Gericht

BVwG

Entscheidungsdatum

21.12.2015

Geschäftszahl

W226 2111863-1

Spruch

W226 2111863-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch XXXX, geb. römisch XXXX, angebliche StA. Ukraine, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.07.2015, Zl. 1020071800-14663042 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 05.11.2015 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß Paragraphen 3, Absatz eins und 8 Absatz eins, AsylG 2005, Paragraphen 57 und 55 AsylG 2005, Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG, Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG, Paragraph 52, Absatz 9, FPG, Paragraph 46, FPG sowie Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

römisch eins. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, nach eigenen Angaben ein Staatsangehöriger der Ukraine und der Russischen Volksgruppe zugehörig, reiste am 28.05.2014 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte noch am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz, zu welchem er sogleich durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes befragt wurde.

Dabei gab er an, dass sich im Herkunftsstaat niemand mehr aufhalte. Er habe keine Eltern, habe zuletzt in römisch XXXX gelebt.

Die Ausreise sei illegal - in einem Kleinbus - erfolgt. Der Beschwerdeführer habe keine Dokumente bei sich. Der Inlandspass sei von Separatisten abgenommen worden.

Zum Grund für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat befragt, schilderte er, dass er am römisch XXXX von bewaffneten Separatisten zu Hause aufgesucht und aufgefordert worden sei, für die Unterstützung der Republik römisch XXXX zu kämpfen. Er befürchte seine "Hinrichtung" bei einer Rückkehr in die Ukraine. Außerdem leide er an römisch XXXX und habe Schmerzen in der Mundhöhle.

Am 20.11.2014 wurde der Beschwerdeführer durch das BFA, Regionaldirektion Niederösterreich, niederschriftlich befragt.

Der Beschwerdeführer wiederholte, aus römisch XXXX zu stammen, dort sei er auch geboren worden. Er habe keine Verwandten, er sei in einem Kinderheim aufgewachsen. Am römisch XXXX sei ihm sein Inlandspass abgenommen worden, Freiwillige der "XXXX-Republik" hätten ihn genommen, dies deshalb, damit der Beschwerdeführer im Stab der Separatisten erscheine und an der Seite der Separatisten kämpfe. Er sei von römisch XXXX bis römisch XXXX beim Militärdienst gewesen, das Wehrdienstbuch sei noch in der Ukraine, er werde von beiden Seiten aufgefordert, den Kriegsdienst zu leisten.

Er habe 10 Jahre Mittelschule in römisch XXXX absolviert, dies sei eine Vorstadt von römisch XXXX, dort sei er in einem Internat gewesen. Danach habe er auf Baustellen gearbeitet. Ein Freund, der diese Reise organisiert habe, habe ihm 1.000 Euro geborgt, dieser sei Ukrainer und lebe jetzt in römisch XXXX. Zu diesem könne er nichts Konkretes sagen, er hätte dessen Telefonnummer, aber sein eigenes Handy habe er diesem Freund in römisch XXXX gegeben.

Zum Fluchtvorbringen selbst schilderte der Beschwerdeführer, dass Personen zu ihm nach Hause gekommen seien, diese hätten gesagt, dass die gesamte männliche Bevölkerung die Stadt römisch XXXX verteidigen soll. Er habe darauf hingewiesen, dass sein gesundheitlicher Zustand es nicht erlaube, kämpfen zu gehen und dass er medizinische Hilfe benötige. Er habe auch gesagt, dass er gegen Krieg und Mord sei, was die Männer erbost hätte und sie hätten ihn zusammengeschlagen. Dann hätten sie den Reisepass beschlagnahmt und ihn aufgefordert, in deren Stab zu kommen. Würde er das nicht tun, würde er nach dem Kriegsgesetz erschossen werden. Er habe nach deren Weggehen Angst bekommen, habe seinen Bekannten in römisch XXXX angerufen und habe dieser gesagt, er solle zu ihm fahren, weil es schon Berichte geben würde, wo erzählt werde, dass Leute tatsächlich erschossen wurden, weil sie nicht für die Separatisten kämpfen wollen.

Der Beschwerdeführer sei in der Früh mit dem Zug nach römisch XXXX gefahren, sein Freund habe gemeint, dass es auch hier in römisch XXXX für ihn nicht sicher sei, in römisch XXXX sei auch eine Mobilmachung im Gange, der Beschwerdeführer sei im wehrpflichtigen Alter.

Von der Regierung habe er keinen Einberufungsbefehl bekommen, die Männer von den Separatisten seien nur dieses eine Mal bei ihm gewesen. Er werde also gezwungen, in den Krieg zu ziehen und Menschen zu töten, er wolle aber niemanden töten und auch selbst am Leben bleiben.

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des BFA vom 06.07.2015 wurden unter Spruchteil römisch eins. der Antrag auf internationalen Schutz vom 28.05.2014 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchteil römisch II. gemäß Paragraph 8, Absatz eins, leg. cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Ukraine abgewiesen. Unter Spruchteil römisch III. wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß Paragraphen 57 und 55 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 in Verbindung mit Paragraph 9, BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG erlassen. Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine gemäß Paragraph 46, FPG zulässig ist und gemäß Paragraph 55, Absatz eins bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Im Bescheid wurde die Identität des Beschwerdeführers nicht festgestellt. Er leide nicht an lebensbedrohlichen Krankheiten.

Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in der Ukraine einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt gewesen sei bzw. eine solche zukünftig zu befürchten habe. Binnenvertriebene würden staatliche Hilfe, aber auch Hilfe durch NGOs, erhalten.

Beweiswürdigend wurde insbesondere ins Treffen geführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers die Anforderungen, um ein Vorbringen als glaubwürdig zu beurteilen, erfülle.

Im Rest der Ukraine sei man bei Flucht vor Separatisten sicher, man werde im Rest der Ukraine "willkommen geheißen" und als "Held" gefeiert. Schwierigkeiten mit dem Staat habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Ihm sei zumutbar, in einem sicheren Gebiet der Ukraine eine Arbeit aufzunehmen.

Rechtlich wurde zu Spruchteil römisch eins. ausgeführt, dass der Beschwerdeführer keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen habe können. Auch aus dem sonstigen Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hätten sich unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhaltes ergeben, welcher im Lichte der GFK zur Gewährung von Asyl führen hätte können. Die Kriegshandlungen seien auf die Ostukraine beschränkt, die Einberufung zum Wehrdienst sei nicht asylrelevant.

Zu Spruchteil römisch II. wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass das Bestehen einer Gefährdungssituation bereits unter Spruchteil römisch eins. geprüft und verneint worden sei. Der Beschwerdeführer gehöre keiner sozialen Risikogruppe an, er wäre in der Lage, die Grundbedürfnisse zu decken, erforderlicherseits unter Inanspruchnahme humanitärer Hilfe.

Zu Spruchteil römisch III. wurde eingangs dargelegt, dass sich Anhaltspunkte für die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht ergeben hätten.

Der Beschwerdeführer verfüge im Bundesgebiet über kein Familienleben. Er halte sich vergleichsweise kurz im Bundesgebiet auf. Auch habe betreffend den illegal eingereisten Beschwerdeführer keine nennenswerte Integration festgestellt werden können.

Angesichts der öffentlichen, fremdenrechtlichen Interessen an einer Ausweisung liege keine Verletzung des Privat- und Familienlebens iSd. Artikel 8, EMRK vor. Aufgrund der kurzen Dauer des Aufenthaltes in Österreich und mangels privater Interessen in Österreich könne von keiner nachhaltigen Integration ausgegangen werden, die schwerer als das öffentliche Interesse an der Effektuierung der negativen Asylentscheidung wiegen würde, ausgegangen werden. Außergewöhnliche Umstände, die dennoch im Einzelfall eine andere Beurteilung angezeigt erscheinen ließen, seien nicht hervorgekommen.

Zum Privat- und Familienleben wurde ausgeführt, dass ein Eingriff in dieses im konkreten Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Artikel 8, EMRK gedeckt sei und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im konkreten Fall höher zu bewerten sei als private Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet.

Dem Beschwerdeführer sei deshalb auch kein Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8, EMRK zu erteilen gewesen.

Mangels Erteilung eines Aufenthaltstitels wurde die Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung verbunden und festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine zulässig sei, zumal dem Beschwerdeführer in der Ukraine keine Gefährdung drohe, was bereits in Spruchpunkt römisch II. ausführlich geprüft worden sei.

Mangels besonderer Umstände wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen festgelegt.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht am 03.08.2015 Beschwerde erhoben. Der Bescheid wurde vollinhaltlich angefochten.

Dem Beschwerdeführer drohe die "Hinrichtung" in der restlichen Westukraine, er sei ethnischer Russe und würde von Anhängern der Partei "Pravuj Sektor" gefoltert und hingerichtet werden. Hilfsorganisationen würden ihn nicht vor der Einberufung oder vor Nationalisten beschützen können.

Am 05.11.2015 fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer zur Aktualität seiner Fluchtgründe, zum Gesundheitszustand sowie zu einer mittlerweile erfolgten Integration befragt wurde (OZ 3Z).

Dabei legte er seinen Fluchtgrund erneut dar, er befürchte für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat einberufen und damit gezwungen zu werden, in den Krieg zu ziehen.

Im Übrigen relevierte er seine römisch XXXX Erkrankung, da bekomme er keine Medikamente mehr, es gäbe nur regelmäßige Kontrollen. Er verwies auf eine Behandlung wegen römisch XXXX und seine Teilnahme an einem römisch XXXX.

Es wurden Berichte zur Lage in der Ukraine verlesen und dem Vertreter eine Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes des Beschwerdeführers, beinhaltend die niederschriftlichen Einvernahmen vor den Asylbehörden, die Beschwerde vom 03.08.2015 sowie durch die Befragung des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 05.11.2015 und schließlich durch Einsichtnahme in Länderinformationen zum Herkunftsstaat bestehend aus folgenden Quellen:

1. Auswärtiges Amt Berlin vom 02.04.2015, Länderbericht Ukraine;

2. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation vom 12.06.2015;

3. Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur Lage in der Ostukraine, Diskriminierung von Ostukrainern;

4. Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 25.02.2015 zur Frage Einberufung von Reservisten und allfälliger Benachteiligung einzelner Volksgruppen sowie

1. Feststellungen:

Feststellungen zum Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Ukraine und der Russischen Volksgruppe zugehörig.

Die Identität des Beschwerdeführers steht mangels Vorlage entsprechender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer stellte am 28.05.2014.einen Antrag auf internationalen Schutz.

Nicht festgestellt werden kann, dass dem Beschwerdeführer in der Ukraine (Westukraine) mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine an asylrelevante Merkmale anknüpfende Verfolgung maßgeblicher Intensität - oder eine sonstige Verfolgung maßgeblicher Intensität - in der Vergangenheit gedroht hat bzw. aktuell droht.

Das Vorbringen zu den Verfolgungsgründen im Herkunftsstaat ist nicht glaubhaft. Aus seiner dargelegten Verfolgung - Aufforderung in römisch XXXX Separatisten zu unterstützen - ist zum aktuellen Zeitpunkt im Übrigen zudem keine landesweite Verfolgung begründbar, steht dem Beschwerdeführer doch die Möglichkeit offen, sich in anderen Landesteilen niederzulassen.

Der bloße Umstand, dass der Beschwerdeführer in der (West)Ukraine zum Militärdienst eingezogen werden könnte, erreicht im Lichte der vorgehaltenen Länderinformationen keine Asylrelevanz, wobei dies unter Berücksichtigung seiner römisch XXXX Erkrankung, der römisch XXXX und der Teilnahme an einem römisch XXXX grundsätzlich nicht wahrscheinlich ist.

Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde oder von der Todesstrafe bedroht wäre.

Es konnte ferner nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre.

Darüber hinaus kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung der vorgebrachten Erkrankungen - an einer dermaßen schweren, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankung leidet, welche eine Rückkehr in die Ukraine iSd. Artikel 3, EMRK unzulässig machen würde.

Der Beschwerdeführer hält sich nach illegaler Einreise seit Mai 2014 durchgehend im Bundesgebiet auf, konnte jedoch keine fortgeschrittene Integration nachweisen.

Der Beschwerdeführer ist unbescholten.

Der Beschwerdeführer versucht erkennbar, jegliche familiäre Bindungen zu verneinen, es ist daher nicht feststellbar, aber auch nicht auszuschließen, vielmehr höchst wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer über familiäre und soziale Bindungen in der Ukraine verfügt. Der Beschwerdeführer ist vor der Ausreise einer Beschäftigung nachgegangen, mit der er seinen Lebensunterhalt sichern konnte.

Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

AUSWÄRTIGES AMT Berlin, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Ukraine (Stand März 2015) vom 02.04.2015

Unter den verwendeten Quellen befindet sich folgender Hinweis: Die Auslandsvertretungen sind angewiesen, sämtliche vor Ort zur Verfügung stehenden Erkenntnisse auszuwerten. Dies gilt insbesondere für Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen und vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen. Weitere Erkenntnisquellen sind Oppositionskreise, Rechtsanwälte, Botschaften westlicher Partnerstaaten, internationale Organisationen wie z.B. UNHCR oder IKRK, Regierungskreise sowie abgeschobene Personen. Darüber hinaus tauscht das Auswärtige Amt regelmäßig mit Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und dem UNHCR Informationen über die Lage in einzelnen Herkunftsländern aus. Dadurch sowie durch stets mögliche schriftliche Stellungnahmen erhalten die Vertreter der Nichtregierungsorganisationen und des UNHCR die Möglichkeit, ihre Erkenntnisse zu den in den Lageberichten dargestellten Sachverhalten einzubringen.

Der Bericht beruht auf Erkenntnissen, die die deutsche Botschaft in Kiew im Rahmen ihrer Kontakte und Recherchen gewonnen hat, sowie auf folgenden Quellen:

* amnesty international, Jahresbericht 2013, sowie laufende Berichterstattung über die Situation in der Ostukraine, u. a.:

Summary Killings During the Conflict in Eastern Ukraine, Oktober 2014

* Menschenrechtsbeauftragte der Werchowna Rada der Ukraine: (1) Jahresbericht, Kiew 2014; (2) Monitoring of Custodial Settings in Ukraine, Kiew 2014 (beide in englischer Sprache)

* Kharkiv Group for Human Rights Protection, laufende Berichte über die Situation auf der Krim (in englischer Sprache)

* Berichte der OSZE-Beobachtermission über die Lage in der Ostukraine (http://www.osce.org/ukraine-smm)

* Office of the United Nations High Commissioner for Human Rights, laufende Berichte des UN-Hochkommissars für Menschenrechte (UNHCHR) über die Menschenrechtssituation in der Ukraine

* Euro-Leader Donezk, laufende Newsletter und Homepage www.euroleader.in.ua

* UNHCR: Ukraine - Winter of 2015 seeing increased displacement, deteriorating humanitarian situation, briefing notes vom 06.02.2015 (http://unhcr.org.ua/en/2011-08-26-06-58-56/news-archive/1440-ukraine-winter-of-2015-seeing-increaseddisplacement-deteriorating-humanitarian-situation)

* UNHCR: International Protection Considerations related to developments in Ukraine Update römisch II (Januar 2015) (http://www.refworld.org/docid/54c639474.html)

* Council of Europe: Preliminary Observations made by the Delegation of the European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CPT) which visited Ukraine from 8 to 16 September 2014, Strasbourg, 13 January 2015

* OSCE - ODIHR: Situation Assessment Report on Roma in Ukraine and the Impact of the Current Crisis, Warsaw, August 2014

Zusammenfassung

Nach dem "Euromaidan" im Winter 2013/14 und dem Sturz von Präsident Janukowytsch gelang nach Übergangsregierung, Neuwahlen von Präsident und Parlament und nach der Regierungsbildung im weiteren Jahresverlauf 2014 eine relative Stabilisierung der Verhältnisse im Inneren, obwohl Russland im März 2014 die Krim annektierte und sich im Osten der Ukraine illegale "Volksrepubliken" durch Separatisten etablierten. Seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzungen sind über 5.000 Menschen umgekommen. 1 Mio. Binnenflüchtlinge sind innerhalb der Ukraine registriert, etwa 1 Mio. Ukrainer sind nach Russland geflohen. Die Regierung verabschiedete erfolgreich Reformgesetze

(Wirtschaft, Energie und Justiz, Korruptionsbekämpfung, Lustration) und ratifizierte das Assoziierungsabkommen mit der EU.

Das Parteiensystem ist plural. Bei den Parlamentswahlen vom 26.10.2014 scheiterten rechts- wie linksradikale Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen, die Aktivitäten von Oppositionsparteien und -gruppen sowie die Versammlungs-, Meinungs- und Pressefreiheit unterliegen keinen staatlichen Restriktionen. Eine staatliche Diskriminierung von Minderheiten findet nicht statt, die Religionsfreiheit wird respektiert.

Der Schutz der Menschenrechte durch die Verfassung ist gewährleistet. Die Ukraine ist Mitglied der UN-Anti-Folter-Konventionen. Die Todesstrafe ist abgeschafft. Der Schutz ausländischer Flüchtlinge ist verbessert worden. Abschiebungen anerkannter Flüchtlinge und Asylbewerber finden nicht statt.

In den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Oblaste Donezk und Luhansk sowie auf der Krim haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, ihre Befugnisse wahrzunehmen und staatliche Kontrolle auszuüben. Die Einwohner der Krim wurden nach Russland eingebürgert, die Minderheit der Krimtataren unterliegt erheblich Restriktionen durch die russischen Vertreter. Medien stehen unter Druck, eine offene Zivilgesellschaft gibt es nicht mehr. In den Oblasten Donezk und Luhansk kam es in den von Separatisten kontrollierten Gebieten zu schweren Menschenrechtsverletzungen. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte (UNHCHR) spricht von einem "vollständigen Zusammenbruch von Recht und Ordnung". Auch in Gebieten, in denen ukrainische "Freiwilligen-Bataillone" gegen Separatisten vorgehen, kam es zu Menschenrechtsverletzungen.

Die Grundversorgung für Rückkehrer ist (wie für die meisten Menschen in der Ukraine) knapp ausreichend. Die medizinische Versorgung ist kostenlos und flächendeckend, qualitativ höherwertige Leistungen sind jedoch gelegentlich von privaten Zuzahlungen abhängig.

römisch eins. Allgemeine politische Lage

Nach der versuchten gewaltsamen Niederschlagung des "Euromaidans" mit 115 Toten im Februar 2014 flüchtete der damalige Präsident Janukowytsch nach Russland. Das ukrainische Parlament erklärte anschließend Janukowytsch für abgesetzt, weil er sich seiner Amtspflichten entzogen habe, und bestellte Parlamentspräsidenten Turtschynow zum Übergangspräsidenten. Neuer Ministerpräsident wurde Arseni Jazenjuk. Noch am Tag der Flucht Janukowytschs am 21.02.2014 setzte das Parlament, die Werchowna Rada, die Verfassung von 2004 wieder in Kraft. Sie schreibt Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Gerichte fest. In der Praxis werden diese Grundsätze durch die grassierende Korruption häufig durchbrochen. Die Ukraine liegt auf Rang 142 des Korruptionsindex' von Transparency International und gilt damit als das korrupteste Land Europas.

Am 21.03.2014 annektierte Russland die Krim. Anschließend etablierten sich mit Hilfe russischer Truppen im Osten der Ukraine illegale "Volksrepubliken", gegen die die ukrainische Regierung seit dem 13.04.2014 mit einer Anti-Terror-Operation (ATO) vorgeht. Nach vorübergehenden Erfolgen der ATO griffen mutmaßlich aus Russland eingereiste Kämpfer ein und fügten den ukrainischen Kräften schwere Niederlagen zu. Die Minsker Vereinbarungen vom September 2014 haben keine Konfliktlösung gebracht; der vereinbarte Waffenstillstand wurde täglich gebrochen. Am 12.02.2015 wurden in Minsk erneut Maßnahmen zur Eindämmung des Konflikts vereinbart. Seit Beginn der bewaffneten Auseinandersetzung sind über 5.000 Menschen umgekommen. Nach Angaben des Sozialministeriums von Mitte Februar 2015 sind inzwischen über 1 Mio. Binnenflüchtlinge innerhalb der Ukraine registriert. Laut ukrainischem Migrationsdienst sind etwa 1 Mio. Ukrainer nach Russland geflohen, ca. 250.000 haben dort Asyl erhalten. Auch in Belarus, Moldawien, Polen, Ungarn und Rumänien suchen Ukrainer Zuflucht.

Ungeachtet des Konflikts verabschiedete die nach der Flucht von Präsident Janukowytsch eingesetzte Übergangsregierung Jazenjuk erfolgreich seit langem aufgeschobene Gesetze, erhielt Kredite von internationalen Gebern und ratifizierte das Assoziierungsabkommen mit der EU. Die nach den Parlamentswahlen im Oktober 2014 gebildete neue Regierung Jazenjuk hat sich ambitionierte Reformziele, etwa in den Bereichen Wirtschaft, Energie und Justiz sowie Korruptionsbekämpfung und Reform des öffentlichen Dienstes, gesetzt.

Präsidentschaftswahlen fanden trotz schwieriger Sicherheitslage im Osten des Landes am 25.05.2014 statt. Dabei wurde Petro Poroschenko im ersten Wahlgang gewählt. Vorgezogene Wahlen zur Werchowna Rada (Parlament) erfolgten am 26.10.2014 und wurden von lokalen Wahlbeobachtungsorganisationen als die fairsten in der Geschichte der unabhängigen Ukraine bezeichnet. Die Parteienlandschaft ist plural und reflektiert alle denkbaren Strömungen von national-konservativ und nationalistisch über rechtsstaats- und europaorientiert bis kommunistisch wieder. Noch ist der Programmcharakter der Parteien wenig entwickelt, die Wähler orientieren sich hauptsächlich an den Führungsfiguren. Bei den Parlamentswahlen vom 26.10.2014 scheiterten rechts- wie linksradikale Parteien an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Möglichkeit von Nichtregierungsorganisationen, sich im Bereich Menschenrechte zu betätigen, unterliegt keinen staatlichen Restriktionen.

Die Sicherheitsbehörden haben sowjetische Traditionen noch nicht abgestreift. Reformen werden von Teilen des Staatsapparats abgelehnt. Miliz (d. h. die Polizei) und Sicherheitsdienst (SBU) waren jahrzehntelang Instrumente der Repression; im Bereich von Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gibt es noch überlappende Kompetenzen.

römisch II. Asylrelevante Tatsachen

1. Staatliche Repressionen

1.1 Politische Opposition

Aktivitäten von Oppositionsparteien oder -gruppen unterliegen keinen staatlichen Restriktionen.

1.2 Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit

Die Versammlungsfreiheit wurde im Euromaidan 2013/2014 erkämpft. Sie ist seither unangefochten. Auch Meinungs- und Pressefreiheit unterliegen keinen staatlichen Restriktionen, leiden jedoch unter der wirtschaftlichen Schwäche des unabhängigen Mediensektors und dem Übergewicht von Medien, die Oligarchen gehören oder von ihnen finanziert werden. Zuletzt wurde der Fall eines Journalisten bekannt, der zur Kriegsdienstverweigerung aufgerufen hatte und deshalb wegen Landesverrats angeklagt wurde.

1.3 Minderheiten

Eine Zunahme des Antisemitismus in der Ukraine seit den politischen Umwälzungen 2013/2014 ist nicht erkennbar. Ukrainische Wissenschaftler, NRO-Vertreter und religiöse Würdenträger der jüdischen Gemeinden sind sich weitgehend darin einig, dass sich zwar die allgemeine Sicherheitslage verschlechtert habe. Hiervon seien aber die Bürger insgesamt betroffen; eine spezifische Bedrohungslage der jüdischen Gemeinden und ihrer Mitglieder bestehe nicht. Der Vizepräsident des Jüdischen Weltkongresses Jossyf Sissels wies im November 2014 in einer Analyse antisemitischer Vorfälle der letzten Jahre in der Ukraine darauf hin, dass deren Zahl sogar signifikant abgenommen habe. Roma stellen eine schwer quantifizierbare Minderheit dar. Nach offizieller Zählung umfasst sie 48.000 Personen, nach Schätzungen von Roma-NROs im Lande sollen es 400.000 sein. Diese Diskrepanz ist nur zum Teil erklärbar durch das Bedürfnis vieler sozial integrierter Roma, sich nicht zu erkennen zu geben. Unstreitig ist, dass große Teile der Roma-Bevölkerung sozial marginalisiert und benachteiligt sind (z. B. führt fehlende Geburtsregistrierung zu Benachteiligungen bei der Gesundheitsversorgung und Schulbildung). Eine staatliche Diskriminierung findet nicht statt. In der Bevölkerung bestehen teilweise erheblich Vorurteile gegen Roma.

