Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

28.03.2017

Geschäftszahl

W236 2118996-1

Spruch

1) W236 1436484-1/11E

2) W236 2118995-1/9E

3) W236 2118996-1/10E

4) W236 2118997-1/10E

5) W236 2118992-1/10E

6) W236 2118993-1/6E

7) W236 2119000-1/6E

Gekürzte Ausfertigung der am 14.03.2017 mündlich verkündeten Erkenntnisse

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Lena BINDER als Einzelrichterin über die Beschwerden von

1) W236 1436484-1, römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,

2) W236 2118995-1, römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,

3) W236 2118996-1, mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,

4) W236 2118997-1, mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,

5) W236 2118992-1, mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,

6) W236 2118993-1, mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,

7) W236 2119000-1, mj. römisch XXXX , geb. römisch XXXX ,

alle StA. Somalia, alle vertreten durch ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst, gegen die Spruchpunkte römisch eins. der Bescheide des Bundesasylamtes bzw. Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom

1) 21.06.2013, Zl. 1213.228-BAW,

2) 20.11.2015, Zl. 1048979800-150640975,

3) 20.11.2015, Zl. 1048979909-150641017,

4) 20.11.2015, Zl. 1048980006-150641149,

5) 20.11.2015, Zl. 1048980104-150641149,

6) 20.11.2015, Zl. 1048980202-150641084,

7) 20.11.2015, Zl. 1048980409-150641203,

nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 14.03.2017 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden gemäß Paragraph 3, Absatz eins, Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des (mittlerweile volljährigen) Zweitbeschwerdeführers sowie der minderjährigen Drittbis Siebtbeschwerdeführer. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Somalias.

2. Die Erstbeschwerdeführerin stellte am 23.09.2012 einen Antrag auf internationalen Schutz. Hinsichtlich ihrer Fluchtgründe machte die Erstbeschwerdeführerin in ihren Einvernahmen (Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 30.09.2012, Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 13.06.2013) im Wesentlichen geltend, dass sie dem Clan der Shanshi angehöre und aus römisch XXXX stamme. Ihr erster Ehemann, von dem die Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer stammen, sei im Jahr 2006 von Angehörigen des Hawiye-Clans erschossen worden. Diese Angehörigen des Hawiye-Clans hätten sie in weiterer Folge zwangsverheiraten wollen. Dagegen habe sie sich aber geweigert. Später habe sie einen anderen Mann geheiratet, welcher sie jedoch noch während der Schwangerschaft mit dem Siebtbeschwerdeführer verlassen habe. Zudem sei sie in Somalia aufgrund ihrer Clanzugehörigkeit ständig Diskriminierungen ausgesetzt gewesen. Dies habe auch ihre Kinder betroffen. So sei die Fünftbeschwerdeführerin einmal von einer Frau mit heißem Wasser übergossen worden. Aufgrund der unsicheren Lage, der ständigen Diskriminierungen und des in Somalia herrschenden Krieges habe sie sich zur Ausreise entschlossen.

Mit Bescheid vom 21.06.2013, Zl. 1213.228-BAW, wies das Bundesasylamt den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.), erkannte ihr jedoch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt römisch II.) und erteilte dieser gemäß Paragraph 8, Absatz 4, leg. cit. eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 21.06.2014 (Spruchpunkt römisch III.). Begründend wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch eins. im Wesentlichen ausgeführt, dass den Angaben der Erstbeschwerdeführerin aufgrund ihrer widersprüchlichen Ausführungen die Glaubhaftigkeit abzusprechen gewesen sei. Es sei ihr nicht gelungen, konkrete Benachteiligungen, Bedrohungen bzw. Gefährdungssituationen zu schildern. Vielmehr seien die Angaben der Erstbeschwerdeführerin zu angeblich vorhandenen Bedrohungsszenarien oberflächlich und vage geblieben. Aufgrund dessen sei der Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung von Asyl abzuweisen gewesen. Hinsichtlich Spruchpunkt römisch II. wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die allgemeine Lage in Somalia die Zuerkennung von subsidiärem Schutz notwendig mache.

Gegen Spruchpunkt römisch eins. dieses Bescheides erhob die Erstbeschwerdeführerin fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung, Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens sowie infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Hinsichtlich der Fluchtgründe der Erstbeschwerdeführerin wird konkret hervorgehoben, dass sie in Somalia aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur ethnischen Gruppe der Shanshi sowie aufgrund der Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen verfolgt werde. Hätte die Behörde konkret nachgefragt, so hätte die Erstbeschwerdeführerin angegeben, dass sie im Jahr 2000 von einer Gruppe Frauen nach Streitigkeiten zwischen den Kindern der Erstbeschwerdeführerin und den Kindern dieser Frauen, von diesen beschimpft worden sei. Als sie sich im Zuge dieses Streites zur Wehr gesetzt habe, sei sie von den Frauen auch körperlich attackiert und mit einem Holzstock am Kopf verletzt worden. Von diesem Angriff habe sie auch eine Narbe davongetragen. Weiters habe dieselbe Gruppe von Frauen ihre Tochter (die Fünftbeschwerdeführerin) im Jahr 2011 mit Tee überschüttet. Neben den tätlichen Angriffen sei es regelmäßig zu Beschimpfungen durch diese Frauen der mächtigeren Clans gekommen, gegen die sich die Erstbeschwerdeführerin nicht effektiv zur Wehr setzen habe können. Nachdem ihr erster Ehemann 2006 getötet worden sei, habe sie der Clan, von dem sie bedroht worden sei, zwingen wollen, wieder zu heiraten, wogegen sich die Erstbeschwerdeführerin erfolgreich wehren habe können. Als sie 2008 wieder geheiratet habe, hätten die Versuche – obwohl ihr zweiter Ehemann verschwunden sei – sie zwangszuverheiraten wieder aufgehört. Die Beschimpfungen, Bedrohungen und Benachteiligungen seien jedoch weiter fortgesetzt worden.

3. Die Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer reisten im Wege des Familienzusammenführungsverfahrens am 08.06.2015 in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten, vertreten durch ihre Mutter, am 11.06.2015 Anträge auf internationalen Schutz.

Hinsichtlich deren Fluchtgründe machte die Erstbeschwerdeführerin in der Einvernahme am 30.07.2015 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Wesentlichen geltend, dass ihre Kinder anderen Clans angehören als sie selbst. Die Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer gehören dem Clan der Ashraf an, da deren Vater diesem Clan angehört habe. Der Siebtbeschwerdeführer gehöre dem Clan der Ogaden an, da dessen Vater diesem Clan angehört habe. In Somalia sei es üblich Personen aus einer anderen Volksgruppe zu heiraten. In Bezug auf die Fluchtgründe ihre Kinder machte die Erstbeschwerdeführerin geltend, dass diese keinen Vater hätten und sie selbst in Österreich lebe. In Somalia sei die Lage schlecht und es gebe keine Sicherheit. Es gebe in Somalia viele Probleme, die Mädchen in Somalia würden immer vergewaltigt bzw. zwangsverheiratet, und die Buben würden geschlagen. Für den Zweitbeschwerdeführer bestehe die Gefahr der Zwangsrekrutierung durch die Al Shabaab. Weiters habe eine Frau, mit der sie Streit gehabt hätten, die Fünftbeschwerdeführerin geschlagen. Aufgrund der Sicherheitslage sollten ihre Kinder in Österreich leben.

Mit Bescheiden vom 20.11.2015, Zlen. Zweitbeschwerdeführer:

1048979800-150640975, Drittbeschwerdeführerin: 1048979909-150641017,

Viertbeschwerdeführerin: 1048980006-150641149,

Fünftbeschwerdeführerin: 1048980104-150641149,

Sechstbeschwerdeführer: 1048980202-150641084, Siebtbeschwerdeführer:

1048980409-150641203, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ab (Spruchpunkte römisch eins.), erkannte ihnen jedoch gemäß Paragraph 8, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 34, Absatz 3, AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkte römisch II.) und erteilte diesen gemäß Paragraph 8, Absatz 4, leg. cit. befristete Aufenthaltsberechtigungen bis zum 01.09.2016 (Spruchpunkte römisch III.). Begründend wird darin hinsichtlich der Spruchpunkte römisch eins. im Wesentlichen ausgeführt, dass die Erstbeschwerdeführerin für die Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer keine konkrete Bedrohungssituation geltend machen habe können. Ihre Ausführungen seien vage und oberflächlich geblieben. Die bloß in den Raum gestellte Gefahr der Zwangsrekrutierung oder Zwangsverheiratung lasse keine gegen die Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer gerichtete Verfolgungshandlung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (oder die Gefahr einer solchen) ableiten. Aufgrund dessen seien die Anträge der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer auf internationalen Schutz in Bezug auf die Zuerkennung von Asyl abzuweisen gewesen. Hinsichtlich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten wird darauf hingewiesen, dass der Erstbeschwerdeführerin der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden sei und deren Kindern im Rahmen des Familienverfahrens somit ebenso subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei.

Gegen die Spruchpunkte römisch eins. dieser Bescheide erhoben die Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer vertreten durch ihre Mutter fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften. Tatsächlich drohe den Zweit- bis Siebtbeschwerdeführern unter mehreren Aspekten eine Verfolgung in Somalia. Die belangte Behörde habe es verabsäumt Feststellungen zu Lage der Angehörigen der Ashraf zu treffen. Länderberichte zum Thema Mischehen in Somalia fehlen in den angefochtenen Bescheiden gänzlich. Die belangte Behörde habe sich nicht mit der Tatsache auseinandergesetzt, dass die minderjährigen Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer über keinen männlichen Schutz in Somalia verfügen, weil der Vater der Zweit- bis Sechstbeschwerdeführer getötet worden und der Vater des Siebtbeschwerdeführers verschwunden sei. Zudem sei hervorzuheben, dass den männlichen Zweit-, Sechst- und Siebtbeschwerdeführern in Somalia eine Zwangsrekrutierung durch die Al Shabaab sowie die somalische Armee und alliierte Milizen drohen. Die Erstbeschwerdeführerin habe in der Einvernahme am 30.06.2015 auch vorgebracht, dass Freunde des Zweitbeschwerdeführers bereits Schwierigkeiten mit der Al Shabaab gehabt hätten. Die weiblichen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführerinnen seien ihrerseits frauenspezifischer Verfolgung (Zwangsverheiratung, etc.) in Somalia ausgesetzt und seien als Angehörige von einem Minderheitenclan besonders von solchen Gefahren betroffen.

