Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

01.06.2016

Geschäftszahl

W206 1424967-2

Spruch

W206 1424967-2/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Alexandra SCHREFLER-KÖNIG über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 StA. Somalia, vertreten durch RA Edward W. Daigneault, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.07.2014, Zl. 811285805-1421217 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.05.2016, zu Recht erkannt:

A)

römisch eins. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. wird gemäß Paragraph 3, AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.

römisch II. Der Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkt römisch II des angefochtenen Bescheides gemäß Paragraph 8, Absatz eins, Ziffer eins, AsylG stattgegeben und römisch 40 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Somalia zuerkannt.

römisch III. römisch 40 wird gem. Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 01.06.2017 erteilt.

B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Somalias, reiste am 26.10.2011 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am 28.10.2011 gemäß Paragraph 19, AsylG 2005 durchgeführten Erstbefragung gab der nunmehrige Beschwerdeführer gegenüber dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, der Volksgruppe der Reer Barawe anzugehören und seine Heimat mit dem Flugzeug - schlepperunterstützt - im September 2011 verlassen zu haben. Zu seinen Fluchtgründen führte er aus, Angst um sein Leben gehabt zu haben, nachdem er des Öfteren von der Islamistengruppe Al Shabaab aufgesucht und bedroht worden sei. Er habe abgelehnt, sich ihnen anzuschließen und sei schließlich nach Mogadischu mitgenommen worden. Er sei gezwungen worden, gegen die Regierung zu kämpfen und habe, um sich zu schützen, seine Kooperationsbereitschaft zugesagt. Aufgrund dessen sei er freigelassen worden. Er hätte seinen Onkel kontaktiert, der ihn bei der Ausreise finanziell unterstützt habe.

2. Am 28.11.2011 wurde der nunmehrige Beschwerdeführer niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde er zunächst zu seinen Lebensumständen in der Heimat näher befragt und hielt fest, seit dem Jahr 2008 verheiratet zu sein und zwei Kinder zu haben. Er habe mit seiner Mutter, seiner Frau und seinen Kindern zusammen in einer Hütte gelebt. Er betonte neuerlich, dass sein Onkel derjenige gewesen sei, der ihm geholfen hätte, das Land zu verlassen. Befragt zu seinen Fluchtgründen führte der nunmehrige Beschwerdeführer aus, dass Al Shabaab im Jahr 2006 in sein -namentlich näher bezeichnetes-Heimatdorf gekommen seien. Erstmalig sei er mit Angehörigen der Gruppierung am 1. September 2011 zusammengetroffen, als diese in die Garage, in der er gearbeitet habe, gekommen seien. Sie hätten den Namen des Beschwerdeführers notiert. Am selben Abend seien sie dann beim Beschwerdeführer zu Hause erschienen. Er sei aufgefordert worden, sich am Heiligen Krieg zu beteiligen; dies - so meinten die Islamisten- sei besser als sein Arbeitsplatz. Der Beschwerdeführer habe dies unter Hinweis auf seine Familie abgelehnt und sei belehrt worden, dass es sich dabei um einen Befehl und keine freie Entscheidung handle. Er sei gefesselt und nach Mogadischu zu einem namentlich bezeichneten großen Stützpunkt der Al Shabaab gebracht worden. Am 07.09.2011 sei dem Beschwerdeführer die Flucht gelungen. In der Nacht seien Prediger gekommen und hätten die Wichtigkeit der Verteidigung des Landes und des Kampfes gegen die Ungläubigen betont. Ein junger Mann, der ebenfalls Automechaniker gewesen sei und mit den Rebellen zusammengearbeitet habe, diesen aber auch entkommen habe wollen, hätte ihm geholfen. Der Mechaniker habe ein Auto fertig gemacht und sollte eine Probefahrt machen; diese Gelegenheit hätte der Beschwerdeführer benutzt, um das Lager zu verlassen. Er sei zu seinem in Mogadischu lebenden Onkel gegangen und sei rund zwei Tage später ausgereist. Über Vorhalt der anderslautenden Angaben bei der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu Protokoll, es sei unmöglich, dass er dies gesagt habe, es müsse sich um einen Fehler des Dolmetschers gehandelt haben.

3. Mit Bescheid vom 21.02.2012, Zl. 11 12.858-BAL, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers sowohl in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch in Bezug auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und wies ihn aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia aus.

Der gegen diese Entscheidung fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde seitens des Asylgerichtshofes - nach Einbringung eines Fristsetzungsantrages - mit Erkenntnis vom 20.8.2013, Zl. A 7 424.967-1/2012/7E, stattgegeben und der bekämpfte Bescheid gemäß Paragraph 66, Absatz 2, AVG behoben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurückverwiesen. Der Asylgerichtshof rügte in seiner Entscheidung mangelnde Feststellungen zur Volksgruppenzugehörigkeit des Beschwerdeführers und zur Frage, ob die Präsenz von Al Shabaab die Probleme mit dem Habar Gidir beendet haben sollten.

4. Am 25.06.2014 erfolgte eine neuerliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl. Dabei wiederholte er im Wesentlichen seine früheren Angaben zu seinen familiären Verhältnissen und zur Unterstützung durch seinen Onkel im Zusammenhang mit der Ausreise. Im Rahmen der Einvernahme wurden dem Beschwerdeführer Feststellungen zur Lage seines Clans sowie zu Al Shabaab zur Kenntnis gebracht. Der Beschwerdeführer hielt dazu fest, dass die Ausführungen zutreffend seien, Al Shabaab jedoch jeden fänden, den sie suchten. Nachdem er vor den Islamisten davon gelaufen wäre, würden sie ihn suchen. Zudem fühle er sich auch vom Clan der Habar Gidir verfolgt, der seinem Vater dessen Plantage weggenommen hätte.

5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten ab und traf eine Rückkehrentscheidung. Die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia wurde als zulässig erklärt. Begründend führte das Bundesamt im Zusammenhang mit der abweisenden Asylentscheidung aus, dass sich der Beschwerdeführer hinsichtlich der Umstände seiner Fluchtgründe widersprochen habe und deshalb nicht von der Glaubwürdigkeit der Angaben ausgegangen werden könne. Zudem hätten sich die geografischen Angaben als falsch herausgestellt, zumal es sich bei dem angeblichen Stützpunkt der Al Shabaab um einen Viehmarkt handle und auch die angrenzenden Bezirksteile falsch bezeichnet worden seien. Letztlich ergäbe sich aus einer aktuellen Anfragebeantwortung der Staatendokumentation weiters, dass sich Al Shabaab zwar noch im Heimatdorf des Beschwerdeführers aufhielten, nicht aber in Mogadischu. Immerhin halte sich dort auch der Onkel des Beschwerdeführers auf, der ihn und seine Familie finanziell unterstütze und offenkundig unbehelligt leben könne. Die Nichtzuerkennung subsidiären Schutzes begründete die belangte Behörde im Wesentlichen mit dem Umstand, dass der Genannte gesund und arbeitsfähig sei und zudem über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge. Von der Gefahr einer existenziellen Notlage könne daher nicht ausgegangen werden. Die Rückkehrentscheidung wurde mit dem Nichtbestehen eines schützenswerten Privat- und Familienlebens in Österreich begründet.

6. Der Beschwerdeführer bekämpfte diese Entscheidung des Bundesamtes fristgerecht mittels Beschwerde. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 07.04.2015, Zl. W105 1424967-2-/6E, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins als unbegründet abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde unter Hinweis auf die prekäre Sicherheits- und Menschenrechtslage der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht bezüglich der negativen Asylentscheidung aus, dass sich die Angaben des Genannten zu seinen Fluchtgründen aus den bereits seitens des Bundesamtes dargelegten Erwägungen als nicht glaubhaft erwiesen hätten.

7. Der Verfassungsgerichtshof gab der gegen diese Entscheidung erhobenen Beschwerde statt und behob das Erkenntnis des BVwG wegen Verletzung des Rechts auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander. Das Gericht habe ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Feststellungen und Teile der Beweiswürdigung des BFA wörtlich wiedergegeben, hätte aber keine eigene Auseinandersetzung mit dem Fluchtvorbringen vorgenommen.

Anmerkung: der VfGH hat dem Wortlaut nach die gesamte E des BVwG aufgehoben, d.h. auch die Entscheidung bezüglich subSchutz

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund des Verwaltungsaktes und der belangten Behörde, den Ergebnissen der mündlichen Verhandlung und der in diesem Verfahren beigezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen Lage in Somalia wird Folgendes festgestellt:

1. 1. Zur Person des Beschwerdeführers

Der Beschwerdeführer ist somalischer Staatsbürger und lebt seiner Antragstellung im Jahr 2011 in Österreich. Er gehört der Volksgruppe der Reer Barawe an

Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer seine Heimat aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hat.

Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr die Gefahr unmenschlicher Behandlung nach Artikel , EMRK droht, aus diesem Grund war ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen.

1. 2. Zur Lage in Somalia

1. 2. 1. Die aktuelle politische und menschenrechtliche Situation in Somalia stellt sich unter Heranziehung der erstinstanzlichen Feststellungen dar wie folgt:

1. Politische Lage

Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit 1991 gibt es in Somalia keinen Zentralstaat mehr (BS 2014). Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014).