Die Regierung hat am 04.06.2014 einen "Beauftragten für ethno-nationale Politik" (Hennadi Drusenko) ernannt, der dem Ministerrat unterstellt ist.

1.4 Religionsfreiheit

Die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der ungestörten Religionsausübung wird von der Verfassung garantiert (Artikel 35,) und von der Regierung in ihrer Politik gegenüber Kirchen und Religionsgemeinschaften respektiert.

1.5 Strafverfolgungs- und Zumessungspraxis

Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis orientieren sich zunehmend an westeuropäischen Standards. Untersuchungshaft wird nach umfassender Reform des Strafverfahrensrechts (mit Unterstützung der Internationalen Stiftung für Rechtliche Zusammenarbeit und ausgerichtet an deutschen Vorbildern) erkennbar seltener angeordnet als früher. Sippenhaft wird nicht praktiziert.

1.6 Militärdienst

Die Pflicht zur Ableistung des Grundwehrdienstes besteht für Männer im Alter zwischen 20 und 25 Jahren, er dauert grundsätzlich eineinhalb Jahre, für Wehrpflichtige mit Hochschulqualifikation (Magister) 12 Monate. Am 01.05.2014 wurde die früher beschlossene Aussetzung der Wehrpflicht widerrufen. Danach erfolgten mehrere Mobilisierungswellen, die hauptsächlich Reservisten, aber auch Grundwehrdienstleistende (letztere zu einer sechsmonatigen Ausbildung) erfassen sollte. Merkmale wie Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung spielen bei der Heranziehung keine Rolle.

Für 2014 wurde das Ziel genannt, ca. 60.000 Wehrpflichtige zu mobilisieren. Innerhalb des Jahres 2015 sollen binnen 210 Tagen 104.000 vorwiegend Reservisten (diese im Alter zwischen 25 und 60 Jahren, zwischen 50 und 60 freiwillig) eingezogen werden. Seit dem 20.01.2015 besteht wegen dieser weiteren Mobilisierung eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, zum Militärdienst eingezogen zu werden. Für 12 Monate wird der Arbeitsplatz garantiert, das Gehalt ist in dieser Zeit (zusätzlich zum dienstgrad-entsprechenden Sold) weiterzuzahlen. Während der sechsmonatigen Ausbildungen werden Wehrpflichtige nicht in den ATOGebieten eingesetzt. Ob und wann sie danach dort zum Einsatz kommen, ist hier nicht bekannt. Richter, Vollzeitstudenten, Post-Graduate-Studenten, Priester, Väter mit drei und mehr minderjährigen Kindern, Parlamentsabgeordnete und Straftäter sind freigestellt. Bei der derzeitigen Teilmobilisierung ergeht an den Wehrpflichtigen ein Einberufungsbescheid des Militärkommissariats (entspricht dem deutschen Kreiswehrersatzamt). Zunächst wird versucht, den Bescheid dem Einberufenen persönlich zuzustellen. Bei Unzustellbarkeit wird der Bescheid an die Arbeitsstätte gesandt, ggf. wird der Einberufene direkt an der Arbeitsstätte abgeholt. Es findet Wehrüberwachung statt: Wehrpflichtige habe einen Wohnortwechsel binnen einer Woche anzuzeigen. Sollte künftig Vollmobilisierung erfolgen, wäre ein Wohnortwechsel durch die Wehrüberwachungsbehörde vorab zu genehmigen.

Ermittlungen, ob eine Person einberufen wurde (z. B. durch Anfragen über die Botschaft an das Außen- und Verteidigungsministerium) könnten dazu führen, dass die Wehrüberwachungsbehörden erst durch diese Nachfrage darauf aufmerksam werden, dass eine Person bisher ihrer Überwachung entgangen ist. Ohnehin wäre mit einer langen Bearbeitungszeit zu rechnen.

Der Ersatzdienst hat in der Ukraine kaum Tradition und ist in der Gesellschaft noch wenig verankert. Über die Zahl der Verweigerer macht das ukrainische Verteidigungsministerium keine offiziellen Angaben. NRO-Vertreter gehen von bislang 7.500 Anträgen aus. Für aktive Soldaten ist eine Verweigerung nicht vorgesehen. Das Gesetz über den Ersatzdienst vom 12.12.1991 (Nr. 1975-XII) regelt das Recht auf Kriegsdienstverweigerung und die Möglichkeit, den Ersatzdienst unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abzuleisten. Die Wehrpflichtigen durchlaufen bei der Musterung sämtliche Untersuchungen im jeweils zuständigen Militärkommissariat (Kreiswehrersatzamt). Spätestens zwei Monate vor dem Einberufungstermin muss der Wehrpflichtige bei der für den jeweiligen Wohnort zuständigen Behörde einen begründeten Antrag einreichen.

Eine Verweigerung kann nur auf die religiöse Überzeugung und die entsprechende Zugehörigkeit zu einer gesetzlich anerkannten Gemeinschaft gestützt werden. Bei Kriegs- oder Ausnahmezustand kann das Recht der Wahl zwischen Wehr- und Ersatzdienst gesetzlich für bestimmte Zeit eingeschränkt werden. Der Ersatzdienst dauert 27 Monate, für Hochschulabsolventen (Magister) 18 Monate. Er wird in staatlichen Sozial-, Gesundheits- und Kommunaleinrichtungen oder beim Roten Kreuz abgeleistet.

Strafrechtliche Verfolgung: Die Entziehung vom Wehrdienst wird nach Artikel 335, UStGB mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft. Eine Mobilisierungsentziehung kann gemäß Artikel 336, UStGB mit bis zu fünf Jahren bestraft werden. Für Entziehung von der Wehrerfassung sieht Artikel 337, eine Geldstrafe bis zu 50 Mindest-Monatslöhnen oder Besserungsarbeit bis zu zwei Jahren oder Freiheitsentziehung bis zu sechs Monaten vor, für Entziehung von einer Wehrübung Geldstrafe bis zu 70 Mindest-Monatslöhnen oder Freiheitsentziehung bis zu sechs Monaten.

1.7 Geschlechtsspezifische Verfolgung

Artikel 24 der Verfassung schreibt die Gleichberechtigung von Männern und Frauen ausdrücklich vor. Auch im Übrigen gibt es keine rechtlichen Benachteiligungen. Nach ukrainischem Arbeitsrecht genießen Frauen die gleichen Rechte wie Männer. Tatsächlich werden sie jedoch häufig schlechter bezahlt und sind in Spitzenpositionen unterrepräsentiert. Die Ukraine ist noch immer Herkunftsland für grenzüberschreitenden Frauen- und Mädchenhandel.

1.8 Exilpolitische Aktivitäten

Eine große Zahl von Ukrainern lebt im Ausland. Viele sind nach Kanada, in die USA, nach Israel und nach Deutschland ausgewandert. Repressionen gegen Personen, die sich im Ausland exilpolitisch betätigt haben, nach deren Rückkehr in die Ukraine, oder Rückkehrverbote für solche Personen sind nicht bekannt.

2. Repressionen Dritter

Über Repressionen Dritter, für die der ukrainische Staat mittelbar die Verantwortung trägt, indem er sie anregt, unterstützt oder hinnimmt, liegen keine Erkenntnisse vor. Wegen der Konfliktgebiete in den Oblasten Donezk und Luhansk vergleiche Nr. 4.

3. Ausweichmöglichkeiten

Die Zahl der registrierten Binnenflüchtlinge (Internally Displaced Persons - IDPs) ist nach Angaben des Sozialministeriums Mitte Februar 2015 auf über 1 Mio. gestiegen, eine weitere Mio. Menschen sind nach Russland geflohen. Das UKR Parlament hat ein lange gefordertes IDP-Gesetz erlassen, das am 19.11.2014 vom Präsidenten unterzeichnet wurde. Damit wurde eine Rechtsgrundlage für die Registrierung, Versorgung und Unterbringung von IDPs geschaffen.

4. Konfliktgebiete

In den Gebieten außerhalb der staatliche Kontrolle der Kiewer Regierung, namentlich in den von Separatisten kontrollierten Teilen der Oblaste Donezk und Luhansk, sowie auf der Krim, haben ukrainische Behörden und Amtsträger zurzeit keine Möglichkeit, staatliche Befugnisse wahrzunehmen.

Auf der Krim werden seit März 2014 staatliche Aufgaben von russischen Vertretern ausgeübt. Die Einwohner wurden pauschal eingebürgert, es wurde begonnen, sie mit russischen Inlandspässen, seit September 2014 auch mit russischen Reisepässen, auszustatten. Besorgniserregend ist die zunehmende Zahl von Meldungen, wonach exponierte Vertreter der tatarischen Minderheit verschwinden, nicht mehr auf die Krim zurückreisen dürfen bzw. vielfältigen Diskriminierungen ausgesetzt sind. Außerdem werden tatarische Vereine in ihrer Handlungsfähigkeit beschnitten und unter Druck gesetzt, teilweise auch kriminalisiert oder zur Auflösung gezwungen. Medien geraten zunehmend unter Druck, der unabhängige Fernsehsender der Tataren (ATR) wurde geschlossen und die Lizenz entzogen. Eine offene Zivilgesellschaft gibt es nicht mehr, Auskunftspersonen haben die Krim verlassen. Religiöse Literatur gilt den Behörden als extremistisch.

In den Oblasten Donezk und Luhansk ist zu differenzieren zwischen Gebieten, die sich unter Kontrolle der pro-russischen Separatisten befinden, befriedeten Gebieten unter voller Kontrolle staatlicher ukrainischer Stellen, und Gebieten, in denen ukrainische Militäreinheiten, auch die sog. Freiwilligen-Bataillone, zum Einsatz kommen.

Berichte der OSZE-Beobachtermission, von Amnesty International sowie weiteren NROs lassen den Schluss zu, dass es seit Ausbruch des Konflikts im März 2014 in den von Separatisten kontrollierten Gebieten zu schweren Menschenrechtsverletzungen gekommen ist. Dazu zählen extralegale Tötungen auf Befehl örtlicher Kommandeure ebenso wie Freiheitsberaubung, Erpressung, Raub, Entführung, Scheinhinrichtungen und Vergewaltigungen. Der siebte Bericht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte (UNHCHR) vom 15.11.2014 spricht von einem "vollständigen Zusammenbruch von Recht und Ordnung". Die Zivilbevölkerung ist der Willkür der Soldateska schutzlos ausgeliefert.

In den von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebieten wird die staatliche Ordnung erhalten oder wieder hergestellt, um Neuaufbau sowie humanitäre Versorgung der Bevölkerung zu ermöglichen.

Problematisch sind die Gebiete, in denen nicht die ukrainischen Streitkräfte selbst, sondern sog. "Freiwilligen-Bataillone" gegen Separatisten vorgehen. Diese Einheiten nehmen offiziell an der sog. "Anti-Terror-Operation" teil; fast alle sind dem Verteidigungsministerium und der Nationalgarde (Innenministerium) unterstellt. Teilweise handelt es sich um Einheiten, die von privater Seite finanziert werden, z. B. vom Dnipropetrowsker Oligarchen Kolomojsky (bis Ende März 2015 im Amt als Gouverneur). Die nicht immer klare hierarchische Einbindung dieser Einheiten hat zur Folge, dass es auch in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu Menschenrechtsverletzungen gekommen ist, namentlich zu Freiheitsberaubung, Erpressung, Diebstahl und Raub, evtl. auch zu extralegalen Tötungen.

Meldungen über die Entdeckung von Massengräbern können nicht bewertet werden. Funde in Gebieten, die zuvor unter der Kontrolle ukrainischer Einheiten standen (der russische Außenminister Lawrow sprach von 400 entdeckten Leichen), werden von Amnesty International, OSZE und UNHCR als übertrieben bewertet; sie bestätigten den Fund von drei Gräbern mit insgesamt 10 Leichen. Eine unabhängige forensische Untersuchung zur Todesursache war bislang nicht möglich. Die ukrainische Regierung bestreitet jede Verantwortung und veröffentlichte ihrerseits eine Karte mit einer großen Zahl von angeblichen Massengräbern, die von Separatisten angelegt worden sein sollen. Auch hier ist eine Bewertung derzeit nicht möglich.

Mittlerweile scheint das Bewusstsein dafür zu wachsen, dass Disziplinlosigkeit der Freiwilligen-Bataillone sowohl die Bevölkerung in den Einsatzgebieten gefährdet, als auch in andere Regionen ausstrahlt und dort zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führt. Der ukrainische Staat scheint gewillt, nach einer Beruhigung der militärischen Lage das staatliche Gewaltmonopol wieder herzustellen.

römisch III. Menschenrechtslage

1. Schutz der Menschenrechte in der Verfassung

Der Grundrechtskatalog der Verfassung (in Abschnitt römisch II, Artikel 21 bis 63, über Rechte, Freiheiten und Pflichten) enthält neben den üblichen Abwehrrechten eine große Zahl von Zielbestimmungen (z. B. Wohnung, Arbeit, Erholung, Bildung). Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtskonventionen (Internationaler Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, Internationaler Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte, Internationales

Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung,

Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, UN-Anti-Folter-Konvention, UN-Kinderrechtskonvention, Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, Europäische Menschenrechtskonvention).

2. Folter

Folter sowie grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung und Bestrafungen, die gegen die Menschenwürde verstoßen, sind gemäß Artikel 28 der ukrainischen Verfassung verboten. Die Ukraine ist seit 1987 Mitglied der UN-Anti-Folter-Konvention (CAT) und seit 1997 Teilnehmerstaat der Anti-Folter-Konvention des Europarats. Bei der Umsetzung bestehen vor allem im Strafvollzug weiterhin Defizite. Menschenrechtswidrige Verhörmethoden mit Schlägen und Tritten, überfordertes, unterbezahltes Personal, chronische Überbelegung, schlechte hygienische Verhältnisse und schlechtes Essen führen nach Einschätzung der Menschenrechtsbeauftragten des Parlaments in einigen Haftanstalten zu Zuständen, die nicht konventionskonform sind.

3. Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde 1999 vom Verfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt, im Jahr 2000 abgeschafft und durch lebenslange Haft ersetzt. Die Ukraine ist Vertragsstaat des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK.

4. Sonstige menschenrechtswidrige Handlungen

Extralegale Tötungen sind nach den Ereignissen auf dem Euromaidan zwischen November 2013 und Februar 2014 außerhalb der Konfliktgebiete im Osten des Landes nicht mehr bekannt geworden. Die Aufklärung der Tötungsfälle im Zusammenhang mit dem Euromaidan und den Zwischenfällen in Odessa am 02.05.2014 mit insgesamt über 160 Getöteten kommen nur äußerst schleppend voran. Fälle von willkürlichen Festnahmen sowie Verschwindenlassen wurden aus den von Separatisten kontrollierten Gebieten sowie von der Krim gemeldet.

Die Haftbedingungen in ukrainischen Untersuchungshaftanstalten und Gefängnissen verbessern sich nur langsam und in den verschiedenen Anstalten nur sehr ungleichmäßig.

Fortschritte in einigen Vollzugseinrichtungen kontrastieren mit unerträglichen Zuständen in einigen U-Haft- und psychiatrischen Einrichtungen. Immerhin ist die Zahl der Insassen - nach einer Reform der StPO - deutlich rückläufig. Nicht mehr wie noch 2002 etwa 215.000 Häftlinge sind inhaftiert, sondern (nach Angaben des Leiters des nationalen Justizvollzugsdienstes vom August 2014) noch ca. 94.000. Schlecht bezahltes und unzureichend ausgebildetes Wachpersonal, überbelegte Großraumzellen, mangelhafte Ernährung, unzureichende medizinische Betreuung, unzulängliche hygienische Verhältnisse sowie Beschränkungen von Kontakten zur Außenwelt sind immer noch die Regel.

römisch IV. Rückkehrfragen

1. Situation für Rückkehrerinnen und Rückkehrer

1.1 Grundversorgung

Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. In Teilen des Landes stehen Strom, Gas und warmes Wasser nicht ganztägig zur Verfügung. Die Situation gerade der auf staatliche Versorgung angewiesenen älteren Menschen, Kranken, Behinderten und Kinder bleibt daher karg.

Die Währung Hrywnja (UAH) verfällt dramatisch (der Euro stieg von Januar (11,20) über Juli (15,73) und Dezember 2014 (18,97) auf 25,14 UAH im März 2015). Der Durchschnittslohn betrug 2014 in der Staatsverwaltung 3816 UAH im Monat, im Bildungswesen 2745, im Gesundheitswesen 2436; die Durchschnittsrente lag bei 1526 UAH. Seit 01.07.2014 gibt es kein Kindergeld mehr, sondern eine Einmalzahlung bei Geburt und monatliche Zahlungen für drei Jahre (insgesamt nach jetzigem Wert ca. 1.400 Euro). Ohne zusätzliche Einkommensquellen ist es alten Menschen nicht möglich, ein menschenwürdiges Leben zu führen. Es gibt keine nennenswerten Lohn- und Gehaltsrückstände im öffentlichen Bereich und so gut wie keine Rückstände bei Renten, mit Ausnahme der von Separatisten besetzten Kreise in den Gebieten Donezk und Luhansk.

1.2 Rückkehr und Reintegrationsprojekte im Herkunftsland

Die Bundesregierung unterstützt mit dem Programm "Rückkehrende Fachkräfte" gezielt die Einbindung rückkehrinteressierter Fachkräfte, die in Deutschland z. B. ein Studium oder eine Ausbildung absolviert haben, in die Aktivitäten der Entwicklungszusammenarbeit in der Ukraine. 2014 wurden über das Centrum für internationale Entwicklung und Migration (CIM) sieben rückkehrende Fachkräfte gefördert.

1.3 Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist kostenlos und flächendeckend. Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen, in denen überlebenswichtige Maßnahmen durchgeführt und chronische, auch innere und psychische Krankheiten behandelt werden können, existieren sowohl in der Hauptstadt Kiew als auch in vielen Gebietszentren des Landes. Landesweit gibt es ausgebildetes und sachkundiges medizinisches Personal. Dennoch ist gelegentlich der Beginn einer Behandlung korruptionsbedingt davon abhängig, dass der Patient einen Betrag im Voraus bezahlt oder Medikamente und Pflegemittel auf eigene Rechnung beschafft. Neben dem öffentlichen Gesundheitswesen sind in den letzten Jahren auch private Krankenhäuser beziehungsweise erwerbswirtschaftlich geführte Abteilungen staatlicher Krankenhäuser gegründet worden. Die Dienstleistungen der privaten Krankenhäuser sind jedoch für den größten Teil der ukrainischen Bevölkerung nicht bezahlbar. Fast alle gebräuchlichen Medikamente werden im Land selbst hergestellt. Die Apotheken halten teilweise auch importierte Arzneien vor.

2. Behandlung von Rückkehrern

Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte ukrainische Asylbewerber wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären. Um neue Dokumente zu beantragen, müssen sich Rückkehrer in den Ort, an dem sie zuletzt gemeldet waren, begeben. Ohne ordnungsgemäße Dokumente können sich - wie auch bei anderen Personengruppen - Schwierigkeiten bei der Wohnungs- und Arbeitssuche oder der Inanspruchnahme des staatlichen Gesundheitswesens ergeben.

3. Einreisekontrollen

Grundsätzlich ist die Einreise eines ukrainischen Staatsangehörigen verfassungsmäßig garantiert (Artikel 33, Absatz 2). Ob eine Rückkehr in die Ukraine erfolgen kann und wie sich Rückkehr, Einreise und Wiedereingliederung gestalten, hängt deshalb von der Staatsangehörigkeit des Rückkehrers ab. Vor einer Abschiebung oder zwangsweisen Rückkehr ist ein Nachweis der Staatsangehörigkeit zu führen. Dies setzt, soweit die Person nicht im Besitz eines gültigen ukrainischen Reisepasses ist, eine entsprechende Prüfung durch eine Auslandsvertretung der Ukraine voraus. Im Normalfall wird ein vom Betroffenen auszufüllender Antrag zur Ausstellung von Passersatzpapieren an das Außenministerium in Kiew mit der Bitte weitergeleitet, die ukrainische Staatsangehörigkeit festzustellen. Möglich ist auch die Überprüfung aufgrund eines von der ukrainischen Auslandsvertretung selbst gestellten Ersuchens an das Außenministerium. Ist der Betroffene nicht zur Mitwirkung an der Beschaffung von Heimreisedokumenten bereit, so haben die ukrainischen Auslandsvertretungen in der Vergangenheit mitunter deutsche Behörden gebeten, unmittelbar mit dem Innenministerium der Ukraine in Kontakt zu treten und die Modalitäten einer zwangsweisen Rückkehr zu vereinbaren. Nur ukrainische Dokumente sind anerkennungsfähig. Heimreisedokumente der EU oder der Bundesrepublik Deutschland werden nicht anerkannt.

4. Abschiebewege

Westliche Staaten ohne gemeinsame Grenze mit der Ukraine (z.B. Frankreich und Niederlande) nehmen Rückführungen illegal Eingereister in erster Linie entsprechend den Regeln des Internationalen Zivilluftfahrt-Übereinkommens von Chicago (ICAO) vor. Auch aus Deutschland finden Abschiebungen statt. Das Rücknahmeübereinkommen zwischen der EU und der Ukraine ist am 01.01.2008 in Kraft getreten.

römisch fünf. Sonstige Erkenntnisse

1. Echtheit der Dokumente

Gefälschte Dokumente und echte Dokumente mit unwahrem Inhalt werden in zunehmendem Maße verwendet. Teilweise wird der Inhalt falscher Dokumente bis in Gerichtsverfahren hinein vorgetragen. Die Vorlage falscher Dokumente gilt verbreitet als Kavaliersdelikt.

1.1 Echte Dokumente unwahren Inhalts

Nach hiesigen Erfahrungen ist die Verwendung von echten Dokumenten ukrainischer Behörden mit unwahrem Inhalt nicht häufig. Ausstellung von nichtbehördlichen Bescheinigungen mit unwahrem Inhalt (z. B. Arbeitsbescheinigungen) ist ein verbreitetes Phänomen.

1.2 Zugang zu gefälschten Dokumenten

Die Verfälschung echter Dokumente kommt gelegentlich vor und betrifft in erster Linie Personenstandsurkunden sowie gerichtliche Beschlüsse und Urteile.

2. Ausreisekontrollen und Ausreisewege

Die Ausreisefreiheit wird (vorbehaltlich gesetzlicher Einschränkungen) von der Verfassung jedermann garantiert (Artikel 33, Absatz 1). Ausreisewillige ukrainische Staatsangehörige müssen über einen Auslandsreisepass verfügen, der auf Antrag und gegen Gebühr ausgestellt wird. Bei Ausreise zur ständigen Wohnsitznahme im Ausland wird darüber hinaus anlässlich der Abmeldung von den Ordnungsämtern geprüft, ob noch Schulden oder andere rechtliche Verpflichtungen (z.B. Unterhalts- oder Steuerschulden) bestehen.

Die ukrainischen Grenzschutzbehörden kontrollieren an der Grenze, ob ein gültiger Auslandsreisepass und gegebenenfalls ein Visum des Ziellandes vorliegen, der Ausreisende in der Ukraine zur Fahndung ausgeschrieben ist oder andere Ausreisehindernisse bestehen. Ausgereist wird vornehmlich auf dem Landweg. Derzeit liegen keine Erkenntnisse vor, dass bei männlichen Reisenden an der Grenze der Status ihrer Wehrpflicht überprüft wird.

Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zur Ukraine vom 12.06.2015

Länderspezifische Anmerkungen

Durch die Ereignisse der letzten Monate hat die momentane ukrainische Übergangsregierung de facto nicht die vollständige Kontrolle über ihr Staatsgebiet. Die Halbinsel Krim wurde am 16.3.2014, durch ein international nicht anerkanntes Referendum, von Russland völkerrechtswidrig annektiert. Grundsätzliche Aussagen zur Ukraine gelten daher vorerst nicht für die Halbinsel Krim, außer es wird ausdrücklich anderes angemerkt!

Die Lage in der Ostukraine wird im LIB behandelt.

In den westlichen Landesteilen ist die Lage grundsätzlich ruhig.

1. Politische Lage

Die Ukraine befindet sich in einer schwierigen Umbruchsituation, die einerseits durch die Annexion der Halbinsel Krim durch Russland und den Konflikt in der Ost-Ukraine, andererseits durch Reformbemühungen geprägt ist. Die Präsidentschaftswahlen am 25.05.2014 konnten mit Ausnahmen von Teilen der Ostukraine und der Krim in der ganzen Ukraine ohne nennenswerte Auffälligkeiten durchgeführt werden. Petro Poroschenko ging mit 54,7% im ersten Wahlgang als klarer Sieger hervor. Julia Tymoschenko erreichte mit 12% den zweiten Platz. Am 07.06.2014 wurde Petro Poroschenko als Präsident vereidigt, am 26.10.2014 das Parlament neu gewählt. Ministerpräsident Jazenjuk führt seitdem eine Regierungskoalition aus fünf Parteien (AA 05.2015).

Am 27.11.2014 trat das neugewählte Parlament erstmals in Kiew zusammen. Der neuen Regierungs-Koalition gehören unter anderem der Block von Präsident Petro Poroschenko und die Volksfront von Jazenjuk an. Neuer Parlamentspräsident ist der bisherige Vize-Premier Wolodimir Groisman. In der Obersten Rada säßen vorerst nur 418 von ursprünglich 450 Abgeordneten. Die übrigen Plätze blieben frei, weil Teile der umkämpften Ostukraine sowie die im März von Russland einverleibte Schwarzmeer-Halbinsel Krim an der Wahl nicht teilnehmen konnten (Presse 27.11.2014).

Die Ukraine-Beauftragte der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Heidi Tagliavini, legt ihr Amt nieder. Zu den konkreten Beweggründen der Schweizer Spitzendiplomatin, die zwischen den Konfliktparteien vermittelte, machten die OSZE und das Außenministerium in Bern keine Angaben. In diplomatischen Kreisen wurde auf den bisher schwersten Bruch der im März 2015 vereinbarten Waffenruhe zwischen ukrainischen Regierungstruppen und pro-russischen Rebellen in der zurückliegenden Woche verwiesen. Zudem sei eine weitere Gesprächsrunde zwischen den Konfliktgegnern ergebnislos beendet worden (Standard 7.6.2015).

In Kiew kommt es immer wieder zu Protesten vor allem mit sozialen Forderungen. Die prowestliche Führung, die nach gewaltsamen Massenprotesten auf dem Maidan im vergangenen Jahr an die Macht gekommen war, wirft den Demonstranten vor, von russischen Geheimdiensten gesteuert und bezahlt zu sein. Auf Flugblättern war von einem "Maidan 3.0" die Rede - nach den beiden prowestlichen Massenprotesten 2004/2005 und 2013/2014 (Standard 8.6.2015).

Präsident Poroschenko ficht in Kiew allerdings bei weitem nicht nur mit Kremlchef Putin, sondern auch gegen aktuelle und ehemalige Mitglieder der eigenen Führungsspitze. Dabei spitzt sich hinter den Kulissen derzeit besonders der Konflikt mit dem Oligarchen und Ex-Gouverneur von Dnepropetrowsk Ihor Kolomoisky zu. Nachdem Poroschenko zuletzt dessen Vertrauten Igor Paliza als Gouverneur von Odessa entlassen und den Posten mit Michail Saakaschwili besetzt hatte, revanchierte sich Kolomoisky mit einem Überfall rechter Schläger auf die Gay-Parade in Kiew, um Poroschenko im Westen zu diskreditieren (Standard 10.6.2015).

Quellen:

http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen152.pdf

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4606103/Ukrainisches-Parlament-waehlt-erneut-Jazenjuk-zum-Premier?from=suche.intern.portal, Zugriff 10.6.2015

http://derstandard.at/2000017161310/Neues-Protestcamp-auf-dem-Maidan-gewaltsam-geraeumt?ref=rec, Zugriff 10.6.2015

http://www.nzz.ch/international/die-ukraine-sperrt-russischen-transit-1.18559057, Zugriff 11.6.2015

http://derstandard.at/2000017215782/Feuer-an-allen-Fronten-in-der-Ukraine, Zugriff 11.6.2015

2. Sicherheitslage

Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim durch Russland im März 2014 rissen pro-russische Separatisten in einigen Gebieten der Ost-Ukraine die Macht an sich und riefen unterstützt von russischen Staatsangehörigen die "Volksrepublik Donezk" und die "Volksrepublik Luhansk" aus. Der ukrainische Staat begann daraufhin eine sogenannte Antiterroroperation (ATO), um die staatliche Kontrolle wiederherzustellen. Bis August 2014 erzielten die ukrainischen Kräfte stetige Fortschritte, seitdem erlitten sie jedoch zum Teil schwerwiegende Verluste bedingt durch militärische Unterstützung der Separatisten aus Russland (AA 05.2015a).

Das Verhältnis zu Russland ist für die Ukraine von zentraler Bedeutung. Im Vorfeld der ursprünglich für November 2013 geplanten Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens übte Russland erheblichen Druck auf die damalige ukrainische Regierung aus, um sie von der EU-Assoziierung abzubringen und stattdessen einen Beitritt der Ukraine zur Zollunion/Eurasischen Wirtschaftsgemeinschaft herbeizuführen. Nach dem Scheitern dieses Versuchs und dem Sturz von Präsident Janukowytsch verschlechterte sich das russisch-ukrainische Verhältnis dramatisch. In Verletzung völkerrechtlicher Verpflichtungen und bilateraler Verträge annektierte Russland im März 2014 die Krim und unterstützte die bewaffneten Separatisten im Osten der Ukraine. Diese Unterstützung wird bis in die Gegenwart fortgesetzt (AA 05.2015b).

Mit seiner Unterschrift kündigte Präsident Poroschenko die letzten bilateralen Sicherheitsabkommen mit Russland auf. Beendet werden damit per sofort ein Verteidigungsbündnis, zwei Verträge über die Zusammenarbeit der Militärgeheimdienste sowie zwei Transitverträge für russische Truppen. Besonders die Auflösung des Vertrags über den Landtransport russischer Soldaten und von deren Familien in die Republik Moldau wiegt für Moskau schwer. Der Vertrag regelte die Versorgung der 14. Russischen Armee, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in Tiraspol, der "Hauptstadt" der selbsternannten Republik Transnistrien, stationiert ist (NZZ 9.6.2015).

Auf der russisch besetzten Krim und in den von Separatisten kontrollierten Gebieten der Ostukraine waren Entführungen und Misshandlungen von Gefangenen an der Tagesordnung und betrafen Hunderte von Menschen. Besonders gefährdet waren Vertreter lokaler Behörden, pro-ukrainische politische Aktivisten, Journalisten und internationale Beobachter. Bis Ende 2014 waren im Zuge des Konflikts in der Ostukraine mehr als 4.000 Menschen getötet worden. Zahlreiche Zivilpersonen starben durch wahllosen Beschuss von Wohngebieten, insbesondere durch den Einsatz von ungelenkten Raketen und Mörsergranaten (AI 25.2.2015, vergleiche HRW 29.1.2015).

Quellen:

http://derstandard.at/1397520853199/Ukraine-Angespannte-Lage-vor-Treffen-in-Genf, Zugriff 24.4.2014

2.1. Krimhalbinsel

Die EU und die USA hatte die Annexion der Krim vor einem Jahr als Völkerrechtsbruch verurteilt und Strafmaßnahmen verhängt. Auf der Krim hatten die Menschen in einem international nicht anerkannten Referendum am 16. März (2014) für den Beitritt zu Russland gestimmt. Am 18. März wurde in Moskau die Aufnahme der Halbinsel in die Russische Föderation vertraglich besiegelt (Presse 18.3.2015).

Nach der Annexion der Krim im März 2014 fanden dort russische Gesetze Anwendung, die das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit unterdrückten. Zivilgesellschaftliche Organisationen mussten ihre Arbeit einstellen, weil sie die rechtlichen Anforderungen Russlands nicht erfüllten. Die einheimische Bevölkerung wurde zu russischen Staatsbürgern erklärt. Wer die ukrainische Staatsbürgerschaft behalten wollte, musste die Behörden darüber informieren (AI 25.2.2015).

Quellen:

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4688595/Putin-nennt-Sanktionen-sinnlose-Beschaeftigung, Zugriff 11.6.2015

2.2. Ostukraine

Schwer bewaffnete pro-russische Separatisten kämpfen in der Ost-Ukraine gegen offizielle ukrainische Kräfte und haben sich in den nicht anerkannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk konstituiert. Die Opferzahlen betrugen laut VN-Zählungen im Mai 2015 über 6.100; daneben führte der Konflikt bisher zu rund 1,25 Mio. Binnenflüchtlingen. Unter dem Eindruck einer erneuten Verschärfung des Konflikts und nach langwierigen Verhandlungen auf oberster Ebene im sogenannten Normandie-Format (Deutschland, Frankreich, Ukraine, Russland) verständigte sich die Kontaktgruppe am 12. Februar 2015 auf das sogenannte Maßnahmenpaket zur Umsetzung der Minsker Absprachen. Der Rückzug schwerer Waffen von der Kontaktlinie kam daraufhin in Gang, wurde jedoch nach OSZE-Beobachtung bisher von keiner Seite vollständig umgesetzt (AA 05.2015).

In der Ostukraine ist trotz des Waffenstillstandsabkommens keine Ruhe eingekehrt, seit Anfang Juni wird wieder mit schweren Waffen gekämpft. Am Dienstag berichteten die Konfliktparteien über Gefechte entlang fast der gesamten Frontlinie. Die aktivsten Kampfhandlungen wurden aus Awdejewka, Horliwka, Krymskoje, Marjinka und Schirokino gemeldet. Diplomatisch gibt es immerhin eine vorsichtige Annäherung:

Die Rebellen haben neue Vorschläge zur Verfassungsänderung der Ukraine an die Kontaktgruppe geschickt. Einzelne Gebiete mit Sonderstatus oder ihre Vereinigungen sollen unveräußerlicher Bestandteil der Ukraine bleiben. Die Macht in der Region sollen laut diesem Vorschlag aber weiterhin Sachartschenko und das Oberhaupt der "Luhansker Volksrepublik" Igor Plotnizki ausüben (Standard 10.6.2015, vergleiche BBC 3.6.2015).

Nach den jüngsten Kämpfen im Donbass hat der ukrainische Präsident Petro Poroschenko eine massive Aufrüstung im Osten des Landes angekündigt. Mehr als 50.000 Soldaten seien derzeit im Kampfgebiet im Einsatz. Bis zum Jahresende soll die Kampfstärke auf insgesamt 250.000 erhöht werden. Nach einem Angriff prorussischer Separatisten wurde in den vergangenen Tagen auch wieder schweres Kriegsgerät in die Region gebracht. Während sich Kiew und Moskau gegenseitig für die neuerliche Eskalation verantwortlich machen, warnt die EU vor einer Gewaltspirale. Brüssel forderte die Konfliktparteien zum wiederholten Male auf, das Minsker Waffenruheabkommen umzusetzen (Presse 4.6.2015).

Angesichts des bewaffneten Konflikts in der Ostukraine hat die Regierung in Kiew die Europäische Menschenrechtskonvention in den betroffenen Regionen teilweise ausgesetzt. Eine entsprechende Benachrichtigung traf beim Europarat in Straßburg ein. Demnach garantiert die Regierung in den Regionen Donezk und Luhansk, wo sich die Rebellen Kämpfe mit Regierungstruppen liefern, mehrere Grundrechte nicht mehr. Dazu gehören das Recht auf Freiheit und Sicherheit, auf ein faires Gerichtsverfahren und auf Schutz des Familienlebens. Kiew begründet die Aussetzung mit einer "bewaffneten Aggression" Russlands gegen die Ukraine. Eine Aussetzung der Menschenrechtskonvention ist vorgesehen, wenn die Sicherheit eines Landes etwa durch einen Krieg oder andere Notsituationen gefährdet ist. Der betroffene Staat muss diese Maßnahme begründen und auch angeben, welche Paragrafen des Abkommens und welche Gebiete davon betroffen sind (Standard 10.6.2015).

Quellen:

http://derstandard.at/2000017215782/Feuer-an-allen-Fronten-in-der-Ukraine, Zugriff 11.6.2015

http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/4746993/Ostukraine_Kiew-plant-massive-Aufrustung?from=suche.intern.portal, Zugriff 11.6.2015

3. Rechtsschutz/Justizwesen

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, in der Praxis war diese jedoch Gegenstand von politischem Druck, Korruption, Ineffizienz und Mangel an Vertrauen der Öffentlichkeit. In manchen Fällen wirkte der Ausgang von Prozessen vorbestimmt. Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Richter beschwerten sich weiterhin über Verschlechterungen bei der Gewaltenteilung, einige beklagten Druck durch hochrangige Politiker. Lange Verfahrensdauern, speziell vor Verwaltungsgerichten, unzureichende Finanzierung, Mängel bei der Rechtsberatung und die Unfähigkeit der Gerichte Urteile durchzusetzten, waren ebenfalls ein Problem. Die neue Strafprozessordnung vom November 2012 schränkte die Verwendung der Untersuchungshaft ein, reduzierte die Anreize zum Erzwingen von Geständnissen und gab der Verteidigung mehr Verfahrensrechte.

Verfassung und Gesetze garantieren das Recht auf Regress für Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Organe. Allerdings behindert eine ineffiziente und korrupte Justiz die Ausübung dieses Rechts. Einzelpersonen können sich an den parlamentarischen Ombudsmann für Menschenrechte wenden. Nach Ausschöpfung der innerstaatlichen Rechtsbehelfe steht auch der Weg zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte offen. In den ersten 11 Monaten 2013, erließ der EGMR 60 Urteile gegen die Ukraine. Die meisten betrafen Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren, unangemessen lange Verfahren, Verletzung des Rechts auf Freiheit und Sicherheit, sowie unmenschliche oder erniedrigende Behandlung (USDOS 27.2.2014).

Der während der Präsidentschaft Janukowitsch zu beobachtende Missbrauch der Justiz als Hilfsmittel gegen politische Mitbewerber und kritische Mitglieder der Zivilgesellschaft hat sich unter den neuen politischen Voraussetzungen nach den revolutionären Entwicklungen des EuroMaidan vom Winter 2013/14 nicht prolongiert. An den strukturellen Unzulänglichkeiten im ukrainischen Justizwesen vermochte aber auch das neue politische Umfeld bislang nichts zu ändern. Richter haben in der Ukraine eine fünfjährige Probezeit zu durchlaufen, bevor sie auf Lebenszeit ernannt werden. Die erstmalige Ernennung zum Richter erfolgt durch den Staatspräsidenten auf Vorschlag des Obersten Justizrats, die Ernennung zum Richter auf Lebenszeit durch das Parlament. Angesichts der Abhängigkeit des Obersten Justizrats von der Präsidialadministration ist die politische Abhängigkeit von Richtern zumindest während ihrer Probezeit evident. Besondere Besorgnis ruft die gängige ukrainische Haftpraxis sowie die umfassende Abhängigkeit der Richter von der Staatsanwaltschaft hervor. Ukrainische Richter kommen beinahe ausnahmslos den Haftanträgen und den Anträgen der Staatsanwaltschaft auf Verlängerung der Untersuchungshaft nach.

Die Justiz ist selektiv und unfair und verletzt Artikel 18 der Europäischen Menschenrechtskonvention". Richter und Staatsanwälte in der Ukraine hätten kein Verständnis für die Prinzipien der Unschuldsvermutung und der Gleichheit der Parteien vor Gericht. "Nur 0,2% aller Personen, die von der Staatsanwaltschaft angeklagt werden, werden von Gerichten freigesprochen. Das bedeutet, dass die Unschuldsvermutung im wirklichen Leben nicht besteht und das die Rechtsprechung nicht als unparteiische und unabhängige Kontrollinstanz der Exekutive funktioniert." Das Rechtsverständnis ukrainischer Richter und Staatsanwälte sei von sowjetischer Tradition geprägt (ÖB 09.2014).

Im April 2014 wurde seitens des Parlaments ein Gesetz zur Wiederherstellung des Vertrauens in die Justiz verabschiedet, demzufolge die bisherige Praxis der weitgehenden Unterstellung der Richter unter die Gerichtspräsidenten abgeschafft wurde und diese in weiterer Folge unabhängig von politischen Einflüssen machte. Ein Entwurf einer Justizreformstrategie wurde gemeinsam mithilfe der EU entwickelt (EC 25.3.2015).

Mit der Reform der ukrainischen Strafprozessordnung eng einhergehend ist die Umsetzung des am 2. Juni 2011 verabschiedeten und mit 1. Jänner 2013 in Kraft getretenen Gesetzes über den unentgeltlichen Rechtsbeistand, welches die Liste der potenziellen Nutznießer bedeutend ausweitete und einen umgehenden Rechtsbeistand nach Inhaftierung nach besten europäischen Standards gewährleistet. Seit Inkrafttreten des Gesetzes stehen dafür über 3.000 auf Basis eines Auswahlverfahrens rekrutierte Rechtsanwälte zur Verfügung. Die Strafverfolgungsbehörden haben von sich aus für einen unentgeltlichen Rechtsbeistand zu sorgen, sollte der Inhaftierte außerstande sein, die Kosten seines Rechtsbeistands selbst zu tragen. Sie selbst belastende Aussagen von Inhaftierten, die in Abwesenheit eines Rechtsbeistands getroffen wurden, können im folgenden Gerichtsverfahren nicht gegen sie verwendet werden (ÖB 09.2014)

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1427898393_ukraine-enp-report-2015-en.pdf, Zugriff 12.6.2015

4. Sicherheitsbehörden

Nach dem Sturz von Wiktor Janukowytsch versprach die neue Regierung öffentlich, man werde diejenigen strafrechtlich verfolgen, die für Tötungen und Misshandlungen von Protestierenden auf dem Maidan verantwortlich seien. Doch abgesehen von Anklagen gegen die ehemalige politische Führungsriege wurden so gut wie keine konkreten Schritte unternommen. Nur zwei Angehörige der Sicherheitskräfte mussten sich vor Gericht für Folter und andere Misshandlungen im Zusammenhang mit den Maidan-Protesten verantworten. Es handelte sich dabei um Rekruten niedrigen Ranges aus einer dem Innenministerium unterstellten Einheit. Sie wurden am 28. Mai 2014 wegen "Überschreitung von Befugnissen oder Vollmachten" (Artikel 365 des Strafgesetzbuchs) zu Bewährungsstrafen von drei bzw. zwei Jahren verurteilt (AI 25.2.2015).

Die EU errichtete eine "EU Advisory Mission for Civilian Security Reform Ukraine (EUAM Ukraine)", um die Ukraine bei der Reform ihres zivilen Sicherheitssektors zu unterstützen, insbesondere bei der Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit und im Bereich der Polizei. Eine diesbezügliche notwendige Polizeireformstrategie, insbesondere im Zusammenhang mit den gewaltsamen Übergriffen bei den Euromaidan-Protesten Mitte Februar 2014 und der Rolle illoyaler Polizisten am Anfang der Destabilisierungsphase in der Ostukraine, wurde seitens der Regierung angenommen. Auch mit einer Reform der Militärischen Kräfte wurde noch vor der Annexion der Krim begonnen, sie befindet sich aber noch in einem frühen Stadium (EC 25.3.2015).

Mit Präsidentendekret Nr. 252 vom 6. April 2012 wurde ein Komitee zur Reform der Strafverfolgungsbehörden eingerichtet. Sollte dieses Komitee bereits einschlägige Vorschläge ausgearbeitet haben, sind sie bislang nicht an die Öffentlichkeit gedrungen. Von einem Pilotprojekt zur Einrichtung kommunaler Polizeitruppen in Lemberg im Sommer 2014 erwartet man sich Erfahrungen für eine dezentralere Organisation des Polizeiwesens (ÖB 09.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1427898393_ukraine-enp-report-2015-en.pdf, Zugriff 12.6.2015

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Ukraine hat den Ombudsmann als Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN- Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe installiert. Zusammen mit der neuen Strafprozessordnung, das die Gründung eines unabhängigen Untersuchungsbüros für Folterfälle vorsieht, sollte das die Fälle von Folter erheblich reduzieren (EC 20.3.2013; vergleiche AI 23.5.2013).

Folter wird von der Verfassung verboten. Nach der neuen Strafprozessordnung dürfen unter Folter erzwungene Geständnisse auch nicht mehr als Beweis im Verfahren verwendet werden. Es gibt aber Berichte, dass weiterhin Beamte solcherart Geständnisse erpressen. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums gab es 2013 bis August, also noch unter der Präsidentschaft Janukowitsch, 9.878 Beschwerden wegen Folter und unerlaubter Gewaltanwendung durch Polizisten. Die Behörden untersuchten demnach 231 dieser Fälle und es gab bis November 5 Verurteilungen von Polizisten wegen Folter und disziplinäre Maßnahmen gegen 45 weitere. Laut Büro des Generalstaatsanwalts gab es 2013 bis Oktober 2.857 offene Verfahren wegen Folter durch Polizisten. 820 Misshandlungsfälle (950 Beamte betreffend) wurden den Gerichten übergeben, davon 54 ausdrückliche Folter-Vorwürfe. Folter ist vor allem in Gefängnissen ein Problem (USDOS 27.2.2014).

Nach wie vor kommt es zu Menschenrechtsverletzungen durch die Polizei, darunter Folter und andere Misshandlungen, sowie zur exzessiven Anwendung von Gewalt bei Demonstrationen. Die dafür Verantwortlichen bleiben größtenteils straflos, und Untersuchungen dieser Vorfälle führen zu keinem Ergebnis. Es gibt Entführungen von Einzelpersonen, insbesondere durch pro-russische paramilitärische Kräfte auf der russisch besetzten Halbinsel Krim. Aber auch in den umkämpften Gebieten der Ostukraine kommt es zu Entführungen durch beide Konfliktparteien. Beide Seiten sind für Verletzungen des Kriegsrechts verantwortlich. Auf der Krim sind die russischen Beschränkungen der Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit eingeführt worden. Pro-ukrainische Aktivisten und Krimtataren geraten ins Visier paramilitärischer Kräfte und werden von den De-facto-Behörden verfolgt (AI 25.2.2015)

Quellen:

6. Korruption

Korruption ist in Exekutive, Legislative und Judikative und in der Gesellschaft allgegenwärtig. Obwohl Korruption öffentlich Bediensteter strafbar ist, werden die Gesetze nicht effektiv umgesetzt und korrupte Beamte bleiben oft straflos. Trotzdem gab es 2013 Schritte der Regierung zur Stärkung der Antikorruptionsgesetzgebung. Kritiker meinen aber, diesen Gesetzen fehle es an Durchsetzungsmechanismen. Die Offenlegungspflicht für das Einkommen von Regierungsvertretern sieht keine Strafen bei Nichtbefolgung vor. Gesetzesänderungen aus dem Jahre 2012 machten außerdem öffentliche Beschaffungsprozesse intransparenter.

Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 340 niedere Beamte an die Gerichte weitergeleitet. Vorwürfe gegen höhere Regierungsbeamte wurden hingegen nicht untersucht, obwohl Korruption höherer Ebenen gemeinhin als großes Problem empfunden wird, speziell im Beschaffungswesen. Bis Juni 2013 hatte der Generalstaatsanwalt Korruptionsanklagen gegen 11 Richter an die Gerichte weitergeleitet (USDOS 27.2.2014).

