2012/22/0169; VwGH 19.11.2014, Zl. 2013/22/0270; VwGH 10.12.2013, Zl. 2013/22/0242). Diese Judikatur wurde auch auf Aufenthalte ausgedehnt, die beinahe zehn Jahre erreichen vergleiche etwa VwGH 09.09.2014, Zl. 2013/22/0247 zu einem Aufenthalt von über neuneinhalb Jahren).

Nach der bisherigen Rechtsprechung ist auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH vom 17.12.2007, Zl. 2006/01/0126).

Die BF halten sich seit Anfang August 2014 - sohin zum Stichtag seit 3 Jahren und 1 Monat - in Österreich auf. Sie reisten illegal ins Bundesgebiet ein und stellten im August 2014 Anträge auf internationalen Schutz. Mit Verfahrenszulassung hielten sich die BF seither rechtmäßig über ein vorläufiges Aufenthaltsrecht im Asylverfahren gemäß Paragraph 13, AsylG 2005 im Bundesgebiet auf. Mit Bescheiden des BFA vom 02.04.2016 bzw. 05.04.2016 bzw. 17.01.2017 wurden ihre Anträge auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 idgF sowie auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Herkunftsstaaten Kuwait sowie Libanon gemäß Paragraph 8, Absatz eins, leg.cit. abgewiesen. Eine rechtskräftige und/oder durchsetzbare Ausweisung bzw. Rückkehrentscheidung gegen die BF bestand bis dato nicht.

Insbesondere der BF1 hat seinen bisherigen Aufenthalt für maßgebliche Integrationsschritte genutzt: Er konnte sich Deutschkenntnisse auf B1-Niveau aneignen, die ihn dazu befähigten, die an ihn in der Beschwerdeverhandlung gestellten Fragen in gutem Deutsch zu beantworten. Er ist ehrenamtlich zudem als Dolmetscher für Flüchtlinge tätig. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde weiters ein Arbeitsvorvertrag betreffend den BF1 vorgelegt und scheint eine baldige Erwerbstätigkeit des BF1 aufgrund seines persönlichen Engagements im Falle der Gewährung eines Aufenthaltstitels als sehr wahrscheinlich. In diesem Zusammenhang darf aber auch nicht unerwähnt bleiben, dass der BF1 insofern belastet ist, als er aufgrund seiner durchlaufenen Meningitis-Erkrankung immer wieder an Kopfschmerzen und zudem an psychischen Problemen leidet und er diesbezüglich auch regelmäßig Medikamente einnimmt. Seinen Bemühungen kommt insofern noch größeres Gewicht zu vergleiche dazu auch VwGH 12.11.2015, Zl. Ra 2015/21/0101). Die BF2 absolvierte zwar bisher zwar noch keinen Deutschkurs, jedoch ist dies angesichts ihrer Betreuungstätigkeit für ihre drei kleinen Kinder, welche im Abstand von 14 Monaten geboren wurden, durchaus nachvollziehbar. Sie verfügt weiters über zahlreiche soziale Kontakte in Österreich und ist in dem Dorf, in welchem die Familie wohnhaft ist, schon gut integriert. Weiters bekräftigen auch die zahlreichen vorgelegten Unterstützungsschreiben die gute Integration der BF in die österreichische Gesellschaft.

Berücksichtigt man in der vorliegenden Konstellation alle genannten Aspekte sowie die im konkreten Fall bestehenden speziellen familiären Verhältnisse und die ergänzend getroffenen Feststellungen zu den Herkunftsländern, so überwiegen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung im gegenwärtigen Entscheidungszeitpunkt letztlich die aus den erwähnten Umständen in ihrer Gesamtheit erwachsenden familiären und privaten Interessen am Verbleib der BF im österreichischen Bundesgebiet die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens vergleiche dazu auch VwGH 22.01.2015, Zl. 2014/21/0019; VwGH 28.01.2015, Zl. Ra 2014/20/0121). Eine Rückkehrentscheidung gegen die BF würde sich daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt als unverhältnismäßig im Sinne von Artikel 8, Absatz 2, EMRK erweisen vergleiche dazu auch BVwG 29.03.2017, Zl. W154 1429891-1/7E; BVwG 19.05.2017, Zl. W174 2116189-1/7E; BVwG 19.06.2017, Zl. I403 2137430-1; BVwG 21.06.2017, Zl. W102 2147299-1/12E).

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung im konkreten Einzelfall zum Ergebnis, dass eine Rückkehrentscheidung gegen die BF unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Familien- bzw. Privatlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es ist daher gemäß Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung gegen die BF auf Dauer unzulässig ist.

Es wird nicht verkannt, dass dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, insbesondere der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften grundsätzlich ein hoher Stellenwert zukommt, doch überwiegen nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes im vorliegenden Fall die familiären Interessen der BF angesichts der erwähnten Umstände in ihrer Gesamtheit die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung zugunsten eines geordneten Fremdenwesens. Eine Rückkehrentscheidung gegen die BF würde sich daher zum maßgeblichen aktuellen Entscheidungszeitpunkt als unverhältnismäßig im Sinne von Artikel 8, Absatz 2, EMRK erweisen.

