BVwG
01.12.2015
W103 2110542-1
W103 2110542-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Auttrit als Einzelrichter über die Beschwerde von römisch 40 , geb. römisch 40 , StA. Somalia, gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 23.06.2015, Zl. 1021223907-14690490, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG 2005, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 100 aus 2005, idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
römisch eins. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein zum Zeitpunkt seiner Einreise siebzehnjährig gewesener Staatsangehöriger Somalias, seinen Angaben zufolge Angehöriger der Volksgruppe der Sheikhaal und der moslemischen Glaubensrichtung, stellte am 07.06.2014 infolge illegaler Einreise den verfahrensgegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Anlässlich seiner niederschriftlichen Erstbefragung vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes am darauffolgenden Tag gab der Beschwerdeführer befragt nach seinem Fluchtgrund an, die Terrorgruppe Al-Shabaab habe versucht, ihn zu rekrutieren; aus diesem Grund sei er geflüchtet und fürchte er im Falle seiner Rückkehr um sein Leben.
Aus einem in weiterer Folge in Auftrag gegebenen Sachverständigen-Gutachten ergibt sich, dass der Beschwerdeführer zum Untersuchungszeitpunkt (05.09.2014) mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit älter als 17, aber noch knapp unter 18 Jahre alt gewesen sei und dessen als römisch 40 angegebenes Geburtsdatum daher zu den medizinisch-diagnostischen Befunden nicht in Widerspruch stehen würde.
Am 09.02.2015 wurde der Beschwerdeführer im Beisein eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Somalisch sowie seiner gesetzlichen Vertreterin niederschriftlich vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Eingangs bestätigte der Beschwerdeführer, sich körperlich und geistig gesund zu fühlen und sich auf die durchzuführende Einvernahme konzentrieren zu können, die Verständigung mit dem Dolmetscher funktioniere gut. Seine bisherigen Angaben seien wahrheitsgemäß gewesen und seien diese korrektermaßen protokolliert und rückübersetzt worden.
Die gegenständlich relevante Befragung zu den fluchtauslösenden Ereignissen nahm den folgenden Verlauf:
"(...)
LA: Gehören Sie einem bestimmten Stamm oder einer bestimmten Volksgruppe an?
AW: Ich bin Sheikhaal.
LA: Haben Sie im Heimatland je Personaldokumente besessen?
AW: Nein.
LA: Bitte nennen Sie Ihr Geburtsdatum!
AW: Ich bin am römisch 40 geboren.
LA: Warum wissen Sie dass Sie am römisch 40 geboren sind?
AW: Von meiner Mutter.
LA: Besitzen Sie eine Geburtsurkunde?
AW: Nein.
LA: Haben Sie je eine Schule besucht?
AW: Ja.
LA: Wann haben Sie die Schule verlassen?
AW: Von 7ten bis 9ten Lebensjahr.
LA: Wo befand sich die Schule?
AW: In römisch 40 .
LA: Besitzen Sie Schulzeugnisse?
AW: Nein.
LA: Haben Sie einen Beruf erlernt?
AW: Nein.
LA: Haben Sie je gearbeitet?
AW: Nein.
FRAGEN zu Ihren Familienangehörigen:
LA: Bitte nennen Sie den Namen Ihrer Eltern und Geschwister und das Alter!
AW: Mein Vater heißt römisch 40 , 51 Jahre alt, meine Mutter heißt römisch 40 , 46 Jahre alt. Ich habe 2 Brüder namens römisch 40 , 15 Jahre alt und römisch 40 , 11 Jahre alt.
LA: Wo sind Ihre Familienmitglieder derzeit aufhältig?
AW: Zuletzt lebten sie in römisch 40 .
LA: Hat Ihre Familie die Absicht nach Österreich zu kommen?
AW: Ich weiß nicht wo sie sich aktuell aufhalten.
LA: Welche weiteren Familienangehörigen (Onkel, Tanten, sonstige Angehörige) haben Sie noch in Ihrem Heimatland?
AW: Mein Onkel väterlicherseits und mein Onkel mütterlicherseits.
LA: Wie bestritten Ihre Eltern den Lebensunterhalt in Somalia?
AW: Meine Mutter hat gearbeitet, sie hatte einen Marktstand. Mein Vater war Koranlehrer.
LA: Haben Sie in einem anderen Land bzw. in anderen Ländern Angehörige, z.B. auch in
Österreich?
AW: Nein.
LA: Stehen Sie in regelmäßigem Kontakt mit Ihrer Eltern und Geschwister oder Angehörigen, z.B. per Telefon, E-Mail, Skype usw.?
AW: Nein.
LA: Wie würden Sie die wirtschaftliche/finanzielle Situation ihrer Person bzw. Ihrer Familie zuletzt im Heimatland gemessen am landesüblichen Durchschnitt bewerten?
AW: Mittelmäßig.
FRAGEN zu Ihren Lebensumständen vor Ort:
LA: Nennen Sie ihre letzte offizielle Anschrift im Heimatland (Provinz, Distrikt, Stadt/Dorf, Gemeinde, Wohnviertel, Straße, Hausnummern)!
AW: Via römisch 40 .
LA: Bis wann haben Sie sich dort aufgehalten?
AW: Bis Jänner 2014.
LA: Haben Sie persönliche Besitztümer (Grundstück, Ländereien,
Firmen, Geschäfte, ... wo) im Heimatland?
AW: Nein.
LA: Wie haben Sie in Somalia gewohnt? (Haus, Wohnung...)
AW: In einer Baracke.
LA: Wer lebt noch in dieser Baracke?
AW: Meine Eltern und Geschwister.
LA: Haben Sie immer an Ihrem Heimatort römisch 40 gewohnt?
AW: Ja.
LA: In welchen Ländern hielten Sie sich längerfristig auf?
AW: In Griechenland hielt ich mich 2 Monate auf.
LA: Wo genau waren Sie die 2 Monate in Griechenland aufhältig?
AW: Bei somalischen Landsleuten in einer Unterkunft.
LA: Weshalb konnten Sie sich nicht weiter in Griechenland aufhalten?
AW: Ich bekam dort einen Landesverweis.
LA: Stellten Sie in einem anderen Land auch einen Asylantrag?
AW: Nein.
LA: Was hat Sie Ihre Flucht insgesamt gekostet? (Schlepperkosten)
AW: Etwa 8.000 USD.
LA: Woher hatten Sie das Geld für Ihre Flucht?
AW: Meine Mutter hat ein Grundstück für mich verkauft.
LA: Wer hat Ihre Flucht organisiert?
AW: Mit Hilfe meiner Mutter.
LA: Sind Sie alleine geflohen?
AW: Ja.
LA: War Österreich immer Ihr Zielland?
AW: Ich hatte kein bestimmtes Ziel.
FRAGEN zum Fluchtgrund:
LA: Aus welchen Gründen verließen Sie Ihr Heimatland Somalia?
AW: Eines Abends, nach dem Abendgebet in eine Moschee, kamen 3 bewaffnete Männer in die Moschee. Sie nahmen mich und 6 andere gleichaltrige Personen mit. Sie brachten uns zu einem Bus, der nicht weit von der Moschee stand. Dort mussten wir in den Bus einsteigen. Der Bus hatte nur einen Sitzplatz. 2 der Männer stiegen mit uns in den Bus, einer der Männer fuhr mit dem Bus. Wir fuhren etwa 1 1/2 Stunden zu einem Quartier. Dort wurde ich mit 2 anderen in einem Raum gesperrt. Die anderen 4 wurden in einen anderen Raum gebracht. In der Früh wurden wir aufgeweckt um zu beten. Nachdem Gebet wurden wir wieder vereint und in einen Raum gebracht. Dort kam ein Amir (Führer). In diesem Raum mussten wir eine Videokassette anschauen. Wir sahen, wie Flugzeuge Häuser und Moscheen bombardierten. Der Amir sagte zu uns, sieh dir das an, die das machen sind Christen, die die Muslimen vernichten wollen. Er sagte zu uns, dass die Christen die Häuser und Moscheen von Muslimen zerstören. Weiters sagte er, dass wir jetzt gefordert sind, Land und Religion zu verteidigen. Er fragte uns, ob wir uns bereit erklären gegen diese Ungläubigen zu kämpfen. Da wir Angst hatten, stimmten wir zu, denn wenn wir nein gesagt hätten, dann hätten sie uns umgebracht. 9 Tage lang waren wir dort, ich putzte Gewehre. Nach ca. 9 Tage kam der Amir in den Raum und er rief nach meinen Namen. Es war dunkel in dem Raum. Er nahm mich mit. Draußen stand ein Wagen, indem ich einsteigen musste. Mit diesem PKW wurde ich zu einem Ort gefahren. An diesem von mir unbekannten Ort, wartete meine Mutter auf mich. Sie stieg in diesen PKW ein und wir fuhren zu einer Freundin von meiner Mutter. Dort sagte meine Mutter zu mir, dass ich bei ihrer Freundin bleiben muss. Viele Jugendliche die von dieser Gruppe mitgenommen worden sind, sind nicht mehr am Leben. In diesem Haus blieb ich etwa eine Woche. In dieser Zeit verkaufte meine Mutter ein Grundstück für mich und organisierte meine Ausreise.
LA: Wann genau kamen die Männer in die Moschee?
AW: Im Dezember 2013.
LA: Was waren das für Männer?
AW: Anfangs wusste ich es nicht aber später erfuhr ich, dass sie von den Al-Shabaab waren.
LA: Wie viele Personen waren insgesamt in der Moschee?
AW: Es war eine kleine Moschee, etwa 20 Personen befanden sich in der Moschee.
LA: Was passierte mit den restlichen Personen, die sich noch in dieser Moschee befanden?
AW: Die restlichen Personen waren Kinder oder ältere Personen.
LA: Wo genau befand sich diese Moschee?
AW: In unserem Viertel.
LA: Waren diese Männer schon einmal in dieser Moschee?
AW: Ich sah sie noch nie zuvor in der Moschee.
LA: Wo befand sich dieses Quartier?
AW: Das weiß ich nicht.
LA: Bitte beschreiben Sie mir das Quartier!
AW: Es gab kleine Häuser, es war ein freies Gelände.
LA: Wie groß war der Raum indem Sie gebracht wurden?
AW: Ein kleiner Raum, wir waren zu dritt in diesem Raum. Der Raum war kleiner als dieses Zimmer.
LA: Gab es in diesem Quartier Strom und etwas zu essen?
AW: Es gab keinen Strom und wir bekamen in der Früh und zu Mittag etwas zu essen.
LA: Wie lang wurden Sie insgesamt festgehalten?
AW: 9 Nächte.
LA: Wie sah Ihr Tagesablauf in der Zeit in dem Quartier aus? (Essen, Training...)
AW: Wir kamen nur dann aus dem Raum, wenn wir beten mussten und wenn wir Gewehre zu putzen hatten.
LA: Wie viele Personen waren insgesamt in diesem Quartier?
AW: Ich weiß es nicht.
LA: Konnten Sie sich in dem Quartier frei bewegen?
AW: Nein.
LA: War der Raum zugesperrt?
AW: Ja.
LA: Weshalb wurden Sie dann zu Ihrer Mutter gebracht?
AW: Ich weiß es nicht.
LA: Von wem wurden Sie zu Ihrer Mutter gebracht?
AW: Der Mann war maskiert und ich glaube, dass er zu den Al-Shabaab gehört.
LA: Hat der Mann irgendetwas zu Ihnen gesagt?
AW: Nein.
LA: Weshalb mussten Sie dann bei der Freundin Ihrer Mutter bleiben?
AW: Meine Mutter hatte Angst, dass die Männer zu uns nach Hause kommen würden.
LA: Diese Männer wussten ja wo Sie sich aufhalten, diese haben Sie ja zu der Freundin Ihrer Mutter gebracht?
AW: Der Mann brachte mich nur zu diesem Fahrzeug, er ist nicht mitfahren.
LA: Wer hat den PKW gefahren?
AW: Ein Mann, den ich aber nicht kannte.
LA: Weshalb sollten Sie die Al-Shabaab zuerst mitnehmen und dann nach 9 Tagen wieder freilassen?
AW: Ich weiß es nicht.
LA: Wie lange waren Sie dann noch bei der Freundin Ihrer Mutter aufhältig?
AW: Etwa eine Woche.
LA: Gab es in dieser Zeit noch Vorfälle mit den Al-Shabaab?
AW: Nein.
LA: Woher wusste Ihre Mutter, dass Sie mit einem PKW zu dem Ort gebracht werden?
AW: Ich weiß es nicht.
LA: Hatte Ihre Familie je Probleme mit den Al-Shabaab?
AW: Ja, mein Onkel mütterlicherseits.
LA: Welche Probleme waren das?
AW: Sie haben ihn entführt und man weiß nicht wo er sich aufhält.
LA: Hatten Ihre Brüder je Probleme mit den Al-Shabaab?
AW: Nein.
LA: Wurden auch andere Personen von diesem Quartier freigelassen oder nur Sie?
AW: Nur ich.
LA: Hatten Sie in Ihrer Gefangenschaft Kontakt zur Außenwelt?
AW: Nein.
LA: War das der einzige Vorfall den Sie mit den Al-Shabaab hatten?
AW: Ja.
LA: Was befürchten Sie wenn Sie nach Somalia zurückkehren würden?
AW: Ich habe Angst von den Männern getötet zu werden.
LA: Weshalb sollten Sie die Männer töten wenn genau diese Männer Sie freigelassen haben?
AW: Ich weiß bis jetzt nicht warum ich von diesem Mann befreit wurde.
LA: Haben Sie noch weitere Fluchtgründe?
AW: Nein.
LA: Hätten Sie sich mit dem Erlös von dem verkauften Grundstück in ein anderes Gebiet ansiedeln können?
AW: Ich hatte keine eigene Entscheidung, ich musste das machen was meine Mutter sagte.
LA: Hat Ihre Familie in Somalia derzeit Probleme?
AW: Ich habe keinen Kontakt zu meiner Familie.
LA: Hatte Ihre Familie kurz vor Ihrer Ausreise irgendwelche Probleme?
AW: Das weiß ich nicht.
LA: Waren Sie in einem anderen Land oder woanders in Strafhaft? Wenn ja, weshalb?
AW: Nein.
LA an Frau römisch 40 : Wollen Sie noch Angaben tätigen?
Frau römisch 40 : Die Lage in römisch 40 ist sehr gefährlich. Die innerstaatliche Fluchtalternative gibt es nicht. Eine schriftliche Stellungnahme folgt.