Seitens der Regierung, des Parlaments und der Präsidialverwaltung wurden einige neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Korruption unternommen. In der Anti-Korruptionsgesetzgebung wurden u.a. die Strafen erhöht, alle Formen von Korruption kriminalisiert und die Zeugenschutzregelung gestärkt. Im Korruptionswahrnehmungsindex 2014 von Transparency International rangiert die Ukraine am 142. von 175 Plätzen (2013: 144. von 177) (EC 25.3.2015, vergleiche FH 28.1.2015).

Am 14. Mai 2013 verabschiedete das ukrainische Parlament ein neues Antikorruptionsgesetz, nicht zuletzt aufgrund einer im Aktionsplan zur Liberalisierung des Visaregimes für die Ukraine vorgesehen Vorgabe. Das Gesetz fordert unter anderem verstärkte Berichtspflichten für (Neben-)Einkünfte und Aufwendungen von öffentlich Bediensteten und von Bediensteten staatlicher Betriebe sowie ihrer Familien. Das Gesetz sieht außerdem den Schutz von Personen vor, die Korruption anzeigen. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des Gesetzes lassen jedoch auf sich warten. Das Versprechen der aktuellen Regierung Jazenjuk, ein nationales Anti-Korruptionsbüro einzurichten, scheiterte bislang an der Ablehnung der entsprechenden Gesetzesinitiativen im Parlament. Als positiver Schritt wird die Verabschiedung eines neuen Gesetzes "Über öffentliche Auftragsvergaben" am 10. April 2014 gewertet. Insbesondere die neuen Publizitätskriterien sollen den Vergabeprozess transparenter und damit kontrollierbarer machen (ÖB 09.2014).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1427898393_ukraine-enp-report-2015-en.pdf, Zugriff 12.6.2015

7. Nichtregierungsorganisationen (NGOs)

Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft und ist ein wichtiger Schritt nach vorne für die Vereinigungsfreiheit. Wenn es gut umgesetzt wird, wird es NGOs die Registrierung erleichtern und Probleme wie Gebietsbeschränkungen ihrer Tätigkeit angehen (EK 20.3.2013).

Erhöhter Druck auf die Zivilgesellschaft, NGOs und Aktivisten war ein Problem, zumindest unter der Präsidentschaft Janukowitschs. Verfassung und Gesetze garantieren jedenfalls Vereinigungsfreiheit. Die Regierung respektierte dieses Recht generell, es blieben aber Einschränkungen. Es existieren Registrierungsauflagen, aber es liegen keine Berichte vor, dass die Regierung sie benutzt hätte um bestehende Organisationen aufzulösen oder die Bildung neuer zu verhindern. Das neue Gesetz über zivile Organisationen trat am 1.1.2013 in Kraft. Es vereinfacht die Registrierung und hebt Beschränkungen ihrer Tätigkeit auf (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

8. Ombudsmann

Die Ukraine ratifizierte im Jahr 2006 das "Optional Protocol to the Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment" und verpflichtete sich, innerhalb eines Jahres einen "national preventive mechanism (NPM)" zu etablieren. Dies fand letztendlich durch die Verabschiedung eines Gesetzes am 2. Oktober 2012 statt, welches den "Ukraine's Parliament commisioner for Human Rights" (Ombudsmann) als NPM namhaft machte. Unter dem NPM werden regelmäßige und unangekündigte Besuche von Haftanstalten durchgeführt. Der NPM bedient sich hierfür etablierter Menschenrechtsorganisationen. Die Verwaltungen der Haftanstalten zeigten sich bei derartigen Besuchen bislang kooperativ (ÖB 09.2014).

Die Verfassung sieht eine Ombudsmann-Institution vor, offiziell der Parlamentarische Kommissär für Menschenrechte. Im April 2012 wurde Valeriya Lutkovska in dieses Amt gewählt. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Der Ombudsmann kann Untersuchungen (Probleme, Missbrauch) bei den Sicherheitsbehörden initiieren. Er steht für Beschwerden über Gerichtsverfahren auch nach Ausschöpfung des Instanzenzuges zur Verfügung. Seit Mai 2013 gibt es einen Repräsentanten des Ombudsmanns für Kinderrechte, Anti-Diskriminierung und Genderfragen. Das Büro des Ombudsmanns arbeitet oft mit NGOs zusammen, vor allem in beratenden Bürgerräten in Projekten zur Beobachtung der Menschenrechtspraxis (USDOS 27.2.2014, vergleiche UPCHR o.D.).

Quellen:

9. Wehrdienst

Mit dem Erlass "Über Maßnahmen zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit des Landes" ist die Wehrpflicht nun mit sofortiger Wirkung wieder in Kraft getreten. Ziel sei es, der "Gefahr für die territoriale Einheit und der Einmischung in innere Angelegenheiten der Ukraine" zu begegnen. In der Ukraine müssen Männer im Alter von 18 bis 25 Jahren wieder ihren Wehrdienst leisten (ORF 1.5.2014, vergleiche BBC 2.5.2014).

Das ukrainische Parlament erhöhte das obere Alterslimit für die Wehrpflicht von 25 auf 27 Jahre.

Das Gesetz sieht vor, dass männliche Staatsbürger, die älter als 18 Jahre und nicht älter als 27 Jahre und die nicht vom Wehrdienst befreit sind, zum Wehrdienst eingezogen werden (GS 20.3.2015).

Die derzeitige Mobilmachung in der Ukraine aufgrund der Entwicklungen in der Ostukraine bezieht sich auf den zu Mobilmachung vorgesehenen Personenkreis (Männer wie Frauen) ohne weitere Spezifizierung. Es handelt sich in der nicht bloß um die Mobilmachung von Schlüsselpersonal oder ausschließlich Spezialisten.

Alle wehrpflichtigen Männer zwischen 25 und 60 Jahren (Reihenfolge:

Freiwillige, Reservisten, Wehrpflichtige [Freiwillige, vorzugsweise jene die Wehrpflichterfahrung haben; Reservisten und Wehrpflichtige wiederum vorzugsweise jene die zum Zeitpunkt der Einberufung Arbeitslos bzw. nicht erwerbstätig sind.]); 50-60-Jahrige jedoch nur auf freiwilliger Basis. Frauen zwischen 25 und 50 Jahre können einberufen werden (ÖB 20.2.2015).

Quellen:

9.1. Wehrersatzdienst

Ukrainische Staatsbürger, die einer laut ukrainischer Gesetzgebung aktiven religiösen Gemeinschaft angehören, deren religiöse Überzeugung keinen Waffengebrauch zulässt, können einen Ersatzdienst ableisten. Der Ersatzdienst kann bei Unternehmen, Einrichtungen und Organisationen, die staatliches Gemeindeeigentum sind, absolviert werden. Die Tätigkeit muss im Zusammenhang mit dem sozialen Schutz der Bevölkerung, der Gesundheitsvorsorge, Umweltschutz, Baumaßnahmen oder der Landwirtschaft bzw. mit Organisationen des Roten Kreuzes in Verbindung stehen. Der Ersatzdienst dauert 11/2 mal länger als der Militärdienst (IOM 08.2013).

Wehrpflichtige haben das verfassungsmäßig grundgelegte Recht einen Wehrersatzdienst zu leisten. Dieses Recht ist im entsprechenden Gesetz über den Wehrersatzdienst spezifiziert und auf religiöse Gründe eingeschränkt. Das heißt, dass in der Ukraine nur Personen Wehrersatzdienst leisten dürfen, die einer entsprechend anerkannten Religionsgemeinschaft angehören (UK 2006, vergleiche IRB 2006).

Quellen:

http://www.ecoi.net/file_upload/1329_1200308262_ukraine-060706.pdf, Zugriff 12.6.2015

9.2. Wehrdienstverweigerung

Wehrdienstverweigerung bzw. Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung wird gemäß den Artikeln 335-337 des Strafgesetzbuches der Ukraine folgendermaßen bestraft:

Artikel 335. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung zum Wehrdienst sieht eine Inhaftierung bis zu 3 Jahren vor.

Artikel 336. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung sieht eine Inhaftierung von 2 bis zu 5 Jahren vor.

Von einer tatsächlichen Strafverfolgung ist in der Praxis auszugehen - inwieweit der Strafumfang völlig ausgeschöpft wird ist jedoch der ÖB nicht bekannt (ÖB 20.2.2015).

Quelle:

10. Allgemeine Menschenrechtslage

Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtsabkommen des Europarates und der Vereinten Nationen. Eine Reihe von nichtstaatlichen Menschenrechtsorganisationen ist in der Ukraine aktiv. Ihr Engagement wird deutlich wahrgenommen. Problematisch bleiben die stark verbreitete Korruption, die Zustände in den Gefängnissen sowie schleppende Gerichtsverfahren.

Die Bürgergesellschaft entwickelte sich nach der "Orangenen Revolution" deutlich lebendiger als zuvor. Es entstand außerdem eine pluralistische Medienlandschaft, die allerdings unter der Präsidentschaft von Janukowytsch zunehmenden Einschränkungen ausgesetzt war (AA 05.2015).

Die gravierendsten Menschenrechtsprobleme 2013 waren erhöhte Einmischung der Regierung in und Druck auf Medien; erhöhter Druck auf NGOs und die Zivilgesellschaft; sowie die politisch motivierte Strafverfolgung von Exponenten der Regierung Timoschenko (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

11. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in ukrainischen Gefängnissen sind Gegenstand wiederkehrender massiver Kritik von Menschenrechtsorganisationen. Am 29. April 2013 verabschiedete das Ministerkabinett der Ukraine das "National Target Programme to Reform the State Penal Service of Ukraine. Das Programm setzt seinen Schwerpunkt auf die Regelung der Arbeitsbedingungen in ukrainischen Haftanstalten, wobei nicht so sehr der soziale Aspekt des Erlernens von Fähigkeiten für die Zeit nach Verbüßung der Haft als vielmehr die Nutzung der Arbeitskraft der Häftlinge zur Mitfinanzierung des ukrainischen Haftsystems im Vordergrund steht. Bezüglich der medizinischen Betreuung von Häftlingen trifft das Programm lediglich allgemeine Aussagen über die Ausstattung von Gefängnisambulanzen und fordert eine Strategie im Umgang mit Tuberkulose in ukrainischen Haftanstalten (ÖB 09.2014)

Der Präsident unterzeichnete eine neue Strafprozessordnung, die eine deutliche Verbesserung gegenüber der vorherigen darstellt. In ihr ist klar formuliert, dass eine Haft im Augenblick der Festnahme durch die Polizei beginnt und Häftlinge von diesem Moment an Anspruch auf einen Anwalt und einen unabhängigen medizinischen Experten haben. Sie legt außerdem eindeutig fest, dass Untersuchungshaft nur bei außergewöhnlichen Umständen angeordnet werden soll, entsprechend den Empfehlungen des Europarats. Außerdem ist vorgesehen, dass alle zwei Monate automatisch geprüft wird, ob die Untersuchungshaft weiterhin gerechtfertigt erscheint. Anlass zu Bedenken gab, dass ein Anwalt nur bei besonders schweren Delikten, die mit einer Gefängnisstrafe von mehr als zehn Jahren geahndet werden können, Pflicht ist. Prozesskostenhilfe ist ebenfalls nur in diesen Fällen vorgesehen (AI 23.5.2014).

Die Haftbedingungen entsprechen nicht internationalen Standards und sind manchmal sogar eine Gefahr für Leib und Leben der Gefangenen. Schlechte Hygiene, Missbrauch und ungenügende medizinische Versorgung sind Probleme. Gemäß staatlicher Gefängnisbehörde waren 2013 bis November 128.512 Personen in Haft, davon 22.483 in Untersuchungshaft. Ca. 7.977 waren Frauen und 927 Jugendliche. Diese Gruppen werden in der Regel getrennt untergebracht, es gibt aber Berichte über Untersuchungsgefängnisse, wo keine Trennung Jugendlicher und Erwachsener stattfinden soll. 830 Insassen starben im og. Zeitraum, davon 77 durch Selbstmord. Die Zustände in den temporären Polizeigefängnissen und Untersuchungsgefängnissen sind härter als in normalen Gefängnissen der niedrigen und mittleren Sicherheitsstufe. Haft in temporären Polizeigefängnissen ist stark rückläufig. Die Regierung erlaubt unabhängiges Monitoring der Hafteinrichtungen durch nationale und internationale Menschenrechtsgruppen. Im November 2012 begann der parlamentarische Ombudsmann für Menschenrechte in Kooperation mit Gruppen der Zivilgesellschaft mit der Umsetzung des Nationalen Präventiven Mechanismus (NPM) gegen Folter im Sinne des UN-Fakultativprotokolls zum Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, um Fälle von Folter und Misshandlung in Gefängnissen zu reduzieren. Bis November 2013 führte ein gemischtes Beobachterteam 266 Besuche von Hafteinrichtungen usw. in der Ukraine durch. Der Ombudsmann veröffentliche einen Bericht darüber, in dem er systemische Probleme wie Nichtbeachtung von Grundrechten, schlechte Hygiene, physische und psychische Misshandlung anspricht (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

12. Todesstrafe

Die Todesstrafe wurde in der Ukraine 1999 offiziell abgeschafft (AI o. D.).

Quelle:

http://www.amnesty.org/en/death-penalty/abolitionist-and-retentionist-countries, Zugriff 12.6.2015

13. Bewegungsfreiheit

Die Verfassung und Gesetze garantieren die Freiheit für innerstaatliche Bewegungen, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereingliederung. Die Regierung respektierte allgemein diese Rechte (USDOS 27.2.2014).

Am 11. Dezember 2003 trat in der Ukraine das Gesetz Nr. 1382-IV der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine in Kraft. Darin ist vorgesehen, dass Bürger der Ukraine, sowie legal aufhältige Staatenlose und Fremde die im Titel genannten Rechte genießen und eine Registrierung oder Nicht-Registrierung keine Vorbedingung für die Ausübung oder Grund für die Aberkennung verfassungsmäßiger Rechte sein kann. Das Gesetz definiert den Ort des dauerhaften Aufenthalts (Place of permanent residence) als territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person mehr als sechs Monate im Jahr lebt. Demgegenüber ist der Ort des zeitweiligen Aufenthalts (Place of temporary residence) jene territoriale Verwaltungseinheit, in der eine Person weniger als sechs Monate im Jahr lebt. An einem neuen dauerhaften Aufenthaltsort muss man sich innerhalb von 10 Tagen ab Ankunft registrieren. Änderungen des Aufenthalts innerhalb derselben territorialen Verwaltungseinheit müssen der Behörde innerhalb von sieben Tagen gemeldet werden. Die Registrierung am Ort des zeitweiligen Aufenthalts muss innerhalb von sieben Tagen ab Ankunft erfolgen.

Artikel 6 des Gesetzes der Ukraine über das Recht auf Bewegungsfreiheit und die Wahl des Wohnorts in der Ukraine sieht vor, dass Daten bezüglich des Aufenthalts nur in Ausnahmefällen gemäß den Gesetzen der Ukraine oder mit Einverständnis der betroffenen Person weitergegeben werden. Außer von der betreffenden Person, können diese Daten nur vom Geheimdienst, der Polizei oder den Gerichten eingesehen werden. In der Praxis soll es aber nicht unmöglich sein, sich auf illegalem Weg mit Meldeinformation zu versorgen, etwa durch korrupte Polizisten. Soziale Rechte sowie Zugang zu Renten, medizinischen und kommunalen Leistungen sind in der Ukraine nach wie vor eng mit dem Ort der Meldung verbunden. Trotzdem ist es möglich an einem anderen Ort zu wohnen und zu arbeiten ohne sich umzumelden und trotzdem weiterhin Zugang zu medizinischer Notversorgung in der gesamten Ukraine zu haben. Überhaupt sei es durchaus möglich, auch bei längerer Abwesenheit an einer Adresse gemeldet zu bleiben, da es in der Ukraine keine behördlichen Überprüfungen in Meldeangelegenheiten gibt (BAA 23.2.2010).

Quellen:

14. Grundversorgung/Wirtschaft

Die Ukraine ist eine offene, bislang wenig diversifizierte und stark modernisierungsbedürftige Volkswirtschaft. Die ukrainische Wirtschaft ist 2014, vor allem infolge der Auswirkungen der Kampfhandlungen im Osten des Landes, um 7% geschrumpft. Die gegenwärtige ukrainische Regierung hat sich einem umfassenden Reformprogramm verschrieben, dessen Umsetzung die Wettbewerbsfähigkeit der ukrainischen Wirtschaft deutlich erhöhen dürfte (AA 05.2015).

Laut dem Bericht zur sozioökonomischen Lage der Ukraine im ersten Halbjahr 2013 waren 21,84 Millionen Personen (15-70 Jahre) wirtschaftlich aktiv, die Zahl der beschäftigten arbeitsfähigen Personen lag bei 20,08 Millionen (Gesamtbevölkerung der Ukraine im Juni 2013: 45.480,300 Menschen). Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung betrug am 1. Juli 2013 59,3%, wovon 22% im informellen Sektor beschäftigt waren. Die Arbeitslosigkeit lag bei 8%. Die Regionen mit der höchsten Beschäftigung sind Kiew, Donezk, Dnjepropetrowsk, Charkow (östliche Ukraine). Die Regionen mit der niedrigsten Beschäftigung sind Lwow, Iwano-Frankowsk und Ternopil (westliche Ukraine). Der durchschnittliche Monatsverdienst eines Arbeitnehmers lag im Mai 2013 bei 3253 UAH. Arbeitnehmer und andere Versicherte (z.B. Unternehmer), die arbeitslos gemeldet sind und für 12 Monate vor Beginn der Arbeitslosigkeit nicht weniger als 26 Wochenstunden gearbeitet und Rentenbeitragszahlungen geleistet haben, können staatliche Arbeitslosenhilfe beantragen. Die Beihilfe wird ab dem achten Tag nach der Meldung der versicherten Person beim staatlichen Arbeitsamt ausbezahlt und richtet sich nach der Anzahl der Arbeitsjahre. Nicht versicherte Personen (keine Rentenbeitragszahler) sind nicht anspruchsberechtigt. Die durchschnittliche Zahl der Arbeitslosenhilfeempfänger im Juni 2013 betrug 398.500 Personen. Die durchschnittliche Höhe der Arbeitslosenhilfe lag bei 1087 UAH (IOM 08.2013).

Das monatliche Mindesteinkommen für alle Branchen liegt bei UAH

1.218 (USD 150), basierend auf dem monatlichen Existenzminimum, das die Regierung festgelegt hat (USDOS 27.2.2014). Der Durchschnittslohn lag im Jahr 2013 bei UAH 3.265 (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 186) (ÖB 09.2014).

Der Ukrainische Statistische Dienst weist für 2013 in der dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehenden Bevölkerungsgruppe der Männer zwischen 15 und 59 und der Frauen zwischen 15 und 55 Jahren eine Arbeitslosenquote von 7,7% aus (erfasst nach der Methodologie der International Labour Organization). Im Vorjahr hatte die Arbeitslosenquote 8,1 % betragen. In der Altersgruppe von 15 bis 70 Jahren waren im Jahr 2013 65,0% erwerbstätig (USDOS 27.2.2014).

Quellen:

15. Sozialbeihilfen

Ukrainische Staatsbürger, Ausländer, Staatenlose und Flüchtlinge, die ihren rechtmäßigen Wohnsitz in der Ukraine haben, haben Anspruch auf soziale Unterstützung seitens des ukrainischen Staates. Es gibt zahlreiche Rechtsvorschriften, die diejenigen Personengruppen definieren, die Unterstützung erhalten können. Die gewährten sozialen Leistungen sind in der Regel unzureichend. Es gibt zwei Hauptformen der staatlichen Unterstützung:

a) Materielle Unterstützung (Geld, Nahrung, Kleidung, Schuhe, Brennstoff etc.) - Die Höhe der finanziellen Unterstützung wird entsprechend dem monatlichen Einkommen der betreffenden Person festgelegt, und b) Soziale Dienstleistungen (Essen, Transportdienste, Lieferung von Medikamenten etc.). Die Voraussetzungen für die Gewährung sozialer Unterstützung sind sehr verschieden und richten sich nach der Art der beantragten Leistung. In der Regel muss der Antragsteller die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Personengruppe nachweisen, z.B. nach: dem Verlust des Arbeitsplatzes, Arbeitsunfall bzw. Arbeitsunfähigkeit. Es gibt Leistungen im Falle von Schwangerschaft und Mutterschaft, für Senioren und Hinterbliebene. Verschiedene NGOs unterstützen ebenfalls Menschen in sozialen Notlagen (IOM 08.2013, vergleiche ÖB 09.2014).

Das Existenzminimum für eine alleinstehende Person wurde im Jahr 2013 mit UAH 1.218 festgelegt (entspricht zum Stand 12. August 2014 rund EUR 70). Im Jahr 2010 galten 26,4% der ukrainischen Bevölkerung als arm, wobei 23% der Stadtbewohner, jedoch 38% der Landbewohner mit einem Einkommen unter dem Existenzminimum auszukommen hatten. Nur 56,8% der als arm Qualifizierten können sich auf Hilfe aus dem Sozialsystem stützen (ÖB 09.2014).

Quellen:

16. Medizinische Versorgung

Das ukrainische Gesundheitssystem ist in seinen Grundzügen nach wie vor das ehemals sowjetische Modell. Krankenhäuser und Fachärzte spielen eine zentrale Rolle, Allgemeinmediziner gibt es kaum. Eine gesetzliche Krankenversicherung wurde trotz jahrelanger Diskussionen in der Ukraine bislang nicht eingeführt. Vielmehr besteht ein in der Verfassung verankerter universeller Anspruch der Bevölkerung auf Gesundheitsleistungen, die aus Steuermitteln finanziert sein sollen (ÖB 09.2014, vergleiche IOM 08.2013).

In der Ukraine gibt es über 7.000 Gesundheitszentren (26 Wissenschaftliche Forschungszentren, 40 Krankenhäuser und besondere Gesundheitszentren, 6 Ambulante Kliniken, 150 Sanatorien und Erholungseinrichtungen. Die Wirtschaftskrise hatte erhebliche Auswirkungen auf die medizinische Infrastruktur. Die Bedingungen in den Krankenhäusern verschlechtern sich. In den Städten ist die Situation im Allgemeinen besser als in den ländlichen Gebieten. Auf dem Land lebenden Personen mit ernsthaften gesundheitlichen Problemen wird empfohlen, das jeweilige Gebietskrankenhaus aufzusuchen. Um in einer öffentlichen Gesundheitseinrichtung versorgt zu werden, müssen Patienten ihre Ausweisdokumente (Personalausweis) und die Krankenversicherungskarte vorweisen (in privaten Kliniken ist dies nicht notwendig. Um in einer staatlichen Klinik versorgt zu werden, muss der Patient in der jeweiligen Region registriert sein (IOM 08.2013).

In den Spitälern sind Zuzahlungen der Patienten für die Behandlung üblich. Im Zeitraum 2003-2008 wurden rund 40% der Kosten von den Patienten selbst abgedeckt. Der Großteil dieser Eigenmittel wurde für Medizinprodukte und Medikamente ausgegeben (ÖB 09.2014).

Medikamente sind in den meisten Fällen erhältlich, müssen jedoch von den Patienten selbst gekauft werden. Importierte Medikamente sind teurer als solche, die in der Ukraine hergestellt werden. Aspirin (20 Tabletten), das in der Ukraine hergestellt wurde kostet ca. UAH 12,00, wenn es aus der Schweiz stammt ca. UAH 42,00. In der Ukraine gibt es ein Netzwerk von psychiatrischen Kliniken, die entsprechend dem Schweregrad der psychischen Erkrankung aufgeteilt sind. Organtransplantationen werden in bestimmten Transplantationskliniken in Kiew und Charkow sowie in normalen Krankenhäusern in Kiew, Donezk, Saporoschje, Lwow, Odessa, Iwano-Frankiwsk, Kirowograd, Lutsk, Mariupol, Mykolajiw, Cherson, Tscherkassij und Tschernowzij durchgeführt (IOM 08.2013).