4. Am 14.03.2017 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein einer Dolmetscherin für die somalische Sprache sowie des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer statt, in welcher die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer ausführlich zu ihren Fluchtgründen befragt und ihnen Gelegenheit gegeben wurde, ihre Fluchtgründe umfassend darzulegen. Die Erstbeschwerdeführerin wiederholte im Rahmen dieser Verhandlung im Wesentlichen ihre bereits vor dem Bundesasylamt bzw. dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemachten Angaben zu ihren Fluchtgründen und jenen ihrer Kinder. Am Schluss der Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis mündlich verkündet.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Aufgrund der Anträge auf internationalen Schutz vom 23.09.2012 (Erstbeschwerdeführerin) und vom 11.06.2015 (Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer), der Einvernahmen der Erstbeschwerdeführerin durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 30.09.2012, durch das Bundesasylamt am 13.06.2013 sowie das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 30.07.2015, aufgrund der Bescheide vom 21.06.2013 und vom 20.11.2015, der dagegen erhobenen Beschwerden, der Einsichtnahme in die bezughabenden Verwaltungsakten, der Einsichtnahmen in das zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem, in das Strafregister sowie insbesondere auf Grundlage der vor dem Bundesverwaltungsgericht durchgeführten mündlichen Verhandlung am 14.03.2017 werden die folgenden Feststellungen getroffen und der Entscheidung zugrunde gelegt:

1.1. Zu den Beschwerdeführern und ihrem Fluchtvorbringen:

Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter des (mittlerweile volljährigen) Zweitbeschwerdeführers sowie der minderjährigen Drittbis Siebtbeschwerdeführer. Alle Beschwerdeführer sind Staatsangehörige Somalias.

Die Erstbeschwerdeführerin gehört dem Clan der Shanshi, Subclan römisch XXXX , an; ihre Identität steht nicht fest. Sie wurde in Mogadischu geboren, verzog mit ihrer Familie in weiterer Folge jedoch nach römisch XXXX , wo sie bis zu ihrer Ausreise im April 2012 lebte.

Die Zweit- bis Sechsbeschwerdeführer gehören dem Clan der Ashraf, Subclan römisch XXXX an. Der Siebtbeschwerdeführer gehört dem Clan der Ogaden an. Die Identitäten der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer stehen fest. Die Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer wurden in römisch XXXX geboren und lebten dort bis zu ihrer Ausreise im Oktober 2014.

Die Beschwerdeführer haben seit Jahren keinen Kontakt mehr zu ihren Familienangehörigen in Somalia, weshalb nicht festgestellt werden kann, ob sie noch über Familienangehörige in ihrem Herkunftsstaat verfügen.

Der von der Erstbeschwerdeführerin vorgebrachte Fluchtgrund wird der Entscheidung nicht zugrunde gelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Erstbeschwerdeführerin nach dem Tod ihres Ehemannes einer Bedrohung durch Mitglieder des Hawiye-Clans ausgesetzt war und von diesen mit der Zwangsverheiratung bedroht worden ist. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer in Somalia einer Diskriminierung entscheidenden Ausmaßes ausgesetzt waren. Weiters wird nicht festgestellt, dass der

Zweit-, der Sechst- und der Siebtbeschwerdeführer im Falle der Rückkehr der Gefahr der Zwangsrekrutierung durch die Al Shabaab ausgesetzt sind. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Dritt-, die Viert- und die Fünftbeschwerdeführerin der konkreten Gefahr der Zwangsehe ausgesetzt sind. Letztlich ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr nach Somalia mit hinreichender Wahrscheinlichkeit intensiven Übergriffen wegen ihrer Zugehörigkeit zum Clan der Shanshi, Ashraf und Ogaden ausgesetzt wären.

Die Beschwerdeführer sind gesund und strafgerichtlich unbescholten.

1.2. Zur maßgeblichen Situation in Somalia

Im Folgenden werden die wesentlichen Feststellungen aus den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderberichten wiedergegeben. Das Bundesverwaltungsgericht brachte folgende Berichte und Informationen in das Verfahren ein und stellte sie den Parteien zur Wahrung des Parteiengehörs im Laufe des Verfahrens zur Verfügung:

1.2.1. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Somalia (April 2016):

a) Sicherheitslage

Gemäß der auch von EASO zitierten Analyse der Staatendokumentation zur Sicherheitslage in Somalia hat sich die Situation im Zeitraum 7.2014-6.2015 in folgenden Bezirken verschlechtert: Dhusamareb und Ceel Buur (Galgaduud); Belet Weyne und Bulo Burte (Hiiraan); Wanla Weyne, Afgooye, Qoryooley, Merka und Baraawe (Lower Shabelle);

Baidoa und Burhakaba (Bay); Xudur, Waajid und Rab Dhuure (Bakool);

Bulo Xawo (Gedo); Kismayo (Lower Jubba). Die Situation in folgenden Bezirken hat sich im gleichen Zeitraum verbessert: Ceel Waaq und Luuq (Gedo). In den anderen Bezirken sind keine relevanten Änderungen eingetreten (BFA 10.2015; vergleiche EASO 2.2016).

Zwischen Nord- und Süd-/Zentralsomalia sind gravierende Unterschiede bei den Zahlen zu Gewalttaten zu verzeichnen. Dies ist einerseits bei der Verteilung terroristischer Aktivitäten im urbanen Raum zu erkennen, andererseits bei der Anzahl bewaffneter Auseinandersetzungen je Bezirk (BFA 10.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

aa) Süd-/Zentralsomalia

Seit Beginn des Bürgerkrieges 1991 gab es in weiten Landesteilen kaum wirksamen Schutz

gegen Übergriffe durch Clan- und andere Milizen sowie bewaffnete kriminelle Banden. In Süd-/Zentralsomalia herrscht weiterhin in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) gegen die radikalislamistische Miliz al Shabaab. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der al Shabaab oder anderer Milizen (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015) oder sind von AMISOM Offensiven betroffen (ÖB 10.2015). Al Shabaab führt weiterhin Angriffe auf Stellungen der AMISOM und der somalischen Armee sowie auf zivile Ziele durch (UNSC 8.1.2016). Zivilisten kommen im Kreuzfeuer, durch Sprengsätze oder Handgranaten ums Leben oder werden verwundet (AI 24.2.2016). Aus verschiedenen Garnisonsstädten heraus werden Vorstöße tief ins Gebiet der al Shabaab unternommen. Diese werden teilweise von Luftschlägen begleitet (BFA 10.2015). Al Shabaab betreibt auch asymmetrische Kriegsführung (EASO 2.2016; vergleiche UNHRC 28.10.2015), gekennzeichnet durch Sprengstoffanschläge und komplexe Angriffe, von welchen Zivilisten überproportional betroffen sind. Daneben führt al Shabaab auch gezielte Attentate (UNHCR 28.10.2015; vergleiche UKHO 15.3.2016) und sogenannte hit-and-run-Angriffe aus (DIS 9.2015).

Die Unsicherheit in den von der Regierung kontrollierten Gebieten, einschließlich Mogadischu, sowie politische Machtkämpfe behindern Fortschritte im Bereich der Justiz und die Reform des Sicherheitssektors (ÖB 10.2015). Politische Anstrengungen zur Etablierung von Bundesländern verstärkten die Clankämpfe in einigen Bereichen (ÖB 10.2015; vergleiche BS 2016, USDOS 13.4.2016). Dabei kam es auch zu zahlreichen Todesopfern und Vertreibungen, z.B. zwischen Dir und Hawadle im Jänner 2015 (USDOS 13.4.2016).

Auch Regierungstruppen und Clanmilizen geraten regelmäßig aneinander. Dadurch werden viele Zivilisten schwerverletzt bzw. getötet und deren Eigentum wird zerstört. In solchen Fällen bleibt Zivilisten nichts andres übrig als die Flucht zu ergreifen, da weder Clan- noch staatlicher Schutz gegeben ist (ÖB 10.2015). Neben den Kampfhandlungen gegen al Shabaab gibt es aus dem ganzen Land auch Berichte über Inter- und Intra-Clankonflikte um Land und Wasserressourcen (EASO 2.2016).

AMISOM hat al Shabaab weitgehend zurückgedrängt (ÖB 10.2015). Bei gemeinsamen Offensiven mit der somalischen Armee wurde al Shabaab aus Städten in Hiiraan, Bay, Bakool, Gedo und Lower Shabelle vertrieben (AI 24.2.2016). Bei den beiden jüngeren Offensiven (Operation Indian Ocean, Operation Jubba Corridor) trafen AMISOM und Regierungskräfte aufgrund taktischer Rückzüge der al Shabaab nur auf wenig Widerstand. Eingenommen wurde die letzte Bastion der al Shabaab in der Region Gedo – Baardheere – und Diinsoor in der Region Bay. Der al Shabaab wurde zwar die Kontrolle über diese Städte entzogen, doch ist sie ansonsten nicht relevant geschwächt worden. Dahingegen kann AMISOM aufgrund einer Überdehnung der zur Verfügung stehenden Ressourcen nicht mehr in jeder Stadt und in jedem Dorf eine Präsenz aufrecht halten (EASO 2.2016). Auch die Haupttransportrouten werden von al Shabaab kontrolliert (HRW 27.1.2016).

In der Folge kam es zu schweren Angriffen der al Shabaab auf Janaale (am 1.9.2015) (UNSC 8.1.2016) und Leego (am 26.6.2015) mit insgesamt rund 100 Toten Soldaten der AMISOM und zahlreichen Vermissten (BFA 10.2015; vergleiche UNSC 8.1.2016, EASO 2.2016). Als Reaktion auf diese Angriffe begann AMISOM mit einer Umgruppierung, wobei einige Städte und Ortschaften geräumt wurden, darunter Kurtunwarey, Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley (Lower Shabelle); Buq-Aqabla und Xarar-Lugoole in Hiiraan; und Fidow an der Grenze zu Middle Shabelle. Al Shabaab hat all diese Orte unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016). Auch Qoryooley und Wanla Weyne blieben über Tage ohne permanente Truppen der AMISOM (allerdings mit Besatzungen der somalischen Armee). Insgesamt ist einzelnen, exponierten und schwach besetzten Außenposten ein permanenter Status abzusprechen. Spätestens seit dem Angriff der al Shabaab auf den AMISOM-Stützpunkt in Leego werden einzelne Orte zugunsten einer Konzentration von Truppen in größeren Stützpunkten aufgegeben, teilweise wurde der Schutz an die – nur eingeschränkt widerstandsfähige – somalische Armee übertragen (BFA 10.2015

Es ist nicht möglich, zu definieren, wie weit der Einfluss oder die Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee von einer Stadt hinausreicht. Der Übergang zum Gebiet der al Shabaab ist fließend und unübersichtlich. Im Umfeld (Vororte, Randbezirke) der meisten Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung in Süd-/Zentralsomalia verfügt al Shabaab über eine verdeckte Präsenz, in den meisten Städten selbst über Schläfer (DIS 9.2015). Manche Städte unter Kontrolle von AMISOM und Regierung können als Inseln auf dem Gebiet der al Shabaab umschrieben werden (BFA 10.2015; vergleiche DIS 9.2015). Jedenfalls verfügt al Shabaab über ausreichend Kapazitäten, um in Städten unter Kontrolle von AMISOM und Regierung asymmetrische Kriegsführung (hit-and-run-Angriffe, Sprengstoffanschläge, gezielte Attentate) anzuwenden. Es gibt in allen Regionen in Süd-/Zentralsomalia Gebiete, wo al Shabaab Präsenz und Einfluss hat, und wo sie die lokale Bevölkerung zu Steuerzahlungen zwingt. Die Bastion der al Shabaab ist dabei die Region Middle Juba (DIS 9.2015).