Somalia ist offiziell in 18 Regionen (gobol) unterteilt. In Süd-/Zentralsomalia liegen Bakool, Benadir, Bay, Galgaduud, Gedo, Hiiraan, Middle Jubba (Jubba Dhexe), Lower Jubba (Jubba Hoose), Mudug, Middle Shabelle (Shabelle Dhexe) und Lower Shabelle (Shabelle Hoose). Somaliland und Puntland teilen sich die Regionen Awdal, Bari, Nugaal, Togdheer, Woqooyi Galbeed, Sanaag und Sool. Die Regionen wiederum sind administrativ in Bezirke unterteilt. Mogadischu besteht aus 16 Bezirken, die wiederum in die Teileinheiten waax, laan und tabella (ca. 50-250 Haushalte) unterteilt sind. Jeder Bezirk hat einen Bezirkskommissar (District Commissioner/DC). Nur wenige Straßen in der Stadt haben einen Namen, einige davon änderten sich im Zuge des Bürgerkrieges (EASO 8.2014).

Nominell verfügt Somalia heute über ein Zweikammern-Parlament: Das vom Volk gewählte House of the People und das von den Gliedstaaten beschickte Upper House. Bisher gibt es aber lediglich ersteres, und die Abgeordneten wurden nicht gewählt sondern von Ältesten nominiert. Das Upper House soll bis Ende 2015 eingerichtet werden. Danach sollen 2016 eine neue Verfassung in Kraft treten und womöglich Wahlen stattfinden (EASO 8.2014). EU, UN und IGAD bemängeln, dass Somalia im Zeitplan hinterher hinkt (UNNC 27.5.2014). Insgesamt mangelt es auch nach wie vor an wiederaufgebauten staatlichen Institutionen und an Verwaltungskapazitäten (BS 2014).

Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markieren könnte. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Auf Grundlage dieser Verfassung trat am 16.9.2012 eine neue Regierung unter Führung von Präsident Hassan Sheikh Mahmud ihr Amt an. In seiner Regierungserklärung stellte der Präsident ein 'Sechs-Säulen-Programm' für seine Politik für die Zeit bis zu den für 2016 geplanten Wahlen und das Verfassungsreferendum vor. Er will Fortschritte in den Bereichen gute Regierungsführung, wirtschaftliche Entwicklung, gesellschaftliche Aussöhnung, Daseinsvorsorge durch den Staat, Aufbau internationaler Beziehungen und Bewahrung der Einheit und Integrität des Landes erzielen. Trotz der anhaltenden Kampfhandlungen versucht die Regierung, Schritt für Schritt die Aufgaben der Staatsleitung, Verwaltung und politischen Gestaltung wieder wahrzunehmen (AA 3.2014c).

Die Umsetzung des Regierungsprogramms wurde jedoch u.a. durch das Misstrauensvotum gegen den vorherigen Premierminister Shirdon und die Neubildung einer Regierung unter Premierminister Abdiweli Sheikh Ahmed verzögert (AA 3.2014c). Der Präsident, Angehörige der neuen Regierung, andere hohe Beamte und District Commissioners (DC) in Mogadischu gehören der Gruppe Damul Jadiid an, einer Fraktion der somalischen Muslimbrüder (EASO 8.2014). Im Laufe des Jahres 2014 kam es zu wachsenden Differenzen zwischen dem Präsidenten und Premierminister Abdiweli Ahmed (A 31.10.2014),

Politisch gibt es mehrere potentielle Sicherheitsrisiken für die Zukunft: Die innere Krise in der Staatsführung; eskalierende Konflikte zwischen Regionen; das Aufkommen neuer politischer und bewaffneter Gruppen; wechselnde Allianzen und personalisierte Politik; Unterbrechung bei der Bildung staatlicher Institutionen (EASO 8.2014).

Die Clanthematik bleibt ein zentrales Thema, Clans spalten nach wie vor Regierung und Sicherheitskräfte (LPI 2014). Gemäß Übergangsverfassung verfügt Somalia über eine Bundesregierung und Regierungen der Bundesstaaten. Doch der in der Verfassung vorgesehene Föderalismus ist eine Quelle für Spannungen zwischen der somalischen Regierung sowie bereits existierenden aber auch neu aufgestellten Gliedstaaten (EASO 8.2014). Mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 konnte zwar ein Gliedstaat im Süden Somalias geschaffen werden (Jubbaland), der weitere Staatsaufbau kam jedoch erneut ins Stocken. Die Regierung hat zuletzt zugesagt, einen Fahrplan für die Zeit bis 2016 zu erstellen, in dem die wichtigsten Vorhaben zur Erreichung der selbst gesteckten Ziele benannt werden sollen (AA 3.2014c). Derweil haben bereits Konflikte um die Bildung von neuen Gliedstaaten begonnen. Für einen möglichen South-Western State gibt es mehrere Versionen: Bay, Bakool und Lower Shabelle (SW3); oder Bay, Bakool, Lower Shabelle, Gedo, Lower und Middle Jubba (SW6). Auch die Bildung eines eigenen Shabelle State steht zur Diskussion. Clan-Interessen spielen eine zentrale Rolle und es kam diesbezüglich auch schon zu Ausschreitungen (EASO 8.2014).

Dies spiegelt sich auch bei einem Abkommen zwischen somalischer Regierung und Puntland wieder, wonach die Region Mudug zwischen den beiden künftigen Gliedstaaten Puntland und Central Regions State aufgeteilt werden soll. Vertreter des Central Regions State reagierten empört auf die Abmachung (IRIN 21.10.2014). Vereinbarungen zur Formierung des Central Regions State wurden am 30.7.2014 bzw. am 6.8.2014 von den Vertretern der Ahlu Sunna wal Jamaa (ASWJ), der Verwaltung von Galmudug und der Verwaltung von Ximan & Xeeb unterzeichnet (UNSG 25.9.2014).

Quellen:

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI 2014 Somalia.pdf, Zugriff 27.8.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Analysis: The state of state-building in Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/288879/423296_de.html, Zugriff 30.10.2014

http://www.life-peace.org/wp-content/uploads/The-ACTS-Report.pdf, Zugriff 22.10.2014

2. Sicherheitslage

Es gibt keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; auch die neue Regierung hat bislang über große Teile des Landes keine Kontrolle. Umfangreiche Gebiete werden von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen beherrscht. Potentiell asylrechtlich relevante Tatsachen sind daher staatlichen Strukturen regelmäßig nicht eindeutig zuzuordnen, sondern resultieren häufig gerade aus deren Abwesenheit. Dabei muss nach den einzelnen Landesteilen differenziert werden (E 6.2013).

Quellen:

2.1. Süd-/Zentralsomalia

Insbesondere Süd-/Zentralsomalia leidet seit Ende der 1980er Jahre unter Bürgerkrieg und weitgehendem Staatszerfall (AA 3.2014c). Die Sicherheitslage bleibt volatil (UNSC 1.5.2014) vergleiche UKFCO 10.4.2014) und hat sich seit Mai 2013 verschlechtert (EASO 8.2014). Die Zahl der Selbstmordattentate hat in den letzten Jahren zugenommen (AA 11.9.2014). Sowohl das österreichische Außenministerium (BMEIA 10.9.2014) als auch das deutsche Auswärtige Amt halten ihre Reisewarnungen für Somalia aufrecht (AA 11.9.2014).

Al Shabaab hat nach dem Verlust wichtiger Städte zunehmend auf Guerillakampf umgestellt. Folglich hat es einige sehr öffentlichkeitswirksame Attentate und Anschläge gegeben (UKFCO 10.4.2014). Mit dem Tod des Anführers der al Shabaab, Ahmed Godane, und dem Verlust der letzten Hafenstadt Baraawe ist die Gruppe zwar geschwächt, von einem Sieg über al Shabaab zu sprechen ist aber verfrüht (B 10.2014). Auch wenn al Shabaab weder die militärische Stärke noch den Willen hat, gegen die somalische Regierung und ihre Alliierten anzutreten, so stellen sie eine hinreichende Bedrohung für alle Versuche eines staatlichen Wiederaufbaus dar (BS 2014). Dabei bleiben die Möglichkeiten der föderalen, lokalen und regionalen Behörden, Terrorismus der al Shabaab zu unterbinden, eingeschränkt (USDOS 30.4.2014).

Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu (AA 3.2014c). Ein großes Waffenarsenal befindet sich in privatem Besitz und einige Gruppen fühlen sich von der Regierung nicht vertreten bzw. wollen von dieser nicht vertreten werden. Auch das ist ein Gefahrenpotential (B 10.2014). Weitere Spannungen zwischen lokalen Verwaltungen und der somalischen Regierung werden nicht ausgeschlossen (ÖB 10.2014). In den Regionen Puntland und Somaliland ist die Lage vergleichsweise stabiler, aber auch hier wirkt sich der Bürgerkrieg aus (AA 3.2014c).

Die UN haben für eigenes Personal folgende Einstufungen getroffen:

Gelb (medium risk) für Bari, Nugaal, Doolow, Dhobley und den Sicherheitsbereich in Mogadischu; Orange (high risk) für Mudug, Galguduud und die von AMISOM (African Union Mission in Somalia) besetzten Garnisonsstädte (Merka, Baidoa, Kismayo u.a.) sowie für Mogadischu; Rot (very high risk) für die restlichen Teile der Regionen Lower und Middle Jubba, Gedo, Bakool, Bay, Hiiraan, Lower und Middle Shabelle (A 9.10.2014).