Das Bundesverwaltungsgericht kommt daher aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der genannten besonderen Umstände dieses Beschwerdefalles zu dem Ergebnis, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die BF unzulässig ist. Des Weiteren ist davon auszugehen, dass die drohende Verletzung des Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend, sondern auf Dauer sind und es ist daher gemäß Paragraph 9, Absatz 3, BFA-VG festzustellen, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen die BF auf Dauer unzulässig ist.

Zu Spruchpunkt römisch III.:

Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 55, AsylG 2005 ist gemäß Paragraph 58, Absatz 2, AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn eine Rückkehrentscheidung auf Grund des Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt wurde.

Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG 2005 von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn dies gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK geboten ist (Ziffer eins,) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 14 a, NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Paragraph 5, Absatz 2, ASVG) erreicht wird (Ziffer 2,). Liegt nur die Voraussetzung des Absatz eins, Ziffer eins, vor, ist gemäß Absatz 2, eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen.

Paragraph 14, Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr 100 aus 2005,, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011, lautet:

Paragraph 14, (1) Die Integrationsvereinbarung dient der Integration rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassener Drittstaatsangehöriger (Paragraph 2, Absatz 2,). Sie bezweckt den Erwerb von vertieften Kenntnissen der deutschen Sprache, um den Drittstaatsangehörigen zur Teilnahme am gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben in Österreich zu befähigen.

(2) Die Integrationsvereinbarung besteht aus zwei aufeinander aufbauenden Modulen:

1.-das Modul 1 dient dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur vertieften elementaren Sprachverwendung;

2.-das Modul 2 dient dem Erwerb von Kenntnissen der deutschen Sprache zur selbständigen Sprachverwendung.

(3) Die näheren Bestimmungen zu den Inhalten der Module 1 und 2 der Integrationsvereinbarung hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

§ 14a NAG idF BGBl I Nr. 38/2011 lautet:

§ 14a. (1) Drittstaatsangehörige sind mit erstmaliger Erteilung

eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins,, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet. Diese Pflicht ist dem Drittstaatsangehörigen nachweislich zur Kenntnis zu bringen.

(2) Der Erfüllungspflicht gemäß Absatz eins, haben Drittstaatsangehörige binnen zwei Jahren ab erstmaliger Erteilung des Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins,, 2, 4, 5, 6 oder 8 nachzukommen. Unter Bedachtnahme auf die persönlichen Lebensumstände des Drittstaatsangehörigen kann der Zeitraum der Erfüllungspflicht auf Antrag mit Bescheid verlängert werden. Diese Verlängerung darf die Dauer von jeweils zwölf Monaten nicht überschreiten; sie hemmt den Lauf der Fristen nach Paragraph 15,

(3) Für die Dauer von fünf Jahren ab Ablauf der Gültigkeit des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins,, 2, 4, 5, 6 oder 8 werden bereits konsumierte Zeiten der Erfüllungspflicht auf den Zeitraum der Erfüllungspflicht gemäß Absatz 2, angerechnet.

(4) Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß Paragraph 14, Absatz 2, Ziffer eins, vorlegt,

3. über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des Paragraph 64, Absatz eins, des Universitätsgesetzes 2002, Bundesgesetzblatt römisch eins Nr. 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht oder

4. einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß Paragraph 41, Absatz eins, oder 2 besitzt.

Die Erfüllung des Moduls 2 (Paragraph 14 b,) beinhaltet das Modul 1.

(5) Ausgenommen von der Erfüllungspflicht gemäß Absatz eins, sind Drittstaatsangehörige,

1. die zum Ende des Zeitraumes der Erfüllungspflicht (Absatz 2,) unmündig sein werden;

2. denen auf Grund ihres physischen oder psychischen Gesundheitszustandes die Erfüllung nicht zugemutet werden kann; der Drittstaatsangehörige hat dies durch ein amtsärztliches Gutachten nachzuweisen;

3. wenn sie schriftlich erklären, dass ihr Aufenthalt die Dauer von zwölf Monaten innerhalb von zwei Jahren nicht überschreiten soll;

diese Erklärung beinhaltet den Verzicht auf die Stellung eines Verlängerungsantrages.

(6) Nähere Bestimmungen über die Durchführung von Deutsch-Integrationskursen und den Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses gemäß Absatz 4, Ziffer eins, sowie über die Nachweise gemäß Absatz 4, Ziffer 2, hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

(7) Die Behörde kann von Amts wegen mit Bescheid feststellen, dass trotz erfolgreichem Abschluss eines Deutsch-Integrationskurses gemäß Absatz 4, Ziffer eins, oder trotz Vorliegen eines Nachweises gemäß Absatz 4, Ziffer 2, der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung mangels erforderlicher Kenntnisse gemäß Paragraph 14, Absatz 2, Ziffer eins, nicht erfüllt hat.