Ermittlungsermächtigung:
LA: Sind Sie damit einverstanden, dass die ho. Behörde in ihrem Herkunftsstaat bzw. Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes Erhebungen unter Verwendung ihrer personenbezogenen Daten durchführt, wobei diese jedenfalls nicht an staatliche Stellen weitergegeben werden?
Wären Sie grundsätzlich damit einverstanden?
AW: Ja.
LA: Ich beende jetzt die Befragung. Hatten Sie Gelegenheit alles vorzubringen, was Ihnen
wichtig erscheint oder wollen Sie noch etwas hinzuzufügen?
AW: Nein.
LA: Haben Sie den Dolmetscher einwandfrei verstanden?
AW: Ja.
(...)"
Mit Eingabe vom 24.02.2015 wurde seitens der gesetzlichen Vertreterin des damals minderjährigen Beschwerdeführers eine auf die anlässlich der niederschriftlichen Einvernahme vom 09.02.2015 ausgehändigten Länderberichte bezugnehmende Stellungnahme eingebracht. In dieser wurde zusammenfassend festgehalten, dass der Beschwerdeführer aus römisch 40 stamme; die Menschenrechtslage in Somalia werde durch den anhaltenden bewaffneten Konflikt dominiert, Zivilisten würden getötet, verwundet oder vertrieben, die Täter würden sich auf allen Seiten des Konflikts finden. Aus den Länderfeststellungen ergebe sich, dass die Region Lower Shabelle insgesamt volatil bleibe, die ländlichen Räume der Bezirke Afgooye, Merka und Qoryooley seien von Unsicherheit betroffen, welche auch der somalischen Armee und wiederaufflammenden Clankonflikten anzulasten sei. Al Shabaab versuche, diese Dynamik auszunutzen. In Somalia gebe es keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt, auch die neue Regierung Somalias verfüge bislang über keine Kontrolle über erhebliche Teile Somalias. In Süd- und Zentralsomalia setze sich der bewaffnete Konflikt wischen Militäreinheiten, Amisom und al Shabaab fort, in den Länderquellen werde berichtet, dass in weiten Teilen Süd- und Zentralsomalias Kampfhandlungen zwischen somalischen Bürgerkriegsparteien stattfänden; weder AMISOM, noch die somalische Armee würden über Kapazitäten verfügen, um von Al Shabaab eroberte Gebiete zu halten oder abzusichern. Im Rahmen der Länderberichte würden auch Zwangsrekrutierungen bestätigt. Das staatliche Justizwesen sei in weiten Teilen des Landes nicht funktionsfähig und gehöre Somalia zu den weltweilt ärmsten Ländern. Die Menschenrechtslage sei seit Jahren als sehr schlecht zu bezeichnen, die Macht in weiten Teilen des Landes würde faktisch durch bewaffnete, extremistische, in Fundamentalopposition zur Regierung stehende, Gruppierungen ausgeübt. Terrorismus und Kriminalität würden die Hauptbedrohung darstellen. Die Feststellung des BFA, wonach sich die Lage in römisch 40 stabilisiert hätte, könne unter näheren Erwägungen und Hinweis auf den UNHCR-Bericht "International Protection Considerations" aus Jänner 2014 nicht geteilt werden, vielmehr erwiese sie sich im Widerspruch zu aktuelleren Informationsquellen. 2014 und 2015 sei es zu zahlreichen sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen. Aufgrund der katastrophalen Sicherheitslage in Somalia erweise sich eine Rückkehr für den Beschwerdeführer im Ergebnis als unzumutbar; diesem sei weder bekannt, wo sich seine Familie aufhalte, noch stehe er in Kontakt zu dieser, innerstaatliche Fluchtalternativen würden nicht existieren. Zusätzlich sei der Beschwerdeführer durch die ihm drohende Zwangsrekrutierung durch Al Shabaab auch individueller asylrelevanter Verfolgung ausgesetzt.
2. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.06.2015, Zl. 1021223907-14690490, wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Beschwerdeführers vom 07.06.2014 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß Paragraph 3, Absatz eins, in Verbindung mit Paragraph 2, Absatz eins, Ziffer 13, AsylG 2005 ab (Spruchpunkt römisch eins.). Gemäß Paragraph 8, Absatz eins, AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt römisch II.) und diesem gemäß Paragraph 8, Absatz 4, AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 23.06.2016 erteilt (Spruchpunkt römisch III.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte die Volljährigkeit des Beschwerdeführers, dessen Staatsangehörigkeit, sowie seine Volksgruppenzugehörigkeit und Glaubensrichtung fest. Seine präzise Identität konnte hingegen nicht festgestellt werden.
Zu Spruchpunkt römisch eins. wurde seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl beweiswürdigend im Wesentlichen Folgendes festgehalten:
"(...)
Die ho. Behörde geht aus folgenden Gründen davon aus, dass Ihr Vorbringen unglaubwürdig ist:
Zusammengefasst brachten Sie vor, dass Sie von der Gruppe der Al-Shabaab mitgenommen wurden und Sie mit 2 anderen Personen in einem Raum eingesperrt worden wären. Man hätte zu Ihnen gesagt, dass Sie das Land und die Religion verteidigen müssten. Nach 9 Tagen wären Sie mit einem Auto an einem unbekannten Ort gebracht worden. Dort hätte Ihre Mutter auf Sie gewartet und Sie dann zu einer Freundin gebracht. Eine Woche später wären Sie dann aus Ihrem Heimatland geflüchtet.
Unklar ist, weshalb Sie die Al-Shabaab zuerst mitnehmen hätten sollen um Sie dann 9 Tage später wieder freizulassen. Hätte die Gruppe der Al-Shabaab Sie tatsächlich rekrutieren wollen, so wären Sie nicht schon 9 Tage später freigelassen worden und zu Ihrer Mutter gebracht worden. Auf die Frage, weshalb die Al-Shabaab Sie wieder freigelassen hätten, konnten Sie keine Antwort geben. Auch woher Ihre Mutter wissen hätte sollen, wo Sie mit dem Auto hingebracht worden wären, ist für die ho. Behörde nicht verständlich. Daher geht die ho. Behörde davon aus, dass es sich hierbei um eine konstruierte Geschichte handelt, da Ihre Aussagen absolut keinen Zusammenhang aufweisen.
Sie wurden bei Ihrer Einvernahme gefragt, was Sie bei einer Rückkehr nach Somalia erwarten würde. Hierzu antworteten Sie, dass Sie Angst
hätten von den Al-Shabaab getötet zu werden. Weshalb Sie Angst
hätten von den Al-Shabaab getötet zu werden, ist in diesem Fall völlig unverständlich, da Sie, wie auch wortwörtlich von Ihnen geschildert, nach 9 Tagen von dieser Gruppierung freigelassen wurden und sogar zu Ihrer Mutter zurück gebracht wurden. Daher kann von einer persönlichen Bedrohung oder Verfolgung, seitens der Al-Shabaab, nicht ausgegangen werden.
Nicht nachvollziehbar ist ebenfalls, weshalb gerade Sie mit den Männern Probleme gehabt hätten sollen. So gaben Sie zu Protokoll, dass Sie noch Brüder im Heimatland haben und diese, keine Probleme mit den Al-Shabaab gehabt hätten. Daher ist es für die ho. Behörden überhaupt nicht plausibel weshalb die Al-Shabaab ein solches Interesse an Ihnen gehabt haben sollten und Ihre Familie bzw. Ihre Brüder nie Probleme mit dieser Gruppierung hatten.
Auch muss erwähnt werden, dass es für die ho. Behörden überhaupt nicht plausibel ist, weshalb die Al-Shabaab erst nach Ihrer Rückkehr nach Somalia ein solches Interesse an Ihnen gehabt haben sollten und Sie vorher nie Probleme mit dieser Gruppierung gehabt hätten. Sie lebten von Ihrer Geburt an immer in Ihrer Heimatstadt römisch 40 und waren nie einer Bedrohung seitens der Al-Shabaab oder der Regierung ausgesetzt.
Würde man davon ausgesehen, dass Sie von den Al-Shabaab mitgenommen wurden, so muss bemerkt werden, dass, wie auch von Ihnen angegeben, nicht nur Sie davon betroffen gewesen wären, sondern mehrere Personen von den Al-Shabaab mitgenommen wurden. Daher kann eine konkret gegen Sie gerichtete Verfolgung zur Gänze ausgeschlossen werden
Festzuhalten ist, dass Ihre Familie nach wie vor in Ihrer Heimatstadt römisch 40 , ohne Probleme, aufhältig ist. Deshalb wäre es Ihnen möglich gewesen sich weiterhin im Familienband aufzuhalten ohne dass Sie einer Gefahr ausgesetzt wären.
Von weiteren Vorkommnissen, denen Sie persönlich ausgeliefert gewesen sein wollen, haben Sie nicht berichtet. Es war Ihnen jedoch nicht möglich, die von Ihnen im Rahmen des Asylverfahrens behauptete Gefährdungslage ansatzweise glaubhaft zu machen.
Die Gründe für Ihre Ausreise mögen im rein privaten Bereich, nämlich der Verbesserung der Lebenssituation und der wirtschaftlichen Lage gelegen haben, eine Verfolgung Ihrer Person im Sinne der GFK konnte jedoch aus obigen Gründen nicht glaubhaft dargelegt werden.
Abschließend war anzumerken, dass Sie nicht glaubhaft machen konnten, dass Sie in Somalia der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt gewesen wären.
Aufgrund der Widersprüche und der Ungereimtheiten war eine Verfolgung Ihrer Person nicht glaubhaft nachvollziehbar.
Aufgrund obiger Ausführungen geht die ho. Behörde davon aus, dass Sie sich einer konstruierten Geschichte bedienen und konnte Ihrem Fluchtvorbringen kein Glaube geschenkt werden.
Aus einer Gesamtschau Ihrer Angaben im gesamten Verfahren konnte weder eine konkrete gegen Sie gerichtete asylrelevante Verfolgung festgestellt werden, noch sind im Verfahren sonst Anhaltspunkte hervorgekommen, die eine derartige Verfolgung für wahrscheinlich erscheinen lassen hätten.
(...)"
Zu Spruchpunkt römisch II. wurde ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer aufgrund der allgemein instabilen Lage in Somalia subsidiärer Schutz zu gewähren gewesen sei, zumal ihm eine Rückkehr in seine Heimat derzeit nicht zumutbar sei.
Mit Verfahrensanordnung vom 23.06.2015 wurde dem Beschwerdeführer amtswegig die ARGE-Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberaterin für eine allfällige Beschwerdeerhebung zur Seite gestellt.
3. Gegen Spruchpunkt römisch eins. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl richtet sich die fristgerecht am 08.07.2015 eingebrachte Beschwerde. In dieser wurde beantragt, den Bescheid zu Spruchpunkt römisch eins. zu beheben und dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen sowie eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen. Die Bekämpfung des Spruchpunktes
römisch eins. erfolgte wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, der Beschwerdeführer habe seine Fluchtgründe schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, das BFA habe ihm jedoch die Glaubwürdigkeit in nicht nachvollziehbarer Argumentation abgesprochen. Die Freilassung des Beschwerdeführers sei keine offizielle Entscheidung der Al Shabaab gewesen und stünde daher nicht in Widerspruch zu der vorgebrachten Entführung/Zwangsrekrutierung. Offensichtlich habe das Mitglied, welches den Beschwerdeführer freigelassen habe, selbstständig und geheim gehandelt. Der Beschwerdeführer könne sich lediglich vorstellen, dass ein Freund der Familie oder dessen Mutter selbst, dieses Mitglied der Al Shabaab bestochen oder mit irgendwelchen anderen Mitteln überredet hätte, den Beschwerdeführer freizulassen. Deshalb sei seiner Mutter auch sein Aufenthaltsort bekannt gewesen. Den genauen Hergang habe der Beschwerdeführer nicht mit seiner Mutter besprechen können, zumal er sofort danach zu einer Freundin seiner Mutter gebracht worden und bereits eine Woche später geflüchtet sei. Seitdem habe der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr zu seiner Familie und wisse über deren derzeitigen Aufenthaltsort nicht Bescheid. Da der Beschwerdeführer sohin nicht offiziell freigelassen worden wäre, gelte er nunmehr als Gegner der Al Shabaab, da er sich gegen eine Zusammenarbeit geweigert hätte. Seine Brüder seien noch relativ jung ( römisch 40 und römisch 40 Jahre) und seien eventuell aus diesem Grund noch nicht rekrutiert worden. Generell ließe sich die Frage, wer durch die Al Shabaab rekrutiert würde, jedoch nicht vorhersehen und erwiese sich nicht als logisch nachvollziehbar. Dieser Umstand könne dem Beschwerdeführer daher nicht zur Last gelegt werden. Der Argumentation des BFA sei weiters entgegenzuhalten, dass auch Verfolgungen von privater Seite Verfolgung im Sinne der GFK darstellen würden, wenn der Staat nicht in der Lage bzw nicht gewillt wäre, Schutz zu leisten. Der Beschwerdeführer hätte glaubwürdig und nachvollziehbar vorgebracht, dass er sein Herkunftsland aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung auf Grund der Gefahr von Zwangsrekrutierung und/oder Rache der Al Shabaab verlassen habe müssen. Der Beschwerdeführer werde aus religiösen und politischen Motiven verfolgt. Auch nach Meinung von UNHCR könne die Weigerung einer Person, sich einer militanten Gruppe anzuschließen, oder bei dieser zu bleiben, als Ausdruck einer religiösen oder politischen Überzeugung (Opposition zum fundamentalistischen islamischen Glauben und oder Unterstützung für die TGF) angesehen werden. Eine verweigerte Rekrutierung stelle einen regierungstreuen Akt dar, Verfolgung aufgrund von Zwangsrekrutierungsversuchen durch al Shabaab sei jedenfalls eine asylrelevante, politisch motivierte, Verfolgung iSd GFK. De Beschwerdeführer gehöre dem religiösen Clan der Sheikhal an. Zwar werde er nicht unmittelbar aufgrund seiner Clanzugehörigkeit verfolgt, doch spiele diese in Hinblick auf ihre Gefährdung bzw Schutzfähigkeit des Clans eine nicht unbedeutende Rolle. Die Sheikhal können den Vorstellungen der Al Shabaab widersprechen und in deren Augen unreligiös bzw blasphemisch sein. UNHCR sei der Ansicht, dass Angehörige von Minderheitenclans in Süd- und Zentralsomalia aufgrund ihrer Ethnie/Rasse gefährdet wären.