Im August 2011 räumte al Shabaab Mogadischu. Im Jahr 2012 eroberten somalische Armee und AMISOM u.a. Afgooye, Baidoa, Kismayo, Merka und Wanla Weyne. Bei der Offensive "Operation Eagle" im März und April 2014 folgte die Einnahme von weiteren zehn Städten, u.a. Xudur, Waajid, Buulo Barde, Maxaas, Ceel Buur, Wabxo und Qoryooley (EASO 8.2014). Ende August begann die neue AMISOM-Offensive "Operation Indian Ocean" bei deren Verlauf weitere Städte in den Regionen Hiiraan, Lower und Middle Shabelle, Lower Jubba und Bakool eingenommen werden konnten (UNSC 30.9.2014), darunter Cadale und Rage Ceel (Middle Shabelle), Baraawe (Lower Shabelle) (A 17.10.2014), Jalalaqsi und Fiidow (Hiiraan), Kurtunwaarey, Buulo Mareer und Golweyn (Lower Shabelle) sowie Tayeeglow (Bakool) (A 5.9.2014). Überhaupt befinden sich die meisten Städte in Süd-/Zentralsomalia nunmehr unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten, viele ländliche Gebiete befinden sich nach wie vor unter Kontrolle der al Shabaab. Allerdings stellen viele dieser Städte "Inseln" im Gebiet der al Shabaab dar, und die Islamisten versuchen, die Versorgung mancher Städte durch Angriffe entlang der Einfallstraßen zu blockieren (EASO 8.2014). So leidet z.B. Buulo Barde (Hiiraan) seit März 2014 unter einer Blockade (UNOCHA 17.10.2014).

In weiten Teilen Süd-/Zentralsomalias finden Kampfhandlungen zwischen den somalischen Bürgerkriegsparteien statt (AA 11.9.2014). Die Sicherheitskräfte sind Angriffen durch al Shabaab und andere Elemente ausgesetzt. Die Straße von Mogadischu über Baidoa nach Luuq bleibt von al Shabaab bedroht. Vor allem zwischen Afgooye und Baidoa kommt es regelmäßig zu Zwischenfällen. Auch andere Straßen, die nach Afgooye führen, gelten als unsicher (EASO 8.2014).

Die Lage in Süd-/Zentralsomalia bleibt kritisch. Dies gilt auch für die Hauptstadt Mogadischu. In und um Mogadischu haben Zahl und Intensität der Anschläge zuletzt zugenommen (AA 11.9.2014). Vor allem außerhalb von Mogadischu ist die somalische Regierung auf AMISOM angewiesen, um ihren Einfluss erhalten zu können. Jedenfalls sind die Städte unter Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee gegenüber einer Rückeroberung durch al Shabaab abgesichert (EASO 8.2014). Diese Garnisonsstädte liegen außerhalb der militärischen Reichweite der al Shabaab (D 18.6.2014). Allerdings verfügen weder AMISOM noch die somalische Armee über ausreichende Kapazitäten, um neu eroberte Gebiete adäquat abzusichern (UNHRC 4.9.2014).

In einigen der kürzlich eroberten Städte mangelt es an funktionierenden Verwaltungseinrichtungen. Die Ausfüllung des Machtvakuums bleibt eine Herausforderung für die somalische Regierung. Außerdem können mit dem Rückzug von al Shabaab alte (Clan-)Konflikte neu aufflammen (EASO 8.2014). In einigen Städten, wie z.B. Xudur, Waajid, Warsheikh, Qoryooley und Buulo Barde konnten mittlerweile Verwaltungen eingerichtet werden (UNSG 25.9.2014). Am schlimmsten ist die Lage in jenen Dörfern und Gebieten, die nur temporär unter Kontrolle von AMISOM oder Armee stehen und auf welche al Shabaab - etwa in der Nacht - Zugriff hat. Viele Dörfer in derartiger Lage sind verlassen, die Menschen sind in größere Städte geflüchtet (B 14.10.2014).

Quellen:

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI 2014 Somalia.pdf, Zugriff 27.8.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1412255385_soma-oeb-bericht-2014-10.pdf, Zugriff 30.10.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1412258028_a-hrc-27-71-eng.doc, Zugriff 30.10.2014

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Übergangsverfassung sieht eine unabhängige Justiz (USDOS 27.2.2014) und Rechtstaatlichkeit vor. Die Scharia wird in der Rechtshierarchie über die Verfassung gestellt (EASO 8.2014). Aufgrund des jahrelangen Konfliktes sind der Zugang zur Justiz und die Rechtsstaatlichkeit allgemein eingeschränkt (UKFCO 10.4.2014) und in weiten Teilen Süd-/Zentralsomalias gar nicht vorhanden. In einigen Regionen haben sich lokale Gerichte etabliert. In den meisten Landesteilen beruht die Rechtsprechung auf einer Kombination von traditionellem, islamischem und formellem Recht (USDOS 27.2.2014). Informelle Strukturen traditionellen (Xeer) oder islamischen Rechtes (Scharia) ersetzen formelle Justizstrukturen oder existieren parallel zu ihnen (EASO 8.2014; vergleiche UKFCO 10.4.2014). Der Zugang zur Justiz ist für Frauen, IDPs und Minderheiten nahezu nicht gegeben (EASO 8.2014). Andererseits haben von der UN finanzierte Gerichte in Somaliland, Puntland und Mogadischu zur Verbesserung des Zugangs beigetragen (USDOS 27.2.2014). Ein Nationaler Strategieplan zur Justizreform wurde ausgearbeitet (UNHRC 4.9.2014).

Die meisten Konflikte und Verbrechen werden im Rahmen des Xeer abgehandelt, in welchem der Zahlung von Kompensation (diya/mag) zentrale Bedeutung zukommt. Im Xeer werden nicht Individuen sondern ganze Clans oder Sub-Clans für Verbrechen eines Einzelnen zur Verantwortung gezogen (EASO 8.2014).

In einigen Städten unter Kontrolle der somalischen Regierung gibt es Militärgerichte, die nicht nur Fälle von Armeeangehörigen, sondern auch solche von vorgeblichen Mitgliedern der al Shabaab, von Polizisten und Zivilisten verhandeln. Solche Militärgerichte arbeiten nicht nach internationalen Standards (HRW 22.5.2014). Gleichzeitig sprechen sie aber Todesurteile aus (EASO 8.2014).

In den Gebieten der al Shabaab fungiert die Justiz willkürlich (UKFCO 10.4.2014). Dort gibt es lediglich Scharia-Gerichte, die gemäß einer harschen Auslegung islamischen Rechtes agieren (EASO 8.2014). Öffentliche Auspeitschung, Steinigung, Enthauptung und Amputation sind von al Shabaab regelmäßig angewendete Strafen. Außerdem befinden sich auf dem Gebiet der al Shabaab tausende Menschen aufgrund von Kleinigkeiten - z.B. Rauchen, Musikhören, Fußballspielen - in Haft (EASO 8.2014).

In Puntland funktionieren die Gerichte einigermaßen (USDOS 27.2.2014) - vor allem in den zentralen Teilen Puntlands, in den ländlicheren und eher abgelegenen Gebieten sorgen meist lokale Älteste für die Aufrechterhaltung der Ordnung (BS 2014). Allerdings mangelt es an Kapazität, um adäquaten Rechtsschutz gewährleisten zu können. Außerdem gibt es Berichte, wonach die Verwaltung auf hochrangige Justizfälle Einfluss nimmt. Die Mehrheit der Justizfälle wird in Puntland aber von Clanältesten unter Anwendung des Xeer abgehandelt. Das formelle Justizsystem dient u.a. jenen Fällen, wo Personen ohne Clan-Repräsentanz involviert sind (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI 2014 Somalia.pdf, Zugriff 27.8.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1412258028_a-hrc-27-71-eng.doc, Zugriff 30.10.2014

4. Sicherheitsbehörden

Insgesamt sind die somalischen Sicherheitskräfte trotz der zahlreichen Maßnahmen zum Wiederaufbau von Polizei und Armee nicht in der Lage, Sicherheit zu gewährleisten. Zur Bewältigung dieser Aufgabe muss sich die somalische Regierung auf AMISOM (African Union Mission in Somalia) verlassen (BS 2014). Die AMISOM ist eine regionale, friedensunterstützende Mission der Afrikanischen Union mit voller Unterstützung des UN-Sicherheitsrates. Die Polizeikomponente umfasst 515 Mann, die Militärkomponente 21.564 Soldaten. Als Truppensteller dienen vor allem Uganda, Burundi, Dschibuti, Kenia, Äthiopien und Sierra Leone. Die Disziplin von AMISOM hat sich drastisch verbessert, es gibt kaum Meldungen über Menschenrechtsvergehen durch AMISOM-Personal. Seit Mai 2014 gibt es in Mogadischu zusätzlich eine 410 Mann starke UN Guard Unit, die zum Schutz von UN-Einrichtungen und -Personal durch Uganda bereitgestellt worden ist (EASO 8.2014).

Die Zahl somalischer Polizisten in Süd-/Zentralsomalia wird mit

5.700 angegeben (UNSG 3.3.2014). Weitere 1.000 befinden sich bei AMISOM in Ausbildung (EASO 8.2014). Die Polizei untersteht teils regionalen Verwaltungen, teils dem Innenministerium. In mehreren Teilen Süd-/Zentralsomalias üben Armee und alliierte Milizen Polizeidienst aus (USDOS 27.2.2014).