Paragraph 14 b, NAG in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 17 aus 2015, lautet:

(1) ...

(2) Das Modul 2 der Integrationsvereinbarung ist erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige

1. einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß Paragraph 14, Absatz 2, Ziffer 2, vorlegt,

2. einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß Paragraph 14, Absatz 2, Ziffer 2, vorlegt,

3. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Primarschule (Paragraph 3, Absatz 3, des Schulorganisationsgesetzes, Bundesgesetzblatt Nr. 242 aus 1962,) besucht oder im vorangegangenen Semester besucht hat,

4. minderjährig ist und im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht eine Sekundarschule (Paragraph 3, Absatz 4, des Schulorganisationsgesetzes) besucht und die positive Beurteilung im Unterrichtsgegenstand "Deutsch" durch das zuletzt ausgestellte Jahreszeugnis oder die zuletzt ausgestellte Schulnachricht nachweist,

5. einen mindestens fünfjährigen Besuch einer Pflichtschule in Österreich nachweist und das Unterrichtsfach "Deutsch" positiv abgeschlossen hat oder das Unterrichtsfach "Deutsch" auf dem Niveau der 9. Schulstufe positiv abgeschlossen hat.

6. einen positiven Abschluss im Unterrichtsfach "Deutsch" an einer ausländischen Schule nachweist, in der die deutsche Sprache als Unterrichtsfach zumindest auf dem Niveau der 9. Schulstufe einer österreichischen Pflichtschule gelehrt wird oder

7. über eine Lehrabschlussprüfung gemäß dem Berufsausbildungsgesetz, Bundesgesetzblatt Nr. 142 aus 1969,), verfügt.

(3) ..

(4) Nähere Bestimmungen über die Nachweise gemäß Absatz 2, Ziffer eins und 2 hat der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festzulegen.

(5) Die Behörde kann von Amts wegen mit Bescheid feststellen, dass trotz Vorliegen eines Nachweises gemäß Absatz 2, Ziffer eins,, 2 oder 6 der Drittstaatsangehörige das Modul 2 der Integrationsvereinbarung mangels erforderlicher Kenntnisse gemäß Paragraph 14, Absatz 2, Ziffer 2, nicht erfüllt hat.

Paragraph 9, IV-V

Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse

Paragraph 9, (1) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse im Sinne des Paragraph 14 a, Absatz 4, Ziffer 2 und Paragraph 14 b, Absatz 2, Ziffer 2, NAG gelten allgemein anerkannte Sprachdiplome oder Kurszeugnisse, insbesondere von folgenden Einrichtungen:

1. Österreichisches Sprachdiplom Deutsch;

2. Goethe-Institut e.V.;

3. Telc GmbH

(2) Jede Einrichtung hat in dem von ihr auszustellenden Sprachdiplom oder Kurszeugnis gemäß Absatz eins, schriftlich zu bestätigen, dass der betreffende Fremde über Kenntnisse der deutschen Sprache zumindest auf A2-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen verfügt.

(3) Fehlt eine Bestätigung nach Absatz 2,, dann gilt der Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse als nicht erbracht.

(4) Als Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß Paragraphen 14 a, Absatz 4, Ziffer 2, oder 14b Absatz 2, Ziffer eins, gelten Zeugnisse des ÖIF nach erfolgreichem Abschluss einer Prüfung auf A2-Niveau oder B1-Niveau des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen. Das Zeugnis hat dem Muster der Anlage B zu entsprechen.

3.3.3. Der BF1 erfüllt am Stichtag durch sein vorgelegtes B1-Deutschzeugnis das Modul 1 der Integrationsvereinbarung, weshalb ihm nach Paragraph 55, Absatz eins, AsylG 2005 der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen war.

Die BF2 sowie die BF3-BF5 erfüllen das Modul 1 bzw. Modul 2 der Integrationsvereinbarung nicht, zumal sie zum Stichtag keinen Nachweis im Sinne von Paragraph 14 a, NAG Absatz 4, bzw. Paragraph 14 b, Absatz 2, NAG erbracht haben und auch keine erlaubte Erwerbstätigkeit im Sinne von Paragraph 55, Absatz eins, Ziffer 2, AsylG 2005 ausübten, weshalb ihnen nach Paragraph 55, Absatz 2, der Aufenthaltstitel "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen war.

Das Bundesamt hat den BF die Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 58, Absatz 7, AsylG 2005 auszufolgen, die BF haben hieran gemäß Paragraph 58, Absatz 11, AsylG 2005 mitzuwirken. Die Aufenthaltstitel gelten gemäß Paragraph 54, Absatz 2, AsylG 2005 zwölf Monate lang, beginnend mit dem Ausstellungsdatum.

Es ist daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Im Übrigen waren im gg. Fall alleine Fragen der gerichtlichen Beweiswürdigung entscheidungsrelevant.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2017:W268.2127620.1.00