4. Die Beschwerdevorlage des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl langte am 14.07.2015 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
römisch II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Auf Grundlage des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und der in diesem Verfahren herangezogenen Hintergrundberichte zur aktuellen relevanten Lage in Somalia, wird seitens des Bundesverwaltungsgerichtes Folgendes festgestellt:
1.1. Zur Person
Der Beschwerdeführer, dessen Identität nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, ist volljähriger Staatsangehöriger Somalias, der Volksgruppe der Sheikhal und dem moslemischem Glauben zugehörig. Der Beschwerdeführer lebt als subsidiär Schutzberechtigter aufgrund einer befristeten Aufenthaltsberechtigung in Österreich.
Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung verlassen hat oder nach einer allfälligen Rückkehr mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Übergriffe zu befürchten hätte.
1.2. Zum Herkunftsstaat:
1.2.1. Die aktuelle politische und menschenrechtliche Situation in Somalia stellt sich unter Heranziehung der erstinstanzlichen Feststellungen dar wie folgt:
1. Politische Lage
Im Jahr 1988 brach in Somalia ein Bürgerkrieg aus, der im Jahr 1991 im Sturz von Diktator Siyad Barre resultierte. Danach folgten Kämpfe zwischen unterschiedlichen Clans, Interventionen der UN sowie mehrere Friedenskonferenzen (EASO 8.2014). Seit 1991 gibt es in Somalia keinen Zentralstaat mehr (BS 2014). Das Gebiet von Somalia ist de facto in drei unterschiedliche administrative Einheiten unterteilt: a) Somaliland, ein 1991 selbstausgerufener unabhängiger Staat, der von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt wird; b) Puntland, ein 1998 selbstausgerufener autonomer Teilstaat Somalias; c) das Gebiet südlich von Puntland, das Süd-/Zentralsomalia genannt wird (EASO 8.2014).
Somalia ist offiziell in 18 Regionen (gobol) unterteilt. In Süd-/Zentralsomalia liegen Bakool, Benadir, Bay, Galgaduud, Gedo, Hiiraan, Middle Jubba (Jubba Dhexe), Lower Jubba (Jubba Hoose), Mudug, Middle Shabelle (Shabelle Dhexe) und Lower Shabelle (Shabelle Hoose). Somaliland und Puntland teilen sich die Regionen Awdal, Bari, Nugaal, Togdheer, Woqooyi Galbeed, Sanaag und Sool. Die Regionen wiederum sind administrativ in Bezirke unterteilt. Mogadischu besteht aus 16 Bezirken, die wiederum in die Teileinheiten waax, laan und tabella (ca. 50-250 Haushalte) unterteilt sind. Jeder Bezirk hat einen Bezirkskommissar (District Commissioner/DC). Nur wenige Straßen in der Stadt haben einen Namen, einige davon änderten sich im Zuge des Bürgerkrieges (EASO 8.2014).
Nominell verfügt Somalia heute über ein Zweikammern-Parlament: Das vom Volk gewählte House of the People und das von den Gliedstaaten beschickte Upper House. Bisher gibt es aber lediglich ersteres, und die Abgeordneten wurden nicht gewählt sondern von Ältesten nominiert. Das Upper House soll bis Ende 2015 eingerichtet werden. Danach sollen 2016 eine neue Verfassung in Kraft treten und womöglich Wahlen stattfinden (EASO 8.2014). EU, UN und IGAD bemängeln, dass Somalia im Zeitplan hinterher hinkt (UNNC 27.5.2014). Insgesamt mangelt es auch nach wie vor an wiederaufgebauten staatlichen Institutionen und an Verwaltungskapazitäten (BS 2014).
Seit 2012 gibt es eine politische Entwicklung, die den Beginn einer Befriedung und Stabilisierung sowie eines Wiederaufbaus staatlicher Strukturen markieren könnte. Am 1.8.2012 wurde in Mogadischu eine vorläufige Verfassung angenommen. Auf Grundlage dieser Verfassung trat am 16.9.2012 eine neue Regierung unter Führung von Präsident Hassan Sheikh Mahmud ihr Amt an. In seiner Regierungserklärung stellte der Präsident ein 'Sechs-Säulen-Programm' für seine Politik für die Zeit bis zu den für 2016 geplanten Wahlen und das Verfassungsreferendum vor. Er will Fortschritte in den Bereichen gute Regierungsführung, wirtschaftliche Entwicklung, gesellschaftliche Aussöhnung, Daseinsvorsorge durch den Staat, Aufbau internationaler Beziehungen und Bewahrung der Einheit und Integrität des Landes erzielen. Trotz der anhaltenden Kampfhandlungen versucht die Regierung, Schritt für Schritt die Aufgaben der Staatsleitung, Verwaltung und politischen Gestaltung wieder wahrzunehmen (AA 3.2014c).
Die Umsetzung des Regierungsprogramms wurde jedoch u.a. durch das Misstrauensvotum gegen den vorherigen Premierminister Shirdon und die Neubildung einer Regierung unter Premierminister Abdiweli Sheikh Ahmed verzögert (AA 3.2014c). Der Präsident, Angehörige der neuen Regierung, andere hohe Beamte und District Commissioners (DC) in Mogadischu gehören der Gruppe Damul Jadiid an, einer Fraktion der somalischen Muslimbrüder (EASO 8.2014). Im Laufe des Jahres 2014 kam es zu wachsenden Differenzen zwischen dem Präsidenten und Premierminister Abdiweli Ahmed (A 31.10.2014),
Politisch gibt es mehrere potentielle Sicherheitsrisiken für die Zukunft: Die innere Krise in der Staatsführung; eskalierende Konflikte zwischen Regionen; das Aufkommen neuer politischer und bewaffneter Gruppen; wechselnde Allianzen und personalisierte Politik; Unterbrechung bei der Bildung staatlicher Institutionen (EASO 8.2014).
Die Clanthematik bleibt ein zentrales Thema, Clans spalten nach wie vor Regierung und Sicherheitskräfte (LPI 2014). Gemäß Übergangsverfassung verfügt Somalia über eine Bundesregierung und Regierungen der Bundesstaaten. Doch der in der Verfassung vorgesehene Föderalismus ist eine Quelle für Spannungen zwischen der somalischen Regierung sowie bereits existierenden aber auch neu aufgestellten Gliedstaaten (EASO 8.2014). Mit dem international vermittelten Abkommen von Addis Abeba von Ende August 2013 konnte zwar ein Gliedstaat im Süden Somalias geschaffen werden (Jubbaland), der weitere Staatsaufbau kam jedoch erneut ins Stocken. Die Regierung hat zuletzt zugesagt, einen Fahrplan für die Zeit bis 2016 zu erstellen, in dem die wichtigsten Vorhaben zur Erreichung der selbst gesteckten Ziele benannt werden sollen (AA 3.2014c). Derweil haben bereits Konflikte um die Bildung von neuen Gliedstaaten begonnen. Für einen möglichen South-Western State gibt es mehrere Versionen: Bay, Bakool und Lower Shabelle (SW3); oder Bay, Bakool, Lower Shabelle, Gedo, Lower und Middle Jubba (SW6). Auch die Bildung eines eigenen Shabelle State steht zur Diskussion. Clan-Interessen spielen eine zentrale Rolle und es kam diesbezüglich auch schon zu Ausschreitungen (EASO 8.2014).
Dies spiegelt sich auch bei einem Abkommen zwischen somalischer Regierung und Puntland wieder, wonach die Region Mudug zwischen den beiden künftigen Gliedstaaten Puntland und Central Regions State aufgeteilt werden soll. Vertreter des Central Regions State reagierten empört auf die Abmachung (IRIN 21.10.2014). Vereinbarungen zur Formierung des Central Regions State wurden am 30.7.2014 bzw. am 6.8.2014 von den Vertretern der Ahlu Sunna wal Jamaa (ASWJ), der Verwaltung von Galmudug und der Verwaltung von Ximan & Xeeb unterzeichnet (UNSG 25.9.2014).
Quellen:
2. Sicherheitslage
Es gibt keine flächendeckende, effektive Staatsgewalt; auch die neue Regierung hat bislang über große Teile des Landes keine Kontrolle. Umfangreiche Gebiete werden von unterschiedlichen bewaffneten Gruppen beherrscht. Potentiell asylrechtlich relevante Tatsachen sind daher staatlichen Strukturen regelmäßig nicht eindeutig zuzuordnen, sondern resultieren häufig gerade aus deren Abwesenheit. Dabei muss nach den einzelnen Landesteilen differenziert werden (E 6.2013).
Quellen:
2.1. Süd-/Zentralsomalia
Insbesondere Süd-/Zentralsomalia leidet seit Ende der 1980er Jahre unter Bürgerkrieg und weitgehendem Staatszerfall (AA 3.2014c). Die Sicherheitslage bleibt volatil (UNSC 1.5.2014) vergleiche UKFCO 10.4.2014) und hat sich seit Mai 2013 verschlechtert (EASO 8.2014). Die Zahl der Selbstmordattentate hat in den letzten Jahren zugenommen (AA 11.9.2014). Sowohl das österreichische Außenministerium (BMEIA 10.9.2014) als auch das deutsche Auswärtige Amt halten ihre Reisewarnungen für Somalia aufrecht (AA 11.9.2014).
Al Shabaab hat nach dem Verlust wichtiger Städte zunehmend auf Guerillakampf umgestellt. Folglich hat es einige sehr öffentlichkeitswirksame Attentate und Anschläge gegeben (UKFCO 10.4.2014). Mit dem Tod des Anführers der al Shabaab, Ahmed Godane, und dem Verlust der letzten Hafenstadt Baraawe ist die Gruppe zwar geschwächt, von einem Sieg über al Shabaab zu sprechen ist aber verfrüht (B 10.2014). Auch wenn al Shabaab weder die militärische Stärke noch den Willen hat, gegen die somalische Regierung und ihre Alliierten anzutreten, so stellen sie eine hinreichende Bedrohung für alle Versuche eines staatlichen Wiederaufbaus dar (BS 2014). Dabei bleiben die Möglichkeiten der föderalen, lokalen und regionalen Behörden, Terrorismus der al Shabaab zu unterbinden, eingeschränkt (USDOS 30.4.2014).
Mit Waffengewalt ausgetragene Streitigkeiten zwischen rivalisieren Clans oder Sub-Clans kommen hinzu (AA 3.2014c). Ein großes Waffenarsenal befindet sich in privatem Besitz und einige Gruppen fühlen sich von der Regierung nicht vertreten bzw. wollen von dieser nicht vertreten werden. Auch das ist ein Gefahrenpotential (B 10.2014). Weitere Spannungen zwischen lokalen Verwaltungen und der somalischen Regierung werden nicht ausgeschlossen (ÖB 10.2014). In den Regionen Puntland und Somaliland ist die Lage vergleichsweise stabiler, aber auch hier wirkt sich der Bürgerkrieg aus (AA 3.2014c).
Die UN haben für eigenes Personal folgende Einstufungen getroffen:
Gelb (medium risk) für Bari, Nugaal, Doolow, Dhobley und den Sicherheitsbereich in Mogadischu; Orange (high risk) für Mudug, Galguduud und die von AMISOM (African Union Mission in Somalia) besetzten Garnisonsstädte (Merka, Baidoa, Kismayo u.a.) sowie für Mogadischu; Rot (very high risk) für die restlichen Teile der Regionen Lower und Middle Jubba, Gedo, Bakool, Bay, Hiiraan, Lower und Middle Shabelle (A 9.10.2014).
Im August 2011 räumte al Shabaab Mogadischu. Im Jahr 2012 eroberten somalische Armee und AMISOM u.a. Afgooye, Baidoa, Kismayo, Merka und Wanla Weyne. Bei der Offensive "Operation Eagle" im März und April 2014 folgte die Einnahme von weiteren zehn Städten, u.a. Xudur, Waajid, Buulo Barde, Maxaas, Ceel Buur, Wabxo und Qoryooley (EASO 8.2014). Ende August begann die neue AMISOM-Offensive "Operation Indian Ocean" bei deren Verlauf weitere Städte in den Regionen Hiiraan, Lower und Middle Shabelle, Lower Jubba und Bakool eingenommen werden konnten (UNSC 30.9.2014), darunter Cadale und Rage Ceel (Middle Shabelle), Baraawe (Lower Shabelle) (A 17.10.2014), Jalalaqsi und Fiidow (Hiiraan), Kurtunwaarey, Buulo Mareer und Golweyn (Lower Shabelle) sowie Tayeeglow (Bakool) (A 5.9.2014). Überhaupt befinden sich die meisten Städte in Süd-/Zentralsomalia nunmehr unter Kontrolle der Regierung und ihrer Alliierten, viele ländliche Gebiete befinden sich nach wie vor unter Kontrolle der al Shabaab. Allerdings stellen viele dieser Städte "Inseln" im Gebiet der al Shabaab dar, und die Islamisten versuchen, die Versorgung mancher Städte durch Angriffe entlang der Einfallstraßen zu blockieren (EASO 8.2014). So leidet z.B. Buulo Barde (Hiiraan) seit März 2014 unter einer Blockade (UNOCHA 17.10.2014).
In weiten Teilen Süd-/Zentralsomalias finden Kampfhandlungen zwischen den somalischen Bürgerkriegsparteien statt (AA 11.9.2014). Die Sicherheitskräfte sind Angriffen durch al Shabaab und andere Elemente ausgesetzt. Die Straße von Mogadischu über Baidoa nach Luuq bleibt von al Shabaab bedroht. Vor allem zwischen Afgooye und Baidoa kommt es regelmäßig zu Zwischenfällen. Auch andere Straßen, die nach Afgooye führen, gelten als unsicher (EASO 8.2014).
Die Lage in Süd-/Zentralsomalia bleibt kritisch. Dies gilt auch für die Hauptstadt Mogadischu. In und um Mogadischu haben Zahl und Intensität der Anschläge zuletzt zugenommen (AA 11.9.2014). Vor allem außerhalb von Mogadischu ist die somalische Regierung auf AMISOM angewiesen, um ihren Einfluss erhalten zu können. Jedenfalls sind die Städte unter Kontrolle von AMISOM und somalischer Armee gegenüber einer Rückeroberung durch al Shabaab abgesichert (EASO 8.2014). Diese Garnisonsstädte liegen außerhalb der militärischen Reichweite der al Shabaab (D 18.6.2014). Allerdings verfügen weder AMISOM noch die somalische Armee über ausreichende Kapazitäten, um neu eroberte Gebiete adäquat abzusichern (UNHRC 4.9.2014).