In Mogadischu gibt es zwei separate Polizeikräfte: Jene der Regierung und jene der Regionalverwaltung. Bis zum Ende des Jahres 2013 konnte die Bundespolizei ihre Präsenz auf alle Bezirke der Stadt ausweiten (USDOS 27.2.2014). In Mogadischu gibt es 2.000-3.000 somalische Polizisten, ca. 1.200 Mann von Spezialeinheiten (Polizei und Alpha Group) und ca. 400 AMISOM-Polizisten. Letztere verüben normalen Polizeidienst (EASO 8.2014) und unterstützten die somalische Polizei mit Ausbildungsmaßnahmen - u.a. im Bereich Menschenrechte (USDOS 27.2.2014; vergleiche EASO 8.2014). Ausbildung für die Polizei erfolgt auch durch UNDP (BS 2014), UNODC, IOM sowie bilateral durch Italien und die Türkei (ÖB 10.2014). Derweil unterstützt die United Nations Assistance Mission in Somalia (UNSOM) die Rekrutierung von weiteren 500 Polizisten (UNSG 25.9.2014).

Die Kontrolle der Polizei durch zivile Behörden bleibt ineffektiv. Auch die Polizei selbst ist ineffektiv. Straftaten bleiben meist ungestraft (USDOS 27.2.2014; vergleiche EASO 8.2014). Außerdem beruhen Teile der Polizei auf Clanmilizen. Trotzdem wächst das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei - etwa in Mogadischu - und die Menschen können sich an die Polizei wenden (EASO 8.2014). Insgesamt bleibt aber der Zugang zu staatlichem Schutz ungewiss. Menschen suchen zwar die Unterstützung der Polizei, doch gibt es keine Garantie, dass ihnen geholfen wird (EASO 8.2014; vergleiche LIDIS 3.2014). AMISOM und nationale Sicherheitskräfte geben ihr Bestes, um die Gefahr durch al Shabaab in Mogadischu einzudämmen. Auch wenn die Arbeit der Polizei Defizite aufweist, so trägt sie doch ihren Teil bei (UKUT 3.10.2014). Aufgrund der anhaltend schlechten Sicherheitslage sowie mangels Kompetenz der staatlichen Sicherheitskräfte und Justiz muss dennoch der staatliche Schutz in der gesamten Region als schwach bis nicht gegeben gesehen werden (ÖB 10.2014).

Ende des Jahres 2013 umfasste die somalische Armee rund 20.000 Mann. Die Kontrolle der Armee durch das Verteidigungsministerium bleibt schwach, hat sich aber mit Unterstützung durch internationale Partner etwas verbessert. Dabei ist die Kontrolle über jene Kräfte, die im Großraum Mogadischu, im Raum bis Merka, Baidoa und Jowhar eingesetzt werden, stärker als jene über Kräfte in anderen Landesteilen. Dort wo sich AMISOM-Truppen befinden, operieren die Kräfte der Armee in Tandem mit diesen (USDOS 27.2.2014). Nicht alle Teile der somalischen Armee sind gleich loyal, Claninteressen, Interessen lokaler Milizen und ausbleibender Sold sind dafür verantwortlich. Andererseits ist es der Regierung gelungen, Angehörige von Milizen (z.B. Ahlu Sunna Wal Jamaa/ASWJ) zu integrieren. Insgesamt zählen aber nur 10.000-12.000 Soldaten zum Kern der somalischen Armee. Die restlichen Truppen stellen Milizen, die formell nicht integriert worden sind (z.B. in Hiiraan und Baidoa; auch Teile der ASWJ). Insgesamt gilt die Loyalität vieler Teile der Armee eher einem Clan, nur wenige Einheiten sind von der Clanstruktur entkoppelt (EASO 8.2014).

AU, EU, USA, Türkei und andere Staaten unterstützen die Armee finanziell, mit Waffenlieferungen und Ausbildung (EASO 8.2014). Alleine die EU hat mehr als 3.000 Soldaten ausgebildet (ÖB 10.2014). Das Ausbildungsprogramm der EU (EUTM/ European Union Training Mission) wird in Mogadischu fortgesetzt. Trotz aller Anstrengungen fehlt es der Armee immer noch an Erfahrung und Ausrüstung. Die Armee bleibt weiterhin zu schwach, um AMISOM ablösen zu können (EASO 8.2014). AMISOM und UNSOM haben für mehr als 5.500 Soldaten der somalischen Armee eine Ausbildung im Bereich Menschenrechte gewährleistet (UNSG 25.9.2014).

Die rechtzeitige Auszahlung des Soldes stellt nach wie vor ein Problem dar. Trotzdem konnte die Zahl der Desertionen drastisch reduziert werden (EASO 8.2014).

Die National Intelligence and Security Agency (NISA) ist auf die Bekämpfung des Terrorismus ausgerichtet und operiert bei Terroranschlägen in Mogadischu auch als schnelle Eingreiftruppe (USDOS 30.4.2014). Die NISA verfügt auch über eine ca. 600 Mann starke Spezialeinheit (Alpha Group/ Gaashaan), die vor allem bei größeren Sicherheitsoperationen in Mogadischu zum Einsatz kommt (EASO 8.2014).

Die Polizei in Puntland untersteht dem Innenministerium (USDOS 27.2.2014). Außerdem gibt es die ca. 1.000 Mann starke, gut ausgerüstete Puntland Maritim Police Force, die von den Vereinten Arabischen Emiraten unterstützt wird. Insgesamt funktionieren Polizei und Regierungsinstitutionen in den zentralen Teilen Puntlands einigermaßen gut, in den ländlicheren und eher abgelegenen Gebieten sorgen meist lokale Älteste für die Aufrechterhaltung der Ordnung (BS 2014).

Quellen:

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI 2014 Somalia.pdf, Zugriff 27.8.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1412255385_soma-oeb-bericht-2014-10.pdf, Zugriff 30.10.2014

5. Ombudsmann

Die Verfassung sieht eine unabhängige Menschenrechtskommission sowie eine Wahrheits- und Versöhnungskommission vor. Beide Institutionen waren zum Jahresende 2013 noch nicht eingerichtet worden (USDOS 27.2.2014; vergleiche UKFCO 10.4.2014).

Der Kandidat für den puntländischen "human rights defender" zog seine Kandidatur zurück, und der Posten ist weiterhin vakant (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

Rights and Democracy Report 2013 - Section XI: Human Rights in Countries of Concern - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/273711/402748_de.html, Zugriff 26.8.2014

6. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtslage in Somalia wird vom anhaltenden bewaffneten Konflikt dominiert. Zivilisten werden getötet, verwundet oder vertrieben; Täter finden sich auf allen Seiten des Konfliktes (UKFCO 10.4.2014). In den Monaten Mai und Juni 2014 wurden ca. 1.200 durch Waffen verursachte Verletzungen in Mogadischu, Kismayo, Mudug und Baidoa behandelt; 100 Tote wurden gemeldet (UNSG 25.9.2014).

Weitere Menschenrechtsverletzungen umfassen willkürliche Angriffe, sexuelle Gewalt und willkürliche Inhaftierungen (HRW 21.1.2014); die Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit, Gewalt gegen Journalisten; Gewalt gegen und Diskriminierung von Frauen und Mädchen; lebensbedrohliche Haftbedingungen und willkürliche Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; Korruption und Menschenhandel; die Delogierung von IDPs; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans. Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen. Diese führen ebenfalls zu Toten und Vertriebenen. Es kommt auch zu Rachemorden; nur wenige Fälle werden untersucht (USDOS 27.2.2014). Besorgniserregend bleiben die zahlreichen Berichte über sexuelle Gewalt, gezielte Tötungen von Journalisten und Gewalt gegen Kinder. Dabei bleibt die Straflosigkeit für Täter ein Problem, das der mangelnden Reichweite der Justiz und den schwachen Sicherheitsbehörden angelastet werden kann (UKFCO 10.4.2014). Viele Berichte über Menschenrechtsvergehen können aufgrund anhaltender militärischer Aktivitäten gar nicht erst überprüft werden (UNOCHA 19.9.2014).

Überall dort, wo AMISOM über eine permanente Präsenz verfügt, ist die Menschenrechtslage wesentlich besser als in den anderen Gebieten Süd-/Zentralsomalias (EASO 8.2014).

Im Zuge ihrer Auslegung der Scharia kommt es auf dem Gebiet der al Shabaab zur Verweigerung mehrerer bürgerlicher Freiheiten, z.B. von Meinungs-, Bewegungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit (EASO 8.2014; vergleiche USDOS 27.2.2014). Die Bevölkerung in jenen Gebieten, die unter Kontrolle der al Shabaab stehen, sind willkürlicher Rechtsprechung und der massiven Einschränkung ihrer Grundrechte ausgesetzt (UKFCO 10.4.2014; vergleiche HRW 21.1.2014).

Die Menschenrechtslage unter al Shabaab hat sich Stück für Stück verschlechtert (EASO 8.2014). Al Shabaab begeht Morde, lässt Personen verschwinden, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen (USDOS 27.2.2014). Aus jenen Gebieten, über welche die Gruppe unumstrittene Kontrolle ausübt, kommen weniger Berichte über gezielter Gewalt gegen Zivilisten als aus umstrittenen Gebieten. Dort wo al Shabaab unter Zugzwang steht, kommt es zu einer höheren Anzahl an Verhaftungen, zu einem höheren Maß an Gewalt (EASO 8.2014) und zu einer höheren Zahl an Exekutionen - vor allem aufgrund von vorgeblicher Spionage (EASO 8.2014; vergleiche HRW 21.1.2014). Al Shabaab hat seine Angriffe auf prominente zivile Ziele in Mogadischu verstärkt (HRW 21.1.2014).