Schätzungen zufolge sind zumindest 10% aller Geldflüsse im ukrainischen Gesundheitswesen unter dem Begriff "informelle Zahlungen" zu subsumieren. In der Regel werden derartige Zuwendungen vor der entsprechenden Behandlung geleistet. Die Höhe der Zuwendung bestimmt in der Folge die Qualität und die Schnelligkeit der Behandlung. Glaubwürdigen Schätzungen zufolge setzt sich das Gehalt eines Bediensteten im Medizinbereich im Schnitt zu 20% aus derartigen "informellen Zuwendungen" zusammen, die nicht selten - zumal auf dem Land - auch aus Naturalien bzw. bereitgestellten Dienstleistungen bestehen können. Während die medizinische Versorgung in Notsituationen in den Ballungsräumen als befriedigend bezeichnet werden kann, bietet sich auf dem Land ein differenziertes

Bild: jeder zweite Haushalt am Land hat keinen Zugang zu medizinischen Notdiensten (ÖB 09.2014).

Quellen:

17. Behandlung nach Rückkehr

Seitens der ukrainischen Regierung gibt es keine gesonderte Unterstützung für die Wiedereingliederung in die Ukraine heimkehrender Staatsbürger. Die Unterstützung bei der Unterbringung für Obdachlose jedoch gilt auch für ukrainische Heimkehrer. Das Zentrum für die Wiedereingliederung obdachloser ukrainischer Staatsbürger beim Ministerium für Arbeit und Sozialpolitik unterstützt obdachlose Menschen. Es gibt derzeit keine gesonderte Unterstützung für allein heimkehrende Frauen und Mütter, die nicht zu Ihrer Familie zurückkehren können bzw. wollen (IOM 08.2013).

Quelle:

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, UKRAINE: Ostukraine:

Luhansk; Restukraine: Diskriminierung von Ostukrainern vom 05.02.2015 (auszugsweise)

1. Ist es denkbar, dass Personen aus der Ostukraine aufgrund ihrer Aussprache sofort als Ostukrainer erkannt werden?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Verbindungsbeamte sind speziell vom BM.I geschulte und an die Vertretungsbehörden entsandte Beamte oder Vertragsbedienstete (Angestellte), die Informationen u. a. für Fremden- und Asylbehörden sammeln, um diesen Informationen aus den jeweiligen Herkunftsstaaten zur Verfügung zu stellen.

Die Wiener Sprachblätter sind die Zeitschrift des Vereins Muttersprache, des größten Sprachvereins Österreichs. Die Wiener Sprachblätter beschäftigen sich mit dem Themenkreis Sprachkritik, Sprachpflege und Sprachwissenschaft.

Die Ukraine Nachrichten sind ein Online-Medium zum Thema Ukraine des Journalisten und Herausgebers Andreas Stein.

Gegenwind ist der Online-Auftritt der Zeitschrift Gegenwind, welche seit 1988 erscheint. Verantwortlich für die Website ist die Gesellschaft für politische Bildung e.V.

Zusammenfassung:

Es scheint durchaus denkbar, dass Ostukrainer nur mit Akzent Ukrainisch sprechen oder gar nur eine Mischform aus Russisch und Ukrainisch beherrschen.

Einzelquellen:

Einschätzung des Büros des Verbindungsbeamten:

Denkbar ist es schon.

VB des BM.I in Kiew (21.1.2015a): Bericht des VB: per E-Mail

Aus einem Artikel der Ukraine Nachrichten zum Sprachenstreit in der Ukraine 2012:

(...)

In der Volkszählung von 2001 gaben 67,5 Prozent der Bevölkerung Ukrainisch als ihre Muttersprache an. Nur 29,6 Prozent betrachteten damals Russisch als ihre Muttersprache. Russisch war dabei lediglich in den Gebieten Donezk, Luhansk und der Krim für eine Mehrheit der Bevölkerung die Muttersprache. In allen anderen Gebieten gab die überwiegende Mehrheit der befragten Ukrainer Ukrainisch an. In den letzten Jahren dürfte sich dieser Wert zugunsten des Ukrainischen weiter verschoben haben. Für 2013 ist eine neue Volkszählung geplant.

In Umfragen des Rasumkow-Zentrums gibt ebenfalls eine Mehrheit der Befragten Ukrainisch als Muttersprache an, gefolgt von Russisch. In eben jenen Befragungen zeigt sich aber im Süden (52,0 Prozent - Mai 2006; 48,0 Prozent - Oktober 2008) und im Osten (54,0 Prozent; 44,4 Prozent) eine Mehrheit für das Russische. Tendenziell nennen aber in den Befragungen des Rasumkowzentrums aus den Jahren 2006-2008 immer mehr Ukrainer sowohl Russisch als auch Ukrainisch als Muttersprache (15,6 Prozent; 28,7 Prozent).

Eigentlich müsste jedoch der Großteil der Ukrainer als Muttersprache die Mischsprache Surschyk angeben, in welcher die Mehrzahl der Bevölkerung faktisch kommuniziert und die flexibel je nach Bedarf und Gegend mit mehr ukrainischer oder russischer Lexik angereichert wird. Regelmäßige Untersuchungen zum Gebrauch des Surschyk fehlen jedoch, da sich die Sprecher vielfach nicht bewusst sind, dass sie weder Russisch noch Ukrainisch sprechen, sondern etwas dazwischen. Ältere Untersuchungen des Kiewer Internationalen Instituts für Soziologie belegen dennoch einen Anteil zwischen 11,9 und 16,3 Prozent.

In einer aktuelleren Umfrage der Research & Branding Group vom August 2011 zum Sprachgebrauch zu Hause bzw. in der Familie gaben 47 Prozent der Befragten an, das Ukrainische zu bevorzugen. Weitere 37 Prozent kommunizierten vornehmlich auf Russisch und 15 Prozent der Befragten in beiden Sprachen. Im öffentlichen Raum hingegen bevorzugten nur 45 Prozent das Ukrainische und 35 Prozent das Russische, weitere 18 Prozent verwendeten beide Sprachen.

Bei der Frage des Rasumkow-Zentrums ebenfalls aus dem August 2011 nach der allgemein bevorzugten Sprache (öffentlicher und privater Raum) ergaben sich leicht abweichende Werte: 53,3 Prozent für das Ukrainische und 44,5 Prozent für das Russische, wobei jedoch nicht die Frage nach dem Kommunikationsanteil in beiden Sprachen gestellt wurde.

(...)

UN - Ukraine Nachrichten (26.6.2012): Der Sprachenstreit in der Ukraine,

http://ukraine-nachrichten.de/sprachenstreit-ukraine_3632_meinungen-analysen, Zugriff 5.2.2015

Dazu die Einschätzung der Wiener Sprachblätter:

Alle drei ostslawischen Sprachen sind eng miteinander verwandt; die Unterschiede sind im Ausmaß vielleicht vergleichbar mit den Unterschieden zwischen Spanisch und Portugiesisch oder Spanisch und Katalanisch. Für viele Russen klingt Ukrainisch unsympathisch oder wie eine Bauernsprache, manche Russen halten es fur einen russischen Dialekt. Auf der anderen Seite sind viele Ukrainer zweisprachig, und sogar ukrainische nationalistische Politiker sprechen oft besser Russisch als Ukrainisch.

WSB - Wiener Sprachblätter (9.2014): Ukrainisch und Russisch. Bemerkungen zum Sprachenverhältnis in der Konfliktregion, http://www.muttersprache.at/uploads/WSB-03-2014-def_6-7.pdf, Zugriff 5.2.2015

Interview mit einer Ukrainerin im Online-Medium Gegenwind:

Gegenwind:

Welche Muttersprache hast Du?

Yana Movchan:

Ich komme aus der Ukraine. Die Frage nach der Muttersprache ist schwierig. Ich bin in einer russischen Familie aufgewachsen, bis zum

6. Schuljahr bin ich in eine russische Schule gegangen. Ab 1991 wurde alles ins Ukrainische verändert, und meinen Abschluss am Gymnasium habe ich in der ukrainischen Sprache gemacht, und das Studium an der Universität habe ich auch auf Ukrainisch abgeschlossen. Ich spreche Russisch und Ukrainisch gleich gut, die Frage nach der Muttersprache ist insofern schwierig. Meine privaten Sachen erledige ich meistens auf Russisch.

Gegenwind:

Wenn Du Deine Mutter anrufst - wie sprichst Du mit ihr?

Yana Movchan:

Mit meiner Mutter spreche ich eine komische Mischsprache, teilweise Russisch, teilweise Ukrainisch.

(...)

Was passierte 1991? Die Ukraine wurde unabhängig. Wie hat die Regierung über die Sprachen entschieden?

Yana Movchan:

Es wurde ein Gesetz verabschiedet, nach dem Ukrainisch zur Amtssprache wurde. Ich weiß nicht genau, wie vorher der offizielle Status der Sprache war, aber Russisch war vorher auf jeden Fall die erste Amtssprache. Der Staat wurde von Moskau aus regiert, alle wichtigen Unterlagen waren auf Russisch. Seit 1991 ist Ukrainisch Amtssprache, und viele Schulen und Universitäten wurden auf Ukrainisch umgestellt.

Gegenwind:

Funktionierte das? Konnten alle Lehrer und Behördenmitarbeiter ausreichend Ukrainisch?

Yana Movchan:

Das war und ist ein sehr großes Problem. Natürlich konnten nicht alle Lehrer Ukrainisch. Vorher war die Mehrzahl der Schulen russisch. Viele hatten ihr Leben lang auf Russisch gelernt, studiert und gearbeitet, da kann man sich nicht von heute auf morgen umstellen. Auch in den Schulen wurden die Sprachen viel gemischt. Da ich in einer russischen Schule studierte, gab es nach der Umstellung ins Ukrainische kaum Lehrbücher auf Ukrainisch. Aber es gab auch an anderen Schulen zuerst keine Bücher. Wir bekamen Unterricht auf Ukrainisch, aber wir hatten nur russische Schulbücher, zumindest für sechs oder sieben Jahre nach der Unabhängigkeit. Wir haben auch in Naturwissenschaften viele Begriffe wie im Diktat auf Ukrainisch aufgeschrieben, diese Begriffe hatten wir nur in unseren Heften. Wir hatten viele Lehrer, die einfach Russen waren, dort aufgewachsen und studiert. Die haben es bis heute schwer, sie sprechen immer noch Ukrainisch mit russischen Akzent. Man hat sich aber Mühe gegeben.

(...)

Gegenwind:

Wie ist die Situation heute? Wird Russisch und Ukrainisch nebeneinander benutzt?

Yana Movchan:

Eigentlich ist Ukrainisch Amtssprache, das ist dann die Sprache der Behörden und Gerichte. Aber die Leute sprechen teilweise, vor allem im Osten, bis heute noch Russisch. Auf der Straße hört man dort viel Russisch, und auch auf der Krim spricht man überwiegend Russisch. Die haben auch noch russische Schulen, die es im Zentrum der Ukraine kaum noch gibt. Hier gibt es nur noch einzelne russische Klassen. Im Parlament wird jetzt diskutiert, ob und wie Russisch wieder als zweite Amtssprache eingeführt werden kann. Das ist aber auch schwierig, und noch ist nicht klar, ob das Gesetz zustande kommt.

Gegenwind:

(...)

Gegenwind (2.2011): "Ich bin in einer russischen Familie aufgewachsen.",

http://www.gegenwind-online.de/269/interview_yana.html, Zugriff 5.2.2015

2. Gibt es Berichte darüber, dass Personen aus der Ostukraine in den anderen Teilen des Landes von der Polizei besonders genau kontrolliert oder gar schikaniert werden?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Das Büro des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) ist eine Behörde der Vereinten Nationen mit dem Mandat zum Schutz und zur Unterstützung von Flüchtlingen und zur Hilfestellung bei freiwilliger Rückkehr, lokaler Integration und Neuansiedelung in einem Drittland.

Universität Bremen - Forschungsstelle Osteuropa wurde 1982 gegründet und widmet sich zeitgenössischen Entwicklungen in Kultur und Gesellschaft der Länder Ostmittel- und Osteuropas. Das Institut ist bemüht, ein Verständnis für die Länder von innen heraus zu ermöglichen, um so ihren genuinen Beitrag zu einem zusammenwachsenden Europa zu unterstreichen.

Radio Free Europe / Radio Liberty (RFE/RL) ist eine private, nicht gewinnorientierte, von der US-Regierung finanzierte Radiosendeanstalt für Südost- und Osteuropa, Russland, den Kaukasus, den Nahen Osten und Zentral- und Südwestasien. Ziel von RadioFreeEurope/RadioLiberty ist die Förderung demokratischer Werte und Institutionen durch die Verbreitung von Sachinformation und Ideen.

Der Europarat ist eine 1949 gegründete und 47 Staaten umfassende europäische internationale Organisation und ein Forum für Debatten über allgemeine europäische Fragen. Seine Satzung sieht eine allgemeine Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zur Förderung von wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt vor.

Das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte (UNHCHR; engl.: OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights) unterstützt die Arbeit der Experten des UN-Menschenrechtsrats. Es besteht aus ungefähr 1.000 Mitarbeitern und widmet sich der Durchsetzung der Menschenrechte in der Praxis.

Zusammenfassung:

Laut Einschätzung des Büros des Verbindungsbeamten in Kiew, werden Ostukrainer bzw. Russischsprachige von den ukrainischen Behörden bzw. der Polizei nicht diskriminierend behandelt. Gerade in Kiew sei Russisch als Alltagssprache weit verbreitet und selbst der ukrainische Innenminister spricht nur Russisch. Das schließt natürlich nicht aus, dass es in Einzelfällen zu diskriminierenden Handlungen kommen kann.

Andererseits gibt es auch Berichte, dass die Stimmung in der Bevölkerung den IDPs -besonders jenen aus der Ostukraine (zum Unterschied zu jenen von der Krim)- gegenüber, offenbar umschlägt. Das scheint besonders die Westukraine zu betreffen, die meisten IDPs befinden sich zahlenmäßig im Osten. Es gibt Klagen über Diskriminierung beim Zugang zu Arbeit und (Miet-)Wohnungen - offenbar wiederum besonders im Westen.

Einzelquellen:

Einschätzung des Büros des Verbindungsbeamten:

Berichte gibt es nicht, denn die Polizei kontrolliert genau die Fahrzeuge, die aus der Region der Kämpfe raus fahren. Die Einwohner der umkämpften Regionen werden in anderen Teilen der Ukraine stark unterstützt, wie von den Menschen, so auch von Behörden, darunter von der Polizei

VB des BM.I in Kiew (21.1.2015a): Bericht des VB: per E-Mail

die Polizei geht gegen russischsprechende Personen nirgendswo vor. In Kiew wird ja meistens Russisch gesprochen, (...). (...) Übrigens unser Innenminister spricht ausschließlich Russisch.

VB des BM.I in Kiew (21.1.2015b): Bericht des VB: per E-Mail

Die Zahl der unregistrierten IDPs soll zwei- bis dreimal so hoch sein, wie die Zahl der registrierten. Etwa 86.000 IDPs sollen Anfang Oktober auch bereits wieder zurückgekehrt sein, wobei auch das schwer zu sagen ist, da viele ihre Bewegungen nicht registrieren lassen.

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (20.10.2014):

Ukraine: Overview of population displacement (as of 16 October), https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1413976615_544620de0.pdf, Zugriff 5.2.2015

IDPs aus der Ostukraine berichten laut UNHCR von Diskriminierung wenn es um das Mieten von Wohnraum geht. Auch Arbeitgeber seien zurückhaltend IDPs aus dem Osten anzustellen. UNHCR steuert mit bewußtseinsbildenenden Maßnahmen und rechtlicher Beratung für IDPs gegen.

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (20.10.2014):

Ukraine: Overview of population displacement (as of 16 October), https://www.ecoi.net/file_upload/1930_1413976615_544620de0.pdf, Zugriff 5.2.2015

CoE - Council of Europe (16.12.2014): The humanitarian situation of Ukrainian refugees and displaced persons, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1419328922_ukraine.pdf, Zugriff 5.2.2015)

OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights (15.11.2014): Report on the human rights situation in Ukraine, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1417001258_ohchr-seventh-reportukraine20-11-14.pdf, Zugriff 5.2.2015

Die Forschungsstelle Osteuropa der Universität Bremen setzt in ihren Ukraine-Analysen von Ende September 2014 folgendes auseinander:

Insgesamt gibt es mehr als 275.000 Binnenflüchtlinge im Land (...), die vor allem zwei unterschiedlichen Gruppen angehören. 257.000 Menschen sind aus der Ostukraine geflohen und 17.000 von der Krim, hauptsächlich in die östlichen an Donezk angrenzenden Regionen und nach Kiew.

Während die letztere Gruppe vor allem aus politisch aktiven Unterstützern der neuen ukrainischen Regierung besteht, sind die Angehörigen der ersteren in der öffentlichen Wahrnehmung Sympathisanten der Sepa¬ratisten, die nicht arbeiten wollen und bereit sind, Ärger zu verursachen. Dieses Narrativ wird durch Aktionen lokaler Medien und Politiker verstärkt, die dazu neigen, Einzelfälle übersteigert darzustellen.

(...)

Die Rückkehr der Flüchtlinge aus dem Osten der Ukraine hat dagegen bereits begonnen - 50.000 Menschen sind seit dem 22. September zurückgekommen. Die meisten der Binnenflüchtlinge aus dem Osten sind Frauen und Kinder, Männer sind seltener geflohen. Einige haben sich entschieden, den Familienbesitz zu beschützen, andere konnten Kontrollstellen der Separatisten oder der ukrainischen Armee nicht passieren; letztere zogen sie zum Kampf gegen die Armee ein, erstere misstrauten ihnen aus eben diesem Grund.

Diese Flüchtlingsgruppe, deren Rückkehr sich abzeichnet, plant keine Integration in die Regionen, in die sie geflüchtet ist. Das verschlechtert die Beziehung zur ortsansässigen Bevölkerung, die ohnehin schon mit Ressourcenmangel zu kämpfen hat. Dass einige der Binnenflüchtlinge aus dem Osten - anders als die Binnenflüchtlinge von der Krim - der ukrainischen Regierung und der ukrainischen Armee zudem kritisch gegenüberstehen und die separatistische Bewegung im Osten offen unterstützen, heizt den Konflikt noch weiter an.

Der Umgang mit den Binnenflüchtlingen

Die ukrainische Regierung, noch sehr mit der Bewältigung der Euromaidan-Ereignisse und der Entmachtung des früheren Präsidenten beschäftigt, hatte wenig Kapazitäten, um die Situation der Binnenflüchtlinge zu meistern. Zu unmittelbarer Hilfe und Betreuung einschließlich provisorischer Unterbringung waren lokale und regionale Behörden aber in der Lage.

Hauptsächlich waren es lokale NGOs, Freiwillige und internationale Organisationen, die den Binnenflüchtlingen bei der Suche nach Arbeit und Unterkunft, bei der finanziellen Versorgung sowie durch unmittelbare humanitäre Unterstützung geholfen haben. Außerdem öffneten Bürger vor Ort ihre Wohnungen und Häuser für die Binnenflüchtlinge.

"Der Großteil der Hilfe, die ortsansässige Bürger und Freiwillige leisten, läuft jedoch nach und nach aus", so das Büro der Vereinten Nationen zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten. Ihre Ressourcen erschöpften sich und es entstünden Spannungen zwischen Binnenflüchtlingen und aufnehmenden Gemeinden.

(...)

Auch die Binnenflüchtlinge aus dem Krisengebiet klagen über die bescheidene Willkommenskultur an ihren neuen Wohnorten. Sie haben erhebliche Schwierigkeiten bei der Arbeitsaufnahme und auf Wohnungssuche und sind mit der ablehnenden Haltung der Einheimischen konfrontiert, die ihren Ursprung in den Klischees über den Donbass hat.

(...)

Universität Bremen - Forschungsstelle Osteuropa (30.9.2014):

Ukraine-Analysen Nr.137,

http://www.laender-analysen.de/ukraine/pdf/UkraineAnalysen137.pdf, Zugriff 5.2.2015

Radio Free Europe schreibt in einem Artikel von Anfang Oktober 2014, dass es Aussagen von Betroffenen zufolge für IDPs aus der Ostukraine "fast unmöglich" sei, eine Wohnung zu mieten, weil die Einstellung der Öffentlichkeit ihnen gegenüber sich gewandelt habe. Je mehr Familien in den Westen kommen, desto geringer soll die anfangs so große Solidarität werden. Anfangs stellten Menschen Wohnraum sogar gratis zur Verfügung, doch nun machen sich Ungeduld und Misstrauen breit. In manchen Wohnungsanzeigen finden sich diskriminierende Hinweise, die Afrikaner und Ostukrainer von vornherein ausschließen. Und derartiges geschehe nicht nur in Kiew, sondern auch weiter im Westen, etwa in Lemberg. Teil des Problems ist die steigende Wahrnehmung, dass viele Ostukrainer aus die Hilfe für IDPs missbrauchen um in den wohlhabenderen Westen umzuziehen. Andere Vermieter haben Bedenken bezüglich der finanziellen Situation der Flüchtlinge aus dem Osten. Diese haben oft keine Arbeit, nach einigen Monaten sind die Ersparnisse aufgebraucht und sie könnten dann die Miete prellen. Andere, die in Notunterkünften leben, fürchten um deren Winterfestigkeit.

RFE/RL - Radio Free Europe/Radio Liberty (9.10.2014): In Western Ukraine, Attitudes Cooling Toward IDPs, http://www.rferl.org/content/in-western-ukraine-attitudes-cooling-towards-idps/26629190.html, Zugriff 5.2.2015

3. Gibt es Berichte darüber, dass Personen aus der Ostukraine in den anderen Teilen des Landes von uniformierten nationalistischen Gruppierungen einer Personenkontrolle unterzogen werden?

Zusammenfassung:

Das Büro des Verbindungsbeamten in Kiew konnte hierzu keine Informationen finden.

Einzelquellen:

Einschätzung des Büros des Verbindungsbeamten:

Solche Berichte gibt es auch nicht.

VB des BM.I in Kiew (21.1.2015a): Bericht des VB: per E-Mail

4. Ist es möglich oder gibt es Berichte darüber, dass Personen aus der Ostukraine (Luhansk, Dontesk), in anderen Teilen der Ukraine von Behörden oder nationalistischen Gruppierungen in die Ostukraine zurückgeschickt werden?

Zusammenfassung:

Dem Büro des Verbindungsbeamten in Kiew ist dazu kein einziger Fall bekannt. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dass es in Einzelfällen nicht zu derartigen Handlungen gekommen sein kann. Die Rechte der Binnenvertriebenen wurden jedenfalls bereits Ende 2014 in einem eigenen Gesetz festgeschrieben.

Einzelquellen:

Einschätzung des Büros des Verbindungsbeamten:

Es gibt solche Informationen auch nicht, es ist kein einziger Fall bekannt, dass jemand in den Osten zurückgeschickt wird.

VB des BM.I in Kiew (21.1.2015a): Bericht des VB: per E-Mail

Die Ukraine hat ein Gesetz über die Rechte und Freiheiten der IDPs beschlossen, das u.a. Schutz vor Diskriminierung und zwangsweiser Rückführung und eine Verpflichtung des Staates zur Formulierung einer Integrationsstrategie für IDPs vorsieht.

UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (24.10.2014):

Ukraine displacement worsening as winter looms, http://www.unhcr.org/544a28e69.html, Zugriff 3.11.2014

6. Gibt es Informationen zur momentanen Sicherheitslage in der Stadt Sverdlovsk, Oblast Luhansk?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Die Jamestown Foundation ist ein US-amerikanischer Thinktank, der Informationen zu Terrorismus, den ehemaligen Sowjetrepubliken, Tschetschenien, China und Nordkorea zur Verfügung stellt. Laut eigenen Angaben ist es das Ziel der Jamestown Foundation, Entscheidungsträger und eine breitere Öffentlichkeit über Ereignisse und Trends in jenen Gesellschaften zu informieren und aufzuklären, die aus strategischer oder taktischer Sicht für die USA und den Westen wichtig sind, jedoch häufig den Zugang zu derartigen Informationen beschränken.