In einigen der kürzlich eroberten Städte mangelt es an funktionierenden Verwaltungseinrichtungen. Die Ausfüllung des Machtvakuums bleibt eine Herausforderung für die somalische Regierung. Außerdem können mit dem Rückzug von al Shabaab alte (Clan-)Konflikte neu aufflammen (EASO 8.2014). In einigen Städten, wie z.B. Xudur, Waajid, Warsheikh, Qoryooley und Buulo Barde konnten mittlerweile Verwaltungen eingerichtet werden (UNSG 25.9.2014). Am schlimmsten ist die Lage in jenen Dörfern und Gebieten, die nur temporär unter Kontrolle von AMISOM oder Armee stehen und auf welche al Shabaab - etwa in der Nacht - Zugriff hat. Viele Dörfer in derartiger Lage sind verlassen, die Menschen sind in größere Städte geflüchtet (B 14.10.2014).
Quellen:
3. Rechtsschutz/Justizwesen
Die Übergangsverfassung sieht eine unabhängige Justiz (USDOS 27.2.2014) und Rechtstaatlichkeit vor. Die Scharia wird in der Rechtshierarchie über die Verfassung gestellt (EASO 8.2014). Aufgrund des jahrelangen Konfliktes sind der Zugang zur Justiz und die Rechtsstaatlichkeit allgemein eingeschränkt (UKFCO 10.4.2014) und in weiten Teilen Süd-/Zentralsomalias gar nicht vorhanden. In einigen Regionen haben sich lokale Gerichte etabliert. In den meisten Landesteilen beruht die Rechtsprechung auf einer Kombination von traditionellem, islamischem und formellem Recht (USDOS 27.2.2014). Informelle Strukturen traditionellen (Xeer) oder islamischen Rechtes (Scharia) ersetzen formelle Justizstrukturen oder existieren parallel zu ihnen (EASO 8.2014; vergleiche UKFCO 10.4.2014). Der Zugang zur Justiz ist für Frauen, IDPs und Minderheiten nahezu nicht gegeben (EASO 8.2014). Andererseits haben von der UN finanzierte Gerichte in Somaliland, Puntland und Mogadischu zur Verbesserung des Zugangs beigetragen (USDOS 27.2.2014). Ein Nationaler Strategieplan zur Justizreform wurde ausgearbeitet (UNHRC 4.9.2014).
Die meisten Konflikte und Verbrechen werden im Rahmen des Xeer abgehandelt, in welchem der Zahlung von Kompensation (diya/mag) zentrale Bedeutung zukommt. Im Xeer werden nicht Individuen sondern ganze Clans oder Sub-Clans für Verbrechen eines Einzelnen zur Verantwortung gezogen (EASO 8.2014).
In einigen Städten unter Kontrolle der somalischen Regierung gibt es Militärgerichte, die nicht nur Fälle von Armeeangehörigen, sondern auch solche von vorgeblichen Mitgliedern der al Shabaab, von Polizisten und Zivilisten verhandeln. Solche Militärgerichte arbeiten nicht nach internationalen Standards (HRW 22.5.2014). Gleichzeitig sprechen sie aber Todesurteile aus (EASO 8.2014).
In den Gebieten der al Shabaab fungiert die Justiz willkürlich (UKFCO 10.4.2014). Dort gibt es lediglich Scharia-Gerichte, die gemäß einer harschen Auslegung islamischen Rechtes agieren (EASO 8.2014). Öffentliche Auspeitschung, Steinigung, Enthauptung und Amputation sind von al Shabaab regelmäßig angewendete Strafen. Außerdem befinden sich auf dem Gebiet der al Shabaab tausende Menschen aufgrund von Kleinigkeiten - z.B. Rauchen, Musikhören, Fußballspielen - in Haft (EASO 8.2014).
In Puntland funktionieren die Gerichte einigermaßen (USDOS 27.2.2014) - vor allem in den zentralen Teilen Puntlands, in den ländlicheren und eher abgelegenen Gebieten sorgen meist lokale Älteste für die Aufrechterhaltung der Ordnung (BS 2014). Allerdings mangelt es an Kapazität, um adäquaten Rechtsschutz gewährleisten zu können. Außerdem gibt es Berichte, wonach die Verwaltung auf hochrangige Justizfälle Einfluss nimmt. Die Mehrheit der Justizfälle wird in Puntland aber von Clanältesten unter Anwendung des Xeer abgehandelt. Das formelle Justizsystem dient u.a. jenen Fällen, wo Personen ohne Clan-Repräsentanz involviert sind (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
4. Sicherheitsbehörden
Insgesamt sind die somalischen Sicherheitskräfte trotz der zahlreichen Maßnahmen zum Wiederaufbau von Polizei und Armee nicht in der Lage, Sicherheit zu gewährleisten. Zur Bewältigung dieser Aufgabe muss sich die somalische Regierung auf AMISOM (African Union Mission in Somalia) verlassen (BS 2014). Die AMISOM ist eine regionale, friedensunterstützende Mission der Afrikanischen Union mit voller Unterstützung des UN-Sicherheitsrates. Die Polizeikomponente umfasst 515 Mann, die Militärkomponente 21.564 Soldaten. Als Truppensteller dienen vor allem Uganda, Burundi, Dschibuti, Kenia, Äthiopien und Sierra Leone. Die Disziplin von AMISOM hat sich drastisch verbessert, es gibt kaum Meldungen über Menschenrechtsvergehen durch AMISOM-Personal. Seit Mai 2014 gibt es in Mogadischu zusätzlich eine 410 Mann starke UN Guard Unit, die zum Schutz von UN-Einrichtungen und -Personal durch Uganda bereitgestellt worden ist (EASO 8.2014).
Die Zahl somalischer Polizisten in Süd-/Zentralsomalia wird mit
5.700 angegeben (UNSG 3.3.2014). Weitere 1.000 befinden sich bei AMISOM in Ausbildung (EASO 8.2014). Die Polizei untersteht teils regionalen Verwaltungen, teils dem Innenministerium. In mehreren Teilen Süd-/Zentralsomalias üben Armee und alliierte Milizen Polizeidienst aus (USDOS 27.2.2014).
In Mogadischu gibt es zwei separate Polizeikräfte: Jene der Regierung und jene der Regionalverwaltung. Bis zum Ende des Jahres 2013 konnte die Bundespolizei ihre Präsenz auf alle Bezirke der Stadt ausweiten (USDOS 27.2.2014). In Mogadischu gibt es 2.000-3.000 somalische Polizisten, ca. 1.200 Mann von Spezialeinheiten (Polizei und Alpha Group) und ca. 400 AMISOM-Polizisten. Letztere verüben normalen Polizeidienst (EASO 8.2014) und unterstützten die somalische Polizei mit Ausbildungsmaßnahmen - u.a. im Bereich Menschenrechte (USDOS 27.2.2014; vergleiche EASO 8.2014). Ausbildung für die Polizei erfolgt auch durch UNDP (BS 2014), UNODC, IOM sowie bilateral durch Italien und die Türkei (ÖB 10.2014). Derweil unterstützt die United Nations Assistance Mission in Somalia (UNSOM) die Rekrutierung von weiteren 500 Polizisten (UNSG 25.9.2014).
Die Kontrolle der Polizei durch zivile Behörden bleibt ineffektiv. Auch die Polizei selbst ist ineffektiv. Straftaten bleiben meist ungestraft (USDOS 27.2.2014; vergleiche EASO 8.2014). Außerdem beruhen Teile der Polizei auf Clanmilizen. Trotzdem wächst das Vertrauen der Bevölkerung in die Polizei - etwa in Mogadischu - und die Menschen können sich an die Polizei wenden (EASO 8.2014). Insgesamt bleibt aber der Zugang zu staatlichem Schutz ungewiss. Menschen suchen zwar die Unterstützung der Polizei, doch gibt es keine Garantie, dass ihnen geholfen wird (EASO 8.2014; vergleiche LIDIS 3.2014). AMISOM und nationale Sicherheitskräfte geben ihr Bestes, um die Gefahr durch al Shabaab in Mogadischu einzudämmen. Auch wenn die Arbeit der Polizei Defizite aufweist, so trägt sie doch ihren Teil bei (UKUT 3.10.2014). Aufgrund der anhaltend schlechten Sicherheitslage sowie mangels Kompetenz der staatlichen Sicherheitskräfte und Justiz muss dennoch der staatliche Schutz in der gesamten Region als schwach bis nicht gegeben gesehen werden (ÖB 10.2014).
Ende des Jahres 2013 umfasste die somalische Armee rund 20.000 Mann. Die Kontrolle der Armee durch das Verteidigungsministerium bleibt schwach, hat sich aber mit Unterstützung durch internationale Partner etwas verbessert. Dabei ist die Kontrolle über jene Kräfte, die im Großraum Mogadischu, im Raum bis Merka, Baidoa und Jowhar eingesetzt werden, stärker als jene über Kräfte in anderen Landesteilen. Dort wo sich AMISOM-Truppen befinden, operieren die Kräfte der Armee in Tandem mit diesen (USDOS 27.2.2014). Nicht alle Teile der somalischen Armee sind gleich loyal, Claninteressen, Interessen lokaler Milizen und ausbleibender Sold sind dafür verantwortlich. Andererseits ist es der Regierung gelungen, Angehörige von Milizen (z.B. Ahlu Sunna Wal Jamaa/ASWJ) zu integrieren. Insgesamt zählen aber nur 10.000-12.000 Soldaten zum Kern der somalischen Armee. Die restlichen Truppen stellen Milizen, die formell nicht integriert worden sind (z.B. in Hiiraan und Baidoa; auch Teile der ASWJ). Insgesamt gilt die Loyalität vieler Teile der Armee eher einem Clan, nur wenige Einheiten sind von der Clanstruktur entkoppelt (EASO 8.2014).
AU, EU, USA, Türkei und andere Staaten unterstützen die Armee finanziell, mit Waffenlieferungen und Ausbildung (EASO 8.2014). Alleine die EU hat mehr als 3.000 Soldaten ausgebildet (ÖB 10.2014). Das Ausbildungsprogramm der EU (EUTM/ European Union Training Mission) wird in Mogadischu fortgesetzt. Trotz aller Anstrengungen fehlt es der Armee immer noch an Erfahrung und Ausrüstung. Die Armee bleibt weiterhin zu schwach, um AMISOM ablösen zu können (EASO 8.2014). AMISOM und UNSOM haben für mehr als 5.500 Soldaten der somalischen Armee eine Ausbildung im Bereich Menschenrechte gewährleistet (UNSG 25.9.2014).
Die rechtzeitige Auszahlung des Soldes stellt nach wie vor ein Problem dar. Trotzdem konnte die Zahl der Desertionen drastisch reduziert werden (EASO 8.2014).
Die National Intelligence and Security Agency (NISA) ist auf die Bekämpfung des Terrorismus ausgerichtet und operiert bei Terroranschlägen in Mogadischu auch als schnelle Eingreiftruppe (USDOS 30.4.2014). Die NISA verfügt auch über eine ca. 600 Mann starke Spezialeinheit (Alpha Group/ Gaashaan), die vor allem bei größeren Sicherheitsoperationen in Mogadischu zum Einsatz kommt (EASO 8.2014).
Die Polizei in Puntland untersteht dem Innenministerium (USDOS 27.2.2014). Außerdem gibt es die ca. 1.000 Mann starke, gut ausgerüstete Puntland Maritim Police Force, die von den Vereinten Arabischen Emiraten unterstützt wird. Insgesamt funktionieren Polizei und Regierungsinstitutionen in den zentralen Teilen Puntlands einigermaßen gut, in den ländlicheren und eher abgelegenen Gebieten sorgen meist lokale Älteste für die Aufrechterhaltung der Ordnung (BS 2014).
Quellen:
5. Ombudsmann
Die Verfassung sieht eine unabhängige Menschenrechtskommission sowie eine Wahrheits- und Versöhnungskommission vor. Beide Institutionen waren zum Jahresende 2013 noch nicht eingerichtet worden (USDOS 27.2.2014; vergleiche UKFCO 10.4.2014).
Der Kandidat für den puntländischen "human rights defender" zog seine Kandidatur zurück, und der Posten ist weiterhin vakant (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
6. Allgemeine Menschenrechtslage
Die Menschenrechtslage in Somalia wird vom anhaltenden bewaffneten Konflikt dominiert. Zivilisten werden getötet, verwundet oder vertrieben; Täter finden sich auf allen Seiten des Konfliktes (UKFCO 10.4.2014). In den Monaten Mai und Juni 2014 wurden ca. 1.200 durch Waffen verursachte Verletzungen in Mogadischu, Kismayo, Mudug und Baidoa behandelt; 100 Tote wurden gemeldet (UNSG 25.9.2014).
Weitere Menschenrechtsverletzungen umfassen willkürliche Angriffe, sexuelle Gewalt und willkürliche Inhaftierungen (HRW 21.1.2014); die Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit, Gewalt gegen Journalisten; Gewalt gegen und Diskriminierung von Frauen und Mädchen; lebensbedrohliche Haftbedingungen und willkürliche Verhaftungen; die Verweigerung fairer Verfahren; Korruption und Menschenhandel; die Delogierung von IDPs; Misshandlungen und Diskriminierung von Minderheiten-Clans. Zusätzlich kommt es zu Kämpfen zwischen Clans und Sub-Clans, meist im Streit um Wasser und andere Ressourcen. Diese führen ebenfalls zu Toten und Vertriebenen. Es kommt auch zu Rachemorden; nur wenige Fälle werden untersucht (USDOS 27.2.2014). Besorgniserregend bleiben die zahlreichen Berichte über sexuelle Gewalt, gezielte Tötungen von Journalisten und Gewalt gegen Kinder. Dabei bleibt die Straflosigkeit für Täter ein Problem, das der mangelnden Reichweite der Justiz und den schwachen Sicherheitsbehörden angelastet werden kann (UKFCO 10.4.2014). Viele Berichte über Menschenrechtsvergehen können aufgrund anhaltender militärischer Aktivitäten gar nicht erst überprüft werden (UNOCHA 19.9.2014).
Überall dort, wo AMISOM über eine permanente Präsenz verfügt, ist die Menschenrechtslage wesentlich besser als in den anderen Gebieten Süd-/Zentralsomalias (EASO 8.2014).
Im Zuge ihrer Auslegung der Scharia kommt es auf dem Gebiet der al Shabaab zur Verweigerung mehrerer bürgerlicher Freiheiten, z.B. von Meinungs-, Bewegungs-, Versammlungs- und Religionsfreiheit (EASO 8.2014; vergleiche USDOS 27.2.2014). Die Bevölkerung in jenen Gebieten, die unter Kontrolle der al Shabaab stehen, sind willkürlicher Rechtsprechung und der massiven Einschränkung ihrer Grundrechte ausgesetzt (UKFCO 10.4.2014; vergleiche HRW 21.1.2014).