Es kommt seitens al Shabaab zur Zwangsrekrutierung von Kindern und Erwachsenen und zum Einsatz von Kindersoldaten (USDOS 27.2.2014; vergleiche HRW 21.1.2014).

Quellen:

Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/OCHA%20Somalia%20Humanitarian%20Bulletin%20August%202014.pdf, Zugriff 30.9.2014

7. Meinungs- und Pressefreiheit

Die Übergangsverfassung sieht Meinungs- und Pressefreiheit vor. Einzelne Staatsbürger können in den von der somalischen Regierung kontrollierten Gebieten die Regierung auch kritisieren. Allerdings sind Journalisten in allen Regionen der Gewalt, Einschüchterung und Verhaftung ausgesetzt. Sie üben Selbstzensur, um Repressalien zu entgehen (USDOS 27.2.2014). Somalia bleibt einer der gefährlichsten Länder für Journalisten. Mindestens sechs Journalisten wurden im Jahr 2013 getötet, andere belästigt und drangsaliert. Von den 18 Fällen ermordeter Journalisten aus dem Jahr 2012 führte nur ein Fall zu einer Anklage, Straflosigkeit herrscht vor (UKFCO 10.4.2014; vergleiche HRW 21.1.2014).

Al Shabaab hat Journalisten immer schon im Visier gehabt. Es kommt immer wieder zu Drohungen gegen Journalisten, die manchmal in Attentaten resultieren (USDOS 27.2.2014). Al Shabaab erachtet Journalisten als Feinde und will keine Zeugen der eigenen Gewalt. Mitarbeiter von mit der Regierung in Zusammenhang stehenden Medien sind dem Risiko eines Attentats ausgesetzt. Al Shabaab bedroht Journalisten, die nicht positiv über die Aktivitäten der Gruppe berichten. Außerdem hat al Shabaab Journalisten verboten, über Dinge zu berichten, welche ihrer Interpretation der Scharia widersprechen (EASO 8.2014). Aber auch die Regierung hat Probleme mit objektiver Berichterstattung (RSF 2.2014). So wurden im Oktober 2013 zwei Medienzentren des Shabelle Media Networks (SMN) geschlossen. SMN führt die Schließung auf seine Berichterstattung bezüglich Korruption in der Regierung zurück (USDOS 27.2.2014). Auf dem Index der NGO Reporter ohne Grenzen belegt Somalia Rang 176 von 180 Staaten (RSF 2.2014).

Es gibt nur mehr wenige Printmedien, in größeren Städten werden kopierte Ausgaben von unabhängigen und regierungseigenen Blättern verteilt. In einigen dieser Zeitungen wurden politische Führer und andere Prominente offen kritisiert. Die meisten Bürger beziehen ihre Informationen allerding von ausländischen Radiosendern, v.a. von BBC und Voice of America. Es gibt auch mehrere Radiostationen in Somalia (USDOS 27.2.2014), davon alleine 26 in der Region Benadir. Außerdem gibt es in Süd-/Zentralsomalia einen staatlichen TV-Sender und mehrere private TV-Stationen (EASO 8.2014).

Der Gebrauch von Mobiltelefonen ist in Somalia weit verbreitet, vor allem seit es mobiles Internet und mobile Zahlungsmöglichkeiten gibt (letztere werden etwa auf Märkten, für Taxis oder in Geschäften verwendet). Es wird geschätzt, dass fast jeder Somali Zugang zu einem Mobiltelefon hat - sei es als Besitzer (2013: 72,4 Prozent) oder als Verwandter eines Besitzers (EASO 8.2014).

Al Shabaab hat Smart-Phones mit Kamera und Internetzugang verboten (Sabahi 14.11.2013). Auch das Hören westlicher Radiosender (BBC, Voice of America) ist verboten worden (EASO 8.2014). Im Jänner 2014 hat al Shabaab aus Angst vor Spionage auf seinem ganzen Gebiet den Zugriff auf das Internet verboten. Daraufhin hat die Firma Hormuud Telecom ihre 3G-Netze in ganz Somalia zurückgefahren; dies gilt auch für von der somalischen Regierung kontrollierte Gebiete (UNSC 28.2.2014; vergleiche EASO 8.2014).

In Puntland muss mit Konsequenzen gerechnet werden, wenn man offene Kritik an Korruption oder mit Bezug auf sicherheitsrelevante Probleme übt. Es gibt dort sechs unabhängige Radiostationen. Im April 2013 ordnete die Regierung in Puntland die Schließung von drei Radiostationen an. Im Jahr 2013 kam es außerdem zur Inhaftierung von Journalisten (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

8. Religionsfreiheit

8.1. Religiöse Gruppen

Die große Mehrheit der Bevölkerung ist sunnitischen Glaubens (USDOS 28.7.2014; vergleiche EASO 8.2014). Gleichzeitig ist die große Mehrheit der Bevölkerung Anhänger der Sufi-Tradition (EASO 8.2014).

Von prominenten politischen Führern geleitete, konservative salafistische Gruppen sind verbreitet. Berichten zufolge gibt es in Somalia eine kleine, sich bedeckt haltende christliche Gemeinde und eine kleine Zahl von Anhängern anderer Religionen (USDOS 28.7.2014).

Quellen:

Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

9. (Ethnische) Minderheiten und Clanstruktur

Die somalische Bevölkerung ist nur auf den ersten Blick homogen. Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).

Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).

Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).

Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).

* Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).

* Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.

* Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).

* Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.

* Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).

Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 27.2.2014). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).

Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).

Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).

Die linguistische Situation in Somalia ist relativ homogen. Neben der als Standard-Somali festgelegten nordöstlichen Varietät gibt es aber regionale Dialekte. Die Grenze nördlicher und südlicher Varietäten verläuft durch die Region Mudug. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Hauptvarietäten ist gut dokumentiert und kann generell mittels Sprachanalyse festgestellt werden. Auch feinere Unterscheidungen innerhalb der beiden Hauptvarietäten sind möglich (EASO 8.2014).

Somali selbst unterscheiden oftmals zwischen Maxaa-tiri, einer Sammlung regionaler Varietäten, die generell verstanden werden, und Maay-tiri, den regionalen Dialekten in den Regionen Bay, Bakool, Gedo, Middle Jubba und Lower Shabelle (EASO 8.2014).

Daneben gibt es bestimmte Minderheiten, die andere Sprachen sprechen: Swahili (Kibajuni, Chimwiini), Oromo (z.B. af-Garre) oder Mushunguli. Generell kann aufgrund der Dominanz der somalischen Sprache aber davon ausgegangen werden, dass auch Sprecher einer Minderheitensprache über Sprachkenntnisse in Somali verfügen (EASO 8.2014).

Quellen:

Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

9.1. Minderheiten und kleine Clan-Gruppen

Es gibt unterschiedliche Kategorien von Minderheiten: ethnische und religiöse sowie jene, die als Berufskasten bezeichnet werden. Ethnische und religiöse Minderheiten haben einen unterschiedlichen kulturellen und/oder sprachlichen Hintergrund als die Somali der großen Clans. Die Berufskasten haben den gleichen Hintergrund wie die Clans, praktizieren jedoch spezifische Berufe (EASO 8.2014).

Außerdem sind auch Angehörige von somalischen Clans dann als Minderheit zu qualifizieren, wenn sie in einem Gebiet leben, das mehrheitlich von einem anderen Clan bewohnt ist (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).

Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein (EASO 8.2014). Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).

Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010).

Die wichtigsten Gruppen sind:

* Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

* Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

* Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)

Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).

Quellen:

Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Ständische Berufskasten als Basis sozialer Diskriminierung, http://www.integrationsfonds.at/fileadmin/Integrationsfond/5_wissen/Länderinfos/Länderinfo_n8_Somalia.pdf, Zugriff 4.11.2014

9.2. Ethnische Minderheiten

Ethnische Minderheiten entstammen v.a. den Bevölkerungen Ost- und Zentralafrikas sowie der arabischen Halbinsel. Einige Minderheiten sind mit somalischen Clans oder Sub-Clans assoziiert, manche werden sogar als Teil somalischer Clans erachtet (EASO 8.2014).

Die größte ethnische Minderheit stellen die Bantu (Jareer). Die Bantu leben traditionell als Bauern in und zwischen den fruchtbaren Flusstälern von Shabelle und Jubba. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli und Gobaweyne sind Namen, die den unterschiedlichen Bantu-Gruppen zugeschrieben werden. Manche der Gosha wurden in den Clan der Digil/Mirifle assimiliert. Viele Bantu sprechen Somali (Maay-tiri), manche - etwa Gosha und Mushunguli - pflegen eigene Bantusprachen (EASO 8.2014).

Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status' als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).

Die Bajuni sind eine Fischerkultur der dem äußersten Süden Somalias vorgelagerten Bajuni-Inseln. Sie sprechen den Suaheli-Dialekt Kibajuni. Eine andere kleine ethnische Minderheit sind die Xamar Hindi (Abkommen indischer Händler) (EASO 8.2014).