Die Sicherheitslage in von der Regierung kontrollierten Städten bleibt also volatil (HRW 27.1.2016). Al Shabaab ist nach wie vor in der Lage, auch auf die am schwersten bewachten Teile von Mogadischu oder anderer Städte tödliche Angriffe zu führen (AI 24.2.2016). Bei aller Fragilität der Lage hat aber auch UNHCR festgestellt, dass es Zeichen zunehmender Stabilität gibt (UNHRC 28.10.2015). Seitens der Regierung, AMISOM und der internationalen Gemeinde gibt es Anstrengungen, die neu eroberten Bezirke zu stabilisieren. So wurden etwa nach Diinsoor unmittelbar Verwaltungsbeamte entsendet (UNSC 11.9.2015). Dass al Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen Städte zurückerobert, in denen starke Garnisonen ("strongholds") der AMISOM stationiert sind, ist sehr unwahrscheinlich (EASO 2.2016; vergleiche DIS 9.2015).

Quellen:

https://www.bti-project.org/fileadmin/files/BTI/Downloads/Reports/2016/pdf/BTI_2016_Somalia.pdf, Zugriff 24.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

bb) Lower und Middle Shabelle

Lower Shabelle ist von Aktivitäten der al Shabaab stark betroffen (EASO 2.2016; A 4.2016). Al Shabaab verfügt dort über ausreichende Kapazitäten, um Angriffe auf ihre Feinde zu verüben (A 4.2016). In zahlreichen Orten und Städten mit Garnisonen von AMISOM und/oder Armee kommt es zu Anschlägen, gezielten Attentaten, hit-and-run-Angriffen und auch zu größeren Operationen der al Shabaab. Al Shabaab konnte temporär die Kontrolle über Ortschaften wie Aw Dheegle, Mubarak, Janaale (EASO 2.2016) und Leego, aber auch über die Stadt Qoryooley erlangen. Qoryooley und Leego wurden nach kurzer Frist wieder von AMISOM besetzt (UNSC 11.9.2015). Nach einer Neuaufstellung der AMISOM im Bereich wurden die Orte Ceel Saliini, Cambarey, Golweyne und Busley sowie die Bezirkshauptstadt Kurtunwarey von AMISOM geräumt. Al Shabaab hat all diese Orte unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016). Auch die Bezirkshauptstadt Wanla Weyn blieb über Tage ohne Besatzung der AMISOM (allerdings mit einer solchen der somalischen Armee) (BFA 10.2015).

Al Shabaab verfügt in der ganzen Region über eine verdeckte Präsenz (EASO 2.2016).

Zusätzlich kam es in Lower Shabelle zu Clan-Kämpfen um Land und Ressourcen (EASO 2.2016). Der Konflikt zwischen Biyomaal und Habr Gedir bleibt ungelöst, auch wenn die Zahl an Berichten hinsichtlich Entführungen und Tötungen abnehmen (USDOS 13.4.2016). Die Milizen der Biyomaal und der Tunni sind angeblich mit al Shabaab alliiert. Besonders von Clan-Konflikten betroffen sind die Städte Merka und Afgooye (EASO 2.2016).

In der bedeutenden Bezirkshauptstadt Afgooye bleibt die Zahl an Gewaltvorfällen konstant hoch. Dabei ist zwar die Zahl an Handgranatenanschlägen eingebrochen, jedoch bleibt die Zahl an Morden bzw. gezielten Attentaten und Sprengstoffanschlägen konstant bei rund 13 pro Quartal (Zeitraum Q2 2013 – Q2 2015). Damit ist Afgooye eine der am meisten von Gewaltvorfällen betroffenen Städte. Allerdings sind nicht alle Vorfälle terroristischer Natur, da das Gebiet auch von Clankonflikten betroffen ist (BFA 10.2015). Auch im März 2016 war Afgooye die am meisten vom bewaffneten Konflikt in Somalia betroffene Stadt (A 4.2016).

Auch Merka, Hauptstadt der Region Lower Shabelle, ist seit der Befreiung im Jahr 2012 massiv von Gewaltvorfällen betroffen. Zwar sind die Zahlen in den Quartalen Q4 2014 – Q2 2015 rückläufig, allerdings liegt der – relativ konstante – Durchschnitt der Quartale Q3 2012 – Q2 2015 bei 20 Vorfällen pro Quartal. Wie für Afgooye stellen auch für Merka neben terroristischer Gewalt Clankonflikte eine Quelle gewalttätiger Vorfälle dar (BFA 10.2015).

Größere Garnisonen der AMISOM befinden sich in Bali Doogle, Afgooye, Merka, Shalambood und Baraawe (Lower Shabelle); sowie in Balcad, Jowhar, Warsheikh und Cadale (Middle Shabelle). AMISOM verfügt auch über weitere Stellungen und Positionen entlang der Versorgungsrouten. Entlang der Routen gibt es auch zahlreiche Straßensperren, viele davon illegal. Die somalischen Sicherheitskräfte gehen gegen derartige Sperren vor (EASO 2.2016). Aufgrund einer Neuaufstellung hat AMISOM den Ort Fidow (Middle Shabelle) geräumt, al Shabaab hat den Ort unmittelbar besetzt (UNSC 8.1.2016).

In Middle Shabelle kam es wiederholt zu Clankämpfen, z.B. in Jowhar (8.2014), Rage Ceele (6.2015) und Warsheikh (6.2015 und 7.2015). Konflikte um Ressourcen beschäftigen Milizen der Abgal und der Shiidle; es kommt auch zu intra-Abgal-Kämpfen (EASO 2.2016).

Die Hauptstadt der Region Middle Shabelle, Jowhar, wurde Ende 2012 von Truppen der AMISOM und Somalias befreit. Die Zahl an Gewaltvorfällen wuchs stetig und hat in den Quartalen Q2 2013 – Q2 2014 (11 Vorfällen pro Quartal) vorläufig ihren Höhepunkt gefunden. Seither hat sich die Situation wesentlich gebessert, in den Quartalen Q3 2014 – Q2 2015 kam es durchschnittlich zu 3 Vorfällen pro Quartal (BFA 10.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1453284910_n1600065.pdf, Zugriff 1.4.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

b) (Zwangs)Rekrutierungen und Kindersoldaten

Kinder werden – weniger durch die Regierung, regelmäßig jedoch in Verbänden der al Shabaab oder von Clan-Milizen – als Kindersoldaten rekrutiert (AA 1.12.2015) und eingesetzt (USDOS 13.4.2016). Bis 5.6.2015 hat die UN 819 Fälle der Rekrutierung und des Einsatzes von Kindersoldaten durch al Shabaab, die somalische Armee, alliierte Milizen, Ahlu Sunna Wal Jama’a und andere bewaffnete Gruppen dokumentiert (AI 24.2.2016). Während sich in den Reihen der Regierungskräfte v.a. Minderjährige finden, deren Alter im Rahmen des Rekrutierungsprozesses nicht eindeutig festgestellt wurde, setzt al Shabaab Kindersoldaten systematisch ein. Erfreulicherweise geht die Zahl der Rekrutierung von Kindern tendenziell zurück. Die somalische Regierung hat 2012 einen Aktionsplan zur Verwirklichung einer "kinderfreien" somalischen Armee verabschiedet, die Umsetzung schreitet allerdings langsam voran. UNSOM und UNICEF unterstützen die Regierung bei der Umsetzung ihrer Vorgaben in diesem Bereich (ÖB 10.2015).

In welchem Ausmaß al Shabaab heute noch Kinder rekrutiert, kann nicht genau gesagt werden (LI 11.6.2015). Die UN haben von 82 Fällen berichtet, bei welchen Kinder in Moscheen oder während religiösen Veranstaltungen der al Shabaab rekrutiert worden sind (USDOS 13.4.2016).

Hauptrekrutierungsbereich von al Shabaab ist Süd-/Zentralsomalia. Die Rekrutierung als solche wird von UNHCR nicht als Fluchtgrund gesehen. Somalische Flüchtlinge – v.a. jene, die das Land nach 2011 verlassen haben – seien nicht vor al Shabaab geflohen sondern vor der Hungersnot (ÖB 10.2015). Es ist zwar weniger wahrscheinlich, aber auch in Städten unter der Kontrolle der Regierung und von AMISOM wird durch al Shabaab rekrutiert (DIS 9.2015).

Die wichtigste Personengruppe für Rekrutierungen ist für al Shabaab jene der 12-16jährigen Buben. Als wichtige Werkzeuge bei der Rekrutierung gelten Propaganda; die Rekrutierung über Clanführer und Koranschulen; Gehirnwäsche und Indoktrinierung; wie Deserteure berichten, stehen letztere zwei Methoden im Vordergrund. Gleichzeitig wird manchmal Zwang angewendet, meist aber erfolgt die Rekrutierung durch Überzeugungsarbeit – und durch die Aussicht auf Sold. Denn al Shabaab ist für junge Männer attraktiv, die keine Bildung haben oder arbeitslos sind. Gleichzeitig ist es für Familien attraktiv, ein bis zwei Angehörige bei al Shabaab unterzubringen, um so Einkommen zu generieren (LI 10.9.2015) bzw. um die Familie abzusichern (DIS 9.2015). Am leichtesten kann al Shabaab folglich in IDP-Lagern rekrutieren (LI 10.9.2015). Al Shabaab rekrutiert normalerweise in Moscheen oder bei religiösen Veranstaltungen (EASO 2.2016; vergleiche ÖB 10.2015).

Es ist schwer einzuschätzen, wie systematisch und weitverbreitet Zwangsrekrutierungen stattfinden. Die UN führt jegliche Rekrutierung von Kindern als Zwangsrekrutierung (LI 10.9.2015).

In Mogadischu gibt es kein Risiko hinsichtlich einer Zwangsrekrutierung durch al Shabaab (UKUT 3.10.2014; vergleiche UKUT 5.11.2015). Al Shabaab führt in Städten wie Mogadischu keine Zwangsrekrutierungen von Kindern mehr durch. Allerdings bezahlt al Shabaab in Mogadischu Kinder für Aktivitäten (Informationen; aber auch das Werfen von Handgranaten) (LI 11.6.2015). In jenen ländlichen Gebieten, die unter Kontrolle der al Shabaab sind, kommt die (Zwangs-)Rekrutierung von Kindern immer noch vor (LI 11.6.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016), ist aber die Ausnahme (EASO 2.2016). Es ist ein Fall dokumentiert, wo al Shabaab in einer Koranschule im Gebiet der Regierung – in Baidoa – sechs Buben rekrutiert hat. Generell ist es aber unwahrscheinlich, dass al Shabaab in Gebieten, die nicht unter ihrer Kontrolle stehen, Zwangsrekrutierungen vornimmt (LI 10.9.2015).