Die Menschenrechtslage unter al Shabaab hat sich Stück für Stück verschlechtert (EASO 8.2014). Al Shabaab begeht Morde, lässt Personen verschwinden, begeht Vergewaltigungen und vollzieht unmenschliche und grausame Bestrafungen (USDOS 27.2.2014). Aus jenen Gebieten, über welche die Gruppe unumstrittene Kontrolle ausübt, kommen weniger Berichte über gezielter Gewalt gegen Zivilisten als aus umstrittenen Gebieten. Dort wo al Shabaab unter Zugzwang steht, kommt es zu einer höheren Anzahl an Verhaftungen, zu einem höheren Maß an Gewalt (EASO 8.2014) und zu einer höheren Zahl an Exekutionen - vor allem aufgrund von vorgeblicher Spionage (EASO 8.2014; vergleiche HRW 21.1.2014). Al Shabaab hat seine Angriffe auf prominente zivile Ziele in Mogadischu verstärkt (HRW 21.1.2014).
Es kommt seitens al Shabaab zur Zwangsrekrutierung von Kindern und Erwachsenen und zum Einsatz von Kindersoldaten (USDOS 27.2.2014; vergleiche HRW 21.1.2014).
Quellen:
7. Meinungs- und Pressefreiheit
Die Übergangsverfassung sieht Meinungs- und Pressefreiheit vor. Einzelne Staatsbürger können in den von der somalischen Regierung kontrollierten Gebieten die Regierung auch kritisieren. Allerdings sind Journalisten in allen Regionen der Gewalt, Einschüchterung und Verhaftung ausgesetzt. Sie üben Selbstzensur, um Repressalien zu entgehen (USDOS 27.2.2014). Somalia bleibt einer der gefährlichsten Länder für Journalisten. Mindestens sechs Journalisten wurden im Jahr 2013 getötet, andere belästigt und drangsaliert. Von den 18 Fällen ermordeter Journalisten aus dem Jahr 2012 führte nur ein Fall zu einer Anklage, Straflosigkeit herrscht vor (UKFCO 10.4.2014; vergleiche HRW 21.1.2014).
Al Shabaab hat Journalisten immer schon im Visier gehabt. Es kommt immer wieder zu Drohungen gegen Journalisten, die manchmal in Attentaten resultieren (USDOS 27.2.2014). Al Shabaab erachtet Journalisten als Feinde und will keine Zeugen der eigenen Gewalt. Mitarbeiter von mit der Regierung in Zusammenhang stehenden Medien sind dem Risiko eines Attentats ausgesetzt. Al Shabaab bedroht Journalisten, die nicht positiv über die Aktivitäten der Gruppe berichten. Außerdem hat al Shabaab Journalisten verboten, über Dinge zu berichten, welche ihrer Interpretation der Scharia widersprechen (EASO 8.2014). Aber auch die Regierung hat Probleme mit objektiver Berichterstattung (RSF 2.2014). So wurden im Oktober 2013 zwei Medienzentren des Shabelle Media Networks (SMN) geschlossen. SMN führt die Schließung auf seine Berichterstattung bezüglich Korruption in der Regierung zurück (USDOS 27.2.2014). Auf dem Index der NGO Reporter ohne Grenzen belegt Somalia Rang 176 von 180 Staaten (RSF 2.2014).
Es gibt nur mehr wenige Printmedien, in größeren Städten werden kopierte Ausgaben von unabhängigen und regierungseigenen Blättern verteilt. In einigen dieser Zeitungen wurden politische Führer und andere Prominente offen kritisiert. Die meisten Bürger beziehen ihre Informationen allerding von ausländischen Radiosendern, v.a. von BBC und Voice of America. Es gibt auch mehrere Radiostationen in Somalia (USDOS 27.2.2014), davon alleine 26 in der Region Benadir. Außerdem gibt es in Süd-/Zentralsomalia einen staatlichen TV-Sender und mehrere private TV-Stationen (EASO 8.2014).
Der Gebrauch von Mobiltelefonen ist in Somalia weit verbreitet, vor allem seit es mobiles Internet und mobile Zahlungsmöglichkeiten gibt (letztere werden etwa auf Märkten, für Taxis oder in Geschäften verwendet). Es wird geschätzt, dass fast jeder Somali Zugang zu einem Mobiltelefon hat - sei es als Besitzer (2013: 72,4 Prozent) oder als Verwandter eines Besitzers (EASO 8.2014).
Al Shabaab hat Smart-Phones mit Kamera und Internetzugang verboten (Sabahi 14.11.2013). Auch das Hören westlicher Radiosender (BBC, Voice of America) ist verboten worden (EASO 8.2014). Im Jänner 2014 hat al Shabaab aus Angst vor Spionage auf seinem ganzen Gebiet den Zugriff auf das Internet verboten. Daraufhin hat die Firma Hormuud Telecom ihre 3G-Netze in ganz Somalia zurückgefahren; dies gilt auch für von der somalischen Regierung kontrollierte Gebiete (UNSC 28.2.2014; vergleiche EASO 8.2014).
In Puntland muss mit Konsequenzen gerechnet werden, wenn man offene Kritik an Korruption oder mit Bezug auf sicherheitsrelevante Probleme übt. Es gibt dort sechs unabhängige Radiostationen. Im April 2013 ordnete die Regierung in Puntland die Schließung von drei Radiostationen an. Im Jahr 2013 kam es außerdem zur Inhaftierung von Journalisten (USDOS 27.2.2014).
Quellen:
8. Religionsfreiheit
8.1. Religiöse Gruppen
Die große Mehrheit der Bevölkerung ist sunnitischen Glaubens (USDOS 28.7.2014; vergleiche EASO 8.2014). Gleichzeitig ist die große Mehrheit der Bevölkerung Anhänger der Sufi-Tradition (EASO 8.2014).
Von prominenten politischen Führern geleitete, konservative salafistische Gruppen sind verbreitet. Berichten zufolge gibt es in Somalia eine kleine, sich bedeckt haltende christliche Gemeinde und eine kleine Zahl von Anhängern anderer Religionen (USDOS 28.7.2014).
Quellen:
9. (Ethnische) Minderheiten und Clanstruktur
Die somalische Bevölkerung ist nur auf den ersten Blick homogen. Tatsächlich bilden die Clans eine Art Sub-Ethnizität. Die Clans bilden auch die Grundlage der Identität eines Somali, jeder kennt normalerweise seine exakte Position im Clansystem. Dies gilt auch für die urbanisierte Bevölkerung. Wenn Somali ihre Herkunft beschreiben fangen sie meist bei sich selbst an und steigen dann die hierarchischen Ebenen des Systems bis zur Clanfamilie hinauf. Diese Aufzählung wird abtirsiimo oder abtirsiin genannt, und Kinder im Alter von acht oder neun Jahren können diese üblicherweise auswendig (EASO 8.2014).
Dabei gelten als Haupt-Clanfamilien die traditionell nomadischen Darod, Dir, Hawiye und Isaaq sowie die sesshaften Digil und Mirifle/Rahanweyn. Diese Clanfamilien unterteilen sich weiter in die Ebenen der Clans, Sub(sub)clans, Lineages und die aus gesellschaftlicher Sicht bei den nomadischen Clans wichtigste Ebene der Mag/Diya (Blutgeld/Kompensation) zahlenden Gruppe, die für Vergehen Einzelner gegen das traditionelle Gesetz (xeer) Verantwortung übernimmt. Diese Gruppe sorgt aber traditionell auch für die Unterstützung von Angehörigen in schwierigen (finanziellen) Situationen. Nur in Mogadischu ist das System soweit erodiert, dass nicht mehr die mag/diya-Gruppe für Unterstützung sorgt, sondern lediglich die Kernfamilie (EASO 8.2014).
Die Clans sind politische Akteure, die normalerweise über eigenes Territorium verfügen. Traditionelle Verträge (xeer) werden meist zwischen Mag/Diya zahlenden Gruppen abgeschlossen. Allerdings ist das Clansystem - wie erwähnt - keine exakte Wissenschaft, Koalitionen und Abgrenzungen - auch geographische - sind nur schwer zu erfassen oder gar nicht genau definiert (EASO 8.2014).
Das Clansystem ist dynamisch und komplex. Aufgrund des Bürgerkrieges und damit verbundener Wanderbewegungen aber auch aufgrund des Bevölkerungswachstums waren nach 1991 zunehmende Fluktuationen zu verzeichnen. Aufzeichnungen von Genealogien sind umstritten (EASO 8.2014).
* Die Darod unterteilen sich in die großen Gruppen Ogadeni (Äthiopien und Jubba-Regionen), Marehan (Süd-/Zentralsomalia) und Harti. Letztere sind eine Föderation aus Majerteen (Hauptclan in Puntland), Dulbahante und Warsangeli (Regionen Sool und Sanaag).
* Die Hawiye leben vor allem in Süd-/Zentralsomalia, die wichtigsten Subclans sind Abgaal und Habr Gedir.
* Die Dir finden sich im westlichen Somaliland und in einigen Gebieten Süd-/Zentralsomalias. Ihre Hauptclans sind Issa und Gadabursi (beide Somaliland) und Biyomaal (Südsomalia).
* Die Isaaq sind der Hauptclan Somalilands.
* Die Digil und Mirifle/Rahanweyn leben in den fruchtbaren Tälern von Shabelle und Jubba und im Gebiet zwischen beiden Flüssen (v.a. Bay und Bakool) (EASO 8.2014).
Daneben finden sich in Somalia einige ethnische Minderheiten und ständische Berufskasten, die insgesamt zwischen 15 und 30 Prozent der Bevölkerung stellen (EASO 8.2014). Minderheitengruppen sind u.a. die Bantu (größte Gruppe), Benadiri, Reer Xamar, Bravanese, Swahili, Tumal, Yibir, Yaxar, Madhiban, Hawrarsame, Muse Dheryo, Faqayaqub und Gabooye (USDOS 27.2.2014). Minderheitenclans oder Berufskasten können mit großen Clans in eine Abhängigkeitsbeziehung (shegaat) treten und werden danach - in externen Belangen - als Teil des großen Clans erachtet. Langfristige Allianzen zwischen kleineren und größeren Clans werden gemäß dem traditionellen Recht (xeer) geschlossen. Beide Konstruktionen beinhalten auch den Schutz des kleineren Partners durch den größeren (EASO 8.2014).
Clanschutz bedeutet die Androhung von Gewalt im Falle einer Aggression gegen ein Mitglied durch einen Außenstehenden. Die Möglichkeit, diese Drohung aufrecht zu erhalten ist genauso essentiell wie die Möglichkeit, einem Racheakt durch gemeinschaftliche Zahlung von Kompensation (mag/diya) zu entgehen. Generell - aber nicht überall - funktioniert Clanschutz besser als der Schutz durch Staat oder Polizei. Dementsprechend wenden sich viele Menschen bei Gewaltverbrechen eher an den Clan als an die Polizei. Der Clanschutz kommt aber auf einer sehr niedrigen Ebene der Clan-Hierarchie zur Anwendung. Es reicht also z.B. in Mogadischu nicht, den Hawiye anzugehören, um Clanschutz zu erhalten. Die Zugehörigkeit zu einem dominanten Sub(sub)clan der Hawiye in Mogadischu ist relevanter (EASO 8.2014).
Inwiefern Clanschutz heute noch funktioniert ist umstritten. Faktoren wie AMISOM, die Restauration staatlicher Sicherheitsbehörden oder al Shabaab haben den Schutz erodiert. Andererseits hat der Rückzug von al Shabaab sowie der Mangel an staatlicher Verwaltung in den ländlichen Gebieten den Clanschutz verstärkt. Das Ausmaß an Clanschutz variiert also regional und ist im Laufe der Zeit Änderungen unterworfen. In Somaliland und Puntland, wo relative Stabilität herrscht, ist der Clanschutz weniger relevant als in Süd-/Zentralsomalia. In Mogadischu hingegen sind Älteste zwar noch bei der Konfliktvermittlung involviert, jedoch gibt es kein Risiko mehr, aufgrund der Clanzugehörigkeit einer Verfolgung ausgesetzt zu sein. Nicht mehr die Clans, sondern AMISOM, Armee und Polizei sind für die Sicherheit verantwortlich. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass Teile von Armee und Polizei nach wie vor großen Bezug zu ihren Herkunftsclans haben (EASO 8.2014).
Die linguistische Situation in Somalia ist relativ homogen. Neben der als Standard-Somali festgelegten nordöstlichen Varietät gibt es aber regionale Dialekte. Die Grenze nördlicher und südlicher Varietäten verläuft durch die Region Mudug. Die Unterscheidung zwischen diesen beiden Hauptvarietäten ist gut dokumentiert und kann generell mittels Sprachanalyse festgestellt werden. Auch feinere Unterscheidungen innerhalb der beiden Hauptvarietäten sind möglich (EASO 8.2014).
Somali selbst unterscheiden oftmals zwischen Maxaa-tiri, einer Sammlung regionaler Varietäten, die generell verstanden werden, und Maay-tiri, den regionalen Dialekten in den Regionen Bay, Bakool, Gedo, Middle Jubba und Lower Shabelle (EASO 8.2014).
Daneben gibt es bestimmte Minderheiten, die andere Sprachen sprechen: Swahili (Kibajuni, Chimwiini), Oromo (z.B. af-Garre) oder Mushunguli. Generell kann aufgrund der Dominanz der somalischen Sprache aber davon ausgegangen werden, dass auch Sprecher einer Minderheitensprache über Sprachkenntnisse in Somali verfügen (EASO 8.2014).
Quellen:
9.1. Minderheiten und kleine Clan-Gruppen
Es gibt unterschiedliche Kategorien von Minderheiten: ethnische und religiöse sowie jene, die als Berufskasten bezeichnet werden. Ethnische und religiöse Minderheiten haben einen unterschiedlichen kulturellen und/oder sprachlichen Hintergrund als die Somali der großen Clans. Die Berufskasten haben den gleichen Hintergrund wie die Clans, praktizieren jedoch spezifische Berufe (EASO 8.2014).
Außerdem sind auch Angehörige von somalischen Clans dann als Minderheit zu qualifizieren, wenn sie in einem Gebiet leben, das mehrheitlich von einem anderen Clan bewohnt ist (EASO 8.2014).
Die Ashraf und die Sheikhal werden als religiöse Clans bezeichnet. Die Ashraf beziehen ihren religiösen Status aus der von ihnen angegebenen Abstammung von der Tochter des Propheten; die Sheikhal aus einem vererbten religiösen Status (EASO 8.2014).