Quellen:

Somalia: Country Overview,
http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

10. Bewegungsfreiheit

Die Übergangsverfassung schützt das Recht auf Bewegungsfreiheit im Land und das Recht zur Ausreise. Diese Rechte wurden in einigen Landesteilen eingeschränkt (USDOS 27.2.2014). Reisefreiheit ist im Prinzip gegeben, wobei sich Einschränkungen durch die jeweiligen Machthaber - Al Shabaab, Kriegsherren, lokale Administrationen - sowie durch Kampfhandlungen (etwa die im Berichtszeitraum laufende AMISOM-Initiative) in bestimmten Gebieten ergeben können (ÖB 10.2014). Auf den Hauptmigrations- und Transitrouten werden Reisende an Straßensperren aufgehalten. Es müssen Weggelder bezahlt werden (EASO 8.2014; vergleiche RMMS 2014). Es kommt an Straßensperren aber auch zu Gewalt, Bedrohung und Plünderung (USDOS 27.2.2014). Daher benutzen immer mehr Menschen die Flugverbindungen, um z.B. von Mogadischu nach Berbera oder Hargeysa zu gelangen (EASO 8.2014; vergleiche RMMS 2014).

Innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen mit Sicherheit. Üblicherweise genießen Somalis den Schutz ihres eigenen Clans, d.h. in dessen Gebiet sind sie grundsätzlich in Sicherheit (ÖB 10.2014).

In Mogadischu herrscht generell Bewegungsfreiheit; es gibt diesbezüglich keine Clan-spezifischen Einschränkungen (LIDIS 3.2014). Es gibt zwar noch Checkpoints, diese scheinen aber kein Problem darzustellen. Gemäß den Angaben lokaler NGO-Vertreterinnen können sich Frauen frei in der Stadt bewegen. Eine Ausnahme ist der Bakara-Markt. Die Menschen bewegen sich frei in der Stadt, vermeiden jedoch Gebiete, die als unsicher bekannt sind. Die vorübergehende Zunahme an Anschlägen durch al Shabaab im Frühjahr 2014 hatte insofern einen Einfluss auf die Bewegungsfreiheit der Bewohner, als Geschäfte und Büros früher schlossen und sich die Menschen unsicherer fühlten (EASO 8.2014).

Im ganzen Land gibt es nur 2.900 Kilometer asphaltierter Straßen. In den Regenzeiten sind manche ländliche Gebiete mit Motorfahrzeugen unerreichbar. Es gibt keine Eisenbahn. Sechs Flughäfen verfügen über asphaltierte Landbahnen, z.B. Bossaso (Puntland), Kismayo (Jubbaland) und Mogadischu. Regelmäßige Flugverbindungen bestehen von Mogadischu in den Jemen und die Vereinten Arabischen Emirate; nach Dschibuti, Somaliland, Uganda, Kenia und Puntland; nach Saudi Arabien, in den Sudan und in die Türkei; sowie nach Kismayo. Mogadischu findet sich im Flugplan von Turkish Airlines und Air Uganda (EASO 8.2014).

Die Staatsgrenzen Somalias sind kaum kontrollierbar. Die dort überwiegend lebenden Nomaden ziehen in ihren angestammten Weidegebieten - die auch weite Teile Kenias, Äthiopiens und Dschibutis umfassen - umher und überschreiten dabei Staatsgrenzen. Aber auch auf dem Luft- (Kleinflugzeuge) und dem Seewege (u.a. traditionelle arabische Dhaus) erreichen Somalis vergleichsweise einfach Nachbarländer. Kontrollen werden bei Ausreise auf dem Landweg (vor allem Richtung Kenia) mangels funktionierender Staatsgewalt im Süden des Landes kaum oder gar nicht vorgenommen. Auch an der tausende Kilometer langen somalischen Küste findet keine effektive Ausreisekontrolle statt (E 6.2013).

Da al Shabaab überall Spione vermutet, kann jede Reisebewegung einen Verdacht auslösen - vor allem wenn es sich um eine Reise zwischen einem von der al Shabaab und einem von der somalischen Regierung kontrollierten Gebiet handelt (EASO 8.2014). In den Gebieten der al Shabaab muss eine Reiseerlaubnis der Islamisten eingeholt werden (NOAS 4.2014). Auf der Straße von Mogadischu über Baidoa nach Luuq kommt es immer wieder zu Zwischenfällen mit al Shabaab. Dies gilt insbesondere für den Abschnitt von Afgooye nach Baidoa. Auch andere Straßen im Umkreis von Afgooye sind von illegalen Checkpoints und damit in Zusammenhang stehenden Auseinandersetzungen gezeichnet (EASO 8.2014). Kurz vor der Durchfahrt von Versorgungskonvois werden Straßen durch AMISOM "gesäubert". Doch nach deren Passage bleiben die Routen wieder sich selbst überlassen (B 10.2014).

Relativ sichere Gebiete sind weiterhin Puntland und v.a. Somaliland (mit Ausnahme des Grenzgebietes zu Puntland), wo sich Angehörige aller Clans relativ frei bewegen können (ÖB 10.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Persecution and protection in Somalia, A fact-finding report by NOAS, http://www.noas.no/wp-content/uploads/2014/04/Somalia_web.pdf, Zugriff 30.9.2014

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1412255385_soma-oeb-bericht-2014-10.pdf, Zugriff 30.10.2014

11. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge

Im Juli 2014 gab es in Süd-/Zentralsomalia rund 964.000 IDPs. Viele von ihnen leben unter harten Bedingungen und sind dem Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Dies betrifft speziell Frauen und unbegleitete Kinder (EASO 8.2014). IDP-Lager sind generell unsicher, es mangelt an Schutz durch die Polizei. Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt sind weit verbreitet. Außerdem kommt es in IDP-Lagern zu Rekrutierungen (EASO 8.2014; UNHRC 4.9.2014). Zehntausende IDPs in Mogadischu sind noch immer der Vergewaltigung und Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit ausgesetzt. Täter sind Regierungstruppen, alliierte Milizen und Privatpersonen (HRW 21.1.2014). Schlussendlich wurden in IDP-Lagern in somalischen Städten mit 18,9 Prozent die höchsten und gleichzeitig alarmierenden Raten an akuter Unterernährung festgestellt. Dies galt für Lager in Dhobley, Doolow, Dhusamareeb, Garoowe, Galkacyo, Kismayo und Mogadischu (UNSG 25.9.2014).

In Mogadischu kommt es nach wie vor zur Delogierung von IDPs. In den ersten acht Monaten des Jahres 2014 waren davon mehr als 23.000 IDPs betroffen (UNOCHA 19.9.2014). Im Jahr 2013 waren es 17.200 IDPs. Für die neuerlich Vertriebenen gibt es kaum alternative Ansiedlungsmöglichkeiten (EASO 8.2014).

UNHCR unterstützt weiterhin die Rückkehr von IDPs aus Mogadischu (USDOS 27.2.2014). Das sogenannte Return Consortium, bestehend aus mehreren NGOs und humanitären Organisationen, hat bereits 40.000 Personen bei ihrer Rückkehr aus Mogadischu in ihre angestammte Heimat in Bay, Lower und Middle Shabelle unterstützt. Zur Verfügung gestellt werden Transport, Unterkunftspakete, Lebensunterhaltspakete, Geld für Nahrungsmittel und wichtige Haushaltsgegenstände. Diese Unterstützung soll die Versorgung für mindestens drei Monate gewährleisten. Für gefährdete Personen/Haushalte gibt es spezielle Pakete (EASO 8.2014). Für das Jahr 2014 plant UNHCR die Unterstützung von 15.000 freiwilligen Rückkehrern (UNHCR 4.2014). Außerdem möchte das Return Consortium seine Aktivitäten von IDPs auch auf rückkehrende Flüchtlinge ausdehnen (LIDIS 3.2014).

Allerdings werden die Maßnahmen von den Offensiven durch AMISOM und somalische Armee beeinträchtigt. Im Zuge der Offensiven kommt es außerdem zur weiteren Vertreibung von Menschen, dies aber meist vorübergehend und kleinflächig. Betroffen sind Bakool, Galgaduud, Hiiraan sowie Lower und Middle Shabelle (EASO 8.2014; vergleiche UNOCHA 19.9.2014). Problematisch erweist sich außerdem, dass die Verfügbarkeit von landwirtschaftlich nutzbarer Fläche am Rückkehrort oft durch neue Besitzverhältnisse nicht gegeben ist (EASO 8.2014). Außerdem stören die Aktivitäten der al Shabaab entlang der Hauptrouten die Sicherheit rückkehrender IDPs bzw. deren wirtschaftlichen Aktivitäten (z.B. das Erreichen von Märkten in Städten (AI 19.2.2014; vergleiche EASO 8.2014).

Relativ sichere Gebiete sind weiterhin Puntland und v.a. Somaliland (mit Ausnahme des Grenzgebietes zu Puntland), wo sich Angehörige aller Clans relativ frei bewegen können (ÖB 10.2014). In Puntland lässt die Verwaltung den IDPs etwas an Schutz und Unterstützung zukommen (USDOS 27.2.2014). Die Situation von IDPs in Puntland wird von mehreren NGOs als durchaus positiv beschrieben (können geregelter Tätigkeit nachgehen usw). Allerdings ist die Aufnahmefähigkeit für Binnenvertriebene begrenzt und wie auch sonst überall besteht für die Flüchtlinge keine Grundversorgung, außer jener, die durch internationale Organisationen gewährleistet wird (ÖB 10.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1412255385_soma-oeb-bericht-2014-10.pdf, Zugriff 30.10.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1397656486_unhcr-briefing-sheet-april-v1.pdf, Zugriff 6.10.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/1930_1412258028_a-hrc-27-71-eng.doc, Zugriff 30.10.2014

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/OCHA%20Somalia%20Humanitarian%20Bulletin%20August%202014.pdf, Zugriff 30.9.2014

12. Grundversorgung/Wirtschaft

Auf dem Human Development Index rangiert Somalia auf den letzten fünf Plätzen (WB 7.4.2014). Somalia gehört damit zu den ärmsten Ländern der Erde. Der langjährige Bürgerkrieg sowie häufige Dürre- und Flutkatastrophen führen dazu, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung unter chronischem Mangel an ausreichender Versorgung mit Lebensmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung leidet. Bei den gängigen Indikatoren zur Messung der wirtschaftlichen Entwicklung liegt Somalia zumeist auf den letzten Plätzen:

Bruttosozialprodukt, Lebenserwartung, Müttersterblichkeit, Kindersterblichkeit. Das Land ist seit Jahrzehnten auf Nothilfemaßnahmen aus dem Ausland angewiesen und ist der größte Empfänger von Nahrungsmittelhilfe weltweit (AA 3.2014a).