Die Weigerung, der al Shabaab beizutreten, kann für die Person selbst, aber auch für Familienangehörige tödlich sein. Eine andere Konsequenz, um einer Rekrutierung zu entgehen, wäre die Übersiedlung in ein anderes Gebiet (DIS 9.2015).

Die UN unterstützen die Reintegration von 500 ehemaligen Kindersoldaten in ihre Familien und Gemeinden. Die Aktivitäten umfassen psycho-soziale Unterstützung, "back-to-school"-Programme und Berufsausbildung (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, Zugriff 22.3.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

c) Minderheiten und Clans

aa) Bevölkerungsstruktur und Clanschutz

[ ]

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 13.4.2016). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach – in externen Belangen – als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

[ ]

Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status‘ als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein. Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).

[ ]

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.4.2016

Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/content/AT/Downloads/Publikationen/n8_Laenderinfo_Somalia.pdf, Zugriff 21.4.2016

bb) Aktuelle Situation

[ ]

Das Ausmaß an Diskriminierung hängt von der Minderheit ab:

Berufskasten sind generell stärkerer Diskriminierung ausgesetzt als ethnische Minderheiten. Sie leben meist in Ghetto-ähnlichen Vierteln oder Stadtteilen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010). Mischehen – vor allem zwischen Berufskasten und den Hauptclans – sind traditionell beschränkt (USDOS 13.4.2016; vergleiche EASO 8.2014, ÖB 10.2015). Dieses Tabu scheint aber in den vergangenen Jahren etwas aufgeweicht worden zu sein (EASO 8.2014). So kommen Beziehungen, die nicht den klassischen Strukturen entsprechen, häufiger vor. Ehen, in welchen die Frau einem Hauptclan angehört und der Ehemann einer Minderheit, sind aber sehr selten (C 18.6.2014).

Auch in anderen Bereichen gibt es regionale Unterschiede: Während etwa Mogadischu durch seine Durchmischung eher tolerant ist, gibt es in Puntland eine klare Trennung und in einigen Gebieten dürfen Angehörige von Minderheiten nicht in den Städten wohnen (B 14.10.2014).

Die Existenz einer dynamischen Wirtschaftsgemeinde der Benadiri ist erwiesen (UKUT 5.11.2015). Ihnen ist es gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen. Außerdem sind die meisten in Mogadischu verbliebenen Benadiri-Kaufleute verhältnismäßig wohlhabend und können sich Schutz zukaufen (EASO 8.2014). Trotzdem gilt, dass sich die Benadiri lediglich durch die ökonomische Besserstellung von den anderen Minderheiten abheben (B 10.2014). Benadiri können sich auf der Suche nach einem Lebensunterhalt an diese Gemeinde wenden (UKUT 5.11.2015).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

d) Frauen und Kinder

Die aktuelle Verfassung betont in besonderer Weise die Rolle und die Menschenrechte von Frauen und Mädchen und die Verantwortung des Staates in dieser Hinsicht. Tatsächlich ist deren Lage jedoch weiterhin besonders prekär. Frauen und Mädchen bleiben den besonderen Gefahren der Vergewaltigung, Verschleppung und der systematischen sexuellen Versklavung ausgesetzt. Wirksamer Schutz gegen solche Übergriffe, insbesondere in den Lagern der Binnenvertriebenen, ist mangels staatlicher Autorität bisher nicht gewährleistet (AA 1.12.2015).

Die somalische Regierung hat mit Unterstützung der EU-Delegation für Somalia einen Aktionsplan zur Bekämpfung der sexuellen Übergriffe verabschiedet, die Implementierung geschieht jedoch sehr langsam (ÖB 10.2015).

Auch wenn Gewalt gegen Frauen in der Verfassung verboten ist (USDOS 13.4.2016), bleibt häusliche Gewalt gegen Frauen ein großes Problem (USDOS 13.4.2016; vergleiche AA 1.12.2015).

Gewalt gegen Frauen – insbesondere sexuelle Gewalt – ist laut Berichten der UNO und internationaler NGOs in der gesamten Region weit verbreitet (ÖB 10.2015; vergleiche UNHRC 28.10.2015). Besonders betroffen sind davon IDPs in Flüchtlingslagern, insbesondere in Mogadischu (ÖB 10.2015; vergleiche UNHRC 28.10.2015; USDOS 13.4.2016). Auch Frauen und Mädchen von Minderheiten sind häufig unter den Opfern von Vergewaltigungen. Dabei gibt es aufgrund der mit einer Vergewaltigung verbundenen Stigmatisierung der Opfer eine hohe Dunkelziffer (UNHRC 28.10.2015; vergleiche UKHO 3.2.2015; USDOS 13.4.2016). Die Täter sind bewaffnete Männer, darunter auch Regierungssoldaten, Milizionäre (HRW 27.1.2016; vergleiche UNHRC 28.10.2015; USDOS 13.4.2016), Polizisten und Mitglieder der al Shabaab (UNHRC 28.10.2015).

Es gibt Berichte, die nahelegen, dass sexualisierte Gewalt von der al Shabaab gezielt als Taktik im bewaffneten Konflikt eingesetzt wird (AA 1.12.2015).

Vergewaltigung ist zwar gesetzlich verboten (AA 1.12.2015; vergleiche ÖB 10.2015), die Strafandrohung beträgt 5-15 Jahre, vor Militärgerichten auch den Tod (USDOS 13.4.2016). Hinsichtlich geschlechtsspezifischer Gewalt herrscht aber weitgehend Straflosigkeit. Strafverfolgung oder Verurteilungen wegen Vergewaltigung oder anderer Formen sexueller Gewalt sind in Somalia rar (UKHO 3.2.2015; vergleiche AA 1.12.2015; ÖB 10.2015; USDOS 13.4.2016). Bei der Strafjustiz herrscht Unfähigkeit (UNHRC 28.10.2015). Manchmal verlangt die Polizei von den Opfern, die Untersuchungen selbst zu tätigen (Suche nach Zeugen, Lokalisierung von Schuldigen) (USDOS 13.4.2016; vergleiche UKHO 3.2.2015).

Andererseits hat die Militärjustiz bereits einige Soldaten der Armee wegen Vergewaltigungen zu langen Haftstrafen oder zum Tode verurteilt (UNHRC 28.10.2015). Meist werden Vergewaltigungen oder sexuelle Übergriffe aber vor traditionellen Gerichten abgehandelt, welche entweder eine Kompensationszahlung vereinbaren oder aber eine Ehe zwischen Opfer und Täter erzwingen (UNHRC 28.10.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Von staatlichem Schutz kann nicht ausgegangen werden (ÖB 10.2015; vergleiche UKHO 3.2.2015), für die am meisten vulnerablen Fälle ist er nicht existent (HRW 27.1.2016).

In Puntland wird an einem Gesetz über sexuelle Vergehen gearbeitet. Das Frauenministerium unterstützt Opfer von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt – auch durch das Vorantreiben einer Strafverfolgung der Täter (UNHRC 28.10.2015). In Puntland gehen die Behörden gegen der Vergewaltigung Beschuldigte vor (UKHO 3.2.2015).

Grundlage für eine Eheschließung ist die Scharia, Polygamie und Ehescheidung sind somit erlaubt (ÖB 10.2015). Die Übergangsverfassung legt kein Mindestalter für eine Eheschließung fest. Die Kinderehe ist verbreitet. In ländlichen Gebieten verheiraten Eltern ihre Töchter manchmal schon im Alter von zwölf Jahren. Insgesamt wurden 45 Prozent der Frauen im Alter von 20-24 Jahren bereits mit 18 Jahren, 8 Prozent bereits im Alter von 15 Jahren verheiratet. In ländlichen Gebieten werden auch 12jährige Mädchen verheiratet (USDOS 13.4.2016).

Zwangsehen sind weit verbreitet (ÖB 10.2015). Zwangsehen durch al Shabaab kommen in der Regel nur dort vor, wo die Gruppe die Kontrolle hat (C 18.6.2014; vergleiche USDOS 13.4.2016; UKHO 3.2.2015; DIS 9.2015). Dort sind Frauen und Mädchen einem ernsten Risiko ausgesetzt, von al Shabaab entführt, vergewaltigt und zu einer Ehe gezwungen zu werden (UKHO 3.2.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Eine Verweigerung kann für das Mädchen oder ihre Familie den Tod bedeuten (DIS 9.2015; vergleiche NOAS 4.2014). Aus Städten unter Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee gibt es keine Berichte hinsichtlich Zwangsehen mit Kämpfern der al Shabaab; wohl aber gibt es Berichte über diesbezügliche Drohungen via SMS (DIS 9.2015). Hingegen zwingen auch Angehörige bewaffneter Milizen und Clanmilizen Mädchen zur Eheschließung (UNHRC 28.10.2015).

Manchmal müssen entführte Frauen und Mädchen für al Shabaab auch als Putzkräfte, Köchinnen oder Trägerinnen arbeiten. In einigen Fällen wurden Mädchen als Selbstmordattentäterinnen verwendet (UKHO 3.2.2015).

Sowohl im Zuge der Anwendung der Scharia als auch bei der Anwendung traditionellen Rechtes sind Frauen nicht in den Entscheidungsprozess eingebunden (USDOS 13.4.2016). Zudem gelten die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivilrechts und Strafrechts, die Frauen tendenziell benachteiligen bzw. einem (übersteigerten) paternalistischen Ansatz folgen. Für Frauen gelten entsprechend andere gesetzliche Maßstäbe als für Männer. So erhalten beispielsweise Frauen nur 50% der männlichen Erbquote (AA 1.12.2015; vergleiche USDOS 13.4.2016). Bei der Tötung einer Frau ist im Vergleich zur Tötung eines Mannes nur die Hälfte des an die Familie des Opfers zu zahlenden "Blutgeldes" vorgesehen. Erwachsene Frauen und viele minderjährige Mädchen werden zur Heirat gezwungen (AA 1.12.2015). Insgesamt gibt es hinsichtlich der grundsätzlich diskriminierenden Auslegungen der zivil- und strafrechtlichen Elemente der Scharia keine Ausweichmöglichkeiten, die aus der Scharia interpretierten Regeln des Zivil- und Strafrechts gelten auch in Puntland und Somaliland. Gleichwohl gibt es politische Ansätze, die mittel- bis langfristig eine Annäherung des Status von Mann und Frau anstreben. In den von der al Shabaab kontrollierten Gebieten werden die Regeln der Scharia in extremer Weise angewandt – mit der entsprechenden weitergehenden Diskriminierung von Frauen als Folge (AA 1.12.2015).