Zusammenfassung:

Den vorliegenden Informationen ist nichts von echten Kampfhandlungen oder von direktem Beschuss der Stadt zu entnehmen. Die Entfernung zur Front mit der ukrainischen Armee würde auch eher dafür sprechen, dass dort keine unmittelbaren Kampfhandlungen stattfinden. Dennoch scheint die Lage durch die momentanen Herrschaftsverhältnisse (konkurrierende Rebellengruppen) generell instabil und bisweilen chaotisch zu sein. Angeblich kam es auch zu Protesten von Anwohnern gegen die separatistischen Machthaber.

Einzelquellen:

Die Karte des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine zeigt die Lage in der Ostukraine mit Stand 27.1.2015. Man sieht, dass Sverdlovsk mitten im Separatisten-Gebiet, nahe der russischen Grenze liegt. Kampfhandlungen sind dort zumindest keine verzeichnet. Weitere Informationen zur Sicherheitslage können daraus aber nicht abgeleitet werden.

Das Informations- und Analysezentrum des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine hat in mehreren Informationen Sverdlovsk erwähnt. Am 14.9.2014 wurde berichtet, in den von Separatisten kontrollierten Orten entstehe unter der Bevölkerung Unzufriedenheit, weil es den Separatisten nicht gelinge, wie versprochen u.a. in Sverdlovsk die Versorgung mit Wasser und Energie wieder herzustellen.

NSDC - Information and Analysis Center of the National Security and Defence Council of Ukraine (14.9.2014): SUMMARY INFORMATION FROM IAC OF NSDC AS OF 12:00,

http://mediarnbo.org/2014/09/15/summary-information-from-iac-of-nsdc-as-of-12-00-september-14-2014/?lang=en, Zugriff 5.2.2015

Am 10. September wurde berichtet, dass Separatisten aus Kohleminen nahe Rovenky und Sverdlovsk Kohle abtransportieren.

NSDC - Information and Analysis Center of the National Security and Defence Council of Ukraine (10.9.2014): SUMMARY INFORMATION FROM IAC OF NSDC AS OF 17:00,

http://mediarnbo.org/2014/09/11/summary-information-from-iac-of-nsdc-as-of-17-00-september-10-2014/?lang=en, Zugriff 5.2.2015

Von einer "Plünderung" dieser Minen wurde auch am 8. September berichtet.

NSDC - Information and Analysis Center of the National Security and Defence Council of Ukraine (8.9.2014): SUMMARY INFORMATION FROM IAC OF NSDC AS OF 12:00,

http://mediarnbo.org/2014/09/08/summary-information-from-iac-of-nsdc-as-of-12-00-september-08-2014/?lang=en, Zugriff 5.2.2015

In einer rezenteren Publikation des Think Tanks Jamestown Foundation wird die "Volksrepublik Luhansk" als deutlich instabiler als jene in Donezk beschrieben. Die Lage sei gekennzeichnet von Rivalitäten zwischen verschiedenen, unkoordiniert agierenden bewaffneten Gruppen, die sich selbst in die Tradition der Kosaken stellen und jeweils Teile des Oblasts Luhansk in Besitz genommen haben. Sverdlovsk steht demnach unter dem "Kommando" eines Kosakenhäuptlings namens Aleksandr Gaidey, der das Gebiet bis zur russischen Grenze beherrschen soll.

The Jamestown Foundation (9.1.2015): Armed Formations in the Secessionist 'Luhansk Republic' (Part One), http://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews[tt_news]=43383&no_cache=1#.VLmPnHt60pV, Zugriff 5.2.2015

The Jamestown Foundation (15.1.2015): Armed Formations in the Secessionist 'Luhansk Republic' (Part Two), http://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews[tt_news]=43407&no_cache=1#.VLmPsnt60pU, Zugriff 5.2.2015

The Jamestown Foundation (16.1.2015): Armed Formations in the Secessionist 'Luhansk Republic' (Part Four), http://www.jamestown.org/single/?tx_ttnews[tt_news]=43412&tx_ttnews[backPid]=7&cHash=d99f6b5fd59fdd57b5dd5681ff65bc48#.VLmRMXt60pU, Zugriff 5.2.2015

Wie mittels Google Translator festgestellt werden konnte, berichtete das Informations- und Analysezentrum des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine am 22. Jänner, dass die Separatisten in Sverdlovsker Schulen russische Standards eingeführt hätten. Darunter das 5-stufige Notensystem (statt dem 12-stufigen ukrainischen System). Es wurde verboten ukrainische Geschichte zu unterrichten. Die Lehrer im von Separatisten kontrollierten Teil des Oblasts Luhansk haben seit August keine Gehälter mehr erhalten und sind Opfer von Drangsale. Schüler bekommen keine Zeugnisse.

NSDC - Information and Analysis Center of the National Security and Defence Council of Ukraine (22.1.2015): Aggregated data IAC NSDC 12:30,

http://mediarnbo.org/2015/01/22/%d1%81%d0%b2%d0%be%d0%b4%d0%bd%d1%8b%d0%b5-%d0%b4%d0%b0%d0%bd%d0%bd%d1%8b%d0%b5-%d0%b8%d0%b0%d1%86-%d1%81%d0%bd%d0%b1%d0%be-%d0%bd%d0%b0-1230-22-%d1%8f%d0%bd%d0%b2%d0%b0%d1%80%d1%8f/?lang=ru, Zugriff 5.2.2015

Wie mittels Google Translator festgestellt werden konnte, berichtete das Informations- und Analysezentrum des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine Ende 2014, dass es angeblich in den letzten Monaten in den Separatisten-Gebieten zahlreiche Proteste gegen die Rebellen gab, unter anderem in Sverdlovsk. Zumindest in Gorlovka hätten die Separatisten die Menge mit Schüssen auseinandergetrieben.

NSDC - Information and Analysis Center of the National Security and Defence Council of Ukraine (9.12.2014): 6 ?????? ????? ????? ??????? ? ????????,

http://mediarnbo.org/2014/12/09/6-%d0%bc%d0%b8%d1%80%d0%bd%d1%8b%d1%85-%d0%bb%d1%8e%d0%b4%d0%b5%d0%b9-%d1%83%d0%b1%d0%b8%d0%bb%d0%b8-%d0%b1%d0%be%d0%b5%d0%b2%d0%b8%d0%ba%d0%b8-%d0%b2-%d0%b3%d0%be%d1%80%d0%bb%d0%be%d0%b2%d0%ba%d0%b5/?lang=ru, Zugriff 5.2.2015

Ähnliches wurde auch am 25. November berichtet. So soll sich in den separatistisch kontrollierten Teilen des Donbass verstärkt Widerstand der Bevölkerung regen. Es wird von Protesten von Frauen in Donezk berichtet, die gegen den Mangel an Lebensmitteln und sozialen Garantien der separatistischen "Regierung" demonstrierten, sowie gegen angeblich aufgetauchtes Falschgeld. Ähnliche Proteste gab es angeblich auch in Luhansk, u.a. in Sverdlovsk.

NSDC - Information and Analysis Center of the National Security and Defence Council of Ukraine (25.11.2014): Aggregated data IAC NSDC 12:30,

http://mediarnbo.org/2014/11/25/%d1%81%d0%b2%d0%be%d0%b4%d0%bd%d1%8b%d0%b5-%d0%b4%d0%b0%d0%bd%d0%bd%d1%8b%d0%b5-%d0%b8%d0%b0%d1%86-%d1%81%d0%bd%d0%b1%d0%be-%d0%bd%d0%b0-1230-25-%d0%bd%d0%be%d1%8f%d0%b1%d1%80%d1%8f/?lang=ru, Zugriff 5.2.2015

Auch das Büro des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte berichtete im November 2014 derartiges:

OHCHR - UN Office of the High Commissioner for Human Rights (15.11.2014): Report on the human rights situation in Ukraine, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1417001258_ohchr-seventh-reportukraine20-11-14.pdf, Zugriff 5.2.2015

Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, UKRAINE: Einberufung Reservisten, russische Volksgruppe vom 25.02.2015

1. Bis zu welchem Lebensalter werden derzeit in der Ukraine Reservisten überhaupt einberufen?

2. Gibt es Unterschiede, ob der Einzuberufende einfacher Soldat oder Berufsoffizier war?

3. Werden ehemalige Offiziere der Ukrainischen Armee tatsächlich auch trotz inzwischen hohen Lebensalters reaktiviert?

4. Gibt es konkrete Hinweise dafür, dass Rekruten bzw. reaktivierte Offiziere mit jeweils russischer Volksgruppenzugehörigkeit nach Einberufung Schwierigkeiten und Benachteiligungen ausgesetzt sind, weil gegen pro-russische Separatisten gekämpft wird? Wenn ja, welche Fälle von Diskriminierung sind bekannt?

Quellenlage/Quellenbeschreibung:

Zu der konkreten Fragestellung wurden in öffentlich zugänglichen Internetquellen im Rahmen der zeitlich begrenzten Recherche in deutscher und englischer Sprache nur unzureichende Informationen gefunden. Die Frage wurde daher zur Recherche an den Verbindungsbeamten des BM.I in Kiew weitergeleitet. Außerdem wurde auf einen Bericht der ÖB Kiew und auf verschiedene Medienberichte zurückgegriffen. Quellenbeschreibungen sind der jeweiligen Quelle vorangestellt. Eine ausführliche Quellenbeschreibung zu RFE/RL findet sich unter http://www.ecoi.net/5.unsere-quellen.htm.

Zusammenfassung:

Den nachfolgend zitierten Quellen ist zu entnehmen, welche Altersgruppen momentan mobilisiert bzw. neu einberufen werden. Auch Ersteinberufungen werden gemäß Gesetz durchgeführt. Ob bei der Mobilisierung der Reservisten ein Unterschied zwischen jenen, die einfache Soldaten gewesen sind und solchen, die Offiziere waren gemacht wird, geht aus den Quellen nicht hervor. Bezüglich Frage 3 konnten leider keine Informationen gefunden werden, jedoch spricht der Bericht der ÖB davon, dass Männer (Reservisten) zwischen 50 und 60 Jahren nur noch auf freiwilliger Basis mobilisiert werden. Andere Quellen berichten aber nichts von einer derartigen Ausnahme. Diskriminierungen gegen russischsprachige Ukrainer innerhalb der ukrainischen Armee sind keine bekannt.

Einzelquellen:

Verbindungsbeamte sind speziell vom BM.I geschulte und an die Vertretungsbehörden entsandte Beamte oder Vertragsbedienstete (Angestellte), die Informationen u. a. für Fremden- und Asylbehörden sammeln, um diesen Informationen aus den jeweiligen Herkunftsstaaten zur Verfügung zu stellen. Das Büro des VB berichtet zu den og.

Fragen:

1. Der aktuelle Stand der Einberufung in der Ukraine entsprechend des Erlasses des Präsidenten vom 19.01.2015

Die neue Welle der Mobilisierung beginnt am 20. Jänner und wird in drei Etappen durchgeführt: vom Jänner bis April - 90 Tage - 50 tausend Personen, von April bis Juni -60 Tage - 13,5 tausend Personen und vom Juni bis September - 60 Tage-40 tausend Personen.

Der Einberufung unterliegen alle wehrpflichtige Männer im Alter zwischen 25 und 60 Jahren, wehrpflichtige Frauen im Alter zwischen 25 und 50 Jahren und Freiwillige im Alter bis 60 Jahre.

Diese Einberufenen werden über einen Monat ausgebildet und eintrainiert.

Von der Mobilisierung befreit werden: Priester, Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen dienstuntauglich sind, Studenten im Direktstudium, Richter, Männer die drei bzw. mehr Kinder im Alter bis 18 Jahre haben, Parlamentsabgeordnete, Männer, die nächste Familienangehörige pflegen müssen.

Der größte Bedarf an Fachleuten in den Streitkräften :

Richtschützen, Mechaniker, Aufklärer, Artilleristen, Panzerbesatzungen, Fahrer, Fachleute im Bereich der Luftabwehr.

2. Es wird bei der Einberufung kein Unterschied gemacht, das Wichtigste ist, dass die Personen bereits die Erfahrung des Armeedienstes haben.

3. Diese Frage kann nicht beantwortet werden.

4. Aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit (Russen) werden die Rekruten bzw. reaktivierte Offiziere nicht benachteiligt, da die Menschen, die gegen die russisch-separatistische Banditen kämpfen, alle Patrioten der Ukraine sind und dabei spielt keine Rolle, welche Sprache du sprichst. Im Osten der Ukraine wird gekämpft, da sind die Bedingungen des Dienstes ganz anders, als in friedlicher Zeit.

VB des BM.I in Kiew (21.1.2015): Bericht des VB, per E-Mail

Die ÖB Kiew ist die österreichische Vertretungsbehörde in der ukrainischen Hauptstadt. In einem Bericht zum Thema Wehrpflicht in der Ukraine vom 20.2.2015, berichtet die ÖB folgendes:

1. Welche Reservisten werden derzeit eingezogen (alle oder nur "Spezialisten")?

Mobilmachung bezieht sich auf den zu Mobilmachung vorgesehenen Personenkreis (Männer wie Frauen) ohne weiterer Spezifizierung. Es handelt sich in der dzt. Mobilisierungsphase nicht um die Mobilmachung von Schlüsselpersonal oder ausschließlich Spezialisten.

alle wehrpflichtigen Männer zwischen 25 und 60 Jahren (Reihenfolge:

Freiwillige, Reservisten dann Wehrpflichtige [Freiwillige vorzugsweise jene die Wehrpflichterfahrung haben; Reservisten und Wehrpflichtige wiederum vorzugsweise jene die zum Zeitpunkt der Einberufung Arbeitslos resp. nicht Erwerbstätig sind.]);

50-60-Jahrige jedoch nur auf freiwilliger Basis.

Frauen zwischen 25 und 50 Jahre können einberufen werden;

2. Werden derzeit junge Wehrpflichtige (nicht Reservisten) neu zur Armee eingezogen und ausgebildet?

JA. Gemas dem Gesetz der Ukraine uber Militarpflicht und Militardienst.

In Friedenszeit Anmerkung, die ja nach wie vor offiziell herrscht) werden zur Wehrpflicht männliche Burger der Ukraine zwischen 18 und 25 Jahre alt einberufen. Die Einberufung inkludiert eine medizinische Untersuchung vergleiche mit Stellung). Wenn der Burger der Ukraine als wehrdiensttauglich anerkannt wird, entsendet man ihn in eine Militäreinheit, wo er seine Wehrpflicht antritt. Die neue Einberufungskampagne wird per entsprechenden Erlass des Präsidenten rechtskräftig.

3. Welche Konsequenzen sind zu befürchten, Reservisten bzw. Wehrpflichtige dem Einberufungsbefehl nicht Folge leisten (de iure, aber vor allem aber auch in der momentanen Praxis - werden sie wirklich strafverfolgt o.ä.?)?

Die Konsequenzen treten gemäß den Artikeln 335, 336, 337 des Kriminalgesetzbuches der Ukraine ein:

Artikel 335. Die Strafe fur die Nichtfolgeleistung der Einberufung zum Wehrdienst sieht eine Inhaftierung bis zu 3 Jahren vor.

Artikel 336. Die Strafe für die Nichtfolgeleistung der Einberufung während einer Mobilmachung sieht eine Inhaftierung von 2 bis zu 5 Jahren vor.

Von einer Strafverfolgung ist auszugehen - inwieweit der Strafumfang völlig ausgeschöpft wird ist ho. nicht bekannt.

4. Werden derzeit weibliche Reservisten in die Armee eingezogen?

Ja. Weibliche Reservisten können gem. Gesetzentwurf ?1743 mobilisiert werden. Ausnahmen gibt es bspw. für Frauen (aber auch Männer) mit Kindern.

Ansonsten wie unter Pkt. 6

5. Welche Konsequenzen drohen weiblichen Reservisten, wenn sie den Einberufungsbefehl nicht Folge leisten (de iure/de facto)?

gleich wie Männer

6. Welche Möglichkeiten gibt es, sich dem Wehrdienst (als Reservist bzw. junger Wehrpflichtiger) zu entziehen und wie verbreitet ist dies?

Die Grunde für eine nicht Beorderung sind (auszugsweise):

Männer, die mehr als drei minderjährige Kinder bzw. arbeitsunfähige Familienmitglieder unterhalten;

Männer oder Frauen die Alleinerzieher sind oder ein nicht Minderjähriges betreuungsbedürftiges Kind haben

Personen die ein Familienmitglied Pflegen

Studenten und Aspiranten;

Priester;

Jene Männer die durch den militär-medizinischen Dienst als (vorübergehend) wehrpflichtsunfähig (untauglich) anerkannt werden;

Die Bürger der Ukraine, die auf den Territorien wohnen, die sich zurzeit unter der Kontrolle der Rebellen der DNR und LNR befinden, werden gem. Medienmeldungen nicht einberufen. Im Gesetz sind die Oblaste Donezk und Lugansk jedoch angeführt. Es scheint daher möglich dass es in diesen Bereichen zu einer räumlich begrenzten Mobilisierung kommen konnte (ev. durch Verwaltungsweisungen).

Einwohner der Krim Anmerkung, Ist im Gesetzestext unter den Mobilisierungsgebieten einfach nicht angeführt / gelistet).

Falle der Bestechung von Entscheidungsträgern sind bekannt geworden.

Bestechung des militär-medizinischen Dienstes wäre eine weitere Denkvariante.

7. Werden auch Wehrpflichtige/Reservisten unter den IDPs aus der

Ostukraine oder von der Krim eingezogen?

Die Ukraine unterscheidet nicht zwischen IDPs und Staatsbürgerpflichten. Fakt ist, dass jene Oblaste definiert sind die der Mobilmachung unterliegen. Die Krim ist darin jedoch nicht angeführt.

Inwieweit es aber nun Praxis ist, oder Berücksichtung findet, das ein IDP der Krim, aus Lugansk o. Donezk mit neuem Wohnraum / Wohnsitz in einem der Mobilmachung unterzogenen Oblaste nicht beordert wird ist ho. nicht bekannt.

8. Müssen auch junge Wehrpflichtige in der ATO (Anti-Terror-Operation in der Ostukraine) kämpfen oder werden dort nur "erfahrene" Berufssoldaten und Reservisten eingesetzt?

Wehrpflichtige können nach Erreichung der Feldverwendungsfähigkeit für die ATO herangezogen werden. Der Zeitpunkt zur Erreichung der Feldverwendungsfähigkeit ist abhängig von der jeweiligen Waffengattung. Der Terminus "kämpfen" wird je nach Verwendung und Waffengattung jedoch nicht auf alle zutreffen können (bspw. Sanitätsdienst, IKT-Experten,

Instandsetzung oder Versorgung).

ÖB Kiew (20.2.2015): Bericht des VB, per E-Mail

Allgemeine Informationen zum Thema:

Zeit online ist der Online-Auftritt der renommierten deutschen

Wochenzeitung Die Zeit. Diese berichtet Mitte Jänner 2015 folgendes:

Die Ukraine macht Zehntausende zusätzliche Soldaten der Armee mobil:

Das Parlament hat beschlossen, Soldaten, die bereits lange Zeit im Einsatz gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes sind, durch Reservisten zu ersetzen. Rund 50.000 junge Menschen oder Personen, die bereits eine besondere militärische Ausbildung erhalten haben, sollen einrücken und ab Dienstag kommender Woche bewaffnet werden. In zwei weiteren Etappen sollen von April und Juni an erneut mehr als 50.000 Soldaten im Kampf gegen prorussische Separatisten eingezogen werden.

(...)

Der Parlamentsbeschluss geht auf ein Dekret von Präsident Petro Poroschenko vom Vortag zurück. Der Staatschef hatte es mit der Notwendigkeit begründet, "angemessen auf die vom aggressiven Verhalten Russlands verursachten Bedrohungen zu reagieren".

(...)

ZON - Zeit Online (15.1.2015): Ukraine mobilisiert Zehntausende Soldaten,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/ukraine-armee-aufstockung-truppen-russland, Zugriff 25.2.2015

Und einige Tage später folgendes:

Die Regierung in Kiew beginnt an diesem Dienstag mit einer Teilmobilmachung, bei der 50.000 zusätzliche Reservisten bewaffnet werden sollen. Präsident Petro Poroschenko will dadurch die Truppen in der Ostukraine verstärken. Er verteidigte die jüngste Militäroffensive gegen die Separatisten in Donezk.

(...)

Das ukrainische Parlament hatte vergangene Woche den Weg für den Einsatz von zusätzlichen Reservisten freigemacht.

Verteidigungsminister Stepan Poltorak kündigte an, dass in diesem Jahr bis zu 104.000 Ukrainer mobilisiert werden könnten.

(...)

ZON - Zeit Online (20.1.2015): Kiew startet Bewaffnung von 50.000 Reservisten,

http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-01/ukraine-bewaffnet-reservisten, Zugriff 25.2.2015

Radio Free Europe / Radio Liberty (RFE/RL) schreibt am 16. Februar zur Mobilisierung in der Ukraine, von Schwierigkeiten, speziell im östlichen Oblast Kharkiv und in den westlichen Oblasten der Ukraine, namentlich Iwano-Frankiwsk und Lwiw (Lemberg). In einem beispielhaften Ort nördlich der Stadt Lemberg, geht ein örtlicher Beamter von Tür zu Tür und versucht 78 Einberufungsbefehle persönlich an ortsansässige Männer im Alter von 25 Jahren und älter zuzustellen. Aber er schafft es nur 2-3 von 10 Personen zu kontaktieren. Ziel der Regierung ist es von den 100.000 Einberufungen der 4. Mobilisierungswelle zumindest die Hälfte zu mobilisieren. Militärankläger haben 1.300 Anklagen gegen Personen erhoben, die sich der Einberufung entzogen haben sollen. In Lemberg Stadt arbeitete die Polizei für ca. 2 Tage sogar mit Straßensperren und spürte so dutzende Verweigerer auf, die unter dem Vorwand von Auslandsaufenthalten oder Übersiedlung keine Post annahmen und sich so der Einberufung entzogen. Der Militärkommandant des Oblast Lemberg sagt, mehr als 2.000 Personen hätten sich bislang entzogen. Der Bürgermeister der Stadt Lemberg gibt wiederum an, dass die Einberufung eigentlich gut funktioniere. Auf 574 am 13.2. versendete Einberufungen, hätten sich mittlerweile 472 Personen rückgemeldet. Die soziale Absicherung der Kämpfer und ihrer Familien sei für viele eine Sorge.

RFE/RL - Radio Free Europe / Radio Liberty (16.2.2015): In Ukraine's West, Patriotism römisch eins s One Thing. Fighting's Quite Another, http://www.rferl.org/content/western-ukraine-lviv-mobilization-patriotism/26851008.html, Zugriff 25.2.2015

Die ukrainische unabhängige Internetzeitung Kyiv Post berichtet am 9. Februar, dass für die Mobilisierung mittlerweile Männer von 20-60 Jahren und Frauen von 20-50 Jahren infrage kommen. Für hohe Offiziere liege das maximale Alter bei 65 Jahren. 100 Frauen dienen angeblich bereits in der Konfliktzone, die meisten freiwillig. Zahlen dazu, wieviele Offiziere höheren Alters bereits eingezogen wurden, werden nicht genannt.

Kyiv Post (9.2.2015): Not everyone answering Ukraine's call to mobilize for war,

http://www.kyivpost.com/content/kyiv-post-plus/not-everyone-answering-ukraines-call-to-mobilize-for-war-380055.html, Zugriff 25.2.2015

Die englische Tageszeitung The Guardian schreibt am 10. Februar ähnliches. Hier liegt das Alter derjenigen die Mobilisierung infrage kommen, zwischen 25 und 60 Jahren.

The Guardian (10.2.2015): Ukraine: draft dodgers face jail as Kiev struggles to find new fighters, http://www.theguardian.com/world/2015/feb/10/ukraine-draft-dodgers-jail-kiev-struggle-new-fighters, Zugriff 25.2.2015

Die russische staatliche Nachrichtenseite Russia Today spricht am 20. Jänner von 25 bis 60 Jahren als infrage kommendes Alter für die Einberufung. Bei den Frauen ist kein Alter angegeben. Jedenfalls soll es sich bei ihnen hauptsächlich um Krankenschwestern und Psychologinnen handeln.