In den Jahren 2010-2012 starben fast 260.000 Menschen aufgrund einer Hungersnot. (EASO 8.2014). Zu Anfang des Jahres 2014 war die Zahl an Personen, die nicht in der Lage waren, ohne Nahrungsmittelunterstützung zu überleben, auf 860.000 zurückgegangen. Weitere zwei Millionen Menschen befanden sich an der Grenze zur Nahrungsmittelunsicherheit (UNSC 28.2.2014). Die Versorgungslage ist aber anhaltend schlecht (ÖB 10.2014) und Mitte 2014 ist die Zahl der akut von Nahrungsmittelnot betroffenen Personen wieder auf über eine Million angestiegen. Schlechte Regenfälle haben zur Nahrungsmittelunsicherheit beigetragen. Stark betroffen sind die Regionen Bakool, Benadir, Bari, Galgaduud, Gedo, Hiiraan, Lower und Middle Shabelle, Middle Jubba, Nugaal und der Süden von Mudug. Rund 62 Prozent der Betroffenen sind IDPs. Rund 218.000 Kinder sind akut unterernährt, 43.800 davon befinden sich in unmittelbarer Lebensgefahr. Die Gesamtsituation ähnelt jener vor der großen Hungersnot und die Gefahr einer Wiederholung besteht (UNOCHA 19.9.2014). In der Region Gedo sind 70 Prozent der Bevölkerung von der Dürre betroffen. In den Bezirken Baardheere, Ceel Waaq, Doolow und Luuq müssen Teile der Bevölkerung durch Lastwägen mit Trinkwasser versorgt werden. Andererseits sind die Prognosen für die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) gut (UNOCHA 17.10.2014).

Die Unterstützung des World Food Programme erreichte Anfang 2014 pro Monat rund 800.000 Personen (UNSC 28.2.2014). Auf dem Gebiet der al Shabaab sind humanitäre Organisationen allerdings schweren Restriktionen ausgesetzt. Außerdem kommt es dort zu Übergriffen auf ihr Personal (EASO 8.2014). Außerdem ist der Transport humanitärer Güter von Straßensperren, Checkpoints und anhaltenden Feindseligkeiten entlang der Hauptstraßen eingeschränkt. Lebensnotwendige Fracht wird mittlerweile aber auch mit dem Flugzeug verteilt (UNOCHA 19.9.2014).

In durch AMISOM und die somalische Regierung neu eroberten Städten hat sich die Versorgungssituation nicht wesentlich verbessert, weil al Shabaab Versorgungsrouten bedroht oder sogar kontrolliert. Die humanitäre Lage in derart abgeschnittenen Städten kann sich weiter verschlechtern (EASO 8.2014; vergleiche UNOCHA 24.4.2014; vergleiche UNOCHA 21.3.2014). Besonders betroffen sind Xudur, Waajid und Buulo Barde (UNOCHA 19.9.2014).

Mit dem Zusammenbruch des Staates sind alle Sozialdienste - z.B. Gesundheitsversorgung, Arbeitssuche, Armutsbekämpfung - praktisch "privatisiert" worden. Das einzige soziale Sicherheitsnetz, das verblieben ist, sind die Familie und der Clan (BS 2014).

Entwicklungs- und humanitäre Hilfe sowie Geldflüsse aus der Diaspora sind Hauptpfeiler des BIP. Alleine die Überweisungen aus dem Ausland betragen 35 Prozent des BIP (WB 7.4.2014). Außerdem ist Somalia der größte Exporteur von Lebendvieh (hauptsächlich Kamele und Schafe) auf die arabische Halbinsel (AA 3.2014a). Die Viehwirtschaft bietet rund 60 Prozent der somalischen Arbeitsplätze und stellt 40 Prozent des BIP (WB 7.4.2014). Einzige weitere nennenswerte Exportgüter sind Bananen und Datteln. Der Export von Holzkohle ist vom UN-Sicherheitsrat mittlerweile untersagt worden (AA 3.2014a). Die EU ist nach wie vor einer der größten Geber. Seit Jahren stellt sie umfangreiche Mittel für den Wiederaufbau und die Förderung innersomalischer Versöhnungs- und Friedensbemühungen sowie für AMISOM bereit (AA 3.2014b).

Mogadischu selbst verfügt über internationale Anbindungen und eine große Zahl an Märkten. Es gibt einen florierenden Dienstleistungssektor (z.B. Wechselgeschäfte, Geldtransfers, Telekommunikation). Seit dem Jahr 2012 wurden die Wiederaufbauaktivitäten in der Stadt beschleunigt. Es gibt neue Hotels, Restaurants und Geschäfte; viele Rückkehrer haben in Mogadischu Betriebe eröffnet. Auch Straßenbeleuchtung und Müllentsorgung wurden reaktiviert (EASO 8.2014; vergleiche BS 2014). Neben den Bauaktivitäten gibt es auch vermehrt Taxiunternehmen, Busunternehmen, Reinigungen, Elektronikhändler etc. und die damit verbundenen Arbeitsmöglichkeiten. Rückkehrer haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014).

Ein Hafenarbeiter in Kismayo verdiente im Jahr 2013 durchschnittlich 1-2 US-Dollar (50.000-100.000 SoSh) am Tag. Mehr als 43 Prozent aller Somali leben von weniger als einem US-Dollar pro Tag (EASO 8.2014).

In den Gebieten der al Shabaab hebt die Gruppe teils hohe Steuern (zakat) bei Bauern und Nomaden ein. Dies bedroht die Nahrungsmittelversorgung und lässt Menschen aus diesen Gebieten fliehen (EASO 8.2014).

In Puntland überleben mehr Mütter Schwangerschaft und Geburt, mehr Kinder gehen zur Schule, mehr Menschen haben Zugang zu Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Der Handel über den Seehafen Bossaso und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt haben einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt (AA 3.2014a).

Nach einer schweren Umweltkatastrophe Ende des Jahres 2013 gelang es dem WFP und anderen UN-Agenturen den Betroffenen in Puntland Unterstützung zukommen zu lassen (UNSC 28.2.2014).

Quellen:

http://www.bti-project.de/fileadmin/Inhalte/reports/2014/pdf/BTI 2014 Somalia.pdf, Zugriff 27.8.2014

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1412255385_soma-oeb-bericht-2014-10.pdf, Zugriff 30.10.2014

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/OCHA%20Somalia%20Humanitarian%20Bulletin%20August%202014.pdf, Zugriff 30.9.2014

http://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/OCHA%20Somalia%20Humanitarian%20Bulletin%20March%202014.pdf, Zugriff 30.9.2014

13. Rückkehr

Für Reisende nach Somalia fehlt es im Falle einer (sei es gesundheitlichen, sei es kriminalitätsbedingten) Notlage weitgehend an funktionierenden staatlichen Stellen, die Hilfe leisten könnten (AA 11.9.2014).

Trotzdem ist die Rückkehr von somalischen Flüchtlingen nach Somalia im Berichtszeitraum eine Tatsache (ÖB 10.2014). Nach der Einnahme von Mogadischu und anderen Städten sind viele somalische Flüchtlinge aber auch IDPs permanent oder temporär in ihre Heimat zurückgekehrt. Viele der im Jahr 2013 nach Mogadischu zurückgekehrten gehören zu den wohlhabenderen Teilen der Gesellschaft und verfügen oft über einen Aufenthaltstitel in anderen Staaten, den sie im Notfall in Anspruch nehmen können (EASO 8.2014).

Al Shabaab könnte bei Rückkehrern aus dem Westen den Verdacht hegen, dass diese für die somalische Regierung oder deren Alliierte spionieren. Die Rückkehrer vermeiden es üblicherweise, in von der al Shabaab kontrollierte Gebiete zurückzukehren - selbst wenn dort ihr Clan beheimatet ist (EASO 8.2014). Rückkehrer aus der Diaspora können ein erhöhtes Risiko eines Attentates durch al Shabaab aufweisen, wenn sie sichtlich erkennbar sind (LIDIS 3.2014).

Der UNHCR geht davon aus, dass es in Mogadischu sehr schwer ist, ohne ein entsprechendes Unterstützungsnetzwerk zu überleben. Wenn der eigene Clan oder die Kernfamilie im Wohnbezirk nicht etabliert sind, werden sich Neuankömmlinge in einer prekären Situation wiederfinden (EASO 8.2014). Für den Lebenserhalt im wirtschaftlichen Sinne braucht es in erster Linie die Kernfamilie. Der größere Familienkreis wird den Lebenserhalt nur kurzfristig garantieren. Wenn eine Person nicht aus Mogadischu stammt, wird sie ausreichend Ressourcen benötigen, um sich dort niederzulassen. Bildung, erlernte Berufe und Kredite können ebenfalls eine Niederlassung bewerkstelligen. Außerdem gibt es lokale NGOs, die den Neuankömmlingen helfen können (EASO 8.2014; vergleiche LIDIS 3.2014).