In den kleiner werdenden Gebieten, die von der al Shabaab kontrolliert werden, herrscht eine strenge und harte Interpretation der Scharia. Viele Regeln betreffen Frauen: Vollverschleierung; Arbeitsverbot; Verbot der Reise mit nicht-verwandten Männern etc. Bei Nicht-Einhaltung der Regeln drohen schwere Bestrafungen (UKHO 3.2.2015).

In politische Entscheidungsprozesse sind Frauen nicht adäquat eingebunden (UNHRC 28.10.2015). Eigentlich wären für das Parlament 30% Sitze für Frauen vorgesehen. Diese stellen aber nur 14 von 275 Abgeordneten. In der 26köpfigen Regierung finden sich drei Frauen (USDOS 13.4.2016). In der Regionalversammlung der Galmudug Interim Administration (GIA) sind 8 von 64 Abgeordneten Frauen (UNSC 11.9.2015). Im Ältestenrat von Puntland war noch nie eine Frau vertreten, im 66sitzigen Repräsentantenhaus sind es zwei, es gibt auch zwei Ministerinnen (USDOS 13.4.2016).

Generell haben Frauen nicht die gleichen Rechte, wie Männer, und sie werden systematisch nachrangig behandelt (USDOS 13.4.2016). Frauen leiden unter schwerer Ausgrenzung und Ungleichheit in vielen Bereichen, vor allem; Gesundheit, Beschäftigung und Arbeitsmarktbeteiligung (ÖB 10.2015), Kreditvergabe, Bildung und Unterbringung (USDOS 13.4.2016). Laut einem Bericht einer somaliländischen Frauenorganisation aus dem Jahr 2010 besaßen dort nur 25% der Frauen Vieh, Land oder anderes Eigentum (USDOS 13.4.2016).

Quellen:

http://www.noas.no/wp-content/uploads/2014/04/Somalia_web.pdf, Zugriff 14.4.2016

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329855_soma-oeb-bericht-2015-10.pdf, Zugriff 25.2.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1451399567_a-hrc-30-57-en.docx, Zugriff 23.3.2016

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1443010894_n1527126.pdf, Zugriff 23.3.2016

1.2.2. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Somalia: Clan Shanshi(ye) vom 09.09.2014:

"[ ] Die Herkunftsländerinformationsstelle der Kanadischen Immigrationsbehörde IRB zitiert in einer Anfragebeantwortung vom August 1999 einen Somalia-Experte namens Patrick Gilkes, demzufolge die Shanshiye ein Sub-Clan der Reer Hamar sind, weshalb die Situation von Shanshiye und ihren Sub-Clans dieselbe wäre, wie jene von Reer Hamar. [ ]"

1.2.3. ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation: Anfragebeantwortung zu Somalia:

Informationen zur Lage von (weiblichen) Angehörigen der Asharaf (auch: Ashraf) vom 12. Juni 2015:

"Markus Höhne, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethnologie an der Universität Leipzig, schreibt in einer E-Mail-Auskunft vom 20. Februar 2015 Folgendes zur Lage der Asharaf:

"[ ] generell denke ich, sind Asharaf immer noch mit eine der schwächsten Gruppen in Somalia. Sie werden sicher nicht mehr systematisch verfolgt. Aber im allgemeinen sozialen, politischen, ökonomischen und militärischen Gefüge des Südens, der immer noch weit von Stabilität und Frieden entfernt ist, sind Asharaf anfällig gegenüber Ausbeutung, Übergriffen, Kriminalität, sexueller Gewalt etc. Sie haben keine Miliz, die sie verteidigt. Die Regierung ist bei weitem nicht stabil genug, die Sicherheit Ihrer BürgerInnen zu garantieren. Und noch immer operieren Al Shabaab und Kriminelle sowie undisziplinierte Soldaten in Teilen Südsomalias. Mein Fazit ist: Mitglieder dieser Gruppe sind einer erhöhten Gefahr ausgesetzt. Diese ist aber eher allgemeiner Natur und dadurch bedingt, dass Asharaf politisch und vor allem militärisch nicht stabil verankert sind." (Höhne, 20. Februar 2015)

[ ]"

1.2.4. ACCORD Anfragebeantwortung zu Somalia: Somalia: 1) Lage der Asharaf; Gehören die Asharaf dem Sub-Clan der Hassan und dem Hauptclan der Arab an? 2) Heirat zwischen Angehörigen von Minderheiten und Mehrheitsclanangehörigen; 3) Situation von Frauen (Gefahren für alleinstehende Frauen) vom 29.04.2010:

"[ ]

"Hibo Yassin, Regional Coordinator, Cooperatione per lo Sviluppo dei Paesi Emergenti (COSPE) explained that minority populations in Somalia, i.e. members of ethnic minority groups and members of clans being in a minority position are no longer victims of targeted looting and other targeted human rights violations.” (DIS, August 2007, S. 18)

"Yassin explained that the situation for persons living in a cross clan marriage might be difficult in some places. Their situation will depend on actual circumstances and Yassin emphasized that it will never be possible to make reliable general statements about the situation for persons in cross clan marriages. An international organisation (B) considered that persons in cross clan marriages could face problems, especially if the couple or one of them have been disowned by his or her own clan because of the marriage. However, it was emphasized that whether or not a person is at risk of being marginalized or persecution will depend on that person’s individual plight. Regarding cross clan marriages Bamehriz stated that the husband’s clan will absorb the woman, and in case the marriage ends she can return to her clan of origin. Cross clan marriages are not so common these days as clans are not on good terms. Before the civil war began in the south in 1991 interclan marriages were much more common. An international organisation (C) confirmed that a wife is absorbed into her husband’s clan irrespective of her own clan affiliation. This is so except for when she has married below her own clan’s position. However, if the husband dies a problem may arise regarding the widow’s clan affiliation. According to NOVIB a woman’s marriage against the wishes of her family or clan may lead to the death of the man if he comes from a lower clan than his wife. NOVIB gave an example of a couple in which the woman’s own clan sent her away to the other end of the country. The couple later found each other again and had to go into hiding or they would be killed.” (DIS, August 2007, S. 30-31)

[ ]

"An international organisation (B) explained that there are powerful women in Somalia, but socially such women may be treated badly and their own community may marginalize them. Powerful women of minority origin may even be treated worse than powerful women from major clans. An international organisation (B) added that women are not vulnerable just because they are women. A woman’s vulnerability depends on particular circumstances and it is not right to state that all women in Somalia are vulnerable. Abdulle considered that women are still victims of human rights violations throughout Somalia, and they are exposed to all the usual abuses and violations. Women are the breadwinners of Somalia but political authority governs them. They may be socially active but they do not have any decision making influence. Abdulle explained that there are almost no women in the cabinet. In addition the majority of all those being killed and wounded in the recent fighting are women and children. NOVIB considered that women in Somalia are vulnerable and just being a woman makes you at risk of being targeted and abused, especially by militias and other gunmen. Today women are especially at risk at checkpoints where warlord militias or so-called free-lance militias may check buses and sexually abuse female passengers. Domestic violence against women is common and NOVIB referred to an old Somali proverb: ’As soon as you are married beat up your wife, so she knows who is master’. NOVIB explained that there is almost general impunity for violence against women in Somalia. Traditional law is not focused on the victim as an individual and women as victims are normally not covered by the compensation system. Even in Hargeisa, Somaliland it is the male who decides whether or not a case should be tried according to traditional law or the legal system. An international organisation (B) considered that women are generally not vulnerable or insecure solely because they are women. However, female IDPs are generally vulnerable. An international organisation (C) explained that women in Somalia – from a Western perspective – are being treated in an unacceptable manner, but this situation is general for all women in the country. Whether or not a woman is at risk of persecution and other violations depends on concrete circumstances as already mentioned. An international organisation (C) acknowledged that there are many really strong women in Somalia, but stated that there are a number of cases where even such women have been victims of human rights violations, even from persons within their own family. Women with good jobs in many families are regarded as bringing shame onto the family and can become targets for their own family members. For example, a father may not tolerate that his wife or his daughter has gained a strong position. On the other hand some women know how to manage even if they have been threatened. An international organisation (C) added that even local NGOs in Somalia, that defend the rights of women, put themselves at risk and such NGOs can be attacked. An international organisation (C) explained that if a woman is left without a husband’s protection she is in concrete danger, especially if she is an IDP, and belongs to a minor or weak clan or an ethnic minority group.” (DIS, August 2007, S. 31-32)

[ ]”

1.2.5. Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Somalia:

Duruqbe, Reer Xamar, Schutz vom 12.07.2012:

"[ ]

Informationen bezüglich der Frage des Schutzes und der Situation der Reer Xamar/Benadiri:

[ ] Heute sind die Rer Hamar "nicht machtlos" und in der Lage, sich am lokalen Machtspiel mit den großen Clans zu beteiligen und werden nur selten Ziel von Angriffen durch andere Clans. Diese Beobachtung ist im Zusammenhang mit den Veränderungen in Mogadischu im Laufe der letzten acht Jahre zu sehen, in deren Zuge die Rer Hamar-Gemeinschaft nicht mehr den gezielten und straflos verübten Gewalttaten durch die großen, sich bekriegenden Clans ausgesetzt ist, wie es während der frühen Bürgerkriegsjahre der Fall war. Damals wurden Rer Hamar teilweise wegen ihres Einflusses und ihrer Funktionen in der früheren Regierung Somalias, und weil sie nach dem Zerfall der (rechts)staatlichen Einrichtungen im Jahr 1990 jeglichen Schutz verloren hatten, angegriffen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Gemeinschaft der Rer Hamar keinen Diskriminierungen mehr ausgesetzt wäre. [ ]

Das Wort Benadiri ist ein Sammelbegriff für zahlreiche Minderheitengruppen der Küstengebiete zwischen Mogadischu und Kismayo, welche die städtische Kultur teilen und von unterschiedlicher Herkunft sind. Sie sind auch als Reer Hamar oder Reer Brava bekannt und es gibt viele Untergruppen, darunter die Ashraf. Vor dem Krieg lebten sie in den Bezirken Hamar Weyne, Shangaani und Bondheere in Mogadischu, heute sind sie in allen Bezirken anzutreffen. Die Benadiri gehen Mischehen ein, wobei hellhäutige Benadiri keine dunkelhäutigen Benadiri heiraten. [ ]

Zusammenfassung: Für die große Mehrheit der somalischen Clans sollte der Status selbst kein Risiko für Misshandlung/Schlechtbehandlung mit sich bringen. Einige Angehörige der Minderheitengruppen, darunter der Benadiri, sind in der Lage, sich bei größeren Clans in einigen Gebieten Sicherheit zu verschaffen. Auch wenn Diskriminierung weiterhin bestehen kann, spielen die Benadiri in der Politik eine Rolle. Außerdem haben sie Beziehungen zu dominanten Clans hergestellt, sind Mischehen eingegangen oder haben Firmen etabliert. Eine interne Fluchtalternative ist für die Benadiri eher unwahrscheinlich. Allerdings kann dies von Ort zu Ort variieren und hängt sehr davon ab, was der Einzelne dazu beitragen kann. [ ]"

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zu den Feststellungen zu den Personen der Beschwerdeführer:

Das Datum der Antragstellungen und die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus den Akteninhalten.