Die Ashraf und die Sheikhal werden traditionell respektiert und von den Clans, bei welchen sie leben, geschützt. Die Sheikhal sind außerdem eng mit dem Clan der Hawiye/Hirab assoziiert und nehmen sogar einige Sitze der Hawiye im somalischen Parlament ein (EASO 8.2014). Ein Teil der Ashraf lebt als Teil der Benadiri in den Küstenstädten, ein Teil als Clan der Digil/Mirifle in den Flusstälern von Bay und Bakool (EASO 8.2014).
Die Berufskasten unterscheiden sich kulturell und linguistisch nicht von den Hauptclans, werden aber aufgrund von z.B. Berufen, die als unislamisch bezeichnet werden, als unrein erachtet. Sie werden unter den Oberbegriffen Waable, Sab, Midgaan oder Madhibaan zusammengefasst. Sie bilden die niedrigste Ebene der somalischen Gesellschaft; ihr Anteil wird auf rund ein Prozent der Gesamtbevölkerung geschätzt. Die Berufskasten sind in unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Namen in ganz Somalia zu finden. Klassische Berufe sind: Friseur, Schmied, Metallverarbeitung, Gerber, Schuster, Töpfer und Tischler; außerdem betätigen sich die Waable in der Jägerei, Viehzucht und Landwirtschaft sowie als Beschneiderinnen und als Hebammen. Im Zuge der Urbanisierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnten die Waable in den Städten auch neue Arbeitszweige für sich erschließen (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010).
Die wichtigsten Gruppen sind:
* Midgaan (Madhibaan, Gabooye; dieser Name wird tw. auch für alle Waable als Oberbegriff verwendet): Jäger, Gerber, Lederverarbeitung, Schuster und andere Berufe; Verbreitung: ganz Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)
* Tumaal: ursprünglich Schmiede, jetzt auch in anderen Berufen zu finden. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)
* Yibir: Ihnen werden jüdischer Hintergrund und magische Kräfte nachgesagt. Verbreitung: Nord- und Zentralsomalia sowie Städte im südlichen Somalia (EASO 8.2014; vergleiche ÖIF 12.2010)
Kleinere Gruppen der Waable sind die Galgale, Gaheyle, Yahhar, Jaaji, Musa Dheryo, Guuleed Hadde, Hawr Warsame, Habar Yaqub, Madgal und Warabeeye. Auch die Boni und Eyle werden manchmal den Waable zugerechnet. Einige der Berufskasten haben ein ähnliches Clansystem wie die somalischen Hauptclans (EASO 8.2014).
Quellen:
9.2. Ethnische Minderheiten
Ethnische Minderheiten entstammen v.a. den Bevölkerungen Ost- und Zentralafrikas sowie der arabischen Halbinsel. Einige Minderheiten sind mit somalischen Clans oder Sub-Clans assoziiert, manche werden sogar als Teil somalischer Clans erachtet (EASO 8.2014).
Die größte ethnische Minderheit stellen die Bantu (Jareer). Die Bantu leben traditionell als Bauern in und zwischen den fruchtbaren Flusstälern von Shabelle und Jubba. Gosha, Makane, Kabole, Shiidle, Reer Shabelle, Mushunguli und Gobaweyne sind Namen, die den unterschiedlichen Bantu-Gruppen zugeschrieben werden. Manche der Gosha wurden in den Clan der Digil/Mirifle assimiliert. Viele Bantu sprechen Somali (Maay-tiri), manche - etwa Gosha und Mushunguli - pflegen eigene Bantusprachen (EASO 8.2014).
Der Begriff Benadiri umfasst mehrere miteinander nicht verwandte Minderheiten in Küstenstädten wie Merka, Baraawe und Mogadischu. Sie sind ethnisch gemischt und haben neben Somali auch Araber, Inder, Perser oder Portugiesen als Vorfahren. Die großen Untergruppen der Benadiri sind die Reer Xamar, Shangaani, Reer Merka und Barawani. Teile der Barawani erachten sich als Angehörige der Digil/Mirifle Tunni. Die Benadiri sprechen Somali und eigene somalische Dialekte; die Barawani einen Suaheli-Dialekt namens Chimini. Aufgrund ihres Status' als Händler waren die Benadiri vor 1991 privilegiert, danach waren sie schutzlos dem Bürgerkrieg ausgeliefert. Viele flohen nach Kenia (EASO 8.2014).
Die Bajuni sind eine Fischerkultur der dem äußersten Süden Somalias vorgelagerten Bajuni-Inseln. Sie sprechen den Suaheli-Dialekt Kibajuni. Eine andere kleine ethnische Minderheit sind die Xamar Hindi (Abkommen indischer Händler) (EASO 8.2014).
Quellen:
10. Bewegungsfreiheit
Die Übergangsverfassung schützt das Recht auf Bewegungsfreiheit im Land und das Recht zur Ausreise. Diese Rechte wurden in einigen Landesteilen eingeschränkt (USDOS 27.2.2014). Reisefreiheit ist im Prinzip gegeben, wobei sich Einschränkungen durch die jeweiligen Machthaber - Al Shabaab, Kriegsherren, lokale Administrationen - sowie durch Kampfhandlungen (etwa die im Berichtszeitraum laufende AMISOM-Initiative) in bestimmten Gebieten ergeben können (ÖB 10.2014). Auf den Hauptmigrations- und Transitrouten werden Reisende an Straßensperren aufgehalten. Es müssen Weggelder bezahlt werden (EASO 8.2014; vergleiche RMMS 2014). Es kommt an Straßensperren aber auch zu Gewalt, Bedrohung und Plünderung (USDOS 27.2.2014). Daher benutzen immer mehr Menschen die Flugverbindungen, um z.B. von Mogadischu nach Berbera oder Hargeysa zu gelangen (EASO 8.2014; vergleiche RMMS 2014).
Innerstaatliche Fluchtalternativen bestehen mit Sicherheit. Üblicherweise genießen Somalis den Schutz ihres eigenen Clans, d.h. in dessen Gebiet sind sie grundsätzlich in Sicherheit (ÖB 10.2014).
In Mogadischu herrscht generell Bewegungsfreiheit; es gibt diesbezüglich keine Clan-spezifischen Einschränkungen (LIDIS 3.2014). Es gibt zwar noch Checkpoints, diese scheinen aber kein Problem darzustellen. Gemäß den Angaben lokaler NGO-Vertreterinnen können sich Frauen frei in der Stadt bewegen. Eine Ausnahme ist der Bakara-Markt. Die Menschen bewegen sich frei in der Stadt, vermeiden jedoch Gebiete, die als unsicher bekannt sind. Die vorübergehende Zunahme an Anschlägen durch al Shabaab im Frühjahr 2014 hatte insofern einen Einfluss auf die Bewegungsfreiheit der Bewohner, als Geschäfte und Büros früher schlossen und sich die Menschen unsicherer fühlten (EASO 8.2014).
Im ganzen Land gibt es nur 2.900 Kilometer asphaltierter Straßen. In den Regenzeiten sind manche ländliche Gebiete mit Motorfahrzeugen unerreichbar. Es gibt keine Eisenbahn. Sechs Flughäfen verfügen über asphaltierte Landbahnen, z.B. Bossaso (Puntland), Kismayo (Jubbaland) und Mogadischu. Regelmäßige Flugverbindungen bestehen von Mogadischu in den Jemen und die Vereinten Arabischen Emirate; nach Dschibuti, Somaliland, Uganda, Kenia und Puntland; nach Saudi Arabien, in den Sudan und in die Türkei; sowie nach Kismayo. Mogadischu findet sich im Flugplan von Turkish Airlines und Air Uganda (EASO 8.2014).
Die Staatsgrenzen Somalias sind kaum kontrollierbar. Die dort überwiegend lebenden Nomaden ziehen in ihren angestammten Weidegebieten - die auch weite Teile Kenias, Äthiopiens und Dschibutis umfassen - umher und überschreiten dabei Staatsgrenzen. Aber auch auf dem Luft- (Kleinflugzeuge) und dem Seewege (u.a. traditionelle arabische Dhaus) erreichen Somalis vergleichsweise einfach Nachbarländer. Kontrollen werden bei Ausreise auf dem Landweg (vor allem Richtung Kenia) mangels funktionierender Staatsgewalt im Süden des Landes kaum oder gar nicht vorgenommen. Auch an der tausende Kilometer langen somalischen Küste findet keine effektive Ausreisekontrolle statt (E 6.2013).
Da al Shabaab überall Spione vermutet, kann jede Reisebewegung einen Verdacht auslösen - vor allem wenn es sich um eine Reise zwischen einem von der al Shabaab und einem von der somalischen Regierung kontrollierten Gebiet handelt (EASO 8.2014). In den Gebieten der al Shabaab muss eine Reiseerlaubnis der Islamisten eingeholt werden (NOAS 4.2014). Auf der Straße von Mogadischu über Baidoa nach Luuq kommt es immer wieder zu Zwischenfällen mit al Shabaab. Dies gilt insbesondere für den Abschnitt von Afgooye nach Baidoa. Auch andere Straßen im Umkreis von Afgooye sind von illegalen Checkpoints und damit in Zusammenhang stehenden Auseinandersetzungen gezeichnet (EASO 8.2014). Kurz vor der Durchfahrt von Versorgungskonvois werden Straßen durch AMISOM "gesäubert". Doch nach deren Passage bleiben die Routen wieder sich selbst überlassen (B 10.2014).
Relativ sichere Gebiete sind weiterhin Puntland und v.a. Somaliland (mit Ausnahme des Grenzgebietes zu Puntland), wo sich Angehörige aller Clans relativ frei bewegen können (ÖB 10.2014).
Quellen:
11. Binnenflüchtlinge (IDPs) und Flüchtlinge
Im Juli 2014 gab es in Süd-/Zentralsomalia rund 964.000 IDPs. Viele von ihnen leben unter harten Bedingungen und sind dem Risiko schwerer Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Dies betrifft speziell Frauen und unbegleitete Kinder (EASO 8.2014). IDP-Lager sind generell unsicher, es mangelt an Schutz durch die Polizei. Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt sind weit verbreitet. Außerdem kommt es in IDP-Lagern zu Rekrutierungen (EASO 8.2014; UNHRC 4.9.2014). Zehntausende IDPs in Mogadischu sind noch immer der Vergewaltigung und Diskriminierung aufgrund der Clanzugehörigkeit ausgesetzt. Täter sind Regierungstruppen, alliierte Milizen und Privatpersonen (HRW 21.1.2014). Schlussendlich wurden in IDP-Lagern in somalischen Städten mit 18,9 Prozent die höchsten und gleichzeitig alarmierenden Raten an akuter Unterernährung festgestellt. Dies galt für Lager in Dhobley, Doolow, Dhusamareeb, Garoowe, Galkacyo, Kismayo und Mogadischu (UNSG 25.9.2014).
In Mogadischu kommt es nach wie vor zur Delogierung von IDPs. In den ersten acht Monaten des Jahres 2014 waren davon mehr als 23.000 IDPs betroffen (UNOCHA 19.9.2014). Im Jahr 2013 waren es 17.200 IDPs. Für die neuerlich Vertriebenen gibt es kaum alternative Ansiedlungsmöglichkeiten (EASO 8.2014).
UNHCR unterstützt weiterhin die Rückkehr von IDPs aus Mogadischu (USDOS 27.2.2014). Das sogenannte Return Consortium, bestehend aus mehreren NGOs und humanitären Organisationen, hat bereits 40.000 Personen bei ihrer Rückkehr aus Mogadischu in ihre angestammte Heimat in Bay, Lower und Middle Shabelle unterstützt. Zur Verfügung gestellt werden Transport, Unterkunftspakete, Lebensunterhaltspakete, Geld für Nahrungsmittel und wichtige Haushaltsgegenstände. Diese Unterstützung soll die Versorgung für mindestens drei Monate gewährleisten. Für gefährdete Personen/Haushalte gibt es spezielle Pakete (EASO 8.2014). Für das Jahr 2014 plant UNHCR die Unterstützung von 15.000 freiwilligen Rückkehrern (UNHCR 4.2014). Außerdem möchte das Return Consortium seine Aktivitäten von IDPs auch auf rückkehrende Flüchtlinge ausdehnen (LIDIS 3.2014).
Allerdings werden die Maßnahmen von den Offensiven durch AMISOM und somalische Armee beeinträchtigt. Im Zuge der Offensiven kommt es außerdem zur weiteren Vertreibung von Menschen, dies aber meist vorübergehend und kleinflächig. Betroffen sind Bakool, Galgaduud, Hiiraan sowie Lower und Middle Shabelle (EASO 8.2014; vergleiche UNOCHA 19.9.2014). Problematisch erweist sich außerdem, dass die Verfügbarkeit von landwirtschaftlich nutzbarer Fläche am Rückkehrort oft durch neue Besitzverhältnisse nicht gegeben ist (EASO 8.2014). Außerdem stören die Aktivitäten der al Shabaab entlang der Hauptrouten die Sicherheit rückkehrender IDPs bzw. deren wirtschaftlichen Aktivitäten (z.B. das Erreichen von Märkten in Städten (AI 19.2.2014; vergleiche EASO 8.2014).
Relativ sichere Gebiete sind weiterhin Puntland und v.a. Somaliland (mit Ausnahme des Grenzgebietes zu Puntland), wo sich Angehörige aller Clans relativ frei bewegen können (ÖB 10.2014). In Puntland lässt die Verwaltung den IDPs etwas an Schutz und Unterstützung zukommen (USDOS 27.2.2014). Die Situation von IDPs in Puntland wird von mehreren NGOs als durchaus positiv beschrieben (können geregelter Tätigkeit nachgehen usw). Allerdings ist die Aufnahmefähigkeit für Binnenvertriebene begrenzt und wie auch sonst überall besteht für die Flüchtlinge keine Grundversorgung, außer jener, die durch internationale Organisationen gewährleistet wird (ÖB 10.2014).
Quellen:
12. Grundversorgung/Wirtschaft
Auf dem Human Development Index rangiert Somalia auf den letzten fünf Plätzen (WB 7.4.2014). Somalia gehört damit zu den ärmsten Ländern der Erde. Der langjährige Bürgerkrieg sowie häufige Dürre- und Flutkatastrophen führen dazu, dass ein erheblicher Teil der Bevölkerung unter chronischem Mangel an ausreichender Versorgung mit Lebensmitteln, Trinkwasser und medizinischer Versorgung leidet. Bei den gängigen Indikatoren zur Messung der wirtschaftlichen Entwicklung liegt Somalia zumeist auf den letzten Plätzen:
Bruttosozialprodukt, Lebenserwartung, Müttersterblichkeit, Kindersterblichkeit. Das Land ist seit Jahrzehnten auf Nothilfemaßnahmen aus dem Ausland angewiesen und ist der größte Empfänger von Nahrungsmittelhilfe weltweit (AA 3.2014a).