RT - Russia Today (20.1.2015): New military draft starts in Ukraine amid intensified assault on militia-held territories, http://rt.com/news/224347-ukraine-mobilization-intensified-shelling/, Zugriff 25.2.2015

Das renommierte US-amerikanische Außenpolitik-Magazin Foreign Policy schreibt am 18. Februar, dass die Zahl der Wehrdienstverweigerer in die zehntausende gehen könnte. Laut dem Militär seien 2014 in 13 Regionen des Landes 85.792 Einberufene dem Aufruf nicht gefolgt und

9.969 wurde die Weigerung nachgewiesen. Zu Beginn des Konflikts verfügte die ukrainische Armee aufgrund des verhängten Endes der Wehrpflicht und Professionalisierungsbestrebungen nur über 6.000 kampfbereite Soldaten. 2014 verfügte die Armee bereits über 200.000 Mann. Grund waren die Mobilisierungswellen und die Wiedereinführung der Wehrpflicht. Noch in der Phase der ersten Teilmobilisierung wurde das Maximalalter für die Mobilisierung ehemaliger Soldaten von 50 auf 60 angehoben. Die Armee plant nun 40.000 20-27-jährige für den 18-monatigen Grundwehrdienst einzuberufen und 10.500 Berufssoldaten zu verpflichten. Des Weiteren sollen 20.000 Reservisten im ersten Quartal bereits zuvor eingezogene ersetzen. Später sollen zu diesem Zweck weitere 40-50.000 Reservisten folgen. Es könnten auch Frauen mit entsprechender Gesundheit und militärischer Ausbildung eingezogen werden.

FP-Foreign Policy (18.2.2015): The Draft Dodgers of Ukraine, http://foreignpolicy.com/2015/02/18/the-draft-dodgers-of-ukraine-russia-putin/, Zugriff 25.2.2015

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes kommt nach Einvernahme des Beschwerdeführers und dem damit gewonnen Eindruck von diesen zum klaren Ergebnis, dass die behauptete Verfolgung im Herkunftsstaat (römisch XXXX) nicht den Tatsachen entspricht und eine Rückkehr in die Ukraine nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung bzw. Gefährdung des Beschwerdeführers im asylrelevanten Ausmaß nach sich zieht.

Das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers stellt sich auf das Wesentliche beschränkt folgendermaßen dar:

Der Beschwerdeführer soll von Separatisten in römisch XXXX zu Hause aufgesucht und aufgefordert worden sei, gegen die Regierungstruppen zu kämpfen. Seine Dokumente seien mitgenommen worden, er sei zu einem Freund nach römisch XXXX gereist, dieser habe ihm die Flucht nach Österreich finanziert.

Dieses Vorbringen ist nunmehr einer Beurteilung auf seine Glaubwürdigkeit zu unterziehen.

Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV 270 BlgNR 18. GP; AB 328 BlgNR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der VwGH-Judikatur entnommen wurden).

1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u. a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und

4. Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in zahlreichen Erkenntnissen betont, wie wichtig der persönliche Eindruck, den das zur Entscheidung berufene Mitglied der Berufungsbehörde im Rahmen der Berufungsverhandlung von dem Berufungswerber gewinnt, ist (siehe z. B. VwGH vom 24.06.1999, 98/20/0435, VwGH vom 20.05.1999, 98/20/0505, u.v.a.m.).

Vorausgeschickt wird, dass im Asylverfahren das Vorbringen des Asylwerbers als zentrales Entscheidungskriterium herangezogen werden muss (so schon VwGH vom 16.01.1987, Zl. 87/01/0230, VwGH vom 15.03.1989, Zl. 88/01/0339, UBAS vom 12.05.1998, Zahl:

203.037-0/IV/29/98 uva.m.)

Das Vorbringen des Beschwerdeführers erfüllt die soeben genannten Kriterien, um ein Vorbringen als glaubwürdig zu beurteilen, nicht.

Bereits die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest und war aus seinem Aussageverhalten sowie dem Umstand, dass er keine Unterlagen bzw. Dokumente zu seiner Person vorgelegt hat, obwohl ihm dies wohl zumutbar ist, darauf zu schließen, dass er seine Identität zu verschleiern versucht.

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer sich im Wesentlichen sowohl vor dem erkennenden Gericht als auch vor der belangten Behörde darauf zurückzieht, dass er ein Waisenkind sei, mit niemandem in der Ukraine Kontakt habe und alle seine in der Vergangenheit ausgestellten Dokumente von den Separatisten mitgenommen worden wären. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer ein Mann im Alter von 40 Jahren ist, der sich unzweifelhaft nach eigenen Angaben sein ganzes Leben in der Ukraine aufgehalten haben will. Dass der Beschwerdeführer nunmehr weder herausgefunden haben will in diesen 40 Jahren, wer seine Eltern waren, dass der Beschwerdeführer darüber hinaus in der gesamten Ukraine keine Angehörigen, keine Freunde und ehemalige Arbeitskollegen haben will, mit denen er in Kontakt treten könnte, damit diese ihm Nachweise über seine Identität übermitteln, dies erscheint höchst fraglich.

Der Beschwerdeführer vermeint hiezu, dass die angeblich bei ihm erschienenen Separatisten sämtliche Dokumente mitgenommen hätten, sodass sämtliche Unterlagen betreffend seine Schulzeit, seinen Beruf, den Erwerb eines Traktorführerscheins etc. gemeinsam mit seinem Wehrdienstbuch und dem Inlandspass von den Mitseparatisten mitgenommen worden wären.

Für das erkennende Gericht ist nicht nachvollziehbar warum Separatisten von einem damals offensichtlich erkrankten Mann in römisch XXXX, der wegen gesundheitlicher Schwierigkeiten mit dem Kiefer sich geweigert haben will, die Männer zum Stab der Separatisten zu begleiten, sämtliche Dokumente betreffend sein ganzes Leben mitgenommen hätten, z.B. Schreiben des Kinderheimes, Schulzeugnisse, einen Traktorführerschein etc. Welchen Sinn dies für Separatisten oder für den nicht näher beschriebenen "Stab" irgendwelcher Separatisten in römisch XXXX haben sollte, warum diese Schulzeugnisse und Schreiben des Waisenheimes an sich nehmen sollten, dies konnte der Beschwerdeführer im Verfahren nicht darlegen und zeigen auch die sonstigen Angaben auf, dass der Beschwerdeführer ganz offensichtlich bemüht ist, jegliche Kontaktaufnahme mit irgendwelchen Personen in der Ukraine als völlig unmöglich darzustellen.

Der Beschwerdeführer konnte im Rahmen der Beschwerdeverhandlung zu seiner Wohnung befragt einzig sagen, dass er mit einer Frau namens "XXXX" gesprochen habe, er will - aus näher genannten Gründen - auch niemals ein Bankkonto besessen haben, er will auch kein Telefon besessen haben, für welches es Rechnungsunterlagen etc. geben würde, der Beschwerdeführer konnte nicht einmal detailliert den Namen oder die militärische Bezeichnung jener Division angeben, bei welcher er angeblich in den Jahren römisch XXXX bis römisch XXXX den Wehrdienst absolviert haben will. Diesbezüglich reduziert sich das Vorbringen darauf, dass diese militärische Einheit "mechanisierte Motorschützen-Division" geheißen habe, an Näheres könne er sich nicht mehr erinnern.

Genauso verhält es sich mit dem "alten Bekannten", zu dem er nach dem Vorfall mit den Separatisten nach römisch XXXX gereist sein will, den er vom gemeinsamen Militärdienst kennen will. Zu diesem konnte der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde keine Wohnadresse in römisch XXXX angeben, einzig dessen Telefonnummer will er irgendwann gekannt haben, jedoch auch das Telefon mit der Telefonnummer des Freundes will er in römisch XXXX bei eben diesem guten Freund zurückgelassen haben. Warum der Beschwerdeführer die einzige Möglichkeit, vom Ausland aus mit Bekannten wie etwa seinem Fluchthelfer in Kontakt zu treten, leichtfertig aufgegeben hat, ist nicht nachvollziehbar, wobei insbesonders zu bedenken ist, dass der Beschwerdeführer vor der belangten Behörde erwähnt hat, dass der Freund ihm 1.000 Euro für die Schlepperkosten gegeben haben soll und er ihm diese Kosten somit noch schulde. Wie der Beschwerdeführer dann aber ohne Kenntnis der Wohnadresse seines guten Freundes und ohne Kenntnis von dessen Telefonnummer mit diesem in Kontakt treten sollte, um irgendwann die Schulden zu begleichen, dies ist nicht nachvollziehbar und ist offensichtlich auch niemals Thema in den Besprechungen des Beschwerdeführers mit seinem "guten Freund" in römisch XXXX gewesen.

In Summe ist somit das erkennende Gericht der festen Überzeugung, dass der Beschwerdeführer ganz massiv versucht, jegliche Nachvollziehbarkeit seiner Angaben über seine persönlichen Verhältnisse, über seine konkrete Herkunft aus der Ukraine, über sein Vorleben und seine sozialen und familiären Bindungen unmöglich zu machen. Dass der Beschwerdeführer angesichts seines Lebensalters über keinerlei familiären und sozialen Bindungen in der Ukraine verfügen sollte, mit denen er von Österreich aus in Kontakt steht, erscheint höchst zweifelhaft, sodass evident ist, dass der Beschwerdeführer bewusst keine konkreteren Angaben tätigt und seine Identität zu verschleiern versucht.

Damit wird aber auch das Vorbringen des Beschwerdeführers aus den dargestellten Gründen unglaubwürdig, dass er nämlich überhaupt aus der Stadt römisch XXXX kommt und dort irgendwann von Separatisten aufgefordert worden sein soll, für diese zu kämpfen. Das Vorbringen des Beschwerdeführers ist unzweifelhaft ein solches, welches jeder männliche Staatsbürger der Ukraine in vergleichbarer Form vortragen könnte, eine nähere Auseinandersetzung damit kann jedoch unterbleiben, da das erkennende Gericht ebenso wie die belangte Behörde zur Auffassung kommt, dass dem Beschwerdeführer angesichts der Länderfeststellungen die Wohnsitznahme in anderen Landesteilen der Ukraine, fernab der umkämpften Gebiete römisch XXXX und römisch XXXX möglich ist.

Die zitierten Länderinformationen zur Ukraine beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bieten dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche dar, weshalb kein Anlass besteht, an deren Richtigkeit zu zweifeln. Der Beschwerdeführer ist diesen auch nicht entgegengetreten.

Eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit des unpolitischen Beschwerdeführers als Zivilpersonen infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist trotz der derzeitigen bürgerkriegsartigen Zustände in Regionen der Ostukraine nicht anzunehmen, weil der Beschwerdeführer im Westen der Ukraine in einer von den Unruhegebieten weit entfernten Gebiet sich niederlassen kann, wo sich im Übrigen - zumindest - unverändert der erwähnte "gute Freund" aus Militärzeiten aufhalten soll.

Eine ausweglose Situation für den Fall einer Rückkehr ist beim Beschwerdeführer nicht erkennbar, zumal der Beschwerdeführer vor der Ausreise gearbeitet hat und seinen Lebensunterhalt in der Ukraine aus eigenem erwirtschaften konnte. Er ist nach eigenen Angaben ledig, hat keine Sorgepflichten. Im Übrigen ist die römisch XXXX Erkrankung des Beschwerdeführers laut den eingeholten Länderinformationen in der Ukraine behandelbar und wird der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang nach eigenen Angaben auch nicht mehr medikamentös behandelt. Auch die Behandlung der in Österreich festgestellten XXXXreduziert sich erkennbar auf die Verschreibung von entsprechenden Medikamenten. Das römisch XXXX - laut Aussagen des Beschwerdeführers nötig geworden wegen Medikamentenmissbrauchs in Traiskirchen - läuft angeblich nur mehr wenige Monate und ist ein solches unzweifelhaft auch in der Ukraine fortsetzbar, sollte der Beschwerdeführer seine medizinischen Unterlagen aus Österreich dort bei Ärzten vorlegen.

Zumal betreffend den Beschwerdeführer überhaupt nicht vorgetragen wurde, dass dieser eine spezifische bzw. exklusiv in Österreich zur Verfügung stehende Behandlung benötigt bzw. in Anspruch nimmt und in der Ukraine eine medizinische Grundversorgung gegeben ist und römisch XXXX adäquat behandelt werden kann, steht der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht entgegen.

Es haben sich auch keine weiteren Hinweise ergeben, die seiner Abschiebung im Lichte des Artikel 3, EMRK entgegenstehen würden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:

Gemäß Paragraph 7, Absatz eins, Ziffer eins, des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß Paragraph 6, des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 10 aus 2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

Anzuwendendes Verfahrensrecht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, Bundesgesetzblatt 51 aus 1991, (AVG) mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961, (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950, (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984, (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Paragraph eins, BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), Bundesgesetzblatt Teil eins, 87 aus 2012, in der Fassung Bundesgesetzblatt Teil eins, 144 aus 2013, bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß Paragraphen 16, Absatz 6,, 18 Absatz 7, BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die Paragraphen 13, Absatz 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß Paragraph 28, Absatz eins, VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling iSd. Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK in der Fassung des Artikel eins, Absatz 2, des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Bundesgesetzblatt 78 aus 1974,) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist vergleiche z.B. VwGH v. 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH v. 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH v. 25.01.2001, Zl. 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH v. 26.02.1997, Zl. 95/01/0454; VwGH v. 09.04.1997, Zl. 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse vergleiche VwGH v. 18.04.1996, Zl. 95/20/0239; vergleiche auch VwGH v. 16.02.2000, Zl. 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose.

Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein vergleiche dazu VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH v. 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH v. 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH v. 16.06.1994, Zl. 94/19/0183; VwGH v. 18.02.1999, Zl. 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe vergleiche VwGH v. 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; VwGH v. 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Wenn Asylsuchende in bestimmten Landesteilen vor Verfolgung sicher sind und ihnen insoweit auch zumutbar ist, den Schutz ihres Herkunftsstaates in Anspruch zu nehmen, bedürfen sie nicht des Schutzes durch Asyl vergleiche zB VwGH 24.3.1999, 98/01/0352 mwN; 15.3.2001, 99/20/0036; 15.3.2001, 99/20/0134). Damit ist nicht das Erfordernis einer landesweiten Verfolgung gemeint, sondern vielmehr, dass sich die asylrelevante Verfolgungsgefahr für den Betroffenen - mangels zumutbarer Ausweichmöglichkeit innerhalb des Herkunftsstaates - im gesamten Herkunftsstaat auswirken muss (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534). Das Zumutbarkeitskalkül, das dem Konzept einer "inländischen Flucht- oder Schutzalternative" (VwGH 9.11.2004, 2003/01/0534) innewohnt, setzt daher voraus, dass der Asylwerber dort nicht in eine ausweglose Lage gerät, zumal da auch wirtschaftliche Benachteiligungen dann asylrelevant sein können, wenn sie jede Existenzgrundlage entziehen (VwGH 8.9.1999, 98/01/0614, 29.3.2001, 2000/20/0539).

Eine Verfolgung, dh. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH vom 27.01.2000, 99/20/0519, VwGH vom 22.03.2000, 99/01/0256, VwGH vom 04.05.2000, 99/20/0177, VwGH vom 08.06.2000, 99/20/0203, VwGH vom 21.09.2000, 2000/20/0291, VwGH vom 07.09.2000, 2000/01/0153, u.a.).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).

Aus den Gesamtangaben des Beschwerdeführers ist nicht ableitbar, dass dieser zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw. in Zukunft im Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätten. Das Vorbringen hinsichtlich einer Verfolgung oder Probleme im Herkunftsstaat im asylrelevanten Ausmaß haben sich als nicht glaubwürdig herausgestellt. Selbst bei Glaubwürdigkeit des Vorbringens würde es diesem an Relevanz fehlen, kann sich der Beschwerdeführer doch - wie zahlreiche andere Binnenvertriebene aus den Regionen römisch XXXX und römisch XXXX - in westlichen Landesteilen registrieren lassen und niederlassen.

Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner ständigen Rechtsprechung davon aus, dass die Verweigerung des Wehrdienstes für sich allein grundsätzlich nicht die Anerkennung eines Asylwerbers als Flüchtling rechtfertigt (VwGH 11.10.2000, 2000/01/0326). Ein allgemein anerkanntes Menschenrecht auf Wehrdienstverweigerung aus Gewissensgründen existiert bislang nicht. Allerdings kann ein Einsatz bei militärischen Aktionen, welche den Grundregeln des menschlichen Verhaltens widersprechen oder von der Völkergemeinschaft verurteilt worden sind, Asylrelevanz entfalten vergleiche dazu auch Marx, Handbuch zur Flüchtlingsanerkennung, Paragraph 9, RZ 82 und 85). Angesichts der seit längerer Zeit festzustellenden Waffenruhe in der Ostukraine kann nicht als plausibel angesehen werden, dass der Beschwerdeführer in seiner individuellen Situation gezwungen wäre, sich an völkerrechtswidrigen, die Menschenrechte verletzbaren Kampfhandlungen gegen die Zivilbevölkerung zu beteiligen.

Auch kommt einer unverhältnismäßig strengen Bestrafung von Wehrdienstverweigerung und Desertion in Verbindung mit politischen oder religiösen Überzeugungen, auf denen das geahndete Verhalten beruht, asylrechtliche Bedeutung zu. Ebenso, wenn die Verweigerung der (weiteren) Wehrdienstleistung als Ausdruck einer dem Betroffenen wegen dieses Verhaltens vom Staat unterstellten oppositionellen Gesinnung verstanden wird (VwGH 23.11.2006, 2005/20/0531).

Auch die Gefahr einer allen Wehrdienstverweigerern bzw. Deserteuren im Herkunftsstaat gleichermaßen drohenden Bestrafung kann zur Asylgewährung führen, wenn das Verhalten des Betroffenen im Einzelfall auf politischen oder religiösen Überzeugungen bzw. der Unterstellung einer oppositionellen Gesinnung beruht und den Sanktionen - wie etwa bei der Anwendung von Folter - jede Verhältnismäßigkeit fehlt (VwGH 01.03.2007, 2003/20/0111).

Asylrelevanz ist weiters dann gegeben, wenn der Betroffene damit rechnen müsste, dass er hinsichtlich seiner Behandlung oder seines Einsatzes während des Militärdienstes aus einem der in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK angeführten Gründe im Vergleich zu Angehörigen anderer Volksgruppen in erheblicher, die Intensität einer Verfolgung erreichender Weise benachteiligt würde, oder wenn dem Betroffenen eine im Vergleich zu anderen Staatsangehörigen härtere Bestrafung wegen Wehrdienstverweigerung droht (VwGH 11.10.2000, 2000/01/0326).

Im Fall der derzeitigen Mobilisierungswelle in der Ukraine aufgrund des Konfliktes in der Ostukraine haben die eingeholten Länderinformationen nicht ergeben, dass es bei der Mobilisierung oder im Zuge des Militärdienstes zu einer Diskriminierung ethnischer Russen oder anderer ethnischer Minderheiten kommt.

Auch unverhältnismäßige Strafen für den Fall der Wehrdienstverweigerung oder Desertion waren nicht ersichtlich. Vielmehr finden rechtsstaatliche Strafverfahren statt, in denen mehrjährige Haftstrafen ausgesprochen werden können. Zumal für die Ukraine insgesamt zu verneinen war, dass im staatlichen Bereich ethnische Russen institutionalisiert diskriminiert werden und derartiges auch für die Einberufung und die Ableistung des Militärdienstes gilt, war darauf zu schließen, dass dies auch für Strafverfahren im Zusammenhang mit Desertion und Wehrdienstverweigerung gilt.

Den Länderinformationen ist eindeutig zu entnehmen, dass im Falle eines Militäreinsatzes ethnische Russen nicht diskriminiert werden.

Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer in der Westukraine potentiell zu einem Militäreinsatz eingezogen werden könnte, was wie dargelegt überhaupt angesichts seiner medizinischen Probleme nicht wahrscheinlich ist, stellt in der dargelegten Konstellation keine asylrelevante Verfolgung dar.

Dem Beschwerdeführer ist es sohin nicht gelungen, eine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK genannt sind, darzulegen. Für den Beschwerdeführer war dementsprechend auch keine Furcht vor Verfolgung aus den Gründen, die in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK genannt sind, fassbar.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch eins. des angefochtenen Bescheides abzuweisen.

Wird einem Fremden der Status des Asylberechtigten nicht zuerkannt, hat die Behörde von Amts wegen zu prüfen, ob dem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist.

Paragraph 8, Absatz 3, in Verbindung mit Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005 beschränkt den Prüfungsrahmen auf den Teil des Herkunftsstaates des Antragstellers, in dem für den Antragsteller keine begründete Furcht vor Verfolgung und keine tatsächliche Gefahr, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, besteht. Gemäß Paragraph eins, Absatz eins, Ziffer 17, AsylG ist unter dem Herkunftsstaat der Staat zu verstehen, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt oder im Falle der Staatenlosigkeit, der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes.

Wird der Antrag auf internationalen Schutz eines Fremden in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen, ordnet Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 an, dass dem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen ist, wenn eine mögliche Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat für ihn eine reale Gefahr einer Verletzung in seinem Recht auf Leben (Artikel 2, EMRK in Verbindung mit den Protokollen Nr. 6 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe) oder eine Verletzung in seinem Recht auf Schutz vor Folter oder unmenschlicher Behandlung oder erniedrigender Strafe oder Behandlung (Artikel 3, EMRK) oder für den Fremden als Zivilperson eine reale Gefahr einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit seiner Person infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes mit sich bringen würde.

Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen vergleiche etwa VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573, mwN auf die Judikatur des EGMR). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus.

Nach der Judikatur des EGMR obliegt es der betroffenen Person, die eine Verletzung von Artikel 3, EMRK im Falle einer Abschiebung behauptet, so weit als möglich Informationen vorzulegen, die den innerstaatlichen Behörden und dem Gerichtshof eine Bewertung der mit einer Abschiebung verbundenen Gefahr erlauben vergleiche EGMR vom 05.07.2005 in Said gg. die Niederlande). Bezüglich der Berufung auf eine allgemeine Gefahrensituation im Heimatstaat, hat die betroffene Person auch darzulegen, dass ihre Situation schlechter sei, als jene der übrigen Bewohner des Staates vergleiche EGMR vom 26.07.2005 N. gg. Finnland).

Das Vorliegen eines tatsächlichen Risikos ist von der Behörde im Zeitpunkt der Entscheidung zu prüfen vergleiche EGMR vom 15.11.1996 in Chahal gg. Vereinigtes Königsreich).

Gemäß der Judikatur des VwGH erfordert die Beurteilung des Vorliegens eines tatsächlichen Risikos eine ganzheitliche Bewertung der Gefahr an dem für die Zulässigkeit aufenthaltsbeendender Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Artikel 3, EMRK auch sonst gültigen Maßstab des "real risk", wobei sich die Gefahrenprognose auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat vergleiche VwGH vom 31.03.2005, Zl. 2002/20/0582, Zl. 2005/20/0095). Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Artikel 3, EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind vergleiche EGMR, Urteil vom 06.02.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Bensaid v United Kingdom; VwGH 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Ob die Verwirklichung der im Zielstaat drohenden Gefahren eine Verletzung des Artikel 3, EMRK durch den Zielstaat bedeuten würde, ist nach der Rechtsprechung des EGMR nicht entscheidend.

Das Bundesverwaltungsgericht hat somit zu klären, ob im Falle der Verbringung des Asylwerbers in sein Heimatland Artikel 2, EMRK (Recht auf Leben), Artikel 3, EMRK (Verbot der Folter) oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist vergleiche VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/18/1291). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in der Sphäre des Asylwerbers gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann.

Die Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen, die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikel 3, EMRK zu gelangen.

Den Fremden trifft somit eine Mitwirkungspflicht, von sich aus das für eine Beurteilung der allfälligen Unzulässigkeit der Abschiebung wesentliche Tatsachenvorbringen zu erstatten und dieses zumindest glaubhaft zu machen. Hinsichtlich der Glaubhaftmachung des Vorliegens einer derartigen Gefahr ist es erforderlich, dass der Fremde die für diese ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert und, dass diese Gründe objektivierbar sind.