Die Erstbeschwerdeführerin legte weder vor der belangten Behörde noch vor dem Bundesverwaltungsgericht Dokumente im Original vor, die ihre Identität zweifelsfrei belegen hätten können und mit ihren Identitätsangaben übereinstimmen würden, weshalb die genaue Identität nicht festgestellt werden konnte. Die im Spruch angeführten Identitätsangaben der Erstbeschwerdeführerin dienen lediglich zu ihrer Identifizierung als Verfahrenspartei. Die näheren Feststellungen zur Geburt in Mogadischu und dem späteren Umzug nach römisch XXXX der Erstbeschwerdeführerin gründen sich auf ihre diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren und in der mündlichen Verhandlung. Die Feststellungen zur Clanzugehörigkeit der Erstbeschwerdeführerin gründen sich auf ihre diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Soweit die belangte Behörde diesen Angaben keinen Glauben schenkte, ist darauf zu verweisen, dass sich die diesbezügliche Begründung im oben angefochtenen Bescheid der Erstbeschwerdeführerin im Wesentlichen darauf gründete, dass diese in ihrer Ersteinvernahme vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 23.09.2012 als Volksgruppenzugehörigkeit "Somali" angegeben habe vergleiche AS 19 BFA der Erstbeschwerdeführerin), in weiterer Folge ihre Fluchtgeschichte jedoch auf ihrer Clanzugehörigkeit aufgebaut habe und daher davon auszugehen sei, dass sie ihre Clanzugehörigkeit bereits in ihrer Erstbefragung richtig genannt hätte. Dem ist entgegen zu halten, dass sich die Erstbefragung gemäß Paragraph 19, Absatz eins, Asylg 2005 nicht auf die näheren Fluchtgründe zu beziehen hat, sondern primär der Daten- und Fluchtwegerhebung dient. Es erscheint in diesem Zusammenhang jedoch nicht ausgeschlossen, dass gerade Daten hinsichtlich der sehr komplexen Clanzugehörigkeit in Somalia falsch aufgenommen bzw. protokolliert werden. Einem somalischen Asylwerber die Clanzugehörigkeit allein wegen der in der Niederschrift der Erstbefragung festgehaltenen Volksgruppenzugehörigkeit abzusprechen, erscheint nicht zuletzt im Hinblick auf die seitens der Rechtsprechung der Höchstgerichte des öffentlichen Rechts bezüglich Paragraph 19, Absatz eins, AsylG 2005 bereits aufgezeigten Bedenken gegen die Verwertung von Beweisergebnissen der Erstbefragung vergleiche etwa VfGH vom 20. Februar 2014, U 1919/2013-15, U 1921/2013-16, und E vom 28. Mai 2014, Ra 2014/20/0017, 0018) als zu kurz gegriffen. Soweit die belangte Behörde im oben angefochtenen Bescheid der Erstbeschwerdeführerin weiter begründend ausführt, die Schwester der Erstbeschwerdeführerin habe in deren Asylverfahren angegeben, einem anderen Clan (nämlich den Reer Xamar) anzugehören, ist dem entgegen zu halten, dass sich aus allen Länderberichten zum Clan der Shanshi ergibt, dass diese den Reer Xamar zuzuordnen sind. Die Angaben der Erstbeschwerdeführerin stehen daher durchaus im Einklang mit jenen ihrer Schwester. Auf Grundlage dieser Ausführungen konnte somit die Feststellung hinsichtlich der Clanzugehörigkeit der Erstbeschwerdeführerin ergehen.

Die Identität der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer wurde bereits durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auf Grundlage der in Vorlage gebrachten Reisepässe festgestellt. Die zuständige Richterin hat auch nach Durchführung der Verhandlung keine Veranlassung an diesen Identitätsangaben zu zweifeln.

Die Feststellungen zur Clanzugehörigkeit der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer gründen sich auf ihre (bzw. die der Erstbeschwerdeführerin) diesbezüglich gleichbleibenden Angaben im verwaltungsbehördlichen Verfahren und in der mündlichen Beschwerdeverhandlung. Soweit die belangte Behörde diesen Angaben keinen Glauben schenkte, da die Erstbeschwerdeführerin einem anderen Clan angehöre und es bekannt sei, "dass die Volksgruppen in Somalia untereinander nicht heiraten und sich fortpflanzen, da die eigene Volksgruppe immer im Vordergrund steht" vergleiche etwa AS 229 BFA des Zweitbeschwerdeführers), ist dem entgegen zu halten, dass sich aus allen Länderberichten ergibt, dass Mischehen in Somalia durchaus vorkommen. Auch konnten die Beschwerdeführer glaubhaft und übereinstimmend darlegen, dass sich die Clanzugehörigkeit in Somalia vom Vater und nicht von der Mutter ableitet. Vor diesem Hintergrund – und auch im Hinblick auf die bereits gesammelten Erfahrungswerte der entscheidenden Richterin – erscheint es nicht unmöglich, dass somalische Kinder einem anderen Clan angehören als ihre Mutter, weswegen die Feststellung der Clanzugehörigkeit der Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer ergehen konnte.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit der Beschwerdeführer ergibt sich hinsichtlich der Erst- bis Viertbeschwerdeführer aus der Einsichtnahme in das Strafregister, hinsichtlich der Fünft- bis Siebtbeschwerdeführer aus deren Strafunmündigkeit, sowie aus den Angaben der Beschwerdeführer in der mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführer gründen auf den diesbezüglich glaubhaften Aussagen in der mündlichen Beschwerdeverhandlung und auf dem Umstand, dass im Verfahren nichts Gegenteiliges hervorgekommen ist.

2.2. Zu den Feststellungen zum Fluchtvorbringen der Beschwerdeführer:

Die Beschwerdeführer konnten eine persönlich gegen ihre Person gerichtete Verfolgung nicht darlegen. Wie bereits vor der belangten Behörde wurden seitens der Beschwerdeführer lediglich Probleme allgemeiner Natur genannt, die die Schwelle der Asylrelevanz nicht erreichen.

Das Fluchtvorbringen der Erstbeschwerdeführerin lässt sich im Wesentlichen darauf reduzieren, dass ihr erster Ehemann von Angehörigen des Hawiye-Clans im Jahr 2006 getötet worden sein soll. Den Versuchen des Hawiye-Clans, die Erstbeschwerdeführerin zwangszuverheiraten, konnte sich die Erstbeschwerdeführerin laut eigenen Angaben erfolgreich widersetzen und heiratete vielmehr im Jahr 2008 einen anderen Mann. Nachdem sie dieser Ende des Jahres 2008 noch verließ, lebte die Erstbeschwerdeführerin bis zu ihrer Ausreise im April 2012 – abgesehen von einem Vorfall im Jahr 2010 – unbehelligt weiter in ihrer Heimatstadt. Die Angaben der Erstbeschwerdeführerin zu ihren Fluchtgründen gingen über diese kurze Zusammenfassung kaum hinaus. Die Erstbeschwerdeführerin blieb in ihren Schilderungen unkonkret, oberflächlich und vage. Sie stellte im Wesentlichen auf ihre allgemeine Diskriminierung aufgrund ihrer Minderheitenangehörigkeit ab, konnte jedoch selbst auf eingehende Nachfragen – bis auf einen Vorfall im Jahr 2010 – keine konkreten Vorfälle nennen, die ihr in Somalia widerfahren sein sollen: "R: Hatten Sie allein auf Grund Ihrer Clanzugehörigkeit Probleme? BF1: Ja. Minderheiten in Somalia werden getötet und versklavt. Die Mehrheiten versklaven die Shanshi. R: Können Sie das etwas konkretisieren auf Ihre Person? BF1: Mein erster Mann wurde getötet. Mich wollte man auch töten und dann bin ich geflüchtet. Dann bin ich nicht mehr zurückgegangen. Hier habe ich Sicherheit."

vergleiche Seite 9 der Verhandlungsschrift).

Selbst auf neuerliche Bitte, ihre Fluchtgründe umfassend zu schildern, blieb die Erstbeschwerdeführerin völlig oberflächlich und vage: "R: Warum haben Sie Somalia verlassen? Ich bitte Sie Ihre Fluchtgründe möglichst umfassend und von sich darzulegen. Sollte ich noch Fragen haben, werde ich diese im Anschluss an Ihre freie Erzählung stellen. BF1: Ich habe das Land verlassen, weil ich Angst hatte getötet zu werden. Der Vater meiner Kinder wurde getötet und später wollte man mich dann verheiraten. Man wollte mich töten. Man hat mich angegriffen und sagte, man wird mich töten. Ich versuchte mein Leben zu retten. Ich dachte mir, ich gehe wohin, wo ich Sicherheit habe. Danach landete ich in Österreich. Männer aus dem Stamm Hawiye sind zu mir gekommen. Das waren die Männer, die mit meinem Mann gekämpft haben. Sie sind zu meinem Buschhaus gekommen und sie sagten, ich muss heiraten, ich wollte das nicht. Sie sagten mir, sie werden mich töten. Dann bin ich geflüchtet. Sie sagten mir, dass ich zwei Möglichkeiten hätte, jemanden von ihnen zu heiraten oder getötet zu werden. Ich hatte Angst, um meine Töchter. Die Frauen werden vergewaltigt und zwangsverheiratet. Die jungen Männer werden manipuliert und verschleppt, deshalb habe ich meine Kinder nachgeholt, nachdem ich hier subsidiären Schutz bekommen habe. Ich bin am 23.09.2012 nach Österreich gekommen." vergleiche Seite 12 und 13 der Verhandlungsschrift).

Konkrete Vorfälle, Bedrohungen oder gegen sie gerichtete Verfolgungsmomente war die Erstbeschwerdeführerin weder vor der belangten Behörde noch in der mündlichen Verhandlung zu schildern in der Lage. Auch hinsichtlich der ihr seitens Angehöriger des Hawiye-Clans angedrohten Zwangsheirat, konnte die Erstbeschwerdeführerin – selbst auf konkrete Nachfrage – keine näheren Ausführungen machen. Vielmehr blieb sie bei kurzen, in den Raum gestellten, inhaltsleeren Floskeln: "R: Wurden Sie zwischen 2006 und 2008 von diesen Hawiye Männern bedroht? BF1: Ja. R: Wie hat sich diese Bedrohung gestaltet? BF1: Nachdem mein Mann getötet wurde, sagten sie, ich muss heiraten. Ich habe mich dagegen geweigert. R: Können Sie mir das ausführlich schildern? Waren das Bedrohungen, gab es Repressalien, als Sie Ihren zweiten Mann geheiratet haben, etc.? BF1: Sie wollten mich mit einem Hawiye verheiraten. Sie sagten mir, wenn ich ihn nicht heiraten werde, werden sie mich töten. Ich habe dann einen anderen Mann geheiratet."

vergleiche Seite 11 der Verhandlungsschrift) oder Niederschrift der Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin am 13.06.2013: "F: Und in wie fern wurden Sie bedroht? Mit was wurden Sie bedroht? Weshalb wurden Sie bedroht? A: Nachdem man meinen Mann umgebracht hat, wollte man mich mit Gewalt heiraten, dann hatte in ein Problem mit einigen Frauen, die mich eben attackiert haben. Die haben mich auch verletzt. [ ] F: Man wollte Sie mit Gewalt heiraten. Wann war das? Und wie trug sich dies zu. Erzählen Sie konkret darüber? A: Als mein Mann gestorben ist, wollte man mich heiraten. Der Clan der meinen

Mann umgebracht hat, wollte mich heiraten. F: Klonkrete Hintergrundinformationen bitte über die behauptete versuchte

Zwangsverheiratung. A: Der Hawiye Clan brachte meinen Mann um, sie erschossen ihn. Danach sagte man mir, dass man ihn umgebracht hat."