Mindestens 30.000 Personen sind im Jahr 2013 aus Kenia und Äthiopien kommend nach Somalia eingereist - viele davon aber nur temporär, z. B. zur Lageerkundung (EASO 8.2014). Im Rahmen eines Abkommens zwischen UNHCR, Kenia und Somalia plant UNHCR auch die Unterstützung von vorerst 10.000 Rückkehrern aus Kenia in die Bezirke Baidoa, Kismayo und Luuq (UNSG 3.3.2014). Bei allen Programmen geht es um freiwillige Rückkehr. Ausreichend gute Bedingungen für großangelegte Rückkehrprogramme sind gegenwärtig noch nicht gegeben (UNSG 2.12.2013; vergleiche EASO 8.2014; ÖB 10.2014).

Zwangsrückführungen werden nur von sehr wenigen Ländern durchgeführt. Die meisten Betroffenen wurden aus Saudi Arabien deportiert (mehr als 34.000 Personen), das weder die Genfer Konvention ratifiziert hat, noch über ein Asylsystem verfügt. Einige Dutzend Personen wurden auch aus Kenia deportiert. IOM bietet den Ankömmlingen Unterstützung in Form von Repatriierung, medizinischer Betreuung, psycho-sozialer Unterstützung, Nahrung und Trinkwasser sowie Weitertransport an. Für gefährdete Personen gibt es auch Unterkunft und Schutz (EASO 8.2014).

Es ist bekannt, dass die Niederlande Zwangsrückführungen nach Somalia durchführen. Im Jahr 2013 betrug deren Anzahl weniger als fünf; ca. 50 freiwillige Rückkehrer wurden unterstützt (EASO 8.2014). Der UNHCR ruft dazu auf, von Zwangsrückführungen in jene Teile Süd-/Zentralsomalias Abstand zu nehmen, die von militärischen Aktivitäten und/oder anhaltender Vertreibung; von Fragilität und Unsicherheit nach kürzlich stattgefundenen militärischen Operationen; oder von anhaltender Kontrolle durch nicht-staatliche Gruppen betroffen sind (UNHCR 17.6.2014). Nach Somalia Rückgeführte sind nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/90_1412334993_easo-2014-08-coi-report-somalia.pdf, Zugriff 14.10.2014

Asylländerbericht Somalia,
http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1412255385_soma-oeb-bericht-2014-10.pdf, Zugriff 30.10.2014

2. Beweiswürdigung:

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zum Ergebnis, dass dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Ermangelung von Glaubwürdigkeit keine Asylrelevanz zukommt.

Wie bereits bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Genannte zu seinen Fluchtgründen an, der Gefahr der Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab unterworfen gewesen zu sein. Man habe ihn verschleppt und gefangen gehalten. Er sei mit Hilfe eines für die Gruppe arbeitenden Mechanikers frei gekommen, mit dem er aufgrund seines Berufes als Schweißer ein Auto repariert hätte, welches sie in weiterer Folge zur Flucht benutzt hätten. Er hätte sich zu seinem Onkel begeben und dieser habe ihm geholfen, das Land zu verlassen.

Der Beschwerdeführer war nicht imstande aufzuklären, warum er bei der Erstbefragung zu seinen Fluchtgründen anderslautende Angaben getätigt hatte.

Damals hatte er zu Protokoll gegeben, den Milizen vorgetäuscht zu haben, für sie zu arbeiten, wodurch er frei gelassen worden sei. Von einem Mechaniker und einer Flucht mit dem Auto sagte er damals kein Wort. Es ist jedoch ein Unterschied, ob jemand frei gelassen wurde - dabei handelt es sich um einen aktiven und willentlichen Akt der Gefangennehmenden - oder ob jemand aus einer Gefangenschaft flüchtet.

Weiters hatte er damals behauptet, seinen Onkel, der ihm schließlich zur Flucht verholfen habe, schon während seines erzwungenen Aufenthalts verständigt und von seiner Lage berichtet zu haben. In der späteren Einvernahme sowie in der mündlichen Verhandlung stellte der Beschwerdeführer die Abläufe gänzlich anders dar.

Abgesehen von diesen Widersprüchen, die die Glaubwürdigkeit gänzlich erschüttern, erweist sich das Vorbringen des Beschwerdeführers aber auch aus anderen Erwägungen heraus als nicht mit den logischen Denkgesetzen in Einklang zu bringen.

So gab er an, sich geweigert zu haben, mit den Islamisten zu kooperieren, weshalb er auch in jenem Teil angehalten worden sei, wo die Verweigerer untergebracht worden seien. Der Genannte konnte nicht erklären, warum der ins Treffen geführte Mechaniker ausgerechnet auf ihn zugekommen sein soll und woher dieser überhaupt wusste, dass der Beschwerdeführer Schweißer war und ihm bei den Reparaturarbeiten behilflich sein könnte. Es ist nicht nachvollziehbar, warum dieser Mann dem Beschwerdeführer helfen wollte, anderen aber nicht. Es ist zudem ablauftechnisch nicht möglich, dass sich der Beschwerdeführer auf eine Zusammenarbeit mit dem für Al Shabaab tätigen Mechaniker einließ, weil er wusste, dass dieser auch flüchten wollte und daher mit ihm gemeinsame Sache machen wollte. In den Augen des Beschwerdeführers müsste es sich vielmehr um einen Angehörigen der AS gehandelt haben, dem er wohl aus Angst um sein Leben niemals seine Fluchtabsichten preisgegeben hätte. Wann und unter welchen Umständen es während einer Al - Shabaab - Anhaltung zu einem solchen vertrauensvollen Austausch gekommen sein soll, vermochte der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darzulegen.

Es ist offensichtlich, dass es sich dabei um ein reines Gedankenkonstrukt handelt, das nicht sehr gut durchdacht war.

Abschließend verwies der Beschwerdeführer auf Schwierigkeiten wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit. Es ist nicht auszuschließen, dass der Genannte, wie behauptet, mehrfach beschimpft wurde. Daraus lässt sich jedoch keine asylrelevanter Verfolgung ableiten, zumal der Beschwerdeführer gleichzeitig einen Beruf erlernen und mehrere Jahre hindurch ausüben konnte und somit nicht vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen war. Auch ist er verheiratet und hat Kinder, so dass auch auf privater Seite kein Anhaltspunkt für Diskriminierungen besteht.

Zusammengefasst kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer in seiner Heimat asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt war. Er hat Somalia vermutlich aufgrund der dort herrschenden Bürgerkriegssituation und den daraus resultierenden die Bevölkerung im gleichen Maße betreffenden Schwierigkeiten im Hinblick auf Sicherheit und Versorgung verlassen.

Grundsätzlich wurde dem Beschwerdeführer bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts von April 2015 subsidiärer Schutz in Verbindung mit einer befristeten Aufenthaltsberechtigung zuerkannt. Nachdem aber offenkundig die gesamte Entscheidung angefochten und entsprechend dem Wortlaut der Entscheidung des VfGH zur Gänze behoben wurde, war dem Beschwerdeführer neuerlich subsidiärer Schutz zu gewähren.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und Verfahren:

Gemäß Paragraph 6, Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, i. d.F. Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2013,, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

Spruchpunkt I

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."

Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. vergleiche zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183, 18.02.1999, 98/20/0468).

Gemäß Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz ,) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (Paragraph 11, Absatz 2, leg.cit.)

Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Es sei weiters betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.06.1990, Zl. 90/01/0041).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden es erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert vergleiche VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind vergleiche VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt vergleiche auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).

Der Beschwerdeführer konnte aus den in der Beweiswürdigung ausgeführten Gründen keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen, und diese ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Es ist folglich davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht besteht.

Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist.

Spruchpunkt II

Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Artikel 2, EMRK, Artikel 3, EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3, EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Artikel 3, EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind vergleiche EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Artikel 3, EMRK gewährleisteten (oder anderer in Paragraph 8, Absatz eins, AsylG erwähnter) Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen (VwGH 25.11.1999, 99/20/0465;

08.06.2000, 99/20/0203; 08.06.2000, 99/20/0586; 21.09.2000, 99/20/0373; 25.01.2001, 2000/20/0367; 25.01.2001, 2000/20/0438;

25.01.2001, 2000/20/0480; 21.06.2001, 99/20/0460; 16.04.2002, 2000/20/0131; vergleiche dazu überdies EUGH 17.02.2009, Elgafaji, C-465/07, Slg. 2009, I-0000, Randnr. 45, wonach eine Bedrohung iSd Artikel 15, Litera c, der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29.04.2004 [StatusRL] auch dann vorliegt, wenn der einen bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass eine Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder gegebenenfalls in die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer solchen Bedrohung ausgesetzt zu sein).

Im gegenständlichen Fall ergeben sich aus den Feststellungen zur persönlichen Situation des BF - vor dem Hintergrund der spezifischen Länderfeststellungen zu Somalia konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Hindernisses der Rückverbringung des BF in seinen Herkunftsstaat Somalia.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Entscheidend für die Nichtzulassung der Revision war, dass die angegebenen Verfolgungsgründe nicht glaubwürdig bzw. nicht asylrelevant waren, d.h. die Entscheidung nur von Tatfragen abhängig war. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2016:W206.1424967.2.00