In den Jahren 2010-2012 starben fast 260.000 Menschen aufgrund einer Hungersnot. (EASO 8.2014). Zu Anfang des Jahres 2014 war die Zahl an Personen, die nicht in der Lage waren, ohne Nahrungsmittelunterstützung zu überleben, auf 860.000 zurückgegangen. Weitere zwei Millionen Menschen befanden sich an der Grenze zur Nahrungsmittelunsicherheit (UNSC 28.2.2014). Die Versorgungslage ist aber anhaltend schlecht (ÖB 10.2014) und Mitte 2014 ist die Zahl der akut von Nahrungsmittelnot betroffenen Personen wieder auf über eine Million angestiegen. Schlechte Regenfälle haben zur Nahrungsmittelunsicherheit beigetragen. Stark betroffen sind die Regionen Bakool, Benadir, Bari, Galgaduud, Gedo, Hiiraan, Lower und Middle Shabelle, Middle Jubba, Nugaal und der Süden von Mudug. Rund 62 Prozent der Betroffenen sind IDPs. Rund 218.000 Kinder sind akut unterernährt, 43.800 davon befinden sich in unmittelbarer Lebensgefahr. Die Gesamtsituation ähnelt jener vor der großen Hungersnot und die Gefahr einer Wiederholung besteht (UNOCHA 19.9.2014). In der Region Gedo sind 70 Prozent der Bevölkerung von der Dürre betroffen. In den Bezirken Baardheere, Ceel Waaq, Doolow und Luuq müssen Teile der Bevölkerung durch Lastwägen mit Trinkwasser versorgt werden. Andererseits sind die Prognosen für die Deyr-Regenzeit (Oktober-Dezember) gut (UNOCHA 17.10.2014).
Die Unterstützung des World Food Programme erreichte Anfang 2014 pro Monat rund 800.000 Personen (UNSC 28.2.2014). Auf dem Gebiet der al Shabaab sind humanitäre Organisationen allerdings schweren Restriktionen ausgesetzt. Außerdem kommt es dort zu Übergriffen auf ihr Personal (EASO 8.2014). Außerdem ist der Transport humanitärer Güter von Straßensperren, Checkpoints und anhaltenden Feindseligkeiten entlang der Hauptstraßen eingeschränkt. Lebensnotwendige Fracht wird mittlerweile aber auch mit dem Flugzeug verteilt (UNOCHA 19.9.2014).
In durch AMISOM und die somalische Regierung neu eroberten Städten hat sich die Versorgungssituation nicht wesentlich verbessert, weil al Shabaab Versorgungsrouten bedroht oder sogar kontrolliert. Die humanitäre Lage in derart abgeschnittenen Städten kann sich weiter verschlechtern (EASO 8.2014; vergleiche UNOCHA 24.4.2014; vergleiche UNOCHA 21.3.2014). Besonders betroffen sind Xudur, Waajid und Buulo Barde (UNOCHA 19.9.2014).
Mit dem Zusammenbruch des Staates sind alle Sozialdienste - z.B. Gesundheitsversorgung, Arbeitssuche, Armutsbekämpfung - praktisch "privatisiert" worden. Das einzige soziale Sicherheitsnetz, das verblieben ist, sind die Familie und der Clan (BS 2014).
Entwicklungs- und humanitäre Hilfe sowie Geldflüsse aus der Diaspora sind Hauptpfeiler des BIP. Alleine die Überweisungen aus dem Ausland betragen 35 Prozent des BIP (WB 7.4.2014). Außerdem ist Somalia der größte Exporteur von Lebendvieh (hauptsächlich Kamele und Schafe) auf die arabische Halbinsel (AA 3.2014a). Die Viehwirtschaft bietet rund 60 Prozent der somalischen Arbeitsplätze und stellt 40 Prozent des BIP (WB 7.4.2014). Einzige weitere nennenswerte Exportgüter sind Bananen und Datteln. Der Export von Holzkohle ist vom UN-Sicherheitsrat mittlerweile untersagt worden (AA 3.2014a). Die EU ist nach wie vor einer der größten Geber. Seit Jahren stellt sie umfangreiche Mittel für den Wiederaufbau und die Förderung innersomalischer Versöhnungs- und Friedensbemühungen sowie für AMISOM bereit (AA 3.2014b).
Mogadischu selbst verfügt über internationale Anbindungen und eine große Zahl an Märkten. Es gibt einen florierenden Dienstleistungssektor (z.B. Wechselgeschäfte, Geldtransfers, Telekommunikation). Seit dem Jahr 2012 wurden die Wiederaufbauaktivitäten in der Stadt beschleunigt. Es gibt neue Hotels, Restaurants und Geschäfte; viele Rückkehrer haben in Mogadischu Betriebe eröffnet. Auch Straßenbeleuchtung und Müllentsorgung wurden reaktiviert (EASO 8.2014; vergleiche BS 2014). Neben den Bauaktivitäten gibt es auch vermehrt Taxiunternehmen, Busunternehmen, Reinigungen, Elektronikhändler etc. und die damit verbundenen Arbeitsmöglichkeiten. Rückkehrer haben bei der Arbeitssuche in Mogadischu wahrscheinlich Vorteile, da sie eher gebildet sind und als einfallsreicher erachtet werden. Dies gilt noch mehr, wenn der Arbeitgeber selbst ein aus der Diaspora Zurückgekehrter ist (UKUT 3.10.2014).
Ein Hafenarbeiter in Kismayo verdiente im Jahr 2013 durchschnittlich 1-2 US-Dollar (50.000-100.000 SoSh) am Tag. Mehr als 43 Prozent aller Somali leben von weniger als einem US-Dollar pro Tag (EASO 8.2014).
In den Gebieten der al Shabaab hebt die Gruppe teils hohe Steuern (zakat) bei Bauern und Nomaden ein. Dies bedroht die Nahrungsmittelversorgung und lässt Menschen aus diesen Gebieten fliehen (EASO 8.2014).
In Puntland überleben mehr Mütter Schwangerschaft und Geburt, mehr Kinder gehen zur Schule, mehr Menschen haben Zugang zu Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Der Handel über den Seehafen Bossaso und die wirtschaftliche Betätigung insgesamt haben einen spürbaren Aufschwung genommen, der jedoch bislang fast ausschließlich der dort lebenden Stadtbevölkerung zu Gute kommt (AA 3.2014a).
Nach einer schweren Umweltkatastrophe Ende des Jahres 2013 gelang es dem WFP und anderen UN-Agenturen den Betroffenen in Puntland Unterstützung zukommen zu lassen (UNSC 28.2.2014).
Quellen:
13. Rückkehr
Für Reisende nach Somalia fehlt es im Falle einer (sei es gesundheitlichen, sei es kriminalitätsbedingten) Notlage weitgehend an funktionierenden staatlichen Stellen, die Hilfe leisten könnten (AA 11.9.2014).
Trotzdem ist die Rückkehr von somalischen Flüchtlingen nach Somalia im Berichtszeitraum eine Tatsache (ÖB 10.2014). Nach der Einnahme von Mogadischu und anderen Städten sind viele somalische Flüchtlinge aber auch IDPs permanent oder temporär in ihre Heimat zurückgekehrt. Viele der im Jahr 2013 nach Mogadischu zurückgekehrten gehören zu den wohlhabenderen Teilen der Gesellschaft und verfügen oft über einen Aufenthaltstitel in anderen Staaten, den sie im Notfall in Anspruch nehmen können (EASO 8.2014).
Al Shabaab könnte bei Rückkehrern aus dem Westen den Verdacht hegen, dass diese für die somalische Regierung oder deren Alliierte spionieren. Die Rückkehrer vermeiden es üblicherweise, in von der al Shabaab kontrollierte Gebiete zurückzukehren - selbst wenn dort ihr Clan beheimatet ist (EASO 8.2014). Rückkehrer aus der Diaspora können ein erhöhtes Risiko eines Attentates durch al Shabaab aufweisen, wenn sie sichtlich erkennbar sind (LIDIS 3.2014).
Der UNHCR geht davon aus, dass es in Mogadischu sehr schwer ist, ohne ein entsprechendes Unterstützungsnetzwerk zu überleben. Wenn der eigene Clan oder die Kernfamilie im Wohnbezirk nicht etabliert sind, werden sich Neuankömmlinge in einer prekären Situation wiederfinden (EASO 8.2014). Für den Lebenserhalt im wirtschaftlichen Sinne braucht es in erster Linie die Kernfamilie. Der größere Familienkreis wird den Lebenserhalt nur kurzfristig garantieren. Wenn eine Person nicht aus Mogadischu stammt, wird sie ausreichend Ressourcen benötigen, um sich dort niederzulassen. Bildung, erlernte Berufe und Kredite können ebenfalls eine Niederlassung bewerkstelligen. Außerdem gibt es lokale NGOs, die den Neuankömmlingen helfen können (EASO 8.2014; vergleiche LIDIS 3.2014).
Mindestens 30.000 Personen sind im Jahr 2013 aus Kenia und Äthiopien kommend nach Somalia eingereist - viele davon aber nur temporär, z. B. zur Lageerkundung (EASO 8.2014). Im Rahmen eines Abkommens zwischen UNHCR, Kenia und Somalia plant UNHCR auch die Unterstützung von vorerst 10.000 Rückkehrern aus Kenia in die Bezirke Baidoa, Kismayo und Luuq (UNSG 3.3.2014). Bei allen Programmen geht es um freiwillige Rückkehr. Ausreichend gute Bedingungen für großangelegte Rückkehrprogramme sind gegenwärtig noch nicht gegeben (UNSG 2.12.2013; vergleiche EASO 8.2014; ÖB 10.2014).
Zwangsrückführungen werden nur von sehr wenigen Ländern durchgeführt. Die meisten Betroffenen wurden aus Saudi Arabien deportiert (mehr als 34.000 Personen), das weder die Genfer Konvention ratifiziert hat, noch über ein Asylsystem verfügt. Einige Dutzend Personen wurden auch aus Kenia deportiert. IOM bietet den Ankömmlingen Unterstützung in Form von Repatriierung, medizinischer Betreuung, psycho-sozialer Unterstützung, Nahrung und Trinkwasser sowie Weitertransport an. Für gefährdete Personen gibt es auch Unterkunft und Schutz (EASO 8.2014).
Es ist bekannt, dass die Niederlande Zwangsrückführungen nach Somalia durchführen. Im Jahr 2013 betrug deren Anzahl weniger als fünf; ca. 50 freiwillige Rückkehrer wurden unterstützt (EASO 8.2014). Der UNHCR ruft dazu auf, von Zwangsrückführungen in jene Teile Süd-/Zentralsomalias Abstand zu nehmen, die von militärischen Aktivitäten und/oder anhaltender Vertreibung; von Fragilität und Unsicherheit nach kürzlich stattgefundenen militärischen Operationen; oder von anhaltender Kontrolle durch nicht-staatliche Gruppen betroffen sind (UNHCR 17.6.2014). Nach Somalia Rückgeführte sind nicht per se einem höheren Risiko ausgesetzt. Diese Feststellung wird durch fehlende negative Meldungen bezüglich der zahlreichen aus Saudi Arabien deportierten Personen unterstützt (UKUT 3.10.2014).
Quellen:
2. Beweiswürdigung:
Beweis wurde erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere in die niederschriftlichen Einvernahmen des Beschwerdeführers, und die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Feststellungen zur aktuellen, im Hinblick auf das gegenständliche Verfahren relevanten Situation in Somalia. Diese Feststellungen beruhen auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen und bilden dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche, sodass vor dem Hintergrund des vorliegenden Falles und auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen kein Anlass besteht, an der Richtigkeit der von der belangten Behörde getroffenen Länderfeststellungen zu zweifeln. Auch der Beschwerdeführer ist dem Inhalt dieser Länderberichte nicht substantiiert entgegengetreten.
Der Beschwerdeführer hat weder vor der belangten Behörde noch vor dem Bundesverwaltungsgericht Dokumente, die seine Identität zweifelsfrei belegen hätten können, vorgelegt.
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und zum Glaubensbekenntnis des Beschwerdeführers ergeben sich aus den gleichlautenden und diesbezüglich glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in seinem Asylverfahren in Österreich sowie aus dem Umstand, dass er über entsprechende Sprach- und Ortskenntnisse verfügt.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl im angefochtenen Bescheid. Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.
Die negative Feststellung zu potentieller Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers in seinem Herkunftsstaat beruht auf dem in den wesentlichen Punkten unglaubwürdigen bzw. nicht asylrelevanten Vorbringen des Beschwerdeführers und ist der belangten Behörde dahingehend zu folgen, wenn diese nach schlüssiger und nicht zu beanstandender Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid insgesamt davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer seinen Herkunftsstaat aufgrund asylfremder Motive verlassen hat.
Das Vorbringen des Beschwerdeführers wird vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt gewürdigt:
Aufgabe eines Asylwerbers ist es, durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (VwGH 25. 3. 1999, 98/20/0559).
"Glaubhaftmachung" im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist die Beurteilung des Vorgetragenen daraufhin, inwieweit einer vernunftbegabten Person nach objektiven Kriterien unter den geschilderten Umständen wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zuzugestehen ist oder nicht. Erachtet die Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung die Angaben des Asylwerbers grundsätzlich als unwahr, dann können die von ihm behaupteten Fluchtgründe gar nicht als Feststellung der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden und es ist auch deren Eignung zur Glaubhaftmachung wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung gar nicht näher zu beurteilen (VwGH 9. 5. 1996, 95/20/0380).
Im gegenständlichen Fall kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers dieses hinsichtlich einer für den Beschwerdeführer angeblich bestehenden maßgeblichen Verfolgungsgefahr für unglaubwürdig erachtet. Der Beschwerdeführer vermag dieser Beurteilung mit seinen Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz weder entscheidend entgegenzutreten noch eine konkret rechtswidrige Vorgehensweise des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, ein grob fehlerhaftes Ermittlungsverfahren oder einen sonstigen relevanten Verfahrensmangel zu relevieren.
Das Vorbringen eines Asylwerbers ist dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt (diesbezüglich ist auf die Materialien zum Asylgesetz 1991 [RV270 Blg. NR. 18. GP; Ausschussbericht 328 Blg NR 18. GP] zu verweisen, die wiederum der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entnommen wurden):
1. Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.
2. Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.
3. Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u.
a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegungen mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen und
4. der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet einsilbig und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.