(AS 81 BFA der Erstbeschwerdeführerin).

Hinsichtlich der seitens der Erstbeschwerdeführerin in den Raum gestellten Bedrohungen durch Angehörige des Hawiye-Clans nach dem Tod ihres ersten Ehemannes, ist zudem darauf zu verweisen, dass der erste Ehemann der Erstbeschwerdeführerin bereits im Jahr 2006 getötet worden sein soll. Die Erstbeschwerdeführerin reiste hingegen erst im April 2012 aus Somalia aus und lebte zwischen dem Jahr 2006 und ihrer Ausreise immer in dem gleichen Haus, das sie auch zuvor schon mit ihrem ersten Ehemann bewohnt hatte: "R: Wann haben Sie Somalia verlassen? BF1: Im Jahr 2012. R: Das heißt, Sie konnten zwischen 2006 und 2012 in Somalia leben, ohne Bedrohungen? BF1: Ich wusste nicht, wo ich hin soll und später bin ich geflüchtet." vergleiche Seite 11 der Verhandlungsschrift) und "R: Ihr Mann wurde 2006 getötet. Sie konnten bis 2012 in Somalia leben, das wirkt nicht danach als wären Sie als Person einer Gefährdung ausgesetzt. BF1:

Ich und Gott haben auf mich aufgepasst. Es war mein Schicksal, dass ich letztendlich nach Österreich gekommen bin. Es war Schicksal, dass ich nicht getötet wurde. Gott wollte es so. R: Haben Sie bis zu Ihrer Ausreise in diesem Buschhaus gelebt? BF1: Ja." vergleiche Seite 13 der Verhandlungsschrift). Dass die Erstbeschwerdeführerin nach dem Tod ihres ersten Mannes tatsächlich einer asylrelevanten Verfolgung bzw. Bedrohung ausgesetzt gewesen sein soll, kann daher bereits im Hinblick darauf, dass sie gemeinsam mit ihren Kindern noch weitere sechs Jahre in ihrem Heimatort in Somalia leben konnte, als nicht glaubhaft gewertet werden. Wäre die Erstbeschwerdeführerin tatsächlich einer tödlichen Bedrohung seitens der Angehörigen des Hawiye-Clans ausgesetzt gewesen, kann ausgeschlossen werden, dass ihr diese weitere sechs Jahre ein Leben in ihrem Haus ermöglicht hätten. Unter diesem Licht ist auch das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin zu beleuchten, sie wäre von Angehörigen des Hawiye-Clans zu einer Zwangsehe verpflichtet worden, da es dieser insbesondere möglich war, eine Ehe mit einem anderen, gänzlich ortsfremden Mann einzugehen.

Soweit der Rechtsvertreter der Erstbeschwerdeführerin in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf die Problematik der Mischehe verwiesen hat, da beide Ehemänner der Erstbeschwerdeführerin anderen Clans angehörten als diese selbst, ist auf die Länderberichte zu verweisen und auszuführen, dass die Erstbeschwerdeführerin dem in den Länderberichten determinierten Begriff der "Mischehe", welche insbesondere Ehen zwischen Frauen aus Mehrheitsclans und Männern aus Minderheitenclans bezeichnet, nicht entspricht. Im Fall der Erstbeschwerdeführerin wurden vielmehr Ehen zwischen Minderheitenclans geschlossen. Derartige Eheschließungen sind laut Länderberichten gerade unter Benadiri, zu denen sowohl die Reer Xamar als auch (zumindest im Küstengebiet zwischen Mogadischu und Kismayo) die Ashraf zu zählen sind, weit verbreitet vergleiche oben Punkt 1.2.5.). Die zuständige Richterin übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass Mischehen in Somalia problembehaftet sind, davon sind – wie bereits ausgeführt – jedoch insbesondere Ehe zwischen Frauen aus Mehrheitsclans und Männern aus Minderheitenclans betroffen. Die diesbezüglichen Länderberichte auf den Fall der Erstbeschwerdeführerin umzulegen, wäre daher zu weit gegriffen. Zudem ergibt sich aus den Länderberichten, dass eine allgemein gültige Aussage hinsichtlich Mischehen nicht möglich ist, es vielmehr immer einer Einzelfallbetrachtung bedarf vergleiche oben Punkt römisch II.1.2.4.). Selbst wenn es in Einzelfällen auch bei Mischehen zwischen Minderheitenclans zu Problemen kommen sollte, ist im Fall der Erstbeschwerdeführerin darauf hinzuweisen, dass diese selbst auf konkrete und mehrmalige Nachfrage angegeben hat, wegen der unterschiedlichen Clanzugehörigkeiten ihrer Ehemänner in Somalia keinen Problemen ausgesetzt gewesen zu sein. Die Erstbeschwerdeführerin hat ihre Probleme vielmehr darauf reduziert, dass sowohl sie selbst als auch ihre Ehemänner (und ihre Kinder)

Angehörige von Minderheiten in Somalia seien: "R: Aber ich meinte, ob es für Sie Probleme gab, weil Sie einem anderen Clan angehören?

BF1: Nein. Die Somalier heiraten untereinander." vergleiche Seite 9 der Verhandlungsschrift) oder vergleiche die Niederschrift der Einvernahme der Erstbeschwerdeführerin im Asylverfahren der Zweit- bis

Siebtbeschwerdeführer am 13.06.2013: "F: Ist es üblich, dass man einen Mann aus einer anderen Volksgruppe heiratet? A: In Somalia heiraten wir in allen Volksgruppen. Es ist normal jemanden aus einer anderen Volksgruppe zu heiraten." vergleiche AS 103 BFA des Zweitbeschwerdeführers).

Soweit vom Rechtsvertreter zudem geltend gemacht wurde, dass den Beschwerdeführern in Somalia Probleme drohen, da alle Kinder der Erstbeschwerdeführerin einem anderen Clan als diese selbst angehören, ist erneut darauf zu verweisen, dass die Erstbeschwerdeführerin Probleme oder Diskriminierungen ihrer Person oder der Kinder aufgrund der unterschiedlichen Volksgruppenzugehörigkeit selbst nach mehrmaliger Nachfrage in der mündlichen Beschwerdeverhandlung ausschloss: "R: Sie hatten keine konkreten Probleme, weil Sie zwei verschiedene Männer hatten und Kinder? BF1: Nein, deshalb ist nichts passiert, weil die Kinder von verschiedenen Vätern und Clans sind." vergleiche Seite 11 der Verhandlungsschrift). Auch der Zweitbeschwerdeführer bezog die der Familie drohenden Probleme auf konkrete Nachfrage nicht auf den Umstand der unterschiedlichen Clanzugehörigkeit der Familie. Vielmehr machte auch er geltend, dass ihre schlechte Situation allgemein in ihrer Minderheitenzugehörigkeit gelegen war: "R: Hatten Sie in Somalia Probleme, da Sie einem anderen Clan angehören als Ihre Mutter? BF2: Ich weiß es nicht. Wir hatten Probleme, weil wir beide einer Minderheit angehören. Als Minderheit wird man von den andern verschleppt und versklavt. Man wird gezwungen für die anderen auf dem Feld zu arbeiten."(vgl. Seite 19 der Verhandlungsschrift).

Hinsichtlich der geltend gemachten, allgemein schlechten Lage von Minderheitenangehörigen in Somalia ist auf die oben widergegebenen Länderberichte zu verweisen, die insbesondere hervorheben, dass die Reer Xamar heute nicht als machtlos anzusehen und durchaus in der Lage sind, sich am lokalen Machtspiel mit den großen Clans zu beteiligen. Sie würden nur noch selten Ziel von Angriffen durch andere Clans vergleiche oben Punkt römisch II.1.2.5). Den Benadiri ist es mittlerweile gelungen, Positionen in der Verwaltung zu besetzen und es hat sich eine dynamische Wirtschaftsgemeinde der Benadiri entwickelt. Die Ashraf werden überhaupt traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt vergleiche oben Punkt römisch II. 1.2.1.). Die Länderberichte lassen daher keine allgemeine Bedrohungssituation für die Beschwerdeführer erkennen. Es wäre daher vielmehr an den Beschwerdeführern selbst gelegen, eine solche Bedrohungssituation durch die Beschreibung konkreter Vorfälle darzulegen. Dies ist ihnen mit ihren oberflächlichen, vagen und unkonkreten Angaben jedoch nicht gelungen.

Soweit die Erstbeschwerdeführerin einen Vorfall aus dem Jahr 2010 geltend machte, bei welchem die Fünftbeschwerdeführerin von einer Frau mit heißem Wasser/Tee übergossen worden sein soll, ist dem entgegen zu halten, dass dieser Vorfall – sowohl vor der belangten Behörde als auch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung – der einzige von der Erstbeschwerdeführerin vorgebrachte konkrete Vorfall neben dem Tod ihres ersten Ehemannes bis zu ihrer Ausreise war vergleiche diesbezüglich auch die Angaben des Zweitbeschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung auf Seite 20 der Verhandlungsschrift, der ebenfalls keine weiteren Vorfälle nennen konnte). Diesbezüglich ist jedoch auszuführen, dass dieser Vorfall laut Angaben der Fünftbeschwerdeführerin offensichtlich nicht wegen Clanstreitigkeiten oder einer vorhandenen Diskriminierungssituation passierte, sondern auf allgemeinen zwischenmenschlichen Beziehungsproblemen basierte. Die Fünftbeschwerdeführerin führte diesbezüglich aus, dass eine Frau mit anderen gestritten habe und die Fünftbeschwerdeführerin diese aufgefordert habe, damit aufzuhören. Darauf sei diese Frau so böse auf die Fünftbeschwerdeführerin gewesen, dass sie sie mit heißem Wasser übergossen habe vergleiche Seite 22 der Verhandlungsschrift). Die entscheidende Richterin übersieht dabei nicht, dass die Fünftbeschwerdeführerin im Jahr 2010 lediglich sechs Jahre alt war und ihres damaligen wie heutigen Alters entsprechend möglicherweise nicht in der Lage war und ist, die gesamte Tragweite der unter Umständen bestehenden Gefährdungssituation zu erfassen, den Angaben der Fünftbeschwerdeführerin daher nicht jene Beweiskraft beigemessen werden kann, wie jenen einer erwachsenen Person. Dennoch erweckten weder die Angaben der Fünftbeschwerdeführerin noch jene der Erstbeschwerdeführerin zu diesem Vorfall – nicht zuletzt aufgrund der äußerst kursorischen Ausführungen – nicht den Eindruck, als hätte im Fall der Beschwerdeführer eine jahrelange systematische Verfolgung ihrer Familie stattgefunden. Vielmehr ist neuerlich festzuhalten, dass die Erstbeschwerdeführerin über Jahre hinweg in der Lage war, sich gegen allfällige Diskriminierungen zur Wehr zu setzen, gegen den Willen des sie angeblich unterdrückenden Hawiye-Clans einen anderen Mann zu heiraten und zudem über Jahre hinweg als alleinstehende Frau in Somalia zu leben. Selbst wenn dieser Vorfall wie von der Erst- und Fünftbeschwerdeführerin beschrieben stattgefunden hat, übersieht die entscheidende Richterin nicht, dass das Erleben etwaiger Diskriminierungen weder wünschenswert noch erfreulich ist. Dennoch erreicht die von den Beschwerdeführern dargestellte Situation nicht die Schwelle der Asylrelevanz.