Weder aus den Angaben des Beschwerdeführers zu den Gründen, die für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat maßgeblich gewesen sein sollen, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Artikel 3, EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.8.2001, Zl. 2000/01/0443).

Ausgehend von den dargestellten allgemeinen Länderberichten zum Herkunftsstaat besteht kein Grund davon auszugehen, dass jeder zurückgekehrte Staatsangehörige der Ukraine einer reellen Gefahr einer Gefährdung gemäß Artikel 3, EMRK ausgesetzt wäre.

Eine völlige Perspektivenlosigkeit für den Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat kann somit schlichtweg nicht erkannt werden.

Weiters ist diesbezüglich auszuführen, dass der Beschwerdeführer die letzten Jahre vor der Ausreise im Baugewerbe gearbeitet und mit seiner Beschäftigung das finanzielles Auslangen gefunden hat. Er wird dort seinen Lebensunterhalt durch eigene und notfalls auch wenig attraktive Arbeit bestreiten können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine oder wenig Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keine besonderen Fähigkeiten erfordern und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer Schatten- oder Nischenwirtschaft stattfinden. Der Beschwerdeführer ist ledig, hat keine weiteren Sorgepflichten und verfügt im Herkunftsstaat wohl über mehr Bindungen in familiärer und sozialer Hinsicht, als er im Asylverfahren angegeben hat. Allfällige Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche und Arbeitssuche wird unzweifelhaft durch Hilfe staatlicher Einrichtungen und der Hilfe diverser NGOs zu begegnen sein.

Für den erkennenden Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes haben sich unter diesen Aspekten keine Hinweise ergeben, dass der Beschwerdeführer für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit in eine existenzbedrohende Situation geraten würde.

Die grundsätzliche Arbeitsbereitschaft hat der Beschwerdeführer auch dokumentiert, will er doch im Bundesgebiet in einer Tischlerei arbeiten (Beschwerdeverhandlung, S. 9).

Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr in die Ukraine sein wird, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzepioellen Lebenssituationen zu geben. Weiters gilt es zu bedenken, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat aufgewachsen sind, dort bis vor knapp eineinhalb Jahre noch gelebt hat, er die Sprache beherrscht und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist.

Unter Verweis auf die zuvor zitierten Länderinformationen kann für die Ukraine (Westukraine) zum gegenwärtigen Zeitpunkt schlichtweg nicht festgestellt werden, dass dort eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw. eine allgemeine politische Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd. Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 als unzulässig erscheinen ließe.

Wie beweiswürdigend dargelegt, waren auch keine schwerwiegenden - in der Ukraine nicht behandelbaren - oder lebensbedrohlichen Erkrankungen festzustellen.

Der Beschwerdeführer leidet an römisch XXXX und römisch XXXX. Diese Erkrankung besteht laut Beschwerdeführer bereits seit längerer Zeit, hat er dies doch bereits in der Erstbefragung erwähnt. Der Beschwerdeführer hat keine medizinischen Unteralgen vorgelegt, wonach er im Bundesgebiet aufgrund seiner römisch XXXX einer akuten exklusiv im Bundesgebiet erhältlichen Behandlung oder Medikation bedarf, nach eigenen Angaben bekommt er diesbezüglich keine Medikamente mehr verabreicht, muss nur regelmäßig zu Kontrollen. Die grundsätzliche Behandelbarkeit von Volkskrankheiten wie römisch XXXX in der Ukraine wurde nicht substantiiert angezweifelt.

Im Lichte der Ausführungen des Beschwerdeführers im Zusammenhalt mit den obzitierten Länderfeststellungen sowie der seitens des BFA eingeholten Anfragebeantwortung der Staatendokumentation - AS 119 bis 133 - ist römisch XXXX im Herkunftsstaat adäquat behandelbar. Im Übrigen geht aus den Länderinformationen eine medizinischen Grundversorgung in der Ukraine und damit einer adäquaten Behandlung physischer und psychischer Erkrankungen hervor.

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes übersieht nicht, dass das ukrainische Gesundheitssystem österreichischen Standards nicht entsprechen mag. Nach der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und jener des Verfassungsgerichtshofes hat jedoch - aus dem Blickwinkel des Artikel 3, EMRK - im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden; dies selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich und kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaates gäbe (siehe VfGH 6.3.2008, B 2400/07).

Eine lebensbedrohliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers im Falle einer Abschiebung in den Herkunftsstaat wurde nicht vorgebracht und ist eine solche aufgrund adäquater Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat überhaupt nicht fassbar.

Dem Beschwerdeführer ist es daher nicht gelungen, darzulegen, dass er im Falle einer Abschiebung in die Ukraine in eine "unmenschliche Lage" versetzt würden. Daher verstößt eine allfällige Abschiebung nicht gegen Artikel 2,, Artikel 3, EMRK oder gegen die Zusatzprotokolle zur EMRK Nr. 6 und Nr. 13 und auch nicht gegen Artikel 15, Litera c, StatusRL.

Eine andere generelle Sichtweise würde im Übrigen den exzeptionellen Ausnahmecharakter des Zuspruchs subsidiären Schutzes bei nichtstaatlicher Verfolgung in nicht vertretbarer Weise relativieren, als diesfalls wohl Personen, die an leicht behandelbaren Erkrankungen ohne akuten oder lebensbedrohlichen Verlauf leiden, wenn Sie in die Europäische Union einreisen, ein Schutzstatus zu gewähren wäre.

Somit war auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt römisch II. des Bescheides des BFA abzuweisen.

Zur Rückkehrentscheidung:

Gemäß Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 nicht erteilt wird sowie kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt.

Der Antrag auf internationalen Schutz wird mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom heutigen Tag sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen.

Gemäß Paragraph 57, Absatz eins, AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß Paragraph 46 a, Absatz eins, Ziffer eins, oder Absatz eins a, FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (Paragraph 17, StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des Paragraph 73, StGB entspricht,

2. zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3. wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach Paragraphen 382 b, oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befinden sich nach seiner Antragstellung im April 2014 durchgehend im Bundesgebiet. Sein Aufenthalt ist jedoch nicht im Sinne der soeben dargelegten Bestimmung geduldet. Er ist auch nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch nicht Opfer von Gewalt geworden. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß Paragraph 57, AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Im vorliegenden Verfahren erfolgte die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz im Hinblick auf den Status des subsidiär Schutzberechtigten auch nicht gemäß Paragraph 8, Absatz 3 a, AsylG 2005 und ist auch keine Aberkennung gemäß Paragraph 9, Absatz 2, AsylG 2005 ergangen, wie aus dem Verfahrensgang ersichtlich ist.

Gemäß Paragraph 52, Absatz 2, Ziffer 2, FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (Paragraph 10, AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, kein Fall der Paragraphen 8, Absatz 3 a, oder 9 Absatz 2, AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger der Ukraine kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach Paragraph 13, AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung plus" zu erteilen, wenn

1. dies gemäß Paragraph 9, Absatz 2, BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK geboten ist und

2. der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß Paragraph 14 a, NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaubte Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Paragraph 5, Absatz 2, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 189 aus 1955,) erreicht wird.

Nach Paragraph 55, Absatz 2, AsylG 2005, ist eine "Aufenthaltsberechtigung" zu erteilen, wenn nur die Voraussetzung des Absatz eins, Ziffer eins, vorliegt.

Paragraph 9, Absatz eins bis 3 BFA-VG lautet:

"(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß Paragraph 61, FPG, eine Ausweisung gemäß Paragraph 66, FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß Paragraph 67, FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Artikel 8, Absatz 2, EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Artikel 8, EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Absatz eins, auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (Paragraphen 45 und 48 oder Paragraphen 51, ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005,) verfügen, unzulässig wäre."

Gemäß Artikel 8, Absatz eins, EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Artikel 8, EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem auch, dass das durch Artikel 8, EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer "Familie" voraussetzt.

Ist von einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme die gesamte Familie betroffen, greift sie lediglich in das Privatleben der Familienmitglieder und nicht auch in ihr Familienleben ein; auch dann, wenn sich einige Familienmitglieder der Abschiebung durch Untertauchen entziehen (EGMR in Cruz Varas).

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine relevanten familiären Beziehungen zu einer zum dauernden Aufenthalt berechtigten Person und greift eine Rückkehrentscheidung nicht in sein Familienleben ein.

Ist im gegenständlichen Fall ein Eingriff in das Familienleben iSd. Artikel 8, EMRK zu verneinen, bleibt noch zu prüfen, ob mit der Rückkehrentscheidung in das Privatleben des Beschwerdeführers eingriffen wird und ob ein derartiger Eingriff gerechtfertigt ist.

Gemäß Artikel 8, Absatz 2, EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Zweifellos handelt es sich sowohl beim Bundesamt als auch beim ho. Gericht um öffentliche Behörden im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK und ist der Eingriff aufgrund der bereits zitierten gesetzlichen Bestimmungen gesetzlich vorgesehen.

Es ist in weiterer Folge zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Artikel 8, EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSv. Artikel 8, Absatz 2, EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd. Artikel 8, EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen vergleiche Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang komme dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt vergleiche dazu Peter Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Artikel 8, EMRK, in ÖJZ 2007, 852 ff).

Allerdings ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt lediglich auf unberechtigte Asylanträge zurückzuführen ist vergleiche VwGH vom 17.12.2007, 2006/01/0126, mit weiterem Nachweis).

Der Beschwerdeführer hält sich knapp eineinhalb Jahr im Bundesgebiet auf. Er hat seinen Aufenthalt auf einen letztlich unbegründet gebliebenen Asylantrag gestützt vergleiche Verwaltungsgerichtshof vom 26.06.2007, 2007/01/0479, "... der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren [bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte..." und zu diesem Erkenntnis: Gruber, "Bleiberecht" und Artikel 8 EMRK, in Festgabe zum 80. Geburtstag von Rudolf MACHACEK

und Franz MATSCHER (2008) 166," ... Es wird im Ergebnis bei einer

solchen (zu kurzen) Aufenthaltsdauer eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zur "Bindung zum Aufenthaltsstaat" als nicht erforderlich gesehen...").

Gemäß der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist die Integration von Asylwerbern stärker zu berücksichtigen, wenn - anders als in Fällen, in denen die Integration auf einem nur durch Folgeanträge begründeten unsicheren Aufenthaltsstatus basierte - diese während eines einzigen Asylverfahrens erfolgt ist und von den Asylwerbern nicht schuldhaft verzögert wurde vergleiche VfGH 7.10.2010, B 950/10 u.a., wonach es die Verantwortung des Staates ist, die Voraussetzungen zu schaffen, um Verfahren so effizient führen zu können, dass nicht bis zur ersten rechtskräftigen Entscheidung - ohne Vorliegen außergewöhnlich komplexer Rechtsfragen und ohne, dass den nunmehrigen Beschwerdeführer die lange Dauer des Asylverfahrens anzulasten wäre - 7 Jahre verstreichen). Diese Judikatur wurde durch die Einführung der lit. römisch eins in Paragraph 10, Absatz 2, Ziffer 2, AsylG 2005 im Rahmen der Novelle Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 38 aus 2011, umgesetzt und findet sich nunmehr in Paragraph 9, Absatz 2, Ziffer 9, BFA-VG.

Es wurde nicht behauptet, dass die Dauer des bisherigen - im Licht der Judikatur kurzen - Aufenthaltes des Beschwerdeführers in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet liegt. Derartiges war auch dem Akteninhalt nicht zu entnehmen.

Der Beschwerdeführer hat in der kurzen Zeit seines Aufenthaltes keine nennenswerte Integration und keinesfalls eine fortgeschrittene Integration dargelegt.

Im Fall Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich erachtete der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Ausweisung einer ugandischen Asylwerberin aus dem Blickwinkel des Artikel 8, EMRK als zulässig, obwohl die Beschwerdeführerin, die erfolglos Asyl begehrt hatte, in der Zwischenzeit bereits fast 10 Jahre in Großbritannien aufhältig gewesen war: Ihrem Hinweis auf ihr zwischenzeitlich begründetes Privatleben, nämlich dass sie sich mittlerweile an einer Kirchengemeinschaft beteiligt habe, berufstätig geworden und eine Beziehung zu einem Mann entstanden sei, hielt der Gerichtshof entgegen, dass die Beschwerdeführerin keine niedergelassene Einwanderin und ihr vom belangten Staat nie ein Aufenthaltsrecht gewährt worden sei. Ihr Aufenthalt im Vereinigten Königreich während der Anhängigkeit ihrer verschiedenen Asylanträge und Menschenrechtsbeschwerden sei immer prekär gewesen, weshalb ihre Abschiebung nach Abweisung dieser Anträge durch eine behauptete Verzögerung ihrer Erledigung durch die Behörden nicht unverhältnismäßig werde (EGMR 8.4.2008, 21.878/06, NL 2008, 86, Nnyanzi gegen Vereinigtes Königreich).

Im Fall Omoregie u.a. gegen Norwegen, der die Ausweisung eines ehemaligen (nigerianischen) Asylwerbers betraf, erkannte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ebenfalls keine Verletzung von Artikel 8, EMRK, obwohl der Beschwerdeführer während seines Asylverfahrens eine Lebensgemeinschaft mit einer norwegischen Staatsangehörigen gegründet hatte und Vater einer gemeinsamen Tochter geworden war, da sich der Beschwerdeführer, der seine Lebensgefährtin (nach Abweisung des Asylantrages) geehelicht hatte, über die Unsicherheit seines fremdenrechtlichen Aufenthaltsstatus in Norwegen bereits zu Beginn der Beziehung im Klaren sein habe müssen (EGMR 31.7.2008, 265/07, Darren Omoregie u.a. v. Norwegen). In derartigen Fällen könne die Ausweisung eines Fremden nach Ansicht des Gerichtshofes (wie er im Fall da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande hervorhob) nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verletzung von Artikel 8, EMRK darstellen (EGMR 31.1.2006, 50435/99, da Silva und Hoogkamer gegen Niederlande mwN).

Unter Berufung auf diese Judikatur hatte der Verfassungsgerichtshof etwa in VfSlg. 18.224/2007 keine Bedenken gegen die Ausweisung eines kosovarischen Staatsangehörigen trotz seines 11-jährigen Aufenthaltes, da sich der Aufenthalt (zunächst) auf ein für Studienzwecke beschränktes Aufenthaltsrecht gegründet hatte und vom Beschwerdeführer nach zwei Scheinehen schließlich durch offenkundig aussichtslose bzw. unzulässige Asylanträge verlängert wurde.

Keine Verletzung von Artikel 8, EMRK erblickte auch der Verwaltungsgerichtshof in der Ausweisung eines ukrainischen (ehemaligen) Asylwerbers, der im Laufe seines rund sechseinhalbjährigen Aufenthaltes durch den Erwerb der deutschen Sprache, eines großen Freundeskreises sowie der Ausübung sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen (sowie mit seiner Unbescholtenheit) seine Integration unter Beweis gestellt hatte, da - wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. ausführte - die integrationsbegründenden Umstände während eines Aufenthaltes erworben wurden, der "auf einem (von Anfang an) nicht berechtigten Asylantrag" gegründet gewesen sei (VwGH 8.7.2009, 2008/21/0533; vergleiche auch VwGH 22.1.2009, 2008/21/0654). Auch die Ausweisung eines unbescholtenen nigerianischen (ehemaligen) Asylwerbers, der beinahe während seines gesamten und mehr als 9-jährigen Aufenthaltes in Österreich einer legalen sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachgegangen war, über sehr gute Deutschkenntnisse verfügte und nie öffentliche Unterstützungsleistungen in Anspruch genommen hatte, beanstandete der Verwaltungsgerichtshof vor dem Hintergrund des Artikel 8, EMRK nicht, wobei er auch dem Argument des Beschwerdeführers, dass über seine Berufung in seinem Asylverfahren ohne sein Verschulden erst nach 7 Jahren entschieden worden war, keine entscheidende Bedeutung zugestand: Vielmehr vertrat er die Ansicht, dass der Fremde spätestens nach der erstinstanzlichen Abweisung seines Asylantrages - auch wenn er subjektiv berechtigte Hoffnungen auf ein positives Verfahrensende gehabt haben sollte - im Hinblick auf die negative behördliche Beurteilung des Antrages von einem nicht gesicherten Aufenthalt ausgehen habe müssen (VwGH 29.4.2010, 2010/21/0085). Keine außergewöhnlichen Umstände iSd Artikel 8, EMRK, die es unzumutbar machen würden, für die Dauer eines ordnungsgemäß geführten Niederlassungsverfahrens auszureisen, erkannte der Verwaltungsgerichtshof auch bei der Ausweisung eines (ehemaligen) chinesischen Asylwerbers, der in den letzten sieben Jahren seines rund achteinhalb Jahre andauernden Aufenthaltes in Österreich einer legalen Beschäftigung nachgegangen war und über eine österreichische Lebensgefährtin verfügte (VwGH 29.6.2010, 2010/18/0209; vergleiche ähnlich auch VwGH 13.4.2010, 2010/18/0087). Zum selben Ergebnis gelangte der Verwaltungsgerichtshof bei der Ausweisung eines georgischen (ehemaligen) Asylwerbers, der sich schon fast 8 Jahre im Bundesgebiet aufgehalten hatte, über gute Deutsch-Kenntnisse verfügte und selbständig erwerbstätig war: Der Verwaltungsgerichtshof wies darauf hin, dass eine Reintegration des Beschwerdeführers (nicht zuletzt auch aufgrund seines Schulbesuchs in seiner Heimat) trotz behaupteter Schwierigkeiten bei der Arbeitsplatzsuche in Georgien weder unmöglich noch unzumutbar erscheine (VwGH 6.7.2010, 2010/22/0081).

Unter Berücksichtigung der Beschwerdeverhandlung ergibt sich Folgendes:

Der Beschwerdeführer hat in der Verhandlung am 05.11.2015 keine Sprachkurse und keine sonstige Ausbildung erwähnt. Darüber hinaus hat sich die Beschwerdeführer nicht aus- fort- oder weitergebildet. Der Beschwerdeführer ist auch nicht Mitglied in einem Verein, hat keine karitative Tätigkeit vorgetragen und erklärte, keine Ausbildung oder dergleichen absolviert zu haben. Er lebt in der Grundversorgung und ist im Bundesgebiet auch keiner legalen Beschäftigung nachgegangen. Eine nachhaltige und dauerhafte Integration am Arbeitsmarkt ist demzufolge nicht zu erwarten. Auch aus einer "Freundschaft" zu Bekannten, die er zufällig im Krankenhaus kennengelernt haben will, lässt sich für den Beschwerdeführer nichts ableiten.

Es war schließlich noch darauf zu verweisen, dass der Beschwerdeführer im Gegensatz zum Bundesgebiet stärkere Anknüpfungspunkte zum Herkunftsstaat hat. Dort hat er im Gegensatz zum Bundesgebiet wirtschaftlich und finanziell unabhängig gelebt, verfügt sicherlich über Anschluss durch seinen jahrzehntelangen Aufenthalt und insbesondere über entsprechende Sprachkenntnisse.

Im Lichte der kurzen Ortsabwesenheit von noch nicht einmal eineinhalb Jahren kann auch nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zu Recht finden würde.

Im Übrigen sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch Schwierigkeiten beim Wiederaufbau einer Existenz im Herkunftsstaat letztlich auch als Folge des Verlassens des Heimatlandes ohne ausreichenden (die Asylgewährung oder Einräumung von subsidiären Schutz rechtfertigenden) Grund für eine Flucht nach Österreich - im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen hinzunehmen vergleiche VwGH 29.4.2010, 2009/21/0055).

Die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers fällt bei der vorzunehmenden Abwägung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht ins Gewicht. Laut Judikatur bewirkt die strafrechtliche Unbescholtenheit weder eine Stärkung der persönlichen Interessen noch eine Schwächung der öffentlichen Interessen. (VwGH 21.1.1999, Zahl 98/18/0420). Der VwGH geht wohl davon aus, dass es von einem Fremden, welcher sich im Bundesgebiet aufhält als selbstverständlich anzunehmen ist, dass er die geltenden Rechtsvorschriften einhält. Zu Lasten eines Fremden ins Gewicht fallen jedoch sehr wohl rechtskräftige Verurteilungen durch ein inländisches Gericht vergleiche Erk. d. VwGH vom 27.2.2007, 2006/21/0164, mwN, wo dieser zum wiederholten Male klarstellt, dass das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung den öffentlichen Interessen im Sinne des Artikel 8, Absatz 2, EMRK eine besondere Gewichtung zukommen lässt).

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer illegal eingereist und hat einen unbegründete Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Bei einer Zusammenschau all dieser Umstände überwiegen im vorliegenden Fall jene Umstände, die für eine Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat sprechen, wobei dem kurzen Aufenthalt von knapp eineinhalb Jahren besonderes Gewicht zukommt.

Den privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt in Österreich stehen die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regeln, aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Artikel 8 Absatz 2, EMRK) ein hoher Stellenwert zu (VwGH v. 16.01.2001, Zl. 2000/18/0251, u. v.a.).

Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes überwiegen daher derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und des Schutzes des österreichischen Arbeitsmarktes die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet vergleiche dazu VfSlg. 17.516/2005 sowie ferner VwGH 26.6.2007, 2007/01/0479).

Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf vergleiche dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07), wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich.

Zusammengefasst ist deshalb davon auszugehen, dass die Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, jedenfalls in den Hintergrund treten.

Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie der Beschwerdeführer erfolgreich auf das Privat- und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen.

Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat- und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages unterlassen, bzw. nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes entsprechen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde vergleiche hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007]).

Die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme der Verhängung seitens der belangten Behörde getroffenen fremdenpolizeilichen Maßnahme ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um das gelindeste femdenpolizeiliche Mittel handelt, welches zur Erreichung des angestrebten Zwecks geeignet erschien.

Aufgrund der oa. Ausführungen ist der belangten Behörde letztlich im Rahmen einer Gesamtschau jedenfalls beizupflichten, dass kein Sachverhalt hervorkam, welcher bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen den Schluss zuließe dass der angefochtene Bescheid einen Eingriff in das durch Artikel 8, EMRK geschützte Privat- und Familienleben darstellt.

Die Verfügung der Rückkehrentscheidung war daher im vorliegenden Fall dringend geboten und erscheint auch nicht unverhältnismäßig. Daher sind auch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung nach Paragraph 55, AsylG 2005 nicht gegeben.

Gemäß Paragraph 52, Absatz 9, FPG hat das Bundesamt mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß Paragraph 46, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

Nach Paragraph 50, Absatz eins, FPG ist die Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Artikel 2, oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Nach Paragraph 50, Absatz 2, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Artikel 33, Ziffer eins, der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 55 aus 1955,, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, Bundesgesetzblatt Nr. 78 aus 1974,), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (Paragraph 11, AsylG 2005).

Nach Paragraph 50, Absatz 3, FPG ist Abschiebung in einen Staat unzulässig, solange der Abschiebung die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht.

Die Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in die Ukraine ist gegeben, da nach den die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Feststellungen der vorliegenden Entscheidung keine Gründe vorliegen, aus denen sich eine Unzulässigkeit der Abschiebung im Sinne des Paragraph 50, FPG ergeben würde.

Gemäß Paragraph 55, Absatz eins, FPG wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß Paragraph 52, zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach Paragraph 55, Absatz 2, FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Derartige besondere Umstände wurden nicht dargelegt, weshalb die Frist zur freiwilligen Ausreise mit 14 Tagen festzulegen war.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu

A) wiedergegeben. Zur Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist die

zur asylrechtlichen Ausweisung ergangene zitierte Rechtsprechung der Höchstgerichte übertragbar. Die fehlenden Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung des Aufenthaltstitels nach Paragraph 55, AsylG 2005 ergeben sich aus der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung, jene für den Aufenthaltstitel nach Paragraph 57, AsylG 2005 aus durch den klaren Wortlaut der Bestimmung eindeutig umschriebene Sachverhaltselemente, deren Vorliegen im Fall des Beschwerdeführers nicht einmal behauptet wurde. Die Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat knüpft an die zitierte Rechtsprechung zu den Spruchpunkten römisch eins. und römisch II. des angefochtenen Bescheids an.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:BVWG:2015:W226.2111863.1.00