Der Ansicht des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf seinen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich Vorfälle geschildert habe, welche keine glaubwürdige Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Motiven ersichtlich werden ließen, schließt sich das Bundesverwaltungsgericht an und führt dazu aus wie folgt:
Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist in seiner Argumentation, wonach sich das Vorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Freilassung aus der Anhaltung durch Angehörige der al Shabaab-Milizen als unschlüssig erweise, zu folgen. Der Beschwerdeführer brachte vor, nach neuntägiger Gefangenschaft ohne nähere Erklärung mit einem PKW an einen ihm unbekannten Ort gebracht worden zu sein, an welchem seine Mutter bereits auf ihn gewartet hätte; diese hätte ihn in der Folge zu einer Freundin gebracht, welche ihn bis zu seiner Ausreise rund eine Woche später bei sich aufgenommen hätte.
Auch wenn die Beschwerdeschrift einen Erklärungsansatz dahingehend enthält, dass es sich bei der Freilassung des Beschwerdeführers um eine inoffiziell durch ein einzelnes Mitglied der al Shabaab durchgeführte Aktion gehandelt hätte, so vermag dies keinesfalls eine Erklärung dafür zu bieten, weshalb dem Beschwerdeführer die Umstände seiner Freilassung nicht näher bekannt gewesen wären. Insbesondere wäre anzunehmen, dass der Beschwerdeführer seine Mutter, oder in weiterer Folge deren Freundin, bei der er in den darauffolgenden Tagen gelebt hätte, sogleich nach den näheren Umständen seiner Freilassung gefragt hätte bzw diese von sich aus davon berichtet hätten. Dass überhaupt kein Kontakt mehr zwischen den Angehörigen bestanden hätte, kann aufgrund der seitens der Mutter des Beschwerdeführers organisierten Ausreise nicht angenommen werden. Auch in der Beschwerdeschrift wird keine Erklärung dafür geboten, weshalb der Beschwerdeführer keine Kenntnis über die Umstände seiner Freilassung besitzt. Im Falle eines tatsächlichen Erlebnisses wäre jedenfalls anzunehmen, dass sich der Beschwerdeführer nach den Umständen seiner Freilassung erkundigt hätte.
Überdies hatte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner Befragung vom 09.02.2015 angegeben, von dem "Amir", jenem Mann, der die Führungsrolle innerhalb des al Shabaab-Lagers innegehabt hätte, aus dem Raum, in dem man ihn angehalten hätte, ins Freie geführt worden zu sein vergleiche Aktenseite 133), weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass es sich um eine heimlich erfolgte Freilassung durch ein einzelnes Mitglied gehandelt hätte. Der Behörde ist sohin auch dahingehend zuzustimmen ist, dass auch im Falle der Wahrunterstellung der Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Gefangenschaft eine im Falle einer Rückkehr bestehende Gefährdung aufgrund der komplikationslos erfolgten Freilassung nicht angenommen werden könnte.
In Anbetracht der sohin keinesfalls nachvollziehbaren und nur wenig lebensnahen Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner Freilassung aus der Gefangenschaft kann im Ergebnis dessen gesamtem Vorbringen hinsichtlich des erfolgten Versuches einer Zwangsrekrutierung sowie einer ihm in diesem Zusammenhang allenfalls drohenden Gefährdung im Falle seiner Rückkehr kein Glaube geschenkt werden.
Wie bereits angesprochen, vermochte der Beschwerdeführer diesem Ergebnis auch mit seinen Ausführungen in der Beschwerdeschrift in keinster Weise entgegenzutreten. Im konkreten Fall kann der Beschwerde kein substantiiertes Tatsachenvorbringen entnommen werden, das dazu geeignet wäre, das Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in Frage zu stellen.
Insgesamt kann den vom Beschwerdeführer als Gründe für seine Ausreise angegebenen Umständen daher keine (glaubhafte) Asylrelevanz zugebilligt werden. Ein aktuelles Verfolgungsinteresse der Al-Shabaab-Milizen speziell an der Person des Beschwerdeführers wird aus dessen Angaben in Zusammenschau mit den herangezogenen Herkunftslandinformationen nicht ersichtlich.
Im gegenständlichen Verfahren erscheint daher der Sachverhalt vor dem Hintergrund des unsubstantiierten Beschwerdevorbringens auf Grundlage des ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens in hinreichender Weise geklärt und ist dieser in den entscheidungswesentlichen Belangen nach wie vor als vollständig und aktuell anzusehen. Aufgrund der bisherigen Ermittlungen ergibt sich zweifelsfrei, dass der vorgebrachte Sachverhalt nicht den Tatsachen entspricht bzw. keine Asylrelevanz aufweist.
Eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der Genfer Flüchtlingskonvention angeführten Grund ist sohin im zu beurteilenden Fall nicht gegeben. Die allgemein herrschende prekäre Sicherheitslage und damit einhergehende Risiken bzw. Beeinträchtigungen wurden durch die Gewährung subsidiären Schutzes im vorliegenden Fall hinreichend berücksichtigt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und Verfahren:
Gemäß Paragraph 6, Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 10 aus 2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 33 aus 2013, i. d.F. Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 122 aus 2013,, geregelt (Paragraph eins, leg.cit.). Gemäß Paragraph 58, Absatz 2, VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß Paragraph 17, VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130, Absatz eins, B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der Paragraphen eins bis 5 sowie des römisch IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, Bundesgesetzblatt Nr. 194 aus 1961,, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, Bundesgesetzblatt Nr. 173 aus 1950,, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, Bundesgesetzblatt Nr. 29 aus 1984,, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
3.2. Gemäß Paragraph 3, Absatz eins, AsylG ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Flüchtling ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "begründete Furcht vor Verfolgung."
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. vergleiche zB. VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen.
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK nennt (VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH 16.06.1994, 94/19/0183, 18.02.1999, 98/20/0468).
Gemäß Paragraph 11, Absatz eins, AsylG 2005 ist ein Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen, wenn Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden kann (Innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, GFK vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Paragraph 8, Absatz ,) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind. Bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, ist auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag abzustellen (Paragraph 11, Absatz 2, leg.cit.)
Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.1.2001, 2001/20/0011).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Artikel eins, Abschnitt A Ziffer 2, Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).
Es sei weiters betont, dass die Glaubwürdigkeit des Vorbringens die zentrale Rolle für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Asylgewährung einnimmt (VwGH vom 20.06.1990, Zl. 90/01/0041).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Judikatur erkannt, dass für die Glaubhaftmachung der Angaben des Fremden es erforderlich ist, dass er die für die ihm drohende Behandlung oder Verfolgung sprechenden Gründe konkret und in sich stimmig schildert vergleiche VwGH 26.06.1997, 95/21/0294, 95/18/1291) und dass diese Gründe objektivierbar sind vergleiche VwGH 05.04.1995, 93/18/0289), wobei zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals des "Glaubhaft-Seins" der Aussage des Asylwerbers selbst wesentliche Bedeutung zukommt vergleiche auch VwGH 23.01.1997, 95/20/30303, 0304). Damit ist die Pflicht des Antragstellers verbunden, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen für eine Asylgewährung spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für das Vorliegen dieser Voraussetzungen liefern. Insoweit trifft den Antragsteller eine erhöhte Mitwirkungspflicht (s.a. VwGH 11.11.1991, 91/19/0143, 13.04.1988 86/01/0268). Die Mitwirkungspflicht des Asylwerbers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind, und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH 30.09.1993, 93/18/0214).
Der Beschwerdeführer konnte aus den in der Beweiswürdigung ausgeführten Gründen keine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung glaubhaft machen, und diese ist auch im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt. Es ist folglich davon auszugehen, dass eine asylrelevante Verfolgung nicht besteht.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die behauptete Furcht des Beschwerdeführers, in ihrem Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der GFK genannten Gründen verfolgt zu werden, nicht begründet ist.
3.3. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht
Paragraph 21, Absatz eins, BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG; Bundesgesetzblatt Teil eins, Nr. 68 aus 2013, besagt:
Zu Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht ist das Bundesamt zu laden; diesem kommt das Recht zu, Anträge und Fragen zu stellen.
Gemäß Absatz 7, leg. cit. kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt Paragraph 24, VwGVG.
Paragraph 21, Absatz 7, stellt klar, dass eine mündliche Verhandlung auch dann unterbleiben kann, wenn sich aus den bisherigen Ermittlungsergebnissen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht. Neben dieser Bestimmung ist Paragraph 24, VwGVG anzuwenden.
Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG entspricht inhaltlich dem früheren Paragraph 41, Absatz 7, AsylG, wonach der Asylgerichtshof Paragraph 67 d, AVG mit der Maßgabe anzuwenden hatte, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Paragraph 24, Absatz eins, VwGVG besagt:
Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß Absatz 2, leg. cit hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Absatz 4, leg. cit. besagt: Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 Sitzung 389 entgegenstehen.
Artikel 6, EMRK besagt: "Jedermann hat Anspruch darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden, jedoch kann die Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines Teiles derselben im Interesse der Sittlichkeit, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einem demokratischen Staat ausgeschlossen werden, oder wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen, oder, und zwar unter besonderen Umständen, wenn die öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde, in diesem Fall jedoch nur in dem nach Auffassung des Gerichts erforderlichen Umfang."
Artikel 6, EMRK findet auf Asylverfahren keine Anwendung, da davon nur zivilrechtliche Ansprüche und strafrechtliche Verfahren erfasst sind.
Artikel 47, GRC lautet:
Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht
(1) Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.
(2) Jede Person hat ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.
Aus den Erläuterungen der Grundrechtecharta geht hervor, dass die Charta im Unterschied zu Artikel 6, EMRK eben nicht nur auf zivilrechtliche Ansprüche abzielt, weshalb hier eine Erweiterung auf die Verwaltungsgerichtsbarkeit gemeint sein könnte.
Nach Artikel 47, Absatz 2, der Grundrechtecharta der Europäischen Union (GRC) hat zwar jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren öffentlich und innerhalb an-gemessener Frist verhandelt wird. Die in Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG vorgesehene Einschränkung der Verhandlungspflicht i.S.d. Artikel 52, Absatz eins, GRC ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zulässig, weil sie eben - wie in der GRC normiert - gesetzlich vorgesehen ist und den Wesensgehalt des in Artikel 47, Absatz 2, GRC verbürgten Rechts achtet. Die möglichst rasche Entscheidung über Asylanträge ist ein Ziel der Union, dem ein hoher Stellenwert zukommt vergleiche etwa Erwägungsgrund 11 der Präambel der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 [Asyl-VerfahrensRL]). Das Unterbleiben der Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt festgestellt werden kann, ohne dass der Entfall der mündlichen Erörterung zu einer Verminderung der Qualität der zu treffenden Entscheidung führt, trägt zur Erreichung dieses Zieles bei. Damit erfüllt die in Paragraph 21, Absatz 7, BFA-VG und in Paragraph 24, Absatz , VwGVG vorgesehene Einschränkung auch die im letzten Satz des Artikel 52, Absatz eins, GRC normierte Voraussetzung.
Zufolge der Rechtsprechung des VfGH (U 466/11 vom 14.03.2012) steht das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Artikel 47, Absatz 2, GRC, wenn - wie im vorliegenden Fall - zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde.
Gegen eine Verhandlungspflicht spricht überdies, dass in Asylverfahren zwar direkt innerstaatliches Recht Anwendung findet, jedoch auch Unionsrecht (z.B. Statusrichtlinie, Verfahrensrichtlinie) angewendet wird. Aus Artikel 12, Absatz 2, der Verfahrensrichtlinie geht jedoch eindeutig hervor, dass auf eine persönliche Anhörung des Asylwerbers unter bestimmten Umständen verzichtet werden kann.
Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass Artikel 47, der Grundrechtecharta den Gerichten tatsächlich eine Verhandlungspflicht auferlegen wollte ? dies würde Artikel 12, der Verfahrensrichtlinie widersprechen. Da der Artikel 47, der Charta der Grundrechte allgemein das Recht auf ein unparteiisches (...) Gericht gewährleistet, die Verfahrensrichtlinie jedoch speziell die Mindestnormen für Asylverfahren regelt, ist die Statusrichtlinie in dieser Hinsicht lex specialis zur Charta der Grundrechte und daher vorrangig anzuwenden (AsylGH vom 16.12.2011, GZ C2 420722-1/2011).
Daher ist auch aus europarechtlicher Sicht eine Verhandlung im Asylverfahren nicht zwingend vorgesehen.
Zuletzt sprach der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in Paragraph 20, BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Wie in der Beweiswürdigung dargelegt sind die genannten Kriterien im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde und nach wie vor die gebotene Aktualität aufweist (der angefochtene Bescheid wurde im Juni 2015 erlassen, wobei sich aus dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes keine Hinweise auf eine Änderung der entscheidungsmaßgeblichen Situation ergeben). Die Beweiswürdigung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes in ihren entscheidungsmaßgeblichen Punkten bestätigt, wobei das Anführen weiterer ? das Gesamtbild lediglich abrundender, für die Beurteilung jedoch nicht ausschlaggebender ? Argumente in diesem Zusammenhang nicht schadet vergleiche VwGH 18.?6.?2014, 2014/20/0002-7). Im Übrigen findet sich in der Beschwerdeschrift ein lediglich unsubstantiiertes Vorbringen, welches im konkreten Fall nicht dazu geeignet ist, die erstinstanzliche Entscheidung in Frage zu stellen. Was das Vorbringen in der Beschwerde betrifft, so findet sich in dieser kein neues Tatsachenvorbringen hinsichtlich allfälliger sonstiger Fluchtgründe, und tritt der Beschwerdeführer den seitens der Behörde erster Instanz getätigten beweiswürdigenden Ausführungen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegen.
Im gegenständlichen Verfahren konnte somit die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beim Bundesverwaltungsgericht unterbleiben, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6, Absatz eins, der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Bundesgesetzblatt Nr. 210 aus 1958,, noch Artikel 47, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 Sitzung 389, entgegenstehen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß Paragraph 25 a, Absatz eins, VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Da die Entscheidung über die gegenständliche Beschwerde letztlich lediglich von Fragen der Beweiswürdigung abhängig war, ist die Revision ist gemäß Artikel 133, Absatz 4, B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Entscheidend für die Nichtzulassung der Revision war, dass die angegebenen Verfolgungsgründe nicht glaubwürdig bzw. nicht asylrelevant waren, d.h. die Entscheidung nur von Tatfragen abhängig war. Hinsichtlich der Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten liegt keine Abweichung von der Judikatur des EGMR bzw. der darauf abgestellten Judikatur des VwGH vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
ECLI:AT:BVWG:2015:W103.2110542.1.00