Dem Vorbringen des Rechtsvertreters der Erstbeschwerdeführerin, diese sei in Somalia als alleinstehende Frau und alleinerziehende Mutter einer Gefahr ausgesetzt, ist entgegen zu halten, dass es sich bei der Erstbeschwerdeführerin nicht um eine alleinstehende Frau ohne jeglichen männlichen Schutz handelt. Der Zweitbeschwerdeführer ist mittlerweile volljährig und könnte der Erstbeschwerdeführerin aber auch seinen Geschwistern im Falle der (theoretischen) Rückkehr männlichen Schutz bieten. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass in Somalia – in Ermangelung älterer männlicher Verwandte – oft schon 13- bis 14jährige den männlichen Familienvorsitz übernehmen. Auch vor diesem Hintergrund und nicht zuletzt aufgrund des vom Zweitbeschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung hinterlassenen Eindrucks, erweist sich die Annahme, bei der Erstbeschwerdeführerin handle es sich nicht um eine schutzlose alleinstehende Frau als durchaus zulässig. Gleiches gilt für die minderjährigen Dritt- bis Fünftbeschwerdeführerinnen und die diesbezüglich vorgebrachte Gefahr der Zwangsehe. Aufgrund des Vorhandenseins männlichen Schutzes durch ihren volljährigen Bruder ist auch hier die Schwelle der asylrelevanten Furcht vor Zwangsehe, Schutzlosigkeit und der sozialen Gruppe der alleinstehenden Frauen, nicht erfüllt. Die entscheidende Richterin übersieht in diesem Zusammenhang nicht, dass sich die Lage für – insbesondere alleinstehende – Frauen in Somalia als prekär erweist. Diesem Umstand wurde jedoch ebenso wie jenem der in Somalia allgemein bestehenden prekären Sicherheitslage bereits durch die Zuerkennung des subsidiären Schutzes bei den Beschwerdeführern Rechnung getragen. Eine diesbezügliche, über die allgemeine Furcht vor der in Somalia herrschenden allgemeinen Lage für Frauen hinausgehende Bedrohung, wurden von den Beschwerdeführern nicht geltend gemacht und kamen auch nach Durchführung der mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht hervor.

Soweit in Bezug auf den Zweit-, Sechst- und Siebtbeschwerdeführer eine drohende Zwangsrekrutierung durch die Al Shabaab geltend gemacht wurde, sind diesem Vorbringen die obigen Länderfeststellungen entgegen zu halten. Aus diesen ergibt sich, dass zunächst überhaupt schwer einzuschätzen ist, wie systematisch und weitverbreitet Zwangsrekrutierungen sind. Die wichtigste Personengruppe für Rekrutierungen ist für die Al Shabaab jedoch jene der 12- bis 16jährigen Buben. Der Zweitbeschwerdeführer erscheint dieser Personengruppe mit Erreichen der Volljährigkeit entwachsen, der Sechst- und Siebtbeschwerdeführer fallen in diese Altersgruppe ebenfalls noch nicht hinein. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Heimatort der Beschwerdeführer, römisch XXXX , zwar im Hinblick auf Sicherheitsvorfälle sowie Attentate und Sprengstoffanschläge eine der am meisten von Gewaltvorfällen betroffene Stadt ist, sich die Stadt aber dennoch unter der Herrschaft von AMISOM Truppen befindet und es sehr unwahrscheinlich ist, dass die Al Shabaab unter den gegenwärtigen Umständen Städte zurückerobert, in denen starke Garnisonen ("strongholds") der AMISOM stationiert sind. Da es laut Länderberichten unwahrscheinlich ist, dass Al Shabaab in Gebieten, die nicht unter ihrer Kontrolle stehen, Zwangsrekrutierungen vornimmt, erscheint die für den Zweit-, Sechst- und Siebtbeschwerdeführer geltend gemachte Gefahr als nicht gegeben bzw. als zu unkonkret, als dass diese über die Zuerkennung des subsidiären Schutzes hinaus die Schwelle der Asylrelevanz erreichen könnte.

Für die Zweit- bis Siebtbeschwerdeführer wurden – weder vor der belangten Behörde noch in der mündlichen Beschwerdeverhandlung – über die eben genannten Rückkehrprobleme hinaus weder von der Erstbeschwerdeführerin noch von den Zweit- bis Siebtbeschwerdeführern selbst keine weiteren eigenen Fluchtgründe geltend gemacht. Auch die in der mündlichen Beschwerdeverhandlung einvernommenen Zweit- bis Fünftbeschwerdeführer konnten keinerlei gegen sie gerichtete Verfolgungs- oder Bedrohungshandlungen geltend machen vergleiche Seite 16 der Verhandlungsschrift: "R: Warum haben Sie Somalia verlassen? BF3: Wir wollten zu unserer Mutter. Sie wollte, dass wir nach Addis Abeba kommen und dort haben wir die Reise zu unserer Mutter beantragt." Oder vergleiche Seite 20 der Verhandlungsschrift: "R: Warum haben Sie Somalia verlassen? BF2:

Aufgrund unserer Probleme dort, die unserer Familie passiert sind. Mein Vater wurde getötet, meiner Mutter wurde gedroht."). Auch der Umstand, dass diese nach der Ausreise ihrer Mutter keine Repressalien seitens der sie und ihre Mutter angeblich unterdrückenden Clans zu gegenwärtigen hatten vergleiche Seite 16 der Verhandlungsschrift: "R: Hatten Sie nach der Flucht Ihrer Mutter, Probleme in Somalia? BF3: Wir haben uns alleine und einsam gefühlt. Wir hatten keine Erwachsene um uns, außer unsere Großmutter und die war schon älter." Oder Seite 17 der Verhandlungsschrift: "R: Gab es konkrete Vorfälle, die Ihre Familie betroffen hat, außer der Tötung Ihres Vaters? BF3: Die Leute, mit denen wir Streitigkeiten hatten, wollten meine Mutter töten. Sie ist geflüchtet. Sie wollten auch uns töten, aber sie haben uns gelassen, weil wir Kinder sind. Bis zuletzt hatten wir immer Angst vor diesen Leuten. R: Inwiefern hat sich diese Drohung geäußert? BF3: Die Männer waren bewaffnet. Sie wollten meine Mutter töten. Sie haben gesagt, sie werden meine Mutter töten, wenn sie zurückkommt. Sie haben uns immer verachtet und geschimpft."), lässt den Schluss nahe, dass eine solche Bedrohungssituation nie bestanden hatte.

In Summe erwies sich das Vorbringen der Beschwerdeführer im Lichte der obigen Erwägungen sowohl aus sich heraus (vage, oberflächliche, unsubstantiierte, kursorische Ausführungen), als auch unter Heranziehung der durch die Judikatur herausgebildeten Grundsätze zur Beurteilung eines Vorbringens als nicht glaubhaft (keine bloß vereinzelten Unstimmigkeiten im Aussageverhalten, beziehungsweise keine sich bloß auf Nebenumstände des Vorbringens gestützte Beweiswürdigung; vergleiche VfGH U 1285/2012 vom 13.9.2013 und VfGH 152/2013 vom 21.9.2014; unglaubwürdige Steigerung der Angaben; vergleiche VwGH 7.6.2000, 2000/01/0250).

2.3. Zu den Feststellungen zur Situation in Somalia

Die Feststellungen zur Situation im Herkunftsstaat, welche der Erstbeschwerdeführerin im Rahmen des Verfahrens und der mündlichen Verhandlung vorgehalten und denen im Zuge dessen nicht entgegengetreten wurde, stützen sich auf die zitierten Quellen. Da diese aktuellen Länderberichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von regierungsoffiziellen und nicht-regierungsoffiziellen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten, besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht kein Anlass, an der Richtigkeit der getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Insoweit den Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Berichte älteren Datums zugrunde liegen, ist auszuführen, dass sich seither die darin angeführten Umstände unter Berücksichtigung der dem Bundesverwaltungsgericht von Amts wegen vorliegenden Berichte aktuelleren Datums für die Beurteilung der gegenwärtigen Situation nicht wesentlich geändert haben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.1.1. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass Paragraph 3, Absatz eins, AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, Bundesgesetzblatt Nr. 8 aus 1992, aufgehoben durch Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 76 aus 1997,, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

3.1.2. Wie bereits im Rahmen der Beweiswürdigung unter Punkt römisch II.2.2. dargestellt wurde, mangelt es den vorgebrachten Fluchtgründen der Beschwerdeführerin aufgrund der vagen, oberflächlichen, unsubstantiierten und detailarmen Ausführungen an der erforderlichen Glaubhaftigkeit, weshalb es den Beschwerdeführern insgesamt nicht gelungen ist, eine konkret und gezielt gegen ihre Personen gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen.

Mangels Bestehen einer aktuellen maßgeblich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr aus einem der Gründe, die in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählt sind, waren die Beschwerden gegen die Spruchpunkte römisch eins. der angefochtenen Bescheide daher in Bezug auf die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG unzulässig, da im Hinblick auf das Asylvorbringen allein Fragen der Beweiswürdigung entscheidend waren vergleiche etwa VwGH 28.11.2014, Ra 2014/01/0088). Hinsichtlich der Beurteilung des Vorbringens war keine Rechtsfrage im Sinne des Artikel 133, Absatz 4, B-VG zu beurteilen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei der erheblichen Rechtsfrage betreffend die Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchpunkt A. wiedergegeben.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2017:W236.2118996.1.00